William James: Pragmatismus 9783050050355, 3050030925, 9783050030920

In diesem Band wird erstmals der Versuch unternommen, das für die europäische Rezeption der amerikanischen Philosophie d

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William James: Pragmatismus
 9783050050355, 3050030925, 9783050030920

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William JamesI

Pragmatismus

II

Klassiker Auslegen Herausgegeben von Otfried Höffe Band 21

Otfried Höffe ist o. Professor für Philosophie an der Universität Tübingen.

William James

Pragmatismus Ein neuer Name für einige alte Wege des Denkens Herausgegeben von Klaus Oehler

Akademie Verlag

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IV Titelbild: William James, Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Houghton Library, Harvard University

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. ISBN 3-05-003092-5

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2000 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form – by photoprinting, microfilm, or any other means – nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Gesamtgestaltung: K. Groß, J. Metze, Chamäleon Design Agentur, Berlin Satz: Sabine Gerhardt, Berlin Druck und Bindung: GAM MEDIA, Berlin Printed in the Federal Republic of Germany

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Inhalt

Zitierweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Einleitung Klaus Oehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Zur Ersten Vorlesung: Die pragmatistische Konzeption der Philosophie Klaus Oehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Zur Zweiten Vorlesung: James’ Transformation der Pragmatischen Maxime von Peirce Kai-Michael Hingst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Zur Dritten Vorlesung: Pragmatismus: Zwischen Kritik und Postulat Ludwig Nagl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Zur Vierten Vorlesung: William James on the One and the Many Sandra B. Rosenthal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6. Zur Fünften Vorlesung: The Philosopher’s “License”: William James and Common Sense Charlene Haddock Seigfried . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt 7. Zur Sechsten Vorlesung: James’ pragmatistische Deutung der Korrespondenztheorie der Wahrheit Kai-Michael Hingst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8. Zur Siebten Vorlesung: James’s Pragmatism and the Problem of Reference Ignas K. Skrupskelis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9. Zur Achten Vorlesung (I): Pragmatismus und Religion Hermann Deuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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10. Zur Achten Vorlesung (II): Religious Faith, Intellectual Responsibility, and Romance Richard Rorty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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11. Zur Begründungslogik des Pragmatismus: Die Wahrheit des Gedankens und die Erfahrung der Bedeutung: Über die Grundlegung der Jamesschen Wahrheitstheorie durch seine Psychologie der Symbolerfahrung Helmut Pape . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Auswahlbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Hinweise zu den Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zitierweise

James wird nach der Gesamtausgabe The Works of William James, 19 vols., ed. Frederick H. Burckhardt, Fredson Bowers, Ignas K. Skrupskelis, Cambridge/London 1975–1988, zitiert. Auf sonstige Literatur wird mit Verfassername und Erscheinungsjahr Bezug genommen. Als Studienausgabe empfiehlt sich: William James, Pragmatism and The Meaning of Truth, Cambridge/London 1978, mit einer Einleitung von A. J. Ayer. Dieser Band enthält die Texte von Pragmatism und The Meaning of Truth aus der Gesamtausgabe einschließlich der Anmerkungsapparate sowie ein Gesamtregister, das sich aus den Einzelregistern beider Bände der Gesamtausgabe zusammensetzt. Der Seitenumbruch beider Ausgaben ist für den Text der Pragmatism-Vorlesungen identisch, so daß die Stellenangaben in den Beiträgen dieses Bandes sowohl für die Studienausgabe als auch für die Gesamtausgabe gültig sind. Die einzige bisher vorliegende deutsche Übersetzung von Pragmatism ist die Übersetzung von Wilhelm Jerusalem, Der Pragmatismus. Ein neuer Name für alte Denkmethoden, Leipzig 1908, mit einer Einleitung hrsg. von Klaus Oehler, Hamburg 21994, 11977.

Siglen Die Stellenangaben bedienen sich folgender Abkürzungen für die Bände der Gesamtausgabe The Works of William James (in Klammern das Jahr der Erstausgabe): PP PBC WB TT VRE

The Principles of Psychology, 3 vols., 1981 (1890). Psychology: Briefer Course, 1984 (1892). The Will to Believe and Other Essays in Popular Philosophy, 1979 (1897). Talks to Teachers on Psychology and to Students on Some of Life’s Ideals, 1983 (1899). The Varieties of Religious Experience, 1985 (1902).

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Zitierweise PM MT PU SPP ERE EPH ERM EPS EPR ECR MEN ML

Pragmatism, 1975 (1907). The Meaning of Truth. A Sequel to “Pragmatism”, 1975 (1909). A Pluralistic Universe, 1977 (1909). Some Problems of Philosophy, 1979 (1911). Essays in Radical Empiricism, 1976 (1912). Essays in Philosophy, 1978. Essays in Religion and Morality, 1982. Essays in Psychology, 1983. Essays in Psychical Research, 1986. Essays, Comments, and Reviews, 1987. Manuscript Essays and Notes, 1988. Manuscript Lectures, 1988.

Auf deutsche Übersetzungen von James’ Werken wird mit Hilfe folgender Abkürzungen Bezug genommen: Der Pragmatismus. Ein neuer Name für alte Denkmethoden. Übersetzt von Wilhelm Jerusalem, Leipzig 1908, mit einer Einleitung hrsg. von Klaus Oehler, Hamburg 21994, 11977. DVRE Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Übersetzt von Eilert Herms und Christian Stahlhut, Frankfurt am Main/Leipzig 1997. WG Der Wille zum Glauben. Übersetzt von Theodor Lorenz. In: Ekkehard Martens (Hrsg.), Pragmatismus. Ausgewählte Texte von Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey, Stuttgart 1997, 128–160. DP

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Vorwort

In diesem Band wird erstmals der Versuch unternommen, das für die europäische Rezeption der amerikanischen Philosophie des Pragmatismus bis heute einflußreichste Werk dem Leser durch eine auf dieses Werk konzentrierte Sammlung von kommentierenden Beiträgen unter den philosophischen Bedingungen unserer Zeit näherzubringen. Das Werk, das hier im Mittelpunkt steht, ist Pragmatism. A New Name for Some Old Ways of Thinking. Es besteht aus acht Vorlesungen, die sein Verfasser, William James, 1906/07 in Boston und New York gehalten und kurz danach publiziert hat. William James konfrontiert darin seit langem bestehende Richtungen in der Philosophie mit der pragmatischen Methode, indem er fordert, daß philosophische Gedanken nach ihrer Beziehung zum Leben und nach ihren Wirkungen in der Welt der Erfahrung zu beurteilen seien. James’ Argumente haben auf das Denken einen tiefgreifenden Einfluß gehabt. Pragmatism zählt zu den großen Büchern der Philosophie in diesem Jahrhundert. Seit 1988 liegt mit The Works of William James, herausgegeben von Frederick H. Burkhardt, Fredson Bowers, Ignas K. Skrupskelis, Harvard University Press, Cambridge und London 1975–1988, die heute maßgebliche Ausgabe von James’ Werken in 19 Bänden vollständig vor. Der Text von Pragmatism erschien als erster Band dieser Ausgabe 1975, herausgegeben von Fredson Bowers und Ignas K. Skrupskelis. Die bisher einzige deutsche Übersetzung von Pragmatism stammt von Wilhelm Jerusalem. Sie erschien 1908 im Verlag Klinkhardt, Leipzig, als Band 1 der Reihe Philosophisch-Soziologische Bücherei. Das Vorwort von Jerusalem trägt das Datum von November 1907, das Vorwort des Originaltextes von James das Datum von April 1907. In den dazwischenliegenden Monaten hat Jerusalem eine Übersetzung angefertigt, die noch heute durch ihre Zuverlässigkeit, Lebendigkeit, Frische, Einfühlsamkeit und Schönheit wohltuend für sich einnimmt. Sie ist ein Sprachdenkmal von eigenem Rang. Wilhelm Jerusalems Übersetzung ist das Medium, durch das fast alle daran Interessierten im deutschen Sprachbereich in diesem Jahrhundert mit der

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Vorwort Philosophie des amerikanischen Pragmatismus zuerst bekannt wurden. Sie hat eine historische Würde, die ihr nicht durch etwaige andere, zukünftige Übersetzungen, auch wenn sie hier und da den englischen Text genauer wiedergeben sollten, genommen werden kann. Für das Zustandekommen des hier vorliegenden Bandes gebührt mein Dank an erster Stelle Otfried Höffe, der mir den Vorschlag dazu machte und die von ihm herausgegebene Reihe Klassiker Auslegen dafür anbot und bereitstellte. Ein besserer und gemäßerer Ort für dieses Buch dürfte sich schwerlich finden lassen. Denn so werden vor allem die erreicht, die die Sache des Pragmatismus in erster Linie angeht: unsere Studentinnen und Studenten, die die Welt der Erfahrung in ihrem wesentlichen Teil noch vor sich haben. Mein persönlicher Dank gilt den Autoren des Bandes und ganz besonders Dr. Kai-Michael Hingst, Hamburg, der zur Konzeption und Fertigstellung des Bandes durch seine Kompetenz und Umsicht Entscheidendes beigetragen hat. Bad Pyrmont, August 1999

Klaus Oehler

Einleitung

Klaus Oehler

Einleitung

In dem 1982 im Dietz Verlag, Berlin, erschienenen, von Mitarbeitern der Sektion Marxistisch-Leninistische Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität Jena erstellten Philosophenlexikon von tausend Seiten glänzen die amerikanischen Pragmatisten durch Abwesenheit. Das spiegelt auf krasse Weise die negative Einstellung wider, die, von den Ausnahmen abgesehen, auch in der alten Bundesrepublik Deutschland gegenüber dieser Philosophie vorherrschte. Blockiert wurde die Rezeption auf der östlichen Seite durch die Ideologie des Marxismus, auf der westlichen Seite durch die Tradition des deutschen Idealismus und seiner bis heute wirksamen vielfältigen Varianten und Metamorphosen. Die Personalunion beider Theorieformationen war, besonders in Westdeutschland, bekanntlich keine Seltenheit. Das ist inzwischen etwas anders geworden, aber oft nur scheinbar anders, veranlaßt durch Anpassung an die neue Lage. Auf der verzweifelten Suche nach einer tragfähigen Philosophie der Praxis entdeckte man nach der Epochenwende von 1989 den amerikanischen Pragmatismus plötzlich auch in Deutschland. Während in der englischsprachigen Philosophie seit vielen Jahren heftige Debatten darüber stattfinden, welcher Version des Pragmatismus man den Vorzug geben soll, ist man hierzulande allerdings noch nicht einmal bei dessen aktuellen Grundfragen angekommen. Auch diese Geschichte hat eine Vorgeschichte. Von Anfang an, das heißt seit dem Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, stieß der Pragmatismus bei den deutschen Intellektuellen auf

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Klaus Oehler Ablehnung. Ohne über eine hinreichende Kenntnis seiner Theorie zu verfügen, sah man in ihm den typischen Ausdruck dessen, was in Deutschland sogenannte Bildungsbürger, die im Zuge der Heraufkunft und Institutionalisierung des Industriezeitalters selbst um ihr materielles und soziales Überleben kämpfen mußten, pikiert das amerikanische Nützlichkeitsdenken nannten, womit sie im Tone des Vorwurfs eine Einstellung meinten, die sich an den banalen Gewohnheiten der Alltagspraxis, und dazu gar noch der amerikanischen, orientiere. Man sah die eigenen, sich im Ästhetischen widerspiegelnden Bildungsideale gefährdet. Schon nach dem Ersten Weltkrieg, in den zwanziger Jahren, vermischte sich in Deutschland dieses bildungsbürgerliche Ressentiment gegenüber dem amerikanischen Pragmatismus mit einem ideologisch motivierten Antiamerikanismus älteren Ursprungs, der sich aus einem konstruierten absoluten Gegensatz des amerikanischen Denkens zur Geistesverfassung in Deutschland herleitete. Max Scheler genügte als Stichwort „Chicago“, um auszudrücken, woran er bei seiner Charakterisierung der Philosophie des amerikanischen Pragmatismus dachte. An dieses Niveau konnte man in den dreißiger Jahren mühelos anknüpfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Antiamerikanismus zur vorherrschenden Ideologie vieler Intellektueller, die die Westintegration der Bundesrepublik Deutschland und die damit verbundene geistige Westbindung verurteilten und für ein, auch persönlich so empfundenes, Unglück hielten, das die so ganz anders gearteten Erwartungen ihrer sozialistischen Gleichheitsbedürfnisse enttäuschte. Seit dem historischen Untergang ihrer politischen Doktrin bleibt ihnen nun nichts anderes übrig, als sich, zögernd und mit Vorbehalten zwar, für die Einbindung in die westliche Wertewelt auszusprechen: Nachzügler der Moderne. Unter diesem Aspekt kann man die Rezeptionsgeschichte des amerikanischen Pragmatismus in Deutschland in die Zeit vor und die Zeit nach 1989 einteilen. Kein Zweifel: Die deutschen Lande waren der Ausbreitung der Philosophie des Pragmatismus während der längsten Zeit des zwanzigsten Jahrhunderts nicht günstig, und die weit zurückliegende Ursache dafür ist kein Geheimnis: die deutsche Ideologie, die Blaue Blume der Romantik. Ihr betörend süßer Duft der Unendlichkeit und der Utopie immunisierte „die deut-

Einleitung sche Seele“ fast zwei Jahrhunderte lang trotz zweier Weltkriege gegen die aufklärende Wirkung der Philosophie des Pragmatismus. Das Festhalten an Idealismus und Romantik in der deutschen Philosophie gründet in der unüberwundenen Geistmetaphysik des Mittelalters. Hegels dialektische Geistkonstruktion ist ohne den Neuplatonismus und ohne die Trinitätsspekulation des Augustinus gar nicht denkbar, und noch die Letztbegründungsspekulationen in der Diskursethik unserer Tage wurzeln in dieser vormodernen Tradition, die eine Position wie den Pragmatismus, das heißt jenseits der Alternative Idealismus und Realismus, gar nicht zuläßt. Das gilt insonderheit für den pragmatistischen Freiheitsbegriff, der diesem traditionalistischen Denken zutiefst fremd ist. Daher die Wesensnähe zwischen dem Pragmatismus und dem Geist der Demokratie. Für die traditionelle deutsche idealistische Philosophie ist Freiheit ein Werden aus der reinen Innerlichkeit absoluter Möglichkeit, für den Pragmatismus dagegen kommen die Möglichkeiten unseres Lebens uns aus der Welt entgegen, und die Freiheit besteht folglich im Offensein für die Möglichkeiten. Das ist der wesentliche Unterschied. Nur vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der nachholende, konvertitenhafte Eifer, mit dem am Ende der fünfziger Jahre damit begonnen wurde, Moore, Russell, Wittgenstein und die britische sprachanalytische Philosophie mit jener epigonenhaften Übertreibung, die stets das gute Wahre zum weniger Wahren verfälscht, zu rezipieren. Daß zu der gleichen Zeit, in den zurückliegenden vierzig Jahren, die sprachanalytische Philosophie dieser Provenienz bis ins letzte Tüpfelchen und bis zum letzten Aufsatz hin rezipiert und imitiert wurde, während kaum jemand außer ein paar Spezialisten über die Philosophie des amerikanischen Pragmatismus, zumal der klassischen Periode, hierzulande Bescheid weiß, ist eine ignorante Form der Arroganz, die nicht nur zu denken gibt, sondern vielmehr Provinzialität signalisiert. Erst in der jüngsten Zeit nimmt man verstärkt die pragmatische Richtung im Denken von Quine, Putnam, Rorty und anderen amerikanischen Philosophen zur Kenntnis, mehr oder weniger irritiert, und versucht sich zu arrangieren, indem man sie mit heimischen, vertrauteren Gewächsen zu synthetisieren versucht, hermeneutisch, versteht sich.

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Klaus Oehler Es sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, daß im Umfeld der Tradition der deutschen Transzendentalphilosophie die Konjunktur der Sprachphilosophie für viele nur eine Alibi-Funktion hatte. Als Ersatz für den wissenschaftlich längst unhaltbar gewordenen Apriorismus „reiner“ Verstandesbegriffe und Anschauungsformen bot sich die Sprache als transzendentales Raster an, die nun, durchaus noch in den alten Denkbahnen, neu, das heißt im Sinne eines Apriorismus der Sprache interpretiert wurde. Auch diese Rettungsaktion zugunsten des transzendentalen Ansatzes ist gescheitert: Die Struktur der Erfahrung ist nicht nur eine sprachliche Struktur. Unbemerkt von den Auguren im hiesigen philosophischen Biotop hat der amerikanische Pragmatismus international schon seit über dreißig Jahren wieder an seine Weltgeltung, die er in der ersten Dekade des Jahrhunderts hatte, anknüpfen können, unter veränderten Bedingungen zwar, aber mit ganz offensichtlich unaufhaltsamem Erfolg. In demselben Maß, wie die Einseitigkeiten, Überschätzungen, Grundlagenkrisen, Dauerreparaturen und die zunehmend eskapistische Esoterik der sprachanalytischen Philosophie diese selber in ihrem Absolutheitsanspruch relativieren, in demselben Maß gewann der philosophische Pragmatismus wieder an Boden, den man lange Zeit aufgrund des logisch-technischen Apparates der analytischen Philosophie und der Formalisierung des Wahrheitsproblems für antiquiert gehalten hatte. An die Stelle der oft naiven Bewunderung gegenüber diesen Formalisierungsversuchen sind längst eine Nüchternheit und eine neue Sachlichkeit gerückt, die die Möglichkeiten, Chancen und Vorzüge des philosophischen Pragmatismus ganz klar sehen. In dieser Situation kommt dessen wichtigster Grundzug voll zur Geltung: seine pragmatische Offenheit. Sie zeigt sich vor allem in vier Eigenschaften. Der philosophische Pragmatismus ist erstens antifundamentalistisch, zweitens antideterministisch, drittens pluralistisch und viertens semiotisch. Der antifundamentalistische Charakter ergibt sich aus seiner Opposition zu Grundannahmen der Systemphilosophie des deutschen Idealismus. Die Möglichkeit theoretischer Letztbegründungen, die apriorische, überzeitliche, absolute Geltung von Bewußtseinsstrukturen, übergeschichtliche Konstanten der Wirklichkeitsdeutung, transzendentale Bedingungen der Er-

Einleitung kenntnis werden unter Berufung auf die Endlichkeit und Geschichtlichkeit der menschlichen Existenz in einer betont antidogmatischen und antiszientistischen Einstellung in Abrede gestellt und negiert. Letztbegründungen jeglicher Art werden als Argumentationsform nicht anerkannt. Die antideterministische Tendenz zeigt sich deutlich an der Erklärungsweise von Entwicklungsprozessen, sowohl der Natur als auch der Kultur, in denen keine wie auch immer geartete Notwendigkeit in Ansatz gebracht wird, sondern die Entstehung von Gleichförmigem und Ungleichförmigem gedacht wird als eine Entstehung aus einem Zustand der Indeterminiertheit, wie es der Zufall ist, zu immer höherstufigen Komplexitäten und irreversiblen Prozessen, die schon deshalb nicht kausalmechanisch erklärbar sind, weil alle mechanischen Prozesse reversibel sind. Pluralistisch ist pragmatisches Denken seinem Grundcharakter gemäß schon deshalb, weil es von der Voraussetzung ausgeht, daß die Realität, mit der es der Mensch zu tun hat, nicht eine einförmige, monolithische ist, sondern eine vielgestaltige, facettenreiche, artverschiedene, bereichs- und schichtenspezifische, zu der folglich jeder Reduktionsversuch auf nur eine einzige Methode der Erkenntnis im Verhältnis der Unangemessenheit steht. Semiotisch aber ist pragmatisches Denken seinem Wesen nach deshalb, weil es von der Einsicht geleitet ist, daß der Mensch es nie nur mit Sachen allein zu tun hat, sondern immer auch damit, wie sie ihm gegeben sind. Deshalb spielen die Vermittlungsfunktionen, das heißt die Zeichen, beim Zugang zur Wirklichkeit die zentrale Rolle. Unsere Lebenswelt ist nicht die Wirklichkeit der Dinge, wie sie an sich selbst sind, sondern eine durch Zeichen erschlossene und gedeutete, in jedem Fall geprägte Welt. Daher ist mit dem Begriffspaar von Zeichen und Realität eine wesentliche Struktur der menschlichen Existenz angesprochen. Das Interesse für Zeichen verband sich im modernen Pragmatismus von Anfang an, das heißt seit Peirce, mit der Betrachtung von Zeichen unter dem Aspekt ihrer praktischen Konsequenzen und hat sich, wenn auch in unterschiedlicher Weise, bei seinen Nachfolgern James, Dewey, Schiller und Mead fortgesetzt, bis sich unter diesem Einfluß und als Folge weiterführender und neu hinzugekommener Forschun-

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Klaus Oehler gen auf diesem Gebiet in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts die Zeichentheorie oder Semiotik als selbständige Disziplin auch an Universitäten etablierte. Seit seiner Begründung durch Peirce ist der moderne Pragmatismus niemals beim Begriff der Sprache stehengeblieben, sondern ist von Anfang an zum Begriff des Zeichens durchgestoßen, in der richtigen Erkenntnis, daß der Begriff des Zeichens allgemeiner als der Begriff der Sprache ist. Es gibt heute keinen Begriff, der die Beziehung des Menschen zur Welt und der Welt zum Menschen allgemeiner zu bestimmen vermag als der Begriff des Zeichens. Deshalb war die in den sechziger Jahren ausgerufene sogenannte linguistische Wende ein Anachronismus, der durch die semiotische Wende, die durch das historische Faktum der Peirceschen Zeichentheorie markiert ist, schon damals seit mehr als einem Jahrhundert der Sache nach überholt. Obwohl dies inzwischen allen bekannt ist, vermeiden unsere Hermeneutiker und Analytiker bewußt den semiotischen Rekurs, weil durch die Reduktion auf das geschichtlich gewordene und empirische Zeichen die seit Wilhelm von Humboldt bis Karl-Otto Apel eingeübte transzendentale Sprachauffassung hinfällig würde. Statt dessen hält man an der Hypostasierung der Sprache fest und nimmt den dadurch unvermeidbaren idealistischen Charakter dieser Konstruktion in Kauf. Zu dieser unwissenschaftlichen Voraussetzung ist der Pragmatismus nicht bereit. Das systematische Ineinander von Pragmatismus und Semiotik ist für den Pragmatismus immer auch da von Bedeutung, wo nicht ausdrücklich von Zeichen die Rede ist. In der Abhandlung How to Make Our Ideas Clear von 1878 formulierte Peirce die Maxime des Pragmatismus, die besagt, daß die Bedeutung von Begriffen nur durch den Bezug auf mögliche Handlungen geklärt werden kann. Damit war schon im Ansatz die Beziehung zur Semiotik hergestellt, denn Begriffe sind nichts anderes als der Bedeutungsgehalt von Zeichen, so daß der Pragmatismus im Kern und gemäß seiner Intention der Versuch ist, die Bedeutung von Zeichen durch ihren Handlungsbezug zu bestimmen, unter Einschluß des Experimentes, auch des Gedankenexperimentes. Die Pointe dieser Theorie ist, daß der Begriff eines Ausdruckes, seine Bedeutung, in den – wahrnehmbaren oder denkbaren – Wirkungen des Gegenstandes des Begriffs besteht. Die Pragma-

Einleitung tische Maxime von 1878 in How to Make Our Ideas Clear stellt diesen Zusammenhang zwischen Zeichenbedeutung und möglichen Zeichenwirkungen paradigmatisch her: „Überlege, welche Wirkungen, die denkbarerweise praktische Bezüge haben könnten, wir dem Gegenstand unseres Begriffs in Gedanken zukommen lassen. Dann ist unser Begriff dieser Wirkungen das Ganze unseres Begriffs des Gegenstandes“ (Peirce 1985, 63; CP, 5.402). Mit dieser Maxime verabschiedete Peirce die statische Gegenstandserfassung in jener starren, punktuellen Subjekt-Objekt-Relation, wie sie für den neuzeitlichen Rationalismus typisch geworden ist, und ineins damit Apriorismus und Letztbegründung als Mittel der Erkenntnisgewinnung. Statt dessen machte er den Weg frei für die Einsicht, daß das innerweltlich uns Begegnende, die Gegenstände unserer Erfahrung, sich unserer Erkenntnis nur auf dem Feld experimentierender Handlungen im Horizont unserer gattungsspezifischen Möglichkeiten erschließen. Dieser Ansatz hat auch James maßgeblich bestimmt. Die Aktualität des amerikanischen Pragmatismus ist in der gegenwärtigen Situation der Philosophie nicht mehr zu übersehen. Nach dem Ende der traditionellen Systemmetaphysik, des dogmatischen Marxismus und der orthodoxen sprachanalytischen Philosophie wächst dem pragmatischen Denken eine Attraktivität zu, die den Pragmatismus als die Mainstreamphilosophie der Zukunft erscheinen läßt. Dazu wird allem Anschein nach der französische Dekonstruktivismus nicht gehören, der zwar auch antifundamentalistisch und fallibilistisch disponiert ist, aber den Fallibilismus verabsolutiert, so daß dieser nicht mehr erkenntnisleitend, sondern nur noch ästhetisch fungiert und dadurch die kognitive Spannung zwischen „Doubt“ und „Belief“ zerstört, das heißt dadurch zerstört, daß er den Zweifel, wie Descartes, bis zu jener Weltfremdheit outriert, die die Ordnungsstrukturen der alltäglichen Lebenswelt nicht mehr sieht. Es ist deshalb kaum anzunehmen, daß der Dekonstruktivismus und seine diversen Spielarten eine ernsthafte Konkurrenz für den Pragmatismus im gegenwärtigen und künftigen Wettstreit der Philosophien sein können. Dagegen ist in den letzten Jahrzehnten immer deutlicher erkannt worden, was den Pragmatismus schon bei seiner Grundlegung durch Peirce mit der Lebens- und Existenzphilosophie,

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Klaus Oehler insonderheit mit der Existenzialontologie Heideggers in Sein und Zeit (1927), der Sache nach verbindet: der Anticartesianismus, der veränderte Weltbegriff, die zentrale Rolle der vorwissenschaftlichen Alltagserfahrung, das Erkennen als Auslegung in Situationen, die Bedeutung der Anderen in der Intersubjektivität des Lebensverständnisses, die Zeichenvermitteltheit der Handlungsbezüge, beispielsweise. Heidegger selbst blieb diese parallele Nahstellung zum Pragmatismus aufgrund seiner Unkenntnis der amerikanischen Philosophie und seines bornierten Antiamerikanismus entweder unbekannt, oder er vernebelte diese Nähe ganz bewußt im Zuge seiner kulturkritischen Ausfälle gegen die amerikanische Zivilisation. Anders als Heidegger hat Hans-Georg Gadamer die USA kennengelernt und auch sporadisch an amerikanischen Universitäten unterrichtet, zwar erst spät in seinem Leben, aber begleitet von positiven und erfreulichen Eindrücken und Erfahrungen. Aber ähnlich wie bei Max Horkheimer in dessen Exiljahren in den USA kann auch bei Gadamer von einer interessierten Einlassung auf die Klassiker des amerikanischen Denkens oder gar einer kritischen Auseinandersetzung mit ihnen keine Rede sein. Hinsichtlich des seit einiger Zeit von einigen so ostentativ angestrengten Brückenschlages zwischen europäischer und englisch-amerikanischer Philosophie sollte das beherzigt werden, was Charlene Haddock Seigfried zu diesem Thema sagt, wenn sie davon spricht, daß „efforts to bridge Continental and Anglo-Saxon philosophy is really a long-overdue return to the concerns of the classical American period of philosophy“ (in diesem Band S. 126, Anm. 18). Diesen transatlantischen Lernprozeß einseitig als die hermeneutische Invasion Europas in Amerika anzusehen, wäre historisch und philosophisch ganz falsch (vgl. dazu Oehler 1995, 22 f.). Erst die von Adorno angenommene Frankfurter Dissertation 1951 von Jürgen v. Kempski, Charles S. Peirce und der amerikanische Pragmatismus (Stuttgart/Köln 1952), eröffnete in der deutschsprachigen akademischen Philosophie den Blick auf den substantiellen Kern des amerikanischen Pragmatismus, wie er sich nun, in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, auf dem Niveau der internationalen Forschung darstellte. Leider blieb das Peirce-Buch v. Kempskis damals so gut wie unbeachtet. Die spätere Rezeption von Elementen des amerikanischen Pragma-

Einleitung tismus, vor allem von Peirce und Mead, durch Apel und Habermas im Rahmen ihrer Diskurstheorie ist gekennzeichnet durch eine, besonders penetrant bei Apel, transzendentalphilosophische Verfremdung, die Grundintentionen des amerikanischen Pragmatismus in ihr Gegenteil verkehrt. Viele Kritiker der Diskurstheorie sehen darin keineswegs ein „nachmetaphysisches“ Denken, sondern „letztbegründendes“ Setzen auf den Spuren des deutschen Idealismus, abgesehen davon, daß diese Art eklektizistischer Bezugnahme auf den amerikanischen Pragmatismus eben diesen hierzulande erneut daran hindert, sein Eigensein in seinem Anderssein von deutschen Denkgewohnheiten in Erscheinung treten zu lassen. Letztbegründung und monistischer Dogmatismus sind im Vokabular der amerikanischen Pragmatisten Fremdwörter. Das gilt auch für William James, sowohl für den frühen als auch für den späten, und diese Ablehnung wird geradeheraus zum Thema in seiner Lehre vom Radikalen Empirismus, wie er sie in einer Reihe von Aufsätzen in den Jahren 1904 und 1905 formuliert hat. Ralph Barton Perry hat sie nach dem Tod von James posthum 1912 gesammelt herausgegeben: Essays in Radical Empiricism. Radikal ist für James ein Empirismus dann, wenn er in seinem Aufbau kein Element zuläßt, das nicht direkt erfahren wird, und kein Element ausschließt, das direkt erfahren wird, und ihm die Relationen, die Erfahrungen miteinander verbinden, selbst erfahrene Relationen sind; und jede Art erfahrener Relation muß in diesem Aufbau eines Empirismus genauso als real gelten wie irgend etwas anderes darin. Eine weitere Eigenschaft des Radikalen Empirismus ist die Ablehnung des Dualismus von Geist und Materie und der Reduktion des einen der beiden auf das andere. Statt dessen konstatiert er eine Welt der Erfahrung, und in dieser Welt existiert Bewußtsein nicht als Entität, auch nicht als eine Funktion der Materie. Es gibt nur bloße Erfahrungen, die nur in der Retrospektion als Teil eines Gedankenstromes oder als physische Gegenstände verstanden werden können. Es gibt auch kein allgemeines Sein, aus dem Erfahrung im ganzen bestünde. Es gibt soviel Seiendes, wie es Beschaffenheiten in den erfahrenen Dingen gibt, und abgesehen von Raum und Zeit ist da kein universales Element, aus dem alle Dinge gemacht wären. Entsprechend diesen Lehren lauten einige der Titel der Abhandlungen in den Essays in Radical Empi-

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Klaus Oehler ricism: Does ‘Consciousness’ Exist?; A World of Pure Experience; The Thing and Its Relations; How Two Minds Can Know One Thing? etc. Der Radikale Empirismus ist recht eigentlich James’ Ontologie und Erkenntnistheorie, und er erklärt, warum wir einerseits jedesmal unsere je eigene Erfahrung eines Dinges machen, andererseits aber dieses Ding auch das gleiche ist, mit dem andere ihre Erfahrung machen, und warum wir über dieses gleiche Ding miteinander kommunizieren können und wir folglich in einer gemeinsamen Welt leben, in der wir einander helfen und die wir durch vereinte Anstrengungen besser machen können, und zwar nicht etwa nach erfolgter Letztbegründung, die nur ein Gott leisten könnte – der aber keiner Begründung bedarf –, sondern auf der Grundlage jenes Wissens, das wir im täglichen Leben und in der Wissenschaft erlangen, schrittweise und unter Rückschlägen, aber mit der Hoffnung auf das Gelingen des nächsten Schrittes und ohne die Phantasien eines letztbegründenden Idealismus, der glaubt, er habe das Ganze, wenn er „touches only the outer surface of reality“ (PU, 111), und auch das nur, wenn er Glück hat. Das alternative Erklärungsmodell zu James’ Radikalem Empirismus ist der absolute Idealismus, den James ablehnt, mit immer neuen und guten Argumenten, die über fast alle seine Werke verstreut sind. Am intensivsten geschieht diese Auseinandersetzung mit der idealistischen Position seines HarvardKollegen Josiah Royce (vgl. Conant 1997). In dieser Kontroverse gaben und offenbarten beide Denker, Royce und James, das Wesentliche ihres Denkens, sie ist von großer Signifikanz und zweifellos eines der Schlüsselereignisse der Philosophie im zwanzigsten Jahrhundert, durchaus vergleichbar mit der Konfrontation zwischen Cassirer und Heidegger in Davos 1929. Dies sind Sternstunden der Philosophie; sie werden nicht vergessen, denn sie markieren Zäsuren: Ende und Neuanfang von Denken. In der gegenwärtigen Situation der Philosophie bricht sich die Erkenntnis der Modernität des Pragmatismus immer mehr Bahn. Dazu gehört auch die Pragmatisierung des Wahrheitsbegriffs. James ordnet den Begriff der Wahrheit dem Begriff des Interesses unter und verweist darauf, daß der Suche nach wahren Aussagen kein anderes Motiv zugrunde liegt als der Wille des Menschen zum Überleben durch Anpassung an seine (Um-)

Einleitung Welt. Als Realist hält er an der alten Formel von der Wahrheit als Übereinstimmung von Gedanke und Wirklichkeit durchaus fest, gibt aber dieser Relation eine Deutung, deren Aktualität und sachliche Relevanz die philosophischen Debatten seit Jahren erneut, verstärkt und dauerhaft, beschäftigen, und das weltweit. Das gilt leider nicht uneingeschränkt für die deutschsprachige akademische Philosophie. Über die pragmatistische Wahrheitstheorie hieß es 1983 in der Logisch-semantischen Propädeutik von E. Tugendhat und U. Wolf: „Die pragmatistische Theorie kann heute als erledigt gelten“ (Tugendhat/Wolf 1983, 237). Diese „propädeutische“ Aussage und ihre Begründung, welche lautete: „schon weil ,nützlich‘ ein zweistelliges Prädikat ist (etwas ist nützlich für S) und ,wahr‘ ein einstelliges“ (ebd.), resultieren aus wahrheitstheoretischen Annahmen, die ebenso üblich wie unhaltbar sind. Und in der hochkomplexen Diskussionslage der Gegenwart glaubt R.-P. Horstmann daran erinnern zu müssen, daß doch aber die Jamessche Wahrheitsauffassung unvermeidlich in Konflikt mit den traditionellen philosophischen Wahrheitstheorien gerate: „Diesen zufolge muß man Wahrheit als eine formale Eigenschaft von Aussagen betrachten, die ihnen dann zukommt, wenn sie mit der Wirklichkeit übereinstimmen“ (Horstmann 1994, 12). Um genau die Erklärung dessen, wie man denn eigentlich diesen Gemeinplatz verstehen soll, dreht sich die ganze pragmatistische Diskussion des Wahrheitsbegriffs. Trotz seiner umstürzenden Erkenntnis kann sich Horstmann immerhin, sozusagen auf dem Gnadenweg, zu dem Zugeständnis bereitfinden, es sei gerechtfertigt, die Pragmatisten „von Zeit zu Zeit wieder zu Wort kommen zu lassen“ (a. a. O., 13), was aber wohl kaum ausreichen wird, wenn es unserem Gewährsmann sogar „schwerfällt, genau zu sagen, wofür dieser Ansatz im einzelnen steht“ (a. a. O., 8). Die in diesem Band versammelten Beiträge dienen der Aufgabe, die acht Pragmatismus-Vorlesungen von William James kommentierend zu erläutern, um dem heutigen Leser derselben den zeitgemäßen Zugang und das philosophische Verständnis zu erleichtern. In der Form eines Running Commentary wird James’ Buch von 1907 dem philosophischen Publikum in dem vorliegenden Band zum ersten Mal geschlossen vorgestellt. Im folgenden seien in einem kurzen Überblick einige wenige Hinweise auf die einzelnen Beiträge vorangestellt.

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Klaus Oehler Die Ausführungen zur Ersten Vorlesung heben James’ Betonung der Grundannahmen der Menschen in vorwissenschaftlichen Lebenswelten und der Funktion der Affekte bei der Daseinsorientierung hervor. Der Pragmatismus als Ausweg aus den theoretischen Aporien des Rationalismus und Empirismus wird in seiner Neuartigkeit und Modernität charakterisiert. Dabei kommt dem Phänomen und Begriff des Glaubens, des Fürwahrhaltens (belief), eine zentrale Rolle zu, die die pragmatistische Konzeption der Philosophie maßgeblich bestimmt. Der Kommentar von Kai-Michael Hingst zur Zweiten Vorlesung legt dar, wie James im Ausgang von Peirces Formulierung der pragmatischen Maxime seine eigene Version des Pragmatismus entwickelt, indem er Peirces Maxime zu der pragmatistischen Leitfrage, welchen praktischen Unterschied ein Begriff oder eine Überzeugung mache, zuspitzt und ihr damit einen weiteren, auch lebenspraktischen Anwendungsbereich eröffnet. Wie Hingst zeigt, legt James damit ungeachtet der bescheidenen Präsentation des Pragmatismus als einer bloßen Methode die systematische Grundlage für die folgenden Vorlesungen, in denen er die pragmatische Methode zur Klärung von Begriffen stricto sensu anwenden, d. h. fruchtbar machen will, um die einzelnen Lehrstücke einer pragmatistischen Philosophie zu entwickeln, so wie er es in der Zweiten Vorlesung für den Wahrheitsbegriff bereits exemplarisch vorführt. In seinem Kommentar zur Dritten Vorlesung zeigt Ludwig Nagl auf, wie William James sich keineswegs mit einer bloß negativen Kritik metaphysischer Begriffe begnügt, sondern nach der Metaphysikkritik jeweils in einem zweiten, pragmatischen Argumentationsgang in der Form von Postulaten eine Rechtfertigung des Hoffens entwickelt, wobei sich James, wie Nagl zeigt, in variierender Nähe und modifizierend an Kant orientiert, speziell an Kants Postulatenlehre. Nagls Beitrag läßt erkennen, daß es James’ Pragmatismus gelingt, auf eine durchaus postmetaphysische Art hautnah an den Problemen zu bleiben, die endliche Menschen in ihrer auf die Zukunft hin offenen Welt umgreifend und wohl dauerhaft beschäftigen werden. Der Kommentar von Sandra B. Rosenthal zur Vierten Vorlesung rückt James’ Ausführungen über das Eine und das Viele in den weitgespannten Rahmen seiner Theorie des Pluralismus und der Kontinuität, in scharfer Abgrenzung gegen einen nomi-

Einleitung nalistischen Pluralismus des Diskreten, den James ablehnt. Vor dem Hintergrund seines Begriffs der reinen Erfahrung analysiert S. B. Rosenthal die phänomenologische Dimension des Jamesschen Erfahrungsbegriffs und entfaltet James’ Lehre von der Wechselwirkung der Teile des Universums, die ausschließt, daß irgend etwas Reales absolut einfach ist, weil die unendliche Aspekthaftigkeit jedes Seienden das nicht zuläßt. Die Autorin zeigt auf, in welchem Sinne die Jamessche Position Indeterminismus einschließt. Im Kommentar zur Fünften Vorlesung erörtert Charlene Haddock Seigfried James’ Begriff des Common sense und begründet, warum der Common sense im pluralistischen Universum von James eine privilegierte Stellung einnimmt. Das moralisch-praktisch gute Urteil ist die im Prozeß der Meinungsbildung erste erfolgreiche Organisation der Erfahrung und als solche paradigmatisch für Organisation von Erfahrung überhaupt. Ch. H. Seigfried macht deutlich, daß die irreführende positivistische Trennung von Wahrheit und Wert nur dadurch möglich war, daß die instrumentelle Basis des Wissens ignoriert wurde. Diese in der Rekonstruktion des Common sense aufgedeckt und wieder freigelegt zu haben, ist das Verdienst des Pragmatismus und insonderheit von William James. Ch. H. Seigfried analysiert eingehend die Formen der Kooperation und Interaktion von Common sense, Wissenschaft und Philosophie im noetischen Pluralismus von James. Der Kommentar von Kai-Michael Hingst zur Sechsten Vorlesung zeigt, daß James die korrespondenztheoretische Bestimmung der Wahrheit als adaequatio intellectus et rei mit neuem Leben füllt, indem er die Übereinstimmung eines Gedankens mit der Wirklichkeit als dessen Wirkungsweise kennzeichnet, die sich in der gelingenden Führung durch den Gedanken im konkreten Leben artikuliert. Hingst analysiert das Wechselverhältnis der Begriffe von Verifikation und Verifizierbarkeit, mit denen James Wahrheit umschreibt, und zeichnet nach, wie sich James gegen Kritik am pragmatistischen Wahrheitsbegriff erfolgreich verteidigen kann, indem er die Hypostasierung „der Wahrheit“ aus den vielen Wahrheiten als einen rationalistischen Trugschluß entlarvt, nach dessen Aufdeckung eine pragmatistische Wahrheitskonzeption unausweichlich wird.

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Klaus Oehler Der Beitrag von Ignas K. Skrupskelis über das Problem der Referenz im Pragmatismus von William James ist in besonderer Weise dazu geeignet, das Verständnis der Siebten Vorlesung zu erschließen und zu vertiefen, wobei die Ausführungen von Skrupskelis – ebenso wie die anderen Beiträge dieses Bandes – zugleich das philosophische Denken von James insgesamt betreffen. James rückt in der Siebten Vorlesung den Begriff der Wirklichkeit, des Gegebenen und des Gegenstandes in den Mittelpunkt. In seiner Abhandlung vertritt Skrupskelis zwei Thesen, erstens, daß die Jamessche Variante des Pragmatismus eine Theorie der Referenz ist und James auch selbst dieser Meinung war, und zweitens, daß James durch Josiah Royce zu dieser Theorie veranlaßt wurde. Der Kommentar von Hermann Deuser zur Achten Vorlesung deckt die Mittelpunktstellung der Religion im Denken von William James auf und behandelt dessen pragmatistische GottHypothese im Kontext seines Orientierungsbegriffs des Universums. Er erklärt die Argumente, die bei James zum Zusammenhang von Pragmatismus und Religion führen, und fragt kritisch nach dem Verhältnis von Moralität und Religiosität sowie nach den religionsphilosophischen Implikationen des Jamesschen Ansatzes. Deuser beleuchtet ferner den theologiegeschichtlichen Hintergrund von James’ Konzept der religiösen Erfahrung im Hinblick auf eine pragmatistisch modifizierte Theologie und die Konsequenzen für den Gottesbegriff in der Philosophie des Pragmatismus. Zu einer alternativen Lesart der Achten Vorlesung veranlaßt die Studie von Richard Rorty, die den religiösen Glauben im Zeitalter der Wissenschaft nicht als einen Akt der argumentativ begründbaren Wahl, sondern als argumentlos privatistisch interpretiert, indem sie die rationale Begründbarkeit von Glaubenspostulaten durch die Disjunktion von privaten und öffentlichen Sprachspielen in Frage stellt und allein die Privatsphäre, die unterscheidend als poetisch charakterisiert wird, als die für religiösen Glauben zuständige Domäne der Hoffnung gelten läßt. Die Abhandlung von Helmut Pape schließt die Reihe der Beiträge dieses Bandes ab, indem sie aufzeigt, daß wesentliche Bestimmungsstücke des Jamesschen Philosophierens schon auf seine Principles of Psychology von 1890 zurückgehen, speziell auf

Einleitung denjenigen Teil dieser Psychologie, der für eine Phänomenologie der semiotischen Erfahrung relevant ist. In diesem Zusammenhang erarbeitet Pape eine Analyse von James’ einflußreichem Konzept des Bewußtseinsstroms (Stream of Thought) und seiner Theorie der Symbolerfahrung sowie der Lehre von der Erfahrbarkeit der Intentionalität. Pape sieht in dem Jamesschen Begriff der Bedeutung, die in Handlung mündet, und in seiner Wahrheitstheorie die konsequente Weiterentwicklung und Verallgemeinerung der Jamesschen Psychosemiotik der Symbole und ineins damit, argumentationslogisch überzeugend, die Immunisierung gegen den Vorwurf eines vulgären Subjektivismus und Utilitarismus.

Literatur Conant, James 1997: The James/Royce dispute and the development of James’s “solution”. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/Melbourne, 186–213 Halfwassen, Jens 1999: Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung, Bonn Homann, Harald 1999: Die Frankfurter Schule im Exil. In: Clemens Albrecht/ Günter C. Behrmann/Michael Bock/Harald Homann/Friedrich H. Tenbruck, Die intellektuelle Gründung der Bundesrepublik. Eine Wirkungsgeschichte der Frankfurter Schule, Frankfurt a. M./New York, 57–77 Horstmann, Rolf-Peter 1994: Vorbemerkung. In: ders. (Hrsg.), William James: Was ist Pragmatismus?, Weinheim, 7–13 Kempski, Jürgen v. 1952: Charles S. Peirce und der Pragmatismus, Stuttgart/Köln Lange, Erhard/Alexander, Dietrich (Hrsg.) 1982: Philosophenlexikon, von einem Autorenkollektiv, Berlin Oehler, Klaus 1979: Idee und Grundriß der Peirceschen Semiotik. In: Zeitschrift für Semiotik 1, 9 –22 Oehler, Klaus 1995: Sachen und Zeichen. Zur Philosophie des Pragmatismus, Frankfurt a. M. Oehler, Klaus 2000: Axiome als Postulate – Grundzüge der Philosophie des Pragmatismus. In: Mathesis. Festschrift für Matthias Schramm, hrsg. von Rüdiger Thiele, Berlin (im Erscheinen) Oehler, Klaus 2000a: Einführung in den semiotischen Pragmatismus. In: Die Welt als Zeichen und Hypothese. Perspektiven des semiotischen Pragmatismus von Charles S. Peirce, hrsg. von Uwe Wirth, Frankfurt a. M. (im Erscheinen) Peirce, Charles S. 1931/58: Collected Papers, Vol. I–VI, ed. Charles Hartshorne, Paul Weiss, Cambridge 1931–1935; Vol. VII, VIII, ed. Arthur W. Burks, Cambridge 1958 (abgekürzt: CP)

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Klaus Oehler Peirce, Charles S. 31985: Über die Klarheit unserer Gedanken. Einleitung, Übersetzung, Kommentar von Klaus Oehler, Frankfurt a. M. Scheler, Max 1926: Erkenntnis und Arbeit. Eine Studie über Wert und Grenzen des pragmatischen Motivs in der Erkenntnis der Welt. In: ders., Die Wissensformen und die Gesellschaft, Leipzig, 231–486 Tugendhat, Ernst/Wolf, Ursula 1983: Logisch-semantische Propädeutik, Stuttgart

Zur Ersten Vorlesung

Klaus Oehler

Zur Ersten Vorlesung: Die pragmatistische Konzeption der Philosophie

Als William James im November und Dezember 1906 am Lowell Institut in Boston und im Januar 1907 an der Columbia Universität in New York seine Vorlesungen über die Philosophie des Pragmatismus hielt, war diese spätestens seit 1898 eine weltweit diskutierte philosophische Richtung. In jenem Jahr des zu Ende gehenden neunzehnten Jahrhunderts hatte James vor der Philosophischen Vereinigung der Universität von Kalifornien in Berkeley einen Vortrag über das Thema „Philosophical Conceptions and Practical Results“ gehalten und kurz darauf veröffentlicht. Der sich daran anschließende Streit über seinen weithin als Skandal empfundenen Wahrheitsbegriff lenkte die Aufmerksamkeit der intellektuellen Öffentlichkeit auf den philosophischen Pragmatismus, der mehr als zwanzig Jahre vorher in einem akademischen Debattierclub in Boston und Cambridge konzipiert worden war, unter maßgeblicher Beteiligung von Charles Sanders Peirce, der Grundlinien und Ergebnisse dieser Debatten 1878 in seiner Abhandlung How to Make Our Ideas Clear publizierte. Sie gilt heute als die Geburtsurkunde des Pragmatismus in seiner modernen Version. James nennt zu Beginn seiner ersten Vorlesung denn auch wahrheitsgemäß Peirce den Begründer des Pragmatismus und beruft sich auf ihn, hier speziell auf die Vorlesungen, die Peirce im Februar 1903 an der Harvard Universität über Pragmatismus, und auf die Vorlesungsreihe, die er im Winter desselben Jahres am Lowell Institut über Logik und Semiotik gehalten hatte. Eine gewisse Reservatio mentalis gegenüber dem Genie

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Klaus Oehler drückt sich aus in der verzweifelten Versicherung: „Keiner von uns hat, meine ich, alles verstanden, was er gesagt hat […]“ (DP, 2). Und sicher ist es kein Zufall, daß James seine Pragmatismus-Vorlesungen nicht Peirce widmet, sondern „dem Gedächtnis John Stuart Mills, von dem ich zuerst die pragmatische Offenheit des Geistes gelernt habe, und den ich mir in meiner Phantasie so gern als unseren Führer denke, wenn er heute am Leben wäre“. Trotz dieser Wunscherklärung ist und bleibt für James der philosophische Mentor und Schleifstein seines pragmatischen Denkens der von ihm in seiner Genialität erkannte und anerkannte Lehrer und Freund Peirce, auch wenn James, wahrscheinlich von Anfang an, seine eigenen Wege ging, die Peirce, neben den Sonderwegen seiner anderen Nachfolger, ebenfalls im Sinn hatte, als er 1905 zur besseren Unterscheidung seine Version des Pragmatismus in „Pragmatizismus“ umbenannte. Mit anderen Worten: Als James seine Pragmatismus-Vorlesungen hielt und publizierte, war die Philosophie des Pragmatismus bereits ein vielstimmiger Chor, der die philosophische Weltbühne bis zum Ersten Weltkrieg dominierte, wie der Dritte Internationale Kongreß für Philosophie 1908 in Heidelberg erkennen läßt, der ganz im Zeichen der neuen Philosophie des Pragmatismus stand (vgl. Elsenhans 1909). James war nicht der einzige, der sich im unmittelbaren Anschluß an Peirce in Sachen des Pragmatismus zu Wort meldete. Da war auch John Dewey, dessen Studies in Logical Theory 1903 erschienen waren, desgleichen von Ferdinand Canning Scott Schiller Studies in Humanism 1907 und frühe Aufsätze dieses Autors sowie der Einfluß, der von den sozialpsychologischen Vorlesungen George Herbert Meads ausging, der mit Dewey in enger Verbindung stand. 1904 hatte James im Journal of Philosophy seinen Berkeley Vortrag von 1898 in gekürzter Fassung und mit großer Resonanz wieder abdrucken lassen. James erwähnt in seinem Vorwort zustimmend unter anderen Maurice Blondel (1861–1949) und Giovanni Papini (1881– 1956). Im Laufe seiner Vorlesungen sieht James verwandte Formen des Pragmatismus auch bei Ernst Mach (1838–1916), Wilhelm Ostwald (1853–1932) und Pierre Duhem (1861–1916). Er sieht diese Verwandtschaft vor allem in ihrer Auffassung, daß keine Theorie eine vollkommene Übersetzung der Realität sei,

Zur Ersten Vorlesung sondern eine bestimmte Sprechweise, eine begriffliche Kurzschrift, in welcher wir unsere Berichte über die Natur abfassen. Das freilich ist nur ein Aspekt neben anderen, die den pragmatistischen Ansatz bestimmten. James spricht von einigen pragmatischen Tendenzen, die in der Philosophie immer vorhanden gewesen, aber erst in jüngerer Zeit zu einem Bewußtsein ihrer selbst erwacht seien, in vielen Ländern und von verschiedenen Standpunkten aus, und er will nun den Versuch machen, ein einheitliches Bild dieser neuen Denkbewegung zu zeichnen. James beginnt seine erste Vorlesung mit einem Zitat des englischen Schriftstellers Gilbert Keith Chesterton (1875–1936) aus dessen Buch Heretics (1905). Das Zitat unterstreicht die Bedeutung, die für einen Menschen seine Weltanschauung hat. Tatsächlich sei sie überhaupt das wichtigste an einem Menschen. James benutzt dieses Zitat, um seine Hörer und Leser einzustimmen auf einen Sachverhalt, der für uns – nach den philosophischen Strömungen des zwanzigsten Jahrhunderts – keine Neuigkeit mehr ist, aber vor hundert Jahren für die meisten durchaus noch eine war: daß Philosophie und Wissenschaft nicht einfach nur da sind, sondern hervorgegangen sind aus Grundannahmen, die sich die Menschen in vorwissenschaftlichen Lebenswelten und mythischen Erlebnisräumen gemacht haben, und daß diese fundamentalistische Grundeinstellung trotz allem weiterlebt und darüber hinaus jeder Mensch auch noch in seiner eigenen Welt lebt, die seine individuelle Auffassung von der Welt bestimmt. Daß in die unterschiedliche Weltsicht der Menschen auch ihre Emotionalität mit eingeht, ihre Gefühle und Affekte, kann nicht bestritten werden. Auch Peirce spricht dieses Thema in seiner Abhandlung The Fixation of Belief von 1877 an, wenn er von der Metaphysik sagt, sie mache unglücklicherweise das Forschen zu einer Sache des intellektuellen Geschmacks (CP, 5.383; vgl. Oehler 1985, 103–124). Von Feuerbach und Nietzsche kennen wir ähnliche Äußerungen. Der damit angesprochene Tatbestand ist, im Gegensatz zur antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Philosophie, in zunehmendem Maß vernachlässigt worden, und nur in Ausnahmefällen beschäftigte man sich danach noch mit der in früheren Zeiten in der Philosophie fest etablierten Theorie der Affekte. James wendet nun diese ungeniert und kühn auf die Philosophie selbst an, mit der Folge,

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Klaus Oehler daß sich seiner Wahrnehmung die Geschichte der Philosophie zu einem großen Teil als die Geschichte des Konfliktes menschlicher Temperamente zeigt, jedoch verkleidet als Schlüsse aus unpersönlichen Begründungen. „Das stärkste von allen Argumenten wird nie ausgesprochen“ (DP, 4). „Es ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß diese temperamentvolle Art der Weltbetrachtung von nun an in der Geschichte der menschlichen Überzeugungen keine Bedeutung mehr besitzen sollte“ (DP, 5). Die Verschiedenheit der intellektuellen Temperamente sieht James in der Philosophie beispielsweise in dem Gegensatz, der in den Bezeichnungen „Rationalist“ und „Empirist“ zum Ausdruck kommt, trotz aller möglichen Kombinationstypen. Die Fixierung auf die Unterscheidung von Rationalismus bzw. Intellektualismus und Empirismus bzw. Sensualismus dient James im folgenden zur näheren Charakterisierung des Pragmatismus. Die Charakteristik, die er bezüglich des rationalistischen und des empiristischen Temperaments im einzelnen vornimmt, ist auch heute noch von mehr als bloß psychologischem Interesse. Im Kontext der ersten Vorlesung illustriert sie anschaulich das radikale Dilemma im Verhältnis von Rationalismus und Empirismus. Als Ausweg aus diesem Dilemma bietet sich für James der Pragmatismus an, weshalb dieser für ihn auf der ersten Stelle der philosophischen Tagesordnung steht: „eine neue Morgenröte“ (DP, 3). Das weltweite Echo, das der Lösungsvorschlag des Pragmatismus auslöste, macht deutlich, daß seine Fragen und seine Antworten den Nervus rerum getroffen hatten und aus diesem Grund auf ein breites Interesse stießen. Diese Situation des philosophischen Geistes am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war vorbereitet worden im Zuge des Zusammenbruchs der spekulativen Systeme des nachkantischen deutschen Idealismus durch die Erfolge der empirischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert. Es kam ein anderes Verständnis von Philosophie auf, das sich vor allem an den Naturwissenschaften orientierte und sich, wie im Neukantianismus, als Wissenschaftstheorie und Erkenntniskritik manifestierte. Die Probleme der Lebenswelt des Menschen blieben in dieser Bewußtseinsstellung der Philosophie unberücksichtigt. In diese Leerstelle rückten kompensatorisch Hermeneutik und Phänomenologie ein, die auch Impulse der gleichzeitigen Le-

Zur Ersten Vorlesung bensphilosophie absorbierten: Dilthey, der mit seinem Grundbegriff des Lebens dessen Auslegungsvielfalt und Interpretationsbedürftigkeit gerade auch in Geschichte und Kultur thematisierte, und Husserl, der mit seinem Begriff der Lebenswelt ein Leitmotiv der soziokulturellen Lebenshermeneutik des zwanzigsten Jahrhunderts prägte, zu der auch Freuds Psychoanalyse gehört. Das um die Jahrhundertwende von wachen Geistern immer deutlicher empfundene Ungenügen der akademischen Schulphilosophie artikuliert James unter Bezugnahme auf die Stichwörter „Rationalismus“ und „Empirismus“ und exemplifiziert an ihrem Gebrauch die symptomatische Vernachlässigung der eigentlichen, das heißt der Lebensprobleme der Menschen durch die institutionalisierte Philosophie, deren metaphysische Überanstrengungen er „eine kalte literarische Stilübung“ (DP, 17) nennt, „weltfremd und leer“, „eine Zufluchtsstätte“ vor der Wirklichkeit des Lebens, wie es sich außerhalb des Hörsaals ereignet. James schlägt hier in der ersten seiner Vorlesungen über Pragmatismus die Melodie an, die leitmotivisch seine Ausführungen bis zur letzten dieser Vorlesungen durchstimmt: der Hinweis auf die Diskrepanz zwischen der begrifflich erstarrten, systemgesteuerten, verkrusteten, traditionsabhängigen Lehre, dem „Staub der Philosophie“ (DP, 14), und der konkreten, „wirklichen Welt menschlicher Lebendigkeiten“ (DP, 12) und alltäglichen Erfahrungen. Dieser neuartige, existentielle Problembezug ist auch die Ursache für die enorme Wirkung dieser Vorlesungen von James gewesen, eine Wirkung, die hinsichtlich dieser Ursache durchaus vergleichbar ist mit der explosiven Wirkung der Vorlesungen Heideggers in den zwanziger Jahren, die von allen Zeitzeugen übereinstimmend bestätigt wird. Hier gibt es deutliche Parallelen. Es ist eine Stimmung des Aufbruchs. „Deshalb fühle ich den Drang, Ihnen von dem, was sich jetzt vollzieht, Kunde zu bringen“ (DP, 3). James spürt das Neuartige seiner Botschaft, er hat ein klares Bewußtsein dieses Neuen, und er hatte es zurecht, wie wir heute wissen. Es war zugleich seine Auflehnung gegen den „luftigen“ und „seichten“, „jetzt in Mode stehenden idealistischen Optimismus“ (DP, 17), in dessen Zeichen das zwanzigste Jahrhundert seinen Anfang nahm, um schon bald auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges in einem ersten Akt der kommenden Tragödie nicht

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Klaus Oehler wenige, leider nicht alle, seiner Illusionen über die Natur des Menschen zu verlieren. Der Umstand, daß auf seine Weise jeder eine „Philosophie“ hat, veranlaßt James, wie vorher ausführlich schon Peirce in dessen Schrift The Fixation of Belief (1877), der vorwissenschaftlichen Alltagserfahrung besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und sie auf ihre Strukturen hin zu untersuchen. Er analysiert die Situationsgebundenheit von Erkenntnissen und Handlungen und zeigt auf, wie Wissenschaft eingelagert ist in einen Horizont des Verstehens, der selbst sich wissenschaftlicher Erkenntnis entzieht und also wissenschaftlich nicht beschreibbar ist, gleichwohl aber zu den lebensweltlichen Voraussetzungen von Wissenschaft gehört. In Abwandlung des Diktums von E.-W. Böckenförde: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“ (Böckenförde 1991, 112), könnte man hier sagen, daß auch die Wissenschaft von Voraussetzungen lebt, die sie nicht selbst garantieren kann, insofern sie aus Motiven, Impulsen und sogar kryptotheoretischen Vorgaben lebt, die ihr aus der vorwissenschaftlichen Lebenswelt zuwachsen, in der sie ihr Leben und ihre Wirklichkeit hat. Ohne die immer schon existierenden und immer weiter existierenden Regularien der Lebenswelt gibt es keine Wissenschaft, und die lebensweltlichen Regulierungskräfte werden nicht von der Wissenschaft hergestellt. Für die Philosophie gilt das gleiche: daß ihre Reflexionen und Lehren in einem Horizont vorgegebener Annahmen stattfinden, die die philosophischen Theorien beeinflussen und interpretierend begleiten. Diese in der natürlichen Einstellung maßgebenden und leitenden Hinsichten sind in einem anderen Sinne a priori als von der traditionellen Transzendentalphilosophie behauptet. James folgt hier ganz und gar der von Peirce vorgegebenen Linie des Pragmatismus, wenn er von der Annahme ausgeht, daß das Apriori in seinem vollen Umfang keineswegs identisch ist mit den Bedingungen der Möglichkeit objektiver Erkenntnis von Gegenständen, sondern daß dazu in umfassender Weise jenes Verstehen gehört, in dem sich das Leben schon immer vor aller begrifflichen und prädikativen Bestimmung seiner Wirklichkeit hält. In solchem originären Verstehen findet die Konstituierung menschlicher Existenz überhaupt statt. Das ist auch der Grund

Zur Ersten Vorlesung für die Doppelrolle des Common sense in der Philosophie des Pragmatismus, zum einen als heuristisches Prinzip, zum anderen als Instanz der Abgrenzung, jenseits deren die Bestätigung oder Widerlegung von Meinungen durch die wissenschaftliche Methode einsetzt. Bei Peirce trägt dieses Verfahren den Namen „Critical Commonsensism“, und James, Dewey, Schiller und Mead und viele andere Pragmatisten haben diese Lehre weitergeführt und ausgebaut, um begreifbar zu machen, wie inmitten des gesellschaftlichen Lebenszusammenhanges Regeln des Verstehens und Handelns funktionieren, sich aber auch erkennbar ändern können. Das Hauptanliegen, dem James in seinen Vorlesungen über den Pragmatismus Ausdruck geben wollte, scheint nach allem, was wir wissen, die Anwendung des Pragmatismus auf religiöse Probleme, auf das Phänomen der Religion überhaupt und auf die Metaphysik, „die immer etwas Klosterhaftes und Gespenstisches an sich hat“ (DP, 14), gewesen zu sein. Aber die große Wirkung ging weder von diesen Teilen des Buches aus noch von der pragmatistischen Vermittlung von Rationalismus und Empirismus als solcher, sondern von der Behandlung des Wahrheitsbegriffs. Die sich darauf beziehende Diskussion hat Anhänger und Gegner von James lange in Atem gehalten. Beendet ist diese Diskussion bis heute nicht. Die letzte Stellungnahme von James zu diesem Thema ist sein 1909 erschienenes Buch The Meaning of Truth mit dem Untertitel A Sequel to ‘Pragmatism’. Die mit Vehemenz und Ausdauer geführte Debatte ließ nur allzu oft den Umstand außer acht, daß James eine „Theorie der Wahrheit“ im technischen Sinne des Wortes „Theorie“ niemals formuliert hat, obwohl auch er selbst von einer „Theorie“ der Wahrheit spricht. Was er tatsächlich tut, ist dies: Er akzeptiert umrißhaft die traditionelle Definition der Wahrheit veritas est adaequatio rei et intellectus, fragt aber dann danach, was denn nun die Bestandteile dieser Definition näherhin bedeuten, worauf sie sich eigentlich beziehen, insbesondere die Wörter „Übereinstimmung“ und „Realität“. Für seine Antwort ist wesentlich sein Begriff der teleologischen Natur des Denkens. Die Diskussion des Wahrheitsbegriffs hat es für James mit der Analyse von Vorgängen zu tun, bei denen Begriffe dazu dienen, die Handlungen so zu steuern, daß die Menschen durch ihre Handlungen zu sie befriedigenden Angleichungen an die Wirklichkeit ge-

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Klaus Oehler langen. In diesem Kontext erscheint dann die Aussage plausibel, daß Wahrheit „gemacht“ wird, daß sie wird, daß sie nicht eine Eigenschaft, sondern ein Ereignis ist. Was die von James auf diese Weise bezeichnete genetische Theorie der Wahrheit ins Bewußtsein hebt, ist recht eigentlich nichts anderes als die Tatsache, daß der Wert von Wahrheiten in ihrer Nützlichkeit für unsere Orientierung in der Erfahrung besteht. Neue Erfahrungen bedingen neue Gedanken und Theorien. Veränderte Bedingungen machen veränderte Anpassungen erforderlich und führen so zu neuen Wahrheiten, das heißt zu neuen Übereinstimmungen. Für die Ethik hatte der pragmatistische Ansatz in der Jamesschen Version enorme Folgewirkungen, die uns durchaus dazu berechtigen, daß auch wir heute von einem gegenwärtigen Dilemma in der Philosophie sprechen, wenn wir an die zwei unterschiedlichen Richtungen in der Ethik denken: die konsequentialistische, die nach den Folgen von Handlungen fragt und eine Handlung zu wählen empfiehlt, die bezüglich ihrer Folgen wünschenswerter ist als jede andere in der konkreten Situation möglicher Handlungen; und auf der anderen Seite die regelorientierte Ethik. Während beispielsweise das Verbot des Klonens von Menschen in der konsequentialistischen Ethik mit den möglichen Schädigungen begründet wird, die Individuen davontragen könnten, wird in der regelorientierten Ethik vor allem mit der Gefährdung von Werten, Menschenwürde und Identität argumentiert. In der ersten seiner Pragmatismus-Vorlesungen versammelt James introduktiv alle Themen, die die Topik der nachfolgenden Vorlesungen ausmachen: den Pluralismus, den Wahrheitsbegriff, seine Ethik und seine Religionsphilosophie. Sein Pluralismus zielt auf die Sprengung jenes Zwanges zur Uniformität, der von der traditionellen Systemphilosophie ausgeht. Seine Erörterung des Wahrheitsbegriffs richtet sich gegen die falsche Sicherheit, die mit den herkömmlichen, abstrakten Wahrheitskonzeptionen einhergeht und in den Begründungen doch oft so problematisch ist, weil die Pluralität auch des Wahrheitsphänomens nicht gesehen wid, die beispielsweise Aristoteles in der Nikomachischen Ethik (NE I 3, 1094b23–27) ganz klar bezeichnet: „Es ist ein Zeichen von Bildung, auf jedem Gebiet den Grad von Genauigkeit zu verlangen, den die Natur des Gegenstandes

Zur Ersten Vorlesung zuläßt. Es ist nämlich genauso abwegig, zu billigen, daß ein Mathematiker überrede, wie vom Rhetor wissenschaftliche Beweise zu fordern.“ Das ist eine Aufforderung zum Methodenpluralismus, nicht zu einer Einheitswissenschaft, eine Forderung, die mehr und mehr im Zuge der Verwissenschaftlichung in Vergessenheit geraten war bis hin zu der Auffassung, daß Werturteile mangels einer rationalen Struktur einer rationalen Diskussion nicht zugänglich seien. Hier und in der noch weitergehenden Auffassung, daß auch die Religionen, nämlich als Lebensformen und wegen ihrer lebenspraktischen Funktionen, sehr wohl Gegenstand philosophischer Rechtfertigung sein können, lag James quer zum Geist seiner Zeit und der damaligen Schulphilosophie. Das Befremden und die Entrüstung waren nahezu einhellig, bis auf die wenigen Ausnahmen, auf die es aber bekanntlich allein ankommt. Von den damaligen Einwänden ist nach der Entwicklung, die die Philosophie im zwanzigsten Jahrhundert genommen hat, so gut wie nichts übriggeblieben, noch nicht einmal der Vorwurf der begrifflichen Inkonsistenz des Pragmatismus, wie Ludwig Nagl zutreffend notiert: „Was um die Jahrhundertwende noch als ein vernichtender Vorwurf galt: daß es nicht nur einen, sondern mindestens ,dreizehn Pragmatismen‘ gibt (so ein früher Kritiker der neuen amerikanischen Denkbewegung, Arthur Lovejoy, 1908 im Journal of Philosophy), mag in Zeiten, in denen – nicht zuletzt unter dem Einfluß der ersten Rezeptionswelle des Pragmatismus selbst! – gelernt wurde, daß pluralistische Erkundungsversuche nicht ein Laster, sondern eine Tugend sind, eher als ein Lob gelten“ (Nagl 1998, 13). Längst auch hat die Jamessche Religionsphilosophie, gestützt auf seine Studie The Varieties of Religious Experience (1902), breites Interesse und intensive Beachtung gefunden, nicht nur bei Religionswissenschaftlern, Religionspsychologen und Soziologen, unter denen Max Weber und Ernst Troeltsch noch relativ einsame Vorläufer waren (vgl. Hennis 1996), sondern auch in der Philosophie, wie etwa in den religionsphilosophischen Betrachtungen Wittgensteins (vgl. Nubiola 1995). In dem betonten Ernstnehmen des religiösen Glaubens als eines Phänomens menschlicher Existenz kommt bei James ein Grundmotiv des Pragmatismus zum Ausdruck, das bereits bei Peirce deutlich vernehmbar anklingt. In seinem Aufsatz The

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Klaus Oehler Fixation of Belief von 1877 untersucht Peirce die zentrale, wesentliche Rolle des Fürwahrhaltens im menschlichen Leben und erklärt diesen Begriff zu einer anthropologischen Konstanten. Das war recht eigentlich die theoretische Inkraftsetzung dieses Begriffs und der Beginn seiner langen und noch immer andauernden Karriere in der Geschichte des Pragmatismus. Verstärkt, aber in eine andere Richtung lenkend, indem er auch das individuelle, partikulare Moment der Handlung und ihrer Motivation artikuliert, setzt James in seiner Schrift The Will to Believe von 1897 diese Linie von Peirce fort. Schon Kant hatte in seiner Lehre vom Primat der praktischen Vernunft die Rechte des Glaubens gegenüber den Ansprüchen des Wissens verteidigt. Der Pragmatismus geht aber noch einen Schritt weiter, indem er lehrt, daß der Glaube auch in dem Sinne primär ist, daß überhaupt alles Wissen erst aus ihm hervorgegangen ist und hervorgeht. Schon bei Peirce stießen diejenigen Teile der Kantschen Erkenntnistheorie auf eingehend begründete Ablehnung, in denen der reinen theoretischen Vernunft ein ihr eigener apriorischer Besitzstand zugesprochen wurde, also die reinen Anschauungen und die reinen Verstandesbegriffe. Neue Wahrheiten treten zuerst in der Form von Hypothesen auf. Was wir auf der Grundlage von Beobachtungen und Überlegungen als ein allgemeines Gesetz postulieren, gilt dann als eine begründete Wahrheit, jedenfalls bis auf weiteres, solange es nicht in der Erfahrung oder im Experiment widerlegt wird. Geleitet von diesem Ansatz und unter dem Einfluß des Evolutionsgedankens, kommt der Pragmatismus zu dem Schluß, daß das Erkennen im Prinzip nie anders und von Anfang an so vor sich gegangen ist, wie es sich auch heute noch vollzieht, nämlich als ein Vortasten und Fortschreiten im Probieren und im Erfahren von Bestätigung oder Widerlegung durch die Entsprechung oder den Widerstand der Realität, das heißt der Sachen, angefangen von der vorwissenschaftlichen Orientierung in der Alltagswelt bis hin zur wissenschaftlichen Hypothesenbildung. Auf diesem Weg und auf keinem anderen entstanden die Allgemeinvorstellungen zum Zweck des Aufbaus einer solchermaßen geordneten Wirklichkeit. So entstanden die begrifflichen Grundmuster des Allgemeinbewußtseins, des Gemeinsinns, des Common sense. Das heißt: Auch die vermeintlich apriorischen reinen Verstandesbegriffe oder Kategorien Kants sind nicht dem

Zur Ersten Vorlesung Menschen von oben eingegeben, sondern sind geschichtlich geworden als Hypothesen in einem zeitlichen Prozeß der Bewährung und der Anpassung ungezählter Generationen an ihre Umwelt, das heißt an ihre Welt. Die parallel verlaufende stufenweise Korrektur oder Liquidierung des jeweils verfestigten und erstarrten Common sense durch neue Erfahrungen und Motivlagen hatte schon Peirce in seiner Theorie des Critical Commonsensism beschrieben. So allererst konnte es dazu kommen, daß die zu Kategorien fixierten erfolgreichen Fundamentalhypothesen als ein absoluter, von aller Erfahrung unabhängiger Besitz der „reinen“ Vernunft angesehen wurden. Ihre unvordenkliche Gültigkeit und der Umfang ihrer Brauchbarkeit und damit ihre unangefochtene Wirksamkeit machten ihr geschichtliches Gewordensein unsichtbar, „bis alle Sprachen auf ihrer Grundlage aufgebaut waren“, so James in der fünften Vorlesung (DP, 115). So erklären sich auch die beiden Eigenschaften, die Kant als unfehlbare Kennzeichen einer a apriori gültigen Wahrheit ansieht, die Allgemeinheit und die Notwendigkeit. Unter diesem genetischen Aspekt betrachtet, steht am Anfang jedes Wissens ein Glauben oder Fürwahrhalten, das der Bewährung harrt. Kant hatte dem Glauben Platz geschaffen neben dem Wissen. Von den Pragmatisten wird dieser Ort ausgedehnt, nicht mehr neben dem Wissen, sondern auf das ganze Gebiet des Erkennens, dergestalt, daß das Wissen nunmehr nur noch eine Art des Glaubens ist, nämlich diejenige, die im Procedere der Erfahrung ihre Bestätigung findet. Der Pragmatismus gewinnt daraus ein Argument gegen Kant. Kant läßt die praktische Vernunft die höhere sein, die das Recht hat zu postulieren. Wenn das zutrifft, muß zugegeben werden, daß das Postulieren fähig ist, zum Erkennen zu führen, vielleicht selbst ein Erkennen ist, möglicherweise sogar die Grundlage aller Erkenntnis bildet. Denn mit Sicherheit kann das Postulieren nicht auf das Gebiet der Ethik eingeschränkt werden. Mit anderen Worten: Wenn das Prinzip des Postulierens überhaupt Geltung hat, dann muß es verallgemeinert und auf die Strukturprinzipien unseres Lebens insgesamt angewendet werden. Diese Verallgemeinerung wird gestützt durch die überall erkennbare Zielgerichtetheit des menschlichen Verhaltens, die tendenziell eine Vereinheitlichung des menschlichen Lebens und die Über-

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Klaus Oehler windung des Gegensatzes von Theorie und Praxis zum Telos hat. Damit befinden wir uns mitten im Zentrum der pragmatistischen Konzeption der Philosophie, die sich mit dem Kritizismus Kants durchaus darin einig ist, daß wir die Wirklichkeit, die wir als die unsrige erkennen, zu einem Teil selbst machen. Freilich ist der Unterschied zu beachten: Für Kant erkennen wir den Teil der Wirklichkeit aus reiner Vernunft, ohne Erfahrung, den wir selbst machen – Kants Antwort auf die Frage: Wie sind synthetische Erkenntnisse a priori möglich? –; für den Pragmatismus aber gilt nicht der Apriorismus der Form, er wendet sich gegen die Trennung von Form und Stoff der Erfahrung und führt diese Trennung auf den Platonischen Dualismus zurück, vielmehr läßt der Pragmatismus die geordnete Wirklichkeit als prozedurale Konstruktion aus dem Postulieren erfolgreicher Hypothesen als Ordnungsprinzipien im spezifizierenden und korrigierenden Nacheinander hervorgehen. Sowohl der praktischen als auch der theoretischen Vernunft erkennt der Pragmatismus mithin das Recht zu, dasjenige für wahr zu halten, was sich durch seine Konsequenzen bewährt. Im Fall der praktischen Vernunft ist es die Bewährung, insofern das Fürwahrhalten der Konstruktion eines Weltganzen dient, in dem wir als Nachdenkende, Fühlende, Wollende und Handelnde uns zu orientieren in der Lage sind. Im Fall der theoretischen Vernunft ist es die Bewährung, insofern das Fürwahrhalten uns in den Stand setzt, eine geordnete Welt herzustellen, in der wir uns mit Hilfe von Abstraktionen und Zeichen, das heißt kommunikativ und semiotisch, verständigen können, denn ohne Zeichen keine Verständigung. Die Wörter „Symbol“ und „symbolisch“ haben in diesem Rahmen nur noch eine eingeschränkte, durch die moderne Theorie der Semiotik definierte Bedeutung. Cassirers Philosophie der symbolischen Formen ist, daran gemessen, zu unspezifisch, zu unscharf und war schon zur Zeit ihrer Entstehung eine durch die Peircesche Zeichentheorie überwundene Stufe philosophischer Reflexion. Aber damals und für lange Zeit fehlte die Möglichkeit eines Vergleiches. Das ist heute anders. Sowohl für die praktische wie für die theoretische Vernunft bestimmt sich also aus pragmatischer Sicht das Wahre als dasjenige, was sich durch seine Konsequenzen bewährt. Das Wahre

Zur Ersten Vorlesung ist das in diesem Sinne Zweckdienliche im Bereich des Denkens, ebenso wie das sittlich Gute das Zweckdienliche im Bereich des Handelns ist. James hat seinen Wahrheitsbegriff in den Pragmatismus-Vorlesungen ausführlich expliziert und auch danach noch wiederholt kommentiert, so daß dessen Bedeutung den Gutwilligen kein Geheimnis sein kann. Deshalb ist es heute eher langweilig, den „Mißverständnissen“ und Unterstellungen nachzugehen, denen das Jamessche Wahrheitsverständnis ausgesetzt war. Die philosophische Diskussion hat sich längst zugunsten von James entschieden. Für uns heute ist es ungleich aufschlußreicher, noch einen Blick auf Kant zu werfen und auf seine Feststellung, daß „alles Interesse zuletzt praktisch ist und selbst das der spekulativen Vernunft nur bedingt und im praktischen Gebrauche allein vollständig ist“ (KdpV, 219). In der Kritik der reinen Vernunft fügt Kant im dritten Abschnitt des „Kanons der reinen Vernunft“, der überschrieben ist „Vom Meinen, Wissen und Glauben“, einige Bemerkungen an über die Arten des „praktischen Glaubens“. Er unterscheidet neben dem „moralischen“ einen „pragmatischen“ und einen „doktrinalen“ Glauben. Dadurch wird der „pragmatische“ Glaube noch enger gefaßt, als es üblicherweise im modernen Pragmatismus geschieht. Tatsächlich kommt es durch die semantische Ausdehnung des Begriffs des „praktischen Glaubens“ über den des „moralischen Glaubens“ hinaus zu einer indirekten Annäherung an die pragmatistische Position. „Der Arzt muß bei einem Kranken, der in Gefahr ist, etwas tun, kennt aber die Krankheit nicht. Er sieht auf die Erscheinungen und urteilt, weil er nichts Besseres weiß, es sei die Schwindsucht. Sein Glaube ist selbst in seinem eigenen Urteile bloß zufällig, ein anderer möchte es vielleicht besser treffen. Ich nenne dergleichen zufälligen Glauben, der aber dem wirklichen Gebrauche der Mittel zu gewissen Handlungen zum Grunde liegt, den pragmatischen Glauben“ (KdrV, B 852). Analog nennt Kant in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten die Sanktionen pragmatisch, „welche eigentlich nicht aus dem Rechte der Staaten als notwendige Gesetze, sondern aus der Vorsorge für die allgemeine Wohlfahrt fließen“. Und pragmatisch ist für Kant eine Geschichte abgefaßt, „wenn sie klug macht, d. i. die Welt belehrt, wie sie ihren Vorteil besser oder wenigstens ebensogut als die Vorwelt besorgen könne“ (GzMdS, 417). Zu einer vulgär-

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Klaus Oehler pragmatistischen Auslegung gibt diese Stelle der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten durchaus keine Veranlassung, denn woran Kant denkt, wenn er von dem Vorteil spricht, den zu besorgen die Welt klug beraten wäre, ist eben jene „allgemeine Wohlfahrt“, von der im vorangehenden Satz die Rede ist. Für den „doktrinalen Glauben“ nennt Kant als Beispiel den Glauben an Zwecke in der Natur und an einen zwecksetzenden Gott. „Denn, ob ich gleich […] verbunden bin, meiner Vernunft mich so zu bedienen, als ob alles bloß Natur sei, so ist doch die zweckmäßige Einheit eine so große Bedingung der Anwendung der Vernunft auf Natur, daß ich […] sie gar nicht vorbeigehen kann“ (KdrV, B 854). Die folgende Betrachtung könnte nahezu ganz aus dem Geist des modernen Pragmatismus verfaßt sein: „Der Ausgang meiner Versuche bestätigt auch so oft die Brauchbarkeit dieser Voraussetzung, […] daß ich viel zu wenig sage, wenn ich mein Fürwahrhalten bloß ein Meinen nennen wollte, sondern es kann selbst in diesem theoretischen Verhältnisse gesagt werden, daß ich festiglich einen Gott glaube“ (KdrV, B 854). Am nächsten kommt Kant aber, wie sich zeigt, dem Pragmatismus in der Lehre von den Postulaten der praktischen Vernunft. Die praktische Vernunft postuliert die „Ideen“ – „Gott“, „Freiheit“ und „Unsterblichkeit“ – als regulative Prinzipien, also notwendige Voraussetzungen unseres sittlichen Handelns. Diese postulatorische Funktion der praktischen Vernunft auf die theoretische Vernunft ausgedehnt zu haben, ist der Anspruch der pragmatistischen Erkenntnistheorie. Das geschieht in dieser Bestimmtheit und Klarheit zum erstenmal bei James, aber auf der Grundlage der Peirceschen Exposition des Belief-Begriffes. Mit dieser Einsicht in die wesentliche Rolle des Glaubens, des Fürwahrhaltens in der menschlichen Lebenswelt war eine Erkenntnis erreicht, die zu den Grundlagen des Philosophierens im zwanzigsten Jahrhundert gehört und ihre Gültigkeit wohl behalten wird.

Zur Ersten Vorlesung

Literatur Böckenförde, Ernst-Wolfgang 1991: Recht, Staat, Freiheit. Studien zur Rechtsphilosophie, Staatstheorie und Verfassungsgeschichte, Frankfurt a. M. Dewey, John 1903: Studies in Logical Theory, Chicago Elsenhans, Theodor (Hrsg.) 1909: Bericht über den III. Internationalen Kongreß für Philosophie zu Heidelberg 1. bis 5. September 1908, Heidelberg. Nachdruck Nendeln/Liechtenstein 1974 Hennis, Wilhelm 1996: Die „spiritualistische“ Grundlegung der „verstehenden Soziologie“: Ernst Troeltsch, Weber und William James’ „Varieties of religious experience“. In: ders., Max Webers Wissenschaft vom Menschen. Neue Studien zur Biographie des Werks, Tübingen, 50 –71 Lovejoy, Arthur O. 1908: The Thirteen Pragmatisms. In: The Journal of Philosophy 5, 5–12, 29–39. Wiederabgedruckt in: ders., The Thirteen Pragmatisms and Other Essays, Baltimore 1963, 1–29 Nagl, Ludwig 1998: Pragmatismus, Frankfurt/New York Nubiola, Jaime 1995: W. James y L. Wittgenstein: ¿Por qué Wittgenstein no se consideró pragmatista? In: Anuario Filosófico 28 (1995), 411– 423 Oehler, Klaus 31985: Kommentar. In: Charles S. Peirce, Über die Klarheit unserer Gedanken/How to Make Our Ideas Clear. Einleitung, Übersetzung, Kommentar von Klaus Oehler, Frankfurt a. M., 97–151 Oehler, Klaus 1993: Charles Sanders Peirce, München Peirce, Charles S. 1931/58: Collected Papers, Vol. I–VI, ed. Charles Hartshorne, Paul Weiss, Cambridge 1931–1935; Vol. VII, VIII, ed. Arthur W. Burks, Cambridge 1958 (abgekürzt: CP) Schiller, Ferdinand Canning Scott 1907: Studies in Humanism, London/New York. Reprint New York 1969

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Zur Zweiten Vorlesung: James’ Transformation der Pragmatischen Maxime von Peirce 3.1 Gliederung der Vorlesung und des Beitrags In der 1. Pragmatismus-Vorlesung hat James ein Dilemma der Philosophie nicht nur seiner Zeit geschildert: das Dilemma zwischen tatsachenbezogenem, aber wertneutralem Empirismus auf der einen und religiösem, aber weltfremdem Rationalismus auf der anderen Seite (vgl. PM 17, 23, 26). In den folgenden Vorlesungen unternimmt es James, einen Ausweg aus diesem Dilemma aufzuzeigen. Dieser Ausweg ist der Pragmatismus.1 James führt ihn in der 2. Vorlesung zunächst allgemein ein, um dann in der 3. bis 8. Vorlesung die einzelnen pragmatistischen Lehrstücke vorzustellen. Da die 2. Vorlesung somit die Grundlage für alles Weitere legt, kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Die Darstellung folgt der impliziten Gliederung der 2. Vorlesung in drei etwa gleich lange Abschnitte.2 Zunächst exponiert

1 Zur Sache vgl. Hingst 1998, 187–223. 2 Zugrunde gelegt wird der englische Text von Pragmatism, Cambridge/London 1975 in der Ausgabe The Works of William James. Die 2. Vorlesung wird nach den Absätzen dieser Ausgabe zitiert, wobei die 56 Absätze, abgekürzt mit einem großen „A“, arabisch durchnumeriert werden. Alle Zitate werden auf deutsch gegeben, für Pragmatism in Anlehnung an die sprachlich schöne Übersetzung Wilhelm Jerusalems in der deutschen Erstausgabe Der Pragmatismus. Ein neuer Name für alte Denkmethoden, Leipzig 1908 unter Ausgleich etwaiger Versehen. Die Absatzeinzüge aus Pragmatism und Der Pragmatismus entsprechen einander mit den zwei Ausnahmen, daß in der deutschen Fassung die beiden unteren Absätze auf Seite 33 zusammen A 15 bilden und die beiden mittleren Absätze auf

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Kai-Michael Hingst James den Pragmatismus als Methode (A 1–A 18a), sodann befaßt er sich – in einem ersten Zugang – mit dem Pragmatismus als Wahrheitstheorie (A 18b–A 37), und schließlich zeigt er, in welchem Sinne der Pragmatismus zwischen Empirismus und Rationalismus vermittelt (A 38–A 56).

3.2 Pragmatismus als Methode (A 1–A 18a) Im ersten Abschnitt über den Pragmatismus als Methode erzählt James zunächst eine Anekdote (A 1 f.), an Hand derer er die pragmatische Methode einführt (A 3), und läßt darauf Bemerkungen zu ihrer Geschichte folgen (A 4 –A 10), um anschließend einige erste Charakteristika des Pragmatismus darzustellen (A 11–A 18a).

3.2.1 James und das Eichhörnchen (A 1 f.) Seinem Naturell entsprechend beginnt James anschaulich. Er schildert, wie eine Wandergesellschaft darüber streitet, ob ein Mann, der einem ringsum an einem Baum laufenden Eichhörnchen um diesen Baum folgt, ohne es je zu Gesicht zu bekommen, um das Eichhörnchen herumgeht oder nicht. James schlichtet diesen Streit, indem er zeigt, daß hier zwei verschiedene Möglichkeiten im Spiel sind, den Ausdruck „A geht um B herum“ zu verstehen: (1) Wenn wir die Bewegung des Herumgehens in Hinblick auf einen dritten Bezugspunkt wie die Himmelsrose verstehen, dann geht der Mann – nördlich, östlich, südlich, westlich – um das Eichhörnchen herum. (2) Wenn wir dagegen nur die Relation von Mann und Eichhörnchen in den Blick nehmen, stehen sich beide infolge ihrer gleichen Bewegungsrichtung dauernd frontal, wenn auch durch den Baum verdeckt, gegenüber. Der Mann geht dann nicht um das Eichhörnchen herum, sondern lediglich um den Baum (A 1). Welche der beiden Auffassungen dem Sprachgebrauch entspricht – vermutlich ist es die erstere –, läßt James offen (A 2). Seite 37 A 23. Wo es hilfreich ist, werden die englischen Ausdrücke in Klammern hinzugefügt.

Zur Zweiten Vorlesung 3.2.2 Einführung der pragmatischen Methode (A 3) Die Anekdote vom Eichhörnchen illustriert die Funktion der pragmatischen Methode: Sie bezweckt die Beilegung philosophischer Streitigkeiten. Ihr Verfahren ist die vergleichende Untersuchung der praktischen Konsequenzen entgegengesetzter Urteile. Ihre Formel lautet: „Welchen praktischen Unterschied würde es machen, wenn dieses oder jenes Urteil wahr wäre?“ Und ihre Pointe ist: Wo es keinen praktischen Unterschied gibt, da gibt es auch keinen Bedeutungsunterschied (A 3). So schlicht diese Sätze klingen, so groß ist ihre Tragweite. Denn mag James, bescheiden wie er war, dies hier auch nur andeuten, so bezweckt sein Pragmatismus doch nichts Geringeres, als die philosophische Begriffsbildung auf eine völlig neue Grundlage zu stellen, oder besser gesagt: ihre lange Zeit verschüttete Grundlage zurückzugewinnen. Zugleich ist offenkundig, daß für die pragmatische Methode nach James’ Auffassung ein Praxisbezug wesentlich ist. Entscheidend sind praktische, nicht theoretische Unterschiede. Bedeutung wird an Praxis gekoppelt.

3.2.3 Geschichte der pragmatischen Methode (A 4–A 10) 1. Formulierung der Methode durch Peirce (A 4). Seiner Etymologie nach stammt der Ausdruck „Pragmatismus“ vom griechischen Verbum prattein (tun, bewirken). Von ihm ist das Verbalsubstantiv to pragma abgeleitet (wörtlich: das Getane), das sowohl für den Vorgang des prattein, d. h. die Tat oder Handlung (A 4), als auch für dessen Hervorbringnis steht (Sache, Gegenstand, Ding). In der Alltagssprache meint „Pragmatismus“ eine sachbezogene, ergebnisorientierte Handlungsweise, einen Sinn für das Machbare. Als philosophischer Terminus geht der Ausdruck zurück auf Charles S. Peirce (1839–1914), der ihn in den 70er Jahren im „Metaphysical Club“ in Cambridge gebrauchte, einer Diskussionsgruppe junger Gelehrter, zu denen auch James zählte (Peirce, CP, 5.12 f., 6.482). Seine im Metaphysical Club vorgetragenen Gedanken führte Peirce in dem Aufsatz How to Make Our Ideas Clear (Peirce 1985; CP, 5.388– 410) zusammen, auf den sich James bezieht (A 4). Er

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Kai-Michael Hingst wurde 1878 veröffentlicht und gilt als die Geburtsurkunde des Pragmatismus. Peirce führt dort seine berühmte, später so genannte „pragmatische Maxime“ ein: „Überlege, welche Wirkungen, die denkbarerweise praktische Bezüge haben könnten (what effects, that might conceivably have practical bearings), wir dem Gegenstand unseres Begriffs in Gedanken zukommen lassen. Dann ist unser Begriff dieser Wirkungen das Ganze unseres Begriffs des Gegenstandes“ (Peirce 1985, 63; CP, 5.402). Peirces pragmatische Maxime fixiert den Gedanken, daß für die Bestimmung eines Gegenstandes der Begriff der erwarteten sinnlich wahrnehmbaren Wirkungen des Gegenstandes wesentlich ist. Die „denkbarerweise praktischen Bezüge“ der vorgestellten Wirkungen meinen die durch dieses Gedankenexperiment ausgelösten praktischen Handlungen im Sinne eines zielgerichteten, geregelten Verhaltens. Der Begriff eines Dinges wird also mit dem in der Vorstellung antizipierten Begriff der Wirkungen des Dinges gleichgesetzt (Oehler 1985, 34). Peirce identifiziert auf der Begriffsebene den Gegenstand mit dessen Wirkungen. Die Wirkungen treten nicht zu einem Gegenstandskern hinzu, sondern die Wirkungen machen den Gegenstand gerade aus. Der Gegenstand geht in seinen Wirkungen auf. Der Gegenstand ist seine Wirkungen.3 2. Aufnahme der Methode durch James (A 5). Es war James, der das Wort „Pragmatismus“ als Bezeichnung einer philosophischen Richtung zum erstenmal in der Öffentlichkeit gebrauchte. Am 26. August 1898 hielt James vor der Philosophischen Vereinigung der Universität von Kalifornien in Berkeley vor über 1000 Zuhörern einen Vortrag über Philosophical Conceptions and Practical Results (A 5), der im September 1898 gedruckt wurde.4 Die Öffentlichkeitswirkung dieses Vortrages, in dem sich James auf Peirce beruft, war epochal und hat dazu geführt, daß man die Geschichte des amerikanischen Pragmatismus in

3 Für Einzelheiten zu Peirces pragmatischer Maxime vgl. Oehler 1985, 32–34, 114 –131; Oehler 1993, 24 –26, 82 f.; Nagl 1992, 64 –70, 79–84; Nagl 1998, 23– 32. 4 Der Vortrag erschien in The University Chronicle der University of California, Band 1, 1898, 287–310 (PM, 257–270). 1904 wurde der Text unter Fortfall des Vortragsrahmens als „The Pragmatic Method“ im Journal of Philosophy, Psychology, and Scientific Methods 1, 673–687 wiederabgedruckt (EPH, 123–139).

Zur Zweiten Vorlesung die Zeit vor und nach 1898 einzuteilen sich gewöhnt hat (Oehler 1994, XIX*), also in eine Periode von etwa 1865 bis 1898, in der diese philosophische Richtung noch keinen offiziellen Namen trug, und in eine Periode von 1898 an, in der sie sich unter dem Oberbegriff des Pragmatismus als Pragmatizismus (Peirce), Pragmatismus (James), Instrumentalismus (Dewey) und Humanismus (F. C. S. Schiller) entfaltete (vgl. Fisch 1977). In seinem Vortrag von 1898 spricht James noch vom „Prinzip des Praktikalismus – oder Pragmatismus, wie er (scil. Peirce) es nannte, als ich es ihn zum erstenmal in Cambridge in den frühen 70er Jahren aufstellen hörte“ (PM, 258), nämlich vermutlich bei einem Vortrag im November 1872 im Metaphysical Club (Fisch 1986, XXIX, XXXI f.). Den von James im Vortrag von 1898 bevorzugten Ausdruck „Praktikalismus“ (PM, 258, 264, 266, 270) hielt Peirce, der seinen Pragmatismus als Teil der Wissenschaftslogik auffaßte (Oehler 1994, XX*), für keine gute Wahl: „Für jemanden, der Philosophie durch Kant lernte […], waren praktisch und pragmatisch so weit voneinander entfernt wie die beiden Pole“ (CP, 5.412). James hat sich später – wohl Peirce zuliebe – dessen Wortwahl angeschlossen und auch seine Vorlesungen über die neue philosophische Richtung nicht Practicalism, sondern Pragmatism betitelt. Den Vortrag von 1898 läßt er in die 2., 3. und 4. Vorlesung eingehen und umschreibt die pragmatische Maxime wie folgt: „Um […] vollkommene Klarheit in unsere Gedanken über einen Gegenstand zu bringen, müssen wir nur erwägen, welche denkbaren Wirkungen praktischer Art der Gegenstand nach sich ziehen mag (what conceivable5 effects of a practical kind the object may involve) – was für Empfindungen wir zu erwarten und was für Reaktionen wir vorzubereiten haben. Unser Begriff dieser Wirkungen, mögen sie unmittelbare oder mittelbare sein, macht dann für uns den ganzen Begriff des Gegenstandes aus, insofern dieser Begriff überhaupt eine positive Bedeutung hat“ (A 4). Zu den einzelnen Bestandteilen der Maxime ist folgendes anzumerken: (1) Der Gegenstand, über den wir uns klar werden wollen, kann sowohl ein körperlicher als auch ein abstrakter

5 Diese Qualifizierung (conceivable) der Wirkungen fehlt in Jerusalems Übersetzung.

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Kai-Michael Hingst Gegenstand sein. (2) Die maßgeblichen Wirkungen sind denkbare Wirkungen, d. h. sie brauchen nicht wirklich eingetreten zu sein oder einzutreten. (3) Die maßgeblichen Wirkungen sind praktisch, d. h. sie sind typischerweise Handlungen. (4) „Praktisch“ ist im weitesten Sinne zu verstehen, d. h. die Wirkungen können auch bloß geistige Wirkungen (MT II, 38, Anm. 2) sein wie die Empfindungen, die ein Gegenstand in uns auslöst, oder die Erfahrungen, die wir in Hinblick auf einen Gegenstand zu erwarten haben (EPH, 94). (5) Auch mittelbare Wirkungen, d. h. durch weitere Denk- oder Handlungsschritte vermittelte Wirkungen sind zu berücksichtigen. (6) Ein Begriff ohne Wirkungen hat keine Bedeutung. Die pragmatische Maxime dient ebenso wie Peirce auch James dazu, die Klarheit unserer Gedanken zu fördern. Unverkennbar hat sich aber James mit seiner Auffassung des Pragmatismus von Peirce entfernt.6 Peirce verstand die pragmatische Methode als Teil einer umfassenden Theorie der Zeichen, der Kommunikation und des rationalen Verhaltens. Gemäß dieser Theorie hat Bedeutung ihren Grund im allgemeinen oder im gesellschaftlichen Verhalten, so daß die Explikation der Bedeutung von Begriffen nicht anders denn durch allgemeine Regeln geschehen kann, die Vorschriften für Handlungen sind. Peirce ging es demnach um die allgemeinen Arten des Verhaltens, James dagegen geht es primär um die partikulare Sinneserfahrung, die Allgemeinheit gerade ausschließt, also um praktische Wirkungen, Sinnesempfindungen und individuelles Verhalten. Für James kann Bedeutung immer bis zu einer partikularen, konkreten Konsequenz in unserer zukünftigen praktischen Erfahrung verfolgt werden. Der seine Version des Pragmatismus beherrschende Gesichtspunkt ist der zweck- und interessegeleitete Charakter der menschlichen Handlung und Erfahrung (Oehler 1994, XXI* f., XX*). Ralph Barton Perry, der die für ein halbes Jahrhundert maßgebliche James-Biographie verfaßte, vertrat die Ansicht, „daß

6 Zum Detailvergleich der Formulierungen der pragmatischen Maxime durch Peirce und James vgl. Hingst 1998, 193, Anm. 46. Zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der frühen Pragmatisten vgl. Peirces Briefe an James (CP, 8.249– 315) und F. C. S. Schiller (CP, 8.319–326) sowie Almeder 1997, 100–104, Oehler 1993, 134–143 und Nagl 1998, 58–65.

Zur Zweiten Vorlesung die moderne Bewegung, die als Pragmatismus bekannt ist, größtenteils das Ergebnis des Jamesschen Mißverständnisses von Peirce ist“ (Perry 1935, II 409). Diese Auffassung ist kaum haltbar. James hat seine Bestimmung des Pragmatismus mit großer Bewußtheit vorgenommen. Er wußte, was er wollte, und er spricht in Pragmatism ja deutlich aus, daß es außer Peirce auch noch andere Quellen gibt, aus denen er geschöpft hat (A 10, A 22).7 Seine Abweichungen von Peirce tragen alle Merkmale einer eigenen Richtungsbestimmung (Oehler 1994, XXII*). Bereits 1898 sagte James über Peirces Prinzip des Pragmatismus programmatisch: „Ich selbst glaube, daß es allgemeiner ausgedrückt werden sollte, als Peirce es ausgedrückt hat“ (PM, 259). Peirce hat sich denn später von James’ Verwendung der pragmatischen Methode abgesetzt und seine eigene Form des Pragmatismus „Pragmatizismus“ genannt.8 3. Anwendung der Methode durch den Chemiker Ostwald (A 6– A 8). Wenn James schreibt, um die Bedeutung von Peirces Prinzip vollständig zu erfassen, müsse man sich daran gewöhnen, es auf konkrete Fälle anzuwenden (A 6), so ist dies seinerseits schon pragmatistisch: Denn erst in dem Erkenntnisgewinn, den die Anwendung der pragmatischen Methode erbringt, zeigt sich, daß sie das pragmatistische Relevanzkriterium erfüllt und selbst „einen Unterschied macht“ (A 3). Würde die pragmatische Methode die Klarheit der Gedanken, um mit Peirce zu sprechen, nicht fördern, so wäre sie ihrerseits nutzlos.

7 Als die beiden „Inspirationsquellen“ seines Pragmatismus bezeichnet James in einem Brief an den englischen Philosophen Shadworth Holloway Hodgson (1832–1912) zum einen Peirce, zum anderen eben Hodgson mit der „Methode, Probleme in Angriff zu nehmen, indem er fragte, ‚als was‘ ihre Ausdrücke ‚bekannt‘ sind (what their terms are ‘known-as’)“ (Perry 1935, II 653). Der Satz, in dem James in A 10 Hodgson unter den „Vorläufern des Pragmatismus“ erwähnt, fehlt in Jerusalems Übersetzung. 8 CP, 5.414. Die maßgeblichen Texte zu Peirces Pragmatismus vereint der 5. Band der Collected Papers über “Pragmatism and Pragmaticism”. Vgl. hieraus besonders das Vorwort (1902/6, CP, 5.1–13), Teile der – von James als „glänzende Lichtblitze in Cimmerischer Finsternis“ gewürdigten (PM, 10) – Vorlesungen über Pragmatismus (1903, CP, 5.14 –17, 195–197, 206–212), die Abschnitte über die pragmatische Maxime aus How to Make Our Ideas Clear (1878, CP, 5.394 – 404) und die Passagen über den neubenannten Pragmatizismus aus What Pragmatism Is (1905, CP, 5.411 f., 414 – 435), Issues of Pragmaticism (1905, CP, 5.438– 463) und A Survey of Pragmaticism (Nachlaß, CP, 5.464 –468, 494 –496).

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Kai-Michael Hingst Der Chemiker Ostwald9 dient James als Beispiel eines praktizierenden Pragmatisten. Für Ostwald ist der Einfluß der Wirklichkeiten auf unser Handeln ihre Bedeutung für uns (A 7). Andere als praktische, d. h. handlungsbezogene Bedeutung gibt es gar nicht. Die Nagelprobe jeder Theorie ist die Praxis. Wo aus zwei konkurrierenden Theorien, wie es in dem von Ostwald geschilderten Beispiel der Theorien über Tautomere (ineinander umwandelbare, im Gleichgewicht stehende Molekülformen bestimmter organischer Verbindungen) der Fall ist (A 8), nicht einmal denkbarerweise praktische Unterschiede folgen, fehlt es ihnen an einem praktischen Substrat, und sie bleiben bloße Spekulation. Der theoretische Streit erweist sich damit als substanzlos. Auch in den von James angeführten Worten des amerikanischen Physikers William S. Franklin (1863–1930) über das Wesen der Physik treten die Gegenstände hinter ihren Wirkungen zurück. Die Physik behandelt demnach nicht, was ist, sondern wie wir das, was ist, unseren Zwecken gefügig machen können. Ein „noch radikalerer Pragmatismus“ (A 8, Anm.) als bei Ostwald drückt sich darin insofern aus, als auf diese Weise nicht nur ein einzelnes naturwissenschaftliches Phänomen, sondern die gesamte in Rede stehende Wissenschaft, hier die Physik, erfaßt wird. Es ist kein Wunder, daß James zur ersten Illustration der pragmatischen Maxime auf die Naturwissenschaften zurückgreift. Denn dort ist das Experiment, also eine bestimmte regelgeleitete Praxis, das übliche Verfahren, um über den Wert einer Theorie zu befinden. Gleichwohl ist der Anwendungsbereich der pragmatischen Methode universell. Sie ist die allgemeinste Formel für gelingendes Handeln. Der praktische Unterschied, den der Pragmatismus erfragt, besteht darin, daß die jeweilige menschliche Handlung erfolgreich verläuft. Beispiele aus verschiedenen Lebensbereichen können dies erläutern: Die Therapie des Arztes ist erfolgreich, wenn der Patient gesundet; die juristische Strategie des Anwalts bewährt sich darin, daß der Richter der Klage des Mandanten stattgibt; die Predigt des Pastors ist ein Erfolg, wenn ihre Botschaft die Gemeinde er9 Wilhelm Ostwald (1853–1932), von 1887 bis 1906 Professor für Chemie in Leipzig, lehrte 1905/6 in Harvard und erhielt 1909 den Nobelpreis für Chemie.

Zur Zweiten Vorlesung reicht; die Opernaufführung gilt als geglückt, wenn das Publikum sie begeistert aufnimmt; die Reparatur des liegengebliebenen Fahrzeugs gelingt dem Mechaniker, wenn es wieder fährt. Es tut der pragmatischen Methode keinerlei Abbruch, daß sie den Maßstab, wann das Handeln gelingt, nicht mitliefert. In der Regel wird sich der Pragmatist an den Common sense halten und bei demjenigen die Beweislast sehen, der einen höheren, anspruchsvolleren Maßstab anlegen möchte. 4. Nicht-Neuheit der pragmatischen Methode (A 9 f.). James traut der pragmatischen Methode zu, „viele philosophische Kontroversen“ (A 9) zu entschärfen. Dabei hat er stets betont, daß die pragmatische Methode nichts Neues ist (A 10, A 15). Schon der Untertitel der Pragmatismus-Vorlesungen – Ein neuer Name für einige alte Wege des Denkens – läßt darüber keinen Zweifel.10 Viele Fehlinterpretationen des Pragmatismus (und zumal der pragmatistischen Wahrheitstheorie) rühren daher, diesen Umstand zu übersehen und James die Neuerfindung eines Denkprinzips zu unterstellen. Dies aber war mitnichten seine Absicht. Man muß den Pragmatismus mißverstehen, wenn man in ihm eine Originalität sucht, die er nicht beansprucht und auch nicht hat. Gerade daß der Pragmatismus nichts eigentlich Neues ist, bestärkt James in der Überzeugung vom Gewicht seiner Entdeckung, deren Bedeutsamkeit gerade darin liegt, etwas lange Verschüttetes, aber immer schon Gültiges aufgedeckt zu haben.11 James sieht seine

10 Zur Diskussion der Frage, ob die von James als Vorläufer in Anspruch genommenen Sokrates (resp. Platon), Aristoteles, Locke, Berkeley und Hume (A 10) sowie auch andere Philosophen pragmatistisch dachten, kann auf die materialreiche Untersuchung von Waibel 1915 zurückgegriffen werden. Für pragmatistisches Gedankengut in Nietzsches Philosophie wird auf Hingst 1998 und Hingst 2000 verwiesen. Erscheinungsformen pragmatischen Denkens von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert werden in den zahlreichen Einzelbeiträgen in Stachowiak 1997 untersucht. 11 Die nämliche Haltung nimmt bezeichnenderweise Kant in seiner Replik auf eine Kritik an der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten ein: „Ein Rezensent, der etwas zum Tadel dieser Schrift sagen wollte, hat es besser getroffen, als er wohl selbst gemeint haben mag, indem er sagt: daß darin kein neues Prinzip der Moralität, sondern nur eine neue Formel aufgestellt worden. Wer wollte aber auch einen neuen Grundsatz aller Sittlichkeit einführen und diese gleichsam zuerst erfinden?“ (KpV, V 4, Anm.). So könnte auch James rhetorisch fragen: „Wer wollte einen neuen Grundsatz allen Denkens einführen und dieses gleichsam zuerst erfinden?“

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Kai-Michael Hingst Aufgabe darin, die seit jeher, aber zumeist unbewußt gebrauchte Methode, von der bedeutende Philosophen „instinktiv geleitet“ wurden (VRE, 350), ihrerseits überhaupt bewußt zu machen, zu formulieren und dann auch bewußt zu gebrauchen. Dahinter scheint die weitreichende These auf, „daß die Menschen von jeher die pragmatische Methode befolgt haben, wenn auch nicht wissentlich“ (Oehler 1994, XV*), und daß wir um so klarer denken, je besser wir uns über unseren eigenen Pragmatismus aufklären. In diese Richtung weisen Sätze wie: „Wir können unserem Schicksal nicht entgehen, das praktisch ist“ (TT, 26) oder „Ich denke zuerst und zuletzt und immer um des Handelns willen“ (PP, 960). Über jemanden, der in einem Brief Vorbehalte gegen den Pragmatismus äußert, urteilt James bemerkenswerterweise so: „Ich sehe den Verfasser dieses Briefes als einen echten Pragmatisten an, aber als einen Pragmatisten, ohne es zu wissen“ (PM, 135). Jemand kann also ein Pragmatist sein, ohne es zu wissen. Er kann sich aber seines Pragmatismus bewußt werden. Entsprechend sagt James über die pragmatische Bewegung im ganzen: „Eine Anzahl von Tendenzen, die in der Philosophie immer existiert haben, sind sich ihrer selbst alle auf einmal gemeinsam bewußt geworden“ (PM, 5). Diesem Sachverhalt korrespondiert James’ Bereitwilligkeit, auch solche Philosophen, die sich selbst gar nicht als Pragmatisten ansehen, mit offenen Armen in der „pragmatistischen Kirche“ willkommen zu heißen (MT, 9, Anm. 3). Den immer schon vollzogenen, wenn auch unbewußten Pragmatismus kann man als die Pragmatizität des Menschen bezeichnen (Hingst 1998, 191 f.).

3.2.4 Charakteristika der pragmatischen Methode (A 11–A 18a) James verleiht der pragmatischen Methode Profil, indem er einige ihrer Charakteristika herausarbeitet. 1. Pragmatismus als radikalisierter Empirismus (A 11). James sieht den Pragmatismus in der Tradition des Empirismus. Gegenüber dem klassischen Empirismus von John Locke und David Hume propagiert James allerdings einen radikalisierten Empirismus (vgl. A 11). Seine Lehre vom „Radikalen Empirismus“ (Radical Empiricism), eine epistemologische und meta-

Zur Zweiten Vorlesung physische Theorie der Erfahrung, entwickelte er in jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit dem und als Alternative zum absoluten Idealismus, der herrschenden philosophischen Schulrichtung in England und Amerika um die Jahrhundertwende (Thayer 1975, XIV–XXV). In den Jahren 1904/05, gut zwei Jahre vor Erscheinen von Pragmatism, hat James seine Position in einer Reihe von Aufsätzen dargelegt, die 1912 posthum als Essays in Radical Empiricism erschienen sind. Mit dem Titel eines dieser Aufsätze ist die Hauptaussage des Radikalen Empirismus schlagwortartig angegeben: „A World of Pure Experience“, eine Welt der reinen Erfahrung (ERE, 21– 44). Näherhin umfaßt der Radikale Empirismus drei Bestimmungsstücke: (1) ein Postulat, (2) eine Tatsachenbehauptung und (3) eine verallgemeinerte Schlußfolgerung. (1) Das Postulat ist, daß die einzigen Dinge, über die Philosophen debattieren sollten, solche Dinge sind, die sich mit Hilfe von Begriffen bestimmen lassen, die aus der Erfahrung abgeleitet sind. (2) Die Tatsachenbehauptung lautet, daß die – konjunktiven wie disjunktiven – Beziehungen zwischen Dingen ebenso, d. h. weder mehr noch weniger, Gegenstände unserer direkten Erfahrung sind wie die Dinge selbst. (3) Die verallgemeinerte Schlußfolgerung besagt, daß die Bestandteile unserer Erfahrung untereinander durch Beziehungen zusammengehalten werden, die selbst Bestandteile unserer Erfahrung sind (MT, 7). Die Pointe des auf Anhieb nur schwer verständlichen Radikalen Empirismus (näher Hingst 1998, 207–215, 218 f.) besteht in der Einsicht, dank der Kontinuität der Erfahrung ohne eine erfahrungstranszendente Instanz wie das von James’ idealistischen Zeitgenossen bemühte „Absolute“ auszukommen (näher unten 3.4.1 und 3.4.3). Durch den kontinuierlichen und relationenstiftenden „Fluß der Sinneserfahrung“ erübrigt sich die Rationalität eines solchen unterstellten „absoluten Standpunkts“ (PU, 38). Die Beziehung zwischen Radikalem Empirismus und Pragmatismus wird bei James nicht ganz klar. Zwar verneint er einen logischen Zusammenhang beider Lehren: Der Radikale Empirismus „steht auf eigenen Füßen. Jemand kann ihn vollständig verwerfen und doch ein Pragmatist sein“ (PM, 6). Doch die Aufstellung der pragmatistischen Wahrheitstheorie sieht er als einen wichtigen Schritt bei der Durchsetzung des Radikalen Empirismus an (MT, 6). Daß Radikaler Empirismus und Prag-

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Kai-Michael Hingst matismus an einem Strang ziehen, zeigt James’ Aufzählung pragmatistisch-empiristischer Schlagworte: Dabei lassen schon die Attribute für die gegnerischen Positionen wie „schlecht“, „festgelegt“, „geschlossen“ und „vorgeblich“ erkennen, wieviel wohler sich James in der „freien Luft“ fühlt, die im pragmatistischen Lager weht (A 11). 2. Änderung des Temperaments der Philosophie durch den Pragmatismus (A 12). James bezweckt mit seinem Eintreten für den Pragmatismus nicht, daß seine Opponenten von einem Tag auf den anderen ihre Meinung ändern. Vielmehr möchte er Hörer und Leser dazu anhalten, sich auf eine schon immer praktizierte Verhaltensweise zu besinnen. So verspricht er sich von der Verbreitung der pragmatischen Methode eine Änderung des Temperaments in der Philosophie (A 12). Anknüpfend an seine originelle Temperamentenlehre aus der 1. Vorlesung (PM, 13 f.), sieht er den prinzipiengeleiteten Rationalisten vom tatsachenbezogenen Empiristen übertrumpft (A 11). Wenn im übrigen vieles auch – wenn nicht gerade – in der Philosophie für James Temperamentssache ist, so muß dies zu einem gewissen Teil auch für den Pragmatismus selbst gelten. Darauf deuten etwa die Widmung von Pragmatism an das Gedenken von John Stuart Mill (1806–1873), „von dem ich die pragmatische Offenheit des Geistes lernte“, die gelegentliche Rede vom „pragmatischen Temperament“ (pragmatic temper) (PM, 133) und die Charakterisierung eines „echten Pragmatisten“ als desjenigen, „der willens ist, aufgrund ungesicherter Möglichkeiten zu leben, zu denen er Vertrauen hat“ (PM, 142 f.). 3. Funktion von Wörtern (A 13 f.). James kontrastiert die Funktion von Wörtern in System der hergebrachten Metaphysik einerseits (A 13) und unter dem Regiment der pragmatischen Methode andererseits (A 14). James glaubt nicht, daß sich mit der Benennung eines Sachverhalts eine Untersuchung abschließen läßt. Vor den großen Namen der Metaphysik wie „Gott“, „Stoff“ und „Vernunft“ hat er keinen Respekt, weil es ihnen für sich genommen an Erklärungskraft fehlt (A 13). Dem Wortgeklingel metaphysischer Systeme setzt er sein pragmatisches Programm entgegen, aus jedem Wort den Barwert (cash-value) herauszubringen (A 14). Diese Provokation war erfolgreich: Bildungsbürgerliche Kritiker unterstellten dem Pragmatismus, der Dollar sei für ihn

Zur Zweiten Vorlesung „die höchste, wertvollste Wahrheit“ (Gutberlet 1908, 452), marxistische Theoretiker sahen später im Pragmatismus „die offizielle Philosophie des USA-Imperialismus“ (Schrickel 1957, 147). Dergleichen lag James ganz fern. Seine Metapher vom „cash-value“, die er gern und oft gebraucht (z. B. PM, 41, 46, 47),12 soll lediglich vor Augen führen, daß ein Wort – wie eine Banknote – einer begrifflichen Deckung bedarf, um etwas auszusagen. Im Schüler-Dialog von Goethes Faust I kommt das Gemeinte genau zum Ausdruck: Dem Rat „Im ganzen – haltet euch an Worte!“, den Mephisto im Gewande des Faust dem fragenden Schüler erteilt, setzt dieser richtig entgegen: „Doch ein Begriff muß bei dem Worte sein“, um dann von Mephisto die bekannte Belehrung hinzunehmen: „Mit Worten läßt sich trefflich streiten, / Mit Worten ein System bereiten“ (V. 1990, 1993, 1997 f.). James schlägt sich auf die Seite des Schülers und fordert die Abkehr von bloß „verbalen Lösungen“ (A 11), die den Adepten nur vermeintlich „durch die sichre Pforte / Zum Tempel der Gewißheit“ (V. 1991 f.) führen. 4. Status von Theorien (A 15). Wie sich an Hand des Beispiels von Ostwald (A 8) bereits zeigte, verändert die pragmatische Methode den Status von Theorien: Theorien sind nicht länger, wie es die Etymologie vom griechischen theôrein (zu-, anschauen) nahelegt, bloße Betrachtungsweisen der Wirklichkeit. Theorien werden zu Instrumenten (A 15, vgl. PM, 94), mit denen wir die Wirklichkeit im „Strom unserer Erfahrung“ (A 14) umgestalten können. Unumwunden erkennt James denn auch die Verwandtschaft des Pragmatismus mit anderen „antiintellektualistischen Tendenzen“ (A 16) wie Nominalismus, Utilitarismus und Positivismus an (A 15). 5. Pragmatismus als Methode statt als Lehre (A 16–A 18a). Schon einige Absätze zuvor heißt es, der Pragmatismus stehe nicht für bestimmte Ergebnisse, sondern sei bloß eine Methode (A 12). James wiederholt diese Bemerkung, allerdings mit den einschränkenden Zusätzen, „zumindest zu Beginn“ (at the outset, at least) (A 16) und „bis jetzt“ (so far) (A 17) stehe der Pragmatismus nicht für bestimmte Ergebnisse. Tatsächlich erschiene das Insistieren auf völlige inhaltliche Enthaltsamkeit nicht bloß

12 Weitere Nachweise bei Hingst 1998, 155, Anm. 114.

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Kai-Michael Hingst überbescheiden; sie könnte das pragmatistische Projekt selbst in Zweifel ziehen: Denn wenn die Ergebnisse mit oder ohne pragmatische Methode dieselben wären, dann machte diese selbst keinen Unterschied und wäre, nach ihrem eigenen Kriterium beurteilt, ihrerseits bedeutungslos. Worauf es James nur anzukommen scheint, ist die weltanschauliche Neutralität der pragmatischen Methode. Sie ist frei von Dogmen (A 16) und vorgefaßten Meinungen und steht jedem offen, dem es ehrlich um die Klarheit seiner Gedanken zu tun ist. In diesem Sinne wird auch der Vergleich des Pragmatismus mit einem Hotelkorridor zu verstehen sein, den der Italiener Giovanni Papini gezogen hat13 und den sich James zu eigen macht (A 16). Der Pragmatismus ist gleichsam das gemeinsame Nadelöhr, durch das jeder gehen muß, der zu sachhaltigen Ergebnissen gelangen will. Das Bild des Korridors als eines Weges, den man zurücklegen muß, stimmt zusammen mit dem Charakter des Pragmatismus als einer Methode, denn „Weg“ ist gerade die Bedeutung des griechischen hê methodos. Gleichwohl setzt sich James mit seinen Formulierungen dem Einwand der Beliebigkeit aus. Kann man den pragmatischen Korridor wirklich als Atheist wie als Gläubiger, als Gegner der Metaphysik wie als ihr Anhänger passieren, ohne daß dieser Vorgang die eigene Position beeinflußt? Wenn James unter anderem sagt, die pragmatische Methode stehe für eine Haltung, die uns auf Früchte hinblicken läßt (A 17), so verwendet er en passant einen Schlüsselbegriff pragmatistischen Denkens. Aus dem Neuen Testament ist uns der Satz vertraut: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Mt. 5, 17; vgl. Mt. 12, 33; Lk. 6, 44). Dieser Satz ist das Credo das Pragmatismus.14 Peirce merkt in How to Make Our Ideas Clear zu seiner pragmatischen Maxime an, sie sei „nur eine Anwendung des einzigen Prinzips der Logik, welches Jesus empfohlen hat:

13 Der italienische Schriftsteller Giovanni Papini (1881–1956) sprach in seinem Aufsatz Il Pragmatismo Messo in Ordine in der Zeitschrift Leonardo, April 1905, 47, von „una teoria corridoio“. Papini, den James im Vorwort unter seinen Mitstreitern erwähnt (PM, 6), veröffentlichte später das Buch Sul Pragmatismo (Saggi e Ricerche), Mailand 1913. Zu Papinis Pragmatismus vgl. G. Papini and the Pragmatist Movement in Italy (1906, EPH, 144 –148). 14 Zur Funktion dieses Bibelwortes im Pragmatismus vgl. Hingst 1998, 219–222.

Zur Zweiten Vorlesung ‚An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen‘, und sie ist mit den Gedanken des Evangeliums eng verwandt“ (Peirce 1985, 63; CP, 5.402, Anm. 2). Auch James zitiert das Bibelwort bei anderer Gelegenheit wörtlich: „Am Ende blieb nur unser empirisches Kriterium: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, nicht an ihren Wurzeln“ (VRE, 25). Dies ist der Grundgedanke der pragmatistischen Philosophie: Wir besitzen einen klaren Begriff einer Sache, wenn wir die Wirkungen dieser Sache kennen, mithin die Sache an ihren Wirkungen erkennen (Oehler 1993, 25). Am Ende des ersten Abschnitts der 2. Vorlesung kündigt James an, die pragmatische Methode zu erklären, indem er ihre Wirkungsweise am Beispiel einiger vertrauter Probleme demonstriert (A 18a [Satz 1 f.]). Diese Ankündigung ist eine Gelenkstelle des Buches. Sie zeigt, daß die folgenden Vorlesungen nicht ein Sammelsurium pragmatistischer Räsonnements enthalten, sondern stricto sensu die Anwendungsergebnisse der pragmatischen Methode wiedergeben werden. Entsprechende Formulierungen ziehen sich denn auch durch das gesamte Buch: So macht James den Leser in der 3. Vorlesung mit der pragmatischen Methode näher vertraut, indem er „Illustrationen ihrer Anwendung auf spezielle Probleme“ (PM, 45) wie Substanz, Zweck und Willensfreiheit gibt (vgl. PM, 50, 58 f., 60), und illustriert sie in der 4. Vorlesung „durch eine weitere Anwendung“ (PM, 64), nämlich auf das Problem von Einheit und Vielheit. In der 5. Vorlesung wird James „die pragmatische Methode auf die Phase des Philosophierens anwenden, die als gesunder Menschenverstand bekannt ist“ (PM, 79), in der 6. und 7. Vorlesung läßt er eine „pragmatistische Diskussion“ (PM, 96) des Wahrheitsbegriffs folgen, und in der abschließenden 8. Vorlesung beurteilt er „die Hypothese von Gott“ „nach pragmatischen Grundsätzen“ (PM, 143).

3.3 Pragmatismus als Wahrheitstheorie (A 18b–A 37) Im Vorgriff auf eine gesonderte Vorlesung über Wahrheit (A 18b [Satz 3–6]) befaßt sich James im zweiten Abschnitt der 2. Vorlesung mit dem Pragmatismus als Wahrheitstheorie, in-

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Kai-Michael Hingst dem er im Ausgang von der gewandelten Auffassung der Naturgesetze (A 19–A 21) den pragmatistischen Wahrheitsbegriff seiner Kollegen John Dewey und F. C. S. Schiller exponiert (A 22) und sodann den Weg zu dieser Begriffsbildung nachzeichnet (A 23–A 32), um schließlich nach Gliederungshinweisen (A 33 f.) zu ersten ablehnenden Reaktionen auf die pragmatistische Wahrheitstheorie Stellung zu nehmen (A 35–A 37).

3.3.1 Die gewandelte Auffassung der Naturgesetze als Eingangsbeispiel (A 19–A 21) James präludiert seine neue Auffassung der Wahrheit mit der im Laufe der Zeit gewandelten Auffassung von Naturgesetzen: Galt bis in die frühe Neuzeit hinein Gott wie selbstverständlich als Gesetzgeber der Natur (A 19), werden Naturgesetze von den modernen Naturwissenschaften weithin lediglich als Näherungsformeln angesehen, als eine Art begrifflicher Kurzschrift (A 20), die ihren Verfassern einen individuellen und auch willkürlichen Gestaltungsspielraum beläßt (A 21).

3.3.2 Exposition des pragmatistischen Wahrheitsbegriffs (A 22) Dieser Wandel in den Naturwissenschaften dient James als Modell des nun darzulegenden Wandels des Wahrheitsbegriffs oder der Wahrheitstheorie, wie er gleichsinnig sagt. James geht davon aus, daß der Ausdruck „Wahrheit“ unabhängig von dem Sachgebiet, auf das wir ihn anwenden, stets die gleiche Bedeutung hat: Wahrheit in den Naturwissenschaften wie eben die Wahrheit eines Naturgesetzes ist nicht anders zu verstehen als Wahrheit im täglichen Leben, also die Wahrheit unserer Gedanken und Überzeugungen. Demnach „werden Gedanken (die ja selbst bloß Teile unserer Erfahrung sind) genau insoweit wahr, als sie uns helfen, in eine befriedigende Beziehung mit anderen Teilen unserer Erfahrung zu treten“ (A 22). Anders ausgedrückt: Ein Gedanke ist wahr, wenn und soweit er unsere Erfahrungen befriedigend koordiniert. James bezieht sich dafür auf die Lehren zweier Bundesgenossen: die instrumentale Wahrheitstheorie

Zur Zweiten Vorlesung John Deweys (1859–1952), der zunächst in Chicago und ab 1904 an der Columbia University in New York unterrichtete,15 und die nach dem „Barwert“ eines Gedankens fragende Wahrheitstheorie Ferdinand Canning Scott Schillers (1864–1937), der die längste Zeit in Oxford und ab 1926 zunehmend an der University of Southern California lehrte.16

3.3.3 Der Weg zu dieser Begriffsbildung (A 23–A 32) 1. Die Methode: Verallgemeinerung einer Beobachtung (A 23). Dewey und Schiller gelangten zu ihrem allgemeinen Begriff von Wahrheit, indem sie nach dem Vorbild anderer Wissenschaften eine einfache Beobachtung verallgemeinerten (A 23). 2. Die Beobachtung über die Ausbildung neuer Meinungen (A 24 – A 29). Deweys und Schillers Beobachtung gibt Antwort auf die Frage, wie es kommt, daß wir einen Gedanken für wahr halten. Diesen Vorgang zeichnet James anschaulich in drei Schritten

15 Die pragmatistischen Arbeiten Deweys, auf die sich James im Vorwort von Pragmatism bezieht (PM, 5), sind die Studies in Logical Theory (1903), eine Sammlung von Aufsätzen Deweys und seiner Schüler in Chicago (Deweys Beiträge jetzt in Dewey 1976, 293–375), von James in dem Artikel The Chicago School besprochen (1904, EPH, 102–106), sowie vier einzelne Aufsätze Deweys: Beliefs and Realities, The Experimental Theory of Knowledge, Experience and Objective Idealism (alle 1906, jetzt in Dewey 1977, 83–100, 107–127, 128–144) und The Control of Ideas by Facts (1907, jetzt in Dewey 1977a, 78–90). Über das Verhältnis von James und Dewey informiert Perry 1935, II 514–533. 16 Die maßgeblichen Titel F. C. S. Schillers sind Humanism: Philosophical Essays (1903), von James 1904 besprochen (ECR, 550 –554), sowie die kurz vor Pragmatism erschienenen Studies in Humanism (1907). Auf die folgenden sechs Aufsätze aus letzterem Werk weist James im Vorwort zu Pragmatism hin (PM, 6): (I:) The Definition of Pragmatism and Humanism (zuerst 1905), (V:) The Ambiguity of Truth (zuerst 1906), (VI:) The Nature of Truth (zuerst 1906), (VII:) The Making of Truth, (XVIII:) Freedom und (XIV:) The Making of Reality (jeweils Erstveröffentlichungen). Auf deutsch liegt eine Sammlung von Texten Schillers unter dem Titel Humanismus. Beiträge zu einer pragmatischen Philosophie, übersetzt von Rudolf Eisler, Leipzig 1911, vor, die unter anderem die sechs von James erwähnten Aufsätze enthält (Schiller 1911, 104 –121, 197–217, 218–233, 234 –258, 280–309, 310–340). Das maßgebliche Werk über Schiller ist nach wie vor Abel 1955, der im Kapitel „The Making of Truth“ (93–109) Schillers Wahrheitstheorie darlegt. Informationen zum Verhältnis von James und Schiller gibt Perry 1935, II 494 –513.

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Kai-Michael Hingst nach (A 24 –A 26): (1) Den Ausgangspunkt bildet eine gewisse Irritation infolge einer neuen Erfahrung (A 24). (2) Wir verarbeiten die neue Erfahrung in der Weise, daß wir sie unserem etablierten Meinungsbestand einzugliedern suchen, wobei wir ihn nur minimal ändern und soweit wie möglich beibehalten (A 24). (3) Im Ergebnis bildet sich eine neue Wahrheit als Vermittlerin der alten Meinung und der neuen Tatsache aus (A 25). Dabei kommt es James besonders auf den beherrschenden Einfluß der alten Wahrheiten an (A 26). Wie er scharf beobachtet, sind wir in dieser Hinsicht von Natur aus konservativ (A 24). Wir versuchen, einmal gefaßte Meinungen wenn irgend möglich zu bewahren. Auch wenn wir „offen für Neues“ sind, steht diese Offenheit unter den Bedingungen unserer bisherigen Erfahrungen und Wahrnehmungsmuster. Unser kognitivistischer Konservativismus hat eine psychische Wurzel: Wir streben danach, mit uns identisch zu bleiben, und entfalten eine erstaunliche Phantasie, wenn es darum geht, unsere alten Meinungen gegen unsere neuen Erfahrungen zu verteidigen. Die goldene Mitte einer pragmatistischen Offenheit liegt, nach dem Modell der aristotelischen Mesotes-Lehre, zwischen den beiden Übeln des Starrsinns, der sich neuen Erfahrungen strikt verweigert, und des Opportunismus, der sich meinungslos jeder neuen Erfahrung hingibt. Mit Hilfe von Beispielen unterscheidet James zwei verschiedene Arten, wie wir neue Wahrheiten gewinnen (A 27 f.). (1) Wir addieren zu unseren bisherigen Überzeugungen eine neue Tatsache einfach hinzu (A 27), oder (2) wir gestalten sie unter dem Eindruck der neuen Tatsachen eben mehr oder – lieber – weniger um (A 28). Eine Frage stellt sich freilich: Wer ist mit „wir“ gemeint? Spricht James hier von einem je einzelnen Individuum, oder meint er eine Gruppe von Menschen, womöglich die ganze Menschheit? Wie der Homo-mensura-Satz des Protagoras: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, daß sie sind, der nichtseienden, daß sie nicht sind“ (Platon, Theaitetos, 151e/ 152a), auf den sich Schiller mit der rhetorischen Frage Plato or Protagoras? (1908) in einem Buchtitel bezog, mehrere Deutungen zuläßt, so kann auch James’ Darstellung individualistisch oder generisch (auf die Menschenart bezogen) gedeutet werden. Der Text scheint die individualistische Lesart zu stützen, wenn

Zur Zweiten Vorlesung James die geschilderte Beobachtung so zusammenfaßt: „Eine neue Meinung gilt genau in dem Maße als ‚wahr‘, als sie das Bedürfnis des Individuums befriedigt, das Neue in seiner Erfahrung an die schon vorhandenen Überzeugungen anzugleichen“, wenn er es auf die „Anerkennung durch das Individuum“ ankommen und „subjektive Gründe“ den Ausschlag geben läßt (A 29).17 Gegen den Subjektivismusvorwurf hat sich James indes stets und zu Recht verteidigt: Der Pragmatismus ist nur in dem Maße subjektivistisch, „als er, insofern er den Denkenden selbst als einen Teil der Wirklichkeit ansieht, anerkennen muß, daß einige der Wirklichkeiten, die er für gegeben erklärt, durch sein Dasein geschaffen werden“ wie nämlich „seine Handlungen, seine Beziehungen zu Dingen und diejenigen Beziehungen zwischen Dingen, die ohne ihn niemals ausfindig gemacht worden wären“ (ERE, 130; vgl. MT, 86–89, 127 f.). James’ Pragmatismus ist subjektiv, weil und soweit unsere Erkenntnis subjektiv ist – willkürlich ist er nicht. 3. Die Verallgemeinerung der Beobachtung durch Anwendung auf die ältesten Wahrheiten (A 30–A 32). Die philosophische Nutzanwendung der von James referierten Beobachtung folgt, indem er sie im Wege der Verallgemeinerung auch auf die ältesten Teile der Wahrheit bezieht (A 30). Mögen sie uns heute auch noch so etabliert und selbstverständlich erscheinen, so sind doch auch sie nicht anders entstanden als die gegenwärtigen Wahrheiten. Rein objektive Wahrheiten, die den ältesten Teilen der Wahrheit oder überhaupt irgendeiner Form von Wahrheit vorangegangen wären, gibt es nicht, weil es sie nicht geben kann. Denn unsere Überzeugungen (James spricht statt dessen ungenau von „Dingen“) sind wahr, weil sie frühere, zu alten Wahrheiten geronnene Erfahrungen mit einer neuen Erfahrung zu einer nur leicht modifizierten neuen Wahrheit „vermählen“ können (A 30). Ein Nullpunkt, zu dem ein fester Bestand von Wahrheiten vorgegeben war, läßt sich nicht festlegen. Der „Schlan-

17 Peirce vertritt in dieser Frage einen dezidiert anderen Standpunkt als James, wenn er zu seiner pragmatischen Maxime anmerkt: „Wir müssen uns hüten, diese Regel in einem Sinne aufzufassen, der zu individualistisch wäre. […] [Es] wird […] offenbar werden, daß Individualismus und Falschheit ein und dasselbe sind. […] Es ist nicht ‚meine‘ Erfahrung, sondern ‚unsere‘ Erfahrung, an die zu denken ist […]“ (1893, Peirce 1985, 63/65; CP, 5.402, Anm. 2).

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Kai-Michael Hingst genschweif des Menschlichen“, so James ein wenig maliziös, verfolgt uns überallhin (A 31). Das schließt eine unabhängige, vorfindliche, starre und unkorrigierbare Wahrheit aus, wenn damit mehr gemeint sein soll als die Versteinerungen jener ältesten Überzeugungen, die einst ebenfalls formbar waren, aber aufgrund langzeitiger Bewährung mittlerweile zum festen Bestand unserer Geistestätigkeit geworden sind. Dies sind die Grundgedanken der pragmatistischen Auffassung der Wahrheit, die Schiller wegen der Zentralstellung des Menschen „Humanismus“ nennt und die James als „Pragmatismus“ bezeichnet (A 32).

3.3.4 Gliederungshinweise (A 33 f.) Damit sind die beiden von James soweit unterschiedenen Bedeutungen des Pragmatismus eingeführt: der Pragmatismus als Methode und der Pragmatismus als genetische Wahrheitstheorie (A 33). Letztere wird James in der 5., 6. und 7. Vorlesung im einzelnen entfalten. In einer dritten, umfassenden Bedeutung verwendet James „Pragmatismus“ auch als Bezeichnung für die pragmatistische Philosophie insgesamt (vgl. z. B. PM, 23, 26, 82), die sich ergibt, wenn die Pragmatizität des Menschen (vgl. oben 3.2.3, 4.) nicht nur methodisch ausformuliert, sondern die pragmatische Methode auf alle Begriffe aus den Disziplinen der Philosophie wie Metaphysik, Epistemologie, Religion und Ethik angewandt wird; die pragmatistische Wahrheitstheorie ist dann ein Ausschnitt aus dem Pragmatismus im ganzen. Für einen kritischen Zeitgenossen von James war auch damit das Bedeutungsspektrum von „Pragmatismus“ noch nicht erschöpft: Zehn Jahre nach James’ epochemachendem Vortrag zählte Lovejoy in einem scharfsinnigen Aufsatz schon 13 verschiedene Pragmatismen (Lovejoy 1908), die er zum Teil für unvereinbar hielt. Im Wege einer benigna interpretatio der Jamesschen Texte lassen sie sich indes teils als Formulierungsvarianten der Hauptbedeutungen von „Pragmatismus“ und teils als von James gar nicht vertretene Positionen erweisen (vgl. Hingst 1998, 190, Anm. 28; 202 f., Anm. 127).

Zur Zweiten Vorlesung 3.3.5 Auseinandersetzung mit Einwänden (A 35–A 37) Schon bald nach dem Erscheinen von Pragmatism notierte James: „Der Pragmatismus hat sich als so übersubtil erwiesen, daß es sogar akademischen Kritiker nicht gelungen ist, seine Fragestellung zu erfassen, ganz zu schweigen von ihrem Mißverständnis seiner Antwort“ (MEN, 227). Und sein Übersetzer Jerusalem schrieb, man müsse sich darauf gefaßt machen, „daß […] die neue Richtung (scil. der Pragmatismus) als seicht, als oberflächlich, als ganz unphilosophisch bezeichnet wird“ (Jerusalem 1908, 203). Diese Erwartung sollte sich bestätigen. Auf dem III. Internationalen Kongreß für Philosophie 1908 in Heidelberg, auf dem der Pragmatismus hohe Wellen schlug, bezeichnete ein Redner in einer erhitzten Diskussion den Pragmatismus als „Krankheit“ und rechnete James unter die „Literateure und Feuilletonisten, die wie Novellenschriftsteller schreiben, aber nicht wie wirkliche Philosophen“ (Elsenhans 1909, 726–740, 737). Sowenig Unverständlichkeit ein Stilmerkmal des wirklichen Philosophen sein sollte, so sehr kann James’ ebenso geschmeidiger wie lockerer Stil das Verständnis seiner Philosophie bisweilen erschweren, wenn man hinter der gefälligen Oberfläche keine tiefsinnigen Gedanken mehr erwartet. Bei einem gutwilligen Leser kann jedoch kein Zweifel über James’ Intentionen bestehen. Seine Auseinandersetzung mit einigen Einwänden gegen den Wahrheitsbegriff (A 35–A 37) ist insofern lehrreich, als sie via negatione wesentliche pragmatistische Überzeugungen pointiert. 1. Rationalistische Einwände (A 35). Erneut greift James auf seine Temperamentenlehre zurück und markiert den Gegensatz des tatsachennahen Pragmatismus zum tatsachenfernen rationalistischen Temperament (A 35). Die Kontrastierung von subjektiver und objektiver Wahrheitsauffassung, von Psychologie und Logik (A 35) verdeutlicht, daß James seinen Wahrheitsbegriff strikt nach dem Vorbild unserer tatsächlich praktizierten Denkweise bildet. 2. Pragmatistische Erwiderung (A 36 f.). Wenn James sich insbesondere gegen die Fixierung auf Abstraktionen wendet (A 36), so spricht er sich nicht dafür aus, von Abstraktionen abzusehen. Sein eigener Wahrheitsbegriff ist eine Abstraktion, allerdings

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Kai-Michael Hingst eine solche, die ihre Herkunft nicht vergißt: die konkreten Tatsachen, aus denen sie abgeleitet ist (A 36). James will nicht auf Abstraktionen überhaupt verzichten, sondern auf schlechte Abstraktionen. Er will besser abstrahieren als die Rationalisten. In dieser Absicht spricht er von der Wahrheit als einer „Sammelbezeichnung für alle Arten von bestimmten Arbeitswerten (working-values) in der Erfahrung“ (A 36). James’ Ceterum censeo lautet: Auf die konkreten Tatsachen kommt es an (A 37). Aus dieser programmatischen Erklärung wird James in der 6. Vorlesung systematische Konsequenzen für den Wahrheitsbegriff ziehen, wie er sie einstweilen nur mehr andeutet: Die statische Beziehung einer Korrespondenz zwischen Geist und Wirklichkeit, die adaequatio rei et intellectus in den Worten Thomas von Aquins, wird dynamisiert werden. An Stelle des abstrakten Geistes wird das konkrete Denken treten, an Stelle der vorfindlichen Wirklichkeit unsere sich je wandelnden Erfahrungen, denen wir nach radikal-empiristischer Lesart die Wirklichkeit erst verdanken (A 37). Herkömmlich wird die Wahrheit als allgemein, zeitlos, eine und objektiv angesehen. Auf den ersten Blick enttäuscht James all solche Erwartungen: Der Wahrheit, wie er sie begreift, mangelt es gerade an Allgemeingültigkeit, Zeitunabhängigkeit, Einzigkeit und Objektivität. James war sich dessen vollauf bewußt, ja die Pointe seines Ansatzes liegt gerade darin, die Berechtigung all dieser an die Wahrheit gestellten Ansprüche zu bestreiten. Man kann also an James’ Wahrheitstheorie aussetzen, daß sie die Kriterien einer klassischen Wahrheitstheorie nicht erfüllt, weil sie statt dessen die Beschränkungen all dieser Modelle aufzeigt und fortfährt, eine radikal-empiristische Alternative zu entwickeln. Sobald man aber anerkennt, daß „die Wahrheit an sich“ und „das wirkliche Wesen der Dinge“ illusionäre Ziele darstellen, wird die pragmatische Methode zeigen, was in ihr steckt, indem sie erläutert, was Wirklichkeit und Wahrheit „für uns“ bedeuten (Seigfried 1990, 280). Ansonsten behalten die Worte, mit denen Jerusalem auf dem Heidelberger Philosophiekongreß den Kritikern des Pragmatismus entgegentrat, ihre Gültigkeit: „Aus ihren Einwendungen ersehen wir, daß Sie unseren Standpunkt nicht verstehen. Wir machen das theoretische Erkennen zum Problem, während sie dasselbe voraussetzen. Wir gehen hinter Ihre Voraussetzungen zurück und

Zur Zweiten Vorlesung graben tiefer“ (Elsenhans 1909, 728). In der 6. Vorlesung wird all das noch deutlicher werden. Zudem wird sich dort zeigen, daß James neben dem in der 2. Vorlesung eingeführten, „subjektiv“ anmutenden Wahrheitsbegriff noch einen weiteren, „objektiveren“ Wahrheitsbegriff bereithält.

3.4

Der Pragmatismus als Vermittler zwischen Empirismus und Rationalismus (A 38–A 56)

Im dritten und letzten Abschnitt der 2. Vorlesung kommt James auf die schon in der 1. Vorlesung angesprochene Funktion des Pragmatismus als Vermittler zwischen der empirischen Denkweise und dem religiösen Bedürfnis zurück (A 38), indem er der idealistischen Philosophie (A 39–A 41) seinen Pragmatismus als Gegenmodell gegenüberstellt (A 42), was er in Hinblick auf die Denkfigur des „Absoluten“ erläutert (A 43–A 52) und mit einem Ausblick auf die Folgen für die Auffassung der Religion abschließt (A 53–A 56).

3.4.1 Die idealistische Philosophie (A 39–A 41) Als seinen wichtigsten philosophischen Kontrahenten sah James die nachhegelsche idealistische Philosophie seiner Zeit an. Wie James diese Position in sein philosophisches Koordinatensystem einordnet, ergibt sich aus den beiden Eingangskapiteln seines letzten Buches, A Pluralistic Universe (1909), über „The Types of Philosophical Thinking“ (PU, 7–23) und „Monistic Idealism“ (PU, 25–42). Auf höchster Ebene unterscheidet James die Typen des philosophischen Denkens (PU, 15–23, 25) in (1) Materialismus und (2) Spiritualismus. Der Spiritualismus begegnet entweder (a) als (dualistischer) Theismus oder (b) als Pantheismus. Der Pantheismus seinerseits tritt auf (aa) als monistischer Pantheismus, bei James gleichbedeutend mit Monismus, Philosophie des Absoluten, absolutem Idealismus und eben „monistischem Idealismus“, oder aber (bb) als pluralistischer Pantheismus, bei James gleichbedeutend mit Pluralismus. 1. Gott im Theismus und in der idealistischen Philosophie (A 39). Die erste Form des Spiritualismus, der dualistische Theismus

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Kai-Michael Hingst (A 39) der Scholastik, faßt Mensch und Gott als prinzipiell verschiedene Wesenheiten auf (PU, 16). Solange die Annahme eines aus vielen – wenn auch pragmatisch bedeutungslosen – Attributen zusammengesetzten Gottes (näher VRE, 347–354) mit einer teleologischen Betrachtungsweise des Weltgeschehens zusammentraf, konnte der Theismus immerhin noch einen gewissen Kontakt zur konkreten Wirklichkeit wahren (A 39). Seit mit Darwins Die Entstehung der Arten (1859) der Siegeszug der Evolutionstheorie einsetzte, erscheint James allenfalls noch der Gottesbegriff der zweiten Form des Spiritualismus, des Pantheismus, vermittelbar, der Gott in den Dingen und nicht, strikt von ihnen getrennt, über den Dingen wirken sieht (A 39). Allerdings läßt der Pantheismus, so James, den „Tatsachensinn“ unbefriedigt (A 39). Dieses Defizit stellt James, wie sich sogleich zeigen wird, indes nicht beim Pantheismus schlechthin fest, sondern nur bei dessen Unterform des monistischen Pantheismus, also der Philosophie des Absoluten. Für die andere Unterform, den pluralistischen Pantheismus, wird James selbst eintreten. 2. Die Philosophie des Absoluten (A 40 f.). Wenn James von der Philosophie des Absoluten (A 40) spricht, hat er Hegel (1770– 1831) und den nachkantischen Idealismus seiner Zeit im Visier, dessen Hauptvertreter um die Jahrhundertwende sein Freund und Harvard-Kollege Josiah Royce (1855–1916) und der britische Philosoph Francis Herbert Bradley (1846–1924) in Oxford waren. (1) James’ Hegel-Lektüre ergibt sich aus dem Aufsatz On Some Hegelism (1882, WB, 13–33) und dem Kapitel „Hegel and His Method“ aus A Pluralistic Universe (1909, PU, 43–62). James stört sich vor allem an „Hegels überzogenen Ansprüchen“ (Hegel’s excessive claims) (WB, 12) und der „Hybris“ (WB, 214), das eigene System als „Erzeugnis der ewigen Vernunft“ anzusehen (PU, 46). Er nimmt Anstoß an der Hegel attestierten „Verachtung der unmittelbar gegebenen Sinnenwelt“ (PU, 46) und dem dogmatischen Ideal der „einen, unteilbaren, ewigen, objektiven und notwendigen Wahrheit“ (PU, 50). (2) Royce entwickelte in seinem Werk The Religious Aspect of Philosophy (1885) ein originelles Argument für das Absolute aus der unbestreitbaren Tatsache, daß es Irrtümer gibt. Nur wenn es einen – vom Pragmatismus bestrittenen – „absoluten“ Standpunkt jenseits der Erfahrung gebe, sei eine definitive Unterscheidung

Zur Zweiten Vorlesung zwischen Wahrheit und Irrtum möglich (Conant 1997, 187 f.). Nach langen Bemühungen, dieses Argument zu widerlegen, überzeugte sich James davon, daß das Phänomen des Irrtums durch die Analyse der endlichen Geistestätigkeit des Menschen in ihrem Bezug auf Gegenstände innerhalb der Erfahrung zureichend erklärt werden kann (Thayer 1975, XX f.).18 (3) Auch mit Bradley führte James einen langjährigen philosophischen Disput (Sprigge 1993) über die Figur des Absoluten, wie sie Bradleys Hauptwerk Appearance and Reality (1893) zugrunde liegt. Das schwer greifbare Absolute (vgl. PU, 21–23, 37 f.) als die Gesamtheit aller Dinge, die es wahrhaft gibt, ist für Bradley eines und nicht viele; es ist zeitlos und enthält jede Erfahrung, die irgendein bewußtes Wesen gemacht hat oder machen wird; es ist keine Person; und es ist in jedem seiner Teile gegenwärtig (Sprigge 1993, 264 f.). Als „Tatsachenfreund“ weiß James mit abstrakten Bestimmungen dieser Art a limine nicht viel anzufangen. Die Philosophie des Absoluten scheint ihm gleichgültig gegenüber den Einzeltatsachen zu sein. Auf die pragmatistische Probe gestellt, welche Früchte sie hervorbringt, läßt die Philosophie des Absoluten keine für das Leben wichtigen Folgerungen zu (A 40). Sie ist weltfremd, im schlechten Sinne abstrakt und von jenem lebensfernen rationalistischen Temperament geprägt, das James herzlich verabscheut (A 41). Ohne die Debatten mit Royce und Bradley im einzelnen nachzuzeichnen, vermittelt James dem Hörer resp. Leser den Eindruck, daß ihm als Philosophen des gelebten Lebens die idealistische Philosophie entschieden zu steril ist. So wenig James dem absoluten Idealismus seinerseits abgewinnen konnte, so wenig gelang es ihm mit seinem Buch, seine Gegner für seinen Pragmatismus zu erwärmen. Royce etwa reagierte freundschaftlich, aber drastisch: Einige Leser würden Pragmatism als „einen herrlichen Scherz“ (a splendid joke) ansehen, als „eine brillante reductio ad absurdum aller Versuche, irgendwelche philosophischen Fragen ernsthaft in Angriff zu nehmen“ (Perry 1935, I 821). Heute erscheint der absolute

18 Zum Verlauf der äußerst verwickelten Debatte zwischen James und Royce vgl. Conant 1997, Perry 1938 und Perry 1935, I 778–824.

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Kai-Michael Hingst Idealismus, der zu James’ Zeit in letzter voller Blüte stand, als eine Gestalt des Denkens, die nach wie vor intellektuell faszinierend, aber geistesgeschichtlich überholt ist. An diesem Ausgang hat Pragmatism seinen Anteil.

3.4.2 Pragmatismus als Gegenmodell (A 42) James kommt es entscheidend auf die Differenz seiner empiristischen Philosophie zum religionsabstinenten Materialismus an (A 42). Daher sucht er die Wahrheitsfähigkeit der Religion nach pragmatistischen Begriffen aufzuzeigen:19 „Wenn sich erweist, daß theologische Gedanken einen Wert für das konkrete Leben haben, werden sie für den Pragmatismus wahr sein, und zwar in dem Sinne, daß sie eben insofern gut sind (good for so much)“ (A 42). Zu diesem zentralen Satz sind zwei Punkte anzumerken: (1) James behauptet die Wahrheitsfähigkeit von Religion, aber er behauptet nicht ihre absolute Wahrheit. James gewinnt nicht durch die pragmatistische Hintertür eine verlorene absolute Wahrheit zurück. Nur wenn und soweit theologischen Gedanken ein Lebenswert zukommt, werden sie wahr sein, und zwar in dem Sinne, daß ihnen dann und insoweit eben diejenige Güte eignet, einen Wert für das Leben zu haben. Mit anderen Worten: Religiöse Rede kann nur in dem Sinne „wahr“ oder „richtig“ sein, als die in ihr direkt oder metaphorisch ausgedrückten Lebenseinstellungen menschliches Glück befördern (Stekeler-Weithofer 1991, 81). (2) Ihre weitere Wahrheit ist abhängig von ihren Beziehungen zu anderen Wahrheiten. Die „Hypothese von Gott“ (PM, 143) wird folglich gegenüber anderen Überzeugungsaspiranten weder privilegiert noch diskriminiert. Gott muß sich an den anderen Wahrheiten und diese müssen sich an Gott erproben. Ob Gott den „Spießrutenlauf mit all unseren anderen Erfahrungen“ bestehen wird (PM, 56, vgl. VRE, 338), läßt James offen.

19 Zur Wahrheit der Religion bei James vgl. Hingst 1998, 243–248.

Zur Zweiten Vorlesung 3.4.3 Erläuterung am Beispiel des Absoluten (A 43–A 52) 1. Vorzüge und insoweit Wahrheit des Absoluten (A 43–A 46). „Als guter Pragmatist“ erkennt James an, daß das Absolute insoweit wahr ist, als es Trost gewährt (A 43, A 46), denn insoweit eignet ihm ein Wert für das wirkliche Leben. Diesen „Barwert“ (A 45) des Absoluten expliziert er (A 43–A 45) durch Anwendung der pragmatischen Methode: Das Absolute gestattet es dem Menschen, im Bewußtsein eines sicheren Ausgangs des Weltlaufs von Zeit zu Zeit „moralische Ferien“ zu nehmen (A 44 f.), d. h., hin und wieder in der Anspannung seiner Kräfte nachzulassen (PU, 57), ohne Nachteile fürchten zu müssen, da im Grunde alles gut um den Kosmos steht (PU, 55). Insofern macht das Absolute, pragmatistisch betrachtet, einen Unterschied, und James modifiziert insoweit seine frühere Aussage, aus dem Absoluten ließen sich keinerlei für das Leben wichtige Folgerungen ableiten (A 40). 2. Exkurs: Das Wahre als das Gute (A 47–A 51a). James will freilich darauf hinaus, daß der absolute Idealismus für ihn gleichwohl nicht akzeptabel ist, und zwar deshalb nicht, weil das Absolute sich trotz des soeben beschriebenen Vorteils mit James’ Überzeugungssystem nicht verträgt. Um dieses Argument auszuführen und zugleich Bedenken gegen die Beziehung von Wahrheit und Nützlichkeit zu zerstreuen, unterbricht James die Erörterung des Absoluten mit einem Exkurs zur Verteidigung des pragmatistischen Wahrheitsbegriffs (A 47–A 51a). James antizipiert einen Einwand seiner Hörer gegen die Gleichsetzung von Nützlichkeit, Güte und Wahrheit. Während der erste Schritt, einen in Handlung umsetzbaren nützlichen Gedanken wegen seines Nutzens zur Erreichung eines bestimmten Zwecks als gut anzusehen, konsensfähig erscheint, kann der zweite Schritt, solchen nützlichen Gedanken deshalb wahr zu nennen, als vermeintlicher Mißbrauch des Wortes „wahr“ Widerspruch hervorrufen (A 47). Diesem Vorwurf begegnet James mit einer Bestimmung des Wahren als einer Art des Guten (A 48–A 51a): „Das Wahre ist die Bezeichnung für dasjenige, was immer sich auf dem Gebiet der Überzeugung als gut erweist, und zwar als gut aus bestimmten, angebbaren Gründen“ (A 48). Daran ist dreierlei bemerkenswert: (1) Die seit Platon geläufige Bestimmung des Wahren als einer

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Kai-Michael Hingst Art des Guten wird von James konkret gefaßt: Die Güte des Wahren ist sein Lebenswert. Die Wahrheit ist gut, weil sie uns im Lebenskampf nützt (A 48). (2) Das Zusammenfallen von Wahrheit und Güte (A 49) resultiert, ohne daß James dies ausdrücklich sagt, einmal mehr aus der pragmatistischen Leitfrage (A 3), die für den vorliegenden Fall schlicht lautet: Welchen Unterschied macht das für uns Bessere gegenüber dem für uns Wahren? James findet, daß es keinen Unterschied macht (A 50a), und erachtet das Wahre und das Gute folglich für identisch. (3) Dadurch gewinnt die Wahrheit eine moralische Funktion (Oehler 1994, XXII*). Sie wird zum Bezugspunkt einer Pflicht des Menschen gegen sich selbst (vgl. A 48). Die Bejahung des Lebens als Ausgangspunkt vorausgesetzt, ist der Mensch sich selbst gegenüber auf die Wahrheit verpflichtet, weil sie dem Leben zuträglich ist. Diese Verpflichtung läßt sich leicht auf den Boden der konkreten Tatsachen des täglichen Lebens herabholen, in dem wir uns besser zurechtfinden, wenn wir uns im Handeln von einer wahren als von einer falschen Überzeugung leiten lassen: Die wahre Überzeugung, eine bestimmte Pilzsorte sei giftig, verpflichtet den, dem am Leben liegt, auf ein bestimmtes Ernährungsverhalten, so wie eine wahre Überzeugung von den persönlichen und gesamtwirtschaftlichen ökonomischen Gegebenheiten eine entsprechende private Vermögensvorsorge nahelegt. Gegen den Verdacht, sein Wahrheitsbegriff gebe den Weg zur Phantasterei und zum Aberglauben frei (A 50b), hat sich James mit Recht verwahrt (A 51a [Satz 1–5]). Die Probe aufs Exempel, ob ein neuer Gedanke nicht nur für sich genommen, sondern in einem umfassenden Sinne gut und wahr ist, erfolgt in seiner Konfrontation mit unseren anderen, schon vorhandenen Wahrheiten (A 51a). Diese Absicherung gegen das Wunschdenken wirkt quasi automatisch. Wenn sich ein Gedanke nicht mit den übrigen Gedanken verschmelzen kann, bleibt er ein Fremdkörper im Gewebe unserer Überzeugungen. Bis zu dieser Verschmelzung sind wir nicht wirklich vom Inhalt des Gedankens überzeugt. Wir brauchen uns zu diesem Versuch, Altes und Neues zu vermitteln, regelmäßig nicht einmal anzuhalten. Wir denken einfach so, sofern wir geistig gesund sind; oder, pragmatistisch, d. h. von der Wirkung aus konzipiert: Wenn wir so denken, dann gelten wir (insoweit) als gesund. Der Aufbau

Zur Zweiten Vorlesung mehrerer unabhängiger Überzeugungswelten und Identitäten dagegen gilt als krank, als Anzeichen der Schizophrenie, einer gespaltenen Tätigkeit des Geistes (griech. phrên Geist, Verstand; schizein spalten), dessen Teile unverbunden nebeneinander bestehen und sich einer wechselseitigen Kontrolle und Abgleichung verweigern. 3. Nachteile des Absoluten (A 51b). Nach diesem Exkurs kann James zeigen, daß das Absolute die gesteigerten Anforderungen an einen Gedanken nicht erfüllen kann. In einer Gesamtrechnung überwiegt die Soll- die Habenseite (PU, 56 f.). Da uns das Absolute „moralische Ferien“ ermöglicht, ist es zwar für sich genommen gut. Die Nachteile des Absoluten treten aber hervor, sobald man es einem umfassenden Gütetest unterzieht und mit unseren anderen Wahrheiten konfrontiert. Dann zeigt sich, so James, daß das Absolute in unannehmbare metaphysische Paradoxien führt (A 51b [Satz 6–9]). Welcher Art diese Paradoxien sind, erläutert er in A Pluralistic Universe (1909) (vgl. insbesondere PU, 43–62). James nennt vor allem zweierlei: (1) Die Philosophie des Absoluten von Hegel, Royce und Bradley (PU, 52) ist „verderbter Intellektualismus“ (vicious intellectualism), da sie fälschlich annimmt, der Begriff eines Teils der Wirklichkeit, der durch diesen Begriff definiert wird, schließe all das, was in der Definition des Begriffs nicht mitenthalten ist, auch realiter aus (PU, 32, 40, 52, MT, 135, f.). Als bestes Beispiel eines solchen verderbten Intellektualismus gilt James Hegels dialektische Methode der doppelten Negation (PU, 52 f.). (2) Die Philosophie des Absoluten löst das Theodizee-Problem nicht, kann also nicht erklären, weshalb das Absolute trotz seiner vermeintlichen Vollkommenheit so mannigfaches Übel in der Welt zuläßt (PU, 57–60). Als Pluralist versucht James dieses Problem mit der Annahme zu lösen, ein Gott, der seinen Namen verdiene, müsse endlich sein (PU, 60 f.). 4. Konsequenz für James persönlich: Aufgabe des Absoluten einschließlich seiner Vorzüge (A 51c, A 52). Aus diesen und anderen Gründen (vgl. PU, 61 f.) sieht sich James genötigt, das Absolute zu verwerfen (A 51 c [Satz 10 f.]). Diese Konsequenz ist über den Einzelfall hinaus ein lehrreiches Beispiel für den zuvor (A 24–A 29) geschilderten Prozeß der Überzeugungsbildung. Drei Punkte sind hervorzuheben: (1) Es ist bezeichnend, daß James diese Konsequenz nur für sich persönlich zieht und sie dem

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Kai-Michael Hingst Leser nicht vorschreibt. Ob sich ein neuer Wahrheitsaspirant dem bisherigen Wahrheitscluster anlagern läßt, hängt eben von dessen je subjektiver Gestalt ab. (2) Wie eine Kosten-NutzenRechnung des Absoluten ergibt, trägt es sich im Gesamthaushalt der Überzeugungen nicht. Ungeachtet seines unbestrittenen Vorzugs, „moralische Ferien“ zu gewähren, sind die Kosten des Absoluten, sein intellektueller Preis zu hoch: Infolge der Inkompatibilität des Absoluten mit den übrigen Wahrheiten müßte James all diese, soweit sie dem Absoluten entgegenstehen, mit aufgeben. Das kann sich James nicht leisten, will er nicht seine Identität preisgeben, die durch die Gesamtheit seiner sonstigen Überzeugungen konstituiert ist. (3) Auch ein ansonsten bei Konflikten zwischen alter Wahrheit und neuen Wahrheitsaspiranten hilfreiches selektives Verfahren ist im Fall des Absoluten nicht praktikabel. Es ist ausgeschlossen, das Absolute so zurechtzustutzen, daß seine Vorzüge erhalten bleiben, zugleich aber die drohende Kollision mit dem Überzeugungsbestand vermieden wird (A 52). Als holistisches Konzept, das ganz oder gar nicht gilt, läßt sich das Absolute schlichtweg mit dem vorhandenen Bestand von James’ Überzeugungen nicht in Einklang bringen.

3.4.4 Die Funktion des Pragmatismus als Vermittler und die Folgen für die Auffassung der Religion (A 53–A 56) 1. Im allgemeinen: Lockerung unserer Theorien (A 53a). Da, wie am Fall des Absoluten illustriert, nach pragmatistischen Begriffen stets der gesamte Überzeugungsbestand über die Wahrheit eines neuen Aspiranten entscheidet und zwischen beiden, dem Bewährten und dem Neuen, ein Wechselspiel entstehen kann, an dessen Ende beide zu einem neuen Bewährten verschmelzen, hat der Pragmatismus „keine starren Kanons für das, was als Beweis zählen soll“ (A 53a [Satz 1–4]). Das heißt freilich gerade nicht, daß er maßstabslos wäre und sich aus pragmatistischer Sicht unsere Überzeugungen regellos und willkürlich bilden könnten oder gar sollten. „Anything goes“ gilt nicht für den Pragmatisten, der die immense Masse unserer bewährten Über-

Zur Zweiten Vorlesung zeugungen und das objektive Schwergewicht der konkreten Tatsachen nicht verleugnet. 2. Insbesondere: Folgen für den religiösen Bereich (A 53b–A 56). In der 1. Vorlesung hatte James das Dilemma des philosophischen Denkens durch die Alternative von Empirismus und Rationalismus gekennzeichnet: „Sie finden den Empirismus verbunden mit Entwertung des Menschen und mit Leugnung der Religion. Oder aber Sie finden eine rationalistische Philosophie, die sich zwar religiös nennen darf, die sich aber fernhält von jedem Kontakt mit wirklichen Tatsachen und Freuden und Schmerzen“ (PM, 17). Diesen beiden je für sich defizienten Denkweisen ist der Pragmatismus überlegen (A 53b [Satz 5]). Wenn James ihn hinsichtlich der Befriedigung des religiösen Bedürfnisses ausdrücklich im „Vorteil“ sieht, so ist dies eine Wertung, getragen von dem Wunsch, die Philosophie möge auf dem „religiösen Feld“ (A 53b) nicht unfruchtbar bleiben. Wendet man die pragmatistische Leitfrage nach dem Unterschied (A 3) auf den Pragmatismus selbst an, so liegt der Unterschied des Pragmatismus gegenüber den beiden konkurrierenden Lehren des religionsfeindlichen (schlichten, nicht radikalen) Empirismus und des weltfernen absoluten Idealismus auf der Hand. Die Philosophie des Pragmatismus genügt somit den eigenen Ansprüchen und nach ihrem Selbstverständnis damit auch den Ansprüchen an die philosophische Begriffsbildung überhaupt. Indem der Pragmatismus also, wie James sich ausdrückt, das Feld erweitert, auf dem wir Gott suchen können (A 54), verfolgt er ein ähnliches Ziel wie Kant. Auf dessen Satz: „Ich mußte […] das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen“ (KrV, B XXX) spielt James einmal brieflich mit den Worten an: „Wie Kant sagt, habe ich das Wissen weggefegt (swept away), um Platz für den Glauben zu schaffen […]“ (WB, 252).20 Ob wir Gott dort auch finden werden, entscheidet sich an der persönlichen Erfahrung (A 54). Und jede Erfahrung zählt (A 54). Getreu dem Radikalen Empirismus läßt es James’ Wirklichkeitssinn nicht zu, Erfahrungen ganzer Lebensbereiche unberücksichtigt zu lassen (Goldstein 1914, VIII). Erfahrung ist für ihn „das wirkliche Rückgrat des

20 Zum Verhältnis von James und Kant vgl. Carlson 1997.

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Kai-Michael Hingst religiösen Lebens in der Welt“ (James 1920 II, 127). Die religiöse Erfahrung hat er daher zum Thema seines religionspsychologischen Hauptwerks mit dem programmatischen Titel The Varieties of Religious Experience (1902) gemacht. Insbesondere der mystischen Erfahrung, die er in Pragmatism nur en passant erwähnt (A 54), widmet James in den Varieties breiten Raum (VRE, 301–339). Denn in mystischen Bewußtseinszuständen hat persönliche religiöse Erfahrung nach seiner Auffassung ihre Wurzel und ihr Zentrum (VRE, 301). Der Maßstab für religiöse Wahrheit, d. h. Wahrheit auf religiösem Gebiet, ist der gleiche wie für jede andere Art Wahrheit. Die etwaige Wahrheit des Gottesbegriffs resultiert aus seinem pragmatischen Erfolg (A 55). Dabei fällt auf, daß James die Aussage: „Es ist wahr, daß Gott existiert“ stets umgeht. Eigentlich sagt er nur: „Es könnte wahr sein, daß Gott existiert.“ Er spricht im Konjunktiv. Die Schlüsselworte sind „wenn“ und „insoweit“: „Wenn der Gottesgedanke“ „sich mit der Gesamtheit der aus der Erfahrung herrührenden Bedürfnisse verbindet“ (A 55), „wenn sich theologische Gedanken als wertvoll für das konkrete Leben erweisen“ (A 42), „wenn die Hypothese von Gott befriedigend wirkt“ (PM, 143), dann wird sie „insofern“ (A 42) und – wie alle Wahrheit – „insoweit“ (A 22) und „im Verhältnis zu“ ihrem Erfolg, sich mit „einem Minimum an Erschütterung und einem Maximum an Kontinuität“ mit den anderen Wahrheiten zu verbinden (A 25), wahr sein. Freilich ist James zuversichtlich, diese „freundliche“ Schlußfolgerung ziehen zu können (A 56).

3.5 Überleitung zur 3. bis 8. Vorlesung Mit dem Abschluß der 2. Vorlesung hat James den Pragmatismus in groben Strichen dargestellt. Was in der 3. bis 8. Vorlesung folgt, ist trotz des leichten Tons keine lockere Aneinanderreihung einiger pragmatistischer Reflexionen (vgl. schon oben 3.2.4, 5.). James zeigt vielmehr, wie die pragmatische Methode zur Klärung zentraler philosophischer Begriffe angewandt, d. h. fruchtbar gemacht werden kann. Es sind dies folgende Lehrstücke: (1) die Begriffe von Substanz, Zweck und Willensfreiheit (3. Vorlesung), (2) das Problem von Einheit und

Zur Zweiten Vorlesung Vielheit (4. Vorlesung), (3) der gesunde Menschenverstand (5. Vorlesung), (4) der Wahrheitsbegriff, dem sich James in einem zweiten, vertiefenden Zugang zuwendet (6. und 7. Vorlesung), und (5) die Religion (8. Vorlesung). Diese Lehrstücke sind von zentraler Bedeutung. Gleichwohl erschöpfen sie das Potential der pragmatischen Methode selbstverständlich nicht. James hat von ihr in veröffentlichten Schriften (auch schon vor Pragmatism) ebenso wie in nachgelassenen Aufzeichnungen immer wieder Gebrauch gemacht,21 weil er überzeugt war, mit dieser Methode, so unprätentiös er sie auch vorträgt, den Schlüssel zur Schatzkammer der Begriffe in Händen zu halten.

Literatur Abel, Reuben 1955: The Pragmatic Humanism of F. C. S. Schiller, New York. Reprint 1973 Almeder, Robert 1997: A Definition of Pragmatism. In: Stachowiak 1997, Band II: Der Aufstieg pragmatischen Denkens im 19. und 20. Jahrhundert, 99–107 Carlson, Thomas 1997: James and the Kantian tradition. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/ Melbourne, 363–383 Conant, James 1997: The James/Royce dispute and the development of James’s “solution”. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/Melbourne, 186–213 Dewey, John 1976: The Middle Works: 1899–1924, Vol. 2: 1902–1903, ed. Jo Ann Boydston, Carbondale Dewey, John 1977: The Middle Works: 1899–1924, Vol. 3: 1903–1906, ed. Jo Ann Boydston, Carbondale Dewey, John 1977a: The Middle Works: 1899–1924, Vol. 4: 1907–1909, ed. Jo Ann Boydston, Carbondale Elsenhans, Theodor (Hrsg.) 1909: Bericht über den III. Internationalen Kongreß für Philosophie zu Heidelberg 1. bis 5. September 1908, Heidelberg. Nachdruck Nendeln/Liechtenstein 1974 Fisch, Max H. 1977: American Pragmatism before and after 1898. In: Robert W. Shahan/Kenneth R. Merrill (Hrsg.), American Philosophy from Edwards to Quine, Oklahoma, 78–110 Fisch, Max H. 1986: Introduction. In: Writings of Charles S. Peirce. A Chronological Edition, Vol. 3: 1872 – 1878, ed. Christian J. W. Kloesel, Bloomington/ Indianapolis, XXI–XXXVII

21 Nachweise zu den impliziten und expliziten Anwendungen der pragmatischen Methode in James’ Werk finden sich bei Hingst 1998, 199–201.

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Kai-Michael Hingst Goldstein, Julius 1914: Zur Einführung. In: William James, Das pluralistische Universum. Übersetzt und mit einer Einführung versehen von Julius Goldstein, Leipzig, V–XIX Gutberlet, Constantin 1908: Der Pragmatismus. In: Philosophisches Jahrbuch 21, 437– 458 Hingst, Kai-Michael 1998: Perspektivismus und Pragmatismus. Ein Vergleich auf der Grundlage der Wahrheitsbegriffe und der Religionsphilosophien von Nietzsche und James, Würzburg Hingst, Kai-Michael 2000: Nietzsche pragmaticus. Die Verwandtschaft von Nietzsches Denken mit dem Pragmatismus von William James. In: Nietzscheforschung 7 (im Erscheinen) James, Henry [III.] (Hrsg.) 1920: The Letters of William James, 2 Vols., Boston Jerusalem, Wilhelm 1908: Der Pragmatismus. In: Deutsche Literaturzeitung 29, 197–206 Lovejoy, Arthur O. 1908: The Thirteen Pragmatisms. In: The Journal of Philosophy 5, 5–12, 29–39. Wiederabgedruckt in: ders., The Thirteen Pragmatisms and Other Essays, Baltimore 1963, 1–29 Nagl, Ludwig 1992: Charles Sanders Peirce, Frankfurt/New York Nagl, Ludwig 1998: Pragmatismus, Frankfurt/New York Oehler, Klaus 31985: Einleitung: Die Grundlegung des Pragmatismus durch Peirce, Kommentar. In: Peirce 1985, 11–34, 97–162 Oehler, Klaus 1993: Charles Sanders Peirce, München Oehler, Klaus 21994: Einleitung. In: William James, Der Pragmatismus. Ein neuer Name für alte Denkmethoden. Übersetzt von Wilhelm Jerusalem, Hamburg, IX*–XXXIV* Peirce, Charles S. 1931/58: Collected Papers, Vol. I–VI, ed. Charles Hartshorne, Paul Weiss, Cambridge 1931–1935; Vol. VII, VIII, ed. Arthur W. Burks, Cambridge 1958 (abgekürzt: CP) Peirce, Charles S. 31985: Über die Klarheit unserer Gedanken. Einleitung, Übersetzung, Kommentar von Klaus Oehler, Frankfurt a. M. Peirce, Charles S. 1993: An American Plato: Review of Royce’s ‘Religious Aspect of Philosophy’ (1885). In: The Writings of Charles S. Peirce. A Chronological Edition, Vol. 5: 1884–1886, ed. Christian J. W. Kloesel, Bloomington/Indianapolis, 221–234 Perry, Ralph Barton 1935: The Thought and Character of William James, 2 Vols., Vol. I: Inheritance and Vocation, Vol. II: Philosophy and Psychology, London Perry, Ralph Barton 1938: Two American Philosophers. In: ders., In the Spirit of William James, New Haven (Reprint Westport 1979), 1–43 Schiller, Ferdinand Canning Scott 1903: Humanism: Philosophical Essays, London/New York. Reprint New York 1969 Schiller, Ferdinand Canning Scott 1907: Studies in Humanism, London/New York. Reprint New York 1969 Schiller, Ferdinand Canning Scott 1911: Humanismus. Beiträge zu einer pragmatischen Philosophie, übersetzt von Rudolf Eisler, Leipzig Schrickel, Klaus 1957: Über den pragmatistischen Freiheitsbegriff bei W. James, R. B. Perry, J. Dewey und S. Hook. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 5, 144 –186 Seigfried, Charlene Haddock 1990: William James’s Radical Reconstruction of Philosophy, Albany

Zur Zweiten Vorlesung Sprigge, T. L. S. 1993: James and Bradley: American Truth and British Reality, Chicago/La Salle Stachowiak, Herbert (Hrsg.) 1997: Handbuch pragmatischen Denkens, 5 Bde., Darmstadt Stekeler-Weithofer, Pirmin 1991: Religionsphilosophie nach William James. In: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie 33, 74–87 Thayer, Horace S. 1975: Introduction. In: William James, The Meaning of Truth. A Sequel to ‘Pragmatism’, Cambridge/London, XI–XLVI Waibel, Edwin P. 1915: Der Pragmatismus in der Geschichte der Philosophie, Bonn

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Kai-Michael Hingst

Zur Dritten Vorlesung

Ludwig Nagl

Zur Dritten Vorlesung: Pragmatismus: Zwischen Kritik und Postulat

4.1 Vorbemerkung Ist der Pragmatismus so nachhaltig von Kant beeinflußt, daß „the Cambridge pragmatists“ mit gutem Grund „Kant’s children“ genannt werden können? Murray Murphey stellte Ende der sechziger Jahre diese These auf, mit der er – obwohl in ihr das Naheverhältnis der Klassiker des Pragmatismus zu Kant rhetorisch übertrieben wird – Interessantes trifft (Murphey 1968). James selbst hätte Murphey sicher widersprochen, denn er schrieb: „As Schiller, Dewey and I mean pragmatism, it is toto coelo opposed to either the original or revived Kantianism … [I]t is irreconcilable with anything in Kant – only the most superficial resemblance obtaining“ (Perry 1935; Carlson 1997). Genauere Betrachtungen zeigen jedoch anderes: Motive aus allen drei Kritiken Kants bestimmen das Jamessche Denken – freilich in einer „de-transzendentalisierten“ Form, die mit Leitideen aus Darwins Evolutionstheorie angereichert ist. Nicht nur James’ Attacke auf eine „intellektualistische“ Metaphysik, die auseinanderdriftet in abgelebten Oppositionsvokabularien, sondern auch sein pragmatischer Rekonzeptualisierungsversuch dessen, was er „genuine metaphysical debate“ (PM, 52) nennt, haben starke Anklänge an Kant. (Zum „unmistakably Kantian sound“ Jamesscher Argumentationsfiguren vgl. Putnam/Putnam 1990, 227; 218 f.) James resituiert jene Fragen, die dieser „genuine debate“ zugehören, in einer „Hoffungslogik“, deren Inhalte er, Kant sehr ähnlich, durch „Postulate“ (freier Wille, Gott) spezifiziert.

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Ludwig Nagl Innovativ wird der Pragmatismus freilich erst durch seine scharfe Abgrenzung von Kant; denn als „Fallibilist“ ist James ein unnachgiebiger Kritiker aller Aprioris. Seine latente Beerbung Kantischer Motive diskreditiert zugleich das „transzendentale Herzstück“ der Kantschen Kritik. James’ gespanntes Kant-Verhältnis läßt sich daher in der Metapher der „Kindschaft“ nur schlecht ausdrücken: Eher als ein legitimes Kind ist James’ pragmatische Philosophie eine „natürliche Tochter“ Kants.

4.2 Überblick Die dritte Pragmatismusvorlesung entwickelt Argumente in zwei Richtungen: Auf das negative Geschäft der Kritik metaphysischer „Worthülsen“ folgt in der Regel eine positiv-pragmatische Argumentation, die um die Erkundung dessen, worauf wir „hoffen dürfen“, kreist. In diesem zweiten Argumentationsgang werden James’ „Postulate“ eingeführt: Sie sind indirekt an Kants „Postulatenlehre“ orientiert, de-transzendentalisieren aber Kants Rechtfertigungsprogramm modo pragmatico. James zeigt in vier exemplarischen Argumentationen, wie die pragmatische Methode diese doppelte Leistung, Metaphysikkritik und Rechtfertigung unseres Hoffens in einem zu sein, zu bewerkstelligen sucht. Zunächst wendet er sich dem Problem der Substanz (1) zu: er setzt dabei „gegenstandstheoretisch“ ein und kritisiert den Begriff einer quasiplatonisch verfaßten „Hinterwelt“, die, zur metaphysischen Substanz hochstilisiert, der Summe der erfahrbaren Attribute – man weiß nicht wie – „zugrunde liegen“ soll. Ohne Kant zu nennen, doch nahe an Kants Kritik der „Seelensubstanz“, fährt James sodann, im zweiten Teil des ersten Arguments, mit einer subjekttheoretischen Pointe fort, die er im Blick auf Locke und Hume entwickelt. In den drei folgenden pragmatischen „Beleuchtungen“ metaphysischer Probleme (2–4) sondiert James, modo pragmatico, den Hoffnungshintergrund unseres Handelns. Er beschäftigt sich dabei zunächst (2) kritisch mit der Alternative Materialismus/Spiritualismus, die positiv-pragmatisches Interesse dort gewinnt, wo James sie – mit Rekurs auf unser „auf Zukunft gerichtetes“ Hoffen – argumentativ reloziert; dann zeigt er (3), wie Darwins Evolutionstheorie dem – schon von Kant zerstörten – „kosmologischen

Zur Dritten Vorlesung Gottesbeweis“ (argument from design) endgültig alle theoretische Schlüssigkeit nimmt – ohne daß deshalb die Gottesfrage (von James liberal reformuliert als die Frage, was Zukunft „verheißt“) verschwindet; und schließlich wendet er sich (4) dem „Problem des freien Willens“ zu, das er, „intellektualistisch“ betrachtet, für aporetisch, als „Postulat“ gewendet aber für lösbar hält. Alle vier Argumentationsgänge haben, wie im folgenden zu zeigen sein wird, eine (weitere oder nähere) Verbindung zu Kant, im speziellen zu Kants „Postulaten der praktischen Vernunft“.

4.3 Die pragmatische Kritik des Substanzbegriffs In der James-Literatur wird die Behandlung des Substanzproblems in der dritten Pragmatismus-Vorlesung als „careful“ und „unusual“ eingeschätzt (Bird 1986, 22 f.). James entfaltet das Problem so: Gegenstände, z. B. ein Stück Tafelkreide, identifizieren wir an ihren Attributen („Weiße, Sprödigkeit, zylindrische Gestalt, Unlösbarkeit im Wasser“). Unsere Grammatik legt die Frage nahe, ob es – neben diesen Attributen (gleichsam: „hinter“ ihnen) – eine Substanz gibt, „der die genannten Attribute inhärieren“ (DP, 52). Diese Unterscheidung ist, wie ihre lange, kontroversengenerierende Geschichte dartut, abgründig: Dennoch, so James, erweist sie sich, wird sie pragmatisch betrachtet, als letztlich „folgenlos“. Denn was für Konsequenzen resultieren aus der Unterscheidung zwischen Attribut und Substanz? Was ist der praktische Unterschied, wenn wir, als handelnde und experimentierende Wesen, „Substanz“ einführen als eine Kategorie, die auf ein (selbst unprädizierbares) „Ding“ verweist, das allen „prädizierbaren“ Attributen „zugrunde liegt“? Genaugenommen nichts: Diese Distinktion bewirkt keine reale Differenz. Denn „jede Substanz kennen wir nur als eine Gruppe von Attributen“. Alles, z. B., was wir vom Holz wissen, ist die Reihe seiner Attribute (Brennbarkeit, fasrige Struktur, etc.), die „für unsere tatsächliche Erfahrung den einzigen Barwert der Substanz“ bildet (DP, 54). Als ein „hinterweltliches“ QuasiDing bestimmt, läßt sich „Substanz“, modo pragmatico betrachtet, in der Tat nicht retten. Durch den pragmatischen Test spitzt James einen alten Einspruch zu: Nominalisten aller Couleurs

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Ludwig Nagl haben schon immer gegen die Idee eines „Substrats“, das aller Prädikation zuvorliegen soll, polemisiert.

4.3.1 Probleme Interpretiert man Substanz aber nicht als ein (gespenstisches) „Dahinter“, sondern hält man die Idee, daß ein „Ding“ mehr ist als die Summe seiner (bisherigen) Attribute, z. B. mit Peirce, für die Ermöglichung des (forschungslogisch relevanten) Impulses, das Insgesamt aller bekannten Prädikationen eines Dings jederzeit – mit Rekurs nicht auf ein Unbestimmbares, sondern auf ein noch Unbestimmtes – als inkomplett verdächtigen zu können, so läßt sich James’ nominalistisch verfaßter Pragmatismus von einem „universalienrealistisch“ konzipierten „Pragmatizismus“ (des Peirceschen Typus) auf interessante Weise in Frage stellen. (Zu Peirce’ Begriff des Objekts vgl. Nagl 1992, Kapitel 1.) Freilich: James’ Einsprüche gegen eine quasiplatonisch verfaßte, „hinterweltliche“ (Ding-)„Substanz“ beziehen sich, genau betrachtet, weniger auf eine allgemeine „Gegenstandstheorie“ als auf Versuche, das metaphysische Schema Substanz/Attribut subjekttheoretisch auf den Begriff des „Selbst“ zu übertragen. (Ältere Metaphysiker wollen die Seele – als ein einfaches und „unzerstörbares“ Quasiding – „intellektualistisch“ deduzieren.) Bevor wir uns diesem zweiten (und Haupt-)Argument von (1) kurz zuwenden (4.3.3), betrachten wir zunächst ein religionsphilosophisch interessantes Detail im Substanz-Beispiel der dritten Pragmatismus-Vorlesung (4.3.2): hier kündigt sich die positive Wendung des pragmatischen Folgentests an, die in (2), (3) und (4) häufig anzutreffen ist.

4.3.2 Gibt es eine pragmatisch gerechtfertigte Verwendung der Substanzkategorie? Da der Substanzbegriff, allgemein betrachtet, in unsere realen Handlungen und Experimente keine folgenreichen Differenzierungen einzubringen vermag, verwirft ihn James. Doch merkt er zugleich an, ihm sei eine Ausnahme bekannt, in der – modo pragmatico betrachtet – „Substanz“ nicht nur als über-

Zur Dritten Vorlesung flüssige Kategorie aufträte. In der (katholischen) Interpretation der „Transsubstantiation“, des „Mysteriums des Abendmahls“, „scheint [für die Gläubigen] die Substanz“, so James, „einen bedeutsamen pragmatischen Wert zu haben“, ja einen „realen Unterschied“ zu begründen. Denn da „die Eigenschaften der Oblate sich beim Abendmahl nicht ändern und diese doch zum wirklichen Leib Christi geworden ist, so muß dieser Wandel in der Substanz selbst vor sich gegangen sein“ (DP, 54). Für die Gemeinde der Gläubigen hat sich so „ein gewaltiger Unterschied vollzogen, kein geringerer als der, daß wir, die das Sakrament empfangen, uns jetzt von der göttlichen Substanz selbst nähren“ (DP, 54). Das, so James, „ist die einzige pragmatische Anwendung des Substanzbegriffs, die ich kenne“ (Kursivierung L. N.); „und es ist klar, daß dies nur von denjenigen ernst genommen wird, die aus anderen Gründen bereits an die wirkliche Gegenwart Christi in der Hostie glauben“ (ebd.). (Vgl. dazu Peirces – viel positivistisch-„entlarvender“ aufgebauten – Einspruch gegen die katholische Lesart der „Transsubstantiation“ in seiner berühmten Erläuterung der „pragmatischen Maxime“ [How To Make Our Ideas Clear, CP, 5.401]). Offene Fragen. James’ komplexe Argumentation für die pragmatische Validität dieser Verwendungsweise des Substanzbegriffs könnte man für bloße Ironie halten; genauer besehen ist sie aber sowohl ernst als auch abgründig. Denn in ihr sind, relativ umstandslos, zwei sehr disparate Argumentteile verknüpft. Erstens (so zeigt der weitere Verlauf der dritten Vorlesung mit Ausführlichkeit) sind religiöse Weltinterpretationen, wenn sie motivbildende Kraft haben und „Wirkungen hervorbringen“, modo pragmatico betrachtet, rechtfertigbar. Jede religiöse Motivlage enthält aber zweitens – obgleich, so James, ihre motivbildende Kraft an individuellen Erfahrungen ansetzt, die sich der theoretischen, verbindlich-öffentlichen Demonstration nicht umstandslos fügen – prädikative und propositionale Elemente. Hoffnungen wie auch Religionen haben Inhalte. Daher entsteht sogleich die Frage (auch für die Gläubigen selbst), wie jene Geltungsansprüche, die (Wittgensteinisch gesprochen) im religiösen „Sprachspiel“ erhoben werden, mit allen anderen, wissenschaftlichen und alltäglichen Welterklärungslogiken kompatibel werden können. Es mag scheinen, daß angesichts solcher Verträglichkeitswün-

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Ludwig Nagl sche die Perspektive eines „holistisch“ zu verzahnenden Interpretationszusammenhangs unverzichtbar wird. Dann aber muß jeder Glaube (auch der, der im pragmatischen Test bereits „funktionell “ gerechtfertigt ist) – soll er glaubbar, oder, wie James sagt, nicht Selbstbetrug, sondern eine „lebendige Option“ (WG, 129) sein – auf diskreditierte Theorieelemente Verzicht leisten. Ist dann aber die Substanzkategorie, sollte sie im Sprachspiel „Wissenschaft“ wohlbegründet unter Platonismusverdacht geraten, noch akzeptabel? Allgemeiner gewendet: Welchen Status haben (und behalten) theoretische Geltungsansprüche innerhalb positivpragmatisch gerechtfertigter religiöser Sprachspiele?

4.3.3 Die pragmatische Kritik an der Seelen„substanz“ Von diesem Nebengedanken (der im Lichte der Jamesschen Religionsphilosophie [vgl. 4.4 und 4.5] so nebensächlich freilich nicht ist) zurück zur Hauptlinie des ersten Jamesschen Arguments. Die pragmatische Kritik des Substanzbegriffs erhält ihre volle Kraft dort, wo es um eine Theorie des „Selbst“ und damit: um die Zuschreibungsmöglichkeit von Kontinuität und „Identität“ geht. James skizziert in knappen Strichen Hauptmotive der Differenzierungs- und Kritikgeschichte des Substanzbegriffs im Denken Berkeleys, Lockes und Humes. Auf die Entlarvung einer – als „Hinterwelt“ bestimmten – „materiellen Substanz“ (Berkeley) folgt der Angriff auf die „geistige Substanz“ bei Locke und Hume. Beide Denker weisen den Begriff eines Seelendings zurück, auf den die „rationale Psychologie“ – beim Versuch, unsere praktische Erfahrungskontinuität (d. h., mit James gesprochen: unseren „stream of conscience“) verständlich zu machen – nicht verzichten zu können glaubte. Von solchen metaphysischen Identitätskonzepten will James abrücken. Denn die moderne Experimentalpsychologie, an deren Begründung James wesentlich mitwirkte, kommt problemlos auch ohne jenen quasiobjektiv verfaßten „Identitätsgaranten“ aus, den die „rationale Psychologie“ (in moralischer Wendung auch als Anlaufstelle aller Disziplinierungswünsche) „hinter“ dem Netz miteinander verknüpfter „particulars“ anzusiedeln suchte. James präsentiert seine Kritik am Seelen„ding“, dessen Verzichtbarkeit der negative Teil seiner pragmatischen Erkundungen demon-

Zur Dritten Vorlesung strieren soll, als Frucht der Denktradition von Locke zu Hume. Daß sich ähnliche und in mancher Hinsicht komplexere Überlegungen auch bei Kant finden, erwähnt James nirgendwo (obgleich ihm aus den Diskussionen mit seinen Harvarder Kollegen, vor allem mit Josiah Royce, Kants Kritik an jeder objektivistischen Seelenkonzeption mit Sicherheit bekannt war). In der „Paralogismenlehre“ der „Kritik der reinen Vernunft“ (speziell B 399– 427) schreibt Kant, daß das Selbst nur „in überschwänglichem Vernunftgebrauch“ quasiobjektiv, als „immaterielle Substanz“, gedeutet werden kann. Jeder Versuch, auf rationalistische Weise der Seele „Inkorruptibilität“, d. h.: Unsterblichkeit und „numerische Identität“ anzudeduzieren, erfolgt aufgrund falscher Vernunftschlüsse (Paralogismen). Unsere Fähigkeit zur Selbstreferenz und zum ethischen Selbstbezug erfordert demnach weder für Kant noch für James, daß wir unsere Empfindungskontinuität durch eine „inhärente“ mentale Substanz metaphysisch fundieren. Für Kant beruht „rationale Psychologie“ allemal auf einer objektivistischen Verkennung des Satzes „Ich denke“ (KrV B 429 f.); James weist die Idee der Seelensubstanz als das Produkt einer überstarken, „intellektualistischen“ Vereinheitlichung des Selbst zurück. James’ Theorie des Ich, das sei kurz angemerkt, ist deutlich von Hume beeinflußt; zu Humes Kritik an der „personal identity“ hält James jedoch zugleich Distanz (vgl. Niebuhr 1997, 227; Myers 1986, 344 –386). Aus dieser Zurückweisung des theoretischen Konzepts einer („spirituell“ deutbaren) Seelensubstanz (die, unzerstörbar wie ein Gespenst, „hinter“ unseren Erfahrungen läge) folgt freilich weder für Kant noch für James, daß der Materialismus – die Gegenposition der Geistphilosophie – als Theorieposition schlüssig wäre.

4.4 Materialismus oder Spiritualismus? Auch der theoretische Antagonismus Materie und Geist – ein alter, immer neu auflebender Konflikt der Metaphysik – läßt sich, so James, negativ-pragmatisch aufklären und positiv-pragmatisch resituieren.

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Ludwig Nagl 4.4.1 Das Problemexposé James faßt den ersten Pol der Opposition, den „Materialismus“, breit, und bestimmt ihn als jenen reduktiven Weltzugang, der (ob er sich nun im engeren Sinn explizit „materialistisch“ oder in einem weiten Sinn „phänomenologisch“ bzw. „naturalistisch“ nennt) dadurch charakterisiert ist, daß er „die höheren Phänomene durch die niederen erklärt und die Geschicke der Welt durch ihre blinden Teile und ihre blinden Kräfte bestimmt sein läßt“ (DP, 57). Dieser „materialistische“ Zugriff wird – im Modus der alten, metaphysischen Oppositionskonstellation – konterkariert durch den „Spiritualismus“ oder, theologisch gewendet, „Theismus“. Diese alternative Position besagt, „daß der Geist nicht nur Zeuge und Berichterstatter des Weltlaufs ist, sondern daß er auch tätig in denselben eingreift, indem die Welt nicht durch ihr niedriges, sondern durch ihr höheres Element geleitet wird“ (DP, 58). Innertheoretisch läßt sich der Konflikt zwischen diesen beiden Grundpositionen, so James, nicht schlüssig entscheiden. Wenn „Spiritualisten“ die materialistische Reduktion als bloße Übervereinfachung schmähen, verkennen sie deren komplexe Leistung, durch die es möglich wird, die „unglaublich feine Struktur der Materie“ aufzuschlüsseln. Umgekehrt läßt die materialistische Reduktion aber keinen Raum für einen positiven Begriff des sinnsetzenden Handelns, das unsere Alltagserfahrungen mitbestimmt.

4.4.2 Pragmatische Methode und Zeitdimension Die metaphysische Kontroverse stagniert. Um „den abgestandenen Fragen der Intellektualisten“ aus dem Weg zu gehen, fragt James: „Welcher praktische Unterschied ergibt sich für uns daraus, daß der Weltlauf durch die Materie oder durch den Geist bestimmt wird?“ (DP, 59) Er untersucht diese Frage durch ein (Gedanken)Experiment, in dem die Zeitdimension unserer Welterfahrung disponibel gemacht wird: Wären wir Wesen, die nur Vergangenes registrieren, so würde es „nicht ein Jota Unterschied“ machen, ob wir „die Welt als Werk der Materie betrachten, oder ob wir glauben, daß ein göttlicher Geist ihr Urheber ist“ (ebd.). Wäre nämlich „die Welt schon zu Ende“, dann

Zur Dritten Vorlesung hätten beide Hypothesen, die materialistische und die spirituelle, wenn sie tatsächlich von gleicher Erklärungskraft sind, nichts anderes geleistet als den Status quo zu erklären. Der Streit zwischen zwei „gleich brauchbaren“ Erklärungen des Gegenwärtigen wäre aber – im schlecht metaphysischen Sinn, der der pragmatischen Kritik verfällt – „ein bloßer Wortstreit“. (James macht gegen diesen Schluß aus seinem Gedankenexperiment später einen Selbsteinwand: Ein „seelenloser Körper“ – ein „automatic sweetheart“, wie er, im Blick wohl auf Offenbachs Marionette „Olympia“, sagt – wäre auch in einer Welt, in der die Genese einer als abgeschlossen interpretierten Gegenwart unterschiedlich erklärt werden kann), kein „volles Äquivalent“ für ein „spiritually animated maiden“ (MT, 103, note 2). Denn auch in einer Welt präsentischer Perfektion suchen wir, wenn wir lieben, „Sympathie und Anerkennung“, und dieser Wunsch zerstört die Gleichwertigkeit der materialistischen und spirituellen Erklärungsoption der geliebten Person: Wüßten wir, daß diese nur eine Maschine ist, dann würde dieses Wissen unsere Haltung ihr gegenüber massiv beeinflussen. James macht durch dieses Gedankenexperiment – ex negativo, d. h. durch das Defizit seines Konstruktionsprinzips – deutlich, daß „unsere Welt“, realiter, eine ganz andere Zeitstruktur hat (eine Zeitstruktur, aus der aller Pragmatismus seine Energien bezieht): Sie ist keine Welt bloßer Vergangenheit, sondern eine Welt, „die eine Zukunft hat, die, während wir sprechen, noch nicht vollendet ist“. Dadurch bekommt in ihr „die Alternative ‚Materialismus oder Theismus‘ eine eminent praktische Bedeutung“ (DP, 62). Das ist der entscheidende Punkt: James rekonstruiert – im Modus der Zeitreflexion – jenen realen Blick auf die Welt, in dem die Unendlichkeitsphantasie der Metaphysiker und ihrer Erben, der „Sekte der Wissenschaftler“, verabschiedet wird. Deren irreführende Phantasie besteht darin, zu meinen, daß wir die Welt, gleichsam als abgeschlossen und komplett, objektiv, im Blick von außen und oben (oder, wie Putnam sagt, im „God’s Eye View“) beschreiben können. Theoriebildung, so James, ist jedoch stets endlich. Theorien sind (falsifizierbare) Versuche, eine nur unvollständig vorhersehbare Zukunft handelnd zu gestalten. Diese zeitphilosophische Pointe gibt dem Pragmatismus Biß. Als (sehr unterschiedlich strukturierte) zukunftsgerichtete Handlungsan-

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Ludwig Nagl leitungen haben Theorien und Handlungsintentionen allemal einen Erwartungs- und Hoffnungshorizont. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, sind „Materialismus“ und „Spiritualismus“ nun aber keineswegs „gleichwertige Hypothesen“, die (ohne „a difference which makes a difference“) ein „abgeschlossenes“ Universum gleichwertig erklären. Ganz im Gegenteil: Eine reduktionistisch argumentierende naturwissenschaftliche „Evolutionsperspektive“ läßt, was die Zukunft betrifft, nichts anderes erwarten, als was ihr Prinzip enthält: Kontingenz. In einer kontingenten Welt werden die „Gesetze der Andersverteilung von Materie und Bewegung … das, was sie geschaffen haben, wieder zerstören und alles, was sie entwickeln ließen, wieder vernichten […]. Die Materie wird sich selbst nicht mehr kennen“ (DP, 64). All unser moralisches Bemühen ist somit letztlich auf Sand gebaut. Die langfristige Zukunftsperspektive des materialistischen Reduktionismus (die mit dem Optimismus seiner kurzfristigen Prognoselogiken nicht verwechselt werden darf) ist (mindestens so, „wie man ihn heute auffaßt“) „endgültiger Schiffbruch“, „tragischer Untergang“ (DP, 65). Das heißt aber: Am Materialismus ist, pragmatisch betrachtet, nicht dessen Theoriestatus als defizitär zu kritisieren. Er ist keineswegs, wie seine Opponenten, die „intellektualistischen“ Spiritualisten meinen, zu „grobschlächtig“ für taugliche Welterklärungen. (Die operationalen Gewinne, die durch die Prognoselogiken modernen Wissenschaften möglich werden, sind unbestreitbar.) Der reale, pragmatisch folgenreiche Einspruch gegen die materialistische Weltsicht setzt woanders ein. Was den Materialismus zu einem wirklichen Problem werden läßt, ist, daß er, durch Universalisierung seiner reduktiven, wenngleich operational brauchbaren methodologischen Axiome, die Sinnstruktur unsere Handlungswelt nachhaltig diskreditiert: eine Sinnstruktur, die nicht im Sprachspiel theoretischer Erklärungen und Prognosen, sondern im Horizont praktischethischen Hoffens verankert ist. Gut kantianisch sucht James somit – durch Metaphysik- (und Szientismus-)Kritik – Raum zu schaffen für den diskreditierten Erfahrungshorizont „praktischer Vernunft“: Dies bewerkstelligt er, negativ-pragmatisch, indem er die „materialistischen“ Erklärungslogiken als – selbst endliche – Modelle (d. h. als Erklärungsschemata ohne zwingende „ontologische“ Dignität) im Zeithorizont unserer offenen Handlungszukunft resituiert.

Zur Dritten Vorlesung Verglichen mit dem düsteren Zukunftshorizont der „materialistischen Reduktion“, in dem „Sinn“ zuletzt in „Kontingenz“ zu versanden droht („die Sonne des Materialismus“ geht „in einem Meer der Enttäuschung unter“ [DP, 67]), kann die „spirituelle“ Leitidee „Gott“ – im endlichen Horizont unseres zukunftsgerichteten Handelns „pragmatisch“ betrachtet – als wichtige Stärkung unseres Handelns wirksam werden. Denn obzwar diese Idee (so James, unerwartet positivismusnahe) sich „an Wahrheit mit den mathematischen Begriffen, wie sie in der mechanistischen Philosophie geläufig sind“, nicht messen kann, hat sie „vor ihnen den praktischen Vorzug voraus, daß [sie] eine ideale Weltordnung gewährleistet, die dauerhaft erhalten bleiben soll. Eine Welt, in der ein Gott das letzte Wort zu sprechen hat, kann wohl auch verbrennen oder erfrieren, aber […] wo Er ist, da ist die Tragödie nur vorübergehend und nie vollständig, da sind Schiffbruch und Vernichtung nicht die unbedingt letzten Dinge“ (DP, 66). In dieser hoffungs„funktionellen“ Betrachtung, die die alternativen Großinterpretationen „der Welt“ bloß im Blick auf ihre futurische Motivationskraft evaluiert, geht es darum – so könnte man James in der Terminologie Kants reformulieren – die „Idee eines Reichs der Zwecke“ (d. h.: einer ethischen Verbesserbarkeit der Welt) gegen den Sog der „Kontingenz“ zu verteidigen. Weder für James noch für Kant ist „Gott“ ein Begriff, der – sei’s im metaphysischen Rekurs auf „Essenz“ (d. h. durch „materiell“ oder „spirituell“ gefaßte Substanzbegriffe), sei’s durch naturwissenschaftliche Argumentation – theoretisch gesichert werden könnte: Die Religionskritik der Moderne, allem voran die Zerstörung aller „intellektualistischen“ Gottesbeweise durch Kants Kritik der reinen Vernunft, hat solche „deduktiven“ Optionen ein für allemal zerstört. Dessen ist sich James sicher, denn, wie er in Die Vielfalt religiöser Erfahrung schreibt: „Allein die Tatsache, daß alle Idealisten nach Kant sich berechtigt fühlten, [Gottesbeweise] entweder zu beargwöhnen oder sich über sie hinwegzusetzen, zeigt, daß sie nicht solide genug sind, um der Religion als allestragendes Fundament dienen zu können“ (DVRE, 432). Nur modo pragmatico läßt sich das religiöse Sprachspiel stimmig evaluieren: „Die wahre Bedeutung von Materialismus und Spiritualismus liegt also nicht in haarspalterischen Abstraktionen über das innere Wesen der Materie oder über die metaphysi-

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Ludwig Nagl schen Attribute Gottes. Sie liegt vielmehr in dem beiderseits so ganz verschiedenen Appell an unser Gefühl und unsere Handlungsweise, in der verschiedenen Gestaltung unserer Hoffnungen und Erwartungen und in all den fein verästelten Folgeerscheinungen, die diese Unterschiede mit sich bringen“ (DP, 66). Wird unser Fragehorizont solchermaßen positiv-pragmatisch resituiert, dann geht es nicht mehr um jenen bloßen „Wortstreit“, dessen Belanglosigkeit der negativ-pragmatische Test zeigt, sondern, im Gegenteil, um eine „genuine philosophical debate“ (DP, 52). Pragmatismus ist für James nicht nur bedeutungskritischer „Positivismus“ und „entzaubernde“ Desillusionierung: An die Kritik „toter“ (d. h.: folgenloser) theoretischer Oppositionsvokabularien schließt sich eine zweite, positiv-pragmatische Reflexion an, in der es um die schwer abweisbaren Fragen unserer Hoffnungs„horizonte“ geht. Diese Fragen sind bei James (anders als Rorty 1997, 91 ihn liest) nicht argumentlos „privatistisch“ zu lösen. Denn für James heißt „Hoffen“, die auf die Zukunft gerichteten Sinnpostulate, z. B. das Postulat „Gott“, in Auseinandersetzung zu bringen und tendenziell kompatibel zu machen mit all den anderen Sprachspielen, die wir in Wissenschaft, moralischer Erfahrung, Kunst und Alltag spielen. An einen Sinnhorizont „glauben“: das ist für James nicht ein Akt „bloßer Dezision“ (selbst wenn religiöse Hypothesen, sofern sie zu „lebendigen Optionen“ werden, bei individuellen Erfahrungen, ja Konversionen [DVRE, Vorlesung IX] einsetzen). Denn wie James bereits in seiner (meist mißverstandenen) Schrift The Will to Believe zu zeigen suchte, ist Glaube nicht ein irrationaler Entschluß in einer beliebigen Problemkonstellation, sondern die „Ausübung des Rechts“, einen Akt der argumentativ verteidigbaren Wahl unter der unaufhebbaren Kondition von Unsicherheit in einer wichtigen, unaufschiebbaren Frage zu setzen. (Zur komplexen Struktur dieses Arguments vgl. Putnam/Putnam 1990, 228 und Nagl 1998, Kapitel 2.3). Diese Argumentationshaltigkeit von Glaubenspostulaten (die Rorty 1997, 90–99 in seiner Jameslektüre durch die strikte Trennung von „privaten“ und „öffentlichen“ Sprachspielen weitgehend ausklammern möchte) drückt James in der dritten Vorlesung so aus: „Die Wahrheit ‚Gott‘ muß mit allen unseren Wahrheiten den Kampf aufnehmen.“ Ein argumentloser, „post-philosophischer“ Kompromiß ist von James an diesem Knotenpunkt seines postulatorischen

Zur Dritten Vorlesung Pragmatismus nirgendwo in Aussicht gestellt. „Gott muß sich an den anderen Wahrheiten und diese müssen sich an Gott erproben. Unsere endgültige Meinung über Gott kann erst festgestellt werden, wenn die Wahrheiten alle miteinander festgelegt sind. Wir wollen hoffen, daß sich ein modus vivendi herstellen lässt“ (DP, 68). Selbst wenn wir im handelnden Affirmieren eines „lebendigen“ Sinnhorizonts, der sich aus „privaten“, inneren Erfahrungen speist, zunächst nur einen Scheck ausstellen, dessen Deckung unsicher ist, geht es im weiteren darum, die Rechtfertigung für solch ein Lebens„experiment“ durch den „holistisch“ orientierten Versuch, es mit unseren anderen Geltungslogiken abzustimmen, voranzutreiben: James setzt bei der – unverzichtbar argumentativen – Exploration des religiösen Hoffnungshorizonts (in der es z. B. auch um die ganz und gar nicht marginale Unterscheidung zwischen ethisch akzeptablen, „gutartigen“ Religionen und solchen, die als „fantastisch“ abzulehnen sind, weil sie die Rechte Andersgläubiger und Nichtgläubiger nicht anerkennen wollen, geht) u. a. auf ein „religionswissenschaftliches“ Erkunden und Durchdenken der „Vielfalt religiöser Erfahrung“ (DVRE, 476). Kann aber dieser ganze positiv-pragmatische Fragehorizont nicht nochmals eingeklammert und marginalisiert werden (selbst wenn man zugibt, daß der Kontrast des „spiritualistischen“ und des „materialistischen“ Weltbildes nicht unschlüssig ist)? Sind „große“ Fragen dieser Art denn überhaupt bedeutsam? Kommt der „Common sense“ nicht gut ohne „letzte“ Fragen dieser Art aus? Kann man Rätsel, die sich in absehbarer Zeit kaum lösen lassen werden, nicht einfach „vergessen“? James hält von dieser Verdrängungsbewegung, die später die Positivisten kultivierten, nur wenig. Er verwirft sie ebenso, wie er die gängigen „medizinisch-psychologischen“ Entlarvungsversuche, die die Religion als bloße „Pathologie“ deuten, verwirft (DVRE, 37–59). Wenn die „Verächter der Philosophie“ nämlich behaupten, das „Wesen des gesunden Verstandes [bestehe] darin, sich nähere Ziele zu setzen und sich um solche Chimären, wie das letzte Ende der Welt, nicht zu kümmern“, so erwidert James dieser szientistischen „Sekte“ (dogmatischer) Wissenschaftler, „daß, wer so spricht, der menschlichen Natur unrecht tut. Religiöse Melancholie ist nicht damit abgetan, daß man das Wort ‚Ungesund‘ hinausschmettert“ (DP, 67). Zwar mag Religion, extern betrach-

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Ludwig Nagl tet, gelegentlich pathologienahe erscheinen, weil sie durch ein „Offenstehen der subliminalen Tür“ einsetzt (DVRE, 500): Was dieses Aufleben der religiösen Option jedoch genauerhin bedeutet, das entzieht sich der bloß neurologischen Erkundung (DVRE, 37–58; Niebuhr 1997, 227–232). Diejenigen „genuinen“ metaphysischen Fragen, die den bedeutungskritisch-negativen Pragmatismus durch insistente Wiederkehr überleben, bedürfen der argumentativen Differenzierung und Reflexion: „Die absoluten, die letzten, die übergreifenden Dinge sind das, worum sich der wahre Philosoph kümmert; alle höher veranlagten Geister nehmen diese Dinge ernst und der Geist mit den nächsten Zielen ist eben der Geist des oberflächlichen, des seichten Menschen“ (DP, 67). Der Pragmatismus, dessen erste Leistung die Zerstörung „folgenloser“ metaphysischer Theoreme ist, bläht sich bei James keineswegs auf zum proto„positivistischen“ Statthalter einer dogmatischen Wissenschaftskultur, die alle „tiefen“ Probleme abzuschieben sucht oder sie, „post-philosophisch“, dem „argumentationslos“-dezisionistischen Spiel von „Privat“-Emotionen überantworten will.

4.5 „Naturzweck“ und Welt„baumeister“ Daß James, statt Limits zu ziehen und Fragen zu verdrängen, weiterfragt, zeigt auch seine Beschäftigung mit dem „teleologischen Gottesbeweis“ (argument from design). Ähnlich wie für Kant ist auch für ihn der Versuch, aus der Wohlgeordnetheit der Natur Gott als ihren „Baumeister“ theoretisch schlüssig zu deduzieren, nicht überzeugend. Das „naturteleologische“ Raisonnement, dessen Beweiskraft „unsere Vorfahren“ so schätzten (DP, 69), ist zu Lebzeiten James’ vor allem durch Darwins Studien zur Evolution öffentlich in die Krise gekommen: Viele der Fakten, die in früheren Zeiten reichen Stoff für fromme Betrachtungen abgaben (z. B. das staunenerregende Zusammenpassen von Auge und Licht), können durch den Begriff der „Adaptation“ auf evolutionstheoretisch „entzauberte“ Weise dargestellt werden. Wie alle Pragmatisten ist James vom neuen Erklärungsparadigma der Evolutionstheorie tief beeindruckt. In seinem Artikel Humanism bescheibt er ihren revolutionären Charakter

Zur Dritten Vorlesung so: „Not only has the doctrine of Evolution weaned us from fixities and inflexibilities in general, and given us a world all plastic, but it has made us ready to imagine almost all our functions, even the intellectual ones, as ‚adaptations‘, and possibly transient adaptations, to practical human needs“ (ECR, 551). James hofft, daß sich Kants Idee eines „Primats der Praxis“ mit Hilfe des Darwinschen Adaptationsbegriffs aufgreifen und „detranszendentalisieren“ läßt. Diese Idee besagt, daß jeglicher Weltbezug, auch der theoretisch-explikative, als handlungsrelativ verstanden werden muß. Freilich: Der über Kant hinausgehende – den Pragmatismus erst in seiner Eigenständigkeit konstituierende – Unterschied besteht darin, daß James versucht, die Theorie jener „practical needs“, die unsere Adaptationen leiten, radikal von jedem Rekurs auf „Aprioris“ zu befreien. Das Wechselspiel der Anpassungsprozesse zwischen unseren praktischen Bedürfnissen und unseren theoretischen, auf Weltkategorisierung gerichteten Erklärungslogiken läßt sich nicht mit der Hilfe eines („transzendentalen“) Schemas, nicht durch ein Kategorienset von überhistorischer Validität beschreiben: Die praktischen Leitideen unserer empirischen Welterkundungen sind vielmehr, in der offenen Pluralität unabgeschlossener Adaptionsprozesse, adaptations„historisch“ flexibel. Bei allem faszinierten Blick auf den neuen Evolutionsbegriff ist James freilich (ähnlich wie Peirce, vgl. Nagl 1992, 129) keineswegs ein kritikloser Parteigänger Darwins (vgl. Myers 1986, 589 f.; Barzun 1983, 209–214). Er weiß, daß der Darwinismus zur „szientistischen“ Dogmatisierung einlädt und so, ganz und gar unpragmatisch, selbst zu einer neuen, quasi-apriorischen Supertheorie aufgeblasen werden kann. James bedauert „the fatal effect of Darwinian ideas in letting loose the springs of irresponsible theorizing. Survival of the fittest, sexual selection, crossfertilization, are phrases [that encourage] a sort of apriori philosophizing which to a truly scientific mind is disheartening“.1 Verliert der Evolutionsbegriff den Charakter einer falsifikationsfähigen Hypothese, dann läuft er Gefahr, zu einem „mind-stopper“ zu werden, der dem erbaulichen Denkabbruch,

1 Review of H. T. Finck, Romantic Love and Personal Beauty, Nation, September 22, 1887, 238; zitiert nach Barzun 1983, 210.

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Ludwig Nagl den die ältere „teleologische“ Rede im Rekurs auf einen „göttlichen Baumeister“ bewerkstelligte, durchaus ähnlich ist. „Natürliche Selektion“ erhellt zwar den adaptiven Charakter von bestimmten, jeweils konkret eingegrenzten Zufallsvariationen, keineswegs aber die komplette Reihe aller (diesen Variationen) vorausliegenden „original variations“. Die Hypothese, daß Arten in der Totalität ihrer Aspekte (d. h.: auch in all denen, die der jeweilig untersuchten „accidental variation“ voraufgehen) – gleichsam auf einem „zufallsgelenkten Montagefließband“ (einer „chance assembly line“) – entstehen, ist, empirisch betrachtet, überschwenglich und keineswegs endgültig korroberiert (vgl. Barzun 1983, 210 f.). Auch ein nüchtern gefaßter, mit methodologischem Vorbehalt gelesener Evolutionsbegriff ist freilich in der Lage, der älteren teleologischen Reflexion den Garaus zu machen: Aus einer evolutionstheoretisch angeleiteten Erkundung der Natur kann mit theoretischer Schlüssigkeit weder deren „rationaler Plan“ deduziert werden (dazu paßt „die ungeheure Verschwendung der Natur“ im Laufe der Anpassungsprozesse schlecht [DP, 69]), noch ein sie planender guter Baumeister. Darwin zeigt, daß, ganz im Gegenteil, „die große Zahl der Anpassungen …, wenn sie beabsichtigt wären, eher auf einen bösen als auf einen guten Planmacher schließen“ ließe (ebd.). Die Natur hat viele gewaltförmige Züge. Aus moralischer Perspektive betrachtet, wird die Frage unabweisbar, was „das Gute“ am Reproduktionsmechanismus von „Fressen und Gefressenwerden“ sei. Hier, so James, überzeugt teleologische Erbaulichkeit nirgendwo. Wendet man das „teleologische Argument“ in moralischer Fassung z. B. auf jene „Raupe unter der Baumrinde“ an, von der der Specht so „zweckvoll“ lebt, so folgt für die Raupe „aus der vollendeten Anpassung der Organe des Spechts, die ihn so geschickt macht, sie hervorzuziehen“, keineswegs ein guter, sondern schon eher „ein teuflischer Plan“ (DP, 69). Bereits zu James’ Zeit wird das neue Evolutionsparadigma so öffentlichkeitsbestimmend, daß einige Theologen nach dem Kollaps des älteren, „teleologischen“ Gottesbeweises einen Kompromiß mit der Darwinschen Hypothese einzugehen suchen, indem sie einerseits am Begriff des „göttlichen Baumeisters“ festhalten, ein internes Einwirken des Baumeisters auf die Struktur seines Baues jedoch nicht mehr

Zur Dritten Vorlesung ins Auge fassen: Die Natur entwickelt sich demnach zwar „gottgewollt“, aber nach der internen Logik der Evolution. Dieser Kompromiß wird – als theoretischer – von James sogleich verworfen, da er den pragmatischen Test nicht bestehen kann: Ein Baumeister, der keine Details seines Baues plant, das hat auf prototypische Art die Qualität einer (redundanten und kraftlosen) „Worthülse“. Auch hier allerdings ist für James die theoretische Sinnkritik nicht notwendig das letzte Wort. Wird die Rede von „göttlicher Vorsehung“ nämlich nicht „intellektualistisch“-explikativ gedeutet, sondern als „Verheißung eines Künftigen“, dann ist sie nicht im Modus redundanter „Erklärung“ auf Vergangenheit bezogen, sondern hat, pragmatisch betrachtet, einen handlungsstärkenden, futurischen Charakter. So kann das theoretisch nicht beweisbare Postulat eines „verheißenen Sinns“ pragmatische Kraft entfalten: Denn „wenn eine sehende und nicht eine blinde Kraft den Lauf der Welt bestimmt, so können wir vernünftigerweise einen besseren Endausgang erwarten“ (DP, 72). Daß solch ein „Vertrauen“ nicht trügt, kann innertheoretisch durch keinerlei Mittel bewiesen werden. Aber auch das Gegenteil: daß solch ein Vertrauen irrt, kann keine Theorie „schlüssig“ zeigen. Hoffnung, ob religiös oder säkular, setzt nicht am selben Argumentationsort ein wie unsere theoretischen Erklärungslogiken: das vor allem zeigt James’ positiv-pragmatische Erkundung ihres realen Wirkungsprofils. An den Standards wissenschaftlicher Theoriebildung gemessen – die für die Erkundung des motivbildenden Kontextes unserer Hoffnungen äußerlich sind –, bleibt eine religiöse Weltinterpretation unaufgebbar „vage“: „Dieses vage Vertrauen auf die Zukunft ist die einzige pragmatische Bedeutung, die sich in den Begriffen Zweck und Baumeister erkennen läßt“ (DP, 72). Solche Vagheit ist jedoch keineswegs ruinös: „Wenn nämlich das Vertrauen zur Welt etwas Rechtes und nicht etwas Unrechtes, wenn es etwas Gutes und nicht etwas Schlechtes ist“, so James, dann ist dieses Vertrauen „von hoher Wichtigkeit“ (DP, 72). Die Rede von Gott, so sagt, sehr ähnlich, Kant, ist, auch wenn alle Gottes„beweise“ scheitern, möglich als „praktisches Postulat“. Als solches muß sie sich keineswegs an das (theoretisch in mancherlei Hinsicht defizitäre) Bild eines „göttlichen Baumeisters“ binden.

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Ludwig Nagl 4.5.1 Kurzer Exkurs zum Religionsbegriff bei James Für James ist religiöse Erfahrung, menschheitsgeschichtlich, in einer breiten Palette von Inhaltsformen distribuiert: Keine einzelne Religion ist, für sich genommen, perfekt: „Das Göttliche darf nicht nur für eine einzelne Eigenschaft stehen, es muß für eine Gruppe von Eigenschaften stehen … Weil jede Haltung eine Silbe ist in der Gesamtbotschaft der menschlichen Natur, bedarf es unserer Gesamtheit, um ihren vollen Sinn zu buchstabieren“ (DVRE, 475). Unter ihrer Wirkungsperspektive betrachtet, ist für James die Vielfalt der Religionen primär in Hinsicht auf deren „Früchte“ interessant. Jeder Hoffnungshorizont, der das Handeln stärkt (ein Handeln, das sich nicht fanatisch gegen andere Ausfaltungen der Hoffnung – andere „Silben in der Gesamtbotschaft der menschlichen Natur“ – richtet), erfüllt Funktionen, für die es – genaugenommen – kein Äquivalent gibt: „Die besten Früchte der religiösen Erfahrung [sind] das Beste überhaupt, was die Geschichte zu bieten hat“ (DVRE, 273). Die religiöse Erfahrung entspringt, so James, dem unmittelbaren Gefühl des einzelnen. Obzwar sie aber, wo sie stark ist, als real motivierend jederzeit im Individuum zentriert bleibt (James mißtraut zutiefst allen „institutionellen“ Überformungen der „religious experience“), bleibt sie nicht „privat“. Um nämlich eine „lebendige Option“ (WB, 129) zu sein, müssen sich „religious experiences“ mit all den anderen, nicht-privaten, intersubjektiv-öffentlich artikulierten Komponenten unserer Weltinterpretation in eine (oft spannungsreiche, der Tendenz nach aber „holistisch“ integrierbare) Relation begeben: Religiöse Weltbilder erhalten, pragmatisch und holistisch betrachtet – zumindest im Rahmen einer entfalteten Wissenschaftskultur –, ihre Motivationskraft nicht nur durch ihr „unmittelbares Einleuchten“ (ihre individuell erlebte Kraft), sondern durch ihre „philosophische Verständlichkeit“ und dadurch, daß sie „moralisch hilfreich“ sind (DVRE, 51). Ohne Schizophrenie werden religiös dimensionierte Motivationen erst dann zur „lebendigen Option“, wenn sie (obzwar selbst nicht dem „theoretischen“ – und auch nicht einfach dem „ethischen“ – Sprachspiel zugehörend) weder durch Theorieansprüche, die die gläubige Person für gut gesichert hält, noch durch für valide erachtete ethische Geltungslogiken disqualifiziert sind. Richard R. Niebuhr faßt diese holistische Dimen-

Zur Dritten Vorlesung sion des Religionsbegriffs, auf die James’ Denken zusteuert – in einem informativen Überblicksartikel zu James’ Varieties of Religious Experience – so zusammen: „James employs multiple methods: the existential or descriptive method and the philosophical method … The philosophical method involves examination and judgment upon the moral usefulness of religious experience and the relation of such experience to the rest of what we believe or hold to be true“ (Niebuhr 1997, 220). Richard Rorty interpretiert James anders. In seinem Rekonstruktions- (und Verbesserungs-) versuch der Jamesschen Religionsphilosophie setzt er – gegen James’ komplexes, „religionswissenschaftliches“ Projekt – darauf, den Hoffnungshorizont der Handelnden von jedem Rückvermittlungsbedarf an Theorien zu befreien und gänzlich einer (von wahrheitsbezogenen und moraltheoretischen Geltungslogiken entlasteten) Privatsphäre, die er als „poetisch“ qualifiziert, zuzuweisen (vgl. Rorty 1997; Nagl 1999, 1050–1053). Von James’ Texten her betrachtet, scheint Niebuhrs genaue Interpretation freilich richtiger zu liegen als Rortys anregender Überformungsversuch.

4.6 Willensfreiheit als Postulat Auch James’ vierte Erwägung zur Metapysik hat eine kantianische Dimension. Ähnlich wie für Kant ist auch für James das Problem der Willensfreiheit innertheoretisch unauflösbar, kann jedoch mit Bezug auf unsere Praxis argumentativ resituiert werden. James stellt zunächst einige jener „intellektualistischen“ Probleme dar, die beim Versuch, die Opposition von Willensfreiheit und Determinismus metaphysisch zu erkunden, aufbrechen. Speziell dort, wo die Frage nach dem „freien Willen“ mit dem Projekt, „Verantwortlichkeit“ und „Verdienst“ theoretisch zuschreibbar zu machen, verknüpft ist, verlieren sich die Debatten in aporetischen Spitzfindigkeiten. Freilich, so James: Im Alltag unterstellen wir meist, daß wir fähig sind, etwas so oder auch anders zu tun. Daß dies funktioniert, hängt keineswegs ab von der „intellektualistischen“ Auflösung der metaphysischen Opposition Willensfreiheit/Determinismus. Denn „der wahre Grund, einen freien Willen anzunehmen, ist … pragmatisch“ (DP, 74).

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Ludwig Nagl In seinen jungen Jahren hat James die Spannungen, die eine deterministische Weltsicht erzeugt, in schweren, depressiven Krisenstimmungen durchlebt. Das Bild einer lückenlos durchstrukturierten Welt, in der für Handlungsrationalität kein Platz bleibt, hielt ihn, als naturwissenschaftlich gebildeten jungen Mann, über längere Zeit gefangen. 1869 schrieb er an einen Freund: „I am swamped in an empirical philosophy. I feel that we are nature through and through, that we are wholly conditioned, that not a wiggle of our will happens save as the result of physical law; and yet, not withstanding, we are en rapport with reason. How to conceive it? Who knows?“ (James 1920 I, 152 f.). Den depressiven Stimmungslagen, die dieser (theorieinduzierte) „double-bind“ erzeugte, der James hin und her pendeln ließ zwischen einer kausal geschlossenen Weltsicht und dem Alltagswissen, daß Handeln auf reale Veränderung abzielt, entwand er sich schließlich mit Hilfe der kantianisch dimensionierten Philosophie des Franzosen Charles Renouvier. Am 30. April 1870 schreibt er in sein Tagebuch: „I think that yesterday was a crisis in my life. I finished the first part of Renouvier’s second ‚Essais‘ and see no reason why his definition of Free Will – ‚the sustaining of a thought because I choose to when I might have other thoughts‘ – need be the definition of an illusion. At any rate, I will assume for the present – until next year – that it is no illusion. My first act of free will shall be to believe in free will“ (James 1920 I, 147). James rechtfertigt diesen – nicht durch aufwendige Deduktionen, sondern als praktisches Experiment motivierten – Entschluß, dem „freien Willen“ eine Chance zu geben, später, in einem Brief an Renouvier, ganz kantisch, als das Ergebnis eines Postulats: „I believe more and more that free will, if accepted at all, must be accepted as a postulate in justification of our moral judgment that certain things already done might have been better done. This implies that something different was possible in their place … So, for entirely practical reason, I hold that we are justified in believing that both falsehood and evil to some degree need not have been (Perry 1935 I, 682 f.; vgl. auch Carlson 1997, 372–378). Diese Argumentation bildet den Hintergrund auch für James’ Erwägungen zur Willensfreiheit in der dritten Vorlesung. James charakterisiert hier den Optionenraum, den das Freiheitspostulat eröffnet – in antizipatorischer Wendung – so: „Pragmatisch

Zur Dritten Vorlesung betrachtet, bedeutet der freie Wille soviel als daß in unserer Welt Neues entsteht, er bedeutet unser Recht zu erwarten, daß die Zukunft in ihren letzten Elementen sowohl als auch in den auf der Oberfläche liegenden Erscheinungen nicht eine bloße Wiederholung und Nachahmung der Vergangenheit sein wird“ (DP, 74 f.). Ein abstrakter „Nezessarismus“ (Peirce) zerstört jenen Möglichkeitsraum, von dem der Pragmatismus als ein Optionen erprobendes, „auf Zukunft gerichtetes“ Denken in seiner Gesamtverfaßtheit bestimmt ist: Denn wo es keine alternativ wählbaren Möglichkeiten gibt, da kann auch die (im Pragmatismus alles entscheidende) Frage danach, welche dieser Alternativen sich bewährt, nicht gestellt werden. Zwar ist die Lehre von der Willensfreiheit theoretisch nicht „sicherbar“; sie wird wegen ihrer motivationsstärkenden Kraft von James jedoch pragmatisch affirmiert als die Voraussetzung „melioristischer“ Projekte: „Auf Grund dieser Lehre ist ein Besserwerden zum mindesten möglich, während der Determinismus es als zweifellos hinstellt, daß der ganze Begriff der Möglichkeit nur der menschlichen Unwissenheit seine Entstehung verdankt und daß Notwendigkeit und Unmöglichkeit die einzigen Prinzipien sind, die das Geschick der Welt beherrschen“ (DP, 75). Postulate wie „Willensfreiheit“ und „Gott“ können die Funktion der Handlungsstärkung realiter freilich nur dann erfüllen, wenn sie nicht als bloße Illusion, als Trost und Selbstbetrug (nicht – wie unfaire Kritiker James’ unterstellen – als „will to deceive“) auftreten, sondern wenn sie – vor dem Hintergrund eines theoretisch unentscheidbaren Optionenraums – den Status einer akzeptablen, „lebendigen Möglichkeit“ haben. Freilich: Auch solch „akzeptable“ (d. h.: pragmatisch-holistisch situierte) Postulate beziehen sich für James, ganz wie für Kant, nur auf den Horizont unseres Handelns: „Eine andere als diese praktische Bedeutung haben die Worte ‚Gott, Willensfreiheit, Zweck‘ überhaupt nicht. Intellektualistisch gefaßt, sind sie an sich vollkommen dunkel“ (DP, 76). James öffnet, wie Kant, „Raum für den Glauben“. Keine quasideduktive Schlüssigkeitsgeste nötigt den Leser dabei, in diesen Raum auch wirklich einzutreten. James’ pragmatische Erkundungen unseres Hoffnungshorizonts sind der Liberalität einer modernen Verfassungskultur, die das Grundrecht auf Religionsfreiheit kodifiziert, auf strukturell tiefe Weise verpflichtet

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Ludwig Nagl (Rorty 1997, 99 drückt diese demokratische Grundkondition der Jamesschen Religionsphilosophie bündig so aus: „We latest heirs of time are lucky enough to have considerable discretion about which options will be live for us and which not“). Unsere Hoffnungsbilder sind vielfältig: James argumentiert, positiv-pragmatisch, für ihren funktionalen Wert, gleichviel ob ein „faith state“ („Vertrauens-Zustand“, DVRE, 485) sich explizit theistisch artikuliert oder nicht. Nirgendwo geht Pragmatismus mit Frageverboten einher, die sich „wissenschaftlich“ gerieren oder die gar – in altpositivistischer Manier – ganze Motivations- und Denkregionen wie Ethik, Ästhetik und Religion für argumentativ unerkundbar erklären. Denn der Pragmatismus „hält keineswegs, wie man ihm vorwirft, seinen Blick nur auf den nächsten Vordergrund geheftet“ (DP, 77). Kein physikalistisch gefaßtes Theorem des „Gegebenen“ – kein „nächster Vordergrund“, von dem her das Nicht-Präsentische, Künftige, Denkmögliche diskreditiert würde – beengt James’ Interesse. Der Pragmatismus „verweilt ebenso gern bei den fernsten Perspektiven der Welt“: Denn in seinem positiv-postulatorischen Teil geht es „um die wirklich vitale Frage“: „Was will die Welt werden?“ (Ebd.) Komplexe Antworten gelingen am ehesten wohl jenen, die einerseits die Gewinne der neuzeitlichen Wissenschaften schätzen, aber „dabei doch nicht irreligiös sind“ (ebd.). Unter den Konditionen einer modernen Verfassungskultur wird sich die Hoffnungsdimension, deren Recht der Pragmatismus verteidigt, in ein plurales Spektrum von (nicht bloß im engeren Sinn religiös, sondern auch poetisch-literarisch [vgl. Rorty 1997, 98 f.] ausdifferenzierten) Verheißungsbildern ausfalten. Daß der Versuch, Hoffnungspostulate pragmatisch zu situieren und sie, darüber hinaus, in „religionswissenschaftlicher“ Argumentation ethisch und philosophisch zu erkunden und miteinander ins Gespräch zu bringen, „nur leeres Geschwätz“ sei: diese Abwehr der positiven Seite des Pragmatismus liegt, so James, „extrem rationalistischen Geistern“ (d. h. den Dogmatikern metaphysischer und szientistischer Provenienz) jederzeit nahe. James findet deren Verdikt freilich wenig überzeugend und beharrt auf der argumentativen Erkundung aller Bedürfnisse des Menschen. Sein Pragmatismus sucht somit – auf eine durchwegs postmetaphysische Art, die über den negativ-pragmatischen Wirkungstest geläutert ist – jene „genuine metaphysical debate“ wiederaufzu-

Zur Dritten Vorlesung nehmen, von der wir endliche Menschen, die in einer auf die Zukunft hin offenen, nicht-perfekten Welt leben, uns nur um den – „in the long run“ wohl allzuhohen – Preis massiver Frageverbote und Verdrängungen verabschieden können.

Literatur Barzun, Jacques 1983: A Stroll with William James, New York Bird, Graham 1986: William James, London/New York Carlson, Thomas 1997: James and the Kantian tradition. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/Melbourne, 363–383 James, Henry [III.] (Hrsg.) 1920: The Letters of William James, 2 Vols., Boston Murphey, Murray G. 1968: Kant’s Children: The Cambridge Pragmatists. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 4, 3–33 Myers, Gerald E. 1986: William James: His Life and Thought, New Haven/ London Nagl, Ludwig 1992: Charles Sanders Peirce. Eine Einführung, Frankfurt/New York Nagl, Ludwig 1998: Pragmatismus. Eine Einführung, Frankfurt/New York Nagl, Ludwig 1999: Renaissance des Pragmatismus? In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Heft 6, Berlin, 1045–1056 Niebuhr, Richard R. 1997: William James on religious experience. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/ New York/Melbourne, 214–236 Peirce, Charles S. 1931/58: Collected Papers, Vol. I–VI, ed. Charles Hartshorne, Paul Weiss, Cambridge 1931–1935; Vol. VII, VIII, ed. Arthur W. Burks, Cambridge 1958 (abgekürzt: CP) Peirce, Charles S. 31985: Über die Klarheit unserer Gedanken. Einleitung, Übersetzung, Kommentar von Klaus Oehler, Frankfurt a. M. Perry, Ralph Barton 1935: The Thought and Character of William James, 2 Vols., Vol. I: Inheritance and Vocation, Vol. II: Philosophy and Psychology, London Putnam, Hilary/Putnam, Ruth Anna 1990: William James’s Ideas. In: Hilary Putnam, Realism with a Human Face, Cambridge/London, 217–231 Rorty, Richard 1997: Religious faith, intellectual responsibility, and romance. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/Melbourne, 84–102; im vorliegenden Band S. 213–233

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Zur Vierten Vorlesung

Sandra B. Rosenthal

Zur Vierten Vorlesung: William James on the One and the Many

The central role of the issue of the one and the many in James’ philosophy can be anticipated by his statement that “If you know whether a man is a decided monist or a decided pluralist, you perhaps know more about the rest of his opinions than if you give him any other name” (PM, 64). That the nature of James’ own pluralism cannot be understood as some straightforward rejection of connectedness is anticipated in his statement that “What our intellect really aims at is neither variety nor unity taken singly, but totality. In this, acquaintance with reality’s diversities is as important as understanding their connection” (PM, 64–65). Thus, he objects not only to the absorbtion of the particulars of experience into monistic vision, but also to their brute separation through a disjoined nominalistic pluralism of discretes (PM, 69).1 Pragmatism must “equally abjure absolute monism and absolute pluralism” (PM, 76). Rather, our world of experience involves what he calls “the strung-along type” of continuity. Or, “If you prefer Greek words, you may call it the synechistic type” (PM, 147). In this way, pragmatism must “equally abjure absolute monism and absolute pluralism” (PM, 76). What tells us so much about James’ position, then, is not his pluralism per se, but the nature of his pluralism as being of the synechistic type rather than the nominalistic type. As Charlene

1 As he says of atomistic nominalism, it ultimately concerns unity of origin.

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Sandra B. Rosenthal Seigfried aptly observes, “Peirce’s well-known criticism of James as a nominalist rather than a realist could not be further from the textual record, and yet it is uncritically repeated to this day” (Seigfried 1990, 399, note 5). Indeed, Peirce’s emphatic and often quoted statement made in a letter to William James, that “pluralism does not satisfy either my head or my heart” (CP, 8.262),2 is in fact an objection to the pluralism of nominalism with its discrete units,3 a view which Peirce counters with his own emphasis on continuity or synechism.4 It is this particular synechistic type of pluralism, then, which must be laid out in understanding James’ appropriation of the problem of the one and the many and the way in which his own “decided pluralism” tells us so much about “the rest of his opinions”. In James’ discussion of the misunderstandings of his own path between the extremes of either absolute independence or absolute mutual dependence, he concludes that, “The whole question revolves in very truth about the word ‘some’. Radical empiricism and pluralism stand out for the legitimacy of the notion of some: each part of the world is in some ways connected, and in some other ways not connected with its other parts […] Absolutism, on its side, seems to hold that ‘some’ is a category ruinously infected with self-contradictoriness, and that the only categories inwardly consistent and therefore pertinent to reality are ‘all’ and ‘none’” (PU, 40–41). James’ radical pluralism is a philosophy of “some” through his synechistic, temporalistic understanding of the one and the many. In considering this issue of the one and the many there are two dimensions which must be considered: first, what is our way of knowing the world and, second, what must the world be like in order that it can lend itself to our way of knowing it. These two dimensions are not to be understood in terms of the subjective versus the objective. Rather, the stuff of pure experience

2 This statement is made in the context of his support of theism over positions which imply polytheism, but the discussion far transcends this limited issue. 3 As he clarifies, “I am as sure as I am of anything that the logical doctrines connected with it, – Achilles and the Tortoise etc. – are utterly false” (CP, 8.262). 4 Elsewhere I argue that it is Peirce’s emphasis on continuity or synechism which provides a major fiber in the systematic pattern of his own brand of pluralism. See Rosenthal 1994.

Zur Vierten Vorlesung with which we begin in coming to know the world is at once part and parcel of the universe which we know and in which we are embedded. As Richard Bernstein has pointed out, “A casual reader may think James is careless in the way in which he shifts from ‘experience’ to ‘reality’. But this is not a sign of loose terminology or confusion. It reflects James’s doctrine of ‘pure experience’ where the traditional distinctions between ‘experience’ and ‘reality’ are broken down” (Bernstein 1977, XXVI). This stuff of pure experience itself involves a pluralism, for James’ answer to the question of the ‘stuff’ of experience is that “There is no general stuff of which experience at large is made […] If you ask what any one bit of pure experience is made of, the answer is always the same: ‘it is made of that, just what appears’” (ERE, 14 –15). There are “as many stuffs as there are ‘natures’ in the things experienced” (ERE, 14). Indeed, a focus on the stuff of pure experience brings us at once not only to James’ pluralism, but to his radical empiricism and pragmatism as well, for all of these are intimately interrelated. He holds the establishment of the pragmatist theory of truth is a step of first rate importance in making radical empiricism prevail (MT, 6). Conversely, his radical empiricism exchanges the alternatives of dualism or reductionism for a basis of pure experience, and together they provide the foundation for his pragmatism. For, it is the relations of continuous transition within pure experience which make cognition and pragmatic verification possible (ERE, 42–43). At the same time, it is also his radical empiricism which also “harmonizes best” with the doctrines of radical pluralism, of genuine novelty and indeterminism (ERE, 44). Thus, all of these doctrines are dependent upon James’ understanding of the interrelation of the one and the many through the inseparable intertwining of continuity and diversity, features which have bearing on the nature of the universe and the nature of our experience of it. James’ stress on pure experience in terms of sensation (ERE, 46) tends to lead some interpreters to view pure experience as psychologistic, subjectivistic, similar to the stream of consciousness of The Principles and as implying a counterpart to an external world.5 Yet, he clearly indicates that sensation and percep5 This is only one strand to be found in The Principles.

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Sandra B. Rosenthal tion are “names for different cognitive functions, not for different sorts of mental fact” (PP, II, 651, italics in text). The former represents “the words that say the least” (PP, I, 218), and contains the minimum of subject-object distinction. This “least that is said” by sensation, however, may also seem to imply a level of experiencing which is atomistic and, to the extent that it is, ultimately spectator in at least some minimal sense. The purity of experience for James does correlate with the degree of the sensational or the felt, and the concept of pure sensation tends to indicate the grasp of simple quality in its isolation from all others, to indicate the atomic unit. As James states, “the nearer the object cognized comes to being as simple quality like ‘hot’, ‘cold’, ‘red’, ‘noise’, ‘pain’ apprehended irrelatively to other things, the more the state of mind approaches pure sensation” (PP, II, 651). Yet, though James tends to equate sensation and pure experience, pure experience, for James, with its focus on experienced relations, represents the contradictory of atomic units and is ultimately misunderstood if such experienced relations are seen as relations among “separate sensations”. Thus Dewey acknowledges his own indebtedness to James in his statement that “Long ago I learned from William James that there are immediate experiences of the contexts linguistically expressed by conjunctions and prepositions. My doctrinal position is but a generalization of what is involved in this fact” (Dewey 1951, 533, note 16). Moreover, James’ truly pure experience is a limiting concept. It is the “instant field of the present” (ERE, 36), but as James has well noted, “there is literally no such object as the present moment”; it is “a postulate of abstract thought”, for the “passing moment” is the minimal fact (PU, 128). If the purity of experience, which is but another name for feeling of sensation (ERE, 46), is a relative purity, then so also is the purity of sensation or feeling relative. If “the instant field of the present” as pure experience is a “postulate of abstract thought”, then brute sensation of feeling is also a postulate of abstract thought. As James states, the idealized moment of pure experience “reduces to the notion of what is just entering into experience […] It is what is absolutely dumb and evanescent, the merely ideal limit of our minds” (PM, 119).

Zur Vierten Vorlesung The limiting concept of brute sensation or brute feeling, moreover, does not draw one within the subjective but rather throws one outward onto the universe. Just as the distinction between sensation and perception was seen to be functional, so the focus on sensation as opposed to the focus on objects in the world is not, for James, the difference between internal and external, psychical and physical, but rather the difference is a functional one between diverse modes of focusing on one and the same “stuff ”. The approach toward pure sensation gets closer not to mental content but the grasp of surrounding environment as it “feels”. Feeling here is not a psychological category but an epistemic level indicating “the minimum of grammatical subject, of objective presence, of reality known about, the mere beginning of knowledge” (PP, I, 218). Relatively pure experience represents for James “the immediate flux of life” (ERE, 46), but such a flux as it concretely occurs contains already a phenomenological dimension of the human thrownoutness onto the universe through a primordial intentionality.6 As James succinctly expresses the phenomenological dimension of our thrown-outness onto the universe through a primordial vital intentionality within relatively pure experience:7 Such a flux of life “immediately present now in each of us is a little past, a little future, a little awareness of our own body, of each other’s persons, of these sublimities we are trying to talk about, of the earth’s geography, and the direction of history […] Feeling, however dimly and subconsciously, all these things, your pulse of inner life is continuous with them, belongs to them and they to it. You can’t identify it with either one of them rather than with the others” (PU, 129).

6 Bruce Wilshire relates the terminology of intentionality and attention in his brief statement that “We can attend only to what we can intend” (Wilshire 1968, 178). 7 James’ use of pure experience is frequently ambiguous because of the language used. For example, pure experience is at times used to indicate “pure” pure experience, while pure experience is usually used to indicate “relatively” pure experience (see especially ERE, 46), though the qualifying terms are seldom incorporated into the discussion. Thus, pure experience is understood in two different ways, and characteristics of one are frequently transferred illegitimately to the other by his critics.

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Sandra B. Rosenthal In the immediate flow of experience in the passing span of the present, knower and known cannot be distinguished because the flow belongs to both. This flux or flow of pure experience is never a spectator “having” but is filled with emphases which are then demarcated and abstracted, “so that experience now flows as if shot through with adjectives and nouns and prepositions and conjunctions. The flux of pure experience, as far back as we go, is through and through full of both that which is conjoined and that which is separated” (ERE, 46), and part of this conjoining and separating is the work of our own noetic organizing activity. At all levels, our purposes and attention which direct our way of cutting into the flux of pure experience at once make experience more pluralistic while making it more unified as well. Thus, from the most primordial to the most sophisticated levels of organizing activity, this activity unifies, but in a plurality of ways. An element of novelty enters through the diversity of possible ways of contouring the disjunctions and conjunctions upon which we focus. James’ use of the term pure experience to indicate both the limiting point of experience at an instant and the indefinitely rich durational matrix of relative purity tends at times to obscure the radical nature of his non-spectator theory of knowledge. Not only is the active function which is consciousness the source of the distinction between inner and outer (see ERE, “Does ‘Consciousness’ Exist?”), but it is partially constitutive of the very character of the stream of pure experience which provides the stuff of such interpretation, for relatively pure experience reflects, in its very nature, the rudimentary pulsations of a vital intentionality or purposive organizing activity. Thus James holds that “As a matter of fact we can hardly take in an impression at all, in the absence of a preconception of what impressions there may be possibly be” (PM, 119). This sense of “what impressions there may possibly be” emerges within the cumulative process of grasping the “stuff ” of pure experience in ways which work in the context of the anticipations of future experience contained in our interpretive structures. James expresses this cumulative interplay in his rhetorical question, “Does the river make its banks, or do the banks make the river?” (PM, 120). James’ answer is clear: each helps mold

Zur Vierten Vorlesung the other. What reveals itself as the stuff of the stream of relatively pure experience is not just a content revealed but rather the product of a “taking” which can fulfill the anticipatory structure of human experience as experimental. In short, the “stuff ” of experience which comes to awareness is itself partially constituted in the taking, and the taking will remain a taking only if it works. Entities, facts are not self existing things that must conjoin to constitute the world. Indeed, what we call substances, essences, or kinds are partially determined by purposes. Thus, James remarks that conceptions are “teleological weapons of the mind” (PP, II, 961). Kinds are of course also partially determined by the need to delineate reality in workable ways, and to be workable these delineations must answer to the relations reality offers, for “The directly apprehended universe needs, in short, no extraneous trans-empirical connective purport, but possess in its own right a concatenated or continuous structure”. It is, for James, “as if the pieces clung together by their edges, the transitions experienced between them forming their cement” (ERE, 42). And, as James stresses, that the parts of our universe hang together “makes a big practical difference, for our whole motor life is based upon this hanging together” (PM, 66). The flux of pure experience can perhaps be called a partialorder, or, in James’ terms, it is conversely, a partial-chaos.8 It is a partical-chaos, or only partially-ordered, not because there is a lack of relationships which full blown perceptual experience must provide, but because there is an overabundance of relationships, an indefinitely rich relational field from which perceptual awareness must select and, in the process of selecting, organize. Throughout our lives, then, we experience a plurality as being connected in manifold ways. Our fields of experience are fringed by a “more that continuously develops and that continuously supersedes them as life proceeds” (ERE, 35). There are innumerable paths of practical continuity among things, lines of influence by which they hang together (PM, 66–67). And,

8 James holds to a total chaos of first impressions, but first impressions are a limiting concept. Thus, relatively pure experience would seem to provide a “limited” or “partial” chaos. James develops toward this view of a “partial” chaos.

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Sandra B. Rosenthal through our efforts we continually select possibilities by which we unify the world in various systematic ways. Our universe is unified by knowledge which is “strung along and over-lapped” (PM, 72). Our experience opens onto possibilities and potentialities that carry with them an indeterminacy which our knowing renders more determinate. We attend to and choose certain paths of connections (ERE, 42) and ignore others, and in this way we create an experience of meaningful facts and things within the world. Our purposes and attention direct our pluralistic ways of cutting into the continuum with concepts and rendering experiences more unified. And, the universe manifests features which allow this. For, as James stresses, there are “innumerable little hangings together of the world’s parts within the larger hanging-together, little worlds, not only of discourse but of operation, within the wider universe”. And, as he further emphasizes, “The great point is to notice that the oneness and manyness are absolutely coordinate here. Neither is primordial or more essential or excellent than the other” (PM, 68). At all levels, the concrete flux of the stuff of pure experience overflows our manifold ways of rendering it unified in terms of our purposes. And, as seen earlier, pure experience does not enclose one within the subjective, but rather leads outwards toward a processive universe. When James asks, “[…] how far into the rest of nature may we have to go in order to get entirely beyond its overflow?” (PU, 129), his answer is clear. One may “go into the heart of nature”, one may grasp the most pervasive textures of its most characteristic features and one will not get beyond its overflow. Humans are natural beings in interaction with a natural universe. And, at the heart of nature is the inexhaustible richness of a think dynamic processive universe. Conversely, the understanding of a processive developing universe reinforces the pragmatic understanding of knowledge, for “When the whole universe seems only […] to be still incomplete (else why its ceaseless changing?) why, of all things, should knowing be exempt?” (ERE, 37). The above focus on James’ pluralism and the way it involves his unique appropriation of the one and the many is perhaps well encapsulated in his claim that, “For pluralism, all that we are required to admit as the constitution of reality is what we ourselves find empirically realized in every minimum of finite life.

Zur Vierten Vorlesung Briefly it is this, that nothing real is absolutely simple, that every smallest bit of experience is a multum in parvo plurally related, and that each relation is one aspect, character, or function, […] and that a bit of reality when actively engaged in one of these relations is not by that very fact engaged in all the other relations simultaneously” (PU, 145). However, another characterization which he gives of the requirement for pluralism introduces a vital factor not yet considered. “Provided you grant some separation among things, some tremor of independence, some free play of parts on one another, some real novelty or chance, however minute, she (pluralism) is amply satisfied and will allow you any amount, however great, of real union” (PM, 78, parenthetical term added). James’ position involves not only pluralism but indeterminism. That knowledge is never exhaustive is not due just to the perspectival nature of knowledge, for what is not known may still be ambiguous. As James states, his position “admits that possibilities may be in excess of actualities, and that things not yet revealed to our knowledge may really in themselves be ambiguous” (WB, 118). While the above discussion brought out the element of creativity or novelty involved in the ways of organizing the concrete richness of the flux of pure experience, the universe we come to know must itself manifest this feature of creative novelty. And, this requires a more direct focus on James’ understanding of the relation of the continuous and the discrete. The ensuing discussion will turn to the way in which James’ understanding of the continuity by which things overlap, hang together, are strung along, supports the emergence of novelty. And, since James holds that time is one of the two vehicles of continuity by which the world’s parts hang together (PM, 66), this focus on continuity will be intimately intertwined with his understanding of temporality.9 It is to this issue that the ensuing discussion will turn. Reality for James does not consist of a series of discrete elements or static cuts, but of dynamic pulsations which do not need to be brought together but which are part and parcel of a

9 The other vehicle is space, which does not have the same relevance for the particular issue of novelty.

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Sandra B. Rosenthal continuous, dynamic reality. These dynamic temporal pulsations are manifest to us in our experience of the specious present, the minimal temporal experience which already incorporates within its flow a little past and a little future. The specious present is the passing present, the living moment of experience, the very fiber of which incorporates a before and after. These can be felt only on condition of feeling both together in a single apprehension. As Seigfried points out, “Knowing-together is explicable only with reference to temporality and change. […] The past and future are already parts of the least experience that can be, even though most of these experiences are of objects perceived simultaneously and not successively” (Seigfried 1990, 68). Gerald Myers, in his criticism of James’ understanding of temporality, makes a sharp distinction between the sense of time flow and the sense of the flow of events (Myers 1986, 150–151), but for James time is not some container within which events flow, to be grasped separately, but rather the features of temporality are at once features of our temporal experience of a temporal universe. As a result of the unJamesian distinction Myers makes, he holds that for James, the specious present “is a constant interval which is not itself in flow”, and consequently, our temporal awareness of the specious present “is an awareness of time standing still” (Myers 1986, 150). Within this static conception, the specious present is no longer a present of temporal passage which is at once a becoming and a going. Rather, this static conception replaces the holistic nature of its temporal flow with analysis of its “earlier and later” into two successive moments, with passage of time reduced to a succession of separate moments. From this faulty interpretation Myers reaches an appropriate problem, for as he queries, “But does mere succession guarantee continuity?” (Myers 1986, 151–152). James’ answer is that a succession of moments not only does not guarantee continuity but cannot allow for it, and in disallowing continuity, this succession of moments disallows James’ understanding of real novelty. The specious present is the “location” of novelty or spontaneity as emergent from the past with which it is continuous. The understanding of real novelty in the world is not made intelligible by conceptual dismemberment, but by the sympathetic at-

Zur Vierten Vorlesung tunement to the pulsations of concrete experience. Thus James observes, in expressing his agreement with Peirce concerning the reality of novelty, to “an observer standing outside of its generating causes, novelty can appear only as so much ‘chance’, while to one who stands inside it is the expression of ‘free creative activity’” (PU, 153). Ralph Barton Perry well encapsulates James’ position here in his observation that “For James, there is an unexplained which is inexplicable, and which needs no explanation because experience conveys it adequately” (Perry 1996, 282). John McDermott expresses a similar point in noting that for James, the attainment of deep insight “leads us to participate in no less than the very rhythm of the world at large” (McDermott 1977, XLIX). James recognizes that “the common objection to admitting novelties is that by jumping abruptly, ex nihilo, they shatter the world’s rational continuity” (PU, 153). However, novelty “doesn’t arrive by jumps and jolts, it leaks in insensibly, for adjacents in experience are always interfused, the smallest real datum being both a coming and a going” (PU, 153).10 Perhaps even the term ‘interfused’ is misleading and subject to misinterpretation. Indeed, our very conceptual articulation has trouble expressing that the continuity involved is in no way a “coming together of ” that which is separated, but an “emergence within” of novel dynamic pulsations. The passing present brings novelty in its flow, a novelty which is not abrupt, but which grows out of and is part and parcel of the context of processes which preceded it and which follow from it. The emergence of novelty belongs to the dynamic, processive continuity of reality. Perry expresses the significant of the interweaving of novelty and continuity in James’ synechistic pluralism in his statement that “‘Synechism’ meant for James that reality, in being thus continuous and flowing, escapes the logic of identity” (Perry 1996, 282). And, this escape brings with it James’ concern with infinitesimals. For, James’ focus on novelty and the ceaseless ‘becoming other’ of reality leads him to the view that the mathematical notion of an infinitesimal contains, “in truth, the whole paradox of the same and yet the nascent other, of an identity that

10 Italics added to emphasize the difference between interfusion and atomicity.

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Sandra B. Rosenthal won’t keep except so far as it keeps failing, that won’t transfer, any more than the serial relations in question transfer, when you apply them to reality instead of applying them to concepts alone” (PU, 154).11 Much is made by some scholars about James’ acceptance of the ultimacy of discreteness at some points in his philosophy because he speaks of drops or buds of experience, and in one of his later works holds that he will treat processes of change “no longer as being continuous, but as taking place by finite not infinitesimal steps, like the successive drops by which a cask of water is filled, when whole drops fall into it all at once or nothing” (SPP, 88). Because this view of James’ work has taken on such significance,12 it may be important to hit this issue directly and, hopefully, put it to rest, since James’ entire understanding of the one and the many has been seen to be so intimately intertwined with his emphasis on continuity and the corresponding rejection of fully discrete units of any sort. If one reads this passage both in light of the text in which it is embedded and in conjunction with his lengthy footnote (SPP, 94, note 17), his supposed turn away from continuity and infinitesimals to finite drops is perhaps not the move to discreteness that it may at first seem, but rather a focus on the common sense perception of change as a prelude to returning, at an explanatory level, to an account of continuity which incorporates infinitesimals. As he there states the problem, we are given a choice between “the opaquely given data of perception” and the intellectualist absurdity of the unreality of change resulting from the mathematical division of a “point-continuum” into an infinite number of cuts. For, “The mathematical ‘continuum’, so called, becomes thus an absolute discontinuum in any physical or experiential sense”, an experiential absurdity mathematicians have accomplished “by strictly banishing all infinitesimals”. James turns to

11 Peirce’s concern with synechistic temporality leads him also to the focus on infinitesimals. See, for example, CP, 6.109; 6.111; 6.138. 12 Whitehead, from his framework of the atomicity of actual occasions, approvingly quotes James on this point, and as a result Whiteheadian as well as Jamesian scholars make this “atomistic” view of James a frequent focus of their interest in his work.

Zur Vierten Vorlesung “the buds or steps of process” which opaque perception “accepts as primal gifts of being” illustrating that they “correspond logically to the ‘infinitesimals’ (minutest quanta of motion, change, or what not) of which the latest mathematics is supposed to have got rid”. It would seem that James is here using drops or buds to show that, analogously to these, the continuum cannot be infinitely broken into a discontinuity of discretes but rather must be understood in terms of infinitesimal durations. Thus, the focus on experiential drops of change at the level of common sense experience seems geared to supporting rather than denying the need to understand continuity in terms of infinitesimals if continuity is not to lead to paradoxes. This interpretation seems to gain support from James’ concluding statements (SPP, 95). He there observes that the question as to whether or not reality grows by abrupt increments of novelty is a “form in which the contrast between discontinuity and continuity confronts us”, and his “business hereafter” must be to give a “perceptual account”. In light of his immediately preceding focus on the important role of infinitesimals for an adequate understanding of continuity and the analogous role played by drops of change in opaque perceptual experience, it seems reasonable to expect that his final understanding of the relation of continuity and discreteness in a forthcoming technical account of our opaque perceptual awareness will incorporate an understanding of continuity based on infinitesimals in a way that does not negate but rather accounts for the experiential sense of novelty and change. As Peter Hare encapsulates the situation at this point, James is left with “the problem of how to make the discreteness of the growing infinite square with the continuity of the perceptual flux, and he ends the discussion with a promise (regrettably a promise he did not live to fulfill) to work this out” (Hare 1979, XXXI). There seems no reason to think that this promise, if fulfilled, would not have incorporated a return to the understanding of continuity in terms of infinitesimals and an ongoing utilization of his constructive use of them. Temporal flow is not in the succession of units but in the ongoing “spreading out” or diffusions of continuities, and actualizations involved in this ongoing spreading out or diffusions

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Sandra B. Rosenthal are themselves continuities which, as becoming other, are not fully determinate and, as actual, are constituted by present dynamic tendencies as possibilities and potentialities for bringing about further eventful results. What this indicates is that ‘concrete’ does not mean fully determinate. No slab of concrete possessive reality is fully determinate. Rather, it is concrete in the sense that it is, as James so well expresses, the “living, moving, active thickness of the real” (PU, 116), the thick ontological density of “the causal dynamic relatedness of activity and history” (PU, 122). And, “in its living, moving, active thickness”, it is both one and many, dimensions which are manifest to us in concrete experience. Further, when one gets at the center of such a thick activity in its ceaseless process of becoming other, it can be seen why the laws of excluded middle and non-contradiction do not hold, for, as James again so insightfully notes, place yourself in the interior thickness of the doing, and you see that in its concreteness it has the potential for breaking into the most contradictory characterizations (PU, 117). This “breaking into” is of course not a breaking up into parts but an emergence into novel traits. Thus, “The immediate experience of life solves the problems which so baffle our conceptual intelligence” (PU, 116). Nominalistic empiricism isolates conceptually and then takes these conceptually atomized units as ontological ultimates. Intellectualistic monism, on the other hand, tries to explain reality by a unity obtained via reflective thought or conceptual synthesis and then takes this conceptualized monistic whole as ontologically ultimate. The concrete continuity of reality with its novel dynamic pulsations, however, overflows both types of conceptual reifications. In immediate experience one is placed at the center of what is going on, and this immediate experience undercuts the conceptual problems of the one and the many. We experience the inner life of things in which oneness and manyness are inextricably intertwined in the novel pulsations of a dynamic, active universe in its ongoing process of development. Any “isolated” unit of experience is itself a complexity, and its socalled isolation is a conceptual abstraction from its ceaseless becoming other and being with. Nor can the holistically felt manyness in oneness be brought to an all-encompassing whole which ultimate “houses” the

Zur Vierten Vorlesung manyness it contains, for James’ synechistic pluralism disallows such a possibility. Within his pluralistic vision “things are ‘with’ one another in many ways, but nothing includes everything, or dominates over everything”. The pluralistic universe is more like “a federal republic than like an empire or a kingdom” (PU, 144 –145). Or, as James expresses this from the perspective of a possible aesthetic union, “The world is full of partial stories that run parallel to one another, beginning and ending at odd times” (PM, 71). Indeed, the universe is “many everywhere and always, nothing real escapes from having an environment […] the sundry parts of reality maybe externally related” (PU, 144). It is from within the very fabric of experience that belief in the continuity of our consciousness with a wider spiritual environment takes shape, a belief “from which the ordinary prudential man (who is the only man that scientific psychology, so called, takes cognizance of) is shut off” (PU, 135). This belief is another expression of the experiential sense that “the actual […] is continuously one with possibles not yet in our present sight” (PU, 131). But even here, the felt inner oneness of reality, holistically grasped in concrete experience, is experienced as a “harmonious co-penetration of manyness-in-oneness”. Thus James accepts, along with the possibility of a super-human consciousness, the idea that it is finite rather than all-embracing. Its constitution, “if imagined at all, has to be imagined after the analogy of some bit of finite experience”, and cannot be all powerful and all knowing, nor can it provide absolute purpose. If one does attribute these properties to its constitution, one is engaged in sheer dogmatism with resulting self-defeating claims (PM, 70). For, “take any real bit (of experience), suppress its environment and then magnify it to monstrosity, and you get identically the type of structure of the absolute. It is obvious that all your difficulties here remain and go with you. If the relative experience was inwardly absurd, the absolute experience is infinitely more so” (PU, 134). Thus, it can be seen that James’ position provides a view in which ordinary experience, the sense of the universe at large, and the sense of “something more” all arise from within the felt intertwining of the one and the many within the very fiber of the flow of concrete experience thrown out upon a concretely rich universe. Such a primordial sense of the flow of experience

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Sandra B. Rosenthal belies both the absolute oneness of intellectualism and the absolute pluralism of nominalistic empiricism. Rather, it is the felt sense of a universe which opens for us endless paths for possibilities of experience, many of them as yet unavailable not just within creative noetic perspectives as they have thus far developed, but also within the open-ended dynamics of a processive universe and the novelty it brings in its continuous unfolding.

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Zur Fünften Vorlesung

Charlene Haddock Seigfried

Zur Fünften Vorlesung: The Philosopher’s “License”: William James and Common Sense1 William James knew that philosophers could not, like ordinary persons, just inherit their beliefs, but “must first get reason’s license for them” (PU, 12). Supposing a philosopher to hold such a reasoned belief, “that a common man alongside of him should also share that belief, possessing it by a sort of inborn intuition, does not endear the man to the philosopher at all” (PU, 12). Unless, of course, the philosopher happens to be James himself, who certainly appealed both to the ordinary man and woman and to common sense. I would like to show why common sense occupies a privileged position as ‘first among equals’ in James’s pluralistic universe, despite his frequent criticism of it.2

1 Except for some revisions and additional footnotes, this essay originally appeared in Transactions of the Charles S. Peirce Society, 19 (summer, 1983), 273–290. To compare James’s position on common sense in Pragmatism and his later writings with his earlier views in The Principles of Psychology, see Seigfried 1981. 2 Charles Sanders Peirce also exhibits this ambivalence towards common sense, first criticizing it and later coming back to it after refining the notion. Compare these earlier and later passages by Joseph L. Esposito in Esposito 1980. He first says that “common sense can not serve as a starting point because it does not indicate any way we can establish such a starting point beyond a redundant appeal to common sense; it restricts us, Peirce concludes, to one line of inquiry, that of finding out which claims are held with greatest conviction. But ‘there is no criterion by which it may be determined whether a given conviction is normal or not,’” (32). But later, “as he might have put it, we cannot begin with intuition and common sense, but after speculation we can arrive at their justification, now in the form of what was soon to be named critical common-sensism,” (195).

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Charlene Haddock Seigfried James both stands within and reinterprets the common sense tradition.3 In showing how James reinterpreted common sense it will become evident that it can function as a secure basis of discourse, despite the substitution of a historically conditional evolution for the traditional assumption of innate universality. By expanding the notion of practical good judgment and uncovering its role as the first successful, consolidated organization of experience, common sense is developed into a continuing, experiential check on interpretive schemes. Furthermore, as a perfectly definite halting place of thought, it contributes to noetic pluralism. James also reconstructs the evolution of common sense as paradigmatic for all organizations of experience, which are thereby disclosed as instrumental. Finally, the grafting of formal and informal systems onto common sense must be clearly perceived if the reification of conceptual schemes is to be avoided. The positivistic complete disjunction of truth and value arises when this instrumental basis of knowledge uncovered in the reconstruction of common sense is ignored.

6.1 From Scottish to Pragmatic Common Sense Minimally, James adopts the ordinary meaning of “a cluster of beliefs or persuasions, somehow ‘felt’ to be true by most people” (Grace 1972, 156). In addition, the categories of common sense which James occasionally lists are the standard ones of the Scottish Common Sense School. James’s cryptic references to ‘permanent things,’ the ‘possible,’ ‘self,’ and ‘body’ (PM, 87 ff.), need not be expanded if one is already familiar with such lists as what Dugald Stewart preferred to call the fundamental laws of human belief; namely, “I exist; I am the same person to-day that I was yesterday; the material world has an existence independent of my mind; the general laws of nature will continue, in future, to operate uniformly as in time past” (Stewart 1854–60, vol. 3, 45). James also appeals to the trustworthiness of our human 3 Compare the boldness of James’s reconstruction with an article on Thomas Reid published about the same time which also tries to accommodate the common sense tradition to the late nineteenth century belief in historical progress: Boutwood 1895.

Zur Fünften Vorlesung faculties – “reality is congenial to the powers we possess,” – but discards faculty psychology. While he subscribed to the Scottish common sense conviction that the denial of these common sense propositions was tantamount to irrationality, he characteristically reinterpreted them in a post-Darwinian fashion as having gradually evolved and as subtly altering in interaction with each individual’s present stock of beliefs, rather than being the natural inheritance of humankind. James agreed with John Stuart Mill’s denial of the inborn naturalness of common sense propositions by showing their psychological genesis (Mill 1865). For James common sense plays the same mediating role between positivist empirical science and philosophical idealism that it did for the Scottish realists who wanted to avoid both Berkeley’s and Hume’s reduction of everything to impressions and ideas and the materialism of Hartley and Priestley (Flower/ Murphey 1977, 247; see PP, 141). Elizabeth Flower points out many similarities between James and Thomas Reid; for instance, Reid holds that the self is “active in sense perception, active also as a voluntary agent, deliberating, determining means in relation to goals and constructing meaningful patterns in art”. Against the copy theory of knowledge Reid contends that “our perceiving is functionally a seeing of objects” and his “constructional theory of perception” denies the simple impressions of Locke and Hume, substituting for them a noninferential basic judgment, a cognitive principle of the externality of objects. Sensation as a sign of something external is also exemplified in the language of gesture and expression and in the language of art. “Indeed similarities to James are inescapable – from the irresistable reference outward and the personal character of experience (James’s fringe) to the emphasis on selectivity and voluntary attention” (Flower/Murphey 1977, 248–250). Because of the Darwinian turn James, unlike the Scottish realists, is deliberately equivocal in his use of the word ‘common,’ using it in a distributive sense. The categories are common to everyone but, in entering into each person’s stock of beliefs, they also mutate as they are harmonized with beliefs arising from personal experiences. The individual’s beliefs, including much that is common sense, in mingling with new beliefs, are subtly altered in light of the old and the old in response to the new (PM, 83). James elaborates this point in The

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Charlene Haddock Seigfried Meaning of Truth, where he says that common sense traditions were originally genuine discoveries or inductive generalizations, that is, definite conquests by our ancestors “to get the chaos of their crude individual experiences into a more shareable and manageable shape”. Now as structures of our mind, they can no longer be upset by experience: “On the contrary, they apperceive every experience and assign it to its place” (MT, 42). Despite rational criticisms, they work so well in helping us foresee the course of experience, to communicate with others, and to organize our lives by rule, that they will not be dropped in everyday life. Although as a thought-experiment, we may play with the idea of a pure experience that existed before such common sense categories as that of permanent objects behind the flux of experience, and may imagine that some alternative way of organizing that flux might have been invented, we ourselves can no longer do so because “the category of trans-perceptual reality is now one of the foundations of our life” (MT, 43). It is the basis of our belief in reasonableness and truth. Reality appears to us under the guise of our “intellectual inventions,” and further refinements consist in working “in new nouns and adjectives while altering as little as possible the old” (MT, 43). Besides James’s use of common sense as embodying certain categories of thought which are historically conditioned and thus neither necessary nor yet quite arbitrary, he also often means by common sense simply good judgment (PM, 84). This, of course, also has a long philosophical tradition behind it. Although Reid did not straightforwardly mean untutored judgment, he does frequently appeal “to Common Sense, to general testimony and practice, and to the sober practical judgment of mankind, but this summoning of universal testimony would have been useless unless each individual witness could affirm a personal certitude” (Boutwood 1895, 160). In fact, common sense understood uncritically as meaning what is straightforwardly and obviously correct is made understandable by James in his genetic unpacking of the categorial meanings which are the ‘remains’ of successful usages gradually enshrined in the language. These have remained because they have been useful in ordering experience and thus may be relied on to structure new experiences, and are not useful merely because they have survived.

Zur Fünften Vorlesung From The Principles of Psychology to his last works, published and unpublished, James continuously called on his readers or auditors to judge for themselves. Because “nothing short of the whole of immediate perceptual experience could be the subjectmatter of philosophy, for only in such experience is reality intimately and concretely found” and our conceptual systems are “secondary and ministerial forms of being,” James says that “the reader must decide which account agrees best with his own actual experience” (SPP, 53, 59, 33, note 3). Thus, the expansion of the notion of common sense as good judgment based on an immediate perception to the validation of a concept “in some sensible particular which it directly designates” and to “some particular difference in the course of human experience which its being true will make” is surely James’s contribution to the common sense tradition, by which it expands beyond its original boundaries (SPP, 37). He calls this procedure, in fact, “the pragmatic rule”.4 James said elsewhere that “science and critical philosophy thus burst the bounds of common sense” (PM, 91). But whereas science and critical philosophy criticize common sense, then operate on another level, James both criticizes common sense and continues to work within its reconstructed boundaries.5 While holding fast to common sense as only one among many interpretations of the world, James nonetheless grants it an explicit priority as a “perfectly definite halting-place of thought” (ERE, 100). He wants to elaborate the advantages of the common sense view without abdicating to it. He wants us both to retain our suspicions about common sense, engendered by the whole critical philosophical tradition, and to appreciate its power (PM, 94). “Real possibilities, real indeterminations, real beginnings, real ends, real crises, catastrophes, and escapes, a real

4 H. S. Thayer notes that “even in the technical principle of pragmatism, as enunciated by Peirce and James, we can witness the social role conceived for it within the public body of beliefs and conduct” (Thayer 1981, 18). 5 James was greatly influenced by Shadworth H. Hodgson on common sense. The underlining of the following quotation, for instance, was made by James in his own copy: “We are brought back once again to the same practical common-sense attitude of our starting point, the pre-philosophic attitude with which we originally confront the visible world” (Hodgson 1889/90, 5). See Seigfried 1987.

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Charlene Haddock Seigfried God, and a real moral life, just as common-sense conceives these things, may remain in empiricism as conceptions which that philosophy gives up the attempt either to ‘overcome’ or to reinterpret in monistic form” (WB, 6–7). James wants to preserve the sense of reality we all have and to develop his philosophical position by correcting and refining our understanding of life as we live it, rather than denying this felt sense of life, as he thought traditional empiricism and idealism had both done. When he says that “something happens when you pass from the abstract to the concrete, that complicates the situation,” he was intimating the radical shift he hoped to inaugurate by transforming the common sense tradition into a philosophy of lived experience (PM, 43). In fact, he took the whole originality of pragmatism to consist in its use of the concrete way of thinking (MT, 115–116).6

6.2 Pluralism In what sense does James nonetheless appeal to common sense as a secure basis of discourse, once he had discarded its innate universality and unchanging content?7 Although common sense is most often invoked, even by James, in situations where the commonality of beliefs is the paramount consideration, as in attacking skeptical doubts or contrary to fact assertions, it is also invoked by him as only one among many interpretations of the world. And with this shift, the traditional sense of final arbiter of epistemological claims is undercut. As such it functions as an indispensable component of noetic pluralism rather than as a court of last resort. The intransigence of common sense presents a roadblock to any monist or reductive epistemology because even though it has often been superseded by particular epistemological or scientific theories that are better able to explain particular phenomena, as late nineteenth

6 For the centrality of the appeal to concrete experience in James’s philosophy, see Seigfried 1990. 7 For Reid, however, not the beliefs, but the operations of the mind, “available by observation of behavior and language,” are innate. See Flower and Murphey 1977, 248.

Zur Fünften Vorlesung century German critical theory better explains biblical genres and Einsteinian theory better explains cosmic space, it has continued to flourish and be used in everyday life, even by the originators of other systems. Obviously, it is succeeding very well in the everyday world, as Hume had already pointed out. But pluralism is for pragmatists a pervasive feature of experience and not just of ways of knowing. For the pluralist the “crudity of experience” is a permanent feature of reality. Epistemologically, “there are thus at least three well-characterized levels, stages or types of thought about the world we live in” – common sense, science, and critical philosophy – and none is more true absolutely, although each may be better in its own sphere (PM, 92–93). Ontologically, “philosophy must thus recognize many realms of reality which mutually interpenetrate. The conceptual systems of our mathematics, logic, aesthetics, ethics, are such realms” (SPP, 56). All claims terminate in experience, but different kinds of claims terminate in different experiences. The practical person habitually takes “the fact of ‘presentation’ or sense-perception” as the physical reality, not distinguishing between being presented to and the object presented (ERE, 100). But while, for common sense, the real terminus of perception is, for instance, the dog as sensed (“a jumping, barking, hairy body”), the philosopher says that the “more real terminus” is, on one level, organs and viscera, on another, cells, then atoms, and ultimately perhaps, mind-stuff (ERE, 101). The philosopher “‘interpolates’ and ‘extrapolates,’ where common sense does not” (ERE, 101). From a common sense perspective, no problem arises in judging that two persons can literally see an identical real dog, while the philosopher, noting actual differences in their perceptions, interpolates a ‘more real’ terminus. In transcending the common sense view the philosopher disproves its literal one-to-one correspondence with reality. But “there is no absolute transcendency” because reality “is always defined as a terminus within the general possibilities of experience” (ERE, 102; MT, 75). While the practical person habitually stops at sensation and the philosopher projects something beyond, either terminus can be considered as provisional or final in its own sphere, and neither can be reduced to the other. This diversity of ways of thinking, each sufficient for certain purpos-

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Charlene Haddock Seigfried es, yet none paradigmatic for all purposes whatever, should “awaken a presumption favorable to the pragmatistic view that all our theories are instrumental, are mental modes of adaptation to reality, rather than revelations or gnostic answers to some divinely instituted world-enigma” (PM, 94). Ironically, the common sense view itself is monistic in the sense that the world is taken just as it appears with no recognition of its own categorial ordering of such experience. Different interpretations of reality, whether scientific or religious, are either reduced to common sense terms; for example, atoms are very small things, and the soul is a rarefied body inside my body, or are rejected as implausible. The successful organization of everyday experience validates common sense as a stage of development that must be reckoned with, but this can only be recognized by standing outside that framework. A person who only thinks in common sense terms is as trapped within a single perspective that necessarily falsifies the variety of experiences as is a scientist who does not recognize the constraints imposed by the use of any formal system. One reason common sense occupies a privileged place in James’s philosophy is that his reconstruction of it uniquely demonstrates the instrumental character of all knowledge whatsoever. The limited view of common sense is being rejected insofar as it understands itself as the only true interpretation of the world, but insofar as its very limitations disclose the necessarily partial character of all formulations of reality, then the continued existence of such a recognizably limited outlook can be appealed to as evidential. Thus, when James bids us to “[r]etain, I pray you, this suspicion about common sense,” he is rejecting the belief that the categories of common sense, because of their longevity, universality, and reflection in the very structure of language represent reality as it is (PM, 94). In fact, when properly understood, such characteristics of common sense display the interpreting rather than the mirroring function of knowing (see Seigfried 1990a). Since common sense has been successfully criticized by both science and critical philosophy, it can no longer be taken as simply mirroring reality (see Rorty 1979).

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6.3

Reconstruction Necessary

Although common sense is true, that is, adequate, in its limited sphere of everyday use, which is that of organizing experience for practical ends, it falsely interprets experience when either it is applied to ends beyond its capacity, for example, in organizing data better formalized in a system, or when it is understood as substantial forms necessarily corresponding to reality, as in Scholasticism (PM, 90).8 James does not adopt this common sense realism, which would be antithetical to his pluralism and perspectivism (see Seigfried 1998). Another troubling aspect of common sense belief is its inveterate dualism: “Common sense and popular philosophy are as dualistic as it is possible to be” (ERE, 69). Even though in The Principles of Psychology he adopted a functional dualism, the solution that thoughts and things are radically dualistic, “like many other common-sense solutions, grows the less satisfactory the more one turns it in one’s mind” (ERE, 15).9 What makes dualism especially troubling is that on one level of experience it is obviously true, while false from other perspectives. James’s thesis of pure experience is that “every experience, however complex, at the moment of its actual presence […] is a pure experience, a phenomenon, a datum, a mere that or content of fact” (ERE, 73). This originally undifferentiated datum becomes either thought or thing according to its functional relations in a defining context. The common sense stage of thought utilizes “a later classification performed by us for particular needs” (ERE, 73). Insofar as one commonsensibly manipulates the world for practical purposes no harm is done, but if one were to develop a theory based on common sense without realizing that this dualism is derivative and not primary, then distortion would inevitably result. James’s appeal to common sense, therefore, is not always to common sense as commonly understood, but as reinterpreted

8 James said of scholasticism that it “is after all only Common [sic] sense made systematic, the ‘school of common sense’ is only scholasticism in informal shape.” “Appendix III: James’s Preface to Ferrari’s Italian Translation,” (PP, vol. 3, 1482). 9 For the relation of The Principles of Psychology to the rest of his philosophical writings, see Seigfried 1990, and Donnelly 1992.

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Charlene Haddock Seigfried by him. Shortly after decrying the dualism of common sense, for instance, he points to the harmony of common sense and radical empiricism. He says that relations “are undeniable parts of pure experience; yet, while common sense and what I call radical empiricism stand for their being objective, both rationalism and the usual empiricism claim that they are exclusively the ‘work of the mind’” (ERE, 74).10 Since James both denigrates common sense as ‘naif realism’ and nonetheless consciously adopts its point of view, it is crucial to determine in each case what is being accepted in regard to common sense and what rejected. Lacking such discernment, James would appear to be inconsistent in his alternate appeal to and rejection of common sense. By way of contrast, G. E. Moore resolutely defends common sense. It is worth noting that Moore wrote a paper called, A Defense of Common Sense (Moore 1959), and that James’s chapter on “Pragmatism and Common Sense” concludes by raising suspicions about common sense (PM, 94). Moore is anxious to answer skeptical objections to common sense propositions by arguing that they are known with certainty. For all his critical acumen, Moore assumes that the meanings he ascribes to common sense propositions are straightforward and unambiguous and therefore should compel consent once he has shown that various critical objections are based on muddled thinking. James, by contrast, recognizes that such critical objections cannot be so easily dismissed because there is no simple duplication by the mind of reality such that some proposition obviously expresses the one correct transcription, and therefore the question of the correct interpretation of our experiences cannot be solved by conceptual clarity alone. Moore’s belief that we can unambiguously understand the meaning of many expressions such as “The earth has existed for many years past,” without being able to “give a correct analysis of its meaning” reveals an unfortunate ignorance of the central hermeneutic insight that propositional knowing ‘that’ is circumscribed by knowing ‘as,’ or in James’s terms, that although knowledge by acquaintance precedes knowledge about, it is always already influenced and structured (fringed) by previous

10 On the reality of relations, see Seigfried 1978.

Zur Fünften Vorlesung beliefs and attitudes.11 Moore’s own failure to draw out the account of how we ascribe meaning to past events obviously undermines his ability to understand James’s account (Moore 1922). Science, critical philosophy, and common sense can all provide clear, internally consistent models that interpret reality differently. We therefore require additional criteria to choose one over another. The most important one is intentionality or the model’s ability to satisfy the relevant ends-in-view. What Moore and others, like Russell, did not take seriously enough was the reconstruction of the common sense tradition necessitated by the twin nineteenth century intellectual revolutions of historicism and Darwinian evolutionary theory (see Cunningham 1996). Whereas Moore is still embarked on a Cartesian quest for absolute certainty, James recognizes that science and philosophy are still laboriously trying to distinguish fancies from realities. James explicates common sense within the context of a defense of noetic pluralism and the instrumental nature of all our categories of thought. He uses a Darwinian model to explain the genesis of common sense categories as originally fortuitous discoveries by geniuses, which gradually spread to other people because of their efficaciousness in organizing experience, until presently, as the “natural mother-tongue of thought,” they seem innate and ineradicable (PM, 88). The instrumental-adaptive nature of these categories, which suffices for the practical ends of life, are not regulative for all experience whatever. Moore, in insisting that meanings are timeless and contextindependent, although sometimes superficially acknowledging the reality of time, does not realize the fundamental shift such an appeal to temporality involves (Moore 1922, 144–145). He therefore systematically misunderstands James’s pragmatic theory of truth and ignores his reconstruction of common sense. Moore’s failure to take the evolutionary turn is typical of the very different emphasis of the common sense tradition that continues in Anglo-American language philosophy.12 11 Moore 1959, 36–37. For James’s use of the terms ‘knowledge by acquaintance’ and ‘knowledge about,’ see Seigfried 1990. 12 Roderick Chisholm, however, develops Reid’s common sense philosophy differently and distinguishes his own position from that of ordinary language

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6.4 Evolutionary Consolidation of Experience In Pragmatism James explains common sense, by analogy with biological evolutionary theory, as “one great state of equilibrium in the human mind’s development” (PM, 83). In keeping with his comparison of inspiration, discovery, or creation to Darwin’s theory of spontaneous variations, the origins of the categories of common sense that James explicates do not admit of further explanation as to their source, beyond their hypothetical invention or discovery by some remote human ancestor.13 But while their origins are fortuitous, their preservation is not. Their very longevity attests to their favored status as successful adaptations despite changing conditions. James explicitly rejected Herbert Spencer’s static notion of adaptation for a dynamic interplay of forces. Furthermore, since common sense has functioned through all epochs of human history so far, it is extremely unlikely that in the foreseeable future anything could happen that would displace it. Instead, as a fundamental stage of equilibrium, other formal and informal systems have “grafted themselves upon this stage, but have never succeeded in displacing it” (PM, 83–84). The notion of grafting is an important one and helps to explain why other systems, though better for some purposes, have not displaced common sense. James spends a great deal of time deconstructing various formal and informal systems by showing how they are indissolubly linked to common sense, understood as formulations of ordinary ways of experiencing the world. Among these common sense categories are ‘influence;’ that is, who or what is to blame, as the original of Humean and scientific law; the dramatic shape of felt purpose straining against felt obstacles as the original of ‘cause;’ the vague notion of ‘thing’ as the original of ‘entity;’ and simply and fully verified ‘leadings’ that are worthwhile as the original of the epistemic truth process

philosophers in Chisholm 1967. His careful development of ‘the evident’ in Theory of Knowledge is a sustained defense of common sensism, but his curt dismissal of pragmatism shows how far his reconstruction, too, diverges from James’s (Chisholm 1977, 97–98). 13 WB, Appendix III, “Notes for ‘Great Men and Their Environment,’” 436– 437.

Zur Fünften Vorlesung (PM, 87 ff. and ERE, 83 ff.).14 Even those intentionally meant to correct the very real defects of common sense are nonetheless, despite the best intentions of their authors, outgrowths of the ancient mother tongue, and still bear many traces of their origin or are dependent on it to organize those areas of experience they do not cover, or both.15 But in this process ancient modes of thought have survived as indelible tokens. Again, in analogy with Darwinian evolution, there is no necessity that the forms of thought of common sense be what they are, but having evolved over the centuries, they can no longer be discarded at will (see Janik/Toulmin 1973, 228–229). In his frequent projection back in time of processes going on in the present, James is adopting the same principle of actualism that Darwin did from Lyell: “Such a view [of how common sense categories gained their supremacy] would only follow the rule that has proved elsewhere so fertile, of assuming the vast and remote to conform to the laws of formulation that we can observe at work in the small and near” (PM, 89).16 Thus, the present process of absorbing novelties insofar as they conform to present beliefs, while somewhat altering those very beliefs in so doing, is understood as the same process by which ancient forms of thought have survived into the present, though altering gradually in the process. But if common sense has attained its stage of equilibrium, its status as arbiter of public opinion, because of its success in practically organizing our experiences to bring about desired ends, how much more has science, especially in its technical 14 Reid also derived the attribution of cause in the physical world from our own conscious power to bring about events. In a letter of July 30, 1789, he says that “power and activity are first conceived from being conscious of them in ourselves”. And in his Essays on Active Powers he sees this as a prejudice in that an unwarranted personification of nature is involved, since the only real causality is that of intelligent beings whereas in nature there are only constant conjunctions. Boutwood 1895, 158–159. 15 For an account of how Newton – the model for centuries of the proper scientific, disinterested attitude – developed his mathematical explanation of force and attraction after years of struggling to make the astrological notions of male and female forces and attractions work, see Westfall 1980. 16 See Michael Ruse 1979, 40 ff. What Ruse calls Lyell’s “actualism” is his wanting “to explain past geological phenomena in terms of causes of the kind now operating”.

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Charlene Haddock Seigfried applications, impressed itself on human consciousness, both in the nineteenth and twentieth centuries, as the epitome of practical control. Since science has caught up with and surpassed common sense in its practical control of phenomena it would seem to be anachronistic to retain the more primitive stage. But for James, as for us, it is equally obvious that this control can be used for human or inhumane purposes (PM, 90–91). Therefore, while the success of science is undeniable, its contribution to human destruction as well as to human betterment is puzzling and frightening in its implications. Although James never spells it out, it seems to me that the main reason that can be given for his frequent recurrence to common sense in the ordinary meaning of good, practical judgment, even though it is admittedly limited and in large areas of life superseded by science and in philosophical perspectives by critical analysis, is that the impact of conclusions reached by other means is related by common sense back to ourselves. This judgment especially applies to the fundamental common sense belief that we are responsible for our actions and for the world we bring about. Like Jane Addams, whose work he admired, James feared fanaticism more than conventional behavior (see Addams 1981, 139, and Seigfried 1996). In The Moral Philosopher and the Moral Life he acknowledges that moral revolutionaries have been responsible for overcoming the prejudices embedded in traditional morality and for whatever progress ethics has made, but he also says that they tend to ignore the sufferings caused by their single mindedness. The ultimate pragmatic ethical criterion is ever wider inclusiveness of others as worthy of our good will. It may seem merely reactionary for James to propose that “the presumption in cases of conflict must always be in favor of the conventionally recognized good” (WB, 206). But this rule stems from his belief that the only way to successfully constrain the harm caused by our tendency to believe that what seems right to us must be right in itself is to refrain from acting on our moral certitude when others inform us of the suffering its exercise causes them. Although James undoubtedly believed that human purposes could best be formulated in common sense terms and that a proper test of their cogency is their grasp by, acceptance by, and instantiation in the lives of, ordinary persons, he did not expect

Zur Fünften Vorlesung that common sense would supply the goals. Individual innovators or moral revolutionaries do that. The human community provides the check in the social order that environing conditions do in the physical order. James adopts the somewhat dubious assumption that less adaptive mechanisms are winnowed out and those that further social development succeed in the long run. Since there is wide latitude in forms of social organization that are not positively destructive, the mere survival of a particular form is no warrant that it is the best possible form, only – at most – that it is not suicidally harmful. A plurality of social forms can obviously exist, develop, or retrogress. James did not develop this insight into the social order, but his reliance on common sense is surely his surrogate for a social philosophy properly so called.17 This indirect appeal to the community is made possible by the ambiguity both of the notion of ‘common’ in ‘common sense’ and of ‘practical’ in ‘practical judgments’. In James’s recourse to common sense he is appealing to one aspect of the funded character of experience.

6.5

Commensurability of Contexts in Instrumentalism

Common sense is “only a collection of extraordinarily successful hypotheses” to unify the discontinuity of immediate experience and to put us in equilibrium with it satisfactory to practical purposes (PM, 94). All our theories are instrumental both in dealing with the flux of our sensations and in answering to our purposes. But if different hypotheses are better for different ‘spheres of life,’ that is, ways of organizing the flux of experiences for some purpose, then on what grounds does James often criticize one sphere from the point of view of another sphere? This question must be answered because in The Will to Believe James argues for the incommensurability of contexts. He says

17 John J. McDermott likewise notes the paucity of an explicitly social dimension in James but develops one in an interesting way out of Jamesian texts. See McDermott 1980, 93 ff. H. S. Thayer also points out the implicitly social dimension of James’s thought in Thayer 1980. For a full-length study, see Cotkin 1990. See also Seigfried 1999.

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Charlene Haddock Seigfried that since there are “different cycles of operation in nature” which are “relatively independent” and incompatible, our finiteness, our necessarily limited view is in principle insurmountable (WB, 166). Only by taking “the whole universe into account,” that is, only by adopting the illicit idealist pretension to totalizing knowledge, could “these incommensurable cycles” be “connected with one another […] For all lesser points of view it is lawful – nay, more, it is for human wisdom necessary – to regard them as disconnected and irrelevant to one another” (WB, 166– 167). But James nonetheless related the various cycles of nature or spheres of life, and to determine on what basis he does so, without reverting to an idealist, absolute point of view, we first have to ascertain specifically how James criticizes one sphere by another. He criticizes the scientific stage for not recognizing that even in its abstract theories it is still tied to common sense categories and has covered over its origins, hidden them from itself, and thus takes as truth (as a literal copy) what is only true instrumentally. It is not enough to justify the scientific sphere of life to say it is successful, although success is a sine qua non for its being a candidate for our concern; that is, any hypothesis, to be worthy of our consideration, must prove itself by being successful at what the hypothesis is framed to account for. But this necessary condition is not sufficient to justify its approval. If science is gradually presenting a more accurate picture of reality, if it is successful because it represents the world as it is, then nothing further could be demanded of it, and success would be the only criterion one could apply to science. But, despite the frequent gross misrepresentations of the pragmatic view, mere success is not the ultimate criterion for any scheme. Granted, from the point of view of naive realism, the findings of science are true simpliciter, and to ask whether they are also good is to introduce questions irrelevant to the scientific project. Assuming, on this view, that the goal of science is to make true reports of reality, then our only legitimate concern is to separate the true from the false reports. This is where the critique of science from the point of view of critical philosophy comes in. If reflections by scientists themselves on the scientific endeavor have destroyed naive realism, reflections by critical philosophers have even more thoroughly

Zur Fünften Vorlesung negated any supposed connection between scientific law and metaphysical reality. Scientific categories, like common sense ones, “cease to represent anything in the way of being” (PM, 91). They are ways of handling the flux of experience for stated purposes, legislative in the sense of being purely instrumental and not legislative in the sense of being natural laws discovered or uncovered by scientists. But if this is so, if true means true instrumentally and not true as correspondence or as copy, then James’s dictum that the true is a species of good, which many have found so puzzling, is perfectly understandable and defensible (see PM, 42). What C. I. Lewis says applies equally to James’s position: “For the pragmatist, there can be no final division between ‘normative’ and ‘descriptive.’ The validity of any standard of correctness has reference to some order of ‘descriptive facts’; and every determination of fact reflects some judgment of values and constitutes an imperative for conduct. The validity of cognition itself is inseparable from that final test of it which consists in some valuable result of the action which it serves to guide. Knowledge – so the pragmatist conceives – is for the sake of action; and action is directed to the realization of what is valuable” (quoted in Thayer 1981a, 566, note 16). For James, as for pragmatists generally, truth means the successful organizing of the flux of our experience, but this success, despite the deceptive appearance of being capable of being decided apart from any interests, is measurable only in reference to some human purpose. Unfortunately, this connection to human purpose can be covered over, hidden, and distorted, as is evident in various positivist interpretations of science and non-pragmatic instrumentalist theories of knowledge (see Hickman 1990 and Eldridge 1998). Only when this relation to human interests is ignored or covered over does it seems self evident that the true and the good are unrelated. Pragmatists argue that the ascertainment of purpose is integral to understanding particular truths and not something additional brought in which can just as well be left out. It can thus be seen how James’s explanation of common sense is paradigmatic for the various spheres of life. James deconstructs supposedly neutral scientific propositions and assumptions into their human components. He also criticizes idealist philosophy for its appeal to an extrinsic source of being and

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Charlene Haddock Seigfried value rather than to personal agency. He does this both by showing the common sense remnants in more sophisticated discourse and by peeling away the excrescences assumed by common sense over the years to reveal the solid core definitive of humans as human. Contexts are commensurable through specifically human activity. Humans are active, unique but nonisolated, organizing centers of existence integrating new experiences with old ones while transforming each in the process. That we are real agents, that we can make choices and act on them to change the world, are fundamental beliefs both for James and for “the common-sense view of life, as something really dramatic, with work done, and things decided here and now” (SPP, 72–73).18 Common sense evolved “primarily for purposes of actions” (ERE, 100; MT, 73).19 And activity is the core of reality. Since our immediate experience of activity is of limited duration, it must be extended by systematic projection in order to be effective in the long run. Common sense is one stage of such projections, superseded but not discarded, in increasingly more theoretic structurings of experience.

6.6 Conclusion: Priority of Ordinary Experience There is no doubt that common sense occupies a central node in James’s web of beliefs. It would be a mistake, however, to assume that the world we ordinarily experience is synonymous with the

18 Had James’s placing of the human person at the center of philosophic discourse remained influential in philosophic circles, Stanley Cavell’s intention “to construe ‘ordinary language philosophy’ as an effort ‘to reclaim the human self from its denial and neglect by modern philosophy’” would be redundant. And Rorty’s efforts to bridge Continental and Anglo-Saxon philosophy is really a long-overdue return to the concerns of the classical American period of philosophy. See Cavell 1979, 154, as quoted by Rorty 1981, 768. For agency explained in terms of the practical and aesthetic interests which guide selective interest, see Seigfried 1990. 19 Scottish common sense philosophers also opposed the practical life of our everyday world to the speculative nihilism of skeptics as a motivation for turning to their philosophy, but did not argue that common sense itself evolved to forward praxis.

Zur Fünften Vorlesung world of common sense. James leaves the world of common sense whenever he critiques it, preferring sometimes an aesthetic perspective and sometimes a scientific or critical philosophical one. But he returns again and again to common sense. I have pulled together James’s scattered references to common sense in order to construct a coherent position which hopefully clarifies the priority he assigns to it. The priority of common sense consists in its being prior in time, prior as paradigmatic of all knowing whatever in its instrumental character, prior as forming the basis in ordinary language for later, derivative systems, prior as more explicit of the human dimension of experience, and prior in being immediately present at hand in ordinary experience. If the only superiority of theoretic construction to immediate experience is “the practical one of enabling us to make short cuts through experience,” then immediate experience is privileged. Ordinary or lived experience is fundamental and common sense has come to seem to us to be experience-made-articulate, and therefore should not be lightly discarded. But James was shrewd enough to question the naive assumption that common sense is an accurate transcript of reality, while insisting on those aspects of experience common sense discloses. Renouncing pretensions to “an all-inclusive vision,” his philosophy “ekes out the narrowness of personal experience by concepts which it finds useful but not sovereign; but it stays inside the flux of life expectantly, recording facts, not fulminating laws, and never pretending that man’s relation to the totality of things as a philosopher is essentially different from his relation to the parts of things as a daily patient or agent in the practical current of events” (SPP, 55).20

20 James says this of “empiricist philosophy,” but it is more accurate to say that it is true of his own radical empiricism, including pragmatism. That he thought he was only “recording facts, not fulminating laws,” accounts for some of the impreciseness of his thought. See Seigfried 1990, Chapter Thirteen, “Unexamined Empiricist Assumptions.”

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Charlene Haddock Seigfried

Zur Sechsten Vorlesung

Kai-Michael Hingst

Zur Sechsten Vorlesung: James’ pragmatistische Deutung der Korrespondenztheorie der Wahrheit 7.1 Gliederung der Vorlesung und des Beitrags Nach den skizzierenden Bemerkungen in der 2. Vorlesung (PM, 32–39, 42 f.) und der 5. Vorlesung (PM, 92–94) wendet sich James in der 6. Vorlesung ausführlich dem pragmatistischen Wahrheitsbegriff zu,1 der von Anfang an im Zentrum der Auseinandersetzung um Wert und Unwert des Pragmatismus stand. Zwei Jahre nach dem Erscheinen von Pragmatism hat James seine wichtigsten Stellungnahmen in dieser Auseinandersetzung in The Meaning of Truth. A Sequel to ‘Pragmatism’ (1909) vereint, einer Sammlung von 15 Aufsätzen und kürzeren Texten aus den Jahren 1884 bis 1909. Diese reichen von dem kurzen Artikel The Meaning of the Word ‘Truth’ (1907, MT, 117–119), der nach James’ eigenen Worten den wesentlichen Inhalt der 6. Vorlesung wiedergibt (MT, 118), bis zur Erörterung von Detailfragen des Wahrheitsbegriffs und zeichnen ein facettenreiches Bild auch dort, wo sich James in der 6. Vorlesung mit groben Strichen begnügt. Weitere aufschlußreiche Dokumente zum pragmatistischen Wahrheitsbegriff sind der als Controversy about Truth von James veröffentlichte Briefwechsel mit John E. Russell (1907, ERE, 145–153) und insbesondere drei – wenig bekannte – Texte aus dem Nachlaß: die Aufzeichnungen zu einem Interview on Pragmatism (1907, MEN, 226–229), vermischte

1 Zur Sache vgl. Hingst 1998, 139–186.

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Kai-Michael Hingst Notizen über Truth – Reality etc. (1907–1910, MEN, 234–246) sowie als Mitschrift einer Seminardiskussion ein Report of a Discussion in Philosophy 20e: Seminary in the Theory of Knowledge (1908, ML, 429–443). Ebenso wie die 6. Vorlesung, mit 19 Seiten die längste des Buches, gliedert sich die folgende Darstellung in drei Abschnitte:2 James expliziert zunächst seinen pragmatistischen Wahrheitsbegriff (A 1–A 32), weist sodann rationalistische Einwände zurück (A 33–A 52a) und demonstriert schließlich die Leere einer konkurrierenden rationalistischen Auffassung von Wahrheit (A 52b–A 69).

7.2 Explikation des pragmatistischen Wahrheitsbegriffs (A 1–A 32) Im ersten Abschnitt der 6. Vorlesung expliziert James den pragmatistischen Wahrheitsbegriff, indem er nach einer Einleitung (A 1 f.) die hergebrachte Definition von Wahrheit als Übereinstimmung von Denken und Wirklichkeit vorträgt und pragmatisch umdeutet (A 3–A 10), wobei er insbesondere den praktischen Wert der Wahrheit hervorhebt (A 11–A 13). Anschließend analysiert James im einzelnen die Bestandteile der „Wirklichkeit“ (A 14 –A 24a) und die Natur der „Übereinstimmung“ als Führung (A 24b–A 32).

2 Die 6. Vorlesung wird nach den 69 Absätzen, abgekürzt mit einem großen „A“, des englischen Textes von Pragmatism, Cambridge/London 1975 in der Ausgabe The Works of William James zitiert (vgl. Anm. 2 im Beitrag zur 2. Vorlesung, S. 33 f. dieses Bandes). Die Absatzeinzüge aus Pragmatism und Der Pragmatismus entsprechen einander mit folgenden Ausnahmen: A 13 ist auf Seite 128 f. der Übersetzung in zwei Absätze zerlegt, von denen der zweite Absatz mit A 14 und A 15 verbunden ist. A 31 und A 32 sind auf Seite 136 f. der Übersetzung zu einem Absatz verbunden. A 37 reicht auf Seite 138 f. der Übersetzung bis zum Absatz nach dem Gedicht. A 61 umfaßt auf Seite 146 der Übersetzung den letzten Satz des zweiten Absatzes sowie den dritten und vierten Absatz.

Zur Sechsten Vorlesung 7.2.1

Einleitung (A 1 f.)

Wer sich wie der schottische Physiker James Clerk Maxwell (1831–1879) mit einer ungefähren Antwort nicht zufriedengeben will, muß in Sachen Wahrheitstheorie den Pragmatisten konsultieren (A 1). In für ihn typischer Bescheidenheit kündigt James an, die Wahrheitstheorie seiner Kollegen Ferdinand Canning Scott Schiller (1864–1937) und John Dewey (1859– 1952) darzustellen (A 1), wobei die Reihenfolge der Namensnennung entgegen dem Alphabet kaum Zufall ist, hat doch James dem 20 Jahre jüngeren, heute fast völlig vergessenen Schiller als einem wichtigen Verbündeten mehr als die Hälfte der 7. Vorlesungsstunde gewidmet (PM, 116–124). Tatsächlich wird James die Überlegungen von Schiller und Dewey3 auf kreative Weise in seinen Pragmatismus integrieren, indem er die in der 2. Vorlesung eingeführte pragmatische Methode auf den Wahrheitsbegriff anwendet. Zuversichtlich sagte James der pragmatistischen Auffassung der Wahrheit 1907 voraus, sie werde alle drei Stadien einer erfolgreichen Theorie durchlaufen: Noch erscheint sie absurd, bald wird sie als wahr, wenn auch als selbstverständlich und unbedeutend gelten, bis ihre einstigen Gegner sie schließlich für so wichtig halten werden, daß sie vorgeben, sie selbst entdeckt zu haben (A 2). Heute, mehr als 90 Jahre später, scheint es an der Zeit, daß die pragmatistische Wahrheitsauffassung mindestens in das zweite Stadium eintritt.

7.2.2 Wahrheit als Übereinstimmung (A 3–A 10) 1. Die Korrespondenztheorie der Wahrheit (A 3). Zum Ausgangspunkt nimmt James die altehrwürdige Korrespondenztheorie der Wahrheit, die auf Aristoteles zurückgeht: „[…] zu sagen, das Seiende sei und das Nicht-Seiende sei nicht, ist wahr“ (to […] legein […] to on einai kai to mê on mê einai alêthes) (Metaphysik,

3 Die maßgeblichen Arbeiten von Dewey und Schiller, auf die James im Vorwort von Pragmatism kursorisch verweist (PM, 5 f.), sind im Beitrag zur 2. Vorlesung, S. 49 dieses Bandes, Anm. 15 und 16 aufgeführt.

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Kai-Michael Hingst 1011 b, 26 f., vgl. 1051 b, 1–5). Ihre traditionswirksame lateinische Formulierung hat diese Theorie bei Thomas von Aquin (um 1225–1274) in den Quaestiones disputatae de veritate gefunden: „Das erste Verhältnis des Seienden zum Verstand besteht […] darin, daß Seiendes und Verstand zusammenstimmen, welche Zusammenstimmung Angeglichenheit des Verstandes und des Dinges (adaequatio intellectus et rei) genannt wird, und darin vollendet sich der Sinngehalt von ‚Wahres‘“ (Erste Frage: De veritate, Erster Artikel, Antwort). Diese sogenannte Adäquationsformel zieht das alltagssprachliche Vorverständnis auf philosophische Begriffe: Wahr ist eine Vorstellung (ein Gedanke, eine Idee) dann, wenn sie der Wirklichkeit entspricht, anders herum gesagt, wenn die Wirklichkeit ihr entspricht. Die Wahrheit einer Vorstellung ist also die Korrespondenz (Entsprechung) oder Übereinstimmung von Verstand und Wirklichkeit; bezogen auf einen bestimmten Bestandteil der Wirklichkeit: von Verstand und Ding, und damit scheint alles gesagt zu sein. So dachten auch viele Zeitgenossen von James, darunter ein gewisser James Pratt, der sich zum gegnerischen Lager der Intellektualisten zählt: „Mit der Wahrheit eines Gedankens meinen die Intellektualisten lediglich diese einfache Tatsache, daß der Gegenstand, an den jemand denkt, so ist, wie er ihn denkt“ (Pratt 1992, 158). James nun gibt sich mit dieser Formel nicht zufrieden, sondern sucht näheren Aufschluß über ihre Bedeutung, insbesondere über die Bedeutung des kleinen Wörtchens „wie“, das „die ganze ‚epistemologische‘ Last trägt“ (MT, 92). Festzuhalten ist aber, daß der Pragmatist James die Adäquationsformel durchaus nicht zurückweist – ganz im Gegenteil: „Pragmatisten und Intellektualisten akzeptieren diese Definition beide als etwas Selbstverständliches“ (A 3). James hält diese Formel bloß so, wie sie dasteht, für uninformativ (Ayer 1968, 199), für nicht besonders aussagekräftig. Er will sie mit Leben füllen und klären, was „Übereinstimmung“ und „Wirklichkeit“ konkret (A 3) und im Detail (MT, 104) bedeuten. 2. Übereinstimmung als Abbildung (A 4 –A 6). Von der Abbildtheorie, die auf den griechischen Atomisten Demokrit (460–371) zurückgeht und bei materialistischen Denkern Anklang fand (vgl. Nieraad 1971), wird Übereinstimmung als wirklichkeitsgetreue Abbildung gedeutet (A 4). Wie James am Beispiel einer Wanduhr erläutert, ist die Abbildtheorie höchstens für ein

Zur Sechsten Vorlesung simples Objekt wie das Zifferblatt brauchbar, versagt aber bei komplexeren Gegenständen wie dem Uhrwerk oder gar der zeitmessenden Funktion der Uhr, weil hier eine genaue Abbildung des Gegenstandes durch unsere Vorstellung nicht denkbar ist (A 4). Und diejenige Spielart der Abbildtheorie, die die Wirklichkeit als den Gedanken eines Absoluten versteht, denen unsere Vorstellungen via Abbildung korrespondieren sollen, muß für den radikal-empiristisch denkenden James wegen seiner Ablehnung der Philosophie des Absoluten ohnehin ausscheiden (A 5). Was also kann „Übereinstimmung“ dann sinnvollerweise heißen? Wie James in der 2. Vorlesung bereits kurz angekündigt hat (PM, 39), kommt es darauf an, sich vom Verständnis der Wahrheit als einer „statischen Relation“ zwischen Gedanke und Wirklichkeit zu lösen (A 6). Unter ausdrücklicher Voraussetzung beider Relata dynamisiert James diese Relation, indem er nach einem „fundamentum relationis“ sucht und es „in der konkreten Welt“ findet (MT, 310).4 3. Der Ansatz der pragmatistischen Wahrheitstheorie: Wahrheit als Verifikation (A 7–A 10). Mit Blick auf die konkrete Welt formuliert James die pragmatistische Leitfrage nach dem Unterschied (PM, 28) für den hier zu klärenden Gegenstand, die Wahrheit eines Gedankens oder einer Überzeugung: „Welchen konkreten Unterschied wird sein Wahrsein in irgend jemandes wirklichem Leben machen?“ (A 7). Wie typisch für die pragmatistische Herangehensweise, zielt diese Frage auf die Zukunft – James fragt: „Was wird sein?“ statt „Was ist?“ –, und sie bezieht sich auf den konkreten Einzelnen, in dessen Leben der Unterschied eintreten soll, und nicht auf ein ideal vernünftiges Subjekt. Indem James seine Frage zuspitzt auf den „Barwert (cashvalue) der Wahrheit, wenn wir sie in Erfahrungsmünze umrechnen“ (A 7), wie Jerusalem glücklich übersetzt, verwendet er ein weiteres Schlagwort, das für seinen Gebrauch der pragmatischen Methode charakteristisch ist (vgl. PM, 31 f., 41). James’

4 Maurer vertritt die Ansicht, schon nach thomistischem Verständnis sei Wahrheit nicht „die träge adaequatio intellectus et rei, die James kritisiert“. Der Thomist schlage auf seine Art einen ebenso dynamischen Begriff menschlicher Wahrheit wie James vor, da für ihn der Geist die Wahrheit eines Urteils hervorbringe, wenn er sich in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit setze (Maurer 1976, 156).

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Kai-Michael Hingst Frageweise läßt klar erkennen, daß er den pragmatistischen Wahrheitsbegriff als Ergebnis der Anwendung der pragmatischen Methode auf den Gegenstand Wahrheit versteht. James’ Antwort auf die gestellte Frage lautet nun: „Wahre Vorstellungen sind solche, die wir uns aneignen, geltend machen, erhärten und verifizieren können (assimilate, validate, corroborate and verify). Falsche Vorstellungen sind solche, mit denen wir das nicht können. Das ist der praktische Unterschied, den es für uns macht, wahre Vorstellungen zu haben […]“ (A 8). Das Verifikationsmodell ist die pragmatistische Antwort auf die Frage nach der Wahrheit. Welchen Unterschied macht es, ob eine Vorstellung wahr oder falsch ist? – genau den, daß sie sich verifizieren läßt oder nicht. Diese zukünftige Wirkung, durch Handlung zu ermitteln und in der Zuschreibung von Wahrheit antizipiert, ist der Begriffsinhalt der Wahrheit. Kriterium der Wahrheit und Definition der Wahrheit werden also von James mit voller Absicht identifiziert, so daß man ihm insofern nicht, wie Russell es tat (Russell 1966, 120 f.), eine Verwechslung vorwerfen kann. Diese Identifizierung folgt zwingend aus der pragmatischen Methode zur Bestimmung der Bedeutung von Begriffen. Aus pragmatistischer Sicht ist eine Dichotomie zwischen Definitionen und Kriterien inakzeptabel, weil es eine Grundannahme des Pragmatismus ist, daß Bedeutung durch den Bezug auf erfahrbare Konsequenzen angegeben wird (Haack 1976, 236). Dies kommt mustergültig in James’ Satz zum Ausdruck, daß es nirgendwo einen Unterschied geben kann, der nicht anderswo einen Unterschied macht (PM, 30). Im übrigen stellt James’ Antwort wie schon seine Frage den Menschen in den Mittelpunkt. James kann und will keine Erklärung von „Wahrheit“ geben, die nicht den Menschen als handelndes, d. h. praktisches Wesen miteinbezieht, weil Wahrheit für ihn nun einmal in Handlungsvollzüge eingelassen ist. Auch formal fällt auf, daß James nicht nach Art einer Definition sagt „Wahrheit ist …“, sondern die „Bedeutung der Wahrheit“ (A 8) durch die Angabe dessen bestimmt, was wir mit ihr tun können. Die Reihung der Verben ist dabei nicht beliebig, sondern artikuliert die schrittweise Genese von Wahrheit. Zur Eigenart der wahren Vorstellung, verifiziert werden zu können, führt James weiter aus, ihre Wahrheit sei ein Vorgang,

Zur Sechsten Vorlesung und zwar „der Vorgang, sich selbst zu verifizieren“, der Vorgang der Verifikation, und ihre Geltung der Vorgang des Sich-geltendMachens (A 9). Beide Begriffe erläutert er wiederum pragmatistisch. Sie stehen für „bestimmte praktische Folgen der verifizierten und geltend gemachten Vorstellung“ (A 10), für Folgen, die wir am besten – und das ist die Pointe – mit der Formel der „Übereinstimmung“ charakterisieren können. Denn diese Folgen als neue Teile unserer Erfahrung (in Thomas’ Terminologie: die res), zu denen uns unsere wahren Gedanken führen, stehen im Verhältnis der Übereinstimmung zu den ursprünglichen Teilen unserer Erfahrung (bei Thomas: der intellectus). Die Verifikation einer Vorstellung ist damit „diese Funktion der angenehmen Führung (agreeable leading)“ (A 10). James gelangt also durch Anwendung der pragmatischen Methode auf den Begriff „Wahrheit“ zu einem Ergebnis, das mit „Übereinstimmung“ treffend umschrieben werden kann. Er bildet dazu eine vierteilige Begriffskette: Wahrheit – Verifikation – Führung – Übereinstimmung (vgl. PM, 8), die in beide Richtungen durchlaufen werden kann. Was wahr ist, kann ich verifizieren; was ich verifizieren kann, führt mich; was mich führt, stimmt mit der Wirklichkeit überein – und umgekehrt. Die beiden Mittelbegriffe dieser Kette, „Verifikation“ und „Führung“, sind ersichtlich praktisch, d. h. handlungsbezogen. Auf diese Weise tritt der praktische Gehalt auch der hergebrachten Endbegriffe, „Wahrheit“ und „Übereinstimmung“, zutage.

7.2.3

Der praktische Wert der Wahrheit (A 11–A 13)

In der 2. Vorlesung hatte James dargelegt, daß die Wahrheit eine Art des Guten ist (PM, 42). Daran anknüpfend leitet er unsere Pflicht, die Wahrheit zu erstreben, nicht aus ihrem abstrakten Eigenwert, sondern aus ihrem funktionalen Wert für das Handeln her (A 11). So wie Theorien Instrumente sind (PM, 32), sind auch wahre Gedanken generell Instrumente, deren Besitz nicht Selbstzweck ist, sondern ein Mittel zur Befriedigung von Lebensbedürfnissen (A 11). Diese teleologische Auffassung der Wahrheit fügt sich nahtlos in James’ Version des Pragmatismus ein, dessen bestimmender Gesichtspunkt der zweck- oder interessegeleitete Charakter der menschlichen

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Kai-Michael Hingst Handlung und Erfahrung ist (Oehler 1994, XXII*), wie er schon in den psychologischen Arbeiten im Mittelpunkt steht: James versteht in dem Aufsatz Reflex Action and Theism (1881) den Geist als „einen wesentlich teleologischen Mechanismus“ (WB, 94), faßt in seinem psychologischen Hauptwerk The Principles of Psychology (1890) „Klassifikation und Begriffsbildung“ als „rein teleologische Waffen des Geistes“ auf (PP, 961) und deutet in Psychology: Briefer Course (1892) das „geistige Leben“ als „in erster Linie teleologisch“ (PBC, 11). Am Beispiel dessen, der sich im Wald verläuft, veranschaulicht James den Vorzug einer wahren Vorstellung über den Verlauf eines Weges gegenüber einer falschen.5 Doch auch unabhängig von konkreten Situationen lohnt es sich, einen Vorrat an zusätzlichen Wahrheiten anzulegen, die bei Bedarf je und je aktualisiert werden können (A 12). In diesem Zusammenhang fallen dann die Sätze über das Wechselverhältnis von Wahrheit und Nutzen, die James viel Kritik eingetragen haben: „Man kann dann von ihr (scil. solch einer zusätzlichen Wahrheit) entweder sagen: ‚Sie ist nützlich, weil sie wahr ist‘, oder: ‚Sie ist wahr, weil sie nützlich ist‘. Beide Sätze bedeuten genau dasselbe, nämlich daß hier ein Gedanke da ist, der verwirklicht und verifiziert werden kann. ‚Wahr‘ ist die Bezeichnung für jeden Gedanken, der den Verifikationsprozeß auslöst, und ‚nützlich‘ die Bezeichnung für seine in der Erfahrung vollendete Funktion“ (A 12). James setzt hier nicht pauschal Wahrheit und Nutzen gleich, sondern bezieht sich eben auf die schon gesammelten und etablierten Wahrheiten, die sich dann als nützlich erweisen, wenn wir sie aus unserem Wahrheitsvorrat hervorholen (Thayer 1975, XXXVI, Anm. 54). Keinesfalls behauptet James, alles, was wir nützlich finden, sei deshalb auch schon wahr. Als Bezugsrahmen jedes Nutzens einer Vorstellung ist immer die Erfahrungswelt in ihrem ganzen objektiven Schwergewicht mitzu-

5 Dieses Beispiel mag James von Dewey übernommen haben. In dem seinerzeit in Band 4 des Journal of Philosophy, Psychology, and Scientific Methods in Fortsetzungen erscheinenden Aufsatz The Control of Ideas by Facts (1907, Dewey 1977, 78– 90), auf dessen ersten Teil James im Vorwort zu Pragmatism verweist (PM, 5), illustriert Dewey – im zweiten Teil – am Beispiel eines Mannes, der sich im Wald verirrt hat, sein Verständnis von „Übereinstimmung“ als Handlungserfolg in Form einer Korrespondenz von Absicht und Erfüllung (Dewey 1977, 82–84).

Zur Sechsten Vorlesung denken. Nützlich – und wahr – ist eine Vorstellung nur dann, wenn sie die Probe der Erfahrung glücklich besteht und sich als verifizierbar erweist, d. h. die an sie gerichtete Erwartung, verifizierbar zu sein, erfüllt. Stockt dagegen der Verifikationsprozeß, so ist die Vorstellung weder nützlich noch wahr, so wünschenswert ihre Wahrheit auch gewesen wäre. In Hinblick auf ihren Wert bestimmt James die Wahrheit auch als „die Funktion des Hinführens, das sich lohnt“ (A 13). Denn so, wie der wahre Gedanke ursprünglich aus der Erfahrung gewonnen wurde, können wir später mit seiner Hilfe zielsicher wieder an unsere Erfahrung anknüpfen (vgl. A 13).

7.2.4 Bestandteile der „Wirklichkeit“ (A 14–A 24a) Als nächstes unternimmt es James, die einzelnen Bestandteile der Adäquationsformel zu analysieren. Als unproblematisch erscheint ihm das Relatum intellectus, hinsichtlich dessen er in Pragmatism zumeist von „idea“ (Vorstellung, Gedanke), gleichbedeutend (vgl. MT, 3) aber auch von „opinion“ (Meinung) (MT, 144 f., MEN, 228), „belief“ (Überzeugung) (MT, 118) und „statement“ (Aussage) (MT, 117, 118) spricht. Dagegen erweist sich das Korrelatum res als Platzhalter einer dreiteiligen Wirklichkeit. Ihre Bestandteile sind (1) einfache Tatsachen, (2) Beziehungen und – überraschend – (3) die schon vorhandenen Wahrheiten (A 24, A 19 f.; PM, 117–119). 1. Tatsachen (A 14 –A 19). Auf dem Boden des gesunden Menschenverstandes (A 19, A 15) widmet sich James den Tatsachen als erstem Bestandteil der Wirklichkeit (vgl. A 12). Wie er festhält, gehorcht die Wirklichkeit, die sich in unserer Erfahrung in Gestalt von Tatsachen niederschlägt, eigenen Gesetzen, die wir berücksichtigen müssen, wenn wir mit ihr übereinstimmen wollen. Wer dagegen die „Ordnung, der die Wirklichkeiten in seiner Erfahrung folgen“ (A 14), beharrlich ignoriert, wird in die Irre geführt werden. Wahrheit als Übereinstimmung mit Tatsachen begegnet nun in zwei Formen. (1) Zum einen gibt es direkte (A 16), vollständige Verifikationen als „Originale und Prototypen des Wahrheitsprozesses“ (A 15). (2) Zum anderen gibt es Ersatzformen, die James „indirekte“ Verifikation (A 16), „potentielle Verifikation“

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Kai-Michael Hingst (A 19), „eventuelle Verifikation“ (A 14) oder auch „Verifizierbarkeit“ (A 16) nennt. Indirekte Verifikationen sind äußerst wichtig, da sie im Alltag einen überwältigend großen Teil unserer Wahrheiten ausmachen. Solange sich z. B. das tickende Objekt an der Wand problemlos zur Zeiteinteilung gebrauchen läßt, haben wir keinen Anlaß daran zu zweifeln, daß es eine Wanduhr ist (A 16), die die Zeit korrekt anzeigt. Die Verifikation ist insofern indirekt, als sie durch das Ausbleiben eines Widerspruchs im Handlungsvollzug (A 16, A 26) und damit einer Widerlegung unserer Erwartung (A 18) erfolgt. Erst wenn etwas nicht gelingt, wenn ein Handlungsvollzug stockt, wird uns ein handlungsleitender Gedanke fragwürdig; oftmals wird er uns auch dann erst recht bewußt. Die Verifizierbarkeit steht, praktisch betrachtet, der Verifikation in nichts nach: „Verifizierbarkeit (verifiability) ist so gut wie Verifikation“ (A 16). Sie ist für die pragmatische Bestimmung der Wahrheit wesentlich und genaugenommen auch schon in James’ Antwort auf die Frage nach dem praktischen Unterschied wahrer Vorstellungen enthalten, bestimmt er diese doch als solche, die wir verifizieren können (A 8). Auch im Inhaltsverzeichnis zur 6. Vorlesung steht mit der Verifizierbarkeit das potentielle Moment, das Verifikationspotential von Wahrheit im Mittelpunkt, wenn es heißt, „Übereinstimmung mit der Wirklichkeit“ „bedeutet Verifizierbarkeit“, und diese – wiederum modal verstanden – „die Fähigkeit, uns erfolgreich durch die Erfahrung zu führen“ (PM, 8). Soweit James’ Auffassung der Wahrheit zwischen Verifikation und Verifizierbarkeit zu oszillieren scheint, artikuliert sich daran nur die Dialektik von Wirklichkeit und Möglichkeit des menschlichen Handelns. Wir haben im täglichen Leben mehrere gute Gründe (A 18), auf vollständige Verifikation zumeist zu verzichten (A 17 f.). (1) Zunächst einmal läßt sich, wie James betont, jede Wahrheit auf eine wirkliche Verifikation zurückführen (A 15, A 30), die wir auch, und sei es mit gewaltigem Aufwand, bei Bedarf reproduzieren können. Die Wahrheit lebt nun einmal vom Kredit: Wie einer Währung eine Goldreserve oder ein anderes Äquivalent entspricht, so verweisen die als verifizierbar akzeptierten Vorstellungen auf wirkliche Verifikationen, die irgendwann einmal von irgend jemandem durchgeführt worden sind (vgl. A 17). Wenn es an dieser Deckung fehlt, wird die Wahrheit entwertet,

Zur Sechsten Vorlesung bis unser ganzes „Wahrheitsgebäude“ (fabric of truths) (A 17) schließlich wie ein marodes Finanzsystem zusammenbricht. Solange aber Deckung für eine Vorstellung besteht, können wir ihrer Verifizierbarkeit Glauben schenken und uns ohne weitere Überprüfung auf sie verlassen, ja es wäre töricht, hier nach dem Motto: „Ich glaube nur, was ich sehe“ zu verfahren und grundlos, d. h. ohne vernünftigen Zweifel auf eine Überprüfung zu drängen. (2) Hinzu kommt der Faktor Zeit (A 18), der uns in den Dingen des Alltags ein Bestehen auf vollständige Verifikation schlichtweg unmöglich macht, weil wir unter Handlungsdruck stehen. Wer sich angesichts dessen mit Verifizierbarkeit nicht begnügt, wird handlungsunfähig. Augenfällig ist dies beim Kontrollzwang des Zwangskranken, der unter dem Eindruck ständigen Zweifels überprüfen muß, ob die Herdplatte ausgeschaltet, der Wasserhahn zugedreht, die Haustür verschlossen ist etc. (3) Wesentlich erleichtert wird uns der Verzicht auf vollständige Verifikation schließlich dadurch, daß die Dinge in Gattungen vorkommen (vgl. PM, 69). Das gestattet es uns regelmäßig, die Verifikation bei Bedarf stichprobenhaft vorzunehmen und das Ergebnis auf alle Exemplare der Gattung zu übertragen (A 18). 2. Beziehungen zwischen Gedanken (A 20–A 23). Als nächsten Bestandteil der Wirklichkeit faßt James abstrakte (A 21) „Beziehungen zwischen rein geistigen Vorstellungen“ ins Auge (A 20), mit anderen Worten: „abstrakte Arten von Dingen und Beziehungen zwischen ihnen“ (A 24), abstrakte Wirklichkeiten (A 22), geistige Objekte (A 20). Er unterscheidet insoweit zwei Unterarten, nämlich veränderliche Beziehungen wie die von Raum und Zeit und unveränderliche Beziehungen, auf die er sich – als für die Erkenntnistheorie wichtiger – konzentriert (PM, 118). Diesbezügliche Wahrheiten haben den Charakter von Definitionen oder Prinzipien. Dazu zählt James z. B. mathematische Wahrheiten (näher dazu MT, 51–53) wie Zahlenverhältnisse (wie 1 + 1 = 2) und das Kausalprinzip. Von ihnen gilt: „Einmal wahr, immer wahr“, die Wahrheit hat hier „einen ‚ewigen‘ Charakter“ (A 20).6 Auch in diesem Bereich fungiert die Wahr-

6 Näheren Aufschluß über James’ Auffassung von Logik und Mathematik gibt das 23. und letzte Kapitel von The Principles of Psychology (1890), „Necessary Truths and Effects of Experience“ (PP, 1215–1280, insbes. 1237, 1241, 1242–1253).

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Kai-Michael Hingst heit als Führerin. Korrekte Subsumtion unter Definitionen und Prinzipien führt uns zum richtigen Ergebnis, und nicht anders als im tatsächlichen Bereich wird Willkür durch falsche Ergebnisse bestraft (A 21). Für die abstrakte Wirklichkeit gelten die gleichen Bildungsgesetze der Wahrheit wie für die konkrete Wirklichkeit (A 22). 3. Andere Wahrheiten (A 24a). Weiß sich James soweit mit den Intellektualisten einig (A 23), kann es befremden, wenn er als dritte Art von Wirklichkeit – neben den bereits erörterten Tatsachen und den Abstrakta – die Gesamtheit der schon in unserem Besitz befindlichen Wahrheiten einführt (A 24a [Satz 1 f.]), in denen die Ergebnisse unseres bisherigen Umgangs mit der Wirklichkeit thesauriert sind (PM, 119). Jedoch sieht James unsere etablierten Wahrheiten in gewissem Umfang als eine von der übrigen Wirklichkeit „unabhängige Variable“ an, mit der diese übrige Wirklichkeit zusammenpassen muß (MT, 102 f.). Die Wirklichkeit als Ganzes wäre unvollständig erfaßt, wenn man sie außer Betracht ließe (MT, 103). Insoweit wird der Begriff der Konsistenz wichtig: Wir haben ein tiefes Interesse an Konsistenz (MT, 113), finden „Konsistenz zwischen der gegenwärtigen Vorstellung und dem gesamten Rest unseres geistigen Rüstzeugs, einschließlich […] unseres ganzen Vorrats an zuvor erworbenen Wahrheiten“ befriedigend (MT, 105, vgl. ERE, 135). Für James ist Wahrheit, wie schon in der 2. Vorlesung dargelegt (PM, 34–37), das Ergebnis eines ununterbrochenen Prozesses der Abgleichung mit dem Insgesamt vorfindlicher Gedanken. Da auch ihnen angeglichen (adäquat) sein muß, was als wahr soll gelten können, ist es nicht abwegig, unsere schon vorhandenen Wahrheiten ebenfalls als Bestandteil der Wirklichkeit anzusehen.

7.2.5 „Übereinstimmung“ (A 24b–A 31) James hat nunmehr das Korrelat „Wirklichkeit“ aus der Korrespondenzformel in seinen drei Bestandteilen untersucht. Jetzt wechselt er die Perspektive und fragt, was es heißen kann, daß ein Gedanke mit dieser dreiteiligen Wirklichkeit übereinstimmt (A 24b [Satz 3]).

Zur Sechsten Vorlesung 1. Übereinstimmung als Führung (A 25 f.). Bei ausdrücklicher Ablehnung der Abbildtheorie (A 25) definiert James Übereinstimmung wie folgt: „Im weitesten Sinne mit einer Wirklichkeit ‚übereinstimmen‘ kann nur heißen, entweder geradewegs zu ihr oder in ihre Umgebung hingeführt zu werden oder in eine solche wirksame Berührung (working touch) mit ihr gebracht zu werden, daß wir entweder sie oder etwas, das mit ihr verbunden ist, besser handhaben, als wenn wir nicht mit ihr übereinstimmten“ (A 26; vgl. MT, 4). Dazu sei dreierlei angemerkt: (1) Es fällt kaum auf, daß James hier das Relatum „Vorstellung“ stillschweigend durch denjenigen ersetzt, der diese Vorstellung hat („wir“). Der Bezugspunkt der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit verschiebt sich dadurch von der Überzeugung auf den Überzeugten (Suckiel 1982, 100). Einige Zeilen weiter im gleichen Absatz ist es dann wieder die Vorstellung, die übereinstimmt (A 26). Für James besagen beide Bezugsweisen der Übereinstimmung das gleiche, weil eine Vorstellung genau insoweit mit der Wirklichkeit übereinstimmt, als sie denjenigen, der sie hat, in gelungener Weise führt. Insofern ist Adäquation nichts anderes als gelungene Adaption: Indem wir wahre Vorstellungen ausbilden, passen wir uns der Wirklichkeit an (vgl. A 26). In diesem Sinne spricht James auch von der „adaptiven Beziehung, die Wahrheit genannt wird“ (MT, 130). (2) Es ist die bessere Handhabe der Wirklichkeit, durch die James die Wahrheit qua Übereinstimmung ausgezeichnet sieht, nicht die optimale Handhabe. Dies deutet auf ein graduelles Moment im Wahrheitsbegriff hin, welches sich in unserer Erfahrung widerspiegelt, daß wir uns häufig förmlich „an die Wahrheit herantasten“. Gerade weil uns ein vorgegebenes Vergleichsmuster der maximal wahren Vorstellung fehlt, wir über einen Wahrheitskandidaten vielmehr nur im Wettbewerb mit anderen Wahrheitskandidaten befinden können, wäre auch ein anderer als ein Relativbegriff wie „besser“ zur Angabe der Führungsqualität der Wahrheit ungeeignet. (3) Abbildung ist bloß ein Unterfall der recht verstandenen Übereinstimmung, aber kein wesentlicher Fall. „Das Wesentliche ist vielmehr der Vorgang des Geführtwerdens“ (A 26). 2. Wahrheit von Namen (A 27 f.). An James’ Gedanken zur „Wahrheit“ von Namen (A 27 f.) ist bemerkenswert, daß er ihren Gebrauch in den „sozialen Verkehr“ eingebettet sieht (A 28). Dies ist eine der nicht allzu häufigen Passagen (vgl. MT,

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Kai-Michael Hingst 144 f.), in denen bei James einmal die soziale Dimension der Wahrheit aufscheint (vgl. Hallberg 1997, 218–222), während er sich sonst – im Unterschied zu Peirce – auf den individuellen Bezug und Nutzen der Wahrheit konzentriert. Trotz hellsichtiger Sätze wie: „Die Gemeinschaft stagniert ohne den Impuls des Individuums. Der Impuls erstirbt ohne das Mitgefühl der Gemeinschaft“ (WB, 174), die als Inschrift die William James Hall der Harvard University zieren, hat James dem Gefälle, das unter den hier und jetzt behaupteten Wahrheiten, den Wahrheiten hic et nunc der einzelnen Individuen einer Gemeinschaft besteht, systematisch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Diese individualistische Tendenz bei James geht weit. Als er in einer Diskussion einmal gefragt wurde, ob die Hypothese, daß die Erde stillstehe und die Sonne sich um sie drehe, wahr sei, wenn sie jemanden völlig befriedige, antwortete er nonchalant: „Sicher – sie ist für ihn wahr. […] Wahrheit ist nicht für uns alle die gleiche“, wenn er auch hinzusetzte: „Wir können nur vergleichen und diskutieren […]“ (ML, 431), wobei wir durch die Sprachgebundenheit der Wahrheit (A 28) gehalten sind, „Konsistenz mit der Sprache“ zu suchen (PM, 8), d. h. den Sprachgebrauch zu beachten.7 3. Wahrheit von Vergangenem (A 29). In vielen Fällen ist eine direkte Verifikation nicht bloß verzichtbar, sondern faktisch ganz unmöglich. Das betrifft insbesondere unsere Ansichten von historischen Ereignissen, die wir, selbst wenn wir wollten, mangels Zeitmaschine nicht anschaulich verifizieren könnten, sondern nur indirekt in ihren gegenwärtig fortdauernden Wirkungen verifizieren können (A 29). In dem Aufsatz The Existence of Julius Caesar (MT, 120–122) hat James diesen Punkt, in dem sein Antipode Royce ein schwerwiegendes Problem der pragmatistischen Auffassung sah (Perry 1935, II 736), beispielhaft erläutert. Mit dem verzwickten Sonderfall solcher historischer Ereignisse, die uns noch ganz unbekannt sind und von denen wir vielleicht nie erfahren werden, hat er sich in dem lesens-

7 Den nämlichen Gedanken formuliert Nietzsche im ersten Abschnitt von Ueber Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne (1873) so: „Innerhalb dieses Würfelspiels der Begriffe heisst aber ‚Wahrheit‘ – jeden Würfel so zu gebrauchen, wie er bezeichnet ist […]“.

Zur Sechsten Vorlesung werten fingierten Gespräch A Dialogue (MT, 154–159) zwischen einem Pragmatisten und einem „Anti-Pragmatisten“ befaßt. 4. Zusammenfassung (A 30–A 32). Übereinstimmung ist ihrem Wesen nach ein Akt des (nützlichen) Führens, d. h. sie geht in dieser Führung völlig auf, sie ist nichts anderes als diese Führung. Mittels einer Vorstellung, die uns führt, gelangen wir zu Dingen (z. B. einer Ortschaft) ebenso wie zum rechten Verständnis von Begriffen (A 30). Ersichtlich ist James’ Wahrheitsbegriff werthaltig: Positiven Werten wie Konsistenz, Stabilität und flüssigem menschlichen Verkehr stehen negative Werte wie Exzentrizität, Vereinzelung und Unfruchtbarkeit des Denkens gegenüber (A 30). Die Bezugsquelle der hier zugrunde liegenden Wertungen ist unausgesprochen der Common sense. Ganz ähnlich hält sich James in dem Kapitel „The Value of Saintliness“ seines religionspychologischen Hauptwerks The Varieties of Religious Experience (1902, VRE, 262–300) an den Common sense als Beurteilungsmaßstab für den Wert der Heiligkeit. Der Leitbegriff für James’ Auffassung von „Übereinstimmung“ ist die Praxis (A 31). Nur so können auch wissenschaftliche Theorien (A 31 f.) als mit der Wirklichkeit übereinstimmend verstanden werden, während etwa die Abbildtheorie für Konzepte wie Elektronen oder Energie nicht taugt (A 31). Die Gesichtspunkte der Willkürfreiheit, Führung, Verifizierbarkeit und Vereinbarkeit mit hergebrachten Überzeugungen gelten dann für wissenschaftliche Überzeugungen ebenso wie für solche des gesunden Menschenverstandes (A 32). Im Falle gleich gut führender Theorien können zusätzliche Gesichtspunkte wie die Eleganz, die lex parsimoniae (das Gesetz der Sparsamkeit) und der wissenschaftliche Geschmack den Ausschlag geben (A 32, vgl. PM, 35). In einer Zwischenbilanz zu James’ pragmatistischer Deutung der Korrespondenztheorie kann dreierlei festgehalten werden: (1) James pragmatisiert die Adäquationsformel. Sein Anliegen ist es, in diese Formel die Anwendungsbedingungen zu reintegrieren, unter denen jedes einzelne Wahrheitsurteil immer schon steht. Er ergänzt die Wahrheit um den Kontext des menschlichen Denkens und Handelns. „Wo kein Kontext […], was würde Erkennen da bedeuten? Es gäbe einfach zwei Tatsachen, wie zwei Eier“ (ML, 360). Erst „der verifizierende Kontext […] verbindet die Vorstellung mit der Wirklichkeit sowohl

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Kai-Michael Hingst objektiv als auch subjektiv“ (MEN, 240 f.). Mit „dem ganzen Hokuspokus von Erkenntnistheorie“ (MT, 81), die sich in leeren Abstraktionen verliert, weiß James nichts anzufangen. Erst in einer konkreten Lebenssituation kann sich die Relation, die Wahrheit ist, einstellen. (2) Die Annahme einer existenten, vom Menschen unabhängigen Wirklichkeit sieht James als grundlegend für seine pragmatistische Definition der Wahrheit an (MT, 117, 128). Seine Wahrheitstheorie ist daher, will man sie denn systematisch einordnen, entgegen z. B. Ayers Auffassung nicht „anti-realistisch“ (Ayer 1978, XXII–XXX, hier XXX), sondern vielmehr „realistisch“, d. h. wirklich eine Spielart der traditionellen Korrespondenztheorie der Wahrheit (Ford 1982, 58– 74). Dies sollte schon wegen James’ wiederholter Anknüpfung an die Korrespondenztheorie, die er gerade nicht verwirft, sondern neu deutet, nicht zweifelhaft sein, zumal er sich selbst ausdrücklich als „epistemologischer Realist“ versteht (MT, 106). Gleichwohl lebt die Kritik am Jamesschen Wahrheitsbegriff vielfach davon, diese Beteuerung einfach zu überhören. James fühlte sich dementsprechend unverstanden: „[…] ich habe immer beabsichtigt (wenn ich wahrscheinlich auch sprachliche Ausrutscher begangen habe), realistisch zu sein, und ein Idealist genannt zu werden […] läßt mich mir komisch vorkommen“ (Perry 1935, II 550). (3) James war kein Logiker und hat sich nicht darum bemüht, den pragmatistischen Wahrheitsbegriff zu kalkülisieren und logisch unanfechtbar zu machen. Es ist keine Frage, daß man ihm bei geschickter Handhabung des Sezierbestecks, das die moderne Logik bereithält, leicht einige Unstimmigkeiten wird nachweisen können. Die diversen Bestimmungen von Wahrheit, als strikte Definitionen aufgefaßt, böten hierfür ein ergiebiges Corpus. Im Kern bliebe James’ Wahrheitsauffassung davon unberührt, versucht er doch gerade, Wahrheit im bunten und nicht immer logischen Leben zu relozieren.

7.3 Zurückweisung rationalistischer Einwände (A 33–A 52a) James’ Auseinandersetzung mit rationalistischen Kritikern (A 33) im zweiten Abschnitt der 6. Vorlesung beginnt mit einer Analyse des rationalistischen Denkmusters (A 34–A 43). Sodann er-

Zur Sechsten Vorlesung läutert er den pragmatistischen Sinn von absoluter Wahrheit (A 44 –A 46) und kennzeichnet am Verhältnis von Wahrheit und Wirklichkeit den Unterschied des pragmatistischen zum rationalistischen Denken (A 47–A 52a).

7.3.1

Das rationalistische Denkmuster (A 34–A 43)

Eingangs rekapituliert James die pragmatistische Position (A 34): „Die Wahrheit“ wird in eine Vielzahl einzelner Wahrheiten aufgelöst. „Wahrheit“, pragmatistisch verstanden, steht als kollektiver Singular für die vielen Wahrheiten im Plural (vgl. PM, 116, MEN, 244). „Wahrheit“ ist in Wahrheit nur „eine Sammelbezeichnung für Verifikationsprozesse“ (vgl. MT, 109), für die vielen einzelnen Wahrheiten (Oehler 1994, XXIV*). Wahrheit wird nicht vorgefunden, sondern, so James provokativ, „erzeugt […] im Laufe der Erfahrung“ („Truth is made“) (A 34). Nach dieser Introduktion antizipiert James treffsicher die rationalistische Gegenposition (A 35 f.): (1) Wahrheit werde nicht erzeugt (A 36), sondern sei schon da und von Verifikation durch irgend jemanden ganz unabhängig (A 37). (2) Der Pragmatist verkenne, daß Verifikationsprozesse die Wahrheit nur anzeigen und uns helfen, die schon gegebene Wahrheit unserer Gedanken aufzufinden, nicht aber ihrerseits die Wahrheit hervorbringen (A 36). (3) Diese sei vielmehr zeitlos und (4) dürfe nicht in pragmatische Konsequenzen weganalysiert werden (A 36). Die darauf folgende pragmatistische Erwiderung (A 37–A 43) besagt in der Sache, daß all diese Bedenken schon berücksichtigt sind. Die von den Kritikern angemahnte Wahrheit ante rem ist nämlich nichts anderes als Verifizierbarkeit (A 37), die in unserer Welt regelmäßig für Wahrheit einstehen kann, weil Dinge in Gattungen vorkommen (A 37, vgl. A 18, A 20). Den Fehlgriff, eine weitergehende, gleichsam ontische Qualität der Wahrheit anzunehmen, führt James auf das rationalistische Denkmuster zurück, Namen von Phänomenen der Erfahrung zu reifizieren (A 37, PM, 126). Er gibt dafür eine Reihe von Beispielen (A 37– A 40, A 34), in denen der rationalistische Schluß wachsende Plausibilität gewinnt, aber gleichwohl in allen Fällen ein Fehl-

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Kai-Michael Hingst schluß bleibt. Im Fall des Reichtums (A 37 f.), den James an Hand eines Lessing-Gedichts8 erörtert (A 37), sind Begriff und Tatsachen scheinbar verschieden (A 37). Hänschen Schlau versteht die Sache so, als ob die Eigenschaft des Reichtums (A 38) und die Tatsache, Geld zu haben, voneinander unabhängig seien. Der Begriff hat sich verselbständigt und von seiner Tatsachenbasis so weit abgelöst, daß ihre Beziehung in Vergessenheit geraten ist und ihr Zusammentreffen nur noch zufällig erscheint (A 37). Auch im Fall der Gesundheit (A 39) scheint ebenso wie im Fall der Körperkraft (A 40) aus dem Oberbegriff auf einzelne seiner Komponenten geschlossen werden zu können. In unbeholfener Weise artikulieren diesen Gedanken die Gesprächspartner des Sokrates in Platons frühen Dialogen über das Wesen der Tapferkeit, Gerechtigkeit, Frömmigkeit etc., wenn sie beispielhaft Vorkommnisse oder Verhaltensweisen aufzählen, obwohl Sokrates auf die Frage „ti esti …?“ (Was ist …?) von ihnen eine Begriffsklärung hören will. Während Sokrates dieses Antwortverhalten als Verwechslung von Idee und Abbild, von Wirklichkeit und Schein wertet, könnte James es als laienhaften Ausdruck der richtigen Intuition gelten lassen, daß sich Eigenschaften erst in konkreten Situationen zeigen und der pragmatistische „Barwert“ eines Begriffs auch gar nicht anders als konkret eingelöst werden kann. Nicht anders als mit Reichtum, Gesundheit und Körperkraft verhält es sich nun mit Wahrheit (A 41–A 43).9 Nicht mehr oder weniger als diese Qualitäten existiert auch Wahrheit als Disposition unserer Überzeugungen ante rem (A 42). James setzt hier eine Denkfigur ein, die mit den korrespondierenden Begriffen dynamis (Potentialität, Vermögen) und energeia (Aktualität, Verwirklichung) schon bei Aristoteles (Metaphysik 1017a 35–b 9,

8 James zitiert Lessing ohne Inhaltsänderung frei. Im Original lautet das Gedicht: „Es ist doch sonderbar bestellt“, / Sprach Hänschen Schlau zu Vetter Fritzen, / „Daß nur die Reichen in der Welt / Das meiste Geld besitzen“ (Lessing, Sinngedichte [1771], Nr. 65). – Den Gewährsmann für das Gedicht, den österreichischen Physiker und Philosophen Ernst Mach (1838–1916), erwähnt James mehrfach als Vertreter pragmatistischen Gedankenguts (vgl. PM, 34, 93, MT, 44, SPP, 51 Anm.). 9 James’ Beobachtung ist nicht auf die im Englischen auf -th endenden Wörter beschränkt (wealth, health, strength, truth [A 42], dazu noch stealth), sondern gilt prinzipiell auch für Charaktereigenschaften.

Zur Sechsten Vorlesung 1048a 30–1051a 33) und in seiner Folge in der Scholastik begegnet. Das Wechselverhältnis von Verifizierbarkeit und Verifikation als Wahrheit findet darin eine Parallele: Eine Vorstellung ist, um mit Aristoteles zu sprechen, der Möglichkeit nach (dynamei) wahr, wenn sie verifizierbar ist, und der Wirklichkeit nach (energeia) wahr, wenn sie verifiziert ist. Der Übergang von Verifizierbarkeit (Potentialität) zu Verifikation (Aktualität) läßt sich auf den aristotelischen Begriff der entelecheia (Aktualisierung) bringen, dem bei James wie bei Aristoteles eine Doppeldeutigkeit als Prozeß (Wahrheit als „Verifikationsprozeß“ [A 41, A 34, vgl. A 12]) und als Resultat dieses Prozesses (verifizierte Wahrheit) eignet. Vor diesem Hintergrund verliert die Formulierung, Wahrheit werde erzeugt (A 34), zwanglos ihre Anstößigkeit. James resümiert seine Überlegungen mit dem Satz: „‚Das Wahre‘ […] ist nur das Zweckdienliche auf dem Gebiet unseres Denkens […]“ (A 43). „Zweckdienlich“ ist dabei in fast jeder Art und auf lange Sicht (in the long run) gemeint (A 43), womit James zum absoluten Wahrheitsbegriff überleitet.

7.3.2

Absolute Wahrheit, pragmatistisch verstanden (A 44–A 46)

1. Der Begriff der absoluten Wahrheit (A 44 f.). Neben der bisher erörterten Form der Wahrheit kennt James eine zweite, „absolute“ Form von Wahrheit: „Das ‚absolut‘ Wahre, welches dasjenige bedeutet, was keine weitere Erfahrung jemals ändern wird, ist dieser ideale Fluchtpunkt, gegen den, wie wir annehmen, alle unsere heutigen Wahrheiten eines Tages konvergieren werden“ (A 44). Indem James die absolute Wahrheit als „regulativen Begriff einer potentiell besseren Wahrheit“ begreift, „die später festgestellt werden soll“ (A 46), bezieht er sich implizit auf Kant. Unter einem regulativen Prinzip der Vernunft versteht Kant in der Kritik der reinen Vernunft einen „Grundsatz der größtmöglichen Fortsetzung und Erweiterung der Erfahrung“ (KrV, B 537), der selbst zur Erkenntnis nichts beiträgt, aber als Regel die „Verknüpfung der Welt nach Prinzipien einer systematischen Einheit“ (KrV, B 714) postuliert. Entsprechend ihrem regulativen Status postuliert James die absolute Wahrheit als den

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Kai-Michael Hingst Konvergenzpunkt, dem sich langfristig der gesamte Meinungsbestand des Menschen annähern wird (MT, 143 f.). Allerdings ist James’ Konzept der absoluten Wahrheit nicht aus einem Guß. Wenn er in Pragmatism schreibt, jene Wahrheit solle „eines Tages möglicherweise absolut festgestellt werden“ (A 46), dann klingt das bedenklich nach einer realistischen Umwertung des doch nur regulativen Wahrheitsgrenzwertes, so als ob es möglich sein könnte, die Suche nach Wahrheit irgendwann tatsächlich abzubrechen. Und andernorts will er die Annahme eines letzten Konsenses nicht als „Postulat im strikten Sinne“, sondern als Ergebnis eines induktiven Schlusses aus der Vergangenheit verstehen (MT, 144), oder er hält eine stufenweise Annäherung an die „schließliche Fülle der Wahrheit“ (VRE, 339) für möglich. Nur mit diesen Einschränkungen ähnelt James’ Begriff der absoluten Wahrheit dem Wahrheitsbegriff von Peirce: „Die Meinung, der nach schicksalhafter Bestimmung jeder letztlich zustimmen muß, der forscht (The opinion which is fated to be ultimately agreed to by all who investigate), ist das, was wir unter Wahrheit verstehen […]“ (Peirce 1985, 87/89; CP, 5.407). Fest steht für James: Die Wahrheit wandelt sich. Die Wahrheit hic et nunc kann sich als Irrtum herausstellen, und in früheren Zeiten als wahr geltende Gedanken wie z. B. das ptolemäische Weltbild sind nur relativ auf ihre Zeit wahr, absolut aber falsch (A 44). James hält jedoch terminologisch daran fest, daß heute als wahr erkannte Gedanken auch schon früher wahr waren, wofür er einen „dänischen Denker“, nämlich Søren Kierkegaard (1813– 1855), zitiert: „Wir leben vorwärts, aber wir verstehen rückwärts“ (A 45; vgl. ERE, 65 Anm., 121).10 Was James hier (unvollkommen) zum Ausdruck bringt, ist im wesentlichen, daß sich mit dem Fortschritt der Wissenschaften die Meinungen darüber, was wahr ist, ändern (vgl. Scheffler 1976, 114 f.). 2. Das Verhältnis von absoluter Wahrheit und Wahrheiten hic et nunc (A 46). In welchem logischen Verhältnis stehen die ab-

10 James bezieht sich vermutlich auf eine Tagebuchaufzeichnung Kierkegaards (PM, 169, note 107.15) von 1842/44, die in deutscher Übersetzung so lautet: „Es ist völlig wahr, was die Philosophie sagt, daß das Leben rücklings verstanden werden müsse. Aber darüber vergißt man den anderen Satz, daß es vorlings gelebt werden muß.“ (Kierkegaard 1962, 318)

Zur Sechsten Vorlesung solute Wahrheit und die Wahrheiten hic et nunc? Weder fallen beide Formen von Wahrheit zusammen, noch sieht James die absolute Wahrheit als die „eigentliche“ Wahrheit an. Demgegenüber entnimmt Putnam der Passage, in dem James die rückwirkenden Urteile für wahr erklärt (A 44), daß James „wahr“ ganz offen mit „absolut wahr“ gleichsetze, während er die „Halbwahrheiten“ (half-truths) (A 46) als nur „relativ wahr“ (A 44) (ab)qualifiziere (Putnam 1997, 181). Diese Lesart scheint auf die Ansicht hinauszulaufen, James habe die Wahrheiten hic et nunc gegenüber der (absoluten) Wahrheit als zweitrangig betrachtet. Dagegen spricht schon, daß im weit überwiegenden Teil von Pragmatism James’ Augenmerk gerade jenen „relativen“, kontextgebundenen Wahrheiten hic et nunc gilt (Hingst 1998a, 159), ohne daß er diese in irgendeiner Hinsicht abzuwerten scheint. Im Gegenteil sind es trotz ihres immer vorläufigen Status gerade diese Wahrheiten, die über unser Wohl und Wehe entscheiden, und genau aus diesem Grund hält James sie für viel wichtiger als die vergleichsweise blasse Idealwahrheit: „[…] was nützt es, über letzte Wahrheit zu sprechen? Sie ist solch ein rein abstraktes Ideal, daß sie nur als Fluchtpunkt dient. Die einzigen Wahrheiten, mit denen die Menschen jemals praktisch zu tun haben, sind solche Wahrheiten, an die sie zu einem gegebenen Zeitpunkt einzeln glauben“ (ML, 433 f.). Und: „Ihre letzte Wahrheit hilft Ihnen kein bißchen“ (ML, 435). Wenn James die absolute Wahrheit vernachlässigt hat, dann aus Begeisterung für die Lebensrelevanz der einzelnen Wahrheiten, „die uns angehen“ (ML, 434). Daneben steht fest, daß auch James’ absolute Wahrheit ein pragmatistisch gebildeter Begriff ist (A 46). Eine Bemerkung von James in einer Seminardiskussion macht das vollends klar: „Unglücklicherweise wird ‚Wahrheit‘ bald für die zeitweiligen Überzeugungen der Menschen und bald für ein rein abstraktes Ding gebraucht, das vielleicht niemand je besitzen wird. Die pragmatistische Definition der Wahrheit gilt für beides“ (ML, 433; vgl. MT, 100). Die pragmatistisch erfragten denkbaren praktischen Wirkungen der abstrakten, absoluten Wahrheit bestehen eben darin, daß ihr in the long run alle zustimmen würden, während sich die vielen Wahrheiten hic et nunc im Fluß der Erfahrung und im Lauf der Zeit ändern. Mit Hilfe der neutralen Unterscheidung von „kurzfristiger Wahrheit“ (short-run truth) und

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Kai-Michael Hingst „langfristiger Wahrheit“ (long-run truth) lassen sich insoweit scheinbar unvereinbare Passagen in James’ Texten in Einklang bringen (Haack 1984, 271–273; Haack 1976, 234 f.).

7.3.3 Wahrheit und Wirklichkeit (A 47–A 52a) „Wahrheit wächst“ (PM, 8). Da Wahrheit im Wege der Adäquation auf Wirklichkeit bezogen ist, muß sie sich verändern, wenn sich die Wirklichkeit verändert (A 47), und genau das ist der Fall (A 47–A 49). Denn von den drei Teilen der Wirklichkeit (vgl. oben 7.2.4) sind jedenfalls zwei nicht stabil. Die Tatsachen als Wirklichkeitsbestandteil bestimmen unsere Überzeugungen und dadurch unsere Handlungen, so daß neue Tatsachen entstehen und in ihrem Gefolge neue Überzeugungen, und dies ad infinitum (A 48). Und die (jeweils) vorhandenen Wahrheiten als weiterer Wirklichkeitsbestandteil in der Adäquationsbeziehung unterliegen gleichfalls der Veränderung. Zwei Jahre später wird James in A Pluralistic Universe (1909) – getreu seiner Lehre von der reinen Erfahrung und im Anschluß an den französischen Philosophen Henri Bergson (1859–1941) – Erfahrung und Wirklichkeit als Strom (flux) (PU, 101–124) charakterisieren und festhalten, daß uns außer der „fließenden Art von Wirklichkeit, in der wir endliche Wesen schwimmen“, keine andere gegeben ist (PU, 97). Damit liegt der Unterschied des Pragmatismus zum Rationalismus (A 50–A 52a) auf der Hand: Nicht nur unsere Kenntnis von Wahrheit und Wirklichkeit, sondern Wahrheit und Wirklichkeit selbst sind im steten Wandel begriffen (A 50). Da sich die Wirklichkeit permanent wandelt und die Wahrheit eine Relation unserer Gedanken zur Wirklichkeit ist, wandelt sich zwingend auch die Wahrheit permanent. Die Wahrheit wird förmlich in den Sog der Wirklichkeit hineingezogen, von dem das rationalistische Denken sie gerade fernhalten will. Letzteres ist im übrigen keine Attrappe, die James, wie man mutmaßen könnte, aufgebaut hätte, um einen leichten Gegner zu haben. Einwände aus dem Geist dessen, was James Rationalismus nennt, wurden vielmehr schon kurz nach Erscheinen von Pragmatism erhoben und sind bis heute nicht verstummt: „[…] ich verändere die Welt nicht dadurch, daß ich sie erkenne. Die

Zur Sechsten Vorlesung Relativität des Erkennens fällt nicht mit der Relativität des Erkannten zusammen“ (Switalski 1910, 54, vgl. 49, 51). Also: Das Erkannte, nämlich die Welt, bleibe sich gleich, unabhängig davon, was ich von ihr erkenne. Oder mit anderen Worten: „Was sich im Fall einer Revision unseres Systems von Überzeugungen verändert, sind unsere Ansichten darüber, welche Überzeugungen wahr sind und welche nicht. […] Die Wahrheit selbst hingegen verändert sich nicht“ (Schantz 1998, 478). James verwechsle also Wahrheit einerseits und Verifikation, Bewährung oder Rechtfertigung andererseits (Schantz 1998, 478). Dieser Auffassung, nur unsere Überzeugungen seien dynamisch, die Wahrheit selbst aber statisch und unveränderlich, hält James entgegen, daß Wahrheit als Übereinstimmung eines Gedankens mit der Wirklichkeit, mathematisch ausgedrückt, eine Funktion der Wirklichkeit ist (vgl. auch A 48) und sich die Wirklichkeit ihrerseits ändert. Freilich ist die Wirklichkeit zu bestimmten Zeiträumen zu einem Teil stabil und unveränderlich, wobei die Länge der Zeiträume je nach Wirklichkeitsbereich variiert: Das Universum z. B. gibt es schon seit einigen Milliarden Jahren, eine Eintagsfliege hingegen gibt es höchstens einen Tag lang. Die Details der Problematik, wie im Hinblick – und insbesondere im Rück- und im Vorblick – auf eine sich verändernde Wirklichkeit Wahrheit zu konzipieren ist, ließen sich exakt nur mit Hilfe einer ausgearbeiteten Temporallogik (Zeitlogik) klären, die den Faktor „Zeit“ formallogisch systematisiert. Ungeachtet dessen behält James darin recht, daß sich mit der Wirklichkeit nicht nur unsere Überzeugungen, sondern auch die Wahrheit selbst verändert. Welche lebensbedeutsamen Folgen sich aus der zukunftsgerichteten pragmatistischen Perspektive (A 51) insbesondere im religiösen Bereich ergeben, wird James in der 8. Vorlesung über „Pragmatismus und Religion“ zeigen (A 52a [Satz 1]).

7.3.4

Mißverständnisse und Einwände gegen James’ Wahrheitsbegriff

Die Kritik an James’ Version des Pragmatismus hat sich ganz wesentlich am pragmatistischen Wahrheitsbegriff entzündet. Da ein sachlicher Einwand voraussetzt, daß eine Position zuvor im

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Kai-Michael Hingst Kern richtig verstanden wird, lassen sich bloße Mißverständnisse und wirkliche Einwände voneinander abheben. 1. Mißverständnisse. In dem Aufsatz The Pragmatist Account of Truth and its Misunderstanders (1908, MT, 99–116) hat James acht Mißverständnisse aufgeführt und zu beseitigen versucht: (1) Der Pragmatismus sei lediglich eine Neuausgabe des Positivismus (MT, 100). James erwidert, die pragmatistische Fragestellung gehe dem Positivismus voraus, da sie auf die ideale Bedeutung von Wahrheit ziele und nicht positivistisch davon ausgehe, was Wahrheit sei, wisse ohnehin jeder (MT, 100). (2) Der Pragmatismus sei in erster Linie ein Aufruf zum Handeln (MT, 101). James verweist dagegen auf das epistemologische Gebäude des Pragmatismus, aus dem erst sich das Fenster zum Handeln öffnen kann (MT, 102). (3) Die Pragmatisten schnitten sich durch das Gewicht, das sie auf befriedigende Wirkungen legen, selbst das Recht ab, an äußere Realitäten zu glauben (MT, 102). James hält entgegen, nur eine wirkliche Überzeugung von der Existenz äußerer Realitäten könne doch überhaupt befriedigend wirken (MT, 103). (4) Kein Pragmatist könne eine realistische Epistemologie haben (MT, 104). James erinnert an die Unterscheidung von Wirklichkeit, die nicht wahr ist, sondern einfach nur ist, einerseits und Überzeugungen, die von der Wirklichkeit wahr sind, andererseits (MT, 106, vgl. A 48). (5) Was die Pragmatisten sagten, stehe im Widerspruch damit, daß sie es sagen (MT, 107). Diesen Einwand des Selbstwiderspruchs, einen Standardeinwand gegen jeden Skeptizismus, pariert James quasi-pyrrhonistisch mit dem Hinweis, der pragmatistische Wahrheitsbegriff sei „von meinem Standpunkt aus bis jetzt“ (MT, 55) für den Pragmatisten „äußerst befriedigend“ (MT, 108, vgl. MEN, 119).11 (6) Der Pragmatismus erkläre nicht, was Wahrheit sei, sondern nur, wie sie erreicht werde (MT, 108). James bemerkt, in unserem Universum konkreter Tatsachen ließen sich das Wie und das Was letztlich nicht scheiden (MT, 109), und findet für die Wahrheit der Intellektualisten den schönen Vergleich eines Mantels, der passe, obwohl ihn niemand je anprobiert habe (MT, 110). (7) Der Pragmatismus ignoriere das theoretische Interesse (MT, 111). James räumt

11 Näher zu diesem Punkt vgl. Hingst 1998, 331–335.

Zur Sechsten Vorlesung einen nachlässigen Gebrauch des Wortes „praktisch“ (vgl. schon PM, 28) ein (MT, 112)12 und legt Wert darauf, daß die maßgeblichen „bestimmten Folgen“ (particular consequences) auch theoretischer Natur sein können (MT, 113). Und schließlich: (8) Der Pragmatismus sei mit Solipsismus verbunden (MT, 114). Hinter diesem Mißverständnis sieht James das idealistische Vorurteil am Werk, ein wahrer Gedanke müsse „auf irgendeine unerforschliche Weise“ mit seinem Gegenstand eins sein (MT, 114). 2. Einwände. Wer den pragmatistischen Wahrheitsbegriff nur richtig versteht, der kann ihm aus James’ Sicht eigentlich nur zustimmen. Gleichwohl ist die kaum noch übersehbare Literatur13 reich an Einwänden (vgl. Hingst 1998, 173–186, 219–223). Als nach wie vor repräsentativ seien die Positionen zweier prominenter James-Kritiker vom Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts kurz erwähnt. Die Rede ist von G. E. Moore und Bertrand Russell. (1) Der damals 34jährige Moore publizierte 1907/08 unter dem harmlos klingenden Aufsatztitel Professor James’ ‘Pragmatism’ eine als vernichtend gemeinte Kritik (Moore 1922). Auf 50 Seiten problematisiert er nacheinander drei Grundaussagen der Jamesschen Wahrheitstheorie: die Verbindung von Wahr-

12 Nach Deweys Analyse in seinem Aufsatz What Pragmatism Means by Practical (1908, Dewey 1977, 98–115) kommt dem Ausdruck „praktisch“ in James’ Pragmatism in bezug auf Gegenstände, Vorstellungen und Werte eine je verschiedene Bedeutung zu (insbes. 101–104, 111 f.): „Praktisch“ beziehe sich einmal auf die Haltungen und das Verhalten, das Gegenstände von uns fordern, sodann auf das Vermögen oder die Tendenz eines Gedankens, Änderungen bestehender Gegebenheiten herbeizuführen, und schließlich auf die wünschenswerten oder nicht wünschenswerten Tatsachen, die den Wert einer Überzeugung bestimmen (103 f.). 13 Folgende ausgewählte Aufsätze beschäftigen sich speziell mit James’ Wahrheitsbegriff: Haack 1976, Haack 1984, Hallberg 1997, Hertz 1971, Maurer 1973, Perkins 1992, Phillips 1984, Pratt 1992, Putnam 1997. Eine Debatte über die Unterscheidung einer pragmatischen und einer kognitiven Bedeutung von Wahrheit bei James läßt sich mit den Arbeiten von Giuffrida/Madden 1975, Thayer 1977, Ford 1980, Thayer 1980 und wieder Ford 1982, 67 f. nachverfolgen (vgl. dazu zuletzt Jackman 1998, 174 f.). Eine weitere Debatte insbesondere zur Frage, ob James Wahrheit und Bestätigung respektive, allgemeiner ausgedrückt, die ratio essendi und die ratio cognoscendi von Wahrheit verwechselt hat, ist jüngst zwischen Putnam 1995, 17–23, Meyers 1998, 354 –357 und Putnam/Putnam 1998, 370–375 entbrannt.

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Kai-Michael Hingst heit und Verifikation (98–129), die Wandelbarkeit von Wahrheit (129–138) und die Abhängigkeit der Wahrheit vom Menschen (138–143). Moores Zusammenfassung seiner Kritik (143–146) läßt sich auf den Nenner bringen, in James’ Wahrheitstheorie sei das Richtige trivial, das Originelle falsch. Dabei ist unverkennbar, daß Moore über die Grundintention seines pragmatistischen Kontrahenten, die Lebens- und Handlungsabhängigkeit der menschlichen Wahrheit philosophisch zu reflektieren, geflissentlich hinwegsieht (vgl. Phillips 1984). Zudem isoliert Moore Bestimmungsstücke der pragmatistischen Wahrheit, wenn er etwa in Hinblick auf den Nutzen der Wahrheit (vgl. oben 7.2.3) als pragmatistische Position allen Ernstes folgert, „daß […], wenn es für mich nützlich wäre, an Professor James’ Existenz zu glauben, diese Überzeugung wahr wäre, selbst wenn er nicht existierte“ (Moore 1922, 145), als ob solch eine Auffassung den Verifikationsprozeß überstehen könnte. Letztlich liegt die Differenz zwischen beiden Philosophen wohl darin begründet, daß sie Wahrheit aus völlig verschiedenen Perspektiven betrachteten: James nimmt eine menschliche Perspektive, Moore eine Perspektive aus dem allwissenden „Auge Gottes“ ein (Hertz 1971, 218–220). (2) Ähnliches gilt für weite Teile von Russells Aufsätzen Transatlantic ‘Truth’ (1908, Russell 1966) und Pragmatism (1908, Russell 1966a). In seiner Replik Two English Critics (1909, MT, 146–150, 152 f.) konstatiert James, es sei Russell „völlig mißlungen, den richtigen Standpunkt einzunehmen, um unsere Position zu begreifen“ (MT, 146). In der Tat werden Sätze wie: „Die pragmatische Darstellung der Wahrheit nimmt an, so scheint mir, daß niemand irgendein Interesse an Tatsachen hat“ oder „Der Versuch, ‚Tatsache‘ loszuwerden, stellt sich als Fehlschlag heraus“ (Russell 1966, 123, 129) James wohl kaum gerecht. Und mit der Ansicht, „die pragmatische Definition des Wortes ‚Wahrheit‘“ besage, „daß die Überzeugung, daß A existiert, ‚wahr‘ sein kann, selbst wenn A nicht existiert“ (Russell 1966, 129), setzt Russell ein wahres Wissen von der Wirklichkeit (hier: daß A nicht existiert) als bekannt voraus, über das vorab als Vergleichsmaßstab zu verfügen der Pragmatist redlicherweise nicht beanspruchen will, weil es sich für ihn allererst aus der Erfahrung ergeben kann. Gleichwohl hat Russell die antipragmatistische Gegenposition mit solcher Eloquenz und Vehemenz entwickelt,

Zur Sechsten Vorlesung daß seine Kritik des Pragmatismus ebenso wie diejenige Moores bis heute innerhalb der sprachanalytischen Tradition nachwirkt. (3) Ti estin alêtheia? Was ist Wahrheit? Es ist vollkommen zulässig, sich bei der Beantwortung dieser alten Frage (Joh. 18, 38) von einem anderen Erkenntnisinteresse leiten zu lassen, als James das tut. In letzter Instanz könnte James auf seine Lehre von den philosophischen Temperamenten zurückgreifen (PM, 11–14) und „das stärkste von allen Argumenten“ ins Feld führen, das sonst „nie erwähnt wird“ (PM, 11) und auch in der Literatur zu James zu kurz kommt: das Argument nämlich, daß eben nicht jeder ein „pragmatisches Temperament“ (PM, 133) hat. Dahinter verbirgt sich in systematischer Hinsicht eine Bescheidenheit, die aller Ehren wert ist angesichts nur allzu vieler Lehrgebäude, die sich als zwingend ausgeben, ohne es zu sein.

7.4 Zersetzung der rationalistischen Wahrheitsauffassung (A 52b–A 69) Im dritten Abschnitt der 6. Vorlesung schickt sich James an, die Leere der konkurrierenden rationalistischen Wahrheitsauffassung zu erweisen (A 52a [Satz 2]). Er stellt dazu zwei rationalistische Wahrheitsdefinitionen vor (A 53–A 55) und diskutiert sie in kritischer Absicht (A 56–A 65), um sich abschließend gegen den Vorwurf zu verwahren, der Pragmatismus würde die Wahrheit leugnen (A 66 –A 69).

7.4.1

Rationalistische Definitionen der Wahrheit (A 53–A 55)

Die gesamte Auseinandersetzung über den Wahrheitsbegriff kreist um die Frage, ob und wie das Verständnis von Wahrheit als einer objektiven Vorgabe, die von Ewigkeit zu Ewigkeit feststeht und vom Menschen nur passiv nachzuvollziehen ist, durch ein Verständnis der Wahrheit als kreativer menschlicher Leistung ersetzt werden kann, ohne den Vorwürfen erstens der Willkür, der Subjektivität und des Relativismus und zweitens der Unvollständigkeit Raum zu geben. Die erste Art von Vorwürfen artikuliert sich in allen Lesarten, die Anstoß an Begriffen

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Kai-Michael Hingst wie „Befriedigung“, „Wirkungsweise“ und „Führung“ nehmen und diese Begriffe (wie bei Moore und Russell geschehen) häufig gegen James’ Intention verengen. Die zweite Art des Vorwurfs anerkennt, daß James’ zwar Richtiges über die Konstitution von Wahrheit gesehen hat, rügt seine Theorie aber dafür, wie sich sein Harvard-Kollege Royce ausdrückte, „nicht die ganze Wahrheit über Wahrheit“ zu sein (Perry 1935, II 735). Gegenüber dem zweiten Vorwurf hat James immer wieder gefordert, seine rationalistischen Kritiker sollten es doch besser machen (MT, 105). Da sie eine „objektivere“ Definition von Wahrheit beanspruchen, als der Pragmatist sie ihnen anbietet, liegt bei ihnen die Beweislast. James’ Überlegungen laufen darauf hinaus, daß die Kritiker es durchaus nicht besser machen können, weil der pragmatistische Wahrheitsbegriff alternativlos ist:14 „Die […] Kritiker des Pragmatismus haben außer dem Wort ‚Wahrheit‘ nichts anzubieten“ (ML, 443). Als Prototypen dienen James insoweit der britische Philosoph Alfred Edward Taylor (1869–1945)15 und der deutsche Neukantianer Heinrich Rickert (1863–1936), die Wahrheit auf solche Urteile beziehen, die unsere Zustimmung beanspruchen können (A 54) respektive, damit korrespondierend, die zu fällen wir verpflichtet sind (A 55).

7.4.2 Pragmatistische Diskussion dieser Definitionen (A 56–A 65) 1. Die Unausweichlichkeit der pragmatistischen Begriffsbildung (A 56 f.). Einen denkbaren Sinn gewinnen diese ansonsten trivialen Definitionen für James erst, wenn man sie pragmatistisch handhabt (A 56), indem man ihre Begriffe auf die konkreten Gründe rückbezieht, die wahre Gedanken nützlich machen. Das heißt, unsere Bemühung, die konkurrierenden Definitionen überhaupt zu verstehen, ist nur erfolgreich, wenn sie in pragmatistischen Denkbahnen verläuft, und damit sind wir methodisch doch wieder beim Pragmatismus. Indem sie 14 Dieser Topos findet sich auch bei den anderen Pragmatisten. So fragt Dewey: „[…] welcher Begriff von Übereinstimmung außer dem experimentellen oder praktischen ist möglich?“ (Dewey 1977, 85) 15 Die auf Taylor bezogene Fußnote fehlt in Jerusalems Übersetzung.

Zur Sechsten Vorlesung eine pragmatistische Begriffsdeutung ablehnen, berauben sich die Rationalisten der Möglichkeit, ihren Begriffen überhaupt einen Sinn zu geben. James bestreitet eine logische Eigengesetzlichkeit der Wahrheit, die von persönlichen Gründen und womöglich individuellen Idiosynkrasien strikt zu trennen wäre (A 57, PM, 38). Er liegt damit auf der Linie seines Verbündeten F. C. S. Schiller, der eine eigene pragmatistische Philosophie unter dem Titel des „Humanismus“ vortrug (vgl. PM, 115–124), weil er die Allgegenwart des „menschlichen Elements“ (PM, 121), den nicht auszumerzenden „menschlichen Beitrag“ (PM, 122) ins Zentrum seines Denkens stellte, und dem es ein besonderes Anliegen war, die wechselseitige Durchdringung von Logik und Psychologie aufzuzeigen (vgl. Abel 1955, 14–25). In seinem Aufsatz The Relations of Logic and Psychology (Schiller 1907, 71– 113; deutsch Schiller 1911, 138–179) versteht Schiller logische Grundbegriffe wie Notwendigkeit und Wahrheit in erster Linie als Beschreibungen von Prozessen, die untrennbar von bestimmten psychischen Gefühlen begleitet werden. Ihr vermeintlicher „streng logischer“ Sinn hängt für Schiller mit ihrer psychologischen Bedeutung eng zusammen (Schiller 1907, 83; 1911, 148). In verwandter Weise hat James in seinem schönen Aufsatz The Sentiment of Rationality (1879/82, WB, 57–89) die Gefühlsseite des menschlichen Geistes nicht als lästigen Störfaktor angesehen, den es möglichst auszutreiben gelte (WB, 77), sondern ihr als „Rationalitätsgefühl“ eine prominente Stellung in unserem psychischen und geistigen Leben eingeräumt. 2. Aufdeckung des rationalistischen Trugschlusses (A 58–A 63). James sieht in den inkriminierten Definitionen wiederum das rationalistische Denkmuster am Werk (vgl. schon oben 7.3.1), das ihm als Trugschluß erscheint (A 58–A 60). Die Denkungsart, eine Abstraktion gegen die konkreten Tatsachen auszuspielen, denen sie sich doch verdankt (A 58), begegnet sowohl im täglichen Leben (A 59) als auch in der Philosophie (A 60), wenn eine Eigenschaft aus ihren Erscheinungsformen zu einem Ideal hypostasiert wird, gegenüber dem die Erscheinungen minderwertig werden (A 60). Platons Ideenlehre beispielsweise, die als eine übersinnliche Welt des Seins ein Raster von Ideen oder Formen (eidê, ideai) annimmt, denen gegenüber ihren bloßen Abbildern in der raum-zeitlichen Welt des Werdens und Ver-

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Kai-Michael Hingst gehens ein ontischer Primat zukommt, ist der klassische Fall solch eines rationalistischen Fehlschlusses, weil sie – um im Bild des Höhlengleichnisses (Politeia, 514 a ff.) zu sprechen – die Gegenstände ungerechtfertigterweise in den Schatten stellt. Entgegen der platonistischen Tradition, die gerade dem Unveränderlichen ein klares Prä gibt, vollzieht James eine radikale Umwertung, wenn er deutliche Sympathie für die Wirklichkeit „im Werden“ (in the making) gegenüber einer „fertigen“ (ready-made) Wirklichkeit (PM, 123), für ein – nach dem Titel seines letzten Buches – „pluralistisches Universum“ gegenüber einem „Block-Universum“ (PU, 140) erkennen läßt: Wachstum versus Unveränderlichkeit (PM, 125), Unwissenheit versus Allwissenheit, Möglichkeiten versus Notwendigkeiten, Prozeß versus Zeitlosigkeit (PM, 127), Kreativität, Würde und Verantwortung (PM, 123) versus reine Rezeptivität – das sind die Gegensatzpaare, die James rhetorisch in der Alternative des doktrinären Rationalismus und des unbekümmert anarchistischen Pragmatismus gipfeln läßt (PM, 124). Mit Blick auf ein von seinem Harvard-Kollegen Hugo Münsterberg entworfenes Kongreßprogramm, in dem er „den bürokratischen Geist“ am Werke sieht, notierte er sich einmal: „Es ist offenkundig, daß solch ein Unterschied wie dieser zwischen mir und M[ünsterber]g ein glänzender Ausdruck von Pragmatismus ist. Ich möchte eine Welt der Anarchie, M[ünsterberg] eine der Bürokratie […]“ (1904, ML, 326). Wenn nach dem rationalistischen Denkmuster Wahrheit ihrem Kontext und unseren konkreten Interessen entfremdet wird, gerät leicht in Vergessenheit, daß wir sie als Art des Guten (vgl. schon PM, 42 f.) erstreben (A 60). Doch nur aus dem konkreten Nutzen der vielen einzelnen Wahrheiten kann sich überhaupt eine Pflicht zu dem ergeben (A 61), was wir gewohnheitsmäßig „die Wahrheit“ nennen. Indem wir aber derart von „der Wahrheit“, von „Truth with a big T“, wie James unübersetzbar sagt (A 64, PM, 116, MEN, 244), statt von „Wahrheiten“ sprechen, beziehen wir uns auf ein Ideal von Wahrheit, an der quasi-platonisch die einzelnen Wahrheiten teilhaben sollen. James ermuntert uns demgegenüber, die übergroße, im täglichen Verkehr unhandliche Banknote „die Wahrheit“ in die kleine Münzwährung der vielen Wahrheiten zurückzuwechseln.

Zur Sechsten Vorlesung Die Folgen des rationalistischen Trugschlusses (A 62 f.) sind erheblich. Von der Erfahrung als ihrem Mutterboden gelöst (A 62), hängen Abstraktionen im luftleeren Raum (vgl. A 63). Im Dickicht der Erfahrung freilich bleibt der für James’ Pragmatismus zentrale Begriff der „befriedigenden Wirkungsweise oder Führung“ (satisfactory working or leading) (MT, 89) notgedrungen ebenso vielschichtig, wie es die Lebenswirklichkeit ist:16 Konsistenz, Hoffnung, Beilegung des Zweifels (MT, 105), Vereinbarkeit mit der Erfahrung (PM, 34), Störungsfreiheit (MT, 59), soziale Bestätigung (vgl. MT, 144 f.), Rationalität im allgemeinen (WB, 115) und in intellektueller, ästhetischer, moralischer und praktischer Hinsicht im besonderen (PU, 54 f.) sind einige aus der „Vielzahl von Standards“ (ERE, 290), an denen die Befriedigung (satisfaction) durch – bedingte – Wahrheit (A 64 f.) in einem „Dschungel konkreter Zweckmäßigkeiten“ zu messen ist (A 65). Doch solange es, wie James überzeugt ist, „keinen Raum für irgendeinen Grad oder irgendeine Art von Wahrheit außerhalb des Rahmens des pragmatischen Systems, außerhalb dieses Dschungels empirischer Wirkungsweisen und Führungen“ (MT, 89) gibt, bleiben die Rationalisten in Hinblick auf einen stärkeren Wahrheitsbegriff als den pragmatistischen beweisfällig.

7.4.3 Zurückweisung des Vorwurfs, die Wahrheit zu leugnen (A 66–A 69) James wirkt gereizt, wenn er beklagt, daß ihm und seinen Mitstreitern die Bemühungen, das komplexe Phänomen Wahrheit in den Griff zu bekommen, d. h. auf den Begriff zu bringen, als Leugnung der Wahrheit ausgelegt werden (A 66). In seiner Richtigstellung (A 67) verweist er auf den von den Pragmatisten doch stets geltend gemachten „ungeheuren Druck objektiver

16 Nach Putnams Beobachtung entsprechen den verschiedenen von James diskutierten Haupttypen von Aussagen – wie Aussagen über wahrnehmbare Gegenstände, Aussagen über abstrakte Dinge, Aussagen in zeitgenössischen physikalischen Theorien, mathematische, ethische und religiöse Aussagen – verschiedene Typen von „Nützlichkeit“ (Putnam 1995, 19 f.; vgl. Hallberg 1997, 207–217).

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Kai-Michael Hingst Kontrolle“ durch die Wirklichkeit – d. h. für ihn: durch die Sinneswelt und durch etablierte Wahrheiten –, dies eine Formulierung, für die Deweys im Journal of Philosophy, Psychology, and Scientific Methods veröffentlichter Aufsatz The Control of Ideas by Facts (1907), auf den James im Vorwort von Pragmatism hinweist (PM, 5), Pate gestanden haben mag. Mit Recht wirft er seinen Kritikern eine bewußte maligna interpretatio vor, wenn sie Umschreibungen der Wahrheit durch Ausdrücke wie „wirken“ (to work) und „Befriedigung“ (satisfaction) in einem platt-hedonistischen Sinne verstehen (A 67). Daß etwa nach pragmatistischen Begriffen das bloß Angenehme noch nicht das Wahre sein wird, zeigt schon das Gegenbeispiel sogenannter „unangenehmer Wahrheiten“, denen man sich nicht verschließen kann, auch wenn man es gerne wollte. Jedoch lehrt dieses Beispiel auch, ein Moment des pragmatistischen Wahrheitsbegriffs herauszuheben, das bei James implizit bleibt, wohl weil er es für selbstverständlich hält: die Bereitschaft nämlich, neuen Erfahrungen so offen wie irgend möglich zu begegnen und gegen die natürliche Trägheit, die den Menschen auf „seinen“ Wahrheiten beharren läßt, anzukämpfen. Man kann dies den pragmatistischen Imperativ nennen. Denn pragmatistisch verstandene, praxisbezogene Wahrheit kann sich nur voll entfalten, wenn wir uns der Praxis, in der sie eben wurzelt, nicht verweigern. Am Ende der 6. Vorlesung kann James resümieren, daß in puncto Wahrheit der Pragmatismus die in der Welt vorhandene Rationalität besser verteidigt als der Rationalismus und ihm deshalb überlegen ist (A 68 f.) – und so auch dessen Wiedergängern in Gestalt aller Philosophien, die in der Welt mehr Rationalität sehen, als darin steckt, indem sie das Fehlende stillschweigend aus der scheinbaren Vollkommenheit des eigenen Denkens ergänzen.

Zur Sechsten Vorlesung

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Zur Siebten Vorlesung

Ignas K. Skrupskelis

Zur Siebten Vorlesung: James’s Pragmatism and the Problem of Reference

In the present paper I will argue in favor of two theses: that James himself thought his distinctive contribution to pragmatism to be a theory of reference and that the need for and conditions to be satisfied by such a theory were impressed upon him by his colleague Josiah Royce. In his The Religious Aspect of Philosophy (1885) Royce makes reference the central metaphysical problem, claiming that only within a system of absolute idealism a satisfactory notion of reference can be developed. This metaphysical preoccupation insures that his theory of reference appears in a context alien to present day discussions, nevertheless, Royce develops a theory which to a considerable extent can be separated from his metaphysical concerns. And once isolated, his theory can be compared with present day theories.1 William James, in his On the Function of Cognition (1885), tries to respond to Royce’s challenge and develops an account of reference which avoids absolute idealism. James continues his struggles in The Knowing of Things Together (1895) where using previously developed themes he works out a significantly different theory. In the polemic over pragmatism which

1 Robert Cummins declares reference to be the “paradigmatic problem in the philosophy of science” (Cummins 1989, 1). His book serves as my guide to current discussions. The names and descriptions of current theories in my paper are taken from Cummins. I am grateful to Anne Bezuidenhout of the Department of Philosophy, University of South Carolina, for drawing my attention to this and other books useful to my project.

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Ignas K. Skrupskelis erupts in about 1904, James returns to these pre-pragmatic writings whenever pressed to show that pragmatism does not destroy all serious conceptions of truth by identifying truth with personal caprice. In the context of pragmatism, James reformulates the earlier theory several times, in an effort to show critics that pragmatism is not subjectivism because its discussions of truth suppose objective reference. My paper falls naturally into three parts. I will first isolate Royce’s theory as developed in The Religious Aspect of Philosophy 2, then examine James’s theory, and thirdly, discuss how James’s view is related to the broader pragmatic account of truth. Given limitations of space, in many places my paper is only a sketch. Throughout, it is part of my purpose to make a beginning towards relating Royce’s and James’s views to current discussions, in the belief that if taken seriously both can be fruitful participants. I will have to set aside, to the extent this is possible, the metaphysical preoccupations which dominate the controversy between them. Royce seeks to force absolute idealism upon James, who in the meanwhile, although unable to reject many of Royce’s premises, struggles to escape from Royce’s conclusion. Royce throughout argues that the conditions needed by a satisfactory theory of reference can be met only by absolute idealism, while James strives to develop a theory which is metaphysically neutral. Likely, both were guided here by their over-beliefs, with Royce seeking to ground the good life by a single religious view of reality, and James, inclined to recognize a plurality of good lives, striving to leave room for logically unforced choices and individual tastes. Current discussions of reference aim first of all at conceptual clarity and enjoy an extensive technical literature. At least on the surface, the question is treated as if important for its own sake and independent of broader philosophical issues. Royce and James were preoccupied with the great questions of human life and were not as single-mindedly devoted to technical merit. In their case, isolation serves to make views sharper than they were 2 Royce’s richest work from the point of view of reference is The World and the Individual (1899–1901), especially the first volume, where he makes fulfilling the same purpose the link between idea and object. But I have seen no evidence indicating that James was much influenced by the later work.

Zur Siebten Vorlesung in the minds of their authors but does not, I think, distort them. At the same time, current discussions are not as metaphysically neutral as may appear. It has been argued that they take place within the confines of a positivistic conception of knowledge and a physicalism which populates reality with independently existing things.3 If this is the case, the contrast between Royce and current theorists becomes extremely sharp. As far as he is concerned, realism makes impossible any satisfactory account of reference. James differs from both and thinks that in the context of reference metaphysical neutrality is possible.4 James’s preference for pluralism inclines him towards the view that some questions can be treated in isolation from others.

8.1 Royce’s idealism can be summarized in three claims. The first is that there exists a single consciousness, an absolute consciousness, to which all reality is present. The second, that reality consists of no more than the absolute consciousness and its contents. The third, that human and other finite consciousnesses are constituent parts of the absolute consciousness. The second claim implies that nothing can exist except as present to some consciousness and amounts to a rejection of metaphysical realism. When abstracted from idealism, it becomes phenomenalism, the belief that only actual and possible experiences are real.5 The third, permits Royce to think of the absolute consciousness on the analogy with human consciousness: the absolute consciousness is like the human but on a much vaster 3 Lyons 1995 brings out this aspect of current discussions. Physicalism is much like the realism Royce attacked. 4 In G. Papini and the Pragmatist Movement in Italy (1906), James expresses approval of Papini’s comparison of pragmatism with a corridor which leads into hundreds of rooms. The rooms, standing for different religious and metaphysical outlooks, share the corridor. Everyone must pass through it to get to his room. Pragmatism’s thus is the stance of “armed neutrality in the midst of doctrines” (EPH, 146). 5 Royce uses the word “phenomenism”. In The Religious Aspect of Philosophy, he declares that all “modern idealists” accept “phenomenism” for which the external world means “the possible and actual present, past, and future content of consciousness for all beings” (Royce 1885, 362).

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Ignas K. Skrupskelis scale, often making Royce’s metaphysics psychology of the absolute. The central burden of The Religious Aspect of Philosophy is to make idealism a matter of demonstrated certainty. Its main argument, the argument from the possibility of error, Royce claims, accomplishes this. It proves that for error to be possible, there must be genuine reference, something possible only in a world as described by idealism. Thus, idealism states the necessary conditions of error: if the three claims are not true, no assertion can ever be said to be false. In the present paper I isolate Royce’s theory of reference and remove it from the metaphysical context outlined above. My method is to examine Royce’s objections to specific claims about reference and argue that these objections can be generalized and urged against other theories of reference. I think that, without distortion, Royce’s particular objections can be seen as setting out the conditions which any acceptable theory of reference must satisfy. No doubt, to view them as general conditions is to lose the flow and structure of the argument. But this loss of historical context needs be endured for the sake of obtaining just the theory of reference and in a form which permits comparisons with alternatives. What then are Royce’s conditions? The first and most obvious is that of preserving a duality between subject and object: it must be possible to make claims of the pattern “subject x is related to object y”. What stands on the subject side for Royce and the current theories described by Robert Cummins is some mental state.6 The situation on the object side is more problematic. Current theories begin with the assumption of a realistically conceived thing while Royce finds just here the central problem for philosophical inquiry and thinks it can be solved only in idealistic terms. James hesitates but on the whole prefers to set the problem aside when discussing cognition. His prevailing preference, however, is for phenomenalism. This first condition,

6 Cummins presents as widely held the belief that words have meaning as signs of mental states, which states are the original vehicles of meaning (Cummins 1989, 21–22). This, I think, describes Royce’s view. James’s position is less fixed and there are texts suggesting that linguistic expressions are the primary vehicles.

Zur Siebten Vorlesung it can be noted, is always satisfied by any realistic metaphysics which begins with some mental state confronting a thing which exists independently of it and has many characteristics regardless of the mental state which claims to know it. Obviously anyone concerned with reference must have enough duality to formulate the problem, since the issue does not arise in connection with mental states which contain no more than the immediate presence of some object. Royce does not argue for this, perhaps because it is so obvious. How could questions about truth and cognition generally arise if duality did not exist? James, on the other hand, insists on the point. Thus, in an unpublished text dating from about 1880, he writes: “even in the most rudimentary sensation there is a dim duality: a duplex aspect – what one may call an ‘immanent’ side (which constitutes the fact that it is actually a sensation), and a transcendent side (which is the reference to something as known through the sensation).” James continues that he himself is becoming more and more inclined towards this view because otherwise, cognition could not be explained: “Out of something which is nothing but pure immanence, viz a feeling as such, they [traditional empiricists] try by mere arrangement to extract transcendence, an implication of existence beyond the feeling. Into what possesses simply at the outset its own intrinsic physical existence so to call it, they pretend to have injected by their manipulations a capacity to tell something about extrinsic existence. Knowledge always means as much as this, whether it be knowledge of the outward world, of the inward world as memory, or of the metaphysical world as in Spencer’s knowledge of the Unknowable[,] s[ome]thing other than the cognition is revealed in the act of cognition.” (MEN, 171–72) James’s motive is to undercut what he considers inadequate empiricism, the attempt to build up a world out of non-relational atoms of sensation. His life-long polemic against bad empiricism explains why he belabors what is otherwise an obvious point: he must not only insist on the need for duality but also show that it is found in our earliest and most sensory experience. No doubt, reference receives much intellectual elaboration, but its rudiments are found and felt. If it were not present and felt at the very beginning, it could never be a matter of philosophical

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Ignas K. Skrupskelis discussion.7 This is one of the permanent features of James’s theory of reference, a Lockean attempt to show that the concept of reference is traceable to sensory origins. The second condition is stated by Royce in connection with his attack on causal theories.8 The relation of reference must be such as to enable us to evaluate our mental states and establish whether they properly or improperly represent their objects. Royce writes: “When the notion of external reality is based solely upon the application of the notion of causality, all degrees of likeness or unlikeness between thought and things are assumed, according to the tastes of individual thinkers. External reality is once for all absolved from the condition of being intelligible, and becomes capable of being anything you please” (Royce 1885, 360). And in another place: “But if I try to banish altogether from my notion of external reality the idea that it is an adequate counterpart of my subjective states of consciousness, what will remain? Simply the notion of an utterly unknowable external cause of my sensations. Of this nothing will be said, but that it is. Science, experience, serious reflection about reality, will utterly cease” (Royce 1885, 358). A theory of reference, after all, is needed not for its own sake but as the starting point of a theory of knowledge, which is a normative discipline helping us to sort out the good and the bad in our cognitive mental states. Causal theories, according to Royce, fail in just this way. Causality is a subordinate category which can be “fruitfully applied” only after it has been shown that reality is “the counterpart of my consciousness”, so that individual mental states – including those making causal claims – can be evaluated as to whether they are adequate counterparts.

7 In his preface to The Meaning of Truth, he formulates the following postulate of his radical empiricism: “the only things that shall be debatable among philosophers shall be things in terms drawn from experience” (MT, 6). In terms of the analysis of experience found in The Principles of Psychology, this postulate can be read as a requirement that any intellectual concept be related to something largely felt. 8 Cummins reports that in the history of philosophy he has found four kinds of theories of reference: by virtue of similarity, covariance, adaptational role, and functional role (Cummins 1989, 9). “Covariance” is his name for causal theories. I think that Royce’s theory cannot be classed with any of the four since at its core is the claim that reference is something in a literal sense intended.

Zur Siebten Vorlesung Note that Royce sometimes speaks of likeness and sometimes of counterparts. I think this a stylistic and not a doctrinal matter. When he is explicit, he talks of “correspondence” between subject and object and distinguishes between correspondence and similarity. Similarity is perhaps the basis of correspondence, but is not identical with it: “In order, then, that my consciousness should correspond to some other consciousness, external to mine, it is only necessary that for each event or fact in my consciousness there should exist some event or fact in the other consciousness, and that some relation existing among my conscious states should be like or parallel to the relation existing among conscious states external to mine.” Royce’s “like or parallel” hides much possible ambiguity. His view could well be that correspondence is similarity in some limited respect: a melody and flashing lights, for example, correspond “by having the like rhythm” without “resemblance in the content” (Royce 1885, 343). In any case, whether founded on similarity or not, correspondence in Royce is a generic notion which can ground the cognitive relation not only between a picture and what it depicts but also between an object and various different abstract representations of it. The crucial point remains: an adequate theory of reference must allow for evaluations of various correspondences and causal theories fail for just this reason. On the other hand, what Cummins calls adaptational role theories satisfy this condition. According to such theories, reference occurs in the acting out by users of symbols and spectators of their interpretations of the observed symbols (Cummins 1989, 76–77). The interpretation is the performance of certain actions in expectation of certain outcomes. Reference then can be evaluated by the success or failure of the performance. As I will try to argue, James’s theory of reference has to be classed in this family of theories. Most of Royce’s critical attention is devoted to showing the inadequacy of theories which identify reference with similarity, leading to the third condition that an adequate theory of reference must make reference a matter of intention, in the literal sense. And given the need for intention, Royce proceeds to reflect upon the conditions which make intending possible and therein discovers the paradox which he thinks can only be dis-

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Ignas K. Skrupskelis solved within the framework of idealism. This paradox can be summarized in the claim that, dishonesty aside, error is possible only about what is known. Royce’s difficulty is that of accidental similarity. In a universe with many objects, a mental state can be like many different objects, but only one of these serves as the standard for evaluating the mental state. Thus, if my brown leather wallet is empty while my mental state holds it to be full, the mental state is in error in spite of the fact that the universe contains millions of full brown leather wallets. Royce writes: “But mere disagreement of a thought with any random object does not make the thought erroneous. The judgment must disagree with its chosen object” (Royce 1885, 409). In these texts Royce slides back and forth from talk about thoughts (mental states) to talk about judgments (perhaps, not mental states). His view seems to be the common view that only judgments can be true or false, and he does not specify whether judgments are themselves mental states or publicly expressed symbols. In any case, it seems that for Royce, every judgment has an object which is a mental state. A judgment cannot be in error about this primary or internal object. For error to be possible, a judgment must have an external object which it somehow chooses or intends. And it seems impossible to intend something totally unknown. The problem of error is then the problem of supplying judgments with known objects about which, nevertheless, honest error is possible. We must know the external objects in part and in part not know them. It is here that a fourth condition emerges: the external object must be a common object, that is, one which preserves its identity in relation to several mental states. Apart from Royce, this appears to be required by ordinary logic, since for any false judgment there is a true one which is its contradictory while for two judgments to be contradictory, they must have the same object. Royce himself develops the idea in connection with errors about the future. To be in error here, we must make predictions, to have certain expectations which when the time comes are disappointed. The prediction and the disappointment must have the same external object, but since the two are far apart in time, they cannot be brought together and their objects compared (Royce 1885, 418–19).

Zur Siebten Vorlesung Royce concludes that reference is possible only if we think of objects and the several mental states which know them as present together in a single inclusive mental state, making possible assessments of correspondence. His explanation leads into the center of his argument for idealism and in its details does not fall within the scope of the present paper, which is concerned with James. From Royce’s work we have extracted what is needed for our purposes: the central problems and themes which give direction to James’s own reflections. It will be helpful, however, to note that it is in connection with the fourth condition that James had the greatest difficulty. In How Two Minds Can Know One Thing (1905) he thought he had developed an obvious account of how the same object can be related to several different mental states, only to be told by critics that this answer could not work in conjunction with the analysis of experience offered by the Principles of Psychology, an analysis of experience central to his criticism of traditional empiricism. James’s struggles here, setting aside his personality, explain why he did not develop a coherent philosophical system.9

8.2 As already noted, the germ of James’s theory is found in writings which are earlier than Royce’s, but the stimulus for working out a fuller theory was Royce. It would be tedious to quote the texts in which he states how important a book The Religious Aspect of

9 In Skrupskelis 1988, I sketched James’s efforts, just before the outbreak of the pragmatism controversy, to write his great philosophical work and speculated about the reasons for his failure. The philosophical reasons are found in the cryptic notebooks known as the Miller-Bode objections, published for the first time in the volume Manuscript Essays and Notes, in which James tries to reconcile his account of how two minds can know the same thing with the notion of experience as a stream of consciousness worked out in the Principles of Psychology. Several times in the course of his struggles he enviously takes note for the metaphysical realism offered by scholasticism and common sense, which offer solutions not available to a phenomenalist. For direct realism the same object can be present to many mental states. It is suggestive that among the students of Royce and James, direct realists occupied a prominent place.

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Ignas K. Skrupskelis Philosophy is.10 But a text which occurs in an 1895 letter to Francis Herbert Bradley both gives credit to Royce and provides a convenient summary of the theory. James writes: “I will only make one point, relative to the ‘intending’ and ‘pointing’ at the outer object in knowledge. Years ago in a paper in Mind (the Function of Cognition) I described it as now in this paper – relation through a context. Then Royce beat me out of it; but further pondering has bro’t me back to wallow in the same mire, and I think you will be surprised, if you come to think it over, to see how the difference between deliberately meaning a distant thing and as you say ‘stumbling’ on a mental picture of it, resolves itself into the presence or absence of a smooth and continuous sense of transition and of having expectancy gratified as you pass from the state of thought to that of verification.”11 “The Function of Cognition” is particularly useful because many years later, in the light of his pragmatism, James listed its merits and defects. The paper can be viewed as an effort to describe reference, showing it to be not an internal but an external relation. In this, he is struggling to escape absolute idealism, for which reality is an internally related whole no part of which can be adequately known without knowledge of the rest. This aspect does not concern me.12 Nearer my interest is his desire to set aside metaphysical questions concerning the nature of the object. Thus, having indicated that cognition involves resemblance, he has an objector ask how reality can resemble a feeling. And to this supposed question he responds: “We flank the whole difficulty of resemblance between an inner state and an outward reality, by leaving it free to anyone to postulate as the reality

10 Since The Function of Cognition was composed late in 1884, it predates the Religious Aspect. However, it follows several years of close association between the two and in a footnote James acknowledges that without Royce he would not have made his own “practical and psychological point of view as clear” as it is (MT, 23n). 11 Letter to Francis Herbert Bradley of 9 July 1895 (Houghton Library, Harvard University), written in response to Bradley’s criticism of James’s The Knowing of Things Together (1895). 12 For example, James writes: a feeling in “its own nature is not a particle altered by having the self-transcendent function of cognition either added to it or taken away. The function is accidental; synthetic, not analytic” (MT, 20).

Zur Siebten Vorlesung whatever sort of thing he thinks can resemble a feeling – if not an outward thing, then another feeling like the first one” (MT, 16). Note that the problem of cognition is said to revolve around the possibility of resemblance. James uses ‘feeling’ as a generic term, roughly equivalent of the present day ‘mental state’. Some feelings are cognitive, some are not, the former having a “self-transcendent function” which the latter lack (MT, 14). Self-transcendence requires some other entity, of whatever kind it may be, in addition to the feeling. And in his first effort James falls back upon the notion of reference by similarity. If a feeling and an object resemble each other, the feeling may be held to be “cognizant of that reality” (MT, 15). Unfortunately, an objector can point to the problem of accidental similarity. Supposing many similar things, it is obvious that resembling is not “necessarily representing or standing-for at all”. James points out that eggs resemble each other without representing. If examples are needed from the realm of feelings, toothaches obviously are feelings which resemble without knowing (MT, 21). What is needed is for the feeling to operate upon its object and he now makes operation the primary mark of reference and resemblance secondary: “We become first aware of which one it [the feeling] means, and then we suppose that to be the one it resembles. We see each other looking at the same objects, pointing to them and turning them over in various ways, and thereupon we hope and trust that all of our several feelings resemble the reality and each other. But this is a thing of which we are never theoretically sure” (MT, 24). Operation is in this early formulation used not only to secure reference but also to insure a common object. We believe that we all know “the same world, because we believe our PERCEPTS are possessed by us in common. And we believe this because the percepts of each one of us seem to be changed in consequence of changes in the percepts of someone else. What I am for you is in the first instance a percept of your own. Unexpectedly, however, I open and show you a book, uttering certain sounds the while. These acts are also your percepts, but they so resemble acts of yours with feelings prompting them, that you cannot doubt I have the feelings too, or that the book is one book felt in both our worlds” (MT, 30). For James at this early stage, solipsism is defeated by means of a theory of reference.

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Ignas K. Skrupskelis There is an important refinement which needs to be noted. For James, perceptual mental states refer because each is a “concrete individual thing”, individuated by its context, its environment. Throughout his career he attacks Lockean simple ideas as theoretical constructs never found in experience. A simple idea would have no more than a single quality as its content and would have no referential function. Given several duplicates of the idea, it would be impossible to know to which of these it refers, or indeed if it refers at all and merely resembles. Actual perceptual states are individuated by their contexts, a fringe of tendencies and associations.13 This enables us to extend the principle of resemblance to cover the context as well, and it can be said that a mental state refers to that duplicate the context of which it most nearly resembles (MT, 21). To use Cummins’s language, perceptual mental states are historically sensitive while such sensitivity is for him characteristic of adaptational theories of reference. By contrast, conceptual mental states, what James calls “symbolic thought”, are not historically sensitive, as long as we do not follow them out to their eventual perceptual terminations. The “mind-stuff” which accompanies the use of symbols is individuated and differs from person to person. The mind-stuff of one might be made up of vague pictures while that of someone else, of muscular feelings in the throat which accompany the enunciation of particular words. Yet, in spite of these differences, symbols have common meanings. James proposes the view that symbols refer indirectly: they terminate in percepts which in their turn refer by resembling and operating upon reality (MT, 27–28).14 It cannot be argued that James at this stage is proposing an adaptational role theory of reference since the semantics of his theory focuses on similarity and operation. In James’s mature theory, the two remain, but in a subordinate place. In commenting upon The Function of Cognition in 1909, James found it to 13 For example, an individual mental state dominated by the quality black, has on its fringes or tends to lead towards a particular shape, color, odor, proud stance of the stallion whose color it is, and images of the pasture by the lake and sounds of delight made by the little girl in whose company the animal was seen. That particular black has its associates which individuate it. 14 The percepts could be sensations, but if the paths be by way of “logical or habitual suggestion”, the percepts could be images in the mind.

Zur Siebten Vorlesung give “undue prominence” to resembling. Resembling, he now holds, although a “fundamental function in knowing truly” can often be dispensed with. Also overemphasized is operation which in his later view is not always but only sometimes “decisive of that being what we refer to”. Among the merits of the essay are the ideas of an “experienceable environment” and of “pointing”. By means of them it is possible to eliminate the “‘epistemological gulf,’ so that the whole truth-relation falls inside of the continuities of concrete experience, and is constituted of particular processes, varying with every object and subject, and susceptible of being described in detail”. The quoted text is susceptible of an important misunderstanding. Since “concrete experience” is generally identified with perception, it is tempting to conclude that James is eliminating purely conceptual and theoretical thinking. James tries to guard against this misunderstanding by insisting that in his mature view, percepts and concepts are “co-ordinate” realms of reality. Thus, we should think of “concrete experience” as also including conceptual operations. One of the key texts for understanding James’s mature view is his claim that among the defects of the early account is the “imperfect development of the generalized notion of the workability of the feeling or idea as equivalent to that satisfactory adaptation to the particular reality, which constitutes the truth of the idea. It is this more generalized notion, as covering all such specifications as pointing, fitting, operating or resembling, that distinguishes the developed view of Dewey, Schiller, and myself ” (MT, 32). Satisfactory adaptation is now used to relegate resemblance and operation to subordinate positions. This text allows us to view the problem of reference as a special case of the general problem of truth. James’s pragmatic conception of truth is generic and is intended to cover a variety of “specifications”, and among these is successful reference. If successful reference is included in the notion of workability, there emerges a non-utilitarian reading of that problematic notion. And if this is placed within the framework of a web of belief view of knowledge, James’s pragmatism can be seen in a non-utilitarian way, with utility remaining an important but subordinate category. James offers an adaptational role theory of reference in his 1895 paper on The Knowing of Things Together, the relevant

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Ignas K. Skrupskelis portion of which is included in The Meaning of Truth under the title of “The Tigers in India”. This paper, according to James, represents a “somewhat broader grasp” of the topic on his part (MT, 32). The central point is made as an answer to the question as to what “pointing” is in the case of such primarily referential sentences as “there are tigers in India”: “The pointing of our thought to the tigers is known simply and solely as a procession of mental associates and motor consequences that follow on the thought, and that would lead harmoniously, if followed out, into some ideal or real context, or even into the immediate presence, of the tigers. It is known as our rejection of a jaguar, if that beast were shown us as a tiger; as our assent to a genuine tiger if so shown. It is known as our ability to utter all sorts of propositions which don’t contradict other propositions that are true of the real tigers. It is even known, if we take the tigers very seriously, as actions of ours which may terminate in directly intuited tigers, as they would if we took a voyage to India.” Pointing is a “perfectly common-place intra-experiential relation” (MT, 34). James goes on to insist that reference is an external and not an internal relation, an aspect which does not concern me. His emphasis is on the ontology of reference, something to be expected given both his desire to escape from Royce and his dissatisfaction with the treatment of relations by traditional empiricism. If all relations, no matter how elaborated intellectually, have sensory origins, reference too can be seen as a “intraexperiential relation”, linking mental states and their objects by continuities of possible experience. No absolute is needed to do the work. For James, possible experience is the stuff out of which reference is made. This view allows him to escape Royce’s idealism, while preserving the duality needed for cognition, relegating similarity to a subordinate position, and allowing for common objects. The latter point, it may be noted, receives its most extensive treatment in How Two Minds Can Know One Thing. Common objects are possible because the same bit of possible experience can stand in several different streams of experience, each terminating in a different mind, much as a point can be shared by many lines (ERE, 63).15 15 Notice has already been made of James’s difficulties in reconciling this doctrine with his analysis of experience in Principles of Psychology.

Zur Siebten Vorlesung In its broadest implications, the controversy between Royce and James is between a more traditional view of knowledge as something done for its own sake and the emerging view of cognition as just one moment in the interaction between an organism and its environment. For James, cognition must exhibit the characteristics of any adaptive activity. His theory is an adaptational role theory. This can be made clear by raising the same objection which Royce and James raises against similarity theories. A given mental state has many possible paths leading out of it and terminating in many different objects. If I think that this is candy, for example, my mental state as an ontological fact is as readily linked with the setting of mouse traps as it is with unwrapping chocolate bars, or anything else. Which of these is the path of reference? James replies in a manner characteristic of adaptational role theories that the true path is the one followed by the interpreters in expectation of certain results. Thus, in the case of the tigers in India, the true path is the one which leads to India and into the presence of tigers. Reference is experienced as the tug and pull in a certain direction which referring states have and non-referring lack: “The trueness of an idea must mean something definite in it that determines its tendency to work, and indeed towards this object rather than towards that. Undoubtedly there is something of this sort in the idea […] What that something is in the case of truth psychology tells us: the idea has associates peculiar to itself, motor as well as ideational; it tends by its place and nature to call these into being, one after another, and the appearance of them in succession is what we mean by the ‘workings’ of the idea. According to what they are, does the trueness or falseness which the idea harbored come to light […] This whole chain of natural causal conditions produces a resultant state of things in which new relations, not simply causal, can now be found, or into which they can now be introduced – the relations namely which we epistemologists study, relations of adaptation, of substitutability, of instrumentality, of reference, of truth” (MT, 96). For James, the difference between referential and non-referential states is something which can be felt, making his conception of references historically sensitive. Referential mental states of themselves orientate us towards the performance of certain actions. Of course, in most cases we do not follow out these paths.

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Ignas K. Skrupskelis As long as our mental lives proceed smoothly and without challenges, referential paths are the paths not taken (MT, 67–68). In our time in which intellectual life is dominated not by direct experience but by books of reference, for paths of direct verification we tend to substitute paths which lead towards reference books. Very few travel to India to look for tigers; more examine books on zoology. One advantage of James’s theory is the ease with which referential substitutes can be inserted into it because the process of consulting a book is describable in much the same terms as that of going to India. Many of the texts already quoted indicate that for James an isolated individual sentence has no verifiable reference. A context is needed, made up of beliefs, associations, habits, and much else besides. We experience reference not only as a tendency to act in a certain direction but also as a tendency to assent to or deny various propositions. And because this context can be shared by several interpreters, they can offer common interpretations. This view of reference fits James’s web of belief view of knowledge.

8.3 There are at least three histories of pragmatism found in James’s writings. There is first the familiar history which traces pragmatism to Peirce’s efforts to make our ideas clear; there is the history which focuses on the contributions of F. C. S. Schiller and John Dewey; and a third in which James claims the credit for himself. These three histories help to isolate the various strands which make up James’s pragmatism. The first history emphasizes pragmatism as a method and can be set aside because it does not concern the topic of my paper. Much nearer my purpose is the second history, viewing pragmatism as a theory of truth. In the pragmatism controversy time and time again James presents himself as only a defender of others, anxious that a promising but inchoate movement in philosophy should not suffer “instant execution, by conviction of intrinsic absurdity” or by “caricature” (MT, 38–39). The inventive minds were “Messrs. Schiller and Dewey”, who riding on the front of the

Zur Siebten Vorlesung “wave of scientific logic” were developing a “pragmatistic account of what truth everywhere signifies” (PM, 34). For several decades, the older conception that the sciences provide “exact copies” of reality was in process of breaking down (MT, 40). And it was Schiller and Dewey who were working out generalizations about truth in keeping with this development. Implicit in James’s polemical stance is the claim that the critics of pragmatism, from Bradley to Bertrand Russell, were out of touch with modern science and were clinging to a conception of truth no longer credible. In view of James’s notoriety as a defender of the mystical and the irrational, his persistent linking of pragmatism with recent science is of great interest and well worth study on its own account. Here I can only take note of the theme as showing that James did not regard the conception of truth as his own distinctive contribution to the movement. Others were making the discoveries, James in the meantime was merely engaging in “sympathetic mental play” and urging his readers to do likewise (MT, 42).16 It is only in his third history that James takes credit, claiming that he himself first set out the conception of truth he is defending in The Function of Cognition (MT, 78). This third history is implicit in the structure of The Meaning of Truth. Written as a sequel to pragmatism, it begins with two essays which predate the pragmatism controversy, in which the word pragmatism does not occur, and in which the concept of truth does not play a major role. Both essays are concerned with reference. By placing them first in a discussion of pragmatism, James shows that in his view his own pragmatism cannot be understood apart from his earlier work on reference and that it is this theory which is his distinctive contribution to the movement. While others, James suggests, have reached pragmatism by reflecting on the history of science, he himself has reached it by reflecting on cognition. It is a fortunate accident that his speculations should so well complement those of Schiller and Dewey, both tending towards a generic view of truth as successful working. 16 Humanism and Truth in which the notion of sympathetic play occurs dates from 1904, that is, in the first stages of the pragmatism controversy. In his Preface to The Meaning of Truth written in 1909, he presents the pragmatic account of truth as his own, with the qualification that it follows upon “similar ones” given by Dewey and Schiller (MT, 4).

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Ignas K. Skrupskelis Time and again when accused of destroying objectivity and making truth solely a reflection of individual likes and dislikes, in tones sometimes rising to exasperation, James retorts that his critics forget about objective reference: “Having previously written that truth means ‘agreement with reality,’ and insisted that the chief part of the expediency of any one opinion is its agreement with the rest of acknowledged truth, I apprehended no exclusively subjectivistic reading of my meaning. My mind was so filled with the notion of objective reference that I never dreamed that my hearers would let go of it” (MT, 128).17 Critics such as Bertrand Russell identify ‘works’ with ‘is useful’ and have no difficulty in showing that many truths are neither useful nor pleasant. This view, that pragmatism is utilitarianism in epistemology, has become commonplace even in introductory philosophy texts. In my view it is mistaken and James’s terms such as working, leading, paying, in certain contexts, can and should be understood in a non-utilitarian sense, as indicating successful reference. The assertion that there are tigers in India works or is true in the sense that there is a path leading from the mental state to the object such as, if the tendencies in the mental state were followed out, would result in direct presence of tigers. The referential assertion works in an entirely non-utilitarian way, in the sense that things are found to be as expected. At the same time, this working can be very unpleasant and expensive. Parents of teenagers, for example, often find what they most expected and most feared to find, a working which can be both distressing and costly. James is well aware that primarily referential expressions are not the only assertions for which truth is claimed. In fact, they form but a small part of typical human thinking. Scientific theories are also said to work but in a different sense. Such theories work in the sense of allowing us to insert novel and jarring experiences into our old system of beliefs in the most elegant and economical way. And in this context we can think of truth for James as a kind of utility. However, this value comes into play only when “alternative theoretic formulas are equally

17 The remark was made late in 1908, when he was fed up with critics who failed to credit pragmatists with at least an ordinary amount of sense.

Zur Siebten Vorlesung compatible with all the truths we know” and the chosen theory leads to “some sensible terminus or other that can be verified exactly”. In a frequently quoted text, and elsewhere, James insists that his is an account of “truths in the plural, or processes of leading”, “having only this quality in common, that they pay”. A utilitarian interpretation of ‘pay’ is made impossible by the next sentence which explains that paying here is “guiding us into or towards some part of a system that dips at numerous points into sense-percepts” (PM, 104). Numerous texts indicate that knowledge for James should be viewed as a loose web made up of strands of various kinds. Some of the strands are logical, others satisfy emotional needs, while others are in various ways useful. The system also has various referential points, each the beginning of a path which, if followed out, would lead to the incorporation of sensory experiences into the system. Various parts of the system are true, but each in its own way, and only a generic notion of truth can do justice to this variety.

Bibliography Cummins, Robert 1989: Meaning and Mental Representation, Cambridge Lyons, William 1995: Approaches to Intentionality, Oxford Royce, Josiah 1885: The Religious Aspect of Philosophy, Boston Skrupskelis, Ignas K. 1988: Introduction. In: William James, Manuscript Essays and Notes, Cambridge/London, XIII–XLVIII

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Ignas K. Skrupskelis

Zur Achten Vorlesung (I)

Hermann Deuser

Zur Achten Vorlesung (I): Pragmatismus und Religion

9.1 Verstehen wir unter Pragmatismus den philosophischen Begriff einer wissenschaftlichen Methode, so ist es aus heutiger Sicht und auf den ersten Blick erstaunlich, daß in William James’ Vorlesungsreihe über Pragmatismus das Thema Religion gerade nicht nur ein sozialphilosophisches, -psychologisches oder lebensweltlich-ethisches Grenzproblem darstellt. Nein, für James ist die Frage nach der wissenschaftlichen Bedeutung des religiösen Glaubens ein durchgängiges Thema von Beginn an. Der Pragmatismus will nicht nur sein Verhältnis zu Metaphysik und Religion klären (diese Grenzziehung oder Überschneidung teilt er mit allen neuzeitlichen philosophischen Schulbildungen), sondern er will die lebenspraktische Unvermeidlichkeit und aufgrund dessen die wissenschaftliche Notwendigkeit des religiösen Glaubens nachweisen. Daß diese für den Pragmatismus genuine Intention auch der Rezeptionsgeschichte eher fremd ist, macht im Kontext der deutschen Philosophie bereits die frühe Übersetzung von W. Jerusalem (1908) deutlich. Er diagnostiziert in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe von Der Pragmatismus erstens den unheilbaren Gegensatz zwischen dieser neuen Philosophie und den deutschen Richtungen der „Neu-Kantianer“, „Neu-Hegelianer“ und „Neu-Scholastiker“ und zweitens die Nähe des Pragmatismus zu naturphilosophischen Theoretikern wie W. Ostwald und E. Mach, aber auch zu Geisteswissenschaftlern wie G. Sim-

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Hermann Deuser mel und R. Eucken (DP, VI f.). Der religiöse Glaube steht in solchen Theoriewelten keineswegs im Vordergrund des Interesses. James aber beginnt seine letzte Vorlesung über Pragmatismus und Religion mit einem Rückverweis auf die erste Vorlesung dieser Reihe („The Present Dilemma in Philosophy“), und diese ist nichts anderes als eine große Exposition der universalen Spannung zwischen dem „zartfühlenden“ (tender-minded) und dem „hartgesottenen“ (tough-minded) Wissenschaftscharakter (PM, 13);1 mit nordamerikanischem Landschaftskolorit gesagt, geht es um den Gegensatz von „tender-foot Bostonians“ und „Rocky Mountain toughs“ (PM, 14), der Sache nach um die unausgeglichene Gefühlslage zwischen wissenschaftlicher Dominanz neutral erscheinender Fakten und der tröstlichen Konkretion der Religiosität.2 Daß beides weder einfach in Übereinstimmung zu bringen ist noch die jeweils eine Seite für sich genommen zufriedenstellend sein kann – genau darin besteht das „Dilemma“ der gegenwärtigen Philosophie (PM, 9). Von dieser Exposition aus gesehen ist es nicht mehr überraschend, daß der Aufriß der philosophischen Gegensatzbildungen nach „Temperamenten“ orientiert wird (PM, 11, 18, 24), deren Sinn in gegenläufigen Weltorientierungen – lebenspraktischen und religiösen Zuschnitts – zu suchen ist. Die 2. Vorlesung diskutiert deshalb das Verhältnis von Empirismus und (idealistischem) Gottesglauben (PM, 39 f.); die 3. Vorlesung ist gänzlich den Spannungen zwischen Metaphysik und wissenschaftlichem Weltbild gewidmet; die 4. Vorlesung sieht im Einheitsgedanken der Mystik einen unaufgebbaren Aspekt der emotionalen Weltorientierung (PM, 74 f.) trotz allem wissenschaftlich gebotenen Pluralismus (PM, 79); die 5. und 6. Vorlesung öffnen die Relation von Wahrheit und Realität gegenüber dem puren Empirismus durch Eintragung der Common-sense-Basis menschlichen Erkennens (PM, 93 f.) und der Prozeßhaftigkeit der Wahrheitsfindung in Übereinstimmung mit dem Univer-

1 Zitate aus Pragmatism hier und im folgenden in eigener Übersetzung; wo nötig, werden die englischen Begriffe in Klammern hinzugefügt. 2 Vgl. PM, 14: „our esteem for facts has not neutralized in us all religiousness. It is itself almost religious.“ – PM, 41 (Zweite Vorlesung): „But so far as it [sc. the Absolute] affords such [sc. religious] comfort, it surely is not sterile […]; it performs a concrete function.“

Zur Achten Vorlesung (I) sum (PM, 111 f.); und es ist dieser Begriff des Universums (PM, 124 ff.), der in der 7. Vorlesung als letztes gegen den „hartgesottenen“ Empirismus aufgeboten werden kann (PM, 127). Die 8. Vorlesung beginnt genau mit dieser Frage nach dem (unaufgebbaren) Nutzen der religiösen Bedeutung des Universums für die Lebenspraxis und den Wissenschaftsbegriff (PM, 131 ff.).

9.2 Bestand James’ Vorschlag schon von Beginn an darin, im „Dilemma“ zwischen unbefriedigender Faktenneutralität auf der einen und idealistischer Absolutheit auf der anderen Seite die Philosophie des Pragmatismus als forschungs- wie lebenspraktische Vermittlung3 auszuzeichnen, so hat die Empfehlung dieser Vermittlungsfunktion mit der erneuten und jetzt ausdrücklichen Thematisierung der Religion in der achten Vorlesung ihren Höhepunkt erreicht. Der Text gliedert sich wie folgt in eine Einleitung und zehn unterscheidbare Begründungsschritte:4 A 1–A 2: A 3–A 9: A 10–A 15: A 16–A 23: A 24–A 28: A 29–A 33: A 34–A 37: A 38–A 40: A 41–A 42:

Einleitung im Rückgriff besonders auf die erste und die zweite Vorlesung Doppelte Auslegung der kosmischen Emotionalität Die religionskritische Bedeutung des Pluralismus Die pragmatische Interpretation der Möglichkeit Die Lehre des Meliorismus Die existentielle Wendung im Handlungsbegriff Wachstum des Universums und mit-schöpferische Handlung Die religiös alternativen Einstellungen Zur Typologie des Religiösen

3 Vgl. den ersten Satz der achten Vorlesung (PM, 131): „At the close of the last lecture I reminded you of the first one, in which I had opposed tough-mindedness to tender-mindedness and recommended pragmatism as their mediator.“ 4 Gezählt wird im folgenden nach den 49 Absätzen (A 1–A 49) der 8. Vorlesung, d. h. von der ersten Textzeile an wird jede Zeileneinrückung als neuer Absatz gerechnet, ausgenommen die beiden eingerückten Zitate des Gedichts (nach Absatz 4) und des Epigramms (Absatz 44).

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Hermann Deuser A 43–A 45: Die eigene Entscheidung: Mut zum (pluralistischen) Glauben A 46–A 49: Die pragmatistische Gott-Hypothese

9.3 1. Einleitung im Rückgriff besonders auf die erste und die zweite Vorlesung (A 1–A 2). Es sind zwei Voraussetzungen, die der expliziten Thematisierung der Religion voranstehen und mit ihr erneut zur Diskussion gestellt sind: a) daß gemäß den beiden im Streit liegenden philosophischen Einstellungen („zartfühlend“, d. h. tendenziell idealistisch und religiös orientiert; und „hartgesotten“, d. h. tendenziell empiristisch und areligiös orientiert) dem Pragmatismus eine Vermittlungsleistung zukommt (vgl. die 1. Vorlesung); b) daß diese Vermittlung sich generell und also auch im Falle der Religion auf den lebenspraktischen Nutzen gründet, der gemäß der pragmatistischen Bedeutungstheorie auch den Grundbegriffen des religiösen Glaubens korrespondiert. Allerdings steht dieser Nutzen im Kontext der Wahrheitsüberprüfung, wie sie sich im Konzert aller Erfahrungsdimensionen und Wissenschaftszweige ergibt.5 Der Religion kommt insofern keine Sonderstellung jenseits wissenschaftlicher Überprüfung zu, doch aber die besondere Aufgabe, die Verbindung von „endlicher Erfahrung“ und Ewigkeit, Einheit und Absolutheit des „Universums“ in einem entscheidenden Sinn zur Diskussion zu stellen (vgl. A 1). Warum es sich dabei um einen entscheidenden Test handelt, liegt einfach in der praktischen Lebensorientierung begründet, dem persönlichen – wir können hier schon sagen: dem existen-

5 A 2: „And the meaning will be true if the use squares well with life’s other uses“ (PM, 131). Diese Forderung ist Teil der differenzierten Diskussion des Wahrheitsbegriffs aus der 6. und 7. Vorlesung, vgl. Deuser 2000. In diesem Zusammenhang ist auch R. Rortys Formulierung zutreffend: „Our responsibility to Truth is not, for James, a responsibility to get things right. Rather, it is a responsibility to ourselves to make our beliefs cohere with one another, and to our fellow humans to make them cohere with theirs“ (Rorty 1997, 85; im vorliegenden Band S. 214).

Zur Achten Vorlesung (I) tiellen – Ausschlag, der mit dem religiösen Glauben als fundamentaler Einstellung zu sich selbst verbunden ist. Durch dieses Nadelöhr müssen alle Beurteilungen von Erfahrungen hindurch, weil sie schließlich unsere Erfahrungen sind. Bereits am Ende der 2. Vorlesung war diese Sonderstellung des Religiösen sehr deutlich markiert worden (PM, 43 f.): Die Entlastungsund Trostfunktion (moral holiday) des religiösen Glaubens an das „Absolute“ ist so überwältigend, daß sie selbst dann nicht aufgegeben wird, wenn der Begriff des Absoluten wissenschaftlich offensichtlich aus methodischen Gründen nicht mehr haltbar erscheint. Genau in diesem Konflikt mit (anderen) theoretischen Wahrheitsüberprüfungen bewährt sich der Pragmatismus, denn dieser muß weder dem „positivistischen Empirismus“ noch dem „religiösen Rationalismus“ in ihren Konsequenzen um der Konsequenz willen folgen. Allein auf die „praktischen Konsequenzen“ zu achten bedeutet für den Pragmatismus, die „bescheidensten und allerpersönlichsten Erfahrungen in Betracht zu ziehen“ (PM, 44). Hier liegt die Kraft der Religiosität und die Offenheit des Pragmatismus ihr gegenüber, und unvoreingenommene Wahrnehmungen dieser Art zeichnen gerade die wahrhaft kritische Wissenschafts- und Lebenseinstellung aus. 2. Doppelte Auslegung der kosmischen Emotionalität (A 3–A 9). Das „Absolute“ nun pragmatistisch in die Diskussion zu ziehen ist deshalb möglich, weil sein „emotionaler“ Wert von unübersehbarem Rang ist. James konstatiert dies lakonisch als Tatbestand der Religionsgeschichte (A 3), und sein Beleg für solche Konkretion des Absoluten, wie es in der 7. Vorlesung bereits herausgefiltert wurde (vgl. PM, 128), ist – pars pro toto – die indische Mystik. Ganz wie in den Gifford Lectures (1901/02) ist es die hymnische Einheit von Seele (Selbst), Welt und Gott, worin die „kosmische Emotion“ (A 6) erlebt wird. Die zu James’ Zeit dafür aktuellen Texte entnimmt er den Vedanta, interpretiert durch den Schüler Ramakrishnas (1834–1886): Swami Vivekananda, der 1893 in Chicago die Einheit von Wissenschaft und Religion proklamiert hatte.6 Kulturell konkreter noch ist

6 Vgl. v. Brück 1989. Zu den von James benutzten Quellen und Texten vgl. DVRE, 398 f. u. Anm. 21 f., 555; 491 u. Anm. 28, 578 f.; vgl. in den Pragmatismus-Vorlesungen die 4. Vorlesung, PM, 74 ff.

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Hermann Deuser das Gedicht To You von Walt Whitman.7 Es läßt sich unmittelbar in der von James gesuchten Ambivalenz des Religiösen auslegen:8 direkt „monistisch“, d. h. im traditionellen (religiösen bzw. metaphysischen) Bezug zum Einen oder Absoluten; und pragmatistisch-pluralistisch in der unaufgebbaren religiösen Funktion des Einen für die Entwicklung und das Verständnis des Vielen. Wenn James sagt, das Gedicht sei „emotional and spiritual altogether“ (A 3), so hat diese Einstufung eine literarisch respektable, aber doch philosophisch gesehen eigentlich negative Bedeutung: Wie die Religionsgeschichte belegt, haben Menschen sich immer wieder in eine solche (mystische) Einheit göttlicher Weltseele versetzt empfunden, in einem absoluten Du erkannt – und daraus Lebens- und Erkenntniskraft gewonnen. Dem klaren praktischen Effekt steht aber die Kritik am wissenschaftlich eigentlich nicht mehr akzeptablen Monismus gegenüber, wie ihn James seit der 1. Vorlesung immer wieder hat zum Zuge bringen wollen: Die Differenz zwischen „spirituellem Opium“ (A 6) und wissenschaftlich vertretbarem Begriff von Einheit müsse erkennbar werden können. Dann bleibt als positive Interpretation des Gedichts allein die „pluralistische“ – man könnte auch sagen: die relativistische –, in der die Einheit des Du auf mögliche Perspektiven funktionalisiert, kurz: auf Möglichkeiten der produktiven Selbstidentifikation bezogen wird (A 7). Damit werden die „monistischen“ Implikationen reduziert und die empirisch-szientifischen propagiert, doch ohne dem scharfen Schnitt gegenüber dem Absoluten das Wort zu reden. Die mystisch-religiöse Einheit verdient pragmatistisch größten Respekt, auch dann, wenn sie sich so einfach und ohne Umstände nicht mehr wiederholen lassen will (A 9).

7 Das Gedicht erschien zuerst 1856 unter dem Titel Poem of You, Whoever You Are; 1860 To You, Whoever You Are; 1867 als No. 4 in der Sammlung Leaves of Grass; seit 1871 unter dem Titel To You; vgl. Whitman 1965, 232–235. James zitiert nicht die vollständige Fassung von 1891/92, sondern eine Edition der Leaves of Grass von 1872 unter Auslassung einzelner Strophen und Zeilen. 8 Dem entsprechen bis heute die literarisch-philosophischen Interpretationsvorschläge, vgl. für die mystisch-monistische Seite Chari 1964, 78 ff.; für die kommunikationstheoretisch-pluralistische Seite Carlisle 1973, 28 f.; vgl. auch Milligan 1987, 584 ff.

Zur Achten Vorlesung (I) 3. Die religionskritische Bedeutung des Pluralismus (A 10–A 15). Über die Frage eines Zuhörers der Vorlesung präzisiert James die Differenz zwischen der „monistischen“ und der „pluralistischen“ „Interpretation des Weltgedichts“ (A 13): Wissenschaftliche Methoden der Moderne und das ihnen korrespondierende Wahrheitsbewußtsein verlangen beständige Korrekturen und den Einsatz für immer bessere und neue Lösungen, die nicht von vornherein fixiert sein können (A 11) – das ist das Credo des Pluralismus. Demgegenüber bleibt aber das existentiell einschneidend empfundene Defizit, die eigene Endlichkeit und Kontingenz durchzuhalten, ohne darin zu verzweifeln (A 12). Denn eine solche Konsequenz würde auch die pluralistische Forschungs- und Wahrheitsperspektive zerstören. Deshalb erscheint es in gewissem Sinne notwendig, trotz des Pluralismus an einer „logischen Einheit“ (A 12) der Welt festzuhalten. James versteht diese Rückfrage nun nicht einfach als sympathische Apologie der mystischen Einheit im Sinne des Gedichts von W. Whitman, sondern er greift philosophisch ein und macht folgende Differenz geltend: Es ist ein Unterschied, gegen den wissenschaftlichen Pluralismus sozusagen „hinter“ ihm liegend eine „rationale Einheit der Dinge“ zu postulieren (A 14) – diesen (scholastischen oder idealistischen) Monismus hält James für unwiederholbar –, oder vorausschauend die „mögliche empirische Vereinigung“ zu erwarten. Die damit von James in philosophischer Perspektive verlangte Klarheit (A 15) läuft folglich darauf hinaus, das angeblich gewußte und feststehende „notwendige Prinzip“ der Einheit und „Perfektion der Welt“ durch deren „mögliche“ Zielbestimmung (A 14) aufgrund empirischer, „pluralistisch-melioristischer“ (A 13) Arbeit zu ersetzen. Ist diese Wendung dem Einwand aber angemessen? Selbst wenn James’ Interpretation des „rückwärts“ gewandten Einheitsgedankens zutreffen sollte, ausschlaggebend ist eigentlich nicht die Richtung, sondern die unterstellte oder herzustellende Realität dieses Einheitsbezugs. Zwischen Monismus und Pluralismus steht nicht nur eine Blickrichtung, sondern die (existentielle) Frage nach Gewißheit. James unterstellt dem Monismus die unbegründete und unbegründbare Einheitsvoraussetzung sozusagen vor aller Zeit, schließt ihn also vom wissenschaftlich begründeten Fallibilismus – um es mit C. S. Peirce’ Prinzip zum

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Hermann Deuser Ausdruck zu bringen9 – von vornherein aus. Umgekehrt sieht er im Pluralismus die wissenschaftlich gebotene Offenheit von Möglichkeiten, klärt aber zunächst nicht, ob es sich – um es wiederum mit C. S. Peirce zu sagen (Peirce 1995, 187 f., 196 ff.) – um die nominalistische Beliebigkeit von irgendwelchen Ausgängen handeln wird oder ob mit der von James in Aussicht gestellten, zukünftig möglichen Vereinigung im Sinne der vom Fragesteller gesuchten existentiellen Gewißheit eine reale Erwartung begründet und gemeint sein soll. Wiederum ist es offensichtlich die Religiosität, an der sich diese Frage entscheidet. 4. Die pragmatistische Interpretation der Möglichkeit (A 16–A 23). James selbst spielt im folgenden Begründungsschritt auf die scholastische Unterscheidung von Nominalismus und Realismus an, wenn er fragt, ob die religiös gesuchte, vorausgesetzte und erwartete Einheit ein universale „ante rem oder in rebus“ sei (A 16). Wiederum bleibt es bei der dualen Entgegensetzung von Monismus oder Pluralismus, den beiden Perspektiven nach rückwärts oder vorwärts, der Entscheidung zwischen Anfangsprinzip oder Zielorientierung (A 16 f.). Religiös gesprochen wäre das die Alternative zwischen der notwendigen oder der möglichen Erlösung der Welt (A 17). Was aber heißt Möglichkeit? James’ betont „pragmatische Methode“ (A 18) der Begriffsklärung liefert dazu drei Bestimmungsstücke: a) Die Behauptung der Möglichkeit ist anders zu beurteilen als die Modi des Unmöglichen, Wirklichen, Notwendigen (A 19), d. h. etwas als möglich zu erklären umschreibt einen eigenständigen Geltungsbereich. b) Wenn etwas in Wahrheit möglich ist, so ist es jedenfalls nicht real unmöglich, weil keine prinzipiellen Verhinderungsmomente gelten können. Daß dieser Begriff des Möglichen „abstrakt“ genannt wird (A 20), liegt einfach daran, daß zwischen unmöglich und möglich zunächst eine logische Differenz allesentscheidend ist, die bezüglich des Wirklichen und Notwendigen als positiv entschieden vorausgesetzt werden muß.10 c) Damit ist der Begriff des real

9 Vgl. zum methodischen Prinzip des Fallibilismus – der allerdings im Kontext der Philosophie des Kontinuums, des Synechismus vorgetragen wird – Peirce 1995, Text II.5. 10 Zur Diskussion der Modalitäten im Blick auf den Kontingenzbegriff vgl. Poser/Deuser 1990.

Zur Achten Vorlesung (I) oder konkret Möglichen erreicht, mit dem James diese Erörterung plastisch beschließt: „Ein mögliches Huhn bedeutet ein wirkliches Ei“ (A 21). Ist damit aber die Frage nach der nominalistischen oder realistischen Bedeutung der Möglichkeit beantwortet? Im Sinne der realen Möglichkeit des Wachstums (des Huhns aus dem Ei) wäre analog die Möglichkeit der Erlösung (A 22) im Zusammenhang der empirischen – und wissenschaftlich pluralistischen – Entwicklung des Universums als real aufzufassen. Könnte diese Möglichkeit aber nicht als wahr eingestuft werden, zerfiele die gesuchte Gewißheit bzw. deren Klärung zugunsten ungewisser Ausgänge des allgemein und abstrakt Möglichen. James optiert ohne Zweifel für ein universale in rebus – und verwirft als rückwärtsgewandten Monismus das universale ante rem. Ob aber das empirisch klingende in rebus im Sinne des Realismus zu verstehen ist, bleibt noch unklar.11 5. Die Lehre des Meliorismus (A 24–A 28). Die existentielle Frage nach Gewißheit war bereits als „pluralistisch-melioristische“ (A 13) Option interpretiert worden,12 d. h. der Möglichkeitsbegriff enthält offensichtlich auch die lebenspraktische Entscheidung für die besseren Entwicklungsmöglichkeiten – und damit gegen die schlechteren. James hatte bereits in der 6. Vorlesung dem Wahrheitsbegriff diesen Akzent der Zukunftsoffenheit gegeben: Wenn Wahrheit – wiederum mit Peirce gesprochen – „in the long run“ (PM, 106 f.) korrekturfähig und zielorientiert praktisch zum Zuge kommen soll, dann spielt der gegenwärtige Einsatz für die Wahrheit eine entscheidende Rolle; und so versteht James auch das Kierkegaard-Zitat „Vor-

11 Es ist aufschlußreich und zeigt die Bedeutung dieser Frage, daß J. Dewey später die Begründung von Religiosität allein im Begriff dessen fundieren wird, was ethisch (zum Besseren) möglich ist, vgl. Dewey 1989 (1934), hier bes. 17, 30, 33 f. 12 Vgl. bereits in der 1. Vorlesung (PM, 14): „The evil of the parts is undeniable; but the whole can’t be evil: so practical pessimism may be combined with metaphysical optimism.“ Vgl. in der 3. Vorlesung (PM, 60 f.): „free will as a melioristic doctrine“ und (PM, 61): „Surely the only possibility that one can rationally claim is the possibility that things may be better.“

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Hermann Deuser wärts zu leben, aber rückwärts zu verstehen“ (PM, 107).13 Die neuen Möglichkeiten müssen riskiert werden, und in dieser existentiellen Betrachtungsweise findet sich der Möglichkeitsbegriff in verändertem Kontext, nämlich in der Gegenstellung von pessimistischer oder optimistischer Grundeinstellung (A 24 f.). Daß für James Schopenhauers Empfehlung der tendenziellen Selbstaufgabe im Sinne indischer Religiosität gerade keine passende pragmatistische Lösung bietet, ist auf dem Wege zu einer melioristisch-aktiven Prozeß- und Wahrheitsbestimmung des Universums selbstverständlich (A 26).14 Aber auch „indifferent“ oder „neutral“ kann sich in diesen Fragen kein Mensch, der ernstgenommen werden will, verhalten wollen: Es geht um die Grundeinstellung zum „Universum“ (A 24). Was aber spricht denn für den zu wählenden Meliorismus, daß uns Menschen nämlich die Erlösung der Welt mehr am Herzen liegen sollte als ihre pessimistische Ignoranz oder Verachtung? James’ Begründung besteht nicht in einem metaphysischen Realismus (und hier liegt die entscheidende Differenz zu C. S. Peirce’ Pragmatizismus15), obwohl sich die Fragestellung bisher so zu entwickeln schien, sondern sie besteht im Wechsel von der theoretischen auf die praktische Ebene der Lebensentscheidung. Der Möglichkeitsbegriff wird gefaßt als Einsatz für bestimmte Möglichkeiten, die sich – unter gegebenen Umständen – einem 13 Vgl. dazu Deuser 2000. James übernimmt das Zitat vermittelt durch H. Høffding (Høffding 1905, 85–92; hier: 86, vgl. auch 90). Umgekehrt stellt H. Høffding einem seiner Kapitel der Religionsphilosophie ein Mottozitat aus James’ The Will to Believe voran: „There are cases, where faith creates its own verification.“ Vgl. Høffding 1924, 216; vgl. WB, 80. 14 Zu Schopenhauers religionstheoretischer Differenzbildung zwischen „optimistisch oder pessimistisch“ bzw. zur Bevorzugung des Buddhismus aus diesem Grunde vgl. Schopenhauer 1976 (1. Buch, 17. Kap.: Über das metaphysische Bedürfnis des Menschen), 218 ff. – Vgl. auch die deutliche Abwehr gegenüber Nietzsche und Schopenhauer, wie sie James bereits in den Gifford Lectures formuliert hat, DVRE, 71: „Die Gefühlslage eines Schopenhauer oder Nietzsche […] ist fast ebenso oft von erhebender Traurigkeit wie von bloßer Übellaunigkeit, die sich – ihre Beute im Maul – davonmacht. Ein ums andere Mal erinnern einen die beiden deutschen Schriftsteller an das kranke Pfeifen zweier Ratten im Todeskampf. Ihnen fehlt der reinigende Ton, den religiöse Traurigkeit freisetzt.“ 15 Mit diesem Begriff markiert Peirce seit 1905 die realistischen und metaphysisch-kosmologischen Kontexte seiner Philosophie und grenzt sie damit energisch gegenüber dem als nominalistisch empfundenen populären Pragmatismus ab, vgl. Deuser 1995, XXXVII–XXXV.

Zur Achten Vorlesung (I) Lebensentwurf jeweils darbieten: Handlungsmöglichkeiten (our act), und zwar unter den existentiellen Entscheidungskategorien der „Fülle der Zeit“ und der sich im Sprung erschließenden konkreten Realisierungschancen (A 28). Die Entsprechungen zur Begrifflichkeit in Kierkegaards existenzdialektischer Philosophie und Theologie sind nicht zu überhören.16 6. Die existentielle Wendung im Handlungsbegriff (A 29–A 33). Wenn es – metaphysisch zugespitzt – um die Frage geht, wie es zum schöpferischen Akt dessen überhaupt kommen kann, was wir die „Erlösung der Welt“ nennen können (A 29) bzw. was die Welt einheitlich (und damit rational) überhaupt zusammenhält (A 32), so antwortet James nun folgerichtig nicht mit einer allgemeinen Metaphysik oder monistischen Rationalität, sondern er geht mit dem religiösen Glauben in die lebenspraktische Überzeugungskraft von Einheitsbildungen (A 30), fürchtet nicht den Vorwurf der Irrationalität (A 31) und gibt als real wirkende – und erlösende – Einheitskraft die Lebendigkeit selbst an, soweit sie Menschen zukommt: ihren Lebenswillen, den Wunsch, da zu sein (someone wishes it to be here) (A 32). Damit hat James allerdings einer umfassenden Willens- oder Wunschmetaphysik nur unter Vorbehalt Raum gegeben, sofern es empirisch („hartgesotten“) gesehen dabei bleibt, daß das menschliche – und in gewissem Sinne „absolute“ – Selbst ein Selbst unter gegebenen Umständen ist: geprägt von jeweils anderen Menschen und ihren Wunschrealisierungen ebenso wie den welthaft vermittelnden Bedingungen (A 33). Mit anderen Worten: Die metaphysisch gesuchte Entwicklungsfähigkeit, das Wachstum des Seins geschieht unter endlichen Bedingungen im kompromißhaften17 Zusammenwirken der kreativen Wunscheinheit menschlicher Handlungen (A 29) mit den vorgefundenen Bedingungen (A 33). 7. Wachstum des Universums und mit-schöpferische Handlung (A 34–A 37). Im folgenden Begründungsschritt wird die Bildkraft eines aufgrund von menschlichem Einsatz wachsenden

16 Zum eschatologischen Augenblick der Fülle der Zeit vgl. Gal 4, 4 und Kierkegaard 1967, 16 (I. Kap., B.b); zur Kategorie des Augenblicks und des Sprunges Kierkegaard 1965, 29 (I. Kap., § 2), 83 ff. (III. Kap., Einl.). 17 PM, 139: „from compromise to compromise, only gets organized gradually into what may be called secondarily rational shape.“

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Hermann Deuser Universums noch verstärkt. James läßt die prä-kreatorische Szene erstehen, in der Gott dem Menschen eine Schöpfung vorschlägt, die das Risiko unabgesicherter Einheitsbildung mit dem Abenteuer menschlicher Co-operatio verbindet. Ein Weltentwurf, der genau nach dem Muster einer „lebendigen Hypothese“ eingeführt wird, wie sie James 1896 mit dem Vortrag Der Wille zum Glauben zur Diskussion gestellt hatte: „Das Maximum an Lebendigkeit ist einer Hypothese dann eigen, wenn die Willigkeit, unwiderruflich zu handeln, vorhanden ist. Eigentlich spricht man nur in diesem Fall von ‚Glauben‘“ (WG, 129).18 Entscheidungssituation und Hypothesenlebendigkeit liegen also ineinander: Würde im Ernst ein gesunder Mensch vor einem solchen Universum, das die eigene Tatkraft zu seinem Werden verlangt, zurückscheuen? Daß dies nicht der Fall ist, macht die dadurch akzentuierte Rationalität dieses Weltentwurfs aus und entspricht der „robusten Geistesart“ (A 36), wie James hier mit dem religionstypologischen Grundbegriff der Gifford Lectures sagt.19 Wie theologisch bewußt und konsequent diese Hypothese zu verstehen ist, zeigt die ausdrückliche Verbindung des göttlichen Schöpfungsaktes mit dem menschlichen: Wir würden „dem fiat des Schöpfers unser fiat hinzusetzen“ (A 37).20 Zögern läßt allein die Einsicht in die Schwachheit und das Scheitern von Menschen, die, wie im Bild des verlorenen Sohnes (A 37; vgl. Lk 15, 11–32), die schöpferische Kraft zum offenen Risiko nicht aufbringen und zum monistischen oder idealistischen Vater/Gott zurückfliehen müssen. Das aber führte zu

18 Vgl. WB, 14: „The maximum of liveness in an hypothesis means willingness to act irrevocably. Practically, that means belief.“ Vgl. zu diesem klassischen Text amerikanischer Religionsphilosophie die kritischen Darstellungen von Jung 1999, 190 ff.; Schulz 1999, Kap. 5. 19 Vgl. die Überschrift der IV. u. V. Vorlesung: „The Religion of HealthyMindedness“ in VRE; dt.: „Die Religion der robusten Geistesart.“ – Daß „toughmindedness“ (in den Pragmatismus-Vorlesungen) und „healthy-mindedness“ (in den Gifford Lectures) voneinander unterschieden werden sollten, wie Perry notiert, ist zumindest im Kontext der 8. Vorlesung nicht zu begründen; vgl. Perry 1935 II, 324, Anm. 3. 20 Vgl. auch in den Gifford Lectures, am Ende der XX. Vorlesung, DVRE, 496: „Wer weiß, ob die Treue, mit der der Einzelne hier unten an seiner armseligen Form des Über-Glaubens festhält, nicht ihrerseits Gott dabei helfen kann, seinen eigenen größeren Aufgaben noch wirksamer die Treue zu halten?“

Zur Achten Vorlesung (I) einem „Universum“ der schwachen Wünsche, entspräche nicht der Prozeßkraft „der Mutter Natur“ (old nurse Nature) (A 36). 8. Die religiös alternativen Einstellungen (A 38–A 40). Mit der Wendung zur existentiellen Handlungsbestimmung hängt die religiöse Typisierung aufs engste zusammen. Entsprechend den Gifford Lectures und ihrer Typologie der zwei Menschenklassen: der „robusten Geistesart“ (healthy-mindedness) und der „kranken Seele“ (sick soul ) – und synonym damit den „einmal geborenen“ (once-born) und den „zweimal geborenen“ (twice-born) Charakteren21 – wendet James jetzt diese alternativen Einstellungen, wie sie die Pragmatismus-Vorlesungen von Beginn an vorgetragen hatten, auf die Frage nach der (tröstlichen) Einheit oder (risiko-offenen) Vielheit des Universums an. Die mystische bzw. monistische Tradition der All-Einheit, wie sie erneut mit den asiatischen Religionen illustriert wird (A 38), entspräche dann dem religiösen Trostbedürfnis bzw. der menschlichen Schwäche, dem ausgangsoffenen Erfahrungsprozeß nicht ins Gesicht sehen zu können. Der „zartfühlende“ religiöse Charakter schreckt entsetzt vor der harten Realität des unabgesichert zu lebenden Universums zurück (A 39): im pathologischen Affekt der „kranken Seele“. Umgekehrt müßte dann die Kraft, sich dem pluralistischen Erfahrungsuniversum zu stellen, der „robusten Geistesart“ bzw. hier dem „hartgesottenen“ Charakter entsprechen (A 40). Die religiöse Einheit wäre nur als Therapie für kranke Seelen empfehlenswert, der mutige Pluralismus aber, so wäre dann zu schließen, brauchte keine Religiosität, es sei denn, in seinen schwachen Stunden. Das Problem mit dieser alternativen Typologie ist allerdings ein doppeltes: Erstens liegt es religionspsychologisch im Sinne der Gifford Lectures gerade umgekehrt so, daß die Spannungskräfte der Religiosität der kranken Seele überhaupt erst die Tiefenstrukturen des menschlichen Daseins und damit seines Bezugs zum Inbegriff aller Erfahrung – ihrer Einheit oder Vielheit – aufdecken helfen, während die Robustheit des gesunden Welt- und Selbstverhältnisses naiv – und für die Analyse eher langweilig – die Dinge eben nimmt, wie sie nun einmal sind. Dann würde James durch die Anwendung der analogen Typo-

21 Vgl. VRE, Vorlesungen IV/V und VI/VII.

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Hermann Deuser logie in der 8. Vorlesung über Pragmatismus diese Auszeichnung des komplexen religiösen Charakters gerade verloren geben, wenn für Robustheit und gegen die Schwäche der kranken Seele entschieden würde. Zweitens liegt auch eine interne Schwierigkeit in den Vorlesungen selbst vor, denn warum sollte die „hartgesottene“ Einstellung – weil mit dogmatischer Entschiedenheit vorgehend – nicht dem idealistischen Monismus und die „zartfühlende“ Einstellung – weil differenzierter denkend – nicht dem wissenschaftlichen Pluralismus zugeordnet werden? Das ausschlaggebende Kriterium ist hier offenbar nicht die Phänomenologie beider Charaktere, sondern allein der religiösdogmatische Entscheidungspunkt: Wie wird Offenheit bzw. Geschlossenheit des Universums existentiell verkraftet? Unter diesem – und eigentlich nur unter diesem – Aspekt geurteilt erscheint der Monismus schwach und der Pluralismus stark; unter den Aspekten der religiösen Komplexität, der Aufmerksamkeit, Beobachtungsfähigkeit oder der Sensibilität für die eigene wie die äußere Natur könnte auch anders entschieden werden: Zartfühlende Pluralität läßt sich ebensogut denken wie hartgesottener Dogmatismus, und das wiederum wissenschaftlich ebensogut wie religiös! James spürt selbst das Problematische an seiner Lösung und entdeckt, daß der von ihm ausgezeichnete hartgesotten-pluralistische Typus vielleicht gar nichts mehr mit Religiosität zu tun haben könnte: Der Mut zum pluralistischen Forschungsrisiko könnte ebensogut als moralisch eingestuft werden (A 40). Wozu dann noch Religiosität? 9. Zur Typologie des Religiösen (A 41–A 42). Daß James die Religiosität hier nicht verabschiedet, erscheint nur auf den ersten Blick inkonsequent; daß er sie weiterhin braucht, hat offenbar den folgenden Grund: Gerade an den beiden Typen religiöser Welt- und Gottesbeziehung22 läßt sich das (metaphysische) Grundproblem der modernen Philosophie am schärfsten fassen:23 Gibt es – in unserer (durch die Naturwissenschaften 22 Hier (A 41) wiederum in der Sprachform der Gifford Lectures: „healthy-minded“/„sick-minded“. 23 Vgl. in A 41: „the final question of philosophy“ – auch im Rückverweis auf die 4. Vorlesung!

Zur Achten Vorlesung (I) präformierten) Lebens- und Erfahrungswelt – eine Voraussetzung von Einheit bzw. abgesicherte Orientierung auf Einheit hin, oder muß diese über Auswahlentscheidungen erst hergestellt werden (A 41)? James’ Pragmatismus läßt es zwar nicht zu, die Frage nach Einheit/Vielheit als im scholastischen Sinne metaphysische Quaestio zu diskutieren, trotzdem aber wäre ja durchaus eine naturphilosophische, erkenntnistheoretische Problemanalyse des Universums selbst denkbar. Doch ist mit der religiös-wissenschaftlichen Typologie bereits eine Alternative vorgezeichnet, die einen gewissen Systemzwang mit sich bringt, d. h. die (erfahrungswissenschaftlich motivierte) Entscheidung zugunsten des Methodenpluralismus und damit implizit auch einer pluralistischen, jedenfalls nicht mehr vorweg einheitlich bestimmten Welt ist längst gefallen.24 Andererseits aber ist es ebenso offensichtlich, daß James, wie die 4. Vorlesung im Verweis auf Mystik und Religion (PM, 76) schon gezeigt hat, um der menschlichen Lebensführung willen dem Problem der Einheit verpflichtet bleiben muß – und dieses Verpflichtetsein nährt sich allein aus dem unverminderten Erfahrungsschatz der Religiosität. Denn sie ist es, die bedingungslos nach der „Rettung“ des Vielen, des Widersprechenden und des Absterbenden fragt (A 42). Weiterhin fällt auf, daß die existentielle Wendung gar nicht als ausschließende Alternative (moralisch oder religiös) konzipiert ist, wie es zunächst zu sein schien (vgl. A 40), sondern als Differenz einer radikalen Voraussetzung von Einheit (im veralteten und nicht mehr gerechtfertigten, allenfalls therapeutischen Sinn von Religiosität) – und einer weniger radikal und umfassend gedachten, dafür aber in die Zukunft verlegten Einheit. Diese geht durch ihre Umbesetzung – weg von der metaphysischen Prämisse und hin zur zukunftsoffenen Forschung – nicht etwa vergessen, sondern sie tritt gerade als Orientierungskraft individueller Entscheidungen und aktiver Teilnahme jetzt erst wirklich in Szene. In diesem Horizont also ist die alternative Typologie (Robustheit und kranke Seele) zu plazieren, und hier genügt nicht die praktische Auskunft, Menschen wie ihre (im-

24 Vgl. die acht Einheitsgesichtspunkte (PM, 66–71) als philosophische Reminiszenz in der 4. Vorlesung und das pluralistische Resultat am Ende (PM, 79).

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Hermann Deuser pliziten) philosophischen Einstellungen seien ohnedies immer Mischformen der hier idealisiert vorgestellten Typen (A 42), sondern es muß – wegen der notwendigen Handlungsfähigkeit – zu einer überzeugenden Stellungnahme zwischen pluralistischer oder monistischer Orientierung kommen. James’ Pragmatismus, der von Beginn an auf die Differenz dieser beiden philosophischen „Temperamente“ zielte,25 kann jetzt deren steuernde und die Pluralismusentscheidung überdauernde Kraft allein über die Religiosität begründen: Während die Vielgestaltigkeit des modernen Erfahrungs- und Methodenbewußtseins sich negativ darin auswirkt, daß empirisch unabweisbar den immer relativen Optionen und Optimierungen nachgegangen werden muß, ist das biblisch geforderte „Ja, ja“ (Mt 5, 37) der göttlichen Positivität nicht mehr durchzuhalten (A 41), und ein schneidendes „Nein“ durchzieht das Universum (A 42). Doch das nicht zum Schweigen und nicht zur agnostischen Neutralität zu bringende Gefühl für Verlust und Leiden stammt aus derselben Religiosität, die als Einheitsgarantie verloren erscheint. James’ kritisches Festhalten an der religiösen Funktion verdankt sich der doppelten Theodizee-Problematik:26 Der Verdacht, die religiös-positive Einheit der Welt lasse sich nicht mehr begründen (A 42), ist ebenso leidenschaftlich wie die Angst vor der drohenden Haltlosigkeit der Zersplitterung. Produktiver Wissenschaftlichkeit wäre auf beiden Seiten nicht gedient, die Einheit-Vielheit-Problematik ist pragmatistisch auf eine andere Ebene verlagert. 10. Die eigene Entscheidung: Mut zum (pluralistischen) Glauben (A 43–A 45). Die nächste Steigerung in James’ existentieller Beantwortung der metaphysischen Fragestellung besteht konsequent in der Anwendung auf die eigene Person. Sie allein steht für das Festhalten an Religiosität und die Entschiedenheit, dem Pluralismus ins Auge zu sehen. Die Verbindung beider Aspekte, trotz Vielfalt Religiosität gerade nicht verlorengehen zu lassen, bedeutet allerdings, „die Behauptung vollständiger Versöhnung aufzugeben“ (A 43). Die Theodizee wird vom objektiv unlös25 Vgl. die 1. Vorlesung und vgl. oben Abschnitt 9.1. 26 Der Begriff Theodizee war in metaphysikkritischer, polemischer Absicht in der 1. Vorlesung (vgl. PM, 18) genannt worden (gegen Leibniz), fällt hier im Kontext der 8. Vorlesung aber nicht.

Zur Achten Vorlesung (I) baren Problem auf den persönlichen Glaubensakt (faith) verlagert. An die Stelle rückwärts gewandter, billiger Vertröstung (A 43; vgl. A 37) tritt der Mut, sich den „wirklichen Gefahren und Abenteuern“ des Universums auszusetzen, und der Gegensatz von Monismus oder Pluralismus, „hartgesotten“ oder „zartfühlend“, „robust“ oder „kranke Seele“ wird überführt in ein existentiell entschiedenes – zu lebendes und zu ertragendes – Spannungsfeld, in dem die Einheit sich (möglicherweise) ergeben wird, und allein dies ist Verheißung genug (A 43). Die letzten Motive, zwischen Verlust oder Versöhnung zu entscheiden, liegen in der Person verborgen. Das Pathos puritanischen Selbstopfers27 für die gute Sache Gottes – und gelte es auch das Leben – findet sich moralisch-religiös wieder im existentiellen Wagnis für das Gute und gegen das Böse. Eine Theodizee des Ganzen der Erlösung ist nicht mehr denkbar, deshalb liegt die Rettung im mutigen Glaube-Handlungs-Zusammenhang auf ein rettendes Universum hin (A 44). Dieses Universum trägt seine pluralen Ausfälle ebenso wie die Hoffnung aufs Gelingen. Die vorweg „unabgesicherten Möglichkeiten“ verlangen diesen Mut und Willen, um das zu realisieren, was als Ideal metaphysisch nicht mehr vorausgesetzt werden kann (A 45). Pragmatismus bedeutet für James also, in eigener Person den Einsatz zu wagen, damit das Universum partiell immer wieder wird, was es in religiöser Erwartung sein könnte: nicht verloren, sondern gerettet. 11. Die pragmatistische Gott-Hypothese (A 46–A 49). Der von James immer wieder eingesetzte Ziel- und Orientierungsbegriff des Universums ist es, an dem allein das Gegengewicht zur existentiellen Entscheidung hängt. Denn wären Einheit oder Vielheit keine Eigenschaften des Universums selbst, würde ihre Herstellung ganz auf die existentielle Entscheidung zurück-

27 Verbunden mit dem Epigramm des Schiffbrüchigen (A 44), in der Übersetzung von W. Jerusalem, DP, 190: „Mein Schiff zerbrach, und ich bin hier begraben, / Nur weiter segle Du! / Die Schiffe auch, die scheitern mich gesehen haben, / Sie fuhren ruhig zu.“ Der Text ist, laut Auskunft der Hrsg. der Works of William James, überliefert von Theodorides of Syracuse, in: Selections from the Greek Anthology, ed. by G. R. Thomson (pseud.), London: Walter Scott, 1889, 275; transl. by H. Wellesly. Vgl. Anthologia Graeca, Bd. II, VII: Grabepigramme, Epigramm 282, hrsg. v. H. Beckby, München 1957.

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Hermann Deuser fallen. Das Festhalten an der Bedeutung von Religiosität, so war James in den letzten Begründungsschritten zu verstehen, zeigte bereits, daß die Alternative von Einheit contra Vielheit auch nicht so verteilt werden kann, als sei das Universum das Viele, die Einheit aber würde nur subjektiv produziert. In diesem Fall würden die religiösen Motive nur vorübergehende therapeutische Funktion haben, keinen realen Wert und also überflüssig werden. Die existentielle Verwandlung des Absoluten zum handlungsbestimmenden Letzten hingegen verlegt Vielheit und Einheit in einen sie beide integrierenden Prozeßzusammenhang – des Universums, in dem Vielheit auf Einheit hin und damit der „Wille zum Glauben“ (und der Mut zum Handeln auf Rettung hin) verständlich und praktisch werden. Dem so interpretierten Begriff Universum kommen in James’ Kontext offensichtlich zumindest drei Bedeutungen zu: a) Im naturwissenschaftlichen Denkzusammenhang geht es um die Forschungsperspektiven und empirischen Daten des evolutionistischen Universums, d. h. Welt im kosmologischen Sinn. b) Dieser kosmologische Aspekt ist in der Tradition des amerikanischen Transzendentalismus aber zugleich über den deutschen Idealismus, die Romantik und die spirituelle Naturphilosophie Swedenborgs mitzuverstehen. R. W. Emersons Essay Nature (1836) bringt einen Zusammenklang dieser Traditionen religiös-kosmologischer Naturverehrung, die aus dem Zusammenstimmen von Selbst und Universum herauswächst.28 c) Schließlich bleibt bei aller naturwissenschaftlichen Kritik am transzendentalistischen Naturbegriff 29 James diesem doch verwandt, indem er das emotionale Weltverhältnis als den religiösexistentiellen Zusammenhang von Glauben (faith) und Univer-

28 Vgl. Emerson 1990, 83 ff.; vgl. auch die Einleitung des Hrsg., 54 ff., und seine Erläuterungen zum Einfluß E. Swedenborgs, 305 f., Anm. 29. 29 Vgl. Herms 1991, 87 f. – Vgl. Herms 1977, hier bes. 25 ff. (zur „christlichen Philosophie“ von James’ Vater Henry James). James steht damit der Sicht der Unendlichkeit als Anschauung und Gefühl in Schleiermachers Reden über die Religion (1799), vgl. vor allem die 2. Rede, nahe, nur daß die von Schleiermacher vorgenommene Differenz zur Moralität (nach dem Muster von Kants praktischer Philosophie) keine entscheidende Rolle mehr spielt und die inzwischen für James selbstverständlichen Erfolge der naturwissenschaftlichen Methode ein anderes Gewicht bekommen haben. Vgl. Schleiermacher 1999. Zum systematischen Vergleich Schleiermacher-James vgl. auch Herms 1977, 102, 265.

Zur Achten Vorlesung (I) sum auf neue Weise herausarbeitet.30 Im Universum realisieren sich die religiösen Ideale – und das nicht nur in der Gemeinschaft der Menschen, sondern im Sinne der religiösen Hypothese durchaus als „superhuman forces“ (A 46). Auch an dieser letzten Begründungsstelle der 8. Vorlesung mag es auf den ersten Blick überraschend erscheinen, daß James nun doch eine positive Relation zur „Theologie“, zur „superhuman hypothesis“ Gottes vorträgt. Das konsequente Festhalten der Bedeutung von Religiosität erklärt sich wiederum dadurch, daß James zwar aus rein wissenschaftstheoretischen Gründen dem Pluralismus zustimmen muß, dies aber immer unter Bewahrung des emotionalen Einheits-, Lebens- und Rettungsinteresses tut. Der Pragmatismus will methodisch vermitteln, und das kann er an dieser metaphysischen Stelle nur mit Hilfe der Religiosität: Wenn das Universum nichts Anderes wäre als eine Ansammlung von empirischen Daten auf der einen Seite und eines moralischen Einheits- und Gestaltungswillens auf der anderen, so zerfiele die Einheitssehnsucht zur subjektiven Illusion. Hat das Universum selbst aber, weil das menschliche Wissen und Glauben in ihm sich entwickeln, Einheitstendenzen zu bieten, auf die der Wille zum Glauben eingeht, so ist der nominalistische Illusionsverdacht gebannt und die Realität der „superhuman hypothesis“ ins Spiel gebracht. In diesem Sinne kann von Gott gesprochen werden, und in diesem Sinne allein ist es keine Banalität und kein Zirkelschluß, wenn James zuletzt auf den pragmatistischen Grundsatz zurückkommt: „wenn die GottHypothese im weitesten Sinne des Wortes zufriedenstellend funktioniert, ist sie wahr“ (A 47). Wahr ist sie im Zusammenhang menschlicher Erfahrungen, die James in den Gifford Lectures ausdrücklich in dieser Hinsicht analysiert und mit der Tendenz der Verteidigung der Gott-Hypothese zusammengefaßt hat.31 Das heißt, zwischen den Vorlesungen von 1901/02 und 1906/07 besteht in dieser Hinsicht ausdrücklich keine Dif30 Vgl. Herms 1991, 71, mit dem Hinweis auf die Synonyme: „theory of the cosmos“, „view of the universe“, „philosophy“, „vision of life“, „Weltanschauung“; 102: „Die alte, aus der Tradition des transzendentalistisch umgeformten Protestantismus sich ergebende Sicht des Kosmos ‚as if he had some life in it‘ […] war rehabilitiert.“ 31 Vgl. vor allem die XX. Vorlesung und das Nachwort der Gifford Lectures, dt. DVRE, 473 ff., 497 ff.

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Hermann Deuser ferenz (A 47). Der Atheismus würde dagegen fälschlich etwas negativ fixieren, was positiv als religiöses Verhältnis zwischen Selbst und Universum gerade realistisch offengehalten werden muß: die religiösen Erfahrungszeugnisse liegen vor und belegen, daß es „höhere Mächte gibt“ (A 47). Die „zartfühlenden“ Menschen waren ohnedies Anlaß genug, an diesem Punkt nicht voreilig für eine empiristische und gefühllose Neutralität des Universums zu votieren (A 48). Der Pragmatismus plädiert für ein Bündnis zwischen pluralistisch bestimmter Wissenschaftsauffassung und religiös-moralischer Entschiedenheit, dem Universum das Beste abzugewinnen, weil es diese Möglichkeiten selbst präsentiert und enthält. Dies, so James zum Schluß, will er getrost als Theismus im „pragmatistischen und melioristischen Typus“ bezeichnen (A 49).

9.4 Selbst wenn wir James’ Begründungsschritte zum notwendigen Zusammenhang von Pragmatismus und Religion mitgehen, bleiben einige interne Fragen: (1) Ist das Verhältnis von Moralität und Religiosität überzeugend geklärt? (2) Ist das Verhältnis von Nominalismus und Realismus bezüglich des Glaubensaktes befriedigend dargestellt und religionsphilosophisch angemessen projektiert? (3) Ist die Konzeption des Übernatürlichen/Übermenschlichen im Kontext des Erfahrungsbegriffs religionsphilosophisch und theologisch zwingend? 1. Daß die emotionale Überzeugungsbildung zur vollständigen Bestimmung dessen gehört, was Menschen als Ergebnis von Erfahrung und Urteil ihr Wissen nennen, ist eine Erkenntnis, die sich im neunzehnten Jahrhundert gegen die Traditionen der theoretischen Aufklärung und gegen die empiristisch reduzierten Wissenschaftsauffassungen wieder durchzusetzen beginnt. Schleiermachers Apologie der Selbständigkeit von Religiosität gegenüber Moralität und Metaphysik (vgl. oben Anm. 29) erscheint am Ende des Jahrhunderts im Gewand der Psychologie des Glaubens (belief ), James faßt den Stand 1896 in den Satz: „Offenbar also beeinflußt unsere nicht-intellektuelle Natur unsere Überzeugungen“ (WG, 137). Damit aber ergibt sich die Rückfrage, wie weitreichend Glaubens-Urteile denn berechtigt

Zur Achten Vorlesung (I) sind, ob sie besser kontrolliert oder, weil wünschenswert, mehr beachtet werden sollten. Für James sind dies zwar dem Forschungsfeld nach empirische Fragen der Psychologie, ihrer philosophischen Bedeutung nach aber geht es um die Wahrheit moralischer bzw. religiöser Aussagen über die Wirklichkeit. Was für James nicht mehr in Frage kommt, ist das fortschrittsoptimistische Vorziehen und pathetische Proklamieren des (bewiesenen) Wissens vor dem Glauben.32 Denn der Nachweis des konstitutiven Zusammenhanges beider ist für ihn erbracht. Charles Taylor hat den Szientismus des viktorianischen Zeitalters ganz im Sinne von James als eine moralische Position interpretiert, die sich selbst einem spezifischen Glaubensakt – dem der Wissenschaftlichkeit – verdankt, sich zugleich aber diese eigentliche „Quelle“ ihrer Einstellung systematisch verdunkelt hat.33 Zur Aufklärung dieses Irrweges leistet James’ Pragmatismus Entscheidendes: Er zeigt, daß sich die Pluralität philosophischer, d. h. wissenschaftlicher Schulen pragmatistisch auf Einstellungs- und Temperamenttypen zurückbeziehen läßt. Mit anderen Worten, philosophische Aussagen haben notwendig einen bewertenden, d. h. einen moralischen und religiösen Grund. Dieser steht nicht in Widerspruch zum wissenschaftlichen Wissen, sondern gehört in dessen Horizont – nach Herkunft und Zielbestimmung, praktischem Einsatz und Realitätsauffassung. Moralisch entscheidend ist dabei gerade die wissenschaftliche Stellung des Menschen, wie ebenfalls C. Taylor ganz im Sinne von James hervorhebt: daß noch die Aufkündigung eines (metaphysischen, idealen) höchsten Gutes einen mutigen Akt der Selbstwerdung darstellt, nämlich das, was wissenschaftspluralistisch nicht mehr zu garantieren ist, im Respekt vor dem menschlichen Gefühl vom Universum zu erwarten, diesem mit

32 Vgl. James’ Kritik an W. K. Clifford, WG, 134 f. 33 Taylor 1996, 704: „Der Szientismus selbst setzt einen auf nichts als Glauben basierenden Sprung voraus. Was diesem Glauben Kraft verleiht, ist seine eigene moralische Sichtweise. Damit kommen wir einem unverzerrten Bild des großen viktorianischen Atheismusdramas näher. Es handelt sich nicht um die schlichte Verdrängung der Nichtwissenschaft durch Wissenschaft, sondern um eine neue militante moralische Einstellung, die aus der alten hervorgeht und als kämpferische Alternative ihren Platz neben dieser bezieht.“

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Hermann Deuser Recht abzugewinnen und zu gestalten ist.34 Der persönliche Mut zum Glauben (faith) ist für James eben diese notwendige existentielle Wendung, die erst den Sinn auch des wissenschaftlichen Lebens ermöglicht. Der sich autark dünkende Szientismus scheitert genau in diesem Punkt. James hat zur Auszeichnung dieses Mutes die Unterscheidung von „zartfühlend“ und „hartgesotten“ eingeführt. Sie ist, wie gezeigt, religionsphilosophisch nicht in jeder Hinsicht überzeugend; akzeptabel nur insofern, als verständlicherweise dogmatistische Positionen abgesicherter und berufbarer Überwelten vermieden werden sollen. Deshalb muß James den religiösen Mut zu einem Universum der Einheit, Zielgebung und Rettung als Grenzgebiet von Moralität und Religiosität ausgeben, weil er den Akt des mutigen Handelns der Religiosität allein nicht mehr zutraut. Daß er trotzdem an der Theologie festhalten will, zeigt andererseits, daß er zwischen Willen und Werthaltungen einerseits und dem religiösen (universalen) Grundvertrauen andererseits eine produktive Differenz sieht.35 Schöpferisches Vertrauen ins Universum setzt Handlungen und damit praktische Realisierungen frei, ist mit diesen aber nicht identisch. Dieser Überschuß ist gerade die Domäne der Religiosität. James beharrt trotz aller pragmatistischen Übergänge (ohne daß es mit dieser Deutlichkeit gesagt oder gar ausgearbeitet würde) auf dieser Differenz zwischen Moralität und Religiosität. Der Beweis dafür ist die am Ende der Vorlesung festgehaltene Gott-Hypothese. 2. Wird Religiosität damit auf Erfahrung gegründet, zu der es gehört, daß sich in ihr ein Zusammenhang nicht nur mit anderen Menschen, sondern mit einer „über-menschlichen“ Erfahrungswelt präsentiert, so liegt ein wissenschaftstheoretisches Konzept vor, das James bezüglich des Zusammenhanges von 34 Taylor 1996, 180 f.: „Es gibt hier tatsächlich eine konstitutive Realität, nämlich die Menschen als Wesen mit der Fähigkeit zu diesem mutigen Disengagement […]/[…], wonach unsere Würde im Mut und in der Verstandesklarheit liegt, mit der wir einer sinnlosen Welt gegenübertreten.“ 35 Vgl. auch hier Taylor 1996, 777: „die Güte der Welt kann jetzt – zumindest, was die Welt der Menschen betrifft – so gesehen werden, als sei sie nicht ganz unabhängig davon, daß wir sie als gute sehen und darstellen. Der Schlüssel […] kann also darin bestehen, daß wir fähig sind ‚zu sehen, daß es gut ist‘.“ – Vgl. James’ 8. Vorlesung, A 37!

Zur Achten Vorlesung (I) physischen und psychischen Ausgangsdaten als „radikalen Empirizismus“ bezeichnet hat: Alles, was wissenschaftlich gültig sein soll, muß erfahrbar sein; umgekehrt ist Erfahrbarkeit dann durch keinerlei Außenkriterium mehr einzuschränken.36 Wenn darin nicht nur die naturwissenschaftliche Erkenntnisarbeit, sondern zugleich auch die über emotionale, moralische und religiöse Überzeugungsbildungen eingeschlossen sein soll, bleibt die Frage, ob und wie damit auch einheitliche Aussagen über die Realität getroffen werden; oder ob nicht doch ein Unterschied zwischen empirischer Realität (vermittelt über die Wissenschaften) einerseits und bloß gefühlter oder behaupteter oder nur „zartfühlend“ illusionärer (wenn auch therapeutisch nützlicher) „Realität“ des „Glaubens“ andererseits gemacht werden muß. James ist in den Pragmatismus-Vorlesungen in diesem Punkt – und zwar wegen der Abwertung der „zartfühlenden“ Einstellung – nicht klar genug. Denn einerseits muß er pragmatistisch (wegen der praktisch nachgewiesenen Nützlichkeit) eigentlich jede Form von religiöser Erfahrung akzeptieren, doch andererseits schränkt er deren wissenschaftlich brauchbare Bedeutung auf den pluralistisch und moralisch gefilterten Mut des „hartgesottenen“ Charakters ein. Sofern an diesem Punkt der „Wille zum Glauben“ greift, scheint sich damit ein nominalistischer Zug subjektiver Willkür gegenüber der wissenschaftlich vertretenen Realität des allgemeinen – subjektunabhängigen – Erfahrungsbezuges durchzusetzen.37 Dieser Eindruck ist nur dann

36 Vgl. zum Begriff des „radical empiricism“ Herms 1991, 88 ff., 99 ff.; Sprigge 1993, 109–171. 37 Herms hat diese Differenz so dargestellt, daß über die existentielle Wendung der Selbst- und Weltgewißheit in die letzte Autorität religiöser Erfahrung die „allgemeine Geltung“ jener Gewißheit verlorengeht: „Damit ist die Stelle erreicht, an der James nicht mehr die alteuropäisch-christliche Überzeugung teilt, daß die Handlungsfähigkeit des Menschen ihr Fundament in inhaltlich bestimmter Gewißheit […] habe […]/[…] Soweit ‚Weltanschauung‘ […] ihre traditionelle Begründungsfunktion für die Handlungsfähigkeit der Menschen behält, tritt sie eben damit aus dem Bereich von Erkenntnis hinaus, für die allgemeingültige Wahrheitsansprüche erhoben werden können.“ Anstelle wissenschaftlicher Kritikfähigkeit und Wahrheitsfindung träte dann die nur noch individuell gesicherte „Impulsivität des Lebens“, sozusagen eine „spekulative Biologie der Wissenschaft“ (Herms 1991, 110 f.).

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Hermann Deuser zu korrigieren, wenn die Instanz des persönlichen Glaubens aus dem wissenschaftlich falliblen Wahrheitskontinuum nicht herausfällt, wenn also Glaubens-Entscheidungen in den Wissenschaften und in religiösen Kontexten sich nicht fundamental, sondern nur graduell unterscheiden.38 Das strikt persönliche Selbsterleben gehörte dann zum Universum aller Erfahrung, und das emotional nicht zu verhindernde und seinen idealen Folgemöglichkeiten nach ausgesprochen kreative religiöse Gefühl und seine Inhalte müßten Teil der Realität selbst sein.39 Diesen umfassenden Realismus aber hat James zumindest nicht konsequent genug vorgetragen, und C. S. Peirce hat aus demselben Grund James’ Theismus nicht akzeptieren können.40 3. Weil James der religiösen Erfahrung – bei allem Pathos von Einheit, Universalität und „über-menschlicher“ Kontinuität – keine metaphysischen Gegenstandsaussagen auf diesem Allgemeinheitsniveau mehr erlaubt sieht, reduziert er die Gottesvorstellung (wenn sie philosophischen Standards genügen will) auf eine zwar „über-menschliche“, aber nicht mehr „unendliche“ Kraft.41 Diese Zurücknahme des traditionellen metaphysischen Anspruchs ist nicht relativistisch gemeint, so als könne jede private Willkür hier die eigenen Wunschillusionen einsetzen. James bleibt umfassend an Erfahrung gebunden und muß wegen der möglichen Einheit der Zielorientierung des Universums gerade an dieser realen Möglichkeit von Entwicklung desselben Universums festhalten. Das spricht am Ende für

38 Dafür spricht auch James’ Satz (im Zusammenhang der Diskussion um die Wahrheits- und Gottesfrage der 2. bzw. 3. Pragmatismus-Vorlesung): „My belief in the Absolute, based on the good it does me, must run the gauntlet of all my other beliefs“ (PM, 43). „The truth of ‘God’ has to run the gauntlet of all our other truths“ (PM, 56). – Vgl. auch Gavin 1984, 146. – Diese Interpretation steht dann in klarem Gegensatz zur bloß spielerischen Religiosität der „romance“, wie R. Rorty sie im Anschluß an James vorträgt, Rorty 1997, 96 ff.; im vorliegenden Band S. 227 ff. 39 Vgl. auch die Diskussion bei Sprigge 1993, 196 f., 229 ff.; und Myers 1986, 459 f. 40 Vgl. die kritischen Briefe aus dem Jahr 1905, in: Peirce 1995, 284 f. – Zur anhaltenden Diskussion um James’ Gottesbegriff vgl. Ferm 1972; Cooper 1995; VandenBurgt 1981 (bes. 132 f. zu James’ Idee eines „endlichen Gottes“ im Rahmen eines pluralistisch offenen Universums). 41 Die Belege dafür finden sich vor allem im Nachwort der Gifford Lectures; vgl. auch Sprigge 1993, 232 ff., 239 ff.

Zur Achten Vorlesung (I) den Theismus bzw. eine pragmatistisch modifizierte Theologie (A 47 ff.), auch wenn zuvor der klassische Theismus als „steriles Prinzip“ (PM, 17) unter Protest gegen die klassische Theodizee-Vorstellung (PM, 18 ff.) abgelehnt wurde. Wie stehen dann die pragmatistisch interpretierte religiöse Erfahrung und ihre im persönlichen Glauben realisierten guten Möglichkeiten des Universums zum theistischen Glauben? John E. Smith hat kritisch gegen James’ Konzept einer „religiösen Erfahrung“ geltend gemacht (Smith 1995, 46 f.), daß damit a) die Gefahr bestehe, Gott und die jeweilige (gefühlsbestimmte) Erfahrung zu identifizieren, daß b) analog zum wissenschaftlichen Erfahrungsbegriff dann der Gottesbeweis aus der empirischen Ausgangsbasis folgen müsse und daß c) die Vorstellung von empirischen Einzeldaten dem Erfahrungsakt nicht gemäß sei. Wiederum muß konstatiert werden, daß James in allen drei Fällen keine klare Abgrenzung oder Problemlösung vortragen kann, andererseits aber den Einwänden auch nicht einfach unterliegt. Denn mit dem Festhalten an einer Form von Theismus macht auch James letztlich eine Differenz zwischen dem religiösen Gefühl und seinem Gegenstand (vgl. Smith 1995, 48 ff.),42 auch wenn es ihm schwerfällt, dafür im realistischen Sinne noch eine die religiösen wie die wissenschaftlichen Standards gleichermaßen befriedigende Denk- und Sprachform zu finden. Daß James die Gottesbeweise in der scholastischrationalistischen Tradition ablehnen muß,43 heißt umgekehrt aber gerade nicht, daß er einen materialistischen Erfahrungsbegriff gegen bedeutungserschließende, kreative und handlungsleitende Glaubenserfahrung gesetzt hätte. Allerdings sperrt sich seine Alternative von Monismus und Pluralismus gegen eine konstruktive theologische Theoriebildung, weil sie für James – jedenfalls in der Oberflächenargumentation – immer dem Ver-

42 In den Gifford Lectures, DVRE, 63 f., definiert James Religion auch ganz entsprechend als „die Gefühle, Handlungen und Erfahrungen von einzelnen Menschen in ihrer Abgeschiedenheit, die von sich selbst glauben, daß sie in Beziehung zum Göttlichen stehen“. Vgl. die im Aspekt der „Abgeschiedenheit“ analoge Definition bei Whitehead 1985, 15: „Religion ist das, was das Individuum aus seinem eigenen Solitärsein macht.“ 43 Vgl. zum Design-Argument in der 3. Vorlesung PM, 56 ff.; zur scholastischen Tradition in der XVIII. Vorlesung der Gifford Lectures DVRE, 431 ff.

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Hermann Deuser dacht unterliegt, monistische Prämissen zu unterstellen, gegen die er selbst dann die unmittelbare Gefühls- und Überzeugungskraft der religiösen Erfahrung ausspielt.44 Die pragmatistische Vermittlungskraft der Religiosität aber fügt sich diesem Muster im Grunde nicht, denn sie schließt ja nach beiden Seiten monistische wie pluralistische Radikalkonzeptionen aus. Die damit gesuchte interpretative Gott-Hypothese (A 47) kann sich aus dieser Funktionsbestimmung aber kaum mehr zu einer begrifflichen Eigenständigkeit emanzipieren: Ihre Erfahrungsnotwendigkeit ist ebenso klar wie die Unmöglichkeit eines dem entsprechenden metaphysischen Begriffs. Denn ein Gottesbegriff scheint für James immer nur die monistisch-idealistischen Fehler wiederholen zu können. Deshalb seine – im Gegenzug – doch etwas hilflos wirkende Formulierung in den Gifford Lectures, er müsse wohl „unter die Supernaturalisten des stückhaften oder gröberen Typs gerechnet […] werden“ (DVRE, 498).45 Wird die Gott-Hypothese dann – anders als bei James selbst – doch als letztlich nicht mehr gerechtfertigter, sozusagen übertriebener Schritt ins Supranaturale gebrandmarkt,46 so droht dem Pragmatismus nicht nur der Gottesbegriff, sondern auch der realistische Sinn von umfassender Erfahrung verlorenzugehen: grenzüberschreitende Erfahrung, die zugleich auf ihre kreative und das menschlich-kosmische Universum nicht verleugnende Tragfähigkeit überprüft werden will. James konnte und wollte dieses realistische Programm in der immer und mit aller Leidenschaft gesuchten Zuordnung von Pragmatismus und Religion nicht fallen lassen, obwohl er die begrifflichen Mittel zu einer klaren Präsentation nahezu aus der Hand gegeben hatte. Von der Kraft der Gott-Hypothese aber blieb er notwendigerweise überzeugt.

44 Vgl. die kritische Sicht in diesem Sinne bei Smith 1995, 52. 45 Zur kritischen Diskussion vgl. Dean 1994. 46 So an wichtiger Stelle im Zusammenhang amerikanischer – und pragmatistischer – Sozialphilosophie Dewey 1989, 14.

Zur Achten Vorlesung (I)

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Zur Achten Vorlesung (II)

Richard Rorty

Zur Achten Vorlesung (II): Religious Faith, Intellectual Responsibility, and Romance 10.1 In thinking about William James, it helps to remember that James not only dedicated Pragmatism to John Stuart Mill, but reiterated some of Mill’s most controversial claims. In The Moral Philosopher and the Moral Life, James says that “The only possible reason there can be why any phenomenon ought to exist is that such a phenomenon actually is desired” (WB, 149). This echo of the most ridiculed sentence in Mill’s Utilitarianism is, I suspect, deliberate. One of James’ most heartfelt convictions was that to know whether a claim should be met, we need only ask which other claims – “claims actually made by some concrete person” – it runs athwart. We need not also ask whether it is a “valid” claim. He deplored the fact that philosophers still followed Kant rather than Mill, still thought of validity as raining down upon a claim “from some sublime dimension of being, which the moral law inhabits, much as upon the steel of the compass-needle the influence of the Pole rains down from out of the starry heavens” (WB, 148). The view that there is no source of obligation save the claims of individual sentient beings entails that we have no responsibility to anything other than such beings. Most of the relevant sentient individuals are our fellow humans. So talk about our responsibility to Truth, or to Reason, must be replaced by talk about our responsibility to our fellow human beings. James’ account of truth and knowledge is a utilitarian ethics of belief,

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Richard Rorty designed to facilitate such replacement.1 Its point of departure is Peirce’s treatment of a belief as a habit of action, rather than as a representation. A utilitarian philosophy of religion must treat being religious as a habit of action. So its principal concern must be the extent to which the actions of religious believers frustrate the needs of other human beings, rather than the extent to which religion gets something right. Our responsibility to Truth is not, for James, a responsibility to get things right. Rather, it is a responsibility to ourselves to make our beliefs cohere with one another, and to our fellow humans to make them cohere with theirs. As in Habermas’ account of “communicative rationality”, our obligation to be rational is exhausted by our obligation to take account of other people’s doubts and objections to our beliefs.2 This view of rationality makes it natural to say, as James does, that the true is “what would be better for us to believe” (PM, 42). But of course what is good for one person or group to believe will not be good for another person or group. James never was sure how to avoid the counter-intuitive consequence that what is true for one person or group may not be true for another. He fluctuated between Peirce’s identification of truth with what will be believed under ideal conditions, and Dewey’s strategy of avoiding the topic of truth and talking instead about justification. But for my present purpose – evaluating James’ argument in The Will to Believe – it is not necessary to decide between these strategies.3 For that purpose, I can duck questions about what pragmatists should say about truth. I need consider only the 1 Ruth Anna Putnam has suggested that I might wish to use “consequentialist” in place of “utilitarian” in this description of James. On reflection, I have retained the latter term. This is because I think that, for James, J. S. Mill was the paradigm utilitarian, and that Mill was as aware as James and Dewey that there can be no Benthamite measuring of context-free quantities of need-satisfaction, and that consequently there will always be agonizing moral dilemmas. I find “consequentialist” a rather flexible and pallid term, whereas “utilitarian” has a sharp-edged polemical force, thanks to its associations with the tough-minded Huxleyite suggestion that human beings be thought of as complex, needy animals. There seem to me to be Huxleyite overtones throughout James’ work, and my use of “utilitarian” is intended to bring these out. 2 But Habermas, unlike James and Dewey, still believes in a “transcendent moment of universal validity”. I have argued against Habermas’ retention of this Kantian doctrine in Rorty 1995.

Zur Achten Vorlesung (II) question of whether the religious believer has a right to her faith – whether this faith conflicts with her intellectual responsibilities. It is a consequence of James’ utilitarian view of the nature of obligation that the obligation to justify one’s beliefs arises only when one’s habits of action interfere with the fulfillment of others’ needs. Insofar as one is engaged in a private project, that obligation lapses. The underlying strategy of James’ utilitarian/pragmatist philosophy of religion is to privatize religion. This privatization allows him to construe the supposed tension between Science and Religion as the illusion of opposition between cooperative endeavours and private projects.4 On a pragmatist account, scientific inquiry is best viewed as the attempt to find a single, unified, coherent description of the world – the description which makes it easiest to predict the consequences of events and actions, and thus easiest to gratify certain human desires. When pragmatists say that “creationist science” is bad science their point is that it subordinates these desires to other, less widespread desires. But since religion has aims other than gratification of our need to predict and control, it is not clear that there need be a quarrel between religion and orthodox, atoms-and-void science, any more than between literature and science. Further, if a private relation to God is not accompanied with the claim to knowledge of the Divine Will, there may be no conflict between religion and utilitarian ethics. A suitably privatized form of religious belief might dictate neither one’s scientific beliefs nor anybody’s moral choices save one’s own. That form of belief would be able to gratify a need without threatening to thwart any needs of any others, and would meet the utilitarian test. W. K. Clifford, James’ chosen opponent in The Will to Believe, thinks that we have a duty to seek the truth, distinct from our duty to seek happiness. His way of describing this duty is not as a 3 In fact I prefer a third strategy, that of Davidson, who cuts truth off from justification by making it a non-epistemic notion. I defend the counter-intuitive implications of this strategy in Rorty 1995a. 4 Many people would agree with Stephen Carter’s claim that this reduces religion to a “hobby”, and would accept his invidious contrast between a mere “individual metaphysic” and a “tradition group worship”. (See Carter 1993, esp. chapter 2.) I argue against Carter’s views in Rorty 1994.

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Richard Rorty duty to get reality right, but rather as a duty not to believe without evidence. James quotes him as saying “if a belief has been accepted on insufficient evidence, the pleasure is a stolen one […] It is sinful, because it is stolen in defiance of our duty to mankind […] It is wrong always, everywhere, and for anyone to believe anything upon insufficient evidence” (WB, 18). Clifford asks us to be responsive to “evidence”, as well as to human needs. So the question between James and Clifford comes down to: is evidence something which floats free of human projects, or is the demand for evidence simply a demand from other human beings for cooperation on such projects? The view that evidential relations have a kind of existence independent of human projects takes various forms, of which the most prominent are realism and foundationalism. Realist philosophers say that the only true source of evidence is the world as it is in itself.5 The pragmatist objections to realism start from the claim that “[…] it is impossible to strip the human element from even our most abstract theorizing. All our mental categories without exception have been evolved because of their fruitfulness for life, and owe their being to historic circumstances, just as much as do the nouns and verbs and adjectives in which our languages clothe them” (ECR, 552).6 If pragmatists are right about this, the only question at issue between them and realists is whether the notion of “the world as it is in itself ” can be made fruitful for life. James’ criticism of correspondence theories of truth boil down to the argument that a belief’s purported “fit” with the intrinsic nature of reality adds nothing which makes any practical difference to the fact that it is universally agreed to lead to successful action. Foundationalism is an epistemological view which can be adopted by those who suspend judgment on the realist’s claim that reality has an intrinsic nature. A foundationalist need only claim that every belief occupies a place in a natural, transcultural, transhistorical order of reasons – an order which eventually leads the inquirer back to one or another “ultimate source of 5 See, for example, John McDowell’s claim that without “direct confrontation by a worldly state of affairs itself” thought’s “bearing on the world” will remain inexplicable (McDowell 1994, 142–143). 6 Compare Nietzsche, The Will to Power, sec. 514.

Zur Achten Vorlesung (II) evidence”.7 Different foundationalists offer different candidates for such sources: for example, Scripture, tradition, clear and distinct ideas, sense-experience, and common sense. Pragmatists object to foundationalism for the same reasons as they object to realism. They think that the question of whether my inquiries trace a natural order of reasons or merely respond to the demands for justification prevalent in my culture is, like the question whether the physical world is found or made, one to which the answer can make no practical difference. Clifford’s demand for evidence can, however, be put in a minimalist form – one which avoids both realism and foundationalism, and which concedes to James that intellectual responsibility is no more and no less than responsibility to people with whom one is joined in a shared endeavour. In its minimalist form, this demand presupposes only that the meaning of a statement consists in the inferential relations which it bears to other statements. To use the language in which the sentence is phrased commits one, on this view, to believing that a statement S is true if and only if one also believes that certain other statements which permit an inference to S, and still others which can be inferred from S, are true. The wrongness of believing without evidence is, therefore, the wrongness of pretending to participate in a common project while refusing to play by the rules. This view of language was encapsulated in the positivist slogan that the meaning of a statement is its method of verification. The positivists argued that the sentences used to express religious belief are typically not hooked up to the rest of the language in the right inferential way, and hence can express only pseudo-beliefs. The positivists, being empiricist foundationalists, equated “the right inferential way” with eventual appeal to sense experience. But a non-foundationalist neo-positivist might still put forward the following dilemma. If there are inferential connections, then there is a duty to argue; if there are not, then we are not dealing with a belief at all. So even if we drop the foundationalist notion of “evidence”, Clifford’s point can still be restated in terms of the responsibility 7 See Williams 1993, 116: “[…] we can characterize foundationalism as the view that our beliefs, simply in virtue of certain elements in their contents, stand in natural epistemological relations and thus fall into natural epistemological kinds.”

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Richard Rorty to argue. A minimal Clifford-like view can be summed up in the claim that, although your emotions are your own business, your beliefs are everybody’s business. There is no way in which the religious person can claim a right to believe as part of an over-all right to privacy. For believing is inherently a public project: all us language-users are in it together. We all have a responsibility to each other not to believe anything which cannot be justified to the rest of us. To be rational is to submit one’s beliefs – all one’s beliefs – to the judgment of one’s peers. James resists this view. In The Will to Believe he argues that there are live, momentous and forced options which cannot be decided by evidence – cannot, as James put it, “be decided on intellectual grounds”. But people who side with Clifford typically rejoin that, where evidence and argument are unavailable, intellectual responsibility requires that options cease to be either live or forced. The responsible inquirer, they say, does not let herself be confronted by options of the sort James describes. When evidence and argument are unavailable, so, they think, is belief, or at least responsible belief. Desire, hope, and other noncognitive states can legitimately be had without evidence – can legitimately be turned over to what James calls “our passional nature” – but belief cannot. In the realm of belief, which options are live and forced is not a private matter. The same options face us all; the same truth-candidates are proposed to everyone. It is intellectually irresponsible either to disregard these options, or to decide between these truth-candidates except by argument from the sort of evidence which the very meanings of our words tell us is required for their support. This nice sharp distinction between the cognitive and the non-cognitive, between belief and desire, is, however, just the sort of dualism which James needs to blur. On the traditional account, desire should play no role in the fixation of belief. On a pragmatist account, the only point of having beliefs in the first place is to gratify desires. James’ claim that thinking is “only there for behavior’s sake” (WB, 92) is his version of Hume’s claim that “reason is, and ought to be, the slave of the passions”. If one accepts either claim, one will have reason to be as dubious as James was of the purportedly necessary antagonism between science and religion. For, as I sad earlier, these two areas of culture seem to fulfill two different sets of desires.

Zur Achten Vorlesung (II) Science enables us to predict and control, whereas religion offers us a larger hope, and thereby something to live for. To ask “which of their two accounts of the universe is true?” may be as pointless as asking “is the carpenter’s or the particle physicist’s account of tables the true one?” For neither question needs to be answered if we can figure out a strategy for keeping the two accounts from getting in each other’s way.8 Consider James’ characterization of the “religious hypothesis” as that (1) “the best things are the more eternal things […]” and (2) “that we are better off even now if we believe [1]” (WB, 29– 30).9 Many people have said, when they reached this point in The Will to Believe, that if that hypothesis exhausts what James means by “religion”, then he is not talking about what they, or Clifford, are interested in. I shall return to this objection shortly. For now I merely remark that if you had asked James to specify the difference between accepting this hypothesis (a “cognitive” state) and simply trusting the larger hope (a “non-cognitive” state) – or the difference between believing that the best things are the eternal things and relishing the thought that they are – he might well have replied that such differences do not make much difference.10 What does it matter, one can imagine him asking, whether you call it a belief, a desire, or a hope, a mood, or some complex of these, so long as it has the same cash-value in directing action? We know what religious faith is, we know what it does for people. People have a right to have such faith, just as they have a right to fall in love, to marry in haste, and to persist in love despite endless sorrow and disappointment. In all such cases, “our passional nature” asserts its rights.

8 Although I have no proof text to cite, I am convinced that James’ theory of truth as “the good in the way of belief” originated in the need to reconcile his admiration for his father with his admiration for such scientistic friends as Peirce and Chauncey Wright. 9 Note that for a pragmatist (2) is superfluous. “P” and “we are better off even now if we believe p” come pretty close, for pragmatists, to saying the same thing. 10 Pragmatists can, of course, make a distinction between hope and knowledge in cases where knowledge of causal mechanisms is available. The quack hopes, but the medical scientist knows, that the pills will cure. But in other cases, such as marriage, the distinction often cannot usefully be drawn. Does the groom know, or merely hope, that he is marrying the right person? Either description will explain his actions equally well.

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Richard Rorty I suggested earlier that a utilitarian ethics of belief will reinterpret James’ intellect-passion distinction so as to make it coincide with a distinction between what needs justification to other human beings and what does not. A business proposal, for example, needs such justification, but a marriage proposal (in our romantic and democratic culture) does not. Such an ethics will defend religious belief by saying, with Mill, that our right to happiness is limited only by others’ rights not to have their own pursuits of happiness interfered with. This right to happiness includes the rights to faith, hope, and love – intentional states which can rarely be justified, and typically should not have to be justified, to our peers. Our intellectual responsibilities are responsibilities to cooperate with others on common projects designed to promote the general welfare (projects such as constructing a unified science, or a uniform commercial code), and not to interfere with their private projects. For the latter – projects such as getting married or getting religion – the question of intellectual responsibility does not arise. James’ critics will hear this riposte as an admission that religion is not a cognitive matter, and that his “right to believe” is a misnomer for “the right to yearn” or “the right to hope” or “the right to take comfort in the thought that […]”. But James is not making, and should not make, such an admission. He is, rather, insisting that the impulse to draw a sharp line between the cognitive and the non-cognitive, and between beliefs and desires, even when this explanation is relevant neither to the explanation or the justification of behavior, is a residue of the false (because useless) belief that we should engage in two distinct quests – one for truth and the other for happiness. Only that belief could persuade us to say amici socii, sed magis amica veritas.

10.2 The philosophy of religion I have just sketched is one which is shadowed forth in much of James’ work, and is the one he should have invoked when replying to Clifford. Unfortunately, in The Will to Believe he attempts a different strategy, and gets off on the wrong foot. Rather than fuzzing up the distinction between the cognitive and the non-cognitive, as he should have, James

Zur Achten Vorlesung (II) here takes it for granted, and thus yields the crucial terrain to his opponent. The italicized thesis of The Will to Believe reads: “Our passional nature not only lawfully may, but must, decide an option between propositions, whenever it is a genuine option that cannot by its nature be decided on intellectual grounds” (WB, 20). Here, as in his highly unpragmatic claim that “in our dealings with objective nature we obviously are recorders, not makers of the truth” (WB, 26),11 James accepts exactly what he should reject: the idea that the mind is divided neatly down the middle into intellect and passion, and the idea that possible topics of discussion are divided neatly into the cognitive and the non-cognitive ones. When philosophy goes antifoundationalist, the notion of “source of evidence” gets replaced by that of “consensus about what would count as evidence”. So objectivity as intersubjectivity replaces objectivity as fidelity to something non-human. The question “Is there any evidence for p?” gets replaced by the question “Is there any way of getting a consensus on what would count in favor of p?” The distinction between settling the question of p on intellectual grounds and turning it over to one’s passional nature thus turns into the question: “Am I going to be able to justify p to other people?” So James should have rephrased the issue between Clifford and himself as “What sort of belief, if any, can I have in good conscience, even after I realize that I cannot justify this belief to others?” The stark Cliffordian position says: no beliefs, only hopes, desires, yearnings, and the like. The quasi-Jamesian position I want to defend says: do not worry too much about whether what you have is a belief, a desire, or a mood. Just insofar as such states as hope, love, and faith promote only such private objects, you need not worry about whether you have a right to have them. To suggest that the tension between science and religion can be resolved merely by saying that the two serve different purposes may sound absurd. But it is no more nor less absurd than the attempt of liberal (mostly Protestant) theologians to demythologize Christianity, and more generally to immunize reli11 Here James buys in on a dualism between objective nature (The Way the World Is) and something else – a dualism which critics of the correspondence theory of truth, such as the future author of Pragmatism, must eventually adjure.

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Richard Rorty gious belief from criticism based on accounts of the universe which trace the origin of human beings, and of their intellectual faculties, to the unplanned movements of elementary particles.12 For some people, such as Alasdair MacIntyre, the effect of this latter attempt is to drain all the interest out of religion. Theologies which require no sacrificium intellectus are, these people think, hardly worth discussing. MacIntyre disdainfully remarks of Tillich that his “definition of God in terms of ultimate human concern in effect makes of God no more than an interest of human nature” (MacIntyre/Ricoeur 1969, 53). A pragmatist however, can reply that Tillich did nothing worse to God than pragmatist philosophy of science had already done to the elementary particles. Pragmatists think that those particles are not the very joints at which things as they are in themselves divide, but are objects which we should not have come across unless we had devoted ourselves to one of the many interests of human nature – the interest in predicting and controlling our environment. Pragmatists are not instrumentalists, in the sense of people who believe that quarks are “mere heuristic fictions”. They think that quarks are as real as tables, but that quark-talk and table-talk need not get in each other’s way, since they need not compete for the role of What Is There Anyway, apart from human needs and interests. Similarly, pragmatist theists are not anthropocentrists, in the sense of believing that God is a “mere posit”. They believe that God is as real as sense-impressions, tables, quarks, and human rights. But, they add, stories about our relations to God do not necessarily run athwart stories about our relations to these other things. Pragmatist theists, however, do have to get along without Personal Immortality, Providential Intervention, the efficacy of sacraments, the Virgin Birth, the Risen Christ, the Covenant with Abraham, the authority of the Koran, and a lot of other

12 Paul Tillich claimed that this existentialist, symbolic theology was an expression of “the Protestant Principle” – the impulse that led Luther to despise scholastic proofs of God’s existence and to label Reason “a whore”. James said that “as, to papal minds, protestantism has often seemed a mere mess of anarchy and confusion, such, no doubt will pragmatism often seem to ultra-rationalist minds in philosophy” (PM, 62; see also VRE, 396).

Zur Achten Vorlesung (II) things which many theists are loath to do without. Or, if they want them, they will have to interpret them “symbolically” in a way which MacIntyre will regard as disingenuous, for they must prevent them from providing premises for practical reasoning. But de-mythologizing is, pragmatist theists think, a small price to pay for insulating these doctrines from “scientific” criticism. De-mythologizing amounts to saying that, whatever theism is good for, it is not a device for predicting or controlling our environment. Or, to put it another way: whatever God is good for, he is not, like our earthly fathers, a powerful controlling force. He is not somebody we are trying to get on the right side of in order to prosper. From a utilitarian point of view, both MacIntyre and “scientific realists” (philosophers who insist that, in Sellars’s words, “science is the measure of the things that are, that they are”) are unfairly privileging some human interests, and therefore some areas of culture, over others.13 To insist on the “literal reality” of the Resurrection is of a piece with insisting, in the manner of David Lewis, that the only non-“gerrymandered” objects in the universe – the only objects that have not been shaped by human interests – are those of which particle physics speaks (see Lewis 1983, 226–228). Pragmatists think that we shall only see religion and science as in conflict if we are unwilling to admit that each is just one more attempt to gratify human needs, and to admit also that there is no way to gratify both sets of needs simultaneously. Scientific realism and religious fundamentalism are products of the same urge. The attempt to convince people that they have a duty to develop what Bernard Williams calls an “absolute conception of reality” is, from a Tillichian or Jamesian point of view, of a piece with the attempt to live “for God only”, and to

13 My fellow-pragmatist Barry Allen remarks that Hume saw no need to proclaim himself an atheist (Allen 1994). Holbach and Diderot, by contrast, did see a need, for, unlike Hume, they substituted a duty to Truth for a duty to God, a duty explained in terms of what Allen elsewhere (Allen 1993) has called an “ontological”, specifically antipragmatic, account of truth. Holbach would, today, proclaim himself a scientific realist, and therefore an atheist. Hume would proclaim himself neither.

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Richard Rorty insist that others do so also. Both scientific realism and religious fundamentalism are private projects which have gotten out of hand. They are attempts to make one’s own private way of giving meaning to one’s life – a way which romanticizes one’s relation to something starkly and magnificently non-human, something Ultimately True and Real – obligatory for the general public.

10.3 I said earlier that many readers of The Will to Believe feel let down when they discover that the only sort of religion James has been discussing is something as wimpy as the belief that “perfection is eternal”. They have a point. For when Clifford raged against the intellectual irresponsibility of the theists, what he really had in mind was the moral irresponsibility of fundamentalists – the people who burnt people at the stake, forbade divorce and dancing, and found various other ways of making their neighbors miserable for the greater glory of God (see, for example, Clifford 1879). Once “the religious hypothesis” is disengaged from the opportunity to inflict humiliation and pain on people who do not profess the correct creed, it loses interest for many people. It loses interest for many more once it is disengaged from the promise that we shall see our loved ones after death. Similarly, once science is disengaged from the claim to know reality as it is in itself it loses its appeal for people for the sort of person who sees pragmatism as a frivolous, or treasonous, dereliction of our duty to Truth. A pragmatist philosophy of religion must follow Tillich and others in distinguishing quite sharply between faith and belief. Liberal Protestants to whom Tillich sounds plausible are quite willing to talk about their faith in God, but demur at spelling out just what beliefs that faith includes. Fundamentalist Catholics to whom Tillich sounds blasphemous are happy to enumerate their beliefs by reciting the Creed, and to identify their faith with those beliefs. The reason the Tillichians think they can get along either without creeds, or with a blessedly vague symbolic interpretation of credal statements, is that they think the point of religion is not to produce any specific habit of action, but

Zur Achten Vorlesung (II) rather to make the sort of difference to a human life which is made by the presence or absence of love. The best way to make Tillich and fuzziness look good, and to make creeds look bad, is to emphasize the similarity between having faith in God and being in love with another human being. People often say that they would not be able to go on if it were not for their love for their spouse or their children. This love is often not capable of being spelled out in beliefs about the character, or the actions, of these beloved people. Further, this love often seems inexplicable to people acquainted with those spouses and children – just as inexplicable as faith in God seems to those who contemplate the extent of seemingly unnecessary human misery. But we do not mock a mother who believes in her sociopathic child’s essential goodness, even when that goodness is visible to no one else. James urges us not to mock those who accept what he calls “the religious hypothesis” – the hypothesis that says “the best things are the more eternal things” (WB, 29) – merely because we see no evidence for this hypothesis, and a lot of evidence against it. The loving mother is not attempting to predict and control the behavior of her child, and James’ ascent to the religious hypothesis is not part of an attempt to predict and control anything at all. Concentration on the latter attempt, the attempt to which most of common sense and science is devoted, gives rise to the idea that all intentional states are either beliefs or desires, for the actions we take on the basis of prediction and in the hope of control are the results of practical syllogisms, and such syllogisms must include both a desire that a given state of affairs obtain and the belief that a certain action will help it to do so. The same concentration gives rise to the idea that anything that counts as a belief – as a cognitive state – must be capable of being cashed out in terms of specific practical consequences, and to the related idea that we must be able to spell out the inferential relations between any belief and other beliefs in considerable, and quite specific, detail. These two ideas have often led commentators to see a tension between James’ pragmatism and his trust in his own religious experiences, and between the Dewey of Reconstruction in Philosophy and the Dewey of A Common Faith. The question of whether the tension seen in James and Dewey’s work is real or apparent

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Richard Rorty boils down to the question: can we disengage religious belief from inferential links with other beliefs by making them too vague to be caught in a creed – by fuzzing them up in Tillichian ways – and still be faithful to the familiar pragmatist doctrine that beliefs have content only by virtue of inferential relations to other beliefs?14 To give up this latter claim would be to abandon the heart of both classical and contemporary pragmatism, for it would be to abandon the holistic view of intentional content which permits pragmatists to substitute objectivity as intersubjectivity for objectivity as correspondence to the intrinsic nature of reality. But what becomes of intersubjectivity once we admit that there is no communal practice of justification – no shared language-game – which gives religious statements their content? The question of whether James and Dewey are inconsistent now becomes the question: is there some practice other than justification of beliefs by beliefs which can give content to utterances? I think that this question should be answered by reminding the questioner that the only point in attributing beliefs to other people, and in asking about whether our or their beliefs cohere in such a way as to be justified, is to understand and explain human actions. Contemporary externalists in the philosophy of mind insist, and James and Dewey could heartily agree, that the only reason we attribute intentional states to human beings at all is that doing so enables us to coordinate our actions with theirs. When we encounter paradigmatic cases of unjustifiable beliefs – Kierkegaard’s belief in the Incarnation, the mother’s belief in the essential goodness of her sociopathic child – we can still use the attribution of such beliefs to explain what is going on: why Kierkegaard, or the mother, is doing what she is doing. We can give content to an utterance like “I love him” or “I have faith in

14 Davidson and other externalists have emphasized that this claim is compatible with saying that we can attribute content to intentional states only if we are able to correlate utterances with their extra-mental causes. They have, I think, thereby shown us how to be radically holistic and coherentist without running the danger of “losing touch” with the world. Realist philosophers such as McDowell, however, have doubted whether Davidson’s view allows “cognitive” as opposed to merely “causal” connections with the world. I attempt to reply to these doubts in Rorty 1998.

Zur Achten Vorlesung (II) Him” by correlating such utterances with patterns of behavior, even when we cannot do so by fixing the place of such utterances in a network of inferential relations. For such utterances do help us figure out what the utterers are likely to do in various situations, and thus help us figure out how to coordinate our own actions with theirs. The fact that Kierkegaard is not about to explain how Christ can be both mortal and immortal, nor the mother to say how a good person could have done what her child has done, is irrelevant to the utility of ascribing those beliefs to them. Just as we can often answer the question “Why did she do that?” by attributing a practical syllogism to the agent, so we can often answer it simply by saying “She loves him” or “She hopes against hope that he […]” or “She has faith in him”. The “him” here may be either her son, her lover, or her God. We thereby give an explanation of action which is not capable of being broken down into beliefs and desires – into individual sentential attitudes connected with other such attitudes by familiar inferential links – but which is nonetheless genuinely explanatory.

10.4 So far I have been content to accept James’ own description of the religious hypothesis. But it is, I think, an unfortunate one. Just as I think James took the wrong tack, and partially betrayed his own pragmatism, in his reply to Clifford, so I think that he betrayed his own better instincts when he chose this definition of religion.15 For that definition associates religion with the conviction that a power not ourselves will do unimaginably vast good rather than with the hope that we ourselves will do such good. Such a definition of religion stays at the second of Dewey’s three stages of the development of the religious consciousness – the one Dewey called “the point now reached by religious theo-

15 Acceptance of the claim that “perfection is eternal” was not, of course, James’ only definition of religion. He had as many conflicting quasi-definatory things to say about religions as he did about truth.

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Richard Rorty logians” – by retaining the notion of something non-human which is nevertheless on the side of human beings.16 The kind of religious faith which seems to me to lie behind the attractions of both utilitarianism and pragmatism is, instead, a faith in the future possibilities of mortal humans, a faith which is hard to distinguish from love for, and hope for, the human community. I shall call this fuzzy overlap of faith, hope and love “romance”. Romance, in this sense, may crystallize around a labor union as easily as around a congregation, around a novel as easily as around a sacrament, around a God as easily as around a child. There is a passage in the work of the contemporary novelist Dorothy Allison which may help explain what I have in mind. Toward the beginning of a remarkable essay called Believing in Literature, Allison says that “literature, and my own dream of writing, has shaped my own system of belief – a kind of atheist’s religion […] the backbone of my convictions has been a belief in the progress of human society as demonstrated in its fiction” (Allison 1994, 166). She ends the essay as follows: “There is a place where we are always alone with our own mortality, where we must simply have something greater than ourselves to hold onto – God or history or politics or literature or a belief in the healing power of love, or even righteous anger. Sometimes I think they are all the same. A reason to believe, a way to take the world by the throat and insist that there is more to this life than we have ever imagined.” (Ibid., 181) What I like best about this passage is Allison’s suggestion that all these may be the same, that it does not greatly matter whether we state our reason to believe – our insistence that some or all finite, mortal humans can be far more than they have yet become – in religious, political, philosophical, literary, sexual, or familial terms. What matters is the insistence itself – the romance, the ability to experience overpowering hope, or faith, or love (or, sometimes, rage). What is distinctive about this state is that it carries us beyond argument, because beyond presently used language. It thereby 16 See Dewey 1934, 73. Dewey’s own conception of “the human abode” is not of something non-human but friendly, but rather of a Wordsworthian community with non-human nature, with Spinoza’s “face of the whole universe”.

Zur Achten Vorlesung (II) carries us beyond the imagination of the present age of the world. I take this state to be the one described (in italics) by James as “a positive content of experience which is literally and objectively true as far as it goes”: namely, “the fact that the conscious person is continuous with a wider self through which saving experiences come” (VRE, 405). The images and tropes which connect one with this wider self may be, as Allison suggests, political or familial, literary or credal. I think James would have liked Allison’s pluralism, and would have thought that what she says in the above passage harmonizes with his own praise of polytheism in the final pages of Varieties, and with his insistence that “The divine can mean no single quality, it must mean a group of qualities, by being champions of which in alternation, different men may all find worthy missions” (VRE, 384). In past ages of the world, things were so bad that “a reason to believe, a way to take the world by the throat” was hard to get except by looking to a power not ourselves. In those days, there was little choice but to sacrifice the intellect in order to grasp hold of the premises of practical syllogisms – premises concerning the after-death consequences of baptism, pilgrimage, or participation in holy wars. To be imaginative and to be religious, in those dark times, came to almost the same thing – for this world was too wretched to lift up the heart. But things are different now, because of human beings’ gradual success in making their lives, and their world, less wretched. Non-religious forms of romance have flourished – if only in those lucky parts of the world where wealth, leisure, literacy and democracy have worked together to prolong our lives and fill our libraries.17 Now the things of this world are, for some lucky people, so welcome that they do no have to look beyond nature to the supernatural, and beyond life to an after-life, but only beyond the human past to the human future. I have to admit, however, that James fluctuated between two states of mind, two ways of dealing with the panic which both he

17 James said that there is reason to think that “the coarser religions, revivalistic, orgiastic, with blood and miracles and supernatural operations, may possibly never be displaced. Some constitutions need them too much” (VRE, 136). He could have added that people placed in some circumstances (no wealth, no literacy, no luck) also need them too much.

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Richard Rorty and his father had experienced, and the return of which he always dreaded.18 In one of these the Whitmanesque dream of plural, democratic vistas stretching far away into the future was enough.19 Then he would respond to the possibility of panic by saying, as in the quotation from Fitzjames Stephen which ends The Will to Believe: “Act for the best, hope for the best, and take what comes. […] If death ends all, we cannot meet death better” (WB, 33). In those moods, James could find this bravura as appropriate for the death of the species as for that of an individual. But in other moods James was unable to shrug off panic in the name of healthy-mindedness, unable to rid himself of a panicinducing picture of mankind as “in a position similar to that of a set of people living on a frozen lake, surrounded by cliffs over which there is no escape, yet knowing that little by little the ice is melting, and the inevitable day drawing near when the last film of it will disappear, and to be drowned ignominiously will be the human creature’s portion” (VRE, 120). In such moods he is driven to adopt the “religious hypothesis” that somewhere, somehow, perfection is eternal, and to identify “the notion of God” with the “guarantee” of “an ideal order that shall be permanently preserved” (PM, 55). In such moods he demanded, at a minimum, what Whitehead called objective immortality – the memory of human achievements in the mind of a “fellow-sufferer who understands” (Whitehead 1929, 532– 533). He hoped that in his own best moments he had made contact with that mind. At other moments, he hoped that that mind was actively intervening in the history of the universe – that that mind was a power not ourselves that made for righteousness. These were, in his terms, “overbeliefs”, and he fluctu-

18 “Not the conception or intellectual perception of evil, but the grisly bloodfreezing heart-palsying sensation of it close upon one. […] How irrelevantly remote seem all our usual refined optimisms and intellectual and moral consolations in presence of a need of help like this! Here is the real core of the religious problem: Help! help!” (VRE, 135). 19 See James’ “pluralistic way of interpreting” Whitman’s “To You” (PM, 133), and his account of “the great religious difference”, the one “between the men who insist that world must and shall be, and those who are contented with believing that the world may be, saved” (PM, 135).

Zur Achten Vorlesung (II) ated at various times in his life between a minimal Whitmanesque identification of the divine with a future human community, a middling identification of it with Whitehead’s Concrescent Nature of God, and a maximal identification of it with a powerful force for good. All of us, I think, fluctuate between such overbeliefs. We fluctuate between God as a perhaps obsolete name for a possible human future, and God as an external guarantor of some such future. Those who, like Dewey, would like to link their days each to each by transmuting their early religious belief into a belief in the human future, come to think of god as Friend rather than as Judge and Savior. Those who, like me, were raised atheist and now find it merely confusing to talk about God, nevertheless fluctuate between moods in which we are content with utility and moods in which we hanker after validity as well. So we waver between what I have called “romance” and needy, chastened humility. Sometimes it suffices to trust the human community, thought of as part of what Dewey called “the community of causes and consequences in which we, together with those not born, are enmeshed […] the widest and deepest symbol of the mysterious totality of being the imagination calls the universe” (Dewey 1934, 85). Sometimes it does not. James was not always content to identify the “wider self from which saving experiences come” with Dewey’s “widest and deepest symbol” of the universe. In Whitmanesque moods he could identify this wider self with an Americanized humanity at the farthest reach of the democratic vistas. Then he could (to paraphrase the title of his father’s book) think of Democracy as the Redeemed Form of God. But in Wordsworthian moods his “overbelief” was in something far more deeply interfused with Nature than the transitory glory of democratic fellowship. Then he thought of the self from which saving experiences come as standing to even a utopian human community as the latter stands for the consciousness of our dogs and cats (VRE, 518– 519). We can, I think, learn two lessons from recapitulating what Henry Levinson calls “the religious investigations of William James”. The first is that we latest heirs of time are lucky enough to have considerable discretion about which options will be live for us and which will not. Unlike our less fortunate ancestors,

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Richard Rorty we are in a position to put aside the unromantic, foundationalist view that all the truth-candidates, and thus all the momentous options, have always already been available, live, and forced – because they are built into a language always and inevitably spoken by common sense. We can, with James, relish the thought that our descendants may face live and forced options which we shall never imagine. The second lesson is that letting his liveliest option be the choice between Whitman and Wordsworth – between two romantic poets rather than between an atheistic creed and a theistic one – was enough to satisfy William James’ own religious needs. James combined, to an extent of which most of us are incapable, honesty about his own needs with concern for those of others. So the upshot of his investigations is worth bearing in mind.

Bibliography Allen, Barry 1993: Truth in Philosophy, Cambridge Allen, Barry 1994: Atheism, Relativism, Enlightenment and Truth. In: Studies in Religion 23, 167–178 Allison, Dorothy 1994: Skin: Talking about Sex, Class, and Literature, Ithaca Carter, Stephen 1993: The Culture of Disbelief: How American Law and Politics Trivialize Religious Devotion, New York Clifford, William K. 1879: The Influence upon Morality of a Decline in Religious Belief. In: Lectures and Essays, vol. 2, London, 244 –252 Dewey, John 1934: A Common Faith, New Haven Lewis, David 1983: Putnam’s Paradox. In: Australasian Journal of Philosophy 62, 221–236 MacIntyre, Alasdair/Ricoeur, Paul 1969: The Religious Significance of Atheism, New York McDowell, John 1994: Mind and World, Cambridge Rorty, Richard 1994: Religion as Conversation-Stopper. In: Common Knowledge 3, 1–6 Rorty, Richard 1995: Sind Aussagen universelle Geltungsansprüche? In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 42, 975–988 Rorty, Richard 1995a: Is Truth a Goal of Inquiry?: Davidson vs. Wright. In: The Philosophical Quarterly 45, 281–300 Rorty, Richard 1998: McDowell and Davidson. In: Philosophy and Phenomenological Research 58, 389–394 Whitehead, Alfred North 1929: Process and Reality, New York Williams, Michael 1993: Unnatural Doubts, Oxford

Zur Achten Vorlesung (II) Der Beitrag ist zuerst erschienen in: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge University Press, Cambridge/New York/Melbourne 1997, 84–102.

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Richard Rorty

Zur Begründungslogik des Pragmatismus

Helmut Pape

Zur Begründungslogik des Pragmatismus Die Wahrheit des Gedankens und die Erfahrung der Bedeutung: Über die Grundlegung der Jamesschen Wahrheitstheorie durch seine Psychologie der Symbolerfahrung 11.1 Subjektivistisch? Utilitaristisch? Relativistisch? Schwierigkeiten mit dem Jamesschen Pragmatismus Keine These der Pragmatismus-Vorlesungen von William James hat eine so heftige Reaktion ausgelöst wie die Erklärung von Wahrheit durch die Nützlichkeit einer Aussage. Die Kritiker des Pragmatismus von James reagieren auch heute noch empört auf die folgende Formulierung der These, daß die Wahrheit und Nützlichkeit einer Aussage oder eines Gedankens gleichbedeutend sind: „‚Das Wahre‘ ist, um es kurz zu sagen, nichts anderes als das, was uns auf dem Wege des Denkens vorwärts bringt, so wie ‚das Richtige‘ das ist, was uns in unserem Benehmen vorwärts bringt. Dabei meine ich vorwärtsbringend in jeder Art und vorwärtsbringend im ganzen und großen. Denn was der gegenwärtigen Erfahrung entspricht, das wird einer künftigen Erfahrung vielleicht nicht in gleich befriedigender Weise entsprechen“ (DP, 140 f.). James’ pragmatische Erklärung von Wahrheit erklärt diese durch eine Beziehung auf unser Denken: Wahres denken wir dann, wenn wir für ein das Denken bestimmendes Ziel Teile der gegenwärtigen Erfahrung oder Erinnerung ausfindig machen, die den Verlauf des Denkens voranbringen. Was auf lange Sicht den Ablauf des Denkens konstant verlaufen läßt, ist etwas „Wahres“ und ist auch nützlich. So bedeutet es dasselbe, über eine

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Helmut Pape erinnerte und nun endlich angewendete Wahrheit zu behaupten, sie sei wahr oder sie sei nützlich: „Man kann sagen: ‚sie ist nützlich, weil sie wahr ist‘, oder ‚sie ist wahr, weil sie nützlich ist‘. Beide Sätze bedeuten dasselbe, nämlich, daß hier ein Gedanke da ist, der verwirklicht und verifiziert werden kann. ‚Wahr‘ ist der Name für jede Vorstellung, die den Verifikationsprozeß auslöst, und ‚Nützlich‘ der Name für die in der Erfahrung sich bewährende Wirkung“ (DP, 128). Wenn James hier von „Nützlichkeit“ redet, spricht dann ein Relativist, der wie Rorty einen individuellen oder gar egoistischen Nutzen als einzigen Sinn von Wahrheit verficht? Seine wütenden zeitgenössischen Kritiker wie Rickert, Pratt, Russell und Moore haben unterstellt, daß James Wahrheit mit Nützlichkeit für ein beliebiges subjektives Interesse gleichsetzt oder sogar identifiziert. Doch diese Lesart hält einer Prüfung nicht stand.1 Zwar

1 Der Einwand des Subjektivismus wird in dreierlei Form erhoben. Nach der ersten egozentrischen Variante hat James behauptet, daß eine Aussage p deshalb wahr ist, weil es meinen Interessen nützt, daß p wahr ist. James hat niemals etwas ähnliches vertreten, und man kann nur durch grob verfälschende, aus dem Kontext der Argumentation gelöste Zitate eine solche Interpretation belegen. In der zweiten, von G. E. Moore (Moore 1907/08) und B. Russell (Russell 1966) James zugeschriebenen Version wird der pragmatische Wahrheitsbegriff als subjektivistisch abgelehnt, weil er behaupte, daß p bereits dann wahr ist, wenn der Glaube an p einige nützliche Wirkungen hat. Davon ist die dritte Form des Einwands ein Spezialfall: Bereits dadurch, daß ich an p glaube, hat p künftig erfahrbare nützliche Wirkungen und wird aufgrund meines Glaubens wahr. Der Glaube, daß p, bewirkt also die Wahrheit von p. Diese Möglichkeit hat James niemals als allgemeines Merkmal seines Wahrheitsbegriffs aufgefaßt. Eine schwächere Form dieser eigentlich ethischen Sicht der Wahrheit des Glaubens hat er in The Will to Believe für bestimmte Arten von Überzeugungen für gültig erklärt. Dabei geht es aber nur um Fälle, in denen sein allgemeiner Wahrheitsbegriff nicht anwendbar ist: Überall dort, wo, wie bei religiösen oder metaphysischen Überzeugungen, die Folgen für weitere Erfahrungen nicht entscheidbar sind, habe ich dann ein „Recht zum Glauben“, wenn ich aufgrund der Umstände zwischen p und nicht-p entscheiden muß. Für die allgemeine Kritik von Moore und Russell gilt nicht nur, daß sie das, was James über Wahrheit sagt, unvollständig rekonstruieren. Vielmehr ignoriert ihre Kritik aktiv die Hauptthese von James, daß es einen Zusammenhang zwischen der Wahrheit und der Erfahrbarkeit oder Verifikation einer Aussage geben muß. Das ganze Ausmaß dieses Mißverständnisses und seiner Konsequenzen hat D. C. Phillips (Phillips 1984) dargestellt. Kurz und entschieden hat H. Putnam gleich zu Anfang seiner unter dem Titel Pragmatismus. Eine offene Frage (Putnam 1995) veröffentlichten Vorlesungen alle Formen subjektivistischer Mißverständnisse von James zurückgewiesen.

Zur Begründungslogik des Pragmatismus ist richtig, daß James eine Äquivalenz (wenn Nützlichkeit, dann auch Wahrheit, und wenn Wahrheit, dann auch Nützlichkeit) annimmt. Doch diese Äquivalenz gilt eben nur in bestimmten Hinsichten und nicht unbegrenzt – wie das obige Zitat zeigt. Im folgenden werde ich die Kritik an James’ Wahrheitsbegriff nicht näher diskutieren. Dies ist bereits von anderen Autoren erfolgreich getan worden,2 und es soll in dieser Studie nicht darum gehen, James gegen seine Kritiker zu verteidigen. Die Frage, die ich in dieser Studie beantworten möchte, zielt auf den Hintergrund der Jamesschen Wahrheitstheorie und lautet: Gibt es eine positive und auch heute noch vertretbare Begründung dafür, daß James die Wahrheit (und ebenso Bedeutung) eines Gedankens im Sinne von Vorwärtsbringen (expedient), Hinführen (leading) und Nützlichsein (useful) erklärt? Einen Hinweis, der in Richtung auf eine Antwort dieser Frage führt, erhalten wir, wenn wir ernst nehmen, was James im Anschluß an das obige Zitat (DP, 128) über den allgemeinen Begriff der Wahrheit des Pragmatismus sagt. Wahrheit sei etwas, das „wesentlich von der Weise abhänge, wie ein Moment unserer Erfahrung uns zu anderen Momenten führen kann, zu denen es sich lohnt, geführt zu werden“.3 Dies Zitat betont einen Zusammenhang, den ich hier für ein angemessenes Verständnis der Jamesschen Wahrheitstheorie für entscheidend halte: James geht es nicht primär und nicht allein um eine Wahrheitsdefinition und Klärung der objektiven und intersubjektiven Aspekte des Wahrheitsbegriffs, sondern um die psychischen und subjektiven Bedingungen des Verstehens und der Erfüllung von Wahrheit in der Erfahrung endlicher Subjekte. James’ Wahrheitstheorie antwortet

2 So z. B. Perkins 1992 und Putnam 1997. Siehe dazu auch die Arbeiten von Phillips und H. Putnam, die in der letzten Fußnote erwähnt werden. 3 Dies ist meine Übersetzung von „truth as something essentially bound up with the way in which one moment in our experience may lead us towards other moments which it will be worth while to have been led to“ (PM, 98). Jerusalem verkürzt und vereinfacht diese Formulierung, so daß sie eine fast schon reduktive Eindeutigkeit erhält, die sie bei James nicht besitzt. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß Jerusalem das, was bei James ein Satzteil ist, zu einem neuen Satz macht: „Diese [die Wahrheit im Sinne des Pragmatismus] ist im wesentlichen nichts anderes als der Weg, auf dem wir von einem Stück der Erfahrung zu andern Stücken hingeführt werden, und zwar zu solchen, die zu erreichen die Mühe lohnt“ (DP, 128).

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Helmut Pape also auf die Frage: Unter welchen psychischen Bedingungen wird eine Wahrheit zu einer Wahrheit für mich? Seine ganze Begrifflichkeit, die von „Befriedigung“, „Nützlichkeit“, „Hinführen“ und „Vorwärtsbringen“ für das Erfassen eines Zusammenhangs von „Momenten der Erfahrung“ spricht, deutet auf eine solche Theorie der subjektiven Erfüllungsbedingungen hin. Diese These muß sich gegen einen offensichtlichen Einwand zur Wehr setzen: Was verhindert, daß James’ Theorie der psychologischen Bedingungen der subjektiven Erfüllung von Wahrheit zu jenem subjektiven Mentalismus von Wahrheit und Bedeutung zusammenfällt, den seine Kritiker unterstellen? Ich werde im folgenden darstellen, daß James’ Theorie der psychischen Erfüllungsbedingungen von Wahrheit auf einer Theorie über die Weise basiert, wie die Bedeutung von Symbolen erfahren werden kann. Ich werde in dieser Studie den Jamesschen Ansatz als einen höchst aktuellen Beitrag zu einer philosophischen Theorie der semiotischen Erfahrung diskutieren. In den Abschnitten 2.–4. wird deutlich werden, daß James diese phänomenologische Theorie der Symbolbedeutung im Rahmen seiner Psychologie entwickelt. Im 5. Abschnitt kann ich dann auch explizit vorführen, wie dadurch der Hintergrund für den pragmatischen Begriff von den psychischen Erfüllungsbedingungen bereitgestellt wird, auf dem Vorwärtsbringen, Hinführen und Nützlichsein zu Eigenschaften des Erfahrens einer Wahrheit werden. Im 6. Abschnitt werde ich in einem letzten Schritt zeigen, wie James’ phänomenologische Theorie der Symbole, die an Berkeley anknüpft und Peirce beeinflußt hat, auch das besondere Handeln mit Symbolen beschreibt.

11.2 Das Empfinden für Bedeutung und die Möglichkeit einer Psychologie der Semiotik „Nehmen wir an, wir versuchen uns an einen vergessenen Namen zu erinnern“, schreibt William James 1890. „Dieser Bewußtseinszustand ist eigentümlich. Er weist eine Lücke auf, doch keine bloße Lücke. Es ist dies eine höchst aktive Lücke. Sie enthält eine Art Gespenstererscheinung des Namens, die uns in eine bestimmte Richtung drängt […]. Wenn falsche Namen vorgeschlagen werden, so bewirkt diese einmalig bestimmte

Zur Begründungslogik des Pragmatismus Lücke sofort, daß sie abgelehnt werden. Sie passen nicht in die Form. Und die Lücke des einen Wortes empfinden wir nicht so wie die Lücke eines anderen Wortes, obgleich beide notgedrungen so erscheinen, als ob sie keinen Inhalt hätten, wenn man sie als Lücken beschreibt“ (PP, 251).4 Worum geht es James, wenn er die Empfindung, das Spüren des Fehlens eines Wortes beschreibt? Ich schlage vor, daß diese und andere Passagen entgegen dem, was James in der Einleitung seines Werkes erklärt, nicht nur anders gelesen werden können, sondern gelesen werden sollten. Gemäß meiner Lesart geht es hier nicht um Psychologie, sondern um eine Untersuchung der Phänomenologie der Semiotik. Dies Unternehmen könnte man auch als Psychologie der Symbolerfahrung oder Psychosemiotik bezeichnen. Bei dem Studium der Psychologie der Symbolerfahrung werden wir den Peirceschen Symbolbegriff verwenden: Ein Symbol ist ein Zeichen, das sich deshalb auf Objekte bezieht, weil es aufgrund einer Übereinkunft, Regel oder Gewohnheit als für diese Objekte stehend interpretiert wird. Die von mir soeben geäußerten Worte sind allesamt Verwendungen von sprachlichen Symbolen; doch die Tatsache, daß sie hier auf dem Papier stehen, ist ein Index für die Handlung des Schreibens ihres Autors und symbolisiert überhaupt nichts. Denn der Objektbezug eines Symbols ist interpretations-, regel- oder konventionsbestimmt. Diese Charakterisierung des Symbols hat eine wichtige Konsequenz: Symbole werden strikt allgemein, als regel- oder konventionsbestimmte Zeichen aufgefaßt, so daß sich die Regel, Konvention oder Gewohnheit, die das Symbol konstituiert, allgemein auf eine Klasse von Objekten bezieht und unabhängig von der Beziehung auf einzelne Objekte ist. Verwende ich ein Symbol, so wird dieser Anwendungsfall, der dann auf ein einzelnes Objekt bezogen sein kann, durch Bedingungen bestimmt, die unabhängig von dem sind, was die Konvention des Symbols besagt. Natürlich müssen diese spezifischen Bedingungen allgemein mit ihr verträglich sein. Was die Verwendung eines Symbols hier und jetzt gestattet, kann also nicht mehr allein durch die Konvention bestimmt sein. Es sind

4 Siehe PP, 243. Dieses wie alle übrigen Zitate von James aus den Principles of Psychology wurden vom Verfasser dieser Studie übersetzt.

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Helmut Pape die besonderen Bedingungen relevant, die nur für diesen einzelnen Akt der Verwendung gelten und meine Entscheidung rechtfertigen, genau dieses (und kein anderes Symbol) zu verwenden: Auch die Erfahrungen, Gedanken, Vermutungen, Wahrnehmungen, die ich in einer Situation habe, können so zu Anwendungs- und Erfüllungsbedingungen der verwendeten symbolischen Formen werden. Es ist eine bereits von Platon und Aristoteles formulierte Einsicht, daß die von einer Person zu einem jeweiligen Anlaß mit einem Wort verknüpfte Erfahrung wechseln kann, ebenso wie die Klang- oder Schriftform des Wortes wechseln kann, also beliebig der Bedeutung zugeordnet ist. William James teilt die traditionelle Beliebigkeitsthese, schränkt sie aber in seinen Studien zur Symbolerfahrung in einer Hinsicht ein. Im Kapitel über den Begriff in seinen 1890 erschienenen Principles of Psychology behauptet er, daß man trotz der Beliebigkeit der Symbole sagen kann, daß unsere Empfindungen die psychische Bedeutung von Symbolen bestimmen: Die Erfahrung der symbolischen Bedeutung kann auch dann eine andere sein, wenn das Wort und die ihm assoziierte Vorstellung gleichbleiben. James schreibt: „Wenn ich das Wort Mensch in zwei verschiedenen Sätzen verwende, so kann bei beiden Malen genau derselbe Klang über meine Lippen gehen und dasselbe Bild vor meinem geistigen Auge stehen, doch kann ich im Augenblick der Äußerung des Wortes und des Vorstellens des Bildes wissen, daß ich zwei ganz unterschiedliche Dinge meine“ (PP, 446). Wie kann ich von einem Bedeutungsunterschied wissen, der weder im Wort noch in der assoziierten Vorstellung liegt? James antwortet hierauf, daß es ein „absolut positives Empfinden“, einen Sinn für die symbolische Bedeutung gibt, der bewirkt, daß die Abfolge meines Denkens wie der Wörter so umgeformt wird, daß sie die jeweils andere Bedeutung annehmen. Dieses „Empfinden der Bedeutung“ (ebd.) ist subjektiv: Es ist die Weise, wie ein Symbol für jeden von uns die Erfahrung von propositionalen Strukturen bestimmt. Ist James hier willfähriges Opfer des Mythos von der bedeutungsstiftenden Privatsprache? Wenn nicht, wie sollen wir James’ These von der Bedeutungsempfindung anders verstehen? Meine Behauptung ist, daß James eine vielschichtige Psychologie der Symbolerfahrung entwickelt

Zur Begründungslogik des Pragmatismus hat, die auf diese Fragen antwortet. Zu ihr gehört sowohl die These, daß das Denken eine Dynamik hat, die in den Symbolen, insbesondere in Urteilen, zur Ruhe kommt, wie der Vorschlag, durch Empfinden die Bedeutung von Symbolen zu erklären, ohne auf mentale Bedeutungsatome (z. B. Ideen, Vorstellungen) zurückgreifen zu müssen. James’ Psychosemiotik der Symbole ist natürlich mentalistisch – sonst wäre sie keine philosophische Psychologie der Symbolerfahrung. Doch ist sie keinem privatsprachlichen Mentalismus verpflichtet. Dies bedeutet, daß James nicht behauptet, daß alle Bedeutung mit dem Vorkommen von einzelnen (atomaren) Ideen im Kopf identifiziert wird. Zum einen geht es um die subjektiv-psychische Seite der Bedeutungen von Symbolen: Nicht die extensionalen oder intersubjektiven, sondern die psychisch-phänomenologischen Bedingungen der Symbole sind entscheidend. Ich werde noch darlegen, daß wir nach James Bedeutung durch einen ganz anderen Vorgang erfassen: Bedeutungen erfahren wir durch die auf Symbolisierungen bezogenen Relationen zwischen Empfindungen und allen übrigen geistigen Vorgängen, wozu auch die unabhängigen Bedingungen unterworfenen Handlungserfahrungen gehören. Aus welchen Gründen dies das Problem der Erfahrbarkeit von Bedeutung löst, wird sich noch genauer zeigen.

11.3 Von der Ruhe des Denkens in den Taten der Symbole: Der Strom des Bewußtseins Zwischen Semiotik und Psychologie besteht ein Spannungsverhältnis, das wir aufklären müssen. Wieso kann ich z. B. behaupten, daß James, der doch eine Psychologie schreibt, nicht notgedrungen zum traditionellen Mentalisten wird? Es ist methodisch ratsam, auf einigen deutlichen Klärungen zu bestehen. Es sollte klar sein, daß nur ein kleiner Teil der Jamesschen Psychologie für eine Phänomenologie der Semiotik relevant ist. Auch in dem relevanten Teil, wo die Symbolerfahrung thematisch wird, wird es einen psychologischen Rest geben, der auf andere Zusammenhänge zielt. Ich verwende und interpretiere also die Jamesschen Überlegungen abgelöst oder auch gegen ihren psychologischen Argumentationszusammenhang.

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Helmut Pape Doch dieses Vorgehen steht nicht völlig im Gegensatz zu dem, was James beabsichtigt.5 Denn auch James verfolgt in seiner Psychologie keine materialistische, sondern eher eine phänomenologische Sicht des Geistes. Er praktiziert selbst einen eher alltagsphänomenologischen Ansatz, der unsere normale Denk- und Sprecherfahrung einbezieht. Zu James’ Ansatz gehört weiterhin die folgende Annahme: Unser Denken, bei allen übrigen sehr weitgehenden Unterschieden zwischen Sprechen und Denken, ist nämlich in einer Hinsicht nur geringfügig vom Sprechen unterschieden: Um einen wahrheitsfähigen Sachverhalt zu denken, z. B. daß heute die Sonne scheint, muß ich mich ebenso einer symbolischen Form bedienen wie im Sprechen. Diejenige Formation von Gedanken, die einen Sachverhalt erfaßt, wird selbst eine gegliederte symbolische Form aufweisen, weil nur so ein solcher Sachverhalt darstellbar wird. Dies bedeutet z. B., daß ein propositionales Denken unterscheidbare, d. h. auch als unterschiedlich erfahrene Teile besitzen wird. Denn nur so können wir einen für uns erfahrbaren Zusammenhang zwischen der Syntax eines geäußerten Satzes und unserem Denken derselben Proposition herstellen. Gedanken und Aussagen in sprachlicher Form können also dieselbe Proposition ausdrücken. Doch die Beziehung zwischen symbolischer Satzform und dem Aufbau unserer Gedanken ist schwach. Es gibt keine eindeutige Zuordnung, sondern es besteht ein vieldeutiger, offener Zusammenhang. Ja es wäre sinnlos, bei der Verwendung desselben Wortes dieselbe Erfahrung desselben Ob-

5 James beansprucht zwar einerseits, daß er sich im ganzen Buch an den „naturwissenschaftlichen Gesichtspunkt“ (PP, 6) gehalten habe. Doch dieser besteht eben darin, auch die „Gedanken und Gefühle“ (PP, 6) endlicher Subjekte als Daten einzubeziehen. Im Kapitel über die Methoden und Denkfehler der Psychologie geht er noch einen Schritt weiter. Er betont, daß die „introspektive Beobachtung es ist, auf die wir uns zuerst, vor allem und immer stützen müssen“ (PP, 185). Dem entspricht, daß das Kapitel über den Strom der Gedanken damit beginnt, daß James die Tatsache, daß sich Denken vollzieht, zu seinem Ausgangspunkt macht: „Die erste Tatsache für uns als Psychologen besteht darin, daß Denken irgendeiner Art sich vollzieht“ (PP, 219). Trotzdem ist die Jamessche Introspektion meistens eher Selbst- als Innenbeobachtung. Sie wird jedenfalls nicht mit der Aufgabe belastet, ein gänzlich einzigartiges inneres Objekt zu entdecken, das nur so zugänglich ist.

Zur Begründungslogik des Pragmatismus jekts konstruieren zu wollen. In welchem Sinne kann James dann versuchen, die Empfindung zu einem Unterscheidungsmerkmal für symbolische Bedeutung zu erheben? Einen ersten Schritt zu einer Antwort auf diese Frage liefert die folgende Überlegung: Auch dann, wenn unser Denken physisch nicht isomorph zu der Syntax von Sätzen strukturiert ist, kann es immer noch sein, daß es in seinem Verlauf Eigenschaften besitzt, die es gestatten, daß das Denken konventionell und gewohnheitsmäßig strukturiert und so symbolisch interpretierbar ist. Deshalb ist es möglich, daß zu der symbolischen Form des geäußerten Satzes Beziehungen der Verstärkung und Überlagerung bestehen: Wenn es eine symbolisch strukturierte VerlaufsKomplexität des Denkens gibt, dann können wir die gedanklichen Symbolisierungen mittels ihrer Beziehung zur geäußerten Sprache von den übrigen nicht-symbolischen (qualitativen, emotionalen, bildlichen oder somatischen) Anteilen der Denkerfahrung unterscheiden. Eine philosophische Theorie der Symbolerfahrung sollte deshalb erklären können, wie unterschiedliche Formen von Symbolisierungen und wie nicht-symbolische Elemente aufeinander bezogen sind und wie sie durch die Dynamik der Wechselwirkung von Denken und Sprechen wirken. Vielleicht kann man dann unterschiedliche Denkstile dadurch unterscheiden, wie verschiedene symbolische Formen mit nicht symbolischen Zeichenformen verschieden stark verknüpft und deshalb im Gespräch unterschiedlich wirksam werden können. So kann die Überbetonung entweder der Empfindungs-, der Wahrnehmungs- oder der Äußerungskomponente in der Beziehung zwischen Denken und Sprechen denk- oder erfahrungshemmend einen individuellen Denkstil prägen. William James begegnet diesen Problemen dort in den Principles of Psychology, wo er eine der einflußreichsten Konzeptionen seiner Psychologie entwickelt, nämlich die des „Bewußtseinsstroms“. Bewußtsein wird im Kapitel IX „The Stream of Thought“6 durch fünf Eigenschaften beschrieben. Der Bewußt-

6 James verwendet hier und an anderer Stelle „thinking“ und „thought“, also „Denken“ und „Gedanke“, in einem zuvor eingeführten allgemeinen terminologischen Sinne, der alle Arten geistiger Prozesse, auch Empfindungen und Gefühle, mit umfaßt.

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Helmut Pape seinsstrom 1. ist personal geordnet, d. h. wird von einem Subjekt als ihm zugeordnet erfahren, 2. ist in ständiger Veränderung begriffen, 3. ist auf spürbare Weise kontinuierlich, 4. besitzt eine intentionale Struktur, so daß er stets auf Objekte ausgerichtet ist, und 5. ist ein selektiver Prozeß, der bestimmte Teile gegenüber anderen heraushebt. Ist die Konzeption eines kontinuierlichen Stroms grundlegend, so ist zu erklären, wie einzelne Gedanken, Begriffe aus dem kontinuierlichen Zusammenhang einerseits als diskrete, konstante und reidentifizierbare Teile hervorgehen und andererseits auf die Kontinuität des Zusammenhangs zurückwirken können. Die spürbare Kontinuität des Bewußtseins hat nach James zwei erfahrbare Formen, die auch die Grundlage für seine Theorie der Symbolerfahrung bilden. James unterscheidet zwischen den substantiellen und den transitiven Teilen des Bewußtseinsstroms. Er klärt ihre einheitliche, nämlich auf die Grundkontinuität zurückgehende Funktion dadurch, daß zwei Sorten von Gestalten aus der unterschiedlichen Geschwindigkeit der zeitlichen Folge der Empfindungen und ihrer Überlagerung erwachsen. Er nimmt dabei eine neurophysiologische Grundlage für diese Unterscheidung an: Das Bewußtsein ist das Produkt von Prozessen der Summierung unterschiedlicher, gleichzeitiger Gehirnprozesse. Die Festigkeit von Elementen des Bewußtseins wird dann als relative Konstanz erklärt: Sie ist eine Abfolge von Überlagerungen. Was wir aber als konstanten Anteil oder Thema – oder, wie James sagt, als „substantiellen Teil“ – des Bewußtseins festhalten oder was wir als Moment der Veränderung – oder „transitiven Teil“ – erfahren, hängt vom Unterschied in der Geschwindigkeit, d. h. von der relativen zeitlichen Dynamik im Wechsel der geistigen Zustände ab. Beide erfahrbaren Formen des Bewußtseins sind also dadurch bestimmt, wie sich Beziehungen zwischen geistigen Prozessen herstellen lassen: „Wenn die Rate niedrig liegt, sind wir uns des Objektes unseres Denkens auf eine vergleichsweise ruhige und feste Art bewußt. Wenn sie hoch liegt, so erfassen wir einen Verlauf, eine Beziehung, einen Übergang aus ihm oder zwischen ihm und etwas anderem. Wenn wir nun tatsächlich einen allgemeinen Blick auf den wundervollen Strom unseres Bewußtseins werfen, so beeindruckt uns zuerst dieser unterschiedliche Puls seiner Teile. Wie das Leben eines Vogels, so scheint es aus dem

Zur Begründungslogik des Pragmatismus Wechsel zwischen Flug und Sitzen zu bestehen. Der Rhythmus der Sprache drückt dies aus, wobei jeder Gedanke in einem Satz ausgedrückt und jeder Satz durch einen Punkt beendet wird. Die Ruheplätze werden normalerweise von Wahrnehmungsvorstellungen (sensorial imaginations) irgendeiner Art besetzt, deren Eigenart es ist, daß sie unbestimmte Zeit im Geist festgehalten und ohne sich zu verändern betrachtet werden können. Die Abschnitte des Flugs sind angefüllt mit Gedanken an Beziehungen, ob statischer oder dynamischer Art, die hauptsächlich zwischen den Sachen bestehen, die in den Zuständen vergleichsweiser Ruhe betrachtet werden“ (PP, 236). Die innere Struktur des Flusses, die durch unterschiedliche Taktfrequenzen entsteht, führt zu Konstanzphänomenen. Diese sind eine Art von „Wirbelbildungen“ im Strom des Bewußtseins. Im Denken interpretieren wir diese Unterschiede zwischen konstanten und rein fließenden Elementen, und unser propositionales Bewußtsein spiegelt sie im Unterschied zwischen Thema und Interpretation, Satzsubjekt und Prädikat wieder. Es gibt symbolische Formen, nämlich Urteile, durch deren Bildung das Denken in eine Tätigkeit übergeht, die das Denken selbst zu einem vorläufigen Ende bringt, weil dann das Handeln beginnen kann. Die substantiellen Teile des Bewußtseinsstroms deutet James als „Ruheplätze des Denkens“: Sie markieren einen vorläufigen Endpunkt, eine gewonnene Konstanz im Fließen des Stroms, die wir als diese eine Erfahrung, z. B. mit einem wahrgenommenen Objekt, vergegenwärtigen, herausheben und festhalten. Wir wollen die Unterscheidung von transitiven und substantiellen Teilen des Bewußtseins zu einer Differenzierung in Beziehung setzen, die wir einleitend anhand des Peirceschen Symbolbegriffs entwickelt hatten: Nicht das Symbol selbst, sondern seine Verwendungen sind uns gegenwärtig. Sie sind nur deshalb auf einzelne Objekte beziehbar, weil in ihnen durch unsere Verwendung das Symbol durch eine andere, nicht-symbolische Zeichenart, nämlich indexikalisch oder ikonisch interpretiert wird: Das Symbol wird konkret auf einzelnes anwendbar, wenn es sinnlich – ikonisch und indexikalisch – spezifiziert wird. Daraus folgt: Einer symbolischen Zeichenform kann nur dadurch eine spezifische Bedeutung zukommen, daß sie durch einen Akt der Verwendung, also durch ein Handeln interpretiert wird.

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Helmut Pape Dies ist einem Grundgedanken des Pragmatismus verwandt, der Denken dynamisch und final orientiert auffaßt. Das heißt, daß eine gewonnene Überzeugung einen (partiellen) Denkvorgang abschließt und so erst eine Handlungsmöglichkeit eröffnet. Der Abschluß einer Überlegung in der beruhigten Überzeugung bedingt die dynamische Struktur des Denkens. Peirce formuliert dies bereits 1878: „Das Denken in Bewegung hat als einzig mögliches Ziel, das Denken zur Ruhe zu bringen; und was immer auch sich nicht auf die Überzeugung bezieht, ist kein Teil des Denkens selbst“ (CP, 5.396). Auch James’ Psychologie der Symbolerfahrung vertritt die These, daß das Herstellen der Verbindung zwischen den substantiellen Teilen das Ziel des Denkens und der finale Sinn der transitiven Teile ist: „Es scheint also, daß das Hauptziel unseres Denkens zu jeder Zeit das Erreichen eines anderen substantiellen Teils als desjenigen ist, von dem wir uns soeben gelöst haben. Und der Hauptnutzen der transitiven Teile besteht darin, uns von einer substantiellen Konklusion zu einer anderen zu führen“ (PP, 236). Dieser finale Sinn der transitiven Teile impliziert nicht, daß die symbolischen Formen, welche die substantiellen Anteile des Bewußtseins ausmachen – seien es singuläre Termini oder bildliche Vorstellungen –, den transitiven Teilen Bedeutung verleihen würden. Das Gegenteil ist der Fall: In den transitiven Teilen manifestiert sich die Kraft des Bewußtseins, eine kontinuierliche und umfassende Einbettung herzustellen. Die substantiellen Teile erhalten erst durch diese Einbettung oder Passung ihre bestimmte Bedeutung. Die herausgehobene Rolle der substantiellen Teile wird dagegen durch die dynamische Orientierung der propositionalen Abschnitte des Stroms an ihrem Motiv, eine konstante Beziehung zum Thema des Denkens zu vermitteln, hergestellt: Die Intentionalität der satzförmigen Abschnitte des Stroms hebt die Symbolisierungen jener Objekte heraus, die den Kern propositionaler Sachverhalte bilden. Häufig unterliegen wir deshalb einem naiv realistischen Irrtum, der das Thema des Denkens mit dem externen Objekt gleichsetzt.

Zur Begründungslogik des Pragmatismus

11.4

Die Erfahrung der Intentionalität der Symbole

Um diesen Zusammenhang besser verständlich zu machen, müssen wir uns eingehender mit den Konsequenzen von James’ Unterscheidung der substantiellen und transitiven Teile des Bewußtseinsstroms beschäftigen. James betont, daß der Bewußtseinsstrom transparent gegenüber seinen angestrebten Endzuständen ist. Deshalb sind normalerweise die transitiven Erfahrungsanteile nur schwer oder gar nicht für uns erkennbar. In alltäglichen Kontexten werden wir meistens die transitorischen Phasen des Denkens in die substantiellen Anteile hineinziehen oder mit ihnen verwechseln. Die substantiellen Elemente des Bewußtseins, die begrifflichen Kennzeichnungen, Vorstellungen und Wahrnehmungsbilder von Gegenständen, Ereignissen oder Situationen, überwiegen eindeutig. Doch sind die transitiven Erfahrungsanteile nicht nur fühlbar, sondern auch sprachlich ausdrückbar: „Es gibt in der menschlichen Sprache keine Konjunktion oder Präposition und kaum einen Adverbialausdruck, eine syntaktische Form oder Beugung der Stimme, die nicht eine Tönung oder etwas anderes über Relationen ausdrückt, die wir zu irgendeinem Augenblick tatsächlich als zwischen den ausgedehnteren Objekten unseres Denkens existierend empfunden haben. Wenn wir das objektiv formulieren, sind es die wirklichen Relationen, die offengelegt erscheinen; wenn wir dies subjektiv formulieren, ist es der Bewußtseinsstrom, in dem jeder von ihnen eine innere eigene Färbung entspricht. Auf jeden Fall sind die Relationen zahllos, und keine existierende Sprache ist in der Lage, all ihren Schattierungen gerecht zu werden“ (PP, 238). Vereinfacht kann man sagen: Die Theorie des Bewußtseinsstroms ist die Theorie der transitiven Erfahrungsanteile. Zu ihm gehören aber auch die nicht vollständig sprachlich faßbaren Weisen des Bewußtseins in bezug auf noch nicht Gegenwärtiges. Der Bewußtseinsstrom wird durch seine intentionale Gerichtetheit strukturiert und gesteuert, die sich nach James nur durch jene sprachlichen Symbolisierungen ausdrücken läßt, die ohne Bezug auf substantielle Objekte sind. Intentionalität sorgt dafür, daß die passenden substantiellen Teile miteinander verbunden sind. Sie ist die psychische Bedingung dafür, daß wir bewußt jene konstanten und identischen Objekte als Ruhepunkte

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Helmut Pape der Erfüllung einer Intention erfahren, die den Verlauf der Erfahrung zum Abschluß bringen können. Damit haben wir eine Bedingung beschrieben, die für das subjektive Entstehen, Erfassen und Entscheiden von Ansprüchen auf Wahrheit intersubjektiv gültiger Aussagen erfüllt werden muß: Die Symbolisierungen unseres Denkens und Sprechens sind dadurch erfahrungsrelevant, daß wir die Relation der intentionalen Ausrichtung von dem Eintreten der Erfüllung durch das intendierte Objekt deutlich unterscheiden können. Dies ist der Grund, warum zu James’ Theorie der Symbolerfahrung die These der Erfahrbarkeit der Intentionalität gehört, der wir uns jetzt zuwenden wollen: Wie spüren wir Intentionalität? Unser Empfinden der transitiven Teile des Bewußtseins wird dadurch in seiner intentionalen Qualität erfahrbar, daß wir die offene Gerichtetheit in Beziehung zum Abschluß einer Strebung bringen können. Das heißt, wir verfügen über die Erfahrung des Strebens oder des zu etwas Tendierens als Verhaltensweise bereits, bevor wir die Intentionalität der Symbole interpretierend aufhellen können. Dieses vorverbale Streben ist deshalb die grundlegende Intentionalität des Bewußtseins. Sie stellt den übergreifenden Zusammenhang her, in dem die substantiellen Wahrnehmungsbilder ihre Bedeutung gewinnen können. Wir wollen deshalb im nächsten Schritt genauer beschreiben, wie nach James die Gerichtetheit, insbesondere die der Symbole, erfahren werden kann. Wir erfahren Intentionalität im Erlebnis von mehr oder weniger unvollständigen Übergängen zwischen verschiedenen Erfahrungen: Die Erfahrung des Strebens, des Ausrichtens von Erwartungshaltungen, der unvollkommen verwirklichten Absicht zu etwas, z. B. des Sprechen-Wollens, auch die unvollkommen allgemein bleibende Erinnerung des déjà vu, die eingangs erwähnte Suche nach einem Namen oder einem Vers, von dem nur noch ein Buchstabe, Klang oder Rhythmus erinnert wird, sind derartige Erfahrungen von Strebungen. James bezieht auch mit ein, daß die Äußerung einer anderen Person eine spürbare Richtung für alle weitere Erfahrung auslöst.7 Die unterschied7 „Nehmen wir an, daß drei aufeinander folgende Personen zu uns sagen: ,Warte!‘, ‚Horch!‘, ,Schau!‘ Unser Bewußtsein wird in drei ganz unterschiedliche

Zur Begründungslogik des Pragmatismus liche Empfindung für die Wirkung der verwendeten symbolischen Sprachformen ist durch die Erfahrung bestimmt, wie und worauf der künftige Verlauf der Erfahrung vorbereitet wird. Ausrufe, Imperative, Personalpronomen, Eigennamen, die grammatische Struktur und die Folge der Worte im Satz werden nicht als Zeichen für irgendwelche atomaren Vorstellungen aufgefaßt. Vielmehr sind sie Zeichen für Relationen, durch die der Ursprung oder weitere Verlauf des Denkens oder der Erfahrung spürbar wird. So liefert uns die Abfolge der Wörter im Satz, liefern uns Präpositionen und Betonungen „Richtungszeichen“. Eine Äußerung, die so in Verlaufs- und Ereignis-Schemata unseres Bewußtseins interpretativ umgesetzt wird, hat zur Folge, daß wir erfahren, wie Dispositionen und Erwartungen aktiviert werden. So entsteht ein vorgreifendes Intentionserleben, in dem ein großer Teil unseres Bewußtseins sich vollzieht. Wir tendieren dazu, d. h. versetzen uns in einen Zustand der Bereitschaft, bestimmte Verknüpfungen zwischen Erfahrungen, Handlungen und der sprachlichen Zeichen untereinander durch unser Handeln und Erfahren herzustellen. Der Einfluß der Strebungen und anderen transitiven Teile auf die übrigen Bewußtseinsvorgänge erzeugt einen psychischen Beiklang, das Eingetaucht- oder Eingelassensein, den James auch „Rand“ (fringe) oder „Hof“ nennt. Doch ist mit den Begriffen „Rand“ oder „Hof“ der Erfahrung der symbolisierenden substantiellen Teile nicht gemeint, daß diese einfach konnotatives Beiwerk sind, das auch wegfallen könnte. Sondern diese Teile tragen den Prozeß der subjektiven Aneignung einer Erfahrung, weil sie die herausgehobenen substantiellen Teile – die Wahrnehmungs- und Vorstellungsbilder und Begriffe – zusammenhalten. Die subjektiv erlebte Bedeutung ist somit vollständig vom Gelingen dieser Einbettung abhängig. Die eindeutig abgrenzbaren Vorstellungen, Wahrnehmungsbilder und Be-

Erwartungshaltungen versetzt, obgleich in keinem dieser drei Fälle ihm ein eindeutiges Objekt vorgestellt wird. Wenn wir von den unterschiedlichen körperlichen Haltungen absehen und wenn wir die mitschwingenden Vorstellungsbilder (images) der drei Wörter fortlassen, die natürlich verschieden sind, so wird wahrscheinlich niemand eine verbleibende Beeinflussung leugnen wollen, ein Spüren der Richtung, aus der ein Sinneseindruck zu erwarten ist, obgleich kein positiver Sinneseindruck bisher vorhanden ist“ (PP, 243).

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Helmut Pape griffe machen nur den kleinsten Teil des Bewußtseins aus. Die Strebungen und transitiven Teile sind jene Attribute des Stroms, die eine Vorstellung oder Erfahrung im Bewußtseinsstrom situieren. Erst durch den Strebungsanteil erhalten diese substantiellen Teile jene Bedeutung, die wir normalerweise nur ihnen zurechnen. James sagt deshalb auch, daß die jeweilige Erfahrung der Bedeutung einer Symbolisierung mit dem Hof oder Rand vollständig zusammenfällt.8 Die Qualität des Bewußtseinsstroms, die bedeutungskonstitutiv wirkt, ist das Aufnehmen des Wahrnehmungsbildes und des Gedankens in den kontinuierlichen Zusammenhang. Was vorausgeht und was als folgend erwartbar ist, bestimmt die Bedeutung, welche die Vorstellung oder Wahrnehmung eines Gegenstands für mich jeweils besitzt. Die Antwort auf die einleitend gestellte Frage, warum James von einer Bedeutungsempfindung auch dann spricht, wenn wir es mit zwei laut- und vorstellungsidentischen Wörtern zu tun haben, lautet deshalb: Die Ränder und Beiklänge der Gedanken im Strom des Bewußtseins bestimmen die Bedeutung der Vorstellungen und Gedanken deshalb, weil wir so die Beziehung der Passung in den kontinuierlichen Zusammenhang des Stroms der uns zugänglichen Erfahrung empfinden. Die Passung weist stets über den jetzt aktuellen Abschnitt des Bewußtseinsstroms hinaus. Der Strom der Gedanken strebt auch insgesamt einen Endzustand an, der ein Gleichgewicht zwischen den harmonischen Passungen zu verschiedenen Zeiten herstellt. In diesem Endzustand einer Folge von Gedanken oder Erfahrungen liegt die Relevanz der gesamten Folge. Er stellt ihre funktionale Geschlossenheit her, er identifiziert ihr Ziel durch einen bestimmten Abschluß und beherrscht deshalb das, was als gelungen kontinuierlicher Verlauf zählt. Wenn wir James’ Ansatz einen Schritt weiterführen, so können wir sagen: 8 „Jedes eindeutige Bild im Geist ist durchtränkt und wird gefärbt von dem freien Wasser des Bewußtseins, das es umfließt. Es wird begleitet von dem Empfinden seiner Beziehungen, nahe oder fern, dem verklingenden Echo der Weise, wie wir es erfaßten, dem erwachenden Empfinden von dem, wohin es führen wird. Die Bedeutung, der Wert des Bildes liegt vollständig in diesem Hof oder Schatten, der es umgibt und begleitet – oder vielmehr ist es mit ihm in eins verschmolzen […]; so bleibt es, das ist wahr, zwar ein Bild desselben Dinges, das es zuvor war, doch verwandelt es sich in ein Bild dieses Dinges, das neu erfaßt und frisch verstanden wird“ (PP, 255).

Zur Begründungslogik des Pragmatismus Die psychische Bedingung für das Verstehen der intentionalen Natur der Symbole besteht darin, daß jedes Symbol ein Streben der Beziehung von Empfindungen zu einem Endzustand vermittelt. Jedes Symbol wird dadurch für uns erfahrbar, daß es gemäß unseren Zwecken und Zielen festlegbare praktische Interpretationen gibt, die für das jeweilige Subjekt dieser Erfahrung vollziehbar ist.9 Die rationale Selbstbestimmung durch die überlegte, selbstkontrollierte Interpretation der Symbole kann ihre Gegenstände nur so konzipieren, daß sie vorstellbare, mögliche Abschlüsse der Folgen von Gedanken sind: „Denn wichtig an einer Folge von Gedanken ist ihr Abschluß. Das ist die Bedeutung oder, wie wir sagen, das Thema (topic) des Gedankens. Das ist es, was bestehenbleibt, wenn alle ihre übrigen Teile bereits aus dem Gedächtnis verschwunden sind. Gewöhnlicherweise besteht dieser Abschluß in einem Wort oder einer Redewendung oder einem einzelnen Vorstellungsbild oder einer praktischen Einstellung oder einem Entschluß […]“ (PP, 250). Unsere symbolisierenden Bewußtseinsprozesse besitzen eine übergreifende systematische Einheit, die durch das Streben nach einem Abschluß der Denkbewegung ursprünglich praktisch ist. Dies Streben ist in einem nicht-eschatologischen Sinne teleologisch und final. Denn diese Finalität ist nichts anderes als ein einfaches zeitlich gerichtetes Homeostasis-Modell geistiger Prozesse, in das auch die komplexere Form der Intentionalität der interpretierten propositionalen Symbole eingepaßt ist: Wir bilden und interpretieren Aussagen konventionell, um zu einem Abschluß zu kommen und um zu einem dann als identisch symbolisierten Objekt zu gelangen, das auch als Ziel von Handlungen taugt. Die praktische Einheit des Bewußtseins geht ihren unterscheidbaren und erkennbaren Teilen voraus und ist stets über die Beziehung zu dem Objekt vermittelt, mit dem sie uns in eine spezifische Beziehung bringt. So bringt z. B. in einer geeigneten Situation, in der ich nach einem Buch suche und es nun finde, meine Aussage „Dies ist das Buch, das ich gesucht habe“ nicht nur eine Folge von Wahrnehmungen, Gedanken 9 So argumentiert James in dem Kapitel über Verhaltensgewohnheiten, daß es nicht der Augenblick ihrer Bildung, sondern der Augenblick des Ausführens von „Bewegungswirkungen“ (motor effects) ist, der die neue Verhaltensgewohnheit in unserem Geist stabilisiert und als erfolgreich durchgeführte Verhaltensweise verankert (PP, 128).

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Helmut Pape und Handlungen zum Abschluß, sondern es ist selbst eine besondere Verwendung, d. h. Interpretation einer symbolischen Satzform des Deutschen. Was wir unter der Bedeutung des Denkens einer symbolischen Satzform verstehen, ist die Möglichkeit, eine Beziehung zum Objekt des Handelns erfahrbar zu machen. Die Herstellbarkeit dieser Beziehung ist auch von externen, nicht-geistigen Bedingungen abhängig. Erst wenn ich durch Handeln und Wahrnehmen einen Gleichgewichtszustand in der Wechselwirkung zwischen Erfahrung, Handlungen und Umgebung herbeigeführt habe, in dem das Objekt meines Denkens (Hoffens, Vorstellens, Wünschens) mit dem wahrgenommenen Objekt oder Objekt des Handelns übereinstimmt, ist ein vollständiges Gleichgewicht erreicht: Mein Ziel ist erreicht, wenn der Zweck durch mein Handeln so verwirklicht wird, daß die Übergänge zwischen allen substantiellen Teilen meines Denkens herstellbar sind. Dies hat eine wichtige Konsequenz: Die transitiven Teile des Bewußtseinsstroms ebenso wie die substantiellen Teile, die partielle Objekte symbolisieren, haben einzig innerhalb eines intentional geschlossenen Ganzen eine bestimmte Bedeutung. Die erste solche intentionale Struktureinheit ist das Ganze des Satzes. Also ist nur der ganze Satz das vollständige Objekt des Denkens. Nur im Satzganzen wird der Beziehungszusammenhang des Denkens wiedergegeben. Freges sogenanntes Kontextprinzip, daß Begriffe nur im Kontext eines Satzes Bedeutung haben, wird von James mit besonderem Nachdruck für die Subjekte der Sätze beansprucht, um das naiv realistische Mißverständnis abzuwehren, daß dem Beziehungsgefüge der Schrittfolge des symbolischen Denkens sich ein externes, reales Objekt gegenüberstellen lasse. Für James gibt es keine isolierbare Beziehung der Referenz singulärer Termini. Der singuläre Term läßt sich in unserer Denkerfahrung niemals aus den umfassenderen symbolischen Kontexten der Sätze isolieren. Das Objekt meines Gedankens „Kolumbus entdeckte Amerika im Jahre 1492“ ist nicht Kolumbus, sondern der gesamte propositionale Gehalt meines Denkens.10 10 „Das Objekt meines Denkens […] ist strenggenommen weder Kolumbus noch Amerika, noch seine Entdeckung. Es ist nichts weniger als der gesamte Satz ‚Kolumbus-entdeckte-Amerika-im-Jahre-1492‘“ (PP, 265).

Zur Begründungslogik des Pragmatismus

11.5 Handeln, propositionale Struktur und die pragmatische Theorie der Bedeutung Der Strom der Bedeutung mündet und endet im Handeln – so habe ich pauschal behauptet. Die Metapher des Stroms oder Flusses der Zustände des Bewußtseins sollte uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß dies Bild physiologischer Herkunft ist. Im Kapitel über die „Gewohnheit“ beschreibt James das Gehirn, wie er sagt, „physikalisch“: Das zentrale Nervensystem ist so gesehen ein „System von Pfaden, die von einem sensorischen Ausgangspunkt zu einem muskulären oder endogen drüsenartigen Endpunkt“ (PP, 113) führen. Die Beziehungen zwischen diesen Grenzpunkten zeigen eine angebbare gemeinsame dynamische Struktur: „Teile, die konstant unterschiedliche Spannungszustände aufrechterhalten, neigen ebenso konstant dazu, ihre Zustände auszugleichen“ (PP, 113). Ist also, wie heutige Neurophysiologen wohl folgern würden, die Erfahrung symbolischer Bedeutung nichts anderes als ein Spannungsausgleich zwischen Gehirnzuständen? Führt vielleicht gar James’ Theorie der Symbolerfahrung zu einem materialistischen Reduktionismus? Diesen Weg geht James nicht, obwohl er auch für ihn nahegelegen hätte. Denn seine Aufnahme des physiologischen Begriffs der Homeostasis und seine Übertragung auf das Fließen des Bewußtseins, das stets abschnittsweise ein Gleichgewicht erreicht, führt James nicht zu einer naturalistischen Sicht oder gar Reduktion der Bedeutung von Symbolen. Vielmehr bewahrt James der pragmatische Gedanke, daß die Bedingungen für erfolgreiches Handeln logisch und kausal unabhängig von den physiologischen Bedingungen des Ablaufs von Gehirnprozessen sind, vor diesem Irrtum. In dem Kapitel über Gewohnheit in The Principles of Psychology betont James, daß sich eine Gewohnheit uns erst dann einprägt, wenn auch die Handlung erfolgreich ausgeführt wurde (PP, 128). Mit welchen Argumenten ist James dies möglich? Die Antwort ist einfach: Weiter oben sahen wir bereits, daß nach der Jamesschen Theorie der Symbolerfahrung der intentionale Sinn des Gedankens eine konstitutive Struktureigenschaft des Bewußtseins von Bedeutungsrelationen ist. Wenn wir dies mit dem autonomen Status der Handlungen verbinden, so folgt daraus,

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Helmut Pape daß die im Pragmatismus von James vertretene Theorie von Bedeutung und Wahrheit, die alle Bedeutung durch die Konsequenzen für das Handeln erläutert, die konsequente und systematische Weiterentwicklung und Verallgemeinerung seiner Psychosemiotik der Symbole ist. Andererseits können wir nun, wenn wir die symbolpsychologische Theorie auch explizit zu einem Teil des Pragmatismus machen, eine wichtige Präzisierung erreichen. Es lassen sich nämlich die fehlgedeuteten und tatsächlich mißverständlichen Formulierungen, die James in seinen Schriften zum Pragmatismus wählte, vor dem Vorwurf eines vulgären Subjektivismus und Utilitarismus in Schutz nehmen. Wenn James beispielsweise in den Pragmatismus-Vorlesungen schreibt, daß „Wahrheit eines Bewußtseinszustandes nichts anderes als die Funktion des Hinführens [bedeutet], das der Mühe lohnt“ (DP, 128), oder davon spricht, daß Wahrheit das ist, was sich auszahlt, so geht es ihm um die Herstellbarkeit von kontinuierlichen Zusammenhängen zwischen verschiedenen einzelnen Erfahrungen. Warum es nicht, wie häufig unterstellt wird, um die Durchsetzung eines egoistischen Nutzens geht, können wir nun aufgrund der gewonnenen Ergebnisse im Lichte seiner Psychosemiotik der Symbole beschreiben: Die Beziehungen zwischen Erfahrungs- und Empfindungszuständen stehen nicht im Gegensatz zu, sondern sind die Bedingung für subjektive Einlösung und Verwirklichung von allgemeingültigen Ansprüchen auf Wahrheit durch die symbolisierten Relationen zwischen Erfahrungen. Unser Ergebnis lautet deshalb: James’ Pragmatismus nimmt die relationentheoretische Theorie der Symbolerfahrung auf und deutet sie pragmatisch: Es sind die Relationen zwischen Empfindungen und anderen geistigen Zuständen, durch welche die Bedeutung der Symbolisierungen erfahren und zur Bedingung von Wahrheit wird. Ein Fehler, der James unterläuft, liegt darin, daß er manchmal – keinesfalls immer – diese subjektiven Bedingungen für die Erfahrung der Bedeutung eines Gedankens mit ihrer intersubjektiven und objektiven Gültigkeit gleichsetzt. Durch diese Äquivokation scheinen dann die Bedingungen der erfahrungshaften Einlösung nicht mehr von der objektiven Bedeutung eines Gedankens unterscheidbar zu sein.

Zur Begründungslogik des Pragmatismus

11.6 Das Handeln der Symbole und die Algebra des Denkens: Von Berkeley zu James und Peirce Wir sehen also, daß sich für James aus seiner Psychologie eine Phänomenologie der semiotischen Erfahrung ergibt, die zur Bedingung seiner pragmatischen Wahrheitstheorie wird. James zieht aus seiner Psychosemiotik eine weitere Folgerung, die im engeren performativen Sinne „pragmatisch“ ist: Symbole haben einen eigenen Handlungssinn, der unabhängig von dem Empfinden einzelner Bedeutungen ist. Mit dieser These knüpft James’ Psychosemiotik an eine Tradition des britischen Idealismus an, und er hat eine Wirkung gehabt, die bis zur Sprechakttheorie von Austin und Searle reicht. James knüpft bei Berkeley und der englischen Assoziationspsychologie an, und er beeinflußt auch die späte Peircesche Logik und Semiotik. James und Peirce sind, bei allen Unterschieden im Temperament, Denkstil und Interesse, einander viel näher, als man dies häufig zuzugeben bereit ist. Insbesondere ist die zentrale Rolle, die den Begriffen der Kontinuität und der Relation zukommt, ein gemeinsames Element, das die Philosophie des Geistes von Peirce und James verbindet. Beide bestehen darauf, daß Geist primär durch eine Kontinuität aller geistigen Vorgänge charakterisiert wird. Beide nehmen sie – wie wir für James im Detail im 3. Abschnitt zeigen konnten – ein prozeßtheoretisches Verlaufs- und Gleichgewichtsmodell des Übergangs zu finalen Zuständen an, um die Intentionalität des Geistes zu erklären. Wir sahen bereits oben, daß James die Gerichtetheit und Kontinuität geistiger Prozesse durch die Unterscheidung zwischen transitiven und substantiellen Teilen des Geistes11 charakterisiert. Jene Stelle, die diese Unterscheidung einführt, bezeichnet Peirce in seinen

11 „Es scheint also, daß das Hauptziel unseres Denkens zu jeder Zeit das Erreichen eines anderen substantiellen Teils als desjenigen ist, von dem wir uns soeben gelöst haben. Und der Hauptnutzen der transitiven Teile besteht darin, uns von einer substantiellen Konklusion zu einer anderen zu führen“ (PP, 236).

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Helmut Pape Notizen zu einer Rezension der The Principles of Psychology als „eine der besten, wenn nicht die beste Passage im ganzen Buch“ (CP, 8.8912, ca. 1891). Was Peirce in diesem Punkt zu so uneingeschränkter Zustimmung veranlaßt, ist die Unterordnung der Bedeutung des Denkens unter die Systematik der Konzeption eines kontinuierlichen Prozesses. Wie wir sahen, sind im kontinuierlichen Prozeß des „fließenden“ Bewußtseins alle durch diesen Prozeß strukturierten Teile durch ihre Relationen zueinander und zur intentionalen Richtung der Symbolisierung bestimmt, zu dem sie gehören. Die Empfindung für die Bedeutung eines Symbols kann deshalb gar nicht an monadische Eigenschaften einzelner Bewußtseinszustände gebunden sein. Sie entsteht vielmehr aus der Erfahrung eines Richtungswerts, einer Strebung oder Tendenz des Symbols und einer Beziehung der Passung in eine Umgebung von Empfindungen. Kurzum, jedes Symbol wird von uns aufgrund der spürbaren Relationen zu Bewußtseinszuständen erfahren und interpretiert. Deshalb basieren Symbole auf Darstellungen der Form der Relationen, die jeder Interpret zwischen seinen Empfindungen herstellen muß, der dieses Symbol in seine Erfahrung umsetzt. Damit werden die im Denken und in der Sprache auftretenden Symbolisierungen mit den uninterpretierten Variablen der Mathematik vergleichbar. Diese Ähnlichkeit hat James gesehen. Er nimmt deshalb eine ursprünglich von Berkeley stammende Analogie wieder auf, die Denken mit dem Verwenden einer Algebra gleichsetzt: „Denken ist tatsächlich eine Art von Algebra, wie Berkeley schon vor langer Zeit sagte, ,wo, obschon durch jeden Buchstaben eine bestimmte Quantität bezeichnet wird, es doch zum Zwecke des richtigen Fortgangs der Rechnung nicht erforderlich ist, daß bei einem jeden Schritt jeder Buchstabe die bestimmte Quantität, zu deren Vertretung er bestimmt war, ins Bewußtsein treten läßt‘. Mr. Lewes hat diese Algebra-Analogie so gut entwickelt, daß ich hier seine Worte zitieren muß: ,Das entscheidende Merkmal der Algebra ist das der Operationen über Relationen. Dies ist ebenfalls das entscheidende Merkmal des Denkens. Algebra kann nicht ohne Werte existieren, das Denken nicht 12 Wenn nicht anders vermerkt, wurden Zitate aus den englischen Ausgaben der Werke von Peirce vom Verfasser übersetzt.

Zur Begründungslogik des Pragmatismus ohne Empfindungen. Die Operationen sind nur leere Formen, bis die Werte eingesetzt sind‘“ (PP, 260).13 James setzt den Prozeß des Denkens mit dem Anwenden der Operationen einer Algebra auf ihre Symbole gleich: Für eine Algebra sind Operationen über Relationen bereits bedeutungskonstitutiv, wenn sie – dies betont James – ergänzt werden durch die Ausrichtung auf einen intendierten finalen Wert (PP, 261). Die Analogie zwischen Denken und Algebra wird ein Jahr nach seiner Rezension der The Principles of Psychology auch von Peirce aufgenommen. Der Grund dafür ist nicht nur der Einfluß von James, sondern auch der von Berkeley. Peirce hat Berkeley immer wieder in die direkte Entwicklungslinie des Pragmatismus eingereiht. Der Grund dafür ist Berkeleys These, daß Denken, Sprechen und Wahrnehmung neben den direkt erfahrenen Ideen wesentlich durch Zeichen bestimmt werden. Insbesondere die Funktion abstrakter Begriffe ist für Berkeley nur durch deren Zeichencharakter erklärbar. Doch ist es eine spezielle performative oder operationale Zeichenkonzeption, die Berkeley verfolgt. Berkeley hatte schon 1710 seine Ablehnung bedeutungsvoller abstrakt allgemeiner Ideen durch eine sprachhandlungstheoretische Erklärung dieser Begriffe ergänzt. Danach sind abstrakte Begriffe, auch wenn sie für keine wahrnehmbare Vorstellung (idea) stehen und deshalb bedeutungslos sind, doch Zeichen, durch die wir Handlungen und Operationen ausführen, eine außersprachliche praktische Absicht befördern oder aber zu ihrer Ausführung anregen. Diese Zeichen bringen uns im Denken und Sprechen voran, weil wir durch sie von einem Zeichen zum anderen übergehen können, ohne deren direkt sinnliche „Bedeutung“ zu beachten. Diese Möglichkeit eines vorstellungsfreien Handlungssinns erklärt Berkeley dadurch, daß er die Sprache mit einer Algebra vergleicht. James verwandelt diesen Vergleich in eine Analogie zwischen Denken und Algebra. Nimmt man den einleitenden Teil hinzu, den James in seinem Zitat Berkeleys ausläßt, so heißt es in der Einleitung zu den Prinzipien der menschlichen Erkenntnis, § 19 f.: „[…] da im Lesen und Sprechen Gemeinnamen größtenteils so gebraucht werden wie Buchstaben in der Algebra, wo, obschon 13 James zitiert hier G. H. Lewes, Problems of Life and Mind, 3rd Series, Problem IV, Chapter 5.

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Helmut Pape durch jeden Buchstaben eine bestimmte Quantität bezeichnet wird, es doch zum Zwecke des richtigen Fortgangs der Rechnung nicht erforderlich ist, daß bei einem jeden Schritt jeder Buchstabe die bestimmte Quantität, zu deren Vertreten er bestimmt war, ins Bewußtsein ruft“ (Berkeley 1954, 18). Im § 20 unterscheidet Berkeley unterschiedliche Zwecke der Sprache, die es nicht erforderlich machen, daß die verwendeten Zeichen eine Idee mitteilen und somit Bedeutung haben. Diese beiden Behauptungen, daß allgemeine Begriffe Zeichen sind, die für den Fortgang der Sprach- und Denkhandlung den Übergang zu bedeutungstragenden Zeichen erlauben, und daß es Zwecke der Sprache und insbesondere des Sprechens gibt, die von der Mitteilung von Bedeutung unabhängig sind, werden von Berkeley 1732 im Alciphron zu einer These zusammengefaßt, die modernen Sprechakttheorien nahesteht. Sie besagt nämlich, daß die Verwendung eines symbolischen Zeichensystems ein Geflecht von Beziehungen durch vorstellungsneutrale Handlungen in einem doppelten Sinne herstellt. Sie sind vorstellungsneutral, aber handlungsbezogen, weil sie performativ als Zeichen selbst ausgeführt werden und weil sie (illokutionär) andere auszuführende geistige Prozesse und Handlungen auslösen und anleiten können.14 Peirce übernimmt nicht die Jamessche Version der Analogie zwischen Denken und Algebra, sondern greift Berkeleys Vergleich zwischen Sprache und Algebra auf. Er verwendet sie 1892 in dem Aufsatz The Critic of Arguments dazu, auf eine Grenze der Darstellungsleistung von allgemein-deskriptiven Symbolen aufmerksam zu machen, die implizit strikt indexikalische und ikonische Symbole trennt. Denn: „[…] Sprache ist nur eine Art von

14 1732 heißt es im Alciphron explizit sowohl, daß durch Symbole Beziehungen zwischen Vorstellungen hergestellt werden, als auch, daß uns Symbole in die Lage versetzen, handelnd Zwecke zu verwirklichen: „Thus much, upon the whole, may be said of all signs: that they do not always suggest ideas signified to the mind: […] that signs may imply or suggest the relations of things; which relations, habitudes, or proportions, as they cannot be by us understood but by the help of signs, so being thereby expressed and confuted they direct and enable us to act with regard to things: that the true end of speech, reason, science, faith, assent in all its different degrees, is not merely, or principally, or always the imparting or acquiring of ideas, but rather something of an active, operative nature, tending to a conceived good“ (Berkeley 1948/57, vol. 3, 345 f., Hervorhebung H. P.).

Zur Begründungslogik des Pragmatismus Algebra. Es wäre sicherlich in einem Sinne übertrieben zu behaupten, daß wir niemals sagen können, worüber wir reden. Doch in einem anderen Sinne ist es völlig wahr. Die Bedeutungen der Wörter hängen normalerweise von unserer Neigung ab, Qualitäten miteinander zu verknüpfen, und von unserer Fähigkeit, Ähnlichkeiten zu erkennen […]; hingegen wird die Erfahrung zusammengehalten und ist nur erkennbar aufgrund von Kräften, die auf uns einwirken […]“ (CP, 3.419). Mit James teilt Peirce die These, daß die von uns unmittelbar erfahrbare Bedeutung symbolisch-deskriptiver Zeichen in den Relationen zwischen Empfindungen besteht, durch die wir das symbolisch-deskriptive Zeichen anhand des uns bekannten Verlaufs der Erfahrung interpretieren können. Peirce nimmt darüber hinaus an, daß es jenseits der Ebene der Beziehung zwischen Symbolen und Empfindungsqualitäten noch eine andere von außen her bestimmte Ebene von Relationserfahrungen geben muß. Dies ist der Bereich der indexikalischen, aufgrund von Umweltrelationen interpretierbaren Symbole, der sowohl von den Beziehungen zwischen Empfindungsqualitäten als auch von symbolisch-deskriptiven Zeichen unabhängig ist. (In seiner späten Zeichentheorie unterscheidet Peirce die subjektive Allgemeinheit des indexikalischen Symbols von der objektiven Allgemeinheit der deskriptiven Symbolisierungen.)15 Doch Peirce hat noch ein weitergehendes theoretisches Projekt: Ihm geht es um eine nicht nur symbolische, sondern eine logische Einbettung von bedeutungstragenden Empfindungsrelationen. Peirce hält die logische Einheit von Symbolisierungen erst dann für vollständig, wenn die Kontinuität geistiger Prozesse durch eine explizit selbstkontrollierte, also auch genuin logische Operation, hergestellt wird. Für James ist bereits die transitiv hergestellte Relation zwischen substantiellen Teilen des Bewußtseins durch Sätze (Gedanken) ausreichend vollständig. Wie wir sahen, ist es die Einheit des Satzes, der für James das unhintergehbare Objekt des Denkens symbolisiert:16 Der Satz ist die Darstellung der intentional geschlossenen Kontinuität geistiger Prozesse.

15 Diese Unterscheidung habe ich in Pape 1991 eingehend diskutiert. 16 Vergleiche dazu PP, 264 –266, wo James die These vom propositionalen Objekt des Denkens formuliert und begründet.

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Helmut Pape Peirce vertritt dagegen die These, daß der kontinuierliche und bedeutungsstiftende Zusammenhang des Geistes erst dann vollständig hergestellt ist, wenn wir Argumente als sprachliche Darstellungen für den intentionalen Zusammenhang und die dichte Kontinuität des Geistes gefunden haben. Warum ist ein vollständiges Argument eine bessere Darstellung der Kontinuität des Geistes als ein vollständiger Satz? Darauf antwortet Peirce, daß, anders als für Sätze, für vollständige Argumente stets ein – wie auch immer eingeschränktes – allgemeingültiges Prinzip angebbar ist, das die Beziehung zwischen den Prämissen und der Konklusion vollständig reguliert. Das im Argument und durch seine Form kenntliche logische Prinzip ist eine bessere Darstellung der Eigenschaft geistiger Kontinuität, weil es als Modus der Verbindung an der sprachlichen Form des Arguments selbst erfahrbar ist und die genaue Beziehung der Teile festlegt, die zu nicht-selbständigen Teilen werden. Diese Merkmale gelten nicht für die Verknüpfung von Begriffen im Satz. Doch dann ist das Argument die Darstellung des stärker intentional geschlossenen und sprachlich offengelegten geistigen Zusammenhangs von Symbolisierungen. Aus dieser Überlegung folgt, daß nur Argumente echte Teile logischer Prozesse sind. Von einer Semiotik oder Logik geistiger Prozesse her gesehen, sind sie die sprachlich elementaren Formen, weil es für sie keine logisch stärkere Form der Einbettung gibt. Umgekehrt gilt dann aber auch, daß eine zufällige Reihung von Aussagen niemals ein Argument ergeben kann, weil einer solchen Reihung die logisch intendierte Einheit fehlen würde. Diesen Punkt hat Peirce 1905 klar herausgearbeitet, wenn er schreibt: „Doch […] wird ein Argument ebensowenig aus Aussagen zusammengesetzt, wie eine Bewegung durch Positionen zusammengesetzt wird. Sie so zu verstehen, heißt ihr wahres Wesen zu vernachlässigen. […] Genauso wie es strenggenommen richtig ist, zu sagen, daß niemand jemals in einer genauen Position ist […] ebenso kann auch das Denken (es geht mir hier nicht um Psychologie, sondern um Logik oder das Wesen der Semeiotik) sich seiner Natur nach nicht in Ruhe befinden oder irgend etwas anderes sein als ein Prozeß des Schlußfolgerns. Und Aussagen sind entweder in Annäherung beschriebene Zustände der Denkbewegung (Thought-motion) oder künstliche Schöpfungen, welche die Beschreibung der

Zur Begründungslogik des Pragmatismus Denkbewegung ermöglichen sollen […]“ (MS, 29517, 1906; Peirce 1993, 190 f., Anm. 37). Der logische Prozeß, durch den die Prämissen die Konklusion hervorbringen, stellt einen symbolisch vereinheitlichenden Zusammenhang durch die logische Relation der Teile dieser symbolischen Form her, dessen Ziel die rationale Bestimmung der Konklusion ist. Er wird im Argument nicht nur dargestellt, sondern in jeder Interpretation vollzogen. So ist z. B. die bloße Aussage, welche die logische Regel beschreibt, die in den Token gültiger Argumente vollzogen wird, selbst kein Argument. Die logische Relation zwischen den Teilen eines Arguments – den Aussagen, die als Prämissen und Konklusion auftreten – legt relationale Eigenschaften für jeden Teil fest. Diese logisch-relationale Identität der Teile bedingt, daß in einem Argument miteinander äquivalente Sätze austauschbar sind. Aussagen und Begriffe können ebenso wie Argumente denselben logischen Prozeß darstellen. Aber die ersten beiden symbolischen Formen erreichen nicht die explizite Formulierung einer allgemeinen logischen Relation. Nur die Allgemeinheit der logischen Relationen bietet aber Gewähr dafür, daß die Kontinuität geistiger Prozesse erreicht worden ist. Denn, wie Peirce 1901 schreibt, „Kontinuität ist nichts anderes als die vollkommene Allgemeinheit eines Gesetzes der Relationalität“ (Peirce 1993, 373). Folglich gibt es nur einen elementaren Zusammenhang zwischen allen sprachlichen Formen, nämlich den logischen des Arguments, weil dessen intendierter Endzustand logisch bestimmt ist. Für Peirce tritt also die wahre Ruhe des Denkens in den Taten der Symbole nur dann ein, wenn der im Denken und Sprechen mit Symbolisierungen erreichte Endzustand nicht nur ein mögliches Objekt des Handelns, sondern die Erfüllung einer rationalen Intention ist, die nicht nur symbolische, sondern logische Bezüge darstellt.

17 Die mit „MS“ eingeleitete Zahlenangabe bezieht sich auf die Numerierung der Mikrofilmausgabe des handschriftlichen Nachlasses von Charles S. Peirce in Robin 1967 und Robin 1971.

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Helmut Pape

Literatur Berkeley, George 1948/57: The Works of George Berkeley Bishop of Cloyne, hrsg. von A. A. Luce und T. E. Jessop, 9 Vols., Edinburgh 1948–1957 Berkeley, George 1954: Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis, hrsg. von A. Klemmt, übersetzt von Fr. Ueberweg, Hamburg Moore, George Edward 1907/08: Professor James’ “Pragmatism”. In: Proceedings of the Aristotelian Society 8, 33–77 Pape, Helmut 1991: Not Every Object of a Sign has Being. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 27, 141–178 Peirce, Charles S. 1931/58: Collected Papers, Vol. I–VI, ed. Charles Hartshorne, Paul Weiss, Cambridge 1931–1935; Vol. VII, VIII, ed. Arthur W. Burks, Cambridge 1958 (CP) Peirce, Charles S. 1993: Semiotische Schriften, Bd. 3, hrsg. und übersetzt von Christian Kloesel und Helmut Pape, Frankfurt Perkins, Moreland 1992: Notes on the Pragmatic Theory of Truth. In: Doris Olin (Hrsg.), William James: Pragmatism in focus, London/New York, 212– 228; zuerst in: The Journal of Philosophy 49 (1952) 573–587 Phillips, D. C. 1984: Was William James Telling the Truth after all? In: The Monist 67, 419– 434 Putnam, Hilary 1995: Pragmatismus. Eine offene Frage, Frankfurt a. M./New York Putnam, Hilary 1997: James’s theory of truth. In: Ruth Anna Putnam (Hrsg.), The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/Melbourne, 166 –185 Robin, Richard 1967: Annotated Catalogue of the Papers of Charles S. Peirce, Amherst Robin, Richard 1971: The Peirce Papers: A Supplementary Catalogue. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 7, 37–57 Russell, Bertrand 1966: William James’s Conception of Truth. In: ders., Philosophical Essays, London, 112–130; zuerst unter dem Titel Transatlantic ‘Truth’ in: The Albany Review 2 (1908) 363–388

Auswahlbibliographie

Auswahlbibliographie

I. Ausgaben 1. Textausgaben a)

Werke

aa) Gesamtausgabe The Works of William James, 19 Vols. Editors: Frederick H. Burckhardt, Fredson Bowers, Ignas K. Skrupskelis, Cambridge/London 1975–1988 (mit Konkordanzen zu den Erstausgaben am Ende jedes Bandes)

Vol.

Sigle Titel

Einleitung

I II III IV V VI VII VIII–X

PM MT ERE PUA EPH WB SPP PP

XI XII

ERM Essays in Religion and Morality (1982) TT Talks to Teachers on Psychology and to Students on Some of Life’s Ideals (1983) EPS Essays in Psychology (1983)

Horace S. Thayer Horace S. Thayer John J. McDermott Richard J. Bernstein John J. McDermott Edward H. Madden Peter H. Hare Gerald E. Myers, Rand B. Evans John J. McDermott Gerald E. Myers

XIII XIV XV

Pragmatism (1975)* The Meaning of Truth (1975)* Essays in Radical Empiricism (1976) Pluralistic Universe (1977) Essays in Philosophy (1978) The Will to Believe (1979) Some Problems of Philosophy (1979) The Principles of Psychology I–III (1981)

XVI

PBC Psychology: Briefer Course (1984) VRE The Varieties of Religious Experience (1985) EPR Essays in Psychical Research (1986)

XVII XVIII XIX

ECR Essays, Comments, and Reviews (1987) MEN Manuscript Essays and Notes (1988) ML Manuscript Lectures (1988)

William R. Woodward Michael M. Sokal John E. Smith Robert A. McDermott Ignas K. Skrupskelis Ignas K. Skrupskelis Ignas K. Skrupskelis

* Studienausgabe: Pragmatism and The Meaning of Truth, Cambridge/London 1978

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Auswahlbibliographie bb) Erstausgaben (1) Einzelwerke The Principles of Psychology, 2 Vols., New York 1890. Reprint 1950 Psychology: Briefer Course, New York 1892 The Will to Believe and Other Essays in Popular Philosophy, New York 1897. Reprint 1956 Human Immortality: Two Supposed Objections to the Doctrine, Boston 1898 (ERM, 75–101) Talks to Teachers on Psychology and to Students on Some of Life’s Ideals, New York 1899 The Varieties of Religious Experience: A Study in Human Nature, New York 1902 Pragmatism: A New Name for Some Old Ways of Thinking, New York 1907 The Meaning of Truth: A Sequel to ‘Pragmatism’, New York 1909 A Pluralistic Universe: Hibbert Lectures at Manchester College on the Present Situation in Philosophy, New York 1909. Reprint Lincoln/London 1996 Some Problems of Philosophy: A Beginning of an Introduction to Philosophy, New York 1911. Reprint Lincoln/London 1996 Essays in Radical Empiricism, ed. Ralph Barton Perry, New York 1912

(2) Sammelbände Memories and Studies, ed. Henry James, Jr., New York 1911. Reprint Westport 1971 Collected Essays and Reviews, ed. Ralph Barton Perry, New York 1920. Reprint Bristol 1994

b)

Briefe

aa) Gesamtausgabe The Correspondence of William James, voraussichtlich 12 Vols. Editors: Ignas K. Skrupskelis, Elizabeth M. Berkeley, Charlottesville/London 1992 ff. Bislang sind erschienen: Vol.

Titel

I II III IV V VI VII

William and Henry 1861–1884 (1992) William and Henry 1885–1896 (1993) William and Henry 1897–1910 (1994) 1856–1877 (1995) 1878–1884 (1997) 1885–1889 (1998) 1890–1894 (1999)

Auswahlbibliographie bb) Sonstige Ausgaben The Letters of William James, 2 Vols. Editor: Henry James [III.], Boston 1920 Selected Unpublished Correspondence 1885–1910. Editor: Frederick J. Down Scott, Columbus 1986

2. Übersetzungen ins Deutsche a)

„Pragmatism“

aa) Gesamtübersetzung Der Pragmatismus. Ein neuer Name für alte Denkmethoden. Übersetzt von Wilhelm Jerusalem, Leipzig 1908, mit einer Einleitung hrsg. von Klaus Oehler, Hamburg 21994, 11977 bb) Auszüge Was ist Pragmatismus? Mit einer Vorbemerkung von Rolf-Peter Horstmann, Weinheim 1994 [enthält – ohne Hinweis auf PM – die 2., 5. und 6. Vorlesung aus PM in der Übersetzung Jerusalems] Der Wahrheitsbegriff des Pragmatismus [= die 6. Vorlesung aus PM in der Übersetzung Jerusalems]. In: Ekkehard Martens (Hrsg.), Texte der Philosophie des Pragmatismus. Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey, Stuttgart 1975 (unter neuem Titel: Pragmatismus. Ausgewählte Texte von Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey, Stuttgart 1997), 161–187

b)

Sonstige Werke

aa) Gesamtübersetzungen Psychologie. Übersetzt von Marie Dürr, Leipzig 1909 (Übersetzung von PBC) Unsterblichkeit. Übersetzt von E. von Aster, Berlin 1926; gekürzt auch in: Der Morgen 1 (1925) 525–542 Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens. Deutsche Bearbeitung von Georg Wobbermin, Leipzig, 41925, 11907 Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Übersetzt von Eilert Herms, Olten/Freiburg i. Br. 1979 Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Übersetzt von Eilert Herms und Christian Stahlhut, mit einem Vorwort von Peter Sloterdijk, Frankfurt a. M./Leipzig 1997 Das pluralistische Universum. Hibbert-Vorlesungen am Manchester College über die gegenwärtige Lage der Philosophie. Übersetzt und mit einer Einführung versehen von Julius Goldstein, Leipzig 1914

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Auswahlbibliographie Das pluralistische Universum. Vorlesungen über die gegenwärtige Lage der Philosophie. Übersetzt von Julius Goldstein, mit einer neuen Einführung hrsg. von Klaus Schubert und Uwe Wilkesmann, Darmstadt 1994

bb) Werkteile und Aufsätze Der Wille zum Glauben und andere popularphilosophische Essays. Übersetzt von Theodor Lorenz, Stuttgart 1899 (enthält die folgenden fünf der zehn Essays aus WB: „Der Wille zum Glauben“, „Ist das Leben wert, gelebt zu werden?“, „Das Rationalitätsgefühl“, „Das Dilemma des Determinismus“, „Der Moralphilosoph und das sittliche Leben“) Essays über Glaube und Ethik. Übersetzt von Wilhelm Flöttmann, Gütersloh 1948 (enthält sechs der zehn Essays aus WB, darunter gegenüber „Der Wille zum Glauben und andere popularphilosophische Essays“ zusätzlich „Reflexhandlung und Theismus“, ferner „Die Energien des Menschen“, die drei „Talks to Students on Some of Life’s Ideals“ aus TT und „Das moralische Äquivalent des Krieges“) Der Wille zum Glauben [= der Aufsatz „Der Wille zum Glauben“ aus WB]. Übersetzt von Theodor Lorenz. In: Ekkehard Martens (Hrsg.), Texte der Philosophie des Pragmatismus. Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey, Stuttgart 1975 (unter neuem Titel: Pragmatismus. Ausgewählte Texte von Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey, Stuttgart 1997), 128–160 Psychologie und Erziehung. Ansprachen an Lehrer. Übersetzt von Friedrich Kiesow, Leipzig 31912, 11900 (Übersetzung der „Talks to Teachers“ aus TT) Bewertung des religiösen Lebens [= 20. Vorlesung aus VRE in der Übersetzung Wobbermins]. In: Christoph Elsas (Hrsg.), Religion. Ein Jahrhundert theologischer, philosophischer, soziologischer und psychologischer Interpretationsansätze, München 1975, 166–185 Vom sittlichen Ausgleich des Krieges. Übersetzt von Elfriede Büchsel. In: William James, The Moral Equivalent of War, Mössingen-Talheim 1995, 56 –72

II. Schriften über James 1. Biographische Werke Allen, Gay Wilson 1967: William James: A Biography, London Barzun, Jacques 1983: A Stroll with William James, New York Bjork, Daniel W. 1988: William James: The Center of His Vision, New York Feinstein, Howard M. 1984: Becoming William James, Ithaca/London Lewis, R. W. B. 1991: The Jameses: A Family Narrative, London Perry, Ralph Barton 1935: The Thought and Character of William James, 2 Vols., Vol. I: Inheritance and Vocation, Vol. II: Philosophy and Psychology, London Perry, Ralph Barton 1948: The Thought and Character of William James: Briefer Version, Cambridge. Reprint Nashville/London 1996 Simon, Linda (ed.) 1996: William James Remembered, Lincoln/London

Auswahlbibliographie Simon, Linda 1998: Genuine Reality: A Life of William James, New York/San Diego/London

2. Allgemeine Literatur zu James’ Philosophie Bird, Graham 1986: William James, London/New York Boutroux, Émile 1912: William James, Leipzig; französische Erstausgabe Paris 1911 Callot, Emile 1985: William James et le pragmatisme, Paris/Genf Cotkin, George 1994: William James, Public Philosopher, Urbana/Chicago Diaz-Bone, Rainer/Schubert, Klaus 1996: William James zur Einführung, Hamburg Dooley, Patrick Kiaran 1974: Pragmatism as humanism: The philosophy of William James, Chicago Flournoy, Théodore 1930: Die Philosophie von William James, Tübingen; französische Erstausgabe: La Philosophie de William James, Saint-Blaise 1911 Ford, Marcus Peter 1982: William James’s Philosophy: A New Perspective, Amherst Gale, Richard M. 1999: The Divided Self of William James, Cambridge Myers, Gerald E. 1986: William James: His Life and Thought, New Haven/ London Seigfried, Charlene Haddock 1990: William James’s Radical Reconstruction of Philosophy, Albany Suckiel, Ellen Kappy 1982: The Pragmatic Philosophy of William James, Notre Dame/London

3. Monographien zu James und zum Pragmatismus Barnard, G. William 1997: Exploring Unseen Worlds: William James and the Philosophy of Mysticism, Albany Bloch, Werner 1913: Der Pragmatismus von James und Schiller nebst Exkursen über Weltanschauung und über die Hypothese, Leipzig Brennan, Bernard 1961: The Ethics of William James, New York Busch, Karl August 1911: William James als Religionsphilosoph, Göttingen Graham, George P. 1992: William James and the Affirmation of God, New York/ San Francisco/Bern/Frankfurt a. M./Berlin/Wien/Paris Harberts, William 1913: William James’ Religionsphilosophie, begründet auf persönlicher Erfahrung, Erlangen Herms, Eilert 1977: Radical Empiricism. Studien zur Psychologie, Metaphysik und Religionstheorie William James’, Gütersloh Hingst, Kai-Michael 1998: Perspektivismus und Pragmatismus. Ein Vergleich auf der Grundlage der Wahrheitsbegriffe und der Religionsphilosophien von Nietzsche und James, Würzburg Jacoby, Günther 1909: Der Pragmatismus. Neue Bahnen in der Wissenschaftslehre des Auslands. Eine Würdigung, Leipzig Kita, Beata 1997: Phänomenologie und Pragmatismus: Max Schelers Kritik an William James, Diss. München

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Auswahlbibliographie Levinson, Henry Samuel 1981: The Religious Investigations of William James, Chapel Hill Linschoten, Johannes 1961: Auf dem Wege zu einer phänomenologischen Psychologie. Die Psychologie von William James, Berlin; holländische Erstausgabe: Op weg naar een fenomenologische psychologie, Utrecht 1959 Löffelholz, Thomas 1961: Die Rechtsphilosophie des Pragmatismus. Eine kritische Studie, Meisenheim am Glan Mac Eachran, John M. 1910: Pragmatismus, Leipzig Maire, Gilbert 1933: William James et le pragmatism religieux, Paris Marck, Siegfried 1951: Der amerikanische Pragmatismus in seinen Beziehungen zum kritischen Idealismus und zur Existenzphilosophie, Wilhelmshaven Miller, Joshua I. 1997: Democratic Temperament: The Legacy of William James, Lawrence Mounce, H. O. 1997: The Two Pragmatisms: From Peirce to Rorty, London/ New York Müller, Gustav E. 1936: Amerikanische Philosophie, Stuttgart Nassauer, Kurt 1943: Die Rechtsphilosophie William James’, Bern O’Connell, Robert J. 1997: William James on the Courage to Believe, New York Oehler, Klaus 1995: Sachen und Zeichen. Zur Philosophie des Pragmatismus, Frankfurt a. M. Paetz, W. 1907: Die erkenntnis-theoretischen Grundlagen von William James „The varieties of religious experience.“ Modern-religiöse Streitschrift, Eilenburg Perry, Ralph Barton 1938: In the Spirit of William James, New Haven. Reprint Westport 1979 Putnam, Hilary 1995: Pragmatismus. Eine offene Frage, Frankfurt a. M./New York; italienische Erstausgabe: Il pragmatismo: una questione aperta, Rom/ Bari 1992; englische Ausgabe: Pragmatism: An Open Question, Oxford/Cambridge 1995 Rescher, Nicholas 1977: Methodological Pragmatism: A Systems-Theoretic Approach to the Theory of Knowledge, Oxford Rorty, Richard 1982: Consequences of Pragmatism (Essays: 1972–1980), Minneapolis Rusk, Robert R. 1906: Die pragmatische und humanistische Strömung in der modernen englischen Philosophie, Jena Scheler, Max 1977: Erkenntnis und Arbeit. Eine Studie über Wert und Grenzen des pragmatischen Motivs in der Erkenntnis der Welt, hrsg. von Manfred S. Frings, Frankfurt a. M.; zuerst in: Die Wissensformen und die Gesellschaft, Leipzig 1926 Schmidt, Hermann 1959: Der Begriff der Erfahrungskontinuität bei William James und seine Bedeutung für den amerikanischen Pragmatismus, Heidelberg Schmidt, Wilhelm 1908: Die verschiedenen Typen religiöser Erfahrung und die Psychologie, Gütersloh Schneider, Herbert Wallace 1957: Geschichte der amerikanischen Philosophie, Hamburg; englische Erstausgabe: A History of American Philosophy, New York 1946 Seigfried, Charlene Haddock 1978: Chaos and Context: A Study in William James, Athens

Auswahlbibliographie Sprigge, T. L. S. 1993: James and Bradley: American Truth and British Reality, Chicago/La Salle Suckiel, Ellen Kappy: Heaven’s Champion: William James’s Philosophy of Religion, Notre Dame Waibel, Edwin P. B. 1915: Der Pragmatismus in der Geschichte der Philosophie, Bonn Wells, Harry K. 1957: Der Pragmatismus. Eine Philosophie des Imperialismus, Berlin; englische Erstausgabe: Pragmatism: Philosophy of Imperialism, New York 1954 Wernham, James C. S. 1987: James’s Will-to-Believe Doctrine: A Heretical View, Kingston/Montreal Wild, John 1969: The Radical Empiricism of William James, New York Wilshire, Bruce 1968: William James and Phenomenology: A Study of the ‘Principles of Psychology’, Bloomington

4. Sammelbände a)

Sammelbände zu James

Corti, Walter Robert (ed.) 1976: The Philosophy of William James, Hamburg In Commemoration of William James: 1842–1942, New York 1942. Reprint 1967 Olin, Doris (ed.) 1992: William James: Pragmatism in focus, London/New York Putnam, Ruth Anna (ed.) 1997: The Cambridge Companion to William James, Cambridge/New York/Melbourne Taylor, Eugene/Wozniak, Robert H. (ed.) 1996: Pure Experience: The Responses to William James, Bristol b)

Sammelbände zum Pragmatismus mit Bezug zu James

Dickstein, Morris (ed.) 1998: The Revival of Pragmatism: New Essays on Social Thought, Law, and Culture, Durham/London Hardwick, Charley D./Crosby, Donald A. (ed.) 1997: Pragmatism, Neo-Pragmatism, and Religion: Conversations with Richard Rorty, New York etc. Hollinger, Robert/Depew, David (ed.) 1995: Pragmatism: From Progressivism to Postmodernism, Westport/London Langsdorf, Lenore/Smith, Andrew R. (ed.) 1995: Recovering Pragmatism’s Voice: The Classical Tradition, Rorty, and the Philosophy of Communication, Albany Rosenthal, Sandra B./Hausman, Carl R./Anderson, Douglas R. (ed.) 1999: Classical American Pragmatism: Its Contemporary Vitality, Urbana/Chicago

5. Aufsätze, Buchabschnitte und sonstige Texte zu James Almeder, Robert 1987: A Definition of Pragmatism. In: Herbert Stachowiak (Hrsg.), Pragmatik. Handbuch pragmatischen Denkens, Band II: Der Aufstieg pragmatischen Denkens im 19. und 20. Jahrhundert, Hamburg, 99–107

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Auswahlbibliographie Ayer, Alfred J. 1968: The Origins of Pragmatism: Studies in the Philosophy of Charles Sanders Peirce and William James, London. Reprint 1990 Ayer, Alfred J. 1978: Introduction. In: William James, Pragmatism and The Meaning of Truth, Cambridge/London, VII–XXX Baum, Maurice 1933: The Development of James’s Pragmatism Prior to 1879. In: The Journal of Philosophy 30, 43–51 Baumgarten, Arthur 1930: Einführung zu: Théodore Flournoy, Die Philosophie von William James, Tübingen, V–XVI Baumgarten, Eduard 1938: William James. In: ders., Die geistigen Grundlagen des amerikanischen Gemeinwesens, Band II: Der Pragmatismus. R. W. Emerson, W. James, J. Dewey, Frankfurt a. M., 97–201, 418–434 Baumgarten, Eduard 21952: Amerikanische Philosophie. In: Paul Hartig/Wilhelm Schellberg (Hrsg.), Amerikakunde, Frankfurt a. M., 162–199 Beck, Lewis White 1960: James. In: ders., Six Secular Philosophers: Religious Themes in the Thought of Spinoza, Hume, Kant, Nietzsche, William James, Santayana, New York/London, 92–105 Bergson, Henri 1948, Über den Pragmatismus von William James. Wahrheit und Wirklichkeit. In: ders., Denken und schöpferisches Werden. Aufsätze und Vorträge, Meisenheim, 234–245; zuerst französisch als Vorrede zu: William James, Le Pragmatisme, Paris 1911 Berthelot, René 1922: Un pragmatisme psychologique et religieux: Le pragmatisme équivoque et intégral de William James. In: ders., Un romantisme utilitaire. Étude sur le mouvement pragmatiste, Tome III: Le pragmatisme religieux chez William James et chez les catholiques modernistes, Paris, 1–187 Boyle, Deborah 1998: William James’s Ethical Symphony. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 34, 977–1003 Bloch, Ernst 1969: Eine andere Seite bei William James. In: ders., Gesamtausgabe Band 10: Philosophische Aufsätze zur objektiven Phantasie, Frankfurt a. M., 60–65 Bornhausen, Karl 1910: William James als Philosoph. In: Die Christliche Welt 24, 794–801 Bornhausen, Karl 1913: James der Philosoph des heutigen Amerika. In: Die Christliche Welt 27, 122 f. Brown, Hunter 1997: The Inadequacy of Wishful Thinking Charges against William James’s “The Will to Believe”. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 33, 486–519 Bruder, Klaus-Jürgen 1989: Die Selbstfreisetzung des Ich in der Metapher seiner Auflösung: William James’ „Strom des Bewußtseins“. In: Psychologie und Geschichte 1, 9–21 Bruder, Klaus-Jürgen 1993: Subjektivität und Postmoderne. William James. In: ders., Subjektivität und Postmoderne. Der Diskurs der Psychologie, Frankfurt a. M., 81–135 Bybee, Michael D. 1984: William James’s Theory of Truth as a Theory of Knowledge. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 20 (1984) 253– 267 Chisholm, Roderick M. 1992: William James’s Theory of Truth. In: The Monist 75, 569–579 Clark, Gordon H. 1995: William James. In: ders., William James and John Dewey, Hobbs, 1–48

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Auswahlbibliographie Russell, Bertrand 1966a: Pragmatism. In: ders., Philosophical Essays, London, 79–111; zuerst in: Edinburgh Review 209 (1909) 363–388 Russell, Bertrand 1971: Der Pragmatismus. In: ders., Philosophische und politische Aufsätze, hrsg. von Ulrich Steinvorth, Stuttgart, 61–98 Russell, Bertrand 61992: William James. In: Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung, Wien/ Zürich, 818–825; englische Erstausgabe: A History of Western Philosophy, London 1945; deutsche Erstausgabe 1950 Schaff, Adam 1954: Pragmatismus-Kritik der Auffassung der Wahrheit als Übereinstimmung mit persönlichen Interessen. In: ders., Zu einigen Fragen der marxistischen Theorie der Wahrheit, Berlin 1954, 369–410; polnische Erstausgabe: Z zagadnien´ marksistowskiej teorii prawdy Schantz, Richard 1998: Verifikationismus und Realismus in der Philosophie des Pragmatismus. Eine Studie zu Peirce und James. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 52, 363–382 Scheffler, Israel 1974: William James. In: ders., Four Pragmatists: A Critical Introduction to Peirce, James, Mead, and Dewey, London/New York, 93–146 Scholz, Heinrich 1954: „Was fruchtbar ist, allein ist wahr“. In: DIE ZEIT, 24. Juni 1954, Nr. 25, 4 f. Schrader, George 1957: Der Pragmatismus von James und Dewey. In: KantStudien 48, 425–436 Schrag, Calvin O. 1969: Struktur der Erfahrung in der Philosophie von James und Whitehead. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 23, 479–494 Schrickel, Klaus 1957: Über den pragmatistischen Freiheitsbegriff bei W. James, R. B. Perry, J. Dewey und S. Hook. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 5, 144–186 Schütz, Alfred 1971: William James’ Begriff des „Stream of Thought“ phänomenologisch interpretiert. In: ders., Gesammelte Aufsätze III. Studien zur phänomenologischen Philosophie, Den Haag, 32– 46; zuerst englisch: William James’ Concept of the Stream of Thought Phenomenologically Interpreted. In: Philosophy and Phenomenological Research 1 (1940/41) 442– 452 Seigfried, Charlene Haddock 1976: The Structure of Experience for William James. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 12, 330–347 Seigfried, Charlene Haddock 1983: The Philosopher’s “License”: William James and Common Sense. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 19, 273–290 Seigfried, Charlene Haddock 1990: Poetic Invention and Scientific Observation: James’s Model of “Sympathetic Concrete Observation”. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 26, 115–130 Seigfried, Charlene Haddock 1990a: The Pragmatist Sieve of Concepts: Description versus Interpretation. In: The Journal of Philosophy 87, 585–592 Skrupskelis, Ignas K. 1989: James and Kant’s Second Analogy. In: Kant-Studien 80, 173–179 Stein, Ludwig 1908: Der Pragmatismus. Ein neuer Name für alte Denkmethoden. In: Archiv für systematische Philosophie 14, 1–9, 143–188; leicht verändert als: Die neupositivistische Bewegung (Der „Pragmatismus“ von William James). In: ders., Philosophische Strömungen der Gegenwart, Stuttgart 1908, 33–75

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Auswahlbibliographie Stekeler-Weithofer, Pirmin 1991: Religionsphilosophie nach William James. In: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie 33, 74–87 Stumpf, Carl 1927: William James nach seinen Briefen. Leben. Charakter. Lehre. In: Kant-Studien 32, 205–241; als selbständige Veröffentlichung: Berlin 1928 Thayer, Horace Standish 1977: On William James on Truth. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 13, 3–19 Thayer, Horace Standish 1980: James and the Theory of Truth. In: Transactions of the Charles S. Peirce Society 16, 39– 48 Thayer, Horace Standish 21981: William James. In: ders., Meaning and Action: A Critical History of Pragmatism, Indianapolis, 133–164 Thiel, Manfred 1983: James. In: Methode, Band VIII: James. Dewey. Der Weg der USA in die Emanzipation, Heidelberg, 1–134 (erste Paginierung) Troeltsch, Ernst 1904: Rezension von: James, The Varieties of Religious Experience, London 1902. In: Deutsche Literaturzeitung 25, 3021–3027 Troeltsch, Ernst 1913: Empirismus und Platonismus in der Religionsphilosophie. Zur Erinnerung an William James. In: ders., Gesammelte Schriften, Zweiter Band: Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie und Ethik, Tübingen, 364 –385 Vorbrodt, G. 1913: W. James’ Philosophie. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 151, 1–27 Waibel, Edwin P. B. 1915/16: Studien zum Pragmatismus. In: Archiv für systematische Philosophie 21, 1– 43, 113–126, 224 –245, 335–354; 22, 1–30 Wernham, James C. S. 1990: James’s Faith-Ladder. In: Journal of the History of Philosophy 28, 105–114 West, Cornel 1989: James on Individuality, Reconciliation, and Heroic Energies. In: ders., The American Evasion of Philosophy – A Genealogy of Pragmatism, Madison, 54 –68

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Personenverzeichnis

Personenverzeichnis

Abel, R. 49, 159 Addams, J. 122 Adorno, Th. 8 Allen, B. 223 Allison, D. 228, 229 Almeder, R. 38 Apel, K.-O. 6, 9 Aristoteles 24, 41, 50, 133, 148 f., 240 Augustinus 3 Austin, J. 255 Ayer, A. J. 134, 146 Barzun, J. 83, 84 Beckby, H. 201 Bentham, J. 214 Bergson, H. 152 Berkeley, G. 41, 74, 111, 238, 255, 256, 257 f. Bernstein, R. J. 95 Bezuidenhout, A. 165 Bird, Gr. 71 Blondel, M. 18 Bode, B. H. 173 Böckenförde, E.-W. 22 Boutwood, A. 110, 112, 121 Bradley, Fr. H. 56, 57, 61, 174, 181 Brück, M. v. 189 Carlisle, E. F. 190 Carlson, Th. 63, 69, 88 Carter, St. 215 Cassirer, E. 10, 28 Cavell, St. 125 Chari, V. K. 190 Chesterton, G. K. 19 Chisholm, R. 119, 120 Clifford, W. K. 205, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 224, 227 Conant, J. 10, 57 Cooper, W. E. 208 Cotkin, G. 123 Cummins, R. 165, 168, 170, 171, 176 Cunningham, S. 119

Darwin, Ch. 56, 69, 70, 82, 83, 84, 120, 121 Davidson, D. 215, 226 Dean, W. 210 Demokrit 134 Descartes, R. 7 Deuser, H. 14, 188, 192, 194 Dewey, J. 5, 18, 23, 37, 48, 49, 69, 96, 133, 138, 155, 158, 162, 177, 180, 181, 193, 210, 214, 225, 227, 228, 231 Diderot, D. 223 Dilthey, W. 21 Donnelly, M. E. 117 Duhem, P. 18 Eisler, R. 49 Eldridge, M. 125 Elsenhans, Th. 53, 55 Emerson, R. W. 202 Esposito, J. L. 109 Eucken, R. 186 Ferm, D. W. 208 Feuerbach, L. 19 Fisch, M. H. 37 Flower, E. 111, 114 Ford, M. P. 146, 155 Franklin, W. S. 40 Frege, G. 252 Freud, S. 21 Gadamer, H.-G. 8 Gavin, W. J. 208 Giuffrida, R. 155 Goethe, J. W. v. 45 Goldstein, J. 63 Grace, S. A. 110 Gutberlet, C. 45 Haack, S. 136, 152, 155 Habermas, J. 9, 214 Hallberg, Fr. W. 144, 155, 161 Hare, P. H. 105

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Personenverzeichnis Hartley, D. 111 Hegel, G. W. Fr. 3, 55, 56, 61 Heidegger, M. 8, 10, 21 Hennis, W. 25 Herms, E. 202, 203, 207 Hertz, R. A. 155, 156 Hickman, L. A. 125 Hingst, K.-M. 12, 13, 33, 38, 41, 42, 43, 45, 46, 52, 58, 65, 131, 151, 154, 155 Hodgson, Sh. H. 39, 113 Høffding, H. 194 Holbach, P. H. 223 Horkheimer, M. 8 Horstmann, R.-P. 11 Humboldt, W. v. 6 Hume, D. 41, 42, 70, 74, 75, 111, 115, 218, 223 Husserl, E. 21 Huxley, Th. 214

Lyons, W.

Jackman, H. 155 James, H. III. 88 James, H. sen. 202 Janik, A. 121 Jerusalem, W. 33, 37, 39, 53, 54, 135, 158, 185, 201, 237 Jesus 46 Jung, M. 196

Nagl, L. 12, 25, 36, 38, 72, 80, 83, 87 Newton, I. 121 Niebuhr, R. R. 75, 82, 87 Nieraad, J. 134 Nietzsche, Fr. 19, 41, 144, 194, 216 Nubiola, J. 25

Kant, I. 12, 26, 27, 28, 29, 30, 37, 41, 63, 69, 70, 71, 75, 78, 79, 82, 83, 85, 87, 88, 89, 149, 202, 213, 214 Kempski, J. v. 8 Kierkegaard, S. 150, 193, 195, 226, 227 Leibniz, G. W. 200 Lessing, G. E. 148 Levinson, H. 231 Lewes, G. H. 256, 257 Lewis, C. I. 125 Lewis, D. 223 Locke, J. 41, 42, 70, 74, 75, 111, 170, 176 Lovejoy, A. O. 25, 52 Luther, M. 222 Lyell, Ch. 121

167

Mach, E. 18, 148, 185 MacIntyre, A. 222, 223 Madden, E. H. 155 Maurer, A. A. 135, 155 Maxwell, J. Cl. 133 McDermott, J. J. 103, 123 McDowell, J. 216, 226 Mead, G. H. 5, 9, 18, 23 Meyers, R. G. 155 Mill, J. St. 18, 44, 111, 213, 214, 220 Miller, D. S. 173 Milligan, C. S. 190 Moore, G. E. 3, 118 f., 155 f., 157, 158, 236 Münsterberg, H. 160 Murphey, M. G. 69, 111, 114 Myers, G. E. 75, 83, 102, 208

Oehler, Kl. 8, 19, 36, 37, 38, 39, 42, 47, 60, 138, 147 Ostwald, W. 18, 39, 40, 45, 185 Pape, H. 14 f., 259 Papini, G. 18, 46, 167 Peirce, Ch. S. 5, 6, 7, 8, 9, 12, 17, 18, 19, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 30, 35 f., 37, 38, 39, 46, 47, 51, 72, 73, 83, 89, 94, 103, 104, 109, 113, 144, 150, 180, 191, 192, 193, 194, 208, 214, 219, 238, 239, 245, 246, 255–261 Perkins, M. 155, 237 Perry, R. B. 9, 38, 39, 49, 57, 69, 88, 103, 144, 146, 158, 196 Phillips, D. C. 155, 156, 236, 237 Platon 41, 50, 59, 148, 159, 240 Poser, H. 192 Pratt, J. B. 134, 155, 236

Personenverzeichnis Priestley, J. 111 Protagoras 50 Putnam, H. 3, 69, 77, 80, 151, 155, 161, 236, 237 Putnam, R. A. 69, 80, 155, 214 Quine, W. V. O.

3

Ramakrishna 189 Reid, Th. 110, 111, 112, 114, 119, 121 Renouvier, Ch. 88 Rickert, H. 158, 236 Ricoeur, P. 222 Robin, R. 261 Rorty, R. 3, 14, 80, 87, 90, 116, 126, 188, 208, 214, 215, 226, 236 Rosenthal, S. B. 12 f., 94 Royce, J. 10, 14, 56, 57, 61, 75, 144, 158, 165–174, 178 f. Ruse, M. 121 Russell, B. 3, 119, 136, 155, 156, 158, 181, 182, 236 Russell, J. E. 131 Schantz, R. 153 Scheffler, I. 150 Scheler, M. 2 Schiller, F. C. S. 5, 18, 23, 37, 38, 48, 49, 50, 52, 69, 133, 159, 177, 180, 181 Schleiermacher, Fr. D. E. 202, 204 Schopenhauer, A. 194 Schrickel, Kl. 45 Schulz, H. 196 Searle, J. 255 Seigfried, Ch. H. 8, 13, 54, 93 f., 102, 109, 113, 114, 116, 117, 118, 119, 122, 123, 126, 127 Sellars, W. 223 Simmel, G. 185 f. Skrupskelis, I. K. 14, 173 Smith, J. E. 209, 210

Sokrates 41, 148 Spencer, H. 120, 169 Spinoza, B. 228 Sprigge, T. L. S. 57, 207, 208 Stachowiak, H. 41 Stekeler-Weithofer, P. 58 Stephen, F. 230 Stewart, D. 110 Suckiel, E. K. 143 Swedenborg, E. 202 Switalski, Wl. 153 Taylor, A. E. 158 Taylor, Ch. 205, 206 Thayer, H. S. 43, 57, 113, 123, 125, 138, 155 Theodoridas von Syrakus 201 Thomas von Aquin 54, 134, 137 Thomson, G. R. 201 Tillich, P. 222, 223, 224, 225, 226 Toulmin, St. 121 Troeltsch, E. 25 Tugendhat, E. 11 VandenBurgt, R. J. 208 Vivekananda, S. 189 Waibel, E. P. 41 Weber, M. 25 Wellesly, H. 201 Westfall, R. 121 Whitehead, A. N. 104, 209, 230, 231 Whitman, W. 190, 191, 230, 231, 232 Williams, B. 223 Williams, M. 217 Wilshire, Br. 97 Wittgenstein, L. 3, 25, 73 Wolf, U. 11 Wordsworth, W. 228, 231, 232 Wright, Ch. 219

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Sachverzeichnis

Sachverzeichnis

Abbildtheorie, Abbildung 111, 134 f., 143, 145, 181 Absolute, das 43, 55, 56 –58, 59, 61 f., 135, 167, 178, 189, 190, 202, 208 Abstraktionen 53, 146, 161 Adäquation, Adäquationsformel 134, 139, 143, 145, 152 Ähnlichkeit 174 f., 176, 177 Affekte 12, 19 Alltägliche, das 7, 21 Angst 229 f. Antiamerikanismus 2, 8 Anticartesianismus 8 Antideterminismus 4, 5 Antifundamentalismus 4 Apriorismus 4, 7, 22, 26 Atheismus 204, 205, 223 Atomismus 96, 106 Attribut 71 f. Barwert (cash-value) 44, 45, 49, 59, 135, 148, 219 Beweis 216, 217, 218, 221 Bewußtsein 9, 167 Bewußtseinsstrom 15, 173, 241, 243–250, 252, 256 Böse, das 201 Buddhismus 194 Cash-value s. Barwert Chaos 99 Christentum 221 Common sense s. gesunder Menschenverstand Dekonstruktivismus 7 Demokratie 3, 231 Denken – als Algebra 256-261 –, drei Phasen des 113–115, 119, 124 f., 126 Dilemma in der Philosophie 20, 24, 33, 63, 186, 187 Diskretheit 93, 94, 104

Diskurstheorie 3, 9 Dogmatismus 198 Doppeldeutigkeit 101 Dualismus 95, 218 Eichhörnchen-Anekdote 34, 35 Eindrücke 98 Einheit 47, 64, 93–108, 191, 197, 199, 200 Emotionen 19 Empfindung 95–97 Empirismus 9 f., 12, 20, 21, 23, 33, 34, 42, 63, 169, 178, 186, 187, 189 –, Radikaler 9 f., 42 f., 54, 63, 94, 95, 118, 127, 135, 170, 207 Entmythologisierung 223 Epistemologie, epistemologisch 52, 134, 154 Epochenwende 1 Erfahrung 4, 9, 13, 21, 26, 43, 48, 50, 51, 63, 123, 137, 138 f., 152, 161, 167, 170, 173, 176, 178, 188, 197, 206 –, gelebte 114, 127 –, konkrete 177 –, reine 94–100, 101, 112, 117 –, religiöse 64, 225 Erfahrungsstrom 178 Erkenntnis 169, 174 f., 178, 179, 181 Erkenntnistheorie 10, 26, 146, 170, 182 Erlösung 192, 193, 194, 195, 201 Ethik 24, 27, 52 – des Glaubens 213, 220 Evolution 26, 82–85 Evolutionstheorie 56, 112, 120–123 Existentiell 188 f., 190, 192, 193, 197, 198, 200, 201, 206 Existenzialontologie 8 Existenzphilosophie 7 Experiment 40 Fallibilismus 7, 191, 192 Freiheitsbegriff 3

281

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Sachverzeichnis Früchte 46 f., 57 Fürwahrhalten (belief) 10, 26 f., 28, 30 s. a. Glauben Fundamentalismus 216, 223 Gattungen 141, 147 Gedankenstrom 9 Gefühl(e) 19, 96 f., 102, 159, 175, 205, 208, 221 Gefühlsleben 218, 219, 221 Gegenwart 96, 102, 103 Geistmetaphysik 3 Geschichtlichkeit 5 Gesunder Menschenverstand (common sense) 13, 23, 26 f., 41, 47, 65, 109–127, 139, 145, 173, 217, 225, 232 – Dualismus des 117 f. – Evolution und 111 – Kategorien des 110 f., 112, 116, 121 – Moral und 122 f. – Naturwissenschaft und 113, 115, 121 f., 124 f. – Vorrang des 113, 116, 125 f., 127 Gewißheit 191, 192, 193, 207 Glauben 10, 29 f., 63, 186, 196, 201, 204, 205, 214, 218, 224–227 – faith 201, 202, 206, 224 –, religiöser 14, 25 f., 29 f., 188, 189, 195, 215, 217, 219, 221 f., 226, 228 Glück 215, 220 Göttliche, das 229 Gott 47, 56, 58, 61, 63, 64, 189, 196, 201, 203, 208, 222, 223, 224, 225, 228, 230, 231 Gottesbegriff 14 Gottesbeweis 209 Gott-Hypothese 201, 203, 206, 210 Gültigkeit 213 Gute, das 201 Handeln, Handlung 38, 122, 126, 136, 179, 195, 201, 224, 226, 227 Heiligkeit 145 Hermeneutik, hermeneutisch 3, 6, 8, 20 Höhlengleichnis 160 Hoffnung 78–82, 201, 219, 228

Homo-mensura-Satz 50 Humanismus 37, 52, 159 Hypothese 196, 203 Idealismus, Idealist, idealistisch 1, 3, 4, 6, 9, 10, 43, 55–58, 59, 63, 146, 155, 165, 166, 167, 172, 173, 174, 178 Ideenlehre 159 Identität 103 Indeterminismus 13, 95, 100 Individualismus 51 Infinitesimale 103, 104, 105 Instrumentalismus 37, 116, 123–126, 127 Intellektualismus, Intellektualisten 20, 61, 134, 142, 154 Intentionalität 247–249, 252 Intersubjektivität 8, 221, 226 Irrtum 56 f., 168, 172 Kausalität 170 Knowing-as 39, 118 Kognitivistischer Konservativismus 50 Konkretheit 106 Konsequentialismus 24 Konsistenz 142, 144, 145, 161 Kontingenz 190, 192 Kontinuum 192 Korrespondenztheorie s. Wahrheit Korridor-Vergleich 46, 167 Kreativität 101, 103, 108 Lebensphilosophie 7, 20 f. Lebenswelt 5, 7, 12, 20, 21, 22 Lebenswert 58, 60 Letztbegründungsspekulation 4 f., 7, 9, 10 Linguistische Wende 6 Logik 46, 53, 141, 146, 159

3,

Marxismus 1, 7 Materialismus, materialistisch 55, 58, 75–82, 134 Mathematik 141 Meliorismus 193, 194 Mentalismus 238, 241 Mesotes-Lehre 50 Metaphysical Club 35, 37

Sachverzeichnis Metaphysik 23, 44, 52, 185, 186, 195, 198, 208 Metaphysikkritik 12, 20 Modalität 192 Mögliche, das 193 Möglichkeit 190, 192 f., 194 f. Monismus 55, 93, 106, 190, 191, 193, 209 Moral 198 Moralität 202, 204, 206 Mystik 186, 189, 199 Natur 197 Naturgesetz 48 Naturwissenschaft 181, 215, 218, 219, 221, 223 Naturzweck 82–85 Neuheit 95, 98, 101, 102 f., 105, 106, 108 Neuplatonismus 3 Nominalismus 45, 93, 94, 106, 108, 192, 204, 207 Objektivität 182, 221, 226 Optimismus 194 Over-belief s. Überglaube Pantheismus 55, 56 Paralogismenlehre 75 Person 201 Pessimismus 193 Phänomenalismus 167, 168 Phänomenologie 13, 20 Physik 40 Physikalismus 167 Pluralismus, Pluralist 4, 5, 12 f., 24, 55, 61, 93, 94, 95, 100, 101, 103, 104, 107, 108, 114–116, 167, 186, 190, 191 f., 197, 200, 209, 229 – und Perspektivismus 117 Polytheismus 229 Positivismus 45, 154 Postulat 12, 30, 69, 70, 80, 85, 87, 88–91 Pragmatische Maxime 6, 12, 36–38, 40, 46, 51 Pragmatische Methode 12, 34–47, 52, 54, 59, 64 f., 70, 133, 135 f., 137, 192

Pragmatische Regel 113 Pragmatizismus 18, 37, 39, 194 Pragmatizität 42, 52 Praktikalismus 37 Praxis, praktisch 38, 40, 155, 162 Prinzip der Widerspruchsfreiheit 106 Prinzip des ausgeschlossenen Dritten 106 Protestantismus 222 Prozeß 100, 103, 104, 105, 106, 108 Psychologie 15, 53, 138, 159, 205, 238–241, 243, 246, 255 Psychosemiotik 239, 241, 254, 255 Radikaler Empirismus s. Empirismus Rationalismus, rationalistisch 7, 12, 20, 21, 33, 34, 53, 57, 63, 132, 152, 160, 162, 189 – Wahrheitsauffassung 132, 152, 157–161 – Denkmuster 146, 147–149, 159 f. Rationalität 196, 214 Rationalitätsgefühl 159 Realismus, realistisch 117, 146, 154, 167, 192, 193, 194, 204, 208, 216, 223 Realität 191, 207 Recht zum Glauben 220, 236 Rechtfertigung 214, 226 Reduktionismus 95 Referenz 13, 165–183 – Intention und 171 – und Kontext 174, 176, 180, 252 – Theorie der 165–168, 170, 175, 176, 177 Relativismus 157 Religiöse Hypothese 219, 224, 225, 230 Religion 14, 23, 24, 25, 52, 55, 58, 63, 65, 73 f., 86 f., 153, 185–210, 214, 215, 218, 219, 221, 222, 224, 227 Religionsphilosophie 24, 25 Religiosität 186, 189, 192, 193, 194, 197, 199, 200, 202, 203, 206, 210 Rezeptionsgeschichte des Pragmatismus 2 Romantik 2 f., 208, 228, 229, 231

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Sachverzeichnis Schöpfung 196 Scholastik, scholastisch 56, 149, 173, 192, 209 Schottische Common sense Philosophie 110–112, 126 Seele 189 –, kranke 197 f., 199, 201 Selbst 189, 195, 202 Semiotik 4, 5–7, 28, 239, 241 Sensualismus 20 Skeptizismus 154 Solipsismus 155, 175 Spiritualismus 55, 56 Spiritualität 107 Sprachanalytische Philosophie 3, 4, 7 Sprache 6, 144, 217 Sprung 195, 205 Subjektivismus 51, 166, 236, 254 Substanz 47, 64, 71–75, 99 –, mentale 74 f. Supernaturalisten 210 Symbol 176 Symbolbegriff 239 f., 245, 256–261 Symbolerfahrung 15 –, phänomenologische Theorie der 238–241, 243, 247–249, 253 Synechismus 93, 94, 103, 192 Szientismus 205, 206 Tatsachen 96, 99, 100 Temperament 20, 44, 50, 57, 157, 186, 200, 205 Temporallogik 153 Theismus 55, 56, 75–82, 204, 208, 209, 223 Theodizee 61, 200, 201, 209 Theologie 203, 206, 209 Theorie 40, 45 Transsubstantiation 73 f. Transzendentalismus 202, 203 Transzendentalphilosophie 4, 9, 20 Übereinstimmung 134 f., 137, 138, 139, 140, 142–146, 153, 182 Überglaube (over-belief) 166, 196, 230, 231 Überzeugung 60 f., 62, 152, 153, 204

Universum 186 f., 188, 194, 195–197, 198, 199, 201, 202 f., 206, 208, 210 Unsterblichkeit 230 Unterschied 39, 46, 59, 60, 63, 135, 136, 219 –, praktischer 12, 35, 40, 136, 140, 216 Utilitarismus, utilitaristisch 15, 45, 177, 182, 183, 213 f., 215, 220, 228, 254 Verantwortung 213, 214 –, intellektuelle 215, 217, 218, 220 Verifikation 13, 136, 137, 138 f., 139 f., 144, 147, 149, 153, 156, 174, 180, 217 Verifizierbarkeit 13, 140 f., 145, 147, 149 Vielheit 47, 65, 93–108, 190, 197, 200 Wahrheit 125, 166, 169, 177, 179, 181–183, 186, 188, 191, 193, 213, 214, 215, 217, 218, 219, 220, 221, 223, 224, 227, 235–238 –, absolute 58, 147, 149–152 – als Art des Guten 59, 125, 137, 160 –, Definition der 136, 151 –, Führung durch 13, 137, 140, 145, 158, 161, 182, 183 –, Kontext der 145, 151, 160 –, Korrespondenztheorie der 13, 54, 115 f., 125, 127, 133 f., 142, 145 f., 216, 221 –, Kriterium der 136 –, mathematische 141 –, Nützlichkeit, Nutzen der 59, 138 f., 156, 160, 161, 177, 182, 235–238 –, objektive 51, 53, 54, 56 –, religiöse 64, 203, 205, 208 –, subjektives Verstehen der 238, 254 Wahrheitsbegriff, -theorie 10 f., 12, 13, 15, 17, 23 f., 26, 28 f., 33, 47, 47–55, 59, 65, 131–164, 166, 180– 183, 188, 236, 237, 254, 255 Wahrnehmung 97

Sachverzeichnis Welt 189, 198, 202 Weltanschauung 19 Wert(e) 13, 145 – der Wahrheit 132, 137–139 – einer Überzeugung 155 Wesen 99 Westintegration 2 Wille zum Glauben 203, 207 Willensfreiheit 47, 64, 87–91 Wirklichkeit 14, 28, 51, 54, 134, 139–142, 146, 152 f., 160, 162, 167, 174, 177 –, konkrete 113, 115 –, metaphysische 125

Wirkung(en) 36, 37, 38, 47, 60, 136, 151 Wissen 169, 177, 179, 180, 183, 205, 219 Wörter 44 Zeichen 5–7, 28 Zeichentheorie s. Semiotik Zeitlichkeit 94, 101–105 Zufall 101, 103 Zukunft 77–79, 85, 89, 91, 199 Zweck 47, 64 Zweifel 7

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Sachverzeichnis

Hinweise zu den Autoren

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Hermann Deuser, geb. 1946, studierte Ev. Theologie, Germanistik und Philosophie in Frankfurt a. M., Marburg und Tübingen. Promotion zum Dr. theol. (1973) und Habilitation (1978) für Systematische Theologie an der Universität Tübingen. Professor für Ev. Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal (1981–1993), Forschungssemester an der Boston University, School of Theology (1990/91); Universitätsprofessor für Systematische Theologie an der Universität Gießen (1993–1997), seit 1997 für Systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Universität Frankfurt a. M. Mitherausgeber der Kierkegaard Studies: Yearbook und Monograph Series (1996 ff.). Mitbegründer des Instituts für Religionsphilosophische Forschung der Universität Frankfurt a. M. Buchveröffentlichungen: Sören Kierkegaard (1974), Dialektische Theologie (1980), Kierkegaard: Die Philosophie des religiösen Schriftstellers (1985), Gott: Geist und Natur (1993). Herausgeber: Charles S. Peirce: Religionsphilosophische Schriften (1995), Kleine Einführung in die Systematische Theologie (1999). Kai-Michael Hingst, geb. 1965, studierte Philosophie, Rechtswissenschaft und Psychologie an der Universität Hamburg. 1991 Erstes Juristisches Staatsexamen, 1993 M. A. in Philosophie, 1996 Promotion in Philosophie, 1999 Zweites Juristisches Staatsexamen. Veröffentlichungen: Perspektivismus und Pragmatismus. Ein Vergleich auf der Grundlage der Wahrheitsbegriffe und der Religionsphilosophien von Nietzsche und James, Würzburg 1998. Juristische Aufsätze, rechtshistorische Lexikonartikel. Ludwig Nagl, Außerordentlicher Universitätsprofessor an der Universität Wien. Veröffentlichungen u. a.: Gesellschaft und Autonomie. Historisch-systematische Studien zur Entwicklung der Sozialtheorie von Hegel bis Habermas (1983), Peirce. Eine Einführung (1992), Pragmatismus (1998). Mitherausgeber: Zur Kantforschung der Gegenwart (1981), Wo steht die Analytische Philosophie heute? (1986), Nach der Philosophie. Essays von Stanley Cavell (1987), Die Philosophen und Freud (1988), Philosophie und Psychoanalyse (1990), Textualität der Philosophie – Philosophie und Literatur (1994). Zahlreiche Beiträge zur postanalytischen Philosophie, zum Neopragmatismus und zur Kritischen Theorie. Klaus Oehler, geb. 1928, Professor emeritus der Philosophie an der Universität Hamburg. Former Member des Institute for Advanced Study in Princeton, Korrespondierendes Mitglied der Akademie von Athen, Präsident der amerikanischen Charles S. Peirce Society (1982). Mitglied des Advisory Board der neuen Peirce-Ausgabe: Writings of Charles S. Peirce. A Chronological Edition, Indiana University Press, Bloomington, seit 1982. Ehrendoktor der Panteion Universität Athen. Publikationen: Noetisches und Dianoetisches Denken (1962, 21985), Peirce, Über die Klarheit unserer Gedanken (1968, 31985), Antike Philosophie und Byzantinisches Mittelalter (1969), Kommen-

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Hinweise zu den Autoren tar zur Kategorienschrift des Aristoteles. Deutsche Aristoteles-Gesamtausgabe, Bd. I (1984, 31997), Charles S. Peirce (1993), Sachen und Zeichen. Zur Philosophie des Pragmatismus (1995), Subjektivität und Selbstbewußtsein in der Antike (1997). Herausgeber: James, Pragmatismus (1977, 21994), Zeichen und Realität, Bd. I–III (1984). Helmut Pape, geb. 1950, studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Hamburg. 1981 Promotion in Hamburg mit einer Arbeit über die Semiotik von Peirce. 1993 Habilitation an der Universität Hannover mit einer Studie über die Ontologie visueller Eigenschaften. Forschungsaufenthalte am Center for Philosophy of Science (1987, 1991) und am Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen (1997–1998). Lehrte Philosophie an den Universitäten Hamburg und Freiburg und an der Humboldt-Universität in Berlin, ist derzeit Hochschuldozent der Philosophie an der Universität Hannover. Wichtigste Veröffentlichungen: Neben 60 Rezensionen und Aufsätzen u. a. die folgenden Bücher: Erfahrung und Wirklichkeit als Zeichenprozeß – Charles S. Peirces Entwurf einer Spekulativen Grammatik des Seins (1989), Das Denken und die Struktur der Welt/Thinking and the Structure of the World – H. N. Castañedas epistemische Ontologie in Darstellung und Kritik, gemeinsam mit Klaus Jacobi herausgegeben (1990), Die Unsichtbarkeit der Welt. Eine visuelle Kritik neuzeitlicher Ontologie (1997). Zahlreiche Editionen von Sammelbänden sowie Übersetzungen aus dem Englischen, u. a. fünf Bände mit teils auch im Englischen unpublizierten Texten von C. S. Peirce zur Logik, Semiotik und Metaphysik. Richard Rorty taught philosophy at Princeton for twenty years, humanities at the University of Virginia for fifteen years, and is now Professor of Comparative Literature at Stanford. His most recent book, a collection of papers, is entitled “Philosophy and Social Hope” (Penguin, 1999). Sandra B. Rosenthal, professor of philosophy at Loyola University, New Orleans, has published over 150 articles and 11 books, has presented about 200 professional papers and lectures in the U. S. and abroad, and has given invited formal lecture series in China, Poland, and Germany. Her lectures in China were translated into Chinese and published there as a book. She presented an invited lecture series at the first Summer Institute in American Philosophy hold in 1998, and was an invited major session speaker at the 1998 World Congress of Philosophy. She has served as president of five major philosophical associations, including the Society for the Advancement of American Philosophy and The Metaphysical Society of America, on the Council of the International Exchange of Scholars for selection of Senior Fulbright Awards, and on the National Endowment for the Humanities Grants Panel. She is currently on the advisory boards of the Academie du Midi and the Peirce Edition project, the boards of officers of SOPHIA and the Peirce Foundation, and the editorial boards of numerous professional journals and books series both in the U. S. and abroad. Books published: The Pragmatic A Priori: A Study in the Epistemology of C. I. Lewis (1976), Pragmatism and Phenomenology: A Philosophic Encounter (co-autored with P. Bourgeois) (1980), Thematic Studies in Phenomenology and Pragmatism (co-autored with P. Bourgeois)

Hinweise zu den Autoren (1983), Speculative Pragmatism (1986), Classical American Pragmatism in Contemporary Context (Invited Lecture Series, Institute of Foreign Philosophy, Peking University) (1992), Mead and Merleau-Ponty: Toward a Common Vision (co-authored with P. Bourgeois) (1992), Charles Peirce’s Pragmatic Pluralism (1994), Business Ethics: The Pragmatic Path Beyond Principles to Process (co-authored with R. A. Buchholz) (1998), Classical American Pragmatism: Its Contemporary Vitality (co-edited with C. Hausman and D. Anderson) (1999), Rethinking Business Ethics: A Pragmatic Perspective (co-authored with R. A. Buchholz) (2000), Time, Continuity, and Indeterminacy: A Pragmatic Engagement with Contemporary Perspectives (2000). Charlene Haddock Seigfried is a professor of philosophy and American Studies at Purdue University, West Lafayette, Indiana. She is past president of the Society for the Advancement of American Philosophy, was the John Dewey Lecturer for 1998, and is currently on the executive board of the Society for the Study of Women Philosophers. Among her publications are: Chaos and Context: A Study in William James (1978), William James’s Radical Reconstruction of Philosophy (1990), and Pragmatism and Feminism: Reweaving the Social Fabric (1996). A correspondence course based on Pragmatism and Feminism is available at the Fern-Universität Hagen. Ignas K. Skrupskelis, born 1938 in Kaunas, Lithuania. Doctorate 1967, University of Toronto. Professor Emeritus of Philosophy, University of South Carolina; lecturer at Vytautas Magnus University, Kaunas, Lithuania. Served as associate editor of The Works of William James, 19 volumes (Harvard University Press, 1976–1988); Editor of The Correspondence of William James, projected 12 volumes, 7 volumes published (University Press of Virginia, 1992–). Has published articles on James and Josiah Royce.

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