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German Pages 298 Year 1846
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Zur
Geschichte
des
ehemaligen ostpreußischen
National - Kavallerie - Regiments
in den Feldzügen von 1813 und 1814.
Mittheilungen aus den Tagebüchern und Erinnerungen
eines
Freiwilligen.
Leipzig, Verlag von Wilhelm Jurany.
1846.
11:
Vorwort .
Aus us meinen Tagebüchern, Briefen und Erinnerun gen ist diese kleine Denkschrift hervorgegangen . Die Quellen , aus denen sie fließt, mußten bei ihr eine ge wisse Einseitigkeit bewirken. Beiträge von andern habe ich wenig erhalten. Mit Dank empfing ich die als Beilage folgenden Aus züge und Listen aus den Akten des königlichen Garde Husaren-Regiments. Der hochgeehrte Herr Oberst, nunmehrige General a. D. Herr von Schönermark ließ sie mir gütigst, nach eingeholter höherer Genehmigung , zukommen . Ein Regimentstagebuch ſoll nur vom 1ten Januar 1814 an vorhanden sein. Zwei Briefe an achtbare Männer , von denen ich über Einiges Auskunft erbat, blieben unbeantwortet. Ich weiß nicht, ob sie ihnen zugekommen sind. Vor zwei Jahren fand ich mich durch eine ver trauliche Mittheilung veranlaßt, die Schrift vom Wege der militairischen Censur in Königsberg vorläufig zu= rückzunehmen.
Ich fand so viel gestrichen , daß die
Auslaffungen dem Büchelchen fast alle Eigenthümlich keit geraubt hätten.
Einiges zog ich in Erwägung,
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ließ aus, ånderte ab, stellte aber auch Vieles her. Ich glaubte , daß alles Geschichtliche nach 30 Jahren mit getheilt werden dürfe. Die Wahrheit darf ja das Licht nicht scheuen. Durch zu große Rücksicht verliert die Geschichte. Sie verliert, wenn geschichtliche Mittheilun gen erst nach dem Tode allen Mithandelnden bekannt werden. So muß man es sehr bedauern , daß einige in neuerer Zeit im preußischen Militår - Wochenblatte ent haltene vortreffliche Beiträge zur Geschichte von 1813 und 1814 nicht früher erschienen . Mögen Kampfgefährten in meiner kleinen, anspruchs lofen Schrift ihre Erinnerungen , ihre Angehörigen das Bild ihrer Våter erneuen, wie sie jugendlich fühlten und kämpften, und sich lange des Friedens erfreuen, der dem gewaltigen Völkerkampfe folgte.
Dezember 1845.
Der Verfaſſer.
Meh t als ein Vierteljahrhundert ist verflossen seit den Vehr Tagen, in denen ein großer Theil der Völker Europas, nach Napoleons Niederlage in Rußland, gegen ihn mit Begeiſte= rung sich erhob und nach blutigen Schlachten, nach Siegen und Niederlagen Frankreich beugte und den gewaltigen Er oberer von dem Throne nach Elba und endlich nach He lena trieb. Dort ward ihm sein Grab.
Die Wirkungen seiner
Herrschaft und seiner Schlachten dauern noch fort.
Das
jugendliche Geschlecht, das mit ihm und gegen ihn kämpfte, ist theils alt geworden, theils verſchwunden.
Seine Anhån
ger weiden sich an dem Ruhme , den sie mit ihm theilten. Seine Bekämpfer fühlen das Herz höher schlagen, wenn sie jener Zeit des großen Kampfes gegen ihn und Frankreich gedenken. Ihr Auge füllt ſich mit neuem Feuer , wenn ſie mit ihren Kampfgenossen sich unterhalten von den Thaten, Gefühlen, Gesprächen jener großen Tage. Bilder und Erinnerungen aus den Jahren 1813 und 1814 sollen auch diese Blätter denen vor die Seele führen, die damals gleich mir in den Reihen vaterländischer Krieger standen und mit dem alten Blücher von Schlesien aus kämpfend über den Rhein nach Paris zogen. Sie wollen und können nicht als eine Kriegesgeschichte gelten, die den Lauf der Ereignisse im genauen und über sichtlichem Zusammenhange darstellt. Dazu hat ihren Ver 1
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fasser sein untergeordneter Standpunkt in den Reihen einer Jägereskadron nicht befähigt. Dazu liefert ihm auch sein Tagebuch , aus dem er schöpft, nicht genügenden Stoff. Auch manche nicht in dasselbe aufgenommene Er innerung und ſpåtere Mittheilung von glaubwürdigen Kampfgefährten würde zu dieſem Zwecke nicht genügen. Aber Schilderungen einzelner Gefechte und Vorfälle des Kriegs- und Lagerlebens , Späße und jugendliche Streiche, wie sie in den Reihen der Freiwilligen vorkamen, Urtheile über Begebenheiten, Perſonen jener Jahre sollen hier ihren Plah finden. Stimmungen sollen geschildert werden, wie sie damals sich dem Beobachter kund gaben. Vor dem Irrthume ist Niemand sicher.
Eine absicht
liche Unwahrheit soll nirgend in diesen vorzugsweise meinen Kampfgefährten gewidmeten Erzählungen gefunden werden. Unser Kampf war ein Kampf für Recht und Wahrheit gegen den , dem die Lüge eben so viel galt, als die Wahrheit, wenn sie nur seiner Selbstſucht Vorſchub leistete. Die Pflicht der Wahrheit soll meine Feder leiten, und auf Kosten derselben will ich meine Darstellung nicht verschönern. So folget mir denn, meine lieben Kampfgenossen, im Geiste noch einmal auf der Bahn , die wir muthig durch liefen, und verseßet euch mit mir zurück in die Zeit, in der die vaterländischen Schwerter klirrten, unsere Fahnen flat terten, der alte Feldmarschall uns sein ,, vorwärts vorwärts Kinder" zurief, die Kanonen donnerten , am Rheinſtrom unsere Lieder die Thåler füllten und, nach manchem Siege und manchem Rückzuge, die Sonne vor Paris unsere fieg reichen Waffen bestrahlte.
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1.
Des Königs Ruf. Das Vaterland rüstet. Bildung der Schaaren der Freiwilligen. Stiftung des National – Kavallerię- Regi ments. Seine Einrichtung. Mißgriffe und Uebelſtände. Der Marsch auf den Kriegsplatz. 11 Der König rief und alle, alle kamen ! " Dies Wort eines Gesanges ist ein Theil der Geschichte jener Zeit. Die Russen erschienen hinter den Trümmern des vernichteten französischen Heeres. Der unterdrückte Franzosenhaß machte fich Luft, alle Herzen glühten und warteten auf des Kd General v. York hatte den Stoß gegeben. nigs Wink. Berlin sah den Einzug der Russen, die hier wie in Ost Der König ging nach preußen als Freunde erschienen. Breslau und rief sein Heer, sein Volk unter seine Fahnen. Die Bildung von Jägerdetachements ward befohlen. Da ward Preußen ein großer Waffenplay , das ganze
Volk ein Mann, gerüstet zum Kampf auf Leben und Tod . Auch die Bedenklichen riß die allgemeine Bewegung fort. Leer wurden die Hörsäle , die Werkstätten ; Landmann und Städter griff zu den Waffen oder rüstete seine Söhne und Enkel. An mehreren Orten erschienen Offiziere und bildeten Jägerabtheilungen für ihre Regimenter. In Königsberg beschlossen in Verbindung mit dem Ge neral v. York und auf deſſen Antrag, geachtete Männer der Provinz die Bildung eines National-Kavallerie-Regiments, 1*
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welches mit Säbeln Lanzen und Pistolen bewaffnet, auf eine Stärke von 1000 Mann gebracht werden sollte. Der GrafLehndorf ward mit der Bildung desselben beauftragt. Er erließ bald Aufforderungen zum Eintritt in dasselbe und ver hieß den Eintretenden die vom Könige den Abtheilungen der freiwilligen Jäger bewilligten Rechte.
Diese Verheißung ward , da ſie ſpåter nicht ganz gehalten wurde, vielleicht nicht gehalten werden konnte , eine Quelle vielfacher Un
zufriedenheit, Verstimmung und unruhiger Auftritte. In Königsberg, Braunsberg, Insterburg, Rastenburg, Riesen burg bildeten Offiziere Abtheilungen für das Regiment. Sie gehörten sämmtlich dem Stande des Adels an, hatten zum Theil verabschiedet nach dem unglücklichen Kriege gelebt. Sie übernahmen die nicht leichte Aufgabe, ein auf die Weise zusammengesettes Regiment aus Freiwilligen zu leiten. Die Idee der Stiftung des National-Kavallerie- Regiments war schön und edel, jedoch nicht reiflich genug erwogen und nicht angemessen ausgeführt. Richtiger hatten die großen Ordner in der Nähe des Königs geurtheilt , die den alten Regimentern Jägerabtheilungen beigaben, deren jugendliche Begeisterung die alten Soldaten entflammte, während fie von jener Kriegszucht Ordnung und feste Haltung lernten.*) Meine Absicht war anfänglich, entweder das Jägerde
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tachement des schwarzen Husarenregiments oder das des littauischen Dragonerregiments zu wählen. Die Ankunft eines Verwandten , mit dem ich dem lehtern mich anzu schließen verabredet hatte, ånderte meinen Entschluß.
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1 *) Eine Schrift von I. F. G. Eiselen ,,das Lützow sche Freicorps" verdient zur Vergleichung mancher ähnlichen Dinge nachgelesen zu werden. 3. B. S. 28 . ,,Eine schöne Kraft ging verloren weil sie unendlich besser håtte benußt wer den können."
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hatte sich in Königsberg in die Listen des National-Kaval lerie-Regiments aufnehmen lassen und bewegte mich , ihm zu folgen. Wir traten beide im März 1813 in Insterburg bei der Abtheilung ein , welche der Lieutenant Florian von Keudell daselbst bildete und als 2re Eskadron des Regiments als Rittmeiſter führte. Er hatte im Jahre 1807 im Drago nerregiment Roquette gedient und einen Säbelhieb im Gesicht erhalten. Bei Leipzig verwundet, starb er in Schkeudig. Waffenübungen, oft mehr Kleinigkeitskråme= reien, bei denen die wichtigeren Dinge versäumt wurden, Reiten, Anschaffung der Kleidung und Waffen, mit vielem Gelde bezahlt, füllten die Wochen bis zum Abmarsch. Die Nachricht, daß die Jägerrechte dem Regimente nicht zu Theil werden sollten, brachte Verstimmung und den Vorsat hervor, nicht zu schwören, sondern zu einem andern Detache= ment zu gehen. Leidlich beschwichtigt leisteten wir den hatten eine gottesdienstliche Feier, und marſchirten einigen Wochen ab. Auf dem Marsche brachte ich eine Nacht im elterlichen Hause zu. Vater , Mutter
Eid, nach noch
und Geschwister geleiteten mich am Morgen mit ihren Segens wünschen und Thränen. Schon auf dem Marsch bis Königsberg wurden meh • rere Pferde gedrückt, eine Folge davon, daß auf die Spiele reien beim Ererziren zuviel, auf eine Hauptsache, Anpassung der Såttel, zu wenig Sorgfalt gewendet war . Vor Königs berg vereinigten wir uns mit den Theilen des Regiments, die in Rastenburg und Bartenstein geübt waren. In der Nähe von Königsberg waren uns auf den Dörfern einige Ruhetage vergönnt. Am 3ten Mai früh erschienen wir alle in Königsberg gerüstet auf dem Paradeplag, wurden gemustert und traten Alle Straßen wogten von den Marsch zum Heere an.
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Menschen. Ihrigen .
Våter , Mütter , Angehörige begleiteten die Es war in den Straßen wenig Geräuſch, mehr
eine heilige Stille troß der Menschenmenge. Es waren rührende und große Augenblicke. In einem Briefe an dieMei nigen konnte ich nicht Worte finden für das Gefühl, das damals meine Brust bewegte, und das ich Vielen gewiß mittheilte. Königsbergs Bewohner , das Herz voll Liebe zu ihrem Kd nige, voll glühenden Franzosenhaſſes , ſahen einen Theil der Krieger ziehen, quf deren Schwerter die Hoffnung des Sie ges und einer glücklicheren Zeit ruhte. In Duboisruh vor dem Brandenburger Thore wurden uns Erfrischungen ge reicht, eine Abſchiedsrede gehalten, Gedichte übergeben. Eins davon mit der Anfangszeile : „ Uns Brüder hat alle ein freier Entschluß " u. s. w. , sprach die Gefühle der Zeit aus, war aber höchſt mißlungen und ledern. Den Verfasser habe ich nie erfahren. Auf dem Marsche kam ich mit mehreren meiner akade mischen Freunde zusammen , die bei andern Abtheilungen des Regiments eingetreten waren . Schon auf dieſem und den nächsten Mårschen erschien bei vielen sichtbar die Unzu friedenheit mit der Wahl dieses Regiments.
In Mår
schen und Ruhetagen führte uns der Weg über Heiligenbeil nach Braunsberg, wo wir uns mit der dort vom Rittmeiſter v. Barnekow gebildeten 4ten Eskadron vereinigten. Er hat bei den Seinigen Achtung und Vertrauen gehabt auf dem Marsche und im Feldzuge, in dem ihn eine Kugel vor der Festung Mes tödtete. Ueber die Städte Mühlhausen und preußisch Holland gingen wir nach Riesenburg , wo der Rittmeisterv. Szerdahelyi die Zte Eskadron gebildet hatte, der ein Theil der in Bartenstein geübten Mannschaft bei gesellt wurde. Er hatte früher im 1sten schwarzen oder Leibhusarenregimente gedient.
Ruhig im Feuer, besonnen
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und entschlossen beim Angriff, fand er bei seiner Eskadron und im Regimente das Vertrauen und die Achtung, die tapfern und wackern Männern gebührt. Die erste führte Rittmeister von Norelli , stets beliebt bei ſeinen Soldaten, im Felde sehr tapfer. Im ganzen Regimente ward er ge= achtet und geliebt, und mit schmerzlichem Gefühle sahen wir ihn nach der Schlacht bei Leipzig von uns scheiden. Er starb in Sedan 1816 und ruht , wie Barnekow, in Frank reichs Erde. In Riesenburg ward ein Depot gebildet. Mein Pferd war sehr gedrückt , und ich ward zu meinem größten Aerger in das Depot geschickt, war aber am Morgen so glücklich, mein gedrücktes Pferd zu vertauſchen, ein ge= ſundes , beſſeres dafür zu erhalten, das mich kräftig durch den ganzen Feldzug und zur Heimath trug, und kehrte ju belnd zur Eskadron zurück, mit der ich nun ins Feld ziehen konnte. Als zweiter Offizier gehörte zu ihr Rittmeister von Schack ein freundlicher, gewandter und gebildeter junger Mann, der die große Zeit und ihre Forderungen begriff und ihnen zu entsprechen wußte. Nach der Schlacht an der Kazbach, in der ich ſah, wie er sich, nach dem Verluſt ſei nes Pferdes,sich am Steigbügel eines Kameraden haltend , aus dem Getümmel rettete, kam er in das Hauptquartier des Gene ral v. York. Hier sah ich ihn zum lehten Male bei Chateau Thierry am 12ten Februar 1814, abgeschickt mit einer Meldung an den Feldmarschal Blücher. Seine spåteren Schicksale sind mir unbekannt. In Riesenburg wurde der Sieg bei Lügen durch Gots
tesdienst und Festlichkeiten gefeiert. Hinter Marienwerder ward die Weichsel überschritten, nachdem wir in der Niede rung ein Nachtquartier gehabt hatten. Durch die sandis gen und unerfreulichen Gegenden der Tuchelschen Haide zogen wir über die Städte Tuchel, Konig (wo ich bei einem
Riemer Freund ein freundliches Quartier hatte) Fried land, Deutsch- Krone, Schloppe, Woldenberg vorbei, Frie deberg, Landsberg an der Warthe, Zielenzig der Oder zu bis Krossen. Neue, wenn auch meistens nicht anziehende Landschaf= ten fesselten meine Aufmerkſamkeit.
Aber bei den kleinen
Sorgen für Pugen der Pferde und Waffen , Uebungen und theils nöthigen theils unnüşen Beschäftigungen be obachtete man alles nur halb. Die öden Gegenden der Tu chelschen Haide machten einen unangenehmen Eindruck, den der Anblick mehrerer armseligen Dörfer mit ihren polniſchen Bewohnern vermehrte. Landstraßen mit Kirschbäumen be fest in den Gegenden der Mark erfreuten uns wieder. Auf einem der Mårſche ward hinter dem Orte Kindel bier angehalten und vom Major v. Zastrow , der an Stelle des in Königsberg zurückgebliebenen Grafen Lehndorf einstweilen das Regiment befehligte, wegen des angeblichen Sieges bei Baußen ein Hurrah ausgerufen . Wir wurden ziemlich in Unwissenheit der Vorfälle auf dem Kriegsschau plage gelassen. Erst in Krossen erfuhren wir des Feindes Nähe. Die Stimmung im Regimente wurde durch die unge=
bührende Behandlung eines Eliten, die ein Vorgeseßter sich erlaubte, sehr gereizt. Sie erzeugte eine große Aufregung auf dem Sammelplage der Schwadronen. Alle liefen wild zuſammen und sprachen von Abschied . Nur mit Mühe ließen wir uns beruhigen. Der Elit, der schon bei deut ſchen Bundestruppen gedient hatte, blieb zurück, wahr scheinlich entlassen, und kam nicht wieder zum Regimente. Die Wirkungen dieser Verstimmung blieben , doch siegte der treffliche Geist jener Zeit selbst über schwere Unbilden. In Landsberg waren Schanzen aufgeworfen auf den An höhen , die den Uebergang über die Warthe beherrschen.
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Häufig ſah man Lärmſtangen errichtet, die des Feindes Her annahen melden sollten. Ein Fall in Zielenzig der die militairiſche Form beseitigte, bildete einen starken Gegen faß gegen die Strenge, mit der man auf Kleines ſah. So wurden einſt bei einer Specialreviſion der 2ten Eskadron die Rollen der Mantelsackriemen untersucht, mit einem Li neale gemessen , ob sie auch in gerader Rich tung wåren. Einer der Kameraden hatte einen Mantel fack von hellblauerer Farbe, als die übrigen. Der Eskadron chef redete darüber viel und schloß die Rede mit den Worten : ,,Mit dem Mantelsack können wir nicht vor den Feind gehen !"
Solche Dinge wurden besonders belächelt und
bespöttelt in einem aus Freiwilligen gebildeten Regimente, in welchem es an gebildeten und muntern jungen Leuten nicht fehlte. Ihnen gegenüber hatten Offiziere aus der alten Zeit keinen leichten Stand . Namentlich waren ihnen lange Anreden nicht zu empfehlen.
Die Aeußerlichkeiten des Gar
nifondienstes, wiewohl wir gegen den Feind zogen, wurden stets mit Sorgfalt eingeschärft und beim Antreten in Konig das Frontmachen vor den Offiziren uns beſonders ans Herz gelegt. Troß dieser Sorgfalt blieben wir in dieſen Dingen und Künsten immer hinter den alten Regimentern zurück. Die Freiwilligen mit ihrem freien Sinne waren den Offis zieren, die sich minder in den Geiſt der Zeit finden wollten, oft ein Stein des Anstoßes und des Aergerniſſes. Das Regiment, an Ordnung , Kriegsgeübtheit an dern allerdings nachstehend , bot im Ganzen einen guten Anblick dar. Die Uniform (Kurtka, Litewka) mit gelben Knöpfen und Schnüren , rothem Kragen , weißen Achsel= klappen, Beinkleidern mit zwei breiten rothen Streifen, Tschakos mit gebogenen, bei vielen mit lakirten Boden, nach Art derer der damaligen ruſſiſchen Garde, ſchwarzes Rie
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menzeug, war zweckmäßig und fiel gut in die Augen.
Das
blaue Tuch bei den Uniformen war ziemlich fein bei der Mehrzahl. Die Pferde waren dem größern Theile nach gut und kräftig, einzelne selbst ausgezeichnet. Die Fahnen der Lanzen hatten nach Verschiedenheit der Eskadrons verschie dene Farben. z. B. die der 1sten weiß, der 2ten blau und weiß, der 3ten grün und weiß, der 4ten roth und weiß. Die einzelnen Uniformen waren nicht alle gleich im Schnitt und Besag. Besonders wich das Roth auf den Kragen der 4ten Eskadron von dem der andern ab . Die Eliten — so hießen die welche sich selbst auf ihre Kosten ausgerüstet hatten , trugen eine Tresse an dem Kragen. Mit dem Reiten ging es nicht Manche Kameraden hatten erst im Regi durchweg gut. Mir ging es besser, da ich ment das Pferd bestiegen. schon seit dem Kindesalter mit den Pferden umzugehen ge lernt hatte. Wie sehr man das Anpassen der ungarischen Sättel und die Belehrung darüber versäumt hatte, zeigte sich in den Folgen. Als wir die Oder erreichten, und zum Theil schon an der Weichsel waren , waren gewiß schon über 50 Pferde gedrückt, deren Manschaften und Gepäck auf dem Wagen gefahren werden mußte. Dieser Zug wurde scherz Auch haft auch die gequetschte Kumpanei genannt. ich gehörte leider mehrmals zu ihr, und als ich endlich die legten Mårſche vor Kroſſen doch ritt, verſchlimmerte sich die Wunde meines Pferdes so , daß ich sie in Krossen nicht mehr verheimlichen konnte, als ich troß derselben doch mit dem Regimente gegen den Feind nach Sachsen ziehen wollte. In Krossen fand ich Gelegenheit, bei einem Sattler meinen ungarischen, nicht paſſenden Sattel mit einem andern zu vertauschen, unter dem ich später die Wunde meines Pferdes heilte und der im ganzen Feldzuge und auf dem Rückmarſche nie mehr drückte.
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In dem freundlichen Städtchen Kroſſen, wo alles in Thätigkeit war, zu rüsten, zu ererziren, an deſſen Seite ein Brückenkopf am Bober an des Feindes Nähe erinnerte, mußte ich zu meiner großen Betrübniß, zurückbleiben, um mein gedrücktes Pferd zu heilen. Gern hätte ich wieder tauschen mögen. Aber wer ließ sich dazu wohl bereit fin den ? Der Kampf mit dem Feinde war der Gegenstand un serer Sehnsucht und der Trost in den Unannehmlichkeiten des Kamaschendienstes gewesen. Traurig sah ich das Regiment, das zum Korps des Ge= neral v. Bülow stoßen sollte, von Krossen den Weg nach Sachsen und zwar nach Luckau zu einschlagen. Es kam den Tag nach dem Gefecht daselbst an. Der Waffenstillstand machte vorläufig dem Kriege ein Ende, und erfüllte viele mit Besorgniß, daß ein nachtheiliger Friede die Früchte des schönen vaterländischen Aufschwunges rauben möchte.
An ders hat glücklicher Weise die Erfahrung entschieden. Das Regiment ging nach Frankfurt zurück, ward vom Korps des General Bülow zu dem des General v. York gezogen und trat auf dem rechten Oderufer den Marsch nach Schlesien an. Das kleine Depot zu dem ich gehörte ging am 5ten Juni nach dem Dorfe Bindow ſüdlich von Kroſſen , hart an der Oder. Hier blieben wir etwa drei Wochen. Ich stand in einem kleinen Häuschen, wurde von zwei Besigern abwechselnd mit Speise unterhalten. Die Leute im Dorfe waren gefällig und freundlich. Die Gegend ist eben und fandig.
Der Kurschmid, der unsere gedrückten Pferde be
handeln sollte, ein Taugenichts , der unter den deutschen Truppen des französischen Heeres gedient hatte, unterschlug einige Thaler Medizinkosten und ging in einer Nacht über die Oder zu den Franzosen über, die jenseits in Schlesien standen , und deren Reiterpatrouillen einige Male bis an
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das jenseitige Ufer kamen.
Durch ihn wurde der Feind
von den Verhältnissen, unseres Regiments unterrichtet. Ein Kamerad der nachmals in der Schlacht an der Kazbach ge= fangen wurde, sich aber wieder zu uns rettete, indem er in Bunzlau sich unter Heuhaufen versteckte, hat bei den feind lichen Husaren vollständige Kenntniß über uns gefunden . Der Schullehrer in Bindow, ein freundlicher Mann, dessen blinder Sohn sehr geschickt in verschiedenen Hand arbeiten war , behandelte geschickt unsere gedrückten Pferde. Er heilte auch durch seine Kunst meinen Daumen, dem einer meiner Kameraden ohne böse Absicht einen Säbelhieb beibrachte, dessen Narbe ich noch trage. Es war eine Ader verlegt, das Blut schwer zu stillen und mehrmals sprang jene wieder auf.
Viele Tage hindurch mußte ich den Arm
im Bande tragen. Ohne den Waffenſtillſtand wäre ich durch diese Verlegung für den Augenblick kampfunfähig gewesen. Ein Chirurgus in Nettkow jenseits der Oder und einer in Krossen hatten vergeblich die Wunde behandelt. In Nett kow besah ich Schloß und Garten.
Die Franzosen waren
besonders geschäftig , verborgene Landſturmpiken aufzusuchen, und zu zerschlagen, zuweilen auf den Rücken der Einwohner. Die Frau eines Gutsbesigers in Lesgen war mit einem Kinde und einem Mädchen nach Bindow geflüchtet. Wir hielten eine Wache an der Oder , brachten alle Kähne in Sicherheit und ließen keinen verdächtigen Menschen hers über. Landwehr und Landſturm war überall in Thätigkeit ; wo man hinblickte ward exerzirt. Das Regiment kam aus der Gegend von Frankfurt , wo es vor dem Prinzen Wil helm Parade hatte, in unsere Nähe. In Züllichau traf ich mit demselben zusammen. Die 2te Eskadron blieb in der Stadt, ich die Nacht im Quartier im Schüßenhauſe.
13 Bildung des Jägerdetachements. Mein Eintritt in dasselbe. Marsch zum schlesischen Heere. Uebergang über die Oder bei Ohlau. Aufenthalt bei Lichtenberg. Mancherlei Scherze und Späße. Straflager. Musterung vor dem General Blücher. Mancherlei Kriegs- und Friedensgerüchte.
Während meiner Trennung vom Regimente war in Folge der Reibungen und Streitigkeiten über Jägerrechte und nach höherer Entscheidung die Bildung eines Jägerde tachements entschieden. Jeder der sich selbst auf eigene Kosten ausgerüstet hatte, sollte in dasselbe treten dürfen. Der Regiments und die Eskadronsbefehlshaber sahen un gern den Uebergang vieler unter uns ins Detachement. Man suchte ihn zum Theil in nachtheiligem Licht erscheinen zu lassen. Dessen ungeachtet kam es augenblicklich zu Stande, und wurde 117 Mann stark. Grüne Uniformen konnten nun nicht angeschafft werden . Wir behielten die des Re giments und vertauschten nur die weißen Achselklappen mit grünen. Die Lanzen gaben wir auch ab und behielten nur Säbel und Pistolen. Ich war mit dem Tausch der Waffen sehr zufrieden.
Die Lanze ist eine treffliche Waffe , ihre Führung aber ermüdend . Ich erklärte dem Rittmeiſter Keudell auch meine Absicht , ins Detachement zu treten. Er war unwillig. Ich blieb aber bei meinem Entſchluße, und vereinigte mich in der Jägereskadron mit meinen ver trautesten Freunden. Zwei Freundschaften besonders haben fich mir daselbst gebildet , die mit gleicher Innigkeit bis zu dieser Stunde dauern. Zum Befehlshaber der Jägereskadron erhielten wir einen Grafen zu Eulenburg. Sein jüngerer Bruder Graf Ernst zu Eulenburg befehligte unter ihm als zweiter Offizier nachmals in der 1sten Eskadron. Die Jägereskadron stand in Vergleich mit den Jågerdetache ments in andern Regimentern im Nachtheil. Bei andern
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hatten ihre Mitglieder, nach Königlicher Bestimmung, die Aussicht, als Offiziere ins Regiment zu treten. Im Na tionalkavallerieregimente war diese Aussicht schon von An fang an jedem abgeschnitten, da die andern Schwadronen auch Gebildete genug in ihrer Mitte zählten, und dieſe na türlich den Vorzug erhielten. In einem Dorfe Bindow oder Lindow fand ich die Ja gereskadron . Oft machten wir um die Hiße des Tages zu vermeiden, Nachtmärsche. Wir durchzogen in nicht ſchönen Gegenden die Städte Gurau, Heerestadt, Stroppen . In Gellendorf wurden die Oberjäger gewählt , unter ihnen einige meiner vertrautesten Freunde.
Vom Dorfe Pirbi
schau , wo wir Nachtquartier hatten, sahen wir Breslau. Von einem andern Quartier, Pauke, aus besuchte ich mit andern den Garten und das Schloß Sibyllenort. Nur flüchtige Ueberblicke sehenwerther Gegenstände waren uns vergönnt. Am 8ten Juli überschritten wir bei Ohlau die Oder. Im Dorfe Zottwiß unter polnisch sprechenden Bauern hatten wir schlechte Quartiere.
Ich nahm mit
meinen Gefährten mein Nachtlager im Garten hinter dem Hauſe. Am 9ten Juli zogen wir nach Lichtenberg, in wel chem Dorfe die 2te, 4te und die Jagereskadron einquartirt wurden, während der Stab, die 1ste und 3te Eskadron im Dorfe Zindel standen . Grottkau war die nächste Stadt. Nach mehreren Märschen in sandigen Gegenden fanden wir hier andern Boden. Die Menschen , wie es die Schlesier meistens sind, waren sehr betriebsam.
Der grauende Zob
tenberg blieb in der Ferne unser Begleiter. Die Quartiere waren stark beſeßt. Ich ſtand mit noch 11 Andern beim Wirth Joseph Viehweger. Der Unterhalt mußte, wenn auch ein Theil unserer Verpflegung aus Ma gazinen entnommen wurde, den Leuten immer schwer fallen.
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Gleichwohl mußten wir bis zum Sten August hier bleiben. Der Aufenthalt war langweilig. Bücher hatte ich nicht. Ein Brief wurde in die Heimath geschrieben. Er drückte meinen und der Gefährten Wunsch aus, daß unsere Lage sich bald åndern möchte. Es ward anfangs viel ererzirt, theils zu Fuß, theils zu Pferde.
Vom leßtern war ich frei,
um die Heilung des Satteldrucks an meinem Pferde nicht zu unterbrechen. Vom Befehlshaber des Regiments ward am 11ten Juli befohlen, die Jågereskadron ſollte gleich den andern, Wachen an dem Eingange des Dorfs aufstellen. Man hielt bloße Schild- und Ehrenwachen ,
gegen die königlichen
Anordnungen. Die beorderten Jäger weigerten den Dienst, die andern thaten dasselbe. Der Vorfall wurde an den Stab gemeldet. Die Kommandirten kamen nach Ziedel in Arreſt. Die ganze Eskadron mußte schnell satteln, ausrücken und zur Strafe vor dem Dorfe ein Lager beziehen , in dem wir bis zum 16ten blieben. Die Pferde litten dabei am meisten. Wir waren fröhlich und gaben durch lustige Lieder unsern Frohsinn kund. Ja es war sogar der Vorschlag da, eine Seiltänzer- und Puppenſpielerbande aus einer benachbar ten Stadt herbei zu holen. Major von Zastrow kam in das Lager geritten und sagte: Es soll ein Straflager sein und scheint ein Luftlager ! Zulegt wurde die Rückkehr ins Dorf beliebt und die Wachen geleistet.
Es ward eine
Strohbude gemacht, ein Stuhl hinein geſeßt, von einem auch ein Roman zum lesen für die Wache besorgt. Vor beireitende Offizire des Regiments brachten zwar Beschwer den vor, über das Vergessen oder absichtlich vernachläßigte Frontmachen und Anziehen des Seitengewehrs, aber ohne vielen Erfolg. Man ward des fruchtlosen Befehlens måde, und ließ das lustige Völkchen zulegt in Ruhe.
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Waffenübungen, Antreten, Pußen der Uniformen und Pferde nahm die Zeit in Anspruch, beschäftigte aber nicht den Geist , für dessen Hebung und Belebung In Mußestunden spielten viele mit nichts geschah. Karten und Würfeln, manche verloren ihr Geld , das ihnen spåter fehlte. Auch manche lustige Spåße wurden ausge= führt und gegenseitige Neckereien geübt. Zwei Jäger stellten sich einst, aus dem Wirthshause kommend, trunken an und forderten sich auf Pistolen. Ein anderer, der sich leicht Die Pistolen wur etwas einbilden ließ, war Sekundant. den blind geladen.
Der Gegner fiel.
Der andere Sekun
dant, ein anderer der Mitwiſſer des Streiches und die Zeu gen flohen aus dem Garten, in Worten der Verzweiflung , Der erste dessen Geschick beklagend, der geschossen hatte. Sekundant lief in die Scheune, sattelte sein Pferd in Angst, machte Alles verkehrt, und führte bereits das Pferd heraus, als der Gefallene mit einem schwarzen Tuch um das Hemde, von zwei andern geführt, das Gesicht weiß geschminkt, röchelnd ankam , ein ,, Wehe, Wehe " rief, bald darauf zu rückgeführt, wieder erſchien, und lächelnd den Sekundanten, der nach der ihm angegebenen Reiseroute über Portugal nach Polen" fliehen wollte, fragte : ,,ist zum Ausrücken ge blasen?" Der Flüchtling führte getäuscht sein Pferd in die Scheune zurück, ließ sich aber dennoch gleich darauf einbilden, daß der Schießende zwei Kugeln geladen und dadurch den Fallenden betäubt hätte. Die eine Kugel mußte er, hinge führt, im Garten auf der Stelle des Umgesunkenen finden. Sie war demselben, (das war ihm deutlich gemacht) an dem Arm vorbei und unter einem rechten Winkel in die Erde Bald hierauf kam der andere Sekundant in gegangen. Jener, der entfliehen wollte, war einige Tage Arrest. wegkommandirt gewesen. Bei seiner Rückkehr ward ihm
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eingebildet, daß jener des Duells wegen in Arrest gewesen, die Sache schon in kriegsrechtlicher Untersuchung sei und er ſich, was die andern bereits mit Erfolg gethan håtten, beim Eskadronchef um Begna digung verwenden müsse. Er schnallte Säbel und Patrontasche um und ging, ward auf halbem Wege zurückgerufen , und ausgelacht. Nach der Schlacht an der Kagbach geſtand er daß ihm in derselben viel weniger bange zu Muthe gewesen sei, Duell in Lichtenberg.
als nach dem
Ein anderer Jäger neckte einen Kameraden, von dessen gedrücktem Pferde ein großer Theil der Haut abging, mit der Frage ob er mit der abgelederten Haut Handel treiben wolle ? Derselbe hatte früher einen andern geneckt. Willst du Froschgesicht, sagte der Geneckte zum Neckenden, der ſehr' voll Sommersprossen war, wohl schweigen ! Dieser schwieg drgerlich. Wer in einem Kreise junger Soldaten sich Necke reien erlaubt, muß sich solche auch selbst gefallen lassen . Auch mancherlei gymnaſtiſche Dinge wurden getrieben, gefochten, mit Erdkugeln geworfen, gerungen. Ein starker und großer Kamerad zog mit einer Leine, an die viele anfaß ten, sie an sich, hielt sie gegen einzelne schwächere selbst mit den Zähnen fest. Eine Kanonenkugel brachte ihm in Frank reich dicht an meiner Seite den Tod . Es fanden einigemal Musterungen statt.
Bei einer vor dem General von York
am 26ten Juli ward auch das Urtheil wegen der verwei gerten Wachdienste bekannt gemacht. Es lautete für die Betheiligten auf Festungsstrafe. Zulegt wurde die Kaſſa= tion des Urtheils bekannt gemacht. Vielleicht war die Sache eine Formalität. Ich nahm nur an einer Musterung Theil, nämlich der bei Strehlen vor dem General von Blücher. Einer mei- • ner Kameraden gab mir dazu sein Pferd, unter der Bedin 2
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gung, daß ich ihm seine Sachen einmal gut puşte. Ich thats gern, um nur mitreiten und den Mann ſehen zu kön nen dessen Name schon damals jedes Herz höher schlagen machte. Früh ward ausmarschirt. Viele Stunden mußten wir auf dem Sammelplage der Kavaleriebrigade warten. Endlich erschien der Brigadekommandeur , General, von Durch die Nase sprechend sagte er vor un serer Eskadron : ,, Die Jäger haben einen guten Vogel ab Korsewand.
geschossen ! "
Sollte es eine Zufriedenheit mit unserm Pugen, oder ein Wig, ein Spott sein ? Der Worte tiefen Sinn habe ich nicht erfahren . Seine lange Naſe fiel uns auf. Zwei Kameraden mit langen Nasen wurden sofort mit dem Beinamen Korsewand der erste und zweite bes nannt. Endlich gegen Abend erſt kam der alte Huſaren greis mit der jugendlichen Feuerseele an.
Die Herzen
schlugen gewiß jedem, als er auf dem ſtattlichen Rosse vor= überflog. In seinem Antlik lag der ganze Mann ausge drückt. Kaum war er da und die Reihen der einzelnen Rei terregimenter hinuntergeritten , als auch die Befehle schon ertheilt wurden, die Adjudanten hin und her sprengken , der Komandoruf durch die Reihen fuhr und die Trompeten Klangen. Es war ein erfreuendes Vorbild dessen, was die Truppen im ersten Kampfe zu erwarten hatten , wenn künftig der Held des Heeres und des Volkes vor den Reihen sich zeigen und voraus in den Donner der Schlachten reiten würde. Ach wem glänzt nicht heute noch vor Freude das Auge, wenn er das Bild ſeines großen Feldmarschalls erneut ! Er ließ mehrere Evolutionen von den Regimentern in Zügen und in Eskadronskolonnen aus führen und daraufuns zurück in die Quartiere gehen. Spåt in der Nacht und sehr ermüdet kamen wir nach Lichtenberg zurück.
Ein Jäger fiel beim Nachtmarsch mit dem Pferde
19 in einen Graben und ward ganz burchnäßt.
Der Über
glaube hätte hier ein unglückliches Zeichen finden können. An der Kazbach fiel der Jäger (er hieß König) von feindli cher Lanze durchbohrt.
Am 3ten August dem Geburtstage des Königs, gab es für diejenigen, die noch Geld in der Tasche hatten , einen lustigen Abend bei dem Marketender, einem Juden , dessen Ungarwein guten Absah fand . Ich leistete, da mein Geld durchAusgaben für den neuen Sattel, die Kur meines Pfer des und andere nöthige Dinge geschmolzen war, nicht frei willig Verzicht auf des Abends Freuden. Einige Kameraden kamen im überfröhlichen Zustande zurück. Einer wollte durchaus den Juden bekehren. Ein anderer kam in die Scheune, in der ich auf dem Lager lag, in deſſen Nachbar- · schaft auch das Pferd des Juden war, in Reimen sprechend an, warf einen Eimer mit Futter, böse, daß das Pferd auf seine Frage : ,, wer frißt da ? " nicht antwortete, in den Sumpf des Hofes und ein Paar Stiefel eines Kameraden nach. Der Besizer der Stiefel kam auch fröhlich an, fischte fie, von einem andern an der Hand gehalten, heraus und ward nach wenig Augenblicken durchLachen über jenen nuch tern . Der Jude und sein Sohn erschienen und konnten sich in philosophischer Betrachtung nicht beruhigen darüber : ,,wie doch der Mensch verlangen könne, daß ein unvernünf tiges Thier sprechen solle. " Solche und ähnliche Späße wird wohl die Spezialgeschichte jedes Jägerdetachements auf weisen. Oft wechselten die Gerüchte über Krieg und Frieden. Bald war der Kampf nahe, bald kamen wieder niederbeu gende Friedensnachrichten. Um 2ten August ward als be stimmt gesagt, daß wir den 10ten dem Feinde entgegen gehen 2*
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follten.
Auch hieß es, wir würden nach Böhmen zum
östreichischen Heere stoßen.
Schon früher am 25ten Juli
kam plöglich Befehl zum Aufbruch .
Mit vollem Gepäck gingen wir bis in die Gegend von Borau, trafen mit der ganzen Reservekavalleriebrigade zusammen . Bei Borau und
Klein-Driesen ward ein Lager bezogen , eine schöne Som mernacht freudig zugebracht, nach der am Morgen die Trom= peten weckten. Nach einer oben erwähnten Musterung vor dem General York, am 26ten kam alles wieder nach Lich tenberg und Zindel zurück. Endlich vermehrten sich die Kriegsnachrichten, Freu denkunden, wie jeder von uns sich noch erinnern wird. Ein Parolbefehl gebot die Auszahlung der rückständigen Löh nung , erlaubte Urlaubsertheilung an die Soldaten , damit ſie den Landleuten bei der Aernte helfen möchten , auch den Gebrauch der Trainpferde zur Einbringung der Feldfrüchte. Wir spannten auch unsere Pferde an und halfen den Leuten Roggen einfahren. Am 7ten August war der Ausmarsch auf den Sten gewiß, nachdem früher ein Befehl, daß in zehn Tagen kein gedrücktes Pferd geritten werden sollte, hierauf hingedeutet hatte. Am 7ten August gegen Abend, als die gedrückten Pferde untersucht wurden und ich mit dem meinigen wieder ins Depot verwiesen werden sollte , erhielt ich auf mein dringendes Vorstellen , die Erlaubniß mitzu ziehen. Mein Pferd ward nochmals besehen, der neue Sattel untersucht und die Heilung des Ueberrestes der Wunde für möglich im Marsche gehalten. War ich in Riesenburg froh, dem Depot zu entgehen , so jeßt vielmehr da die ent scheidende Stunde so nahe war. Ich hatte Salbe bei mir, heilte das Pferd unter dem Sattel , machte die nächsten Märsche hindurch manche Meile zu Fuß unverdroſſen um nur nicht die erste Schlacht zu versäumen. Die zum Depot
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Kommandirten zogen traurig nach Neustadt; wir andern harrten jubelnd der Sonne des künftigen Tages.
III. Aufbruch von Lichtenberg. Marſch bis Floriansdorf in der Ge gend des Bobtenberges. Heerschau vor den Monarchen. Wanderung auf den Bobtenberg.
Früh weckten die Trompeten am 8. August zum Auf stehen, dann riefen sie zum Satteln endlich zum Ausrücken. Freudig zogen wir ab nach der Gegend von Borau zu über die Orte Großburg , Michelwig , Lorangwiß bis Klein Sô ring , wo wir die Nacht im Bivouak blieben. Sie war an genehm und ich ſchlief die wenigen Stunden um ſo ſanfter, da ich den größten Theil des Weges zu Fuß gemacht hatte. Am 9. Auguſt ging das Regiment weiter und blieb in den Dörfern Kiefendorf, Merxdorf , Floriansdorf im lehtern die Jågereskadron , in engen Quartieren . Ich war mit einigen Kameraden bei einem Käthner , bivouakirte bei schönem Wet ter lieber im Garten . Für den Unterhalt war schlecht gesorgt. Eine Heerschau vor dem Könige und dem Kaiser Alexan der war långst angesagt.
Sie fand am 11. Auguſt ſtatt in der Gegend des Zobten , der mit seiner Kapelle , dem Walde und den Felsen uns lockte , ihn zu besuchen . ` Ich verzich tete zur Schonung meines Pferdes auf die Heerschau , und die Freude, die Monarchen zu sehen , um nur nicht etwa auf die Schlacht verzichten zu müſſen. Am Tage der Heerſchau wanderte ich , mit Urlaub versehen , in Gesellschaft mehrerer Gefährten auf den Zobten , der in der Nähe des Dorfes zu liegen schien , zu dem uns der Weg aber erst durch einige Dörfer und das Gut Gurkau führte. Der bedeutend hohe
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Berg macht gewiß auf jeden Bewohner ebener Gegenden einen eigenen und ergreifenden Eindruck. Eine Art von Sehnsucht wird wach im Gemüthe , selbst wenn man , wie wir damals , mit vielen prosaischen Dingen sich abmühen muß. Die Kapelle auf dem Berge gleicht in der Ferne einem Schilderhäuschen. Um die Bäume des Waldes lagern sich, so scheint es von weitem, Wolken und Nebel. In Gurkau ruhten wir aus , sammelten zum Hinaufsteigen neue Kräfte. Der Boden erhebt sich anfangs allmählich , ist mit gewöhn= licher Erde bedeckt und mit schönem Grün bewachsen . Schneckenförmig oder auch in ganz unregelmäßiger Krům mung windet sich der Pfad dann hinauf.
Bald sieht man
sich von hohen Bäumen umgeben , die die Aussicht hemmen und die man von fern für Gestråuch hält.
Hohe dickſtåm
mige Eichen , Buchen , Tannen und Rüstern verdunkeln den Pfad , der immer steiler wird. Die Steine verwandeln sich in große Felsen. Die hohen Bäume scheinen oft ohne Erde in derselben zu wurzeln. Die Felsen liegen dann chaotisch durcheinander. Hie und da ist ein Marienbild , ein Kruzifir, ein kleines Kapellchen errichtet.
An einer Stelle neben dem
Pfade bemerkt man eine Höhle.
Ein Führer erzählte dabei
folgendes.
Ein Mädchen , von ihren Eltern abgehalten,
einen geliebten Mann zu heirathen , floh hieher , lebte von Wurzeln und Kräutern zwei Jahre , wurde endlich entdeckt, konnte aber nicht zur Rückkehr bewegt werden. Endlich ver fiel es in eine Krankheit , und starb bald darauf bei den Verwandten. Nachdem wir an einigen lichten Stellen geruht , uns an der Aussicht gelabt hatten , erreichten wir die Oberfläche des Berges , eine grüne Ebene von Bäumen umschlossen. Von dem einen Ende , an dem die Kapelle liegt , und dem andern , wo freie Felsen sich befinden , mit einer reinen
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Quelle in der Mitte , hat man eine köstliche Aussicht auf die Ebene umher , die vielen Städte und Dörfer und das ferne Gebirge.
Von der Höhe herab sah man die Truppen von
der Heerschau. Meine Gefährten mit schärferem Gesichte als ich , konnten die Bewegungen wahrnehmen und unter scheiden.
Eine Schlacht in der Ebene müßte ſich mit Hülfe
von Ferngläsern schön beobachten laſſen. fie hier stattfinden können!
Wie leicht hätte
Eine Erzählung über den Zobtenberg , die Entstehung der Kirche , die ich in meinem Tagebuche verzeichnet habe, will ich hier nicht mittheilen , da sie manchen anderweitig be kannt ist , auch dem Hauptzwecke dieser Blätter fern liegt. Der Rückweg , zwar minder beschwerlich , aber doch die Füße ermüdend , führte uns am Abende nach Floriansdorf, wohin auch die Kameraden , die bei der Heerschau den beiden Mo narchen in Zügen vorbeiritten , heimgekehrt waren. Einige Tage mußten wir hier verweilen , sehten die Sachen in Stand, pugten die Pistolen , schliffen die Säbel. Obgleich der Krieg längst beschlossen war , wechselten dennoch auch hier noch sogar Kriegs- und Friedensgerüchte. Mir ward noch mals die Wahl gelaſſen , mitzuziehen oder gleich einigen andern ins Depot zu gehen. Mein Pferd besserte sich aber bedeutend und mein Entschluß blieb fest. Am Abende des 13. August kam schon die Nachricht, daß wir am andern Morgen dem Feinde entgegen gehen wür den. Die Sonne ſank , ich legte mich in meine Strohhütte nieder und schlief ruhig ein. Eine schöne Sommernacht er quickte die Flur und die Glieder der freudigen jungen Krieger.
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IV .
Des Kampfes Anfang. Märſche auf Goldberg und Löwenberg. Erster Angriff am Gräditzberge. Oberst von Jurgaß und seine Rede. Bug nach Bunzlau. Hin- und Herzüge vom 14. bis zum 25. Auguſt. „ Auf, auf! es geht vor den Feind ! " Mit diesen Wor ten weckte mich der in meiner Nähe stehende Oberjäger B. aus dem Schlafe , als das Morgenroth erschien. Verscheucht augenblicklich war der Schlaf. Die großen Stunden rückten nåher. Freudig war das Herz. Nach einer Stunde etwa saßen wir alle zu Pferde und hielten vor dem Dorfe. Munterkeit und freudiger Muth glänzten auf allen Gesichtern. Auf dem Plage der leßten Heerschau vereinigten wir uns mit der Reserve-Kavallerie-Brigade des 1. Armee-Korps, die Oberst v. Jurgaß befehligte, und marschirten in der Richtung nach Goldberg. Nachmittags kamen wir auf den Lagerplas bei Peterwiß. Zum ersten Male quålte uns der Hauptfeind dieses Feldzuges , der Regen.
Staatsrath von
Schön war bei uns im Lager und sprach mit dem Regi mentsbefehlshaber. Am 15. August ging das Jägerdetachement ab zur Re kognoszirung auf der Straße nach Goldberg zu. Das Regiment folgte. Ich befand mich beim Vortrabe. Wir durchzogen schöne Dörfer , trafen aber keinen Feind. Die Nacht blieb der Vortrab in Sczengwiß , das Regis ment in Damsdorf. Ich sah hier die ersten feindlichen Ge fangenen. Am 16. Auguſt wurden wieder einige eingebracht, wenn ich nicht irre , von Ulanen des brandenburgischen Re giments.
Am Tage zogen wir die Vedetten (Wachposten zu Pferde) ein. Gegen Abend ward es unruhig. Es hieß,
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wir stånden dem Feinde ganz nahe.
Man stellte doppelte
Poſten aus , die in der Nacht eingezogen wurden. Wir gin gen auf Jauer zu , am 17. bis auf einen Lagerplag beim Dorfe Peterwig , wo auf dem Felde Hafer für die Pferde zusammengetragen wurde. Später brachte der Quartiermei fter Pferdefutter und Lebensmittel , die mit Unordnung ver theilt wurden. Das vertheilte Fleisch blieb liegen , denn plöglich hörten wir die erste Kanonade , ſaßen auf, eilten mit Gesang der Gegend zu , sahen den Pulverdampf, marſchir ten aber wieder nach dem Lagerplaße zurück. In unserer Nähe war auch das Meklenburger-Husaren-Regiment , das mit uns gleichzeitig aufbrach. Beide Regimenter gingen über einen kleinen Graben. Mehrere Husaren stürzten ohne Be schädigung , von unserm Regimente Niemand . Schlechte Reiter gab es gewiß in beiden. War das Stürzen jener Zufall , oder waren unsere Pferde leichter und gewandter ? In der Nacht trafen wir mit den andern Kavallerieregimen tern im Dunkeln auf einem Lagerplage zusammen . Ich ſprach mit mehrern Bekannten der Jågereskadron des littaui schen Dragonerregiments. Wir lagen auf gepflügtem Acker. Man sprach von einer Schlacht, die am folgenden Tage ſtatt finden werde und von demMuthe , den der Feind beim Rück zuge beweise. Bis gegen Mittag blieben wir am 18. August Dann erhob sich wieder eine Kanonade. Rechts von Goldberg sahen wir brennende Dörfer , vom Feinde an gezündet. Das Regiment marschirte vorsichtig mit einer Avantgarde , die wir Jäger bildeten. Ueberall kamen uns
stehen.
die vom Feinde hart mitgenommenen Einwohner der Dörfer freudig entgegen. Das sind schöne Augenblicke des Solda tenlebens ! In Goldberg ward angehalten. Ich ging in ein Wirthshaus , um für meine legten Groschen etwas zu kau fen. Man gab mir etwas Bier und Brot , nahm aber nichts
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bezahlt , aus Freude, uns statt der am Morgen abgezogenen Franzosen zu sehen. Leider sah die Stadt noch einmal den Feind wieder. Ein alter Mann ermunterte uns mit Thrå nen in den Augen zu rächenderVerfolgung. In demselben Augenblicke ging eine Kosackenbatterie mit brennenden Lun ten durch die Stadt.
Wir schwangen uns auf die Pferde
und folgten , von den Glückwünſchen der Einwohner beglei= tet. Etwa eine Meile jenseits hieß es : Franzosen sind da und Reiterei von ihnen ist aufmarschirt. Man hielt sie für stark. Doch ward mit Vorsicht vorwärts gegangen. Plög lich hieß es: die Feinde kommen uns entgegen. Wir stellten uns , und zwar im hohen Getreide auf , und erwarteten ſie. Sie kamen nicht; die Nachricht war vielleicht nur leeres Ges* rücht. Am Abend ward das Jägerdetachement zum Rekog nosziren der Gegend befehligt. Plöglich kamen Leute aus einem Dorfe mit der Meldung , daß einige hundert Franzo sen darin fouragirten.
Eilig schlichen wir in einem Thale
einen Bach entlang , zum Theil in deſſen Bett reitend , mit angefaßten Såbeln , um nicht Geräusch zu machen , vor wärts. Schon umstellten wir den Hof, auf dem die meis sten Feinde sein sollten. Aber sie hatten von unserer An kunft Wind , und waren entwischt.
Still gingen wir zu
rück , um nicht das nahe feindliche Lager zu berühren und eingeſchloſſen zu werden. Wir fanden das Regiment an einem mit Gestrauch bewachsenen Berge ohne Stroh , Futter und Holz bivouakirend. S Am 19. August folgten wir dem Feinde in der Richtung nach Löwenberg. Wo wir hinkamen , waren die Franzosen am Morgen gewesen. Rechts blieb der Grådißberg , neben ihm ein französisches Lager , dessen Hütten wir sehen konn ten Wir durchzogen schöne Dörfer z. B. Pilgramsdorf. In einem Fichtenwalde fanden wir einen todten Preußen vom
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brandenburgischen Ulanenregimente , auf der andern Seite des Waldes in der Nähe des Dorfes Lauterseifen lagen mehrere Todte , unter ihnen auch , wie ich später erfuhr, einer meiner akademischen Zeitgenossen Eduard Krulle aus Gumbinnen , der im zweiten schwarzen Husarenregi mente stand. Die Avantgarde hatte hier am Morgen ein Gefecht gehabt und war von der feindlichen Uebermacht an fangs zurückgedrängt worden. Die Einwohner von Lauter seifen , die während des Gefechts so ausgeplündert waren, daß im Dorfe kein Biſſen Brot zu bekommen war , wollten wissen , daß beim Gefechte ein feindlicher General verwun = det und gegen 30 Todte vom Plaße getragen worden. Wir mußten in der Gegend von Lauterseifen bis Nachmittags weiden. Auf einem ziemlich kahl gefressenen Kleefelde hielt das Detachement. Ich schlief auf demſelben eine kleine Weile , während das ferne Tirralleurfeuer in die Ohren dröhnte. Ein Zug der Jägereskadron ward voraus auf eine Anhöhe geschickt , von wo ein Theil der Gefechte bei Ld wenberg übersehen werden konnte. Um die Dörfer Sieben eichen , Hoheneichen herum ward hart gekämpft , nach Aus fage der Patrouillen. Häufig suchten Ordonanzen den Ge neral Blücher. Unser Rekognoszirungstrupp ward eingezo gen. Der Kanonendonner kam immer nåher. Ueber dem Walde sah man den Pulverdampf aufsteigen. Die blutigen Gefechte um Löwenberg gaben keinen entscheidenden Erfolg. Eilig mußten wir rechts abmarſchiren nach Neudorf am Grå disberge. Es hieß bei uns damals , der Feind wolle unsern rechten Flügel umgehen. Später erfuhr man , daß es das Korps des Marschalls Ney war , der , als ihn Blücher ent deckt hatte , mit überlegenen Kräften einschließen und vor sei ner Vereinigung mit Napoleon erdrücken wollte , durch einen Nachtmarsch nach Bunzlau entkam.
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Zwischen Neudorf und dem Grådigberge fanden wir schon Truppen aufgestellt und die schwarzen Husaren flankir ten. Auf einem Flachsfelde stellten wir uns neben ihnen auf Hinter uns stand schlesische Landwehr. Der Oberst von Jurgaß, einer der braven Degen im Korps von York , er klärte vor der Front uns , wie wir zum ersten Male einhauen ſollten : „ die Franzosen pflegen gewöhnlich beim Andringen ,,der Preußen eine Karabinersalve zu geben. Lasset euch nur ,,dadurch nicht stußig machen , sondern schlaget ihnen nur ge ,,radezu mit dem Säbel in die Fresse !" Die Rede war ver ſtändlich und genügend . Unsere Flanqueure gingen vor. Eine Batterie warf über uns einige Granaten nach dem Berge , von dem wir , mit gezogenem Sábel rasch vorgehend Kartåtschenfeuer erwarteten. Der Feind zog schnell ab . Wir folgten im scharfen Trabe , ohne ihn einholen zu können. In einzelnen Abtheilungen ward bis in die Nacht verfolgt und dann in der Nähe des Grådigberges an der Straße unter Bäumen bivouakirt. In dem Orte am Grådigberge hatte der Feind geplündert. Der Schmied in demselben theilte am Morgen mit einem meiner Kameraden eine Brodsuppe. Am 20. August zogen wir weiter auf Bunzlau zu. Wir patrouillirten die Gegend ab, kamen einige Male durch bren nende Dörfer, die der Feind verlaſſen hatte. Hinter einem derselben gewahrten wir eine Abtheilung französischer Chas feure. Der Zug , bei dem ich mich befand , ging augenblick lich aufsie los , ohne sie jedoch einholen zu können. Sie ver schwanden hinter einem Walde. In der Gegend von Bunz lau ward in einem Walde bivouakirt , jenseits deſſelben war die Feldwache. Häufige Patrouillen schwärmten in des Fein des Nähe. In der Gegend ward kanonirt und in Bunzlau ging ein Pulvermagazin in die Luft. Gegen Abend ward die Jagereskadron von der 1. des Regiments auf den Vor
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poſten abgelöst und wir bivouakirten beim Dorfe Göswig (vielleicht auch Jäſchwiß) von den Einwohnern und unserm Qartiermeister mit Lebensmitteln versorgt. In der Nacht fiel Regen, der auch am Morgen des 21. August anhielt. Durchnäßt kamen wir vor Bunzlau an und ſtellten uns links vor der Stadt auf. Bald begann eine heftige Kanonade. Preußen und Russen waren in der Stadt, zogen sich aber bald zurück. Etwa um neun Uhr hörte der Regen auf.
Man konnte über den Bober hinweg
die Gegend übersehen. Napoleon war mit Verſtärkung Die Kanonade gekommen und ging zum Angriff über. dauerte lebhaft fort. Der Feind nahm die Stadt. In gro Ben Massen sah man jenseits des Bober Kuirassiere und Fuß volk vorrücken. Schon wälzte sich der Kampf diesseits zu den russischen Abtheilungen des Generals von Sacken. Das Tirailleurfeuer ward immer stärker.
Auch zu uns kamen
einige Kugeln herüber. In Gefahr , umgangen zu werden, mußten wir zum Theil auf Umwegen , den Bober entlang eilig zurückgehen. Feindliche Reiterei verfolgte unsern Nach trab. Nach einiger Zeit vereinigten wir uns mit dem Mek lenburger Husarenregimente , trafen endlich , nach langem Reiten , in einem Walde mit brandenburgiſchen Ulanen und andern Truppen zusammen. Einwohner in den Dörfern, durch die wir zogen , reichten in Eile uns Brot auf die Pferde hinauf, welches nur eben aus dem Ofen gezogen war. Die Rückzugsgefechte waren blutig und der Verlust bedeutend, besonders für die Infanterie. Das erste ostpreußische In fanterieregiment hatte viel gelitten. Wir wurden nirgend zum Einhauen kommandirt. Es ſchien , als wenn man dem Feinde nur durch unsere Reiterei in seiner Nähe Achtung einflößen und dieselbe zu entscheidenderen Tagen aufsparen wollte. In dem freundlichen Pilgramsdorf, neben dem Ge
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birgsflüßchen ,,schnelle Deichsel" ward bivouakirt. Schön spiegelten sich die Lagerfeuer im Bache. Aber bei leerem Magen, unter wimmernden Verwundeten , von denen einer neben mir sich eine Kugel aus der Hand ſchneiden ließ , ver gaß man die Auffassung von Naturschönheiten. Nirgend hörte ich jedoch eine Aeußerung von Muthlosigkeit. Am 22. August ward der Rückzug langſam fortgeseht. Die Ka= nonade dauerte fort. Der Feind drångte minder heftig , als am vorigen Tage. In der mehr ebenen Gegend konnte die Reiterei ihn besser zurückweisen. Ben Kolonnen.
Wir marschirten in gro
Wehnlich folgte der Feind. Unser Regiment
gehörte nicht zur Nachhut.
In der Gegend von Dohnau
bivouakirten wir und lagen auf bloßer Erde. Um 23. blie ben wir auf dem Plage stehen. Einige Lebensmittel wurden bei beginnender Kanonade unregelmäßig vertheilt. Gegen Abend mußten mehrere ihre gekochten Suppen ausgießen und auffihen. Das Regiment blieb am Abende auf der Spise , stellte sich hinter Dohnau in Schlachtordnung mit dem littauischen und westpreußischen Dragonerregimente und blieb bis in die Nacht so stehen. Nach allen Seiten brann ten feindliche Wachfeuer. Um 1 Uhr in der Nacht (24. Au gust) gingen wir still zurück.
Jedes Kommandowort ward
leise gesprochen und weiter gesagt. Der Feind griff indeß nicht an und beunruhigte auch nicht unsern Nachtrab. Wir waren sehr müde und schliefen sehr häufig auf den Pferden ein. Bei manchen wirkte der Schlaf ähnlich, wie der Rausch. Einige fielen beim Anhalten im Schlafe von den Pferden. In einem Dorfe verlor ein Jäger , beim Anhalten einge schlafen , seinen Tschacko , klopfte dann an eine Scheunthür, forderte eine Laterne , fand ohne sie den Tschacko , kam im Schlafe zum Eskadronchef, und dankte ihm , daß er seinen Tschacko wieder gefunden habe. Am Morgen gingen wir bis
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Pauschen *) und bivouakirten. In einem Edelhofe ward der ganze Heuschoppen geleert. Die Infanterie kam zurück , wir blieben eine Zeit hindurch in Schlachtordnung. Es regnete stark , und das Fouragiren war beschwerlich. Einige Lebens mittel , die der Quartiermeister brachte , stillten nicht den Hunger. Um 25. Auguſt rückte das Regiment in die Ge= gend der Dörfer Krain und Weinberg mehr auf die Spise , futterte und kehrte in die alte Stellung zurück. Das fouragiren ging unordentlich , wie vorher. Un Lebensmit tel war wenig zu denken. Der Regen goß die Nacht hin durch.
Der Boden wurde völlig weich.
Von den Höhen
lief das Wasser brausend hinab in die Thäler. schwollen zu ungewöhnlicher Höhe.
Die Bäche
Eine kalte Luft wehte
die Nacht hindurch.
Die ganze Gegend war von Streitern bedeckt. Nahe war die Stunde großer Entscheidung .
*) Den Ort Pauschen habe ich auf den Karten nicht gefun den. Der Name wird daher wohl unrichtig sein. Ein Ort Pomb= fen liegt wieder zu weit nach der Stellung des Korps von Lan geron , als daß dieser der richtige ſein könnte.
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Die Schlacht an der Katzbach den 26. August. Nach einem mehrtägigen Rückzuge kam endlich die Ent scheidung. Das Heer bedurfte einer Schlacht und eines Sie ges. Beide wurden ihm zu Theil. Schon um 2 Uhr ohngefähr in der Nacht wurden wir
alle geweckt , zäumten die Pferde und erwarteten , sie an dem Zügel haltend des Tages Anbruch. Es fing wieder an , ent feßlich zu regnen. Am ganzen Leibe war keine trockene Stelle. Zu der Nässe gesellte sich als Feind der Hunger. Fünf oder sechs unreife Aepfel , in Wasser gekocht und zerrührt , waren meine und zweier andern Gefährten Mahlzeit. Am Vor mittage ließ uns der Feind in Ruhe. Wir fouragirten in der Nähe eines Gutes oder Vorwerks den auf dem Felde lie genden abgehauenen , nassen Hafer. Der Besizer oder Päch ter sah es und sagte mit Rührung : ,,wir möchten alles neh ,,men ; wenn ihm nur seine Hütte bliebe und die Franzosen ,,aus dem Lande geschlagen würden , wolle er mit Freuden ,,alles hingeben ! " Nach wenigen Stunden sollte ihm sein Wunsch erfüllt werden. Nachdem die Pferde einige Stun den an dem naſſen Hafer gefressen hatten , mußten wir zâu men und auffigen. Die Reservekavallerie-Brigade war zu Rechts von uns war das littauische Dragonerre giment , das an das 1. westpreußische sich schloß. Hinter uns kamen mehrere Batterien und Fußvolkkolonnen , die ver
sammen.
deckt gestanden hatten und uns vorbeigehend sich zur Schlacht stellten. Vor uns war eine kleine Anhöhe , auf der die Bat terien auffuhren , die wir deckten . Eine starke Kanonade begann , besonders nach dem rechten Flügel unseres Korps und im Mittelpunkte. Unsere 4. Eskadron machte ganz ge= trennt von uns einen Verbindungsposten mit dem rechten
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Flügel des russischen , Langeronschen Korps. Die ganze Stellung der Schlachtlinie ließ sich, bei dem trüben Regen wetter , nicht übersehen. Rechts nach einer Anhöhe zu sah ich eine zeitlang das Hauptquartier halten , Adjutanten kom men und gehen. Einer Ordonanz , einem brandenburgiſchen Ulanen , wurde beim Kommen das Pferd getödtet. Blücher und York besahen die Höhen und ließen immer mehr Ge schüße auffahren. Bei der Höhe von Eichholz rechts von uns standen schon russische Kanonen. Auch bei uns ward der Kanonendonner stärker. Kugeln schlugen auch bei uns ein. Die erste , die das Detachement traf, ging an dem Hinterfuße meines Pferdes in die Erde. Eine andere fuhr da in die Erde , wo mein Feldkessel am Feuer gestanden hatte. Wir gingen etwas zurück. Der Feind ſchien im Mittelpunkte etwas vorgerückt zu sein . Gewehrfeuer war wenig zu ver nehmen . Auf jeden kommenden und reitenden Adjutanten richteten sich die Blicke. Einige Verwundete kamen aus dem Gefecht zurück bei uns vorbei. Ihr Anblick stimmte , wie das Gefühl der ersten Schlacht , feierlich ernst, regte aber auch die Ungeduld und den Rachedurst auf. Endlich , nach dem wir eine Zeit lang im Feuer gestanden , kam der Befehl zum Angriff. Der Kommandoruf erscholl. Die Reiterre gimenter richteten sich. Vorwärts Marsch ! hieß es. Mein Nebenmann links drückte mir die Hand. Erst im Schritt, dann im Trab und bald im Galopp raſſelten wir dem Feinde entgegen. Marsch, marsch ! riefen die Befehlshaber. Die Trompeten schmetterten , das Hurrah dröhnte und in ge strecktem Lauf stürzten wir uns auf den Feind. Die feindliche Flanqueur und Tirailleurlinie wurde aufgerollt. Todte lagen da und hingeworfene Gewehre. Die ersten Feinde wurden schon im Trabe eingeholt und niedergehauen. Der Rittmeister Norelli gab einem eingeholten Chaſſeur zuerſt 3.
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einen Hieb , dem andere von Andern folgten. Haut die Hande nieder , hieß es , kein Pardon u . s. w. Bald waren wir in den feindlichen Batterien , hieben , stachen die Artil leriſten nieder oder nahmen sie gefangen. 23 Kanonen wur den erobert. Bei dem schnellen Angriff, der zu früh im Galopp geschah waren wir schon zerstreut , als wir in die französischen Batterien einbrachen , und jagten nun einzeln den Flüchtlingen nach.
Das Bayonnet eines feindlichen
Tirailleurs, dem ich einen Hieb gab, streifte glücklich an mei nem Bein vorbei. Er sank unter mein Pferd. Einen flie henden Pulverwagen holte ich ein. Bei meinem Ruf: des cendez fielen die auf ihm und den Pferden sigenden Solda ten in den Koth und ließen den Wagen im Stich. Ich theilte mit vielen andern jungen Kriegern die Meinung , nun sei alles gewonnen , man dürfe nur verfolgen. Aus meiner füßen Siegesfreude weckte mich plößlich hinterwärts das Sig nal zum Sammeln und rechts und vor mir der Anblick einer feindlichen Reitermaſſe , die geordnet auf uns unter dem Ruf: en avant , en avant ! eindrang und deren Flanqueur uns mit Karabiner- und Pistolenschüssen begrüßten. Ich wandte mein Pferd eilig um , deckte mich mit dem Såbel rückwärts , während mehrere Chasseurs mich nahe verfolg ten. Ein Hohlweg drohte Tod oder Gefangenschaft. Glück lich kam ich hinein und auf der andern Seite hinauf, wäh rend meine Verfolger ihn umritten und mich wieder nahe schon umschwärmten und feuerten. Ein Graben brachte neue Gefahr. Ein Hieb mit der flachen Klinge , da die mit Lehm und Koth besprigten Sporen nicht wirkten , trieb mein kråf tiges Pferd zu einem Sprunge , der mich glücklich hinüber brachte. Die Chasseure konnten ihre Pferde nicht hinüber spornen. Bald war ich wieder unter zurückeilenden Kame= raden , deren manchem es ähnlich ergangen war. Manche
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Gefangene mußten im Getůmmel wieder aufgegeben werden , andere wurden mitgenommen . So ritt eine Zeitlang unter uns ein Chasseur , den einige schon nieder hauen wollten. Hätte das feindliche Fußvolk, an deſſen Rei hen wir vorbei eilten , um uns zu sammeln , schießen kön nen, so würde unser Verlust größer gewesen sein. Ich reihte mich bald an eine Schaar , die der Rittmeister v. Norelli sammelte.
Geordnet machten wir Front gegen den Feind
und gingen ihm entgegen. Doch er zog ab, seine Macht war durch andere Angriffe gebrochen . Faſt alle Eskadrons hatten getrennt in einzelnen Schaaren verfolgt , gefochten und sich nachher, beim Einbrechen der geschlossenen feindlichen Rei termasse seitwärts zurückziehen müssen , worauf sie sich wie der ſammelten und vorgingen. Geſchloſſener waren die åltern Reiterregimenter vorgedrungen , doch auch sie hatten sich zu sehr zerstreut und darum hatte der Angriff nicht so viel Er folg , als man sich von ihm versprechen konnte : Auch waren hiedurch manche Verluste an Menschen entstanden , die viel leicht sich vermeiden ließen. Wer trug aber die Schuld , daß wir so einzeln eindran gen ?
Einmal wohl zum Theil die jugendliche Begeisterung
der Freiwilligen in der ersten Schlacht , zweitens aber auch der Befehlshaber des Regiments . Als Regen und Nebel uns noch die feindlichen Maſſen verdeckten , gewiß in einer Entfernung von 1000 bis 1500 Schritten begann schon das Hurrah. Der Regimentschef ging friſch hinein als Soldat, vergaß aber , das Regiment zusammen zu halten , und die Eskadrons waren nun getheilt und aufgelöst. Die feindli chen Batterien waren zwar gleich in unserer Gewalt , aber geschlossener anrückend hätten wir auch die feindliche Reiterei augenblicklich über den Haufen werfen müssen , die für einen Augenblick einen Theil ihrer Batterien wieder nahm und 3*
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in eine der unsrigen drang , dann aber wieder geworfen wurde. Die Schlacht war ruhmvoll gewonnen.
Das Fußvolk
hatte mit dem Bayonnet überall den Feind geworfen.
Die
Russen unter Sacken hatten ebenfalls wacker gefochten und zur Entscheidung wesentlich beigetragen. Die Uebersicht der Bewegungen war in den Reihen einer Eskadron unmöglich , zumal in dem Regenwetter und am Tage der ersten Schlacht , wo die ungewöhnliche Spannung den jungen Krieger hinlänglich an die nächsten Gegenstände fesselt. Das Regiment rückte auf dem Schlachtfelde weiter und blieb , als der Abend erſchien , an den Gebüschen , die den Thalrand der wüthenden Neiße bekränzten , ſtehen . Es ward abgesessen. Die Pferde blieben gezäumt , und wurden an der Hand gehalten , während die Nacht einbrach und der dauernde Regen jede etwa noch trockne Stelle am Leibe durch nåßte. Die Zähne klappten vor Kålte zusammen. Sigend am Gebüsche schlief ich ermüdet dennoch ein ; die Füße waren, als ich erwachte , bis über die Knöchel im Waſſer. Die hung rigen Pferde benagten das Gebüſch. Nach der schaurigen Regennacht kam endlich der Mor gen , offenbarte die herrlichen Erfolge der Schlacht und mehrte durch sie die Siegesfreude.
In der Nähe von uns
ward ein verborgener feindlicher Chaſſeur aus dem Gebüsche hervorgeholt und gefangen genommen . Nun erst überſah man einen Theil des Schlachtfeldes. In den Hohlwegen standen verfahren und verlassen feindliche Geschüße und Wa gen. Waffen und Leichen deckten das Schlachtfeld. Ver lorne Schuhe des Fußvolks steckten mit den Spißen im wei chen Boden , wie gepflanzte Rüben. Ach wie hob sich das Herz nach dem ersten entscheidenden Siege. Ein Heer Na -
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poleons war geschlagen in wenigen Stunden und in die Flucht getrieben. Die Kampfgefährten traten zusammen, erzählten einander die Einzelheiten des Gefechts . Fast jeder sprach, keiner hörte viel. Mancher erzählte auch Heldentha ten , an die der Hörende nicht glauben konnte. Jeder sah sich um nach seinen nächsten Vertrauten , freute sich ihrer Erhaltung. Von der Jágereskadron waren nur zwei Ge noffen gefallen , sie hießen König und Thiel.
Einer
(Stürz) war gefangen und wurde ſpåter in Dresden be freit. Auf dem Sattelpferd einer eroberten Kanone, auf dem ich ihn kurz zuvor sizen sah, überraschten ihn die vordringen den Reiter. Von Offizieren des Regiments starben an Wun den die Lieutenants von Schimmelpfennig und von Ku= rowski. Major von Zastrow war verwundet . Die andern Eskadrons waren nicht ohne Verluste geblieben. Einer meiner Bekannten bekam einen Säbelhieb am Kopfe, ein anderer einen , der glücklicher Weise kaum seinen Man tel berührte. Der Heerhaufen des General von York hat im ganzen Kriege keine Schlacht von solchem Erfolge mit so geringem Verluste gewonnen . Seine Schuldigkeit hatte gewiß fast jeder gethan. Wem sollte nun das erste eiserne Kreuz , der schönste aller preußischen Orden , zu Theil werden ? Für jede Eskadron kam eins an. Die Wahl sollte entscheiden. Einer unserer Kameraden, der übrigens in der Schlacht auch seiner Pflicht genügt hatte, ging nach derselben nach Hauſe , um seinem Vater in der Landwirthschaft beizustehen. Man rieth uns , ihm das Kreuz zu geben , damit der erste , der ins Vaterhaus heimkehre , damit geschmückt erscheine. Das ge= fiel uns nicht. Sollte die frühe Heimkehr durch das Zeichen der Tapferkeit belohnt werden ?
Durch Stimmenmehrheit
erhielt das erste Kreuz der Oberjäger Engwer. Ich stimmte
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für einen andern , der einen Säbelhieb empfangen hatte. Der heimkehrende Jäger erhielt dennoch auch ein Kreuz zu geschickt. Dies Verfahren war nicht geeignet , den Auf schwung zu heben und die Reue über die Wahl dieses Re giments zu mildern.
Aber auch bei andern Regimentern iſt
bei den Vorschlägen zum eisernen Kreuze nicht immer ange= messen verfahren *) . Bestimmt, die Heldenbrust zu schmücken, ward dasschöne Ehrenzeichen zuweilen den Günſtlingen der Vorgesezten zu Theil. Es hätte selten und mit hoch፡ ster Gewissenhaftigkeit vor der Front , mög = lichst schnell nach der That verliehn , nur der Lohn ausgezeichneter Tapferkeit sein sollen.
In einem Gedichte von Friedrich mit der Ueberschrift, ,,als das eiserne Kreuz gestiftet wurde " , bezeichnet derselbe dessen Bestimmung :
Geschichte des Krieges *) Aus der Schrift von Karl Friccius 1813 und 1814 mit besonderer Rücksicht auf Ostpreußen und das Königsberger Landwehr Bataillon. 1 Theil (über Verleihung des eisernen Kreuzes). S. 559. Es kam daher wohl vor , daß manche Berichter statter ihr eigenes Lob und das Lob ihrer Günftlinge auf Kosten der Wahrheit verkündigten und ihren Zweck auch glücklich er reichten. S. 561. Die Bestimmung des Königs über die Verleihung der Kreuze ging oft erst nach mehreren Monaten ein ; der Ein druck und die Erinnerung , welche die Tapferkeit und rühmliche That des Einzelnen vorgebracht hatte , war alsdann schon ge schwächt und verwischt , es traten menschliche Rücksichten ein , und in den meisten Fällen wurden beliebte und in Ansehn stehende Unteroffiziere, besonders Feldwebel gewählt. Häufig wurde auch die Freiheit der Wahl dadurch beschränkt , daß von den Komman deuren Individuen zur Wahl vorgeschlagen und empfohlen wurden und noch andere gefährlichere Umtriebe gespielt.
39 eines Mannes Bruft zu schmücken, der mit unerschrocknen Blicken und mit eisernem Gemüth der Gefahr ins Auge fieht. Aber war es bei dem flüchtigen Verfahren bei der Ver leihung nicht leicht möglich , daß ein Anführer oder Streiter mit dem Kreuz hätte geschmückt werden können , auf den Blumauers Worte in der travestirten Aeneide angewandt werden konnten : Und wie ein Held in allem groß So war er's auch im Schrecken ? Vom Schlachtfelde ging das Regiment am 27. Auguſt nach dem Dorfe Weinberg und hatte hier zugleich mit ſchle sischer Landwehr dem Namen nach Quartiere. Die Pferde mußten während des wieder beginnenden Regens draußen bleiben. Die Menschen suchten zum Theil Obdach in Hau fern und Scheunen. Ich schlief in den naſſen Kleidern in einer engen Stube mit einer großen Zahl ſchlesischer Land wehrmänner. Gespräche über die Schlacht wiegten in ſanf ten Schlaf, während mancher Verwundete auf dem Schlacht felde blutete und wimmerte ! In dem für die Geschichte jener Tage so wichtigen Werke von Karl v. Plotho : der Krieg in Deutschland und Frankreich in den Jahren 1813 und 1814 findet sich im zweiten Theile Seite 112 folgende unser Regiment betref= fende Nachricht. Herr von Plotho schildert den Stand der Schlacht an der Kazbach beim Langeronschen Korps , das be kanntlich noch im Nachtheil war , während York und Sacken bereits siegten und fährt dann fort : „ Es war also hier der Feind noch immer Meister von ,,dem Terrain auf dem jenseitigen [linken] Ufer der wüthen
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,,den Neiſſe , und es gelang selbst noch einem feindlichen rei ,,tenden Jäger-Regimente bei Schlaupe überzugehen und ,,im Rücken des siegenden preußischen ersten Armeekorps eine ,,reitende Batterie anzufallen. Hier eilte ihm aber das ost ,,preußische National-Kavallerie-Regiment entgegen , rettete ,,nicht allein die eigene Batterie , sondern eroberte noch 11 ,,feindliche Kanonen." Mit diesenWorten Plothos , die doch wahrscheinlich wie feine übrigen Angaben , dienstlichen Berichten entnommen find , mögen die Leſer meiner Schrift verbinden und verglei chen folgenden Auszug aus dem Buche von Sporſchil „ die große Chronik“ Geschichte des Krieges des verbündeten Europas gegen Napoleon Bonaparte in den Jahren 1813 , 1814 und 1815. 3te Stereotyp-Ausgabe. 1sten Theiles 2ter Band Seite 506. (betreffend die Schlacht an der Kazbach) .
,,Nun rückte die preußische Reservekavallerie vor , um ,,die von der achten Brigade errungenen Vortheile zu vervoll ,,ständigen." Der erste Angriff geschah von zwei Dragoner regimentern und drei Nationalschwadronen ; ein Ulanen= und ein Landwehrkavallerieregiment folgten im zweiten Tref fen. Die drei Nationalschwadronen stießen auf die Spite einer aus Artillerie und Reiterei bestehenden feindlichen Ab theilung , welche eben aus dem von Weinberg heraufführen den Hohlwege vorbrechen wollte. Die Schwadron Szerda helyi stürzte auf die feindliche Batterie , ließ sie nicht zum Aufmarsche kommen und jagte die Bedeckung in die Flucht; die Schwadron Norelli drang in die Schlucht ein , nöthigte die Artillerie zum schleunigen Rückzuge , wurde aber am wei tern Vordringen durch ein heftiges Gewehrfeuer aus dem Dorfe Weinberg gehindert. Dieser Angriff, so ehrenvoll er
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auch für die beiden Schwadronen , die ihn ausgeführt hatten, war , würde gar nicht ſtattzufinden gebraucht haben , wenn man so vorsichtig gewesen , den Kreuzberg mit Haubigen, um die von Oberivemberg aufsteigende feindlichen Colonnen mit Granaten zu bewerfen , zu besegen und eine zwölfpfün dige Kanone so aufzustellen , daß sie die Mündung der Schlucht bestrich. Diese Unterlassungsfünde trug noch bösere Früchte , denn nur durch sie war es möglich geworden , daß drei feindliche Battaillone die linke Seite des Kuhberges er steigen und sich hier zwischen den die Gewehre etwas gegen den Regen schüßenden Gebüschen einnisten konnten. Es ſeşten nämlich , während die Nationalſchwadronen die ers zählte Heldenthat vollbrachten , die übrige Kavallerie des er sten Treffens , noch verſtärkt durch zwei Huſarenſchwadro nen , welche die Brigadekavallerie der achten Brigade bilde ten , den Angriff der ersten Richtung fort und hieben ein. Ein unordentliches Kavalleriehandgemenge entstand , die drei erwähnten Bataillone beschossen aus den Gebüschen des Kuh berges die preußischen Reiter und dieſe ſahen ſich zum Rück zuge gezwungen , wobei sie ihre halbe reitende Batterie ver loren , welche ganz zwecklos mitten in das Kavalleriegewühl gerathen war. Die Infanterie des Major Hiller nahm die Weichenden auf und wies die Angriffe der feindlichen Reite rei mit großer Entſchloſſenheit zurück. Da langte noch zur rechter Zeit vom zweiten Treffen das Ulanenregiment an und warf in Verbindung mit den zwei Husarenſchwadronen der achten Brigade , welche sich zuerst wieder gesammelt hatten, die feindliche Kavallerie mit solchem Ungeſtüm , daß auch sie nicht wieder zum Stehn kam u. f. w. Dieser Nachricht folge nun noch der besondere Bericht eines Augenzeugen über die Schlacht am 26. Auguſt , der in der ersten Eskadron kämpfend schwer verwundet wurde.
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Der 26. August 1813. ,,Wir hatten einen sehr schlechten Bivacque-Plaß ge= ― habt auf einem umgepflügten Lehmfelde , doch nicht zu lange, denn schon vor Tage marſchirten wir ab ; wohin, war uns allen verborgen , denn es ging bald vorwärts , bald seit wärts , bald zurück. Wir sahen weder Freund noch Feind, hungerten und froren sehr , denn es war eine für die Jahres zeit ſelten kalte Witterung ; ein immerwährender Staubregen wurde nur zuweilen durch stärkere Regengüſſe unterbrochen ; die ganze Atmosphäre war aber so dick , daß man nicht zehn Schritte vor sich einen Gegenstand deutlich erkennen konnte. Endlich um Mittag bekamen wir abzuſißen , ſchafften auch etwas Stroh und Holz an , und fingen an , es uns bequem zu machen , auch zu kochen. Mich und einige meiner näch ften Kameraden traf es gut , denn wir hatten einen Plaß ge= ― troffen , der mit Weißkohl bepflanzt war unsere Pferde erfreuten sich an diesem Gewächs ; wir fingen selbiges an zu kochen , aßen aber klüglich, unbekannt mit dem , was die nächste Kunde bringen dürfte, bis dahin , daß das Gemüſe gar sein würde , die Strůnke — ſehr weiſe ! Denn kaum be gannen unsre Suppen zu kochen , so hieß es "1 an die Pferde" — es mußte also die süße Hoffnung , auf eine warme Mahlzeit aufgegeben und alles Flüßige ohne Wi derrede weggegossen und aufgesessen werden. Wir marſchirten nicht gar weit , so erreichten wir eine preußische Batterie welche aus schwerem Geschüß stark feuerte ; ihr zur Linken wurden wir aufgestellt , und nun erſt wurden wir gewahr, daß wir auf Ernst vor dem Feinde standen. Die dicke regnigte Luft ließ uns vom Feinde nichts erkennen , nur die mit Zündern umherlaufenden feindlichen Artilleriſten wurden uns sichtbar ; wir standen also einer feindlichen Bat terie gegenüber , welche auch fleißig nach uns schoß , aber
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schlecht traf.
Von den hunderten von Kugeln, meist Gra
naten, die sie entsandte, schlug eine in die uns rechts stehende Batterie , und demontirte eine Kanone, eine andere kam rollend an, und schlug, wenn ich nicht irre, dem Pferde des von Maltig ein paar Füße weg, die mehresten schlugen vor uns ein und flogen rekouchetirend über uns herüber, ohne uns Schaden zu thun. Wohl eine Stunde standen wir, ohne abzusißen, oder die Stellung zu verändern, neben es war eine langweilige Partie. - End der Batterie lich kam Major von Kazeler (?) *) herangeritten. Er ritt im Majorgalopp långst der Fronte herunter und sagte : Das Regiment wird vorgehen, das Infanteriequarree sprengen Ein sehr in und die daneben befindliche Batterie nehmen. teressanter Augenblick wars.
Während seiner kurzen Rede
fiel eine Granate vor seinem Pferde in den weichen Boden, besprigte ihn und sein sich hoch bäumendes Pferd über und über - er aber ließ sich dadurch nicht stören, sondern sprach ohne einen Augenblick sich zu unterbrechen, weiter ; die Kugel hob sich im nächsten Augenblick , und fiel weit hinter uns nieder. Lieutenant von Kurowski ,
welcher einen kranken
Fuß hatte, der nicht bestiefelt war , hatte als Kopfbedeckung = nur eine Tuchmüße ; er wurde durch Rittmeister von No relli auf das Gefährliche seiner Kleidung aufmerksam ge macht und ermahnt zurückzubleiben ; er ließ sich aber nicht zurückhalten - und bezahlte seine Bravour mit dem Leben.
*) Ich möchte fast vermuthen, daß dies nicht von Kaseler, sondern der Major von Schack vom Generalstabe gewesen set. Vielleicht war es auch Oberst v . Jürgaß. Kazeler war, denke ich, mehr auf dem rechten Flügel beim Brandenburgischen Ula nenregimente. Man vergleiche die Beilage „ Auszug aus dem Bei hefte d. Milit. Wochenblattes" 1844 m. f. w.
44 Wir gingen im Schritt vor sen sein
es mag vier Uhr gewe
bald wurde zum Galopp geblasen, der aber gleich
in Cariere überging. Da trafen wir auf einen das Tarrain - schräge durchschneidenden schmalen Hohlweg – das war ein unheilvolles Hinderniß. Gut berittene und rasche Reiter sesten herüber - ich auch ― - ; andere verhielten die Pferde und ritten durch, konnten aber natürlich die vor= sprengenden nicht mehr erreichen ; so war denn die Ordnung der Linie durchaus aufgelöst. Doch wir bemerkten dies kaum, denn wir waren auch schon vor dem Feinde, oder besser im Feinde drinnen. Das Quarree, welches wir sprengen sollten, hatte unser Herankommen nicht abgewartet, sondern ſich zerstreut. Indeß nun einige ſich mit den umherlaufenden, oder liegenden Infanteristen beschäftigten, hatte ich mein Au genmerk auf die im Abfahren begriffene Batterie gerichtet. Ich erreichte bald eine Kanone, deren Führer dienſtunfähig gemacht war, und führte sie zurück das ging aber sehr schlecht; die Pferde wollten durchaus immer wieder umkehren, da gewahrte ich in einiger Entfernung ein zweites Geſchüß, übergab das erstere einem mir zu Fuß entgegenkommenden litthauischen Dragoner, der sich aufs Sattelpferd ſegte und fortfuhr , und eilte der zweiten Kanone nach, welche ich auch bald erreichte.
Ich rief dem Führer in französischer Sprache zu, daß er umkehren und mir folgen solle ; er aber trieb seine Pferde zu stärkerem Laufe an da verwundete ich ihn, ſo daß er vom Pferde fiel. Nun hatte ich allerdings die zweite Kanone, war aber mit selbiger auch soweit vorge gangen, daß ich mich mitten unter Feinden befand. Major von Zast row , Lieutenant von Kurowski waren in mei ner Nähe, auch stießen noch vier bis fünf Kameraden vom Regimente zu mir die aber auch bald von mir getrennt wur den. Da traf mich eine Kugel durchs rechte Bein , die
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wahrscheinlich meinem Pferde im Leibe figen geblieben, welches unbändig im Springen jest raste. Von drei Chaf= feuren angegriffen war ich so glücklich, ſie unſchädlich zu ma chen, hatte aber einen Säbelhieb durch die rechte Schulter erhalten. Mein Pferd war durchaus wild, stürzte einmal ums andere mit mir nieder , und kraftlos blieben wir beide einige hundert Schritte von der Stelle , wo wir verwundet waren , liegen. Da marschirte ein französisches Lancier Regiment über mich hinweg - es kam von der linken Seite. Die Pferde sprangen recht vorsichtig über mich fort , die Lanciers aber stachen nach mir und einer verwundete mich am Halse. Kurz darauf kamen einige - ent= Chaſſeurs und plünderten mich sehr regelmäßig aus – rissen mir auch ein sehr wichtiges Stück, einen schön ge= stickten Tragband ; ein Offizier , der nicht abgestiegen war, ließ sich einen kleinen Goldreif geben, den ich am Finger trug, und schoß dann, ich denke aus Mitleiden, sein Pistol auf mich ab -die Kugel blieb mir im linken Beine ſizen. Bald nachdem kamen andere , rißen mich auf und nöthig ten mich als Gefangener mitzugehen. Nur noch der linke Arm war gesund — mit dieſem mußte ich einen Steigbügel anfassen und im Schritt und Trabe folgen, wozu mich nur die heftigsten Mißhandlungen der daneben reitenden oder gehenden Soldaten kräftigten - der tiefe Schmuß, der heftige Blutverlust und der Mangel des Tragbandes mach ten es mir endlich unmöglich, weiter zu folgen - ich hatte inmittelst noch mehrere Verwundungen, Bajonetstiche in der Seite und Säbelhiebe im Kopfe erhalten. Da befahl ich meine Seele Gott, dachte noch meiner lieben Angehörigen, und glaubte mein Lebensziel erreicht zu haben. In diesem mir unvergeßlichen Momente erhielt ich noch einen Säbel hieb über den Kopf, der mich einen Augenblick betäubte.
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Neue Mißhandlungen erweckten mich bald wieder.
Den
Steigriemen hatte ich losgelassen, und lehnte an einem klei nen Getreidehaufen. Meine fanfte Stimmung war der legten Wunde und der erneuerten Mißhandlungen gewichen, und in vollkommener Gemüthsempörung schalt ich mit lautester Stimme die mich umgebenden Franzosen feige Ban diten, Mörder 2c. erklärte, daß ich nicht weiter könne und werde und lud ſie ein, ihr Heldenwerk an mir zu vollenden und mich zu tödten. Dieses Schreien lockte einen Oberoffizier heran, welcher herangeritten kam und fragte , was es da gåbe ? Als ich ihm das sogleich sagte, daß ich blessirt gefangen wor= den, aber als Gefangener noch vielmal verwundet und gemiß handelt werde, weil ich mit zwei durchschossenen Beinen nicht folgen könne, tadelte er die sich entfernenden Soldaten, ließ ein Pferd bringen, mich heraufheben, und durch etwas Biscuit und Wein laben und unterhielt sich sehr leutselig mit mir. Der mein Pferd führende hielt sich immer in seiner Nähe, und diesem Umstande habe ich's wohl zu verdanken, daß ich nicht heruntergeworfen wurde. Wir hatten nun das Difilée erreicht, an deſſen Ein gang ich zum ersten Male verwundet wurde. Hier hatte sich die Scene derweilen anders gestaltet ; denn gedrängt voll und in möglicher Eile stopfte sich hier alles durch , was nur zu einer Armee gehören mag. Ein fallender Mensch, ein stür zendes Pferd hatte nicht Zeit aufzustehen , sondern wurden von den Nachdrängenden unter die Füße getreten. Mein Pferd keuchte unter seiner Last, denn an den Bügeln und am Schweife hångten so viele sich an, als nur Plag fanden, auch wurden wir dermaßen zuſammengedrängt, daß Men schen und Pferden die Lust verging. Als wir diese Defilée paſſirt hatten, betraten wir eine unabsehbare Waſſerfläche, in welcher eine kleine Brücke, deren Geländer schon fort war,
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gleich einem Punkte sichtbar wurde. Anfänglich breitete die Masse sich aus ; der Brücke nahend aber zog sie sich keil förmig zusammen. Hunderte wurden heruntergeworfen und fanden ihr Grab in der wüthenden Neiße ― ich kam im Gefolge meines hohen Beschüßers glücklich herüber.
Bald hinter der Brücke, wo höheres, wasserfreies Ter rain war, befanden sich Maſſen Infanterie und Kaval lerie, welche sich daſelbſt ſammelten, denn immerwährend hörte ich einzelne Herankommende nach der Nummer des Da blieb auch mein Beſchüßer zurück,
Regiments fragen .
und disponirte ſein Gefolge nach dem nächsten Dorfe Ho = hendorf, wo wir bald eintrafen , und schon viele Soldaten und Bivouaque - Feuer antrafen. Ich erlebte noch manche Abenteuer, bis ich des andern Morgens früh durch Meklenburger Huſaren befreit wurde. Zur Nacht kam ich nach Weinberg ――― in der folgenden Nacht war ich im Schloß Krain und am vierten Tage erhielt ich in Jauer den ersten Verband.
Einige Bemerkungen will ich jenen Mittheilungen hin zufügen. Der Bericht des mir befreundeten, schwer verwun deten Augenzeugen (Schreiner) hat nach meiner Ueber zeugung nur die eine irrthümliche Angabe, daß die Hin- und Hermärsche am 26ten Auguſt erfolgten. Sie geschahen am Tage vor der Schlacht. Um 26sten verließen wir den La gerplag nur mit der Aufstellung zum Gefechte.
In der
Schilderung Sporschils, dessen Quelle ich nicht kenne, iſt vieles richtig. Doch nicht das Feuer des feindlichen Fuß volks aus den Gebüschen, sondern der erfüllte Zweck, Weg nahme der feindlichen Artillerie, besonders aber das Vor dringen der großen feindlichen Reitermaſſe , die, wie mir es
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schien, uns in die rechte Flanke kam, zwang zum Rückzuge. Lieutenant von Hüllesfem von der 1sten Schwadron war mit zehn oder zwölf Mann, unter ihnen z. B. Unteroffizier Mer, bis an die äußerste Spiße der feindlichen Artillerie vor gedrungen und sie hatten den Batterieführer und die Artille risten heruntergehauen und gestochen.
Als sie aus der
Schlucht zurückkehrten, war der Saum des Gebüsches von feindlichem Fußvolke beseßt, durch welches sie ungefährdet ritten, da die Gewehre nicht losgingen. Sie fanden hier einen andern Theil der 1sten Schwadron welcher sich an die litthauischen Dragoner angeschlossen hatte. Mit diesen in Gemeinschaft wurde ein französisches Battaillon mit Båren müşen niedergeritten , bei welcher Gelegenheit Lieutenant Kurowski blieb. Nachder mündlichen Erzählung eines Ka= meraden hatte Kurowski seinen Tod dadurch gefun den, daß er den bereits verwundet unter dem Pferde liegenden, ihm befreundeten Lieutenant von Wedell vom litthauiſchen Dragonerregimente helfen wollte und vom Pferde stieg. Die 3te und 2te Schwadron stießen besonders auf die
feindliche Batterie deckenden Chasseurs. Daher nament lich bei der 3ten , nachdem sie (nach Sperdahelyi's Bericht) 8 Kanonen genommen , 27 Mann durch Såbelhiebe faſt getödtet, theils verwundet. Mit der 1sten war die Jäger eskadron vereint unter den Kanonen. Mit Kameraden der= selben, z . B. Falinski , Rakowski, Köhler und anderen traf ich unter den feindlichen Geſchüßen zuſammen. Auf ein starkes Infanteriefeuer aus den Gebüschen kann ich mich nicht entsinnen. Dagegen empfingen wir Feuer aus den Karabinern und Pistolen der hervorbrechenden Reiterschaar. In der Geschichte des 3ten Ulanenregiments von Golz (zu Forstenwalde 1841 erschienen) wird Seite 89 wahr= scheinlich auf Grund amtlicher Berichte gesagt. //Die
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,,Feinde wichen, aber die verfolgenden Preußen geriethen in ,,ein zerstörendes Flankenfeuer, das drei Battaillons feind ,,licher Infantrie von einer etwas mehr gegen den Regen ,,geschüßten Stellung aus den Gebüschen vom Oberwein Diese Nachricht ,,berg ihnen entgegensandten. zc. 2c. — stimmt mit Sporſchils Erzählung . - Die verschiedenen Angaben über die Zahl der vom Regiment genommenen Geſchüße sind leicht erklärlich. Mehrere Regimenter griffen sie gleichzeitig an , und es ist schwer zu bestimmen , wie viele jedes genommen habe. Die gründliche und richtige Darstellung einer Schlacht, zumal bei Regenwetter, ist höchst schwierig, ſelbſt für Ge neralstabsoffiziere im Mittelpunkte der Bewegungen. Um so begreiflicher sind abweichende Schilderungen aus dem Munde oder der Feder einzelner Streiter aus den Reihen und bedürfen nachsichtiger Beurtheilung. Erst aus der Vergleichung verschiedener Berichte von Freund und Feind ergiebt sich das Wahre. Leider aber find die Augenzeugen meistens vom Schauplahe abgetreten, wenn alle einzelnen Berichte zur allgemeinen Kenntniß kommen.
VII. Weitere Verfolgung des Feindes. Erfolge der Schlacht. Märſche bis über die Grenzes Schlesiens. Blücher Anruf an das Heer. Die angeschwollenen Gewässer , vielleicht auch zum Theil die Ermüdung der Truppen hatten den eiligen Auf bruch des Corps von York gehindert. Am 28ten August ward aufgebrochen.
Ausrückende
Reiter machten mir Plag in einer Scheune, in die ich mein 4
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Pferd führte, um es nach der Regennacht umzusatteln. Gegen Mittag verließen wir Weinberg und ritten durch die wüthende Neiße an einer seichteren Stelle. Die Füße wur den jedoch völlig naß.
Bis zum Gürtel im Wasser, die
Gewehre hochhaltend , ging das Fußvolk durch den brauſen den Fluß, um den Feind wieder aufzusuchen. Wer die preu ßischen Schaaren so willig und muthig handeln und dulden sah, der kann sich in der Erinnerung an jene Zeit nur im Herzen freuen , daß er damals so glücklich war, in ihrer Mitte zu sein. Wahrlich, nicht im Spielen wurden die Lor beern des Sieges gewonnen . Unser Marsch zeigte uns überall die Spuren des ges schlagenen nnd fliehenden feindlichen
Heeres.
An den
Wegen lagen Todte, zum Theil in den Koth versunken. Bisweilen lagen zwei übereinander den Todesschlafschlafend. Die Richtung unseres Marſches ging wieder auf Bunzlau zu. Ohne mit dem Feinde zu schlagen, kamen wir schon im Dunkeln an bei einem, von den Franzosen während des Waffenstillstandes erbauten Hüttenlager bei Neudorf, das uns gegen den Regen schüßte. Ermattet von dem Marsche, durchnäßt , ward ich so krank , daß ich mich kaum auf dem Pferde halten konnte. Einer meiner Kameraden übernahm dessen Versorgung mit Futter aus dem nahen Dorfe. Ich legte mich in einer Hütte nieder und brachte die Nacht im schrecklichen Fieberfroste zu.
Der Einsturz einer Hütte
erschlug zwei Kameraden von der 2ten Eskadron . Alle mußten jezt die Hütten verlassen, ich aber blieb liegen, denn der Re gen drückte gråßlicher als die etwanige Gefahr. Am Morgen des 29ten August erhielt ich Erlaubniß, nach Neudorf zu reiten, mich zu erwärmen. Die warme Stube , Speise und Trank verscheuchten bald die Gefahr einer Krankheit, die mich leicht um die Erfahrungen des
51 Das Regiment folgte Feldzuges hätte bringen können. ins Dorf und wir erhielten alle Quartiere, freilich viele in einer Wohnung. In einer Scheune des Hofes, dessen Be ſizer uns freundlich bewirthete, ſtanden zurückgelaſſene Fåſſer mit Schuppen, Adlern und anderen Blechen für die franzó sischen Truppen. Gestärkt und erquickt durch sanfte Nachtruhe in geheiz ten Stuben zogen wir am 30sten August bis vor Bunzlau, wo wir auf einem abgeweideten Kleefelde die Nacht blieben. Ein Bataillon Fußvolk, der Offizier mit der Pfeife im Am Bober, dessen Ue Munde, ging zum Tirailliren vor. bergang nicht gleich erzwungen werden konnte, fand heftiges Tirailleurfeuer statt. Ich schlief da wir nicht ins Gefecht kamen, einige Stunden sehr sanft. Das Schmettern des Kleingewehrfeuers war das Schlaflied. Früh am 31sten August gingen wir dicht an die Stadt, in der viele Todte lagen. Sie war hart mitgenommen. Mehrere Gebäude waren zertrümmert, manche von Kugeln gänzlich zerschlagen. Erst gegen Abend konnten wir über die über den Bober hergestellte, nach Tillendorf führende Nothbrücke gehen. Jenseits ward auf dem Plage ungehalten, aufdem vor zehn Tagen sich Napoleons Heeresmassen zum Angriff gegen uns entfaltet hatten. Auch hier sah man überall Spuren von Zerstörung. Eine Kirche hatte der Feind als Pferdestall benust. Bis in die Nacht ward mar schiert und ein Bivouak bei Naumburg am Queis bezo gen wo wir am 1sten September stehen blieben. Mangel an Lebensmitteln erhöhte die Beschwerden. Aber die Erinne rung an die Erfolge der ersten glücklichen Schlacht hatte eine herrlich erhebende und stärkende Kraft. Eine schöne Provinz war, mit Ausnahme der Festung Glogau, vom Feinde be freit , und fah ihn nicht wieder.
Blüchers Name stieg 4*
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höher und höher, und begeisterte zum Vertrauen für kom mende Tage und Schlachten. Daß der Erfolg der Schlacht an der Kazbach so bedeutend gewesen, konnte der Einzelne nicht übersehen. Gegen Abend des 1sten September war Feldgottesdienst.
Vom Vortrage der Geistlichen in den Reihen des Fußvolks konnten wir entfernt stehenden Reiter nichts verstehn. Blüchers Heeresbekanntmachung ward mit Freuden vernommen . Jubel füllte beim Donner von 101 Kanonenschüssen das Herr und die Nachricht von den 18000 gemachten Gefangenen , 103 eroberten Kanonen und anderen Siegeszeichen hob außerordentlich die Brust. Es waren andere Gefühle, als die, welche 1812 düster die Seele durchzogen. Ich stand damals in Königsberg einige Augenblicke auf dem Schloßplaße. Napoleon sah, aus den Fenstern des Schlosses , indem im Jahre 1807 gebeugt Friedrich Wilhelm und Louise , die edle Königin wohnten, und Keime beſſerer Zeit pflanzten, hinab auf die neugierige Menge. Die Stimme eines Bekannten sprach neben mir : // ein großer Mann ! " Ich schüttelte den Kopf und empfand nur Gefühle des Haſſes, die sich erneuten, als ich am andern Tage ihn vorbei in das Schloß reiten sah, begleitet von einem Ordonnanzoffizier des litthauiſchen Dra gonerregiments, das mit uns nun an der Kazbach wacker gefochten hatte. Der haffende Student hatte nun als Rei ter im Blücherschen Heere die Weihe der Schlacht empfan gen, und beglückt einen Theil der Schaaren geschlagen und fliehen gesehen, die troßig ihrem Heerführer die Welt ero bern wollten. Im Jahre 1807 den 17ten Juni mußte ich amAbende dem Marschall Ney eine Karte von Rußland überreichen. Er saß in dem Hause eines meiner Verwandten mit einigen Offizieren am Tische und hatte Karten vor sich , ein unter
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geſehter Mann mit röthlichem Haar und Bart, so viel ich mich besinne.
In einem untern Zimmer ſpeiſten ſeine
Offiziere und behielten die gebrauchten filbernen Löffel. Seine Heerschaar plünderte rings umher. Eine Abtheilung das von beraubte eine halbe Meile entfernt meine Eltern , stieß meinen Vater, räumte seine Taschen. Um Gårdizberge durften wir ihn und sein Corps verfolgen, jest floh sein Corps ohne ihn, unter General Souzanne , vor Blů cher nach Sachsen. Die Unfälle des großen vereinigten Heeres vor Dres den waren, wenn auch den höhern Offizieren vielleicht be kannt, in unseren Reihen nicht zur Kenntniß gekommen. Um so mehr lebten wir der frohen Hoffnung fernerer Siege, und konnten oft nachher kaum den Grund derVorsicht einsehen, mit der die Bewegungen Blüchers gegen Napoleon ge= leitet wurden. Hatte doch, wie spätere Nachrichten zeigen, selbst der alte York gebrummt, als er, ohne * Kenntniß der höheren Weisungen Blüchers , mit seiner Heeresabthei lung, wie es ihm schien, umsonst hin und her ziehen mußte.
VIII .
Einmarsch in das sächsische Gebiet. Hin- und Herbewegungen in der Lausitz. Seitenmärſche bis an die böhmiſche Grenze. Gefechte bei Görlitz , Bautzen , Bischofswerda , Goldbach , Gödau , und Roth - Nauslitz. An ſtrengungen und Entbehrungen. Rechtsabmarsch des ſchle sischen Heeres. Elbübergang bei Elster und Wartenburg. Am 2ten September verließen wir den Lagerplaş und zogen durch Naumburg über die Queis und fanden auf sächsischem Gebiete Dörfer und Getreidefelder Anfangs min der verheert, als in Schlesien, erstere aber häufig von den
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den Einwohnern verlassen. Beim langen Dorfe Hen nersdorf ward gelagert, der Hunger mit Kohlrüben auf dem Felde gestillt.
Die Spiße der Avantgarde war schon
bis in die Gegend von Görliş gedrungen. Das Wetter war an dieſem Tage und während des Marſches am 3ten Septem= ber, der uns nach Görlig zuführte, schön. In einem Walde, durch den wir zogen, hatten die Franzosen einen Verhau von Bäumen über den Weg gemacht, um unser schnelles Vor rücken zu hindern.
Dicht vor Görlik gingen wir durch
die Neiße um die Stadt herum, die uns links blieb, in eine Stellung an der Landskrone , während die Spike der Avantgarde bis Reichenbach vorging.
Am 4ten
September gingen wir bei heiterem Wetter ebendahin, durch Reichenbach auf der Straße nach Baußen weiter. 3 Napoleon war mit bedeutenden Verstärkungen von Dres den bis in die Gegend von Hochkirch gekommen, und schien die Schlacht zu suchen, der wir bei seiner günſtigeren Stellung und Uebermacht ausweichen mußten. Wir rückten an einen Höhenzug, der von unserer Infanterie beseßt war. Auf gegenüberliegenden Anhöhen sah man die feindlichen Massen. Wir hatten nicht lange Zeit , unsere wenigen Le bensmittel zu kochen. Zusammengebrachtes Heu in Bůn deln mußten wir auf die Pferde nehmen und rückwärts gehen. Es fanden nur Tirailleurgefechte statt. Einem Reiter im Kriegsheere lief, als der Rückzug beginnen sollte, das Pferd weg .
Er meldete dies dem Vorgesehen, der mit
freundlichem Gesicht ihm antwortete : Ich habe ihre Negli gence schon lange mit Aversion bemerkt. Jeht werden wir retiriren. Die Franzosen werden Sie bei den Büchsen kries gen ! Ich werde meinem Pferde ,, die Sporen geben und über Ihr Grab hinwegsehen !" Das Pferd fand sich wieder der Orakelspruch ging nicht in Erfüllung.
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Schon im Dunkeln zogen wir zurück über das westlich von Reichenbach fließende Flüßchen und lagerten den übrigen Theil der Nacht auf freiem Felde. Der Feind folgte nicht ſtürmisch nach. Mit Tagesanbruch am 5ten Septem ber ging das Regiment mit andern Truppen auf den alten Lagerplas bei Görlig. Wir erhielten etwas Fleisch und kochten es. Auch die Pferde wurden, da das Wetter hell war, und man weit sehen konnte, abgeſattelt. Bei einem jüdischen Marketender wollte ich aus Noth meine Uhr ver kaufen, er bot mir aber nur 2 Thaler. Beim plöglichen Auf bruch verlor ich sie im Stroh, oder der Jude hat sie mir ge stohlen. Nachmittags rührte sich das Fußvolk. Die Pferde wurden gesattelt. Von der Feldwache lief die Nachricht ein, daß der Feind angreifen werde. Bald stürmten auch die Franzosen heran und drångten unsere Vorposten. Unter Tirailleurgefechten begann der Rückzug. Mit zwei Kame= raden die beide jezt Familienvåter sind, einer Landwirth, der andre Landrath hatte ich mein Essen eben gahr gekocht. Wir gossen es nicht aus, nahmen den Feldkessel auf einen Stock zwischen uns und leerten ihn halbheimlich , halb öffentlich während des Zuges, den Rest selbst beim Durch reiten durch den Neiſſefluß bei Görlig , über den alles um die Stadt herum zurückging. Der General York ritt neben uns durch den Fluß, sah vielleicht selbst etwas von dieser Be triebſamkeit ſeiner Krieger. Fußvolk und Geſchüß ging über eine geschlagene Brücke. Mehrere Marketender, die es nicht wagten, durch den Fluß zu fahren, wurden gefangen. Einer hatte auch einen Gänsebraten im Ofen beim eiligen Aufbruch im Stiche laſſen müſſen, für den er durch Theil verkauf an Offizire gehöriges Geld zu verdienen hoffte, und von dem er den Kameraden auf den Vorposten nichts zukom men lassen wollte. Einer meiner Freunde büßte beim ſchnel
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len Aufbruch auf der Feldwache seinen Mantel ein, und mußte ohne ihn manche Regennacht aushalten. Auf einer Höhe des rechten Neisseufers waren russische Geſchüße zweckmäßig aufgefahren, die des Feindes rasches Vordringen durch ihr wirksames Feuer hemmten. Die Stadt Görlig selbst mußte dem Feinde gelaſſen werden. Die Ruſſen blie ben in der Nähe der Neisse stehen. Wir gingen zurück und übernachteten in einem Walde. Einige Dörfer loderten in dieser Nacht in Flammen auf, wahrscheinlich durch Unvorsich tigkeit von den Ruſſen angezündet. ten wir auf dem Felde Gerste aus.
Für die Pferde rauf Ich suchte mit einem
Kriegsgenossen lange nach Wasser. Im Finstern kamen wir auf eine fumpfige Wiese. Mit dem Fuße stampfte ich ein Loch durch die obere Grasdecke , und nun schöpften wir das eben nicht reine Wasser mit einem Löffel in den Feld= kessel.
Am 6ten September marschirten wir langsam, oft an= haltend zurück bis auf den früheren Lagerplas bei Naum burg am Queis , wo wir auch den 7ten stehen blieben, die Pferde absattelten , mit den Beschwerden des Mangels und des Regenwetters kämpften. Das sparsam zugetheilte Brod ward weit aus Schlesien gebracht und war oft schon halb`. verschimmelt. Da das Wasser weit vom Lagerplage her geholt werden mußte , schöpfte ich einmal Regenwasser aus Wagengleisen der Landstraße. Die damit gekochten Mehl= klöße konnten nicht bloß den hungrigen Magen füllen son dern auch durch den beigemischten Sand, der sich durch Ab schäumen nicht entfernen ließ , als gutes Zahnpulver dienen. Einem meiner vertrautesten Kameraden lief sein sehr gutes Pferd auf diesem Bivouk weg. Er sah es nie wieder, mußte auf dem Pferde eines andern den Feldzug mitmachen, und gelangte erst wieder zum Befig eines eigenen, als er mit mir
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und einigen andern Kameraden in Frankreich einige Reiter überfiel und gefangen nahm. Am 8ten September rückten wir wieder auf der vers
heerten Straße nach Görlig vor und brachten die Nacht zu in einem Walde, in Strohhütten, welche die litthauiſchen Dra goner gebaut, aber plößlich aufbrechend, wieder hatten ver lassen müssen. Am 9ten September ging unser Regiment und das erste Ostpreußische Infanterieregiment südlich längst der Neisse zur Sicherung der linken Flanke, durch schöne Dörfer, In einem kleinen Hause bei Ostriß über die Neisse. eines Dorfes, an dem wir anhielten, ließen zwei Infanterie Offizice für sich Butter machen. Die Trommel wirbelte, fie mußten aufbrechen. Ich fiel mit meinen Kameraden über die verlassene Beute her. Die Buttermilch, in der bereits halb fertige Butterſtücke schwammen , ward in Eile dem hungrigen Magen zugeführt , die Butterstücke mit den Nach einem Hånden aus und in hölzerne Dosen gedrückt. . an einem wurde Gegenden und Dörfer Marsche durch schöne bivouakirt, auf einer Anhöhe neben einem Berge , auf dem sich ein ausgemauerter Brunnen befand. Wir kamen wieder Reichenbach links vorbei auf die Hauptstraße nach Baugen , marschirten (am 10ten Sep tember) von sechs Uhr des Morgens bis sechs Uhr Abends, unter öfterm Anhalten und Futtern und bivouakirten neben einem Wäldchen, in deſſen Nähe sich ein ausgeplündertes Dorf befand. Die Pferde wurden am 10ten abgeſattelt. Die Quar tiermeister brachten Lebensmittel. Die Spigen der Avant garden waren dem Feinde aufseinem Rückzuge auf Baußen zu gefolgt.
Es kam aus dem Depot zu uns Ersagmann
schaft. Freundlich kamen die Neulinge zu den Kameraden,
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die sich nicht wenig freuten, ihnen schon von Gefechten und Kugeln erzählen zu können.
Gegen Abend ward gesattelt
4 und nach zehn Uhr vorwärts bis in die Gegend von Hoch kirch gegangen wo wir auf dem Schlachtfelde Friedrichs des Großen noch brennende Lagerfeuer der Russen fanden. An einem derselben verbrannten einige Russen kleine un zarte kriechende Kleidergåste, die aus den Strohlagern dieſes Bivouaks auch in unsere Reihen hinübergingen , und in den auf dem Leibe faulenden Kleidern Ståtte fanden. Der Feind hatte Baußen geräumt. Wir rückten am 12ten September ein , gehörten zu den Vortruppen . In der Stadtward einige Augenblicke angehalten, aber Niemand durfte sich, bei der Nähe des Feindes, vom Pferde entfernen. Wir folgten ihm am Nachmittage und fanden seine Nach hut jenseits Baugen auf der Straße nach Bischofs = werda stehend. Er schien Anfangs nicht weichen zu wol len.
Die Flanqueure schossen sich heftig. Eine feindliche Batterie beschoß uns ohne zu treffen . Eine reitende preu Bische feuerte einigemal, und folgte uns , als wir mit dem Sabel in der Faust im Trabe auf den Feind losgingen.
Eilig floh er in eine feste Stellung nach Bischofswerda. Links von der Straße griffen wir schnell eine Abtheilung feindlicher Infanterie an, die sich eilig feitwärts zurückzog, ohne daß wir sie einholten. Auf ihrem Lagerplage bei Se: mich au rauchten ihre gekochten , ausgegossenen Speiſen. Die andern Truppen der Vorhut folgten bis vor Bi፡ schofswerda , wo die Feldwache ausgesezt wurde. Nach einer Regennacht gingen wir vor Bischof 8 werda durch einen Wald, der diesseits der Stadt sich von Norden nach Süden zieht.
Wenn man von Baußen
kommend aus ihm heraustritt, zieht sich parallel mit ihm ein kleiner Bergrücken.
Diesen und den Wald hatte der
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Feind verlassen und auf jenem waren unsere Vorposten ausgestellt. Zwischen dieſem Bergrücken und gegenüber liegenden Anhöhen liegt das Städchen Bischofswerda im Thale. Es war schon vor dem Waffenstillstande in Die einem Gefechte ein Raub der Flammen geworden. Stadt und jenseitige Höhen hatte der Feind besest. Seine Stellung war günstiger, als die unsrige, da wir im Fall des Rückzuges nun den Weg durch den Wald hatten. Che unser Regiment aus dem Walde die Höhe heraufmarschierte, hörten wir das Signal zum Einhauen. Das Jägerdetache ment des zweiten schwarzen Husarenregiments machte gegen die Stadt ein Hurrah, verlor ohne Erfolg zehn Mann und zwei Offiziere. Aus den Mauern der abgebrannten Hâu Man suchte fern war es mit Gewehrfeuer empfangen. den Feind heraus zu kanoniren und wir deckten die Batterien auf den Höhen. Im Thale ward scharf tiraillirt und einige Flintenkugeln schlugen selbst bis zu uns herüber. Der Feind antwortete lebhaft und zum Theil mit schwererem Ges schüß unserer Artillerie. Eine Kugel zerschmetterte einem wackern akademischen Bekannten (v. Wiertelewski) in Er starb bald darauf unter der 2ten Eskadron das Bein. Aeußerungen der Freude über seinen Tod für das Vaterland. Nach dem wirkungslosen Gefechte gingen wir wieder auf den Bivouakplak der vorigen Nacht ; der Regen suchte uns wie der heim und quålte uns. Um den Feind aus seiner Stellung zu treiben, wurde ein Linksabmarsch nach der böhmischen Grenze gemacht. Zuerst gingen wir auf der Straße nach Bauzen bis in die Ge= gend des Dorfes Gödau , kehrten dann auf den alten Bis vouakplak zurück, blieben zwei Stunden und marſchirten, unter häufigem Anhalten durch bergige, schöne Gegenden im Fin ſtern zulegt einen Berg hinauf, zwischen hohen Tannen und
60 freilagerten die Nacht vom 14ten auf den 15ten September bei Ottendorf.
In unserer Nähe ſtanden östreichiſche
Husaren. Früh begann am 15ten in der Gegend nach Stolpen heftiges Gewehrfeuer, dem eine starke Kanonade folgte. Der Feind wurde in seine Verſchanzungen nach Stolpen zu rückgeworfen. Am 16ten gehen wir vor Neustadt , erhalten Gegenbe fehl, kehrten wieder auf den alten Bivouakplaß, wo wir die Pferde umsatteln und bis zum Abend bleiben. Unter den Marketendern entstand eine Prügelei , deren Anblick uns vielen Spaß machte und eine große Zuschauermenge aus allen Truppen der Avantgarde herbeizog, die mit ihren Sol datenwißen die kämpfenden Marketender
durchhechelten.
In diesen bergigen Gegenden war für die Reiterei außer der Geschüßdeckung nichts zu thun, Die Truppen gingen wieder am 17ten nach der Straße von Baußen nach Bischofswerda zurück. Wir be= zogen ein Lager vor dem Walde zur Seite eines Baches in
der Gegend der Dörfer Gödau und Roth - Nauslig , wo wir auch den 18ten und 19ten stehen blieben. Einige unſerer Kameraden trafen aus dem Depot in Neuſtadt in Schlesien hier ein, und bekamen dafür auch sogleich die Feldwache. Die Dörfer umher waren hart mitgenomen, die Bewohner oft geflüchtet. Beim Suchen nach Futter stieß ich einst in einem dunkeln Stalle auf eine im Sarge liegende Leiche, die noch nicht hatte begraben werden können. Oft hat mich das Schicksal der Bewohner Sachsens wehmüthig gestimmt. Aber jede Gegend eines Kriegsschauplages muß beim neueren Kriegssysteme schrecklich leiden. Unruhig ward die Nacht vom 19ten auf den 20sten September zugebracht.
Schon um zwei Uhr wurden die
61 Pferde gezäumt. Der Regen goß herab und die Zähne Mit dem Tagesanbruch gingen wir wieder auf Bischofswerda los, das der Feind geräumt hatte. Jen seits hinter dem Dorfe Goldbach , wo sich südwestwärts klappten.
Anhöhen, zum Theil mit Gesträuch bewachsen erhoben, seste fich der Feind. Es begann ein heftiges Tirailleurfeuer und darauf eine starke Kanonade von zwei bis drei Stunden. . Der Feind wich immer mehr hinter Goldbach nach den Anhöhen zurück. Wir deckten die Geschüße. Die Infanz terie ging in Abtheilungen sich ablöſend zum Tirailliren vor. Gegen Abend zog sich die Avantgarde um Goldbach herum und die jenseits stehenden Truppen kamen auch auf die Ost seite des Dorfes zurück. Mit dem Abend hörte das Ge fecht auf.
Es ward ein Fouragekommando nach dem Dorfe
Burkau nordöstlich durch den Wald geschickt, zu dem ich ge hörte. Ich stürzte vor dem Dorfe im Finstern in einen Hohlweg, fiel über den Kopf des Pferdes, kam aber glück licher Weise auf dem sandigen Boden stehend unten an und faßte, als ich im Finstern mit der Hand umhergriff wieder glücklich den Zügel des ebenfalls unversehrt gebliebenen Pfer= des. Bei einem abermaligen spåtern Ritt dahin bei Tage sah ich die gefährliche Stelle und konnte der Vorsehung danken. Einer der Kameraden ging im Dunkeln in ein Haus, fand auf einem Tische ein Brod, nahm es und ließ es sich, aus Mangel an Raum, unter den Mantel zwischen dem Degen- gehenk und Halse stecken , so daß er wie ein Bucklichter mit seiner Beute heimkehrte, an der seine Kochgesellschaft ihren gebührenden Antheil bekam. Bei unserer Rückkunft fanden wir das Regiment bei Goldbach , die Jägereskadron beim Regenwetter um ein Feuer , auf herumgelegten Brettern figen, um nicht im lehmigen Boden zu versinken. Die Vorhut unsers Corps blieb auch den 21 und 22ſten
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September um Bischofswerda stehen, die Vortruppen um Goldbach, die Vorposten auf den jenseitigen Höhen zur Beobachtung der Straße über Harthau nach Dresden. Um leztern Tage trank einer der Kameraden bei einem ruf sischen Marketender mit solcher Begierde ein Glas Brand weinspiritus, daß er, zur Feldwache kommandirt, nicht das Pferd besteigen konnte und einige Stunden wie entseelt liegen blieb. Er erholte sich kurz vor dem Angriffe des Feindes. Um ein Uhr Nachmittags ungefähr ward es un ruhig und eine Meldung nach der andern kam von den Vor posten, daß der Feind angreifen werde.
Wir zäumten die
Pferde. Bei den andern Eskadrons wurde aufgesessen. Wir Jäger blieben an den Pferden stehen, da der Eskadronskom mandeur weggeritten war.
An den Höhen jenseits Gold
bach begann schnell ein Tirailleurgefecht.
Plöglich sahen
wir eine bedeutende Kolonne des Feindes über den Berg kommen. Ehe wir noch daran dachten, schlugen zwei Gra naten vor der Front der Jägereskadron ein , daß uns die Erde um das Gesicht sprißte , aber es wurde Niemand ge troffen. Nun kam der Eskadronchef herbei und gab Befehl zum Auffißen, der mit höchster Ruhe vollzogen wurde. Für die Ruhe beim Einschlagen der Granaten machte Rittmeister v. Szerdahelyi , Führer der 3ten Eskadron uns Lob sprüche. In Zügen brachen wir ab zurück nach Bischof8= werda zu gehend, und stellten uns mehr nach dem rechten Flügel auf. Das Feuer der feindlichen Artillerie war stark, zog unserm Regimente aber so viel ich mich erinnere keine Verluste zu, obgleich der Feind die Höhen hatte. Immer stärker drangen feindliche Massen bergab. Die Schnelligkeit und Lebhaftigkeit des Angriffs verrieth Napoleons Gegenwart, der von Dresden herbeieilend hier wahrscheinlich nicht blos die Avantgarde, ſondern die Hauptkräfte des schlesischen
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Heeres vermuthete. Mehrere zwölfpfündige Batterien don nerten. Das en avant ! en avant ! der feindlichen Linien scholl durch die Luft. Ostpreußische Jåger mit ihrem sichern Schuß hielten um den Bach und die Mühle von Goldbach herum den Feind etwas auf, mußten aber zulest doch der 1 Uebermacht weichen. Einige russische Geschüße zeichneten sich im Mittelpunkte von Bischofswerda aus , hielten eine große feindliche Batterie im Zaum, und erleichterten unſerer Infanterie den Rückzug , den überhaupt der Feind , trog ſei nes stürmischen Angriffes , nicht zum unordentlichen machen konnte. Ein Kosak trug einen verwundeten preußischen In fanteristen auf seinem Pferde aus dem Getümmel. Mein Pferd bestieg ein Fußjåger , der eine Kugel im Bein hatte. Langsam nur konnte ich ihn nach demWalde und der Straße zu führen , bis ich ihn endlich auf den alten Bivoukplag brachte. Die Kugeln fuhren zwiſchen die Tannen , und der Wald krachte vom Geſchüßesdonner , während die Sonne freundlich glänzte und sich neigte , als das Gefecht noch dauerte und mit der Nacht endete. Der Feind beseßte Bi schofswerda und die Gegend bis in die Nähe des Waldes. In demselben und ſeitwärts blieben unsere Vorposten.
Der
verwundete Fußjåger ließ sich von einem unserer Chirurgen die Kugel ausschneiden und ward am Morgen weiter nach Baugen geschafft. lust gehabt.
Das Fußvolk hatte bedeutenden Ver=
Der Feind ließ uns in der Nacht auf den 23. Septem= ber und an diesem Tage bis Mittag in Ruhe.
Rasch warf
er dann unsere Vorposten zurück und brach in Maſſen aus dem Walde hervor. Die Reiterei ward zurückgezogen , die Infanterie warf sich ihm in Gliedern entgegen. Wir muß ten in der Gegend der Dörfer Godau , und Roth-Nauslik eine Vertiefung paſſiren und ſtellten uns hinter derselben auf,
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mit andern Reiterregimentern der Ayantgarde unter deren Befehlshaber , Obersten v. Kazler. Immer lebhafter ward das Gefecht. Die feindliche Artillerie war der unsrigen über legen und unsere Tirailleurlinien wurden gedrängt . Uns zur Rechten (als wir Front gegen den Feind nach Bischofswerda machten) war ein kleiner Bach und ein Bergabhang ; links begrenzten Gebüsche den Kampfplak , so daß eine weite Ausdehnung der Streitkräfte nicht möglich war.
Hervor
brechende feindliche Reiterei , besonders Chaſſeurs , bedrohten unsere Tirailleurlinie. Da gab Oberst v . Kahler Befehl zum Angriff. Von unsermRegimente ward zuerst die Jåger eskadron und die 3. kommandirt. Das Regiment folgte. Wir reihten uns an die 3. Eskadron , an die sich wieder links eine russische und zwar eine Kosakeneskadron reihte. An sie schlossen sich theils an , theils folgten Eskadrons der bran denburgischen Husaren , Ulanen und russische Reiterei. Wir Jåger hatten den rechten Flügel. Einige hatten Piſtolen her ausgenommen. ,,Pfui , weg mit den Pistolen , rief der tapfere Rittmeister von Szerdahelyi , Plempen nur heraus ! " Die Trompeten schmetterten . Das Kommando ,,Marsch“ ertonte. Im Trabe gingen wir durch Vertiefungen auf die feindliche Reiterei los. Die Chasseurlinie eilte zurück hinter ihre Infanterie , wo sie hinter einem Graben Front machte und Karabinerfeuer gab.
Beim Durchzug durch unsere
Schüßenlinie liefen manche Leute derselben mit uns wieder freudig vor. Einem, der seine Patronen verschoffen hatte, konnte ich ein Päckchen reichen , das ich aus einem erbeute ten feindlichen Munitionswagen hatte.
Nicht weit vor der
feindlichen Front fiel im Kugelregen das Pferd eines meiner Kameraden auf die Kniee , das meinige herauf. Wir glaub ten uns beide verloren , die Pferde durchbohrt , waren erfreut,
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als sie sich aufraffend uns wieder dem Feinde entzogen . Mich hatte noch besonders die Lust , einen hinter die gedrångte Chasseurabtheilung gekommenen französischen Chirurgus, dessen Haarzopf hin und her schwebte , gefangen zu nehmen, zu weit vorgeführt. Die russische Eskadron hatte beim An griff gestust. Ihr tapferer deutſch ſprechender Offizier brachte sie wieder zum Stehen. Als dieser Umstand uns für einen Augenblick Nachtheil brachte und , da wir in die starken seind lichenLinien nicht einbrechen konnten , die feindliche Chasseur linie uns gleich folgte , wendeten wir augenblicklich wider um und jagten ſie auf ihre Infanterie zurück , die uns Feuer gab. Durch dies und das Kanonenfeuer ward unsere Reiter maſſe wieder zurückzugehen genöthigt , um so mehr , da der Zweck des Angriffs nur Sicherung unserer Infanterie ſein sollte und ohne dies hier die Avantgarde sich in entſcheidende Gefechte gegen Napoleon nicht einlassen sollte.
Ein Zug
unseres Detachements ward mit preußischen und russischen Tirailleurs in das Dorf Roth-Nauslik gesandt , in welchem viele Gefangene, besonders Westphalen , gemacht wurden . Einer meiner vertrautesten Freunde empfing hier eine Kugel aus dem Fenster eines Hauses, die oben in den Tschacko drang und über der Müße , ohne ihn zu beschädigen , stecken blieb.. Preußische und ruſſiſche Tirailleure säuberten die Häuſer mit dem Bajonett , mußten jedoch das Dorf wieder verlaſſen. Von feindlichen Kugeln begleitet , deren eine aus Geschüß von schwerem Kaliber noch zuleht unweit des Zuges einschlug, in dem ich ritt , ging alles zurück auf eine Anhöhe hinter Gö dau , sich näher heran ziehend an die Hauptkräfte des schle sischen Heeres , das in fester Stellung nach Baußen zu stand. Die Schnelligkeit unseres Angriffs machte , daß wir ohne. sonderliche Verluste blieben. Ein Pferd fiel , mehrere Mann und Pferde waren verwundet.
Als wir von dem gemachten 5
66 Angriffe zurückkehrten , machte ein Führer im Kommando Er rief: in Zügen rechts schwenkt ! nein ein Versehen. links schwenkt ! Macht wie ihr wollt ! Gegen Abend beun ruhigte der Feind uns durch einige Kanonenschüsse , griff aber nicht an. Hier folge über dies Gefecht auch eine Schilderung aus dem preußischen Militairwochenblatte Jahrgang 1831 . S. 4510. ,,Den 23. gegen 11 Uhr Morgens trat der Feind unter ,,das Gewehr und rückte in drei Kolonnen vor , die eine mit ,,vieler Artillerie und Cavallerie auf der Hauptstraße , die ,,zweite aus lauter Infanterie bestehend , durch den Wiesen ,,grund zwischen Bischofswerda und Geismannsdorf und die ,,dritte aus allen drei Waffen zusammengesezt über Geis ,,mannsdorf. Er drängte besonders auf der großen Straße." ,,Der Oberst von Kahler nahm seine Posten zurück, . ,,und ging nebst dem General Rudczewicz in die Stel ,,lung hinter Roth-Nauslis. Der Feind besezte dieses Dorf, ,,und schien fein Gros bei Thuniß zu ordnen. Der Oberst ,,v. Kazler hielt dieſes für einen günstigen Zeitpunkt zum ,,Angriff, und da der General Rudczewicz denselben ge ,,nehmigte , und 2 Esc. -Kiew.- Dragoner , 2 Esc. ukraini ,,sche Kosaken dazu bestimmte , so ging er mit diesen und ,,6 preußischen Schwadronen (von den brandenburg. Husa ,,ren und Ulanen dem ostpr. National Cav.-R. und dem 5. ,,L.-W.-R.) bei Roth-Nauslih vorbei , ohne sich durch das „ Infanteriefeuer aus diesem Dorfe stören zu laſſen , und ,,stürzte sich auf 3 Kavallerie Regimenter , die der Feind in ,,Regimentskolonnen formirt , bis vor seine Infanterie vor ,,geschoben und hinter einen Hohlweg aufgestellt hatte. Das ,,erste davon wurde geworfen , stürzte sich auf das zweite, ,,und riß alles mit sich fort. Da der Feind drei andere Re
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,,gimenter zur Unterstüßung schickte, so ging der Oberst v. ,,Kahler über den Hohlweg zurück , machte aber gleich dar ,,auf einen zweiten Angriff und warf die feindliche Reiterei ,,zum zweiten Male. ,,Unter dem Schuß dieses Kavallerie Getümmels rückte ,,die Infanterie vor , besezte Roth -Nauslig , machte mehrere ,,Gefangene und deckte durch ihr Feuer den Rückzug der Ka ,,vallerie durch das Defilee. ,,waren 320 Gefangene.
Das Reſultat dieſes Angriffs Nach Verlauf einer Stunde
,,brachte der Feind viele Artillerie vor und formirte seine Ko ,,lonnen von neuem , worauf die russische und preußische ,,Avantgarde bis in die Stellung von Gödau zurückging, ,,welches Dorf der Major von Kler besezte. Es war schon ,,dunkel , als der Feind noch einen Angriff auf daſſelbe unter ,,nahm. Der Oberst v. Kazler schickte dem Major Kler ,,das Battaillon Blücher zur Unterſtüßung . Allein der Feind ,,war schon in Beſig des Kirchhofes und das Dorf mußte ,,aufgegeben werden."
Ich war die Nacht hindurch , in der es etwas regnete, auf der Feldwache , auf der ich auch den 24. September blieb. Des Feindes Vorposten waren größtentheils Infanteristen . In der Nacht darauf, als ich wieder beim Regimente war, fielen einige Schüße. Der Feind suchte durch den Schein des Angriffs seinen Abzug zu verdecken. Wir folgten ihm den 25. nach Bischofswerda. Es ent stand eine heftige Kanonade , die wieder nachließ. Am Wege lagen viele Todte , Opfer des vorgestrigen Gefechts , die mei sten schon nackt. Oft habe ich mich gewundert , wie schnell nach Gefechten die Gefallenen der Kleider beraubt waren . Kosaken, Marketender , auch Landleute der Gegend mußten es wohl gethan haben. Nach einem nicht angestrengten Mar 5*
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sche lagerten wir die Nacht an einem Wäldchen , in der Nähe des Dorfes an einem kleinen Flüßchen. In diesen Tagen begann für das schlesische Heer ein neuer Abschnitt seiner Bewegungen und seiner Thätigkeit : der Rechtsabmarsch und die Vorbereitungen zum Elbüber gange. Mit dem Feinde hatten wir nun bis zum Ueber gange nichts zu thun. Die Märsche und das Bivouakiren theils bei trockenem , theils bei regnigtem Wetter waren aber dennoch höchst anstrengend. Von Schlesien bis zur Elbe kamen die Kleider nicht vom Leibe , vom 28. August bis zum October war das freie Feld die Schlafstätte.
In der Zeit
vom 25. bis 28. September zogen wir unter kleinen Mår schen , mehreren Hin- und Herbewegungen bis Großen hain. Durch Pulsnih gingen wir durch , zwischen K $ = nigsbrück und Radeburg tummelten wir uns umher. Bei Radeburg bivouakirten wir an einem Dorfe die Nacht, den 28. September bei Großenhain. Um 29. September folgten wir dem Laufe der Elbe bis Röderau , blieben im Bivouak an einem Walde hier auch den 30. September. Im Walde hatten sich , von Kosaken versprengt , mehrere feindliche Chasseurs mit ihren Pferden verborgen , wurden entdeckt und gefangen. Jenseits bei Riesa beobachteten die Franzosen das Elbufer. Auf diesem Marsche wurden mehrere Haasen gejagt und in den Infanteriekolonnen gefan gen.
Der Elite Adelstein von der 1. Eskadron , der sich
nachher auch bei Leipzig auszeichnete , ein schnelles und ge wandtes Pferd (von ihm seine Taube genannt) besaß, machte den Kosaken ein Stückchen nach , jagte und spießte bald dar auf einen Haasen mit der Lanze. Besonders zeigten sich die Kosaken bei dieser Jagd sehr thätig. Am 1. Oktober marſchirten wir Mühlberg vorbei, wo das Korps des General Tauenzien ein Reitergefecht
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gehabt hatte , bivouakirten bei Sardorf. In Koßdorf hatte ich das erste Obdach in einem Hauſe ſeit dem Quartier in Neudorf in Schlesien. Mit heißem Waſſer weichte ich die angetrockneten und halb zerrissenen Stiefeln auf, schnitt dann die Schechten auf und zog sie von den Füßen. Von der Nässe, der Unreinigkeit , dem angeklebten Strumpfe hatten sich auf beiden Füßen am Schienbein Wunden gebil det , die bei jeder Berührung schmerzten , stark eiterten , nun erst gereinigt und verbunden werden konnten . In einem ausgeplünderten Hause fand ich bald darauf eine Kiste mit 'der sogenannten halliſchen Medizin. Ein Schächtelchen mit einer Salbe , die ich auf gutes Glück versuchte , that mir Doch war die Wunde besonders
beim Fuße gute Dienste.
des rechten Fußes so übel geworden, daß ich den ganzen Feld zug in Frankreich hindurch sie mit Charpie belegt halten mußte, und daß sie völlig erst auf dem Rückmarsche heilte. Vor Torgau trafen wir im Vorbeimarsche mit Abthei= lungen des Tauenzienſchen Korps zuſammen , die die Stadt blockirten und die Elbübergänge beobachteten. Den 3. Oktober erfolgte der erzwungene llebergang über die Elbe. Es war einer der Ehrentage der Vorkschen Heeres abtheilung. Bei Elster war die Brücke aus russischen Lein wandpontons geschlagen. Ein Brückenkopf vertheidigte das Ufer.
Die Ebene diesseits zog unserm freistehenden Fuß
volke großen Verlust zu . General p. Horn schmückte durch den Sturm von Wartenburg sich und das Fußvolk der Yorkschen Schaar mit dem Kranze des bleibenden Ruhmes. Als Graf von Wartenburg wird York genannt werden, 6.1.7 so lange es eine Geschichte Preußens giebt.. Von der Reiterei kamen nur die schwarzen Husaren des 2. Regiments jenseits zu einem Gefechte. Sie hieben wacker
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ein und eroberten Geschüße. Es hat mir oft scheinen wollen, daß man die Reiterei nicht so benußte , als man konnte. ܡܪܐ A Freudig sah ich von der Schiffbrücke die Wellen des Elbestromes unter mir rollen. Sechs trübe Jahre hindurch war er auf einer Strecke die Grenze unseres gebeugten Vater Jest war er Napoleons Bollwerk, das
landes gewesen.
wir siegend durchbrachen.
IX.
Bewegungen und Märsche bis zur Schlacht bei Leipzig , vom 3. bis 16. Oktober 1813. Der Monat Auguſt und der September in seinen ersten Tagen waren durch große Schlachten bezeichnet , die die An strengungen der verbündeten Heere belohnten und große Er folge gewährten. Fast jeder Tag des September gab einzelne Gefechte oder doch anstrengende Märsche. Um die Mitte des Oktober fiel die reife Frucht des entscheidendsten Sieges . Die Heere suchten sich zu vereinigen , um die Entscheidungsschlacht in den Ebenen Sachſens zu schlagen. Der Husarengreis überschritt die Elbe. Das Ungewöhn
lichste und Kühnste war seine Luft. Er wagte und siegte. Er gab, um nur den zögernden Oberfeldherren des Nordhee res herbei zu ziehen , seine Verbindung mit Schlesien auf, ging in kühnen Märschen an und über die Saale und über Halle nach Leipzig zur Schlacht . Eine Beschreibung dieser Heeresbewegung liegt außerhalb der Grenzen dieser kleinen Gedenkschrift. Wer sie wünscht , findet sie in Werken von der Hand ausgezeichneter Männer, denen ihr höherer Stand punkt tiefere Blicke in den Zuſammenhang der großen Bege= benheiten gewährte...
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Meine Papiere sind leider für die Geschichte des Regi ments in diesen Tagen sehr mangelhaft. Um den Regiments oder mehr den Eskadronsgefährten ein Mittel der besseren Anreihung ihrer Erinnerungen zu geben , will ich hier Tage= buchvermerke herseßen . Den 3. Oktober rückt das Regiment etwas vor. Den 4. Oktober. Die Jågereskadron ist in Melzwig. Das Regiment geht gegen Mittag ab nach Kemberg. Den 5. Oktober. Die Eskadron bivouakirt bei Grå fenhånichen und geht bis Poch an der Mulde. Bivouak mit reicher Verpflegung . Der Feind schießt einigemal von jenseits. Den 6. Oktober. Uebergang durch die Mulde ; 12 såch fische Kürassiere kommen entgegen , 2 werden gefangen. Am Abende geht die Jägereskadron und die 1. Eskadron nach Sehlhausen. Den 7. Oktober. Marsch bis Posdorf nicht weit von Sehlhausen. Den 8. Oktober. Wir bleiben stehen. Den 9. Oktober. Viel Regen. Wir kommen in das Dorf Posdorf. Mehrmaliges Einrücken und Ausrücken.
zig.
Den 10. Oktober. Vorgehen in der Richtung nach Leip In der Nacht Marsch nach Brena bis Thiemens
dorf, wo die Eskadron einquartirt wird . Den 11. Oktober. Marsch in ein Lager bei Brena.
Den 12. Oktober. Bivouak ebendaselbst. Den 13. Oktober. Marsch durch Brena und Lands berg ungefähr eine Meile vor Leipzig , wo der Feind auf marschirt gefunden wird.
Links von uns plånkeln Kosa
ken. Die Eskadron geht gegen Abend nach Schkeudig. Feldwachen bei Stahmeln , Patrouille nach Wahren. Regen.
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Den 14. Oktober. Die Franzosen greifen unsere Feld wachen an, drängen sie zuweilen mit Ueberlegenheit. Den 15. Oktober. Stürmische Nacht bei Schkeu = dig - Vorbereitung zur Schlacht. Um 1 Uhr werden die Pferde gezäumt. Die Patrontasche eines Jägers geråth beim Feuer in Brand. Er bleibt unbeschädigt. Haufenweise legen die Jäger sich zuſammen , um sich zu erwärmen. Gegen Mittag vorgehen. Gegen Abend nåher gerückt. Drei Ka nonenschüſſe ( Raketenſchläge ) als Zeichen der Schlacht. Uebernachten an einem Dörfchen. Den 16. Oktober. Schlacht bei Leipzig , für uns bei Möckern . Anstrengend für das schlesische Heer waren die Märsche dieser Tage. Wir gehörten auch jest zu den Vortruppen des Yorkschen Korps , unter dem Befehle des Generals von Kahler.
Er war ein Mann , der das Feuer nicht scheute.
Den Feind vor sich auf dem Schlachtfelde und gefüllte Glåſer auf dem Tische konnte er nicht lange ansehen. Beide mußten seinem Angriffe weichen. Während die Fußvolksmassen des schlesischen Heeres von Wartenburg aus sich anfangs zur Sicherheit und Ver einigung mit dem Nordheere nach dem Anhaltiſchen schoben und die Mulde überschritten , blieb die Reiterei mehr in der Richtung nach Leipzig , um dem Feinde näher zu sein. Die Märsche und das Freilagern erforderten auch jeşt Kraftaufwand , den die Begeisterung unterſtüßte. Mangel an Lebensmitteln litten wir in dieser Zeit weniger , als bei denBewegungen zwischen Schlesien und der Elbe. Bei Poch ging das Regiment an einer Stelle durch die Mulde ; dennoch reichte das Wasser den Pferden weit über die Brust. Vom jenseitigen linken Ufer hatte der Feind vorher mehrmals her übergeschossen. Wenn ich nicht irre ; wurde in diesen Tagen
73 ein Adjutant des Generals v. York, der mit ihm am Ufer der Mulde spåhend ritt , von einer Flintenkugel getroffen, die ihm durch den Kinnbacken drang. Den obern Heerführern jener großen Zeit konnte man wahrlich nicht vorwerfen , daß fie irgend das Feuer scheuten. Ihren Muth konnte jeder Führer sich zum Vorbilde nehmen. Oft waren Blücher und York in den vordersten Reihen und auf den Vorposten. Mancher Offizier ihres Gefolges fand in ihrer unmittelbaren Nähe den Tod für das Vaterland. Wenn wir den alten ern ſten York , von dem einer der ausgezeichnetsten Männer unseres Heeres , General v. Müffling , sagt : ,,daß er bes sonders geschickt war , das Gefecht hinzuhalten und zu nåh ren , " auf den Vorposten ankommen sahen , pflegten wir wohl zu sagen : nun wirds bald losgehen. Fast noch mehr galt dies bei der Ankunft Blüchers. Ihn sahen wir ſelte ner, weil er oft in der Nähe der beiden russischen Heertheile sich aufhielt. Wer übrigens in seinem Gefolge zu reiten ge= wünscht hätte , um den Kugeln fern zu bleiben , würde sich sehr getäuscht haben. Er schien fast die Gefahr zu suchen, 1 wenn sie ihm nicht von ſelbſt nahte. An dem Tage nach dem Durchgange durch die Mulde kamen dem Regimente 12 sächsische Krüassiere entgegen.
Zwei davon wurden gefangen , die andern entflohen. Wahr scheinlich hatten sie , als Patrouille ausgesandt , unsere Nähe nicht zeitig genug bemerkt. Einen holte der Jåger Buch2 holz mit seinem raschen Pferde ein. Auf einem der Bivouaks mußte einer der Oberjäger, auf Befehl des Eskadronschefs ein Stück Schlachtvieh von einem Gute Roißsch , bei einem Herrn von Harritsch her beischaffen. Er ließ , so weh es ihm that , beim Mangel an= derer Stücke eine junge Kuh herbeibringen , die der Frau des Besizers sehr werth war , und über deren Verlust sie weinte.
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Im Lager meldete der Oberjäger dies.
Glücklicher Weise
hatte der Quartiermeister anderweitig Fleisch herbeigeschafft und jener durfte die Kuh der erfreuten Beſizerin zurückbrin gen lassen. Mann und Frau nahmen ihn freundlich auf und erquickten ihn mit Speise , so gut fie konnten. Die ar men Bewohner Sachsens haben mich oft gejammert. Möge nie wieder eine Zeit erscheinen , in der Deutsche gegen Deut sche kämpfen , und deutsche Schaaren ein deutsches Land feindlich behandeln ! Uch auch unsere Schwerter und Lanzen wurden mit deutschem Blute besprißt , ehe wir das große Vaterland befreien konnten. Körners Ruf (deffen weckende Lieder ich erst nach dem Feldzuge kennen lernte) : ,,wachſe du Freiheit der deutschen Eichen, wachse empor über unsern Lei chen! " ist nur zu wahr geworden. Deutsches Blut , von Feindes = und von Bruderhand vergossen , hat den Boden gedüngt , auf dem im Frieden das gegenwärtige Geschlecht sich seiner Aernten freuen darf. Der erste Angriff des Regi ments bei Leipzig mußte leider auch auf deutsche Schaaren treffen. Nach einer am 13. Oktober in der Richtung nach Leip= zig gemachten Rekognoszirung ging das Regiment`nach Schkeudig zu , stellte Feldwachen nach Stahmeln zu und machte Patrouillen nach Wahren hin. Am 14. Oktober blieben die Feldwachen dem Feinde nahe gegenüber und zum Theil gedrängt. über Plånkeleien und besonders abgeschickte
wurden von ihm oft angegriffen und Um 15. Oktober waren fast den Tag Flanqueurgefechte, namentlich für die erste Eskadron des Regiments . Sie
verlor jedoch nur einen Mann beim Flankiren , Namens Fuchs , der in der Schulter verwundet im Lazarethe geftor ben sein soll. Nur sehr unvollständig war die Eskadron mit Schußwaffen und selbst mit Munition versehen. Sie diente
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den feindlichen Flanqueuren fast unbelästigt zur Zielscheibe und hatte dennoch so geringen Verlust im ungleichen Kampfe. Die feindlichen Flanqueure ſchienen eine große Furcht vor un fern Lanzenspişen zu haben und der Schnelligkeit unserer Pferde viel zuzutrauen . Sie blieben meistens in solcher Entfernung , daß ihre Kugeln ins Blaue hinausgingen. Wenn einzelne feindliche Reiter nahe kamen , durften nur einige der Unsrigen die Lanzen einlegen , um ſie ſofort zu rückzuweisen. Auf diese kurze Nachricht über den 15. Oktober , die fast buchstäblich der brieflichen Mittheilung eines sehr wack ern Offiziers , der in der ersten Eskadron befehligte , entnom men ist, lasse ich nun die Tagebuchsnachrichten eines Freun des wörtlich folgen , und will ihnen ergänzend und berichti= gend aus jener , aus sehr richtiger Auffaſſung hervorgegan genen Mittheilung mehreres auch wörtlich beifügen. Einen Bericht eines andern Augenzeugen der 1. Eskadron über die Schlacht am 16. , werde ich , da ich ihn in die Erzählung selbst nicht verflechten kann , der Schrift beſonders beifügen. Den 15. Oktober. ,,Das war eine kalte und stürmi ,,sche Nacht. Der Wind trieb die Funken von unserm Wach ,,feuer bis in die Stadt. (nämlich Schkeudig) Wir sind ganz ,,auf eine Schlacht gefaßt. Schon um 1 Uhr wird gezäumt ,,und früh am Morgen ausgerückt. Wir bleiben auf dem ,,Felde stehen , wo wir uns wegen der Kälte haufenweiſe zu ,,fammenlegen , um uns zu erwärmen. Gegen Mittag ge= ,,hen wir nach einem , eine Meile entfernten , von Leipzig ,,eben so weiten Dorfe , wo wir die Pferde in einen Garten ,,ziehen. Nach einer halben Stunde müſſen wir alle auf ,,sigen und aufmärschiren. Doch scheint gegen Leipzig alles ,,ruhig , und wir gehen in das Dorf zurück, um Garben zu ,,holen.
Kaum haben wir uns damit beladen , ſo wird kom
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,,mandirt: Marsch im Trabe vor ! Ungern warfen wir die ,,schönen Garben weg.
Indem wir rasch auf Leipzig vorge
,,hen , wird es finster. Drei Kanonenschüsse fallen ganz un ,,vermuthet , das Signal zur morgenden Schlacht , auf die ,,Franzosen , die sich mit unserer Infanterie bei Möckern und „ Wahren schossen. Das Gewehrfeuer gab im Finstern einen ,,prachtvollen Anblick und das Hurrahrufen verscheuchte den Schlaf. Wir haben einen ziemlich guten Bivouak im Dorfe ,,Modelwig eine Stunde von Schkeudiş.
Schlacht bei Möckern den 16. Oktober. ,,Den 16. Oktober. Die Nacht verging ziemlich ruhig. Um Morgen hatten wir noch Zeit , zu frühstücken , Brot, ,,Fleisch und Schnaps von der Kolonne zu empfangen. Zwi ,,schen 7 und 8 Uhr marschirt Kavallerie vorbei. Vielleicht ,,um 8 Uhr gingen wir links ab , seßten uns in Zügen , mar „ ſchirten gleich wieder , bis wir endlich beinahe zwischen den ,,Dörfern Lindenthal und Stahmeln wieder in Zügen rechts ,,aufmarschirten. Gleich des Morgens hatte in der Ferne ,,eine Kanonade begonnen , jest um 9 Uhr begann auch eine ,,rechts von uns jenseits der Elster und Pleiße. Rechts und ,,links von uns ſtellen sich mehrere Kavallerieregimenter auf. „Auf dem linken Flügel marſchirte fortwährend Infanterie ,,und Kavallerie vor. In den gestrigen Tagen war blos un ,,sere Avantgarde bei Leipzig gewesen. Jest kam das Korps ,,nach, voll Freude sich mit dem Feinde messen zu können . ,,Um 10 Uhr kam Blücher mit großem Gefolge die Linie ,,herunter und sagte zu uns die Worte : ,,Kinder heute haut ,,nur auf altpreußische Manier ein !" Gegen 11 Uhr saßen ,,wir auf und rückten in Eskadrons vor. ,,Links sah man eine große Menge größtentheils Ruſſen ,,vorrücken. Halb links von uns war ein Wäldchen und vor
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,,uns das Dorf Lindenthal , beide vom Feinde besest.
Am
,,Wäldchen begann eine Kanonade. Rechts von ihm mar ,,schiren würtembergiſche Küraſfire (nach der erwähnten brief ,,lichen Mittheilung waren es badensche Dragoner) auf. ,,Das Regiment erhält Ordre , sie anzugreifen. Die Jäger ,,und die 1. Eskadron machen eine unglückliche Attaque. Ergänzend und berichtigend folge hier wieder die briefliche Mittheilung , die an jene obige Worte : " rückten in Eskadrons vor" angereiht werden muß. ,,,,Das Regiment rückt in Zugkolonnen vor , einen Bach ,,,,passirend , marschirt in Eakadronskolonnen auf, und die ,,,,beiden zuerst formirten Eskadrons , die Jäger und die ,.,,erste Eskadron erhalten den Befehl , die links stehende ,,,,feindliche Kavallerie-Avantgarde zurückzuwerfen , welches ,,,,ſie durch eine Linksschwenkung und darauf folgende Atta ,,,,que ausführen. Für die 1. Eskadron des N. K. Regi ,,,,ments war diese Attaque nicht unglücklich zu nennen. ,,,,Sie gelang ihr vollständig . Sie warf die ihr gegen // // überstehenden badenschen Dragoner zurück und gerieth, ,,,,sie verfolgend mit ihnen zugleich an die Infanterie , welche ,,,,jene aufnahm .
Hier erst wurde sie gewahr , daß die Já
´ ,,,,gereskadron weit zurück Halt gemacht hatte.
1141Ein inzwischen erfolgtes Apelblasen vernehmend ging ,,,,die erste Eskadron nun erst zurück , von einem unwirksa ,,,,men Feuer der Infanterie begleitet und wurde von den ,,,,nachrückenden andern Eskadrons des Regiments aufge= ,,,nommen.
Das Regiment schwenkt mit Zügen rechts ab
,,,,und wird zur Deckung der inzwischen aufgestellten Batte i ,,,,rien verwandt.' Bemerkt muß werden , daß bei der Jågereskadron Halt kommandirt war , mehrere Jäger unruhig nach dem ersten
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Befehle des Regimentschefs der ersten Eskadron folgen woll ¿ ten , ihnen dies mit harten Worten gewehrt wurde. Dies führt jenes Tagebuch an , und sämmtliche Kame= raden sprachen oft davon. Später wurde , wie man erzählte, das Haltkommando mit der Nothwendigkeit , die rechte Flanke zu decken , entschuldigt. Das Tagebuch fährt nach den Worten , die von einer unglücklichen Attaque reden , fort :
,,Das Regiment macht jest den Angriff. Der Feind ,,lockt uns zurückgehend auf ein hinter ihm stehendes verdeck ,,tes Quarré. Das Feuer desselben zwingt uns zum Zurück ,,gehen. Jest zwingt eine vor uns aufgefahrne Batterie mit ,,Kartåtschen die feindliche Kavallerie zum Rückzuge. Den ,,Tag sehen wir dieselbe auch nicht mehr. Wir nehmen ,,das Wäldchen und Lindenthal. Indeß waren rechts von ,,diesem Dorfe auf den Anhöhen vor Möckern 24 fran zösische Kanonen aufgefahren. Zwölf preußische brach Rechts von ,,ten sie in einer Stunde zum Schweigen. ,,uns fliegt ein preußischer Pulverwagen auf. Wir gingen ,,mit unsern Kanonen weiter vor. Die Kanonen donnern Die Infanterie macht auf unserm rech ,,fürchterlich. ,,ten Flügel einen Angriff auf Möckern. Sie besteht hier ,,einen harten Kampf, wird mehrmals geworfen und behålt ,,erst gegen Abend den Plas. Bei dem Kampfe fängt das Eine leichte Batterie ,,Dorf Möckern an zu brennen. ,,wird aufgefahren . Sie kann nichts gegen die stärkere fran zösische Artillerie richten. York steht drei Schritte von ,,mir auf unserm rechten Flügel. Eine Kugel schlägt zwi ,,schen uns und ihm ein . Er sieht sich um , ob wir ruhig ,,aussehen. York nimmt die Doſe aus der། Tasche, macht ,,ſie auf, nimmt eine Priſe in die Hand , verwahrt die Dose,
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,,vergißt aber, die Prise in die Nase zu stecken.
Die
,,,,Kerle sollen sich doch wundern ! Laſſen Sie doch, sprach er ,,,,zu einem Adjutanten , die schwere Artillerie kommen ! " Im Hurrah kam sie jest an. Wir müssen sie decken , und es fing ein Kanonenfeuer an , das seines gleichen nicht findet. Stets brauste der Tod über unsere Köpfe. Die Kugeln schlu gen häufig ins Regiment ein. Wir zogen uns rechts und links , doch alles vergebens . Es wird kommandirt : in ein Glied! damit nicht eine Kugel mehr , als einen oder zwei Mann tråfe. Bei der Jägereskadron wird ein Pferd getöd tet. Nach mehreren schweren Stunden schweigen endlich die Batterien. Wo der Rauch sich etwas vertheilte , sahen wir die Franzosen auf Leipzig zurück gehen.
Unsere Kavallerie
geht jezt vor. Bald kommen wir an ein Quarré.
Es wird
übergeritten. York ist in unsrer Nähe und ruft : „ dort euer Weizen ! " Halb rechts wieder ein Quarré, Ein schreckliches Gewehrfeuer.
Das Quarré zieht sich in den
Wald zurück. Ich bekomme einen Schuß in den Urm, glaube ihn anfangs zerschmettert.
,,Jeht geht es auf ein Quarré,
,,welches links steht. Die Hälfte deſſelben wird niederge= ,,hauen , die andere , die über einen Hohlweg ging , giebt ein ,,schreckliches Feuer. Die Nacht macht dem Kampf ein Ende. ,,Mit Entzücken rufen die Truppen in der frühern Position ,,des Feindes ein Hurrah. Wir gehen über das mit Tod ,,ten bedeckte Schlachtfeld zurück. Furchtbares Aechzen der ,,Verwundeten. Das Regiment, geht bei dem brennenden #CY ,,Möckern in einen Bivouak.". Mit Beziehung auf dieſe Tagebuchſkizzen und nament lich auf die Worte : „ Sie kann nichts gegen die stärkere fran zösische Artillerie richten " so wie nachher auf die Worte: ,,Im Hurrah kam sie an bis zu denen : „ Unsere Kaval ,,lerie geht voric. " macht nun der bezeichnete Augen
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zeuge in der brieflichen Mittheilung folgende ergänzende und berichtigende Zusäße. ,,Bei dieser Gelegenheit trat noch ein schöner aber blu
,,tiger Moment für die erste und die Jägereskadron ein. Die ,,preußische Infanterie greift Möckern an , wird dabei von ,,feindlicher Artillerie stark belästigt. Preußische Artillerie ,,foll jene zum Schweigen bringen. Zu dem Ende soll sie ,,eine Höhe bei Möckern besehen. Die erste Batterie , welche ,,auffährt , wird sofort demontirt. Da erhalten die Jäger ,,und erste Eskadron des Nationalkavallerie-Regiments den „ Befehl : ,,den Aufmarsch der nächstfolgenden Batterie zu ,,masquiren ! " Der Zweck und die Folgen dieses Mand „ vers waren voraus zu sehen. Der Befehl wurde mit Ruhe ,,und Entschlossenheit ausgeführt. Die Eskadrons empfin= ,,gen das der nachfolgenden Batterie zugedachte feindliche ,,Kartåtschenfeuer , diese aber erhielt Zeit aufzumarſchiren, ,,abzuprogen und zu richten. Nach dem dies geschah , gin= ,,gen die beiden Eskadrons mit links um wieder von der „Höhe herab zum Regimente. Das ganze Manöver wurde ,,im Trabe ausgeführt , dauerte also nur einige Minuten, ,,und doch betrug der Verlust der ersten Eskadron 16 Pferde ,,4 oder 5 Mann. Dieser Moment ist es ohne Zweifel , den ,,der Verfasser des Tagesbuchs an der bezeichneten Stelle ge= ,,meint hat." ,,Wenige Augenblicke später wurde ich selbst durch eine ,,Kartåtschenkugel verwundet und weiß daher vom weitern ,,Gange des Gefechts als Augenzeuge nichts zu sagen. " Mit großer Uebereinstimmung führen mehrere Kamera den von der ersten Eskadron in ihren mündlichen Erzählun gen folgendes an. Nachdem die Jägereskadron bei dem ers sten Angriffe auf die Reiterei rückwärts nach Befehl halten mußte und die erste Eskadron vordrang , war bald der tapfere
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und geliebte Rittmeister v. Norelli mit seinem raschen Pferde voraus in der Feindes Reihe , hieb sich herum, und rief, als später auf Befehl des Regimentschefs die 1. und Jågereska dron halten und sich richten mußte , und er umringt so in Gefahr war , seinen Getreuen zu : rettet mich , sonst bin ich verloren. Mehrere stürzten gegen Befehl hervor und befrei ten ihn. Einige bekamen Wunden. Der Elite Böhm em pfing eine Kopfwunde , verlor das Pferd , fiel und wurde nach Leipzig geschleppt , dort verbarg ihn ein Bürger. We nige Stunden , nachdem Leipzig am 19. erobert war , als die Schaaren den Feind nach Lügen verfolgten , wo zwei kom mandirte Regimentsgenossen durch das hallische Thor die öden mit Leichen bedeckte Straßen hinaufgehen , ruft ihnen Böhm aus dem dritten Stockwerk mit verbundenem Kopfe zu und nennt ihre Namen. Sie sehen erstaunt auf und er kennen den geretteten lieben Gefährten . Von der Jagereskadron erhielt der Oberjäger Horn einen Säbelhieb am Kopfe , der Jäger Huwe eine Flintens kugel in den Arm , die glücklicherweise aus weiter Entfernung den Arm nicht zerschmetterte , sondern nur verleßte und von ihm zum Andenken aufbewahrt wurde. Die Kanonenkugeln brachten ihr außer dem Verlust eines Pferdes keinen andern, dagegen mehr den andern Schwadronen.
Alle zusammen
hatten , nachdem beim jeßigen Gardehusarenregiment vor denen Nachrichten einen Verlust von 17 Todten und 11 Ver፡ wundeten. Er ist geringe zu nennen , bei der langen Dauer des Kanonenfeuers und der mehrmaligen Angriffe besonders auf die Fußvolksvierecke. Bei einem derselben auf eins von französischen Marinesoldaten hörte einer meiner Freunde, der dicht hinter dem Regimentschef ritt, ihn die Worte sagen: ,,Herr Gott , was ist das für ein Feuer ! " Allerdings war das Feuer gewaltig.
Von der zweiten Eskadron ward der 6
82 bereits zum Offizier vorgeschlagene Unteroffizier Hunds= dörfer erschossen , der Rittmeister v. Keudell starb schwer verwundet in Schkeudig , Hier auch ein gewiffer Naber , ein tüchtiger Kamerad , dem eine Flintenkugel durch den Riemen der Kartouche in die Brust gedrungen war , den ein fächsischer Landman auf einem Karren zurückbrachte. Eine noch beim Gardehusarenregimente erhaltene Liste über den Verlust der 4. Eskadron am 16. Oktober giebt ihn an aufſieben Todte und zwar Wild sberg , Brettschnei der, Folger , Passarge , Barkowski , Abrolatis , Burchard, drei schwer verwundete und zwar Dickes , Diekert und Schliewe , und 24 Pferde , worunter zwei des Lieutenants Kienis. Von andern Schwadronen fehlen die beſondern Nach richten. Von der 1. Eskadron empfing Hasford II. eine leichte Wunde. Lieutenant v. Hülleſſem wurde an der Hand verwundet. Bei dem trefflichen Geiſte in den Rei hen des Regiments hatte fast jeder sehr brav gefochten. Doch alle preußischen Regimente fochten tapfer in jenem Kampfe, wenn sie nur tapfer und richtig geführt wurden. Ueber Aus zeichnung durch das eiserne Kreuz für diese und andere Schlachten und Gefechte geben drei , dieser Schrift als Bei lage beigefügte Liſten Auskunft. Die Verwundeten wurden nach Schkeudig und Halle gebracht, wo man ſie liebreich aufnahm und pflegte. Nicht leicht von einer Stadt konnten die Bewohner von Halle in den Aeußerungen ihrer Freude über ihre Wiedervereini ´gung mit Preußen überboten werden. Mit dem Ausdruck der freudigsten Regung hörte ich auf der Straße eine Mutter zu einem lieblichen Kinde auf dem Arme die Worte sagen : soulst mir auch einmal ein recht braver Preuße werden ! Möge ihr Wort erfüllt sein !
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Klein war Yorks Heerschaar nach dem blutigen Tage. Von den mehr als 38,000 Mann , die am Zobten in Schle fien vor dem Monarchen gemustert wurden , waren 13,000 unter den Waffen übrig. Ueber 5,500 Mann an Todten und Verwundeten hatte der blutige Tag gekostet. Einen Hügel bei Möckern deckten Leichen , als hätte man eine Py ramide von menschlichen Leibern errichten wollen. Nähere Schilderungen hierüber gehören aber nicht in den Kreis die ser Blätter. Am 17. Oktober griff Napoleon zu ſeinem Schaden nicht an. Am 18. stand unser Armeekorps in Reserve , und die übergegangenen Sachsen traten zu ihm. Am Abende nach dem 16. Oktober lagerte das Regiment, wie es oben die Tagebuchsnachricht angab , in der Nähe von Möckern. ❤ Mitten in den furchtbaren Ernst tritt das Scherzhafte. Ein Jäger ritt in der Schlacht und auf den vorherge= henden Märschen eine tragende Stute. Das brave Thier, das er , ohne den Zuſtand zu wiſſen , von der Heimath mit genommen , warf am Abende auf dem Lagerplaße ein leben diges Füllen , das getödtet wurde. Der Jäger , ein wackerer Kamerad , wurde von uns im traulichen Scherze die Mutter genannt , und seinem Na men dann nach plattdeutsch die Silbe „ sche " angehångt. Das treue Pferd trug ihn durch Gefechte und Mårſche ge= fund zur Heimath. Im Regimente vom Anfange vorhandene und begrün dete Verstimmungen fanden nach dem Haltkommando der Jägerſchwadron , dem Angriffe und Vordringen des tapfern und geliebten Rittmeisters v. Norelli neue Nahrung und ihren Brennpunkt in einem Briefe des Oberjägers Eng wer an General v. York. 6*
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Die Sache lebt in der Erinnerung der Kameraden, deren Meinungen und Urtheile über sie längst sich feststellten.
X.
Skizzen eines Freiwilligen , über seine Theilnahme an der Völ ker-Schlacht bei Leipzig am 16. Oktober 1813 und deren Vorgefechten, die er als Unteroffizier und Zugführer im Ost preußischen National-Kavallerie Regimente mitgemacht hat. Aus der Erinnerung niedergeschrieben. Nachdem die Vorposten aus der Avantgarde des v. Yorkschen Armee- Corps unter dem Obersten v. Kagler in der Gegend von Deligsch mit polnischen Uhlanen einige Ge fechte bestanden und dabei die Probe eines hartnäckigen wohl berittenen Feindes gemacht hatten , bezog unser Regiment Nachmittags unter großer Vorsicht , seinen Bivouak am Mulde-Flusse, über welchen der Feind sich zurückgezogen und seine Vorposten långſt dem jenſeitigen Ufer aufgestellt hatte. Jäger des Ostpreußischen Bataillons diesseits und leichte In fanterie jenseits des Flusses stellten sich einander gegenüber und wechselten von Zeit zu Zeit einige Schüsse , welche in der Nacht unsern Schlaf nach schwerer Ermüdung ver scheuchten. Am folgenden Morgen war der Feind vom Mulde-Ufer zurückgegangen , und wir zogen rechts ab , dem Ufer entlang, bis zu einer Fuhrt dieses Fluſſes , durch welche zwei Bauern zu Pferde unsere Reiter-Kolonne führten . Die seichte Stelle bildete einen Haken im Strome , erst stromab , und dann jenseits stromauf. Das Wasser ging denen , welche die Stelle gut trafen und große Pferde ritten bis in die Mitte des Sattels , andere mußten schwimmen , und einige gerie
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then sogar in Lebensgefahr ; doch kamen alle glücklich hinüber. Ein rascher Ritt im Trabe erwärmte die erstarrten Glieder an Reitern und Pferden , und führte bald auf die Spur des Feindes , der heftig verfolgt wurde und durch Zurücklaffung von 12 gefangenen sächsischen Kürassieren seinen Tribut ge= ben mußte. Der Marsch zog sich weiter rechts , ohne auf Feinde zu stoßen , mehre Tage hin und her , bis in die Gegend von Halle , wo der Stab und mehre Infanterie-Regimenter ein quartirt , der Avantgarde , darin auch unserm Regimente, aber das Nachtlager im Angesichte des Petersberges angewie fen wurde. Die Sage verbreitete sich : Napoleon rücke mit Macht über Düben und Torgau auf Berlin , und uns wäre die gefährliche Aufgabe , ihm in den Rücken zu fallen.
Um 13. Oktober zog unser Regiment als Avantgarde vorwärts bis über Schkeudig hinaus , an dessen Gårten und Scheunen sein Bivouak lehnte. Der Feind follte ganz in der Nähe , in unserer linken Flanke stehen , daher unſeren ausgestellten Vor- und Wachtposten ganz besondere Auf merksamkeit empfohlen ward , und ein Theil die Pferde an der Hand und unterm Zaume hielt. Um Tage darauf, am 14. rückte das Regiment früh aus , und sendete mehre Pa trouillen dem Feinde entgegen. Referent erhielt die Führung einer solchen von 6 Mann , um auf Lindenthal vorzugehen, Nachrichten über Beschaffenheit und Stärke des Feindes zu suchen , auch Erkundigungen nach den russischen Vorposten einzuziehen. Gleichzeitig ritten andere Patrouillen auf Ra defeld , Eutrisch und Leipzig ab. Die Meldungen sollten auf einer bezeichneten Höhe , eine Stunde vorwärts Schkeu dig , abgegeben werden. Referent trabte seiner Richtung nach durch zwei kleine Dörfer bis nach Lindenthal , einem großen Dorfe , durch welches sich ein Bach mit einer Brücke
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zieht.
Hier war der Feind zwei Schwadronen Badensche
Dragoner und etwas Infanterie ſtark Vormittags auf Wie derißsch zu abgezogen. Jenseits des Dorfes zeigte sich an der Forst noch eine Kavallerie-Patrouille und weiter zurück stand ein großer Wachtposten auf einer Anhöhe abgesessen. Die Truppen sollen zum Corps des Marschall Marmont ge hören und dessen Hauptquartier vorige Nacht zu Wiederißſch gewesen sein , wohin ein Bauer des Dorfes einen Offizier als Bote hätte führen müssen. Diese Nachrichten gab ein , am Eingange des Dorfes wohnender Forstbeamter , der nebenbei noch meiner Mann schaft , einige Lebensmittel ----- angeblich die lehten ― - dar= reichte , und überhaupt lebhafte Theilnahme für die Sache der Alliirten bezeugte. Da meine Mission erfüllt und an weiteres Vorreiten nicht zu denken war , so kehrte ich auf dem Herwege wieder zurück , traf unsern Kommandeur Gra der fen Lehndorf auf dem bestimmten Rendezvous. Höhe bei Lütschena- und gab die eingezogenen Nachrichten ab , welche durch eine Ordonanz ſogleich an den Obersten v. Kasler gesendet wurden. Die Mannschaft der Patrouille schloß sich der hier auf gestellten 3. Schwadron des Regiments an ; mich selbst be= fehligte der Kommandeur , bei ihm zu bleiben , um zu an dern Geschäften gebraucht zu werden . Leßtere bestanden darin : vorwärts im Bereiche der ausgestellten Vedetten auf einer Höhe links von dem Vorwerk Sta'meln zu halten und dem mit seiner Schwadron daselbst erwarteten Rittmei ster v. Norelli die Instruktionen für Ausstellung der neuen Vedetten und Piquets bei Wahren mitzutheilen. Zur größern Sicherheit des Auftrages ward auch der nachmalige Regiments-Adjudant auf demſelben Punkt und mit derselben Instruktion für den ankommenden Rittmeister aufgestellt.
87 . Der Abend brach an , immer dunkler wird es , der er wartete Truppentheil kommt nicht. Wir beide auf dem Berge wechſeln uns mit Hin- und Herreiten ab , können aber nichts entdecken. Von unten herauf lächeln freundlich die Lichter des Vorwerks Stameln , wo ein Vorposten- Piquet der Bran denburgischen Husaren feinen Sig hat. Der Feind war Mit tags von hier nach Wahren zurückgegangen , und noch von unserm erwarteten Kommando nichts erschienen. Der Wirth schafter des Vorwerks bietet eine kleine Erfrischung , und ich ersuche ihn , um meinem Erscheinen Wichtigkeit zu geben, für 150 Mann Essen und eben so viel Pferde Futter bereit zu halten. Zurückgekehrt auf meinen Posten , reitet mein Wachtkamerad aus, vernimmt endlich rückwärts nach Schkeu dig zu das Getrappel der anrückenden Schwadron , an deren Spize Graf L. selbst sich befand , und kommt mich abzuru fen, da die Instruktion nunmehr unmittelbar ertheilt wer den soll. Der Komandeur empfängt uns mit Bedauern über unsere vermeinte Erschöpfung und unter Unwillen über einen bereits bestraften Patrouillenführer , welcher dem Norelli schen Komando einen unrechten Weg gezeigt , und einen Um weg von einer Stunde zugezogen hatte. Ein dargebotener gemüthlicher Trunk aus seiner Feldflasche sollte uns mit dem erlittenen Geschick versöhnen. Rittmeister v. Norelli , eintretender Befehlshaber der neuen Vorposten nimmt seinen Bivouak dicht am Vorwerk Stameln , und meine Mittheilung , daß ich hier für 150 Ka= valleristen Essen und Futter bestellt , freundlich auf. Für sich, seine Pferde und einige Begünstigte wählt er das Quar tier in dem Vorwerkshause selbst , und gestattete auch mir diesen Vortheil. Aus Nachrichten vom linken Elster-Ufer hatte er die Kunde , daß die große Armee jenseits Leipzig bei Wachau ein mörderisches Gefecht begonnen und schloß aus
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Beobachtung des zu Abend lauter gewordenen Kanonendon ners auf glücklichen Ausgang für die Alliirten , aber auch auf desto größere Gefahr für uns diesseits , da sich leicht der Feind über uns herwerfen könne , um die Brücke bei Halle zum Rückzuge zu gewinnen. Unser gefälliger Hauswirth Pächter oder Inspektor - v . Einsiedel , gab alles eines Herrn - wo ich nicht irre —
her , was er hatte , um seine Schaar hungriger Gäste zu bes friedigen.
Der lehte Rest einer großen Schafheerde brodelte
mit Gemüse in Töpfen und Kesseln , und Trachten kräftiger Hammelssuppe und Keulen wanderten die Anhöhe zum Bi vouak hinauf. Die heiterste Laune fand sich im Lager ein, nachdem auch die Fourageurs hinreichend Heu und Hafer den Pferden zugeführt hatten. Man sprach viel über die näch sten Tage der großen Entscheidung und zweifelte schon nicht mehr an ihrem glücklichen Ausgang. Ermüdung der vorigen Märsche und der fröhlich durch wachten Nacht brachte am folgenden Morgen den 15. bis um 10 Uhr Morgens im Lager draußen und auf dem Hofe einige Stille, die nur durch die ankommenden und abgehenden Patrouillen und Ablösungen unterbrochen ward. Schon rich teten sich wieder gefüllte Fleischkessel zum Mittage ein , als plöglich ein Flintenknall aus dem im Garten tief gelegenen Elster-Thale zum Hofe herauf drang. Wir Bewohner des Hofes kamen zum Theil nur mit ungezäumten Pferden ins Freie hinaus , wohin die schnell aufgestellte Piquet-Schwa= dron entgegenrückt , und die Vorposten sich plånkelnd zurück ziehn. Ein feindliches Infanterie Detachement hatte sich längs der Sohle des Elſter-Ufers den obenſtehenden Vedetten entzogen und so bis an den Garten herangeschlichen. Sofort begann ein Vorposten-Gefecht in verſchiedenen kleinen Ab theilungen unseres und anderer Regimenter.
Die feindliche
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Infanterie nahm unser Quartier und unsere Fleischtöpfe und unterstüßte vorrückend ihre anrückende Kavallerie. Etwa um 3 Uhr Nachmittags überkam Referent die Vertheidigung eines Punktes mit 16 Pferden , die sich rechts und links an Abtheilungen des schwarzen Husaren und Brandenburgschen Ulanen-Regiments anschlossen. Die Instruktion lautete mit der etwa 800 Schritt dahinter aufgestellten Schwadron auf gleicher Distance allmålig zurückzugehn.
Das Terrain iſt
durchbrochen ; am Abfalle hinter einer Höhe fassen wir Posto und eröffnen ein lebhaftes Pistolenfeuer und einige Chok's gegen den nachrückenden Feind ; wobei sich vornehmlich ein National Kavallerist , Volkmann , durch kecken Muth auszeichnete.
Der Feind bezeigt keine besondere Lust zum
Verfolgen , wird aber durch Verstärkung jedes Reiterpostens mit 1 bis 2 Infanteristen sehr låstig.
Ein Mann meines
Komando's , Kavallerist Fuchs , sinkt durch die Brust ges schossen vom Pferde ; einem andern wird der Arm bleſſirt, mir selbst die Lanze über der Schulter abgeschossen , ohne diese sehr zu alteriren. Die Posten rechts und links ziehen sich zurück , hinter uns bleibt die Schwadron und ich auf meinem Vertheidigungspunkte.
Alle Patronen 20 Stück
pr. Mann sind verschossen. Vom benachbarten Husaren Piquet werden 10 Stück pr. Mann mir nachgeschickt. Da auch diese zu Ende gehn , so verabfolgt ein angerücktes In fanterie Detachement noch 140 Stück Flinten Patronen , die so gut es geht , in die Pistolen eingepfropft werden , und eine meiner Pistolen in der Hand zersprengen . Endlich bringt mir ein Abgeordneter unserer Schwadron Graf Kalnein den Befehl , sofort zurückzugehn , da selbige schon eine Vier telmeile zurückgegangen sei.
Ich hatte im Eifer des Ge
fechts ein hinter uns zu unserm Schuge aufgestelltes Bran denburgsches Ulanen-Piquet für unsere Schwadron gehalten
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und darum mich geirrt.
Bei unserm Rückgange zog sich auch der Feind zurück und das hinter mir aufgestellte Ulanen Detachement ging mit einem Husaren-Piquet links von Stameln aufWahren vor. Angekommen bei unserer Schwa dron empfing mein Komando das Lob der Bravour , ich aber den Vorwurf, die Instruktion nicht befolgt zu haben , doch aber wegen meines Verkennens des hinter uns aufgestellten Trupps Entschuldigung. Die erste und Jägerſchwadron unseres Regiments be= zog Abends den 15. unsern gestrigen Lagerplah bei Stameln, das übrige Regiment rückte an ein links gelegenes Dörfchen ; unsere heutigen Vorposten waren etwa eine Viertelmeile vor warts aufgestellt. Unſer Quartier hatte durch den eingerückten Feind ſehr gelitten , und war aller Lebensmittel beraubt.
Wir richteten
uns zur Nacht so gut wie möglich ein , und fanden in den Gebäuden Schuß gegen die regnigte und windige Nacht, welche die Bivouak-Feuer nicht aufkommen ließ , während die Hälfte des Kommando's draußen wachte. war nicht zu denken.
An Schlaf
Alles rüstete sich durch Instandsehung
der Waffen und Schärfen der Säbel und Lanzenspißen sorg fältig zum nächsten Tage großer Entſcheidung. Der Morgen brachte besser Wetter und war den Vorbe reitungen zur Schlacht günstig *) . Bald forderte ein einge gangener Befehl das Zuſammengehn und Vorrücken des gan zen Regiments.
Wir wendeten uns links , unſere gestrige
*) Freunde kamen zuſammen und nahmen von einander Abſchied. Besonders schmerzlich durch die Folge stellte sich der von einem sehr lieben akademischen Genoffen Carl Baczko , Lieutenant im litt. Dra goner-Regimente und seine Frage : Wer von uns beiden wird den Abend erleben ? " Er siel von einer Kugel , die die Schulter, Hals und Bein getroffen und starb nach 12 Tagen im Lazareth zu Halle.
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Stellung im Rücken , und sahen wie sich in dieser Rich tung die ganze Avantgarde , Kavallerie , Artillerie und In fanterie neben und hinter uns formirte , während im Hinter grunde von Schkendiß her ſich über die Höhen von Lüßſchena große Kolonnen nachrückender Infanterie und Artillerie da her wälzten . Etwa um 10 Uhr zeigt sich
Meile von unserer linken
Flanke vor dem Dorfe Eutrißsch ein Wald feindlicher Bajo nette auch Kavallerie und Artillerie.
Unserm Regimente
wird die Ehre des ersten Angriffs zu Theil.
An die Pferde!
,,Aufgesessen" ! Marsch ! Trab ! Gallop ! Fanfaro ! folgen schnell auf einander und sehen unsere Pferde außer Athem, noch ehe wir zum Feinde (Badensche Küraffier oder Drago ner) gelangen. Rasch schickt dieser eine ansehnliche Reiter kolonne vor seinen Geschüßen entgegen.
Da erhält unser
von der Jägerſchwadron gebildeter rechte Flügel ein langſame= res Tempo , es wird Trab , Schritt , Halt. Die anstoßende erste Schwadron und darauf folgende zweite werden irre, neh men eine schräge Stellung , den linken Flügel vor , kommen in Unordnung und der davorsprengende Regiments-Koman deur ruft einige Flüche , dann Halt ! Richt Euch ! und : Regiment kehrt , während der um 50 Schritt voraufge= sprengte Führer unserer Schwadron, Rittmeister v. Norelli sich schon mit dem feindlichen Heerführer im Kampfe mist; Schwadron Marsch ! Marsch ! und dann rettet mich , ich bin verloren ! ruft er aus dem Feindes Getümmel . Einige, ihm Ergebene , darunter Böhm , Schwink , Niederståtter, Haßford der jüngere *) und Pianka mir namentlich erinner lich sind, sprengen vor, Böhm sticht einen Reiter vom Pferde, andere thun ähnliches , mein Såbel verſucht einen feindlichen
*) Gegenwärtig lauter hochgestellte Männer.
92 Arm _c kurz es gelingt uns den geliebten Rittmeiſter loszu Hauen , aber unserer drei büßen dafür, Pianka und noch einer sinken vom Pferde und sind für immer verschwunden. Böhm stürzt , auf der Rückkehr mit seinem angeschossenen Pferde und fällt gleichfalls unter feindlichen Såbeln *) . Der Angriff ist in vollem Rückzuge , wird aber von den als Reserve zu rückgebliebenen und in schönster Haltung trabend vorrücken den 3. und 4. Schwadron gedeckt , ein Theil der Flüchtigen schließt sich diesen an , der Feind macht Kehrt , verliert mehre Gefangene und öffnet sich plöglich vor einer Infanterie Colonne , und deren zwei Geſchüßen , die mit dem Hagel zweier Salven unsere Linien zerstückeln und uns zur eiligen Umkehr zwingen. Die Kugeln fielen und pfiffen . so dicht, daß darüber der Donner der Salven nicht zu hören war. Eine dritte nachgeschickte Salve traf uns schon außer dem Kugelbereich ; aber manches Opfer war todt oder verwundet zurückgeblieben , und legtere erfüllten durch vernehmbares Jammergeſchrei unsere Herzen mit Wemuth. Der Feind verfolgte nicht weiter, ging noch mehr zurück. und eröffnete aus Feldschanzen bei Eutritsch gegen die nach rückenden Angreifer ein mörderisches Geschüßfeuer. Wir ſammelten und ordneten uns und wurden sofort zur Decks ung zweier rechts von uns angefahrenen schweren Batterien. aufgestellt.
Ein mörderisches Feuer beschüttete die feindlis
chen Schanzen, deren 24 - Pfünder die Antwort nicht schul dig blieben , und mehrere Geſchüße unſererseits, ſo wie mehre Reihen unserer Linie demontirten. Nach Verlauf einer gu ten Stunde verließ der Feind seine Schanzen , unsere Artil lerie und ihre Bedeckung ging im Hurrah nach und aus erſte=
*) Er wurde, von vielen Hieben schwer verwundet , nach Leip zig geschleppt und hier bei Eroberung dieser Stadt wieder befreit.
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rer rief ein Offizier so bringt unser Geschüß die franzósí schen 24-Pfünder zum Schweigen ! " Die unvertheidigten Schanzen sind eingenommen und zeigen in ihrem innern Raume die Spuren der Verwüstung durch unser Geſchüß. Der Feind zog sich zurück rechts nach Möckern zu und stellt eine unabsehbare Geſchüßreihe auf; die unsrige , gegenüber aufgefahren , blieb ihr an Zahl und Wirkung nichts schuldig. Unser Regiment zog an diesem Mähefelde des Todes vorüber und empfing seine Stellung links von der nach Möckern füh renden Chauffee , gegenüber einem mit 2 feindlichen Batte rien beseßten Kohlfelde. Eine tiefliegende , trockene Wiese trennte uns von der feindlichen Kavallerie , die im Schuße des Berges die dortigen Geſchüße deckte.
Uns zur Rechten
ſprühte eine diesseits aufgefahrene Batterie gegenüber Ver derben , und in ihrem Schuße rückte unsere Infanterie (Bri gade Herzog Karl von Mecklenburg 1. und 2. Ostpreußisches Infanterie Regiment) mit klingendem Spiel die Chauſſee da her bis in den vor uns liegenden ziemlich geschüßten Wiesen grund , wo sie sich ordnete , ihre Regiments Musik in vollem Spiel zurückließ und den Berg hinan auf ein jenseits liegen des stark beseßtes Ziegel-Etabliſſement vor Möckern , mitten durch das Flankenfeuer der feindlichen Kartätschen anstürmte. Drei Kolonnen waren schon vorangegangen und nur in zer riffenen Fehen zurückgekommen. Die Bataillone der beiden Regimenter hatten bereits alle ihre Offiziere verloren -- da gelang es einem tapfern Feldwebel - nach andern Nach richtenHautboisten
Remer mit einem Häuflein bis zum
ersten Ziegelhaufen zu dringen ; sich hier festzusehen und den Nachstürmenden einen Haltpunkt zu schaffen. Die Ziegel scheune ward genommen und richtete ihr Verderben nun ge gen den im Dorfe stehenden Feind , in welches unsere davor aufgefahrene Artillerie große Lücken und Brand eingeſchoffen
94 hatte. Einem schlesischen Landwehr Bataillon - Wedel gelang zuerst der Todtenmarſch von der Ziegelſcheune bis ins Dorf, fein Kommandeur und deſſen Adjudant hatten es mit dem Leben bezahlt. Die neu angerückte 7. und 8. Brigade festen nun rasch die Blutarbeit im Dorfe fort und beendig ten sie nach anhaltendem schrecklichen Kampfe durch Erobe rung des ganzen Dorfes.
Unser Regiment hatte auf dieſem
interessanten Punkte keine zu gefährliche Stelle. Wurf und Laufgeschüß ging von jenem Kohlfelde über unsere Häupter weg in die Masse des hinter uns stehenden zweiten Treffens Die vor uns arbeitenden feindlichen Batterien hatten es mit ihren Kartåtschen hauptsächlich auf die anſtürmende Infan terie abgesehn , nur einige Kartåtſchenkugeln trafen in unsere Pferde. Dann wurden wir aber durch Brandenburgsche und Mecklenburgsche Huſaren abgelöſet, und mußten wieder mehr links dem vorhin beschriebenen Todtenfelde gegenüber Stel Hier trafen die Kugeln auch unsere Reihen und gaben den Anblick mancher gråßlichen Verstümmelun gen *). Der einzige Subalternoffizier unserer Schwadron Lieutenant v. Hüllesem , Führer des dritten Zuges , ward
lung nehmen.
von einem Granatenstück in den rechten Arm getroffen, und in dem ihm der Säbel unter den Worten : ,,ich habe genug" ent fiel zurückgebracht. Das Kanonenfeuer wüthete hüben und drů ben so fürchterlich , daß die einzelnen Schläge ſich nicht mehr unterscheiden1 ließen , und alles im fürchterlichen Gebrülle sich auflösete. Alles befand sich in starrer Spannung und außer dem Geschüßdonner vernahm man keinen Laut. Der
*) So stürzte ein junger Mensch von seinem getödteten Pferde und lief auf Rittmeister v. Norelli los . Der Leib war ihm auf gerissen , die Eingeweide zur Erde gefallen und schleppten nach , bis er mit fürchterlich verzerrtem Gesichte vor der Front zuſammenſank.
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Regimentsführer ritt ab und zu , auch wohl vom Regimente ganz weg , um umher zu spåhen , während die Rittmeister als eiserne Säulen vor ihren Schwadronen , die Zugführer vor ihren Abtheilungen unbeweglich hielten. Nach mehren unglücklich eingeschlagenen Kugeln läßt ein eingegangener Befehl die beiden Glieder der Schwadronen in eines ausdeh nen. Da hålt , uns zur Rechten , auch mitten im heftigsten Kugelregen General v. York und nimmt ruhig ſeine ſchon gefaßte Prise , als eben eine und gleich darauf eine zweite Kugel in sein Gefolge einschlägt , und mehre Personen töd tet; reitet dann die ganze ausgedehnte Kavallerie Front ruhig entlang und läßt unsern in seinem Gefolge daher reitenden Regiments-Kommandeur , nach einigen gewechselten Wor ten , vor dem Regimente zurück. Von uns zieht der Kom mandirende zum links anstoßenden Brandenburgschen Ula nen- und dann vor dem littauischen Dragoner-Regimente hin , wo er halten bleibt.
Nur dann und wann öffnen sich
die gegenüberstehenden Feuer und Rauchsäulen und lassen hinter sich unabsehbare feindliche Infanteriekolonnen er blicken , die sich alle auf Möckern hinwälzen.
Da entsteht
eine plögliche Bewegung , die Regimenter ordnen ihre beiden Glieder , Adjutanten, Ordonanzen fliegen hin und her, rechts brechen zwei oder mehr Regimenter *) bei der Ziegelscheune vor, sprengen die Kavallerie Bedeckung der nächsten feindli chen Batterien zurück und in diese selbst hinein. Da dröhnt plöglich die ganze übrige Kavallerielinie (sechs Regimenter) im schrecklichsten Getümmel vor ; ehe man sich versieht , find wir zwischen den feindlichen Geschüßen und den sich auflösen den Infanterie-Kolonnen. Uns entgegen kommen die preußi
*) Es waren die 3 Huſaren-Regimenter, das Brandenburgsche, Mecklenburgsche und schwarze.
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schen Husarenregimenter zurück , geworfen vom Feuerregen der ehernen feindlichen Infanterie-Mauern , aber auch diese rollen sich in dem Getümmel auf. Ein Gemehel von Mann gegen Mann , Kavallerie gegen Infanterie , Såbel gegen Bajonett wüthet ; das Schlachtfeld ist unser und mit Leichen und Verwundeten der Feinde bedeckt.
Aber plöhlich erheben .
sich die Leichen; das blos niedergeworfene , seine Offiziere be deckende Fußvolk steht auf, sammelt sich und schickt seine Ku geln dem Kavallerie- Getümmel nach. Es wird zum Sam meln geblasen , die Reihen ordnen ſich ſchwadronsweise , hal ten jenseits des Schlachtfeldes die Fronte gegen die wieder aufstehende feindliche Infanterie gekehrt , und die hinter uns nachgefahrene Reserve-Artillerie des Russischen v. Sacken= schen Corps räumt mit Kartätſchen in dem Getümmel auf. Da sinkt noch der Kommandeur unserer zweiten Eskadron, Rittmeister v. Keudell und ein Offizier dieser Schwadron, jener in der Lende , dieser durch den Leib geschossen ; beide bezahlen mit dem Leben die schöne Waffenthat. Dunkelheit bricht an , unten an dem mit Gebüsch bewachsenen Bache vor Gohlis rücken geschlossene Infanterie - Kolonnen vor. Marsch! Marsch ! erklingt es , vorwärts stürmt das Meck lenburgsche Husaren-Regiment.
In der Meinung , das
Kommando káme aus unserm Regimente , schließe ich meinen Bug (1. 3ug der 1. Schwadron) den Stürmenden an , bis vor der feindlichen Infanterie. Dieſe giebt aber ihr geschlof ſenes Gliederfeuer und abermals geht die angreifende Kaval lerie zurück.
Da werde ich erst gewahr , daß nur Einige un
seres Regiments mit mir find. Wir gehen zurück , das Re giment zu suchen; finden es aber nicht mehr an der Stelle, wo wir es verließen.
Ruhe tritt unterdeß ein , der Feind
zieht sich zurück über die Brücke des Gebüsches und hält diese stark besest. Unsererseits werden von den Husaren Vedetten
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ausgestellt , und tiefe Stille folgt auf das Gebrülle des Ta ges , während tausende von Wachtfeuern , und ein ganzes Flammenmeer nah und fern brennender Dörfer sich ringsum aus der Dunkelheit erheben. Mein Weg ging noch weiter rückwärts dem brennenden Dorfe Möckern zu. Da stoßen wir auffranzösische Verwundete. Ich und einer meiner Ka= meraden laden jeder einen auf sein Pferd , wenige Schritte darauf noch einen zweiten , da rufen aber bald 10 , 20 wim mernde Stimmen um Hülfe und immer mehr , als wir den Weg erreichen, und näher auf Möckern kommen. Hier zeigt es sich , daß unsere aus Möckern vorgedrungene Infanterie nicht müßig gewesen ist , und ganze Glieder Feinde niederge= streckt hat. Bald rufen auch deutſche vaterländische Stim men um Hülfe , und schelten unsern Philantropismus , der über die Franzosen die eignen Landsleute versäume.
Wir
machen zwar den Versuch , unsere Bürde gegen eine vater ländische zu vertauschen , aber das klägliche Bitten der ersten unterstüßt die Stimme der Menschlichkeit ; wir behalten sie und bringen sie zum Dorfe , wo an einem großen Feuer Chirurgen Freunde und Feinde verbinden. Mein Zug hatte sich über unsere philantropischen Ver suche ganz vereinzelt und mich allein zurückgelassen. Ich irrte noch eine Zeitlang unter Todten und Verwundeten neben dem Dorfe einher, mußte aber das Auffinden des Regiments aufgeben , ließ mich bei einem Artillerie Wachtfeuer nieder, suchte dem erschöpften Pferde noch seinen Hafervorrath , mir selbst ein Stück Brodt aus dem Schnappsack hervor , und ſank nach heißem Dankgebete gegen Gott in stärkenden Schlummer. Die klar aufgehende Sonne des folgenden Morgens (17.) beleuchtete das vorliegende große Schlachtfeld mit ſei nen unzähligen Leichen von Freund und Feind. Im Dorfe 7
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Möckern selbst , auf dem Wege dahin , in der Ziegelscheune und um sie herum lagen die Todten buchstäblich so dicht , daß erst eine Gasse für die vorübergehenden Russen aufgeräumt werden mußte. Im Dorfe gab es keine Stube , Stall oder Scheune , ohne Todte ; in einer kleinen Stube zählte ich deren 8 unter Bajonettstichen gefallener Franzosen und Preu ßen. Von Einwohnern war niemand zu sehn , das ganze Dorflag in Rauch und Trümmern.
In den Kellern fan
den sich noch einige unversehrte Vorräthe , auch Lebensmittel, die aber schon mit anbrechendem Tage aufgeräumt wurden. Rings umher war tiefe Ruhe.
Weit vor uns hatten Kosa=
ken die Vorpostenlinie bis zur Höhe von Gohlis eingenom men und ein russisches Bataillon hielt an der Brücke , die gestern so standhaft vertheidigt ward .
Bald fand ich auch
unser vor dem Dorfe Möckern bivouakirendes Regiment und wurde von Freunden als Auferstandener begrüßt , denn man wollte mich gestern Abend schwer blessirt vom Pferde haben sinken sehn , und hatte mich unter die Todten gezählt. Im Lager beschäftigte sich Alles mit Herstellung und Reinigung der Armatur , Umſatteln , Füttern und Pußen der Pferde und Abkochen einer Mahlzeit. Gegen Mittag rückte das Regiment vorwärts bis zur Höhe von Gohlis wo es eine Stellung nahm , und Nachmittags mehre Fourageur Kommandos ausschickte , deren eines für die erste Schwadron ich erhielt. Mein Weg führte uns rückwärts nach Wah ―――― ren ein großes schönes Dorf -jezt eine Stätte des Jam mers. Hunderte von Verwundeten hatten es inne und jedes Haus und jeden Stall befeht.
Die Frage nach Lebensmit
teln ist vergebens , so freundlich sich auch die Einwohner ge= gen Geſunde und Kranke bezeigen. Endlich entdeckten meine Kommandirten in der mit verwundeten Offizieren bequartir ten Wassermühle 4 große fette Schweine, die trog aller Bitten
99 ihres Beſizers und alles Bedauern von meiner Seite, doch eine Beute meines erhaltenen Befehls werden . Der unter den Kommandirten befindliche Fleischer von Metier nimmt sie in Beschlag und bereitet sie zierlich für die Schwadron .
Wir
übrigen zogen noch weiter bis in die Gegend von Schkeudiß, schafften zwei Wagen , beluden sie mit Fourage und führten ihre Ladung mit den ausgeschlachteten Schweinen am Mor gen des 18. Oktober zur Schwadron bei Gohlis , wo der Transport mit Freuden empfangen und sofort vom Quartier meister detaillirt ward. Kaum aber kochte das Fleisch in den Töpfen : so hieß es die Hoffnung auf eine gute Suppe muß an die Pferde in den Sand gegossen , das halbgekochte Fleisch dem Speise Marsch! beutel einverleibt werden. Aufgesessen ! ― Kavalle feindlic Trab! tônt es weiter. Eine rieko he
lonne, von Schönfeld herkommend will vor unsern Augen mit Russischen Kosaken handgemein werden. Ein Theil bleibt zurück, der übrige zieht den Ruſſen entgegen und hålt vor denselben. Die Kommandeurs reichen sich die Hand , die Reiter begrüßen sich, ――――――――――――― Es waren zwei Sächsische Kaval lerie Regimenter , ein Huſaren und ein Ulanen Regiment, welche zu den Allirten übergingen und sich, während die Rus Wür sen die zurückgegangenen feindlichen Regimenter temberger - verfolgen , gegen uns wandten und die Be grüßungs-Scene noch herzlicher erneuerten. Statt des er warteten Blutaugenblicks war es eine Jubelscene , die augen blicklich mit gemeinschaftlichem Trunk aus ſparſam gefüllten Feldflaschen besiegelt wurde. Damit war unser heutiges Tagewerk zu Ende.
Die
beiden übergegangenen Regimenter wurden an das unsrige geschlossen und rückten mit uns rechts ab bis zur Höhe von Pfaffendorf einem großen Vorwerk an den Mauern von 7*
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Leipzig , das im heftigen Kampfe der Russen bereits in Feuer aufgegangen war. Das ganze v. Yorksche Corps breitete seine Stellung auf dem ausgedehnten Plateau zwischen Goh lis, Schönfeld und Leipzig als Reserve des um die Vorstädte Leipzigs kämpfenden v. Sacken schen Corps aus , und konnte hier ungehindert den in der Tiefe vor Leipzig wüthen den Kampf übersehn. Eine Menge verwundeter Russischer Offiziere wurde den Berg heraufgebracht , und von bereit stehenden Chirurgen verbunden. Ein durch den Leib geschos fener Infanterie-Oberst starb dabei. Gegen Abend waren die Vorstådte Leipzigs und das Vorwerk oder große viereckige Fabrik Etabliſſement Pfaffen dorf durch die Russen genommen ; die Schlacht als auf allen Punkten gewonnen und Napoleon mit dem Ueberreste seines Heeres in Leipzig eingeschlossen uns verkündigt . Wir freu ten uns schon Tages darauf die Besiegten vor uns vorbei ziehn zu sehn ; da kommt die Nachricht , das feindliche Heer habe den verlegten Paß bei Weißenfels forcirt , das Oester reichische Corps zurückgeschlagen und sich auf Weimar diri girt, zugleich aber auch Ordre für's v. Yorksche Corps, über Halle dem Feinde in die Flanque zu fallen. Unser Regi ment brach als Spiße der Avantgarde ſofort auf und mar schirte die Nacht hindurch über Möckern und Schkeudig auf Halle , in dessen Nähe ihm des Morgens eine kurze Rast und Fütterung gegönnt wurde. Ein verirrtes Hühnchen fand den Weg in den Topf meiner Corporalschaft und in einem Stückchen auch in meinen Magen. Dann ging es wieder vorwärts durch Halle über die Saale auf Lauchstädt. Bei ― Pfaffendorf ein Studenten-Verkehr — wird wieder Halt gemacht , und hier endlich vernommen , daß Leipzig erſtürmt, und Napoleon mit seinen Marschållen und seiner Arriergarde gefangen sei.
Der Gastwirth zu Pfaffendorf ordnet sogleich
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ein folennes Siegesmahl an , woran die Offiziere des Regi ments und mehre von ihnen Aufgenommene gegen schweres Geld Theil nehmen. Wir blieben die Nacht zusammen bis ein gefallener Kanonenschuß uns in die Morgendämmerung hinaus an die Pferde trieb und zum Aufbruch mahnte. Das Getümmel über den plöglichen Ruf zum Vorwärts in der Dunkelheit, brachte mich um meine vom Tisch ins Lager stroh gefallene Uhr; und blieb solche auch verloren , ohnge achtet meines Urlaubs-Ritts von Lauchstädt und meiner sorg fältigen Nachsuchung. Aermer um einen faſt unentbehrlichen Zeitmesser kam ich erst am folgenden Morgen den 21. Octo ber zum Regimente zurück, eben als unsere Schwadron bei Roßbach mit gegenüber stehenden Polnischen Ulanen schar muzirte. Hierher war nun auch die von mir schon in Lauch stådt vernommene Berichtigung unserer Pfaffendorfschen Nachrichten eingegangen , welche jene in der Hauptsache be stätigte , die Gefangennehmung Napoleons aber mit der des Königs von Sachſen vertauſchte und den geschehenen Einzug der verbündeten Monarchen in Leipzig meldete.
XI. Das Regiment geht mit dem Korps von York zum Abſchneiden des Feindes über die Saale an die Unstrut. Gefechte bei Roßbuch und bei Freiburg. Märsche bis an den Rhein. Umstellung von Kaſſel , Heerſchau bei Wiesbaden , Erho lungsquartiere. Die Völkerschlacht war geschlagen , ein großer Sieg mit noch größerm Erfolge erkämpft. Deutſchland war frei , Na poleon im vollem Rückzuge mußte deſſen Boden verlaſſen. Eine kräftigere Verfolgung hätte ihn vernichten können. Das Korps von York sollte an der Unstrut ihm zuvor
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kommen. Das Regiment ging am 18. October Abends über Schkeudig und Halle ab und blieb jenseits der Saale in oder bei Passendorf am 19. October. Bei einem Amtmann daselbst fand unser verwundeter Oberjäger Horn liebreiche Pflege.
Am 20. Oktober ging es mit der Avantgarde Merseburg links laſſend bis in die Gegend des durch die Schlacht im siebenjährigen Kriege berühmt gewordenen Dorfes Roßbach. Hier hatte dasselbe und besonders noch die 3. Eskadron die Vorposten. Mit dem Feinde ward geplånkelt. In seinen Reihen waren polnische Ulanen. Von ihnen gingen in dieſen Tagen mehrere schon zu uns über. Die Ermüdung der vorigen Tage wirkte auf beide Theile. Die Flanqueure nåherten sich einigemal fast wie befreundet. Rittmeister v. Szerdahely schloß, mit Genehmigung des Grafen Lehndorf mit dem feindlichen Offizier eine Art von Waffenstillstand . Beide gaben sich das Wort , während der Nacht keine Feindseligkeiten auszuüben. zogen in derselben die Vorposten zurück.
Beide Theile
Als das Regiment
am Morgen vorrückte , war der Feind verschwunden . Kaina ward die Nacht gefreilagert.
Bei
Den 21. October ward das Regiment von der Avant garde zur Diviſion des Generals v. Horn gezogen , mar schirte mit derselben nach Freiburg an der Unstrut und stieß dort wieder auf den Feind.
Um dem Heere Napo =
leons einen eisernen Schlagbaum zu ziehen , war Yorks Korps zu schwach , kam auch bei dem Umwege über Halle nicht früh genug. Es brachte dem Feinde jedoch großen Ver lust an Geschüß und Gepäck bei. Ein Hohlweg , der nach dem Flusse führte, war damit ganz voll gestopft. So sah ich unter andern einige Wagen mit Charpie zum Verbande der Verwundeten. Uch mancher verblutete ohne Verband ! In
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einer Scheune in der Nähe des Flusses lagen Todte und Sterbende. Napoleons Gefolge selbst ward bei Freiburg von preußischen Kugeln beschossen. Das Regiment kam nur wenig in den Bereich der feind lichen Geſchüße. Die Jågereskadron verlor den Jåğer Ma deika. Er und der Jäger Sackersdorf wurden von einer Paßkugel beim Aufsteigen auf das Pferd getroffen , die jenem beide Beine , diesem eins zerschmetterte. Beide wurden nach dem Städtchen Muecheln zurückgebracht , dort in der Kirche, dicht am Altar , auf eine Decke gelegt. Madeika bekam bald heftiges Wundfieber mit Phantasie. Siehst du , sprach er in derselben zu Sackersdorf, Bruder , dort den Chasseur ? Den wollen wir verpußen ?
Ach Bruder , sagte dieser im
Schmerze, wir werden keinen mehr verpußen, sondern sterben ! Madeika starb bald den Tod für das Vaterland . Sackersdorf ward nach langen Leiden , ohne Verlust des Fußes , geheilt. Er war es , der mit mir in Floriansdorf am Zobtenberge in der Hütte ruhte , als uns mit dem Morgenstrahle der Ober jåger Børn mit dem Rufe : auf auf es geht vor den Feind ! weckte. Bei Freiburg kamen viele Polen vom Feinde zu uns. Das Regiment lagerte bei Gleina , am 20. bei Laucha, ging hier den 23. über die hergestellte , vom Feinde vorher abgebrannte Brücke über die Unstrut , durch bergige , schöne Gegenden über Bibra und das anmuthige Städtchen Raſten berg, lagerte frei beim Dorfe Neuhausen. Hier fehlen mir zur Bezeichnung der Tage , wie in mei nen so auch in den Papieren eines Freundes und Kameraden
die genauen Nachrichten. Er bemerkt nur sehr kurz : Wir gingen jezt durch Koel leda, Weißensee, Soemenda , Tenstaedt , Langensalza nach Eisenach.
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Er kann die Richtigkeit dieser Märsche auch nicht ver bürgen. Beim Gefechte bei Eisenach und am Hörselberge , das der Division Hünerbein Verlust brachte , dem Feinde großen Schaden that , war unser Regiment nicht mehr betheiligt. Aus meiner Erinnerung führe ich folgendes an. Ich schlief mit mehreren Kameraden eine Nacht an der Straße, die hinter Eisenach ziemlich steil bergauf rechts von der Wart burg führt. In der Nähe ſtand ein vom Feinde verlaſſener Granatenwagen. Nicht sehr fern von ihm , hinter einem Hügel, hatten wir ein Lagerfeuer.
Ein Kamerad wollte in
seiner Einfalt ein Paar Granaten in das Feuer werfen , um das Plazen zu hören , und meinte , wir könnten hinter der Vertiefung und dem Gebüſch uns in der Zeit bergen. Daß eine springende Granate aber auf der Straße nachkommende Kameraden tödten könnte , überdachte er nicht. Natürlich hinderten wir seine beabsichtigte Feuerwerkerei . In der Nacht wimmerten in den Gebüschen der Bergschlucht verwundete Feinde.
Am Morgen lagen einige im Sterben. Napos
leon , wie viel Blut ist deinem Ehrgeiß geflossen , dennoch sehen einzelne Verblendete nach 30 Jahren in dir den Helden der Freiheit ! In das Gewimmer der Sterbenden schauten die Mauern der Wartburg, die ich leider nicht besuchen konnte, gleichsam ernst und ruhig nieder.
Andere Kämpfe hatte sie
einst gesehn. Auf ihr wirkte einst gesichert der Mann , der eine höhere Freiheit wollte und verwirklichte. In und bei Eisenach sah man oft an den Hausthüren mit russischen Buchstaben Semlya Maria Pawlowna (Land der ,,Maria Pawlowna"), um ruſſiſche Soldaten abzuhalten. Jene kurzen Nachrichten in den Papieren eines Freun= des führen noch folgendes an. Vor Salzungen paſſirten wir die Werra. Von jest kamen wir meistens in Quartiere.
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Wir gehen durch das von den franzöſiſchen Garden geplün derte Städtchen Vach. Die Plündernden wurden aber von Kosaken überfallen. Nicht allein um die Stadt , sondern auf dem ganzen Wege bis Fulda lagen viele Todte , auch Ermat= tete , die sich Feuer machten und wärmten. Manche schienen nach der Lage im Schlafe erstarrt. Einige hatten sich um gefallene Pferde gelagert. Uebereinstimmend mit jenen Bemerkungen des Freun= des kann auch ich nur sagen , daß es ein schrecklicher Anblick war , dieſe Jammerbilder zu schauen. Man hatte hier ein Bild des größern Elendes der Franzosen in Rußland. Wir gingen , fährt jene Mittheilung fort , durch das Städtchen Lengfeld in einem Thale zwiſchen Felſen , Geiſa , Hünefeld, das die Franzosen geplündert hatten , nach Fulda , dann über die schöne Brücke. Bei einem Amte Neuhof übernach teten wir.
Bei Schlächtern hatten wir ein gutes Quartier.
Wir gehen über das Vogelsgebirge , übernachten beim Dorfe Lerchenhain (oder Herchenhain ?) durch Laubach gehen wir in die Gegend von Gießen , haben im Orte Gröninger Ruhe tag , ebenso einen in einem Dorfe bei Hadamar.
Bei reg
nichtem Wetter gehen wir durch Limburg , haben Quartier in einem Dorfe Nehthal. Um 13. November Marsch durch Kenberg und Idstein ins Dörfchen Eschenhahn. Am 14. November erblickten wir den Rhein mit seinen schönen Ges genden , hören von fern kanoniren und müſſen bivouakiren. Am 15. November kamen wir in Quartiere, gehen am Nach mittage ab nach Wallau (oder Walluh) einem schönen Dorfe. Am 16. November gehen wir bei Caſſel gegenüber Mainz vorbei nach Schirstein , finden das Dorf von Brandenburger Husaren besest, und gehen auf den Nürnberger Hof, ein nassauisches Weinamt. Das Regiment hat die Beobachtung von Kassel oder Kastel diesseits Mainz. Die Jägereskadron
106 muß fast täglich 8 Mann dahin zur Feldwache geben. Dorfe Mosbach war der Sammlungsort derselben.
Im
Diese kurzen Vermerke werden wenigstens den Regi= mentsgenossen , für die allein sie nur Werth haben , Gele genheit geben , ihre Erinnerungen daran zu knüpfen. Für diejenigen , die das Werk von Plotho nicht beſißen , werde ich aus demselben noch die Marsch - oder Standorte der Diviſion Horn angeben.
Sie war am 22. October in Dorndorf bei
Laucha , 23. in kl. Nonhausen (auf der Karte steht ein Neu hausen) den 24. in Kurzleben , den 25. bei Langensalza , den 26. nach dem Gefecht am Höfelberge bei Groß-Lupnik , den 27. bei Wilhelmsthal , den 28. die 7 Brigade in Ober und Unter Rahn , den 28. die 7. Brigade nach Neuhaus und Nieder-Ohsen. Den 30. October die 7. Brigade in Hüne feld , Molsbach und Gosselbach , den 31. October die 7. Bri gade in Unter- und Mittel-Kallbach , den 1. November die 7. Brigade in Ober und Nieder-Moß und Bernadschein , den 2. November in Mittelbach und Herchenhain , den 3. No vember nach Münster , Wetterfeld und Laubach , den 4. No vember nach Großlinden, Steinberg, Walzenborn und Grd ningen. Am 5. und 6. November hatte das schlesische Heer in diesen Stellungen Ruhetag. Um 7. November nach Allshausen Steindorf , Neuborn , Reiskirchen . Um 8. No vember kam die 7. Brigade nach Elgershausen , Plessenbach, Laber und Erbach , den 9. November Blesberg , Frickhofen, Molsberg und Niederzenzheim , den 10. Rasttag. Um 11. November ist der Marsch der 7 Brigade dort nicht besonders bemerkt. Am 12. November kam sie nach Kiesbeck , Hen ningen, Neßbach , den 13. November nach Ober und Nie der-Ehrenbach, Idstein , Engchenheim , Wirsdorf , den 14. nach Sennenberg , Bierstedt , Ehrenhain.
107 Am 14. November befahl General v. York: Der General v. Horn besest mit der 7 Brigade Bibes rich und Mosbach und mit demTheil , der nicht im Dienst ist, Schierstein. Nach diesen kurzen Namenangaben will ich nun folgen gendes hinzufügen . Die Jagereskadron blieb vom 16. bis 25. November 1813 auf dem Nürnberger oder Nierenberger Hofe , und da er bei der Rückkunft mancher von Kommandos zu klein war, ward eine Hälfte dicht dabei in den Rosenküppelhof, auch ein Vorwerk auf Weinbergen , verlegt.
Ich kam auf
legtern , hatte mit mehrern enges Quartier.
Beide Höfe
lagen recht hoch und von ihnen aus hatte man eine schöne Aussicht in den Rheingau , bis Mainz und auf das linke Rheinufer. Ich sah , wenn ich nicht irre , den Rhein von einer frühern Anhöhe zum ersten Male. Das Regiment oder wenigstens einige Eskadrons standen in Frauenstein , einem etwas niedriger am Abhange ſchöner Weinberge lie genden , schönen Dorfe. In einer kalten und dunkeln Novembernacht war auch ich auf der Feldwache vor Kaffel. Es ward große Aufmerk samkeit empfohlen. Einige Tage vorher hatte , wie man erzählte , der Feind einen Posten des Einschließungsheeres aufgehoben. Ich verirrte beim Reiten im Dunkeln von einem Poſten zum andern und fand mit Mühe wieder end lich die rechte Stelle. Nach Frauenstein ward häufig bergab gegangen und dort ein Gläschen Rheinwein mit den Kame= raden getrunken . Nach den langen Beschwerden suchte man gern ein Stündchen der Ruhe und Freude auf. Das Regiment ward am 25. November von der Be= obachtung von Kaffel (Kastel oder Kostheim) abgelöst , von der von Horn'schen 7. Brigade getrennt , und wieder zur
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Reservekavalleriebrigade unter General von Jürgaß gezo= gen. Er stand in Kazenellenbogen. Wenigstens habe ich einmal aus dem Städtchen für das Regiment den Parol befehl geholt. Wir gingen am 25. durch Langensch wal bach und Dörsdorf in Kantonirungsquartiere nach dem Dorfe Berghausen. Hier stand die Jågereskadron mit der ersten des Regiments zusammen. In welchen Dörfern die andern. Schwadronen standen , weiß ich nicht. Die 3. stand , wenn ich nicht irre , einige Zeit in Michelbach. Am 26. Novem ber ward die Jägereskadron nach dem Dörfchen Schiesheim verlegt. Es lag hübsch und ich hatte bei freundlichen Leuten mit lieben Kameraden ein gutes Quartier , war erfreut , bei eingetretenem Froste unter Dach bleiben zu können. Ich bes suchte von hieraus ein Eisenbergwerk Bornscheuer. Wir folg ten der Lampe des Bergmanns , stiegen und krochen ihm nach in die Tiefen der Erde. Hier in ihrem dunkeln Frieden fahen und hörten wir das Eisenerz brechen und sprengen. In der Umgegend des Bergwerks ward es auf einer Hütte ges schmolzen , auf daß der Mensch aus ihm den Pflug bereite und -Waffen zum Morde der Brüder. Das dumpfe Dröh nen , wenn ein Erzstück mit Pulver gesprengt wurde , håtte fast fragen lassen : ſind wir hinabgestiegen , um im Krachen der tiefen Räume wieder an den Donner der Schlachten er innert zu werden ? Ein Brief in die Heimath geschrieben schilderte die Er lebnisse seit der leipziger Schlacht und die Bergwerksbeschau ung.
Sie gehört aber nicht in dieſe Schrift. Von Schiesheim gingen wir mit dem Regimente zur
Heerschau nach Wiesbaden und zwar am 30. November bis zum Dorfe Strius trinitatis und am 1. Dezember nach Wiesbaden. Früh um drei Uhr Morgens ward schon mar
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schirt bei starker Kålte in Parade , mit gerollten Månteln *) ! Mehrere erkälteten sich und wurden krank. Ein Kame rad Baehr von der 3. Eskadron bekam das Nervenfieber und starb. Um 9 Uhr Morgens kamen wir in Wiesbaden an und marschirten auf einem hochliegenden Ackerfelde auf.
Eine
ziemlich lange Zeit warteten wir mit den andern Reiterregi= mentern. Dann erschien der König in Begleitung des Kron prinzen , Blüchers und Yorks. Lezterer hatte allein einen Ueberrock an. Sie ritten , mit Hurrah empfangen, anfangs im Schritte vorüber. Dann mußten wir , gleich den übrigen Regimentern , in Zügen bei ihnen vorbeireiten. Ich ritt nahe am Könige vorbei und konnte ihn deutlich sehen. Welche Gedanken mochten wohl in seinen Herzen vorherr schen beim Anblick der kleinen Schaaren , die in anderm Glanze in Schlesien bei der Heerschau vor ihm erschienen ? Sie waren nichts weniger, als heerschaumäßig bekleidet , aber wohl mochte der geliebte Herrscher in jedem Antlig das Ge= fühl lesen : wir haben das Vaterland gerettet , und werden auch ferner zu kämpfen und zu ſiegen wissen ! Nach been= digter Heerschau gingen wir gegen Abend nach dem Dorfe Strius-Margaretha in ein Nachtquartier und am 2. Dezem= ber kam die Eskadron zurück nach Schiesheim. Von hier ward sie am 3. Dezember nach dem Dorfe Berndroth verlegt , und blieb hier bis zum 16. Dezember. Ich ritt von hier aus an einem Tage nach dem Orte Schlan
*) Ein kleines Seitenstück erzählt Delsner in einem Briefe aus Paris vom 3. April 1823 an Varnhagen von Enſe in der Schrift : Dorow Reminiszenzen 2c. S. 60. ,, Ein junger (nämlich franzöfi ,,scher) Obrist , es giebt deren sehr viele , altklug , je weniger fie ge ,,dient , verbot seinen Reitern , indeß der Himmel mit Kannen goß, ,,die Mäntel umzuhängen , weil sie durchnåßt den Pferden lästig .
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genbad , um mir ein Paar Stiefel machen zu lassen. ständig bekleiden konnten wir uns nicht. so gut es ging.
Voll
Man besserte aus,
In Berndroth wurden die 4 Subalternoffiziere der Es kadron gewählt.
Daß die Wahl so spåt erfolgte war ge=
gen die königlichen Bestimmungen. Sie fiel durch Stimmenmehrheit auf die Kameraden Venski , Wachowski, Neide und Albrecht. Unser Verhältniß zu ihnen blieb unge ändert. Sie waren vernünftig genug , um in einer Freiwilligen - Eskadron nur Offiziere vor der Front, im Umgange liebe Kameraden zu bleiben. Im Kamaschendienst waren auch sie keine Meister und ließen , zumal auch ein neuer Feldzug daran nicht viel denken ließ, uns mit ihm in Ruhe. Der Jäger Ziegler ſchrieb auf • einen Wahlzettel auch Personen auf, deren Bildungsgrad die Ernennung durchaus unmöglich machte. Er that es nur, um den die Wahl leitenden Eskadronchefzu erbittern. Einige hatten in ähnlicher Absicht selbst den Namen Engwer aufge= schrieben und wurden dafür vom nachherigen Regimentschef getadelt. Diesem , dem Major v. Knobloch , der vom brandenburger Huſarenregiment zu uns kam , ward die Jå gereskadron am 15. Dezember vorgeführt , und wir mußten ihm einzeln vorbeireiten. Er schien uns anfangs rauh. Aber wir gewannen in ihm einen geraden und entſchloſſenen Füh rer lieb. Ihn und das Regiment vereinigte bald gegenseiti ges Vertrauen. Da er vor dem Regiment Entschlossenheit und Furchtlosigkeit zeigte , mußte ihm unsere Achtung bald zu Theil werden. Um dies Dorf minder zu beschweren , wurden zwei Be ritte der Eskadron , der des Oberjägers Krauſe und des Ober jägers Huiz nach Ober - Fischbach verlegt. Mit lieben Freunden verlebte ich hier in einem Quar
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tiere erfreuliche Tage. Oft wurde nach dem Dorfe Rödern geritten , wo sich mehrere Kameraden beim Schöppchen Rheinwein traulich sammelten . Am 20. December kam die Eskadron durch Kazenellen
bogen nach Nattenhausen (oder vielleicht Altenhauſen ?) und ward wegen fehlenden Pferdefutters am 21. December in das Dorf Balduinstein , beim Schlosse Schauenburg, 1 Meile von Diez in einem romantisch schönen Thale an der Lahn , verlegt. Hier blieben wir bis zum Abmarſch zum Rheinübergange. Die Dörfer der andern Eskadrons in die sen Tagen,weiß ich nicht anzugeben.
Die erste hat auch in Bremberg gestanden . Im reinlichen und warmen Zimmer, bei freundlichen Wirthsleuten , mit lieben vertrauten Kame raden sammelte ich , gleich andern , neue Kräfte für die kom menden Tage. Am 25. Dezember am Weihnachtstage muß ten wir unsere Sachen pußen , hatten am 26. Gottesdienst und Abendmahlsfeier in Kördorf und kamen nach Balduin stein zurück. Die religiöse Weihe sollte uns auf die kommen den Tage voll blutigen Ernstes vorbereiten. Bei Muße und Ruhe ward hier manche Stunde ziem= lich froh verlebt, auch mancher Spaß ausgeführt. Im Hauſe des Schulzen , zugleich dem Quartiere unserer Offizierer ka= men wir oft zusammen und lebten in traulicher Eintracht. Der Eskadronchef stand getrennt vom Dorfe in einem andern Orte und ließ uns hier frei schalten. Mancher komische Auf tritt kam hier vor , dessen sich die Kameraden noch erinnern werden. Derselbe Jäger , der in Lichtenberg einst am jüdischen Marketenderpferd in Reimen sprach , erſchien hier ähnlich einst , und ging auf und nieder im Wasser eines kleinen Bächleins das der Lahr zufließt. Er lebt , so viel ich glaube, jest nicht mehr.
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In meinen Briefen nach der Heimath , die geliebte Eltern mir aufbewahrten und die ich noch besize, und in mei nen Papieren habe ich manches über jene Gegenden , ihre Bewohner und Lebensart bemerkt.
Es liegt aber außerhalb
des Kreises dieser Erinnerungsschrift. Anführen will ich nur noch , daß in den Rheingegenden wieder die Friedens- und Kriegsgerüchte wechſelten , wie in Schlesien. Für das Regiment in Hinsicht seiner Bekleidung geschah wenig.
Mit Pferden von nachgeführten Wagen
wurden einige beritten gemacht , die ihre Pferde verloren hat ten. Ein von mehrern Angehörigen in Königsberg Abgeord= neter erschien beim Regimente , brachte mehreren Geld und Wäsche , nahm Briefe von vielen nach dem Vaterlande mit. Seine Absendung war auch zum Theil durch die Nachricht bewirkt , daß unser Regiment über den Rhein gegangen und größtentheils aufgerieben sei. Viel hatte es erfahren , manchen Verlust erlitten , we= niger benust hatte es weniger verloren als manche andere Truppentheile. Der Geiſt in ihm war gut. Hätte man ihn nur besser zu beurtheilen und zu heben verstanden ! Doch diesem Gegenstande bleibe ein eigener Abschnitt dieser Blätter , an deren Schlusse bestimmt. Einer Nachricht über unser Regiment verdankte ich einſt mit einigen Kameraden und einem Jåger vom 1. ostpreußi schen Infanterieregiment einige heitere Abendstunden. Ein freundlicher Gastwirth Namens Sauber in Esch, einem Dorfe auf der Straße, die von Frankfurt über König stein , Kronenberg nach Limburg geht , hatte im ôſt reichi schen Beobachter gelesen , daß die Provinz Ostpreußen ein eigenes Regiment errichtete. Vor Freude , nur einige von diesem Regimente zu ſehen , lud er uns zu sich und be wirthete uns unentgeldlich mit Rheinwein , und wir mußten
113 den Abend über mit ihm Studenten- und Soldatenlieder fingen. Wir erklärten den österreichischen Beobachter für eine gute Zeitung und drückten beim Abschiede dem freundlichen Wirthe die Hand.
XII. Aufbruch zum zweiten Feldzuge. zur Mosel.
Rheinübergang.
Märsche bis
Die Ruhe in warmen Zimmern nach den Beschwerden des Herbstfeldzuges that uns allen sehr wohl. Dennoch ward auch sie zuweilen lästig und man sehnte sich nach That und Bewegung. Am 29. Dezember legte ich mich mit meinen beiden ver trautesten Freunden nieder. In die wollenen Sattelunter decken gehüllt , schliefen wir sanft ein. Um Mitternacht ungefähr ward plößlich stark an das Fenster geklopft.
Einer unserer Oberjäger , der bereits zum
Offizier gewählt war , später als solcher in einem schlesischen Uhlanenregimente gestorben ist , eine wackere Seele (Venzki) rief unsere Namen und sprach : Auf! auf: Es wird morgen früh marſchirt. ,,Wir gehen über den Rhein ! die Franzosen haben viele Kanonen aufgefahren . Da wird's blaue Nüsse sehen ! Da wird mancher schlafen gehen ! “ Mitten im Schlafe klangen diese weckenden Worte häß lich in die Ohren. Die Erinnerung an Bivuakiren im Re
gen , Hunger und Mühseligkeiten trat in unfreundlichen Bil dern vor die Seele. Kaum aber waren wir angekleidet und bei den Pferden , so schwand der trübe Eindruck. Munter keit und Freude traten an seine Stelle. Alles regte sich im 8
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Dorfe. Ueber den Rhein , über den Rhein ! Nach Frank reich , nach Frankreich ! riefen die fröhlichen Jäger. Am Morgen des 30. December nahmen wir Abschied von den freundlichen Wirthsleuten. In die Augen ihres freund lichen , unschuldigen Kindes traten Thränen , als einer meis ner Kameraden sagte: sieh , morgen liegt vielleicht mancher von uns zu Boden gestreckt. Die Eskadron ging bis zum Dorfe Kelbach, am 31. December nach Dalheim bei Braun bach, wo wir enge einquartirt wurden. Ich fand bei einem Bäcker mit mehrern andern Kameraden Aufnahme. Das Jahr 1813 , das Jahr des großen Aufschwunges Preußens und Deutſchlands ging zur Neige. Hinter uns lagen die Felder der großen Schlachten und bis zum Seine strand schweiften hoffend unsere Blicke. Das Ungewitter brach näher über Napoleon und Frankreich herein , und es erschien endlich die Zeit , auch auf französischen Boden die Unbilden von 1806 auszufechten. Mit Vertrauen gingen wir dem zweiten Feldzuge entgegen. Gedrängter zogen die Abtheilungen des Korps von York dem Rheine zu. Als in Kaub der zwölfte Schlag der Uhr um Mitternacht das vollendete Jahr und den Beginn des neuen anzeigte , stiegen die ersten Jäger und Schüßen in die Kähne, überschifften den Rhein , nahmen des Feindes Ge ſchüße, und brachen Bahn . Vonder Kavallerie gehörte die Jå gereskadron des 2.Husarenregiments zu den Glücklichen, die zu erst aufKähnen hinübergeschifft, den Feind aufsuchen durften. Unser Regiment wurde mit Ausnahme der 4. Eskadron, leider nicht zum Vortrabe gezogen. Es hieß anfangs , wir würden in Dalheim die Nacht bleiben; aber gegen Abend des 1. Januar 1814 marſchirten wir durch schöne Felſenthåler und Schluchten , in denen die Lieder der singenden Krieger tönten , in das ſchöne Rheinthal
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bei Goarshausen , waren falsch geführt , gingen zurück und kamen endlich nach Kaub. Hier in der schönen Gegend , in herrlich erhebender Stimmung blieben wir am Ufer stehen, die Beendigung der angefangenen Leinwandpontons = brücke abwartend. Welche Sehnsucht weckte die auch im Winter schöne Gegend , mit ihren Felsen , Trümmern alter Burgen , freundlichen Städten und Flecken , Rebenhús geln , ſie ſehen zu können , wenn der Frühling sie mit ſeinen Reizen schmückt.
Wem unter meinen Kampfgefährten darf
ich jene Stunden noch schildern. Gefänge der Soldaten füll ten das Thal , die Muſik der Regimenter tônte , die in Kåh nen in der Nacht ällmählich übergeschifft wurden. Die Wachtfeuer auf beiden Seiten des Stromes erleuchteten die Dunkelheit und gaben dem Rheinthal einen zauberiſchen An blick. In Kaub war der Feldmarschall Blücher mit seinem Stabe , York und seine Untergebenen . Prinz Wilhelm , des Königs Bruder, ſtand eine Zeitlang, in einen großen Ko ſakenfilz gehüllt neben uns auf dem Sandufer , dicht am Strome , und fah dem Bau der Brücke zu. Die eine Hälfte bis zur Insel , auf der das Schloß Pfalz liegt , kam bald zu Stande. Die zweite machte mehr Schwierigkeiten , der står kere Strom und der felsige Grund erschwerten die Arbeit.
Sobald ein Bataillon Fußvolk am andern Ufer beiſam men war , rief es ein Hurrah aus , sang und muſicirte. In einer Weinhandlung in der Nähe des Ufers ward mit Rhein wein gut eingeheizt , und so ertrug man leicht nach mehr wöchentlicher Ruhe wieder das Liegen unter freiem Himmel, auf bloßem Sande. Das Gedränge im Weinkeller war so groß , daß die Verkäufer gar nicht wußten , wem sie gegeben hatten oder nicht. Man fürchtete eintretenden stärkern Frost , der durch Treibeis die Brücke leicht zerstören konnte. 8*
116 Er trat nicht ein.
Am 2. Januar des Morgens , gin
gen wir und die übrige Reiterei des Yorkschen Korps über, die Pferde führend . Das Geſchüß und übrige Fußvolk folgte. In der Gegend von Bacharach verließen die Schaaren die Kunststraße , die in Felsen gehauen den Rhein entlang führt und zogen bergauf. Es war schön, in schneckenförmigen Win dungen des Weges einen Theil der Krieger ziehen zu ſehen, die durch ihre Siege dem Rheinstrom sein altes Recht wieder gaben , Deutschlands Weinstrom, aber nicht dessen Grenzstrom zu sein. Mir fiel ein Bild ein , auf dem die Kreuzfahrer eine Höhe heran klimmen , um von ihr Jeruſa lem zu sehen. Ein Kreuzzug war auch unser Zug. Heilige Güter , des deutschen Vaterlandes Freiheit und den Welt frieden sollte er erkämpfen und den Eroberer beugen , der nur sich und seine Herrschaft wollte und sich dennoch als den Friedensgeber heuchelnd stellte. Es hatte ziemlich stark gefroren , der Weg war oft glatt und man mußte ſich vor dem Fallen des Pferdes hüten. Ein Jäger (Stadie) fiel mit demselben und brach das Bein. Eine große Larmstange , die der Feind anzuzünden vers gessen hatte ward auf einem freien Plage von uns umge hauen. Nach einem langen Marſche kam die Eskadron ge gen Abend nach Liebhausen , wurde einquartirt , mußte aber bald wieder aufbrechen , durch mehrere Dörfer und Fle cken , das Städtchen Stomberg gehen und kam spåt in der Nacht in das Dorf Sparbrück. Ich erhielt mit 12 Já gern und 15 Fußsoldaten Quartier.
Unser Wirth war von
den Franzosen als Konskribirter eingezogen , aber deſertirt. Ich ritt am 3. Januar , während die Eskadron stehen blieb, nach Wallhausen , ließ mein Pferd beschlagen , kam Abends nach Sparbrücken zurück.
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Der Marsch am 4. Januar führte durch das freundliche Kreuznach , wo ich den ersten Telegraphen sah , aber nicht besuchen konnte , über die Nahe (Obermosel) . In Sitters und Schiersfeld erhielten wir Quartier (ich im leztern Orte), und den 5. Januar hier Ruhetag. Um 6. Januar zogen wir durch Meisenheim über den Glan nach Kuffel zu, über Lauterecken , den Glan entlang ins Quartier nach dem Dorfe Gottelhausen von hier den 7. über St. Wendel spåt bis zum Dorfe Niederlinksweilen , wo ich ein Quar tier beim Bauer George Fuchs hatte , am 8. bis Keißen , wo wir uns , beim ungeſtümen Wetter um so mehr freuten, unter Dach ruhen zu können. Hier wurden einige neue Ober jåger in Stelle derjenigen , die Offiziere geworden , gewählt. Da wir den 9. Januar stehen blieben , ritt ich nach Ihlin . gen, mein Pferd beschlagen zu lassen , ward hier bei einem Krämer , Gestier mit Namen , einquartirt. Es war Sonn tag. Nach der Kirche kam der Kantor zu meinem Wirthe zum Frühstück , sprach mit mir , legte ein lateinisches Meß buch auf den Tisch , war erstaunt , als ich dasselbe leſen und übersehen konnte, und ging bald weg. Bald darauf erschien der Pfarrer und unterhielt ſich mit mir lange. Auf meine Wirthsleute wirkte dies ſehr günstig, sie wurden mir recht gewogen und freundlich. Ungern ritt ich nach Keißen zurück , wohin bald Husaren des Mecklenburger Regiments kamen , denen wir am Abend Plaß machend bis Merkweiler gingen, wo wir die Nacht blieben. Um 10. Ja nuar kam die Eskadron nach Diefling (Dieflen) bei Sar louis und am 11. nach einem Marsche längs der Saar über Saarbrück, in der Stadt dem General York vorbeimar schirend , in das Dorf Ludwiller oder Ludweiler. Vom Rhein bis zur Saar durchzogen wir mehrmals schöne Dörfer und Gegenden , die ich långer und bei ande
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rer Jahreszeit håtte beſehen mögen. Da wir nicht zu ge= drångt einquartirt wurden und daher die Leute nicht zu ſehr belästigten, hatten wir meistens freundlichen Empfang. Jen seits der Saar begegneten wir mehr französischer Gesinnung. In Ludwiller schimpfte der Schmidt des Orts franzöſiſch auf die Preußen und den König , in der Meinung , von den Jå gern nicht verstanden zu werden. Ein Jäger suchte durch eine derbe Maulschelle , die er mit einer französischen Anrede be= gleitete , ihm bessere Gesinnungen zu schaffen. Bei Saar louis in Diefling war mir das Verschmelzen zweier Sprachen merkwürdig z. B. der Ausdruck , da-là für dort. Gern håtte ich in Saarbrücken långer weilen und namentlich die Kirche mit ihrem schönen Thurm betrachten mögen. An Stelle der gesprengten steinernen Brücke war eine Schiffbrücke ge= schlagen. Bei ziemlicher Kälte und Schneegestöber drangen wir am 12. Januar auf älteres französisches Gebiet vor. Städtchen St. Avold , auf deſſen Straßen noch Todte la= gen , gab Zeugniß von einem Gefechte des Vortrabes , der den Feind verfolgend hier durchgegangen war.
Die Eskadron
erhielt Quartiere in Niderwiller. Die Freude über einen Brief aus der Heimath mit Geld und Wäsche ließ mich ein enges Quartier in diesem Dorfe vergessen, deſſen Einwohner theils deutsch, theils französisch sprachen. Die Eskadron kam auf dem Marsche in der Richtung nach Meg zu , am 13. nach Varris (Warise auch Viverkirchen) wo sie den 14. ſte hen blieb. Bei einem Müller , dessen Mühle das Flüßchen Niethe trieb , hatte ich mit einigen andern Quartier und schrieb in Ruhe einen Brief in die Heimath , der den Rhein übergang und das Vorrücken nach Frankreich schilderte. Nachdem wir uns am Abende niedergelegt und kurze Zeit ge= schlafen hatten , kam Befehl zum Aufbruch.
Es ward aus
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dem Dorfe , dem Sammelplage der ersten Brigade , der wir zugetheilt waren , gerückt. Der Morgen brach an , ehe sie zuſammen kam , und ſtatt des warmen Lagers unter Dach uns zu freuen , mußten wir viele Stunden auf dem Schnee zubringen. Ich kam zu einem Polizeikommando hinter der Brigade und mußte um ſo långer frieren . Auf schneebedeckten Feldwegen am 15. marschirend fan den wir endlich das Regiment in Lutange (Lütingen) von wo es nach einigen Stunden aufbrach.
Ich kam während der
felben ins Quartier bei einem Herrn Desrienne , einem ehemaligen französischen Offizier , einem artigen und gebilde ten Mann. Er und seine niedliche und freundliche Tochter, die im pfälzischen Dialekt etwas deutſch ſprach , machten einen sehr angenehmen Eindruck.
Ich unterhielt mich mit
ihnen französisch. Einige Gläser schönen rothen Weines er höhten die freudige Stimmung . Ungern schied ich nach eini gen Stunden des Wohlbehagens und kam mit der Eskadron nach einem Marsche bei kaltem Wetter nach Stuckingen oder Stuckange , kaum eine halbe Meile von Thionville.
Das
Dorf war von Brandenburger Huſaren beseßt und wir gin gen, nach Aufenthalt von einigen Stunden nach Renange ins Nachtquartier.
Am 16. gingen wir wieder nach Stuck
ange und lösten das Brandenburger Husarenregiment auf den Vorposten vor Thionville (oder Didenhofen) ab.
XIII.
Beobachtung von Thionville , vom 16. bis 25. Januar. Feld wachen. Ausfälle der Besatzung. Quartierszenen. Die französischen Festungen , die das Land umgürten, den Andrang unserer Herrn freilich nicht zurückhalten konn
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ten , waren dennoch bedeutende Hindernisse. Sie erschwer ten den Uebergang über Flüsse , hemmten die Verbindung unserer Herrn , ermüdeten durch Beobachtung und Feldwa chen einzelne Truppentheile. An ihre Belagerung und Eroberung konnte nicht ge= dacht werden , da uns hierzu Zeit und Mittel fehlten und durch schnellere Unternehmungen im offenen Felde das Ziel sich sicherer erreichen ließ. In Barris hatte sich die Nachricht verbreitet , die Ein wohner von Meg håtten ſich empört , um den Kommandan ten zur Uebergabe der Festung zu nöthigen. So gern wir zu unserm Vortheil die Nachricht håt ten glauben mögen , war sie doch nur spaßhaft.
Napo=
leon hatte sich gehütet , kopf- und muthloſe Männer zu Be fehlshabern in seinen festen Plåßen zu ernennen. Sie vertheidigten sicher und mit Erfolg den ältesten Raub , den Frankreich an Deutschland begangen. Auch Thionville ward , wie Mes nur beobachtet . Dies Geschäft ist für die Truppentheile , denen es zu , fållt langweilig und unangenehm. Unserer ersten Brigade unter General von Pirch ward befohlen , Thionville zu be obachten. Die Jagereskadron kam nach Stuckange , außer uns waren noch Jäger des Detachements vom westpreußischen Grenadierbataillon im Dorfe , die anfangs mit uns die Feld wachen gemeinschaftlich hatten. Ich erhielt mit 7 Kameraden ein gutes Quartier beim Bauer und Weinschänker Michael Schlenker. Nach einigen Tagen gingen die Jåger ab und in ihre Stelle kam das 13. schlesische Landwehrregiment. Der Feld webel , der Chirurgus und die Furiere der 2. Kompagnie des ſelben kamen in mein Quartier. Mit den Jägern war ich
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am 17. auf der Feldwache. Der Haupttrupp stand am Rande des Waldes diesseits der Festung , an der Chauffee. Unsere Eskadron beobachtete mit ihren Posten die Chaussee und rechts . Die erste stand in Illange (oder Il lingen) und beobachtete bis zur Mosel. Zwischen der Kunst straße und Illange waren die Vorposten so schlecht ausgeseht, daß in der Nacht der Feind fast in Kolonnen unbemerkt hätte vordringen können. Später nach Ankunft der Landwehr wurden hier långs dem Gebüsch Infanterieposten gestellt. Die zweite und dritte Eskadron stand in Kenzig, ihre Posten in Angesicht des Dor fes Nieder-Geis und Mach num (Maquenum) rechts beob achtend bis Ober- und Niederham. Das Dorf Ober-Geis, vor der Festung in der Nähe der Kunststraße , wurde von feindlichen und unsern Patrouillen heimgesucht.
Von dem
Walde , an dessen Höhe unser Trupp ſtand würde kaum ſehr schweres Geschüß die Stadt erreichen. Eine Kugel , die der Feind von den Wällen abschoß , als der General von Pirch auf der Kunststraße vorritt und rekognoszirte , schlug ziemlich nahe nieder. Ein zweiter Kanonenschuß traf auch nicht. Der Aus fall , den der Feind am 17. machte , beunruhigte nur , hatte aber keinen Erfolg . Er war etwa ein Bataillon stark , und ging bald zurück. Ich mußte mit einem Kameraden ein Ge ſtråuch in der Nähe der Festung umreiten , auf Befehl des vorsichtigen Eskadronchefs, um zu sehen ob es leer sei. Beim Ausfall am 22. beseßte der Feind ein nach Illange zu liegen des Wäldchen und fuhr mehrere Wagen Holz nach der Fe stung. Etwa 60 Mann des schlesischen Landwehrregiments tiraillirten gegen den stårkern Feind , hatten 2 Todte und mehrere Verwundete. Als die erste Brigade , mit Leitern versehen , anrückte,
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ging der Feind zurück. Am 24. rief mich die Pflicht von dem Lesen des Schillerschen Don Karlos , den einer der Ka meraden besaß , auf die Feldwache.
Ein abermaliger Aus
fall des Feindes nach Niedergeis gab uns Unterhaltung. Er holte Heu und vielleicht einige Lebensmittel in die Festung. Das Dorf ward bald von franzöſiſchen , bald von unsern Patrouillen heimgesucht. In der Nähe der Kanonen der Festung wäre uns seine Behauptung nicht möglich gewesen. Eine Haubige håtte uns bei den Ausfällen des Feindes gute Dienste geleistet. Auf der ersten Feldwache , die die Grenadier-Jåger noch \ mit uns zusammen hatten , ging es fröhlich her. Es ward Glühwein gemacht. Den Honig holte dazu mit Lebensgefahr ein Fuß- Jäger Weinsheimer , ein heite res Soldatenherz , voll lustiger Schwänke Späße und tapfer, und in Noth und Gefahr stets unverzagt und alles aufheiternd. Er ging nach Niedergeis.
Eine feindliche Abtheilung kam
hinein. Wir glaubten ihn verloren , als es dunkel ward und er nicht erschien.
Endlich kam er mit einem vollen Honigs
topfe unter dem Arme an , schimpfend auf die Süßmåuler, um deren willen er leicht sein Leben hätte verlieren können. Er war , als der Feind auf ihn Jagd machte , über Höfe und Zäune geklettert und hatte seinen Honigtopf, wie eine ers beutete Fahne festgehalten.
Wo er sich befand , segten
ſeine Späße und Schnurren alles in eine lustige Stimmung und seine Obern nahmen sie ihm selbst im strengen Dienste nicht übel. So kehrte er die Augenlieder um , bellte wie ein Hund, miaute , wie eine Kage, malte mit Kohlen auf die Hand ein Gesicht , windelte fie , wie ein Kind , und stand plöglich in Reih und Glied , wie eine säugende Mutter. Später einst, verwundet durch einen Streifschuß, soll er
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dem General v. Hiller , der ihm rieth, auszutreten , wie ein Hahn mit Kikeriki entgegengekräht und ihn mitten im Gefecht zum Lachen gereizt haben. Er trug stets eine Larve, blaues Zuckerpapier , eine Perücke und dergleichen Dinge im Torniſter. Bei einem ſpåtern Marſche im Monat März ritt einst der General von Horn an der Spize unseres Regi ments mit seinen Adjutanten , die auf Leinwand geklebte Karten der Gegend von den Pferden herunterhangen ließen und über Stallungen und Wege sprachen. Hinter unserm Regiment folgte das Jågerdetachement, in dem Weinsheimer stand. Da nahm er aus dem Tornis ſter die Perrücke und Larve , seşte beide auf, ſich ſelbſt rück= wårts auf einen Esel , deren die Infanterie viele zum Tra gen der Tornister mit ſich führte , ließ den Schweif des Eſels sich in den Mund geben und ihn von einem Kameraden uns vorbeiführen , unter die Adjutanten des Generals treiben, zeigte dann mit der Hand auf ein herabhangendes Stück blaues Zuckerpapier , als auf eine Karte , und kommandirte. Als der alte , tapfere Horn , der den braven Soldaten
gern seinen muntern Streich nachſah , ihn gewahrte , lachte er so auf, daß ich glaubte , er würde vor Lachen vom Pferde fallen. Die Reihen folgten unwillkührlich dem Beispiel des Führers. Weinsheimer war zu Freiheiten dieser Art berech tigt.
Im Gefecht war er gewiß voran , wenn er nur durfte.
Als wir einst spåter im März in Aiſſomme (Essome) bei Chateau-Thierry guten Champagner tranken , erfuhr Weins heimer es ebenfalls bald , und war gern unser Gast. Er war schon im Jahre 1812 als baierscher Soldat nach Rußland gezogen. Seine späteren Schicksale kenne ich nicht. Die Tage in Stuckange , an welchen der Feind uns nicht durch Ausfälle beunruhigte , verflossen ziemlich behag
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lich. Mit unsern schlesischen Gefährten hielten wir gute Ka meradschaft. An einem Tage ward uns schöner Rothwein geliefert.
Der Abend schwand unter Scherz und Gesang. Der Feld webel war zu lebhaft beim Wein geworden. Im Rausch trieb er mehrere Bauern , die in der andern Stube am Kaminfeuer saßen , aus dem Hause. klagten ihn beim Major des Regiments.
Sie ver
Dieser kam an,
als wir uns bereits auf die Streu gelegt hatten. Der Feld webel entschuldigte sich mit der Erklärung bei ihm : ,,mein Haus muß rein sein ! ich konnte die verdächtigen Menschen nicht leiden ! " Er mußte dem Major zum Arreste folgen, aus dem er am Morgen entlassen ward .
Wir konnten auf
dem Lager das Lachen nur mit Mühe unterdrücken. Meine Wirthsleute , wie die meisten Bewohner des Dorfes sprachen deutsch , jedoch in einer schwer verständlichen Mundart. Im Hauſe des Maire ward französisch gespro= chen. Die Nacht , welche ich vom 24. auf den 25. auf der Feldwache zubrachte , war sehr kalt , und ein schneidender Wind wehte von der Festung her.
Ein Jäger , der auf den
Vorposten stand , drehte ſich mit dem Pferde um , kehrte der Festung den Rücken. Ein revidirender Offizier der ablösen den Truppen fand ihn so und belehrte ihn über diese Dienst widrigkeit. Er fragt ihn : wie heißt die Stadt ? Jäger : eine Festung in Frankreich. ― Offizier : wie heißen die Dörfer rechts und links.
Jäger.
Das weiß ich nicht.
Nicht Mangel an Bildung überhaupt , sondern eine Art eigener Unempfänglichkeit war die Quelle jener Antwort. Derselbe soll, wie spåter ein mir befreundeter Offizier ge= hört haben wollte , als wir von Napoleon gedrångt durch Chateau-Thierry gingen , gesagt haben : warum hat der Kö nig doch nicht am Rhein Frieden gemacht ! Er starb einige
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Jahre nach den Feldzügen , nachdem er eine Eivilanstellung erhalten hatte. Eine uns auffallende Erscheinung in dieser Gegend wa= ren die Wölfe , deren Spuren zuweilen der Schnee verrieth, deren Annäherung in einer Nacht bald die Pferde beim Haupttrupp der Feldwache scheu gemacht und deren einer einen Grenadier bald veranlaßt hätte , auf ihn Feuer zu ge= ben. Daß die an großen Wäldern arme Gegend nicht längst ihre Ausrottung herbeigeführt , war uns wunderbar. In zwischen gaben wohl die Gebirgsklüfte der Ardennen ihnen Schuß.
XIV . Ablösung durch Truppen des 2. Korps. Vordringen über die Flüſſe Mosel und Maas über Pont à mouſſon , Comercy, Ligny , St. Dezier in die Champagne bis Vitri. General von Kleist war mit dem 2. Armeekorps uns gefolgt , löste den General v. York in der Beobachtung der Festungen Mes , Thionville ab , bis er ebenfalls abgelöst bald uns folgte.
Am 25. um 10 Uhr Morgens etwa übernah
men Kuirassiere des Brandenburgiſchen Regiments von uns die Vorposten vor Thionville. Unsere Eskadron ging über Lutange ins Nachtquartier nach Altroff, deſſen Einwohner größtentheils franzöſiſch ſprachen . Meine Wirthin verſtand kein Wort deutsch. Nach der Kälte in der Nacht auf der Feldwache und dem Marsche ergoß sich der Schlaf so erqui ckend über die Glieder , daß ich sammt meinem Kameraden verschlief, in Eile sattelte , dennoch ziemlich zu rechter Zeit auf dem Versammlungsplaße ankam , nachdem ich als Früh stück eine mit brauner Butter und Zwiebeln übergegossene
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Milchsuppe hinuntergeschluckt hatte. Arrangez le donc à votre mode ! sagten zuweilen die Leute , wenn die Gerichte ihrer Kochkunst uns nicht ganz munden wollten. schien aber unsere mode un peu chère.
Zuweilen
Dicht vor der Festung Meg vorbei führte der Marsch am 26., während deſſen zwischen den feindlichen und unſern Vorposten mehrere Schüsse gewechselt wurden. Der Ritt meister von Barnekow war vor wenigen Tagen hier ge blieben. Die einzige Kanonenkugel die aus der Festung kam, gab ihm einen schnellen und leichten Tod. Gott ! soll sein leßter gewesen sein.
Der Ruf: ach
Die Einwohner des
Dorfes Fleury , in dem wir die Nacht , unter Beobachtung von Vorsichtsmaßregeln in der Nähe einer Festung , blieben, wußten von seinem Tode auch zu erzählen. Die Gegend um Mes ist schön.
Die Stadt im Thale kann man schon aus
ziemlicher Entfernung sehen. Dörfer und viele Weinberge bil den die Umgebung : Thran , Thran ! riefen oft die Soldaten beim Anblick der Weinberge ! Unsere Bivouaks thaten ihnen oft großen Schaden , die trockenen Rebenståbe brannten un ter den Feldkesseln. Der Anblick der hübschen Dörfer deutete auf Wohlstand , mit dem sich jedoch , wie überall, auch große Armuth verband. In Fleury hatte ich ein enges Quartier bei einem arm feligen aber freundlichen Manne. Das kleine Fenster (die Fenstersteuer hatte darauf Einfluß) war mit eisernem Gitter versehen , ein Umstand , den ich mehrmals fand . Ein Ofen war nicht im Zimmer. Die Defen hören jenseits der Mosel in den Bauerhäusern ziemlich auf. Das Kaminfeuer gab im Winter dafür wenig Ersag.
Hohe Steuern an den Staat
und noch höhere Kommunalabgaben drückten , trok Napo leons bisheriger Siege und Plünderungen fremder Lånder, Frankreichs Bewohner.
Es war gewiß minder das Gefühl
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materiellen Wohlseins , als der Glanz der Siege , und der Name des siegreichen Volkes , so wie die Furcht , in der alles gehalten wurde , was die Einwohner an des Gewaltigen Re gierung fesselte. Am rechten Moselufer südlich und ſtromaufwärts , durch schöne Dörfer mit herrlichen Weinbergen , durch den hüb schen Ort Jouy, hart an der Mosel , mit den Trümmern einer römischen Wasserleitung , zogen wir am 27. und kamen am Abend durch die Stadt Pont à Mousson , in der im Jahre 1807 einst Niemeyer aus Halle mit ſeinen Gefähr ten in Verbannung weilen mußte. Eine steinerne Brücke über die Mosel , über die wir gin gen, verbindet die aufbeiden Seiten derselben liegende freund liche Stadt , deren Häuser auf dem Markte mit Hallen ver ſehen sind. Neben der Brücke diesseits sah ich in einem Kon ditorladen einen unserer freiwilligen Jäger vom Fußvolk schmausen. Ob er für oder ohne Geld zehrte , weiß ich nicht. Einer meiner Bekannten aus der 2. Eskadron des Re giments Daniel Werner , nun auch bereits verstorben , war im Jahr 1812 sehr bekannt geworden mit einem französis schen Husarenlieutenant Vollet , der eine Depotabtheilung befehligte, später nach Rußland zog. Er gab jenem bei seiner Abreise eine schriftliche Adresse und Empfehlung an seine Mutter in Pont à Mousson , für den Fall , daß ihn einst sein Schicksal nach Frankreich führe. Jener lächelte , nahm aber sie doch an , legte sie in die Schreibtafel, nahm sie ins Feld mit. Er suchte Vollets Mutter auf, überreichte ihr des Soh nes Zettel , ward sehr freundlich und liebevoll von ihr em
pfangen , erfuhr aber auch aus dem Munde der Mutter den Tod ihres Sohnes , seines Freundes. Nach lange ausgebliebener Nachricht hatte sie sich an
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den Kriegsminister gewandt und endlich die traurige Gewiß heit erlangt, daß ihr Sohn im Gefechte bei Haynau in Schles sien gefallen,sei. Unter dem Schwerte blücherscher Reiter hatte er den Tod gefunden. Ein blucher scher Reiter brachte dem Mutterherzen den Trost , daß ihr Sohn , fern von ihr, in Preußen Liebe empfangen und gegeben hatte , und daß Freundschaft und Liebe eine Ståtte finden , auch wenn Völ ker sich unter einander bekämpfen. Gern wäre ich in Pont à Mousson geblieben.
Ein
Nachtquartier in der Stadt gab Aussicht, mit gebildeten Leu ten zu sprechen. Die große Kirche mit 2 gothiſchen Thürmen schien beschauenswerth. Das Hauptquartier Yorks blieb in der Stadt. Wir kamen jenseits der Mosel nach dem Dorfe Rennierville , ich mit einem vertrauten Freunde in ein elen des Quartier. Kosaken hatten hier geplündert und deutliche Spuren zeugten davon. Uns emfing zum Willkommen die Anrede : Ah monsieur , nous n'avons rien plus (im patois oft wie pus ausgesprochen) les premiers ont tout pris , les Cosaques. Ah qu'ils sont mechants ! nous n'avons riendu tout , du tout ! Mit dieſer Empfangsformel , die freilich sehr oft nur Wahrheit enthielt , kam man uns sehr häufig entgegen. Eine andere Hälfte der Eskadron , die in einem andern Dorfe gestanden , kam am 28. zu uns . Das vereinigte Re= giment kam in der Richtung nach Commercy marschirend nach dem Dorfe Girevoisin. In meinem Quartiere , das ich mit 7 andern theilte , war einer der Kameraden , der nur einige Brocken franzöſiſch verſtand , ſehr ungehalten , daß die Wirthin einen Auftrag nicht schnell ausführte. Er stampfte mit dem Fuß und rief unaufhörlich : mon dieu , taisez vous donc ! Die arme Frau , die kein Wort sprach , bat mich, ihn zu beruhigen. Ich thats lachend. Er wollte sagen hatez
"
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vous donc! und lachte selbst , als ich das Mißverständ niß hob. d
**** Der feucht gewordene Schnee gab mehreren Jägern Veranlassung , sich mit Schneebällen zu werfen. Einer wurde böse, um so mehr geworfen bis er endlich die Neckerei Das Regiment ging den ertrug und ihr ein Ende machte. 29sten durch die nicht hübsch scheinende Stadt Commercy. Die Hauptbrücke über die Maas , die mehrere Arme bildet, durch deren Thal Dämme führen, war vom Feinde zerstört, aber zum Uebergange nothdürftig hergestellt . Der Weg führte uns durch einen kleinen Wald , in welchem einige Kosacken von Bauern ermordet waren. Eine abgehauene Hand lag am Wege. Wir kommen , sagte nach einigen Stunden des Marsches auf der Heerstraße, der Regiments Adjutant, nach empfangener Dislokation , nach Domremi . Ich dachte gleich ihm an den Geburtsort der Jungfrau von Orleans und freute mich, die Stätte der Heldin zu be grüßen , die Schiller verherrlicht, gemacht hat.
Voltaire lächerlich
Der Ort hieß aber Domremi aux bois. Zwei Eskadrons kamen hinein. Mein Wirth, ein Schuhmacher, wußte von der älteren Geschichte Frankreichs nichts weiter anzugeben, als daß bei Neufchateau ein Domremi la pucelle liege. Dies war Johannas Geburtsort, doch einige Meilen entfernt. Der Schuster, der uns nicht mit Sagen aus Johannas Ge schichte unterhalten konnte, mußte uns in der Nacht schad= haftes Riemenzeug ausbessern. Sehr früh vor Tages Un bruch blies der Trompeter. Wir hatten das erste Signal schlafend nicht gehört.
Als einer zur Thür hinaus vom
Lager sprang, rückte die Eskadron schon aus. Wir dachten an Feindes Nähe.
Einpacken , Satteln, Ausrücken ging mit 9
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großer Schnelligkeit. Mehrere kamen gleich mir zu ſpåt. Wenn ich nicht irre, war der Marschbefehl entweder zu spåt eingetroffen, oder liegen geblieben. Besprüßt von dem Koth der aus Kalksteinen gebauten Kunststraße , da in der Nacht der Schnee in Regen sich verwandelt hatte, kamen wir (30. ) bald nach Tages Anbruch vor Ligny an dem Ornain an, dessen linkes Ufer besonders Weinberge bedeckten und die im Thale liegende Stadt umgaben. Die Stadt war im Ges fecht genommen, einige Häuser waren geplündert. Wider ſeßlichkeiten der Einwohner hatte der Kantschuh der Ruſſen bestraft, die unter Fürst Tscherbat of, nach Ankunft des Korps von York links abzogen. Als wir durch Ligny weiter nach St. Dizier vorrückten , donnerten die Ka nonen. Wir glaubten auch zum Angriff zu kommen, wur den aber während das Korps vordrang theils zur Beobachtung der linken Flanke, theils besonders zur Eröffnung der Ver bindung mit dem Korps von Wittgenstein längst der Marne stromaufwärts entsendet. St. Dizier war vom Fuß volk indeß genommen.
Beim Marsch längs der Marne
sah ich am Fuße eines Berges eine Quelle von seltener Größe hervorsprudeln und über den Weg brausend in die Marne stürzen. Die Eskadron ward in mehrere Abtheilungen ge theilt, eine blieb in Bienville , die andere, bei der ich mich befand in Sommeville. Hier fanden wir am Abende eine Menge Einwohner auf dem Dorfkirchhofe versammelt. Sie schienen uns für Franzosen zu halten und wurden im ersten Augenblicke durch unsere französische Anrede in dem Wahne bestärkt. Wir quartirten uns in einige Hau ser , ich mit 11 andern in . das sogenannte Schloß eines abwesenden französischen Kriegskommissairs , schlief jedoch später in der Nacht in einem kleinen Häuschen in der Nähe des Pferdes.
Die Nacht war unruhig , unaufhörlich
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gingen und kamen Patrouillen und Ordonanzen. Un Vorsicht ließ man es nicht fehlen.
Da guter Wein in Sommeville sich nicht fand, schickte der Vorgeseßte mich am 31sten mit vier Jågern nach Curel, um ein Faß Wein vom Maire des Orts zu re quiriren. Bei demselben fanden wir viele Bauern versammelt. Es schien nicht rathsam, hier mit Nachdruck zu fordern. Ich führte das Wort und seßte den versammelten auseinander, daß wir nur Napoleon bekämpfen wollten, nicht Frankreich, daß der ruhige Bürger unsere Waffengewalt nicht fühlen solle. Il a raison , il raisonne bien ! sagten die Bauern freundlich, während wir mit ihnen anstießen, und manches Der Pfarrer des Orts, der neun Glas Rothwein leerten. Jahre als Emigrant in Deutſchland gelebt hatte, dafür aber nur schlecht deutsch sprach, war vom Maire als Dolmetscher herbeigerufen. Er zog mich bei Seite und fragte nach einer deutschen Familie, über die ich ihm keine Auskunft geben Er erklärte mir, daß er deshalb nur geheim mich konnte. darüber fragen müsse, weil die Regierung stets ein aufmerk sames Auge auf die ehemaligen Auswanderer richte, und er leicht in den Verdacht zu großer Vertraulichkeit mit dem Mit dem erhaltenen Faß Wein Feinde kommen könne. und zwei Trågern zogen wir ab, nachdem ich über daſſelbe für Rechnung des Dorfes Sommeville quittirt hatte. Am Ende des Dorfes brachte ein abgesandter Jäger uns Be fehl, schnell der Eskadron nach St. Dizier zu folgen. In Eile ließen wir das Faß Wein dem darüber erfreuten Maire wieder abgeben . Er schenkte noch freundlich bewirthend einige Gläser ein. In heiterer Stimmung ritten wir schnell ab, nahmen in Sommeville beim Maire eilig ein Mit tagsmahl ein, brachen auf, stießen auf eine Patrouille von 9*
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brandenburgischen Huſaren, und ritten gegen St. Dizier zu. Inden Dörfern, durch die wir kamen, war meistens alles ſtill, die Einwohner hielten sich verſchloſſen in ihren Häusern. Spát kamen wir nach St. Dizier. Soweit ich des Abends beim Mondlichte die Stadt besehen konnte , schienen die Straßen breit , die Häuſer nicht ansehnlich , viele von Fachwerk gebaut. Wir trafen hier das Hauptquartier des Generals v. York , erfuhren nach langem Fragen, daß die 1ste Brigade, mit ihr unser Regiment, bereits in der Rich tung auf Vitri an der Marne weiter vorgerückt sei. Wir ritten weiter, und blieben, da wir das Regiment nicht finden konnten die Nacht in einem Dorfe neben der Straße.
Die
meisten Häuser waren von Truppen beseßt, die Einwohner großentheils geflohen. Nacht zu.
Wir brachten am Kaminfeuer die
XV . Angriff, Beobachtung und Besetzung der Stadt Vitri. Wir fanden am Morgen des 1ten Februars das Regi ment nicht weit von uns. Alles ging auf der großen Straße nach Vitri vor. ,,Vitri bildet ein durch sechs Bastionen vertheidigtes ,,längliches Viereck, von dem eine der kleinen Seiten sich an ,,die Marne stüßt. ,,giebt diesen Ort.
Ein revetirter Wassergraben um Von der Landſeite führen drei Thore
,,hinein, vor welchen eben so viele Vorstädte liegen, die mit ,,Tirailleurs beset waren. Ein Thor führt zur Brücke ,,über die Marne.
Die vollkommene Ebne um Vitri
,,erschwert das Emplacement von Geschüßen, die man um ,,ihnen nur einigen Schuß zu gewähren, einschneiden muß."
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(Geschichte d . Feldzuges v. 1814 v. Damiz . Th . 2 p . 17).
an.
General v. Pirch griff mit der ersten Brigade Vitri Wir gingen vorwärts im Trabe, eben so die Batte=
Die linke Flanke der Brigade und des Armeekorps Ein Schneegestöber ver= ward durch die Marne gedeckt. verhüllte zum Theil den Feind . Schon kamen uns Kugeln, ohne daß wir ihn deutlich sehen konnten. Endlich klärte sich
rieen.
der Himmel auf und jezt sahen wir Vitri und den Feind auf den Wällen der Stadt vor uns . Er war an Geschüßen uns überlegen , und mehrere der Unsrigen , die wir deckten, wurden demontirt. Wir erhielten mit der Artillerie das Feuer des Feindes. Mehrere Pferde wurden erschossen und Das Regiment hatte einen Todten (den und verwundet. Eliten Berg a u) . Die Jägereskadron zog sich mehr nach dem rechten Flügel, wo der Feind seine Posten vorgeschoben hatte. Eine Gewehrkugel eines französischen Kuiraſſir postens ging mir zischend so dicht am Ohre vorbei, daß ich deutlich den Luftzug fühlte. Unsere Flanqueurlinie, zu der besonders mehrere Jäger gezogen waren, die im Feldzuge 1813 wegen Krankheit oder gedrückter Pferde noch nicht gefochten hatten , machte ein Hurrah und hieb mehrere feindliche Schüßen nieder , unter ihnen auch ein Douanier (Steuerbeamten) der auch tiral lirte. Ein Pferd ward uns hiebei erſchoffen, das eines an dern Jägers verwundet. Ein Jäger erhielt einen Bayonet stich, der aber glücklicher Weise nur durch den Mantel ging. Einem andern nahm eine Flintenkugel ein Stück vom Man telkoller weg. Der Angriff gegen die Stadt war nuglos. Man stand von ihm ab , und beschränkte sich darauf, sie zu beobachten. Wir wurden rückwärts nach Martinicourt, dann zur Nacht nach Cloir mit Fußvolk zuſammen ver
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legt. Mit einem Freunde, zweien unserer Offiziere und einem Infanterieoffizier verbrachte ich in einem der besten Häuser des Dorfes bei reichlicher Speiſe und einem Glaſe Glühwein plaudernd den Abend. Das Regiment ward den 2ten Februar wieder nahe an Vitri gezogen, und zwar nach dem Dorfe Marolles. Zwanzig Mann kamen in ein ausgeplündertes Haus.
Das
Regiment gab Feldwachen vor Vitri, die bei wieder einge tretener ziemlicher Kälte beschwerlich waren. Jedoch kamen die Beschwerden des Winterfeldzuges in Frankreich denen in Schlesien und Sachsen nicht gleich. Lebensmittel und Pferdefutter wurden in der Nähe der Stadt bald aufgezehrt , daher aus der Nachbarschaft geholt.
So
mußte ich auch einst von Adecourt Hafer requiriren und herbeiführen lassen. Die Avantgarde und die andern Bri gaden des Yorkschen Korps gingen , nachdem man einen schon beschlossenen Angriff der Stadt mit Sturm , zu dem die Anordnungen bereits getroffen waren, aufgegeben hatte, Das glänzende über den Ornain bei Vitri le brulé. für die Jågereskadron des lithauiſchen Dragoner-Regiments ehrenvolle, aber verlustreiche Gefecht bei la Chaussée führte sie vor Chalons , welches beschossen durch Kapitulation über ging. Unsere Brigade blieb vor Vitri. Um 4ten Februar Die feind war ich bei kaltem Wetter auf der Feldwache. lichen Infanterieposten suchten sich durch Springen und Tanzen zu erwärmen . Sie und die unsrigen neckten sich zu weilen durch allerlei Wendungen. Gegen manchen mochte die Aesthetik gerechten Einwand machen. In der Stille der kalten Nacht hörte man in der Stadt und jenseits der Marne Geräusch wie von rollenden Wagen und fahrenden Kanonen. Ein Infanterie- Offizier mit zwei Grenadieren und einigen freiwilligen Fußjågern kam an den
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Posten, auf dem ich mich befand , fragte nach Nachrichten über das Geräusch : ich erklärte , der Feind schiene abziehen zu wollen. Er forderte mich auf, ihm zu folgen, und wollte meinen Weggang vom Posten verantworten.
Er faßte den
Steigbügel des Pferdes , um im Falle des Rückzuges von mir mitgezogen zu werden . Ein Grenadier ging mit vorges haltenem Bayonet auf der andern Seite, zwei freiwillige Jå ger in den Chauffeegräben. So rückten wir als eine An griffskolonne vor , in großer Stille und jeden Augenblick auf einen Schuß gefaßt. Mehrere Male gingen wir vor, dann wieder einige Schritt rückwärts, als die schleichenden Fuß jåger am Thor noch einen feindlichen Posten zu sehen glaub ten. Mein Nebenmann vom Posten kam nach. Wir pa= trouillirten ein kleines Gebüsch ab und flankirten.
Endlich
erreichten wir den Eingang der Vorstadt , fanden ihn unbe ſegt, aber durch einen Verhau von Wagen gesperrt , und eine Oeffnung, durch die die feindlichen Wachen traten. Mein Gefährte ritt zurück, um zu melden. Die Fuß gånger krochen durch, holten aus dem nächsten Hause einige Bürger, die aufräumen mußten.
Als die Oeffnung noth
dürftig dem Pferde den Durchgang gestattete , ritt ich hinein zur Seite des Offiziers, dem nun noch einige Fußgånger gefolgt waren. Den Såbel am Riemen, die Pistole in der Hand ritt ich vor. Die Jäger hielten die Büchsen im Anschlage. Plöglich als wir in der Mitte der geräumigen Vorstadt waren, ging die steinerne Brücke über die Marne auf der andern Seite der Stadt, vom abziehenden Feinde gesprengt, mit heftigem Knall in die Luft, bei dem wir unwillkührlich. Wir waren bald am Thors wie zum Angriff bereit standen. der eigentlichen Stadt, die ein Wall und ein tiefer Graben mit einer Zugbrücke umgab.
Die Jäger und der Grenadier
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öffneten das Thor, und beseßten es.
Ich galoppirte durch die
Straßen der Stadt, nahm in einer Nebenstraße einen vergef= ſenen Infanteristen gefangen , der mir ohne Widerſtand ſein Gewehr reichte. Die Nacht neigte sich. Auf dem Markte standen mehrere Menschen mit gefüllten Flaschen , um die neuen gewiß nicht erwünschten Gäste zu empfangen . Der Maire der Stadt erschien , überreichte mir die Stadtschlüssel. Ich geleitete ihn an das Thor zurück , wo die Schlüssel in die Hand des Offiziers der Feldwache und dann weiter gingen. Es war mir eine kleine Freude, der erste die Schlüssel empfangen zu haben. Ein Ordonanzofizier brachtesie fpåter dem Feldmarschall Blücher , der sie den Monarchen sendete. Ich hätte vielleicht klüger gethan , zu meiner Em pfehlung die Schlüssel selbst dem General v. Pirch zu über reichen. Auf dem Markt beim ersten Antreten des Maire, gebot ich gleich die nothdürftige Wiederherstellung der Brücke nach zwei Stunden. Es war nur ein Bogen gesprengt. Schnell zusammengebrachte Balken und Planken machten die Ausführung des Gebots möglich, und mit dem Anbruch des Morgens könnte der abgezogene Feind verfolgt werden, = der, da auf dem rechten Marneufer die Brigaden des York schen Korps nach Chalons vordrangen, aufdem linken seinen Rückzug zu nehmen genöthigt war. Ein Restaurateur, der mir vor seinem Hause eine kleine Erfrischung auf das Pferd reichte, freute sich mit mir sprechen zu können und ersuchte mich, zu ihm ins Quartier zu kom men. Daran war nicht zu denken. Ich eilte aber auch außerdem noch zu einem Schmid , da mein Pferd ein Eisen verloren hatte.
Er redete mich deutsch an, war ein Braun
schweiger, hier eingewandert.
Ich wünschte nur rasch wieder
auffigen und bei der Verfolgung an der Spike bleiben zu können. Vielleicht , dachte ich , gewährt ein günstigeres
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Geschick, wozu das kleine Abenteuer des Hineinschleichens in die Stadt die Gelegenheit versagte , Auszeichnung und Aussicht auf das eiserne Kreuz. Mein Bewußtsein sagte mir damals und sagt mir auch jest, daß die kleine Schaar, welche mit mir in die Stadt kam das Verdienst hat , daß Vitri einige Stunden früher besest, und der Feind früher verfolgt werden konnte. Als der Schmid an dem Hufeisen noch håmmerte, rückte die Brigade schon ein.` Heurich, Heurich ! riefen vorbeimarschirend die Grena diere, die durch ein anderes Thor kamen.
Die Stadt ward besegt und der Vortrab vorgezogen. Das Kriegskommiſſariat machte bedeutende Requifitionen. Ich erhielt davon nichts , außer einer Karte von Frankreich, die mir ein Freund nachträglich verschaffte, die mir in der Folge am 26sten März beim schnellen Verfolgen vor Cou፡ lommiers verloren ging. Als ich von der Schmiede zur Eskadron kam, brach der ☺ Morgen bereits an. Das Regiment sollte über die hergestellte Brücke folgen. Der Vortrab desselben war bereits voraus gesandt. Die Stadt nåher in Augenschein zu nehmen, von der ich nur die Kathedrale am Markte von außen sah, blieb mir keine Zeit. Vitri erhielt eine Garnison , die Wälle wurden mit 1 eroberten Geschüßen aus der Schlacht von la Rothiere besest. Nachrückende Abtheilungen, namentlich einige russische Bataillone verstärkten die Besagung , die ſpåter unter dem preußischen Kommandanten v. Schwei chow die Stadt hielt , als Napoleon bei seinem Vordringen nach der Mosel vor ihr lagerte. Der abziehende Feind hatte auf der Straße nach Fere Champenoise noch ein Gefecht mit dem russischen Heer haufen des Generals v. Sacken und verlor einige Geſchüße. 8.
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XVI. Das Regiment folgt mit der ersten Brigade dem Feinde, vereinigt sich bei Chalons mit den übrigen Truppen des 1sten Armeekorps. Märsche über Epernay , Dormansı Chateau - Thierry und dann südlich gegen Mont mirail. Es ist für Reiterregimenter meistens kein Glück, einzeln einer Fußvolksbrigade zugetheilt zu sein. Das Anziehende großer Reitereiangriffe geht ihnen dadurch sehr oft verloren. Wir blieben während der ganzen Dauer des Winterfeldzuges bei der ersten Brigade. Spåter auf dem Marſche bei Eper nay ſollten wir zum Vortrabe des General Kaheler stoßen. Doch ward der Befehl der uns erfreute , wieder abgeändert. Das Fußvolk der 1sten Brigade enthielt tapfere und wackere Bataillone, mit denen wir in brüderlicher Einigkeit lebten.
Gegenseitige Achtung erfüllte die Heurich s jezt
und später als die 7te Brigade mit der ersten zu einer Dis vision vereinigt wurde, unter dem General v. Horn mit der Adlernaſe, der gern der erste beim Angriff und der leßte im Gefechte war.
Tapfer waren eigentlich 1813/14 alle preu
Bischen Regimenter , wenn sie nur gut angeführt wurden. Jeder Führer der nur mit dem Beispiele der Tapferkeit vor anleuchtete, konnte sicher rechnen, daß ihm alle mitBegeiſte= rung folgen würden. Wir folgten von Vitri dem Feinde am 5ten Februar. Er vereinigte sich, nachdem er auf Spizen des Sacken schen Korps gestoßen, einigen Verlust erlitten , mit den Ab theilungen die Marschal Macdonald ihm von Chalons entgegengesandt hatte. Durch den Abmarsch in der Nacht und das Sprengen der Brücke hatte er Zeit und Vorsprung erhalten. Wir konnten seine Maſſen nicht mehr einholen
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und außer einigen Gefangenen ihm keinen Verlust beibrin gen. Auch lag ein nachdrücklicher Angriff wohl nicht im Auf trag der 1sten Brigade, die die Stärke des Feindes nicht ge= nau kannte, und geſchwächt durch das Zurücklaſſen einer Gar nison in Vitri , durch die Marne von den andern Bri gaden des Yorkschen Korps getrennt nur mit Vorsicht ver folgen durfte. Den Nachtrab des Feindes hatten wir oft im Gesicht , und es ward gegen ihn flankirt. Beim Verfolgen stießen wir auf die linke Flanke zu auf eine Abtheilung des brandenburgischen Ulanenregiments. Sie hatten französische Gefangene bei sich. Wir hielten uns ge genseitig für Feinde. Der erste Zug der Eskadron ging auf sie los. Sie wichen eilig , ließen die Gefangenen, auch selbst einige Beute= pferde los, die uns in die Hånde fielen. Sie waren stärker, als unser Zug, fahen ihm aber das Fußvolk nachrücken und sich daher bedroht. Ich ritt mit einem Generalstabsoffizier auf einen Hügel zur Beobachtung. Wir hielten einen Au genblick unsern Zug für Feinde und zogen die Säbel. Endlich nachdem sie eine Anhöhe erreicht hatten, erkann ten beide Theile den Irthum, der belacht wurde. Sie ge= hörtenjedenfalls zu dem Kommando des Majors v. Schier stedt.
Ihr Regiment war mit General v. Kaşeler auf
Chalons gedrungen ; daher konnten wir uns ihr Erschei nen am linken Ufer der Marne nicht erklären.
Im Dorfe
Vesigneul sur Cole hielten wir einige Stunden an, fütter ten die Pferde , und marschirten dann noch zu einem andern Dorfe, (vielleicht Fontaine). Wir wurden einquartirt, aber, enge mit dem Fußvolk zusammen . Ich war in einem Hause mit neun meiner Kameraden und siebenzig Grenadieren. Nach dem Frostwetter der beiden vorigen Tage fiel am 6ten Februar Regen, Schnee und Hagel. Wir stießen bei
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Chalons an dieſem Tage auf dem linken Ufer der Marne auf derHöhe, auf welcher der Telegraph steht, mit den übrigen Truppen unseres York zusammen. Sie hatten nach dem Gefechte von la Chaussee die Vorstadt St. Memmie von Chalons mit Sturm, die Stadt selbst durch Kapitu lation mit Marschall Macdonald erobert. Die eisernen Krieger hatten dem Feinde gut zugesprochen, aber auch nicht minder einem eroberten Champagnerkeller. General v. York, fo erzählte man, ließ die Truppen der Avantgarde und Sten Brigade durch die 7te (v. Hornsche) ablösen : ,, weil die Ste "/ Brigade besoffen ist. ' Uebrigens schien in solchen Tugen den keine Brigade der andern die Ehre allein überlassen zu wollen. Dies zeigte sich auch in den nächsten Tagen. Die Nacht stand das Regiment oder wenigstens unsere Eskadron in Champigneul und zog mit den andern Trup pen des Armeekorps, meistens auf der Kunststraße nach Epernay. Daß hier der schönste Champagner wachse, zeig ten auch bei unserm Heere fröhliche Gesichter und die mit leeren Flaschen bedeckte Straße. Die umhergehenden Be= wohner sammelten sie in Körben . Es schien, als gehörte bei der Reiterei besonders eine volle Champgnerflasche zu den Waffenstücken. Aus den aufgeknöpften Uniformen ragte neben dem Patrontaschenriemen der Pfropf oder Hals einer Flasche hervor.
Selbst die eifrigsten Freunde des Gewehrs
pråsentirens, des Parademarsches , der Richtung der gerollten Mantelsackriemen, der geschwärzten Pferdeschuhe und ähn licher hochwichtiger Dinge machten gegen die durch die Flasche unterbrochene Symmetrie der Knöpfe damals keinen Einwand. Wie im Kriege selbst vorgeschriebene Formen, die im Ganzen nicht entbehrlich sind, mit minderer Strenge berücksichtigt werden, davon erzählte mir in spåterer Zeit ein geachteter, gebildeter Offizier folgendes Beispiel :
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Beim 2ten schwarzen Husarenregiment wird ein tapferer Unteroffizier befehligt, mit drei Mann in ein Dorf in einer aufrührerischen Gegend zu reiten. Mit einer Patrouille von drei Mann, spricht der Unter Dies Ver offizier, reite ich nicht einmal sch ..... Regimentsbefe Unterof gemeldet. hlshaber gehen wird dem fizier, spricht er, plagt Sie der Teufel ? Jener wiederholt ſeine Erklärung. Alle sind gespannt und fürchten für den Unteroffizier. Der Regimentsbefehlshaber denkt nach und sagt zum Offizier : der Mann hat Recht , was soll er mit drei Mann ? Geben Sie ihm zwanzig Mann ! Der Unter offizier empfängt sie, reitet und vollzieht seinen Auftrag. Auf der Straße nach Epernay hatten wir die Marne zur Seite und oft hübsche Gegenden. Auf den Bergen links der Straße, die mit Kalk- und Feuersteinen besåt sind und unfruchtbar scheinen, wächst der schönste Wein.
Nach
Epernay kam das Hauptquartier . Das Regiment vers ließ das freundliche Städtchen und kam in zwei Dörfer seite wärts , die Jäger und 3te Eskadron nach Moucy oder Moussy , die 1 1te und 2te Eskadron nach Pierry. Der Feind wich zurück. Schrecken zog vor uns her. Den Ge neral York machten die Bewohner auch wohl zum duc de York.
Die Einwohner kamen ängstlich und freundlich ent
gegen und waren erfreut, wenn man , zumal französisch sprechend sie beruhigte. Spåter ånderte dies sich freilich. Ich machte in Moucy für die Eskadron weitläuftige Quar tiere. Ueberall boten die Leute ein volles Glas und man mußte sich beherrschen, um nicht des Guten zu viel zu thun. Einer unserer Jäger, ein roher Mensch , der früher Bedien ter gewesen, mishandelte seinen Wirth und ſehte ihn zuleht so in Wuth, daß dieser mit einer Heugabel auf ihn losging, und nur ſein Kamerad ihn rettete.
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Bei regnerischemWetter zog das Regiment am 8ten Fe= bruar von Epernay nach Dormans , wohin das Haupt quartier Yorks kam , und erhielt links von der Straße Quartiere im Dorfe la Chapelle Montodon. Das Dorflag angenehm. Die Gegend umher mit lehmigem Bo den bot kein freundliches Bild . Ich mußte am 9ten Februar mit dem Regimentsquartiermeister Lieutenant Selemann und einigen Kameraden nach Crefancy reiten, einem Orte auf der Straße von Dormans nach Chateau - Thierry , wo wir ein Faß Brandwein und eine Kiſte mit Reiß vom Kriegskommissariate empfingen. Ein Bauer auf einem zweirddrigen Karren mußte mit Er betrank sich, fiel auf seinen Pferden die Ladung fahren. dem lehmigen Boden mehrere Male vom Wagen in den Koth und drückte seine Geſtalt ab, zu meinem Gelächter und dem großen Verger eines meiner Kameraden , der ihn auch durch einige leichte Kantschuhhiebe nüchtern zu machen suchte. In meiner Erinnerung darf ich mich freuen , nie einen Bewoh ner Frankreichs geschlagen zu haben. Mein Arm hat die Säbelklinge nur gegen den Feind im Gefecht geführt. Sehr oft habe ich darum auch freundliches Entgegenkommen fran zösischer Einwohner gefunden.
Spåt des Abends kamen wir
beide mit der Ladung und dem betrunkenen Bauer nach dem kleinen Flecken (petit bourg) Condy , wo wir das Regi ment fanden, Reiß und Brandwein ablieferten, die nicht ver theilt, sondern nachgeführt später wieder dem Feinde in die Hånde fielen. Einige vom Kommissariat empfangene Klei= dungsstücke wurden am andern Morgen vertheilt. Nach dem beschwerlichen Marsch ein Condy ange= kommen ging ich in ein Haus , fand es leer , aber auf dem Tische eine Schaale mit Glühwein, trank einige Gläser und überzeugte mich davon , daß hier Regimentskameraden ein
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quartirt wären, die denn auch bald herbeikamen. Kästners Epigramm mit der Ueberschrift ,, Studenten 8 Brüderschaft" lautend Brüderschaft trink ich dir zu Freundchen wie heißest Du ? durften meine Gefährten auf mich wohl anwenden. Von Condy ging das Regiment am 10ten Februar nach Chateau - Thierry. Die Stadt liegt in einem breiten Thale auf beiden Seiten der Marne. Marschall Macdonald hatte bei seinem Rückzuge die steinerne Brücke sprengen lassen. General York ließ über den gesprengten Bogen eine Nothbrücke legen und stromabwärts noch eine Schiffbrücke schlagen. Die Stadt ward beſeßt , auf dem nördlichen Ufer auf der Straße nach Me aur und nordwärts auf der nach Soisson wurden einzelne Abtheilungen vor geschickt. Befehle aus dem Hauptquartier des Feldmarschalls Blücher geboten dem General v. York , sich seitwärts nach Montmirail zu wenden , wohin auch der General v. Sacken von Fertè sous Jouare ſich zurückziehen sollte, um sich mit den übrigen Schaaren des Feldmarschalls zu ver einigen. Nur Truppen der Sten Brigade und schweres Geschüß blieben daher in Chateau - Thierry. Mit den andern ging York auf der Straße, die über Montmi rail nach Sezanne führt vor. Der Weg war besonders von Viffert aus schlecht. Unser Regiment kam mit der 1sten Brigade am Nachmittage nach dem Dorfe Fonte Die Jagereska nelle. Hier blieben drei Schwadronen . dron ward einige tauſend Schritte davon in das Dorf Rosoy Gâtebled verlegt. Die Häuser des nicht bedeutenden Dorfes lagen einzeln. Die Einwohner waren meistens verschwunden und in die benachbarten Gebüsche geflohen. Unsere Pferde
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wurden Anfangs abgesattelt, bald aber wieder aufgezäumt. Eine Feldwache ward ausgestellt und mit Recht die höchste Wachsamkeit empfohlen.
Eine nach Montmirail zu
geschickte Patrouille, bei der sich einer unserer Jåger befand, der polnisch und etwas russisch sprach, brachte die Nachricht, daß Montmirail bereits in den Händen des Feindes sei, die Kosacken vertrieben wären , und in unserer Nähe nur eine kleine Abtheilung derselben stehe. Ich befand mich mit drei Kameraden in einem Hause dicht an der Feldwache, ließ in der Nacht mein Pferd von einer Fahrschmiede beschla gen und brachte den Rest derselben stets gerüstet, am Kamin feuer zu.
Einer von uns blieb immer wach, während die
übrigen schlummerten , um den Lärmschuß der Feldwache nicht zu überhören und einem Verrath der Einwohner vor zubeugen , die man zuweilen in den Gebüschen flüstern hörte, und die sich leicht mit den feindlichen Vorposten ver einigen konnten. Wir hatten vom Rheine bis hierher nur Napoleons Generalen gegenüber gestanden. Jest war sein von ihm geführtes Heer in unserer Nähe und jeder fühlte, daß ein ernſter Kampf wieder bevorstehe.
Der alte
Feldmarschall hatte durch den entriſſenen Kranz des Sieges bei Brienne den Zorn des Gewaltigen wieder geweckt. Die Schaaren des Heldengreises sollten noch einmal von Napoleon Stöße empfangen ,
bevor sie , die Partei
der lebendigsten Bewegung fast im ganzen vereinigten Heere der Verbündeten , wieder Stöße geben und den Kampf zur Entscheidung bringen konnten.
Die Unglückstage im Fe
bruar 1814 waren für das schlesische Heer Tage , die seine Tapferkeit und Ausdauer neu erprobten und den Ruhm der Führer und der Schaaren nur erhöhten . Im Siegeslaufe glaubten wir Paris zu erreichen. Um einen Monat ward die Erfüllung unserer Wünsche verzögert, Napoleons ver
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hängnißvoller Ausspruch im geseßgebenden Körper erfüllt : ,,In drei Monaten follet Ihr einen ehrenvollen Frieden haben, oder ich will nicht mehr sein. "
XVII . Gefecht bei Montmirail den 11ten Februar 1814.
Am 10ten Februar hatte Napoleon bereits den russi schen General Olsufiew bei Champaubert nach einer heldenmüthigen Vertheidigung geschlagen , gefangen genom men , und sich nach Montmirail gewandt , um den Ge neral v. Sacken zu bekämpfen, der am Ferté sous Jouare zurückkam, und mit dem Muthe eines Helden den ihm über legenen Feind angriff. Ohne Hilfe des Vorkschen Korps wåre Sacken von der feindlichen Uebermacht unfehlbar erdrückt. Russen und Preußen mußten vereint heiß kämpfen gegen den Feind . Sie waren auch jest Zeugen gegenseitiger Tapferkeit. Bis um die Mittagszeit des 11ten Februar war es bei uns ruhig. Dann ward die Eskadron eilig zum Regimente nach FonS tenelle zurückgezogen . Es war heller Sonnenſchein. In ihm glänzten die Bajonette des Fußvolks, das am Nachmittage in Fontenelle herum sich sammelte, um anzugreifen. In der Nåhe war ein Telegraph, von dessen Gallerie mehrere Per sonen, die nicht in Reih und Glied ſtanden, den Kampfplag erblickten, und dem Gefechte zusahen, bevor es spåter dem Orte näher kam. Eine bedeutende Schaar Marketenderinnen und Soldas tenfrauen weinten, als die Bataillone der 1sten Brigade, dar unter ihre Männer, durch Fontenelle im Schnellſchritt durch und vorbei zum Angriff, ungefähr in der Richtung gegen les Tourreur hin ritten.
Aus einer aufgefundenen Aepfel 10
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kammer warfen sie den zum Kampfe gehenden Grenadieren und Landwehrmånnern epfel zu. Die Gegend hat Lehm boden, der vom Regen aufgeweicht war, viele Wäldchen, die des Feindes verdeckte Aufstellung schüßten und uns auch die Schlachtreihen der Ruſſen und Franzosen nicht gehörig überblicken ließen , obgleich der Kanonendonner in unserer Nähe brüllte.
Auf dem äußersten linken Flügel von uns
stand unsere Reservekavallerie, deren Flanqueure mit denen des Feindes plånkelten.
Nach ihr folgte die 1ste Brigade an die
sich wieder rechts die 7te unter General v. Horn schloß. Unser Regiment erhielt eine Stellung auf einer kleinen An höhe. Dicht vor und dicht neben uns spielten einige preus ßische und einige russische Geſchüße gegen den Feind .
Vor
uns senkte sich ein Wiesengrund gegen ein Wäldchen (Wåld chen von Plenoi) , das der Feind besezt hatte, hinter dem andere Kolonnen desselben verdeckt standen. Die Batail lone der Brigade gingen zum Angriff vor , um den Russen Luft zu machen und ihnen, nachdem sie nach verschiedenen Angriffen den rechten Flügel zurücknehmen mußten , den Rückzug nach Chateau - Thierry_möglich zu machen. Die vorgehenden Bataillone unserer Brigade wurden von fürch terlichem Feuer empfangen und mit großem Verluste ges drängt. Mehrere wackere Offiziere fielen oder wurden verwun det. Es wollte anfangs nicht gelingen, den Wald zu behaupten. General v. Pirch selbst wurde in unserer Nähe ver wundet. Die Jäger Klein und Reichel brachten ihn nach
Chateau - Thierry.
Obristlieutenant v. Schon von den westpreußischen Grenadieren fiel verwundet und starb auf dem Schlachtfelde in Feindeshand. General v. York hielt deshalb dem Bataillon am folgenden Tage, wie man erzählte, eine von ihm nicht verdiente Strafrede. gleich den übrigen.
Es focht tapfer
Erst spåt gegen Abend gelang es einem
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Bataillon des 13ten schlesischen Landwehrregiments den wieder von ihm und den schlesischen Grenadieren genom menen Wald bis in die Nacht zu behaupten. Die Angriffe der 7ten Brigade konnten wir minder übersehen. Wir mußten unsern Plaß behaupten , empfingen mit dem Fußvolk Gewehrfeuer, besonders von den vordringenden feind lichen Tirailleurschwärmen. Mehrere Pferde des Regimentes wurden verwundet. Ein Offizier der Eskadron erhielt einen Stoß von einer Flin tenkugel am Steigbügel, ritt auf einen Augenblick aus der Reihe und besah den glücklicherweise unverleßten Fuß. Am Steigbügel blessirt ! riefen leise scherzende Stimmen, als er ruhig wieder vor seinem Zuge hielt.
Er durfte den Scherz
nicht übel deuten , denn er wußte , daß ihn , den braven Ges fährten, die Kameraden nicht für feige hielten. Ein Geſchüß vor unserer Front ward von feindlichen Tirailleuren um schwärmt, dennoch hielt es brav aus und fuhr ab. Dasselbe fand bei einem russischen Zwölfpfünder dicht vor uns statt; die wackern Artilleristen standen , wie die Mauern und rettes ten ihr Geschüß .
Gern hätten wir auf die feindliche Tirails
leurlinie einhauen mögen, um sie uns vom Halse zu schaf fen. Doch dazu war kein Befehl und der Boden auf dem gesenkten Wiesengrunde neben dem Walde, aus dem der Feind uns ungestraft håtte niederschießen können, ungeeignet. Kein Regiment sollte auch nur einen Schritt aus der Stel lung zurückgehen. Als bei dem Zurückgehen des Fußvolkes nur eine kleine Bewegung entstand , wiederholte ein Adjutant des General v. York den geschärften Befehl. Für unsern Regiments kommandeur Mojor v. Knobloch war solcher nicht nöthig. Ruhig und bewußt hielt er vor dem Regiment im Feuer, wie auf der Parade. 10 *
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Früher in Rußland in der Schlacht an der Moskwa, wie in den Schlachten des Jahres 1813, hatte er feste Haltung in der Stunde der Gefahr gelernt und bewiesen. Die heißen Stunden dieses blutigen Tages mußten es dem Kaiſer N a = poleon wohl sagen, daß er auch siegend nicht mehr in der Zeit Krieg führte, in der die feindlichen Schaaren vor ihm sich in Unordnung auflöſten und ihm leichte Triumphe bes reiteten. Die Ruſſen zogen sich immer mehr zurück und hinter uns nach Chateau - Thierry ab . Um so mehr mußten die Preußen die Stellung bis zur Nacht behaupten.
Erst als
es völlig Dunkel wurde, der Donner der Schlacht verstummte, rückten wir etwas zurück und bivouakirten. Die Russen brachten ihr Geschüß mit höchſter Anstrengung zurück, indem die Reiterei mit Hülfe von Fouragierleinen die Artillerie un terſtüşte. Unser Regiment leistete ihr wesentlichen Beistand im Heben und Fortbringen der Geſchüße. Das Gefecht wird nach Montmirail benannt, obgleich um das Städtchen selbst nicht gekämpft wurde.
XVIII. Rückzug nach Chateau -– Thierry. Gefecht aufder Straße dahin. Webergang auf das nördliche Ufer der Marne den 12ten Februar 1814. Während die Ruſſen des Korps v. Sacken ihren Rück zug nach Chateau - Thierry unter den Beschwerden des schlechten Weges fortseßten, mußten die preußischen Briga den mit höchster Aufmerksamkeit auf die Haltung des Fein des die Nacht zubringen. Auch seine Schaaren waren durch Sie ließen Mårsche und den blutigen Kampf ermattet.
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uns in der Nacht in Ruhe. Nächtliche Ueberfälle, in denen im eigenen Lande die genaue Kenntniß der Gegend und die Mitwirkung der Einwohner den Kaiser Napoleon unter ſtügt hätten, schienen ihm nicht genehm.
Als Feldherr, der
alles mit umfassendem Geiste berechnete , wollte er vielleicht der Gunst des Zufalls möglichst wenig überlassen , zumal in einer Zeit, in der der Glaube an die Dauer seines frühern Glücks auch bei ihm erschüttert sein mußte, wenn auch jest die Tage bei Champaubert und Montmirail denselben er neuerten. Unter dem Befehl des General v. Horn traten die bei= den Brigaden, erst die 1ste und dann die 7te , in der Nacht den Rückmarsch über Viffort nach Chateau- Thierry an. Der Feind folgte erst mit Tagesanbruch und drångte nicht stark in der Front, um ſeinen umgehenden Reitermaſſen auf den Flügeln Zeit zu gewähren. Wir folgten dem Fußvolke. Ungefähr mit Tagesanbruch waren wir an dem Grunde hinter Viffort , wo wir uns aufstellten. Nachdem zu rückziehende Schaaren wieder durch den Grund vorbeis gezogen waren , gingen wir auf Befehl Yorks weiter rückwärts über eine zweite Vertiefung bei les Noués . Hier nahmen die Brigaden wieder eine Aufstellung . Unser Regi ment stand auf dem rechten Flügel der 1sten , links von uns hinter dem Fußvolk stand die Reservekavallerie unter Gene ral v. Jürgaß. Die Avantgarde unter General v. Kahler kam durch den Grund, durch den ein Bächlein dem Marne thal zufließt , zog sich von den beiden Brigaden und der Reservekavallerie aufgenommen, durch, ging nach Chateau Thierry und dort über die Marne. Bald erschien , nachdem wir einige Zeit die Pferde gefüttert hatten, auf den gegen überliegenden Anhöhen der Feind.
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Seine Flanqueurs und Schüßen plånkelten mit den unserigen. Wir stellten uns in Schlachtordnung auf. Der Feind drängte unsere Plånkler durch den Grund, und brachte, durch den schlechten Weg aufgehalten, nur einige Geschüße aufdie Anhöhe, aus denen er uns begrüßte. Einige Kugeln gingen über uns hinüber. Eine sah ich in das westpreußische Dragonerregiment einschlagen. Unser Regiment schwankte in Zügen und zog sich dann etwas zu rück. Durch eine Tirailleurlinie war die Front der Brigade gedeckt. Nachdem der Feind stärkere Massen hatte vorrücken lassen, mußten auch die Brigaden allmählich zurückgehen. Nach dem äußersten linken Flügel zu stand russische Reiterei, unter ihr das Dragonerregiment von Smolensk. Die Regi
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menter unserer Reſervekavallerie mußten sich auch mehr dort hin ziehen , um der umgehenden feindlichen Reiterei die Spise zu bieten. Gern wären wir ihnen gefolgt , um uns dort im Reitergefechte zu tummeln. Sie hieben wacker ein, mußten aber endlich der Uebermacht weichen. Manche wackere Kämpfer auch aus dem Kreise meiner Bekannten in der Jå gerſchwadron des litthauischen Dragonerregiments fanden dort Wunden, Tod oder Gefangenschaft. Wir blieben bei dem Fußvolk der 1sten Brigade. Die Eskadrons unseres Regiments zogen sich mit ihr langsam in der Nähe der Straße nach Chateau - Thierry zurück. Die Jägerschwa dron wurde befehligt , auf dem rechten Flügel einem tirailli renden Grenadierbataillon sich anzuschließen und hielt einige Zeit in seiner Nähe. Wir sahen die Bewegungen des Feindes , sein Drången Aus der
nach dem linken Flügel und auf der Hauptstraße.
Ferne gewahrten wir auch mit Schmerz, wie feindliche Rei ter einzelne zurückgebliebene und ermattete Tirailleurs nieder hieben. Wir gingen mit dem tiraillirenden Bataillon dem
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Feinde nåher.
Ein Staabsoffizier der Brigade (vielleicht
Kapitain v. Arnault ?) führte die Tirailleure muthig und beherzt. Es kam darauf an Zeit zu gewinnen und den Feind hinzuhalten, bis die zurückziehenden Schaaren und das rus sische Korps Chateau-Thierry und die Marne passirten. Die Tirailleure machten noch einmal einen Angriff und trieben den Feind aus den Gärten und Verzäunungen eines Dörf chens auf dem rechten Flügel (vielleicht les Noues ?) zurück. Jest zeigte sich plöglich uns gegenüber eine starke feind liche Reiterei- und Fußvolkslinie. Einzelne Reiter des Fein des waren vorgesprengt.
Mit dem Rufe: Kavallerie vor!
Heurichs ! kamen unsere Tirailleure zurück. Wir gingen mit dem Sábel in der Faust dem Feinde entgegen. Jest gab es einen tüchtigen Kugelregen. Im Sturmschritt kam uns das feindliche Fußvolk entgegen. Besonders bemerkten wir die Bärenmüşen der französischen Grenadiere , deren Messingbleche im hellen
Sonnenschein
glänzten.
Wir
schlossen uns an den rechten Flügel des Bataillons, gingen mit ihm im gleichen Schritt zurück, verfolgt von stetem Ge= wehrfeuer ; jedoch nur einige Pferde wurden verwundet. Wie viele Kugeln werden doch ohne Wirkung verschossen ! Das Pferd meines Hintermannės, eines Verwandten , der beim Umkehren nun mein Vordermann geworden, bekam auch vor meinen Augen eine Flintenkugel in den obern Schenkel. Es brachte diese Kugel sowie eine aus dem Gefechte bei Roth nauslis später nach der Heimath zurück, und wurde von der Weide gestohlen . Wir geleiteten das Bataillon bis an ein Gehölz in der Nähe des Bergabhanges, zwischen der Straße und N o gen= tel, wo es sich stüste und mit andern Truppen vereinigte. Kurz vorher klemmte ein Jåger beim Durchreiten zwiſchen einzeln stehende Baunpfählen sich an einem derselben den
152 Fuß und rief in der Meinung, daß sein Nebenmann davon die Schuld trage in Reih und Glied : Donnerwetter mein Fuß! Ja, meiner auch ! rief der Eskadronchef. Diese scherzhafte Unterbrechung erheiterte auch in der sehr ernsten Stunde.
Nachdem wir uns am Gehölz vom Ba
taillon getrennt hatten, gingen wir imscharfenTrabe halb rechts, schwenkten noch zur rechten Zeit in die Zwischenräume der Fußvolkskolonnen ein, und schlossen uns dann dem Regi mente wieder an, das am Bergabhange entſchloſſen zur Dek kung des Rückzuges aufmarschirte. Eben als die Eskadron sich ihm näherte, prallte die feindliche Reitermasse gegen die Vierecke unserer Infanterie, wurde mit Nachdruck empfangen und zurückgeworfen . Einige russische Vierecke wurden spås 1 ter gesprengt und theils gefangen , theils niedergehauen. Wäre unsere Eskadron um 10 Minuten später gekommen, so håtte uns der Feind abgeſchnitten, und wir würden uns durch seine Massen kaum haben durchschlagen können. Ge wiß würde der Entschluß dazu aber nicht gefehlt haben. Ohne Niederlage im Handgemenge hätten wir uns gewiß nicht ergeben. Während wir am Abhange der Höhen, von denen der Weg von Montmirail nach Chateau - Thierry hinunter in eine Ebene vor der Stadt führt , aufmarschirt standen und die Infanterie theils durch die Stadt , theils über die Wie fenfläche und die Schiffbrücke stromabwärts zurückging, ſam melten sich um und neben uns die Reiterregimenter, die auf den linken Flügel eingehauen hatten und zum Theil in Auf lösung dem Bergrande zueilten.
Besonders war das ruf
ſiſche smolenskische Dragonerregiment auseinandergesprengt. Unaufhörlich hörte man seine Offiziere rufen : smolenski Dragunski stuy !
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Einzelne Kosaken riefen : Pruski kamrad , Urrah ! ritten dann zwanzig bis dreißig Schritte vor und schossen ihre Pistolen ab. Ohne die Festigkeit der Anführer und den kern haften Muth der Heere hätte die Marne den beiden Heer haufen leicht eine zweite Berezina werden können . Nachdem unſer Regiment einige Zeit hier gehalten und zur Sicherheit des Rückzuges beigetragen hatte , marschirte es in Zügen im Schritt nach der Stadt. Unterdessen hatte der Feind schon einige Geschüße auf die Anhöhen gebracht und Kartätschen ſalven brausten durch die Luft , aber zu hoch gerichtet über unsere Köpfe hinweg. Die Eingänge der Vorstadt , zu der eine Baumallee führt , waren von unserm Fußvolk zur Ver theidigung eingerichtet und beſeßt. In den Fenstern derHäuſer standen Jåger und Truppen der 8. Brigade , die unter dem Prinzen Wilhelm Stadt und Brücken beseßt hielt. In der Vorstadt diesseits der Marne bis zur Hauptbrücke stopfte sich Alles. In der Mitte der Straße marschirte die Reiterei, auf den Seiten ging Fußvolk. Einzelne Kugeln des Feindes fielen in die Stadt und in die Dächer der Häuser. In geringer Ent fernung von mir zerschmetterte eine den Kopf eines Fußsole daten, wenn ich nicht irre von der schlesischen Landwehr. Eine andereschlug in ein Dach, daß deſſen Ziegelstücke weit umhers flogen. Oft wenn der Zug sich stopfte, bliefen die Trompeter Marsch und Trab. Jenseits der Brücke hielt General v. York und ließ die Schaaren in Ordnung vor sich vorbeiziehen. Sobald aber ein Zug oder eine Rotte an ihm vorüber war , mußte im schårfsten Trabe weiter und auf dem andern Ufer auf der nach Paris führenden Straße geritten werden. Die über den gesprengten Bogen gemachte Nothbrücke, deren Böcke auf einem an Ankern befestigten und gegen die Pfeiler verspreizten großen Kahne standen, bebte und schwankte, hielt aber doch und rettete die Schaaren, die der Uebermacht wichen
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und bald wieder zum neuen Kampfe bereit erschienen. Eben, als wir beim General v. York vorbei ritten, konnten wir strom abwärts auf der Wiesenfläche das Andringen einer feindlichen Reitermasse überschauen , die der Schiffbrücke zueilte, um ſie vor dem Abbrechen zu erobern. Aber in diesem Augenblicke gaben die vom Prinzen Wilhelm auf der Promenade am rechten Ufer unter Bäumen verdeckt aufgestellten Geschüße ein so wirksames Kartåtschenfeuer , daß die Reiterſchaaren bergauf zurückflohen und die Brücke abgebrochen wurde. Zu derselben Zeit , nach dem Vorbeiritt beim General v. York fand eine spaßhafte Szene statt. Ein Jäger unserer Eskadron und ein Dragoner des ruſſiſchen Regiments Smolensk sahen ein großes Brod an der Straße liegen. Wie der Blig waren beide aus der Reihe, vom Pferde, und faßten es auf der Erde gleichzeitig. Es brach von einander. Jeder nahm die Hälfte, stieg auf und jagte seiner Rotte nach. Geordnet hielt das Re giment auf einer bedeutenden Anhöhe an der Pariser Straße, von wo aus man das Marnethal und das Andringen des Fein des überschaute , und ging dann auf Befehl auf eine Anhöhe stromaufwärts rechts von der Straße, die von Chateau Thierry nach Soissons führt. Dortsammelte sich das Fußvolk unserer Brigade. Die beiden lezten Tage hatten sie gewaltig gelichtet. Das Korps v. York hatte einige Tausend Mann und 3 Geſchüße verloren. Mit dem Degen in der Hand hatte der Feind aber kein's genommen . Einen Zwölfpfünder sah ich demontirt kurz vor unserm Einschwenken in das Regiment im Lehm versunken stehen. Die Nacht senkte sich nieder. Der Kampf um Chateau-Thierry und die Brücke hörte aber nicht auf. Der stürmende Feind und unser muthvoll sich vertheidi gendes Fußvolk fochten mit Entschlossenheit und Erbitterung. Ruhig konnten wir auf unserer Anhöhe während des furcht baren Kampfes an der Brücke die Pferde füttern , und uns
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am Feuer erwärmen . General von York mit seinem Staabe brachte die Nacht auf der Höhe am Feuer zu. Ein Baum bezeichnete den kommenden und gehenden Adjutanten und Ordonanzenseinen Aufenthalt. Auf beiden Seiten der Marne waren die Anhöhen von Wachtfeuern erhellt. Auf dem linken Ufer erfüllte der Lärm des siegestrunke nen feindlichen Heeres die Luft. Napoleons Gegenwart be geisterte die Schaaren. Auf dem rechten Ufer lagerte die durch zwei Unglückstage und den Verlust vieler Brüder gebeugte, aber nicht muthlose Schaar der Preußen. Die Truppentheile, welche nicht weit von einander standen, besuchten und erkun digten sich nach den Verlusten . Mancher Versprengte fand sich in dem Augenblicke ein , als ſeine Gefährten bereits ſei nen Verlust betrauerten. Die Grenadiere der ersten Brigade erſchienen bei uns , und gern theilte jeder mit den braven Heurichs sein lehtes Stück Brot. Unaufhörlich gingen Pa trouillen långs der Marne, um einen Uebergangsversuch des Feindes zu entdecken. Unser Regiment hatte durch seine Stellung bei der Infanterie wenig gelitten . General v. Horn hatte aber dasselbe dem General v. York als ein Regiment empfohlen , das durch feste Haltung die Infanterie gerettet. General v. York bewies demselben auch bald sein Wohlwollen, und zog es später in Rheims in ſein Hauptquartier. Einige Jäger wurden zur Wache bei ihm befehligt, hatten aber nur Dienst im Vorzimmer , durften das Gewehr einstecken und wurden mit Champagner bewirthet. Neben den wichtigen Dingen stehe hier noch ein Zug von treuer Liebe und Anhänglichkeit eines Dieners . Die schöne Rappstute des Lieutenant von Hüllesfem verlor am Tage vorher ein Eisen. Sein treuer Diener Friedrich Link eilte sofort mit ihr nach Chateau-Thierry und ließ sie beschlagen, während sein Herr am 12. Februar ein schlechteres Pferd
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reiten mußte. In dem Augenblicke , als das Regiment oben auf der Höhe dem Feinde in fester Haltung sich entgegen stellte , und der Besizer mit Sehnsucht sein besseres Pferd herbei wünſcht, erscheint Link , der bereits auf dem Nordufer der Marne in Sicherheit war , nachdem er sich mit Mühe durch die Stadt und die zurückgehenden Schaaren gedrängt hat, und übergiebt dem Herrn im Gewühl und Andrang das beffere Pferd. Auf dem Gute deſſelben naht ihm jeßt der Lebensabend. Große Thaten finden in der Geſchichte ihr Lorbeerblatt. In dieser anspruchslosen kleinen Schrift kann wohl auch eine unbemerkte Handlung der Liebe ihre Stelle finden.
XIX Das Regiment geht über Oulchy , Fismes, Rheims nach Chalons 13. - 16. februar. Der Theil der Stadt von Chateau-Thierry auf dem rech ten Marneufer ward nach Abbrechung der Brücke , noch bis zum Nachmittage des andern Tages gehalten. Die aus französischen Quellen geflossene Nachricht , daß ein kühner Schwimmer, ungeachtet der Fluß mit Eis ging , einen Kahn vom rechten Ufer holte und so den Uebergang vorbereitete, scheint mir kaum gegründet. Der Frost trat, soviel ich mich er innere , erst wieder nach dem 14. Februar ein, mithin konnte am 13. die Marne wenigstens nicht Eis treiben . General Karpow mit Koſaken hielt bei Chateau-Thierry bis zum Nachmittage des 13. Februar. Nachdem v. Vork und Sacken in der Nacht vom 12.
und 13. ihre Schaaren nach den blutigen Tagen wieder gez ordnet hatten, traten sie, York bald nach Mitternacht, Sacken
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`ſpäter als Rückhalt folgend, den Marſch an , auf der Straße nach Soissons, und wandten sich von Oulchy le Chateau, die Kunststraße verlassend nach Fismes an der Vesle, auf einem fandigen Seitenwege über Mareuil en Dole. Unfer Regi mentfolgte, etwa gegen drei Uhr Morgens. Auf dem Marsche ward über unsere Lage gesprochen . Ein Husarenoffizier vom zweiten Regimente äußerte im Stillen gegen mich und einen Jäger, seinen und meinen Verwandten , daß wir mit dem Morgen uns vielleicht durchschlagen müßten. Denkbar war derFall, da man nicht genau wiſſen konnte, ob nicht vielleicht Napoleon gegen Dormans Streifparteien über die Marne senden würde. Einige Wagen mit verwundeten Infanterie offizieren fuhren in unserer Nähe. Die Stimmung war eine ernste, aber nicht verzagte. Einige Jäger, die im Jahre 1813 noch nicht gefochten hatten, äußerten sich verzagt und tadelnd über den Feldzug von 1814. Wir übrigen dienten ihnen aber gehörig mit Redensarten , die nicht zu zart abgewågt waren. Mir ist nie der Gedanke an das Mißlingen unſerer Sache in den Sinn gekommen. Namentlich hatte der nach einem Rückzuge gewonnene Sieg an der Kazbach mich in dem Glauben an unserm Triumph bestärkt. Bei einem Dorfe wurde etwa zwei Stunden angehalten und gefüttert. Wir gingen am Schloß Dulchy vorbei. An den Ständern der Treppe bemerkte ich zwei ausgeschnigte Löwenköpfe, an denen ich später im März in der Nacht den Ort wieder erkannte, als wir über Soissons nach Laon marſchirten . Spåt gingen wir durch das kleine Städtchen Fismes , bei dem auf dem rechten Ufer der Veste sich eine ziemlich starke Stellung für ein zurückgehendes Kriegsheer befindet. Mit den Quartier machern ritt ich voraus bis zu einem Dorfe Lavalette. Der im Tagebuch vermerkte Name wird aber wohl nicht richtig sein. Das Quartiermachen war nicht nöthig. Die Eskadron
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erhielt drei Häuser , deren Bewohner entflohen waren. Die Thüren wurden erbrochen und Lebensmittel gefunden. Wie freilagerten um die Häuser herum. Am 14. ging das Regiment mit dem Armeekorps nach der alten Königsstadt Rheims , ich voraus mit den Quartier machern durch ein schönes Thor der Stadt. Wir hielten in derselben an, um auf der Mairie die Einquartierung der Trup pen zu besorgen. Eilig lief ich mit einem andern in einen Buchladen , um eine Karte der Champagne zu kaufen. Auf der Straße entstand ein Auflauf. Rasch ward der Karten handel abgebrochen und zu den Pferden geeilt. Furcht und Neugier hatte beim Einzug einer Abtheilung Kosaken den Auflauf bewirkt. Das Regiment sollte nach Cerney, einem großen, wohlbebauten Dorfe östlich von Rheims kommen. Wir ritten dahin ab und kamen Abends an . Der Maire wollte bei der Größe des Dorfes die Einquartirten zum Theil ein zeln vertheilen. Wir hatten aber entgegengesezte Befehle, da die Einwohner mit den Kriegsereignissen bekannt waren. Wir håtten nichts zu fürchten, äußerte offenherzig der Maire. Ich ließ ihn die Quartierbillette schreiben , suchte auch mir ein gutes Quartier aus, ließ mein Pferd vom Schmidt beschlagen, und dankte ihm in sehr verbindlichen Ausdrücken zum großen Gelächter der Bauern, für seine Mühe. Bald rief eine Ordo nanz uns nach Rheims zurück. Das Regiment war dort zurück behalten zur Sicherheit des Hauptquartiers des Generals v. York und hatte Quartiere erhalten, doch eine sehr große Wache gestellt , die auf einem freien Plage am Feuer lagerte und fortwährend Patrouillen durch die Stadt schickte. Ich erhielt mitten in der Nacht ein Quartier bei einem armseligen Fris feur in der rue des Tapissiers , mein Pferd kam in einen Stall gegenüber dem Portal der großen Kathedrale. Mein Wirth versicherte mir heimlich seine Sehnsucht nach der
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Wiedereinſegung der Bourbons.
Die Aussicht
auf
bessern Perrückenabsaß schien nicht ohne Einfluß auf seine politische Gesinnung. Uebrigens zürnte Napoleon der Stadt Rheims , die sich ohne Widerstand einer Kosaken abtheilung ergeben hatte, gegen die sich die Bürgerschaft, durch hohe Stadtmauern geschüßt, allerdings håtte für den Augen blick vertheidigen können. Nacheinigen Stunden des Schlafes eilte ich am 15. Fe= bruar in die Kathedrale, das prächtige Gebäude, in dem einst die Heldenjungfrau einen König zur Krönung führte. Tiefen Eindruck machte auf mich die Stätte voll großer geschichtlicher Erinnerungen. Mit dem Såbel an der Seite durchschritt und betrachtete ich die heiligen Räume , gleichzeitig mit unserm braven Regimentskommandeur , Major v. Knobloch , der mir sagte, daß wir wahrscheinlich bald marschiren würden. Unsere Schwerter und Bajonette sollten in Frankreich einem vertriebenen Königsgeschlechte wieder den Weg zum Throne bahnen , dessen Vorfahren an dieser Ståtte die Salbung er hielten. An die Jungfrau von Orleans dachten jezt gleich mir gewiß sehr viele in unserm Heere. Als wir am Nach mittage auf dem Markte versammelt wurden, um einquartirt zu werden , erschien vor der Front unseres Regiments auch dessen früherer Befehlshaber GrafLehndorf und sprach Schil lers Worte : Das weite Rheims faßt nicht die Zahl der Gåfte, Die stromend wallen zu dem Völkerfeste. Wir waren nicht gerade zu Festen nach Rheims gekommen. Verlorne Gefechte hatten uns dahin genöthigt . Unſere Unifor men, in denen die Lagerfeuer manches Stellchen ausgebrannt hatten, konnten nicht als Festanzüge gelten. Aber das Herz war frisch und ungebeugt , zumal da wir erfuhren , daß der alte Blücher mit seinen andern Schaaren nach hartem
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Strauß bei Chalons angekommen ſei und wir nun bald mit ihm vereint neuen Kämpfen und , das glaubten wir , neuen Siegen entgegengehen würden. Nach der Umquartierung kam ich in ein Quartier mit drei andern Kameraden in der Faubourg serrée zu einer freundlichen Kaufmannswittwe, die eine Materialhandlung führte. Einer der Kameraden war beim General York zum Vorzimmerdienste und kam höchst erfreut von da zurück. Ich freute mich, in einem angenehmen Quartier die Nacht unter Dach zubringen zu dürfen. Die Erwartung , jeden Augenblick aufbrechen zu müssen hinderte mich, die große Stadt genau zu besehen , die schöne Straßen und Pläge , aber auch mehrere enge Gaffen hat. Der Feind war nur bis in die Gegend von Fismes der Nachhut des Sackenschen Korps gefolgt, drångte uns daher nicht. Befehle des Feldmarschalls Blücher von Chalons riefen unsere beiden Korps dorthin. Gegen Abend kam der Marschbefehl und alles brach plôßlich auf. Meine Wirthin, der wir für freund liche Aufnahme dankten , empfahl sich höchst freundlich und höflich, schloß aber dennoch, sobald wir den Pferden die Sporen gaben, eilig dieHausthür hinter uns . Vielleicht besorgte sie, daßNachzügler eindrigen könnten, vielleicht hielt sie auch un fern Aufbruch für eine Folge des Vordringens Napoleons und fürchtete ein Straßengefecht. Während wir auf den öffentlichen Plågen uns ſammel ten und die Kolonnen sich ordneten , brach die Nacht an und verhüllte, als wir das Thor verließen, die französische Krd nungsstadt. Mit dem vorigen Tage war Frost eingetreten. Der Himmel war heiter und kein Windzug. In einer Neben straße hatten die Grenadiere unserer Brigade einen Lichtzieher laden geöffnet und sich ohne Geld mit Lichten versehen, von denen fast jeder ein's brennend in der Hand hielt, oder gar am Tschako befestigt hatte. Hierdurch erhielt der Zug ein feierliches
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Ansehn, und der Marschbei dieser Erleuchtung war angenehm. Er ging auf der Kunststraße nach Chalons zu . Bald fenkte fich der Schlaf auf uns nieder. In großer Anzahl kamen die Pferde mit ihren schlafenden Reitern aus den hintern Zügen nach der Spike. Mehrmals wurden die Rotten von den Offi zieren , die selbst einschliefen , wieder geordnet. Ich ritt dicht an der Spiße und hatte mein Vergnügen an den schlafenden Gruppen, die nach beliebtem Rufe ,,nach Taback , nach Ta back" ritten, bis ich es ebenso machte. Unser braver vor mir reitender Major v. Knoblochschalt aufdie Schlafenden, die ihn selbst drängten, schlief aber bald daraufauch ein . Sein Rappe ging mit ihm vor einem ganzen Infanterie-Battaillon vorbei, ehe er wieder erwachte. Der Regimentsadjutant kam auch schlafend und gebückt vor mir vorüber , so daß der Mantel kragen ihm über den Kopf hing. Nach mehreren Stunden ward an einem Dorfe (wahrscheinlich les grandes Loges) angehalten und am Wachtfeuer geruht. Einige Regiments Kameraden brachten einen Topf mit Schweineschmalz herbei. Er ward ans Feuer gesezt. Einer hatte zwei gerupfte Tauben im Schnappsacke. Sie wurden im Fett gebraten oder viel mehr gekocht. Wer sonst ein Stück Fleisch hatte , vertraute es dem Topfe an. Aus einem von Einwohnern verlassenen Hause des Dorfes erscholl der fröhliche Gesang eines Kameraden. Die Stimme führte durch die Zimmer zu einem Gemache, das sonst nicht gerade zum Geſange begeistert. Er war jedes mal über solchen Fund beglückt , und ließ ſeine Freude im Sange kund werden. Er machte auf den Lagerplågen sich für Geschäfte dieserArt jedesmal eine Vorrichtung. Seine Faul heit in der Sorge für seinen Unterhalt war so groß , daß er lieber hungerte , einst vor Hunger eine rohe Kartoffel aß, aber sich nie entschließen konnte , sie zum Kochen selbst vor 11
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zubereiten. Freundlich , heiter , gutmüthig , bei allen beliebt, und ein tüchtiger Junge im Gefecht, ging er hungrig zu den Kesseln aller Kameraden und pflegte gewöhnlich zu sagen: Brüderchen, gieb doch ein Kartoffelchen, ein Stückchen Fleisch ! Jeder lachte und gab. Im Gefecht von Rothnauslih verlor er den Tschako , holte sich aber im Handgemenge von einem Chasseur eine französische spiße Feldmüße und kam zu un ferm Gelächter mit ihr geschmückt zurück. In Balduinstein bei einer Dorfsfestlichkeit ſtand er in der Tanzkolonne. Seine Tänzerin entfernte sich. Warte doch, ſagte er zum Aufführer, meine Dame ist nur melken gegangen ! Meine lieben Gefähr ten werden sich des wackern Kameraden erinnern , den ich meine. Seit unserer Trennung beim Frieden habe ich ihn nie wiedergesehen. Mögen ihn , wenn er noch lebt und dieſe Zeilen in seine Hånde kommen , dieselben in der Erinnerung erfreuen. Nach frühem Aufbruch vom Lagerplage erreichten wir mehrmals anhaltend den 16. Februar Chalons und erhielten auf der nördlichen Seite, auf dem linken Ufer der Marne, an und in Gårten der Vorstadt unsern Standort. Strohdecken von Frühbeeten wurden zu Hütten benust, mit mancher Glasglocke zur Deckung der Gewächse ward aus dem Gartenbrunnen Wasser geschöpft zum Kochen und Trán= ken der Pferde. Trockenes Holz an Zäunen und Gartenhäus fern ward , zumal bei dauernder Kälte abgebrochen und end lich ſelbſt an Außengebäuden der Vorſtadt geriſſen. Lebens mittel wurden aus der Umgebung herbeigeschafft. Hafer mußten wir uns aus der Stadt holen. Die große Kathedrale war schon durch Napoleons Befehle in ein großes Hafer- und Heumagazin verwandelt. Faſt manneshoch lag der Hafer aufgeschichtet und um Altar und Kanzel herum lagen Massen von Heubündeln .
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Durchdie gemalten Fensterscheiben fiel der Sonnenstrahl hier auf preußische und russische Reiter , die von allen Re gimentern hereingesandt im dichten Gedränge ihre Futtersäcke füllten , zum Theil mehr nahmen , als nöthig war , an der Stätte, an welcher sonst durch Jahrhunderte Geschlechter von Andächtigen gekniet und gebetet hatten. Das ist das Bild des Krieges und der Waffen, zwischen denen ſchon nach einem Spruch des Alterthums die Geseze schweigen. Verdoppelte und verdreifachte Wachen suchten die Ordnung beim Maga zin zu erhalten und herzustellen. Fast unter russischen Kolben stößen mußte man sich den Weg hinein und herausbahnen. Der Feldmarschall selbst schritt zulegt persönlich ein. Er hatte hier sein Hauptquartier, und vereint nach blutigen Ge fechten waren hier wieder seine Heerhaufen, die getrennt zwar nicht Siege erfochten, aber dennoch nach harten Kämpfen und Verlusten mitdem Kranz der Tapferkeit sich schmückten. Hier erfuhren wir auch näheres über die Gefechte und den Rückzug der Abtheilungen, die unter Blüchers persönlicher Leitung in den Stunden höchster Gefahr sich herrlich bewährt hatten. Die blücherschen Schaaren bedurften einige Tage zur Erholung, Bekleidung, neuer Eintheilung und Heranziehung der Verstärkungen. Viele gelichtete Bataillone stießen zu sammen, die schwachen Brigaden wurden in Divisionen ver eint , ſo daß unsere erste mit der siebenten als 1. Diviſion dem General v. Horn , die zweite und achte als zweite dem Prinzen Wilhelm von Preußen untergeordnet wurde. Sehr geschmolzen war das Korps, aber die kleine Schaar hielt tapfer zuſammen und hatte den Krieg gelernt. Mit solchen Truppen konnte der Feldmarschall dem Fürsten Schwarzenberg am 17. Februar dreist von Chalons schreiben : H Den 19. kann ich die Offensive kräftig beginnen !" Er hielt Wort. Der Aufenthalt bei Chalons , obgleich im Freien und 11 *
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bei Frostwetter, war für unſer Regiment minder anstrengend . Lebensmittel wurden geschafft. Ich selbst mußte einst auch dafür sorgen. In die Stadt sollten die freilagernden Truppen in der Regel nicht gehen. In einer Seitenstraße gab mir ein Bürger für einen Frank eine Flasche Wein. Ich mußte sie aber bei ihm verzehren , damit ihr Anblick ihm nicht Gäste ohne Bezahlung herbeizöge.
XX. Das Regiment folgt den Bewegungen des schlesischen Kriegesheeres über Ancis sur Aube nach Mery an der Seine, zur Ver bindung mit dem vereinigten Kriegesheere, vom 19. bis 21. Februar 1814. Die Befehle Schwarzenbergs , die das schlesische Heer über Ancis nach Tryees zur großen Schlacht riefen, be gegneten den innigsten Wünschen des kühnen Blücher und seiner Getreuen . Bei dauernder Kälte , die erst gegen den ersten März in Thauwetter umschlug , gingen die Korps von York und Kleist bereits den 18. Februar Nachmittags durch Chalons über die Marne , und wurden auf deren linkem Ufer für die Nachtzum Theil in Quartiere verlegt. Das Regiment näherte sich der Gegend , die es schon durchzogen hatte. Die Jåger eskadron erhielt links von der Straße , die von Chalons nach Ancis führt, einen Hof (Ferme) Namens Mery in der Nähe der Marne. Ein geräumiger und warmer Schaafstall gab mir und den meisten eine warme Lagerstätte. Die Dörfer der andern Eskadrons vermag ich nicht anzugeben. Am 19. Februar marschirten wir in großen Kolonnen höchst vorsichtig , nachdem wir Lehrgeld gezahlt , durch die
165 weiten Ebenen, in denen einst vor mehr als 13 Jahrhunder ten , im Jahr 451 in der Hunnenschlacht Attilas gegen Rd mer und Gothen, in den katalaunischen Gefilden, östliche und westliche Völker an einander brandeten. Hier hätten wir mit Napoleon uns meſſen mögen , wo namentlich die Reiterei Spielraum genug hatte, sich zu tummeln. Diese marschirte meistens in Zügen , theils auch in Es kadronskolonnen neben der kalksteinernen Kunststraße , auf der sich das Geschüß und die Parkkolonnen bewegten. Alles blieb faſt ununterbrochen in Schlachtordnung. In der Nacht lagerten wir mit dem Korps bei Sommesous. Ein kleines Gestrüppe schüßte wenig vor dem rauhen Winde. Aus einem kleinen Hofe wurde Stroh und etwas Heu geholt. Wir muß ten dahin über den Steg eines kleinen Flüßchens gehen und in der Scheune uns durch eine Menge von Ruſſen drången. Am 20. Februar marſchirte das Regiment, wie am voris gen Tage, durch die Ebenen der sogenannten Läuſechampagne (lachampagne pouilleuse). Die Dörfer waren gut gebaut, und die Einwohner meistens in Gehölze oder in Felsklüfte ent fernterer Gegenden geflüchtet. Gegen Abend gingen wir durch das kleine Städtchen Ancis über die Aube. Ueber den geſpreng ten Bogen war eine Nothbrücke gemacht. Ermüdet vom Marsche und der Kälte wären wir gern in Ancis geblieben, wohin Blüchers Hauptquartier kam. Wir mußten aber auf der Straße auf dem linken Ufer der Aube, die nach Mery führt, weiter gehen, und beim Dorfe Borns freilagernd über nachten. Vielleicht habe ich den Namen damals falsch ange merkt. Die Division des General Horn kam nach Bessy, wie das Werk von Plotho es angiebt, welches Dorf auch auf der Karte steht. In einem Garten , etwas geſchüßt durch die Gebäude, ertrug man leichter die Kälte. Eine kleine Abthei lung der Jågereskadron , zum Beſchlagen der Pferde ausge
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schickt, kam an eine Wassermühle, deren Hof mit hohen Mau ern umgeben war. Das Thor desselben war geschlossen. Einige russische Fußsoldaten, ohne Waffen, standen mit Knütteln am Thorund wollten es aufbrechen, während ein Dritter, der über gestiegen war, unbewaffnet aufdem Hofe vom Müller u .seinem Knechte ergriffen, gewürgt und geprügelt wurde, und dabei ent seßlich schrie. Die Unsrigen kamen zu rechter Zeit zu Hülfe sprengtendas Thor und retteten den Russen. Der Müller ent floh über den Steg des Flüßchens in den Wald. Die Ruſſen und unsere dazugekommenen Jåger plünderten das Haus. Ein Jäger kam mit einem hellgrauen mit Mehl bestäubten Müllerrocke geschmückt zurück, den er in der kalten Nacht gut benuste. Mancher Kämpfer des verbündeten Heeres ist in Frankreich unter der Hand der Einwohner gefallen. Sie wehrten sich ihrer Haut und kämpften für ihr Eigenthum. Den Kriegern gereicht die Noth und die Art des neueren Krieges mit seinen schnellen Bewegungen auch zur Entſchul digung. Jedenfalls ist das Leben im Kriege ein harter Prüf stein auch fürMenschen von edlemHerzen und festen Grund sågen. Die Einwohner des Dorfes waren in benachbarte Gehölze geflohen, und die Soldaten gingen , um (nach dem Kunstausdrucke des Krieges) zu rabuschen. Die Esel mit ihrem Geſchrei verriethen oft den Aufenthaltsort der Bewoh ner. Einige Kameraden brachten Hühner in Körben zurück. Diesen wurde hier und bei anderer Gelegenheit oft nachge= stellt. Einst verfolgte ein Jåger ein Huhn bis auf den Hof, auf welchem ein Offizier des Regiments stand. Verschonen Sie, ruft dieser dem Jäger zu , doch die Hühner auf diesem Hofe ! Entschuldigen Sie , Herr Graf, ruft jener, das Huhn ist nur von meiner Jagd übergetreten ! Mit diesem Wort tödtet er es mit einem Stocke und fährt mit seiner Beute ab. Ein andererkommt einst von einer Patrouille mit mehrern
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Hühnern beladen zurück, und gerade beim General v. York und mehreren Regimentern Fußvolk vorbei.
Er zieht den
Tschako ins Gesicht und trabt rasch zu. Ein Huhn fällt her unter. Heurich, Huhn verloren ! rufen die Grenadiere und der Ruf wird von allen Reihen wiederholt. Im Galopp jagt der Jäger die Reihen entlang und erreicht , von York un -bemerkt, die Seinigen. Die Vereinigung so vieler Schaa ren aufdiesem Raume ließ dieBewohner die Last des Krieges doppelt fühlen.
Am 21. Februar gegen Mittag ging das Regiment vor Mery an der Seine und stellte sich mit den andern Schaaren, die Stadt vor sich habend , auf. Der Holzmangel war sehr drückend. Häuser und Scheunen wurden abgebrochen, Balken und Sparren zum Lagerfeuer verbrannt. Einer der Regi mentsgefährten äußerte einst nach vielen Jahren , daß er in den kalten Nächten vor Mery sich vorgenommen, nie in ſei nem Leben über Wärme zu murren, und dieſen Vorsag stets gehalten habe. Rauher Wind fegte über die hartgefrorne Ebene, und unsere schlechte Bekleidung schüßte wenig gegen die Kålte. DerVortrab war bei Mery über die Seine gegan gen,bald aber in Folge anderer Befehle zurückgekehrt. Wir hoff ten gleich den Anführern in diesen Ebenen, die Entscheidungs schlacht zu liefern. Napoleon selbst war nahe. Nur die Seine und der Raum einer halben Meile trennte in einer Nacht ſein und Blüchers Hauptquartier. In einem Stücke des Journal de l' Empire, das ich nach der Schlacht bei Laon zu Gesichte bekam, fand ich die ergögliche Nachricht , daß der Kaiser Na poleon bei Mery angekommen hier die Trümmer (les debris) der Korps Blücher, York und Sacken gefunden, sie an gegriffen und völlig vernichtet (écrase) habe , so daß sie nun unter den Händen des Landvolks ihren Untergang finden würden. Als ich dies las , hatten die sogenannten Trümmer
168 bereits den Marschall Marmont überfallen , sein Geschüt genommen, und Napoleon zum Rückzuge genöthigt. Die Nacht ging ruhig vorüber. Das benachbarte große
Dorf Droup St. Marie wurde durch das Abbrechen der Ge bäude zu Brennmaterial größtentheils zerstört. Den 22. Februar rückten wir gegen Mittag nåher an Mery heran. Alles stand in Schlachtordnung. Um die Stadt und in ihr, die durch Lagerfeuer und das Gefecht meistens in Flammen aufging, tiraillirte unser Fußvolk mit dem über die Seine vorgedrungenen Feinde. Die ostpreußischen Jäger ge= boten durch ihren sichern Schuß dem Feinde Achtung , nach dem er über die Stadt hinaus vorgedrungen war , verloren aber einen wackern Offizier, Lieutenant Schmidt. Blücher erhielt eine Kugel amFuß, die glücklicherweise nur den Stiefel verlegte. Das Regiment durfte , da es bald außer der Schußlinie war , absigen. Wir ſezten uns eskadronsweiſe auf herumge legte Häuſerbalken an ein Feuer. Ein Kamerad (Drawe) ruft nach einem Kanonenschuß plöslich : eine Kugel ! Wir springen von den Balken auf. Sie ſeßte matt auf , ſprang mehrmals in die Höhe und traf den sich eben umwendenden neben mir sigenden Oberjäger Born, riß einige Knöpfe von der Uniform, seinen Geldbeutel aus der Tasche und blieb matt aufder Erde liegen. Auf der Brust war eine Quetschung, und die Stelle gleich schwarz. Er ward nach Ancis gebracht und starb. Seine Uniform brachte ein Infanterist zu unserm Re gimente. Born hatte den Feldzug 1813 nicht mitgemacht, bei Vitri aber einem feindlichen Tirailleur den Kopf ges ſpalten. Wenn er rascher aufgesprungen wäre , håtte ihn die matte Kugel vielleicht nicht getroffen. Eine zweite Kanonen kugelfolgte bald, feßte vor uns auf und ging, ohne Einen zu beschädigen, über uns herüber. Wir saßen aufund die Stellung
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ward geändert. Am Abend ging das Regiment ins Dorf Droup St. Marie. Wir lagerten auf deſſen Trümmern. In die Stroh- und Getreidehaufen eingeriffener Scheunen rollten wir uns ein und ſchüßten uns gegen die Kälte. Einige Stun den Schlafes gaben große Stärkung. Das Einreißen der Häuser dauerte auch am 23. Februar fort. Mit Mühe ward das Pfarrerhaus, in dem Y o r k ſtand, gerettet. Die Soldaten, besonders vom Fußvolk , stiegen auf die Dächer , hieben die Verbindung der Sparren ab, banden Leinen an, die zehn und mehr Menschen unten zogen , bis der Einsturz krachend er folgte. Oft stürzten die Schornsteine nach. In der Eile wur den einige Soldaten erschlagen. Die Einwohner waren ſåmmt= lich geflüchtet. Unter den Trümmern eines Hauſes ſah ich die Leiche einer Frau , gefroren und mit Staub bedeckt. Um sich greifendes Feuer trieb uns in der Nacht aus den Strohlagern. Sobald die Gefahr leidlich vorüber war, suchte jeder möglichst wieder die wärmende Stelle. Solche Szenen wirken ab ſtumpfend und verhärtend auf das Herz und gefährden die Ordnung und Kriegszucht der Heere. Ich habe selbst unter andern die rohe Aeußerung gehört : „ Die verfluchten Häuſer wollen nicht brennen !" ,,Wer aber schonungslos , sagt ein geistreicher neuerer ,,Kriegsschriftsteller, bei solchen Gelegenheiten über den Sol ,,daten den Stab brechen will , versteht das Kriegshandwerk ,,nicht, hat vielleicht auch nie solche Noth und Entbehrung ,,gelitten, die es dem Menschen als eine Nothwendigkeit erſchei= ,,nen läßt , vor allem seine Existenz zu sichern. (v. Damit „Feldzug 1814. 2. Theil S. 361.) “ Um so mehr Ehre gebührt aber den Kriegern , die trog dieser Gefahr der Verwilderung dennoch sich nicht auflösten, vielmehr am Tage des Gefechts begeistert um ihre Fahnen fich sammelten und ihren tapfern Feldherrn so willig folgten.
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Ihr meine Kriegsgefährten werdet der Zeit bei Mery, in der wir nicht die gewünſchte, so vielversprechende Entſcheidungs schlacht fanden , in der jedoch Großes sich entwickelte , gewiß noch lebhaft in den Tagen des uns näher rückenden Alters gedenken.
XXI. Marsch über die Aube nordwestwärts an die Marne , zur Be drohung von Paris und Ablenkung Napoleons von dem großen Kriegsheere, vom 24. bis einſchließlich 28. Februar 1814. Kühn war der Zug und Stoß Blüchers von hier gegen die Marne und Paris. Der Marsch von Mery dorthin war ein Seitenstück zum Elbübergange und zum Zuge über die Saale im Jahre 1813. Blüchers Brief an den Kaiser Alexander vom 22. Februar von Mery datirt, giebt ein bleibendes Bild des großen Charakters. Die großen Charaktere des blücherschen Hee res und Hauptquartieres , er selbst der geniale Husarengreis ohne regelrechte Schulbildung, aber mit dem angebornen Feld herrngeiſte und noch größern Feldherrnmuthe von Gott be gabt , der tiefe Denker und kalte Verächter der Gefahr Gneisenau, der sein Ich stets, wie Blücher, in der großen Sache des Vaterlandes vergaß , General Grolmann, den Niemand besser bezeichnen kann, als es der Generallieutenant von Hoffmann in einer Zueignungsschrift eines trefflichen Werks gethan hat , General von Müffling , ber , was er tiefgedacht und tapfer mit ausgeführt, ſo ſchön der Nachwelt hinterlaſſen, und alle großen Männer des Heeres der Be wegung hat jene Zeit besonders mit dem Lorbeerkranze des
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Ruhmes geschmückt. Wer dürfte nicht mit gewissem Stolze sich freuen, in einem Heere, unter solchen Männern gestanden zu haben ?! Frisch Grenadiere ! nun gehts nach Paris! hörte ich auf dem Marſche nach Sezanne selbst den Feldmarschall Blücher ausrufen , als er an den Grenadier bataillonen der Division von Horn vorüberritt. Ein langer Schweif von Adjutanten und Ordonanzen von den verschie densten preußischen und russischen Regimentern folgte ihm. Mir kam es vor, als såhe man den nachsprengenden Kosacken selbst auf dem Gesichte die Freude an, in der Nähe des kühnen Feldmarschalls reiten zu dürfen. Wie gern wäre ich an ihrer Stelle gewesen, um den Mann beobachten zu können, der gleich Roland in den Sagen des Volkes leben wird, falls ihn die Geschichte einst vergessen sollte. Am 23. Februar wurde Brot und Branntwein von den Ko lonnenwagen durch den Kriegskommiſſair Hinz vertheilt. Noch vor dem Anbruch des Morgens des 24. Februar mußten wirvon den Stroh- und Trümmerhaufen des Dorfes Droup St. Marie auf das freie Feld hinausrücken und den Sonnenaufgang erwarten.
Noch glaubten wir an eine
Schlacht. Die fahrenden Batterien rafselten über die Ebene. Der trockene Frost erleichterte die Bewegung. Hin und her bewegten sich die Heersäulen. Mit dem ersten Leuchten des Sonnenstrahles glaubten wir den Donner des Geſchüßes zu hören. Doch der Morgen brach für uns nicht blutig, ſondernru hig an. Die Aufstellung bei der StadtMery, vor der die Reite rei långerblieb, sollte den Feind nur täuschen. Das Heer Blu chers ging über die Aube der Marne zu, um Paris zu bedrohen und Napoleon nachsich zu ziehen. Es erreichteseinen Zweck. Wir marſchirten der Aube zu, hielten bei einem Dorfe, dessen Namen ichnichtweiß, einige Stunden an, fütterten die Pferde und ruhten. In einem Hauſe ward ein großer Vorrath von 1
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Kartoffeln gefunden, die seit mehrern Wochen uns eine Sel tenheit geworden waren. Bei Baudemont, zwischen Marselly und Anglure waren 2 Schiffbrücken über die Aube geschlagen, über die wir gingen. In meinem Tagebuch habe ich statt Baudemont den Ort Myly genannt. Die Aube hat hier flache Ufer. Auf dem rechten zogen wir durch den Flecken Anglure, wo sich Mühlen werke an der Aube befanden , segten den Marsch dann bis gegen Abend in der Richtung nach Sezanne fort und erhielten Quartiere im Dorfe Sommeries . Mehrere Häuser waren von russischen Husaren beſeßt, wir muſſten uns daher einſchränken. Die Kälte hatte nachgelaffen , das Wetter blieb aber schön, auch am folgenden Tage am 25. Februar. Beim Ausmarsch aus Semmeries mußten wir, wie vorher beim Einmarsch die Pferde über den Steg eines kleinen Flüßchens führen. In der Nähe vonSezanne bildete unsere Diviſion eine Angriffs stellung , weil auf der Nordseite der Stadt ſich feindliche Bes wegungen zeigten. Der Feind wich aber , von umgehenden Schaaren bedroht, nordwestwärts. Gegen Abend wurden auch einige Kanonenschüsse gewechselt. Die Ebene verliert sich hier mehr und die Gegend wird hügelig. Sezanne liegt , wenn man von der Aube herkommt, hoch und gewährt einen guten Anblick. Beim Durchmarſche erfreute mich vor einem der er sten Häuser in der Winterzeit ein grünender Lorbeerbaum. Wir gingen nordwestwärts auf kleinen Wegen bis zum Dorfe Eremite. Wir retteten heute einen verwundeten Kosaken. Wir hörten nämlich einige Schüsse fallen, sprengten vor und fanden einen Kosaken todt, den anderen schwer verwundet von Bauern eines benachbarten Dorfes. Die Thäter waren entflohen. Es wurden jedoch mehrere Bauern festgenommen und an das Hauptquartier Yorks abgeliefert , von wo sie nach einigen Tagen dem General von Sacken zugeschickt wurden. Unter der
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Drohung, daß ihr Dorf angezündet werden sollte, versprachen fie die Thater anzugeben. In Eremite waren die Einwohner entflohen. Wir lagerten hier meistens im Freien. Napos leons Verordnungen und die Lasten des Krieges vermehrten dessen Hårte. Am 26. ward wieder Brot und Branntwein vertheilt und in der Richtung nach der Marne marschirt. Wir mar schirten meistens auf kleinen Feldwegen durch Wäldchen und Gebüsche. In unserer Nähe befand sich längere Zeit General von York mit seinen Adjutanten, welche große Spezialkarten vonden Pferden herabhängen ließen und zumTheil die Neben wege für den Marsch des Korps suchen mußten . Boten waren, da die meisten Einwohner entflohen, schwer aufzutrei= ben. Manche stellten sich lahm und krüppelhaft, wenn man von fern sie gewahrte , konnten aber in der Nähe eines Ge büsches , in das sie sich retteten , gut laufen. Die Gegend war hier nicht freundlich und die Dörfer bestanden aus arm feligen Hütten. Von einer Patrouille brachte ein Kamerad Schweinfleisch in Fülle. Viete hatten mit der Lanze ein Schwein getödtet und das Schwein augenblicklich mit Haut und Haaren vertheilt. Einer hatte vor Kurzem einen Schweine schinken verloren und dafür viel hören müſſen, er warf nun das Fleisch uns mit den Worten hin : nun laſſet mich endlich in Ruhe ! Schon spät, nach mehrmaligem Anhalten kamen wir durch das kleine, hart mitgenommene Städtchen Rebais. In demselben, gab einer meiner Gefährten dem hungernden Maire daselbst ein Stück Brot. Die Eskadron kam nach Tretoire, ich zur Feldwache , die mit dem Feinde jedoch nichts zu thun hatte. In ihrer Nähe dampfte einKessel mit Schöpfen= fleisch , und da konnte man die nicht sehr kalte Nacht aus halten. Meistens aufFeldwegen ging der Marsch ungestört auch
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heute weiter. Ueber dieschlechte Brücke eines kleinen Grabens an einem Dorfe konnte das Geschüß nicht gehen. Pionniere schütteten darüber eilig einen sichern Erddamm. Ich wurde nebst einigen andern befehligt , eine Zeit lang an der Stelle zu bleiben und darauf zu ſehen , daß nachkommende Wagen ordnungsmäßig führen und ihnen und einzelnen Truppentheis len die Richtung des Marsches anzugeben. Der Bruder des Königs, Prinz Wilhelm ſtand dicht neben uns, und ſah der Arbeit der Pionniere zu. Zu einem herankommenden Stabsoffiziere hörte ich ihn mit Freude die Worte sagen : ,,Nun, Marmont ist abgezogen !" An dieser Stelle , wenn ich nicht irre, hörte ich auch den General York einem Adju tanten Befehle an den Obersten Schmidt von der Reserve artillerie ertheilen, über deren milde Form ich mich wunderte. Ich hörte die Ausdrücke , ich überlasse es dem Obersten , wie er es für gut hålt u. s. w. Das war sonst minder Yorks Manier. Aber der Donnerer von Möckern galt viel und sein Name hatte im Heere einen gar guten Klang. In der Meldung eines Adjutanten an den Prinzen Wilhelm hörte ich die Worte : Eure Königl. Hoheit , der General York befiehlt u. s. w. Nach der Miene des tapfern Prinzen schien der Befehl nicht mit ſeinen Ansichten zu ſtimmen. Nach mehreren Stunden dieses Geschäfts der Zurecht weisung der Wagen und nachkommenden Truppentheile folg= ten wir schnell dem Regimente und ritten bei einem großen Schloffe vorbei, aus deſſen Küche Soldaten von verschiedenen Regimentern sich kupferne Küchengeräthe holten. Ich hatte nicht Zeit hineinzugehen. Die Jägereskadron erhielt zur Nacht einen Hof Namens Plessier oder Plessis angewiesen. Die Pferde kamen meistens unter Dach. Ich lagerte mit meinen Freunden draußen anfangs am Feuer , dann in der Stube. Wenige Bewohner waren anwesend. Bald mußte ich mit
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einigenKameraden die Stube verlassen und auf die Feldwache nach dem Dorfe Courtsoupe mich begeben , in der Richtung zwischen den Städten la Fertè sous Jouare und Coulom miers. Mit vieler Mühe konnte ich den Regimentsadjutanten aus dem Schlafe wecken, um von ihm die bei ihm befindliche Disposition für die Feldwache zu empfangen, die mein akade mischer Freund Venzki befehligte. Ich führte auf einem Seitenwege eine Patrouille in der Richtung nach Coulom miers. Russische Colonnen zogen dort und unsereFlanke war gesichert. Ich sah die russischen Wachtfeuer. Eine zweite Pa trouille bestätigte die Nachricht. Die Meldungen wurden nach Schloß Montabise an den General Horn gemacht. Seine Division blieb zulezt vom Yorkschen Korps auf dem linken Ufer der Marne. Die Feldwache bei Courtsoupe , von der ich mit meinen Gefährten am 28. Februar Abends abgelöst wurde, blieb die folgende Nacht hindurch zur Sicherheit auf. Das Regiment war aufgebrochen. Wir erreichten es und lagerten mit ihm an der Marne , in der Gegend von Fertè sous Jouare , der Ortschaften Sephort und Sameron . Ermüdet schlief ich sanft auf etwas Stroh gelagert, von einem kleinen Feldgraben ge= gen den Wind geschüßt. Russische und preußische Truppen füllten die Gegend.
XXII.
Märſche über die Marne, Oulchi , Soiſſons über die Aisne bis zur Schlacht von Laon vom 1. bis 9. März 1814. Die Heerschaar Yorks blieb zuleht auf dem linken Ufer der Marne und von ihr wieder die Division des Generals v. Horn. Das Korps von Kleist überschritt früher die Marne,
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dann die eine Hälfte des Yorkschen; beide drangen mit den russischen beiden Korps gegen und über den Durafluß vor. Bei Lisy fur Ourq gab es besonders blutige Gefechte gegen die beiden Marschälle Marmont und Mortier , die in diesen Tagen kühn und trefflich manövrirten. Man wollte fie anfangs einzeln schlagen und Paris bedrohen , von wo sie Verstärkung erhalten hatten. Da aber am 28. Februar die sichere Nachricht einging, daß Napoleon von der Aube uns folge, ånderte man den Plan und sparte die Schlacht mit ihm auf bis zur Vereinigung mit den Heerschaaren der Generale v. Bülow und v. Winzingerode. Damals wurde bei uns erzählt , die eine Schiffbrücke bei Sameron sei vom Strome durchbrochen , als bereits Ab theilungen jenseits und mit dem Feinde nach dem Ourqflüß chen zu im Gefechte sich befanden , und General v. York habe ein bedenkliches Gesicht gemacht. In kriegsgeschichtli chen Büchern habe ich darüber nichts gefunden . Am 1. März in den Vormittagsstunden überschritten wir die Marne. Das Städtchen Ferté sous Jouare blieb uns rechts. Um jenſei tigen, nördlichen Ufer zogen wir in dieHöhe, auf der mehrere preußische Geschüße einzeln aufgestellt standen. Das rechte Marneufer ist hier höher als das linke , der Boden wechselnd zwischen Thälern und Anhöhen. Das Wetter war gelinde und trübe. Ein Nebel schwebte um die strauchbewachsenen Berge uud erlaubte keine weite Aussicht. In dem ganzen Feldzuge konnte ich mich hier am wenigsten zurechtfinden. Erst in späterer Zeit durch Schriften und Karten erhielt ich ein deutlicheres Bild derHeeresbewegungen in dieſen Tagen. Kaum waren wir auf dem nördlichen Marneufer eine Strecke marschirt , als zwischen den nebelumhüllten Anhöhen links sich plöglich ein lebhaftes Gewehrfeuer zwischen dem Feinde und dem russischen Fußvolke entspann. Das Fußvolk unserer
177 Division sammelte sich neben uns.
Alles stand aufmar
schirt, während das Feuer stärker wurde. Wir erwarteten vertrauend die Schlacht. General v. York erschien bei uns mit seinem Gefolge, stand einige Augenblicke hindurch still, sah hin nach der Gegend des Gefechts, warf einen Blick auf die Seinen, und rief dann aus : „ nun dann mit Gott!" Marsch ! ertönte es durch die Glieder. Wir zogen, von Yorks Zuruf, den ich , ganz in ſeiner Nähe reitend hörte, belebt, vertrauend auf den Feind los und erwarteten seine Kugeln. Unsere Såbel kamen jedoch nicht zur Arbeit. Plöglich kamen abändernde Befehle. Wir hatten einen Boten bei uns. Dieser wollte uns, wie es schien, absicht lich falsch führen, bis er endlich bedroht einen andern Weg einschlug. In einem kleinen Städtchen oder Flecken hielten wir an. Hier fehlte eine Brücke über den Ourcq , die zum Uebergange hergestellt werden sollte. Links von uns erhobsich ein Bergrücken, dessen Abhang mit Wald besezt war. Jenseits des Waldes standen feindliche Truppen. Diese hatten früher schon uns einige Kugeln zugeschickt. Dieses Städtchen oder Flecken ist Crouy am Ourcq gewesen. Aus einer Stelle des Werkes von Damiz : ,,Feldzug von 1814, 2ter Theil S. 401 ergiebt sich dies. Hier heißt es wörtlich : ,,Während General von Sacken das Gefecht bei Lizy ,,fortsegen ließ, dirigirten sich die Korps von York und
,,Langeron den Ourcq aufwärts nach den ihnen ange ,,wiesenen Punkten. An der Toute befanden sich das Gre Das Leibfüsi ,, nadierbataillon des Majors Carlowig. ,,lierbataillon und das ostpreußische National - Ka ,, vallerie - Regiment. „ Der Major von Clausewiß , der diese Truppen
" führte erhielt die Weiſung die Brücke bei Crouy so schnell 12
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", als möglich zu besehen und alles hier zum Uebergange des ,, 1ten Korps vorzubereiten. Das Gros des Yorkschen ,,Korps folgte auf den Traversen , die bei dem heute einge
" tretenen Thauwetter, Uebel und Regen so unpraktikabel ,,geworden waren, daß der Marsch unter den größten Be ,,schwerden nur langsam fortgefeßt werden konnte. Bei ,,Crouy angekommen fand man bereits die Brücke ge "/ sprengt u. s. w. Wir zogen von dem Orte Crouy wieder ſeitwärts auf einem Nebenwege durch einen kleinen Wald, und kamen gegen Abend auf einen Plaß , auf dem mehrere Regi menter freilagerten. Das Regiment erhielt die Erlaub niß, nach dem Dorfe Morars bei Marail zu gehen, und nach Ausstellung von Feldwachen dort Quartiere zu beziehen. Die heutige Begünstigung verdankten wir dem Wohlwollen der Generale v. York und v. Horn und auch der Em pfehlung des Obersten Schmidt , für dessen Artillerie wir einigemal Hafer besorgt hatten. dem Namen nach.
Es waren Quartiere mehr
Doch fanden wir Hafer , den wir weis
lich wieder der Artillerie mittheilten und einige Lebensmittel. Ich stand mit 5 andern in einem Häuschen neben der Kirche , in dem zwei alte kränkliche Frauenzimmer waren. Wir waren meistens im Freien bei den Pferden neben der Kirchhofsmauer. Am zweiten März blieb das Regiment bis gegen Mit tag in Morars . Da erhob sich plößlich eine Kanonade. Wir ritten eilig nach dem Ort des Kanonenfeuers, fanden bei Beauval die Batterien aufgefahren , nachdem wir durch ein Thal bei einerMühle vorbeigekommen waren und auf denAnhöheneinen Posten vom ostpreußischen Kürassierregimente aufgestellt ge= troffen hatten. Wir erfuhren, daß die Ziet hensche Brigade
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angreife.
Mehrere Geschüße wurden unbrauchbar und die
Kavallerie, namentlich das Dragonerregiment Prinz Wil helm, verlor viele Leute. Von Beauval ritten wir längst der Linie des Kleistschen Korps nach Morars zurück und folgten dem nach Mareuil aufgebrochenen Regimente dahin. Eine steinerne über den Durcq führende Brücke war beseht. Eine Zeit hindurch wurde angehalten, dann auf der großen Straße die von Meaur über Mareuil, la Fetré Milon nach Soissons führt, in großen Kolonnen weiter ge= zogen. Die früher gedrängten feindlichen Marschälle Mar mont und Mortier gingen zum Angriff über und ver folgten, weil von der Marne her ihr Kaiser nahte. In unserm Rücken und in beiden Flanken gab es blutige Ge fechte. Bis tief in die Nacht hinein blihte das Tirailleur feuer. Eine Schilderung dieser Rückzugsgefechte und der frühern bei Theroane am Ourcq bei Lizy , bei Noaille St. Front, gehört aber nicht hierher, da das Regiment bei ihnen nicht betheiligt war. Die Einwohner ergriffen mit ihren vorrückenden Kriegsheeren die Waffen und machten die Gegend unsicher. In Wälder, Gebüsche und Steinklüfte hatten sie ihre Zuflucht genommen , und verließen sie mit dem Anrücken ihres Heeres.
Die Dörfer waren meistens
leer. Eine unserer Patrouillen kam (am 3ten März) an ein Schloß mit Graben und Zugbrücke. Spöttiſch fragten aus einem Fenster die Bewohner : was wollet Ihr hier ? hier geht nicht die Straße nach der Gränze ! In der Nähe feind licher Truppen konnten die Unsrigen nicht an Züchtigung der Vorwißigen denken. Bei dem Nachtmarsch vom 2ten auf 3ten März marſchirte das Regiment eine Zeit hindurch zwischen Gepäckwagen und mußte sie ordnen. Manche Späße bei dem Marsche verschiedener Regimenter gab es in der Nacht.
Redensarten und Aeußerungen konnte man für 12 *
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sein Tagebuch sammeln, die dem dereinstigen Verfaffer einer Kulturgeschichte als Wettergläser der Bildungsstufen håtten dienen können .
Von der Straße von Meaur nach Soissons , da letterer Ort noch in Feindes Hand war, bog das Heer rechts aus, um nach Umständen über die Aisne zu gehen oder mit Bů low und Winzingerode vereint bei Fismes die Schlacht anzunehmen. Es zog sich über die Zwischenwegstrecken (Traversen) nach der Straße, die von Chateau - Thierry über Oulchi nach Soissons ging . Hier hatte man die Wahl beides zu thun. Im Dunkeln kam das Regiment bei Dulchi la Chateau an, wo wir bereits auf dem Rück zuge von Chateau-Thierry nach Rheims gewesen waren. Wir lagerten um die Gartenmauern des Schloſſes, in dem Blu cher und York ihr Hauptquartier hatten. Im aufge weichten Lehmboden suchten wir durch untergelegte Garten thüren und Schäferhürden uns trockene Lagerstätten zu schaf fen. Wir stellten Feldwachen aus und sicherten uns einige Stunden zum ruhigen Schlafe. Auch am 3tenMärz blieben wir mit dem Hauptquartier stehen bis gegen Abend. Aus dem tiefer liegenden Städtchen Oulchi ward Stroh geholt , besonders aus einer Scheune in einerBergwand. Der Nachtrab hatte Gefecht auf Gefecht ; fie waren blutig. Napoleon drang mit seinen Marschällen vereint vor und suchte die Straße über Fismes zu gewinnen, wo es ihm auch gelang einen bedeutenden Theil der Gepäck Der Oberjäger wagen des schlesischen Heeres zu erbeuten. Hinz von unserer Eskadron wurde bei dieser Gelegenheit kommandirt, beim Medizinwagen des Regiments aber gefan gen und nach dem südlichen Frankreich gebracht. Erst nach zwanzig Jahren bei einem Freiwilligenfeſte ſahen wir uns wieder.
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Um Mittag den 3ten März war Soissons an den Ge= neral v. Bülow vom feindlichen Kammandanten, Gene ral Moreau , übergeben. Dieser Umstand ånderte Blů chers Plan, rettete aber nicht, wie die französischenKriegsbe richte behaupten,französische und wohl auch deutscheSchriftstel lerglaubten, Blüchers Heer. Ohne Soissons Fall gingen wir bei Bailly oder Bery au Bac sicher über die Aisne, ohne bei unserm Vorsprunge , von Napoleon zur Schlacht ge= zwungen zu werden. Gegen Abend des 3ten März erhob sich in unserer Råhe Tirailleurfeuer, ſo daß wir das Abbligen der Gewehresahen. Wir zäumten die Pferde, rückten von den Gartenmauern des Schlosses ins Freie, und ſaßen wieder ab. Endlich als die Fußvolkskolonnen in voller Bewegung waren stiegen wir auch auf und folgten. Alles blieb im Marsche. Mit unserer Diviſion kam das Regiment ſpåt in der Nacht durch die Stadt Soiſſons, die ich im Dunkeln nicht betrach= ten konnte, und ging über die erhaltene gemauerte Brücke über die Aisne. Etwa gegen 5 Uhr des Morgens ward es in ein Dorf Clamecy links von der großen Straße von Sois sons nach Laon verlegt. Ein Thal trennt das Dorf von der Straße. Die Südseite der Berge ist mit Reben bepflanzt. Die Bewohner waren auch hier meistens in Bergklüfte und Felsenhölen geflüchtet. Mit dem Regimentsarzte und vier Kameraden hatte ich ein Quartier. Die Pferde standen draußen. Wir durften in unserer Stellung gesichert die Pferde absatteln und sollten für die Reinigung und Aus besserung unserer Sachen sorgen. Das war leichter zu ſa= gen, als bei den beschränkten Mitteln auszuführen, obgleich wir den 4ten und 5ten März in Clamecy stehen blieben. Die Blücherschen Schaaren und namentlich die Korps von York und Kleist waren fast zerlumpt wie Bettler. Die Krieger des Bülowschen Korps , die wohl erhalten, ohne
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große Schlachten und Rückzüge aus Holland kamen, meistens Quartiere gehabt hatten , erschienen uns gegenüber , wie Soldaten der Wachparade. Die rothen englischen Stall jacken eines Dragonerregiments dieses Korps , das wir im Lager sahen, waren uns fast ein Gegenstand des Neides. Viele von unserm Fußvolk waren ohne Schuhe mit wunden Füßen. Bei der Reiterei war es nicht viel besser. Meine Stiefel hatten, wie die vieler Andern keine Sohlen. Die Uni formen waren durchlöchert, verbrannt und mit Tuchſtücken manichfacher Farben ausgebeffert. Eine aufgeriebene Hals binde konnte ich erst in Corbeni durch eine andere von einem im Gefecht getödteten Franzosen ersehen. Aller dieser An strengungen ungeachtet war der Winterfeldzug minder an greifend als der im Auguſt und Herbste 1813. Theils war der Frost weniger drückend , als der Regen, theils waren wir auch abgehärteter. In Hinsicht der Ausdauer und des Muthes bildete Yorks geschmolzene Heerschaar gewiß einen Kern tüchtigerKrieger. Wie klein war sie geworden, als sie am 6. März auf der Hochfläche zwischen der Aisne und Lette mit Ausnahme einiger weggesandten Reiterregimenter beiſammen stand. Wie leicht übersah das Auge eine Heeresabtheilung, die in Schlesien fast 40,000 Mann stark ins Feld zog. Um 4ten März brachte ein Kamerad die Nachricht von einem Waffenstillstande. Wir lachten.
Bald donnerten die Kano
nen an der Aisne bei Soiſſons und widerlegten die Nach richt thatsächlich. Mit dem 6ten März war wieder scharfer Frost eingetreten. Nach der Zusammenziehung des Armee korps marschirten wir, immer in Unterbrechungen, und nach längern Anhalten bis in die Nacht nach Laon zu. Nach dem Anhalten legten wir uns wie die Infanterie that, immer haufenweise zusammen, um uns zu erwärmen. Der unten liegende war am meisten geschüßt, mußte aber auch aus
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halten , wenn ihm die Last selbst zu schwer wurde.
Jede
Eskadron, jede Kompagnie bildete solche Haufen in der Nähe der aufgestellten Gewehre. Auch die Pferde zogen sich oft aneinander. Wir erwarteten nach der kalten Nacht am 7ten März eine Schlacht. Uns kam sie nicht. Napoleon hatte bei Bery au Bac den Uebergang erkämpft, und drohte mit der Umgehung.
Die russischen Generale Woronzow und
Sacken bestanden das blutige Treffen bei Craon. Gene ral v. Winzingerode sollte mit 10,000 Mann russischer und preußischer Reiterei den Feind umgehen , erreichte aber seinen Zweck nicht. Stellung von Laon.
Alle Heeresabtheilungen gingen in die Hieher kam Blüchers , nach Cham
bery Yorks Hauptquartier. Das Regiment ging weiter, und hielt an einem Dorfe an.
Um den Hunger zu stillen scharrten wir mit den Säbeln in einem Garten Gelbrüben aus Erdhaufen hervor, während unser General v. Horn , dabei auf einem Stuhle am Feuer ſaß. Es schneite einigemal , jedoch nicht stark. Am Abende bezogen wir einen Lagerplay an einem großen Dorfe vor Die Russen holten aus ihm zugleich unsere Lager Laon. bedürfnisse . Um Sten März ging das Regiment füdlich um Laon herum und freilagerte nordöstlich von der Stadt an der Straße, die nach Marlé führt.
Offiziere des Stabes´ be
ſeßten die wenigen Häuſer. Einige Haufen von Hafergarben sicherten unsere Pferde vor Mangel. Ein am andern Mor gen ausgefandtes Kommando brachte auch Lebensmittel. Einige Strohhütten ſchüßten einigermaßen vor Kälte, die mir um so empfindlicher war, da mir Handschuhe fehlten. Gern ertrug man aber die Beschwerden , zumal da die Stunden nähten, von denen wir eine glückliche Entſcheidung
184 Mehrere Wochen früher mit Zuversicht hoffen durften. wäre sie erfolgt , wenn die Männer des großen Haupt quartiers der kühne Unternehmungsgeist des Blücherschen be seelt hätte. Schlacht bei Laon am 9. Mårz.
In einer französischen Zeitung, ich glaube im Journal de l'Empire, las ich einen Bericht , den Napoleon über die Schlacht bei Laon hatte einrücken lassen. Da hieß es : der Kaiser wäre vor Laon angekommen , hätte die Stellung un angreifbar gefunden und sich über Soissons zurückgezogen. Daß seine Schaaren sich an der Felsenstellung des Bú= to wschen Korps den Kopf zerstießen , sein rechter Flügel unter Marmont von uns überfallen, geschlagen, und nach dem Verlust vieles Geschüßes zum Rückzug über die Aisne genöthigt wurde, verschwieg jene lakoniſche Schilderung. In guter Stellung zählte das verbündete preußische und russische Heer eine kriegsgeübte Schaar von 100,000 Streitern. Die Heerschaaren von Bülow und Winzin gerode enthielten obenein Krieger von ungeschwächter Kraft. Napoleon konnte ihnen nur 70,000 gegenüber stellen, aber er war Herr eines Volkes, das nur von ihm ab hing, in eigenem Lande unterstüßt von aufgeregten Einwoh nern, die unsere Verbindungen hemmten , und jede seiner Nachrichten schnell beförderten. Die Felsen, auf denen Laon liegt , nach Südwesten schroff, nach Nordosten mehr mit der Ebene zuſammenhån gend, bildeten den Stüß- und Drehpunkt (le pivot) unſerer Stellung. In der Stadt ſtand Bülow , auf dem rechten Flügel Winzingerode , Sacken und Langeron in der Reserve hinter jenen, dann in der Ebene auf dem linken Flügel das vereinigte Korps von Kleist und York , das
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lektere links.
In ihm hatte die Diviſion des Prinzen
Wilhelm das erste , die des General von Horn das zweite Treffen . Dieser beigesellt hatte unser Regiment nichts zu leisten für die Entscheidung des Tages . Ueber die Benugung desselben im Kriege werde ich mich noch am Schluß meiner Schrift beſonders aussprechen. Daß man dasselbe nicht so gebrauchte , als man konnte, und wir alle wünschten , muß ich auch hier bemerken . Ein dichter Nebel der erst gegen die Mittagszeit sich senkte, verhüllte am Morgen jede Aussicht. Unter seinem Schuße ließ Napoleon Semilly angreifen, aber ohne Erfolg. Bald zeigte sich , daß unser linker Flügel sein An griffsziel sei, um ihn zu werfen und uns von der Straße nach Norden abzuschneiden. Doch war uns diese Gegend für den Gebrauch der Reiterei günstig. 1 Am Nachmittage begann hier das Gefecht. Marschall Marmont war hier unser Gegner.
Es war, nachdem
am Morgen vorgefandte Reiterabtheilungen vom Feinde, der vom Bery au Bac her vorrückte, zurückgedrängt waren, besonders ein Kampf des Fußvolks und noch mehr der Ge= schüße. Unser Regiment erhielt nur wenige Kugeln, und hatte so viel ich weiß, keinen Verlust. Um das Dorf Athis in der Ebene drehte sich der Kampf. Es ging meistens in Flammen auf. Eine Hälfte desselben eroberte auf einige Zeit der Feind . Vielleicht 40 Geschüße waren hier auf jeder Seite in Thätigkeit. Erst herbeikommende Zwölfpfünder gaben uns ein Uebergewicht. Die Korps von Sacken und Langeron , die hinter Laon verdeckt gestanden , zogen sich allmählich hinter uns zur Reserve. Ihre Ankunft war für die Heerscharen Yorks und Kleists das Zeichen des Angriffs . Mit der Reservekavallerie beider umgingen die Generale v. 3iethen und v . Jürgaß den
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Feind. Der Ueberfall gelang bekanntlich in der Nacht voll kommen. Marmont verlor fast alles Geſchüß. Unter Trommelschlag und Hörnerklang rückten nun die Fußvolks kolonnen um und durch das brennende Dorf Athis mit ge= fälltem Bayonett vor. Prinz Wilhelm warf mit seiner Diviſion überall den Feind, der sich in den Lagern einrichtete. Unsere Division folgte. In Unordnung floh der überall gewor= fene Feind . Auf den Lagerplågen rauchten die umgeworfenen Feldkessel. Marmont floh mit seinen aufgelösten Schaaren nach Bery au Bac und war von seinem Kaiſer abgeschnitten. Es wurden viele Gefangene gemacht. Die meisten entliefen aber wieder. Wo hätte man sie auch sicher hinbringen können ? Mit seiner Division lagerte das Regiment, des Sieges froh auf dem Schlachtfelde.
Der große Erfolg hatte ver
hältnismäßig wenig Opfer gekostet. Der alte Feldmarschall war in Laon unpåßlich , litt an Augenübel und einem leichten Fieberanfall , und konnte nur aus dem Zimmer Befehle ertheilen. Diesem Umstande hat Napoleon es mit zu verdanken , daß der Sieg über ihn nicht kräftig benugt wurde.
Um 10ten März um Mittag verfolgten die Korps York und Kleist den geschlagenen feindlichen Flügel auf der großen Straße nach Bery Wir folgten ohne Gefecht.
au Bac und Rheims.
Spuren der feindlichen Nie
derlage und Flucht bezeichneten den Weg. Nach einiger Zeit des Marſches ward auf einer Höhe angehalten .
Entgegen gesezte Befehle riefen uns wieder nach Laon zurück, wo wir im Dunkeln in der frühern Stellung ankamen. Napoleon griff wieder den Mittelpunkt an.
Man kannte seine Stärke
nicht und wollte sicher gehen. Seine bald zurückgeschlagenen
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Abendangriffe waren aber nur Deckmittel seines in der Nacht beginnenden Abzuges. Auf dem Lagerplage kochte ich in meinem Feldkessel ein junges Lämmchen. An dem Fleisch erquickte ich mich mit einem meiner besten Freunde, der hier wieder mit mir nach einer Rettung aus großer Gefahr eintraf. Dem Kriegskom missar Hinz von Vitri aus zum Beistande beigeſellt, war er in dessen Auftrage , während wir über Soiffon gingen, über Fismes nach Rheims gegangen. Napoleon ließ die Stadt überrumpeln. Viele preußische und ruſſiſche Sol daten wurden gefangen.
Mein Freund , der das Schießen
in einiger Entfernung dann in den Straßen gehört hatte, trat in den Frühstunden des 5ten März, noch ganz im Dun Ein Bürger hält ihn keln, vor die Thür seines Quartiers. im Finstern für einen Stadtbewohner und ruft ihm freudig zu : nos gens sont ici ! (unsere Landsleute sind hier !) Rasch wirft er sich mit einem ſeiner Gefährten von einem an dern Regiment, aufsein Pferd. Sie reiten durch die Straßen, ohne im Dunkeln zu wissen, wohin, und ohne die Straße nach Bery au Bac zu kennen. Bei einer Straßenbiegung kom men sie auf einen erleuchteten Plag. Frauen , zum Theil nur im Hemde , halten Licht zu den Fenstern heraus und rufen : Lanciers polonais, il y a ici des Prussiens ! (polnische Ulanen, hier sind Preußen !) Beide biegen in eine dunkle Gasse. Jener jagt weiter, und wird gefangen. Mein Freund nach demfrühern Verlust ſeines Pferdes einen schlechten fran zösischen Gaul reitend, stürzt mit demselben an einer Stra Benecke. Sein Tſchako zerbricht an derselben. Er schlågt ſich Kopf, Arme und Füße wund, und verliert durch das Plagen der Kuppel den Såbel. Er rafft ſich mit Mühe halb lahm, unter dem gestürzten Pferde hervor und gewinnt eine dunkle Seitenstraße, während die nahenden Verfolger über das
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Pferd und den Mantelsack herfallen.
Durch dunkle und
helle Straßen , zuweilen mitten durch Feinde , die ihn im Finstern in seinem grauen Mantel nicht erkennen, kommt er an die Stadtmauer. Einige Russen verstecken sich hinter einem Schilderhäuschen, und rathen ihm auch dazu. Erklettert auf die Stadtmauer, will schon auf der andern Seite den Sprung hinabwagen, besinnt sich aber, geht hinab, läuft neben der Mauer und trifft, ohne es zu wissen, glücklicherweise das richtige, noch nicht beseßte Thor.
Er öffnet es mit Mühe,
läuft hindurch, und verfolgt eine mit Bäumen befeßte Straße. Er läuft weiter, ſieht in dem Dåmmerlichte zwei Reiter, kriecht einen Graben entlang, und glaubt vom Feinde entdeckt gefan genzu werden. Ein Reiter kommt, ihn bemerkend, auf ihn zu, und ruft: stuy! Es waren zu seiner Freude Baschkiren, die ihm mit Mienen und Gebärden den rechten Weg zeigten. Er läuft und geht eine Strecke ,
reitet endlich auf einem
an der Straße neben einem Karren verlassen gefundenen Gaul, läuft, da dieser ermüdet , wieder und erreicht endlich Kosacken und zuleht die Brücke an der Aisne bei Bery au Bac. Eine feindliche Schaar dringt bereits vor, sie zu nehmen. Die Kosaken werden verstärkt, und werfen den Feind zu rück. Diesen Augenblick benußend erreicht der Gerettete mit leß terKraftanstrengung die Brücke. Jenseits empfångt ihn mit Freude der Kriegskommissar Hinz dessen Wagen brachte ihn nach Laon. Bei Mery schlief er jenseits der Seine, ohne des Feindes Nähe zu ahnen.
Früh reitet er über die
Brücke. Wenige Minuten darauf ist der Feind an dem Häuschen, das ihn die Nacht hindurch barg.
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XXIII . Märsche über Corbeni , Bery au Bac, die Aisne, zur Marne und Wiedervereinigung mit dem großen Kriegsheere. Um 11ten März blieb das Regiment bei Laon stehen. Auf einer kleinen gefrornen Pfüße im Lager brach einer der Kameraden (Meier) ein, fiel bis an die Arme ins Wasser und mußte am Feuer bei der Kälte , ohne Obdach sich trocknen. Im Lager baten bettelnde Bewohner uns um Brot, das ich ihnen geben konnte. Am 12ten März Nachmittags kam das Regiment in das Dorf Craonelle in der Gegend von Craone und Corbeni. Weinberge umgaben das Dorf, und wir fanden rothen Wein in Menge.
Vor einem Lor
beerbaum im Garten pflückte ich selbst einige Blåtter zum Gebrauch bei unsern Speisen. Den 13ten blieb hier das Regiment und ging den 14ten nach dem Städtchen Corbeni. In den meisten Häusern lagen Leichen gefallener Feinde. Kaum hatten wir uns mit Lagerbedürfnissen versehen und kaum hatte einer meiner Kameraden einen Holzklog zum Verbrennen keuchend herbeigeschleppt , als wir nach dem Dorfe Goudelancourt mit dem Beinamen le Bergis verlegt wurden. Hafer für die Pferde wurde in einer ver borgenen Kammer eines Hauses, wahrscheinlich für Napo leons Heer verwahrt , gefunden. Auch an Wein und Lebensmitteln fehlte es nicht. Ich theilte hier den Bauern Bald war einen gedruckten Aufruf Ludwig XVIII . mit. er verschwunden. Um 15ten März rückte das Regiment zweimal aus und ein und kehrte, nach kurzem Marſche in der Richtung nach Corbeni, wieder zurück. Die Infanterie - Heurichs hatten indeß das Dorf ausrabuscht. Ein Kommando des Regi
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ments unter Lieutenant v . Knoblauch , bei dem ich mich befand, ging über Amifontaine nach dem Städtchen Neuf chatel an der Aisne. Wir fanden keinen Feind daselbst, sondern Kosaken des General Tschernitscheff.
Die
Brücke war abgebrochen. Am Abende kamen wir nach Gou delancourt zurück, und blieben daselbst den 16ten und 17ten Mårz . Um die Mittagszeit des 18ten März marſchirte das Regiment nach Bery au Bac zu und freilagerte die kalte Nacht an einem verheerten Dorfe. Von hier zogen wir am 19ten des Morgens um 4 Uhr nach Bery au Bac. Das kleine Städtchen war auch hart mitgenommen.
An den Thüren und Thorwegen der Häuser sah man noch Namen französischer Generale von ihren Quatiermachern angeschrieben. Hier hatte unser Vortrab , die Brandenburger und schwarzen Husaren und die Jågereskadron des leßtern sich wacker und entscheidend mit dem Feinde herumgehauen. Rittmeister Westphal, der Befehlshaber der lehtern , war wie der Befehlshaber der Jägereskadron des litthauischen Dragonerregiments, v. Uklansky , ein Mann, der die Ge fahr im Kampfe für das Vaterland liebte und suchte. Solche Männer galten etwas bei ihnen und andern Regi mentern. Gern folgten ihnen ihre Reiter.
Die Brücke beiBery au Bac war vom Feinde gesprengt. Wir gingen über eine Pontonbrücke. Der Feind wich zu rück bis über die Vesle , ein kleines häufig tief einge= schnittenes Flüßchen, das theilweise gesicherte Stellungen bietet und in das linke Ufer der Aisne tritt. Das Regi ment rückte beim Frostwetter, auf zum Theil, mit Schnee bedecktem Wege, bis zum Dorfe Romain. Die Jägeres kadron zog in einen Garten. Ich lag unter einem großen
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Baume. Auf einer Anhöhe vor uns standen die Feldwachen, ein Thal und die Vesle trennte uns von dem jenseits ſtehen= In der Nacht ward große Aufmerksamkeit
den Feinde. empfohlen.
Im Garten fiel ein Jäger ohne Schaden in
einen kleinen leeren, halb mit Stroh verstopften Brunnen und rief in seinem Dialekt :
Himel Tunerwetter a Brun
nen ! Wir lachten. Lange Zeit hörte er bei seinem Namen jedesmal zur Begleitung jene Redensart. In der Nacht wurden zur Kurzweil und um die Kålte zu vergessen Theater stücke aus dem Stegreif aufgeführt. Auf die Regeln des schönen Geschmacks ward nicht gesehen. Ihrer Form und ihres Inhaltes erinnern sich vielleicht noch einige meiner Kameraden. ―――― Am 20sten März blieben wir stehen.
Unsere Feld=
wache überrumpelte durch Vesle reitend eine Wache feindli chen Fußvolks und nahm ſie gefangen.
Gegen Abend gehen
wir gemeinschaftlich mit dem ostpreußischen Kuirassirregi mente , das zum 2ten Korps gehörig in unserer Nähe stand, vor. Der Feind zieht ſeine Vedetten ſchnell ein und geht zù= rück. Wir gehen wieder auf den Lagerplag. Von einer Patrouille, die in Feindesnähe eine Wache ausstellte und in einem Dorf Lebensmittel suchte, kam ein Jåger beladen mit Brot , Speck , Schmalz und zerrührten Eiern in einer Weinflasche zurück. Mit dieser Ladung kam er durch den Fluß zurück und hielt ein Huhn sogar mit den Zähnen fest. Schweineschmalz hatte er in einen negartigen Geldbeutel gepfropft. Spaß haft war der Anblick , angenehm ein Gericht Rühreier im Lager auf dem Schnee. Der Jäger lebt nicht mehr. Ueber Fismes durch eine verddete uns zum Theil schon bekannte Gegend ging das Regiment am 21. durch laFere en Tardenois an einem Höfchen (Ferme) in einen Bivouak.
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Hafer lieferte ein benachbartes Schloß, rothen Wein der Keller des Höfchens. In ihn ward ein Oberjäger zur Auf ficht gestellt, damit aber der Bock zum Gärtner gemacht. Er kam überfröhlich heraus, rühmte den Wein , verbrannte sich einschlafend am Feuer die Uniform, so daß er am folgenden Tage zu nåhen hatte. Am 22sten März kam das Regiment nach kurzem
Marsche in das Dorf la Croir, wenig rechts von der Straße, die von Soissons nach Chateau - Thierry führt. Die Ein wohner waren entflohen. Vom ostpreußischen Kuirassierre giment, mit dem wir auf dem Marsche zusammentrafen, waren in dessen vorigem Quartier zwei Mann erschossen wor= den, ohne das man die Thåter ermitteln konnte. Wir erhielten daher Befehl, beim Einrücken in Dörfer stets nach verborge= nen Waffen zu suchen. Die Kameraden thaten es, suchten nach Waffen und Bewaffneten, und fanden einen großen Vorrath Hufeisen für das französische Heer , die uns sehr genehm ka - men , unter einem Düngerhaufen vergraben. Um den Ka meraden noch eine Erinnerung an das Dorfzu geben, führe ich an, daß mehre sich Hütten und einen großen Tisch von Schaafhürden bauten und darauf ein Hühnerfrikaffee ver zehrten, das in einem mühsam gereinigten Laugetopf berei= tet war. Das Wetter war angenehm, denn der Frühling nahte. Den 23sten März gingen wir nach Chateau - Thierry. Die Jägereskadron kam ins Dörfchen Aisomme oder Effom mes nicht weit westlich von der Stadt am rechten Marneufer, die andern Eskadrons standen westwärts in einem andern Dorfe. Es ward abgesattelt und der Ruhe zu pflegen be= fohlen.
Pünktlich und gern gehorchten wir.
Der Keller
eines jungen Mädchens , wie man sagte, das nach Paris ge Man trank auf flohen, lieferte schönen Faßchampagner.
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des Mädchens und die eigene Gesundheit und ließ es sich unter Dach wohl gefallen. Ich mußte mit einem andern Kamera den dem Regimentskommandeur den Rapport bringen, unter wegs die Lage der Dörfer und ihre Namen merken und geflohene Einwohner zur Rückkehr in die Wohnungen auffordern. Un terweges hielten wir in einem Dorfe an und unterhielten uns mit den Leuten. Ich sprach mit einem Manne niedern Stan des. Er äußerte sich bedenklich über das Gelingen unseres Zu ges nach Paris. Er kannte die Gegend von Laon, und meinte, dort habe uns nur die günstige Stellung den Sieg gegeben, auf" den Anhöhenvon Paris werde das Siegen schwer fallen. Zu gleich erinnerte er mich, wie es uns damals bei Chateau-Thi erry ergangen sei und wie wir da von den Bergen (auf die er hinzeigte) heruntergekommen wåren . Solche Freimüthigkeit fand man oft bei den Franzosen, wenn man ihr Zutraun ge wann. Zum Uebergange auf das linke Ufer der Marne wurde eine Schiffbrücke geschlagen. Sie ward erst am Nachmittage des 24. März fertig. Ein Jäger erklärte sie in seiner mehr als fröhlichen Stimmung für einen Zwirnsfaden , über den er nicht gehen werde. Die Szenen von Epernay erneu erten sich , röthliche Gesichter und aus Pistolenhalftern und zwischen den Uniformknöpfen hervorragende Flaschen. Auch unser liebe Major schien höchst heiter gestimmt. Gegen Abend erſt überschritten wir die Brücke, zogen die Anhöhen des lin ken Marneufers hinauf, über das blutgetränkte Schlachtfeld des 12. Februar, und freilagerten die Nacht bei Montfaucon. Ueber die Felder des Gefechts am. 11. Februar zogen wir am 25. März durch das kleine Städtchen Montmirail. Die Jågereskadron kam nach la Grace, einemHofe an einem kleinen Flusse, durch den der Weg führte. Wir erhielten Bes fehl, wieder nach Montmirail zu gehen und ein Seitenkom mando zu bilden. Dies ging angeblich zur Unterſtüßung des 13
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Obersten Blücher, aus der Jágereskadron und Mannschaf ten der andern Schwadronen bestehend, zusammen 100 Pferde stark, unter unserm Eskadronchef nach einem in der Nach barschaft liegenden Hofe. Unter Ausstellung von Feldwachen, und Beobachtung aller möglichen Vorſichtsmaßregeln ward hier die Nacht zugebracht. Nach Plotho kam dieReiterei der Division Horn auf Yorks Befehl nach Courbetost und Bergeres , beide Orte . liegen nach der Karte südöstlich von Montmirail auf dem rechten Ufer des Petit-Morin (Th. 3. p. 381) .
XXIV . Veränderte Richtung. Verbindung mit dem großen Kriegsheere. Bug an den Grand Morin nach la Ferté gaucher zu. Ver folgung und Gefecht bei Chailly vor Coulommiers. Feld wache daſelbſt. 26. März. Fürst Schwarzenberg und die Monarchen von Preußen und Rußland hatten nach dem Rückzuge von Mery und Troges bis Bar ſur Aube endlich daselbst wieder angegriffen und über Napoleans Feldheere gesiegt. Sie erhielten Nach richt von Blüchers Siege und Vorrücken zur Verbindung mit ihnen oder zum Angriff von Paris. Bei Ariis scheiterten Napoleons Angriffe gegen das Hauptheer am 21. März. Er drang auf Vitri, ging nach St. Dizier zu ſeinem nachher verunglückten Zuge nach Osten. Man ließ ihn ziehen und drang nach Paris. Der kühne Entschluß führte zum Siege über ihn und zu ſeinem Sturze. Ueber Vitri , Chalons, Epernay traten Blüchers ruſſiſche Heerhaufen mit dem großen Heerhaufen in Verbindung , über Chateau Thierry und Montmirail suchten sie Kleist und York. Jene er
195 öffneten sie zum Theil durch das glückliche , vielleicht nicht kräftig genug benußte Gefecht von Fere Changeneise. Zwischen diesen beiden geschwächten Korps und dem großen verbündeten Kriegsheere befanden sich in den Tagen des 25ten u. 26ten März, die Heerschaaren der Marschälle Marmont und Mortier , deren Stärke York und Kleist nicht ges nau kennen konnten. Un Kühnheit fehlte es ihnen nie , daß sie mit ihr Vorsicht paarten , wird die Kriegsgeschichte ihnen stets zum Lobe anrechnen müssen. Der russische General Michailofski ፡ Danilewski hat den Bewegungen der beiden genannten Heerschaaren in diesen Tagen Vorwürfe ge macht. DieFeder eines preußischen Offiziers hat aber jene Vor würfe gründlich, auf Beweisſtücke geſtüßt, widerlegt und zu rückgewiesen. Auch unser Regiment ist bei den Bewegungen jener Tage wesentlich betheiligt. Bei einem Beitrage zur Ge schichte desselben kann man die Behauptung des russischen Generals nicht unberücksichtigt lassen. Daß die preußischen Truppen den Krieg jest nicht mehr mit Energie führten, wird dem russischen General namentlich Niemand zugeben , der damals mit jenen Schaaren vereint kämpfte. Die Bewegungen der beiden Korps entsprachen den Nachrichten, die sie vom Feinde hatten ; manches wåre an ders gewesen , håtte man eine genauere Kenntniß von der Lage der beidenMarschälle gehabt und haben können. Wenn z. B. General York die unter General v. Ziethen nach Sezanne entsandten Kavallerieregimenter um Mittag den 26ten März am Grand Morin bei Ferté gaucher gehabt hätte, wo ihm nur das National-Kavallerieregiment und eine Hälfte des Meklenburger Huſarenregiments zu Gebote stand, lesteres beim Vorgange das er fern auf Coulommiers , rück wärts gegen Marmont beobachten mußte, ſo hätte ein großer Erfolg erlangt werden können. Gleichwohl wardie Entſendung 13 *
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nach Sezanne doch völlig gerechtfertigt. Bewegungen gegen Feindesheere können nicht immer auf vollständig vorliegende Thatsachen, wie richterliche Sprüche auf abgeschlossene Akten, sondern müssen oft auf Vermuthungen, selbst auf Voraus segungen gegründet werden, die sich spåter leider nurzu oft als irrig erweisen. Als General von York neben uns am26ten Mårz am Grand Morin hielt , soll er , wie man bei uns ers zählt hat, gerufen haben : o daß die Kavallerie nun nicht hier ist! Wäre sie da gewesen, er hätte ihr, wie am 16ten October, zurufen können : Dort blüht euer Weißen ! Er gab uns ſpå ter, wenn auch nicht dieſe Worte, doch den Befehl zum Vor reiten und zum Angriff. Er håtte uns vielleicht früher gege= ben werden können. Der Feldherr mußte aber erst beobachten und die Annäherung der andern Schaaren abwarten. Doch ich will nicht vorgreifen, sondern der Reihenfolge nach den Gang der Begebenheiten bei unserm Regimente an diesem Tage darstellen .. Zuerststehe hierwörtlich die Schilderung des Regiments tagebuches. ,,Das Korps ging den 26. März von Montmirail die „ Straße nach la Ferté gaucher. Bei der Stadt stieß die ,,Avantgarde , welche der Rittmeister Graf Eulenburg ,,mit 100 Pferden des Regiments machte , auf den Feind, ,,welcher auf der Straße von Sezanne nach Coulommiers ,,defilirte.
Der Angriff mußte aufgeschoben werden , bis
,,das Regiment zum Soutien nachkam , da der Feind sich „ durch Aufstellungen zu sichern ſuchte. Das Regiment paſſirte ,,demnach den dazwischen liegenden Fluß Morin durch eine Fuhrt, bekam aber nur noch etwa 50 Gefangene , weil sich ,,derFeind schnell zurückzog. Das Regiment folgte ihm auf dem ,,Fuße, auch rückte die erste Division unter dem Generalma ,,ior v. Horn nach. In dem Dorfe Chailly vor Coulommiers
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,,stellte der Feind zwei Bataillons Infanterie und eine E3 ,,kadron Kuirassiere gegen das Regiment auf. Die 2. Eska ,,dron griff die feindliche Kavallerie an, warf sie auf die In ,,fanterie und vertrieb auch diese aus dem Dorfe. Während ,,dessen waren die 3. Eskadron links und das Jägerdetachement ,,rechts detachirt, um den Feind zu umgehen. Die 1. und 4. "1„Eskadron blieben zum Soutien. Die feindliche Infanterie ,,floh aus dem Dorfe in einen links neben der Chauſſee ſte= ,,henden Busch. Dennoch wurden mit Hülfe der links deta= ,,chirten 3. Eskadron 1 Adler, 1 Oberst, 3Kapitains, 9 Offi= ,,ziere und 275 Mann Gefangene gemacht , ihr auch zwei ,,Munitions- und einige Bagagewagen abgenommen. Außer ,,dem verlor der Feind mehrere Todte. Da der erweichte Bo ,,den außerhalb der Chauffee für Kavallerie beinahe inpracti ,,cable war, der Feind auch ein bedeutendes Replis zeigte, so ,,konnte der Angriff nicht weiter fortgesezt werden. Das Re ,,giment verlor drei bleſſirte Leute , 1 todtes und 4 bleſſirte ,,Pferde. Die Diviſion bezog bei Coulommiers ein Lager, da ,,indessen nochdie feindlichen Korps Marmont und Mor ,,tier diese Straße passiren sollten , so mußte sich die Divi ,,sion über den Morin nach Rebais zurückziehen. Es wurde ,,vom Regimente ein Offizier mit 40 Pferden zur Feldwacht ,,in Coulommiers zurückgelaſſen, während das Regiment bis ,,nach Veuilly zurückging." Soweit die Worte des Regimentstagebuches. Hier folge
die Schilderung, die sich auf meine Papiere und Erinnerun gen gründet. In der Nacht von 25. auf den 26. März , in welcher die erwähnten 100 Mann unseres Regiments in dem ein zelnen Höfchen lagerten, mit solcher Vorsicht, daß immer nur ein Zug abzäumen und füttern durfte, war eine feindliche Chasseurabtheilung, vielleicht versprengt, in das Dorfund auf
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den Hof gekommen, in welchem der Regimentskommandeur lag , als aber der Stabstrompeter (Namens Rohleder) sie bemerkte und Lärm blies , sogleich davon gejagt. Man hatte sie nicht mehr einholen können. Als Seitenkommando zur Untersuchung und Deckung der linken Flanke marſchirten wir am Morgen ab, kamen bei den Gepäckwagen des Yorkschen Hauptquartiers vorbei, und erreichten dann das Regiment. Es wurden Wise geriffen darüber, daß die Avantgarde so weit voraus marſchirt ſei. Ein Fehler in ihrem Marsche oder ihrer nächtlichen Auf stellung mußte gemacht sein. Nach der Ankunft beim Re gimente wurden wir wieder vorausgesandt. Der Zug, bei dem ich mich befand, ging unter Lieutenant Venzki als Spike nach der Gegend von la Ferté gaucher am Grand Morin voraus. Stromaufwärts in ziemlicher Entfernung von der Stadterreichte der Zug die rechte, sie beherrschende Uferhöhe des Flusses. Wir hielten an, nach vorherigem Befehl. Wirfahen auf dem linken Ufer des Flusses , der der Marne zufließt, feindliche Truppen, Reiterei und in der Entfernung Fußvolk, die auf der Straße von Sezanne nach Coulommiers zogen , und bei unserm Anblick den Marsch zu beschleunigen schienen. Ich hatte mit dem Jäger Hinz die Spise , der Jäger Berthold ritt als Seitenbeobachtungsposten. In einer klei nen Senkung nach dem Flusse diesseits war ein Höschen. Berthold, andeffen Gebüsch reitend winkt mit einem Tuche. Bald sahen auch wir auf dem Höfchen Feinde , 5 Reiter= pferde angebunden und einige Infanteristen. Wir winken und melden zurück. Blizſchnell stürzen wir durch das offene Thor auf den Hof und überrumpeln 5 feindliche grüne Hu faren von der Garde d' honneur nebst ihren Pferden , und drei Grenadiere der kaiserlichen Garde. Sie sprangen benach richtigt eben aus dem Häuschen, um auf die Pferde zu stei
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gen. Einer griff nach der Pistole im Halfter , als der über seinem Haupte geschwungene Säbel des Oberjägers Krause, der mit mehrern andern uns gefolgt war, ihm das Wörtchen, „ gefangen“, vielleicht das einzige deutſche, das er sich im Vor aus gemerkt hatte, entlockte. Einer der Grenadiere war eben über einen Baun gesprungen und bereits unter dem niedrigen Dach eines Hauses mit demOberleibe, so daß nur Unterleib mit den Rockſchößchen und deren kaiserlichen Adlern herunter hing. Auf meine Drohung, zu schießen, ließ auch er sich hins ab, kam über den Zaun zurück und überreichte mir sein Seiten gewehr. Ich nahm von der Beute eine Trense, eine Sattel unterdecke und ein gutes geladenes Pistol, die Pferde nahmen Kameraden , die die ihrigen früher verloren hatten. Eilig brachten wir die 8 Gefangenen auf die Höhe, der Vortrab war indeß nachgefolgt, und das Regiment kam auch bald an. Die Generalev. York und v. Horn waren vorausgeeilt und be obachteten in unserer Nähe den jenseitigen Feind . Ihnen wur den die Gefangenen vorgeführt. Vielleicht beschleunigten deren Aussagen den Befehl desAngriffs . Wir drangen in den Offi zierdes abgesandten Zuges, mit uns aufden Feind los zu gehen. Erdurfte es nach seiner Vorschrift nicht gewähren . Man un terschied jenseits des Flusses aufgestellte Küirassiere. Dieſe mußten sehen, wie wir vor ihren Augen die 8 Gefangenen abführten. Ein kleines Buſchwerk in ziemlicher Entfernung von dem Flusse verdeckte einen Theil der feindlichen Aufſtel lung. Endlich nachdem man einige Zeit hindurch beobachtet hatte, erhielt unsere Abtheilung von 100 Pferden Befehl, durch eine nicht tiefe Fuhrt des Morin zu gehen, und rechts auf Coulommiers den Feind zu verfolgen. Eine Abtheilung des Meklenburger Husarenregiments , ich glaube zwei Eska drons, überschritt auch den Fluß und wandte sich unter Oberst von Warburg zu unserer Deckung links auf der Straße
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von Coulommiers nachSezanne zu. Dies war um so nothi ger , da gegen Abend (was wir in unserm Regimente nicht erfuhren) der Feind Miene machte, auf seinem Rückzuge bei Ferté gaucher durchzubrechen. Beim Durchreiten durch die Fuhrt des Morin sahen wir einige Gewehre und herunterge fallene Tschakos liegen. Einen mit schönen vergoldeten Schup pen wollte ich während des Reitens gern aufheben, doch ver gebens. Einige feindliche Nachzügler fielen, glaube ich, uns noch in die Hände. Dann ging es halb rechts die Höhen hin auf, bis wir die von Sezanne kommende große Straße er reichten. Es ward ein kleiner Trupp vorausgeſchickt, während wir inZügen folgten . Jener meldete, daß dem Anschein nach feindliche Kuirassiere vorkámen. Man ließ uns umkehren und im Schritt zurückgehen. Da folgte uns der übrige Theil des Regiments . Major von Knobloch sezte sich persönlichsogleich an unsere Spize, ließ zu unserer Freude, die er in den Mienen eines jeden las, wieder umkehren und rief: ,,Vorwärts Marsch !" Wie gern folgten wir ihm ! Jeßt, wenn ich nicht irre, wurden die 100 Pferde wieder getrennt und rückten in ihre Eskadrons . Die Jägereskadron blieb ander Spike . Es wurde bald getrabt. DerFeind hatte einen kleinen Vorsprung gewonnen, und eilte zurück, als wir rasch auf ihn los gingen. Bald da= rauf war der General von Horn mit einerHaubige von einer Fußbatterie an unserer Spige. Des bessern Weges wegen ritten wir in Zügen längs der Kunststraße.. Die Gegenwart des tapfern Generals von Horn be lebte unsere Kampflust noch mehr. Einige Male sezte sich der Feind, die Haubige proßte ab und schoß. Auch ein feind liches Geschüß antwortete mehrmals, Das Fußvolk unserer Division folgte , aber spåt nach uns. Wo irgend der Feind sichhalten wollte, donnerte die Haubige los. Dann saßen die
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Artilleristen wieder auf den Pferden und auf dem Geſchüße und fuhren rasch nach, während wir in Zügen verfolgten. Beim Verfolgen erbeuteten wir im Gedränge einen Markes tenderwagen. Ein aufihn befindlicher kleiner Eimer mit eiſer nem Bügel war bei kurzem Anhalten augenblicklich mit Franz branntwein aus dem Faffe gefüllt. Auf einem Stock hielten ihn zwei Kameraden zwischen den Pferden und während des Trabes kam einer und der andere herangeritten und tauchte feine Feldflasche in Eile in den Eimer. General Horn und Major Knobloch ließen es geschehen. Kriegsdienst ist kein Ka maschendienst. Jegt håtte man es auch schon für möglich gehals ten, mit einem hellblauen Mantelſacke vor denFeind zu gehen ! Ja es hatten (welch ein Jammerfür die Kleinigkeitskrämer !) einzelne Kameraden französische Mantelsäcke und ritten wacker. gegen den Feind. In dem Dorfe Chailly vor Coulommiers holtenwir den eiligen Feind ein. Es entstand eine Stopfung. In Zügen längs der Kunststraße sprengten wir an. Die Pferde kochten und trieften von Schweiß. Ein wackerer französischer Offizier ritt in der leßten Reihe der Verfolgten. Ichhatte meineBlicke auf ihn gerichtet. Zwanzig bis dreißig Schritte vor dem Einbrechen in den Feind hieß es plöglich bei unserer Eskadron : in Zügen rechts geschwenkt ! Marsch! Da mußten wir rechts durch den Graben der Straße gehen. Ich sah wie der Regimentskommandeur , gefolgt vom Adju tanten und Stabstrompeter , dann der Major von Kracht auf den Feind eindrangen . Ihnen folgte mit Hurrah die zweite Eskadron und erntete hauptsächlich die Früchte des Tages. Die Reiterei des Feindes wurde durch das Dorf ge= worfen, brachte zum Theil das eigene Fußvolk in ihm in Un ordnung und ein Battaillon ward geworfen. In Menge hatten die feindlichen Soldaten Gewehre und Tornister weggeworfen und suchten sich zum Theil seitwärts zu retten. Als die Jagers
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eskadron rechts aus der Straße gerückt eine kurze Zeit an einem Roßgartenzaunhielt, erschien ein Adjutant des Generals v. Horn, undforderte aufzu folgen. Ihm wurde geantwortet, daß von der Eskadron bereits zehn Pferde ermüdet liegen ge= blieben seien. Dies warirrig. Nur ein Pferd war ermüdet. Endlich folgte die Eskadron durch das Dorf, empfing Feuer von einzelnen Infanteristen , die beim Ein- und Durchdrin gen der 2ten Eskadron sich in die einzelnen Höfe gezogen hatten und über die Mauern schossen . Wir verloren durch diese Kugeln nichts , aber waren erbittert , daß man unserer Eskadron, die den Vorritt machte , nicht den Haupt stoß ließ. Ob die Rechtsschwenkung schon vorher angeordnet war oder nicht , kann ich nicht bestimmen . Im erstern Falle möchte man die Anordnung mißbilligen. Sicherer ſcheint es doch, die Spige einzubrechen und einem nachfolgenden Theile Reserve und Flankendeckung zu übertragen. Dadurch entſteht kein Zeitverlust. Der Umstand , daß die feindliche Reiterei zum Theil ihr eigenes Fußvolk mit in Unordnung brachte, bewirkte den geringen Verlust unseres Regiments . Die im Re gimentstagebuche befindliche Angabe über den Verlust des Feindes wird wohl richtig sein. Die Angabe in demſelben, daß der Angriff der Avantgarde am Morin bis zur Unkunft des Regiments aufgeschoben werden mußte, stimmt nicht mit meiner Ueberzeugung. Bei der Eskadron glaubten wir alle, der Angriff håtte früher geschehn können. Der Feind ſah, daß Truppen aus der Flanke nachrückten und würde den An griff von Morin nicht abgewartet haben. Ein Theil der Mek lenburger Husaren hätte vielleicht zu demselben noch mit be nugt werden können. Auf der Anhöhe vor der tiefliegenden Stadt Coulom miers, nach der das Gefecht benannt wurde, hielten wir nach abermaliger Verfolgung an. Unsere Infanterie-Diviſion eilte
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uns nach. Ihre Offiziere brachten dem Regimente ein feier liches Hurrah , in das die Reihen einſtimmten. Wer hat eingehauen , wer hat Tornister losgeschlagen ?
Heurich! riefen in zahlreichen Stimmen die Grenadiere. An dem erbeuteten Marketenderwagen und seinen Gaben nahmen fie auch Theil. Mit Bezug auf die Schilderung dieses Gefechts stehe hier noch eingerückt eine Stelle aus dem Werke des Herrn von Plotho, 3ter Theil Seite 387. ,,Als der Rest der feindlichen Bedeckung la Ferté gancher „geräumt hatte, und die Spiße des 1ten Armeekorps heran ,,gekommen war, so erhielt lehtere ( die Diviſion von Horn) ,,den Befehl, den Feind nach Coulommiers zu verfolgen. Noch ,,diesseits Coulommiers erreichte der General von Horn die ,,feindliche Nachhut , griff mit 50 Pferden 5 feindliche Es ,,kadrons Reiterei an, warf ſie über den Haufen, fiel sodann ,,über ein feindliches Bataillon Fußvolk her, sprengte es aus ,,einander, eroberte seinen Adler und machte einen Obersten, ,,24 andere Offiziere und 400 Mann zu Gefangenen, worauf ,,der General von Horn am Abend die Stadt Coulommiers befeste." Das Gefecht bewies wieder, wie gern das Regiment zum Kampfe folgte. Die Infanterie : Division verließ , wie das Regimentstagebuch richtig angiebt, bald die Stadt. Das Er scheinen der Spiße des Marmontschen Korps bei Ferté gaucher , wo die Division des Prinzen Wilhelm hielt, war nach kriegsgeschichtlichen Werken, Veranlassung des Be fehls von General York zu ihrem Abmarsch nach Rebais. Mit 40 Mann nach dem Regimentstagebuche (nach meiner Erinnerung nur mit 30) blieb der Lieutenant von Knobs lauch in Coulommiers zurück. Ich befand mich auch dar unter, und hatte das Vergnügen , die zweite Nacht ziemlich
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schlaflos zuzubringen. Wir hatten den Befehl , die Ankunft der Spigen des Marmontschen Korps die Nacht hindurch abzuwarten und dann plånkelnd uns zum Regimente nach derMarne zurückzuziehn, und wenn wir nicht gedrängt wurs den, am andern Tage bei unſerm Rückzuge in unserer linken und des zurückgehenden Feindes rechter Flanke zu beobachten. Der Feind kam nicht. Bei la Ferté gaucher wurden seine vorrückenden Spigen von der Artillerie der Division des Prinzen Wilhelm beschossen. Er stugte und schlug einen Seitenweg ein. Dievon uns geschlagene Abtheilung des Feindes hatte sich ´nordwestlich von Coulommiers geſeßt und in dem nicht breiten Wiesenthal des Grand Morin Infanterieposten ausgestellt. Ihnen gegenüber hinter der Stadt, dicht neben einem Dielen zaun stand ich mit dem Jäger Kuhr einige Stunden, noch ehe es ganz dunkel wurde , als Vedette. Ein kleiner runder Erdhügel, mit Buschwerk bewachsen, verdeckte uns und wir mußten immer erst einige Schritte rechts und links reiten, um die feindlichen Posten genau zu beobachten. Die Ausstellung unseres Postens war nicht richtig . Wir hatten ein verlornes Infanterie-Gewehr und ein Päckchen Patronen aufgehoben. Jenes wurde mehrmals geladen und oben vom Gebüsch des Erdhügels abgefeuert. Die Reiteret war unnük , aber ein Zeitvertreib. Die feindlichen Posten schoffen auch, besonders wenn wir uns seitwärts bewegten , trafen aber nicht. Nur beim Wegreiten vom Poſten und Umbiegen um die Ecke des Zauns kamen wir in die Schußlinie. Den übrigen Theil des Abends und der Nacht brachte ich aufder Nordseite der Stadt beim Haupttrupp zu. Diese Feldwache wåre beim Anrücken des Feindes eine der gefährlichsten gewesen. Er ließ uns aber in Ruhe und floh. Nur auf eine unserer Patrouillen wurde in derNacht in den Umgebungen der Stadt von Einwohnern
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geschossen. Coulommiers ist ein kleines freundliches Städt chen. Es hat viel gelitten. Auf dem Marktplage war ein großer Mastbaum eingegraben. Einige von uns hielten ihn für einen Freiheitsbaum aus der Revolutionszeit. Vielleicht war er zur Lårmstange bestimmt oder ein Kletterbaum für eine Volkslustbarkeit gewesen.
XXV. Marsch nach Trilport. Weiße Binden um den Arm. Angriff der Jägereskadron auf ein Bataillon, das ſich ergiebt. Sechs ter Uebergang über die Marne. Vorrücken bis Paris 27. bis 29. März. Die Division des General von Horn marſchirte nach von Plotho's Schrift von Rebais am 27ten März früh als Vortrab über Ferté sous Jouare, Sameran nach Trilport an der Marne und kam um 5 Uhr des Nachmittags dort an. Unser Regiment marſchirte mit ihr, wie ich glaube, meistens auf Seitenwegen. Die in Coulommiers zurückgelassene Abtheilung aus ver ſchiedenen Eskadrons erfüllte ihren Auftrag. Wir verließen am Morgen die Stadt, blieben in des Feindes rechter Flanke und sahen mehrmals in der Ferne kleine Abtheilungen dessel ben, die wahrscheinlich den Uebergången bei Lagny oder Cha renton zueilten. Wir fütterten wenig , blieben meistens zu Pferde und im Marsche. Die nun vereinigten Kriegsheere mußten zum Erken
nungszeichen, vielleicht auch zur Hindeutung auf die Farben der Bourbons , weiße Binden um den linken Arm tragen. Wenn ich nicht irre , hatten wir sie schon auf dem heutigen Marsch. Da wir in der Richtung nach der Marne und dem
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Regimente keinen Feind erwarteten, der helle Sonnenschein und die heitere Frühlingsluft die Aussicht nicht hemmten, marſchirten wir ohne Spißen. Plößlich kam uns , als wir über einen Hügel ritten , ebenso sorglos eine uns an Zahl gleiche Abtheilung würtembergiſcher Reiterei entgegen. Ihre Uniform ließ sie uns für französische Chasseurs halten. Ge wehr auf! ward augenblicklich bei beiden kommandirt und wir wollten schon auf einander einhauen, als der beiderseitige Irrthum erkannt wurde. Gegen Abend ſtießen wir zum Re gimente. Eine feindliche Abtheilung von 80 Mann Fußvolk kam von Trilport, ummit dem Marschall Marmont sich zu ver einigen, gerieth aber in unsere Schaaren. Die Jågereskadron griffsie auf Befehl an. Jene streckte das Gewehr und ward gefangen. Ein Jäger hatte einem Feinde einen kleinen Hieb in die Wange gegeben. Man vermuthete, mittelte aber nicht mit Gewißheit aus , wer dies gethan habe. Die Meinung aller mißbilligte diese Handlung.*) Am andern Marneufer vertheidigte der Feind den Ueber gang. Im Geſchüß- und Tirailleurfeuer kam die erste Pon tonbrücke dennoch bald zu Stande, als es schon dunkel wurde. *) Dieser Angriff scheint derselbe, den Herr Oberstlieutenant v. Damit in seinem Werke : Geſchichte des Feldzugs von 1814, 3ten Theiles 2te Abtheilung , Seite 166, als bei dem Orte St. Jean les deux Jumeaux so schildert : „ Sobald die nachrückende Eskadron des ostpreußischen National - Husaren-Regiments heran war, wurde sie auf einem Umwege in den Rücken des Feindes ge führt und nun die feindliche Nationalgarde durch einen gemein famen Anfall umringt und angegriffen. Sie warf die Gewehre weg und gab sich gefangen. Nur der kommandirende Offizier nahm einen günstigen Augenblick wahr und suchte sich zu retten, wurde aber eingeholt und gezwungen , das Schicksal feiner Leute, die er so unvorsichtig ins Freie geführt hatte, zu theilen.
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Das Regiment rückte näher an diefelbe, um mit der Diviſion übergehen zu können. Eine Kartåtschenkugel traf den Fuß des Major von Knobloch, verlegte ihn jedoch glücklicherweise nicht gefährlich. Nur einige Tage mußte er ihn verbunden halten, blieb aber zu Pferde und an der Spiße des Regiments. Sonst thaten uns die Kugeln von dem nördlichen Ufer der Marne keinen Schaden. Schon wurde es recht dunkel. Da war die Brücke fertig. Im Sturmschritt gingen unsere Ba= taillone hinüber und gaben uns ein schönes Schauſpiel. Mit lautem Hurah drangen sie aufdem nördlichen Ufer der Marne vor , warfen den Feind und sicherten dem Armeekorps den Uebergang. Prächtig leuchtete das Bligen des Gewehrfeuers durch die Dunkelheit. Der Feind war in einer Viertelstunde überall geworfen und floh durch Meaur. Die Nacht und der noch nicht erfolgte Uebergang der Hauptmaſſen hinderte die weitere Verfolgung. Das Regiment folgte beim Uebergange schnell dem Fußvolke, machte mit ihm vor der Stadt Meaux Halt und erwiederte die Ehrenbezeugung des gestrigen Tages. Wir brachten den Heurichs des Fußvolks ein lautes Hur rah. Dann lagerten wir ermüdet in der heitern Nacht, sieges= froh und nun mit Nachdruck auf Paris vorrücked. Ein klei nes Gesträuch war unser Lager. Zum 6. Male hatten wir die Marne überschritten , und zweimal waren wir Paris ſo nahe gewesen, daß man dort den fernen Donner unserer Ge schüße hören konnte. Ermüdet legte ich mich im Geſtrüppe nieder, nach zwei vorhergehenden fast schlaflosen Nächten und nachdem wir in den legten beiden Tagen wenig vom Pferde gekommen waren . Plöglich weckte uns ein furchtbarer Knall. Der Himmel röthete sich und zerplagende Granaten knallten uns einzeln nach. Auf, auf! die Pferde heraus, wir sind überfallen ! rief eine Stimme im Lager. Was soll das ? ſprach Major von
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Knobloch, ber den Ruf hörte. Mögen die müden Leute doch ruhen! Mehrere zäumten schon die Pferde und wollten ſie aus dem Gesträuche herausführen. Ich rieb mir halb schlafend die Augen und fragte einen meiner Kameraden : wo ist mein Sabel ? Es war mir, als müßte man gleich loshauen. Von einem Ueberfalle war nicht die Rede. Dazu hatte der gedrängte Feind nicht Zeit und Kraft. Er sprengte viel mehr ein reichlich gefülltes Pulvermagazin in die Luft , wel ches links dicht neben der Straße von Meaur nach Paris, hinter der Stadt lag, um es nicht in unsere Hände kommen zu lassen. In Meaur war alles erschreckt und eine Menge Fensterscheiben von der Erschütterung der Luft zerbrochen. Um andern Morgen beimVorrücken ſahen wir die Zerstörung. Kein Stein beinahe war auf dem andern geblieben. Balken und Balkentrümmer waren auf die Aeste großer Bäume an der Landstraße geschleudert. trümmern bedeckt
Die Straße war mit Stein
Am 28. März ging das Regiment mit seiner Division durch Meaur bis zum Städtchen Claye , die erstere lagerte bei Souilly , das Regiment bei Gressy. Ich hatte in dem Garten eines Müllers mit mehrern meinen Aufenthalt. An Lebensmitteln fehlte es nicht. Guten Rothwein lieferte ein benachbartes Gut. ,,Das ist ein Weinchen sagte einer der Kameraden, als wenn in ihm alle Gewürze Indiens sich auf gelößt befinden !" Seine Wangen zeigten , daß er kein Mu selmann sei. Gegen Abend war an den nahen Gebüschen noch ein Tirailleurgefecht mit dem abziehenden Feinde. Nach einer erquickenden Nacht gingen wir am 29ten März durch Elaye und hielten hinter der Stadt eine Stunde an. Nach einem darauffolgenden kurzen Marsche lagerten wir frei an einem Hofe Namens le Coudrois in der Gegend nach St. Denis zu, an großen Haufen von ungedroſchenem Hafer.
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Speise , Trank und Schlaf stärkten die Glieder zur legs ten Schlacht. Eine Stunde rückte heran voll weltgeschicht licher Entscheidung. Mit Zuversicht harrten ihrer die Heer schaaren. Schlacht von Paris oder am Mont-Martre den 30ten März 1814. Düsteres Regen- und Nebelgewölk hüllte die Gegend ein , als unſer Regiment zum ersten Male in- eine große Schlacht ritt. Der Regen an der Kazbach war uns aber ein treuer Verbündeter. Er schwellte die Gebirgsbäche und ver größerte des Feindes Verlust. Er hemmte die Wirksamkeit seines Feuergewehrs und gab der Kraft des nordischen Armes mehr Spielraum für Klinge, Lanze, Bajonett und Kolbe. Durchnäßt, inMänteln, aufkaum halb gesättigtenPfer den, mit leerem Magen die meisten , ritten wir , unbekannt mit dem Schlachtengetümmel, hinein in daſſelbe, zwar guten Muthes , doch mit gespannter Erwartung . Nach kurzem Stande im Kanonenfeuer und raſchem Einhauen ward uns binnen wenigen Stunden ein glänzender Sieg über einen Feind von gleicher Stärke zu Theil. Junge Krieger hatten sich mit Napoleons sieggewohnten Schaaren gemessen , die kriegsgeübte Offiziere und in Schlachten und Siegen auf gewachsene Feldherrn führten. Damals war viel gewonnen, aber noch nicht alles entschie den. Anders war es am heutigen Tage. „ Ein Tag, der mir stets denkwürdig sein wird" sind die ersten Worte meiner dama ligen kurzen Tagebuchsvermerke. Der Morgen des 30. März brachheiter an. Die schöne Frühlingssonne warf den ganzen Tag hindurch ihre Strahlen hinab aufdie Waffen des Bundes heeres , welches vereint zum großen Entscheidungskampfe im · Halbkreise die Höhen von Paris auf der Nord- und Ostseite umzog. Kein Regen hinterte den Schuß, kein Nebel verdeckte 14
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den Feind. Man sah ihn auf und neben den Anhöhen , die Paris hier so umgeben , daß nur die Spigen hoher Thürme darüberragen. Jede Waffe konnte hier gebraucht werden. Zwar in schlechten Kleidern, doch trocken , mit gerollten Månteln, wie im Vorgefühle des Sieges , auf den Zahl und erworbene Kriegserfahrung uns hoffen ließ , unter Führern, die mit uns den Krieg gelernt hatten , rückten wir zum Kampfe. Pferde und Mannschaften waren ziemlich gesättigt und durch Nachtruhe zum Theil gestärkt. Die Eroberung und Beſeßung von Paris winkte als des Sieges Preis . War er errungen, so müsse , das fühlten wir, der Krieg ein Ende haben. Jest hätte der alte Blücher mit größerm Rechte uns zurufen können : frisch , nun gehts nach Paris . Muth und Siegesvertrauen belebte die Schaaren. Die Sachen wurden so gut gepußt , als möglich. Wir follten beim Könige vorbei zur Schlacht reiten. Es wurde so gar nach der Größe geordnet. Dort hålt ja ein Jäger , sagte der Regimentskommandeur, wie ein Thurm unter den übri gen. Nur weiter nach dem rechten Flügel mit ihm ! Der König blieb jedoch links bei den Garden , wir sahen ihn nicht am Tage dieser Schlacht. Gegen die Mittagszeit brachen wir auf und zogen uns unter häufigem Anhalten , nach dem äußersten rechten Flügel des Yorkschen , dicht an das Fuß volk des langeronschen Korps hin , das mit uns dem Mont martre gegenüber stand , und die Stadt St. Denis , die eine russische Brigade beobachtete, im Rücken hatte. Beim Anhalten trat einer meiner akademiſchen Bekann ten, Lieutenant Kob aus dem 2ten brandenburger Regiment, anfangs Jäger im lithauischen Dragonerregiment , heran. Wir begrüßten uns und ſprachen wenige Augenblicke. Bald ging sein Batallion vor. Er bekam einen leichten Streifschuß am Kopfe. Die Wunde gab, bald geheilt, ihm Gelegenheit,
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einige Wochen in Paris zuzubringen. Bald darauf waren auch wir im Kanonenfeuer. Auch aus einer vorfahrenden Batterie grüßte mich ein akademischer Zeitgenosse. Es waren alle Stände , ja faſt das preußische Volk , håtte man ſagen können, war auf den Schlachtfeldern zu finden. Wir gingen im Trabe rechts durch ein großes schönes Dorf, Aubervillers und stellten uns den Anhöhen gegenüber auf. Die Geschüße waren bald in voller Thätigkeit. Die feindlichen standen großentheils in Schanzen und hatten außerdem eine vortheilhaftere Stellung auf den Höhen. Eine unſerer Batterien , die dem Feinde näher rückte , verlor viele Menschen und Pferde. Mehrere Geschüße wurden ihr demon tirt , und einige Pulverwagen gingen in die Luft. Die 2te Schwadron unseres Regiments, die diese Batterie deckte, ver lor auch mehrere Mannschaften . Wir deckten die vor uns be findlichen Batterien und schüßten die neben uns stehende russische Infanterie gegen die feindliche Reiterei , die mehr mals Miene machte, die Batterien anzugreifen. Wir hatten besonders in den ersten Stunden unserer Aufstellung einen gefahrvollen Stand , da wir das einzige Reiterregiment hier waren. Auf die Nachricht eines Generaladjutanten eröffnete uns unser Regimentskommandeur : er werde, wenn die feind liche Reiterei angreife , ihr im Trabe entgegen gehen ! Die für diesen Punkt bestimmte andere Reiterei kam erst gegen Abend bei uns an. Das Kanonenfeuer war bald sehr stark. Mehrere Stunden hindurch mußten wir in ihm aushalten. Ungeachtet das Regiment oft seine Stellung ånderte , hatte es durch die Kugeln bedeutenden Verlust. Es verlor durch das Kanonenfeuer 12 Mann und viele Pferde, von leztern in dieser Schlacht, wenn ich nicht irre 24. Die Jägerschwa = dron büßte keinen Mann ein , aber durch das Kanonenfeuer 3 Pferde , die der Jäger Graap , Schliewe und Reck 14*
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wardt. Der Jäger Kreisig verlor als mein Nebenflankeur sein Pferd durch eine Flintenkugel. Die namentlichen Ber luste der andern Schwadronen kann ich nicht angeben. Die in den Papieren des Garde -Husarenregiments vorhandene Angabe , daß das ostpreußische National - Kavallerieregiment im Jahre 1814 nur 10 Todte hatte , wird wohl nicht richtig sein. Der Jäger Graap , deſſen Pferd von einer Kugel ge troffen stürzte , worauf das Regiment wieder seine Stellung wechselte, blieb stehen , sah nach dem Feinde , schnallte zuerst ein kleines Branntweinfäßchen , darauf erst den Mantelsack vom Pferde, zuleht nahm er Sattelzeug und Zaum mit sich. Un sereFlankeurs waren in der Nähe der Anhöhen, und tummelten ſich weidlich mit denen des Feindes. Ein flankirender Chaſſeur wurde trunken von ihnen gefangen gemacht , und konnte erſt in der Gefangenschaft den Rauſch ausschlafen. Jäger Hinz schoß mit einem Karabiner, den er am 26ten den feindlichen Husaren abgenommen hatte. Einzelne Leute eines rechts von uns stehenden russischen Bataillons kamen hinter unsere Reihen. Einer hatte sich eben in gewiſſer Absicht hingeſeßt, als eine Kanonkugel dicht neben ihm in die Erde schlug . Er vergaß darüber die Beinklei der aufzuziehn, und lief, sie nur haltend, mit seinem Gewehr zu seinem Bataillon. Das Ernste und Komische begegnen fich oft. Man mußte auch im Kanonenfeuer lachen. Schon mehr gegen Abend , als auf dem linken Flügel des verbündeten Heeres bereits Anhöhen genommen , bedeu tende Vortheile erfochten waren , ward der erste Zug unserer Schwadron, aufderen rechten Flügel ich heute ritt, noch zum Flankiren in die Nähe der Anhöhen geschickt. Wir miſchten uns in unsere Tiralleurlinien , beſonders um fie gegen einzelne Reiter des Feindes zu decken. Es gab tüchtiges Flintenfeuer. Auf dem hier schon trocknenden und
213 mit kleinen Düngerhaufen bereits befahrenen Acker sah man häufig die Kugeln einſchlagen und die Erde ſtäuben. Wir rückten hier in die Krümmung der Ebene vor , die faſt die Courtine bildet zwischen den, gleich Bastionen vorspringenden Höhen des Montmartre und von Belleville. Während wir hier flankirten, ordneten sich schon die rus sischen Regimenter zum Sturme des Montmartre. Im Ge schwindschritt rückten sie vor und bald waren sie im Feuer. Wir wurden zum Regimente gerufen. Andere Regimenter waren eingetroffen, und Alles sollte nun zum legten Stoße mit Macht vorgehen. Trommeln wirbelten, Flügelhörner klangen, die Reiterei zog die Sábel , die Geschüße donnerten mit neuer Gewalt und Massen Fußvolks wälzten sich den Anhöhen zu. Mit dröhnendem Hurrah ; das die andern Reihen verstärkten, stürmten die Ruſſen den Berg hinauf zu der Anhöhe des Telegraphen. Bald war diese in Pulverdampf gehüllt . Zu weilen schien der Sieg zu wanken. Endlich waren die Ruſſen oben und er war entschieden. - Unaufhaltsam trieben sie den Feind jenseits in die Vor
stadt hinein.
Der Anblick dieses Angriffes war ein's der
großartigsten Schauspiele dieses gewaltigen Völkerkampfes. Die Sonnesenktesich bereits, noch brüllte der Geschüßes donner. Alles rückte vorwärts. Ein Parlamentair erſchien, mit einem weißen Tuche winkend. Ihm folgte bald ein zwei ter. Sie kamen zu General von Gneisenau. Plöglich ånderte sich die Szene. Der Geschüßesdonner schwieg , feier liche Stille lag über beiden Heeren. Es warWaffenſtillstand, zuerst ein zweistündiger , dem bald ein gänzlicher folgte. Wir zogen bergauf, der Feind ging zurück. Einigefeind liche Reiterabtheilungen gingen vor unserm Regimente vorbei nach Paris zurück. Wir begrüßten uns freundlich und scherz
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ten mit denen , die kurz vorher uns im Kampfe gegenüber standen. Von einem Chaſſeurregimente traten einige Deutsche mit Pferden zu uns über. Gefangene waren im Ganzen in der Schlacht wenig gemacht worden. , Manches Leben hatte der blutige Tag gekostet. Mit er höhtem Gefühle durfte der Erhaltene sich seines Daseins und des Sieges freuen. Wir rückten auf die Höhen und lagerten an den Gartenmauern der Vorstadt. Der Abend sank auf dieFlur. Nochim Strahl der untergehenden Sonne schauten wir mit Wonne hinab auf die große Stadt Paris, mit ihren Palästen und Thürmen , aus denen die vergoldete Kuppel des Invalidendomes beſonders hervorglänzte. Major von Knobloch, der bei Moschaisk gefochten hatte, erklärte, daß der Anblick Moskaus prachtvoller gewesen sei . Es erschien uns die schönste Frühlingsnacht im ganzen Feldzuge. In die Häuser der Vorstadt durfte Niemand gehen. Mehrere Musik chöre der Infanterieregimenter spielten . In der begeisterten Stimmung ruhte man sanft auf bloßer Erde und vergaß die erlittenen Anstrengungen. Wir ruhten ja auf heißerkämpften Lorbeeren , und die gebeugte stolze Stadt, die seit Jahrhunderten keinen auswärtigen Feind gesehn hatte, lag gleichsam zu unsern Füßen. Auf dem Mont martre ließder alte Blücher Geschüße auffahren, um nöthi genfalls die Unterhandlungen nachdrücklich zu unterstügen . Meiner Schilderung lasse ich noch wörtlich einen mir mitgetheilten Auszug aus dem Regimentstagebuchhe folgen. ,,Den 30. März 1814. “ ,,Die Ite Diviſion des 1ten Armeekorps ging am 30ten ,,März 11 Uhr Morgens über die Straße nach St. Denis ,,gegen das DorfAubervillers vor, das ostpreußische National ,,Husarenregiment durch das Dorf und deckte die links von ,,demselben etablirten Zwölfpfünder -Batterien, und die långs
215 ,,einem Graben postirte Tirailleurlinie , schickte auch Flan ,,keurs gegen die Plänkler der vor la Chapelle aufgestellten ,,feindlichen Kavallerie. Zwei Eskadrons wurden links bis an ,,die Chauffee detachirt ; eine andere machte die Communica ,,tion mit den beiden übrigen. ,,Feindliches Flankeur, welche in Menge und mit vieler
,,Kühnheit gegen die vor dem Dorfe aufgestellte russische ,,Batterie vordrangen , wurden von den Plänklern des Re „ giments ſchnell zurückgeworfen und ihnen 15 Gefangene ab ,,genommen. Mehrere Stunden mußte das Regiment allein ,,die Position gegen la Chapelle ausfüllen , und durch tåu ,,ſchende Bewegungen 4 feindliche Kavallerie - Regimenter, ,,die davor standen, hinzuhalten suchen. Auch hat es, oft die ,,alleinige Zielſcheibe der entgegengestellten Batterien, in kur ,,zer Zeit 8 Leute und 25 Pferde verloren. Als darauf die erste Division von Aubervillers rechts ,,dem Kaiserlich Ruſſiſchen Korps des General , Grafen von ,,Langeron gegen den Montmartre folgte, deckte das Regi ,,ment allein sämmtliche russische und preußische Batterien ,,und Infanteriemassen und schickte Flankeurs vor, die durch ,,ein sehr beherztes und geschicktes Vordringen 2 vorpouſſirte „ feindliche Eskadrons Kuiraſſiere zum Rückzuge bewogen, ,,obgleich noch 6 Regimenter Kavallerie an dem Fuße des ,,Montmartre dahinter aufgestellt waren. Mehrere Tiralleurs ,,fielen dabei den Flankeurs in die Hände. Nach der Erstür ,,mung der Poſition verfolgte das Regiment die Kavallerie „ und hatte das Glück, an dieſem ſo folgenreichen Tage zuerst ,,die Barrieren der feindlichen Hauptstadt zu erreichen. ,,Das Regiment bivouakirte mit der Division die Nacht zwischen dem Montmartre und la Chapelle." Der Hauptsache nach stimmen diese Angaben mit meinen Beobachtungen. Eine Schlacht bei heiterm Wetter ist ein
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großes Rundgemålde. Jeder sieht aber von seinem Stand punkte irgend etwas Verschiedenes. Der Blick in ein Schlacht getümmel gleicht oft auch dem in ein Kaleidoskop. Es wird gerührt und man hat andere Figuren. Jeder faßt , wie sehr richtig ein tapferer Offizier unſeres Regiments in einer mir werthen schriftlichen Mittheilung dußerte, irgend einen Mo ment auf, der ihm besonders wichtig scheint, und ist oft nicht tolerant genug zuzugeben , daß auch ein anderer, der einen andern auffaßte, richtig beobachtet habe. Daß wir in dieſer Schlacht wieder ſtundenlang im Ka nonenfeuer halten mußten , und kein Reitergefecht bekamen, konnten wir als Ungunſt des Geſchickes ansehen. Doch diese Ungunst sollten wir auch am Tage des Siegeseinzuges er fahren. Einzug der verbündeten Heere in Paris 31. März 1814. Kaum erschien die Sonne wieder, so pusten wir Pferde und Waffen. In der Freude über den bevorstehenden Einzug vergaß man die zerlumpten Kleider und den hungrigen Magen. Der Anblick der großen Stadt stillte für den Augen blick jede unangenehme Empfindung . Wir trugen auch heute weiße Binden um den Arm. Die Pariser , von denen viele neugierig in unserm Lager erſchienen , nahmen dieſe Zeichen nur als Farbe der Bourbons, und schmückten sich auf gleiche Weise. In unserm Lager erschien auch aus Paris ein Sattler= gesell aus Labiau gebürtig, und ſuchte ſeinen Bruder, der im ostpreußischen Kuirassierregimente dienen sollte. Gegen die 7. Mittagszeit ward aufgesessen, und der Zug geordnet. An die Spiße unseres Regiments ſezte sich General von Horn. Das Fußvolk der Division folgte. Unter einem un geheuern Andrange von Menschen rückten wir in die Vor ſtadt am Montmartre , durch die breite Rue des Poissoniers
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bis an die Barrieren der Stadt. Die Mauern , Dächer und Fenster waren von einer großen Menschenmenge befest. Weiße Tücher und Fahnen flatterten überall. An den Bar rieren stand die Natianalgarde in Parade aufgestellt und machte die militairischen Ehrenbezeugungen. Schon ritt General von Horn durch den Bogen des Thors. Ihm folgte der Regimentsbefehlshaber. Auf dem rechten Flügel der Schwadron reitend hielt ich auch bereits unter dem Thor. Meine Blicke fielen auf einen großen An= schlagzettel. Er kündigte Mittel an zur Heilung schmüßiger Krankheiten. Es war fast wie eine Satyre , doch nur Er werbsucht lag dahinter. Ein Reisenderhatte in neuerer Zeit denselben Anblick bei feinem Eintritt in das Thor von Straßburg. Als eben Ge neral von Horn weiter in die Stadt reiten wollte, kam ein Generaladjutant und brachte den Befehl, daß das Korps vo'n York nicht durch Paris, sondern rechts herum in seine Quar tiere an der Seine rücken sollte. Der Befehl war ein Donnerschlag und zersplitterte un fere Freude über den gehofften Einzug. Unſere Unzufrieden heit sprach sich in den bittersten Ausdrücken aus. Nach so vielen blutigen Tagen, nach so vielen Entbeh rungen versagte man dem Korps von York die gewiß ver diente Ehre. Vielleicht wollte man den Pariſern seinezer lumpten Uniformen nicht zeigen. Wir marschirten rechts um die Stadt, durch schöne Außen theile des Quartier Roule und der Champs Elysées nach Auteuil. Ein Theil des Orts hieß, wie einige hörten , Point du jour. In Gartenhäusern der Pariser fand die Mehrzahl von uns Obdach, aber leere Wände. Mit 5 Kameraden kam ich auch in ein solches. AufKosten eines Pariſers mußte uns ein Gastwirth mit Speise unterhalten. Er hieß Raban und.
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konnte als Repräsentant aller geschmeidigen Gastwirthe, aber auch als ein Karrikaturbild seines leichtfertigen Volkes gelten. Sein Mund war in ewiger Bewegung. Die Meinung jedes Gastes war die feinige. Wenn wir zum Scherz Napoleon lobtenund auf dessen Gesundheit trinken wollten, riß er seine Schlafmüße vom Kopfe und schlug auf uns los. Ließen wir Ludwig XVIII. leben, so sprang er auf, und trank lårmend ein Glas aus. Seine auffallende Häßlichkeit machte ihn bei sei nen Sprüngen um so lächerlicher. Eine lebhafte Straße führt durch Auteuil nach Verſailles. Neugierige Pariser bedeckten sie mit ihren Fiakres . Südöſt lich lag vor uns Paris ausgebreitet, westlich St. Cloud. Niemand durfte nach Paris gehen. Urlaub ward verwei gert, und aufdie künftigen Tage vertröstet. Einige hatten sich in Civilkleidern doch hineingeschlichen. Mir war der verwei gerte Urlaub doppelt empfindlich , da ich in Paris von einem Armeebeamten auf Anweiſung von den Eltern Geld und so die Mittel zur Ergänzung der Kleidung erhalten konnte. Waffenruhe. Nuhetag in Auteuil. Marsch auf das Champ de Mars. Vereitelte Hoffnung. Marsch über Palaiffeau nach Villejuste. Aufstellung gegen Napoleon. Entbeha rungen. Am 1ten April hielten wir in Auteuil Ruhetag. Noch hoffend nach Paris zu kommen fing ich freudig einen Brief an die Eltern an mit den Worten Schillers aus der Jung frau von Orleans : Die Waffen ruhn, des Krieges Stürme schweigen. Der Brief ward spåter erst fortgeseßt , und dem freudigen Anfange folgen Aeußerungen der tiefsten Erbitte rung über den versagten Besuch von Paris.. In Auteuil gingvor uns am 1ten April ein Leichenzug vor über. Eine Kompagnie trug und begleitete ihren Major oder Hauptmann zu Grabe. Den Namen habe ich vergessen . Im
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Siegeskampf gefallen entbehrte er der Freude , den großen Tag des Einzuges zu erleben, aber auch des Schmerzes über den Undank, den man an so vielen Kriegern übte.
Mancher Mann und mancher Jüngling war noch vor Paris gefallen, und ward jeßt ſchmerzlich von den Gefährten Mancher von ihnen ward später von seiner Familie vermißt, als uns bei der Rückkehr vaterländischer Jubel begrüßte und uns der Eichenkranz schmückte. Napoleon stand noch bei Fontainebleau in der Mitte eines Heeres. Ihm gegenüber mußte noch zur Sicherheit eine Aufstellung erfolgen. Das schlesische Heer erhielt hinter Paris deren rechten Flügel. Wir brachen den 2ten April von Auteuil auf, erfreut wenigstens jest Paris ſehen zu dürfen. Das Regiment ging über die Brücke von Jena (jest wieder pont neuf) auf das große Mårzfeld (Champ de· Mars) das schöne Boulewards umgeben , an deren einem Ende das Gebäude der großen Kriegsschule, damals mit der vergoldeten Inschrift Quartier Napoleon , steht. Hier ward angehalten und abgeſeſſen. Pariser Weiber mit ihren Verkaufssachen umlagerten uns. Ich ziehe meinen Geldbeutel heraus und ſehe mit Schrecken, daß ich einen aufgesparten Friedrichsdor verloren und nur noch zwei Fünffrankenstücke gerettet habe. Im ersten Verger wollte ich thōricht auch diese wegschleudern. Eins ſchaffte mir bald daraufein Paar feste Stiefel von einem französischen Dra goner. Hinschauend auf den Invalidendom hofften wir durch die Stadt zu marſchiren. Statt dessen kam zu neuem Aerger der Befehl , seitwärts auf der Straße nach Orleans vorzu rücken. Er war ein neuer Todesstoß für unsere Hoffnungen . Wir zogen über das Städtchen Palaiſſeau bis zum Dorfe Villebonne, und blieben dieNacht in schlechten Quartieren. Es
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gab wenig Bemerkenswerthes. Auffallend waren die vielen Gastwirthinschriften in Dörfern an der Straße z. B. N. M. Aubergiste loge à pied et à cheval. Von Villebonne kam das Regiment am 3ten April nach dem Dorfe oder Pachthofe Villejuste westlich von Lonjumeau. ImHofe stand Major v. Knobloch. Wir freilagerten hier vom 4ten bis zum 10ten April , entbehrten , und darbten, während die großen Herren in Paris herrlich lebten , durch Herablassung gewannen , und vom listigen Talleyrand sich täuschen ließen. Das Versprechen in Schwarzenbergs Aufruf an Paris : aucun logement militaire ne pesera sur la Capitale ging in Erfüllung zum Verdruße Blüchers , der am 1ten. April seinen Oberbefehl an Barklay de Tolly abgegeben hatte. Dieser befehligte das schlesische Heer in dieser legten Auf stellung gegen Napoleon , dessen Heer , nachdem Mar mont ſich von ihm getrennt hatte, ſich aufzulösen anfing. Vor her ward gegen dasselbe jede Vorsicht beobachtet, Feldwachen wurden ausgestellt, Patrouillen ausgesandt. Eine machte ich unter andern in einer Nacht mit 2 Kameraden nach dem Städtchen Maulhery auf der Straße von Paris nach Orle= ans. Ich brachte vom Maire eine Bescheinigung unserer Er kundigung , orientirte mich auf seiner Departementskarte, und kam ohne aufden Feind gestoßen zu sein, am Morgen nach Villejuste zurück. Nach Moulhery war auch eine russische Patrouille gekommen. Eine russische Schildwache lag betrun ken auf dem Posten und schlief. Der Frühling rückte vor. Die Weidenbäume belaubten sich und die Wiesenplåge grünten. Auf einem solchen lag ich unter andern mit 2 Freunden , deren einer kommandirt ge= wesen, von Paris gekommen war , und dort mehrere Tage
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hindurch viel gesehen hatte. Wir unterhielten uns traulich vom Kriege, vom Frieden, unſerer Zukunft, und laſen einige Abschnitte des Virgil , um den Kummer über den versagten Besuch von Paris zu vergessen. Der Senat in Paris erklärte sich für Ludwig XVIII . und die Bourbons. Napoleon entfagte dem Throne und ging nach Elba. Paris und Frankreich kamen gut genug, wenn auch nicht ohne große Leiden einzelner Gegenden , aus diesen Kriegswirren. Das Zeughaus in Versailles ward ge leert. Die preußischen Küraffierregimenter empfingen daraus Kürasse, mehrere Regimenter neue Såbel, und Wir unter an dern weiß-wollene Sattelüberdecken. Daß in dem Frieden , den die Verbündeten mit Frank reich schlossen, welches nicht einmal die geraubten Kunstschäße herausgab, noch nicht alles geendet ſei, fühlten mit dem alten Blücher viele. Die öffentliche Meinung in Preußen und überall inDeutschland zürnte damals heftig den Diplomaten. Doch alles dies gehört nicht in den Umfang dieser Er innerungsblätter. Wir mußten ohne Paris zu besuchen und näher kennen zu lernen heimziehen, und deshalb sind wir be rechtigt, jene Verweigerung auch noch jest mit Unwillen zu erwähnen .
XXVI . Rückmarsch. Ruhequartiere. Entlassung der Freiwilligen, 11 . April bis 4. Mai 1814.
7 Manche Bemerkung über Frankreich und französisches Wesen enthalten meine Tagebücher. Doch will ich sie über gehend nur kurz unsere Mårsche bezeichnen , damit meine Gefährten hieran ihre Erinnerungen knüpfen können. Die Verlegung sämmtlicher Schwadronen kann ich nicht angeben.
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Meine Angaben beziehen sich meistens nur auf die Jäger fchwadron. Am 10ten April kam das Regiment durch die schönen
Städte Versailles und St. Germain und angenehme Gegen den , die Eskadron nach dem Dorfe Archère. Ein Einwoh ner hatte als Konſkribirter gegen uns bei Montmirail gefoch ten , aber beim Anſchlage des Gewehrs durch eine preußische Kugel den Finger verloren, mit dem er abdrücken wollte. Er war mit seinem Geschick sehr zufrieden. Den 11ten April kamen wir über Poissy, wo wir wieder über die Seine gingen, långs den Ufern der Oise durch Pontoiſe, schöne Gegenden und Dörfer nach dem Dorfe Noelle ins Quartier. Hier sah ich zum ersten Mal in Frankreich die schöne Sitte des Volks , im Freien zu tanzen. Am 12. April ging es durch Beauvais nach dem Dorfe St. Martin le noeud . In einem kleinen Flüßchen konnte ich mich schon baden. Am 13ten April Ruhetag. Um 14ten April Marsch in der Richtung nach Amiens bis zum Dorfe Croissy. Bei einem Müller , der als Soldat in Deutschland gedient, hatte ich freundliche Aufnahme. Den 14ten Upril Marsch durch die bedeutende Stadt Umi ens in der große Maſſen von Menschen Thüren und Fenster neugierig besest hielten bis zum Dorfe Common an einem Kanal der Somme. Auf ihm führten die Bewohner besonders Gartengewächse zum Verkaufe nach Amiens. Es ward , ich weiß nicht warum, Urlaub nach Amiens verweigert. Am 16ten April bis zum Dorfe Orville bei der Stadt Douleus. Den 17ten April bis Rivière. Am 18ten Ruhetag. Dem Korps von York war das Departement Pas de
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Calais zumKantonnementsquartiere angewiesen, das Haupt quartier kam nach Arras, unſer Regiment nach Frevent und die umliegenden Ortschaften, die Jägerſchwadron nach Uubronez. Ich ward nebst 4 andern nach dem Dorfe Aubigny zwiſchen Arras und St. Pol zu einem Briefkommando geschickt. Wenigstens sah ich bei der Gelegenheit einigemal die Stadt Arras. In Aubigny war ich vom 19ten bis 30ten April bei einem freundlichen Wirthe, dem Cultivateur Laly. In diesem Dorfe stand ein Infanteriebataillon unter Major Blücher. Zwei Unteroffizieren leistete ich hier oft als Dol metscher Dienste. Sie standen bei einer Wittwe Namens Defaulty mit 3 Töchtern . Eine war mit einem Douanier verlobt, hatte aber mit Napoleons Fall die Aussicht zu einer baldigen Heirath verloren , und war daher für Napoleon gestimmt ; die andern Schwestern und die Mutter waren mehr für die Bourbons.
Am 30ten April kam ich nach Aubrones. DerBefehlshaber der Jågereskadron ward zur 4ten Es kadron verseht. In seiner Stelle trat bei uns Graf Pûkler. Hier nahm man Listen über Jåger auf, die zu Of fizieren in der Armee vorgeschlagen wurden. Auf dieſe Listen gründete sich später im Jahre 1815 der Eintritt meh rerer als Offiziere in die rheinischen Regimenter. In Aubro nek, einem Dörfchen der Pikardie, wo deren glatte , håßliche Mundart gesprochen wurde, standen wir, von Langeweile ge= plagt bis zum 7ten Mai. Am 7ten Mai gingen wir durch Frevent bis zu dem hübsch liegenden Dorfe Mont St. Eloah, eine halbe Meile von Arras. Ich stand bei einem Herrn Derville , einem Bernhardiner, der mit seinem Bruder, dem Geistlichen des Ortes, zusammen wohnte. Hier lag ein ehemaliges Kloster in Trümmern . Auf einem schönen grünen
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Plage tanzte hier am Nachmittag des Sonntags die Dorfs bevölkerung mit vielem Anstande ihre Contretanze. Am 8ten Mai Ruhetag daselbst. Um 9ten Mai Marsch bis zum Dorfe Dechiré, eine halbe Meile von der Festung Douay. Hier kam einige Mannschaft aus den Depots zum Regimente. Um 10ten Mai Marsch bis Famars bei Valenciennes. Meine Wirthin war eine eifrige Royalistin. Den 11ten Mai Marsch bis Ville Pommerelle, 2 Stun= den von Condé, 4 von Mons entfernt.
Die Gegend ist
Niederung; beim Flecken Quevrain paſſirten wir die belgische Grenze und riefen ein pereat Frankreich , vivat Deutſchland aus. Graf Pükler brachte es aus. Am 12ten Mai Ruhetag. Den 13ten Mai Marsch durch Mons bis zum Fabrikort St. Deni. Die Straßen sind hier schwarz von Stein kohlenstaub. Vor dem Einrücken in St. Deni mußten zwei Jäger Mekerburg und Gerhard über ein dem Detachement zugefallenes eisernes Kreuz loosen . Gerhard erhielt es . Die Loosung veranlaßte noch der frühere Schwadronsbefehlshaber. Um 14ten Mai Marsch bis St. Pierre oder Hain St. Pierre. Den 15ten Mai bis zum Dorfe Jumais. Am 16ten Mai bis zum Dorfe St. Germain , 2 Stunden von Namur. Quartier zusammen mit westpreußischen Dra gonern. Heute ward uns die königliche Kabinetsordre vom 30ten April 1814, die Entlassung der Freiwilligen betreffend, bekannt gemacht. Dem Könige ward ein Hurrah gebracht. 18ten Mai Marsch bis Falais , 2½ Stunden vom Städtchen Huy an der Maas. Abtheilungen des Regiments standen auch in Ariu, Tourine, und Latine.
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Die Märsche von Paris nach Belgien führten uns durch Gegenden , die vom Kriege theils gar nicht, theils wenig be rührt waren. Wir verließen an den Ufern der Dise Frank reichs Weingegenden und zogen durch seine Getreideprovinzen. Dörfer und Gegenden gaben ein anderes Bild. Wir wurden nicht in großer Zahl einquartirt, beschwerten die Leute weni ger und fanden daher meistens gute und freundliche Auf nahme. Die Bewohner dieser Gegenden schienen weniger an Napoleon zu halten , als die des östlichen Frankreichs. Die Französisch sprechenden Gefährten fanden gleich mir viel Gelegenheit, ihre Menschenkenntniß zu erweitern . Ein Bauer fragte mich einst weitläuftig über unsere kirchlichen und reli giösen Verhältnisse aus und schloß, nach langem Eramen, mit der Frage : mais Vous êtes chretien aussi ? Einst hörte ich verborgen meinen Wirth mit einem Andern über ihre Ein quartirten sprechen. Beide rühmten sie . Mein Wirth hielt michfür gelehrt und ſagte von mir : il est du corps de genie, il connait bien les cartes. Er sah , daß ich auf der Landkarte Bescheid wußte, daher kam sein glänzendes Zeugniß. Ein An derer sagte einst : comment se fait il, Vous êtes en France il n'y a que trois mois , et je comprends tout ce que Vous parlez ! Ich sagte, daß ich schon früher französisch gelernt hätte. Voyez vous , sagte zu ihm ein Anderer , il a appris notre langue par la grammaire, par des principes. Dieser
legte Ausdruck sehte mich im Munde eines schlichten Land mannes in Erstaunen. Bei mancher Wahrnehmung französischer Vorurtheile, und großen Mangels an Kenntniß des Lesens und Schreibens vieler Dorfbewohner, fand ich doch , wie jeder meiner Kame raden, häufig viele Gewandheit, Lebenserfahrung und richtigen Takt unter ihnen. Meine Lust, mich in ihre Kreiſe zu miſchen und mit ihnen zu unterhalten, gewann mir oft ihr Wohlwollen. 15
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Unser Major peinigte uns aufdieſen Mårschen weder mit Paradegeschichten, noch andern ähnlichen Dingen, ließ uns lu stig gewähren und freute sich, obgleich er selbst sehr ernst war, dennoch der muntern Gesellen seines Regiments . Selbst Spie= lereien und Fragen wurden geduldet. Wenn die Trompeter ein Stück geblasen hatten, blies Einer aufderHand das Signal : Trompeter vor ! Sogleich sprengten viele Kameraden vor und bliesen auf der Hand das Stück nach. Der Major lachte ; der Stabstrompeter årgerte sich. Als er sich zu ärgern aufhörte, hörte die Spielerei auch auf. Einst steckte aufdem Marsche Ei ner dem Pferde eines Kameraden eine Brennnessel unter den Schweif. Es sprang mit ihm aus der Reihe und håtte ihn, da er nicht daran dachte, leicht herunterwerfen können. Dieser båndigte es aber, sah die Nessel fallen, jenen lachen , ritt an ihn heran und zog ihm eine so derbe Ohrfeige, daß er ganz außer Fassung kam. Der Major schien die Züchtigung zu billigen und rügte sie nicht. Dagegen fiel einst auch ein sehr zu tadelnder, kindischer Streich vor. Zwei Kameraden ſchnitten beim Marsche dem Pferde des Vordermannes mit der Scheere die Schweifhaare ganz kurz ab. Sie kamen in eine Scheune in Arrest. Die Ar restantenwache blieb bei Tage vor der Thür, und legte sich in der Nacht zu den Arrestanten. Am Morgen prangte die Schweifabschneiderei mit Kreide gemalt auf der Scheunthür. Das Pferd , ein Schimmel , fiel später am Rhein kurz vor dem Ueberschiffen nach Düſſeldorf, ohne bekannte Veran lassung, vielleicht nach dem Fressen eines schädlichen Geſträu ches, an einer Gartenhecke todt nieder. Es gehörte dem bereits verstorbenen Kameraden mit dem Beinamen : „ Schi —Scha, Schip - Schap - Schup. Er erwarb ihn einst durch eine leb hafte Schilderung des Pfeifens der Kugeln in einem Gefechte, undbehielt ihn so lange, als er darüber empfindlich war. Un Kin
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der- und Jugendstreiche denkt der Menschja gern auch im Alter. So mögen denn auch diese Possen uns an jene Zeit erinnern. In dem freundlichen Flecken Falais verlebte ich mehrere Tage angenehm. Ich stand in einer Mühle. Das kleine Flüschen versammelte die Kameraden zum Bade. Mehrere von ihnen mußten nach Lüttich und wurden dort in der Engwarschen Sache protokollarisch vernommen . Zwei liebe Freunde waren in einem kleinen Häuschen bei einer Familie Dubois , freundlichen guten Leuten. Oft war auch ich in ihrem Kreise. Ein Bruder , eine verheirathete und eine un verheirathete Schwester wohnten hier traulich beisammen. Wir verplauderten in französischer Sprache hier manche Stunde. Ein Verwandter meines Freundes ging im Jahre 1815 als freiwilliger Jäger ins Feld , kam mit Gruß und Empfehlung zufällig über Lüttich, wurde in Falais mit höch ster Freundlichkeit aufgenommen und beherbergt. Ein Brief von dort brachte uns allen noch einen freundlichen Gruß. Ein mehrmonatlicher rückständiger Sold wurde uns hier nochausgezahlt. Diejenigen Mitglieder des Regiments, welche fich nicht selbst ausgerüstet hatten , blieben bei ihm zurück. Wir übrigen, die Jåger und die andern Eliten rüſteten uns zur Rückkehr in die Heimath , belebt vom frohen Gedanken, nach Kampf und Drang das Vaterland , das freie und ge rettete wiederzusehen.
XXVII . Allgemeine Bemerkungen über das National-Kavallerie-Regiment, deſſen Einrichtung, Leitung , den in ihm herrschenden Geiſt und deſſen Benutzung im großen Kampfe für König und Vaterland. Die einzelnen Erzählungen dessen , was im Laufe der großen Zeit bei uns und mit unserm Regimente geschah, ge 15 *
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ben schon dem Leser Gelegenheit, an das Besondere das All gemeine, an die Thatsachen die Betrachtung zu reihen. Dennoch fühle ich mich veranlaßt, zum Schlusse meiner kleinen Erinnerungsschrift noch einige Bemerkungen hinzus zufügen, die meinen Gefährten und einzelnen etwanigen an dern Lesern nicht überflüssig ſcheinen dürften. Es sei mir gestattet , diesen Abschnitt mit den Worten eines unserer ausgezeichnetsten Schriftsteller zu eröffnen, der in der bewegten Zeit viel mitgelebt und mitgefochten hat, und deſſen Talent besonders in der Lebensbeschreibung aner kannt wird. Dieser Schriftsteller ist Varnhagen von Ense. Er hat die mitgemachten Züge des Generals von Tettenborn beschrieben. Bei dieser Gelegenheit sagt er in den Denkwür digkeiten des eigenen Lebens Th . 3. S. 35 in der 3ten Auf lage (in dem Buch Kriegszüge d . G. Tettenborn S.50) folgende gewiß sehr wahre und beherzigenswerthe Worte : ,,Diemeisten neu errichteten Truppen , besonders die ſo: ,,genannten Legionen , haben immer eine schlechtere Rolle ,,gespielt , als sie durch ihren innern Werth verdienten , weil ,,das Behandeln der Begeisterung und des Volksfinnes in un ,,fererZeit und Nation noch wenig reif und durch militairische ,,und politische Vorurtheilegestört war. Selbst die Thatsachen ,,scheinen nicht lehrreich genug , und es erhält sich , troß der ,,überzeugenden Erfahrung so vieler Kriege und auch dieses ,,legten , eine militairiſch vornehme Abneigung gegen Land ,,wehren und neue Bewaffnungen , welche sich doch , wenn ,,ein großer Antrieb zu åchtem Eifer entflammt, noch immer ,,mit Erfolg den besten altgeübten Heeren entgegen gestellt ,,haben. ,,Freilich gehört Zeit zur Bildung und Uebung des Sol ,,daten, und beide dürfen ihm nicht fehlen ; allein Begeisterung
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,,und Volkssinn kürzen die Lehrzeit bis auf ein erstaunens ,,würdiges Minimum ab, wie sich dies ehemals bei den Fran ,,zofen und jezt neuerdings ebenso bei den Preußen erwie ,,fen hat." " In diesenWorten des begabten Verfassers werden meine Regimentsgefährten manches finden, das auf unsere Schaar sich anwenden läßt. Doch ich will ehe ich zur Anwendung schreite, noch einiges aus Erlassen des Staatskanzlers von Hardenberg, die auf Grund königlicher Befehle erfolgten, anführen , das mit jenen Worten und mit den Angelegenhei ten unseres Regiments in genauer Verbindung steht. In der Bestimmung der freiwilligen Jåger vom 3ten Februar 1813 aus Breslau heißt es von denselben: ,,3um innern Dienst ,,in Garnisonen , zu Schildwachen, außer zur Sicherheit des ,,Regiments , Bataillons 2c. werden sie nicht gebraucht, auch ,,nicht zu Arbeitskommandos, Ordonanzen , Transport- und ,,Bagage-Kommandos." In einer andern Verordnung aus Breslau vom 19ten Februar 1813 wird gesagt : ,,5. Die Befehlshaber der Infanterie- und Kavallerie Regimenter sollen zu den bei den Jägerdetachements zu kommandierenden Offizieren und Unteroffizierensolche wählen, welche sich zu der Bildung der jungen Männer , aus welcher Es soll darauf diese Detachements bestehen , schicken 2c. gesehn werden , daß ihnen der Dienst auf keine Art verlei det werde." ,,7. Es ist die Absicht Sr. Majestät, daß die Jägerdeta chements soviel wie möglich die Schule der Offiziere und Unteroffiziere werden , und daher auf ihre Bildung und Uebung ein großer Fleiß gewendet werde." Noch in einer spätern Verfügung aus Breslau vom 22ten März 1813 wird gesagt :
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„ Zugleich wird hierbei noch erklärt , daß es der Beſtim mung der jungen Männer , welche sich selbst bekleiden und equipiren , zuwiderläuft , daß ganze für sich bestehende Korps aus ihnen formirt werden, wodurch die Blüthe des Volks der Gefahr in Masse ausgeseßt werden würde. Es kann daher der erwähnten frühern Verordnung gemäß keiner Truppen abtheilung, welchen Namen sie immer führe, gestattet werden, daß sie mehr als den fünften Theil ihrer Stärke aus diesen jungen Männern in sich aufnehme. - " (Anmerkung.) Die legte Bekanntmachung bezieht sich auf eine königliche Kabinetsordre vom 18ten Mårz 1813 ) . Die Stiftung des National-Kavallerie-Regiments scheint nach obigen Erklärungen daher nicht ganz den Wünschen des Monarchen entsprochen zu haben, und deſſen Zuſtimmung nur ſpåter gegeben zu sein, um in jener bewegten Zeit nicht irgend wo durch Weigerung den Aufschwung zu lähmen. Die Bot schaft des tapfern Generals York an die Deputirten der Stände trägt , ohne vorhergehende königliche Genehmigung das Wesen einer gewissen Eigenmächtigkeit an sich. Die De putirten der Stånde waren, wie es scheint, eigentlich nur eine Zahl achtungswerther Männer von vaterländischer Gesin nung , denen bei einem fehlenden ständischen Statut die Vollmacht fehlte , für ihre Mitbürger aufzutreten . Eine kö nigliche Kabinetsordre aus Berlin vom 27ten März 1813 an den Generallieutenant , Grafen Tauentzien und den Staatsminister Beyme in Stargard gehört hieher, und ich theile sie , gleich dem vorhergehenden Auszuge , aus dem neuern Werke : Beiträge zur Geschichte des Jahres 1813 von einem höhern Offizier der preußischen Armee 1ter Band S. 543 entnommen , hier mit. ,,Es haben sich die Provinzen Preußen, Pommern und Schlesien erbeten , auf ihre Kosten National-Kavallerie-Re
231 gimenter zu errichten. Ich will dieses Anerbieten nun auch annehmen , und den Stiftern eines Kavallerie - Regiments die Versicherung geben, daß, wenn die Maſſe auf eine Stärke von wenigstens 3 Schwadronen, also von 4 bis 500 Pferden gebracht wird , dieselbe als ein Regiment zusammenhängend fortbestehen soll , welches bei geringerer Stärke nicht zulässig ist, daß ich auch in Beſeßung der Offizierſtellen und ſelbſt in Ernennung der Schwadron- Chefs und des Regiments -Kom mandeurs gern auf den Vorschlag und die Empfehlung der Stände billige Rücksicht nehmen und das Schicksal der In dividuen, welche sich im Kriege vorzüglich auszeichnen, durch Beförderung in der Armee oder durch Versorgung sicher stellen werde. Ich trage Ihnen auf, diese meine Erklärung den Ständen der Provinz mitzutheilen und ihnen dabei zu eröff nen, daß ich ihnen die Fortdauer der National - Kavallerie Regimenter nach dem Frieden jeßt nicht unbedingt zuſichern könnte , weil es nach beendigtem Kriege fast immer nicht möglich ist, alle im Laufe desselben neu entstandenen Truppen abtheilungen länger zu erhalten , und dann die Auflösung der neuen Regimenter natürlich zuerst eintreten müßte ; wenn indessen das National - Kavallerie - Regiment sich im Kriege durch außerordentlichen Muth und Tapferkeit einen hervor stehenden Ruf erwerben sollte, so würde ich in einem solchen Falle dessen Fortdauer gern gestatten. Hiernächst mögen fie den Ständen den Eingang ihres Protokolls , in Betreff der für die Formation ihres Regiments aufzustellenden Grund ſåße mit dem Beifügen bekannt machen , daß sie meine Be stimmung darüber ehestens zu gewärtigen hätten."
Zu den Schaaren, für deren Benennung Varnhagen von Ense in der vorher angezogenen Stelle seines Werks den Ausdruck Legionen gebraucht, gehörte, seiner Einrichtung
232 nach zum Theil auch das ostpreußische National - Kavallerie Regiment. Aus Freiwilligen ward es gebildet, große Erwar tungen wurden an dasselbe geknüpft , große Versprechungen denselben gemacht. Daß alles nicht gehalten wurde, was man versprach, alles nicht erfüllt, was man hoffte und hoffen ließ, müßte wohl zu strenge nicht gerügt werden. Die Rüge würde zum Theil nur eine Wiederholung der alten, sich ewig erneuenden , in der Unvollkommenheit menschlicher Dinge niemals zu beseitigenden Klage sein, daß das Leben demIdeale nicht entspreche. Jedenfalls gehört auch unser Regiment zu jenen Schaaren , die wenigstens nicht eine solche Stellung einnehmen durften , die sie durch ihren innern Werth ver dienten. Etwas Aehnliches begegnete dem Lühowschen Frei korps, das obenein noch das Unglück hatte , auf einem mehr untergeordneten Kriegsschauplage (wenn auch hier dem deut schen Vaterlande große Dienste leistend) zu kåmpſen , wäh rend wir so glücklich waren, unter dem Befehle des kühnſten und unternehmendsten Oberfeldherrn , außer mehrern Ge fechten, vier großen Schlachten beizuwohnen und in schnellen, gewaltigen Märschen große Räume zurückzulegen . Auch un ser Regiment , aus Freiwilligen bestehend , die nach kurzer Uebungszeit in die Schlachtreihen rückten , ſchien Manchen, bei politischen und militairischen Vorurtheilen fast ein Ge genstand des Zweifels und Anstoßes . Wie können , dachte Mancher, doch Jünglinge ihren Plag in den Schlachten aus füllen , die nicht im Garnisondienste alle Förmlichkeiten me chanisch erlernt haben ? Selbst über die Errichtung der frei willigen Jägerabtheilungen überhaupt sollen hie und da be deutende Stimmen sich mit Bedenken erhoben haben. Mit Varnhagen wird Jeder sagen, daß Zeit zur Bildung und Uebung des Soldaten gehören und beide ihm nicht fehlen dürfen. Es wäre auch unserm Regimente sehr zu wünſchen
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gewesen, daß es mehr hätte geübt werden können, ehe es aus marschirte, besonders in den Evolutionen. Dazu reichte zum Theil die Zeit nicht zu , aber ich sage auch nur zum Theil. Denn die Zeit unserer Uebung wurde nicht gehörig benut. Unsere Exerzirmeister machten es mit uns , wie manche Uni versitätsprofessoren bei den Vorlesungen , die bei der Einlei tung Wochen hindurch weilen und nachher eilig nur Alles zu sammenfassen. So wurden z. B. bei der 3ten Eskadron die Kleinigkeiten, Stichemachen mit der Lanze , Präsentiren des Gewehrs, Halten der Pistolen , sich zu Fuß mit ihnen links und rechts decken, Parademarsch, Point's vor, u . s. w. Tage und Wochen hindurch geübt. Nie dagegen wurde mit dem Pistol geschossen und im Reiten die Scheibe zu treffen vers sucht. Auf Satteln und Sattelanpassung wurde wenig ge sehn. Die Folge waren viele gedrückte Pferde. Die Jågeres kadron des lithauischen Dragonerregiments, die mit uns exer zirte, ging fast 3 Wochen früher ab . Wir waren traurig da rüber , da machte der Befehlshaber der 2ten Eskadron uns über unsere vaterländischen Gefühle Lobsprüche , seste uns aber in einer Rede auseinander, daß wir vor allen ,,Soldaten“ werden müßten. Eben Soldaten im frühern beschränkten Sinne des Wortes wünschten wir nicht zu werden , ſondern Vaterlandsvertheidiger , die Zeit erfassend und ihr genügend. Wir konnten viele Wochen früher den Kriegsschauplag be treten. Über unsere Zusammenziehung in ein Regiment hielt auf. Man wollte daſſelbe gepußt und geordnet als ein Gan zes in das Feld führen und bei Paraden besehen. Die An fertigung der hübsch aussehenden Uniformen , die schlichter und minder kostspielig hätten sein können, verzögerte die Aus rüstung. Für einen Tschako mußte ich in Königsberg 14 Thaler zahlen. Viele Handwerker wurden durch Arbeit für die Freiwilligen fast reich.
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Ueber dem messingenen Adler am Tschako befand sich das Wort ,,Vaterland," die Inschrift ward höhern Orts ge= mißbilligt. An ihre Stelle trat, wohl auch angemessener, die der Landwehrmånner : ,,Mit Gott für König und Vaterland!" Die zweiten veränderten Messingbleche wurden nun auf das über dem Adler in einem Stück befindliche ,,Vaterland“ aufgenietet. ** Die Eintheilung in Eliten und National-Kavalleristen war besser gemeint, als gehörig erwägt. Sie mußte nur Spaltungen erzeugen. Bildung und Tüchtigkeit sollte den Eliten ernennen und bezeichnen. Jeder
ward es aber der sich selbst aus eigenen oder den Mitteln sei ner Verwandten mit Pferd und Waffen ausrüstete. Wie håtte man auch den Unterschied bleibend und folgerichtig durchführen sollen ? Sollte man dem National- Kavalleri sten, der sich nicht ſelbſt ausrüstete , z . B. das Aufsteigen zu höhern Stufen wehren ? Welcher Elite håtte das auch wohl gewünscht ?! In der Schrift selbst sagte ich und wiederhole es : Die Idee des National - Kavallerie -፡ Regiments war schön , aber nicht gehörig erwägt und nicht richtig ausgeführt. Der ge= liebte König und die Männer in ſeiner Nähe ſahen richtiger, als die gutmeinenden Ordner in der Provinz. Vielleicht mißfiel auch gar am Throne die Benennung National-Kavallerie. Allerdings war sie unangemessen. Aus dem Volke und Vaterlande waren alle Streiter genommen. Geworbene Ausländer hatte man nicht mehr. Nur das freie England hat gemiethete Söldner. Die Freiwilligen Jäger und die Landwehr, sowie die Krieger der alten Regimenter, waren nur Landeskinder. Die Bestimmungen bei der Bildung des Regiments , wie sie in der aus damaligen Amtsblåttern ab gedrucktenBeilage dieser Schrift stehen, waren dennoch theils
235 nicht recht haltbar , theils wurden sie nicht gehalten. Die Jägerrechte in Hinsicht des Wachdienstes wurden gleich an fangs gebrochen. Bei Königsberg ließ sich schon der Führer der zweiten Eskadron eine Schildwache vor die Thür stellen, obgleich keine Fahne zu bewachen war ; Eliten und Nichteliten kamen zu dieſer unerfreulichen Ehre. Der königliche durch Hardenberg mitgetheilte Wille, daß ,,den jungen Männern der Dienst auf keine Weise verleidet werde" wurde nicht ge hörig beachtet. Dadurch ward natürlich auf die Stimmung der jungen Krieger nicht günstig eingewirkt. Das Regiment rückte mit der Reserve-Kavallerie-Brigade unter dem wackern General von Jurgaß ins Feld. Beim ersten Marsche nach Goldberg gehörte es zu einer Rekognos zirung. Zu der versuchten aber verfehlten Ueberrumpelung feindlicher Fouragirer (S. 27) führte Graf Lehndorf selbst die Jägerſchwadron. Mit welchem freudigem Gefühl wir längs dem Bache schlichen, weiß jeder der Kameraden. Beim Gradizberge machten wir den ersten Angriff, bekamen aber keine Klingen- und Lanzenarbeit. Beim Rückzug von Bunz lau nach Jauer war das Regiment mehrmals noch am Feinde, selbst in der Nähe der Arrieregarde. Warum ließ man nicht entweder einzelne Eskadrons, oder einen Zug mit dem Feinde im kleinen Gefechte sich messen ? Warum miſchte man nicht von dem jungen Regimente hie und da kleine Abtheilungen unter die ältern Regimenter , die vor dem Waffenstillstande bereits gefochten hatten und den Krieg kannten ? Dadurch wåre Gewandtheit und Geübtheit gewonnen und in der Schlacht an der Kaßbach , in die wir gewiß kühn und dreiſt hineinritten, wäre mancher Verlust nicht erlitten worden. Der Gebrauch der Klinge war nicht genug geübt. In Lichtenberg mußten einige Unteroffiziere des westpreußischen Dragonerregiments uns die Hiebe vormachen. Es waren ge=
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nau genommen Paradestückchen. Den ehemaligen Studenten im Regiment (die Jägereskadron enthielt 12) hatte das Rap pier darin Uebung und kräftigen Urm gegeben. Im Schießen besaßen viele, als Söhne von Landwirthen, durch die Jagd Uebung genug . Aber bei Andern scheute man vielleicht die Ausgabe für Pulver. Als aufdem Marsche einst einige Eliten der 2ten Eskadron mit Pistolen hinter einem Dorfe schoffen , ward es ihnen gleich untersagt. Wollte der Staat das Pulver sparen , so konnten wir selbst ja wohl einige Munition kaufen. Man jagte oft Kleinigkeiten nach und versäumte das Große. Nach königlichen Bestimmungen sollten Offiziere und Unteroffiziere zur Uebung der Freiwilli gen gewählt werden , welche sich zur Bildung der jungen Männer schickten. Bei der 2ten Eskadron war ein Unter offizier , dessen Namen ich vergessen , dem aber jede Spur von Bildung fehlte. Bei den Freiwilligenschaaren überhaupt hätten manche Offiziere , wenn ihnen Jemand wegen ihrer Bildung Lobsprüche machte, sich mit den Worten des Kaisers Alerander gegen Frau von Staël , auf deren Bemer kung : Sire Vous êtes une constitution pour votre peuple ! äußern können ; ainsi je ne suis, qu'un heureux accident ! Die schaffenden Männer des preußischen Staates und Heeres , welche die Geſchichte stets nur mit neuer Achtung nennen muß, Stein , Hardenberg , Scharnhorst, Gneisenau, Boyen , Grolmann , Muffling, Va lentini u. a. m. konnten nicht mit einem Zauberschlage Alles ändern. Selbst im Jahre 1813 zeigten sich noch manche Bilder, wie sie das traurige Jahr 1806 liefert, und Zuſtånde, wie sie das Tagebuch des Generals von Wachholz schildert. Ein Offizier erzählte mir einſt, daß ein hoher, nun verstorbe ner Vorgesezter, ihn gefragt habe, ob bei ſeinem Jågerdeta=
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chement Leute wären, die schreiben könnten ? Als er ihm sagte, daßsie es wohl alle könnten, äußerte jener : nun das ist schön, da können Sie damit auch andern Detachements aushelfen!" Ich wiederhole nur Erzähltes , ohne es verbürgen zu können. Der Geist richtiger Beurtheilung bei der Wahl und Beförderung aus den Reihen zu den Offizierstellen schien nicht stets vorhanden. So wurde z . B. bei der 2ten Eskadron der Unteroffizier Hundsdörfer Offizier weil er seine Kleider in Ordnung hielt und für blankgepußte Knöpfe sorgte. Er fiel ſpåter bei Leipzig. Guſtav Schwink , schon auf der Univer ſität ein tüchtiger Mathematiker, nachmals Hauptmann im Ingenieurkorps, wurde erst nach dem Kriege 1814 Portepee Fähnrich. Freilich fiel ein gepuster Knopf mehr in die Augen, als ein Kopf voll ſchöner Kenntniſſe, und wohlgerollte Man telsackriemen schienen manchem wichtiger , als die Fähigkeit, anzugeben, unter welchem Winkel eine Straße aufsteigt. Auf dem Vorposten und bei Feldwachen von verschiede nen Regimentern hatte man zuweilen Gelegenheit die geo graphischen Kenntnisse der Befehlenden kennen zu lernen. Sie schienen zuweilen geringe. Dennoch waren sie vielleicht nicht so , wie die eines Offiziers , dessen ich aus dem Jahre 1807 mich erinnere, der vor der Eylauer Schlacht einen Zug Gepäck mit einem Kommando geleitete und die Lage der Städte, Wehlau, Allenburg, Insterburg nicht kannte, in einer Provinz , in der er lange garnisonirt hatte. Ein Subaltern offizier selbst dächte, ich, müßte in einer Entfernung von 10 Meilen wenigstens alle Städte und Stellungen kennen. Gott sei Dank , daß es nun anders und besser geworden ist. Nichtdurch die Kunst seiner Berechnungen nur, sondern auch durch die Einsicht seiner Untergebenen in untern Kreisen er focht Napoleon seine Siege. Preis den Männern , die Einsicht und Kraft in unserm Heere hoben , und denen , die
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jegt für deren Fortbestand sorgen. Auf der Höhe muß.Preu Ben stets bleiben, der Staat mit zwei Schwertern gerüstet, auf der Heerstraße zwischen zwei kriegerischen Kolossen. Das Regiment wurde, wie ich bereits früher sagte , um die Jahre 1813 u. 1814 nicht so benust, als man es nach seiner Eigenthümlichkeit hätte benußen können. Wenn man aus ihm zwei Elitenſchwadronen gezogen, und etwa unter den beiden Rittmeistern Szerdahelyi und Norelli , einem unternehmenden Streifkorpsführer , wie den Majors von Colomb oder von Falrenhausen untergeordnet hätte, sie wären gewiß hier vorzugsweise an ihrer Stelle gewesen und hätten treffliche Dienste geleistet. Auf französischem Bodenhätten sie namentlich auch durch die vielen Französisch sprechenden Einzelnen dem Heere nügen können .*)
Man wollte es aber lieber zusammenbehalten und ging, wie es schien nur darauf aus , ihm das Wesen eines alten Feldregiments einzuflößen. In geordneten Schlachten that es stets seine Schuldig keit. An der Kazbach war die Zerstreuung des Regiments und der Kampf deſſelben in einzelnen Eskadrons eine Folge des zu frühen Angriffs in Galopp . "1 Sie sind athemlos, wenn sie da sein werden , ihre beste Kraft geht verloren !" sagte Fürst Schwarzenberg am 16ten October 1813 bei Wachau , als die Mûratſche Reiterei wild anſtürmte.
*) Man vergleiche hier eine Aeußerung Varnhagens bei Gelegenheit seiner Schilderung der ersten Auszeichnung des nachmaligen Generals von Tettenborn : ,,Die Wagstücke und Erfolge des kleinen Krieges , von denen die Geschichte nichts zu melden pflegt, haben für die betheiligten Truppen oft mehr Werth, als manches größere Ereigniß ; in ihnen begründet sich am sichersten die persönliche Schägung , der Ruf des Mannes und der Waffe." Denkwürdigkeiten 2ter Thl. S. 374.
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Der Erfolg zeigte, daß er Recht hatte. (Sporschil große Chronik 1ter Theil 3ter Band Seite 792.) Als wir am Montmatre einige Zeit allein drei feindli chen Reiterregimentern gegenüberstanden, sagte zu uns Ma jor von Knobloch : ,,wenn der Feind uns angreift , werde ich entgegengehen , aber nur im Trabe !" Er verstand das Ding. Große Schlachten hatten ihn gebildet. Auch beim An griff von Coulommiers hörte ich ihn noch das Wort ſagen : ,,nur nicht wild !" Daß es uns gewiß nicht an Muth und Lust zum Angriff fehle , sah und wußte er. Hinter ihn her, wie er sah , fegten wir , wie die Windsbraut in der Novem bernacht. Mit welchem Eifer und selbst mit welcher Ordnung wir angegriffen , zeigte das Gefecht bei Rothnauslih , in dem die 3te und die Jagereskadron den Stoß machte, und das Regiment als Unterstügung folgte. In großen Kolonnen brachNa po leon selbst hervor , dennoch machte der Andrang unserer Reiterei eine solche Wirkung , daß er für den Augenblick halten und uns viele Gefangene überlassen mußte. Im Feldzuge in Frankreich hatte das Regiment schon Kriegsübung , gehörte aber einer Infanteriebrigade an und kam darum weniger zu entscheidenden Angriffen. Dadurch entging uns auch der Antheil am Reitergefechte bei la Chaussée. Vor Thionville wohnten wir nur Ausfällen bei und kamen nie zum Handgemenge. Das Gefecht in und bei St. Dizier war mehr Infanteriegefecht.
Das Regiment rückte ohne
Verlust vor. Bei Vitri empfingen wir Kanonen- und Ti railleurfeuer. Bei Montmirail und Chateau-Thierry leistete das Regiment ohne zum Einhauen zu kommen, große Dienste, die auch ihre Anerkennung fanden. Major von Knobloch machte im leßtern Gefechte eine sehr gute Bewegung. In Zügen ließ er das Regiment in die aufgelöste Reitermaſſe
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hineintraben, dann einschwenken und demFeinde die starren den Lanzen zukehren. So bildete das Regiment den Halt= punkt, und um daſſelbe sammelten sich die zerstreuten andern Regimenter. Die Geschlossenheit , mit der es abmarſchirte, und durch die Stadt ging, zog ihm Yorks Wohlwollen zu. Ueber die Leistungen der 4ten Eskadron bei der Avantgarde fehlen mir fast gänzlich die Nachrichten. Bei Laon hätten die Lanzen des Regiments beim nächtlichen Ueberfail treffliche Dienste leisten können. Doch der Infanteriebrigade beigesellt kam es nicht zu dieser Unternehmung. Statt des Stilleste hens im Kanonenfeuer beim Montmartre hätten wir alle viel lieber eingehauen. Das Gefecht von Coulommiers zeigte, daß Begeisterung und Kampflust frisch und kräftig waren, wie beim Beginn des Krieges. Stets war das Regiment willig und bereit zu jeder Lei ſtung für das Vaterland und wünschte, nur häufiger gebraucht zu werden. Warum geschah dies nicht ? Waren vielleicht den Vorgesezten heimliche Weisungen zugegangen ? Wollte man uns schonen und die
Blüthe des Volks
(wie die Bekanntmachung Hardenbergs sagt) nicht der Gefahr in Maſſe aussehen ?“ Fast möchte man dies glauben. Der Grundsay will mir nicht gefallen. Auf dem Schlacht felde giebt es keine Blüthe des Volkes. Jedes Menschen leben ist theuer und der Gebildete und Nichtgebildete muß gleich gestellt werden , wenn es den Tod für das Vaterland gilt. Ich hörte einst von Freiwilligen , wenn ich nicht irre, von Jägern des 1ten ostpreußischen Infanterieregiments die Aeußerung , Hardenberg habe dem General York den Vorwurf gemacht, daß er die Freiwilligen zu sehr dem Feuer ausgeseht habe , namentlich beim Sturm auf Möckern . Ich wünſche , die Aeußerung wäre eine Unwahrheit. Hoffentlich ist sie es.
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Der Verlust des Regiments ist viel geringer , als der mancher andern Reiterregimenter , namentlich derer , die långer den Vortrab hatten. Es verlor in beiden Feldzu gen , nach den Akten beim königlichen Gardehusarenregi ment , wie es die Beilage angiebt , 45 Mann und 145 Pferde.*) Mehr als 700 Mann mit der Depoteskadron ist es wohl kaum stark gewesen. Ersagmannschaft erhielt es we nig , die Jägereskadron nicht einen Mann. Der unter uns herrschende vaterländische Geiſt war gewiß trefflich. Wir, die noch übrigen Veterane (denn viele ruhen auch seit dem Frie den im Grabe) dürfen nicht mit Beschämung auf die Tage von 1813 u . 1814 zurückblicken. Die öffentliche Meinung züchtigte bald jeden in unſerer Mitte, der sich vor dem Feinde nicht würdig betragen hatte ! Einige wenige , auf denen sol cher Vorwurf lastete , hatten einen schweren Stand . Sie wurden gewaltig durchgehechelt. Bei der Aufnahme der Liste derer, die die Kriegsdenkmünze von 1813 u. 1814 bekommen sollten , wurden die Namen der Empfänger vor der Front vorgelesen. Einige, denen man ſie aus Rückſichten, ohne Ver dienst und Recht geben wollte , mußten , auf allgemeines Murren gestrichen werden . Von einem Regimentsgenossen, der beim Rückmarsch von Bunzlau nach Jauer auf den Vor posten war und verschwand, erzählte man, daß er den Weg ver fehlt, zumRegimente zu gelangen, und sich bis nach Königsberg verirrt habe. Einige Andere hatten die seltene Geſchicklichkeit, kurz vor den Gefechten zu verschwinden. Doch das waren Ausnahmen , die bei jedem Truppentheile wohl vorkamen.
*) DastapfereBrandenburger Uhlanenregiment hat übrigens, nach der Geschichte deffelben S. 154 auch nur 4 Offiziere und 62 Uhlanen an Todten in den Feldzügen 1813 u. 14 gehabt. 5 Off ziere und 154 Uhlanen wurden verwundet. 16
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Im Allgemeinen zog eine wackere Schaar vaterländischer Krieger im Regimente zum Kampfe. Mancher fand den rühm lichen Tod, mancher brachte Wunden in die Heimath zurück. Mancheschöne Bekanntschaft ward gemacht, mancher innige Freundschaftsbund geschlossen. Vieler tapfern Führer und Ka meraden gedenken die ehemaligen Freiwilligen noch mit Hoch achtung und Liebe. Wo einer der übrigen alten Degen einem lieben Gefährten begegnet , drückt er ihm freudig die Hand. In wenigen Augenblicken sind Beide vertieft in Gespräche über den Feldzug , der Preußen und Deutſchland rettete und den Theilnehmern unbeschreiblich süße Erinnerungen gab. Mit dem eisernen Kreuze geschmückt kehrten mehrere in die Heimath zurück. Andere haben es nochmals auf dem Wege des Erbrechts erhalten . Weniger , als manchem andern Re gimente, ward uns Gelegenheit namentlich im Einzelkampfe Muth und Kraft zu bewähren. Dürftig hierüber mit Nach richten versehn will ich Einiges nur kurz erwähnen. Die dritte Eskadronstieß bei der Kaßbach besonders auf Chaſſeure. Viele derselben wurden durch Hiebe verwundet , die jungen Leute zeichneten , wie der Rittmeister von Spardahelyi sagt,*) sich alle durch Muth und Pflichtgefühl aus . Kroll, von Matthi, Hirsch, Wiedemann, Koch nennt Der selbe unter andern in seiner Erinnerung als Namen sehr wackerer Streiter. Ein Unteroffizier Krüger in der 1ten Es kadron verlor bei Paris ſein viertes Pferd, focht, wie ein bra ver und wackerer Offizier des Regiments, Herr von Huel lessem , sich erinnert , mit einem Infanteriegewehr , und stürmte mit den Russen den Montmartre. Sehr schwer würde man sagen können , welche Eskadron am meiſten ge= leistet habe. Alle waren von Eifer , Muth und Feindeshaß
*) Jezt General a. D.
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beseelt. Wenn eine einzeln zum Angriff befehligt wurde, wünschte jede vor der andern den Befehl. Mit dem beglückenden Bewußtsein , jede gebotene Ge= legenheit zu Beweisen des Muthes, der Hingebung im großen Kampfe für König und Vaterland benußt und die Schuldig keit gethan zu haben , durften die Genossen des Regimentes beim Rückmarsche , gleich andern Regimentern die Ehren bezeugungen empfangen , mit denen das gerettete und jubelnde Vaterland seine Krieger aufnahm . Daß es vor Paris wacker im Feuer hielt, Menschen und Pferde verlor und daß dennoch seine Freiwilligen nicht in die Stadt zogen , ja die meiſten nicht Urlaub erhielten, die Stadt zu beſehen, ward schmerzlich empfunden und war, wie früher gesagt , eine gegen uns ge übte Ungerechtigkeit. Doch über die diplomatischen Federn, die in Paris verdarben, was die Schwerter errungen hatten, hat sich der große Feldherr Blücher am meisten gekränkt und sie bitter und derbe mit der Kraft seines freimüthigen Wortes gezüchtigt. Schwer wurden den meiſten von uns die Anstrengungen des Kriegs- und Lagerlebens , da wir nicht für sie erzogen waren. Aber , Waffenbrüder , wir duldeten und handelten. gern, weil uns Feindeshaß und innige Liebe zumKönige und Vaterlande beseelte ! Möge die Begeisterung , die in unsern Reihen wohnte und die Herzen hob , nur stets die Krieger unseres Vaterlandes beseelen, wenn ihnen einst ein ernster Tag des Kampfes erscheint. Dann hat das Vaterland Nichts zu fürchten. N
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Daß der gute Geist und die Leistungen unseres Regi= mentes am Throne ihre Anerkennung fanden, zeigte die Bil
dung von drei Schwadronen des Gardehusarenregiments aus demselben. Unser wackere Führer von Knobloch wurde 16 *
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zugleich Kommandeur des neuen Gardehusarenregiments. Die 4te Schwadron unseres Regiments gab dem 4ten Uhlanen regimente den Stamm. Die Beilage dieser Schrift giebt da rüber nähere Auskunft.
XXVIII .
Abmarsch. Ball in Eschweiler. Rheinübergang. Vom 4ten bis 10ten Juni 1814, Freudig stiegen wir am 4ten Juni auf unsere Pferde, und verließen Falais , um dem Vaterlande zuzueilen. Etwa eine Viertelstunde davon bei dem Dorfe Latine verſammelten sich die abgehenden Freiwilligen aus allen Schwadronen. Von Zychlinski, bisher bei der 4ten Schwadron , befehligte sie sammt den von uns gewählten Jågeroffizieren. Er hat uns freundlich in die Heimath geführt , starb aber bald nach den Feldzügen. Wie stark die ganze Abtheilung der Abgehenden war, habe ich in meinen Papieren nicht bemerkt, auch sonst nicht erfahren. Bei Latine fanden wir unsern Ma jor von Knobloch. Er nahm mit herzlichen Worten und selbst unter Thränen von uns Abschied. Mit inniger Achtung und auch bewegt schieden wir von unserm Befehlshaber , der das Regiment besonnen und ent schlossen geführt hatte, und mit ihm Größeres geleistet hätte, wenn es häufiger zu Angriffen benugt worden wäre. Bald nach unserm Abmarſche nahm ich mit vielen an dern Urlaub , um Lüttich kennen zu lernen. Durch ganze Schaarenzerlumpter, von Steinkohlenstaub geschwärzter Bet telkinder , die um eine hingeworfene Kupfermünze sich riffen
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und drängten, ritten wir in die Stadt, die zum Theil malerisch liegt, und blieben , ohne Quartier, im Gasthause , erhielten jedoch Rationen. Von meinem Pferde stahl mir wahrschein lich ein preußischer Packknecht zu meiner Betrübniß das bei Ferté gaucher erbeutete Pistol. Wir tummelten uns in einigen Straßen umher und nahmen die Kathedrale , in der sich einige schöne Wandgemålde befinden, in Augenſchein.
Am 5ten Juni ritten wir über die Maasbrücke , auf der ich zulest flüchtig unsern Engwer sprach , über die kleinen Städte oder Flecken Herve und Aubel durch bergige und an genehme Gegenden bis zum Dorfe Remersthal das ganz von Hecken eingeschlossen war. Durch große Dornhecken führten häufig die Wege, auf denen wir ritten. Hier empfingen uns zuerst wieder die Bewohner mit deutscher Rede , deutſchem Håndedruck. Auf dem Tische stand ein deutsches Gericht, Sauerkraut und Schweinefleisch. Ungemein freundlich beher bergten mich die Wirthsleute in meinem Quartier. Am 6ten Juni marschirten wir durch Aachen nach dem Städtchen Eschweiler am Flüßchen Inde. Hier ward den 7ten Juni Ruhetag gehalten, und von uns eilig ein Ball im Wirthshause zur Krone veranstaltet. Jeder von uns gab 12 Thaler Beitrag zur Bezahlung der Musik. Die Damen der Stadt wurden gebeten und erschienen zahlreich , um mit den zurückkehrenden Siegern zu tanzen. In unsern Unifor men mit allen Spuren der Freilager tanzten und schwärm ten wir, und wurden von den Våtern und Gatten freundlich bewirthet. Dem Rheinwein ward gut zugesprochen. Am Tage zerstreute uns die Besichtigung der in der Nähe be findlichen Kohlenbergwerke. Durch das Städtchen Neuß , wo im Dezember 1813
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Abtheilungen des Bülowschen Korps mit dem Feinde ge fochten hatten, gingen wir am 9ten Juni an den Rhein. Mit uns kamen zurückkehrende Abtheilungen freiwilliger Fuß jåger an denselben. Die Fähren, welche sie und uns auf das rechte Ufer segten, brachten vorher heimkehrende Abtheilungen der französischen Besaßung von Magdeburg auf das linke. Neckereien der Freiwilligen hätten da bald zu blutigen Hån deln geführt. Zum zweiten Male überschritten wir nun den Rhein, damals hinausziehend zum Feldzuge, jezt als glückliche Sie ger, damals im Felſenthale, deſſen Höhen wir hoffend hinan zogen , jezt im ebenen Lande , das die drückenden Eroberer mit Freuden aus Deutschland vertrieben sah. Möge nie mehr ein Franzosenheer ihn überschreiten ! Hoffentlich ist Frank reichs Eroberungsrolle in Europa ausgespielt. Im Dorfe Hamm dicht bei Düſſeldorf erhielten wir Quartier und benußten den Ruhetag am 10ten Juni , die schöne Stadt und freundliche Gegend zu beschauen. Kurze Bezeichnung der Marſch- und Rafttagsorte bis Potsdam. Den 11ten Juni bis 6ten Juli. Abwechselnd zuweilen durch minder anziehende, häufig durch schöne Gegenden führte uns der Zug nach der Heimath :
Wir ritten den 11ten Juni durch das freundliche Elber feld und Ramsdorf bis zu den Dörfern Sieringhausen, Kot tenhausen, Weinberg und Spieken. Den 12ten bis Westhofen bei Hagen. Den 13ten über Schwerte zum DorfHengsen. Den 17ten daselbst Ruhetag . Beim Baden in der Ruhr håtte ich bald einen meiner Freunde verloren. Den 15ten über Unna und Werl nach Scheudingen .
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Den 16ten über Soëst nach Schmerlire. Den 17ten nach Birkenfoerde bei Lippstadt. Den 19ten über Paderborn nach Neuenbeck. Den 20ten über Horn mit den Extersteinen, den Bade ort Meinberg nach Groß-Marpe. Den 21ten bei Hameln über die Weser durch das schöne Weserthal nach Groß-Hilgisfeld. Am 22ten Ruhetag daselbst. Den 23ten über Koppenbrügge nach Sehlde bei Ebz. Den 24ten bei Poppenburg über die Leine, durch Hildes heim bis Dinklar. Den 25ten bis Bortfeld, 2 Stunden von Braunschweig . Um 26ten Ruhetag. Wir besuchen und besehen Braun schweig. Den 27ten über Braunschweig und Königslutter nach dem Dorfe Loelm. Am 28ten Ruhetag. Den 29ten über Helmstädt nach Nordgermersleben. Beim Dorfe Morsleben betraten wir die preußische Grenze. Am 30ten Ruhetag . Den 1ten Juli durch Magdeburg über die Elbe nach Lostau. In Magdeburg erschien General von Hirschfeld an unserer Spiße und führte uns in die Stadt. Um 2ten Juli durch Burg nach Hohenseen. Um 3ten Juli durch Geuthin zum Dorfe Gollwig. Am 4ten Juli Ruhetag . Am 5ten durch Brandenburg bis Schmerzke. Ueberall wurden wir freundlich aufgenommen. Häufig
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erfreuten wir uns der vaterländischen Gesinnungen der Be wohner der Gegenden , die wir durchzogen. In einem Dorfe der Grafschaft Mark fragte ich einen am Wege stehenden Landmann: Dies Dorf ist ja wohl altpreußisch ? Ja wir find alte Preußen , rief er, mit Leib und Seele ! Der Aus druck seines Gesichtes sprach stärker , als das Wort, die Em pfindungen seiner Seele aus. Die Städte, durch welche wir kamen, wurden durchlaufen und ihreMerkwürdigkeiten beſehen, soweit es in der Eile geſche= hen konnte. Vor dem Thor von Magdeburg fragte General von Hirschfeld einen Eliten , der eine Narbe hatte : wo haben Sie den Hieb empfangen ? Vor Paris ! war die Ant wort. Der General sagte ihm einige lobende Worte. Die Narbe rührte aber von einem Duell auf dem Rückmarſche her. Wir schwiegen und lächelten. Den Namen des Eliten habe ich vergessen. Er gehörte , wenn ich nicht irre , der 4ten Eskadron an. Auf dem Marsche ward mir ein Vorfall er zählt , der vor 8 Jahren in einem Dorfe unweit Magdeburg ſich ereignet haben sollte. Weit entfernt, ſeine Aechtheit ver bürgen zu wollen, glaube ich vielmehr , daß die darin enthal tene Weissagung nur aus dem Geschehenen entnommen war.
Einem Bauer , bei dem ein französischer Offizier ein quartirt ist, wird eine Summe Geldes gestohlen. Eine Wahr fagerin erklärt ihm : Der Bediente des Offiziers ist der Dieb. DerBauer wagt traurig nicht, die Sache dem Offizier vorzu stellen. Dieser bemerkt seinen Gram , erforscht die Ursache, bringt denBedienten zum Geſtändniß, und giebt dem Bauer das Geld. Die Wahrsagerin muß nun kommen und demOffi zier den endlichen Ausgang des Krieges mit Preußen und Na poleons Schicksal vorhersagen. Sie läßt 8 schwarze Hähne herbeischaffen, die Napoleon, den König von Preußen und
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andere fürstliche Personen bedeuten. Napoleon bringt den König in die Enge, so daß er in einem Winkel Schuß sucht. Endlich erhebt sich ein anderer Hahn gegen Napoleon, brüstet und wehrt sich. Der Preuße erhebt ſich und schlägt den Napoleon zu Boden. Der Offizier ist zufrieden , und sagt selbst , das wird Napoleons Schicksal sein ! Dasselbe spaßhafte Geschichtchen hörte ich auch diesseits der Elbe er zählen.
Lage in Potsdam und Berlin. Den 6ten bis 9ten Juli 1814. Durch Ehrenbezeugungen in den Residenzstädten suchte man uns einigermaßen die Unbill zu vergüten , die man in Paris uns zugefügt hatte. Festlich empfingen uns zuerst in Potsdam Behörden und Bewohner. Schon auf dem Wege' dahin waren häufig Gewinde von Eichenlaub von Baum zu Baum über die Landstraße gezogen. Aus der Stadt wogte eine große Menschenmenge uns entgegen. Vor derselben hielt die ganze Kolonne der Frei willigen an. Das Brandenburger Thor war schön bekränzt. Oben befandsich die Inschrift ,,Willkommen brave Brüder !" Sie enthielt die Anfangszeilen eines unsern Empfang feiernden Gedichtes. Die älteste Tochter des geliebten Königs , Prin zessin Charlotte, jeßige Kaiserin von Rußland , fuhr un serenLinien entlang und ward mit einem donnernden Hurrah begrüßt. Ach , daß deren theure und erhabene Mutter nicht die Tage des siegreichen Volkes erleben konnte ! Doch ihr Andenken hob ja die Begeisterung der Kämpfer ; an ihrem Grabmal in Charlottenburg weihten gleich mir gewiß alle ihr eine Thräne der Erinnerung. An ihrer Seite , deren Tod Mar von Schenkendorf so gemüthvoll besang , ruht nun auch , da diese Erinnerungszeilen dem Druck übergeben werden, der verklärte Heldenkönig.
250 Generale und Offiziere ſeßten sich an unſere Spiße und führten uns in die Stadt, während von allen Seiten, Eichen-. und Blumenkränze uns zuflogen. Noch bewahre ich davon 2 Eichenblätter zum Andenken. Vor dem Schlosse ward an gehalten , und die Quartierbillette wurden vertheilt. Fast durchgängig wurden wir sehr freundlich aufgenommen und bewirthet, erhielten auf besonderes Verlangen der Einwohner, einen Ruhetag , den wir in festlicher Freude zum Besuch der königlichen Gärten und Schlösser benußten. Ueberall waren. die Beamten angewiesen , uns unentgeldlich herumzuführen, und sie thaten es mit ausgezeichneter Höflichkeit und Güte. Alles , was an Friedrich den Großen erinnerte , war mir be sonders wichtig, und gern weilte ich an jeder Stätte, nament lich auch an dem Stuhle, auf den der Mann und Held seines Jahrhunderts saß und starb. Um 8ten Juli um 6 Uhr Mor gens sammelte sich die Jägerkolonne wieder vor dem könig lichen Schlosse und trat den Marsch nach Berlin an. Bei Schöneberg ward angehalten und die früher nach Berlin Be urlaubten stießen wieder zum Detachement. Festlich wurden wir auch hier empfangen und mit Kränzen geschmückt. Der Gouverneur, General l' Estoig, kam uns mit Gefolge ent gegen und führte den Zug.durch die wogende Menschenmenge durch die Leipziger- , Wilhelmsstraße , den Wilhelmsplak, die Straße unter den Linden vor das Schloß. Von hier gin gen die verschiedenen Jägerabtheilungen nach den Bezirken. Wir kamen in das Spandauer Viertel. Die Bemerkung auf den Quartierbilleten : „ ohne Kost“. stach sehr ab gegen die Bewirthung in Potsdam. Es wurde
• Verpflegung aus den Magazinen gegeben. Einige freiwillige Gardejager nagelten zum Spott ihre Fleischportionen an die Linden. Sehr viele Kameraden fanden übrigens in den Häusern sehr freundliche Aufnahme und Verpflegung. Ich
251 erhielt ein so schlechtes Quartier, wie ich es nie gehabt hatte, bei einem Branntweinbrenner in der Laufgaffe. Man mußte mit einer Leiter in das Dachſtübchen steigen. Auf der Post fand ich eine Geldsendung, ließ nun mein Pferd und die zweier Kameraden in Quartier und lebte für Geld im Gasthause. Mit einigen Kameraden blieb ich , Urlaub nehmend noch bis zum 12ten in Berlin , besah deſſen Merkwürdigkeiten , tum melte mich hier und in Charlottenburg umher , und folgte dann mit den Kameraden dem Zuge der Eskadron , die wir erst in Westpreußen wieder einholten.
Kurze Angabe der Mårsche bis Königsberg. Die Märsche des Detachements und seine Quartiere von Berlin bis zur Weichsel kann ich nicht genau bezeichnen, doch ging es die Straße, auf der wir in Berlin Zurückgeblie bene ihm folgten. In Schlochau glaube ich, kamen wir wieder zur Eskadron. Mit den Freunden ritt ich über Ber nau , Neustadt - Eberswalde , nach Angermünde. Daselbst hatte ich ein freundliches Quartier bei der Kaufmannsfrau Abelsdorf. Ihr Sohn hatte , wie sie erzählte , sich als reitender freiwilliger Jäger in der Schlacht bei Baußen aus gezeichnet und zur Rettung des englischen Obersten Stuart (oder Stewart) beigetragen. Die Szene hing gemalt über dem Sopha. Wer möchte diese Aeußerung ihrer Mutterfreude tadeln ? Von hier ritten wir über die Oder bei Schwedt, über Bahn , Pyriz, Stargard, Noennenberg, nach DorfZamzow. Hier nahm uns , da der Schulz des Dorfes uns nicht ein quartieren konnte, ein Amtmann Stips ſehr freundlich zur Nacht auf. Zwei Söhne desselben waren Freiwillige im Dragonerregiment Prinz Wilhelm. Der Vater las uns noch aus ihren frühern Briefen einen Schlachtbericht von
252 Baußen vor. Von hier kamen wir über die Städte Dram burg, Tempelburg, Neuſtettin, Kammerſtein nach Schlochau am 23ten Juli und an demselben Tage nach Konik, am 24ten von Konig nach Tuchel. Wir blieben die Nacht bei einem Edelmann von Wisholzki in Salesche. Am 25ten zogen wir nach Oschen, den 26ten nach Neuenburg , und erhielten Quartier im Dorfe Unterberg, dicht an der Stadt. Am 27ten Juli zog die Eskadron über die Weichsel nach Marienwerder, wo wir den 28ten Ruhetag hielten. UmEin gang empfing uns mit Jubel die Bürgerschaft und die Schul jugend mit ihren Lehrern. Freundlich und gastlich wurden wir auch in den Quartieren empfangen und bewirthet. Den 29ten Juli Marsch von Marienwerder über Rie senburg nach Salfeld. Den 30ten über Mohrungen, Liebstadt , Wormditt bis zum Dorfe Neuhof, a Meile von Wormditt.
Den 31ten Ruhetag . Den 1ten August bis Landsberg. Den 2ten August bis Kissetten bei Kreuzburg.
Einzug in Königsberg den 3ten August. Entlassung. Heimkehr.
Empfang.
Einige starke Mårsche wurden gemacht , damit wir nur mit dem3ten August, dem Geburtstage des geliebten Königs in Königsberg einträfen und der Einzug der Freiwilligen ihre und die Freude der Bewohner vermehren möchte. Es war unser legter militairischer Marsch. Wir gingen durch Kreuzberg. Plößlich_trat daſelbſt Je mand aus einem Hause und überreichte unsern Führern ein
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Empfangsgedicht. Schon bis hieher waren viele Königsberger gekommen und begleiteten in ihren Wagen unsern Zug. Es regnete anfangs, aber je näher wir Königsberg kamen, desto mehr heiterte sich zu unserer Freude der Himmel auf. Um 9 Uhr etwa trafen wir in Daboisruh, an der Stelle ein, an welcher wir am 2ten Mai 1813 mit den lehten Glück wünschen und Segnungen der Königsberger hinaus in das Feld zogen. Ein großes Gewühl von Menschen umgab uns schon hier. Unter Begrüßungen ritten wir hier durch die Menge, die uns hierschon Blumen und Kränze zuwarf, auf einen freien Plag, auf dem wir aufmarschirten und abſaßen. Speisen und Wein wurden in Fülle uns herumgereicht und im Hause war ein großer Tischdamit beſeht. Jeden Augenblick ſanken Söhne und Brú der an das Herz der Eltern , Geschwister , Angehörige und Freunde unter Freudenthränen des Wiedersehens einander in die Arme. Manches Auge suchte weinend auch vergebens die Geliebten, welche in Deutschlands oder Frankreichs Erde ruhten. Wir warteten die Ankunft der Jåger des lithau ischen Dragonerregiments ab , die bald erschienen und gleich uns empfangen, begrüßt und bewirthet wurden. Nach einigen Stunden erschien der kommandirende General, sezte sich mit feiner Begleitung an unsere Spiße und führte unsern Zug in die Stadt. Das Naffengartensche Thor war schön bekränzt und belaubt. Oben prangte in verschiedenen Farben die In schrift : ,,Seid uns gegrüßt geliebte Söhne des Vaterlandes.” DerWeg durch das Thor war mit Blumen bestreut. Mit Blu men und Kränzen wurden wir bedeckt. Frauen und Mädchen riefen uns ein Lebehoch! Am Brandenburger Thor empfing uns die Schüßengilde mit Hurrah und überreichte ein Gedicht. Weiter ging der Zug durch die wogende Volksmenge durch
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die Vorstadt , kneiphofsche Langgaffe , altstädtsche Langgaſſe über den Schloßberg nach Königsgarten , wo wir aufmarschir ten. Der kommandirende General rief uns ein Hurrah aus, ·das von der ſåmmtlichen in Parade aufmarschirten Garniſon erscholl. Daraufmarschirte die Wachparade vor uns vorbei. Von unserm Befehlshaber ward allen, die unter den Waffen waren, ein Hurrah ausgebracht , in das wir einstimmten. Hierauf schwenkten wir in Zügen vor dem General vorbei und mar schirten auf den Roßgartenmarkt , wo wir die Quartierbillete erhielten und in den Häusern freundliche Aufnahme fanden. Zum lehten Male waren wir hier noch alle zuſammen zu Pferde. Mit den Worten : „ Die Waffenbrüder ſchieden von einander , viele auf immer !" schließt mein kurzes damaliges Tagebuch. Der Tag des 3ten August ward in Festlichkeiten verlebt. Der Kaufmann , nachmaliger Kommerzien - Rath Richter gab in Judilten an einem folgenden Tage einer Gesellschaft von uns und Jågern des Dragonerregiments ein heiteres Mittags= mahl. Er hatte viel für das Vaterland gethan und auch für unser Regiment mehrere ausgerüstet und ihnen Zulage ge= geben. Der Biedermann erfreute sich daher auch der persön= lichen Gnade des Königs und des königlichen Hauses. Durch den Major von Chevaleri, als kommandirten Offizier, empfingen wir unsere Entlassungsscheine. Die Be fugnißscheine zum Tragen der Denkmünze von 1813 und 1814 wurden uns mit ihr später vom Kommando des Re gimentes nachgesandt. Mich nahm bald das Vaterhaus auf. Eltern und Geschwister schlossen den Sohn, den Bruder un ter Freudenthränen in ihre Arme. Manche liebe Regimentsgenossen blieben mir nahe und
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wir sehen uns häufiger. Manche gingen in die Ferne. Beim Freiwilligenfeste im Jahre 1833 in Königsberg sahen sich Manche, nach 20, bei dem am 31ten Mårz im Jahre 1843 Manche nach bald 30 Jahren wieder. Stunden des Wiedersehns.
Es waren schöne
Die zum Mahle versammelten Kriegsgefährten ver gönnten mir ein Wort der Erinnerung an die im großen Kampfe Gefallenen zu sprechen. Dies Wort beschließe meine Erinnerungsschrift :" In die Freude unseres Festes tritt , theure Kampfge= nossen , ein ernstes Bild. Männer mit grauenden Haaren find wir hier vereint , die vor bald drei Jahrzehnten begeistert standen in den Wettern der großen Schlachten. Gelichtet sind unsere Reihen. Manchen deckt der Hügel , der mit uns kämpfte, siegte. Viele starben den Heltentod . Sie sind nicht vergebens gefallen. Eingehend zu höherer Freiheit im Lande des Lichts haben sie des preußischen, des deutschen Vaterlandes Rettung von wälscher Oberherrschaft, deſſen künftige Blüthe und steigendes Gedeihn mit ihrem Blute besiegelt. Ihr Ge dächtniß bleibt in Segen. Ihre Namen ehrten und ehren König und Vaterland . Gerührt gedenken wir heute des leßten Håndedruckes mancher unter ihnen, bevor die Trompete schmet terte , die Trommel wirbelte , die Flügelhörner klangen , der verklärte König oder Vater Blücher oder die andern großen Führer und Helden jener Zeit uns ihr begeistertes Wort ,,nun mit Gott vorwärts Kinder !" zuriefen. Die gefallenen Krieger , deren Hülle im Boden des deutschen oder des nun auch versöhnten fremden Landes ruht , sind unsterblich. Unsere Liebe erneut ihr Bild ! Mög' es , wenn einst der Friedeschwindet, dem preußischen, dem großen deutschen Vater
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lande Jünglinge und Männer wecken , die , gleich den Ge fallenen , für Fürsten und Land begeiſtert kämpfen und ent schlossen dem Tode in das Auge sehen ! Die Gefallenen leben. Schweigend stoßen wir die Becher an und reichen uns, als Männer an des Greifenalters Pfor ten , traulich die Hand !"
Beilagen.
Die zusammen gekommenen Repräsentanten der Nation haben, neben der allgemeinen Landwehr, auf meine Aufforde rung auch noch die Errichtung eines National - Kavallerie Korps zur Verstärkung der Armee beschlossen. Der Herr Major Graf von Lehndorf wird nach mei nem Wunsche , als ein bekannter und geachteter Landstand Preußens, die Organiſation dieses Nationalkorps übernehmen und die näheren Festseßungen zur Formation desselben öffent lich bekannt machen. Laßt uns , Mitbürger Preußens , dieses Korps als ein Beispiel für die anderen Provinzen der Monarchie aufstellen und durch vereinte, kräftige Anstrengungen überhaupt , ganz Europa -- was jest seine Augen auf uns richtet - zeigen, was Liebe zum Könige und zur Unabhängigkeit des Vaterlan des auch bei uns vermag. Königsberg, den 12ten Februar 1813. Der königlich preußische Generallieutenant , Generalgouver= neur der Provinzen Ost- und Westpreußen und Lithauen und fommandirender General eines Armeekorps. von York.
Botschaft des Herrn Generallieutenants und General gouverneurs von York Excellenz an die versammelten De putirten der Stände. Erhaben und der Achtung der Nachwelt würdig spricht sich in diesem hochwichtigen Momente im Königreiche Preußen der Geist der Liebe und Treue gegen Monarch und Vaterland 17
258 durch die Repräsentanten der Nation aus. Bereit, kein Opfer zu scheuen, wodurch dem Vaterlande seine Selbstständigkeit, das Palladium der Privatwohlfahrt , wieder gegeben werden kann , sehe ich mich nicht allein kräftig unterstügt in meinem Wirken, sondern erhalte auch noch Anerbietungen , welche das Gepräge des reinsten Patriotismus, der edelsten Selbstverleug nung tragen. Wie sollte nun mein Vertrauen zu einer Nation, die des Ruhms und des Glücks ihrer Våter eingedenk, alles daran zu sehen fest entschlossen ist, jenen von Neuem zu befesti= gen, dieses von Neuem zu gewinnen, die den erhabenen Beruf erkannt , Deutschland und Europa das erste Beiſpiel wahrer Vaterlandsliebe durch Thaten zur Nachahmung aufzustellen, einen Augenblick wanken? In diesem Vertrauen daher , mit dem vollen Glauben an Willen und Kraft, eröffne ich den edeln und hochgeehrten De putirten der Stånde die Unzulänglichkeit der mir zu Gebote stehenden Mittel, die benöthigte Kavallerie zu bilden. Ich übergebe ihren weisen Berathungen zum weitern Vortrage den Entwurf zur Formation eines Regiments preußischer National-Kavallerie aus den freiwillig fich sammelnden Söh nen des Vaterlandes, und erfreue mich des Glaubens, daß dies eine Gelegenheit darbieten wird , wo auch weniger Bemittelte Beweise der Treue und Liebe zu König und Verfaſſung an dem Altar des Vaterlandes als Opfer niederlegen können. Es würde demnach ein Korps preußischer National =- Ka= vallerie von 1000 Mann und 1000 Pferden aus Ostpreußen , Lithauen und Westpreußen zu formiren ſein. Jeder, der hinzutritt, bringt ein gutes Husarenpferd, vers sehen mit 1. einer Trense, 2. einer wollenen Unterdecke und Uebergurt, 3. einem ungarischen Sattel, 4. einer Ueberdecke von schwarzem Schaffelle mit. Was auf diesem Wege zur Komplettirung nicht erlangt würde , müßte durch eine Repartition auf das Land bewirkt werden. Für die Bekleidung der Mannschaft und was an der des Pferdes noch fehlt , sorgt der Staat. Die Kopfzahl von 1000
259 Mann Kavallerie wird von der zur Formation neuer Korps bereits als bedürftig angegebenen Mannschaft abgerechnet. Die Offizierstellen werden von Sr. Majestät dem Könige besezt, jedoch bleiben eine gewisse Anzahl offen für junge Leute, welche jest den schönen Kampf für Freiheit und Recht den friedlichen Beschäftigungen vorziehen. Talente und ausgezeichnetes Verdienst werden nicht weni ger stets höhere Chargen offen finden und nicht unanerkannt bleiben. Das Korps wird den Namen des preußischen National Kavallerie-Regiments führen. Sobald sich nun der Wille der Bewohner von Preußens sonst glücklichen und segenreichen Fluren durch das Organ ihrer Repräsentanten ausgesprochen hat , behalte ich mir vor, das Nähere wegen Zeit und Art der Formation und alle übri gen völligen Bestimmungen bekannt zu machen. Mit hoher Achtung wird die Mit- und Nachwelt, mit freu digem Herzen, ob der Liebe und Treue , der Monarch auf uns blicken, mit erhabenem Gefühle über das Vertrauen der edeln Preußen werde ich alles dasjenige erkennen , was die reinsten Motiven sie zu leisten vermögen, und die Preußens Bewohner von jeher so ruhmwürdig auszeichneten. Königsberg, den 8ten Februar 1813. von York.
Festseßungen über die Formation des preußischen Natio nal-Kavallerie-Regiments. §1 . Nach der Verfügung des Herrn Generallieutenants und Generalgouverneurs von York Excellenz soll das neu zu er richtende National -Kavallerie-Korps in einem Regimente von 5 Eskadrons bestehen , welches den Namen des „ preußischen National-Kavallerie-Regiments" führen wird. Der Beitritt zu diesem ausgezeichneten Korps ist freiwillig und ganz auf Vaterlandsliebe, treue Anhänglichkeit an den König undiebe zur gerechten Sache (die Gott beschüßt) berechnet. Die For mation und alle Grundfäße, die den Dienst betreffen , find den der alten organisirten königlichen Regimenter gleich. Die erste Bewaffnung sind Lanzen und Säbel ; in der Folge wird der 17 *
260 Wille Sr. Majestät darüber entscheiden. Es werden bei jeder Eskadron eine Anzahl Eliten (Wahlmänner) ſein. Sie besteht aus solchen Individuen, welche durch vorzügliche Eigenschaften und Bildung sich dazu eignen. § 2. Obgleich die Ernennung der Offiziere ein Vorrecht ist, welches Sr. Majeſtåt dem Könige allein vorbehalten bleiben kann, so glaube ich doch mit unbezweifelter Gewißheit zusichern zu können , daß solche in Zukunft nie anders , als aus dem Korps selbst ernannt werden sollen , sobald sich in dienstlicher Hinsicht genugsame Subjecte dazu gebildet haben werden . Es ist schon Gesez der Armee, daß ein jeder ohne Unterschied des Standpunktes durch Verdienst zu jeder militairiſchen Stufe gelangen kann. Bei diesem Korps aber , welches durch seine Organisation und den Beitritt der gebildetsten Söhne des Va terlandes noch mehr zur unbedingten Erfüllung dieſes Grund sazes die Hand bietet , wird dieses der Fall sein , und wollen der Herr Generalgouverneur bei erster Einrichtung dieses Korps und dessen Organisation zuvörderst nur 3 Eskadrons chefs, Wachtmeister , Quartiermeister , Ererziermeister und einige wenige gute , gediente Offiziere aus den Stånden der Nation ernennen. Alle übrigen Stellen sollen offen gelaſſen werden , um nach vorgedachter Art aus dem Regimente ſelbſt künftig besezt zu werden. § 3. Die Eliten nun werden entweder eine eigene Eska dron des Regiments für sich bilden oder einen Zug einer jeden Eskadron davon ausmachen ; nach dem die Anzahl der sich da zu eignenden Subjecte groß sein wird. Sie werden in der Zukunft aus den Eskadrons selbst durch die Mehrheit der Stimmen gewählt und müſſen deshalb eine Probezeit darin gedient haben ; bei der ersten Organisation aber geben Alter und persönliche Eigenschaften das Recht, die ersten' Ansprüche daraufzu machen , so wie es ein unbedingtes Erforderniß ist, daß der, welcherzuerst auf diese Auszeichnung Anspruch machen will , mit eigenem Pferde und nach der vorgeschriebenen Art völlig equipirt und armirt erscheinen muß. Die Karabiniers gehören zu den Eliten und die Unteroffiziere werden aus den= ſelben ernannt. Die äußere Auszeichnung der Eliten ist eine Treffe um den Kragen der vorgeschriebenen Uniform. § 4. Die Bedingung zum Eintritte in dieſes Regiment iſt
261 in der Regel mit eigenem Pferde ; da es jedoch öfters der Fall ſein kann, daß vorzügliche Subjekte nie die Mittel haben, sich selbst beritten zu machen und zu equipiren, und es ein Verlust für das Korps wäre, solche zu entbehren, so wird den Freun den des Vaterlandes , die durch ihre Verhältnisse oder ihr Alter in die Unmöglichkeit gesezt sind , an der gemeinsamen Sache, an dem heiligen Zwecke, der jegt eines jeden Brust ers füllen muß, persönlich Theil zu nehmen, ein Weg eröffnet, um ihre Liebe zum Vaterlande , welcher kein Opfer zu groß ist, wenn das schöne Ziel erreicht werden kann , zu zeigen. Dies geschieht durch baare Beiträge, welche zu einem Fonds dienen sollen, aus welchem diejenigen jungen Leute , welche aus eige nen Mitteln ihre Equipirung nicht schaffen können, unterſtügt werden. Diese Beiträge sollen als heilige Opfer auf dem Al tare des Vaterlandes niedergelegt angesehen und ihre Darbrin ger als brave Patrioten betrachtet werden. Nach dem Sinne der vorgesezten Botschaft Sr. Excellenz an die hier versam melt geweſenen ständischen Deputirten soll zur Komplettirung der Armee und neuen Formation eine bedeutende Aushebung aus den Kantonpflichtigen geschehen. Wer aber durch vorge= dachtes Mittel beritten gemacht werden kann , ist von seinen Verpflichtungen zum Kanton befreit , ohne daß dadurch die Summe der auszuhebenden Mannschaft vermehrt wird , denn es ist gleichviel , unter welcher Form der Krieger dient; doch ist es eine ausschließliche Bedingung , daß der auf diese Art Zutretende ein unbescholtener und rechtlicher Mann ſei. Ein jeder Hochherzige, der sein Blut für die Sache des Vaterlandes zu vergießen bereit ist, ist ein Ehrenmann, unſer Waffenbruder, unser Freund , wes Standes er ſein mag. Gern werden wir mit ihm leben und fechten. Da es jedoch zuweilen denen, welche auf diese Art ihre Vaterlandsliebe auszusprechen wünschen, schwer fallen könnte, ein solches Subject zu finden , so werden besonders die Herren Kapitalisten, Kaufleute , größeren Guts befizer, hochbesoldete königliche Offizianten, Domainenbeamte, und ein Jeder , der sein Vaterland liebt und die Mittel dazu in Hånden hat , aufgefordert, durch Beiträge solcher Gegens stånde, die die schnelle Formation dieses Regiments erleichtern können, und vorzüglich durch diensttaugliche Pferde oder deren . Remontepreis zum Ankaufe derselben dazu beizutragen , und
262 solche in den zu benennenden Depots gegen zu ertheilende Quittungen abzuliefern. § 5. Der Beitrag zu dem Regimente kann also geschehen : 1. Durch Beitritt mit Mann und Pferd und völliger Equipirung, welches vor der Hand zum Elitenmitgliede qualifizirt. 2. Durch Beitritt mit einem Pferde ohne Equipirung. 3. Durch Beiträge von Pferden oder deren Remontepreis. Der Mann ohne Pferd kann erst angenommen werden, wenn eine hinlängliche Anzahl Pferde beiſammen ist , um die jenigen, welche ohne Pferd kommen, beritten machen zu können, und muß alsdann besonders auf körperliche und moralische Vorzüge Rücksicht genommen werden . § 6. Sollte auf diesem Wege das Regiment nicht komplet tirt werden , so muß es , laut dem Plane des Herrn Generals und der Bewilligung der Stände durch Repartition auf das Land geschehen. Die Beiträge von Pferden aber, welche früher freiwillig von den Städten , Domainen, Kommunen oder einzelnen Individuen eingegangen sind, werden alsdann von dem aufste treffenden Quantum abgerechnet, und wenn es dem schon gemachten Beitrage gleich kommt , sind sie ganz davon befreit. Es können demnach auch schon jezt solche Städte und Kommunen durch vielleicht zu eröffnende Subscriptionen zu sammentreten und auf dem besagten Wege ihre vaterländischen Beiträge ablegen. § 7. Es ist nicht zu vermuthen, daß sowohl die, welche sich selber beritten zu machen und auszustatten im Stande sind, als auchdie, welche der guten Sache durch Gestellung von Pferden beitreten, mit dienſtuntauglichen Pferden dem Regimente mehr Nachtheil, als Nußen schaffen würden, doch ist es nöthig fest zusehen, daß nur solche Pferde bei diesem Korps zurückgelaſſen werden können , welche in jedem andern leichten Kavallerie Regimente als brauchbar anerkannt werden würden , im ent gegengesezten Falle würde Reiter und Pferd zurückgewiesen werden müssen , und ersterer in seine Verpflichtung zum Kan ton oder Landwehr zurücktreten. § 8. Nach beendigtem Kampfe für's Vaterland hat ein Jeder, welcher nicht dem Kantonreglement unterworfen ist, das
263 Recht, in seine vorigen Verhältnisse zurückzugehen , wenn an= ders er nicht freiwillig im Dienſte bleiben will. § 9. Um die Vereinigung des Korps schneller und für die Hinzutretenden bequemer zu bewirken, werden hiedurch Sam melplåge bestimmt , wo die benannten Herren Offiziere vom Iten März ab , von welchem Zeitpunkte an das Regiment in königlichen Sold und Verpflegung tritt, einem jeden Kommen= den Auskunft geben und die , welche sich zum Beitritte bei dies fem Korps qualifiziren , anuehmen werden. Die Sammelpläge sind : Königsberg , wo ich selber sein werde , Insterburg , wo der Rittmeister von Keu de l, Anger burg, wo der Rittmeister Czardahelli und Niesenburg, wo der Rittmeister von Zastrow oder ein an deſſen Stelle kommandirter Offizier die Meldungen annehmen und alles Weitere verfügen wird. Bis zum 15ten März wünsche ich , daß alle, welche freiwillig dieſem hochgestellten Korps auf einem der vorgenannten Wege beitreten , oder dazu beitragen wollen , es in den festgesezten Sammelplågen gethan haben mögen , damit alsdann das Regiment zu dessen endlicher For mation bei Königsberg zusammengezogen werden könne, um, ſo bald als möglich, unserer hohen Bestimmung entgegen zu eilen. §. 10. In der Regel bringt ein jeder freiwillig Hinzutre tende mit: 1. ein gutes diensttaugliches Pferd nach den erwähnten Bestimmungen, 2. einen ungarischen Husarenſattel mit Hinterzeug und Zubehör und einem schwarzen Schaffelle , wie das schwarze Husarenregiment hat, 3. eine gute Trense und Halfter, (es bleibt aber dem, wel= cher Gelegenheit dazu hat , unbenommen , sich eine gute Kandarenzäumung anzuschaffen,) 4. wo möglich einen Mantelsack von blauem Tuche nach dem bekannten uniformsmåßigen Schnitte, 5. die kleinen Bedürfnisse zum Kavalleriedienste, als Puz zeug für's Pferd, einen Futtersack , Futterbeutel, ein Paarvorráthige Hufeisen, einen ledernen Schnappsack,
264 8 bis 10 Zoll breit und 10 bis 12 Zoll lang, eine Foura= gierleine und die nöthigen Erfordernisse zurReinlichkeit. Die Armatur und die Montirung giebt der Staat und ist es in der Regel genügend , wenn der Mann in einer túchtigen Bekleidung, die für die Witterung schüßt , erscheint , damit im Falle es die Nothwendigkeit erheischt, noch ehe die völlige Uni formirung beschafft worden ist, ins Feld zu treten, es geschehen fann. - Wer jedoch sich einen guten Såbel verſchaffen kann, wird die Schwierigkeiten , die Armatur anzuschaffen , vers mindern. Es ist schon gesagt , daß denen , welche sich selbst völlig equipiren können , es unbenommen ist, und es wird von ihrer Seite ein Beweis mehr ihrer Anhänglichkeit zur guten Sache sein; für diese werde ich in jeder Kreisstadt bei den dort befind lichen landráthlichen Offiziers eine Zeichnung zur Norm hin senden. Wer sich einen Mantel schaffen kann, wähle die graue Farbe mit rothem Kragen, doch ist auch dieſes für den Augen blick nicht Gesez. Die Pferde, welche im Laufe der Kampagne verloren gehen, werden vom Staate ergänzt. § 11. Wer durch seine Verbindungen mehrere hinzutre tende Mitglieder sammelt , die sich unter seiner Leitung zu den genannten Sammelplågen begeben , oder wer mehrere ſelbſt ausrüftet und durch eigene Opfer , durch Rath und That zum schnelleren Gelingen unseres Zweckes beiträgt , zeigt dadurch, daß er sich des Vertrauens der Gegenden, die er bewohnt, wür dig gemacht hat und erhält daher ein vorzügliches Recht , auf Begünstigung bei künftiger Beseßung der Offizierstellen ; vor züglich wünschte ich , daß in Gegenden , die von den Sammel plågen entfernter sind, fich würdige erfahrene Männer fånden, unter deren Leitung sich jungere Mitglieder zu den Depots begeben. § 12. Es ist der hohe Gesichtspunkt Sr. Excellenz des Herrn Generalgouverneurs v on York, daß dieses Korps das Vorbild werde für die andern Provinzen des Staats und einst für alle unsere deutschen Brüder ; bald werden wir, unserm Biele entgegeneilend, unter ihnen sein, unser Beispiel wird ih nen ein Muster werden, unser Geist ſte beleben und unsere dann schon geübteren Krieger werden ihnen zu Führern dienen
265
können. So werden die Eliten dieses Korps als eine Pflanz schule anzusehen sein , aus welcher einst für die Armee über haupt, als auch vielleicht für die neu zu errichtenden Regimen= ter, brauchbare und durch den Felddienst erprobte, brave Offi ziere gewählt werden können. § 13. Die dem Regimente beitretenden Mitglieder, so wie die, welche durch Gestellung von Pferden oder andere Beitråge zum schnelleren Gelingen unseres Werk's mitwirken , werden in der Folge durch die öffentlichen Blåtter der Nation bekannt gemacht, um ihren Namen auf immer dem dankbaren Vater lande zu erhalten. § 14. In Absicht der persönlichen Verhältnisse für die, welche sich freiwillig engagiren , bin ich autorifirt , bekannt zu machen, daß die Festsetzungen, welche wir durch die öffentlichen Blåtter, Berliner Zeitung , 17tes Stück vom 9ten Februar, bei Einrichtung der Jågerkompagnien schon kennen gelernt haben, auch für die Freiwilligen dieses National Regiments gelten sollen. § 15. Ich habe die sichere feste Ueberzeugung , daß alle obere Behörden , Landrathe , Magistrate und größeren Guts besizer freudig die Hand zur Erreichung des herrlichen Zieles bieten werden, indem sie sowohl die baaren Beiträge sammeln, als es auch an Aufmunterungen bei denen, bei welchen sie Ein fluß haben, nicht fehlen lassen. Vorzüglich sehe ich mein Ver trauen auf eine geehrte Kaufmannschaft , deren Interesse so dafür sehr mit dem des Staats verwebt ist. Sie wird bürgt ihr schon so oft bewiesener Patriotismus - alles auf bieten , um durch Beiträge nach eines jeden Kräften die For mation des Regiments zu beschleunigen , sie wird keine An strengungen scheuen, um zur Erhaltung des Vaterlandes und mit dieser ihrer eigenen mitzuwirken ; sie wird sich die Dank barkeit aller unbemittelten Patrioten , die Achtung eines jeden Deutschen, die Liebe unsers guten Königs verdienen . Und wenn wir nun mit reinem Patriotismus den Kampf für das Vaterland beginnen , dann wird Gott unsere Waffen segnen , wir werden als Sieger heimkehren zu unsern theuern Zurückgebliebenen , die uns mit Achtung und Freude aufneh men und begrüßen werden. In ihrer Mitte wollen wir dann die Früchte unseres Muthes , unserer Anstrengungen genießen
266 und das größte Glück in der Achtung ſuchen, die uns das dank bare Vaterland im vollsten Grade zollen wird. Graf Lehndorf, Major der Kavallerie.
Abschrift aus dem Amtsblatte der Reg. zu Gumbinnen vom Jahre 1813, Stúck No. 9 p. 143. Meine Landsleute. Durch den Grafen Lehndorf ist mir der erhabene Auftrag ertheilt , Sie zu dem vorgenannten Kavallerie- Regimente zu versammeln ; ich zeige es ihnen an, daß ich Sie bereits in Insterburg erwarte , woselbst ich mein Bureau beim Kaufmann Herrn Heyne etablirt habe. Zu meinen geehrten und geliebten Landsleuten habe ich das Vertrauen, daß es ihnen allen, wie mir der erhabenste Be rufsein wird, dem Vaterlande zu dienen , und Sie von Eifer entbrannt eilen werden , dieſem rein patriotiſchen Regimente beizutreten. Florian Keudell - Mitglied des 1ten preußischen National Kavallerie - Regiments.
Die Verpflegungs - Berechnung des königlichen oſtpreußi schen National Kavallerie - Regiments für den Monat Mai 1813 giebt folgende Stärke an : 16 Offiziere, 43 Unteroffiziere , 14 Trompeter, 2 Chirur gen, 3 Fahnenschmiede, 546 Gemeine (incl. 12 Karabi= niers), 31 Trainknechte, 1 Regiments-Chirurgus, 1 Re giments-Sattler.
Summa 16 Offiziere , 641 Köpfe. Außerdem giebt eine Nachweisung über Empfang von Futter und Lebensmittel für die 2te Eskadron dieses Regiments vom Tage des Ausmarſches aus Königsberg als den 3ten Mai bis ult. Mai 1813, pro. 4ten Mai ( 153 Mannschaften (mit 3 Offizier-Portionen) 159 Pferde (incl. 7 Offizier-Pferde und 2 Wagenpferde) an, und zwar aus dem Magazin von Brandenburg.
267 Die Stärke der 4ten Eskadron war : 150 Portionen (incl. für 2 Offiziere) 159 Rationen (incl. für 5 Offizierpferde) und sind diese Lebensmittel aus dem Magazin zu Braunsberg bezogen worden.
Von der 1ten und 3ten Eskadron ist keine derartige Liste, so wie auch kein Rapport vorhanden. Am 1ten Juni 1813 find für die 1te Eskadron 162 Rationen in Blockwinkel empfangen worden. Für das Detachement zur Ergänzung des königlichen oft= preußischen National- Kavallerie-Regiments sind vom Iten bis 3ten Mai in Königsberg für 83 Köpfe Portionen und 84 Pferde Rationen (worunter 3 Offizierpferde) empfangen worden ; am 4tenMai für 112 Köpfe und 113 Pferde aus Brandenburg für dasselbe Detachement. Eine Verpflegungs - Berechnung der Jägereskadron des Regiments ist erst vom 10ten Juni 1813 vorhanden. Die Verpflegungs-Berechnung für den Monat August 1813 giebt folgende Stärke : 14Offiziere incl. Kommandeur, 46 Unteroffiziere, 6Trom= peter , 4 Chirurgen , 4 Fahnenschmiede , 322 Gemeine (incl. 41 Karabiniers) 24 Trainknechte, 1 Regiments Chirurgus.
also in Summa 14 Offiziere, 307 Köpfe. Außerdem die Jagereskadron, 2Offiziere, 11 Unteroffiziere, 1 Trompeter, 1 Chirurgus, 72 Gemeine, in Summa 2 Offiziere, 85 Köpfe. In der Schlacht an der Kazbach hatte das Regiment 10 Todte, 40 Verwundete. Erobert wurden 11 bespannte Kanonen. Verpflegungs-Berechnung pro October 1813 : 18 Offiziere incl. Kommandenr , 44 Unteroffiziere , 5 Trompeter, 4 Chirurgen , 4 Fahnenschmiede , 347 Ge= meine (incl. 42 Karabiniers), 24 Trainknechte, 1 Regi ments- Chirurgus.
Summa 18 Offiziere, 429 Köpfe.
268 und zwar die 1te Eskadron 10 Unteroffiziere 2 Trompeter 79 Gemeine 1 Chirurgus 1 Kurschmied 5 Trainknechte
93 Köpfe und 5 Trainknechte. die 2te Eskadron 12 Unteroffiziere 1 Trompeter 77 Gemeine 1 Packknecht 1 Chirurgus 1 Fahnenschmied 92 Köpfe und 1 Packknecht. die 3te Eskadron 8 Unteroffiziere 2 Trompeter 84 Gemeine 1 Chirurgus 1 Fahnenschmied 4 Trainknechte 96 Köpfe und 4 Trainknechte.
die 4te Eskadron 13 Unteroffiziere 1 Trompeter 1 Fahnenschmied 94 Gemeine 1 Chirurgus 6 Trainknechte 110 Köpfe und 6 Trainknechte. Außerdem die Jagereskadron : 2 Offiziere 11 Unteroffiziere 1 Trompeter 1 Chirurgus 72 Gemeine Summa 2 Offiziere und 85 Köpfe.
269 Bei Möckern hatte das Regiment 17 Todte und 11 Verwundete ; welche Chargen fie bekleidet, darüber findet sich keine Angabe. Eine Liste der 4ten Eskadron giebt von diesen 1 Unterofft zier und 6 Husaren als bei Leipzig geblieben an, so wie 3 schwer Blesstrte und 24 Pferde, worunter 2Offizierpferde dem Lieute nant Khniz gehörig. Die Namen derselben sind : Unteroffizier Wiesberg Huſar Brettschneider = Folger = Basfarge = Barkowsky 3 Abrolatis = Burchardt. Schwerverwundet Decker, Deckert und Schliewe. Im Feldzuge von 1813 find überhaupt geblieben 4 Offiziere und 30 Combattanten und zwar der Rittmeister von Keudel ፡ von Schimmelpfennig Sec. Lieut. Hundsdorfer ፡ von Kurowsky. Verpflegungs-Berechnung pro Januar 1814 20 Offiziere, 54 Unteroffiziere, 13 Trompeter, 4Chirur gen, 4 Fahnenschmiede , 484 Gemeine (incl. 48 Karabi niers), 28 Trainknechte, 1 Regiments -Chirurgus, 1 Regi ments-Sattler.
in Summa 20 Offiziere , 589 Köpfe. Die Jágereskadron : 5 Offiziere, 8 Unteroffiziere, 1 Trom= peter, 75 Gemeine , zuſammen 5 Offiziere, 84 Köpfe und giebt anliegende Abschrift aus dem Tagebuche des ostpreußischen National -Kavallerie - Regiments nåhere Details von dem Uebergang über den Rhein bei Caub am 2ten Januar 1814. Verpflegungs-Berechnung pro März 1814 : 24 Offiziere, 60 Unteroffiziere, 1 Regiments- Chirurgus, 13 Trompeter, 4 Chirurgen , 4 Fahnenschmiede , 482 Gemeine (incl. 48 Karabiniers), 30 Knechte , 1 Regis ments-Sattler, 1 Büchsenmacher. 24 Offiziere, 596 Köpfe .
270
Die Jagereskadron : 5 Offiziere, 7 Unteroffiziere,
Trompeter , 63 Gemeine
5 Offiziere, 70 Köpfe. Das Regiment verlor 4 Todte Im Tagebuch mehr 2 Verwundete angegeben. Im Jahre 1814 sind der Rittmeister von Barnefow und 10 Combattanten geblieben. Der Verlust von Pferden überhaupt von 1813 und 1814 ift 145 Pferde. Nähere Details über das ostpreußische National-Kavallerie Regiment in der Schlacht bei Paris am 30ten März 1814, giebt beiliegende Abschrift aus dem Tagebuche des Regiments.
Auszug aus dem Tagebuch des königlichen oftpreußischen National Husaren - Regiments vom Jahre 1814. Den 2ten Januar 1814 gingen diese beiden Eskadrons nach Caub (2te u. 3te Eskadron), wo sie die übrigen trafen. Die 4te Eskadron, welche zur Avant garde detachirt war , passirte mit der Kavallerie derselben um 10 Uhr Vormittags den Rhein , das Regiment folgte um 11 Uhr nach, und ging über Bacharach und Steg, woselbst es die Dislocation vom Oberstlieutenant von Hiller erhielt, nach Liebshausen. Nach der Aussage der dasigen Landleute , håtte der Feind die vorige Nacht noch in Laubach, 1 % Stunden ent fernt, gestanden. Es wurde daher auf der Straße nach Laubach eine Unteroffizier Feldwacht von 12 Mann ausgesegt, die auch bis Laubach patrouillirte, aber den Feind daselbst nicht mehr an traf. Um 6 Uhr Abends erhielt das Regiment den Befehl über Stromberg nach Sparbrücken zu marschiren. Es rückte dem = nach um 1 Uhr in der Nacht daselbst ein , und bezog mit dem ostpreußischen Grenadier - Bataillon unter dem Kommando des Major von Arnim die Quartiere. Den 30ten März 1814. Die 1te Division des 1ten Armeekorps ging am 30ten März 11 Uhr Morgens über die Straße von St. Denis gegen das Dorf Aubervilliers vor ; das ostpreußische National-Huſaren Regiment durch das Dorf und deckte die links von demselben
271 etablirten Zwölfpfünder-Batterien und die långs einem Graben postirte Tiralleurlinie, schickte auch Flankeurs gegen die Plán fler der vor la Chapelle aufgestellten feindlichen Kavallerie. Zwei Eskadrons wurden links bis an die Chauffée detachirt ; eine andere machte die Kommunication mit den beiden übrigen. Feindliche Flankeurs , welche in Menge und mit vieler Kühn heit gegen die vor dem Dorfe aufgestellte russische Batterie vor drangen , wurden von den Plänklern des Regiments schnell zurückgeworfen und ihnen 15 Gefangene abgenommen. Mehrere Stunden mußte das Regiment allein die Position gegen la Chapelle ausfüllen , und durch täuschende Bewegun gen 4 feindlicheKavallerie-Regimenter, die davor ſtanden, hin zuhalten suchen. Auch hat es , oft die alleinige Zielscheibe der entgegengestellten Batterien , in kurzer Zeit 8 Leute und 25 Pferde verloren. Als darauf die 1te Division von Aubervilliers rechts dem kaiserlich russischen Korps des Generals Grafen von Lange= ron gegen den Montmartre folgte, deckte allein das Regiment, sämmtliche russische und preußische Batterien und Infanterie Massen und schickte Flankeurs vor, die durch ein sehr beherztes und geschicktes Vordringen 2 vorpoussirte feindliche Eskadrons Kurassiere zum Rückzuge bewogen, obgleich noch 6 Regimenter Kavallerie an dem Fuße des Montmartre dahinter aufgestellt waren. Mehrere Tirailleurs fielen dabei den Flankeurs in die Hånde. Nach der Erſtürmung der Poſition verfolgte das Re giment die Kavallerie und hatte das Glück, an diesem so folgen= reichen Tage zuerst die Barrieren der feindlichen Hauptstadt zu erreichen. Das Regiment bivouaquirte mit der Division die Nacht zwischen dem Montmartre und la Chapelle. Den 2ten Februar 1814. Die Brigade versammelte sich bei Marolles auf der Chaus sée um 11Uhr Vormittags und erhielt von da aus eine verån derte Dislocation . Danach kam das Brigade - Quartier vor wärts nach Vaucler, die 1te und 2te Eskadron nach Bignicourt, die 3te nachFrignicourt und das Jåger - Detachement nach Ma rolles. Die beiden legteren besezten die Vorposten- Chaine. Den 3ten Februar 1814.、 Ein mit Tagesanbruch projectirter Sturm der Stadt
272 Vitri wurde aufgegeben , und die Dislocation abermals ver åndert. Demzufolge wurden die 4 Eskadrons zur Beſegung der Vorposten-Chaine (die 1te und 3te nach Frignicourt , die Jåger nach Marolles , die 2te nach Vitri le bruli) vorpoussirt. Fri gnicourt war außerdem noch vom schlesischen Grenadier - Ba taillon besezt. Von beiden Truppengattungen wurden die Posten nach Vitri zu gegeben. Den Tag über wurde eine ents fernte Kanonade gehört. Nach Beendigung derselben ſah man eine Truppenmasse sich in Vitri hineinziehen. Den 26ten März 1814. Das Korps ging von Montmirail die Straße nach lå Ferté gaucher. Bei der Stadt stieß die Avantgarde, welche der Ritt meister Graf Eulenburg mit 100 Pferden des Regiments machte, auf den Feind , welcher auf der Straße von Sezanne nach Coulommiers defilirte. Der Angriff mußte aufgeschoben werden, bis das Regiment zum Soutien nach kam, da der Feind sich durch Aufstellungen zu sichern suchte. Das Regiment paſſtrte demnach den dazwischen liegenden Fluß Morin durch eine Fuhrt , bekam aber nur noch etwa 50 Gefangene, weil der Feind schnell abzog. Das Regiment verfolgte ihn auf dem Fuße ; auch rückte die 1te Diviſton unter dem General - Major von Horn nach. In dem Dorfe Chailly vor Coulommiers stellte der Feind 2 Bataillons Infanterie und 1 Eskadron Kú raſfiere gegen das Regiment auf. Die 2te Eskadron griff die feindliche Kavallerie an , warf fie auf die Infanterie und vers trieb auch diese aus dem Dorfe. Während deſſen waren die 3te Eskadron links und das Jager - Detachement rechts detachirt, um den Feind zu umgehen. Die 1te und 4te Eskadron blieben zum Soutien. Die feindliche Infanterie floh aus dem Dorfe in einen links neben der Chaussée stehenden Busch. Dennoch wurden mit Hülfe der links detachirten 3ten Eskadron 1 Adler, 1 Oberst, 3 Capitains, 9 Offiziere und 275 Mann zu Gefangenen gemacht, ihr auch 2 Munitions- und einige Bagagewagen abge= nommen. Außerdem verlor der Feind mehrere Todte. Da der erweichte Boden außerhalb der Chauſſée für Kavallerie beinahe inprakticable war, der Feind auch ein bedeutendes Replis zeigte, ſo konnte der Angriff nicht weiter fortgesezt werden. Das Re giment verlor 3 blessirte Leute, 1 todtes und 4 blesstrte Pferde.
273 Die Division bezog bei Coulommiers ein Lager, da indessen nochdie feindlichen Korps Marmont und Mortier diese Straße passtren sollten , so mußte sich die Division über den Morin nach Rebais zu, zurückziehen . Es wurde vom Regimente 1 Of fizier mit 40 Pferden zur Feldwacht in Coulommiers zurückges Laſſen, während das Regiment bis nach Veuillh zurückging. Frauen und Jungfrauen in Königsberg fertigten im Jahre 1813 vier schöne Fahnen mit den Farben der Stadt, nåmlich weiß , blau und weiß , grún und weiß , roth und weiß und be schenkten damitdie 4 Schwadronen des ostpreußischen National Kavallerie-Regiments. Es führte dieselben bis zur Heerschau am Zobtenberge. Auf allerhöchsten Befehl wurden ste dann nach Neiße gebracht und kamen nie mehr zum Regimente. Nach dem Erinnerungsfeste zu Königsberg am 31ten März 1843, den 53 ehemalige Mitglieder des Regiments beiwohnten, baten viele derselben in einer Eingabe Se. Majestät den König um den allergnädigsten Befehl zur Rückgabe jener Fahnen nach Königsberg. Durch Seine Ercellenz , den Herrn Kriegsminister von Bohen, wurden die Bittsteller unter dem 4ten November 1843 zu ihrer Freude benachrichtigt , daß Seine Majestät geruht hätten die Rückgabe jener Fahnen zur Festzierde bei den Erin nerungsfesten zu befehlen. Sie wurden von Berlin aus , wohin ſie ſpåter gebracht worden waren, nach Königsberg gesandt, werden jezt auf dem Rathhause aufbewahrt , und schmücken bei den Erinnerungs festen den Ort der Versammlung. An der weißen Fahne haben gearbeitet : Fräulein Niederstetter ፡ von Trehden = Blanka von Trehden , nachmals verehe lichte von Schrötter 3. Hahn, nachm. verehel. Oberst von Carlowis ፡ Hegenborn , nachmals verehel. Landråthin von Ostau = von Marwig , nachmals verehel. Baronin von Buddenbrock. 18
274 An den 3 andern Fahnen haben mitgearbeitet: Fräulein Frey, nachmals verehelichte Prediger Kähler ፡ Müller, nachmals verehel, Kaufmann Keisel Mischel = von Below , nachmals verehelichte Oberst Fischer nachmals verehelichte Oberst von Billerbeck. Mehrere Namen waren nicht mehr zu ermitteln. Regiments - Chefs, deren Namen das Regiment geführt hat oder sonstige frühere Benennung desselben. 2te, 3te, 4te Eskadron. Dieſe 3 Eskadrons ſtanden bei dem im Anfang des Jahres 1813 errichteten ostpreußischen National Kavallerie-Regiment unter dem Kommando des Majors Gra fen von Lehndorf und als dieſer in die Adjutantur des Ge nerals der Infanterie Grafen Yo r k von Wartenburg ver sezt wurde, übernahm der Oberst-Lieutenant von Knobloch das Kommando dieses Regiments . Dasselbe erhielt seine Com plettirung während den Feldzügen 1813 und 1814 von der in Königsberg zurückgelaffenen Ersay - Eskadron. Stiftungs-Jahr, Formation und Abstammung des Regiments. Im Anfang des Jahres 1815 wurden diese 3 Eskadrons des ostpreußischen National-Kavallerie - Regiments aus lauter Freiwilligen, die sich größtentheils aus eigenen Mitteln equipir ten und beritten machten, theils aber auchvon patriotiſchen Bei trägen ausgerüstet wurden, auf den gegen die Landstände dieſer Provinz geäußerten Wunsch des Generals der Infanterie Gra fen York von Wartenburg errichtet, die Uniform bestand in blauen Litewsken mit rothen Kragen und Aufschlägen und gelben Husarenschnüren. Die Tschakos waren oben geschweift und hatten vorne einen gelben fliegenden Adler, über dem ein messingenes Band mit der Devise ,,Vaterland" befestigt war. Das Bandelierzeug war schwarz mit gelbem Beschlag,und das Sattelzeug ganz dem der Husaren Regimenter der Armee gleich; auch führten sie Lanzen. Das Garde -Husaren - Regiment, wurde laut allerhöchster Kabinetsordre vom 21ten Februar 1815 am 25ten März deſſel=
275 ben Jahres aus obigen Eskadrons formirt. Die 4te Eskadron des ehemaligen ostpreußischen National-Kavallerie-Regiments blieb zum Stamm des jezigen 4ten Uhlanen-Regiments. Schlachten, denen das Regiment beigewohnt hat, nach Ort und Datum. 2te , 3te und 4te Eskadron. 1813 den 26ten August die Schlacht an der Kazbach. 1813 den 16ten, 17ten u. 18ten October die Schlacht bei Leipzig. 1814 den 9ten März die Schlacht bei Laon. = = Paris. 1814 den 30ten März = Gefechte, größere und kleinere, an denen das Regiment Antheil genommen hat. 1813 den 21ten August das Gefecht bei Bunzlau ፡ Goldberg = ፡ = 22ten = = Bunzlau ፡ = = 30ten ፡ = = Görlit = 5ten Septbr. = = = Baußen = = = 12ten = = = Bischofswerda = = 13ten = = = = 26ten = Rothnausliz = Wartenburg 3 = = = 30ten = Taucha = = 9ten October = 14ten = = - Delizschund Eilen 1 burg = = = - 21ten 2 - Freiburg A - St. Dizier 1814 den 30tenJanuar = = = - 3ten Februar = = la Chauffée = = Vitri = = = 5ten = Montmirail = = = - 11ten = = 12ten Z - Chateau-Thierry = Fismes 2 = = 13ten = = Mery sur Seine = = = 28ten = 3 = Culchi Chateau = -29ten = = Fismes = = - 20ten Mårz = 3 Coulommiers -26ten = = Trilport = = =27ten = Clahe. 3 -28ten = 18 *
=
=
=
=
=
=
276
Belagerungen und Blokaden , denen das Regiment beigewohnt hat, genommene feste Pläße. Die Blokaden von Kastel bei Mainz , Thionville , Vitri und Mez. Verlust des Regiments in den verschiedenen Gefechten.
1321
In der Schlacht an der Kazbach 10 Todte, 40Verwundete. 4 = Gefecht bei Rothnauslig = 17 = 11 • Schlacht bei Leipzig = 3 2 = Gefecht bei Freiburg . = Belagerung von Mez = Gefecht bei la Chaussée • = Vitri . 5 = = = = Chateau-Thierry. 1 = = = Mery • · 1 = -= ፡ 2 = 4 Schlacht Paris Summa 45 Todte, 64 Verwundete
Erobertes feindliches Geschüß. 11 bespannte Kanonen in der Schlacht an der Kazbach = 4 bei Leipzig 4 Kanonen in dem Gefecht bei la Chauffée.
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Eroberte Trophäen und Waffen. Den 26ten März 1814 eroberte das ehemalige ostpreußische National -Kavallerie-Regiment in dem Gefecht bei Coulom miers einen feindlichen Adler und außerdem bei den verſchie denen Schlachten und Gefechten in den Feldzügen von 1813 und 1814 gegen 5000 Waffen verschiedener Art, deren specielle Eroberung aber nicht genau angegeben werden kann , weil öfters die Zeit und Umstände sie zu zählen nicht gestatteten. Gemachte feindliche Gefangene aller Waffen. ,,5007 Mann.“ Etwaige Auszeichnungen, die dem Regiment von Sr. Majestät verliehen wurden, nebst der Angabe wofür. Das ehemalige ostpreußische National-Husaren-Regiment
277 wurde für sein gutes Verhalten in den Feldzügen von 1813 und 1814 zum Garde-Husaren-Regiment organisirt. Bei welchem Armee-Korps und unter welchem Kommando das Regiment in den Feldzügen gestanden hat.
in Sum O5 ere , ffizima Comb 40 und attanten 145 Pferd e .
1813 vor dem Waffenstillstand beim 1ten Armee-Corps unter dem Kommando des Generals der Infanterie, Grafen York von Wartenburg, in der Vorposten-Brigade des General-Majors von Kahler. 1814 nach dem Waffenstillstand beim 1ten Armee-Korps unter dem Kommando des Generals der Infanterie , Grafen York von Wartenburg , in der Vorposten-Brigade des General-Majors von Horn. Geblieben sind in den verschiedenen Feldzügen :
1813 Rittmeister von Keubell 2 von Schimmelpfennig Sec. Lieut. Hundsdörfer = von Kurowskh = und 30 Combattanten 1814 Rittmeister von Barnekow und 10 Combattanten Der Verlust an Pferden bei den verschiedenen Schlachten und Gefechten in den Feldzügen 1813 und 1814 beträgt 145 Pferde.
Verzeichniß der Mitglieder der Jågereskadron des oftpreußischen National-Kavallerie-Regiments.
Albers Albrecht Ammel Aschmann Baz Behrendt Berg Berthold Behme Böhm Born
Bromberger Buchholz Burchard Butkereit Cautius Collins Crispin Czudrowski Dalkovius Danielis Drawe
278
von Dureke Engwer Eschholz Faltien Fischer 1. Fischer 2. Gerhard Graap Gruihn Hanisch Hart Heinrici Henke Hermes Hinz , Oberjåger. Hinz, Jáger. Julius Horn Johann Horn (nachmals Baron von Horn ) Huwe Janke Jeworowski August Jordan Eduard Jordan Adolph Jordan Kienast Klein König Kluge Kopp Krah Johann Christlieb Krause, Oberjäger. Heinrich Krause Gottfried Krause Kreistg Kowalski Kühl Kuhr
Lange Lemke Lukowski Löweck Maas Madeika Mahuke Meier Mekelburg Müller Mülner Neide Nikutowski Nitikowski Ostermeyer Pantel Pawlikowski Blaumann Plewe Pokern Buff Reinhard Nekwardt Reichel Reimer Rohde Sackersdorf Scharfenort Schawen Schlieben Schliewe Schlittke Schreck Schulz Silberbach Stadie Stempel Stephani Störmer
279
Stürz Shmanski 1 . Shmanski 2. Thiel Tornau Troften
Urbahn Venzki Wachowski Wagner Ziegler
Namen einiger Mitglieder der andern Schwadronen, die der Verfasser aus seiner und der Erinnerung einiger Regiments gefährten aufgezeichnet hat. Von der 1ten Schwadron. Adelstein Koniezło Köhler Augustin Bauer 1. Krause 1. Bauer 2. Krause 2. Berendt, Wachtmeister. Krüger Bernecker Lange Biedrizki Malkwiz Böhm Meder Brausewetter Mekelburg Melien Buchholz Mex Curtius Fabian Mittelsteiner 1. Falinski Mittelsteiner 2 . Firleg Musiszig 1 . Geelhaar Mustszig 2. Möller Gerhard Gettkardt Nebel Niederstetter Glogau Gnaps Bastenau Grosmann Pianka Raabe Hasford 1 . Rakowski Hasford 2. Romehke Hennig : Schiemann 1 . von Heyking Jessing Schiemann 2. Kienapfel Schlemüller Schreiner von Knoblauch 1. von Knoblauch 2. Schuetz
280
Schulz 1. Schulz 2. Schwink Seidler 1. Seidler 2. von Seidlig Stadie Steppuhn Tiburtius 1. Tiburtius 2. Volkmann
Werner Wieblig Zacher Simmermann 1. Zimmermann 2. Offiziere der 1. Schwadron Rittmeister von Norelli Graf Ernst zu Eulenburg von Huellessem von Kurowski von Knoblauch
Wagner Von der 2ten Schwadron. Grembeck Major von Zastrow Günther Rittmeister von Keudell Hennig Major von Kracht Rittmeister von Schäf Heydemann Lieutenant von Bülow Hilpert Hofmann 1 . Wachtmeister Schliewen Bahl Hofmann 2. Hundsdörfer 1. Bergenrolh Berner Hundsdörfer 2. Block Isenheim Kalau Braun König Broszeit Crispin Koritkowski Landenberg Dannappel Demke Lange Lossow Engelier Markwardt Engwer 2. von Morstein Foit Möller Frischmuth Naber Genee Neiß Gerullis Girod Olof Gnaps Pardon Götsch Patommel Graf Raths
281
Schenk Schlenther Schlicht Schlimm Schmidt Sczepanski Strenge
Leubler Thomas Tumult Daniel Werner Werner 2. von Wiertelewski .
Von der 3ten Schwadron. Rittmeister von Szerdahelly Kroll von Buddenbrock von Matthi 8 Lieut. Sembrizki von Maltiz ፡ von Gröben Messling 1. Bartelt Messling 2. Nast Behr Bobrik Pietsch Ráttig Bråfike von Bröhn Rautenberg von Rhein Deliz Dief Schulz Grall Sommer 1. Sommer 2. von Hirsch Kausch 1. Titscher Tonh Kausch 2. Voigt Koch Kollker 1. von Wallenrod Wiedemann Kollker 2. Von der 4ten Schwadron. Rittmeister von Barnekow Herrmann 8 von Zychlinski Höpner Lieut. Kienit Hoppe Baasner Jerosch Bellier de Launah Kluge Diefert Krebs Diefes von Kurowski R Foller Liedke Frisch Lorange Loyal Hanf
282
Mekelburg Moser Mühlradt von Negelein Patschke Rüdiger Schauinsland Schimmelfennig
Schulz Teichmann Terner von Thiele Waase Wiesenberg Zehrmann.
Auszug aus dem Geschichtswerke : Geschichte des Feldzuges von 1814 u. s. w. von Damiß. 1ter Theil, Seite 288. Den 12ten Januar. „ Mit diesen Trup pen gleichzeitig rückte der Oberstlieutenant von Stößel mit der Kavallerie der Avantgarde über Boulah auf der Straße von Saarlouis gegen Meß vor. Bei Noiſeville ſtieß die Spize dieser Kavallerie auf den Feind. Drei französische Eskadrons formirten sich zur Attaque , wurden aber durch die Jägereska dron des 2ten Leib-Husaren-Regiments im Vereine mit einer Eskadron des meklenburgischen Huſaren- und einer Eskadron des ostpreußischen National - Kavallerie - Regiments kräftig angegriffen und über den Haufen geworfen. 2ter Theil, Seite 401. Den 1ten Mårz. Während General von Sacken das Gefecht bei Cizh fortseßen ließ, dirigirten ſich die Korps von York und Langeron den Oureh aufwärts nach den ihnen angewiesenen Punkten. An der Tete befanden fich das Grenadierbataillon des Majors Carlowiß , das Leib-Fuselierbataillon und das ostpreußische National-Kaval LeriesRegiment. Der Major von Klausewit , der diese Truppen als Avantgarde führte, erhielt die Weiſung , die Brücke bei Crous, so schnell als möglich zu beseßen und alles hier zum Uebergange des 1ten Korps vorzubereiten u. s. w. 3ter Theil, 1te Hälfte, Seite 190.
Als die Generale
von York und von Kleist die Befehle für den 2ten (März nåmlich) erhielten , hatten sie bereits während der Nacht vom 19ten zum 20ten die vom Feinde zerstörte Brücke
283 oberhalb Fismes bei Courlandon wiederherzustellen begonnen. Eine Eskadron des ostpreußischen National-Kavallerie - Re giments wurde durch die Fuhrt bei Breuil über die Vesle geschickt. Sie brachte einige 30 feindliche Traineurs ein , be obachtete während der Nacht Fismes auf der Weſtſeite und streifte gegen die Ardre. Gegen Mittag (20ten) traf auch der russische Oberst Busch von Rheims über Júmhery ein. Er vereinigte sich mit der vorgeschobenen Eskadron unter dem Major von Kracht und beide befeßten hierauf das Dorf Magneur. Unterhalb Fismes hielt Oberst von Blücher die Brücke von Bazoches über die Vesle fest und streifte gegen Braine. Nachdem dieBrücke bei Courlandon fertig geworden war, rückte General von Ziethen mit der Reserve-Kavalle= rie über die Vesle und traf auf dem linken Ufer dieses Flusses in dem Augenblicke ein, als eben die feindliche Kavallerie den Major von Colomb mit seiner Streifpartei , die Eskadron des Majors von Kracht und die Kosaken des Obersten Busch zurückbrångte.
Auszug aus dem preußischen Militair-Wochenblatte, 26ter Jahr gang, 1841. No. 44. Seite 200 und 201.
Gefecht bei Chailly ( am 26ten März 1814). Während die feindlichen Korps allen gedrohten aber nicht kombinirten Angriffen , glücklich entgangen , war General Horn demDetachement des General von Compan s gegen Coulommiers gefolgt , hatte dasselbe indessen nicht mehr mit feiner Infanterie einholen können . An der Spize des ostpreu ßischen National-Kavallerie-Regiments mit 2 Kanonen und 1 Haubize blieb der General persönlich dicht am Feinde, während die meklenburgischen Husaren die linke Flanke im Vorgehen deckten. Bis gegen Chaillh eine Stunde von Cou lommiers blieben die Franzosen, obgleich durch einen Marsch von 7% Meilen seit Mitternacht im höchsten Grade erschöpft, dennoch in Ordnung. Sie hatten zwar mehreremal Miene ge macht, sich in dem buschigen Terrain an der Chauſſée zu ſehen, dochwaren einige Granaten ausreichend gewesen, ste zur Fort ſegung des Rückzuges zu nöthigen.
284 In den kleinen Gebüschen von Chailly nahm das Traini ren seinen Anfang und die preußischen Flankeurs brachten Gefangene ein. Als General Horn aufmerksam gemacht wurde , daß der Feind sich in und bei Chaillh wieder ſammeln und ordnen wolle, hielt er dafür, daß der günstige Augenblick gekommen sei , ihn anzugreifen . Fehlerhafterweise hatten sich 2 Eskadrons feindlicher Kürafstere in Linie vor Chaillh auf gestellt. General Horn an der Spiße der Avantgarde-Es fadron ―― 2te Eskadron des ostpreußischen National-Kaval lerie-Regiments unter dem Major Kracht — warf sich auf die Kürasfiere, die ohne den Angriffabzuwarten, sich in Marsch kolonne ſezten und nach dem Dorfe zurückeilten. Am Ein gange wurden sie eingeholt und viele heruntergestochen. Mit den übrigen zugleich drang die kleine preußische Avantgarde in das Dorf, ritt mit ihnen gemeinschaftlich die darin poftirte französische Infanterie nieder und sprengte am jenseitigen Ende wieder hinaus , während das Jäger-Detachement das Dorf rechts , die 1te Eskadron links umging. Jenseits hatte fich die feindliche Infanterie gesammelt und in Kolonne auf der Chaussée aufgestellt. Ihr Feuer wurde nicht geachtet , der Angriff erfolgte und mit Hülfe der 1ten Eskadron war im nächsten Augenblick die feindliche Maſſe gesprengt, und alles in der wildesten Flucht. 1Oberst, 12Offiziere und 175 Mann wurden hier zur Stelle gefangen genommen , 2 Munitions und einige Bagagewagen erobert. Die feindliche Kavallerie hatte während deſſen die Flucht bis vor Coulommiers fort gesezt, sich auf einer Anhöhe wieder formirt und 2 Geſchüße aufgefahren , mit welchen sie die verfolgenden preußischen Reiter beschoß. General Horn mußte seine Artillerie ab warten , doch als diese und die 3te und 4te Eskadron des Na tional-Kavallerie-Regiments eingetroffen waren, die Artillerie den Feind wirksam beschoß , verließ derselbe seinen Poften, ging durchCoulommiers und überließ Stadt und Brücke über den Grand-Morin den Preußen. Erst 2 Stunden spåter , als fich der Tag zu neigen begann, langte die Infanterie des Ge= nerals Horn bei Coulommiers an. Die Stadt wurde durch ein Bataillon besezt und Vorposten gegen den Feind ausgesezt, der verstärkt durch das Detachement des General Vincent ſein Lager auf den Höhen von Chateau-Montanglauß nahm.
285
Kaum waren diese Anstalten beendet , als Befehl vom Gene ral York einging , mit der Diviſion nach Rebais zu rücken. Die Truppen wurden sogleich wieder in Marsch gesezt, doch, da sie durch den ununterbrochenen Marsch von 5 Meilen, zum größern Theil in einer aufgelöften Traverse , sehr ermüdet waren , ließ General Horn bei les Pleur , 1 % Meilen von Coulommiers lagern , und behielt leztern Ort durch ein Ka vallerie-Detachement besezt. Der Verlust des ostpreußischen National-Kavallerie-Re giments bestand in 1 Todten und 3 Verwundeten ; im Ganzen wurden gegen 400 Gefangene mitgenommen.
Ebendaselbst Seite 202. Man übersah die Stärke des Detachements des General Compans bei la Ferté Gaucher ; es scheint daher , daß man den Hauptzweck der Gegenwart der Preußen bei leßterm Orte, zu Gunsten eines untergeordneten Zweckes, einigermaßen aus den Augen sezte, als man sich der legten Kavallerie beraubte und eine ganze Infanterie- Division gegen den französischen General in Bewegung sehte. Wie es zugegangen, daß die Bagage sich zwischen das 1te und 2te Korps eindrången konnte, läßt sich nicht mehr ermit teln. Trúge ein Nachlaſſen in der Marſchdisziplin oder ein Mangel in der Marschordnung die Schuld, so würde sich hier ein Beispiel ergeben , wie die trefflichsten Kombinationen scheitern können, wenn nicht zugleich eine strenge Marsch Disziplin, genügende Marsch-Dispositionen die prompte Aus führung sichern. Man kann hier nicht streng genug sein ; Milde und Nachsicht in der Marschordnung , Unbestimmtheit in den Marſchordnungen, wirken gleich verderblich für Mann schaften und Pferde, wie für den Gang der großen Maschine. Höchst lehrreich erscheint das Verhalten des Generals Ziethen in dem kritischen Augenblick zu Sezanne ; so wie das Gefecht bei Chailly zeigt, was eine geringe aber entschlos sene Kavallerie gegen einen desorganisirten Feind zu leisten. vermag. Das oftpreußische National -Kavallerie - Regiment bestand meist aus jungen Freiwilligen.
286
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Auszug aus einer kleinen Schrift , betitelt : Ueber die großen Kavallerie-Angriffe in den Schlachten Friedrichs und Napoleons. Ein Beitrag zur Geschichte des Verfalls der Ver wendung dieserWaffe. 8. Berlin 1843. Verlag von C. Heymann. I Seite 16. Der unglückliche Gedanke , Artillerie und Ka vallerie immer verbunden zu halten , hat in neuerer Zeit vor züglich dazu beigetragen , die Kavallerie zur Passivität zu ver dammen , die unendlichen Verluste derselben herbeizuführen und sie numerisch so zu schwächen , daß wenn sie endlich han delnd auftreten soll, bereits auf ein Minimum reduzirt ist. — Sie ohne Noth nur zur Deckung von Batterien zu verwenden, und erst , wenn sie tüchtig zusammen geschossen worden , zum Angriffführen zu wollen, wird natürlich nur Resultate geben, wie wir sie in den neuern Schlachten finden. Seite 50. Wenn wir zugeben müſſen , daß die Kavallerie unserer Tage eben so brav ist , als die aus der Zeit Friedrichs, daß sie nach den Versicherungen vieler unterrichteter Offiziere eben so gut reitet, und daß der einzelne Reiter instruirter iſt, als er zu Seidlig und Ziethens Zeiten im Allgemeinen war, daß sie eben so zahlreich auftritt, wie damals , daß die Feuerwaffe , die Taktik zwar verbeſſert , aber doch nicht bis zu einem Grade hin, der die Kavallerie an einem Schlachttage als überflüssig erscheinen läßt, so wird man mit Recht fragen, wie es zugegangen ist, daß die Reiterei trog der tüchtigen Leute, die ste geführt , verhältnißmäßig so wenig geleistet hat. Dies hat man im Kriege sowohl als besonders nach demselben tief empfunden. Seite 60. Wir dürfen dem Gefecht bei Hahnau nach rühmen, mit derselben Umsicht, Energie und Entschlossenheit durchgeführt worden zu sein , was man dagegen von den Ge fechten bei la Fere Champenoise nicht behaupten kann , indem hier eine sehr zahlreiche Reiterei zulegt zur Artillerie ihre Zu flucht nehmen mußte , um ein ſchon fliehendes Fußvolk , das theilweise aus jungen Leuten und Nationalgarden bestand, gänzlich zu bestegen. Ferner Seite 60. Trog der vereinzelten schönen Thaten der Reiterei in den lezten Tagen, bleibt doch das, was sie hat versäumen müssen , wahrhaft beklagenswerth.
287 In einer Stelle meiner Schrift habe ich geäußert , wie es auch mir geschienen , daß man im Feldzuge 1813 und 1814 die Reiterei oft nicht so benutte, als man sie benugen konnte. Deshalb habe ich später den obigen Auszug hier beigefügt. Höchst anziehend ist es , mit den Aeußerungen des Verfassers den Aufsaß des Herrn General - Lieutenant von Hofmann zu vergleichen, den derselbe als Anhang III, seiner vortrefflichen Schrift: Zur Geschichte des Feldzuges von 1813. Zweite Auf lage. Berlin , Posen und Bromberg. 8. 1843 beigegeben hat. Auszug aus dem Beiheft des preußischen Militair-Wochenblattes. Mårz und April 1844. Die Schlacht an der Kazbach betreffend . Seite 131. ,,Der Major Graf Brandenburg brachte die Meldung, derFeind sei im Weichen - wahrscheinlich in Bezug auf das Gefecht der 8ten Brigade. Der Oberst Jürgaß glaubte den entscheidenden Moment wahrnehmen zu müſſen, und eilte mit dem 1ten westpreußischen, 2 Eskadrons und dem Jäger-Deta= chement des lithauischen Dragoner - Regiments zum Angriff vor. Die Jager , erste und zweite Eskadron des National Kavallerie-Regiments folgten hinter dem linken Flügel oder als Echelon desselben. Bevor noch die vorgehende Kavallerie die Artillerie paſſtrt hatte, kam der Major von Schack vom Generalstabe des Vor kschen Korps an den Kommandeur des National - Kavallerie-Regiments , den Major Grafen Lehn dorf und theilte ihm mit , daß der Feind mit Kavallerie von Nieder - Krahn und Weinberg debonichire. Die genannten 3Eskadrons des Regiments wandten sich sogleich links und lie ßen die achte Brigade, welche sich bereits wieder aufder Höhe formirte, links. Ein Hohlweg hemmte das Vorgehen. Die 2te Eskadron schwenkte links, die 1te und die Jåger rechts ab, doch in diesem Augenblicke debuschirte eine feindliche Batterie mit. den zugehörigen Munitionswagen unter der Deckung von 2 Eskadrons Chaſſeurs aus dem Hohlwege. Die 1te Eskadron des Rittmeisters Norellh und die Jäger stürzten sich die Schlucht hinunter , dem Feinde entgegen ; die Chasseurs ver theidigten sich ohne Nachdruck , die Munitionswagen drehten um, und bald war das Defilee von umgeworfenen Karren und
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Geschützen dergestalt gesperrt, daß nichts mehr die Höhe, weder rückwärts noch vorwärts passiren konnte, und in Folge dessen die Batterie genommen wurde. Bald erhielten indeſſen die NationalsKavalleristen aus den nahegelegenen Büschen Infan teriefeuer, und die Spize stieß vor Weinberg auf vorgehende feindliche Infanteriemassen. Man sah auf den Kuhbergen in geringer Entfernung 3 feindliche Bataillone und am Rande der Höhen an den Gebüschen zwei andere Bataillone, und mußte den Rückzug antreten. Die 3te Eskadron des Regis ments — Rittmeister Szerdahelly - war auf der Höhe nach dem Zurückwerfen der feindlichen Kavallerie wiederum auf den Fleck vorgegangen , wo die von ihr eroberten feindli chen Geschüße stehen geblieben waren, und hatte dabei die eben bezeichneten feindlichen Bataillone nahe in der linken Flanke liegen lassen , ohne bedeutende Verluste durch deren Feuer zu erleiden. Nun traten der Eskadron indessen ein feindliches Chasseur- und ein Lancier-Regiment , welche das Plateau so eben erstiegen hatten , entgegen. Das erstere Regiment griff den Rittmeister Szerdahellh an , warf ihn und verfolgte ihn heftig bis an den Graben, den er beim Vorgehen passtrt hatte. In diesem Augenblick kehrten die 1te Eskadron und die Jäger auf das Plateau zurück ; der Rittmeister Norelly wich dem Angriffe des feindlichen Lancier Regiments nur durch den Ruf: vive l'Empereur ! aus , und seßte im Verein mit dem Rittmeister Szerdahellh den Rückzug auf die preus Bische Infanterie fort, hinter welcher er sich den ebenfalls ge= worfenen Eskadrons des Obersten Jürgaß anschloß. Ebendaselbst Seite 135. Als auf dem linken Ufer der wüthenden Neisse nichts mehr zu befürchten war, ersuchte der Oberst Muffling bei seiner Rückkehr nach Brechtelshof den General Hünerbein , mit den bei sichhabenden 3 Bataillonen auf Schlauphof zu gehen, wo sich ihm die 4te Eskadron des Brandenburgischen Husa ren-Regiments und des ostpreußischen National-Kavallerie Regiments , % zwölfpfündige und % reitende Batterie und die rechte Flügelkolonne des Obersten Steinmez anschlossen.
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(gez .) v. Knobloch , Oberst und Commandeur.