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German Pages 172 [176] Year 1849
Von den Mitteln,
den Zustand der Arbeiter gründlich und auf die Dauer zu verbessern.
Mit B e m e r k u n g e n
über darauf
Bezügliches:
Steuern, Wahlen der Volksvertreter, Volks-Unterricht, freie Presse, Volksversammlungen und allgemeine Bewaffnung.
Berlin, Yerlag von G. Reimer.
1849.
I n h a l t s v e r z e i c h n i f s .
Seile
1
2
Übersicht des Gegenstandes, I.
Vermehrung der Arbeit
II.
Gelegenheit für die Arbeiter
8 zu andern Beschäftigungen
und zuin Erwerbe von Eigenthum III.
Mittel,
zu verliindern,
viel tlieurer bezahlen inufs, als der Begütertere. IV.
17
dafs der Arme seine Bedürfnisse . . .
V o n den Steuern V o n den Wahlen der Volksvertreter Uber
Freiheit
der Presse,
allgemeine Bewaffnung V.
Vom
Volks-Unterricht.
59 69
Volksversammlungsrecht
101 und 132 157
Einige Druckfehler.
5 Z. 7 y. 0 . 5 — 18 V. 0 . 7 — 2 V. u. 4 11. 11 14 — 12 u. 13 28 43 58 64 64 150
— — — —
— —
18 V. u. 14 V. 0 . 15 V. II. 6 y. u . 3 V. u . 15 V. 0 .
1. -
V. 1. -
m. diesem st. diesen vorher s t . f r ü h e r sich also st. sich _ w ü r d e n st. w ü r d e 0 . soll es h e i f s e n : Die Prüflingen w ü r d e n zugleich zum Vortheil der Verbrauchenden gereichen, III. b e g r ü n d e t st. richtig W e n i g e r st. weniger Dieses st. dieses billigerweise st. billgerweise w ä r e st. ist und erfolgte st. erfolgt b e r u h t st. b e r u h t
W a s hier folgt, sind nicht blofs flüchtige, etwa erst durch die neuesten Zeit-Ereignisse angeregte Gedanken und willkürliche Theorieen, sondern es sind die Ergebnisse eines viele Jahre lang fortgesetzten Nachsinnens des Verfassers über den bezeichneten Gegenstand und sorgfältiger Beobachtungen auf seinen Reisen im In- und Auslande, und bei selbst längerein Aufenthalte in den verschiedensten Gegenden; nachdem allen Diesem ein angelegentliches Studium der Slaatswirthschaft vorhergegangen w a r , die stets zu den Lieblingsgegenständen seines Nachdenkens gehörte und auch noch jetzt, wo er im Greisen-Alter steht, dazu gehört. Der Verfasser sagt in schlichten Worten, ohne Redekunst und Aufregung, ohne Rückhalt und überall unmittelbar auf den Gegenstand eingehend, was näch seiner Uberzeugung recht und wahr ist, und rechtfertigt jede Aufstellung durch G r ü n d e . Möge man über das Vorliegende nicht flüchtig hinweggehen, sondern demselben, wenn auch nur einen kleinen Theil des Ernstes und des Nachdenkens widmen, die er selbst darauf verwendete! Unpartheiisch, ohne Leidenschaft, ohne Vorliebe für die eigene Meinung und mit Berücksichtigung von B e w e i s e n und G r ü n d e n darüber urtheilend, wird man darin Wahres und Rechtes finden. Der Verfasser bezieht sich an mehreren Stellen auf den p r e u f s i s c h e n Staat, jedoch nur als Beispiel, und insbesondere auf diesen Staat deshalb, weil ihm derselbe, in allen seinen Theilen, am genausten bekannt ist. Sonst dürften die meisten Ansichten und Vorschläge im Wesentlichen auch eben so wohl wenigstens noch auf da9 ganze übrige Deutschland passen.
1
2
§• 1. B ei der in der Überschrift bezeichneten, so wichtigen Aufgabe der neuesten Zeit sind unter „ A r b e i t e r " offenbar insbesondere Diejenigen zu verstehen, welche durch ihre Arbeit nur ein Einkommen zu erwerben vermögen, das zu ihrer und ihrer Familie Erhaltung blofs kümmerlich hinreicht. Sonst sind eigentlich a l l e Staatsgenossen, nur mit Ausnahme Derer, die von dem Ertrage ihres, durch frühere Arbeit erworbenen Besitzes ohne besondere Mühe leben, und der Arbeits-Unfähigen und Almosen-Empfänger, A r b e i t e r . Es kommen indessen von denselben alle Die, deren Arbeits-Erwerb zu ihrer Erhaltung hinreicht, bei der vorliegenden Aufgabe nicht in Betracht, und also mögen, der Kürze w e g e n , wie es gebräuchlich geworden ist, auch hier unter A r b e i t e r insbesondere nur die oben bezeichneten verstanden werden. §• 2. Die gröfste Zahl Dieser findet sich unter den sogenannten T a g e l ö h n e r n und H a n d w e r k s g e h ü l f e n , zu welchen auch die Arbeiter in den F a b r i k e n gehören, in den Städten, wie auf dem Lande. Es giebt zwar aufser denselben noch viele andere kümmerlich lebende Arbeiter, z. B. die wenig beschäftigten H a n d w e r k s m e i s t e r , die B e s i t z e r oder P a c h t e r ganz kleiner Grundstücke, ein Theil der D i e n s t b o t e n , alle in öffentlichen Diensten s e h r g e r i n g B e s o l d e t e n , zu welchen selbst ein grofser Theil der S c h u l l e h r e r gehört u. s. w . Indessen mögen hier zunächst nur die T a g e l ö h n e r , H a n d w e r k s g e h ü l f e n und F a b r i k - A r b e i t e r ins Auge gefafst w e r d e n ; um so m e h r , weil die Mittel, ihnen zu helfen, auch zum Theil auf die Übrigen günstig wirken würden.
3 §•3. Dasjenige Mittel, die kümmerlich lebenden Arbeiter zu erleichtern, welches sich zunächst darzubieten scheint, und welches auch, bis bessere Mittel angewendet werden können, wirklich für einen Augenblick zu dein einziginöglichen w e r den kann, nemlich: ihnen einen höheren Lohn für weniger Arbeitsstunden zu zahlen, taugt offenbar f ü r d i e D a u e r nicht. Gegentheils ist es für die Folgezeit grade das, welches sie in's sichere Verderben bringt. Denn höherer Lohn für kürzere Arbeitszeit, oder auch schon für die bisherige Arbeitszeit, macht offenbar D a s , was durch die Arbeit erzeugt w i r d , t h e u r e r ; dann wird weniger davon gekauft und verbraucht; die S u m m e des Begehrten, und folglich des zu Erzeugenden, nimmt also ab; folglich finden immer weniger Arbeiter Beschäftigung; mithin linden Viele bald g a r k e i n e Arbeit mehr, und folglich gerathen viele Arbeiter nach und nach in die schlimmste aller Lagen, nemlich in die, g a r n i c h t s mehr zu verdienen, mithin in ein Elend, welches viel drückender ist, als es ihre frühere Lage war. Die A r b e i t s l o s e n zu ernähren, sind aber dann die Übrigen, theils nicht verpflichtet, theils auch bald nicht mehr i m S t a n d e : denn wenn der Verbrauch, und folglich Handel und Verkehr abnehmen, so schwindet auch der Wohlstand der A r b e i t g e b e r , und das Ende von Allem ist a l l g e m e i n e s Elend. Ohne Arbeitgeber und ohne Verbrauchende keine Arbeit. N u r im rohen Naturzustande arbeiten die Arbeiter f ü r s i c h s e l b s t , wenn sie von der J a g d , allenfalls von der Viehzucht, einigem wenigen Ackerbau und vielleicht vom Kriege leben, so lange es Gegenstände des Krieges giebt. Des Staats oder der Gesellschaft Zweck und Pflicht ist es allerdings, für alle seine Genossen, also auch für die Arbeiter, zu sorgen: aber diese Pflicht kann nicht darin bestehen, ihnen Arbeit und vollen Lohn auch dann zu geben, wenn die Arbeit nicht mehr ihren Lohn einträgt; denn dies wäre auf die Dauer u n m ö g l i c h , und zu dem Unmöglichen kann Niemand verpflichtet sein. Auch wäre dies nicht mehr L o h n , sondern, unter dem 1*
4 N a m e n des L o h n s , nichts anderes als ein G e s c h e n k ; und auf ein solches hat n u r der A r b e i t s - U n f ä h i g e A n s p r u c h , nicht D e r mit gesunden Gliedern und gesundem Kopfe. W a s der Staat für die Arbeiter ihun k a n n , besieht vielmehr n u r darin, und k a n n nur darin bestehen, die G e l e g e n h e i t e n , ihnen Arbeit zu verschaffen, zu mehren und zu f o r d e r n , sie bei der B e steurung nach aller Billigkeit zu schonen, und ihnen die W e g e und Mittel, s i c h s e l b s t emporzuhelfen, nicht allein nicht zu versperren und zu e r s c h w e r e n , sondern ihnen dieselben vielm e h r zu öffnen und auf alle W e i s e zu erleichtern; wovon weiter unten. E s mag sein, dafs manche Arbeilgeber und Unternehmer von Erzeugnissen zu viel von dem reinen E r t r a g e für sich zu behalten und dadurch den Arbeitern ihren Lohn zu verkürzen scheinen; indessen können dies nur Ausnahmen sein, nicht die R e g e l : denn der P r e i s w e t t e i f e r (die Concurrenz) zwingt bald den Unternehmer, mit dem g e r i n g s t e n eigenen G e w i n n e sich zu begnügen. Ist er bis dahin gelangt, so ist es nicht mehr s e i n e S c h u l d , wenn er den Arbeitern keinen höheren Lohn zahlen k a n n , und wenn diese kümmerlich leben m ü s s e n . Man nennt dies dann wohl immer noch den D r u c k d e s C a p i t a l s a u f d i e A r b e i t , aber mit U n r e c h t : denn sobald der Arbeitgeber durch die Milbewerbung gezwungen w o r den ist, von seinem Besilzlhum ( C a p i t a l ) , welches er zu seiner U n t e r n e h m u n g anlegen m u f s t e , mit dem geringsten Ertrage ( R e n t e ) , so wie mit dem geringsten L o h n e für seine eigene Arbeit sich zu b e g n ü g e n , ist kein D r u c k mehr vorhanden. §. 4. J e n e s augenblicklich helfende Mittel, den Arbeitern einen höhern Lohn zu zahlen, ist also durchaus nicht das, ihr Loos d a u e r n d und a u f d i e F o l g e zu verbessern. E s ist für die Arbeiter gleichsam ein V o r a u s v e r z e h r e n , w e l c h e m unfehlbar bald und schnell der gänzliche Mangel und also das schrecklichste Elend folgen mufs. Eben so wenig w ü r d e den Arbei-
5 tern d a d u r c h nuf die Dauer geholfen werden können, wenn etwa der Staat oder die Regierung sich zu Unternehmern und Arbeitgebern machte. Nicht dafs dieses Mittel, theilweise am rechten Orte und richtig angewendet, ganz zu verwerfen wäre, würde es doch nicht allein völlig unmöglich sein, es ohne Ungerechtigkeit und ohne den Ruin vieler Tausende von Familien, ja sogar mit diesen Ruin, a l l g e m e i n anzuwenden, sondern auch, wenn es möglich wäre, würde das Mittel, statt den Arbeitern zu helfen, für sie gerade die e n t g e g e n g e s e t z t e Wirkung haben. D e n n , wie es die Erfahrung lehrt, fabricirt eine Regierung durch Beauftragte t h e u r e r , als unabhängige Unternehmer. Die Erzeugnisse würden also abermals wieder theurer werden, ihr Absatz würde sich daher, vermöge der Mitbewerbung des Auslandes, vermindern, und viele Arbeiter würden g a n z brodlos werden; oder aber die Arbeiter müfsten, damit die Unternehmungen bestehen könnten, einen nur geringeren und noch geringeren Lohn bekommen, als früher; und so wäre der frühere Zustand nicht verbessert, sondern verschlimmert. Auch könnte dieses Mittel doch nur auf die Fabrik-Arbeiter, nicht auf die übrigen kümmerlich lebenden Leute sich beziehen.
§. 5. Die Mittel, den Zustand der Arbeiter gründlich und dauernd zu verbessern, müssen daher nothwendig von der Art sein, dafs die Arbeitgeber, wie bisher, auch dann noch bestehen können, wenn sie den Arbeitern einen a u s k ö m m l i c h e r e n Lohn zahlen. Und zwar ist es dabei, wie bei allen Veränderungen, strenge Regel, dafs Alles, was geschieht, nicht allein ohne Beeinträchtigung des Eigenthums, sondern auch ohne Z w a n g geschehe. Denn Z w a n g , über den hinaus, welcher nölhig ist, Jeden zur Erfüllung der für Alle gleichen Pflichten zur Erhaltung und Beförderung des Wohlseins der Gesellschaft anzuhalten, so wie zur Verhinderung von Handlungen, welche Andern schaden, wäre ungerecht und eine Verletzung der
6 F r e i h e i t , auf welche J e d e r Anspruch hat und die darin besteht, d a f s J e d e r v o l l e B e f u g n i f s u n d K a u m h a b e , neben der Erfüllung jener Pflichten, nach eigenem W i l l e n A l l e s zu s e i n e i n N u t z e n z u t h u n u n d z u u n t e r n e h m e n , was Niemand schadet; so d a f s i h m also alle W e g e offen stehen müssen, d u r c h e i g e n e T h a l k r a f t (immer u n t e r der B e d i n g u n g , N i e m a n d z u s c h a d e n ) s e i n L o o s zu v e r b e s s e r n , j a d i e M i t t e l dazu ihm möglichst e r l e i c h t e r t w e r d e n müssen. Handlungen und Unternehmungen, die zugleich auch A n d e r n nützen, sind v e r d i e n s t l i c h und geben Anspruch auf Gegenseitiges. Handlungen, die Andern schaden, verletzen die Freiheit D i e s e r , und das Ende der Gegenseitigkeit davon ist die Zerstörung der Gesellschaft.
Um nun die Mittel zu finden, den Zustand der Arbeiter in d i e s e m Sinne gründlich zu verbessern, ist zunächst zu erwägen, welche Umstände in der bisherigen Lage der Dinge es insbesondere sind, aus welchen der kümmerliche Zustand der Arbeiter entsteht. Es sind hauptsächlich folgende. I. Es ist für die vorhandenen Arbeitskräfte zu w e n i g A r b e i t d a ; oder, umgekehrt: für die Arbeit dieser oder jener Art bieten sich der Arbeiter zu viele an. Dafs dies der w a h r e und e i n z i g e Grund der Herabsetzung des Lohnes sei, ist offenbar; denn gäbe es für den seine Dienste anbietenden Arbeiter einträglichere Arbeit, so würde er den ihm angebotenen kümmerlichen Lohn nichl annehmen, sondern eine andere Beschäftigung vorziehen. Es mufs also an Arbeit für ihn f e h l e n . W ä r e es nicht so, so würde der Arbeilgeber bald g e z w u n g e n sein, einen höhern Lohn zu bewilligen, weil er der Arbeiter nicht entbehren kann. II. Es fehlt den Arbeitern an M i t t e l n u n d G e l e g e n h e i t , sich andern Beschäftigungen, zu welchen auch der am
7 wenigsten Unterrichtete noch fähig ist, zuzuwenden. Solcher Beschäftigungen aber giebt es wirklich, wie sich weiter unten zeigen wird, im weitesten Maafse, noch viele. Auch sind dem Arbeiter zu wenige Mittel. dargeboten, durch seinen Fleifs ein E i g e n t h u i n zu erwerben. Ganz besonders ist ja aber der Zustand derjenigen Familien traurig, welche kein Eigenthum weiter besitzen, als etwa ihre Arbeitswerkzeuge und ihre wenigen Wohnungsgeräthe; besonders für ihr Alter und für Krankheitsfälle. Die solchen Arbeitern dargebotenen Mittel, sich zu helfen, beschränken sich jetzt fast nur auf die S p a r c a s s e n , deren Einrichtung überdem öfters nicht ganz bequem und vortheilhaft ist. III. Das Bestehen des Arbeiters, der, wie man sagt, nur aus der Hand in den Mund lebt, wird dadurch erschwert, dafs er seine Bedürfnisse, die er nur in den kleinsten Theilen kaufen kann, t h e u r e r und sehr viel theurer bezahlen mufs, als Der, welcher sie sich mehr im Ganzen anzuschaffen im Stande ist. IV. Die S t e u e r n treffen viele Arbeiter v e r h ä l t n i f s m ä f s i g höher, als D e n , der ein besseres Auskommen h a t ; z. B. die Steuern auf Brod und Fleisch; denn der Geringste bedarf nicht allein eben so viel, sondern mehr Brod, als der behaglicher Lebende; und ohne Fleisch kann auch der Ärmste nicht sein. V. Die Kosten des U n t e r r i c h t s s e i n e r K i n d e r fallen dem Arbeiter zu schwer: gleichwohl liegt, vor Allem, besonders in dem U n t e r r i c h t eines der kräftigsten Mittel zur Verbesserung des Zustandes der künftigen Geschlechter. Dieses dürften die Haupt-Ursachen der Übeln Lage der Arbeiter sein. Auf sie müssen sich die Mittel der Abhülfe beziehen.
8
I.
Vermehrung der Arbeit.
§• 7. D a
für die vorhandene Arbeit zu viel Arbeiter
vorhan-
den sind, so rnufs ihnen m e h r A r b e i t verschafft werden. AHinälig, in fortdauernder R u h e und F r i e d e n , würde sich D a s , unter sonst für die übrigen P u ñ e t e nöthigen veränderten Gesetzen, m e h r oder w e n i g e r von selbst ders in Zeiten der U m w ä l z u n g
finden.
Aber beson-
inufs der S t a a t
und die R e -
g i e r u n g , das heifst die Gesamintheit der Gesellschaft, zutreten und helfen.
S i e v e r m a g dies in d e r T h a t , und auf eine W e i s e ,
die k e i n e s w e g e s O p f e r erfordert, w e l c h e wieder auf die Arbeiter an ihrem T h e i l zurückfallen w ü r d e n , sondern nur A u s l a g e n , die reichlich wieder eirikommen, w e l c h e also die G e s e l l s c h a f t sehr wohl m a c h e n k a n n ,
und deren W i r k u n g nicht
zum N a c h t h e i l , sondern vielmehr zum dauernden Vortheil des S t a a t s gereichen und sein W o h l s e i n nur vermehren wird. E s ist nemlich noch g a r V i e l zu thun übrig für den weitern und bessern Anbau des G r u n d - und B o d e n s und für die B e l e b u n g des V e r k e h r s und Handels. Landstrecken,
E s sind noch g a r viele
selbst in den Staatsgütern ( D o m a i n e n ) ,
theils
urbar, theils b e s s e r benutzbar zu machen-, es sind noch m a n c h e S ü m p f e auszutrocknen und s c h ö n e , fruchtbare L ä n d e r an den F l ü s s e n einzudeichen; es lassen sich noch viele W i e s e n durch B e w ä s s e r u n g e r z e u g e n ; es sind noch viele W ä l d e r , die wenig oder nichts e i n b r i n g e n , zu lichten
und in ernährendes L a n d
umzuschaffen; es sind noch g a r viele Chausseen und Canäle, und selbst
noch E i s e n b a h n e n
Landwege
sind w e n i g
n ö t h i g ; und noch die
fahrbar.
Mit Dergleichen
meisten
beschäftige
9 der Staat Arbeiter, die jetzt nur für kümmerlichen Lohn Arbeit finden, und bezahle sie a u s k ö m m l i c h . Auf d e m L a n d e s i n d 10 bis 12 Silbergroschen täglich für die Familie ausreichend. Mit einer Million Thaler können also etwa 7000 Familien auskömmlich genährt werden; mit 3 Millionen über 2 0 0 0 0 F a milien, also über 100000 Menschen. Der Staat l e i h e demnach, wenn es nicht anders sein kann, dazu j ä h r l i c h z. B. 3 Millionen Thaler (nicht eine grofse Summe auf einmal), und zwar nicht durch Unternehmer der Anleihe im Ganzen, oder grofser Tlieilc derselben, sondern durch Ausgabe von verzinslichen Scheinen zu kleinen Summen, bis zu 10, 5 und selbst 1 Thaler hinunter. Dafs sich zu nützlichen, Erträge gewährenden Unternehmungen Darleiher zu guten Zinsen finden werden, ist nicht zu bezweifeln. Im Jahre 1836 zweifelte m a n , dafs sich die Anleihe zu der ersten kleinen Eisenbahn finden werde: jetzt haben sich in Deutschland zu Eisenbahnen 500 Millionen Thaler gefunden. §. 8. Es ist ein gar grofser Unterschied, w o z u der Staat Ausgaben macht, und es w ä r e , wenn es insbesondere auf die Beschäftigung und Ernährung von brodlosen Arbeitern ankommt, gar sehr unrichtig, zu sagen, es sei ziemlich g l e i c h v i e l , womit man sie beschäftige, wenn sie nur ihren Lohn ausgezahlt bekommen, um davon zu leben. Selbst im K r i e g e finden die Kämpfenden, und noch viele andere Leute, Anstellung und Unterhalt: aber der Krieg zerstört und vermindert das Volksvermögen-, noch um mehr, als Das was er kostet. Liefse man die Arbeiter Werke blofs zur Z i e r d e und zur P r a c h t ausführen, so bekämen sie freilich dadurch auch zu leben: aber Werke, zunächst zur Z i e r d e , wenn auch sonst, als Kunstwerke, in ihrer Art allerdings ebenfalls und s e h r nützlich, tragen Das was sie kosteten nicht u n m i t t e l b a r wieder ein, und unmittelbarer Nützliches gehl ihnen vor. Läfst man dagegen n ü t z l i c h e Werke durch die Arbeiter ausfuh-
10 r e n , s o sind die Kosten eigentlich gnr keine A u s g a b e ,
son-
dern nur eine A u s l a g e , die wieder e i n k o m m l ; und z w a r noch mit Zinsen und den Mitteln zur R ü c k z a h l u n g . H ä t t e D e u t s c h land die 5 0 0 Millionen T h a l e r , welche ihm seine Eisenbahnen kosteten,
auf einen K r i e g
g e w e n d e t , so würden z w a r eine
M e n g e L e u t e dadurch eine Zeitlang ernährt worden s e i n , a b e r d a s Geld w a r v e r l o r e n , und mancher Wohlstand obendrein; hätte es für die 5 0 0 Millionen T h a l e r P r a c h t g e b ä u d e
er-
richtet, so w ü r d e ebenfalls eine Menge L e u t e dabei B e s c h ä f tigung und Unterhalt gefunden h a b e n ,
und es
blieb
dem
L a n d e die Z i e r d e : aber sie trug nicht unmittelbar Zinsen, und auch die Kosten selbst kamen nicht wieder ein. bahnen
d a g e g e n , bei deren
Die
Eisen-
Errichtung nicht minder
Leute
ernährt w u r d e n , werfen die Kosten allmälig wieder a b , tragen Zinsen
der A u s l a g e und erhöhen, nachdem
sie sich bezahlt
g e m a c h t haben, w a s , wenn nicht schon durch den Ubcrschufs der E i n n a h m e über die gewöhnlichen Z i n s e n , g e w i f s mittelbar durch die Erleichterung
und V e r m e h r u n g
des Verkehrs
ge-
schieht, für immer, noch um eben so viel das V o l k s v e r m ö g e n . Also v o r z u g s w e i s e
mit nützlichen,
zinsentragenden
und
das L a n d verbessernden W e r k e n beschäftige man die Arbeiter. B e s c h ä f t i g t man sie mit andern, nicht ergiebigen Dingen, blofs um sie zu e r n ä h r e n , s o sind die darauf verwendeten Kosten für den S t a a t ein O p f e r , und das Ernährungsmittel ist nicht viel besser, als höherer Lohn für weniger
Arbeitsstunden.
§. 9. S o l l t e es j a eines B e w e i s e s b e d ü r f e n , dafs die A u s l a g e n für nützliche D i n g e reichen Gewinn tragen, so m ö g e nur ein ganz
einfacher
und
einzelner
Fall
betrachtet
werden.
Es
kommt vor, dafs der Scheffel Kartoffeln, 2 0 Meilen von Berlin entfernt, 5 S g r . kostet.
Auf einer ungebauten S t r a f s e w ü r d e
d a s Herbeibringen derselben so hoch zu stehen kommen, daüs die Kartoffeln aus der F e r n e in Berlin theurer w ü r d e n , aus der nächsten N ä h e .
Ist d a g e g e n eine g u t e S t r a f s e ,
als eine
11 Eisenbahn, oder auch nur eine Chaussee, oder aus dem Innern des Landes eine Chaussée nach einer Eisenbahn hin, vorhanden, so wird es leicht umgekehrt sein. Die Stadt wird also dann die Kartoffeln wohlfeiler erhallen, und das sie erzeugende Land wird sie theurer verkaufen können und nicht mehr gezwungen sein, sie in Branntwein, der die Menschen vergiftet, eu verwandeln, um daraus Geld zu lösen. Also ein dreifacher Gewinn: der eine für die Sladt, der andere für den Werth der entfernten Grundslücke, der dritte für die Gesundheit, das Wohlsein und die Sittlichkeit der Menschen. Die Umgegend der Stadt wird freilich dann ihre Kartoffeln nicht mehr so theuer verkaufen können; allein sie wird, da hier Dünger in Menge vorhanden ist, von welchem jetzt noch viel unbenutzt bleibt, Anderes und Besseres erzeugen können, und der jetzige Zustand der Dinge deutet nur zugleich an, dafs das Land in der Umgegend der Stadt wohl noch anders und ergiebiger zu benutzen sei, als zu Kartoffeln. Wenn nun die 20 000 Arbeiterfamilien auf nützliche Weise anders und auskömmlich beschäftigt werden, so ist nicht allein ihnen, und zwar auf längere Zeit geholfen, sondern es v e r m i n d e r t sich zugleich auch schon um so viel die Z a h l der Arbeiter für die b i s h e r i g e Beschäftigung; die z u r ü c k b l e i b e n d e n werden also nun schon leichler Arbeit und für höhern Lohn finden. Zwang und Beeinträchtigung von irgend Jemand ist hier nicht vorhanden. §. 10. Das so eben angegebene Mittel würde aber nur insbesondere Arbeitern aus den Städten und auf dem Lande helfen, d i e n i c h t zu d e n H a n d w e r k e r n g e h ö r e n - , obgleich auch von diesen bei den Werken zum bessern Anbau des Landes eine namhafte Zahl Beschäftigung finden würde. Dein Mifsverhültnifs der Zahl der H a n d w e r k e r zu der für sie vorhandenen Arbeit, aus welchem der herabgedrückle Lohn derselben entsteht, dürfte, wenigstens allmälig,
12 auch noch anders zu steuern sein: nemlich durch B e s c h r ä n kung der Gewerbefreiheit. Die unbedingte Gewerbefreiheit hat allerdings ihren N u t z e n ; aber auch ihre Nachtheile; und eben so ist es mit dem unbedingten I n n u n g s - und Zunftzwange. E s läfst sich kurz sagen dafs die unbedingte Gewerbefreiheit insbesondere den Nutzen der V e r b r a u c h e n d e n , nemlich die Wohlfeilheit der Erzeugnisse, das Z u n f t w e s e n dagegen insbesondere den Gewinn der Z ü n f t i g e n , ncinlich möglichst hohen E r w e r b für sie, zum Ziele hat. Aber weder die Eine noch das Andere erreicht seinen Z w e c k ; wahrend J e d e s seine Nachtheile hat. Die u n b e d i n g t e G e w e r b e f r e i h e i t liefert den V e r b r a u c h e n den nur zu leicht nicht preiswürdige Erzeugnisse, welche also n u r s c h e i n b a r wohlfeil sind; während sie die Arbeiter durch Überfüllung drückt, nemlich ihnen durch das Mifsverhältnifs ihrer Zahl zu der vorhandenen Arbeit ihren E r w e r b vermindert. Das Z u n f t w e s e n dagegen liefert den Staatsbewohnern theure Arbeiten, die auch bald nicht mehr die besten sind, weil die geschlossene Arbeitergesellschaft weniger zum Fortschritt gezwungen ist; und seine eigenen Arbeiter drückt es durch Willkür ebenfalls. Auch zieht es in vielen Dingen die Mitbewerbung des Auslandes herbei. Die Abhülfe dürfte folgende sein. §• 11. Es läfst sich ganz gut ausmilteln, wie viele H a n d w e r k s meister und Geluilfen für die Bedürfnisse einer S t a d t - oder Landgemeinde n ö t h i g sind. Das Gesetz bestimme, dafs nicht mehrere in der Gemeinde a n s i i s s i g sein dürfen. Es versteht sich, dafs die jetzt etwa mehr vorhandenen nicht a u s g e t r i e b e n werden dürfen; denn das w ä r e Z w a n g . Aber es dürfen keine neuen zugelassen w e r d e n , ehe nicht die richtige Zahl durch Abgang erreicht ist. Die Zahl selbst steigt natürlich mit der Bevölkerung und dem Bedürfnifs. D a , wo sich eine Art von F a b r i c a t i o n gebildet hat und diese oder j e n e Er-
13 Zeugnisse auch aufserhalb der Gemeinde vorzugsweise gesucht werden und Absatz finden, inüfsle auf eine verhältnifsmäfsige Überzahl von Arbeitern gerechnet werden. Schon deshalb, so wie auch überhaupt, müfste es nicht verhindert werden, daüs die Handwerker der einen Gemeinde ihre Erzeugnisse auf die Märkte anderer Gemeinden bringen, oder auch sonst für Andere arbeiten; denn es bleibt den Andern d a s G l e i c h e zu thun unverwehrt, so dafs keine Schädigung Statt findet und die Erlaubnifs nicht der Gerechtigkeit zuwider ist. Der freie Verkehr aber erzeugt Wetteifer in Fleifs und Geschick; was für die Verbrauchenden vortheilhaft ist, während den Arbeitern im Allgemeinen nicht geschadet wird, da ihre Zahl im G a n z e n die richtige ist. Es wird gerade den Fleifsigen und Geschickten Gelegenheit gegeben, sich hervorzuthun und davon die verdienten Früchte zu ziehen. Der Umstand, dafs die am theuern Ort Lebenden mit Denen am wohlfeilem Orte nicht Preis halten können, würde zur Folge haben, dafs ein Theil Jener nach dem wohlfeileren Orte übersiedein und dafs nur Diejenigen zurückbleiben würden, welche für die Bedürfnisse in der Zwischenzeit der Märkte, oder für die Vorliebe der Bewohner der Gemeinde für ihre Arbeiten, nöthig sind. Auf alles Dieses müfste bei der Bestimmung der Zahl der in eine Gemeinde zuzulassenden Handwerks-Arbeiter gerechnet werden. Die Kosten der Herbeischaffung der Erzeugnisse von fernher setzen übrigens der Theilnahme an den Märkten in vielen Dingen ziemlich enge Schranken. §• 12. Die Gewerke jeder Art, in einer oder in mehreren Gemeinden, mögen sich nun zu I n n u n g e n verbünden, die für das Wohl ihrer Mitglieder auf jede Weise sorgen; auch durch Unterstützung ihrer Bedürftigen und Abgelebten. Das G e s e t z aber bestimme, zum u n m i t t e l b a r e n Schutz der Arbeiter, besonders der G e h ü I f e n , nach dem Übereinkommen dieser und der Meister selbst, den g e r i n g s t e n Lohnsatz, und schütze
14 sie dabei. Ferner bestimme es, zu Gunsten der Gehülfen und Lehrlinge, dafs sie von den Meistern zu den offenen Stellen zugelassen werden m ü s s e n , sobald sie bei den, von unbet e i l i g t e n Sachverständigen, mit Zuziehung der Meister und eines Ausschusses der Gehülfen anzustellenden Prüfungen nachgewiesen haben, dafs sie die zu der Stelle nöthigen Kenntnisse und Übungen besitzen ; wo und wie sie auch dieselben erworben haben mögen. Zum l e i c h t e m Erwerbe derselben müfsten ihnen Handvverksschulen verhelfen. Ahnliche Prüfungen müfsten für Diejenigen Statt finden, welche M e i s t e r werden wollen, und Die, welche am besten bestehen, m ü f s t e n die offenen Stellen antreten dürfen. Die Prüfungen gereichen zugleich zum Vortheil der V e r b r a u c h e n d e n , welche dadurch gegen schlechte Arbeiten gesichert werden. Unter g l e i c h geschickten Inländern und Ausländern würde den I n l ä n d e r n der Vorzug gebühren; dagegen würde der geschicktere A u s l ä n d e r dem Inländer vorgehen, damit nuf alle Weise die Arbeiten selbst immer mehr vervollkommnet werden; denn nur dadurch ist die Vermehrung des Absatzes, auch nach dem Auslande, zu erzielen. Auf solche Weise dürften die Handwerker gegen die Gefahr, aus Mangel an Arbeit mit einem allzugeringen Lohne sich begnügen zu müssen, geschützt und also ihr Loos gründlich und auf die Dauer verbessert werden, während die Staatsbewohner für g u t e Erzeugnisse nur Dasjenige bezahlen, wobei die Arbeiter bestehen können. Die Mitbewerbung des Auslandes kommt nur mehr bei den Werkstätten der g e t h e i l t e n Arbeit, den F a b r i k e n , in Betracht, weniger bei den Erzeugnissen der Gewerke. Wo sie für d i e s e Statt findet, ist es lediglich Sache der Gewerke selbst, durch vermehrtes G e s c h i c k sie abzuhalten; was auch in Deutschland zu erwarten i s t S c h u t z z ö l l e sind im Allgemeinen der Wohlfahrt Aller gewifs nicht angemessen. Denn sind sie z u n i e d r i g , so halten sie die Mitbewerbung des Auslandes dennoch nicht a b , und sind also dann nur eine neue S t e u e r auf die Verbrauchen-
15 den, ohne den Z w e c k zu erreichen: sind sie s o h o c h , data sie die Mitbewerbung wirklich abhalten, so sind sie ebenfalls, und zwar eine noch höhere B e s t e u r u n g d e r V e r b r a i i c h e n d e n ; die dann obendrein die Vervollkommnung der Gewerbe hemmt. §. 13. Es ist hier noch eine E r ö r t e r u n g nöthig, die auch auf Anderes w e i t e r unten Anwendung findet. W e n n man neinlich dadurch, dafs man die Zahl der zu ihren jetzigen Beschäftigungen angestellten Arbeiter durch U n terbringung eines Theils derselben bei andern Arbeiten verm i n d e r t , die Arbeitgeber in die N o t w e n d i g k e i t versetzt, der für die bisherigen Beschäftigungen zurückbleibenden kleineren Zahl von Arbeitern einen höhern Lohn zu zahlen, so scheint es, dafs Dies im Grunde nicht viel Anderes sei, als wenn man die Arbeitgeber sonst auf irgend eine Weise zwingt, ohne Weiteres den höheren Lohn zu bewilligen. Allein dein ist nicht so. D u r c h höhern Lohn werden nemlich allerdings die E r zeugnisse der Arbeit theurer: aber w e n n b l o f s höherer Lohn gezahlt wird, w ä h r e n d das B e d ü r f n i f s an Erzeugnissen und die Zahl der Käufer nicht zunimmt, wird von den theureren Erzeugnissen weniger abgesetzt und verbraucht, indem J e d e r sich möglichst einschränkt. Es darf also dann auch n o t w e n dig von den Arbeitern für höheren Lohn n u r w e n i g e r e r z e u g t w e r d e n , und daher können viele derselben den höheren Lohn gar nicht bekommen und w e r d e n folglich b r o d l o s . W e n n dagegen durch nützliche W e r k e die Blülhe und der Wohlstand des Landes erhöht w i r d , so nimmt das B e d ü r f n i f s von Erzeugnissen und die Zahl der K ä u f e r zu. So w e r d e n z. B. sogleich die anders beschäftigten Arbeiter selbst, aus frühern Erzeugern von Bedürfnissen zu Käufern und V e r brauchern derselben. Es wird demnach zunächst bald dahin kommen, dafs des zu E r z e u g e n d e n , ungeachtet der durch die höheren Preise verursachten V e r m i n d e r u n g des Absatzes an
16 die bisherigen Käufer, dennoch wieder für die mehreren Käufer eben so viel nöthig ist, als v o r h e r ; und also können nun die zurückbleibenden erzeugenden Arbeiter wirklich den höhern Lohn bekommen, und keiner von ihnen wird mehr brodlos. Nimmt der Wohlstand weiter z u , so wird auch die E i n s c h r ä n k u n g , welche sich die Verbrauchenden der höheren Preise wegen auflegten, aufhören, und es wird auch zu den h ö h e r e n Preisen sogar n o c h m e h r verlangt und abgesetzt werden, als früher. Reicht die verminderte Zahl der Arbeiter nicht m e h r z u , das Begehrte zu erzeugen, so werden auch wieder mehrere Arbeiter, selbst für den höheren L o h n , zu ihren früheren Beschäftigungen Gelegenheit finden.
17
II.
Gelegenheit für die Arbeiter zu andern Beschäftigungen und zum Erwerbe von E i g e n t h u m .
§• 14. D as oben in (§. 7.) angegebene Mitlei würde insbesondere f ü r d e n A u g e n b l i c k und für die n ä c h s t e Zukunft denjenigen Arbeitern helfen, welche nicht H a n d w e r k e r sind. Aber es würde für die D a u e r , so wie auch für die grofse Zahl D e r e r , welche einer Verbesserung ihrer L a g e bedürfen, nicht ausreichen. E s ist also ein noch weitergreifendes und noch wirksameres Mittel nölhig. Gin solches w ü r d e sein, dafs man den Arbeitern, aus den Städten und auf dem L a n d e , die G e l e g e n h e i t eröffnete, ein kleines E i g e n t h u m an G r u n d u n d B o d e n zu e r w e r ben und ihnen die Benutzung dieser Gelegenheit erleichterte; w o d u r c h zugleich, mehr oder weniger schnell, eine Art der B e n u t z u n g des G r u n d - und Bodens des L a n d e s herbeigeführt w e r d e n w ü r d e , bei welcher die Wirkung der Arbeit Denen, die den Boden m i t i h r e n H ä n d e n bebauen, möglichst g a n z , oder doch weniger abhängig von dem Besitz (Capital) Anderer zu gute kommt; nicht blofs mehr oder weniger nur z u in T h e i l , wie es jetzt bei den Pachtern und den Dienenden der Fall ist, die in steter Abhängigkeit von den Eignern sind. Dazu würde (im Allgemeinen gesprochen) nölhig sein, Anlässe zu geben, dafs der Grund und Boden a l l m ä l i g v o n s e l b s t mehr in Theile g r a d e v o n d e r j e n i g e n G r ö f s e zerfalle, dafs eine Familie, möglichst ganz o h n e Dienstboten und Tagelöhner, höchstens mit Hülfe einer Magd, aus ihrem Eigen-
2
18 ihum zureichenden Unterhalt zu erzielen vermöge. Diese G r o b e dürfte in mittelmäfsig fruchtbarem Boden etwa 2 0 bis 25 Morgen Acker und Wiese sein; in besserem Boden weniger, in schlechterem mehr. Die 2 0 bis 2 5 Morgen wird eine Familie von durchschnittlich 5 Personen fast allein m i t d e n e i g e n e n H ä n d e n (und darauf kommt es eben v o r z ü g l i c h a n ) bebauen können. Kleiner darf der Besitz einer Familie, wenn sie sonst keinen N e b e n - E r w e r b hat, wie z . B . die Landhandw e r k e r u. s. w . , nicht sein, weil er sie sonst nur zu kümmerlich ernähren w ü r d e ; wenigstens für jetzt noch, w o der Ackerbau noch nicht bis zum Gartenbau sich erhoben h a t ; und ist er gröfser, so sind wieder P a c h t e r und Dienstboten nöthig. §• 15. D a s G e s e t z miifste daher auch wiederum die w e i t e r e Zerstückelung des G r u n d - und Bodens nicht zulassen; die Wiederzusammenhäufung aber müfste es erschweren. Beides w ü r d e es etwa durch die Bestimmung erreichen, dafs bei den Vererbungen j e d e m der Erben w e n i g s t e n s 2 0 bis 25 Morgen gebühren, insofern der Wille des Erblassers nicht etwa die Abfindung einiger der E r b e n , oder aller, bis auf einen, durch Geld, bestimmt hat; und dafs, wenn der Nachlafs nicht so grofs ist, dafs J e d e r 20 bis 25 Morgen, oder dafs selbst nur Einer von ihnen sie bekommen kann, der E r b l a s s e r , oder der Familienrath, denjenigen der E r b e n zu bestimmen habe, der mit 20 bis 2 5 Morgen Land bedacht w e r den soll, während die Übrigen durch Geld, oder durch Eint r a g u n g ihres Anspruchs auf das Grundstück, entschädigt w e r den. Diese Übrigen w e r d e n dann entweder durch Verheirathung mit a n d e r n , in ähnlichein Falle sich befindenden Erben, vielleicht wieder ein v o l l e s Besitzthum zusammenbringen, oder sie müssen eine andere Beschäftigung suchen; wobei ihnen die E r w e r b u n g eines n e u e n Landstücks von 20 bis 2 5 Morgen offen steht; und z w a r so l a n g e , bis Dergleichen nicht m e h r zu haben i s t ; welches dann der Zeitpunct wäre, w o die
19 wirkliche Ü b e r v ö l k e r u n g anfängt und wo die Auswanderung n ö t h i g ist. Dieser Zeitpunct ist aber für viele Landestheile noch sehr fern. Denn obgleich im Allgemeinen auf die Familie durchschnittlich 5 Personen, also 3 Kinder zu rechnen sind, so folgen doch keineswegcs nach jedem MenschenAlter von etwa 36 Jahren 3 Personen auf 2, und die Bevölkerung nimmt, der Erfahrung nach, nicht etwa in 36 Jahren von 100 bis auf 150, in zweiten 36 Jahren von 150 bis auf 225, in dritten 36 Jahren von 225 bis auf 337 u. s. w. zu: vielmehr steigt sie, wie bekannt, v i e l langsamer; was darin liegt, dafs Viele unverheirathet, Andere kinderlos bleiben und von Zeit zu Zeit Krankheiten und frühzeitiger Tod die Vermehrung der Volkszahl hemmen. Wenn man nun den Arbeitern dazu behülflich wäre, solche Bodentheile von etwa 20 bis 25 Morgen als E i g e n t h u i n zu erwerben, so würde einer ungemein grofsen Zahl jetzt darbender Leute d a u e r n d geholfen werden, während zugleich der Grund und Boden selbst, zum grofsen Gewinne des Staats, besser und höher würde genutzt werden. §. 16. Dafs nemlich ein E i g e n t h ü m e r seine eigene Arbeit höher ausbringen kann, als ein Pachter und als ein Dienstbote oder Tagelöhner, beruht auf folgenden Gründen. Dem P a c h t e r liefert nemlich zwar der Eigenthümer des Grund- und Bodens allerdings einen Theil der nöthigen E r werbsmittel (Capital), nemlich wenigstens den Grund und Boden selbst, und der Pachter thut nur die Betriebsmittel, an Viehstand, Ackergerälh u. s. w., hinzu: aber dieser Pachter würde, wenn er selbst der Eigenthümer wäre und die Zinsen, die er jetzt für den Grund und Boden entrichtet, sich selbst, oder, falls der Werth des Grundstücks geborgt ist, einem andern Gläubiger zahlte, mit der g l e i c h e n Arbeit d e s h a l b mehr Ertrag erzielen, weil er, so lange er die Zinsen richtig bezahlt, n i c h t v o n d e m G r u n d s t ü c k v e r d r ä n g t w e r d e n k a n n . Denn 2*
20 ein P a c h t e r wird in der Regel ein Grundstück immer nur so benutzen, w i e e s e b e n i s t ; er wird sich hüten, von dem Seinigen Etwas zuzulegen, was erst nach l ä n g e r e r Zeit einen höhern Ertrag, wenn auch mit reichlichem Ersatz der Zinsen, gewähren kann, weil die V e r b e s s e r u n g des Grundstücks nicht ihm, sondern dem Eigenthümer zu gute kommt, der ihm nach Ablauf der Pachtzeit die Pacht entweder nehmen, oder den Pachtzins, eben der Verbesserung wegen, erhöhen kann. Dafs aber in gar vielen Gegenden die Benutzung des Grund- und Bodens besser sein und der Erlrag davon durch Anwendung einiger Auslagen noch sehr erhöht werden k ö n n t e , ist bekannt. Man findet z. B . , besonders auf grofsen Landgütern, selbst mit sehr fruchtbarem Boden, noch häufig die Brachwirthschaft, welche bekanntlich eine nur unvollkommene Benutzung des Grund- und Bodens ist. Diese dauert unter Pachtern fort; und so hält zugleich das Pachtwesen die Erhöhung des E r t r a g e s d e s L a n d e s zurück. E s ist bekannt, durch wie Vieles und Mannigfaches noch der Ertrag des G r u n d - und Bodens zu erhöhen möglich wäre: durch Verbesserung des Bodens selbst, durch Verbesserung der Viehzucht, durch Benutzung der Seen und Teiche zur Fischerei, durch den Anbau von Gewächsen neben dem Getreide, die in den Gewerben nützlich sind, durch Verbreitung des Obstbaues und des Gartenbaues u. s. w. Von allen Diesem wird der Pachter aus dein obigen Grunde zurückgehalten; und sogar der grofse Eigenthümer selbst seinerseits mehr oder weniger, eben durch die Verpachtung. Ferner bedürfen zwar jetzt die D i e n s t b o t e n und T a g e l ö h n e r , auch auf dem L a n d e , fast gar keiner eigenen Mittel (Capital), aber sie sind auch völlig von dem Eigenthümer des Grund- und Bodens abhängig; und wenn es, wie jetzt, diesen Arbeitern an G e l e g e n h e i t f e h l t , ein Eigenthum zu erwerben, wenigstens der Erwerb eines solchen ihnen nicht e r l e i c h t e r t wird, so sinkt der Ertrag ihrer Arbeit für sie immer weiter hinab. Denn die Zahl der Tagelöhner und Dienst-
21 boten nimmt mit der Bevölkerung immerfort z u , und da die Vervollkommnung der Benutzung des Landes, wie oben bemerkt, durch das Pachtwesen zurückgehalten wird, so sind für die vorhandene Arbeit bald der Arbeiter zu viele da; ihr Lohn sinkt also immer tiefer, und wenn er bis zu dem, zum Unterhalt nicht mehr Zureichenden gelangt ist, so müssen die Leute, wenn sie nicht etwa nach fremden Ländern auswandern können, was für sie aus Mangel an Mitlein schwer ist, in die Städte sich begeben, und vermehren dann dort wieder die schon zu grofse Zahl von Arbeitern. Zwar ist die Lage der Tagelöhner und Dienstboten auf dem Lande nicht ganz so traurig, als die der Eigenthumlosen in den Städten: denn sie haben gewöhnlich doch noch ein Stückchen Land, wenn auch nur miethsweise, und vielleicht einiges Vieh; auch erhalten sie wohl, bedingungsmäfsig, von dem Eigenthümer oder Pachter des Grund- und Bodens einige Feldfriichte zu festen Preisen, als Theil ihres Lohns; sie sind also dem dringendsten Mangel weniger ausgesetzt, als die Arbeiter in den Städten, die, sobald es ihnen ganz an Arbeit fehlt, dem Elende erliegen: indessen ist auch die Lage der Tagelöhnerfamilien auf dem Lande traurig genug; denn sie sind wieder, mehr als die Arbeiter in den Städten, an den Ort und den Boden gebunden, und auch der angestrengteste F l e i f s kann ihnen wenig helfen. Ihre Arbeit k ö n n e n sie nicht so hoch ausbringen, als wenn sie auch nur das kleinste Eigenthum besäfsen. Dabei ist es ein Übel und ein Verlust für die Eigenthümer des Grund- und Bodens, also für das Volksvermögen, von welchem der gröfste Theil in der Wirkung der Arbeit besteht, dafs die dienenden Leute sehr natürlich l ä s s i g und, in geradem Verhältnifs der Kargheit ihres Lohns, so w e n i g arbeiten, als möglich. Die Nachtheile des jetzigen P a c h t - , Tagelohn- und Dienstwesens bestehen zusammengenommen: E r s t l i c h in Verzögerung der Verbesserung des Anbaues des Landes; Z w e i t e n s in läfsiger Arbeit, also in unvollkommener Benutzung
22 d e r Arbeitskräfte des Volks, und D r i t t e n s in der kummervollen Lage der grofsen Masse der Landbewohner. Gäbe es n u r E i g e n t h ü m e r , so w ü r d e J e d e r seinen Besitz so vollkommen zu benutzen suchen, als nur möglich-, A c k e r - und Gartenbauschulen, oder Beispiele, vom Staate g e g e b e n , müisten ihn mit Unterricht und Vorgang dabei unterstützen; J e d e r w ü r d e mit Lust und fleifsig arbeiten, denn er arbeitete dann für sich selbst, nicht für Andere; die Arbeitskräfte des Volks würden v o l l s t ä n d i g e r benutzt, der E r l r a g des Bodens w ü r d e höher ausgebracht werden und die Arbeit w ü r d e ihren verdienten Lohn finden. Ein sehr weitgreifendes und w i r k sames Mittel, den jetzigen Zustand der Arbeiter gründlich u n d dauernd zu verbessern, w ä r e also, dafs man jeder Familie a l l i n ä l i g zu einem E i g e n t h u m von 20 bis 2 5 Morgen nutzbaren Bodens zu verhelfen suchte. §• 17. Diesem Satze treten freilich alle die Einwände Derjenigen entgegen, welche von der Erhaltung grofser Landbesilzungen unmittelbar oder mittelbar Vortheile zu haben glauben; oder auch Derjenigen, welche, obwohl unbetheiligt und in g u ter Meinung, den Gegenstand nicht von a l l e n Seiten, sondern n u r künstlich und mit vorgefafster Meinung betrachten. Statt diese Einwände einzeln widerlegen zu w o l l e n , was die G e nannten doch nicht überzeugen w ü r d e , wollen wir n u r an einem B e i s p i e l e Folgendes bemerklich machen. Gesetzt, es besitze J e m a n d zusammen (aneinderhangend, oder nicht,) Eine Quadratmeile (etwa 22 000 Morgen) L a n d , von welchen 16 000 Morgen inittelmäfsig fruchtbarer Acker und Wiese sein mögen; das Übrige W a l d , Strafsen, W o h n stellen u n d , e n t w e d e r unbenutzbare, oder nur erst wenig benutzte, wenn gleich besser benutzbare Flächen. Es glebl d e r gleichen B e s i t z t ü m e r gerade nicht w e n i g e ; es giebt selbst noch gröfsere, und eine Menge, weniger, aber doch noch immer bedeutend grofser Landgüter.
23 Da der Besitzer der 16 000 Morgen Acker Und Wiesen die B e w i r t s c h a f t u n g derselben nicht allein wird übersehen können und auf der grofsen Fläche einzelne Höfe oder sogenannte Vorwerke sein müssen, so wird er in der Regel diese Vorwerke, einzeln, oder auch je einige zusammen, v e r p a c h t e n . Die Pachter von vielleicht 2000 bis 3000 Morgen werden noch Aufseher zu Hülfe nehmen, und Diejenigen, welche Hand ans Werk legen, werden Dienstboten und Tagelöhnerfamilien, nebst den nölhigen Handwerkern sein; vielleicht für die angenommene Ausdehnung der Landfläche, etwa 2000 Menschen, und darüber, an der Zahl. Was wird nun die Folge dieser Art der Benutzung des Bodens sein? Der Eigenthiimer wird, wenn nicht etwa sein Besitz stark verschuldet ist, mit seiner Familie iin Überflufs leben und, wenn er nicht mehr ausgiebt als einnimmt, Reichthümer anhäufen können. Die 6 oder 8 Pachter werden, wenn ihre Pachtbedingungen billig sind, mit ihren Familien behaglich leben und ebenfalls einiges Vermögen erwerben können. Auch die Aufseher werden noch in einer annehmlichen Lage sich befinden. Die Lage der Handwerker wird ebenfalls noch erträglich sein: aber alle Übrigen, die Dienstboten und Tagelöhner, mit ihren Familien, immer noch gegen 2000 Menschen an der Zahl, werden gerade nur so viel zu verzehren haben, als eben zu ihrer Lebens-Erhaltung nölhig ist; denn der Pachter sucht die ihm nöthigen Arbeitskräfte so wohlfeil zu bekommen, als möglich, und er findet sie wirklich für den i n ö g l i c h - g e r i n g s t e n Lohn, weil, wie oben bemerkt, in Folge der Zunahme der Bevölkerung mehr Arbeitskräfte da sind, als Arbeit. Also: e i n e einzelne Familie wird im Überflufs leben; 6 oder 8 werden zum Wohlslande gelangen können; vielleicht 20 oder 30 werden sich behaglich befinden; andere 40 oder 50 ebenfalls noch erträglich: alle übrigen, in Familien oder einzeln lebenden 2000 Menschen aber werden ihr Dasein in Dürftigkeit hinschleppen, aus welcher sie, selbst durch angestrengten Fleifs, sich emporzuarbeiten nicht vermögen, so
24 lange sie in der Stellung Dienender oder Tagelöhner bleiben müssen. Nur wenigen von ihnen wird es gelingen, von ihrem geringen Lohn so viel zu ersparen, um ein kleines Eigenthum zu erwerben.
Sie werden also eine Erleichterung ihres D a -
seins in Läfsigkeit bei der Arbeit und mitunter vielleicht einen traurigen, vergeblichen Trost im Branntwein suchen.
Dabei
entbehren sie eines bedeutenden Theils derjenigen F r e i h e i t , auf die Jeder gleichen Anspruch hat, neinlich der Freiheit in dem oben in (§.5.) bezeichneten S i n n e , der g e s e t z l i c h e n ,
wah-
r e n Freiheit, das heifst derjenigen: neben der Erfüllung der Pflichten zur Erhaltung der gesetzlichen Ordnung, Alles das ungehindert zum eigenen Nutzen thun zu dürfen, was Andere n i c h t s c h ä d i g t . Wir wiederholen hier, iin Vorbeigehen, dafs es eine andere Freiheit, darüber hinaus, nicht giebt: denn verletzt die Freiheit die gesellschaftliche Ordnung und s c h ä d i g t Andere, so führt sie durch die G e g e n s e i t i g k e i t
offenbar
zuletzt zur Zerstörung und Vertilgung der Gesellschaft. von jener gesetzlichen
Freiheit mufs
sogar
beinahe
Auch Jeder,
immer und fast in allen Verhältnissen des Lebens, noch ferner einen Theil aufgeben; denn mehr oder weniger von Andern ist J e d e r ,
abhängig
und mufs mehr oder weniger seinen
Willen nach dem Anderer beugen;
schon in der
Familie
selbst: aber der Tagelöhner und Dienstbote mufs s e h r
viel
von seiner gesetzlichen Freiheit opfern; er mufs f a s t
ganz
den Gebrauch seines Willens, nicht etwa den Gliedern ner Familie, was gern geschähe, sondern seinem
sei-
Brodherrn
opfern; und das nicht einmal ganz freiwillig; denn er steht unter dem Zwange der Dürftigkeit und hat nicht die Gelegenheit und die Mittel, sich zu einer bessern L a g e beiten.
Den m ö g l i c h - g r ö f s t e n
Theil der
emporzuar-
gesetzlichen
oder w a h r e n Freiheit geniefst erst der E i g e n t h ü m e r , aus der Benutzung seines Eigenthuins Arbeit seinen Unterhalt gewinnt
der
durch seiner Hände
25 §. 18. Wie würde es sich nun gegentheils verhalten, wenn die 16000 Morgen Acker und Wiese, je zu 20 bis 25 Morgen, oder die g a n z e Fläche je zu etwa 30 Morgen durchschnittlich, unter etwa 700 Familien als E i g e n t h u m vertheilt wären? Es würden 3500 Menschen, zwar nicht im Überfluis leben, aber sie würden nicht Mangel leiden, und die Fleifsigen würden sich behaglich beündeii; vor Allem aber würden sie, als Eigenthümer, der wahren, gesetzlichen Freiheit in so weitein Maafse geniefsen, als es überhaupt m ö g l i c h ist Die Fleifsigen und E i n s i c h t i g e n würden (was dein Tagelöhner und Dienstboten fehlt) die Mittel und die Gelegenheit in Händen haben, sich noch weiter emporzuarbeiten: dem Läfsigen und Arbeitsscheuen ist überhaupt nicht zu helfen; denn er erfüllt nicht die Pflichten gegen sich selbst, geschweige gegen Andere. Man sage nicht, die 700 Familien würden doch immer nur eine Gesellschaft D ü r f t i g e r sein. Dem ist nicht so. Ein Eigenthümer von 30 Morgen Land wäre selbst dann noch nicht d ü r f t i g , wenn auch sein Eigenthum mit seinem g a n z e n V e r k a u f s w e r t h verschuldet wäre. Dieser W e r t h kann nemlich immer nur die Summe sein, welche Jemand für das Grundstück in der Überzeugung bezahlen würde, er werde, im Fall er es mit eigener Hand hebaut, diejenige Z u l a g e zu den Zinsen daraus erzielen, d i e s e i n e A r b e i t l o h n t , sonst würde er sich mit den blofsen Zinsen begnügen und seine Arbeit anderswo zu verwerlhen suchen-, oder er werde, wenn er nicht selbst Hand anlegen will, einen Pachter finden, dem die Benutzung des Grundstücks, noch a u f s e r den Zinsen, Unterhalt gewährt. Gesetzt z. B. das Grundstück von 30 Morgen gebe der Familie, die es mit den eigenen Händen bebaut, einen r e i n e n Ertrag von 300 Thlr. jährlich, so beträgt der Verkaufswerth desselben, oder Das, was ein Anderer dafür bezahlen kann, nicht etwa (den Ertrag als Zins zu 4 vom Hundert gerechnet) 7500 Thlr., sondern bei weitem weniger.
26 Hat nemlich die Familie den Lohn i h r e r A r b e i t a u f 2 0 0 T h l r . anzuschlagen, nemlich auf D a s , w a s sie etwa auch noch auf andere Weise erarbeiten könnte, so bleiben als Z i n s e n des Verkaufswerths nur 100 Thlr. übrig, und folglich beträgt der Verkaufswerth nicht 7 5 0 0 T h l r . , sondern nur 2500 Thlr. Höher k a n n nun auch das Grundstück n i c h t v e r s c h u l d e t w e r d e n : denn Niemand wird darauf mehr leihen, als er, w e n n es ihm für seine Schuldfordcrung zufiele, dafür bekommen w ü r d e ; und kein Käufer würde wieder dafür mehr bezahlen, als es ihm, a u f s e r dem Lohne seiner Arbeit, an Zinsen der Kaufsumme einträgt. Bezahlte J e m a n d mehr als 2500 Thlr. dafür, so müfsle er entweder, falls er das Grundstück selbst bebauen wollte, den Lohn seiner Arbeit geringer anschlagen, oder, w e n n er es nicht selbst benutzte, würde es zweifelhaft sein, ob sich ein Pachter finde, der mit einem geringeren Lohne seiner Arbeit zufrieden wäre. Also, wenn auch das Grundstück mit seinem g a n z e n Kaufwerth verschuldet w ä r e , trüge es doch nothwendig noch immer den Lohn der auf seine Benutzung verwendeten A r b e i t . Dafs aber der E i g e n t h ü m e r einen höheren E r t r a g daraus erzielen k a n n , als ein P a c h t e r , liegt darin, dafs der Eigenthümer V e r b e s s e r u n g e n an seinem Besitz machen kann und wird, die ihm einst zu gute k o m m e n , die aber der Pachter zu machen Anstand nimmt, weil er der F r ü c h t e davon nicht gewifs ist. Desgleichen wird der Eigenthümer, wenn er das Grundstück mit e i g e n e r H a n d bebaut, einen höhern E r t r a g daraus erzielen, als w e n n er seinen Besitz durch Dienende oder Tagelöhner bebauen läfst, weil diese nicht für sich, und folglich l ä f s i g , der Eigenthümer dagegen nur für sich, und also f l e i f s i g arbeitet. D e r Eigenthümer, welcher s e l b s t a r b e i t e t , kann daher in j e d e m Fall den E r t r a g seines Grundstücks, mithin entweder den Lohn seiner Arbeit, oder den Kaufwerth seines Besitzes, höher hinaufbringen, als es durch j e d e andere B e n u t z u n g s - A r t m ö g lich ist; selbst dann noch, wenn das Grundstück bis zum v o l l e n Kaufwerth verschuldet ist.
27 Der H a u p t - U m s t a n d ist immer, dafs der Eigenthümer seinen Besitz, mit Hülfe seiner Familie, »elbst und mit eigener Hand bebaue. Dafs er dabei des möglichsten Grades der w a h r e n F r e i h e i t geniefst, entscheidet vollends für den Vorzug der Benutzung des Landes durch E i g e n t h ü m e r , d i e s e l b s t a r b e i t e n , vor jeder andern. Ein Eigenthümer kann vermöge dieser Freiheit durch Fleiis sich emporarbeiten, allmäüg seine etwaige Schulden tilgen und sich zum Wohlstande erheben; was der Dienende nicht vermag. §. 19. Man sage auch nicht, die Fortschritte der Bildung und der Einsichten des Volks überhaupt würden leiden, wenn die Zahl der kleinen Land-Eigenthümer zu und die der gröberen abnähme. Es würde vielmehr das Gegentheil erfolgen. Die weitern Fortschritte der Bildung und Einsichten nemlich gehen nicht vom Lande, sondern von den Städten aus; diese Fortschritte würden also mindestens b l e i b e n : die Träger und Verbreiter der mittleren, eigentlichen Volksbildung, insbesondere Schullehrer und Geistliche, aber würden auf die E i g e n t h ü m e r mehr wirken, als jetzt auf die d i e n e n d e M a s s e , und die Eigenthümer, frei von Zwang und Dürftigkeit, würden bald an Bildung und Sittlichkeit über die jetzige dienende Classe sich erheben. Auch würden Die, welche den vertheilten Grund und Boden bewohnen, keinesweges alle nur Leute sein, die mit ihrer eigenen Hand das Feld bauen und aus dem Boden die rohen Erzeugnisse ziehen: ihre Bedürfnisse würden bald (mehr als jetzt die der Dienenden) Handwerker, selbst solche, die für die Behaglichkeit arbeiten, Kaufleute, Arzte u. s. w. aus den Städten herbeiziehen; die zur V e r a r b e i t u n g der rohen Erzeugnisse nölhigen Einsichten, und selbst höhere Bildung, würden mehr aus den Städten auf das Land hinausfliefsen und die Bildung des Volks würde sich mehr v e r b r e i t e n und a l l g e m e i n e r werden. Eine Volksmasse von E i g e n t h ü m e r n würde bald auf einer höhern Stufe
28 der Einsichten und der Sittlichkeit stehen, als eine Masse von D i e n e n d e n : denn nicht allein, dafs eine weniger bedruckte Gemüthsstimmung und eine freiere B e w e g u n g des Geistes dem jedem Menschen inwohnenden Fortstreben förderlich ist, w ü r d e auch schon der e i g e n e V o r t h e i l die Eigenthümer z w i n g e n , sich mehrere Kenntnisse und Einsichten zu eigen zu machet); es ist ja ihre L e b e n s - A u f g a b e , durch Einsichten und Fleifs sich weiter aufzuschwingen; und das Streben danach, nur erst a n g e r e g t , ist mächtig. Die Eigenthümer k ö n n e n sich emporarbeiten: die Dienenden können es nicht. J e n e b e d ü r f e n mehrerer Einsichten, diese n i c h t ; daher müssen denn auch Diese, wie es die Erfahrung zeigt, jetzt häufig g e z w u n g e n w e r d e n , ihre Kinder in die Schule zu schicken: bei den E i g e n t ü m e r n würde dies bald nicht mehr nöthig sein. Man könnte hier einwenden, dafs es ja jetzt schon eine Menge kleiner L a n d - E i g e n t h ü m e r gebe (die sogenannten B a u e r n ) , die nur noch erst wenig in der Bildung und Sittlichkeit vorgeschritten seien. Der Einwand ist nicht richtig. Denn einestheils ist es im allgemeinen unrichtig, dafs die kleinen Land-Eigenlhümer vor die Tagelöhner und Dienenden nicht vorgeschritten w ä r e n : anderntheils ist die E r h e b u n g der Eigenthümer aus der Dienstbarkeit, da, wo sie noch wenig gewirkt h a t , noch j u n g ; wo sie älter ist, ist der Unterschied allerdings sehr merklich; und endlich bedarf der allgemeine V o l k s - U n t e r r i c h t noch der Vervollkommnung; er ist mehr auf die grofse Masse der D i e n e n d e n berechnet, die auch unter den kleinen E i g e n t ü m e r n noch zahlreich sind, als auf diese selbst. Warlich! so wie jetzt die Tagelöhner und die Dienstboten schon weit über den L e i b e i g e n e n stehen, so würden sich die E i g e n t h ü m e r , im Besitz der Mittel und der Gelegenheit, sich emporzuarbeiten, gehörig vom U n t e r richt unterstützt und mehr mit den Städten, den Verarbeitern der rohen B o d e n - E r z e u g n i s s e und mit höheren Einsichten in B e r ü h r u n g gebracht, sehr bald über eine Masse erheben, welcher j e n e Gelegenheit und j e n e Mittel fehlen.
29 §. 20. Man könnte auch noch einwenden, dafs, wenn die Zahl der grofsen Landgüter abnehmen sollte, die Gelegenheiten für den grofsen Geldbesitz sichere Renten zu erzielen sich vermindern würden. Aber diese Gelegenheiten würden, gerade umgekehrt, eher z u - als abnehmen; und zwar durch den vermehrten Wohlstand des Landes, der nothwendig aus der bessern Benutzung des Grund- und Bodens mittels selbstarbeitender kleiner Eigenthümer entstehen würde. Dieser vermehrte Wohlstand würde nemlich immer mehr grofse Unternehmungen anregen: zur Erweiterung und Belebung des Verkehrs und Handels, zur U r - und Nutzbarmachung von Ländereien, von Wäldern, Sümpfen u. s. w.; von welchen Unternehmungen dann wieder die Wirkung rückwärts den Wohlstand weiter heben würde. S o l c h e g r o f s e U n t e r n e h m u n g e n sind es, bei welchen der grofse Geldbesilz die Gelegenheit finden würde, seine Zinsen zu gewinnen; und zwar nicht allein eben so sichere, sondern noch s i c h e r e r e Zinsen, als durch grofse Landgüter. Denn da durch die Anlage von Geldbesilz zu nützlichen grofsen Unternehmungen der allgemeine Wohlstand fortschreiten würde, so würde auch die Sicherheit der Zinsen zunehmen. Durch den Ankauf von grofsen Gütern bleibt höchstens der Wohlstand stehen, und die Zinsen, welche solche Güter tragen, sind bekanntlich, wegen möglichen Mifswachses, wegen Schwankungen der Preise der rohen Erzeugnisse und anderer Wechselfälle, keinesweges sehr sicher. Also, für den grofsen Geldbesitz, zunächst selbst, würde die Verminderung der Zahl der grofsen Landgüter, die aufserdem wohl immer nur langsam von Stallen gehen dürfte, keinesweges nachlheilig, sondern, wegen der sichererem Zinsen, eher vortheilhaft sein. Aufserdem aber würde erst so der grofse Geldbesitz seinen Nutzen, den er a l l e r d i n g s auch für die Gesammtheit hat, vollständig erzielen. Denn, zu nützlichen Unternehmungen angelegt, erhöht er die Wohlfahrt der ganzen Gesellschaft: zu grofsen Landgütern dagegen angelegt, ver-
30 ewigt er die Dienslbarkeit und die Unvollkommenheit der Benutzung des G r u n d - und Bodens und nutzt nur mehr seinen Inhabern, weniger zugleich unmittelbar der Gesammtheit: ein Umstand, dessen weiter unten noch näher zu gedenken sein wird.
§• 21. Es wäre nun zu untersuchen, wie sich jener bessere Zustand der Mehrheit des Volks, namentlich der Tagelöhner und Dienenden, aus den jetzigen Verhältnissen auf e i n e N i e m a n d wirklich v e r l e t z e n d e W e i s e entwickeln lassen dürfte. Ehe wir indessen dazu übergehen, wollen wir erst noch ferner auf einige andere vortheilhafte Erfolge aufmerksam machen, die sich dem veränderten Zustande anschliefsen würden. Da es unzweifelhaft ist, dafs kleine Land-Eigenlhümer, die das Feld mit eigener Hand zu ihrem eigenen Vortheil f l e i f s i g bauen, b e h a g l i c h e r leben werden, als Tagelöhner, die ähnliche Arbeit l ä f s i g thun, so ist es auch gewifs, dafs sie m e h r B e d ü r f n i s s e haben werden, als diese. Der Eig e n t ü m e r wird sich etwas besser kleiden; er wird eine bessere Wohnung und besseres Hausgeräth haben, als der Dienende u. s. w. Daraus folgt, dafs auch die V e r a r b e i l e r der Boden-Erzeugnisse, die H a n d w e r k e r und F a b r i c a n t e n , so wie der H a n d e l , mehr Beschäftigung finden werden, und zwar, nachdem alhnälig das Eigenthum allgemeiner an die Stelle des P a c h t - und Dienstwesens getreten sein wird, in sehr w e i t e m Maafse. Jetzt müssen die Fabricanten gar sehr auf den Absatz nach dem A u s l a n d e rechnen, weil der Absatz im I n l a n d e , aufserhalb der Städte, gering ist, indem die grofse Masse der Landbewohner nicht die Mittel hat, bessere Fabricate zu bezahlen: aber eine wahre Kleinigkeit würde auch der beste Absatz nach dem Auslande gegen den inländischen Markt sein, wenn die Millionen Menschen, die sich jetzt auf das Allernolhwendigste beschränken müssen, nur e i n i g e
31 w e n i g e Behaglichkeit mehr sich gestalten konnten. Während also die Arbeiter auf dem Lande, die Tagelöhner and Dienstboten, alluiälig zu Eigentümern würden und aus ihrer drückenden Lage kämen, würde daraus auch eine gleich vortheilhafte Wirkung für die Arbeiter in den H a n d w e r k e n und F a b r i k e n entstehen. Man sage nicht, dafs das Ganze am Ende nur ein Traum sei, der vielleicht erst in Jahrhunderten, vielleicht nie, zur Wirklichkeit gelangen könne. Das Letztere ist nur dann wahr, wenn man mit der Veränderung nie den A n f a n g macht. Man b e g i n n e nur erst, so wird auch die Wirkung beginnen; und sie wird sehr bald merkbar werden. Freilich läfst sich das Übel nicht auf der Stelle heben; nicht in einem Augenblick lassen sich alle dürftigen Arbeiter in eine bessere Lage bringen: aber gleich schon der Beginn wird, wie schon weiter oben angedeutet, auf d o p p e l t e Weise wirken; denn nicht blofs der T h e i l der Bedürftigen, deren Lage man verbessert h a t , wird gewinnen, sondern auch schon sogleich, aus doppeltem Grunde, der ü b r i g b l e i b e n d e T h e i l : denn so wie die Z a h l der Arbeiter, welche jetzt nur geringen Lohn erhalten können, weil ihre Zahl zu grofs ist, abnimmt, mufs der übrig bleibende, an Z a h l verminderte Theil, nolhwendig leichter und lohnendere Beschäftigung finden; und das u m so m e h r , da die Arbeitgeber dann nicht weniger, sondern vielmehr eine gröfsere Zahl von Arbeitern beschäftigen können, indem die Arbeit selbst nicht ab-, sondern, wegen der mehreren Bedürfnisse der Bessergestellten, zunimmt. §. 22. Eine andere wichtige Wirkung der Veränderung würde folgende sein. Eine der Ursachen nemlich, weshalb die H a n d - A r b e i t e r in den gröfseren Städten so kümmerlich leben, ist die dortige T h e u r u n g . Auf dem Lande wird eine A r b e i t e r f a m i l i e wohl von der H ä l f t e Dessen leben, was sie in der groben
32 Stadt bedarf, und besser als dort von dem vollen L o h n , sobald sie einige, w e n n auch n u r 5 bis 6 Morgen Land besitzt, um Gartenfrüchte zu bauen und eine K u h , nebst ein P a a r Schweinen oder Ziegen zu holten. Sobald nun die G e l e g e n h e i t zur Ansiedlung von Arbeitern auf dem Lande gegeben ist, die n e b e n dem E r t r a g e ihres Grundbesitzes noch einen E r w e r b durch a n d e r e H a n d - A r b e i t zu erzielen vermögen, w o z u sie auch Zeit übrig behalten, wird ganz von selbst die Folge davon sein, dafs sich gar manche F a b r i k - U n t e r n e h m u n g e n aus den grofsen Städten hinaus auf das Land begeben. Denn diese Fabriken w e r d e n diejenigen in den Städten durch wohlfeilere Preise leicht überflügeln können, weil sie die Hand-Arbeit wohlfeiler haben, und sie werden die zurückbleibenden bald zwingen, ihnen nachzufolgen. In früherer Zeit w ä r e d i e s e W i r k u n g allerdings zweifelhaft und jedenfalls weniger allgemein zu erwarten g e w e s e n , als jetzt, weil man, eineslheils, zu der B e w e g u n g s k r a f t , deren die Fabriken, und viele derselben in sehr grofsem Maafse bedürfen, nächst der unzuverlässigen Kraft des Windes, fast nur die Kraft der W a s s e r g e f ä l l e kannte, die nicht überall zu haben ist und deren B e n u t z u n g , wo sie sich findet, öfters viele Schwierigkeiten und Ubelslände h a t ; andcrntheils weil die F u h r k o s t e n der rohen Stoffe und der Fabricate auf ungebauten Slrafsen die Erzeugnisse wieder sehr verlheuert haben würden. In der jetzigen Zeit dagegen, wo die Benutzung der D a m p f k r a f t , die sich ü b e r a l l hervorbringen läfst, schon allgemeiner g e w o r d e n ist, und w o wenigstens die Hauptstrafsen gebaut sind und bald Eisenbahnen die B e w e g u n g der Frachten noch mehr erleichtern w e r d e n , sind jene beiden Hindernisse kaum mehr vorhanden, und der oben bezeichnete Erfolg, o h n e a l l e n Z w a n g , ist nicht zweifelhaft. W e n n nun so Fabriken allmälig aus den grofsen Städten auf das Land sich hinausbegäben, würden daraus wieder neue, namhafte Vortheile für den S t a a t entstehen. E r s t l i c h w ü r den die Fabricate wohlfeiler w e r d e n ; die inländischen W e r k -
33 stalten würden es also eher mit den ausländischen aufnehmen können und deren Erzeugnisse sicherer und besser ausschlief e n , als durch Schutzzölle, während sie dem inländischen Markte leichter zugänglich werden und mehr Käufer finden würden. Z w e i t e n s würden sich die F a b r i k - A r b e i t e r in mehr als einer Rücksicht auf dem Lande besser befinden, als in den Städten; sie würden nicht mehr so kümmerlich leben, besonders nicht dem g ä n z l i c h e n Mangel ausgesetzt sein; denn wenn selbst einmal die Fabrication ganz stocken sollte, würde ihr kleines Eigenthum sie wenigstens noch nicht umkommen lassen. Dabei würden sie g e s u n d e r sein: denn wenn sie ihre Zeit zwischen der L a n d - und der Fabrik-Arbeit theilten, entweder nach Stunden, oder nach Tagen, so würde die erste für die zweite sie stärken. Dafs sie auf diese Weise w e n i g e r Stunden oder Tage in der Fabrik arbeiten, für einen verhältnifsmäfsigen T h e i l des gegen den in der Stadt geringeren Lohns, ist grade gut, weil dann eine u m s o g r ö f s e r e Zahl von Arbeitern nöthig ist und also desto mehr Familien in eine behaglichere Lage gebracht werden. Wenn eine Familie, Mann, Frau und ein oder zwei Kinder, auf dem Lande in der Fabrik zusammen lOSgr. täglich, also jährlich etwa lOOThlr., n e b e n dem Erlrage ihrer 5 bis 6 Morgen Land, baar verdienen kann, und dafür Zweidritlheile ihrer Zeit arbeitet, so dafs dem Unternehmer die volle Arbeitszeit 15 Sgr. kostet, so wird die Familie immer noch besser leben, als wenn ihr der Unternehmer in der Stadt 20 bis 25 Sgr. bezahlt; womit sie dort immer nur erst noch kümmerlich durchkommt. Freilich müssen noch, falls der Unternehmer die Arbeiter auf seine Kosten ansiedelt, zu den 150 Thlrn. jährlichen Kosten der v o l l e n Arbeit, die Zinsen des Kaufwerths der Besitzung der Familie gerechnet werden, welche 30 bis 40 Thlr. betragen können, und zwar so lange, bis die Angesiedelten den Kaufpreis allmälig getilgt haben: aber immer wird die Arbeit auf dein Lande noch bedeutend wohlfeiler sein, als in der Stadt, und es wird also, auch noch die Frachtkosten in Anschlag gebracht, wohlfeiler 3
34 fabricirt werden können, während die Arbeiter
behaglicher
sich befinden und weniger dem gänzlichen Mangel ausgesetzt sein werden.
D r i t t e n s werden die Arbeiter auf dem Lande
s i t t l i c h e r sein, als in der Stadt, weil sich ihnen hier weniger Anlafs zum Müfsiggang, zur Üppigkeit und, aus den Vorbildern M e h r - E r w e r b e n d e r , weniger Verleitung behrlicher
zu Wünschen
Dinge darbietet, als in der Stadt;
wieder weiter auch auf ihr körperliches Wohl wird.
Viertens
was
entdann
zurückwirken
endlich werden die den Veraibeitern der
rohen Erzeugnisse nöthigen mehreren Kenntnisse und Übungen auch allmiilig auf die Ackerbauer wirken; es werden mehrere Einsichten und mehreres Geschick allmälig auf das Land hinaus sich verbreiten. §• 23. Sollte es nicht so schnell, oder doch nicht so bald geschehen, dafs sich aus den grofsen Städten Fabriken auf das Land ziehen, weil die Unternehmer derselben zugleich für die Ansiedlung ihrer Arbeiter mit sorgen, sie gleichsam auf solche W e i s e mitnehmen,
oder aber Unternehmer neuer Fabriken
Auslagen für die Ansiedlung ihrer Arbeiter machen
müfsten,
so ist hier der in (§. 4.) gedachte F a l l , wo die R e g i e r u n g mit Nutzen in die Fabrication eingreifen kann. E s müfste dies jedoch keinesweges auf die W e i s e geschehen, dafs sie durch B e a u f t r a g t e selbst fabriciren läfst, sondern z. B . auf folgende Weise.
S i e veitheile an Arbeiter Land auf dem ihr
hörigen B o d e n ,
also auf den Staatsgütern ( D o m a i n e n ) ,
zugeund
siedle sie an, unter Bedingungen, von welchen weiter unten die R e d e sein wird.
Sodann schliefse sie gleichzeitig
mit
Unternehmern der Fabrication von Bedürfnissen des K r i e g s h e e r e s , also von Bekleidungs- und Ausrüslungs-Gegenständen für dasselbe (und an solchen Unternehmern
wird es gewifs
nicht fehlen) Vereine, mit der Bedingung, dafs dieselben den Arbeitern nie weniger als den zu bestimmenden,
auskömm-
l i c h e n Lohn zahlen, und dafs ihnen dagegen der Absatz ihrer
35 Erzeugnisse, insofern sie preiswürdig sind, ebenfalls für bestimmte Preise, zu dem vorhin angegebenen Zwecke, von der Regierung gesichert werde. Diese Preise lassen sich sehr gut berechnen, und selbst ihre, nach den schwankenden Preisen der rohen Stoffe veränderliche Höhe, mit Einschlufs einer angemessenen Vergütigung für die Arbeit, für das Wagnifs und für die Zinsen der Anlagekoslen der Unternehmung, bei welchen letztern nötigenfalls die Regierung den Unternehmern leihweise und unter der Bedingung regelmüfsig-allmäliger Rückzahlung (Amortisation) zu Hülfe kommen mag. Was der Unternehmer dann noch weiter durch Geschick und Thätigkeit, jedoch durchaus ohne die Arbeiter zu drücken, gewinnen kann, ist sein Vortheil. S o würde die Regierung die Bedürfnisse für das Heer preiswürdig, sicher und w o h l f e i l e r erhalten, als jetzt; die Unternehmungen würden gesichert und gründlich sein, und die Hand-Arbeiter würden sich dauernd wohl, und viel wohler befinden, als bisher. Diese V o r b i l d e r von Unternehmungen aber würden bald auch Andere zur Nachahmung bewegen. §• 24. Auch folgende, sehr wichtige Wirkung der Ansiedlung von recht vielen Familien auf dem Lande, m i t E i g e n t h u m , ist wohl zu berücksichtigen. J e gröfser nemlich die Zahl der E i g e n t h ü m e r unter den Bewohnern eines Staats ist: um so fester und dauernder wird die R u h e u n d d e r F r i e d e n , unter welchen allein der Wohlstand und der Volksreichthum weiter gedeihen kann, im Lande sein; denn nur die Besitzlosen trachtcn nach Veränderung; das Streben nach B e s i t z ist das stärkste und heftigste der menschlichen Thütigkeit; und dies sehr natürlich, weil der Besitz das Mittel zur Selbst-Erhaltung und zur Behaglichkeit ist. Zunächst trachtet der Besitzlose nach G e l d ; allein diese Art des Eigenlhums ist zu beweglich und zu flüchtig; das Streben nach Erwerb kommt nur erst dann mehr 3*
36 zur Ruhe, wenn es zu einem Eigenthum gelangt ist, d a s im B o d e n w u r z e l t . Oer Kampf um Besitz geht dann gleichsam vom Angriff mehr in Vertheidigung über, und dieser Kampf findet wieder seine Kraft in der Festigkeit und Dauer des Bestehenden. Die Ruhe und der Frieden sind aber weiter die kräftigsten und nöthigsten Mittel zur Mehrung des w a h r e n R e i c h t h u m s des Volks, welcher nicht in einzelnen R e i c h t h i i m e r n besteht, deren Anhäufung jetzt, für die D a u e r , besonders auf den grofsen L a n d g ü t e r n beruht, weil Das was der H a n d e l anhäuft, sich leicht wieder zerstreut, sondern in möglichst a l l g e m e i n e m W o h l s t a n d e , dessen S u m m e schon bei weitem gröfser sein wird, als die der einzelnen Reichthümer und also einen viel gröfsern V o l k s r e i c h t h u m bildet.
§• 25. Es wird hier nicht unnütz sein, die Wirkung einzelner R e i c h t h ü m e r und überhaupt gröfserer, über das Nothwendige und über das zur Behaglichkeit Nöthige hinausgehender Einkünfte auf die Gesammtheit, näher zu betrachten, weil part e i i s c h e Urtheile darüber nur zu leicht und unrichtig sind; wiewohl sich gewifs sagen läfst, dafs doch am Ende wohl kaum Jemand den Reichthum und den Uberflufs an sich selbst mifsbillige, sondern nur am Andern, und weil er selbst arm ist. Schwerlich würde Jemand es verschmähen, selber reich zu sein Der U b e r f l u f s in einzelnen Händen hat, wie so vieles Andere, eben sowohl seinen N u t z e n , als seine N a c h t h e i l e . Ein N u t z e n davon ist schon der, dafs der Reichthum viele Arme unmittelbar ernährt und den Austausch der E r zeugnisse und dadurch den Handel und Verkehr belebt; aber dieser Nutzen ist der geringere. Der gröfsere ist, dafs durch die, insbesondere vom Uberflufs ausgehende Anregung und Förderung, nicht allein der schönen Künste und in mancher Rücksicht auch der Wissenschaften, sondern Uberhaupt der
37 Vervollkommnung der zum Gebrauch und Verbrauch im Leben nützlichen Dinge, die höhere Thäligkeit der menschlichen Geistes-, Erfindungs- und Einbildungskraft auf die mannichfaltigste Weise geweckt und angespornt, also der geistige Theil des Menschen überhaupt weiter entwickelt wird. Ein Volk, welches sich blofs mit dem Gewinn der rohen Erzeugnisse aus dem Boden und mit der notdürftigsten Verarbeitung derselben beschäftigte, würde immer nur auf einer sehr niedrigen Stufe der Entwickelung stehen bleiben. Und etwa auf einer höhern Stufe der S i t t l i c h k e i t steht der Erfahrung nach ein solches Volk nicht. Der Zustand, zu welchem es gelangen würde, wenn er zur Beharrung kommen sollte, würde ungefähr dem der Chinesen ähnlich sein. Je weiter zurück, um so mehr würde er sich dem der Wilden nähern; und der Zustand Dieser ist keinesweges glücklich. Allerdings lehrt auch die Erfahrung, dafs die immer höher steigende, vom Reichthum angeregte Entwicklung der Geisteskräfte und, wie man es nennt, die V e r f e i n e r u n g , ebenfalls zu einem Zustande fuhrt, dem zuletzt die Sittlichkeit fast erliegt und aus welchem erst grauenhafte Umstürze die Besserung allmälig zurückführen. Aber d i e s e Wirkungen immer steigender Entwicklung der Geisteskräfte der Menschen sind nicht die nothwendigen und naturgemäfsen Folgen derselben, etwa wie umgekehrt die Verwilderung w i r k l i c h die nothwendige Folge der N i c h t - E n t w i c k l u n g der menschlichen Fähigkeiten ist. Nicht durch die Bildung der Geister geht die Sittlichkeit unter, sondern durch ihre V e r b i l d u n g . §. 26.
Fassen wir diese Verbildung und Das was sie fördert, wodurch sie überhand nimmt, so wie ihre Folgen, einen Augenblick näher ins Auge. Sie entsteht, verbreitet sich und nimmt überhand, wenn sich die gesellschaftlichen Bande, statt sich enger zusammenzuziehen, lockern und lösen, selbst die der Familie; wenn der
38 geistige Theil der menschlichen N a t u r dem körperlichen, statt dieser j e n e m , je mehr und m e h r dienstbar w i r d ; w e n n man das blofs S i n n e n - E r r e g e n d e für das Schöne, den Schein und das Ungeheuerliche für das W a h r e n i m m t ; w e n n sich die Leidenschaften über die ruhige V e r n u n f t stellen und für V e r nunft gilt, was die Vernunft selbst anzugreifen und umzuwerfen t r a c h t e t ; w e n n man, schon erschlafft, den Schein eben so viel gelten läfst, als G r ü n d e ; wenn man in Dingen, die die W o h l fahrt betreffen, also auch die geistige Entwickelung, J e d e m die gleiche Stimme gestattet, er mag von D e m , was zur W o h l fahrt führt, etwas verstehen, oder nicht; w e n n man die Eigensucht, statt sie zu zügeln und zu regeln, anstachelt und das Ich nur äufserlich und heuchlerisch als e r g ä n z e n d e n T h e i l der Gesellschaft, nach der wahren innerlichen Meinung aber als G e s o n d e r t e s und U n b e s c h r ä n k t e s betrachtet, mit dem R e c h t , Andre nach seinem Willen und nach seinen Launen zu b e u g e n ; w a s offenbar zum graden Gegensatz der Freiheit fuhrt, nemlich zur Knechtung der S c h w a c h e n durch die Stärker e n , der Redlichen durch die schlauen Gewissenlosen, der B e schränkteren durch die klügeren H e r r s c h s ü c h t i g e n ; w e n n man wohl gar für die Gleichheit des Rechts auf E r w e r b die Gleichheit des Rechts auf das E r w o r b e n e setzt, was nimmer sein k a n n , weil die E r w e r b s k r ä f t e verschieden sind; w e n n man an dem Heiligen rüttelt, das heifst, an ewigen Wahrheiten, die durch sich selbst feststehen, indem ihr Gegensatz auf W i d e r s p r ü c h e f ü h r t , wie z. B. an der G r u n d r e g e l der Gesellschaft: „ W a s du willst, dafs man dir Ihne, dafs thue auch Andern," an dem Salz von der Naturgemäfsheit und der N o t w e n d i g k e i t des Eigenlhums, an der W a h r h e i t des Daseins einer geistigen U r g e w a l t , die, eben wie das unendliche Weltall, auch die kleinen und kleinsten menschlichen Dinge lenkt und leitet; wenn man das Gute und das B ö s e , die Tugend und das Laster, die W a h r h e i t und den Irrlhum, wie als gleichberechtigt n e b e n einander stellt, um darüber zu grübeln, welches zu w ä h l e n sei: schon in dem Beginn eines solchen N e b e n -
89 einanderstellens, liegt die Absicht und die Neigung, Trugschlüsse zu suchen und geltend zu machen, die das Rechte verdammen; wenn von alle diesem Verderben der Same schon in die Jugend ausgestreut wird u. s. w. Das Ziel der wahren B i l d u n g ist die Herrlichkeit und die Glückseligkeit des geistigen Lebens: das endliche Ziel der V e r b i l d u n g ist Wahnsinn und Vernichtung.
§. 27. Aber die Schuld dieser Verbildung trägt keinesweges die Anregung der Entwicklung der menschlichen Geisteskräfte und der sie anspornende Uberflufs. Diese Anregung ist etwas Gutes und Heilsames, weil sie, richtig geleitet, eben sowohl die w a h r e Bildung f ö r d e r t : die Schuld tragen Mängel der gesellschaftlichen Ordnung, z. B. das Versäumen der Förderung der Sittlichkeit, das Gestatten des Aussäens von Irrthum u. s. w. Die Verbildung ist nicht die Schuld des grofsen Besitzes und des Uberflusses allein und insbesondere. Die Nachtheile dieser sind vielmehr andere. Sie ergeben sich besonders dann fortwirkend und dauernd, wenn der Reichthum die möglichst allgemeine Verbreitung eines mäfsigen Wohlstandes erschwert und hemmt; was, wie oben auseinandergesetzt, vorzüglich dann geschieht, wenn er sich auf den Besitz grofser Theiie des Landes gründet und so der grofsen Masse des Volks die Möglichkeit des Erwerbs eines kleinen Eigenthums abschneidet, folglich Die, welche Eigenthümer sein oder werden könnten, in der Dienstbarkeit und also in der Armuth zurückhält. So hemmt allerdings der Reichthum die Wohlfahrt eines grofsen Theils der Gesammtheit. Aber dieser Nachtheil läfst sich heben, ohne Jemand und ohne dem Reichen selbst zu schaden. Der andere Nachtheil des Überflusses, dafs er, wie die Erfahrung lehrt, die Sittlichkeit unmittelbar verdirbt, ist nicht n o t wendig mit ihm verbunden. Wird nur die immer weitere Entwicklung der Geisteskräfte der Gesellschaft von ihren Führern
40 richtig geleitet, so können die Fälle, wo der Reichthum der Sittlichkeit schadet, nur noch Ausnahmen sein, nicht etwa die Regel. Beide Nachlheile des einzelnen Überflusses sind also nicht von ihm unzertrennlich. Wird derselbe nur mehr vom Grund und Boden auf grofse gemeinnützige Unternehmungen hingeleitet, um aus d i e s e n seine Renten zu ziehen, für welche er dann auch viel mehr geeignet ist, als der zerstreute kleine Besitz, so hört sein Nachtheil nicht allein auf, sondern seine Wirkung verwandelt sich sogar in einen neuen grofsen N u t z e n für die Gesammtheit, welcher zu dem andern, oben gedachten Nutzen der Anregung der weitern Entwicklung der menschlichen Geisteskräfte, der seinerseits dem Reichthum wesentlich eigen ist, hinzutritt. Nachtheile, die sich nicht heben liefsen, hat demnach der vereinzelte grofse Besitz in der richtigen Staats-Ordnung nicht, sondern vielmehr wesentliche, die Nachtheile bei weitem überwiegende V o r t h eile. Deshalb wäre es denn auch sehr unrichtig, zu wünschen, vereinzelte Reichthümer möchten gar nicht vorhanden sein. Möchte doch nur vielmehr mäfsiger Uberflufs in g a r v i e l e n einzelnen Händen sein! Eine F ö r d e r u n g der Anhäufung, oder auch nur Anordnungen zur Erhaltung einzelner Reichthümer, sind übrigens nicht nöthig, denn bekanntlich entsteht viel leichter Reichlhum aus Wohlstand, als Wohlstand aus Armulh. Der wahre grofse und dauernde Volksreichlhum wird übrigens immer insbesondere nur aus möglichst allgemein verbreitetem W o h l s t a n d e hervorgehen; welcher weiter auf möglichst allgemein verbreitetem Eigenthum beruht. Nur er k a n n sicher und dauernd sich mehren, denn er wird durch die Ruhe und den Frieden beschützt, die er sich selbst als Bedingung seiner Möglichkeit erzeugt, und er w i r d sich mehren, weil hier Jeder, da er nur für sich und die Seinigen arbeitet, alle seine Kräfte aufbietet, und weil hier weniger Kräfte durch das Streben nach Veränderung versplittert werden, oder gar einander entgegentreten.
41 Sodann ist auch die möglichst allgemeine Verbreitung des Wohlstandes zugleich das einzige, richtige, sichere und dauernde Mittel gegen die A r m u t h . Es wirkt mehr als die reichsten Almosen der Reichen, oder was sonst irgend zur Abhülfe der Armuth ersonnen werden mag. Mögen auch bei weitem nicht alle Armen zum Wohlstande gebracht werden können, so wird doch ihre Zahl vermindert werden, und zur Unterstützung der Übrigbleibenden mehren sich die Mittel. §• 28. Weiter nun wird immer vorzugsweise aus dem wahren Volksreichthum, nemlich aus dem möglichst allgemein verbreiteten mäfsigen Wohlstande die Zunahme der S i t t l i c h k e i t hervorgehen. In der Armuth gedeiht sie nicht, wegen der in derselben unausbleiblichen Unzufriedenheit der Gemüther. Der Reichthum mag auf die Förderung der Sittlichkeit nur insbesondere mittelbar wirken, durch die oben gedachte Anregung der Entwicklung der menschlichen Geisteskräfte. Aber in dem mäfsigen W o hl st an d e : da ist der wahren Sittlichkeit feste Heimath, der Boden, in welchem sie wurzelt und gedeiht. N u r wer im Schweifse seines Angesichts sein Brod, und zwar sein auskömmliches Brod ifst, fällt nicht in Versuchung. Nur er hat die stärksten Antriebe, immer nur Das zu thun, was ihm und den Seinigen nützt und der Gesellschaft wenigstens nicht schadet; denn diese ist sein Schutz. Ihn treibt weder die Noth noch der Überflufs auf Abwege.
§. 29. Endlich aber kann nur aus der Sittlichkeit der R e c h t s z u s t a n d , das heifst die w a h r e F r e i h e i t hervorgehen, und nur durch sie und nur mit ihr bestehen. Denn der oberste Grundsatz der Sittlichkeit ist die nicht oft genug zu wiederholende Regel: „Was Du von Andern verlangst und erwartest, thue und gewähre auch Ihnen"; und nur nach eben dieser Regel ist die Freiheit m ö g l i c h ; nur nach ihr vermag sie sich
42 xu bewegen.
J e d e r mag ungehindert thun, was ihm frommt,
aber ohne dem Andern zu schaden, weil er nicht will, dafs ihm vom Andern geschadet werde. S o ist zuletzt die möglichste Verbreitung
des
Eigen-
t h u m s , zu welcher, um es zu wiederholen, besonders wirksam die Theilung
des Grund- und Bodens führt, und zwar
eine Verlheilung, nicht bis ins Maafslose, sondern nur bis zu Theilen, die noch eine Familie auskömmlich nähren, auch der gerade und rechte W e g zur w a h r e n
Freiheit.
W o dem
Armen die Mittel und die Gelegenheit fehlen, sich emporzuarbeiten, wild sie nie erzielt werden; es wird dem Armen immer die B e d i n g u n g wahrer Freiheit, Andere nicht zu schädigen, nur zu sehr und, weil er selbst sich geschädigt fühlt, fast nur zu natürlich eine drückende Fessel sein.
In diesem
Zustande aber ist die Freiheit schon nicht mehr vorhanden; und wird zuletzt die Fessel gesprengt, so ist die Auflösung der Gesellschaft die Folge.
§. 30. Das Streben nach W o h l s e i n , die Förderung des e i g e n e n Nutzens, ist von allen der mächtigste Hebel, welcher die menschlichc Nnlur in Bewegung setzt.
Die Meinung, es sei
möglich, dafs J e d e r eben so gern und froh für Andere, für sich und die Seinigen arbeite, ist Täuschung.
als
E s kann
Fälle solcher S i n n e s - A r t geben, aber sie sind Ausnahmen, nicht die Regel.
Die grofse Aufgabe der Staatskunst aber ist,
jenen Hebel so anzusetzen und zu lenken, dafs er nicht zerstörend wirke, sondern möglichst zum gegenseitigen Nutzen Aller.
Die Aufgabe wird zunächst gelöset durch den
Aus-
t a u s c h der Erzeugnisse der Arbeit und durch die T h e i l u n g der Arbeit; worauf die Vergesellschaft selbst beruht. gleichsam die Unterlage oder der feste P u n c t ,
Aber
auf welchen
allein der Hebel sich stützen kann, ist das E i g e n t h u m .
Das-
selbe ist dem Menschen nalurgemäfs l i e b ; es ist das Ziel und der Lohn
seiner Arbeit; auch ist sein
ausschliefslicher
43 Besitz vollkommen r e c h t m ä f s i g : denn so wie Hand, Arm und Kopf unbestreitbares Eigenthum des Menschen sind, über welches nur er zu gebieten hat, so mag er auch mit Recht Dasjenige, was er mit seiner Hand, seinem Arm und seinem Kopf erarbeitete, sein E i g e n t h u m nennen, über welches kein Anderer verfügen darf. Deshalb wäre denn auch eine etwa g l e i c h e Vertheilung des Eigenthums oder des Erarbeiteten, die eine der kranken Träume der neuern Zeit ist, deren, so widerstrebend es auch sein mag, hier wenigstens gedacht werden mufs, völlig u n gerccht, weil nicht Jeder gleich viel erwerben half. Es würde g a r w e n i g erarbeitet werden, weil die grofse Mehrzahl nicht aus Lust, sondern nur aus Nothwendigkeit arbeiten und der Träge noch um so weniger thun w ü r d e , weil er weifs, dafs sein Antheil am Erworbenen eben so grofs ist, als der des Fleifsigen. Eine Gesellschaft mit g l e i c h vertheiltem Eigenthum würde sich also gar sehr kümmerlich und die Mehrzahl in völliger K n e c h t s c h a f t befinden. Glücklicherweise ist eine solche Gesellschaft gar nicht m ö g l i c h , weil dieGleichheit jeden Augenblick w i e d e r a u f h ö r e n , die zur Herstellung derselben nöthige fortwährende Gewaltsamkeit aber die Gesellschaft schnell auflösen würde. Eine Gesellschaft g a n z o h n e E i g e n t h u m der Einzelnen, in welcher Jeder für Alle arbeiten und von ihr seinen Theil zurückerhalten sollte, würde gar ein völliges Unding und nichts anders als ein wüster, wilder Traum sein; wenn sie überhaupt wieder, auch nur auf kurze Zeit, m ö g l i c h wäre. Sie wäre grade die traurigste und schmählichste von allen. Nicht in der Freiheit, sondern in der härtesten Knechtschaft würde sie sich bewegen. Die Menschen würden zu blofsen W e r k z e u g e n , also zu weniger als Thieren herabgewürdigt sich befinden. Die Verwalter des Gemeinwesens, ohne die es denn doch nicht abgehen könnte, würden bald die eigennützigsten und unbarmherzigsten Zwingherren sein und die Einzelnen Geringeres als ihre Knechte. In der Verzweiflung
44 wurde dann erst das Recht der Stärkern und Schlauem sich geltend machen und, nachdem die weniger Schlauen und die Schwächeren auf die Seite geschafft sind, würden die noch Schlaueren und Stärkeren wieder eben so mit den noch Übrigen verfahren, und so weiter, bis endlich der Letzte, gleich dem Tode, nur noch auf einem Gebeinhaufen thronen würde; wo er sich dann doch aber auch grade nicht am vergnüglichsten befinden dürfte. — Also auf dem E i g e n t h u m , und n u r auf dem Eigenthum, durch alle Mittel vergröfserbar, die A n d e r n k e i n e n S c h a d e n z u f ü g e n , auf seiner möglichsten Verbreitung und, dazu gehörig, auf einer angemessenen Theilung des Grundund Bodens, beruht das Wohlsein der ganzen Gesellschaft, mithin auch die Verbesserung des Zustandes der Arbeiter insbesondere. §. 31. Es fragt sich nun, wie zu dem Obigen zu gelangen sei, ohne Verletzung derjenigen Rechte, die grade dem E i g e n t h u m zukommen; und selbst ohne Z w a n g ; dessen Ausschliefsung wir oben an die Spitze der Bedingungen für die Ausführung der Verbesserungen des gesellschaftlichen Zustandes zu stellen hatten. Uin dies zu ermitteln, ist erst eine nähere Betrachtung der E i g e n t h u m s r e c h t e nothwendig. Das oberste Eigenthumsrecht ist offenbar, dafs im Allgemeinen Niemanden sein Eigenlhum ohne zureichenden Grund g e n o m m e n werden darf: weder von den Mitbürgern, noch vom Staate; denn darin besieht das innerste Wesen des Eigenthums selbst. Das Eigenthumsrecht ist unverletzlich. Aber jedes R e c h t hat auch seine P f l i c h t e n : theils U n t e r l a s s u n g s p f l i c h t e n , theils, gegen Andere und gegen die Gesammtheit, V e r h a l t e n s - und T h ä t i g k e i t s - P f l i c h t e n , ohne deren Erfüllung das Bestehen des Rechts selbst nicht möglich wäre.
45 S o z. B . ist auch das Recht der F r e i h e i t
unverletzlich.
Aber die Freiheit kann sich in der Gesellschaft nicht b e w e g e n , ohne dafs J e d e r zunächst die (Jnterlassungs- und V e r hallenspflicht erfüllt, Niemand zu schaden; der Andere auch ihm schaden.
denn sonst dürfte
F e r n e r ist es ihm eine T h ä -
tigkeitspflicht, zunächst b e s t i m m t e n
Andern und dann der
Gesammtheit zu n ü t z e n , wenn er es auch nicht wollte und es ihm auch nicht unmittelbar, also s c h e i n b a r n i c h t nützte, sogar s c h a d e t e .
S o hat er die Pflicht, für seine Familie zu
sorgen und der Gesellschaft zu ihrer
Vertheidigung
gegen
innere und aufsere Feinde mit Gut und Blut beizustehen u. s. w. Denn ohne die Erfüllung auch dieser Thätigkeitspflichten könnte die Gesellschaft nicht bestehen, und also auch nicht der E i n zelne, mit seiner Freiheit. Ähnlich ist es mit dem E i g e n t h u m .
Das
Unverletz-
lichkeitsrecht desselben enthält unmittelbar die Unterlassungspflicht, das Eigenthum des Andern nicht an sich zu ziehen; denn sonst dürfte auch der Andere das Eigenthum des Ersteren verletzen, und die Unverlelzlichkeit des Eigenthums dieses Ersteren bestände nicht mehr; und umgekehrt.
Sodann
hat
das Eigenthum diejenigen Verhaltens- und Thätigkeitspflichten, deren Erfüllung zur Erhaltung der Gesellschaft und zur F ö r derung der Wohlfahrt derselben nolhwendig ist.
Kann
die
G e s e l l s c h a f t nicht bestehen, so kann es auch der E i n z e l n e nicht, mit seinem Eigenthum, und die Wohlfahrt der Gesellschaft ist auch die des Einzelnen.
Die Verhaltens- und T h ä -
tigkeitspflichten, welche an dem Eigenthum haften, sind aber insbesondere folgende. Erstlich schaden.
darf Niemand mit seinem Eigenthum Andern
Hierauf gründen
sich,
und mit vollem
Recht,
alle auf das Eigenthum bezüglichen Ordnungs- (Polizei-) G e setze; denn ohne die Erfüllung jener Pflicht würde, der Gegenseitigkeit der Schädigungen,
wegen
die Gesellschaft nicht
bestehen können. Z w e i t e n s mufs J e d e r aus seinem Eigenthum den ver-
46 hällnirsmäfsigen Theil derjenigen S t e u e r n zahlen, die zur Leitung der Gesellschaft, zu ihrer Verteidigung gegen innere und äufsere Feinde, zur Erhallung und zur Vermehrung der Wohlfahrt der Gesellschaft u. s. w. nothwendig sind. (Nach welchem Maafsstabe: davon weiter unten.) D r i l l e n s ist Jeder verpflichtet, einen Theil seines Eigenihums, und sogar sein ganzes Eigenlhum, dem Staale in T a u s c h zu Uberlassen; in Fällen, wo es zum entschiedenen Nutzen der Gesammlheit nolhwendig ist. Alles dieses ist keineswegs eine B e s c h r ä n k u n g des Eig e n t u m s r e c h t s , kein E i n g r i f f in das Eigenthum selbst. Durch die N i c h t s c h ä d i g u n g Anderer wird Niemanden etwas genommen; für die S t e u e r n erhält Jeder durch den Schutz, der ihm dafür zu Theil wird und durch seinen Ant e i l an der Erhaltung und Förderung der Wohlfahrt der Gesammtheit, vollständigen E r s a t z . Eben so bei der Abtretung eines Theils, oder seines ganzen Eigenthums, zu gemeinnützigen Zwecken. Die E n t h a l t u n g von der Schädigung Anderer und der n o t w e n d i g e T a u s c h bei den Steuern und n ö t i g e r Abtretung von E i g e n t u m sind nicht O p f e r und V e r l u s t e , durch welche das Eigenthumsrecht verletzt und verkümmert würde, sondern nur P f l i c h t e n , ohne Verlust, die dein Eigenthumsrecht auf ähnliche Weise zur Seile stehen und das Recht selbst erst begründen und möglich machen, wie die Pflichten, durch welche das Recht der Freiheit erst zur Wirklichkeit gelangt. Das Eigenthumsrecht ist und bleibt u n v e r l e t z l i c h : unter der Bedingung der Erfüllung der Eigenthumspflichten. Aus diesen Pflichten des E i g e n t u m s werden nun die Mittel, eine angemessene Theilung des Grund- und Bodens zu f ö r d e r n , hergenommen werden müssen. §. 32. Ein e r s t e s auf den Eigenthumspflichten.begründetes Mittel würde, nicht etwa die gewaltsame Theilung des Grund-
47 und Bodens, selbst gegen volle Entschädigung sein (denn die a u g e n b l i c k l i c h e N o t w e n d i g k e i t davon findet nicht Statt), sondern die Aufhebung aller der etwa noch bestehenden G e setze, welche die Anhäufung des Grundbesitzes in eine Hand fördern, beschützen und ihre Dauer sichern. D a diese Anhäufung, wie weiter oben nachgewiesen, dem Gemeinwesen dadurch s c h a d e t , dafs sie einestheils den Gewinn, welchen der Staat, das heifst die Gesammtheit der Einzelnen, vom Grund und Boden haben könnte, vermindert, wenigstens die Vergrößerung derselben hemmt, andernlheils dafs sie der Masse des Volks die Gelegenheiten verkürzt und erschwert, ein bescheidenes Eigenthum zu erwerben: so ist der Staat vollkommen b e r e c h t i g t , diese Gesetze aufzuheben. Einiges von Dem, w a s der Zusammenhäufung von Grundbesitz günstig i s t , schadet sogar E i n z e l n e n unmittelbar; z . B . die M a j o r a t e , welche den Geschwistern des Erstgebornen ihr natürliches Recht nehmen, ohne dafs sie iin geringsten es verschuldet hätten, und sie unmittelbar und schwer schädigen. Ähnlicherweise schaden die F i d e i c o m m i s s e ; und wo für Schulden nicht einzelne Theile eines grofsen Grundbesitzes, sondern nur die ganze Masse in Anspruch genommen werden darf, entsteht leicht Schaden für die Gläubiger. Die Aufhebung aller, der Zusammenhäufung des Grundbesitzes günstigen Gesetze ist sogar noch um so weniger unbillig und ungerecht, da jetzt die Vorlheile für die Begünstigten s e l b s t , doch am Ende nur mehr in der Einbildung liegen und ihnen also eigentlich durch die Aufhebung noch kein w i r k l i c h e r Nachtheil zugefügt wird. Die Aufhebung jener Gesetze würde aber nach dem natürlichen Laufe der Dinge schon sehr die allmälige Theilung grofser Landflächen befördern. S i e würden unter die Erben, wo deren mehrere vorhanden sind, sich theilen; und wenn Gläubiger für ihre Forderung e i n z e l n e T h e i l e eines groisen Grundbesitzes in Anspruch nehmen könnten, würde dies g e wifs oft geschehen, da nur wenige grofse Besitzungen nicht verschuldet sind.
48 §. 33.
Ein z w e i t e s Mittel scheint beim ersten Anblick eine verhältnirsmäfsig höhere B e s t e u r u n g der grofsen Besitzungen zu sein. Zur Besteurung hat der Staat, wie oben bemerkt, ein unbedingtes Recht; und zum höhern Ansatz der Steuer auf g r o f s e Besitzungen würde er in doppelter Rücksicht berechtigt sein: e r s t l i c h weil er dadurch nur einen Ersatz für die Schädigung des Gemeinwesens in Anspruch nimmt, die daraus entsteht, dafs der Grund und Boden für die Gesammtheit der Staatsgenossen in Masse nicht so vortheilhaft benutzt werden kann, als in einzelnen Theilen; und z w e i t e n s , weil er durch den Antrieb zur Vertheilung des Besitzes in der Regel den Besitzer selbst nicht einmal schädigen, sondern ihn nur zu seinem e i g e n e n Nutzen bewegen würde, indem wirklich gewöhnlich, wie es die Erfahrung lehrt, ein Grund-Eigenthümer durch die Vertheilung (Parzellirung) seines Besitzes m e h r Gewinn davon erlangt, als durch die Benutzung im Ganzen; auch würde die höhere Steuer keine u n a b w e n d l i c h e AufInge sein, da der davon Betroffene nur sein Eigenthum t h e i l e n dürfte, uin ihr zu entgehen. Die Grundsteuer trifft ihrer Natur nach nicht die P e r s o n des Besitzers; sie ist eine Steuer, welche am Ende die Käufer der E r z e u g n i s s e des Grund- und Bodens tragen; sie ist den Zöllen auf VVaaren ähnlich, welche nicht von den Waarenhändlern getragen wird, sondern von seinen Kunden. Die E r h ö h u n g der Steuer auf den grofsen Besitz würde etwa darin bestehen, dafs man das Maafs derselben e b e n so h o c h ansetzte, als für die v e r t h e i l t e Fläche; die Steuer würde dadurch von selbst höher werden, da der Ertrag der vertheilten Fläche in der Regel gröfser ist, als der des ungeteilten Besitzes. Durch die erhöhete Steuer aber würde der Besitzer aus doppeltem Grunde zur Vertheilung angetrieben werden: einmal, weil der ungetheilte Besitz weniger abwirft, als der getheilte, und dann, weil er nicht niedriger, sondern höher besteuert ist, so dafs die Boden-Erzeugnisse des
49 groben Besitzes mit denen des getheilten nicht Preis halten könnten. Aber gleichwohl würde dieses Mittel, so vollberechtigt auch der Staat in Rücksicht auf die Gesammlheit dazu sein mag, weder a u s f ü h r b a r , noch in Rücksicht auf die Einzelnen, die davon getroffen werden, g e r e c h t sein; besonders deshalb, weil jetzt die Grundsteuer keinesweges g l e i c h vertheilt ist, und einzelne Besitzungen, besonders grössere, sogar von der Grundsteuer f r e i sind. Wird nemlich die Steuer auf ein Grundstück, welches bis jetzt zu gering, oder gar nicht besteuert war, erhöht, so verliert dasselbe verhältnifsinäfsig an W e r t h , und wenn die Besitzung sehr verschuldet ist, kann es kommen, dafs der Besitzer durch diese Wirkung der höhern, oder der neuen Steuer, gänzlich v e r a r m t . Er würde also von einer Erhöhung der Grundsteuer, jn sogar schon blofs von einer gleich vertheillen Steuer, o h n e a l l e e i g e n e S c h u l d , jedenfalls zu hart, und ungerecht getroffen werden. Denn wer einmal ein Grundstück zu einem hohen Preise erworben hat, und nun von dem Kaufwerth nur wenig sein eigen nennt, darf gerechterweise nicht mit einer Härte, die bis zu dem Verlust All'des Seinigen gehen kann, gebüfst werden, d a f ü r , da/s er, im Vertrauen auf den Bestand der Dinge, die Geringheit der Steuer, oder die Steuerfreiheit, beim Kaufe initbezahlte. Die nothwendige Erhöhung einer p e r s ö n l i c h e n Steuer kann und wird, wenn sie gerecht, das heifst v e r h ä l t n i f s i n ä f s i g vertheilt ist, niemals Jemand bis zur V e r a r m u n g bringen; und einer solchen S t e u e r - E r h ö h u n g , sobald ihre N o t w e n d i g k e i t erwiesen ist, mufs sich Jeder unterwerfen: aber eine n e u e Besteurung E i n z e l n e r , die unter Umständen dem Besteuerten All' das Seinige nehmen könnte, wäre n i c h t v e r h ä l t n i f s m ä f s i g , und also n i c h t g e r e c h t . Das obige zweite Mittel ist daher nur scheinbar richtig, in der Ansführung aber wäre es nicht gerecht.
4
50 §• 34. Indessen würde sich dennoch sehr wohl auch durch eine Veränderung der G r u n d s t e u e r auf den so wichtigen Zweck, die T h e i l u n g des Grundbesitzes zu fördern, wirken lassen; und zwar nicht u n m i t t e l b a r , sondern m i t t e l b a r : auf die Weise nemlich, dafs man die Grundsteuer ü b e r a l l u n d g ä n z l i c h a u f h ö b e . Geschähe dies, so würden die bisher grundsteuerfreien Besitzungen, wenigstens zunächst, ganz in ihren bisherigen Verhältnissen bleiben: denn sollten auch die Preise der Erzeugnisse durch den Erlafs der Steuer auf den übrigen Grund und Boden um etwas sinken ( w a s nach der Erfahrung in ähnlichen Fällen nicht einmal zu erwarten und dauernd auch wirklich nicht der Fall sein dürfte, da die erlassene Steuer nothwendig durch eine andere wieder e r s e t z t werden mufs), so würde in Folge dieser etwaigen Verminderung der Preise doch auch wieder der V e r b r a u c h zunehmen. Dagegen die bisher besteuerten Grundstücke würden offenbar gewinnen, und ihr Kaufwerlh würde also steigen. H i e r i n und in dem zweiten Umstände, dafs die getheilte Fläche im Allgemeinen höher benutzbar ist, als die ungelheilte, würde dann der A n t r i e b z u r T h e i l u n g der gröfseren Besitzungen liegen. Die Maafsregel würde, statt dafs die Erhöhung, oder auch nur die gleiche Vertheilung der Grundsteuer, nothwendig bei Vielen grofse und g e r e c h t e Unzufriedenheit erregen rnüfste, während sie die grofse Masse der Übrigen noch gar nicht unmittelbar sehr erleichterte, den Letzteren, die grade der Erleichterung bedürfen, in hohem Grade wohlthätig sein und also den Beifall und die Zufriedenheit der grofsen Mehrzahl gewinnen: die bisher gar nicht oder zu gering Besteuerten dagegen würden keine gegründete Ursach zur Klage haben, weil ihnen nichts genommen wird und sie Zeit g e winnen, ihrer ihnen gegen die kleinen Besitzungen allerdings in der Folge möglicherweise bevorstehenden ungünstigeren Stellung durch die T h e i l u n g ihres Besitzes vorzubeugen, keinesweges aber nun die Gefahr ihnen drohte, einer Steuer
51 w e g e n , die sie bis jetzt nicht bezahlten, ihren Besitz verkaufen zu müssen u n d dabei in gänzliche Armuth zu gerathen. Die A u f h e b u n g der Grundsteuer w ü r d e übrigens auch noch den sehr wesentlichen Nutzen h a b e n , dnfs die höchst bedeutenden Kosten und die langwierigen Arbeiten erspart w ü r d e n , die zur Ermittlung einer gleichen und gerechten Verlheilung der Grundsteuer nötliig sind; ja dafs man dem noch viel gröfseren Übel entginge, mit dem besten Willen dennoch nicht zu der w i r k l i c h richtigen Verlheilung der Grundsteuer zu gelangen, indem bekanntlich die w i r k l i c h richtige V e r k e i lung dieser S t e u e r durch alle sogenannten Catasterberechnungen zu Gnden fast u n m ö g l i c h ist; besonders auch wegen der grofsen V e r ä n d e r l i c h k e i t der Benutzung des Grundbesitzes. Ein w i r k l i c h e s und gerechtes z w e i t e s Mittel, die Theilung des zusammengehangen Grundbesitzes zu befördern, besteht also in der g ä n z l i c h e n A u f h e b u n g d e r G r u n d steuer. Von der F r a g e , wie dieselbe durch eine andere, angemessenere S t e u e r zu ersetzen sei, weiter unten. §• 35. Ein d r i t t e s Mittel hat der Staat selbst in der Hand, und es könnte dasselbe unmittelbar angewendet und wirksam gemacht werden. D e r Staat darf neinlich nur von seinen L a n d g ü t e r n (Domainen) einige allmälig in Theile von etwa 30 Morg e n , und da, w o Fabriken nach den obigen Andeutungen ents t e h e n , in noch kleinere Theile vertheilen und dieselben den Arbeitern, nicht etwa s c h e n k e n , sondern v e r k a u f e n ; und z w a r , wenn die Käufer nicht sogleich zahlen können, mit Aufschub der Z a h l u n g und auf a l l m a l i g e Abtragung derselben. E r wird sogar den ganz Mittellosen auch noch die Kosten der A n s i e d l u n g vorschiefsen müssen, die sich für einen Besitz von 30 Morgen, für Vieh, Ackergerälh, Snat und Unterhalt bis zur ersten E r n d t e , auf etwa 400 Thlr. und für Gebäude auf etwa 600 Thlr. belaufen w ü r d e n ; wozu noch der W e r t h des G r u n d - und Bodens selbst kommt, nach den Umständen von 4*
52 500 bis 1000 Thlr., so dafs der E r w e r b e n d e 1500 bis 2000 Thlr. zu 4 vom Hundert zu verzinsen und dazu noch 1 vom Hundert zur T i l g u n g , also zusammen 75 bis 100 Thlr. jahrlich zu zahlen haben würde. Aber der Staat kann dies auch (nölhigenfalls durch eine A n l e i h e ) recht gut; denn der Grund und Boden, nebst Dem wns daran gewendet w u r d e , bleibt ihm und den Darleihern als P f a n d , und der zum hühern Ertrage benutzte Besitz von 30 Morgen ist mehr Werth, als das Darlehn. Die E r w e r b e n d e n dagegen können, wenn ihnen für den Anfang allenfalls auch noch die Zinsen gestundet und dieselben n u r erst allmiilig erhöht werden (das Gestundete nachzahlend) ebenfalls bestehen, während sie, oder ihre Erben, nach den 4 0 oder 5 0 Jahren der Tilgung des Vorschusses, zum schuldenfreien und unabhängigen Besitz gelangen. S e i n e r s e i t s würde dabei der Staat aus seinen Landgütern einen weit h ö h e r n E r t r a g erzielen, als jetzt aus der Benutzung in Masse durch Zeitpachter. Auch noch von gar manchen, jetzt sehr w e n i g Ertrag gebenden, dem Staate gehörenden W ä l d e r n könnte der Grund und Boden auf gleiche Weise benutzt werden, und viele T a u s e n d e von Arbeiterfamilien könnten auf demselben ihr Brod finden. E s giebt im Preufsischen S t a a t e , besonders in den östlichen und mittleren Theilen desselben, noch bei weitem m e h r Wälder, als zum H o l z - B e d a r f nölhig sind; in manchen Gegenden nehmen sie noch den f ü n f t e n , vierten, ja selbst den dritten Theil und darüber, der gesammten Bodenfläche ein, mitunter sehr fruchtbaren Boden; und es ist wohl an sich klar, dafs nicht ein so grofser Theil der Fläche nölhig ist, blofs um Holz zu erzielen. Zu den G e b ä u d e n ist nur w e n i g Holz nölhig; die Landgebäude können g a n z aus gebrannten Ziegeln erbaut w e r d e n , fast ohne alles Holz, und zwar viel b e s s e r , als aus Holz, weil sie dann f e u e r s i c h e r sind; zur H e i z u n g und zur B e r e i t u n g d e r S p e i s e n u . s . w . aber ist, w e n n man alluiälig die bisher dabei übliche ungeheure V e r s c h w e n d u n g von Brennstoff abschafft, ebenfalls nur wenig Holz nölhig. Aufser-
53 dem kommen Stein- und Braunkohlen und Torf zu Hülfe, deren Herbeiführung durch gute Strafsen erleichtert wird. Der offenbarste und sicherste E r f a h r u n g s - B e w e i s davon, d a b man mit weniger Wäldern auskommen könnte, ist, dafs in andern Gegenden, und zwar grade in den stärker bevölkerten, wirklich die Wälder nur einen geringeren Theil der Bodenfläche einnehmen und dem Bedürfnisse dennoch genügen. §. 36. Ein v i e r t e s Mittel, die Theilung des Grund- und Bodens zu fördern, wäre, dafs d e r S t a a t s e l b s t , den Besitzern grofser Flächen als K ä u f e r ihres Besitzes sich anböte und dann diese Erwerbungen, gleich seinen eigenen Gütern, vertheilte. Dadurch würde zugleich aller vermeintliche Grund zu etwaigen Klagen und Beschwerden über das obige e r s t e Mittel abgeschnitten werden. Der Kauf und der W i e d e r verkauf, in einzelnen Theilen, würde entweder durch eine blofse Übertragung der Pfand-Verschreibungen, oder, wo baare Zahlung verlangt wird, der Kauf wieder durch eine Anleihe geschehen, an deren Möglichkeit, besonders weil sie nur allmäiig nölhig wäre, kein Zweifel ist, indem der Werth des Pfandes nur aus einer Hand in die andere geht und nicht vermindert, sondern erhöht wird. Bei allen obigen Vertheilungen des Grund- und Bodens müfsten nur die Z w i s c h e n h ä n d l e r jeder Art unbedingt zurückgewiesen werden. So würde sich durch die Eröffnung und Erleichterung der Gelegenheiten, ein kleines Eigenthum von Grund und Boden zu erwerben, bei welchen allen offenbar nirgends Zwang und Gewalt zu Hülfe kommt, der Zustand vieler Tausende, ja Hunderttausende von Arbeiterfamilien g r ü n d l i c h und d a u e r n d verbessern lassen, während dadurch zugleich eben so viele dürftige und deshalb unruhige und unzufriedene Menschen in ruhige und das Vaterland nun gern, im Innern, wie nach aulsen, mit Gut und Blut vertheidigende, durch ihren Fleifs behaglich
54 lebende Bürger umgeschaffen werden und der Reichthum des Staats um gar viele Millionen erhöht werden würde. Es ist im Preußischen Staate noch keine Ursach zur A u s w a n d e r u n g vorhanden. Ein grofser Theil des Landes könnte noch recht gut die d o p p e l t e Zahl von Menschen auskömmlich nähren. Die angezeigten Mittel der Theilung des Grund- und Bodens würden so sehr wirksam sein, dafs man bald die zur Ansiedlung sich Meldenden würde z u r ü c k w e i s e n müssen, damit es nicht an Hand-Arbeitern in den Städten und Handwerken und zu sonstigen Beschäftigungen fehle. §• 37. Es sind hier, und auch schon weiter oben, A n l e i h e n zur Erzielung nützlicher Zwecke empfohlen worden. Über die Anleihen selbst dürften vielleicht einige Worte dienlich sein. Dieselben sind offenbar an sich durchaus nicht bedenklich und verwerflich, so lange sie zu Dingen bestimmt sind und verwendet werden, die den Volksreichthum erhöhen, also ein hinreichendes P f a n d dafür vorhanden ist und Das, was dafür erzielt wild, die gewöhnlichen Zinsen und noch einen kleinen Übersclnifs zur allmiiligen T i l g u n g unmittelbar oder mittelbar abwirft. Sie sind dann vielmehr ein treffliches und sehr wirksames Mittel, die Zunahme der Wohlfahrt des Volks und seines Wohlstandes kräftig zu b e s c h l e u n i g e n . Auch gewähren sie dann zugleich den V e r m ö g e n d e n , welche von ihrem Besitze ohne weitere Erwerbs-Arbeit leben können und wollen, die r e c h t e und N i e m a n d s c h a d e n d e , vielmehr ihren Mitbürgern nur n ü t z e n d e Gelegenheit, die Zinsen ihres Besitzes mit möglichster Sicherung gegen Verluste zu erlangen. S o werden die Besitzenden, die R e i c h e n , grade zu Denen, welche die nützlichen Dinge a u s f ü h r e n l a s s e n , und s o gewährt dann auch der gröfsere Besitz seinen r e c h t e n und grofsen Nutzen. Ganz besonders wichtig und nöthig ist aber die Tilgung jeder Anleihe. Sie ist so sehr ivichtig, dafs, in Fällen
55 wo der Erlrag der Verwendung der Anleihe nicht die Mittel zur Tilgung gewähren sollte, der Staat immer noch wohlthun würde, wenn er die Tilgung sogar aus den allgemeinen Steuern übernähme: denn sobald eine Anleihe g e t i l g t worden, ist das durch dieselbe Erzielte r e i n e r G e w i n n und eine r e i n e V e r g r ö f s e r u n g des V o l k s v e r m ö g e n s , von einem Werlhe, welcher der Summe der Anleihe gleich ist Von einer Anleihe dagegen, die n i c h t getilgt wird, sind die Zinsen eine verewigte Belastung der Erwerbenden; wenigstens eine v e r e w i g t e Verminderung des Ertrages Dessen, was durch die Anleihe Nützliches erzielt wurde. Nur dann sind Anleihen nachtheilig, wenn sie zu Dingen bestimmt sind und verwendet werden, die Nichts, oder nicht die Zinsen und die Tilgungsmittel abwerfen; und besonders, wenn sie nicht getilgt werden. Am besten und vortheilhaftesten für das Wohl des Staats wird übrigens immer jede Anleihe auf Scheine auch von g e r i n g e m Nenn werthe, etwa bis zu 10 Thalern hinunter, gemacht werden, damit mehr Jeder daran Theil nehmen könne. Auch wird es besser sein, lieber etwas höhere Zinsen zu zahlen, als die Anleihe, etwa wegen der geringeren Zinsen, im Ganzen, oder in gröfseren Theilen, mit einem Nachlafs an dem Nenn» werth zu verkaufen. §. 38. Es mag hier noch eine allgemeine, gleichsam für das Vorhergehende übersichtliche Bemerkung beigefügt werden. Die A r b e i t ist es, welche alle n ü t z l i c h e n , das heilst alle zur Erhaltung und zur Verannehmlichung des Lebens dienenden Dinge aus den Stoffen, welche die Natur dazu liefert, durch Benutzung und Lenkung der Naturkräfte erzeugt Fast Nichts erlangt der Mensch zu seinem Nutzen g a n z ohne Arbeit. Die nützlichen Dinge sind tlieils zum V e r b r a u c h , theils zum G e b r a u c h bestimmt; letztere entweder zum u n m i t t e l b a r e n , oder zum m i t t e l b a r e n Gebrauch, nemlich um dadurch erst wieder Anderes, zum unmittelbaren Gebrauch oder
56 V e r b r a u c h D i e n e n d e hervorzubringen. Die zum V e r b r a u c h bestimmten nützlichen Dinge sind insbesondere N a h r u n g , die nothwendigsle Bekleidung u. s. w. Z u m G e b r a u c h dient alles übrige Nützliche: angebautes L a n d , W o h n u n g e n , W e r k z e u g e aller A r t , Schiffe, F u h r w e r k e , F a b r i k - und andere Gebäude, L a n d - und W a s s e r s t r a ß e n , H ä f e n , W e r k e der K u n s t , Lehre u n d Unterriehl, weitere Entwicklung der Wissenschaft und K u n s t , die Anordnungen zur L e n k u n g der Bestrebungen der Gesellschaft, zur F ö r d e r u n g ihres W o h l s u. s. w. Auch das Metallgeld, so wie das für den Umlauf dasselbe vertretende P a piergeld gehört hiezu, als allgemeines Tauschmittel. Einige von den zum G e b r a u c h bestimmten Dingen, besonders den stofflichen (materiellen), werden nur langsam v e r b r a u c h t , wie z. B. Werkzeuge, Wohnungen u. s. w . ; andere werden durch fortwährende Ausbesserungen und Ergänzungen für immer erh a l t e n , wie z. B. Strafsen, Häfen u. s. w . A l l e nützlichen Dinge aber w e r d e n mit Hülfe der Naturkräfte n u r durch Anw e n d u n g von A r b e i t auf die Stoffe, welche die Natur liefert, erlangt. Damit nun ein Volk zunächst b e s t e h e n könne, dürfen ihm die zum V e r b r a u c h dienenden u n e n t b e h r l i c h e n Dinge, vor allem N a h r u n g in zureichendein Maafse, nicht f e h l e n ; aber es w i l d sich um so b e h a g l i c h e r befinden, je r e i c h l i c h e r es diese Dinge besitzt; selbst bis zum Ü b e r f l u f s , um gegen das Uberflüssige von andern Völkern andere zum G e brauch ihm angenehme Dinge einzutauschen. Dann aber darf ferner ein Volk um so r e i c h e r sich nennen, j e mehr es der zum G e b r a u c h dienenden Dinge durch Arbeit a n g e h ä u f t h a t ; denn diese Dinge sind dauernde B e s i t z t h ü m e r (Capit a l ) , und der Reichthum an n ü t z l i c h e n dauernden Dingen vermehrt wieder die Behaglichkeit, entweder m i t t e l b a r , indem sie wieder dazu dienen, immer mehrere zum Gebrauch oder Verbrauch gereichenden Dinge zu erzeugen (wie z. B. Alles, was bestimmt ist, vervollkommnete Verbrauchsgegenstände hervorzubringen), oder sie einzutauschen: also besser
57 angebautes Land, Fabriken, Strafsen u. s . w . , oder u n m i t t e l b a r , wie z . B . Werke der Wissenschaft und Kunst. Und zwar wird der Reichthum um so gröfser werden können, j e g e s c h i c k t e r die zur Gewinnung desselben dienenden Kräfte benutzt werden, also mit j e w e n i g e r Kräften die Gewinnung möglich gemacht ist. Da nun aber Alles, sowohl das zunächst U n e n t b e h r l i c h e , als der Ü b e r s c h u f s über das Unentbehrliche, d . h . die B e s i t z t h ü m e r oder der R e i c h t h u m , nur durch A r b e i t erlangt wird: so folgt, d n f s d i e v o r h a n d e n e n A r b e i t s k r ä f t e gar nicht a n g e l e g e n t l i c h g e n u g b e n u t z t w e r d e n k ö n n e n ; und zwar zu den wirklich und zunächst nützlichen Dingen vorzugsweise. Die Arbeitskräfte sind das Mittel, die Gaben der Natur, welche ohne Arbeit kaum den Wilden ernähren, in Volksreichthum umzuschaffen. D a , wo Arbeitskräfte f e i e r n müssen, ist also auch die Ordnung der Gesellschaft nicht die richtige. Nur dann erst ist sie es, wenn nicht den Arbeitern die Arbeitgeber fehlen, sondern diesen jene zu mangeln anfangen; dann erst ist auch die Zunahme der Bevölkerung erfreulich. Im Allgemeinen folgt also, dafs der Arbeitskräfte n i c h t z u v i e l e sein können; jedoch hat dies seine G r e n z e , nemlich die, wo das Unentbehrliche, was der Grund und Boden zu erzeugen vermag, namentlich insbesondere die N a h r u n g , nicht mehr für die Bevölkerung hinzureichen anfängt; selbst nicht mehr mit Hülfe des Eintausches davon gegen Anderes, etwa Überflüssige. Dann ist der Zeitpunct der A u s w a n d e r u n g gekommen ; der aber, wie oben bemerkt, noch fern liegt. Desgleichen folgt, dafs im Allgemeinen der Staat sehr wohl thut, von den Arbeitern das Anerbieten aller ihrer Kräfte, um ihre Lebens-Erhaltung zu erzielen, gern anzunehmen und sie zu benutzen. Jedoch folgt daraus auch wieder durchaus nicht etwa, dafs die Gesellschaft verpflichtet w ä r e , die Arbeitskräfte auch mit Dingen zu beschäftigen, welche ihr verhältnifsmäfsig n i c h t nützen; z . B . , wenn es einmal den
58 F a b r i k - A r b e i t e r n an Arbeit fehlt, m e h r fabriciren zu lassen, als abgesetzt w e r d e n kann. Ein solches Begehren der Arbeiter w ä r e nichts anderes als das eines G e s c h e n k s ; und auf ein solches haben sie kein R e c h t ; eben so w e n i g , als die Andern es haben, von ihnen, den Arbeitern, ein Geschenk zu begehren. N u r der arbeitsunfähige Dürftige hat Anspruch auf die Unterstützung der Gesellschaft. Die Arbeitskräfte werden n u r dann Nützliches erzeugen, w e n n sie richtig v e r l h e i l t sind. D e r Staat wird also, gar nicht minder für die Gesainmtheit, als für die H a n d - A r b e i t e r selbst, wohl thun, wenn er die letztern auf alle Weise in d e n S t a n d s e t z t , sich selbst richtig zu v e r t h e i l e n und ihnen also j e d e passende G e l e g e n h e i t zur n ü t z l i c h e n Thätigkeit e r ö f f n e t und ihnen den Z u g a n g dazu auf alle Weise e r l e i c h t e r t . Dieses Beides geschieht, wie oben nachgewiesen, zunächst durch Unternehmung von W e r k e n , die den E r t r a g des Grund - und Bodens erhöhen, den Handel und V e r k e h r befördern u . s . w . , und dann insbesondere durch die F ö r d e r u n g der allmäligen mehreren Theilung des G r u n d - und Bodens; und zwar ohne Beeinträchtigung der R e c h t e Anderer. N u r dieses dient zum wahren Heil, auch der Arbeiter, eben wie der Gesammtheit. A n d e r e s , was den Arbeitgebern und den Abnehmern der Erzeugnisse schadet, vermindert d i e s e r ihre Besitzkräfte, folglich den Verbrauch, folglich die Arbeit selbst, u n d der S c h a d e fällt auf die Arbeiter z u r ü c k ; sie w e r d e n ä r m e r und elender, als vorher. Übrigens wird es schon hinreichen, wenn der Staat durch die Regierung nur erst den A n f a n g macht, nur erst den A n t r i e b giebt, fiir die Arbeitskräfte die Gelegenheiten zu vervielfältigen, um Nützliches zu erzeugen. D a dies zum W o h l e A l l e r gereicht, so wird der eigene unmittelbare oder mittelbare Vortheil der B e sitzenden, theils Einzelner, theils Verbündeter, bald selbst das W e r k von Unternehmungen zum öffentlichen N u t z e n , so wie die Verlheilung von Grund und Boden, wie es die Regierung anfing, fortsetzen.
III. Mittel, zu verhindern, dafs der Anne seine Bedürfnisse viel theurer bezahlen nrafs, als der Begüterte. §. 39. W e r , wie der Arme und der Tagelöhner, aus der Hand in den Mund lebt und seine Bedürfnisse nicht im Ganzen zu rechter Zeit einkaufen kann, mufs sie, nicht etwa um nur ein Geringes, sondern s e h r v i e l theurer bezahlen, Manches zuweilen d o p p e l t so theuer; und das erschwert seine bedrängte Lage sehr. Wenn z. B. in oder bei Berlin der Wispel Kartoffeln für 8 oder 9 Thlr. zu haben ist, mufs die Metze in der Stadt gewifs noch mit 1 Sgr., wenn nicht mit V/ t Sgr. bezahlt werden, was für den Wispel 12 Thlr. 24 Sgr. bis 16 Thlr. ausmacht. Ähnlich, wenn auch nicht vielleicht mit so starkem Unterschiede, verhält es sich mit den andern Nahrungsmitteln, Mehl, Brod, Fleisch u. s. w.; auch mit dem Brennstoff, und selbst mit den Spezerei- oder sogenannten Materialwaaren. Die Ursach davon liegt in dem Z w i s c h e n h a n d e l ; aber der Arme hat im Allgemeinen Unrecht, wenn er den Zwischenhändlern zürnt und sie Wucherer nennt; sie k ö n n e n dies nicht leicht sein, oder werden, wenn sie es auch wollten, weil der eine des andern Preise leicht bis auf das Geringste Maafc hinabdrückt. Die Zwischenhändler wollen und müssen l e b e n , und deshalb m ü s s e n sie ihren Gewinn nehmen; r e i c h werden sie in der Regel nicht. Aus dem WohnungsAnzeiger von Berlin sieht man, dafs es in dieser Stadt etwa 1200 Viclualienhändler giebt, ohne die etwa 600 Spezerei-
60 händler. Rechnet man J e d e m der Ersleren nur 500 Thlr. r e i n e n G e w i n n , w a s wohl das Geringste ist, da ein solcher Händler 100 bis 200 Thlr. Mielhe zahlen mufs, so macht dieses 600 000 T h l r . , und diese S u m m e fällt fast lediglich auf die Ä r m e r e n ; denn die Begüterten kaufen von den Zwischenhändlern nicht viel, sondern wenigstens auf dem Markt; wenn nicht noch mehr im Ganzen. Nimmt man also a n , dafs von den 8 0 0 0 0 Familien, zu 5 Personen, auf welche die Bevölkerung der Stadt zu rechnen ist, selbst 5 0 0 0 0 von den Händlern ihre Efswaaren kaufen, so macht das allein schon für die Familie durchschnittlich 12 Thlr. Dazu k o m m t , was der Arme für Brennstoff, Spezereiwaaren etc. zum Unterhalt der Zwischenhändler beitragen mufs, und so steigt durch den Zwischenhandel die M e h r - A u s g a b e einer armen Familie für das ihr Unentbehrliche vielleicht auf 20 Thlr. jährlich; und da sie nun, nach Abzug der Kosten der Mielhe und der Kleidung, vielleicht kaum 100 bis 120 Thlr. zu verzehren hat, so kosten ihr grade die u n e n t b e h r l i c h e n Bedürfnisse an 2 0 vom Hundert m e h r , als dein Begüterten. §• 40. Die Schuld davon liegt a b e r , wie schon oben bemerkt, im Allgemeinen n i c h t in dem W u c h e r der Handler: sie liegt darin, dafs deren gewöhnlich m e h r e r e d a s i n d , als nöthig. D e r Z u d r a n g zum Zwischenhandel entsteht offenbar daraus, dafs kaum irgend ein anderes Geschäft weniger Kenntnisse und weniger Arbeitsmühe erfordert, als der Kleinhandel. Freilich ist er mit W a g n i f s v e r b u n d e n , allein auch dem T a g e löhner ist das W a g n i f s nicht f r e m d ; wird er arbeitslos, so steht seine Erhaltung selbst auf dem Spiel. Man m a g sich vielleicht von der M e n g e der Z w i s c h e n händler den zwiefachen Vorlheil v e r s p r e c h e n , dafs die vielen Verkaufstellen zur B e q u e m l i c h k e i t der Käufer gereichen, u n d dafs das Bestreben der V e r k ä u f e r , einander die Kunden zu entziehen (die Concurrenz, wie man es nennt) sie bewege,
61 ihre Verkaufspreise möglichst herabzusetzen, zum Vortheile der Kaufer. Allein mit Beidem verhält es sich anders. Die B e q u e m l i c h k e i t beim Einkauf nemlich wird immer nur von den Behaglicheren benutzt werden und nur für diese einen w i r k l i c h e n Werth h a b e n ; sie aber kaufen nicht von den Kleinhändlern. Der Arme geht gern ein Paar Hundert Schritte weiter, wenn er auch nur einige Pfennige ersparen kann; und er thut daran R e c h t , da er seine Z e i t doch nicht höher ausbringen kann. D e r P r e i s w e t t e i f e r (die Concurrenz) aber hat keinesweges i m m e r alle ihre Vortheile, sondern, wie hier, so in vielen Fällen, nur b e d i n g u n g s w e i s e . Dies deutlich zu zeigen, wird folgendes, auf den obigen Fall passende Beispiel dienen. §• 41. Gesetzt, in irgend einer von Städten etwas entferntem, aus einigen Tausend Menschen bestehenden Gemeinde, welche bis dahin noch keinen S p e z e r e i h ä n d l e r hatte, lasse ein solcher sich nieder: so wird derselbe, da er den A l l e i n h a n d e l hat, seinen r e i n e n Gewinn so hoch treiben können, als nur m ö g l i c h ; nemlich s o h o c h , als die Leute es nur immer noch v o r z i e h e n , von ihm zu kaufen, statt, mit Beschwerde und Zeitverlust, an entfernteren Orten. Er möge seinen reinen Gewinn auf diese Weise bis auf 2000 Thlr. jährlich bringen können; wodurch dann sein Wohlstand, insofern er sonst sparsam lebt, schnell steigen wird. Sobald dies verlautet, wird vielleicht ein z w e i t e r Spezereihändler in der Gemeinde sich niederlassen, in der Meinung, zu einem ähnlichen Gewinn gelangen zu können. Allein da das Bedürfnils und die Zahl der Käufer durch die neue Ansiedlung nicht zunimmt, so werden die beiden in den Absatz sich t h e i l e n müssen, und Jeder wird also h ö c h s t e n s nur noch 1000Thlr. reinen Gewinn erzielen können. Anfangs wird der neue Ansiedler w o h l f e i l e r verkaufen müssen, als der alte Händler, um demselben Kunden zu entziehen; er wird ihn dadurch zu
62 ebenfalls geringeren Preisen zwingen, und so werden A n f a n g s die K ä u f e r allerdings gewinnen. Allein nachdem beide Händler sich gegenseitig bis auf das Äufserste hinabgedrückt haben, werden sie gewifs allmälig und bald, auch wieder aufschlagen, um beide wenigstens zu dem m ö g l i c h e n Gewinn zu gelangen, dessen G r e n z e für Jeden d i e H ä l f t e D e s s e n ist, was der Alleinhändler erzielte; die K ä u f e r haben aber dann von dem Mitbewerb k e i n e n Gewinn mehr. Ahnlich wird es sich verhalten, wenn vielleicht noch ein dritter und vierter Händler sich ansiedeln sollte; sie werden zwar immer z u s a m m e n nicht mehr erlangen können, als der Alleinhändler, aber doch auch e b e n so v i e l , und es werden folglich die Käufer im Allgemeinen k e i n e n Vorlheil haben. E i n e n Vortheil gewährt die Mitbewerbung gegen den A l l e i n h a n d e l hier in diesem Beispiele allerdings, nemlich den, dafs die Ä r m e r e n dadurch mehr gegen Ü b e r v o r t h e i l u n g geschützt werden. Die Ärmeren kaufen nemlich ihre Bedürfnisse in so kleinen Theilen, dafs sie selbige nicht wohl anderswo holen k ö n n e n , sondern zu hohe Preise eines Alleinhändlers sich gefallen lassen m ü s s e n . Andere, die es könnten, werden vielleicht auch noch aus Bequemlichkeit an den Alleinhändler sich halten. Sind dagegen auch nur z w e i Händler d a , so wird, wenn der eine die Armen zu übertheuern anfängt, der andere durch geringere Preise sogleich wenigstens Diese an sich ziehen, und der erste mufs dann auch zu den geringeren Preisen sich bequemen. D i e s e n Vorlheil hat die Milbewerbung gegen den Alleinhandel allerdings: aber den a n d e r n Vorlheil, überhaupt die Preise für A l l e zu ermäßigen, hat sie hier in diesem Beispiele nicht Dagegen in dem Beispiele weiter oben, von den 1200 Händlern mit Lebensmitteln in Berlin, ist es ganz anders. Hier haben die Käufer von dem Preiswelteifer nicht allein keinen G e w i n n , sondern sogar noch bedeutenden S c h a d e n . Hier nemlich ist es wohl gewifs, dafs die grofse Menge der Händler einander die Preise schon bis auf das Ä u f s e r s t e ,
63 neinlich bis auf dasjenige Maats hinabgedrückt haben, dafs sie von ihrem reinen Gewinn so eben nur noch bestehen können. Dies würde aber auch noch fast eben so b l e i b e n , wenn statt 1200 Händler nur halb und selbst nur eindriltel so viele da wären. Blofs um so viel würden diese gemeinschaftlich ihre Preise und folglich ihren reinen Gewinn steigern können, als die v e r m i n d e r t e B e q u e m l i c h k e i t werlh ist; was, da nur die Armern von ihnen kaufen, wenn irgend Etwas, nur sehr wenig beiragen würde. Hier also hat der Preiswetteifer zu V i e l e r , für die Käufer bedeutenden S c h a d e n . Erst dann wird er wirklichen Nutzen haben, wenn die Zahl der Händler g e r i n g e r ist. Durch Verminderung ihrer Zahl auf die Hälfte oder ein Drittheil würden aber die Ärmern 3 0 0 0 0 0 bis 400 000 Thlr. jährlich ersparen, also im Durchschnitt die Familie 6 bis 8 Thlr. und, mit Rücksicht auf die übrigen Zwischenhändler, wohl 12 bis 15 Thlr. jährlich. Es folgt hieraus im Vorbeigehen, dafs der Preiswetteifer oder die sogenannte Concurrenz keinesweges u n b e d i n g t und ü b e r a l l , sondern nur b e d i n g u n g s w e i s e und am r e c h t e n O r t e für die Käufer vortheilhaft ist. In dem obigen Fall kostet die Übertreibung derselben den Armen, und grade n u r den Armen, an eine halbe Million Thaler jährlich. Bei den Handwerken, und selbst bei den Fabriken, verhält es sich mit dem Preiswelteifer ähnlich; und hier hat er noch obendrein leicht den Nachtheil, dafs er, wenn er das rechte Maafs überschreitet, die Güte und Dauer der Erzeugnisse vermindert, also auch dadurch noch ihre Kosten eigentlich e r h ö h t . Auch von der Mitbewerbung im H a n d e l hat die Ü b e r t r e i b u n g ebensowohl Nachlheile, wie bei jedem andern Geschäft die Überhäufung mit Theilnehmern. Nur dann erst wird es sich im Staate am besten verhalten, wenn jedes Geschäft nur mit der richtigen und verhältnifsmäfsigen Z a h l von Arbeitern besetzt ist. Z u V i e l e schaden überall; sich selbst und Andern. Dem Handel, der Verwaltung, den Handwerken, den Fabriken und den Arbeiten Besitzloser, besonders in den Städten, wenden
64 sich jetzt zu Viele zu; letzteres weil es der B e s i t z l o s e n zu viele g i e b t ; dem A c k e r b a u zu wenig: nicht dafs der Ackerbau jetzt, so wie er ist, mehrer Arbeiter bedürfte, sondern weil er, auf v e r t h e i l t e m Grund und Boden, deren mehrere, und zwar nicht mehr besitzlos, beschäftigen und auch dieselben, nebst den Übrigen (deren dann, nachdem er von ihnen einen Theil weggenommen hätte, zumal zu den vermehrten Arbeiten, nicht mehr zu viele sein würden) ernähren könnte. §. 42. Eines der Mittel, die Lage der Ärmern, also der sogenannten Arbeiter, besonders in den Städten, zu verbessern, besteht also auch darin, die Zahl der K l e i n h ä n d l e r möglichst und bis auf die wirklich nothwendige Zahl zu v e r m i n d e r n . Es rnüfste dies natürlich wieder nicht etwa dadurch geschehen, dafs man Denen, die im Besitz der Erlaubnifs zum Kleinhandel sind, diese Erlaubnifs n ä h m e ; was ein Eingriff in das Eigenthum, also dem Grundgesetz der Gerechtigkeit und wahren Freiheit zuwider sein würde; auch nicht etwa durch Erhöhung der Gewerbesteuer; sondern dadurch, dafs man, so wie a l l m ä l i g Kleinhandlungen eingehen, oder aufgegeben werden, nicht eher die Erlaubnifs zu andern ertheilte, ehe nicht die Zahl der übrigen bis auf das Angemessene und Nothwendige hinabgekommen ist; auch diese neue Erlaubnifs immer nur auf so lange, bis die Handlung in a n d e r e H ä n d e übergeht, so dafs nicht mehr die Erlaubnifs selbst v e r k a u f t werden könnte. W o die bisherigen Erlaubnisse dasRechtdes V e r k a u f s haben, müfsten die Besitzer dafür nach dem Maafsstabe von Verkaufsbeispielen entschädigt werden. Die Entschädigung würden billgerweise die übrigbleibenden Händler in Masse zu tragen haben, da ihnen zunächst der Gewinn von den eingehenden Handlungen zufällt; was d e s h a l b nicht drückend ist, weil die Ablösung nur a l i m ä l i g erfolgt Ihrerseits würden sie dafür aufserdem durch die Aufhebung der Gewerbesteuer (wovon weiter unten) entschädigt. Z u den Kleinhand-
65 hingen, deren Zahl Verminderung zu wünschen ist, gehören vorzüglich die mit L e b e n s m i t t e l n (Victualien) und die mit S p e z e r e i e n . Für sonstige Bedürfnisse, von welchen die Ärmeren die gröfsere Masse verbrauchen, ist ziemlich durch die J a h r m ä r k t e gesorgt, die hier schon mehr den Zwischenhandel ausschliefen. §• 43. Auch der V o r k a u f , der nicht blofs von den Kleinhändlern mit Lebensmitteln getrieben wird, sondern auch noch von Andern, und mehr im Grofsen, insbesondere der Vorkauf von Getreide und Schlachtvieh, lastet durch die daraus entstehende Erhöhung der Preise insbesondere auf den Armeren. Nur dann erst sind die Preise der Dinge die möglich-geringsten, wenn der erste Gewinner der rohen Erzeugnisse sie möglichst u n m i t t e l b a r in die Hände Derer bringen kann, die sie verbrauchen, oder, wo erst eine Vorbereitung zum Verbrauch oder Gebrauch nölhig ist, in die Hände der Verarbeiler, die sie dann weiter u n m i t t e l b a r an die Verbrauchenden absetzen; also z. B. bei den Feld- und Garlenfiiichlen und dem Schlachtvieh, wenn der Landmann sein Getreide unmittelbar an die Bäcker, der Viehzüchter sein Vieh an die Schlächter, der Gärtner seine Erzeugnisse u n m i t t e l b a r an die Verbrauchenden verkaufen kann, und alle Jene ihren V o r l h e i l dabei finden, ihre Verkaufsgegenstände, o h n e Vorkäufer, s e l b s t an den Markt zu schaffen. Dies wird zum Theil schon durch die verbesserten Strafsen erreicht werden; aber ein anderes Hindernifs, welches jetzt den Vorkauf begünstigt, müfste noch weggeräumt werden, nemlich der Mangel an b e s t i m m t e n A b s a t z - O r t e n u n d bequemen Marktstellen; welcher Mangel insbesondere den Landmann abhält, seine Waaren s e l b s t zu Markte zu bringen. Es ist ein sehr grofser, in der That bedauerlicher Ubelsland, dafs auch in den schönsten und gröfsten Preufsischen und Deutschen Städten noch immer L a g e r h a l l e n und b e q u e m e , bedeckte Räume 5
66 zu den M a r k t e n
fehlen.
E i n w a h r e r S c h a d e n ist es j e t z t ,
f ü r die K ä u f e r s o w o h l , als n o c h m e h r f ü r die V e r k ä u f e r , dafs die YVochenmürkle, selbst im W i n t e r u n d Witterung, unter f r e i e i n H i m m e l Abgesehen
d a v o n , dafs d a d u r c h
bei d e r
übelsten
gehalten w e r d e n
der V o r k a u f
und
müssen. der Z w i -
s c h e n h a n d e l mit L e b e n s m i t t e l n ungemein b e g ü n s t i g t w i r d , sind diese W o c h e n m ä r k t e unzähliger
u n t e r freiem H i m m e l
Erkältungen
und
a u c h eine Q u e l l e
ernsthafter Krankheiten.
Auch
die B e m i t t e l t e r e n trifft d e r Nachlheil der j e t z i g e n u n b e s c h ü t z ten V e r k a u f s s t e l l e n ; w ä r e n dieselben b e q u e m e r , so w ü r d e n sie ihren Einkauf weit w e n i g e r d e m H a u s g e s i n d e ü b e r l a s s e n .
Auf
d e n J a h r m ä r k t e n sind die V e r k ä u f e r e t w a s m e h r d u r c h ihre b r e t t e r n e B u d e n g e s c h ü t z t ; a b e r doch i m m e r n u r d i g ; die K ä u f e r fast g a r
nicht.
unvollstän-
Man sollte also d o c h
nicht
l ä n g e r s ä u m e n , endlich den S t ä d t e n , b e s o n d e r s d e n g r ö ß e r e n , b e d e c k t e , feste und b e q u e m e M a r k t g e b ä u d e f ü r die W o c h e n u n d J a h r m ä r k t e zu g e b e n , die den S t ä d t e n zugleich zur g r o fsen Z i e r d e gereichen k ö n n t e n ; u n d d a n n g r e i s e r e
Hallen,
in w e l c h e n der L a n d m a n n sein G e t r e i d e und a n d e r e E r z e u g n i s s e , z. B. auch W o l l e ,
so w i e sein S c h l a c h t v i e h , f ü r eine
g e r i n g e Mielhe,
b e q u e m e n Verkauf ( g e l e g e n t l i c h in
bis zum
e i g e n e r P e r s o n , oder d u r c h B e a u f t r a g t e ) einstweilen u n t e r b r i n gen k ö n n t e .
D i e K o s t e n der M a r k t g e b ä u d e u n d Hallen w ü r -
den d u r c h eine, bei w e i t e m g e r i n g e r e E r h ö h u n g d e r P r e i s e der W a a r e n , als die, w e l c h e der Z w i s c h e n h a n d e l u n d d e r Vorkauf verursachen, Errichtung
reichlich w i e d e r
einkommen,
und E r h a l t u n g dieser G e b ä u d e
U n t e r n e h m u n g für V e r e i n e ;
und
es w ä r e die
eine
einträgliche
wobei a b e r n a t ü r l i c h die Mielhe
im V o r a u s so festgestellt w e r d e n müfste, dafs sie f ü r die A n lagekosten
nur e i n e n , w e n n a u c h r e i c h l i c h e n , so d o c h nicht
ü b e r m ä f s i g e n Zins, nächst den E r h a l t u n g s k o s l e n u n d E i n s v o m H u n d e r t z u r T i l g u n g der A n l a g e k o s t e n , e i n t r ü g e . T i l g u n g w ü r d e sie u m
den
w e i t e r h i n a b z u s e l z e n sein.
darauf k o m m e n d e n
Solche Marktgebäude
Nach Theil
der noch
und Hallen
w ü r d e n allen B e w o h n e r n z u m Vorlheil, d e n S t ä d t e n zur Z i e r d e
67 gereichen, den Armen ihre Bedürfnisse wohlfeiler liefern und wesentlich zur Verbesserung des Gesundheitszustandes, durch Verminderung der jelzl fast unvermeidlichen Gelegenheiten beitragen, auf den offenen Märkten sich Krankheiten zu holen. §. 44. Endlich w ü r d e es gnr nicht unangemessen und selbst gegen die Zwischenhändler nicht ungerecht sein, w e n n in Z e i l e n w i r k l i c h e r T h e u r u n g , das heifst, sobald vorauszusehen ist, dafs die P r e i s e der u n e n t b e h r l i c h e n Dinge ein gewisses, bestimmtes, ungewöhnlich hohes Maafs übersteigen w e r d e n , die Gemeinde s e l b s t , durch ihre Vorsteher, gleichsam den Zwischenhandel mit den n o t w e n d i g s t e n und allgemeinsten Nahrungsmitteln übernähme, dieselben, sobald eine T h e u r u n g zu e r w a r t e n ist, im Grofsen einkaufen und in den Marktgebäuden zu den kleinsten Theilen, und zwar ausschließlich an die B e d ü r f t i g e n , o h n e r e i n e n G e w i n n verkaufen liefse. Sie w ü r d e jedenfalls niedrigere Preise stellen k ö n n e n , als die einzelnen Zwischenhändler, weil diesen die Mittel zum Einkauf s e h r im Grofsen fehlen und ihnen ihre A u f b e w a h r u n g s r ä u m e viel mehr kosten. Die Ausschliefslichkeit des Verkaufs an die Bedürftigen würde eben nicht schwierig, sondern durch Ausgabe von Scheinen wohl zu erreichen sein. Ungerecht aber gegen die Zwischenhändler würde das V e r fahren nicht sein, da diese, wenn die Anordnung lange g e n u g vorher angekündigt w i r d , darauf gefafst sein müssen; eben wie auf die M ä r k t e ; und da vorausgesetzt wird, dafs die G e w e r b e s t e u e r ganz wegfalle. Auch für die Wohlthäligkeit und für den Wunsch guter, wohlwollender Bürger w ü r d e hier eine schöne Gelegenheit sein, die Armen zu erleichtern. W e n n ein Bemilteller, welcher Neigung zum Wohllhun und die Hausgelegenheit zu dem Z w e c k e hat, einiges Geld dazu anwendete, gröfsere oder klein e r e Massen von am meisten nölhigen Lebensmitteln, z. B .
68 Kartoffeln, scheute,
bei Zeiten anzukaufen,
und dann die Mühe nicht
s i e , o h n e a l l e n G e w i n n (obwohl ohne S c h a d e n ) ,
den A r m e n
zu den kleinsten
Theilen
abzulassen, so
würde
e r damit mehr Gutes stiften und m e h r Noth lindern, als wenn er die Zinsen
des G e l d e s ,
die er s o
vorausgesetztermaafsen
n i c h t v e r l ö r e , den Armen als Almosen schenkte.
69
IV.
"Von den Steuern.
§. 45. D a in jedem Slaale, das helfet, in jeder verbündeten Gesellschaft D a s was zur Erhaltung und zum gemeinschaftlichen W o h l e der Verbündung dient und nothwendig ist, namentlich das Heer zur V e r t e i d i g u n g des Staats nach aufsen, die Macht zur Aufrechlerhaltung der Ordnung und Handhabung der Gesetze im Innern, die Pflege des Rechts, die Leitung der Kirche, der öffentliche Unterricht, die Gesundheitspflege, die Anstalten zur Förderung des Handels und Verkehrs, die F ö r d e r u n g der Wissenschaften und Künste u. s. w. nicht von den Einzelnen und vereinzelt, sondern jedenfalls nur von ausschlielslich damit beauftragten Personen besorgt w e r den kann, an deren Spitze die Regierung steht, und die mit dem Obigen betrauten Personen ihre g a n z e Zeit und Thätigkeil den ihnen übertragenen Geschäften widmen, also auch die Mittel zu ihrer und ihrer Familien Erhaltung ihnen gewährt w e r d e n müssen: so müssen die dazu nöthigen K o s t e n nothw e n d i g , welche auch immer die F o r m der gesellschaftlichen V e i b ü n d u n g sein m a g , von den Einzelnen z u s a m m e n g e s t e u e r t werden. Die S t e u e r n sind für jeden Einzelnen eine v ö l l i g e b e n so n o t h w e n d i g e u n d unvermeidliche A u s g a b e , wie die für seine unentbehrlichsten Bedürfnisse; denn ohne das Obengenannte w ü r d e die Gesellschaftsverbünd u n g gar nicht bestehen können; die Einzelnen w ü r d e n unter sich zerfallen und dann sehr bald in die Willkür verbündeter
70 Nachbarn geralhen. Niemand kann g a n z steuerfrei sein-, auch nicht die Ärmsten; selbst nicht die Almosen-Empfänger, für welche am Ende die Almosengeber noch ein Almosen zu der Steuer zulegen müssen: denn J e d e m , ohne alle Ausnahme, kommen die Vorlheile der gesellschaftlichen Verbündung zu gut. Aber es ist gerecht und billig, dafs die Steuern v e r h ä l t n i f s m ä f s i g und m ö g l i c h s t w e n i g b e s c h w e r e n d aufgelegt werden. Dafs dies jetzt, besonders bei den Armeren, und also auch bei den Hand-Arbeitern, nicht ganz geschehe, wurde oben in (§. 5.) unter (IV.) angedeutet. Um nun zu sehen, wie die Besteurung v e r h i i l t n i f s m ä f s i g e r zu vertheilen und w e n i g e r l a s t e n d zu e r h e b e n sein dürfte, sind diese beiden Puncte n a c h e i n a n d e r zu erwägen, neinlich E r s t l i c h , das M a a f s der Steuer oder die billige, v e r h ä l t n i f s m ä f s i g e H ö h e derselben für die verschiedenen Einzelnen; und dann Z w e i t e n s , d i e A r t d e r E r h e b u n g ; letzteres, weil selbst eine Steuer, die verhältnifsmä/sig gar nicht zu hoch ist, durch die A r t d e r E r h e b u n g s e h r drückend werden kann; z. B. wenn man sie von den Ärmeren auf einmal jährlich in baarem Gelde verlangte. §. 46. Da der Zweck und die Wirkung der Steuern für die Einzelnen dasjenige W o h l ist, welches für sie aus der gesellschaftlichen Verbündung hervorgeht, so ist es gerecht und billig, dafs Jeder im V e r h ä l t n i f s dieses Wohls zu den Steuern beitrage. Das W o h l besteht freilich nicht blofs in dem sachlichen oder l e i b l i c h e n (materiellen), sondern auch in dein g e i s t i g e n Wohlsein: aber das letztere zu messen ist nicht allein unmöglich, sondern es kommt auch hier nicht in Betracht; denn die innere Zufriedenheit ist in j e d e r Lage möglich und hangt, strenge genommen, nur von dem Einzelnen selbst und
7t seinen nächsten Berührungen a b , in welche der Gesellschaft keine Einmischung zusieht, weil eine solche die persönliche Freiheit unberechtigt beschränken würde. Sein g e i s t i g e s Wohl verdankt Jeder sich selbst und seiner Familie: der Gesellschaftsverbündung nur insofern, als es von dem l e i b l i c h e n Wohle abhangt. Also kann nur das l e i b l i c h e W o h l das Maafs der Bestcurung sein. §. 47. Da dasselbe, nemlich die Behaglichkeit des Lebens, sehr u n g l e i c h ist, so würde zunächst (was kaum zu erinnern nöthig) eine g l e i c h hohe oder K o p f s t e u e r völlig ungerecht sein. Die Steuer mufs in dem V e r h ä l t n i f s des leiblichen Wohls stehen. §: 48. Das V e r m ö g e n , oder der Geldwerth des B e s i t z e s , s c h e i n t beim ersten Anblick das M a a f s des leiblichen Wohls, also auch das M a a f s der B e s t e u r u n g zu sein. Aber Beides ist b e i w e i t e m nicht der Fall. Denn gar Viele, die nur wenig oder gar kein V e r m ö g e n haben, befinden sich gleichwohl durch ein mehr oder weniger festes E i n k o m m e n von ihrer A r b e i t eben so b e h a g l i c h , als Vermögende. Ein Einkommen aus Arbeit aber etwa als die Zinsen einer Vermögenssumme anzusetzen, wäre u n g e r e c h t ; schon weil der Werth eines vorhandenen und eines nur eingebildeten, n i c h t vorhandenen, von der A r b e i t abhängigen B e s i t z e s gar sehr verschieden ist, indem die zweite Art von Besitz mit der Arbeit a u f h ö r t , die erste n i c h t , und es von dem Besitzer des Einkommens viel weniger abhangt, sich selbes für die Dauer zu erhalten, als es mit den Zinsen der Summe, wenn er sie besäfse, der Fall sein würde. Sodann steht auch die B e h a g l i c h k e i t , welche die Besitzenden aus ihrem Vermögen sich verschaffen, und verschaffen können, keineswegs in geradem Verhältnifs zu demselben. Also
72 ist das V e r m ö g e n n i c h t das M a a f s d e s l e i b l i c h e n Wohls. Ferner würde m a n , wenn die Steuer nach dem Geldwerlh des Besitzes abgemessen werden sollte, billigerweise nothwendig, nachdem der Werlh des Besitzes auf irgend eine Weise ermittelt worden ist, die auf den Besitz verpfändeten S c h u l d e n davon abziehen müssen, weil, Das was verpfändet ist, gar nicht mehr dem Besitzer g e h ö r t , sondern vielleicht jeden Augenblick von dem Gläubiger in Anspruch genommen werden kann; das Pfandgeben ist ja schon eine Art von V e r k a u f , nur mit der Bedingung, dafs das Pfand gegen die Bezahlung der Schuld wieder zurückgekauft werden kann. Dann aber würde D e r , dessen Besitz g a n z verpfändet ist, nach dem Grundsatze der V e r m ö g e n s s t e u e r , streng genommen, g a r k e i n e Steuer zu bezahlen haben. Ja, folgerichtig, würde sogar D e r , dessen Besitz zur Tilgung seiner Schulden n i c h t hinreicht, von der Steuercasse, statt an sie zu zahlen, noch Geld b e k o m m e n müssen; was denn doch sehr wunderlich w ä r e : Also ist das Vermögen auch nicht das richtige M a a f s der Steuer. Weiter sind Vermögen und Besitz im Allgemeinen als das Ergebnifs n ü t z l i c h e r T h ä t i g k c i t anzusehen (schädliche Erwerbslhätigkeilen zu hindern, sind die Gesetze bestimmt). Also würde eine mit dem Besitze steigende Steuer eine n ü t z l i c h e Thätigkeit h e m m e n ; und die Hemmung des Erwerbes, besonders eines bescheidenen Eigenthums, ist dem Volkswohl schädlich. Endlich ist der Steuer-Erhebung die A u s in i t t l u n g des Vermögensbetrages ohne die drückendste Einmischung in die persönlichen Verhältnisse der Einzelnen, also ohne die schmerzlichste Verletzung der persönlichen Freiheit, n i c h t m ö g l i c h . D e r Betrag eines Vermögens ist in so hohem Grade u n b e s t i m m t , v e r ä n d e r l i c h und s c h w a n k e n d , dafs viele, ja die meisten Besitzer, auch mit dem besten und gewissenhaftesten Willen, s e l b e r gar nicht im Stande sind, ihn auch
73 nur näherungsweise
anzugeben.
reich, morgen arm sein; vermag Yiclen
nicht,
ihren
zufälligen
Werth
auszusagen,
Umständen
bedeutend sich ändern
Ein Kaufmann
kann
heute
der E i g e n t h ü m e r von Grundstücken abhangt
kann;
weil derselbe
von
und schnell und
sehr
weshalb
denn auch
hier die
S e l b s t s c h ä t z u n g , die nothwendig zu Unwahrheiten verleiten und folglich eine Q u e l l e sittlicher Nachlheile sein würde, nicht das Mittel zur
richtigen
Schätzung
des wahren
Vermögens-
betrages sein kann. Also auch eine V e r m ö g e n s s t e u e r ist n i c h t
die rich-
tige und billige. §. 4 9 . Mit dein E i n k o m m e n dem V e r m ö g e n .
ist es nicht viel anders,
als mit
Ein Einkommen o h n e Arbeit, und ein E i n -
k o m m e n d u r c h Arbeit, haben einen gar verschiedenen W e r t h ; aus den schon oben angegebenen Gründen.
Gesetzt z. B . J e -
mand habe ein E i n k o m m e n von 3 0 0 T h l r . jährlich, die er von einem Andern
für eine g e w i s s e , demselben zu leistende
Ar-
b e i t empfängt, so würde der Arbeitgeber dem Arbeiter, wenn er mit demselben
übereinkäme,
die auf eine g e w i s s e stimmte S u m m e
die j ä h r l i c h e Zahlung
für
Z e i t bedungene Arbeit durch eine b e -
abzulösen,
keinesweges
7500 Thlr.
dafür
geben k ö n n e n ; als die S u m m e , deren Zinsen zu 4 v. H. 3 0 0 T h l r . b e t r a g e n : denn mit 7 5 0 0 T h l r . würde er nicht blofs die Arbeit auf
die
bestimmte
Zeit,
sondern
für
immer
E r w ü r d e nur so viel zahlen k ö n n e n , als hinreicht, beiter, und
auf die bedungene Z e i t ,
durch
die
allmälige
3 0 0 T h l r . jährlich betragen
dem Ar-
durch die Zinsen davon
Erschöpfung
zu s i c h e r n ;
bezahlen.
und dies
als 7 5 0 0 T h l r . ; z. B . auf z e h n
der S u m m e ,
kann
viel
die
weniger
J a h r e offenbar
w e n i g e r als 3 0 0 0 T h l r . (namentlich nur etwa 2 4 3 3 Thlr.).
nur Also
haben
g l e i c h e E i n k o m m e n , o h n e Arbeit und d u r c h Arbeit,
einen
s e h r verschiedenen W e r t h ,
nicht gleich hoch b e s t e u e r t
und dürfen folglich auch
werden.
74 Sodann g e w ä h r e n auch g l e i c h h o h e E i n k o m m e n , Arbeit
und d u r c h
Arbeit,
sch teere
ohne
offenbar ein g a r sehr
verschiedenes Maats der B e h a g l i c h k e i t ;
also kann das E i n -
kommen nicht das M a a f s der S t e u e r sein. In R ü c k s i c h t auf S c h u l d e n
und Zinsen dafür, verhält es
sich ähnlich, wie bei dem V e r m ö g e n . E b e n so in der Rücksicht, dafs die E i n k o m m e n s s t e u e r die für das Volkswohl so nützliche E r w e r b s t h ä t i g k e i t
treffen
würde. Auch
die
Ausmittlung
des B e t r a g e s
würde nur bei den B e s o l d e t e n als die des V e r m ö g e n s .
der
Einkommen
leichter und sicherer
Alle Andern,
die keine
sein,
feste
Ein-
nahme h a b e n : Kaufleute, Fabricanten, Handwerker, L a n d w i r t h e u.s.w.
sind
selber
nicht im S t a n d e ,
Sicherheit, auch nur näherungsweise
ihr E i n k o m m e n
mit
anzugeben.
Folglich kann auch die E i n k o m m e n s s t e u e r
n i c h t die
rechte und billige sein.
§. 50. Anders lichen
ist
es
mit
Ausgaben
dem
der
Verbrauch
oder
D i e s e Ausgaben sind zunächst w e n i g e r , nicht so plötzlich v e r ä n d e r l i c h , men.
Sodann
liegen
den
jähr-
Gesellschafts-Mitglieder.
sie z u T a g e
man etwa die S e l b s t - A n g a b e
und
mindestens
als V e r m ö g e n und E i n k o m und
können also,
anordnet,
wenn
zur Entscheidung
in streitigen F ä l l e n , von den Mitbürgern bestimmter und ohne allzulästiges Eingehen theilt werden.
Ferner
in die persönlichen Verhältnisse
ist die B e s t e u r u n g der Einzelnen
Verhältnifs ihrer Ausgaben die n a t ü r l i c h s t e gaben
stehen
(und das
ist die
und g e r e c h t e s t e ;
die
Genüsse
und
denn
das
eigenen
Meinung;
im
Hauptsache) mit den
leibliche
des Einzelnen in g e r a d e m V e r h ä l t n i s s e ; seiner
beur-
AusWohl
wenigstens nach
und da nun die G e n ü s s e
durch
den Gesellschaftsverband, und nur durch diesen, ihm erhalten und gesichert w e r d e n , so ist es gerecht und billig, dafs er zu den Kosten
des Gesellschaftsverbandes
im Verhältnifs
seiner
75 Genüsse
und folglich im Verhällnifs seiner A u s g a b e n
bei-
s t e u r e ; natürlich mit R ü c k s i c h t auf die geringere oder gröfsere Notwendigkeit oder W o h l f e i l h e i t
der
Ausgaben
und
auf die
Theurung
der Gegend.
Auch trifft die B e s t e u r u n g der A u s g a b e n
nicht die
Er-
w e r b s t h a t i g k e i t , sondern kann nur zur S p a r s a m k e i t
an-
treiben;
der
und diese ist nicht allein ein Förderungsmittel
Sittlichkeit,
sondern
des V o l k s v e r m ö g e n s ;
auch
ein
Vergröfserungsmittel
und aus vergröfsertem V e r m ö g e n
sind
auch wieder vergröfserte Ausgaben ohne V e r s c h w e n d u n g m ö g lich und erfolgen von selbst. D e r Einwand, w e l c h e r sich gegen die
Ausgabesteuer
m a c h e n lafst, dafs durch sie der S p a r s a m e
weniger angezogen
w e r d e n würde, als der V e r s c h w e n d e r ,
ist theils wenig er-
heblich, theils unrichtig: E r s t e r e s , weil die Z a h l der eigentlich Geizigen
nur klein ist und dann ihre Erben gewöhnlich nicht
w i e d e r Geizige sind, also bald reichlich nachzahlen, was ihr E r b l a s s e r e t w a an S t e u e r n zu wenig entrichtet h a t ; Letzteres, weil es gerade R e c h t i s t , dafs der S p a r s a m e w e n i g e r als
der V e r s c h w e n d e r :
Sparsamkeit
denn
eine E r m ä ß i g u n g
Ersterer
verdient
seine
der S t e u e r , L e t z t e r e r eben so
eine B u f s e ; auch hat sich der V e r s c h w e n d e r beklagen:
steure,
für
nicht eben zu
denn wenn er für u n n ü t z e D i n g e sein Geld v e r -
thut, so m a g er auch noch zu N ü t z l i c h e m , nemlich für den Gesellschaftsverband, einen verhältnifsmäfsigen T h e i l hingeben.
§• 51. Beim
ersten
Anblick haben
immer
g e n s - und E i n k o m m e n s s t e u e r Billigkeit;
aber der erste
m e h r augenblicklich rechtigkeit
einer
Aller gefolgt zu sein, sondere
auf dem S a t z e
hüten m ü s s e ,
Gedanke
daran
der Anerkennung
Kopfsteuer während zu
allerdings
Vermö-
einen starken S c h e i n
oder
scheint
doch
der offenbaren gleichen
der nur
Unge-
Besteurung
er an sich selbst nur insbe-
beruhen
scheint,
dafs
man
da zu V i e l zu verlangen und zu n e h m e n ,
sich wo
76 wenig ist; oder auch auf der Meinung, dafs man nur da Viel nehmen dürfe, wo Viel ist, und nur W e n i g , wo Wenig ist. Aber an sich selbst hat diese Meinung eben noch keinen Hechtsoder Billigkeitsgrund: denn wäre sie begründet, so müfste folgerichtig der Begüterte auch Alles, was er kauft, von r e c h t s w e g e n theurer bezahlen, als der Ärmere. Dies geschieht freilich in manchen Fällen; aber nicht mit Fug und Recht. E s w ä r e Das nichts anderes, als der Anfang einer unberechtigten G l e i c h m a c h u n g des Besitzes. Man darf Den, welcher mehr b e s i t z t , oder mehr e i n n i m m t als ein Anderer, noch keinesweges d e s h a l b höher besteuern, weil er mehr hat, oder mehr einnimmt, sondern nur d e s h a l b , weil ihm durch seinen gröfsern Besitz oder durch seine gröfsere Einnahme, die er, nächst seiner eigenen Thätigkeit, dem Gesellschaflsverbande verdankt, mehrere B e h a g l i c h k e i t zugeführt sein k a n n . Da indessen Vermögen und Einkommen, wie oben gezeigt, noch keinesweges das gerade M a a f s der B e h a g l i c h k e i t sind, so sind sie nicht das M a a f s der S t e u e r . Die E r h e b u n g einer Vermögens- oder Einkommenssteuer mag allerdings l e i c h t e r und s i c h e r e r sein, als die der K o p f s t e u e r ; denn sie slöfst wenigstens nur seltener auf die Schwierigkeit, da Etwas zu verlangen, wo nicht Hinreichendes vorhanden ist: aber deshalb ist sie warlich noch keinesweges die billigste. Zusammengenommen verhalt es sich mit der V e r m ö g e n s - oder E i n k o m m e n s s t e u e r , der A u s g a b e s t e u e r gegenüber, wie folgt. Erstlich. V e r m ö g e n und E i n k o m m e n lassen sich nicht richtig a u s m i t t e l n ; nicht einmal von dem Besitzer s e l b s t , und noch weniger von A n d e r n : die A u s g a b e n dagegen liegen zu Tage, und die Selbstschätzung ist eher zu prüfen möglich. Zweitens. V e r m ö g e n und E i n k o m m e n sind ungemein s c h w a n k e n d und v e r ä n d e r l i c h ; sie können schnell, ja augenblicklich, von Vielem sogar in Nichts übergehen: die A u s g a b e n sind es viel weniger.
77 Drittens. V e r m ö g e n s * und E i n k o m m e n s s t e u e r treffen und hemmen die nützliche Thütigkeit zum E r w e r b e von Vermögen und Einkommen: die A u s g a b e s t e u e r kann nur die V e r s c h w e n d u n g hemmen und die S p a r s a m k e i t fördern und ist dadurch ein Mittel zur Beförderung der S i t t l i c h k e i t und zur Vergröfserung des Volks Vermögens. Viertetts. Die V e r m ö g e n s - und E i n k o m m e n s s t e u e r kann leicht ü b e r das Vermögen der Steuerpflichtigen hinausgehen: die A u s g a b e s t e u e r nicht, da Niemand o h n e Ausgaben bestehen kann und eine Zulage zu denselben, die, wie sich weiter unten zeigen wird, für die Ärmsten nicht über den 36ten Theil ihrer Ausgaben sich beläuft, nicht unerschwinglich ist. Fünftens. Endlich (und das ist die Hauptsache) sind V e r m ö g e n und E i n k o m m e n , wie oben gezeigt, nicht das M a a f s des W o h l s e i n s , zu welchem die Staatsgenossen durch die von ihnen zu bezahlenden Kosten der Verwaltung des Staats gelangen, und folglich nicht das richtige Maafs d e r S t e u e r : die A u s g a b e dagegen i s t das M a a f s d e s W o h l s e i n s , und folglich i s t sie auch das richtige Maafs der Steuer. G r u n d s ä t z l i c h dürften also die jährlichen Ausgaben als das richtigste und schicklichste M a a f s d e r B e s t e u r u n g anzusehen sein. Dabei ist dann zunächst weiter Folgendes zu berücksichtigen. §• 52. E r s t l i c h sind die A u s g a b e n , in Geld ausgedrückt, noch nicht ohne Weiteres, nemlich noch nicht in g e r a d e steigendem Verhältnifs, das richtige S t e u e r m a a f s . Es ist n i c h t g a n z g e n u g , dafs z. B. Jemand, der 2000Thlr. jährlich ausgiebt, b l o f s l O m a l so hoch besteuert werde, als ein Anderer, dessen Ausgaben, mit der gleichen Zahl von Familiengliedern, nur 200 Thlr. jährlich betragen. Er mufs etwas m e h r als das lOfache steuern; aus folgenden Gründen. Es zerfallen nemlich die Ausgaben:
78 Erstlich, in g a n z u n v e r m e i d l i c h e ; für Nahrung, Kleidung, Wohnung und Heizung; Zweitens, in diejenigen für A n n e h m l i c h k e i t und B e h a g l i c h k e i t ; neinlich für b e s s e r e Nahrung, Kleidung und W o h n u n g , für Vergnügungen u. s. w . ; Drittens, in ü b e r f l ü s s i g e Ausgaben, für P r u n k und Entbehrliches. Nun kann es sein, dafs a l l e Ausgaben des Ärmeren und Ärmsten von der e r s t e n Art sind, oder dafs ihm doch nur sehr wenig für die von der z w e i t e n Art übrig bleibt; während bei Dem, der mehr ausgiebt, ein schon namhafter Theil davon auf Ausgaben z w e i l e r und selbst Einiges auf Ausgaben d r i t t e r Art kommt. In solchem Fall wird es dem Armen, z. B. D e m , der nach dem obigen Beispiel für sich und seine Familie nur 200 Thlr. ausgiebt, v i e l schwerer werden, 1 Thlr. Steuer zu bezahlen, als Dem, der '2000 Thlr. ausgiebt, 10 Thlr.: denn der Erste inufs sich den 1 Thlr. a b d a r b e n , der Zweite darf nur 10 Thlr. für E n t b e h r l i c h e s weniger ausgeben, oder höchstens Einiges von seinen A n n e h m l i c h k e i t e n opfern. Das G e l d hat gleichsam für den Einen und für den Andern verschiedenen W e r t h ; der Eine mufs die Vortheile, welche er durch die Steuer erkauft, mit e m p f i n d l i c h e r e n Opfern bezahlen, als der Andere. Also ist es billig, dafs Der, welcher 2000 Thlr. ausgiebt, m e h r als die lOfache Steuer Dessen bezahle, dessen Ausgaben nur 200 Thlr. betragen. Indessen ist hierbei g e g e n s c i t s nicht zu übersehen, dafs der Betrag der u n v e r m e i d l i c h e n Ausgaben für die Beiden in dem Beispiele keineswegs g l e i c h h o c h erachtet werden darf; und selbst nicht der Betrag für A n n e h m l i c h k e i t e n . Denn im Allgemeinen wird der Erste geistig höher stehen, als der Andere; d e s h a l b , weil er nur durch die mehrere g e i s t i g e Thiitigkeit die Mittel zu seinen höheren Ausgaben zu erwerben vermag: Dem aber, welcher mehr geistig thatig ist, sind auch viele Dinge, deren der blofse
79 Hand-Arbeiter nicht bedarf, als Studien, Bücher, Werkzeuge vieler Art, selbst bessere Kleidung, Wohnung und Nahrung, zu und bei seinein Erwerbsgeschäft eben so u n e n t b e h r l i c h , wie dein bloisen Werkmann das N o t w e n d i g s t e ; und dann kommen endlich auch die höheren Ausgaben des Ersten dem Armen zu gut und helfen ihn nähren. Die Besteurung des Mehr-Ausgebenden steigt also, der Billigkeit nach, nicht etwa v o n N e u e m in dem Verhältnifs der Höhe der Ausgaben, in dem obigen Beispiel nicht etwa von Neuem auf das lOfache, was zusammen das lOOfache sein würde, sondern w e n i g e r . Das richtige Verhältnifs läfst sich hier offenbar nicht näher ausmitteln, oder in eigentlichem Sinne b e r e c h n e n : indessen ist es immer jedenfalls billig, auf den so eben besprochenen Umstand R ü c k s i c h t zu n e h m e n , und es dürfte wahrscheinlich weder zu viel noch zu wenig sein, wenn man den Steuersatz, vom niedrigsten bis zum höchsten Ausgabebetrage, a u f s er in dem Verhältnifs der Höhe der Ausgabe selbst, stufen weis, und zwar von unten auf s c h n e l l e r zunehmend (weil man aus dem obigen Grunde dem höchsten Satze schneller sich nähern mufs) bis auf das D o p p e l t e steigen liefse; so also, dafs wenn die h ö c h s t e Ausgabe z. B. lOOinal so hoch wäre, als die geringste, jene nahe an 200mal so hoch zu besteuern wäre, als diese. Nennt man von den m ö g l i c h - g e r i n g s t e n Ausgaben, von welchen eine Familie noch zu leben vermag, den (zu g l e i c h e n Theilen vertheilt) auf ein e i n z e l n e s F a m i l i e n g l i e d kommenden T h e i l , Steuer-Einheit, die dann für niedrige und hohe Ausgaben g l e i c h h o c h besteuert wird, so dafs es nur auf die Z a h l d e r S t e u e r - E i n h e i t e n ankommt, so dürfte die einfachste Regel, diese Z a h l zu finden, folgende sein: Man t h e i l e d i e A u s g a b e e i n e r F a m i l i e , in S t e u e r E i n h e i t e n a u s g e d r ü c k t , nach der Z a h l d e r F a m i l i e n g l i e d e r in g l e i c h e T h e i l e . D i e Z a h l von S t e u e r - E i n h e i t e n , w e l c h e s o auf d e n einzelnen T h e i l k o m m t , n e h m e m a n doppelt und ziehe 1
80 davon mal,
ab.
Nimmt
man
dann
als Fainilienglieder
den
Rest
gerechnet
soviel-
wurden,
g i e b t D i e s die Z a h l d e r S t e u e r - E i n h e i t e n
so
für die
F a ini 1 i e. Also wenn z. B. eine auf ein einzelnes Familienglied kommende h ö h e r e
Ausgabe
lOiual
die
möglich-geringste
wäre (die Das ist, was zur Steuer-Einheit angenommen wurde), folglich 10 Steuer-Einheiten, so würden für die höheren Ausgaben nicht 1 0 , Einheiten
sondern 2 0 weniger 1, mithin
anzusetzen sein.
obige Bedingung, höchste
dafs nach ihr der Ansatz,
Ausgabe,
nie
19
Steuer-
Die Regel erfüllt zunächst die
das D o p p e l t e
auch
des
für die
Vielfachen
übersteigt; und dann die Bedingung, dafs sie s c h n e l l
stei-
gende Ansätze giebt; jedoch auch wieder auf die Weise, dafs sich,
wenn die Ausgabe der
möglich-geringsten
nahe
k o m m t , nur w e n i g mehr als das E i n f a c h e findet. Z. ß . für eine Ausgabe von blofs 1 % Steuer-Einheilen 2*/j weniger 1, also blofs l*/3,
giebt sie nur
nicht etwa das Doppelte 2 1 /,.
§. 53. Zweitens Zweien
darf, ganz
in g l e i c h e n
aus
den
obigen Gründen,
äufsern Verhältnissen
und mit
c h e n Ausgaben, der Eine, welcher eine F a m i l i e
von glei-
zu ernäh-
ren hat, billigerweise nicht e b e n s o h o c h besteuert werden, als D e r , welcher a l l e i n
steht; denn von des Erstem Aus-
gaben ist ein gröfserer Theil u n v e r m e i d l i c h , als von denen des Letztern;
und die einzelnen Familienglieder haben von
der gleichen Ausgabe der Familie weniger als der Einzelne.
Behaglichkeit,
Dieser Umstand würde sich wieder durch
folgende R e g e l berücksichtigen lassen: Man
ziehe
von
t e n , die s i c h milie
findet,
m e n t l i c h de»
der
Zahl
der
Steuer-Einhei-
nach der obigen R e g e l sovielmal
20te»
Theil
einen
für die
gewissen,
Fana-
oder 5 von 100 ab,
als F a m i l i e n g l i e d e r g e r e c h n e t werden.
Bei
dem
81 A n s a t z d e r Zahl der Familienglieder müfste m a n , u m a u c h noch d e n F a l l a n g e m e s s e n zu b e r ü c k s i c h t i g e n , w o k e i n e K i n d e r da s i n d , s o n d e r n neben dem H a u p t der Familie nur eine F r a u oder ein a n d e r e r F ü h r e r des H a u s w e s e n s v o r h a n d e n i s t , d i e s e n f ü r zwei F a m i l i e n g l i e d e r a n s c h l a g e n . Nach dieser Regel ergeben sich, wie billig, um so w e niger S t e u e r - E i n h e i t e n , je gröfser die Z a h l der Familienglieder ist. Es beirage z. B. die jährliche Ausgabe einer Familie 120 Steuer-Einheiten. Sind nun 10 Familienglieder vorhanden, so würde die Berechnung des Steuer-Ansatzes für die Familie folgende sein. Von den 120 Steuer-Einheiten kommen auf j e d e s der 10 Familienglieder 12. Diese nach der obigen e r s t e n Regel doppelt genommen und 1 davon abgezogen, giebt 23 Einheiten für jedes einzelne der 10 F a milienglieder, also 230 Steuer-Einheiten für die ganze Familie. Davon nun nach der z w e i t e n Regel für die 9 neben dem Haupte der Familie vorhandenen Glieder 10 mal 5 auf 100 (nemlich die Frnu für 2 Familienglieder gerechnet), also 50 von 100 abgezogen, läfst 115 Einheiten; welche die Familie von 10 P e r s o n e n , neinlich aus Mann, Frau und 8 Kindern bestehend, zu versteuern haben würde. Wären dagegen aufser der Frau nur drei Kinder, also zusammen nur 5 Familienglieder vorhanden, so würden auf jedes Familienglied von den 120 Steuer-Einheiten 24 kommen. Dieses doppelt genommen und 1 davon abgezogen, giebt 47 Einheiten für jedes einzelne der 5 Familienglieder und 235 Einheiten für die ganze Familie. Hiervon 5 mal 5 vom Hundert oder l / t für die Frau und die Kinder abgezogen, läfst 176% Einheilen; welche die Familie von 5 P e r s o n e n , nemlich Mann, Frau und 3 Kinder, zu versteuern haben würde. Wären weder Frau noch Kinder vorhanden, so würde der E i n z e l n e , mit 120 Einheiten Ausgabe, 2 mal 120 weniger 1, also 239 Einheiten versteuern müssen. Also von der g l e i c h e n Ausgabe von 120 Steuer-Einheiten wären zu versteuern:
6
82 115 Einheiten, wenn die Familie Frau und 8 Kinder hat, 176'/ 4 Einheiten, wenn aufser der Frau nur 3 Kinder da sind, und 239 Einheiten, wenn der Steuernde aHein steht. Dieses Verhälluib dürfte angemessen sein. §• 54. D r i t t e n s . Die T h e u r u n g oder W o h l f e i l h e i t des Orts inufs nothwendig ebenfalls bei der Besteurung berücksichtigt werden, weil von zwei Familien, mit g l e i c h e n Ausgaben und in gleichen äufsern Verhältnissen, diejenige, welche an dem t h e u r e r e n Orte lebt, auf ihre n o t h w e n d i g e n u n d u n v e r m e i d l i c h e n Bedürfnisse einen grötsern T h e i l ihrer Ausgaben verwenden inufs, als die andere am w o h l f e i l e r e n Orte, also mit derselben Ausgabe weniger B e h a g l i c h k e i t erlangt, als die letztere. Die atn t h e u r e r e n Orte lebende Familie mufs w e n i g e r h o c h besteuert werden, als die, welche mit den g l e i c h e n Ausgaben am w o h l f e i l e r e n Orte in gleichen Verhältnissen lebt. Letztere mufs eine g r ö f s e r e Z a h l von Einheilen versteuern. Diese billige Bedingung wird sich wieder sehr einfach dadurch erfüllen lassen: D a f s m a n alle S t e u e r - E i n h e i t e n , g l e i c h v i e l ob h o c h o d e r n i e d r i g , gleich hoch besteuert; denn die g l e i c h e Ausgabe macht am wohlfeilem Ort m e h r S t e u e r - E i n h e i t e n aus, als am theuern, weil dort die SteuerEinheit s e l b s t , nemlich Das was von der m ö g l i c h - g e r i n g s t e n Ausgabe auf ein Familienglied kommt, g e r i n g e r ist. Wenn z. B. von zwei Familien, jede von 5 Personen und die jede 600 Thlr. jährlich ausgeben, die eine an einem t h e u e r n Orte, wo die Steuer-Einheit auf 20 Thlr. gerechnet werden mufs, die andere an einem w o h l f e i l e m Ort, wo die SteuerEinheit nur 10 Thlr. beträgt, in sonst gleichen Verhältnissen lebt, so hat die erste 30, die andere 60 Einheiten zu versteuern.
83 Dies giebt nach der obigen Berechnungs-Art für jedes Glied der e r s t e n Familie 6 und dies doppelt genommen, weniger 1, 11, also für die 5 Familienglieder 5 5 Einheiten, wovon 5 mal 5 von Hundert, also '/4 abzuziehen sind, so dafs die e r s t e Familie 41'/ 4 E i n h e i t e n zu versteuern hat. Für jedes Glied der z w e i t e n Familie dagegen ergeben sich 12, und dies doppelt genommen, weniger 1, 2 3 , also für die 5 Familienglieder 115 Einheiten und ein Vieriheil davon abgezogen, 86 '/ 4 E i n h e i t e n , welche die zw e i l e Familie versteuern müfste; so dafs also, da die Steuer für die verschiedenen Einheiten g l e i c h h o c h ist, die an dein nur h a l b so theuem Orte lebende Familie etwa d o p p e l t so viel Steuer zu bezahlen haben würde, als die andere; was ganz billig ist, da ihr die doppelte Steuer nicht schwerer fällt, als der anderen Familie am theuern Orte die einfache. Der Arme und der Arbeiter wird übrigens durch diese Regel nicht etwa am wohlfeilem Orte härter getroffen, als am theuern, weil er dort, wo die Steuer-Einheit geringer ist, auch weniger verdient und folglich weniger ausgiebt, als am Iheuern Orte. Man wende gegen diese Berechnungs-Art der Steuern nicht etwa ein, sie sei zu verwickelt, oder gar, sie sei zu m ü h s a m . W a s die Absicht hat, G e r e c h t i g k e i t u n d B i l l i g k e i t zu üben, darf n i e unterbleiben, wäre es auch w i r k l i c h verwickelt und mühsam; was indessen hier wohl schwerlich der Fall ist. Waren selbst die schwierigsten algebraischen Rechnungen nölhig, so m ü f s t c n sie, falls dadurch ein gutes Ziel erreicht werden kann, angewendet werden. Die künstlichen und schwierigen Rechnungen würden dabei nur einen nützlichen und würdigen Gegenstand mehr zu Anwendungen finden. §. 55. Es kommt nun weiter darauf an, wie am leichtesten, sichersten und am wenigsten in die innern Familienverhältnisse eindringend, die j ä h r l i c h e n A u s g a b e n der Staatsmitglieder a u s z u m i l t e l n oder zu s c h ä t z e n sein dürften. 6*
84 Hiebei ist erst vorab folgende Bemerkung wegen der Personen nölhig, d i e im S o l d e A n d e r e r s t e h e n . Es sind für die Besteuerung z w e i Arten dieser Personen zu unterscheiden. Die e r s t e Art ist die, deren Leistungen lediglich zur B e q u e m l i c h k e i t und B e h a g l i c h k e i t der Soldgeber dienen; wie Hausgesinde und männliche und weibliche Diener aller Art. Die z w e i t e Art ist die, welche für das G e w e r b e des Soldgebers arbeiten; wie z . B . die Gehülfen eines Handwerksmeisters, die Fabrik-Arbeiter, die zum Ackerbau nöthigen Gehülfen u. s. w. Die Besoldeten s e l b s t , von b e i d e n Alten, müssen offenbar nach der obigen Berechnungs- Art für die Höhe der jährlichen Ausgaben besteuert werden, die sie nach ihrem Stande und nach ihrer Lebensweise zu machen haben würden, wenn sie ihre Dienste rein baar bezahlt bekämen; was vielleicht theilweise, oder gar nicht der Fall sein wird; nemlich da, wo sie vom Soldgeber, statt baaren Geldes, Wohnung, Nahrung und Kleidung erhalten. Sodann aber sind die Kosten, welche die Besoldeten dem S o l d g e b c r verursachen, bei der z w e i t e n Art der Besoldeten, die ihm bei seinem Geschäft helfen, n i c h t als Theil seiner e i g e n e n Ausgaben anzurechnen; w o h l a b e r allerdings bei der e r s t e n Art, durch welche sich der Soldgeber blofs zu seiner Behaglichkeit bedienen läfst. Die Leistungen der Besoldeten z w e i t e r Art, für sein G e w e r b e , erkauft nemlich der Soidgeber nicht, um den E r trag derselben für sich zu behalten, sondern nur, um ihn wieder zu verkaufen und aus dem Gewinn, den er dabei zu machen gedenkt, die Mittel zu seinen eigenen Ausgaben zu erwerben ; so dafs der Sold, welchen er zahlt, nicht eine A u s g a b e für sich selbst ist, sondern nur eine A u s l a g e . Dieser Sold kann ihm also eben so wenig als ein Theil der Ausgaben f ü r s i c h angerechnet werden, als z. B. dein Kaufmann D a s , was er für die Waaren zahlt, welche er kauft, um sie wieder zu verkaufen. Die Leistungen der Besoldeten e r s t e r Art dagegen, für seine B e h a g l i c h k e i t , kauft der Soldgeber,
85 um sie für sich zu behalten und zu seiner Bequemlichkeit zu verwenden: ihre Kosten sind also ein wesentlicher Theil seiner e i g e n e n Ausgaben und müssen folglich auch von ihm versteuert werden; eben wie beim Kaufmann etwa die Kosten desjenigen T h e i l s der erkauften Waaren, die er und seine Familie selbst verbrauchen. S o findet bei der e r s t e n Art der Besoldeten nicht etwa eine d o p p e l t e Besteurung Statt: denn z. B. ein Diener, der aufser dein Hause seines Herrn wohnte und von ihm seinen ganzen Sold in baarem Gelde erhielte, würde zunächst offenbar für die Ausgaben steuerpflichtig sein, die er machen müfsle, um zu leben: denn ob er seinen Lohn baar, oder ganz oder zum Theil durch Wohnung Nahrung, Kleidung u . s . w . erhält, macht keinen Unterschied; sodann aber erhöhen sich die Ausgaben des S o l d g e b e r s uin so viel, als der Lohn des Dieners beträgt; so dafs der Betrag dieses Lohns auch von i h m n o c h zu versteuern ist. Wo die Leistungen eines Besoldeten von dem Soldgeber z u m T h e i l zu seiner Behaglichkeit, z u m T h e i l für sein Gewerbe benutzt werden, wie z.B. bei den sogenannten Hausdienern, mufs, während der Besoldete, wie immer, seine Ausgaben versteuert, dem Soldgeber der Werth des e r s t e n T h e i l s der Leistungen des Besoldeten noch zu den eigenen Ausgaben angerechnet werden; z. B. die H ä l f t e des Lohns des Besoldeten. §. 56. Mit Rücksicht auf diese Beobachtung dürften nun die jährlichen Ausgaben der verschiedenen Slaatsmitglieder auf folgende Weise auszumitteln, oder zu schätzen sein. Erstlich. Von allen Denjenigen, welche gleichförmig eine einfache Lebensweise führen, lassen sich die Ausgaben recht gut und ohne fast irgendwo die Billigkeit erheblich zu verletzen, mit Rücksicht auf die verschiedene Theurung des Wohnorts, durch den G e m e i n d e - V o r s t a n d s c h ä t z e n . Es sind dieser Personen eine sehr grofse Menge; sie machen sogar die grofse Masse des Volks aus. Es sind die Tagelöhner aller
86 Art, in den Städten und auf dem Lande, männliche und weibliche; die Handwerks- und sonstigen Geschäftsgehülfen und Fabrik-Arbeiter; die Handwerksmeister, welche ohne Gehüifen arbeiten; die Eigenthümer kleiner Landstücke; die ganz kleinen Händler u. s. w., also fast die Gesammtheit Derer, welche k ä r g l i c h leben. Von allen Diesen lassen sich die Ausgaben ohne Mühe und mit möglichster Sicherheit schon aus ihrer E i n n a h m e schätzen, weil hier vorauszusetzen ist, dafs ihr die Ausgabe g l e i c h sei. Und dies ist sehr günstig, da es b e s o n d e r s darauf ankommt, dafs Denen nicht Unrecht geschehe, die nur Wenig haben. Zweit ens. Von allen Denen, die ein b e s t i m m t e s , bekanntes E i n k o m m e n haben, von wclchem allein sie leben, wie z . B . die meisten B e a m t e n , darf man im Aligemeinen und ohne Unbilligkeit annehmen, dafs sie ihr Einkommen auch ganz a u s g e b e n . Von allen Diesen ist also die Höhe der Ausgaben ohne Weiteres b e k a n n t . Behauptet Einer oder der Andere, dafs er w e n i g e r ausgebe (was aber wohl nur selten geschehen dürfte), so würde er es nachweisen müssen. Hat Jemand neben seinem Amt, mit so geringem Gehalt, dafs er davon nicht leben kann, noch andern Erwerb, oder giebt er olTenkundig aus seinem Vermögen viel mehr aus, als sein Gehalt beträgt, so gehört er zu der folgenden dritten Art der Abzuschätzenden. Dritt ens. Diese sind nemlich alle Übrigen, zu den Obigen nicht zu zählenden, deren Einkommen nur ihnen selbst näher bekannt ist, ja zum Theil nicht einmal von ihnen selbst im voraus mit Sicherheit angegeben werden kann. Es sind die Kaufleule aller Art; die Handwerker, welche mit Gehülfen arbeiten; die Fabricantcn und andere Geschäftsleute; die Hausund gröfseren Grundbesitzer; die Künstler, Ärzte, RechtsAnwälte, die Rentner u. s. w. Von allen Diesen lasse man zunächst ihre j ä h r l i c h e n A u s g a b e n s e l b s t angeben. In v i e l e n Fällen werden diese Steuerpflichtigen Nutzen davon haben, oder zu haben glauben, wenn sie ihre Ausgaben eher
87 s u hoch, als EU niedrig angeben; auch in Beziehung auf die W a h l e n d e r V o l k s v e r t r e t e r ; wovon weiter unten. Kommen Angaben vor, die o f f e n b a r EU niedrig scheinen, so mögen sie zunächst von Denen, welche sie machten, gerechtfertigt werden; und ist die Nachweisung nicht befriedigend, so entscheide eine gröfsere oder geringere Zahl von Mitbürgern des Betheiligten, von welchen man weifs, dafs ihnen seine Lebensweise bekannt ist, unter dem Vorsitze der Obrigkeit. Solche Fälle dürften indefs wohl nur ausnahmsweise und sogar nur selten vorkommen. §. 57. Auf solche Weise dürften sich, scheint es, die jährlichen Ausgaben der Slaatsgenossen ohne grofse Schwierigkeit und Mühe und ohne lästiges Eindringen in die Familienverhältnisse mit h i n l ä n g l i c h e r , jedenfalls mit weit gröfserer Sicherheit au8mitteln lassen, als Vermögen und Einkommen; und die zu erlangende Sicherheit wird um so mehr ausreichend sein, weil e s , wie sich unten näher zeigen wird, gar nicht darauf ankommt, dafs etwa die Schätzungen im A l l g e m e i n e n z u n i e d r i g ausfallen, sondern nur darauf, dafs möglichst das richtige V e r h ä l t n i f s der verschiedenen Höhe der Ausgaben ermittelt werde; weshalb man denn auch als Regel annehmen müfste, die zu Schätzenden, besonders von der obigen e r s t e n Art, n i c h t zu h o c h anzusetzen. E s versteht sich übrigens, dafs bei allen Abschätzungen der jährlichen Ausgaben nur r u n d e S u m m e n , und zwar V i e l f a c h e der für jede Gegend, ebenfalls in runder S u m m e vorher festgestellten S t e u e r - E i n h e i t anzunehmen sind, so dafs die Zahl der S t e u e r - E i n h e i t e n , worauf es nur ankommt, immer eine g a n z e Zahl ist. Trifft eine Ausgabesuinme, in Steuer-Einheiten berechnet, zwischen zwei ganzen Zahlen, so würde die k l e i n s t e der beiden anzusetzen sein. Die Besteurungs-Art wäre so der jetzigen C l a s s e n s l e u e r ä h n l i c h ; nur dafs ihre Höhe für die Einzelnen nach
86 der oben beschriebenen andern Art a u s g e m i t l e l t wird, dafs sie nicht eine blolse Hülfssteuer,
sondern die
gesnmmte,
von den Einzelnen zu entrichtende Steuer ist, und dafs sie, wie weiter unten folgt, anders zu erheben wäre. §. 58. Nachdem
auf die beschriebene Weise
die
Zahl
der
S t e u e r - E i n h e i t e n für die einzelnen Personen und Familien und anderseits
die Summe
des S t e u e r b e d ü r f n i s s e s
der
Staatsverwaltung ausgemitlelt worden ist, giebt letztere Summe, durch
die
G e s a mint z a h l
unmittelbar die auf j e d e
der Steuer - Einheilen Einheit
gelheilt,
anzuschlagende
Steuer,
und dann weiter diese, für jede einzelne Person oder Familie sovielmal genommen, als auf sie S t e u e r - E i n h e i t e n die S t e u e r
selbst,
kommen,
welche der Einzelne oder die Familie
zu entrichten hat. Eine s i c h e r e Berechnung läfst sich nach diesen Grundsätzen natürlich nur dann erst aufstellen, wenn die beschriebenen Ausmiltelungen gemacht sind. ungefähren
Begriff
von
Um indessen einen
dem Ergebnifs
obigen Gründen b i l l i g e n Steuerverlheilung len wir folgendes B e i s p i e l
dieser,
ganz
aus
den
zu geben, wol-
in D u r c h s c h n i l t z a h l e n
auf-
stellen. W i r können dabei weder auf die Einzelnen, noch auf die Verschiedenheit
der Zahl der Familicnglieder, so wie auch
nicht auf die nach der Theurung oder Wohlfeilheit der G e gend
sich
richtende
Steuer-Einheiten geführe
Verschiedenheit
Rücksicht
nehmen,
des Geldbetrages
der
sondern für eine
h»-
nur Familien
von
Durchschnittsberechnnng
5 Personen ansetzen; also für die 17 Millionen Bewohner des Preufsischen Slaats 3 % Millionen F a m i l i e n . schnittlichen
F ü r den d u r c h -
Geldbetrag der Steuer-Einheit mögen 1 5 T h l r .
angenommen werden; von dem Gesichtspunct ausgehend, dafs im
Durchschnitt
150 Thlr. die
geringste
Summe
von welcher Mann, Frau und S Kinder leben können.
sei,
Ferner
89 wollen wir für diese D u r c h s c h n i t t s b e r e c h n u n g nur 7 verschiedene Classen annehmen, nemlich: zu 75, 150, 300, 600, 1200, 3000 und 12000Thlr. j ä h r licher Ausgabe, also zu 5, 10, 20, 40, 80, 200 und 8 0 0 S t e u e r - E i n heiten. So viel sich aus den Ergebnissen bei der b i s h e r i g e n C l a s s e n s t e u e r v e r m u l h e n läfst, dürfte aus der G e s a m m t zahl 1 Familie auf 5,27, 2,83 4,25, 6,62, 22,67, 68 und 680 mit 75, 150, 300, 600, 1200,3000 und 12000 Thlr. jährlicher Ausgabe zu rechnen sein. Nach den obigen Regeln in (§. 52. und 53.) ergiebt sich dann Folgendes. In der ersten oder untersten Classe kommen von den 5 Steuer-Einheiten auf jedes der 5 Familienglieder 1 Steuer-Einheit. Dieses doppelt genominen und 1 davon abgezogen, giebt wieder 1 Einheit, also für die 5 Familienglieder 5 Einheilen. Hiervon nach (§. 53.) 5 mal 5 auf 100, also 25 auf 100, nemlich 2 mal 5 für die Frau und 3 mal 5 auf 100 für die 3 Kinder abgezogen, läfst 3'/t Steuer-Einheiten; welche die Familie zu versteuern haben würde. Auf dieselbe Weise für die folgenden Classen gerechnet, ergeben sich für dieselben der Reihe nach l l l / 4 , 26'/ 4 , 5 6 1 1 6 ' / 4 , 296'/ 4 und 11961/« Steuer-Einheiten. Die Übersicht des Ergebnisses der Rechnung ist folgende.
90 Classe
Zahl der Familien
Jährliche Ausgabe der Familie
Nemlich 1 auf
Dieselbe in StenerEinheiten
615 0 0 0
5,27
-
2.
1200 000
2,83
150
-
10
-
3.
800 0 0 0
4,25
300
-
20
-
4.
550000
6,62
600
-
40
-
5.
150 0 0 0
22,67
1200
-
80
-
6.
50000
68
3000
-
200
-
7.
680
12000
-
800
N o . 1.
5 000
75 T h l r .
5
Z u s a m m e n 3 400 000 Summe der jährlichen Ausgaben
Tliut SteuerEinheiten
Classe
3 225 0 0 0
N o . 1.
-
3% 11% 26%
21 0 0 0 0 0 0
-
56 %
3 0 937 5 0 0
180 0 0 0 0 0 0
-
17 4 7 3 5 0 0
10 000 0 0 0
150 0 0 0 0 0 0
-
yt 296%
11812 500
1 (MX) 0 0 0
60 000 000
-
1196'/ 4
5 981 2 5 0
4 8 375 OOOThlr.
12 000 0 0 0
180 0 0 0 0 0 0
3.
16 0 0 0 0 0 0
240 000 000
4.
22 000 000
330 000 000
5.
12 0 0 0 0 0 0
-
6.
-
7.
-
2.
-
Zu verThut solcher steuernde Einheiten Einheiten
-
n e
Z u s a m m e n 79 225 0 0 0 1188 375 OOOThlr.
2 418 750 13 5 0 0 0 0 0
Z u s a m . 106 087 500.
§• 59. A n g e n o m m e n nun, die S t e u e r b e d ü r f n i s s e
der V e r w a l -
tung b e t r u g e n 70 bis 71 M i l l i o n e n T h a l e r , a u f s e r d e m E r t r a g e d e r S t a a t s g ü t e r ( D o i n a i n e n ) , so miifsle j e d e d e r 1 0 6 0 8 7 5 0 0 zu
versteuerden
besteuert Wir Summe Kosten
Einheiten
mit
etwa
20
Silbergroschen
werden. nehmen f ü r das S t e u c r b e d ü r f n i f s j e n e
an,
damit
die M i t t e l v o r h a n d e n
bedeutende
sein m ö g e n :
zu den
des unentgeltlichen untern V o l k s - U n t e r r i c h l s , zur F o r t -
s e t z u n g d e r Strarsenbaiic
und a n d e r e r
zur K r i e g s f l o t t e , zur B e s c h l e u n i g u n g
Landesverbesserungen,
der A b l ö s u n g der S t a a t s -
s c h u l d , zur B e f ö r d e r u n g d e r A n s i e d l u n g
d e r A r b e i t e r u. s. w .
91 Dieäes giebt dann folgenden Steuerbetrag ftir die verschiedenen Classen. Classe
No. 1. - 2. - 3. - 4. - 5. - 6. - 7. Zusam.
Zahl der Familien
Zo d e r jährlichen Ausgabe von
Die F a m i l i e hat an S t e u e r zu b e z a h l e n : Für Zu Thut
645 000 75Thlr. 3% Einheiten 150 1200 000 11*/. - 800 000 300 26 y 4 - 56'/, - 550000 600 116'/, - 150 000 1200 296 y t - 50000 3000 5 0 0 0 12000 - 1196'/ 4 - 3400000 Classe
No. -
1. 2. 2. 4. 5. 6. 7.
T h u t Ton ihrer Ausgabe
3'/, 5 5 5 /,
20Sgr. 2 , / 1 Thlr. 20 7'/, 20 - 17% 20 - 37% 20 - 77'/, 20 - 197'/, 20 - 797'/, -
Und zusammen an S t e u e r
auf 100 -
1612 500 Thlr. 9 000 000 14 000 000 20 625 000 6% - 11625 000 6"/u ~ 67/" 9 875 000 3 987 500 6"/