Zauberwahn und Hexenprozess in der Reichsstadt Nürnberg


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Zauberwahn und Hexenprozess in der Reichsstadt Nürnberg

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Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte

Zauberwahn und Hexenprozeß in der Reichsstadt Nürnberg Hartmut H. Kunstmann

-

Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg Band 1

NÜRNBERGER WERKSTÜCKE ZUR STADT- UND LANDESGESCHICHTE

herausgegeben von

Gerhard Hirschmann, Hanns Hubert Hofmann und Gerhard Pfeiffer

Band 1

Hartmut H. Kunstmann

Zauberwahn und Hexenprpzeß in der Reichsstadt Nürnberg

Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg 1970

Rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Dissertation

Mainz 1970

Alle Rechte vorbehalten ©

Copyright 1970 Stadtarchiv Nürnberg

Drude: Dissertations-Druckerei HOGL, Erlangen, Hauptstr. 109 Auslieferung: Buchhandlung Korn u. Berg, Nürnberg, Hauptmarki 9

Vorwort

An dieser Stelle ist es mir eine angenehme Pflicht, all denen zu danken,

die am Entstehen der Arbeit Anteil genommen haben. Mein besonderer

Dank gilt meinem verehrten Lehrer, Herrn Justizrat Professor Dr.

Bärmann, Mainz, der mit wertvollen Ratschlägen und freundlichem Ent­

gegenkommen das Werden dieser Arbeit unterstützte und mir in jeder Weise behilflich war. Dem Gespräch mit Herrn Professor Dr. Dr. Werle, Mainz, verdanke ich viele klärende und entscheidende Hinweise. Herrn Städt. Archivdirektor i. R. Dr. Schultheiß danke ich für die An­ regung zu diesem Thema. Auch Herrn Archivrat Dr. Machilek vom Staats­

archiv Nürnberg möchte ich meinen Dank für die stete Hilfsbereitschaft

und das rege Interesse an meiner Arbeit aussprechen. Für die freundliche Aufnahme meiner Arbeit in dieser Reihe und für die große Ehre, den Eröffnungsband stellen zu dürfen, danke ich sehr herz­ lich den Herausgebern, Herrn Städt. Archivdirektor Dr. Hirschmann,

Herrn Professor Dr. H. H. Hoffmann und Herrn Professor Dr. Pfeiffer.

Nürnberg, im Juni 1970

Hartmut H. Kunstmann

V

Inhaltsübersicht Seite

XI

Quellen- und Literaturverzeichnis

XIX

Abkürzungen Einleitung: Stand der Forschung, Aufgabe, Quellenlage

Erster

Teil

1

’*

Die Entstehung und Entwicklung des Hexenwahns

I.

II.

Hexen- und Zauberglaube

5

1. Der Hexenbegriff

5

2. Die Ketzerprozesse und ihre Ausweitung auf Zauberei

g

Die Grundlagen der Hexenverfolgung

9

1. Hexenbulle und Hexenhammer

9

2. Die weltlichen Strafbestimmungen

Zweiter

13

14

III. Gegner des Hexenwahns

Teil

Hexenwahn und Hexenverfolgung in der Umgebung Nürnbergs I.

II.

Die Bistümer

17

1. Würzburg

17

2. Bamberg

1g

3. Eichstätt

18

Die Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth

III. Die benachbarten Reichsstädte

1. Windsheim

19 20

20

2. Dinkelsbühl

22

3. Nördlingen

23

4. Weißenburg

25

VI

Seite

Dritter

Teil

Die Geschichte von Zauberwahn und Hexenprozeß in Nürnberg

I.

Die Zaubereifälle des 14. , 15. und des angehenden 16. Jahrhunderts

27

II.

Die Prozesse des 16. Jahrhunderts

39

1. Els Gernoltin und Anna Sewrin

3g

2. Einige kleinere Zaubereifälle

45

3. Margarethe Kleinin und Margarethe Lutföglin

47

4. Katharina Leistschneiderin

51

5. Adelheit Schneiderin, Els Schneiderin und Katharina Maylin

54

6. Die Zauberin von Dormitz und das Mandat gegen Zauberei, Hexerei und Wahrsagen

55

III. Die Prozesse seit 1590, dem Beginn der großen Hexenverfolgung in Franken

73

1. Friedrich Stigler

74

2. Barbara Schindlerin und Apollonia Hofferin

7g

3. Margarethe Fleischmännin

g2

4. Hans Rößner

35

5. Brigitta Wölfin

gg

6. Margarethe Rögin

97

7. Georg Carl Lamprecht

gg

8. Sixt Kuhn

g2

9. Margarethe Mauterin

94

10. Maria Regina Mettmannin IV. Die letzten Prozesse in Nürnberg

97

101

1. Hans Hess

101

2. Barbara Coppin

¡02

3. Regina Sibylla Schülerin

102

4. Dorothea Kauffmännin

¡94

5. Hans Fahner

106

VII

Seile Vierter

Teil

Zauberei und Hexerei als strafbare Handlung I.

Die Strafbestimmungen der Carolina

111

II.

Außergesetzliche Rechtsquellen

113

III. Die Tatbestände des Zaubereiverbrechens ent­ sprechend ihrem Vorkommen in Nürnberg

114

1. Der Teufelspakt

114

2. Die Teufelsbuhlschaft

US

3. Hexenflug und Hexensabbat

117

4. Das Maleflcium

117

5. Mißbrauch von Sakramentenund Gotteslästerung

119

6. Die Tierverwandlung

120

7. Wahrsagen, Segensprechen und Schatzgraben

120

Fünfter

Teil

Die Gerichtsverfassung in Strafsachen I.

Die Stadtverfassung

122

II.

Die Strafgerichte in Nürnberg

123

1. Die Entwicklung der Strafgerichtsbarkeit

123

2. Das Fünfergericht

125

3. Das Blut- oder Halsgericht

125

a. Die Zuständigkeit

126

b. Die Besetzung

127

III. Die Hilfsorgane

128

1. Der Nachrichter

128

2. Der Löwe

131

3. Die Kriegsherrn

131

4. Die Viertelherrn

132

VIII

Seite 5. Die Stadtknechte

132

6. Die Stadtbüttel

133

133

IV. Anklage und Verteidigung

Sechster

Teil

Die Durchführung des Verfahrens gegen Zauberer und Hexen I.

Die Grundlagen

136

II.

Das Vorverfahren

137

1. Anzeige und Denunziation

137

2. Die Verhaftung

138

III. Das Verfahren vor demendlichen Rechtstag

139

1. Das Lochgefängnis

139

2. Das gütliche Verhör - Einleitung der Inquisition

141

3. Die Zeugenvernehmung

141

4. Das peinliche Verhör

143

a. Die Folter

144

b. Die in Nürnberg bei Zauberei- und Hexen­ prozessen gebräuchlichenFolterarten

146

5. Die Hexenproben 6. Die Einholung von Rechtsgutachten

148

150

a. Die Ratskonsulenten

151

b. Die Rechtsfakultäten

152

7. Die Freilassung

153

8. Geständnis und Urteilsfindung

153

IV. Der endliche Rechtstag 1. Die Urteilsverkündung

155 155

2. Ein Urteilsmuster

156

3. Die Todesstrafe

158

4. Die Leibstrafen

159

IX

Seite

159

a. Die Verstümmelung b. Die körperliche Züchtigung

V.

160

5. Die Ehrenstrafen

160

6. Die Stadtverweisung

161

Die Unzulässigkeit der Appellation

163

VI. Die Begnadigung

163

VII. Die Hinrichtung

164

1. Die Richtstätte

165

2. Die Hinrichtungsarten

165

165

a. Das Ertranken b. Das Enthaupten

166

c. Das Verbrennen

167

Siebter

Teil

Die Einstellung in der Reichsstadt zu Zauberwahn und Hexen-

prozefl

I.

II.

Die Stellung des Volkes

169

1. Die Hexendarstellungen inder Kunst

169

2. Ein zauberischer Kupferstich

171

3. Die Drudenzeitung

173

Die Stellung der Theologen

176

1. Die Haltung wahrend der Prozesse des 16. Jahrhunderts

176

2. Die Haltung seit dem Jahr 1590

177

3. Die Haltung wahrend der letzten Prozesse des 17. Jahr­ hunderts

185

III. Die Stellung der Juristen

186

1. Die Haltung während der Prozesse des 16. Jahrhunderts

186

2. Die Haltung seit dem Jahr 1590

188

3. Die Haltung wahrend der letzten Prozesse des 17. Jahr­ hunderts

195

X

Seite IV. Die Stellung des Rats

197

1. Die Haltung während derProzesse des 16. Jahrhunderts

197

2. Die Haltung seit dem Jahr 1590

198

3. Die Haltung während der letzten Prozesse des 17. Jahr­ hunderts

200

SchluObetrachtung

^Q2

Abbildungen

203

Anhang I

205

Anhang II

212

XI

Quellen- und Literaturverzeichnis

A. Ungedruckte Quellen

I. Staatsarchiv Nürnberg 1. Rep. 4 Differentialakten Nr. 33c: Auszüge aus alten Acht- und Strafbüchern

2. Rep. SI L SI L SI L

16a B-Laden, Akten 189a Nr. 26 196 Nr. 8 196 Nr. 9

3. Rep. 18a D-Laden, Akten Nr. 251

4. Rep. 19a E-Laden, Akten 5. Rep. 40a Gemeinakten Nr. 12

6. Rep. 51 Ratschlagbücher Nr. 2: Sammlung verschiedener Ratschläge von 1518-1520 tt It Nr. 6: von 1527-1530 H || Nr. 8: " von 1533-1535 it ii Nr. 9: von 1535-1537 n it Nr. 21: von 1591-1600 Nr. 44: Sammlung von Ratschlägen in Kriminalsachen von 1578-1607 Nr. 46: Sammlung von Ratschlägen in Kriminalsachen von 1604-1612 7. Rep. 52a Nürnberger Handschrifteneammlung Nr. 29: Müllners Annalen, Band I bis 1350 Nr. 30: " " Band II 1351-1469 Nr. 31: " " Band III 1470-1544 Nr. '440: Chronik 8. Rep. 52b Amts- und Standbücher Nr. 197: Gerichtsprotokolle von 1549-1551 Nr. 199: Verzeichnis von Personen, die mit der Stadtver­ weisung bestraft wurden (1605-1609) Nr. 205: Verzeichnis von Personen, die mit der Stadtver­ weisung bestraft wurden (1403-1420) Nr. 206: Auszüge aus Acht-, Straf- und Urfehdbüchern von 1418-1469

XII

211: Achtbuch von 1588-1593 213: " von 1596-1598 217: " von 1612-1615 218: " von 1615-1618 223: Maleflzurteilsbuch von 1584-1618 224: " von 1618-1685 226a: Verzeichnis aller hingerichteten Malefizper­ sonen von 1298-1721 Nr. 232: Wandelbuch von 1535-1560 Nr. 233: " von 1559

Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

9. Rep. 54 Stadtrechnungen ab 1377 Nr. 4

10. Rep. 56 Nürnberger Druckschrift en Nr. 86 11. Rep. 60a Verlässe des inneren Rats

12. Rep. 60b Ratsbücher Nr. 10 Nr. 59 13. Rep. 110 Ansbacher Historika Nr. 237: Fragmente zu einem HexenprozeS in Crailsheim 14. Rep. 190 II Eichstätter Archivalien Nr. 3070b: Akten zu zwei Hexenprozessen von 1612 und 1627

II.

Stadtarchiv Nürnberg

1.

Nürnberger Chroniken Nr. 42: Neubauersche Chronik Nr. 109: Urteilsbuch von 1298-1777 Nr. 110: Malefizbuch von 1298-1806 Nr. 111: Malefizbuch von 1600-1695 Nr. 113: Hinrichtungen in Nürnberg von 1325-1679

2.

Kirchenamt Nr. 48 Nr. 107 Nr. 108

III. Stadtbibliothek Nürnberg

Amb. 17. 2° Nürnberger Chronik Amb. 31. 2» Nürnberger Chronik von 1601-1701

XIII

B. Gedruckte Quellen und Literatur

Amira, Karl von: Die Neubauersche Chronik (= Sitzungsberichte der Kgl. Bayr. Akademie der Wissenschaften, 9. Abhandl. ), 1918

Angstmann, Else: Der Henker in der Volksmeinung, Seine Namen und sein Vorkommen in der mündlichen Volksüberlieferung (= Teuthonista, Zeitschrift für deutsche Dialektforschung und Sprachgeschichte, Beiheft 1), Bonn a. Rhein 1928 Baader, Joseph: Zur Criminaljustiz der Nürnberger. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Neue Folge, Organ des Germanischen Museums, 9. Band, Nürnberg 1862, S. 364-365 Bächtold-Stäubli, Hans (Hrsg. ): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band III, IV, V, VI, IX, Berlin und Leipzig 1930 ff.

Beck, P. : Zwei Hexenprozesse aus dem Fränkischen. 43. Jahresbe­ richt des Historischen Vereine von Mittelfranken, Ansbach 1889

Bergdolt, Johannes: Hexenprozesse in Windsheim. Heimatkundli­ cher Lesebogen für den Landkreis Uffenheim, Heft IX, Bad Windeheim 1950 Bock, Friedrich: Zur Volkskunde der Reichsstadt Nürnberg, Lese­ früchte und Untersuchungen, Würzburg 1959

Brunner, Heinrich u. Schwerin, Claudius Frhr. von: Deutsche Rechtsgeschichte, Band 2, 2. Auflage, München und Leip­ zig 1928 (Neudruck 1958) Burckhardt, Jacob: Die Kultur der Renaissance in Italien (= Kröners Taschenausgabe, Band 53), 9. Auflage, Stutt­ gart 1966

Die Geuder von Heroldsberg (- Ausstellungskatalog der Stadt­ bibliothek Nürnberg, Bd. 48), Nürnberg 1965 Dieselhorst, Jürgen: Die Bestrafung der Selbstmörder im Terri­ torium der Reichsstadt Nürnberg. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 44, Nürnberg 1953, S. 58-230 Eckhardt, Karl August (Hrsg. ): Leges Alamannorum, Band 1, Göttingen 1958

Ellinger, Friedrich Wolfgang: Die Juristen der Reichsstadt Nürnberg vom 15. bis 17. Jahrhundert. Reichsstadt Nürn­ berg, Altdorf und Hersbruck, Freie Schriftenfolge der Gesellschaft für Familienforschung in Franken, Band 6, Nürnberg 1954, S. 130-222

XIV Erler, Adalbert-Kaufmann, Ekkehard (Hrsg. ): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 5. Lieferung, Berlin 1968

Estermann, Alfred: Bad Windsheim, Geschichte einer Stadt in Bildern, Bad Windsheim 1967 Fehr, Hane: Deutsche Rechtsgeschichte, 5. Auflage, Berlin 1952 Fürst, Wilhelm: Der Prozeß gegen Nikolaus von Gülchen, Rats­ konsulenten und Advokaten zu Nürnberg. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, 20. Heft, S. 132-174

Geuder, Matthäus: Chronik der Stadt Windsheim, Windsheim 1925

Greiner, J. : Hexenprozesse in Dinkelsbühl, Alt-Dinkelsbühl, Beilage zum Wörnitz-Boten, 16. Jahrgang, Nr. 6,1929

Grotefend, Hermann: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, 10. Auflage (hrsg. von Th. Ulrich), Hannover 1960 Hall, Karl Alfred: Die Lehre vom Corpus Delicti, Eine dog­ matische Quellenexegese zur Theorie des gemeinen deut­ schen Inquisitionsprozesees, Stuttgart 1933

Hampe, Theodor: Die letzte Amtsverrichtung des Nürnberger Scharfrichters Franz Schmidt (13. November 1617). Mit­ teilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 26, Nürnberg 1926, S. 321-326' Hampe, Theodor: Die Nürnberger Malefizbücher als Quellen der reichsstädtischen Sittengeschichte vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. NeujahrsblAtter, hrsg. von der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, 17. Heft, Bamberg 1927

Hansen, Joseph: Zauberwahn, Inquisition und HexenprozeO im Mittelalter und die Entstehung der grollen Hexenverfolgung (= Historische Bibliothek, hrsg. von der Redaktion der Historischen Zeitschrift, Band 12), München und Leipzig 1900 (Neudruck 1964) Hansen, Joseph: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter, Bonn 1901 (Neudruck 1963) Haupt, Hermann: Die religiösen Sekten in Franken vor der Re­ formation, in: Festgabe zur 3. Säkularfeier der Julius Maximilians-Universität zu Würzburg, Würzburg 1882 Heckel, Gottlob: Hexenverfolgungen in Schwabach. Die Heimat, Beilage zum Schwabacher Tagblatt Nr. 6, 7, 8, Schwabach 1932

XV Hegel, Karl (Hrsg.): Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Band 10 und 11, Leipzig 1872/1874

Hentig, Hans von: Die Strafe, Band 1, Berlin, Göttingen, Heidel­ berg His, Rudolf: Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Band II, Weimar 1935 (Neudruck 1964)

Hofmann, Hans Hubert: Nürnberg-Fürth (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Heft 4), München 1954 Keller, Adalbert von (Hrsg.): Hans Sachs, Band V (- Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, Band 106), Tübin­ gen 1870

Knapp, Hermann: Das alte Nürnberger Kriminalverfahren bis zur Einführung der Carolina, Berlin 1891 Knapp, Hermann: Das alte Nürnberger Kriminalrecht, Berlin 1896

Knapp, Hermann: Das Lochgefängnis, Tortur und Richtung in AltNürnberg, Nürnberg 1907 Knapp, Hermann: Die Zenten des Hochstifts Würzburg, Teil II, Berlin 1907

Koch, Werner: Der possessorische Fraischprozeß und der Begriff Landeshoheit, jur. Diss. Erlangen 1950

Kohler, J/osef7-Scheel, Willy: Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V. Constitutio Criminalis Carolina (= Die Caro­ lina und ihre Vorgängerinnen, Band I), Halle a. S. 1900 Kramer, Karl Sigismund: Volksleben im Fürstentum Ansbach und seinen Nachbargebieten, Würzburg 1961

Kühn, Ulrich: Inschriften und Verzierungen auf Richtschwertern; ihre Deutung aus der Person des Scharfrichters, jur. Diss. Erlangen 1969

Leitschuh, Friedrich: Beiträge zur Geschichte des Hexenweeens in Franken, Bamberg 1883 Liermann, Hans: Nürnberg als Mittelpunkt des deutschen Rechts­ lebens. Jahrbuch für Fränkische Landeeforschung 2, Erlan­ gen 1936, S. 1-17

Lochner, Georg Wolfgang Karl: Geschichte der Reichsstadt Nürnberg zur Zeit Kaiser Karl IV. 1347-1378, Berlin 1873 Lory, Karl: Hexenprozesse im Gebiet des ehemaligen Markgrafen­ landes, in: Festgabe Karl Theodor von Heigel, München 1903, S. 290-304 Marzell, Heinrich: Der Widerton als Zauberpflanze. Zeitschrift für Volkskunde, Jahrgang 1931, Band III, Heft 2, Sonder­ druck, S. 163-171

XVI Merzbacher, Friedrich: Die Hexenprozesse in Franken ( = Schriften­ reihe zur bayerischen Landesgeschichte, Band 56), München 1957

Monumenta Germaniae Histórica, Legum Sectio I Tomus V (hrsg. von Karl Lehmann), Hannover 1888 Mummenhoff, Ernst: Die Eiserne Jungfrau, in: Gesammelte Aufsätze und Vorträge, Band I, Nürnberg 1931, S. 367-384 Mummenhoff, Ernst: Fröschturm und Eiserne Jungfrau. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft 13, Nürnberg 1899, S. 272-275 Müller, Arndt: Zensurpolitik der Reichsstadt Nürnberg zwischen 1400 und 1500. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Band 49, Nürnberg 1959, S. 66-169

Neidiger, Hans: Die Entstehung der evangelisch-reformierten Ge­ meinde in Nürnberg als rechtsgeschichtliches Problem. Mit­ teilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 48, Nürnberg 1952, S. 225-340 Oellrich, Ludwig: Der Strafprozeß in Nürnberg während der letzten drei Jahrhunderte der Selbständigkeit der freien Reichs­ stadt. jur. Diss. Erlangen 1948

Paulus, Nikolaus: Die Rolle der Frau in der Geschichte des Hexen­ wahns. Historisches Jahrbuch, Band 29, 1908, S. 72 ff. Plöchl, Willibald M. : Geschichte des Kirchenrechts, Band 2, WienMünchen 1955

Praetorius, Antonius: Von Zauberey und Zauberern, Gründlicher Bericht, Heidelberg 1613 Quanter, Rudolf: Die Folter in der deutschen Rechtspflege einst und jetzt, Dresden 1900 Reicke, Emil: Geschichte der Reichsstadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis zu ihrem Übergang an das Königreich Bayern (1806), Nürnberg 1896 Rieder, Otto: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichs­ pflege Weißenburg am Nordgau, Band 3, abgeschlossen 1916 (unveröffentlicht; vorhanden im Stadtarchiv Weißenburg) Riezler, Sigmund: Geschichte der Hexenprozesse in Bayern, Im Lichte der allgemeinen Entwicklung dargestellt, Stuttgart 1896 (Neudruck 1968)

Ruf, Franz: Acht und Ortsverweis im alten Land- und Stadtgericht Nürnberg. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 46, Nürnberg 1955, S. 1-139

XVII

Rusam, Georg: Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte, Ansbach 1940

Sander, Paul: Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs, DargeBtellt aufgrund ihres Zustandes von 1431-1440, Leipzig 1902

Schielein, Rudolf: Die Entwicklung der Gerichtsverfassung in der Reichsstadt Nürnberg, vor allem vom 15. bis 18. Jahrhundert, jur. Dies. Erlangen 1952 Schirmer, Christian Wilhelm: Geschichte Windsheims und seiner Nachbarorte, Nürnberg 1848 Schmidt, Eberhard: Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3. Auflage, Göttingen 1965 Schmidt, Franz: Maister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nürn­ berg all sein Richten, Nach der Handschrift herausgegeben und eingeleitet von Albrecht Keller, Leipzig 1913

Schnellbögl, Fritz: Heroldsberger Urkunden mit geschichtserzäh­ lendem Inhalt, in: Archive und Geschichtsforschung, Frido­ lin Solleder zum 80. Geburtstag dargebracht, Neustadt a. d. Aisch 1966, S. 175-186

Schnellbögl, Fritz: Nürnbergs Bollwerk Lichtenau. Altnürnberger Landschaft, 4. Jahrgang, Sonderheft, Hersbruck 1955 Schuhmann, Helmut: Der Scharfrichter, Seine Gestalt - seine Funktion, Kempten 1954

Schultheiß, Werner (Bearb. ): Die Acht-, Verbots- und Fehdebücher Nürnbergs von 1285-1400 (- Quellen und Forschungen zur Ge­ schichte der Stadt Nürnberg, Band 2, Lieferung 1/2), Nürn­ berg 1960 Schultheiß, Werner: Geschichte des Nürnberger Ortsrechtes, Histo­ rische Einleitung zur Ausgabe 1956 des "Nürnberger Orts­ rechtes", Nürnberg 1957

Schultheiß, Werner: Kleine Geschichte Nürnbergs, Nürnberg 1966 Schultze, Johannes: Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte. Blätter für deutsche Landesgeschichte, 98. Jahrgang, 1962

Seebass, Gottfried: Das reformatorische Werk des Andreas Oslander, Nürnberg 1967

Siebei, Friedrich Wilhelm: Die Hexenverfolgungin Köln, rechtsund staatswiss. Diss. Bonn 1959 Simon, Matthias: Nürnbergisches Pfarrerbuch, Die evangelisch­ lutherische Geistlichkeit der Reichsstadt Nürnberg und ihres Gebietes 1524-1806, Nürnberg 1965

XVIII

Soldan, Wilhelm Gottlieb-Heppe, Heinrich: Geschichte der Hexen­ prozesse, Band I und II. 3. Auflage (neu bearb. u. hrsg. von Max Bauer), München 1912 (Neudruck 1968/1969) Sporhan-Krempel, Lotte: Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 und 1700 ( = Nürnberger Forschungen, Band 10)

Sprenger, Jacob-Institoris, Heinrich: Der Hexenhammer, Ins Deutsche übertragen und eingeleitet von J. W. R. Schmidt, 2. Auflage, Berlin 1920 Sprung, Werner: Der Eberhardshof und der Muggenhof, zwei ehema­ lige Weiler vor den Toren der Reichsstadt. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 50, Nürn­ berg 1960, S. 53-84

Tischer, Fritz: Ein Hexenprozeß des Jahres 1536. Altnürnberger Landschaft, 3. Jahrgang, Heft 2, Hersbruck 1954, ä. 9-14 Wächter, Oskar: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland, Stuttgart 1882

Waetzoldt, Wilhelm: Dürer und seine Zeit, 3. Auflage, Wien 1936 Weng, Johann Friedrich: Die Hexenprozesse der ehemaligen Reichs­ stadt Nördlingen 1590-1594. Das Ries, wie es war und wie es ist, Heft 6 und 7, Nördlingen 1837/1838

Will, Georg Andreas: Nürnbergische Criminal Parallele. Historisch Dipomatisches Magazin für das Vaterland und angrenzende Gegenden, Band 2, 2. Stück, Nürnberg,1782 Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrtenlexikon, Band I-IV, Nürnberg und Altdorf 1755-1758

Wölfflin, Heinrich: Die Kunst Albrecht Dürers (bearb. von Kurt Gerstenberg), 6. Auflage, München 1943

Wulz, Gustav: Nördlinger Hexenprozesse. Rieser Heimatverein e. V. , 20. und 21. Jahrbuch, Nördlingen 1938/1939

Zenz, Emil: Dr. Dietrich Flade, ein Opfer des Hexenwahns. Kurtrierisches Jahrbuch, 2. Jahrgang, Trier 1962, S. 41-69 Zwetsloot, Hugo: Friedrich Spee und die Hexenprozesse, Die Stel­ lung und Bedeutung der Cautio Criminalis in der Geschichte der Hexenverfolgung, Trier 1954

XIX Abkürzungen

ahd.

althochdeutsch

Amb.

Signatur der Stadtbibliothek Nürnberg

AStB

Amts- und Standbuch

B-Akten

B-Laden, Akten

CCC

Constitutio Criminalis Carolina

Diff. -Akten

Differentialakten

D-Akten

D-Laden, Akten

E-Akten

E-Laden, Akten

ebd.

ebenda

fl.

Florin (Gulden)

HdA

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens

HGO

Halsgerichtsordnung

HRG

Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte

MVGN

Mitteilungen des Vereins fUr Geschichte der Stadt Nürnberg

Nbger. Hs.

Nürnberger Handschriftensammlung

Ratschlgb.

Ratschlagbuch

RB

Ratsbuch

Rep.

Repertorium

RV

Ratsverlaß (Verlässe des inneren Rats)

StadtA

Stadtarchiv Nürnberg

StadtB

Stadtbibliothek Nürnberg

StAN

Staatsarchiv Nürnberg

Über Zauberwahn und Hexenprozeß in der Reichsstadt Nürnberg ist

bisher nur wenig bekannt geworden. So berichtet Knapp, daß sich die Nürnberger Obrigkeit vom Hexenwahn der Zeit nicht fortreißen ließ.

Er weist mit wenigen Sätzen auf einige Fälle hin. wertet sie aber nicht aus. Danach soll es in Nürnberg nur zwei richtige Hexenprozesse ge­

geben haben. Wir hören nichts vom Prozeßverlauf, von der Art und Wei­

se der Tortur und von der Bestrafung der Hexen und Zauberer. Ebenso lesen wir ohne Quellenangabe bei Riezler, daß 1591 in Nürnberg 8 Hexen 2) hingerichtet wurden. Auch Will stellt für das gleiche Jahr Ähnliches 3) fest. Beide Angaben fanden sich in den Akten nicht bestätigt. Hampe

schreibt kurz über einige Zauberer und Schatzgräber, wobei sein Haupt­

augenmerk mehr der volkskundlichen Forschung als der rechtsgeschichtliehen Betrachtungsweise gilt. 4) Gleichen Zielen folgen die wenig aus­ führlichen Darlegungen von Bock.

Bis auf einige, zumeist unbedeutende

Randbemerkungen in anderen Veröffentlichungen

stellt dies die gesamte

einschlägige Literatur über das Nürnberger Zauber- und Hexenwesen dar.

1) Hermann Knapp, Das alte Nürnberger Kriminalrecht, Berlin 1896, S. 272 ff. 2) Sigmund Riezler, Geschichte der Hexenprozesse in Bayern, Im Lichte der allgemeinen Entwicklung dargestellt, Stuttgart 1896 (Neudruck 1968), S. 146 3) Georg Andreas Will, Nürnbergische Criminal Parallele, HistorischDiplomatisches Magazin für das Vaterland und angrenzende Gegenden 2, 2. Stück, Nürnberg 1782, S. 218 ff., hier S. 223 und S. 261 4) Theodor Hampe, Die Nürnberger Malefizbücher als Quellen der reichs­ städtischen Sittengeschichte vom 14. bis zum 16. Jahrhundert, Neujahrs­ blätter, hrsg. von der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, 17. Heft, Bamberg 1927, S. 55 ff. 5) Friedrich Bock, Zur Volkskunde der Reichsstadt Nürnberg, Lesefrüchte und Untersuchungen, Würzburg 1959, S. 51 ff. 6) Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg von dem ersten ur­ kundlichen Nachweis ihres Bestehens bis zu ihrem Übergang an das König­ reich Bayern (1806), Nürnberg 1896, S. 634 f. ; Franz Ruf, Acht und Orts­ verweis im alten Land- und Stadtgericht Nürnberg. MVGN 46, Nürnberg 1955, S. 1-139, hier S. 101 und S. 102

2

Vielfach unter Berufung auf Knapp hat sich daher im Lauf der Jahre die allgemeine Meinung herausgebildet, daß sich der Hexenwahn in Nürnberg 7) nicht ausgebreitet hatte.

Die vielen Unklarheiten und wiedersprüchlichen Auffassungen resultieren aus der schwierigen archivalischen Lage. In Nürnbergs Archiven, dem Stadtarchiv und dem Staatsarchiv, finden sich keine gesammelten Zauber-

und Hexenprozeßakten wie an anderen Orten, die lediglich auszuwerten sind. Nur durch umfangreiche Sucharbeit konnten die Nachweise für Zauber­ wahn und Hexenprozesse erbracht werden. Die vorliegende Arbeit will da­

her versuchen, diese Forschungslücke in der Rechtsgeschichte Nürnbergs

auszufüllen. Ihre Aufgabe soll es sein, zu schildern, in welcher Form

Zauberwahn und Hexenprozeß im Laufe der Jahrhunderte auftraten und wie sie bewältigt wurden. Zum besseren Verständnis wird eine Einführung in Entstehung und Entwicklung des Hexenwahns vorangestellt. Ferner soll ein

Überblick über die Prozesse in der Umgebung die besondere Haltung Nürn­ bergs hervorheben.

Ein kurzer Bericht über das vornehmlich durchgesehene Quellenmaterial

erscheint notwendig. Vorher muß jedoch angemerkt werden, daß es bei dieser Arbeit erforderlich war, alle Akten und Archivalien einer näheren

Prüfung zu unterziehen, die auch nur in irgendeinem Zusammenhang mit

den Prozessen gegen Zauberer und Hexen stehen konnten. Hinzu kam noch,

daß das Lesen der in Konzeptschrift verfaßten Quellen des 15. und des be­ ginnenden 16. Jahrhunderts große Schwierigkeiten bereitete. Bis auf weni­

ge Ausnahmen liegt dieser Darstellung nur unveröffentlichtes Archivma-

7) Werner Schultheiß (Bearb.), Die Acht-, Verbots- und Fehdebücher Nürnbergs von 1285-1400 (- Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Nürnberg 2, Lfg. 1/2), Nürnberg 1960, S. 94; Hans Liermann, Nürnberg als Mittelpunkt des deutschen Rechtslebens. Jahrbuch für Fränkische Landesforschung 2, Erlangen 1936, S. 1-17, hier S. 12; ähnlich Friedrich Merzbacher, Die Hexenprozesse in Franken (= Schrif­ tenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Band 56), München 1957, S. 46

3

terlal zugrunde. Bei der wortlautgetreuen Wiedergabe von Quellen wurQi den die Richtlinien von Schultze ' beachtet. Im Staatsarchiv werden die für Nürnbergs Geschichte bedeutsamen Rata-

verlässe aufbewahrt. Hierbei handelt es sich um knapp gehaltene Auf­ zeichnungen des inneren Rats in Beechlußform. Die folgenden Ausführun­

gen werden sich vielfach darauf stützen. Das systematische Durchsehen dieser Akten ermöglichte einen tiefen Einblick in das Zauber- und Hexen­ wesen der Stadt. In über 4000 Schmalfoliobänden sind die Ratsverlässe fortlaufend von 1474 bis 1808 überliefert. Bruchstücke sind von 1449 und

1471 erhalten. Die 1408 beginnenden Ratsbücher weisen eine Auswahl von Beschlüssen auf, die der Rat im Verhältnis zu den Ratsverlässen oft ab­

weichend und meist ausführlicher gestalten ließ. Eine Sammlung von Gut­ achten eigener Art findet sich in den 106 Ratschlagbüchern. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bildete sich im Rat der Brauch heraus, in schwieri­

gen Rechtsfragen die städtischen Juristen zu hören. Später wurden auch

die Theologen herangezogen, wenn religiöse Angelegenheiten eine Ent­

scheidung verlangten. Zwei Ratsherrn trugen den Gelehrten die Fragen des Rats vor. Die Antworten hielt ein Schreiber fest. Die hohe Wahrschein­

lichkeit, daß der Rat seine Konsulenten mit Stellungnahmen zum Hexenwahn beauftragt hatte, ließ ein Erforschen dieser so entstandenen Ratschläge not­ wendig werden. Ferner mußten die für das 15. , 16. und 17. Jahrhundert in

großer Zahl vorhandenen Hader-, Stadtverbots-, Urfehd-, Acht- und Male­ fizurteilsbücher systematisch nach einschlägigen Vorkommnissen überprüft werden. Sie sind im Staatsarchiv unter der Bezeichnung "Amts- und Stand­

bücher" eingeordnet. In vielen Fällen erforderten die Quellen eine ergänzen­ de Untersuchung. Dazu wurden mit wechselndem Erfolg die Bestände der A-,

B-, C-, D- und E-Akten und der Gemeinakten herangezogen. Die Stadtrech­ nungen gaben zu diesem Themenkreis nur wenig her. Die in den Straf-

8) Johannes Schultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Heraus­ gabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte. Blätter für deutsche Landesgeschichte, 98. Jg. , 1962

4

Prozessen entstandenen Kosten wurden lediglich pauschal und ohne Namens­

nennung abgerechnet, so daß von einer Auswertung abgesehen werden mußte. Nur in beschränktem Umfang konnte auf die unüberschaubare Zahl von Chroniken eingegangen werden, zumal die amtlichen Quellen genügend Un­

terlagen boten. Auch weisen die bekannten Annalen von Müllner nur wenige Aufzeichnungen zur Zauberei und Hexerei auf. Zur Kontrolle und Abrundung der gewonnenen Ergebnisse wurden die im

Stadtarchiv liegenden Urteils- und Malefizbücher verwendet. Dort konnten

mehrere Akten im Bestand "Kirchenamt" entdeckt werden. Besonders ein von den Juristen und Theologen der Reichsstadt gefertigtes Gutachten über

das Hexenwesen aus dem Jahre 1590 - Kirchenamt Nr. 107 - zeigte sich

für diese Arbeit von großer Bedeutung. Zu berücksichtigen waren noch zwei Chroniken der Stadtbibliothek, die ebenfalls einige Fundstellen enthielten. Die wider Erwarten so reichhaltig vorgefundenen Quellen erlauben eine

Darstellung von Erscheinungsform, strafrechtlicher Behandlung und Ein­

stellung zu Zauberwahn und Hexenprozefl in der'Reichsstadt Nürnberg.

5

Erster

Teil

Die Entstehung und Entwicklung des Hexenwahns I. Hexen- und Zauberglaube

Die Grundlage des Zauber- und Hexenwahns ist in der allen heidnischen Religionen eigenen Furcht vor bösen Dämonen, die mit übernatürlichen Kräften ausgestattet sind, zu suchen. 9)' Für den Menschen besteht die Möglichkeit, sich dieser Dämonen durch Anrufung zu bedienen. Da sich mit Hilfe eines solchen Dämons naturgemäß nur ein schlechter Zweck

erreichen läßt, war seine Inanspruchnahme verboten. Wer aber dennoch

versuchte, mit einem derartigen Wesen in Verbindung zu treten, konnte dem Verdacht nicht entgehen, daß er seinen Mitmenschen schaden wolle. Schicksalschläge, Krankheiten, überraschende Todesfälle und Naturka­ tastrophen, die sich die Menschen früherer Zeiten nicht erklären konnten, bestärkten sie in ihrem Dämonenglauben.

Der Begriff "Hexe"^ wurde im Lauf der Jahrhunderte sowohl südlich als auch nördlich der Alpen zu einem Sammelbegriff für das Wesen des Zauber- und Dämonenglaubens. Vielfach wird für den Ausdruck Hexe die Bezeichnung Zauberin, Unhold oder Trud gebraucht. 12)

1. Der Hexenbegriff Die Hexenvorstellung beruht auf der Berührung von römischem und ger-

9) Joseph Hansen, Zauberwahn, Inquisition und HexenprozeO im Mittelalter, München und Leipzig 1900 (Neudruck 1964), S. 1 ff. 10) Zur Herkunft des Wortes "Hexe" (ahd. hagazussa) vgl. Johannes Franck, Geschichte des Wortes Hexe, in: Joseph Hansen, Quellen und Unter­ suchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter, Bonn 1901 (Neudruck 1963) S. 614-670 11) Hanns Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HdA), Bd. III, Berlin und Leipzig 1930/31, S. 1827 12) Riezler, Hexenprozesse, S. 16

(j manischem Volksglauben. Die Strigen der Römer und die germanischen Unholden haben viele gemeinsame Merkmale. Mit der Zeit entfernen sich

diese beiden Anschauungen jedoch voneinander, wodurch eine getrennte

Entwicklung ermöglicht wird. Die in Italien beheimatete Hexe trat zunächst nur als Wahrsagerin auf. 13)

Später griff sie in die Liebesangelegenheiten zwischen Mann und Weib ein und war für Abtreibungshandlungen verantwortlich. 14) Von Ausfahrten,

Incubus und Succubus war bei der italienischen Hexe, der "Strega", nichts 15) bekannt, jedoch wurden ihr auch boshafte Zauberhandlungen zugetraut, namentlich das Hinsiechen von kleinen Kindern.

1 61

Ganz anders verhält es sich mit dem nordischen Hexenbegriff. Bereits in

heidnischer Zeit wurde Schadenszauber bestraft. Darunter verstand man insbesondere das Herbeiführen von Krankheit und Tod, Impotenz beim Mann

und weibliche Unfruchtbarkeit, Tötung oder Schädigung von Vieh, Wetterund Hagelmachen, Liebeszauber und Giftbeibringung. 17) Fortentwickelt von mittelalterlicher Theologie und Scholastik, bildete dieser Begriff in seiner Endstufe die Grundlage der Hexenverfolgungen..18) Die Kernpunkte der neuen Anschauung sind Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Maleficium, Flug durch die Luft, Hexensabbat und Tierverwandlung. 19)

Die Möglichkeit einer Verbindung zwischen Mensch und Teufel wurde von 20) der Kirche des frühen Mittelalters von jeher anerkannt. Vor allem

13) Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien (= Kröners Taschenausgabe, Band 53), 9. Auflage, Stuttgart 1966, S. 499 14) Burckhardt, a.a.O. S. 504; Merzbacher, Die Hexenprozesse in Franken, S. 3 15) Burckhardt, a.a.O. S. 503 16) Burckhardt, a.a.O. S. 499 17) Rudolf His, Das Strafrecht des deutschen Mittelalters II, Weimar 1935, S. 23 f. ; vgl. auch Heinrich Brunner-Claudius Frhr. von Schwerin, Deutsche Rechtsgeschichte, Band 2, 2. Auflage, München und Leipzig 1928 (Neudruck 1958) S. 873 18) Bächtold-Stäubli, HdA III, S. 1827; Merzbacher, a.a.O. S. 4 19) Bächtold-Stäubli. ebd. S. 1828 ff. 20) Hansen, Zauberwahn, S. 30 f.

7 Thomas von Aquin (1225-1274) belegte später In wissenschaftlicher Welse

die Lehre vom Pakt des Menschen mit dem Teufel. Dieser Pakt bezweckte

ein ewiges Lcssagen des Menschen von Gott. Auf Seiten des Teufels 21) stiftet er dann unter dessen Anleitung Unheil und erhält somit die Fähigkeit zu übernatürlichem Tun verliehen.

Teufelsbuhlschaft wird die geschlechtliche Vermischung von Mensch und

Dämon genannt. Wenn ein Dämon mit Frauen geschlechtlich verkehren 22) will, so tritt er als Incubus auf, bei Männern dagegen als Succubus. Auch diese Theorie trägt die Handschrift des großen Gelehrten Thomas von Aquin, wobei er sich in seinem Werk "Summa Theologiae" auf die 23)

Auffassungen des Kirchenvaters Augustin beruft.

Diese von der scholastischen Wissenschaft geformten Grundsätze wurden

bei der erst später einsetzenden Periode der Zauber- und Hexenprozesse 24) in den Mittelpunkt der Anklage gestellt. Die Kirche bekämpfte diese als religiöse Vergehen eingestuften Delikte bis zum 13. Jahrhundert nur 25) mit geistlichen Strafen. Hervorgehoben werden muß, daß die weltliche Gerichtsbarkeit vorerst zurückhaltend die Zauberei verfolgte. Sie verlang­

te für ein Eingreifen den Nachweis eines tatsächlich entstandenen Schadens.

21) Hugo Zwetsloot, Friedrich Spee und die Hexenprozesse. Die Stellung und Bedeutung der Cautio Criminalis in der Geschichte der Hexenver­ folgung. Trier 1954, S. 44 f. 22) Bächtold-Stäubli, HdA III, S. 1843 f. ; vgl. Emil Zenz, Dr. Dietrich Flade, ein Opfer des Hexenwahns. Kurtrierisches Jahrbuch 2, Trier 1962, S. 41-69, insbes. S. 59 ff. : Flade, der selbst Jurist und Straf­ richter war, hatte sich der Hexerei zu verantworten. Aus den Verhör­ protokollen ergibt sich ein anschauliches Bild über den wohl selteneren Geschlechtsverkehr mit dem Teufel, der in Gestalt einer Jungfrau, als Succubus, erschien. 23) Riezler, Hexenprozesse, S. 42; Hansen, Zauberwahn, S. 183 ff. 24) Riezler, ebd. S. 41 25) Merzbacher, a.a.O. S. 9; Zwetsloot, a. a. O. , S. 46; Hansen, ebd. S. 31 26) His, Strafrecht II, S. 24

26)

a

2. Die Ketzerprozesse und ihre Ausweitung auf Zauberei Ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Zaubereiprozesse ist zu ver­ zeichnen, als die Kirche - anfangs durch eigene, später durch weltliche 27) Gerichte - die Ketzer verfolgen ließ. Zu den Delikten, die den Ketzer­

sekten vorgeworfen wurden, gehörte alsbald auch die Zauberei in ihrem 28) Nach Meinung der Kirche waren die

vielfältigem Erscheinungsbild.

Ketzer dem Teufelsdienst ergeben und verleugneten somit die Autorität Gottes. Dieses Verbrechen konnte nur mit der schärfsten Strafe, dem

Feuertod, gesühnt werden. Da aber auch die Zauberer mit dem Teufel

in Verbindung standen und sogar geschlechtlich mit ihm verkehren soll­ ten, ist es begreiflich, daß die Kirche Ketzer und Zauberer in Beziehung 29) Zudem wurden noch die abenteuerli­

brachte und gemeinsam verfolgte.

chen Vorstellungen vom Ketzersabbat und von dem durch Dämonen bewirk30) ten Flug dorthin auf die Zauberer übertragen. Letztlich sah man in ihnen allen eine ketzerische Sekte, die es auszulöschen galt, 31)'

In Nürnberg traten die Sekten der Katharer und Waldenser in Erscheinung. Mehrmals kam es zu Ausschreitungen. 1340 sind einige Katharer verbrannt 32) worden. In den Jahren von 1378 bis 1400 ging man gegen die Anhänger 33) der Waldensersekte vor. Die Ketzergerichte bedienten sich nicht mehr des früheren Akkusations­

prozesses, sondern übernahmen das inquisitorische Verfahren, da gerade das Aufspüren und Erkennen von großer Bedeutung waren. Einen wesentli-

27) 28) 29) 30) 31) 32) 33)

Merzbacher, a. a. O. S. 13 Hansen, Zauberwahn, S. 212 Hansen, ebd. S. 215, 216; His, Strafrecht II, S. 24 f. Hansen, ebd. S. 238, 239 und 534 Hansen, ebd. S. 7 Knapp, Kriminalrecht, S. 265 Knapp, ebd. S. 266; vgl. auch StAN , Müllners Annalen I, fol. 571b-572b; siehe G. W. K. Lochner, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg zur Zeit Kaiser Karl IV. 1347-1378, Berlin 1873 S. 1 f. ; Hermann Haupt, Die re­ ligiösen Sekten in Franken vor der Reformation, in: Festgabe zur 3. Säkularfeier der Julius Maximilian-Universität zu Würzburg, Würzburg 1882, S. 18 ff.

9

chen Bestandteil der Prozeßdurchführung bildete die Einschränkung der Rechte des Angeklagten auf ordnungsgemäßen Verfahrens ablauf. 34) Da­ durch ließ sich insbesondere die Folter in ausgedehnter Form und ohne

Bedenken anwenden. Ebenso war jeder Zeugenbewels zugelassen. Ganz entscheidend jedoch war diese Veränderung des Strafprozesses für die

Hexenverfolgung, da sich schon damit die verhängnisvolle Wirkung aufzeigte, die in dem Begriff "crimen exceptum" ihren Ausdruck fand. 35)' Der hemmungslosen Anwendung der Folter muß auch zum großen Teil

zugeschrieben werden, daß die Geständnisse der herrschenden Lehre entsprechend ausfielen.

Die Ketzerverfolgung nimmt also schon Verfahrensmerkmale vorweg, die in den späteren Hexenprozessen in ausgeprägter Form erscheinen

und damit, zum summarischen Verfahren führten.

II.

Die Grundlagen der Hexenverfolgung

Mit dem Beginn des 15. Jahrhunderts waren Zauberwahn und Grund­ lagen für die strafrechtliche Verfolgung von Hexen und Zauberern voll36) ständig ausgebildet. Zugleich richtete sich nun der Wahn grundsätz­ lich gegen das weibliche Geschlecht als Folge der asketischen Ver37) achtung der Frau in der Scholastik. Eine Änderung trat in den folgen­

den zwei Jahrhunderten nicht mehr ein.

1. Hexenbulle und Hexenhammer

Eine systemgerechte Verfolgung, die sich allein auf das Zauber- und

34) Hansen, Zauberwahn, S. 213; vgl. auch Willibald M. Plöchl, Ge­ schichte des Kirchenrechts, Band 2, Wien-München 1955, S. 318 35) Zwetsloot, a. a.O. S. 47 36) Riezler, Hexenprozesse, S. 46 37) Hansen, Zauberwahn, S. 35, 479 f. ; vgl. auch Hansen, Quellen, S. 416 ff. ; Nikolaus Paulus, Die Rolle der Frau in der Geschichte des Hexenwahns. Historisches Jahrbuch 29, 1908, S. 72 ff.

10 Hexenwe6en konzentrierte, wird mit der bekannten Bulle "Summis

desiderantes affectibus" des Papstes Innozenz VIII. (1484-1492) vom 38) 5. Dezember 1484 eingeleitet. Der Anlaß für die Hexenbulle ist

in der Ketzerinquisition zu suchen. Die in Deutschland tätigen Inquisi­ toren Heinrich Institoris und Jakob Sprenger - beides Dominikaner -

sahen sich in ihrem Wirken ständig durch Unglauben, Widerspruch und

sogar Widerstand gehemmt. Daher benötigten sie die Unterstützung des Papstes.

' Dieser erklärte darauf, daß gegen die Zauberer beiderlei

Geschlechts, die mit Dämonen fleischlich verkehrten, Maleficien jeder Art an Leib und Leben, am Besitz, an Haustieren, an Saaten und Früch­ ten ihrer Mitmenschen verübten und ihren christlichen Glauben verleug40) neten, in allen Fällen mit allen Mitteln vorgegangen werden soll. Nicht

erwähnt wurde die Gewohnheit dieser Leute, sich in Tiere zu verwandeln, sich mit teuflischer Hilfe in die Lüfte zu erheben und so zum Sabbat zu eilen, dem Treffpunkt geschlechtlicher Ausschweifungen mit dem Teufel.

Denn die Kirche sah diese Tatbestände lediglich als Folgeerscheinung der

in der Bulle genannten Hauptmerkmale an. 41) Mit dieser ausdrücklichen päpstlichen Billigung des Hexenwahns hatten die Inquisitoren in Ausübung

ihres Amtes keinen Widerspruch mehr zu fürchten. Die endgültige systematische Darlegung des neuen Hexenwahns fand ihren

Abschluß im Jahre 1487 durch den Hexenhammer (Malleus maleficarum). Verfasser waren die beiden Ketzerrichter Istitoris und Sprenger. Sie

übernahmen die geltenden Erkenntnisse über Zauberei und Hexerei voll­ ständig in ihr Werk. In den Mittelpunkt jedoch wird das Maleficium, der

Schadenszauber, gestellt. Dadurch unterfielen diese Zaubereidelikte der

38) fakob Sprenger-Heinrich Institoris, der Hexenhammer. Ins Deutsche übertragen und eingeleitet von J. W. R. Schmidt, 2. Auflage, Berlin 1920, S. XXXII-XXXVI (Abdruck der Bulle) 39) Hansen, Zauberwahn, S. 467, 438 f. ; Merzbacher a. a. O. , S. 19 40) Riezler, Hexenprozesse, S. 84 41) Hansen, Zauberwahn, S. 468 f.

11

Zuständigkeit der weltlichen Gerichtsbarkeit, die vorerst bekanntlich nur 42) dann eingriff, wenn ein Schaden entstanden war. Von diesem Zeitpunkt

an zählte die Zauberei als "delictum mixti fori", das von kirchlicher und weltlicher Strafgerichtsbarkeit abgeurteilt werden konnte. 43) Seit dem An­

fang des 16. Jahrhunderts beendete die Inquisition in Deutschland ihre Tätigkeit und überließ die Hexenverfolgung allein den weltlichen Ge richten. Der Hexenhammer besteht aus drei Teilen. Der erste Teil berichtet über

die Hexerei im allgemeinen und versucht ihre Realität darzutun. Ferner

erläutert er die Wirkungen, die der Teufel vermittels der Hexen und Zauberer zustande bringt. Im zweiten Teil wird behandelt, wie man sich gegen Zauberer schützen und wie man sie bekämpfen kann. 45)' Der dritte

Teil des Hexenhammers enthält die Vorschriften über Prozeßführung und Bestrafung. Diese Anweisungen richten sich an die kirchliche und weltliche Gerichtsbarkeit.

Unter Verwerfung des Akkusationsprozesses wird das

Inquisitionsverfahren, genau wie es gegen die Ketzer zur Anwendung kam, durch Einschreiten von Amts wegen oder durch Denunziation von geheimen Zeugen empfohlen. 47) Erschwerung der Verteidigung, uneingeschränkte Folterungen und Beseitigung jeglicher Rechte des Angeklagten bildeten die

Besonderheiten. Das ganze Verfahren war auf ein Geständnis der Hexe

auegerichtet. Ein solches konnte mit der Folter beliebig erpreßt werden. Damit hatte sich die Zauberei zum "crimen exceptum" entwickelt, das ein Entrinnen für einen Angeklagten nahezu unmöglich machte.

Der Nürnberger Rat zeigte schon früh ein starkes Interesse am Hexenham­

mer. Im Jahre 1491 forderte er bei Heinrich Institoris ein Exemplar an. Dieses erhielt er umgehend in deutscher und lateinischer Ausfertigung,

Hansen, ebd. S. 493 ff. Riezler, Hexenprozesse, S. 107; vgl. auch Hansen, rebd. S. 494 . Hansen, ebd. S. 524 und Plöchl, Kirchenrecht, Band 2, S. 318 Bächtold-Stäubli, HdA III, S. 1839; vgl. Sprenger-Institoris, Hexen­ hammer I und II 46) Hansen, Zauberwahn, S. 496 47) Hans Fehr, Deutsche Rechtsgeschichte, 5. Auflage, Berlin 1952, S. 214

42) 43) 44) 45)

44)

12 versehen mit einem Begleitschreiben des Institoris. 4849 ’ 50

Der Hexenhammer fand im übrigen eine für die damalige Zeit beachtens­ werte Verbreitung. Soeben war die Kunst des Buchdrucks erfunden worden, wodurch der "Malleus" als Druckwerk überall bekannt wurde. Seine unheil­

volle Wirkung erhöhte sich noch dadurch, daß am Anfang dieses Buches die 49) und ein Gutachten, die Approbation der theologi­

päpstliche Hexenbulle

schen Fakultät der Kölner Universität, abgedruckt war.

Hinsichtlich der Verbreitung des Hexenhammers ist zu erwähnen, daß Nürn­ berg ebenfalls seinen Teil dazu beitrug. Bereits 1494 erschien dort eine Auf­ lage des Hexenhammers bei dem bekannten Buchdrucker Anton Koberger. 5152 ’

Im Jahr 1496 wird eine weitere Auflage und ein Werk von Heinrich Institoris 52)

über Abendmahlsketzereien in Nürnberg gedruckt.

Weder Humanismus noch Reformation sahen sich in der Lage, dem in den Menschen aller Schichten tief verwurzelten Glauben an Zauber- und Hexen­ wahn zu begegnen. Die Epoche der großen Verfolgungen des 16. und 17. Jahr­

hunderts konnte beginnen.

48) Abschrift des Hexenhammers und Begleitschreiben finden sich im Staats­ archiv Nürnberg, D-Akten Nr. 251. Beschreibung: Papierlibell 55 fol. (fol. 2a-3a deutsches Register; fol. 3b-17b deutsche Fassung; fol. 19a22a lateinisches Register; fol. 23a-53a lateinische Fassung), Pergament­ einband, darauf: "Ratschlag Unhulden" (17. Jh.) und ältere Archivsignatu­ ren. Beglaubigt durch Pergamenturkunde des Heinrich Kramer (Institoris) O. P. für Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Nürnberg von 1491 Oktober 2, ausgestellt in Augsburg, besiegelt (Siegel fehlt); vgl. dazu Abb. 1 49) Riezler, Hexenprozesse, S. 107 50) Zu dem Streitstand, ob die Approbation eine von Sprenger und Institoris veranlaßte Fälschung ist, vgl. Merzbacher, a. a. O. Anm. 129; SprengerInstitoris, Hexenhammer, S. XV f. ; Fehr, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 214 51) Friedrich Leitschuh, Beiträge zur Geschichte des Hexenwesens in Franken, Bamberg 1883, S. 11 52) Leitschuh, ebd.

13 2. Die weltlichen Strafbestimmungen

Die frühen germanischen Rechtsbücher belegen die Zauberei nur dann mit 53) So haben wir

Strafe, wenn sie schädliche Auswirkungen nach sich zieht.

in der Lex Salica die erste Androhung der Feuerstrafe für Zauberer vor uns. Auch der Pactus Alamannorum sieht neben der Strafe durch Ertränken den Tod durch Verbrennen vor. 54)

Die von der Kirche geforderte einheitliche Behandlung von Zauberei und Ketzerei findet Ihren Niederschlag in den späteren Gesetzeswerken. Im

Reichslandfrieden König Heinrichs VII. von 1224, der Treuga Heinrici, werden Zauberei und Ketzerei reichtsgesetzlich mit einer vom Richter zu

bestimmenden Strafe geahndet. In der Regel bedeutete diese den Tod durch den Scheiterhaufen. 55) Sachsenspiegel (1225) und Schwabenspiegel (1275) 56) verfolgen die Zauberei als Ketzerei. Die Strafe war demnach der Feuer­

tod. Im Schwabenspiegel finden wir bereits das Teufelsbündnis als Grund­

lage der Zauberei, wobei es aber bei der Bestrafung nicht auf die Schädlichkeit, Bondern auf die Zauberhandlung als solche ankommt. 57) Die gesetzliche Festlegung der weltlichen Strafbestimmungen auf das bis­ her noch nicht überall eingeführte Inquisitionsverfahren traf mit der Aus­ breitung der Hexenverfolgungen zusammen.

Vorläufer einer reichsgesetzlichen Regelung des Strafprozesses und damit der Behandlung des Zaubereiverbrechens war die 1507 veröffentlichte Hals-

53) Hansen, Zauberwahn, S. 54 54) Vgl. Monuments Germaniae Histories, Legum Sectio I Tomus V (hrsg. von Karl Lehmann), Hannover 1888, S. 23 Tit. 33: "Si quis alterius ingenuam de crlmlna seu stria aut herbaria sisit et earn priserit et ipsam in clinata miserlt. " Unter "cllnata" ist die schräge Hürde zu verstehen, die als Scheiterhaufen diente; ebenso Hansen, Zauberwahn, S. 56 und Brunner-Schwerin, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 874, vgl. auch die neuere Bearbeitung von Karl August Eckhardt, Leges Alamannorum, Band 1, Göttingen 1958, S. 110 Tit. 14 55) Hansen, Zaiberwahn, S. 366 und S. 367 56) Hie, Strafrecht II, S. 25; Hansen, Zauberwahn, S. 367 ff. 57) His, ebd.

14

gerichtsordnung (Constitutio Criminalis Bambergensis) des Bamberglschen Hofrichters, des Freiherrn Johann von Schwarzenberg und Hohenlands58) Ihr Geltungsbereich war auf das Gebiet des Bistums Bamberg

berg.

beschränkt. Die Zauberei wurde entsprechend dem Zeitgeist mit dem Feuer

gesühnt, jedoch konnte die Zauberei, die keinem Menschen schadete, nach 59) freiem richterlichen Ermessen abgeurteilt werden. Aus der Bambergensis ist unmittelbar die Peinliche Gerichtsordnung (Constitutio Criminalis Carolina, CCC) Kaiser Karl V. von 1532 hervorgegan­ gen. Die Carolina war die erste für das ganze Reich geltende Kodifikation, die Strafrecht und Strafprozeßrecht umfaßte.

Nach diesen Bestimmungen

war der Inquisitionsprozeß maßgebend. Seine wesentlichen Grundsätze waren die Wahrheitserforschung von Amts wegen, die Schriftlichkeit der protokol­

larischen Vernehmungsakten als alleinige Grundlage der Urteilsfindung ("quod non est in actis, non est in mundo"), Verurteilung nur aufgrund eines

Geständnisses und Erzwingung des Geständnisses durch Folterung. Danach wurden die Hexenprozesse in der Regel durchgeführt.

Die Strafbestimmung

der Carolina über Zauberei ist identisch mit der der Bamberger Halsgerichts­ ordnung. Die Todesstrafe für Zauberei, insbesondere ihre Vollziehung durch den

Scheiterhaufen, konnten wir in Deutschland bis in die germanischen Volks­ rechte zurückverfolgen. In der Carolina fand sie durch die reichseinheitli­

che Geltung lediglich allgemeine Anerkennung und abschließenden Höhe_ 62) punkt.

III.

Gegner des Hexenwahns

Nachdem die Reformation in theologischer Hinsicht große Umwälzungen

gebracht hatte, wäre zu vermuten, der Protestantismus sei gegen den

58) Eberhard Schmidt, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechts­ pflege, 3. Auflage, Güttingen 1965, S. 109 59) Merzbacher, a. a. O. , S. 23 60) Eb. Schmidt, Einführung, S. 109 61) Eb. Schmidt, Einführung, S. 127 f. und S. 210 f. 62) Eb. Schmidt, ebd. S. 209

15

Hexenwahn als katholisches Element eingeschritten. Gerade aber auf diesem dogmatischen Gebiet sind sich die beiden christlichen Konfessionen unheil-

voll einig gewesen.

Martin Luther (1483-1546), wenige Jahre vor dem

Erscheinen des Hexenhammers geboren, war ein Kind seiner Zeit und im Glauben an den Wahn von Zauberei und Hexerei aufgewachsen. Er hielt die Existenz von Dämonen und das Maleficium für eine Realität.

Die

Reformation übernahm an vielen Orten den Hexenwahn in seinen wesentli­

chen Zügen. In katholischen und evangelischen Territorien unterschieden sich daher die Verfolgungen meist nicht.

Aus der Reformation selbst entstand dem Wahn kein Gegner, gleichwohl

aber bildete bei den Bekämpfern dieser Zeitseuche die konfessionelle

Bindung keine Schranken. Nur die wichtigsten Namen können im Rahmen dieser Arbeit kurz gestreift werden. Johannes Wierus (1515-1588), Leibarzt des Herzog Wilhelm von JülichCleve-Berg, wagte mit seinem Buch "De praestigiis daemonorum" (Vom

Blendwerk der Dämonen) Hexenhammer und Hexenprozeß öffentlich ent­ gegenzutreten. Er führte aus, daß es sich bei der Hexerei stets um EinCe\

bildung handelte.

Auch die katholische Kirche kann mit den Jesuiten

Adam Tanner, Paul Laymann und Friedrich von Spee Zweifler und Gegner des Hexenwahns aufweisen. Der bedeutendste unter ihnen war jedoch

Friedrich von Spee (1591-1635), der in seiner berühmten "Cautio Crimina-

lis” (1631) dem Massenwahn der Hexenprozesse widersprach.

Als

"Hexenbeichtvater" in Bamberg und Würzburg tätig, nahm er an sehr vielen 67) Verbrennungen von Zauberern und Hexen teil. Er kritisierte daher vor

allem die unmenschliche Prozeßführung und ließ dies den Verantwortlichen

in seinem gesamten Werk mutig spüren.

63) 64) 65) 66) 67)

Riezler, Hexenprozesse, S. 127; Hansen, Zauberwahn, S. 536 f. Riezler, ebd. S. 128 Merzbacher, a.a.O. S. 26 Vgl. insbesondere Zwetsloot, Friedrich Spee und die Hexenprozesse Merzbacher, a.a.O. S. 28

16 Unter den Juristen trat Christian Thomasius (1655-1728) mit seiner Streitschrift "De crimen magiae" 1701 an die Öffentlichkeit. Auf ra­ tionalen Überlegungen beruhend, wies er nach, daß es Teufelspakte 68) niemals geben könne. Thomasius zog auch mit Leidenschaft gegen

den Inquisitionsprozeß zu Felde, der das Hexenwesen unschädlich machen 69) wollte. Das war sein großes Verdienst.

68) Eb. Schmidt. Einführung, S. 213 69) Eb. Schmidt, ebd. S. 214

17

Zweiter

Teil

Hexenwahn und Hexenverfolgung in der Umgebung Nürnbergs Bevor das Zauber- und Hexenwesen einschließlich seiner strafrechtli­ chen Behandlung in Nürnberg geschildert wird, ist es unumgänglich not­

wendig, eine gedrängte Darstellung der umliegenden geistlichen und welt­

lichen Fürstentümer und der Reichsstädte in ihrer Haltung zu Hexenwahn und Hexenprozeß zu geben. Erst aus dem Vergleich mit seiner Umgebung

läßt sich Nürnbergs besondere Stellung erkennen.

I. Die Bistümer

1. Würzburg Im Jahre 1590 ist für das Würzburger Territorium der erste Hexenprozeß 70) mit Sicherheit verbürgt. In der Regierungszeit des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617) lassen sich allein für das Jahr 1617

300 Fälle von Hexerei und Zauberei nachweisen, die mit dem Feuertod geahndet wurden. 71) Zu einer regelrechten Massenverfolgung schritt Fürst­ bischof Philipp Adolf von Ehrenberg (1623-1631). Im Gebiet des Bistums 72) forderte diese Verfolgung 900 Opfer. Diese schauerliche Periode fand durch ein Verbot des Reichskammergerichts ihr Ende. Obwohl Johann Phi­ lipp von Schönborn (1642-1673) in seiner Amtszeit die Hexenprozesse be­

seitigt hatte, kam es 1749 noch einmal, allerdings zum letzten Mal, zu 73)

einer Hexenverbrennung.

70) Hermann Knapp, Die Zenten des Hochstifts Würzburg, Teil H, Berlin 1907, S. 563; Merzbacher, a. a. O. S. 31 71) Knapp, Zenten II, S, 564; Merzbacher, ebd. 72) Merzbacher, a. a.O. S. 33; Wilhelm Gottlieb Soldan-Heinrich Heppe, Geschichte der Hexenprozesse, Bd. II, 3. Auflage (neu bearb. u. hreg. von Max Bauer), München 1912 (Neudruck 1969), S. 17-20 enthält eine überlieferte Aufzeichnung der Hingerichteten; vgl. Oskar Wächter, Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland, Stuttgart 1882, S. 189 f. 73) Soldan-Heppe, Hexenprozesse II, S. 284 ff.

2. Bamberg Erstmals wurde in Bamberg 1595 eine Hexe verbrannt. In Stadt und Land des FUrstbistums gab es bis zur Zeit des Bischofs Johann Georg Fuchs

von Domhelm (1623-1633) nur wenige Hexenprozesse. Unter diesem Für­ sten wurden von 1626 bis 1630 allein 236 Personen zum Flammentod ver­ urteilt. Die Verfolgungszeit kam zum Abschluß, als 1632 Bamberg im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden eingenommen wurde. 74)

3. Eichstätt Auch Eichstätt blieb vom Hexenwahn nicht verschont. 75) Bereits für das 76) Jahr 1590 sind Hexenprozesse bezeugt. 1 Von 1603 bis 1627 wurden 122 77) Personen wegen "Unholderel" hingerichtet. Die größten Ausmaße nahm

die Verfolgung unter Bischof Johann Christoph von Westerstetten (1611-

1637). Bemerkenswert erscheint auch, daß keine Rücksicht auf den Stand

der Verurteilten genommen wurde. Mehrfach verbrannte man HOherge78) stellte auf dem Scheiterhaufen. Von Anfang an war nicht, wie ander­ orts, das Verbrennen bei lebendigem Leib die Regelstrafe. In Eichstätt

wurden die Delinquenten meist erst enthauptet und dann dem Feuer über-

74) Vgl. zum Vorstehenden ausführlich Merzbacher, a. a. O. S. 40 ff. 75) Vgl. Otto Rieder, Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichs­ pflege Weißenburg am Nordgau, Bd. 3, abgeschlossen 1916, (unver­ öffentlicht), S. 119-132, wo umfassend vier Prozesse aus den Jahren 1626, 1628, 1630 und 1637 geschildert werden; ferner befinden sich im Staatsarchiv Nürnberg - Rep. 190 II Eichstätter Archivalien Nr. 3070b die Akten über zwei Prozesse von 1612 und 1627 76) Rieder, ebd. S. 119 f. ; Riezler, Hexenprozesse, S. 221 77) Riezler, ebd. S. 222 78) Riezler, ebd. S. 224 und S. 226 79) Riezler, ebd. S. 222

19

II. Die Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth Aus Schwabach wird schon 1506 von einem Hexenprozeß gegen Barbara 80) Schwab berichtet. Sie wurde am 24. September dieses Jahres ver­ brannt. In den Verhören bekannte sie die TeufelsbuhlBchaft und viele

schädliche Handlungen. Zwei weitere Frauen gab eie als Helferinnen an,

die aber nach der peinlichen Befragung ihre Freiheit wiedererlangten.

Im Angesicht des Todes, vor dem Scheiterhaufen, widerrief sie jedoch ihr Geständnis. Sie sagte laut, daß sie nur wegen der grausamen Folte­

rung bekannt habe. Nachdem aber die beiden Vernehmungspersonen be­ eidigt hatten, daß sie alles "on alle marter" gestanden habe, nahm die 81) Hinrichtung ihren gewöhnlichen Lauf. '

Der erste Zauberfall im Bayreuther Gebiet ist fUr das Jahr 1569 festzu82) Eine Frau wurde wegen Wahrsagerei und Zauberei an Mensch

halten.

und Vieh verhaftet. Obwohl die Tortur sie geständig gemacht hatte, hiel­ ten die markgräflichen Amtsleute von ihrer Aussage nur wenig. Sie

schätzten sie vielmehr als ein blödes und einfältiges Weib ein, das zu 83) derlei Dingen gar nicht fähig sei. Daher wurde sie freigelassen. '

Nur selten kam eine der Zauberei bezichtigte Person so glimpflich davon. Das spätere harte Vorgehen beruht auch darauf, daß am 25. August 1591 der protestantische Geistliche Adam Francisci, Titularabt in Heilsbronn,

dem Markgrafen seine "Generalinstruktion von den Trutten" vorlegte. Dieses Gutachten gipfelt unter Verarbeitung des zeitgenössischen Teufels­ und Hexenglaubens einschließlich biblischer Stellungnahmen gegen Zauberei

80) Gottlob Heckel, Hexenverfolgungen in Schwabach. Die Heimat, Bei­ lage zum Schwabacher Tagblatt Nr. 6, 7, 8, Schwabach 1932 81) Heckel, ebd. Nr. 7; Karl Hegel (Hrsg.), Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Band 11, Leipzig 1874, S. 693 f. 82) Karl Lory, Hexenprozesse im Gebiet des ehemaligen Markgrafenlandes, in: Festgabe Karl Theodor von Heigel, München 1903, S. 291 f. ; Merz­ bacher, a. a. O. S. 44 83) Lory, ebd. S. 296

20

In der Forderung, das Hexenwesen auszurotten, also jede etwa verdächti­

ge Person mit dem Tod zu bestrafen.

Als Folge davon dürfte die noch

in dem genannten Jahr durchgeführte Verbrennung von 22 Hexen zu Waller85) stein in der Umgebung Bayreuths anzusehen sein. 1592 wurden in 86) Schwabach sieben Hexen mit dem Feuertod gerichtet. ' Auch in Ansbach 87) wurden viele Menschen wegen Zauberei verurteilt. Mehrere Fälle aus der umliegenden Gegend sind noch bekannt. So wurden 1594 vier Hexen in 88) Crailsheim hingerichtet. Für das Jahr 1615 begegnen uns die Prozesse 89) gegen Christine Lösch und Agnes Wehrin, beide aus Burgbernheim.

Dieser Ort bekam auch noch 1654 eine Auswirkung des Hexenwahns zu spü­ ren. Die Dienstmagd Maria ROschin beschuldigte viele Bürgbrsfrauen, sie 90) seien "Truden". Darauf begann eine Verhaftungswelle. Erst als man

merkte, da0 die ROschin nicht richtig im Kopf war, wurden die inzwischen schon verhörten Frauen wieder freigelassen. 91)' Nochmals wurde 1654 In

Bayreuth ein Urteil gesprochen, und zwar lm Verfahren gegen Margarete Breunin, die eich der Zauberei schuldig bekannt hatte. Ihre Strafe war 92) lediglich die Gebietsverweisung. ' In der Tittinger Gegend (Lkr. Hllpolt93) stein) bezichtigten sich 1658 zwei Frauen der Hexerei.

III. Die benachbarten Reichsstädte

1. Windsheim

Schon am Ende des 15. Jahrhunderts war der Glaube an Hexen in der Reichs-

84) 85) 86) 87) 88)

89) 90) 91) 92) 93)

Merzbacher, a. a. O. S. 44 f. Lory, a. a. O. S. 291 Riezler, Hexenprozesse, S. 147 Merzbacher, a.a. O. S. 44 Dies geht aus einem Brief des Crailsheimer Vogts Eyöen an seinen Sohn Simon hervor, in dem er umfassend Folterung und Hinrichtung der Frauen schildert. Diesen Brief von 1594 Dez. 12 fand ich im Staatsarchiv Nürn­ berg unter Rep. 110 Ansbacher Historika Nr. 237 Lory, a. a. O. S. 296 f. Karl Sigismund Kramer, Volksleben im Fürstentum Ansbach und seinen Nachbargebieten, Würzburg 1961, S. 189 Kramer, ebd. S. 190 Lory, a.a. O. S. 300 Kramer, a.a. O. S. 145

21 Stadt Windsheim nicht unbekannt.

94)

Noch ein lahrhundert sollte es dauern,

bis dort die Hexenprozesse einsetzten. Nach Meinung des Rats schien das Hexenwesen zu Beginn des Jahres 1596 solche Ausmaße angenommen zu ha­

ben, daß dagegen nur ein scharfes strafrechtliches Vorgehen helfen konn95) te. Welche große Bedeutung er dieser Frage beimaß, ergibt sich aus einem Ratebeschluß vom 5. Mai 1596. Darin heißt es, daß ein Nachrichter aus Buchheim im Odenwald erbeten werden solle. Dieser Nachrichter stand

in dem Ruf, mit Hexen besonders gut umgehen zu können.

' Am 16. Juli

1596 wurden fünf Frauen auf dpr Richtstätte vor den Toren der Stadt ver97) brannt. Diese ersten Prozesse zogen weitere nach sich, da in der be­

kannten Weise die Gefolterten beim peinlichen Verhör wahllos andere Per­

sonen nannten. Schon am 20. August lauteten die Urteile bei drei weiteren

Hexen auf Verbrennen bei lebendigem Leib, während die vier anderen De98) linquentinnen stranguliert wurden, bevor man sie dem Feuer auslleferte. Im November und Dezember des gleichen Jahres brannte der Scheiterhaufen

noch für zehn Hexen, wobei drei der Unglücklichen vorher enthauptet wur99) den. Die letzten zwei Hexenprozesse, die mit der Todesstrafe endeten, lassen sich in Windsheim bereits für das Jahr 1597 nachweisen.

Nur

ein Jahr dauerte der Hauptstoß des Hexenwütens. So kurz diese Zeit auch war, so grausam verlief teilweise - neben der übli­

chen Anwendung der Tortur - die Behandlung der zum Tode verurteilten

Frauen. Es wird dazu berichtet, daß einige Frauen erst auf eine eiserne Gabel gesetzt wurden, ehe sie die Qualen des Feuertodes erleiden mußten.

94) Matthäus Geuder, Chronik der Stadt Windsheim, Windsheim 1925, S. 29 95) Geuder, ebd. 96) Johannes Bergdolt, Hexenprozesse in Windsheim, Heimatkundlicher Lesebogen filr den Landkreis Uffenheim IX, Bad Windsheim 1950, S. 8 97) Bergdolt, ebd. S. 5; vgl. auch Christian Wilhelm Schirmer, Geschichte Windsheims und seiner Nachbarorte, Nürnberg 1848, S. 151 98) Bergdolt, ebd. S. 11; Schirmer, ebd. S. 151 und S. 152 99) Bergdolt, ebd. S. 13 f. 100) Bergdolt, ebd. S. 14 101) Alfred Estermann, Bad Windshelm. Geschichte einer Stadt in Bildern, BadWindsheim 1967, S. 62

22

Ein letztes Mal hören wir im Jahr 1600 von einem Verfahren gegen eine

vermeintliche Hexe. Sie konnte aber zu keinem Geständnis gezwungen wer­ den. Der Rechtsberater der Stadt, der Nürnberger Jurist Dr. Herel, ent­ schied sich daher gegen die Todesstrafe. Als aber der Rat die Verhaftete

daraufhin nicht freilieü, brachte ihr Sohn die Sache vor das Reichskammer­

gericht. Dieses sprach sich für sofortige Haftaufhebung aus. Der Rat mußte widerwillig gehorchen und bestrafte sie mit der Stadtverweisung.

2. Dinkelsbühl

In der Reichsstadt Dinkelsbühl setzte der Hexenwahn erst sehr spät ein. 1655 begann ein Hexenprozeß, der sich mehrere Monate lang hinziehen soll­ te. 103) Anlaß war, daß die Sibylle Biedermännin von ihrem Ehemann be­

schuldigt wurde, ah ihm einen Mordversuch mit einem Gifttrank unternom­

men zu haben. Darauf kam sie in Haft, wobei sie zuerst inständig ihre Un­ schuld beteuerte. Ale sie den Qualen der Tortur nicht mehr zu widerstehen

vermochte, gestand sie die Zubereitung des giftigen Gebräus. Weiter gab sie auf entsprechende Fragen an, sie sei eine Hexe und habe dieses Hand104) Die Verhörer wollten

werk schon als Kind von ihrer Mutter gelernt.

nun erfahren, wer noch alles der Hexengesellschaft angehöre. Die ent­ setzlichen Schmerzen einer erneuten Folterung veranlaßten die Biedermännin

zur Nennung verschiedener Namen. Damit war die Grundlage für eine ganze Reihe von Hexenverfahren gegeben. Insgesamt wurden noch sechs Frauen der

Hexerei bezichtigt. Trotz mehrmaliger Folterung legten nur vier von ihnen ein Geständnis ab. 1^5) gje wur(jen zusammen mit der Biedermännin zuerst

enthauptet und dann auf den Scheiterhaufen gebracht. Da den beiden anderen

Frauen auch nach weiterer Tortur kein Geständnis entlockt werden konnte,

verwies man sie lediglich auf ewig der Stadt.

102) Estermann, ebd. ; Bergdolt, a. a. O. S. 14 103) J. Greiner, Hexenprozesse in Dinkelsbühl. Alt-Dinkelsbühl, Beilage zum Wörnitz-Boten, 16. Jahrgang, Nr. 6, 1929, S. 41; Merzbacher, a. a, O. S. 47 erwähnt kurz diesen Fall 104) Greiner, Hexenprozesse, S. 42 105) Greiner, Hexenprozesse, S. 43 106) Greiner, Hexenprozesse, S. 47

23 3. Nördlingen

Bereits 1478 mußte sich der Rat von Nördlingen mit Hexerei befassen. Eine Hebamme, Els Harderin, wurde in einem Schreiben der elsässischen

Reichsstadt Schlettstadt aufgrund der Geständnisse einer dort verbrannten Zauberin des Hexereiverbrechens beschuldigt. Der Harderin gelang aber in den sich anschließenden Verhören der Nachweis, daß sie nur aus purer

Feindschaft von der Hingerichteten angegeben wurde. Darauf konnte sie

das Gefängnis verlassen und wurde sogar als städtische Hebamme beibe­ halten.

Ein weiterer Fall ereignete sich 1534. Der Rat erkannte auch

hier noch die Anschuldigungen als haltloses Geschwätz. Somit endete der 108) Prozeß wiederum mit einer Freilassung. Die große Hexenverfolgung begann in der Reichsstadt Nördlingen im Jahr 1589. Die allgemeine Haltung der damaligen Zeit zum Hexenwesen verdräng­

te die bisher vernünftige Anschauung des Rats. So hatte man die geistes­ schwache Ursula Haider in Verdacht, mit dem Teufel im Bund zu stehen und

Kinder getötet zu haben. Sie wurde verhaftet, und ihre Geständnisse legten

den Grundstein für das traurigste Kapitel der Nördlinger Geschichte. Alle von ihr genannten Frauen wurden eingezogen und bestätigten unter grau­ samster Folterung die Angaben der Ursula Haider. Sie selbst wurde am 15. 110)

Mai 1590 mit zwei anderen Delinquentinnen verbrannt.

Der Hexenwahn machte auch nicht Halt vor Angehörigen der vornehmen

Nördlinger Familien. So wurde die ehrbare Rebekka Lemp, die Frau des

Zahlmeisters Peter Lemp, in dessen Abwesenheit verhaftet und mußte zu-

107) Gustav Wulz, Nördlinger Hexenprozesse. Rieser Heimatverein e. V., 20. Jahrbuch, Nördlingen 1938, S. 42 f. ; mit dieser Arbeit überholt Wulz teilweise die Untersuchungen von Johann Friedrich Weng, Die Hexenprozesse der ehemaligen Reichsstadt Nördlingen 1590-1594. Das Ries, wie es war und wie es ist, Heft 6 S. 5-60 und Heft 7, S. 3-28, Nördlingen 1837/1838 108) Wulz, a.a.O. S. 45 f. 109) Wulz. a.a.O. S. 53 110) Weng, Hexenprozesse, Heft 6, S. 23

24

sammen mit vier Frauen den Scheiterhaufen besteigen.

Dies ge­

schah am 9. September 1590. Die Stadt kam dann nicht mehr zur Ruhe.

Ein HexenprozeQ zog den anderen nach sich. Am 25. Januar 1591 wurden vier Personen zum Feuertod verurteilt, am 15. Mai folgte die nächste

Hexenverbrennung. Einen neuen Höhepunkt fand die Nördlinger Hexenverfolgung in dem Pro­ zeß gegen Jörg und Barbara Kürschnauer. Da beide im peinlichen Ver­

hör zahlreiche Hexenpersonen angegeben hatten, wurde die inzwischen

stillgestandene Verfolgung wieder aufgenommen. Am 17. August 1593 erlitten beide zusammen mit drei weiteren Frauen den Tod auf dem Schei113) terhaufen. ' Unter den bezichtigten Personen befand sich auch Maria Holl. Sie wurde am 1. November 1593 verhaftet. Ihr Fall war noch nicht

der letzte Hexenprozeß in Nördlingen. Seine große Bedeutung liegt darin, daß diese tapfere Frau immerzu ihre Unschuld beteuerte, sich durch die 114)

bei ihr sechsundfilnfzigmal angewendete Tortur nicht beeindrucken ließ

und damit den vom Hexenwahn besessenen Rat in Verlegenheit brachte. Nachdem sie nahezu ein Jahr in Haft geblieben war und in dieser Zeit auch durch grausamste Mittel nicht zu einem Geständnis bewegt werden 115) konnte, wurde eie am 14. Oktober 1594 freigelassen.

Noch einmal ging Nördlingen 1598 mit Todesurteilen gegen zwei Hexen 116) vor. Dann aber kehrte Ruhe in die Stadt ein.

111) Dieser ergreifende Fall ist seinem reichen Material entsprechend ausführlich geschildert bei Wulz, a. a. O. S. 59 ff., Weng, Hexen­ prozesse, Heft 6, S. 32 ff. und Soldan-Heppe, Geschichte der Hexen­ prozesse, Bd. I, 3. Auflage (neu bearb. u. hrsg. von Max Bauer), München 1912 (Neudruck 1968), S. 502 ff. 112) Gustav Wulz, Nördlinger Hexenprozesse. Rieser Heimatverein e. V., 21. Jahrbuch, Nördlingen 1939, S. 95 ff. 113) Wulz, a.a.O. 21. Jahrbuch, S. 99 114) Weng, Hexenprozesse, Heft 7, S. 3 ff. ; ebenso Soldan-Heppe, Hexen­ prozesse I, S. 505 f. 115) Wulz, a.a.O. 21. Jahrbuch, S. 114 116) Wulz, ebd. S. 115

25

4. Weißenburg

In der Hexenfrage erlaubte sich der Rat von Weißenburg kein selbständi­ ges Handeln. Als Vorbild diente ihm seit der Reformation die ebenfalls 117) Aus dem 15. Jahr­

protestantisch gewordene Reichsstadt Nürnberg.

hundert ist kein Fall bekannt, der sich mit Zauberei beschäftigt. 1531

fragte der Weißenburger Rat in Nürnberg an, ob für eine als'"fein unhuldische und truttische hurn" öffentlich beschimpfte Witwe das bisherige Be­ weismaterial für die Anwendung der Folter ausreichend sei. Die Mehrheit der Nürnberger Rechtsgelehrten hielt die Indizien für ungenügend und 118) empfahl daher, von der Tortur abzusehen.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts ergriff der Hexenwahn auch Weißenburg.

Die in nächster Nähe gelegene Deutschordenskommende Ellingen schritt als Beispiel voran. Allein im Jahr 1590 wurden dort 65 Hexen hingerichtet. 119) Eine dieser Verurteilten bezichtigte in ihren Geständnissen

mehrere Frauen aus Weißenburg als Mitschuldige. Der Ellinger Komtur und der Rat der Reichsstadt standen im Schriftwechsel hinsichtlich der

Geständnisse, da Weißenburg bestrebt war, fremde Urgichten über die mögliche Beteiligung seiner Bürger an Hexereiverbrechen zu erlangen. 12°»

Die Folge war, daß gegen einige Weißenburgerinnen ein Verfahren er­ öffnet wurde. Für Margarethe BÖsmüllerin und Anna Fränkin endete der Hexenprozeß mit der Todesstrafe. Am 14. Oktober 1590 wurden sie zu121) erst stranguliert und dann verbrannt. Von einem weiteren Vorgehen

Weißenburgs gegen Hexen ist nichts bekannt.

117) Otto Rieder, Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichspflege Weißenburg am Nordgau, S. 60 118) Rieder, ebd. ; auf das zu diesem Fall erstellte Gutachten der Nürn­ berger Juristen wird unten, Siebter Teil III 1 eingegangen werden 119) Wächter, Vehmgerichte, S. 181 f. ; Riezler, Hexenprozesse, S. 146; vgl. auch P. Beck, Zwei Hexenprozesse aus dem Fränkischen. 43. Jahresbericht des Historischen Vereins von Mittelfranken, Ansbach 1889, S. 7-25 120) Rieder, a.a.O. S. 85 f. ; auch Nürnberg wurde wieder um Rat gefragt, vgl. dazu unten. Siebter Teil II 2 und III 2 121) Rieder, a. a. O. S. 63

26 An diesen Ausschnitten aus der Hexenverfolgung in der Umgebung Nürn­ bergs ist zu sehen, daß der Wahn eine ungeheure Verbreitung in den der

Reichsstadt benachbarten Gebieten fand. Eine Vielzahl von unschuldigen

Menschen, Frauen und Männern, mußten ihr Leben lassen. Eine weltli­ che und kirchliche Obrigkeit, unfähig und unwillig, diesem Treiben Ein­

halt zu gebieten, uneinsichtige, vom Zeitgeist überzeugte Richter und eine tief im Volksglauben verankerte Furcht vor übernatürlichen Mächten

beherrschten die Lande.

1

Ist es da nicht als ein Lichtblick zu bezeichnen, daß die berühmte Reichs­

stadt Nürnberg eine der damals üblichen Hexenverfolgungswellen niemals über sich ergehen lassen mußte? Freilich, auch in Nürnberg gab es Hexen­ prozesse, die aber in keinem einzigen Fall ein Massensterben auslösten,

wie es uns aus dem oben durchgeführten Vergleich mit der Umgebung be­

kannt ist. Unter Betrachtung all dieser Gesichtspunkte gilt es nun zu untersuchen, in

welcher Form Zauberwahn und Hexenprozeß mit allen ihren Begleiter­ scheinungen in Nürnberg auftraten, wie ihnen begegnet wurde und warum es der Reichsstadt gelang, ihr Territorium trotz der ringsum brennenden

Scheiterhaufen vor einem Hexenwüten zu bewahren.

27

Dritter

Teil

Die Geschichte von Zauberwahn und Hexenprozeß in Nürnberg

I. Die Zaubereifälle des 14., 15. und des angehenden 16. Jahrhunderts. Die früheste Nachricht von Zauberei in Nürnberg ist für das Jahr 1300 überliefert:

"Anno Domini M CCC eiectus est Vlricus Gvgellin scolaris incantacionibus et aliis criminibus infamatus ad 5 miliaria per­ petuo, quod, si deprehensus postmodum fuerit, postmodum absque sentencia suependetur. "122) Gugellin, der zauberische Dinge getrieben hatte,

123)

wurde auf ewig der

Stadt verwiesen. Außerdem mußte er bei Zuwiderhandlung dieses Verbots mit der Todesstrafe ohne Urteilsspruch rechnen. Wir erfahren nicht, wel­

che Art von Zauberei vorlag, ob Schaden zugefügt wurde oder nicht. Ein weiterer Fall wurde am 16. Februar 1347 auch mit der Stadtver124) Weisung geahndet. Einer Frau namens Kunel wurde für fünf Jahre die Stadt verboten, da sie unter dem Verdacht stand, die Kunst des Zauberns zu beherrschen. Mehrmals soll sie diese angewendet haben.

1392 wurde eine Frau wegen Zauberei für 21 Tage in das berüchtigte Loch125) ' gebracht. Als zusätzliche Bestrafung mußte sie noch eine

gef&ngnle

besonders unwürdige und schmachvolle Behandlung über sich ergehen las-

122) Schultheiß, Acht-, Verbots- und Fehdebücher, S. 18 Nr. 192 123) Vgl. Schultheiß, ebd. S. 289 und Bächtold-StäubU, HdA IV, S. 677, "incantatio" bedeutet Zauberei 124) Schultheiß, Acht-, Verbote- und Fehdebücher, S. 70 Nr. 619 125) In den Quellen wird es meiEt als "Loch" bezeichnet

28

sen. Sie wurde auf eine Leiter gebunden und öffentlich vor den Kirch* .1. 126) türen ausgestellt. Im Jahr 1406 ging der Rat gegen die Gerhaus, Tochter der Gerhaus 127) Dem Hans Lauen-

Dietrichin, wegen verübten Liebeszauber vor.

stein, einem Rotschmiedsknecht, hatte sie ein Pulver gegeben, "daz er

sie liep solt haben. " Sie wurde mit ewiger Stadtverweisung auf neun

Meilen bestraft. Nicht anders verfuhr man mit der Frau, die ihr "das 128) pulfert gelert het machen. " '

Unerbittlich zeigte sich Nürnbergs Strafgerichtsbarkeit 1434 auch gegen Katharina Amberger. Die Ambergerin "hat man als eine Zauberin und

Segenssprecherin ein viertel stund an den stock bey der Pegnitz gestellet, ihr eine infül ^Mütze^ aufgesetzt, daran Teufel gemahlet, und ihr nach,.129) mals ein stück von der zungen abgezwickt.

Eine ähnliche Begebenheit findet sich in einem Fürther Gerichtsbuch. Über den Fall selbst entschied zwar nicht die Nürnberger Gerichtsbar­ keit, dennoch rechtfertigt sich eine kurze Mitteilung dieses Prozesses' schon aus der räumlichen Nähe des Geschehens und nicht zuletzt

sub

der

Tatsache, daß einige der Beteiligten im reichsstädtischen Gebiet zuhause waren. Eine der zwei Familien, in deren Besitz der nahe bei Nürnberg

gelegene Weller Eberhardehof stand, hat 1448 eine Klage wegen Zauberei

eingeleitet. Anna Helsweckin vom Eberhardshof und die Kunigunde Kreußin vom Gostenhof fühlten sich von Hans Fischer dem Älteren zu Kleinreuth,

Ulein Fischer und Elsbeth, seiner Schwester, aufs Schlimmste beleidigt.

126) StAN, Stadtrechnungen Nr. 4 fol. 26b; vgl. auch Joseph Baader, Zur Crlminaljustiz der Nürnberger. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Neue Folge, Organ des Germanischen Museums, 9. Band, Nürnberg 1862, S. 365 127) StAN, AStBNr. 205 fol. 25b 128) StAN, AStB Nr. 205 fol. 25b 129) StAN, Müllners Annalen II, fol. 1012b, 1013a; vgl. Baader, Zur Criminaljustiz der Nürnberger, S. 365 130) Werner Sprung, Der Eberhardshof und der Muggenhof, zwei ehe­ malige Weiler vor den Toren der Reichsstadt. MVGN 50. Nürnberg 1960, S. 66

29

Denn sie wußten über diese drei Personen, "daz sie gesprochen haben, sye /die Helsweckin und die KreußinJ seien Zauberinnen und haben mit sulllch Zauberei zubracht, daz des Fischers sun der Halswecldn tochter

haben nemen müssen, daz doch wider den heyligen christlichen glauben

und ein keczerey wäre und si damit gern zu gefencnussen bracht hätten „131) Wie schwer die beiden Frauen diese Beschuldigungen getroffen haben,

zeigt die doch sehr hohe Summe von 100 fl., die sie als Wiedergutmachung