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German Pages 274 [278] Year 2018
Anette Baumann Visitationen am Reichskammergericht
bibliothek altes Reich
Herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal
Band 24
Anette Baumann
Visitationen am Reichskammergericht
Speyer als politischer und juristischer Aktionsraum des Reiches (1529–1588)
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Hessische Ministerium für Justiz.
ISBN 978-3-11-057116-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-057405-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-057140-0 ISSN 2190-2038 Library of Congress Control Number: 2018936210 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Spira. Ansicht von Südosten/Ost. Kupferstich, sign. links unter dem Bildrand AFfec. Druck: Spirae Nemetum Sumptibus Iacobi Siuerts 1660. Exemplar: Pfälzische Landesbibliothek Speyer. Signatur/Inventar-Nr.: 4.2186 Rara. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort Diese Monographie entstand im Rahmen meines DFG-Projekts Speyer als Zentralort des Reiches. Schon bei der Antragstellung erhielt ich vielfältige Unterstützung: Zu danken ist hier vor allem Prof. Horst Carl (Gießen), der so manchen wichtigen strategischen Hinweis gab, und dem damaligen Leiter der Abteilung Kulturelles Erbe der Stadt Speyer, Dr. Joachim Kemper, dessen kollegiale und unkomplizierte Art ich in dieser Zeit sehr zu schätzen gelernt habe. Im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien wurde ich während meines dreimonatigen Aufenthaltes sehr freundlich und zuvorkommend aufgenommen. Herrn Mag. Thomas Just, Direktor des Archivs, und Herrn Dr. Ernst Petrisch sowie den Mitarbeitern am Projekt der Verzeichnung der Reichshofratsakten, Dr. Ulrich Rasche und Dr. Tobias Schenk, sei hier besonders gedankt. In schöner Erinnerung sind mir auch die Diskussionen mit Dr. Eva Ortlieb (Graz) geblieben, die ich immer wieder zum wissenschaftlichen Austausch traf. Der gesamte Lehrstuhl Frühe Neuzeit in Gießen nahm während der Laufzeit des Projektes lebhaften Anteil an meinen Arbeiten. Besonders danken möchte ich Dr. Annette Cremer, Prof. Dr. Alexander Jendorff und Priv. Doz. Dr. Ulrike Ludwig. Sie lasen Teile meiner Texte, kommentierten, kritisierten und munterten auf. Die Privatissimini (Simone Brehmer, Lena Frewer, Sarah Maria Noske, Larissa Sebastian und Roman Tischer) zeigten mir, welchen großen Spaß Lehre an aktuellen Forschungsprojekten machen kann. Die Sitzungen mit ihnen sprühten vor Lebendigkeit und Ideen. Lena Frewer danke ich zudem für die sorgfältige Korrektur des Textes, Sebastian Halbe für die Überarbeitung der Datenbank und Christina Dierschke für die Erstellung der Statistiken. Der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, deren Forschungsstelle in Wetzlar ich seit mehr als 20 Jahren leite, kam mit Infrastruktur zur Hilfe. Ihr sei ebenfalls ausdrücklich gedankt. Dank auch Frau Müller von der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung für ihre Arbeiten am Layout. Mein Mann wies immer wieder beharrlich darauf hin, dass das Leben nicht nur aus Wissenschaft besteht. Seine Hilfe und Verständnis waren und sind mir außerordentlich wichtig. Das Buch ist meinem Vater gewidmet, der am Tag meiner Rückkehr aus Wien verstarb. Seine Souveränität und Ausstrahlung beeindruckten viele. Er hat meine Neugierde gefördert und gelehrt, auch unkonventionell zu sein. Friedberg (Hessen), im Oktober 2017
https://doi.org/10.1515/9783110574050-001
Anette Baumann
Inhaltsübersicht Einleitung Quellen
1 6
Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum Das Ereignis der Visitation in Speyer
15
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Die Verhandlungsgegenstände der Visitation
54
Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise Die Arbeit der Richter
71
99
Das Ringen um Disziplin oder die Suche nach der Definition angemessenen Verhaltens 125 Die Definition von Landfriedens- und Religionsfriedensbruch als zentrale 138 Aufgabe des Gerichts Die Reichsstadt Speyer als Verhandlungsgegenstand in den Visitationen 151 Der Abschluss der Visitation: Von Visitations- und Reichstagsabschieden, Memorialen und Gemeinen Bescheiden oder einige Bemerkungen zur Wirkung von Gesetzen 159 Speyer als Zentralort des Reiches
166
Reichskammergerichtsvisitation, Reichstag und Reichsdeputationstag im Vergleich 188 Zusammenfassung und Fazit Glossar
197
204
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
207
Inhaltsübersicht
Abbildungsverzeichnis
220
Abkürzungsverzeichnis
221
Quellen- und Literaturverzeichnis Orts- und Personenregister
245
222
IX
Abb. : Spira. Ansicht von Südosten/Ost. Kupferstich, sign. links unter dem Bildrand AFfec. Druck: Spirae Nemetum Sumptibus Iacobi Siuerts . Exemplar: Pfälzische Landesbibliothek Speyer. Signatur/Inventar-Nr.: . Rara.a
Einleitung Der Jurist und Reichskammergerichtsschriftsteller Wilhelm Roding veröffentlichte 1598 die Pandectae camerales adiuncta ¹, eine Art Handbuch des Rechts, das die Prozessführung am Reichskammergericht erklärte und in mehreren Auflagen erschien. Die Ausgabe von 1660 enthält ein Titelkupfer mit einem Reichsadler in der Mitte, auf dessen Brust ein Schild mit dem Titel Rodingii Pandectae camerales adauctae geheftet ist. Die Flügel des Adlers sind von zwei Waagschalen der Waage der Gerechtigkeit überdeckt, die von einer aus den Wolken ragenden Hand gehalten wird. Auf der rechten Waagschale liegt ein Richtschwert, während auf der linken, sich nach unten neigenden Schale, ein Buch mit der Aufschrift ius camerale befindet. Über dem Adler wölbt sich eine Kartusche mit der lateinischen Devise Ferro praeponderat aequum ². Der untere Rand des Titelkupfers zeigt eine Stadtansicht Speyers mit dem Dom und der nach rechts anschließenden Stadt. Der Rhein ist von einer Kartusche mit der Druckerangabe verdeckt. Die ganze Szene wird vom göttlichen Auge am oberen Bildrand beobachtet. Das Titelkupfer fasst anschaulich in visualisierter Form die vielfältigen Themen des Buches zusammen: das Reichskammergericht, Kaiser und Reich sowie die Reichsstadt Speyer. Das Reichskammergericht wurde 1495 auf dem Wormser Reichstag mit dem Ziel gegründet, den Frieden im Reich zu sichern. Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, hatte man das Gericht professionell ausgestattet: Es gab Senate mit gelehrten und geprüften Richtern³ sowie weiterem professionellen Personal, wie Advokaten, Prokuratoren, Sekretären, Notaren, etc. Grundlage der Entscheidungen des Reichskammergerichts bildeten das Reichsrecht, das ius commune oder römisches Recht, territoriale und lokale Partikularrechte sowie das Gewohnheitsrecht.⁴ Zudem gab es unterschiedliche Möglichkeiten der Prozessführung: In erster Instanz Citations- und Mandatsverfahren sowie Verfahren wegen Landfriedensbruch, aber auch Appellationsverfahren u.a. wegen Rechtsverweigerung, Verfahrensfehlern etc.⁵ Insgesamt war das Reichskammergericht nicht nur für verfassungsrechtliche Probleme und Konflikte zuständig, sondern auch für poli-
August Ritter von Eisenhart: Artikel Roding, Wilhelm, in: ADB 29 (1889), S. 30–32. Frei übersetzt: Recht überwindet die Gewalt. Sie wurden zeitgenössisch Assessoren, Beisitzer oder Urteiler genannt. Karl Härter: Das Heilige römische Reich deutscher Nation als mehrschichtiges Rechtssystem, in: Stephan, Wendehorst (Hrsg.), Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien. Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation (baR 5). Berlin/München/Boston 2015, S. 327–347, S. 342. Härter: Reich als mehrschichtiges Rechtssystem, S. 342. https://doi.org/10.1515/9783110574050-002
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Einleitung
tische, soziale und wirtschaftliche Fragen.⁶ Entscheidend blieb immer die Erhaltung des Friedens, denn man glaubte im 16. Jahrhundert, dass sich politische Konflikte in Rechtsfälle transformieren und gerichtlich entscheiden [ließen].⁷ Im diesem Buch soll jedoch keine Geschichte des Reichskammergerichts des 16. Jahrhunderts geschrieben werden, auch wenn dies ein wichtiges Forschungsanliegen wäre. Vielmehr soll hier nur ein Teilaspekt, die Visitationen des Reichskammergerichts, im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. Dabei handelt es sich um eine Art Evaluationskommission des Gerichts, die weitreichende Befugnisse hatte. Sie gilt auch als Brückenglied zwischen Reichskammergericht und Reichstag.⁸ Schon bei der Gründung des Reichskammergerichts auf dem Reichstag zu Worms zeichnete sich die Notwendigkeit ab, dass das Reichskammergericht einer Art Kontrollinstanz bedurfte.⁹ Diese Rolle war ursprünglich dem Reichsregiment zugedacht worden, später übernahm der Reichstag die Aufgabe. Die genauen Hintergründe sind nach wie vor unklar. Auf dem Konstanzer Reichstag von 1507 beschlossen die Teilnehmer, dass am Ende eines jeden Jahres eine Rechnungsprüfung bezüglich der Finanzierung des Reichskammergerichts vorzunehmen sei.¹⁰ Diese Kommission sollte aus dem König, einem Kurfürsten und einem Fürsten bzw. deren Räten bestehen. Den Reichsständen gelang es in mehreren Verhandlungen, noch weitere Beteiligte durchsetzen. Einen bestimmten Namen erhielt diese Kommission nicht. Erst die Reichskammergerichtsordnung von 1521 bezeichnet unter dem Tit. 5 diese Art von Kommission als Visitation. Zentrale Rolle bei der Visitation sollte die Unterhaltssicherung des Gerichts und die Abstellung von Gebrechen und Notdurft spielen.¹¹ Visitation ¹² bezeichnet zunächst einen Vorgang, der mit unterschiedlichen Synonymen beschrieben wird. So kann der Begriff Visitation Versammlung be-
Härter: Reich als mehrschichtiges Rechtssystem, S. 343. Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. I, Reichspublizistik und Policeywissenschaft 1600–1800. München 1988, S. 138. Siehe hierzu Maximilian Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht. 1556– 1586 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 17). Wetzlar 1995. Klaus Mencke: Die Visitationen am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert. Zugleich ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Rechtsmittels der Revision (QFHG 13). Köln/Wien 1984, S. 9. Mencke: Visitationen, S. 8. Mencke: Visitationen, S. 7. Zur Definition der Visitation des Reichskammergerichts siehe auch Anette Baumann: Visitationen des Reichskammergerichts: Akteure und Handlungsspielräume, in: Anette Baumann/ Joachim Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016, S. 68–84, S. 71f.
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deuten. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch von Geschäft, actus, aber auch von Verrichtung oder Untersuchung gesprochen.¹³ Bezüglich des Reichskammergerichts unterschied man zwischen ordentlicher und außerordentlicher Visitation. Als ordentliche Visitationen wurden diejenigen Visitationen bezeichnet, deren Zusammensetzung den Vorgaben der Reichsgesetze entsprach. Das bedeutete, dass nach einem bestimmten Schema Reichsstände für die Visitation abgeordnet wurden. Gesetzlich war zudem festgelegt, dass jede Visitation jährlich am 1. Mai beginnen sollte. Hierzu war keine gesonderte Beschlussfassung auf dem Reichstag notwendig. An einer ordentlichen Visitation nahmen auch Reichsstände teil, die nicht ausdrücklich dazu aufgefordert worden waren. Die Visitation war gleichsam für jedermann offen. In der Literatur hat sich dafür der Begriff der gemischten Visitation durchgesetzt.¹⁴ Im Gegensatz dazu musste eine außerordentliche Visitation auf dem Reichstag beschlossen werden. In diesem Fall konnten die Reichsstände, die die Visitation vornahmen, willkürlich gewählt werden. Für eine außerordentliche Visitation musste es einen besonderen aktuellen Anlass geben.¹⁵ Eine dritte Möglichkeit für die Aussetzung einer Visitation bestand darin, dass eine ordentliche Visitation auf Grund politischer Gegebenheiten unmöglich war und der Reichstag keine außerordentliche Visitation einberufen wollte oder konnte. In diesen Zeiträumen wurden die üblichen Kommunikationswege zwischen Kaiser, Reichsständen und Gericht außer Kraft gesetzt. Die Angehörigen des Gerichts wandten sich nun vorwiegend direkt an den Kaiser, um ihre Unzufriedenheit und die Mängel des Gerichts aufzuzeigen. Eine Kommunikation fand also weiterhin statt, allerdings unter anderen Bedingungen und Regeln.¹⁶ Visitationen
Mencke: Visitationen, S. 11. Brakensiek/Simon bezeichnen Visitationen am Reichskammergericht folgendermaßen: Im Kern handelt es sich hierbei um ein Revisionsverfahren, doch die Reichsstände konnten mittels der Visitation auch eine gewisse Kontrollfunktion gegenüber dem Reichskammergericht ausüben. Zuständig hierfür war der Reichstag bzw. das Reichsregiment; Stefan Brakensiek/Thomas Simon: Artikel Visitation, ENZ 14 (2011), Spalte 342–346, Spalte 345. Diese Aussage ist nicht korrekt. Sie spiegelt aber das Forschungsdefizit über das Verfahren der Visitation am Reichskammergericht wider. Festzuhalten ist, die Kontrollfunktion der Visitationskommission war entscheidend, die Revision war nur ein Teilaspekt. Mencke: Visitationen, S. 12. Mencke: Visitationen, S. 12. Bezüglich der Kirchenvisitation siehe hierzu Helga Schnabel-Schüle: Kirchenvisitation und Landesvisitation als Mittel der Kommunikation zwischen Herrschaft und Untertan, in: Heinz Durchhardt/Gerd Melville (Hrsg.), Im Spannungsfeld von Recht und Ritual. Soziale Kommunikation im Mittelalter und Frühe Neuzeit (Norm und Struktur 7). Köln/Weimar/Wien 1997, S. 173– 186, S. 173; siehe auch dies. : Repertorium der Kirchenvisitationen aus dem 16. und 17. Jahrhundert in Archiven der Bundesrepublik. Bd. 2, Baden-Württemberg, Teilbd. II. Stuttgart 1987, S. 19.
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Einleitung
wurden regelmäßig im 16. Jahrhundert durchgeführt. Im 18. Jahrhundert fanden dagegen nur zwei Visitationen statt, wobei die letzte erst jüngst wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfuhr.¹⁷ Die Visitation von 1703 bis 1711 ist bis jetzt noch nicht erforscht. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sind die Visitationen im Zeitraum von 1527, der Ansiedlung des Gerichts in Speyer, bis zum Ende der ordentlichen Visitationen 1588. Forschungen zur Visitation des Reichskammergerichts im 16. Jahrhundert sowie zu Speyer in seiner Funktion als Gerichtsort und Ort wichtiger Reichstage sind selten. Die jüngsten Einblicke gewährt ein Sammelband mit dem programmatischen Titel Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert ¹⁸. Eine rechtshistorische Arbeit aus dem Jahr 1984 befasst sich mit den Visitationen des Reichskammergerichts im 16. Jahrhundert. Der Fokus der sehr verdienstvollen Arbeit liegt bei den vorwiegend gedruckten Rechtsvorschriften und deren Änderungen im Rahmen der Visitationen.¹⁹
Alexander Denzler: Über den Schriftalltag im 18. Jahrhundert. Die Visitation des Reichskammergerichts von 1767 bis 1776 (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und früher Neuzeit 45). Köln/Weimar/Wien 2016; ders. : Sie haben sich totgearbeitet: Die Visitation des Reichskammergerichts von 1767 bis 1776 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 42). Wetzlar 2014; und ders.: Die Visitation am Reichskammergericht von 1767 bis 1776. Ein mediales Großereignis und seine Bedeutung für die Kommunikationsgemeinschaft des Alten Reiches. Saarbrücken 2008. Siehe Anette Baumann/Joachim Kemper: Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016. Darin wird vor allem die Funktion Speyers als Zentralort des Reiches thematisiert. Siegrid Westphal stellt u.a. einige methodische Überlegungen zu Speyer als Zentralort an, während Eva Ortlieb Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., ins Visier nimmt. Erste Anmerkungen zu Visitationen des Reichskammergerichts stammen von der Autorin. Danach wird ein Blick auf die Reichsstadt Speyer als Sitz des Gerichts geworfen. Hier geht es vor allem um das Zusammenleben zwischen den Bürgern der Stadt Speyer und den Reichskammergerichtsangehörigen, auch Kamerale genannt, und dem Versuch einer Konstruktion der Gerichtsräumlichkeiten in dem von den Franzosen 1689/90 gänzlich zerstörten Speyer. Joachim Kemper äußert sich zur Reichsstadt Speyer in der Frühen Neuzeit. Ein weiteres Kapitel versucht die Reichsstadt Speyer in das Mächtegefüge des Reiches einzuordnen. Die Stadt stand in ständiger Konkurrenz zum Bistum. Hinzu kam, dass die Bischöfe des Bistums Speyer auch über sehr lange Zeit die Kammerrichter des Gerichts, also die Präsidenten und damit Stellvertreter des Kaisers waren. Alexander Jendorff zeigt zudem die Stadt im Handlungsgefüge Mittelrheingebiet. Dieser Band enthält in der Einleitung auch Hinweise auf die ältere Forschung. Einzelnachweise siehe Literaturliste. Klaus Mencke: Die Visitationen am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert. Zugleich ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Rechtsmittels der Revision (QFHG 13). Köln/Wien 1984.
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Im Folgenden wird die These vertreten, dass es sich bei den Visitationen des Reichskammergerichts um spezielle Expertentreffen handelte, die im 16. Jahrhundert neben weiteren Gipfeltreffen des Reiches, wie Reichstage, Reichsdeputationstage, Reichsmünztage etc. in der Reichsstadt Speyer veranstaltet wurden. Es gilt zu zeigen, dass es sich um eine Zusammenkunft von Juristen handelte, die gemeinsam mit dem Gericht und den Reichsständen in einem komplexen Kommunikationsprozess versuchten, die zentrale Reichsinstitution Reichskammergericht funktionsfähig zu machen und zu halten, trotz ständig ansteigender Prozesszahlen²⁰, schwieriger politischer Konstellationen und dem Bemühen Reichsstände und Untertanen am Verfahren zu beteiligen. Das vorrangige Ziel war es, Frieden herbeizuführen und zu erhalten. Die Visitationen bildeten eine Bühne, auf der im kleinen Rahmen große Themen verhandelt wurden. Hierfür sollen zuerst die Quellen, die zur Verfügung stehen, ausführlich vorgestellt und besprochen werden. Danach gilt es, die eigentlichen Akteure der Visitation näher zu betrachten, bevor dann drittens der idealisierte Ablauf einer Visitation geschildert wird. Großen Raum nehmen die Verhandlungen der Visitation ein. Es ging vor allem darum, den Unterhalt des Gerichts zu sichern und seine Akzeptanz bei Reichsständen und Untertanen zu gewährleisten. Die Visitationskommission kümmerte sich auch ausführlich um die Orte der Arbeit und der Suche nach den effizientesten Möglichkeiten, den Arbeitsanfall zu bewältigen. Hierzu gehörten auch eine Leistungsüberprüfung der Urteiler sowie die Diskussion über deren Disziplin. Ein weiteres Kapitel ist der eigentlichen Aufgabe des Reichskammergerichts gewidmet: der Definition der Tatbestände Landfriedens- und Religionsfriedensbruch als zentrale Aufgabe des Gerichts. Ein wichtiger Verhandlungspunkt war zudem das Verhältnis der Reichsstadt Speyer zu den Reichskammergerichtsangehörigen, den Kameralen. Danach folgt ein Kapitel mit grundsätzlichen Überlegungen zu den Abschlussdokumenten von Reichs- und Gerichtsversammlungen. Zum Schluss wird versucht, strukturelle Merkmale von Reichstag, Reichskammergerichtsvisitation und anderen Reichsversammlungen zu vergleichen. Da die Arbeit mit vielen Spezialbegriffen operieren muss, wurde – um die Verständlichkeit zu erhöhen – ein großzügiges Glossar angelegt, das viele Begriffe rund um die höchste Gerichtsbarkeit und das Reichskammergericht kurz und prägnant erklärt.
Filippo Ranieri: Recht und Gesellschaft im Zeitalter der Rezeption. Eine rechts- und sozialgeschichtliche Analyse der Tätigkeit des Reichskammergerichts im 16. Jahrhundert (QFHG 17/I–II). Köln/Wien 1985, S. 295.
Quellen Quellentypus und Quellenwert Die Visitationen des Reichskammergerichts erzeugten besondere Formen von Schriftgut. Daher ist es angebracht, die Praxis der Schrifterzeugung zu diesem Anlass näher zu erläutern.¹ Es geht um die Typisierung und Verwendung der Quellen im Kontext der Visitation sowie ihrer heutigen Aufbewahrung. Diese Quellen teilen im Zweifelsfall auch mit, wann die Verhandlungen mündlich weitergeführt wurden, und bemessen so die Grenzen des wissenschaftlichen Arbeitens. Die Quellen stammen hauptsächlich aus zwei Beständen, die sich beide im Haus-, Hof- und Staatsarchiv (= ÖStA HHStA) in Wien befinden. Es handelt sich um die Reichskammergerichtsvisitationsakten in dem Bestand Mainzer Erzkanzler Archiv (= MEA RKG) und den entsprechenden Bestand in der kaiserlichen Reichshofkanzlei (= RHK RKGVA).² Vor der Visitation versandte der Mainzer Erzkanzler Ladungen an die Reichsstände.³ Die Abschriften sowie die Antwortschreiben sind in den Akten des Mainzer Erzkanzlerarchivs⁴ enthalten. Der Mainzer Erzkanzler schickte zudem vor oder während der Visitation Memoriale an den Kammerrichter.⁵ Dies sind Bitten⁶ an ihn, Unterlagen, wie z.B. Statistiken, vorzubereiten oder vorab zu bestimmten Vorgängen am Gericht Stellung zu nehmen.⁷ Auch Mahnungen, dass man beschlossene Vorgaben der Visitationsabschiede umsetzen solle, befinden sich darunter. Wichtige Schriftstücke waren auch die Vollmachten, die im Vorfeld der Visitation von den einzelnen Reichsständen ausgefertigt wurden. Sie berechtigten die kaiserlichen Kommissare⁸ und die Visitatoren dazu, an der Visitation teilzunehmen. Oft gab es zu Beginn der Visitation Auseinandersetzungen über die
Siehe hierzu auch Denzler: Visitation von 1767 bis 1776. Er verfolgt damit aber andere Ziele als die Autorin. Beide Bestände sind meist unfoliert. Z.B. ÖStA HHStA Wien MEA RKGVA 13, 8. Januar 1558; MEA RKG 17, 1569; MEA RKG 31, 1575. Zur Visitation und der Rolle von Kurmainz siehe auch Heinz Duchhardt: Kurmainz und das Reichskammergericht, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 110 (1974), S. 181–217, S. 213. Z.B. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 18. Mai 1574; MEA RKG 4, 23. Mai 1569. Michael Hochedlinger: Aktenkunde. Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit. Köln/Weimar/ Wien 2009, S. 211. Siehe das Kapitel Die Arbeit der Richter. Leistung als Qualitätsmerkmal. Z.B. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1–2, 19.04.1580. https://doi.org/10.1515/9783110574050-003
Quellentypus und Quellenwert
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korrekte Form. Die Vollmachten wurden durch die Mainzer Visitatoren vor Ort in Speyer genau geprüft. Den Hauptbestandteil der Akten im Mainzer Erzkanzlerarchiv bilden jedoch die Protokolle. Das Wort Protokoll stammt aus dem Griechischen und bezeichnet ursprünglich den mit einer Inhaltsangabe versehenen Anfang einer aus verschiedenen Teilen zusammengesetzten Papyrusrolle.⁹ Es handelt sich bei den Visitationsprotokollen um Niederschriften der mündlichen Verhandlung bzw. der beratenden oder beschließenden Zusammenkunft der Visitatoren, die Verlauf und Beschlüsse der Visitation festhalten.¹⁰ Die Protokolle der Visitation sind Verlaufsprotokolle. Die einzelnen Interaktionen sollten möglichst vollständig erfasst und kontrolliert werden.¹¹ Dabei war die Herstellung juristischer Verbindlichkeit die Grundfunktion der Textsorte,¹² die partiell geheim war.¹³ So legten Kaiser und Mainzer Erzkanzler großen Wert darauf, dass der Teil des Protokolls, der die persönliche Befragung jedes einzelnen Gerichtsangehörigen über seine Kollegen, das so genannte Generalexamen, beinhaltete, nicht an die Reichsstände weitergegeben wurde, sondern unter Verschluss blieb. Im Generalexamen wurden die Angehörigen des Gerichts auch zur Religion befragt. In manchen Jahren war dies bekanntermaßen eine heikle und brisante Angelegenheit. Auch Fragen über Korruption fielen darunter. Der Fragenkatalog¹⁴ wurde von den Visitatoren zu Beginn der Visitation ausgehandelt. Oft übernahmen sie einfach die Fragen der vorherigen Visitation. Manchmal wurden jedoch Zusatzfragen eingebracht, vor allem in Bezug auf die Religion. Der Fragenkatalog war nicht Bestandteil des eigentlichen Protokolls. Vielmehr wurden die Fragen getrennt im Bestand des Mainzer Erzkanzlers aufbewahrt, da sie einen eigenen Diskussionsbestandteil innerhalb der Visitation bildeten.¹⁵ Allgemein wird der Ursprung von Verlaufsprotokollen in den spanischen Cortes verortet, die damit 1525 begonnen haben sollen. Die endgültige Durchset-
Hochedlinger: Aktenkunde, S. 222. Hochedlinger: Aktenkunde, S. 222. Michael Niehaus/Hans-Walter Schmidt-Hannisa: Textsorte Protokoll. Ein Aufriß, in: dies., Das Protokoll. Kulturelle Funktionen einer Textsorte. Frankfurt/Main 2005, S. 7–26, S. 9; siehe auch Rudolf Schlögl: Anwesende und Abwesende: Grundriss für eine Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit. Konstanz 2014, S. 275. Niehaus/Schmidt-Hannisa: Textsorte Protokoll, S. 11. Andreas Gestrich: Artikel Geheimnis, in: ENZ 4 (2006), Spalte 270–272, Spalte 270. Z.B. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1558. Siehe hierzu auch Lanzinnner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, der den Fragenkatalog von 1570 transkribiert und abgedruckt hat, S. 45–63. Z.B. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1558.
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Quellen
zung der Protokolle wird auf das Jahr 1536 festgelegt. Im Reich hätten vor allem städtische Gremien im Laufe des 16. Jahrhunderts das Verfertigen von Protokollen eingeführt.¹⁶ Die Protokolle der Reichskammergerichtsvisitation, die seit dem Jahr 1526¹⁷ überliefert sind, werden hier nicht berücksichtigt. Etwas später begann wohl die Entwicklung des Protokollwesens auf den Reichstagen. Ausschlaggebend ist hier das Mainzer Protokoll, das wahrscheinlich ab 1542 oder aber spätestens ab 1544 ausführlich über die Verhandlungen im Kurfürstenrat informierte. Maßgebend hierfür war der Mainzer Kanzler Jakob Jonas.¹⁸ Er war zuvor am Reichskammergericht tätig gewesen. Die Visitationsakten des Mainzer Erzkanzlerarchivs sind zum Teil gedruckt. Einzelne Visitationsakten interessierten Juristen des 18. Jahrhunderts.¹⁹ Sie beschäftigten sich zum Teil sehr intensiv mit diesem Aktenbestand und veröffentlichten deshalb Auszüge. Der Grund hierfür waren Vorbereitungen und Diskussionen zur letzten Visitation von 1767 bis 1776.²⁰ Die Forschungsliteratur stützt sich bis in jüngster Zeit vor allem auf diese Quellenauswahl, die aber die politischen Absichten der Autoren des 18. Jahrhunderts widerspiegeln²¹ und deshalb nur sehr bedingt zur Interpretation der Verhältnisse im 16. Jahrhundert taugen. Wichtig ist auch zu wissen, dass die Archivalien zur Visitation eben nicht im sogenannten Untrennbaren Bestand ²² des Reichskammergerichts liegen, der die Akten der Kanzlei umfasst, die wiederum dem Mainzer Erzkanzler unterstand.²³ Die Lage-
Schlögl: Anwesende und Abwesende, S. 169f. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1526. Albrecht P. Luttenberger: Reichspolitik und Reichstag unter Karl V. Formen zentralen politischen Handelns, in: Heinrich Lutz/Alfred Kohler (Hrsg.), Aus der Arbeit an den Reichstagsakten unter Karl V. Göttingen 1986, S. 18–68, S. 69. Johann Heinrich von Harpprecht: Geschichte des Kaiserlichen und Reichs=Cammer=Gerichts unter der Glorwürdigsten Regierung Kaisers Carl des Fünften als eine Fortsetzung des Cammergerichtlichen Staats=Archivs oder Sammlung von gedruckten und mehrentheils ungedruckten ACTIS PUBLICIS etc. Teile 5 und 6, Frankfurt a.M. 1767–1768. Siehe z.B. Harpprecht: Geschichte des Reichskammergerichts Teil 5 und 6, S. 162ff., Beylagen und auch Denzler, Die Visitation von 1767 bis 1776, S. 75. Z.B. Rudolf Smend: Das Reichskammergericht. 1. Teil. Geschichte und Verfassung. Weimar 1911; Alexander Björn Rautenberg: Der Fiskal am Reichskammergericht. Überblick und exemplarische Untersuchungen zum 16. Jahrhundert (Rechtshistorische Reihe 368). Frankfurt u.a. 2008. Der Untrennbare Bestand des Reichskammergerichts umfasst u.a. Personalakten, Urteilsbücher etc. vorwiegend zum 18. Jahrhundert und befindet sich heute (Stand Juni 2017) im Bestand Altes Reich des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde. Das wäre allerdings genau nachzuprüfen. Eine genaue Sichtung der Akten der Kanzlei des Reichskammergerichts in Berlin stellt immer noch ein Desiderat der Forschung dar, ebenso wie die Erforschung der Reichskammergerichtskanzlei an sich.
Quellentypus und Quellenwert
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rung im Mainzer Erzkanzlerarchiv und nicht im Archiv des Reichskammergerichts war die Geheimhaltungspflicht geschuldet. Die Akten bestehen vorwiegend aus gebundenen Bänden, die jeweils die Protokolle und die dazugehörigen Schreiben einer Visitation eines Jahres zusammenfassen. Dabei befinden sich auch die Rechnungsbücher des Pfennigmeisters. Insgesamt handelt es sich um 45 Akteneinheiten (Schachteln), die alle zu untersuchenden Visitationen (von 1526 bis 1588) umfassen. Die Kaiser waren an dem Visitationsgeschehen intensiv beteiligt. Ihre Akten wurden in einem besonderen Bestand der Reichshofkanzlei mit dem Vermerk Reichskammergerichtsvisitationen ( = RKGVA) untergebracht. Sie erhielten Abschriften der Ladungen aus der Mainzer Erzkanzlei sowie zahlreiches weiteres Material zu den Vorgängen der Visitation und dem Gericht. So sandten die Kaiser ihre eigenen Gesandten, die so genannten kaiserlichen Kommissare, zur Visitation. Die Reichshofkanzleiakten spiegeln die Mühen wider, die die Kaiser verwandten, um für die Visitation geeignete kaiserliche Kommissare zu finden. Waren die kaiserlichen Kommissare nach vielen Schwierigkeiten schließlich ernannt, erhielten sie genaue Instruktionen mit Handlungsanweisungen vor, während und selten auch nach der Visitation. Sie reichten von eher pauschalen allgemeinen Anordnungen bis zu ganz konkreten Anweisungen zu Personen oder Sachverhalten. Die Instruktionen sind in dem Bestand meist als Entwürfe vorhanden. Die Ausfertigungen sandte der Kaiser direkt an die kaiserlichen Kommissare bzw. zum Fiskal des Gerichts nach Speyer, der diese dann persönlich den kaiserlichen Kommissaren übergeben musste. Die Kommissare kamen oft nicht direkt von Wien oder dem Hof des Kaisers, sondern von anderen europäischen Orten, so dass sich die schriftliche Kommunikation zwischen dem Kaiser und ihnen nur unter erheblichen Schwierigkeiten bewältigen ließ. 1572 geriet durch eine verspätete Postsendung mit der Vollmacht der kaiserlichen Gesandten sogar die ganze Visitation in Gefahr.²⁴ Die Poststation in Rheinhausen, das Speyer benachbart lag, besaß hier die entscheidende Verteilerfunktion. Sie war einer der Knotenpunkte des europäischen Kommunikationsnetzes.²⁵ Der Kaiser beriet sich mit den kaiserlichen Kommissaren auch über geeignetes Personal für die Stellen der kaiserlichen Beisitzer am Gericht und vor allem für das Amt des Kammerrichters, dem Stellvertreter des Kaisers am Gericht. Die Suche nach einem geeigneten, d.h. qualifizierten Kandidaten für das höchste Amt am Gericht beschäftigten Kaiser und kaiserliche Gesandte gleichermaßen. Auch
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1572. Wolfgang Behringer: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit. Göttingen 2003, S. 60.
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Quellen
darüber wurde auf den Visitationen verhandelt, allerdings geschah das meist mündlich. Die Visitationen am Reichskammergericht waren zudem eine gute Gelegenheit, um Nachwuchs für den Reichshofrat zu requirieren.²⁶ Neben den Instruktionen an die kaiserlichen Gesandten befinden sich in den Beständen der Reichshofkanzlei die Abschlussberichte der kaiserlichen Kommissare, die offen Defizite und Schwierigkeiten des Gerichts und der Visitation ansprachen. Sie sind besonders interessant, da gerade Schwierigkeiten und Streit in den Protokollen oder Visitationsabschieden oft nicht erwähnt oder höchstens angedeutet wurden²⁷. Hinzu kommt eine ausgedehnte Korrespondenz mit dem Erzkanzler des Reiches²⁸ und den übrigen Kurfürsten.²⁹ Kammerrichter und Kaiser, hier vor allem Karl V., korrespondierten ebenfalls regelmäßig miteinander und tauschten sich über die Belange des Gerichts aus. Des Öfteren wandten sich auch die Beisitzer an den Kaiser. Außerdem finden sich Berichte über die Beziehungen zur Kurpfalz und der Reichsstadt Speyer. Die Akten des Bestandes Reichskammergerichtsvisitation in der Reichshofkanzlei sind in deutscher und lateinischer, unter Karl V. auch in spanischer und französischer Sprache verfasst. Informationen zu Archivalien der Reichshofkanzlei über die Visitationen des 16. Jahrhunderts sind in der Forschung nur marginal vorhanden. Duchhardt hat sie in Bezug auf das Kammerrichteramt bzw. die Beisitzer zum Teil ausgewertet.³⁰ Die Sichtung zeigte, dass die Archivalien sehr aussagekräftiges Material zu den Visitationen liefern. Mit Hilfe dieser Quellen kann besonders die Handlungsebene des Kaisers und der kaiserlichen Akteure beleuchtet werden. Insgesamt handelt es sich um 35 weitere Akteneinheiten oder Kartons von beträchtlichem Umfang, die ausgewertet wurden. In beiden Beständen verstreut finden sich zudem gravamina, also Beschwerden der Reichsstände, in unserem Fall meist der Stadt Speyer. Sie zeigen anschaulich den Wandel des Verhältnisses der Stadt zu Kaiser und Reichskammergericht³¹. Hinzu kommen Suppliken von Parteien und Angehörigen des Ge-
Z.B. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 320, 1558; RHK RKGVA 320, 1557. Z.B. den Korruptionsfall Götz von Berlichingen. Siehe Baumann: Visitationen des Reichskammergerichts. S. 68–70. Siehe auch z.B. HHStA Wien RHK RKGVA 1–2, Abschnitt 66, Exklusivbericht der kaiserlichen Kommissare über die Visitation 1581. Z.B. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1–2, 1. Dezember 1579. Z.B. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322b, 1579; ÖStA HHStA Wien MEA RKG 37, 1580. Heinz Duchhardt: Der Kampf um die Parität im Kammerrichteramt zwischen Augsburger Religionsfrieden und 30jährigem Krieg, in: Archiv für Reformationsgeschichte 69 (1978), S. 201–218, siehe Fußnoten 18, 19, 25–28, 30–32, 36, 40–49. Z.B. RHK RKGVA 322b, 17. April 1576. Instruktion Kaiser Rudolfs II. an die kaiserlichen Kommissare.
Quellentypus und Quellenwert
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richts, z.B. über die Witwenversorgung oder Holzlieferungen, sowie Bitten um Revisionen und Protokolle über die getrennten Verhandlungen durch einen eigenen Revisionsrat, der meist direkt nach der Visitation des Gerichts zusammentrat. Das Ergebnis der Visitation, die sogenannten Visitationsabschiede, wurden dann dem Reichstag vorgelegt, der darüber weiter zu beraten hatte. Die Abschiede wurden von den Zeitgenossen publiziert, sind aber auch in handschriftlicher und gedruckter Form in allen bisher aufgeführten Beständen vorhanden. In manchen Jahren gab es keine Abschiede, sondern lediglich Memoriale. Die jeweiligen Akten zu den Reichstagen für den zu untersuchenden Zeitraum sind kritisch gesichtet und überwiegend publiziert.³² Hier zeigt sich deutlich auf der Normebene die enge Verbindung zwischen Reichskammergerichtsvisitation und Reichstag. Kritisch ediert sind auch die Gemeinen Bescheide³³ – gerichtsinterne Vorschriften, die aber bei den Visitationsgeschäften kaum eine Rolle spielten. Die Bestände aus dem Mainzer Erzkanzlerarchiv und der Reichshofkanzlei waren nicht bzw. nur sehr grob und sporadisch verzeichnet. Während dies beim Bestand des Mainzer Erzkanzlerarchivs eher unproblematisch war, da es sich um zwar große aber gleichförmig aufgebaute Aktenkonvolute in Form von Protokollen handelt, besteht der Bestand Reichshofkanzlei aus vielen einzelnen Schriftstücken, die nur auf den ersten Blick nach Jahreszahlen abgelegt wurden. Tatsächlich ist dies nicht der Fall. Eine Grobsortierung wurde erstmals im 18. Jahrhundert anlässlich der letzten Visitation des Gerichts vorgenommen. Kleine Randnotizen und Zettel machen deutlich, dass die Reichshofkanzlei bei der Vorbereitung der zwei Wetzlarer Visitationen des 18. Jahrhunderts die Visitationsprotokolle und vor allem Kommentare der Kaiser des 16. Jahrhunderts genau studierte und die Akten z.T. den kaiserlichen Kommissaren des 18. Jahrhunderts zur Vorbereitung überließ. Diese Akten kehrten nicht in die Reichshofkanzlei zurück. Es blieben nur die Abschriften. Für die Untersuchung ergab sich daraus, dass die beiden Bestände überhaupt erst für Forschungsfragen zugänglich gemacht werden mussten. Ziel musste es
Genaues Verzeichnis aller benutzten gedruckten Reichstagsakten siehe Literaturverzeichnis: Gedruckte Quellen. Gemeine Bescheide: Reichskammergericht (1497–1806): eingeleitet und hrsg. v. Peter Oestmann, (QFHG 63,1). Köln/Weimar/Wien 2013. Bei der kritischen Ausgabe fehlen die Gemeinen Bescheide von ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, Gemeine Bescheide von 1524 bis 1658. Siehe hierzu die Auflistung der Drucke/Handschriften, in: Peter Oestmann: Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Gemeine Bescheide: Reichskammergericht (1497–1806) (QFHG 63,1). Köln/Weimar/Wien 2013, S. 1– 103,S. 94–95.
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Quellen
sein, diese beiden Überlieferungsstränge für die aktuellen Fragestellungen zusammenzuführen. Hierzu wurde eine Datenbank entwickelt, die neben den Signaturen Angaben zu dem Aktentypus (Schreiben, Akte, Ladung, Statistik, Liste etc.) enthält. Es folgt das Datum der Ausstellung des Dokuments und die Nennung der beteiligten Personen, wobei hier neben der Namensnennung auch eine Funktionsbeschreibung wie Kaiser, kaiserlicher Kommissar etc. erfolgte. Abschließend erfolgt eine kurze Inhaltsangabe des vorliegenden Schriftstückes. Es konnten rund 1 500 Einträge erstellt werden. Mit Hilfe der Datenbank ist es nun möglich, gezielt in den beiden Beständen nach Visitationsbelangen zu suchen. Zudem kann man die Akten unter den Kategorien Personen, Daten und Dokumenttypen zusammenführen. Die Datenbank bildet die unentbehrliche Grundlage für die weiteren Forschungen. Sie wird dem Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte, dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien sowie der Justus-LiebigUniversität Gießen und der Forschungsstelle zum Reichskammergericht zur Verfügung gestellt. Weitere Quellentypen zeigen die Ebenen außerhalb des normierten, für die Verwaltung und den politischen und juristischen Entscheidungsprozess erstellten Schriftguts. Es geht um das Geschehen außerhalb der Tagungsstätten der Visitation. Zu nennen ist hier die gedruckte Zimmersche Chronik des Freiherrn Frobenius von Zimmern.³⁴ Ihren Quellenwert sieht die Forschung kritisch und qualifiziert sie oft als anekdotenhaft.³⁵ Hier ist zu prüfen, ob dieser Ansatz so aufrechterhalten werden kann oder ob nur eine bestimmte Form der Erzählung gewählt wurde, um konfliktträchtige Geschehnisse darstellen zu können. Gedruckt liegt auch die Autobiographie des Juristen Bartholomäus Sastrow vor, der ursprünglich nach Speyer kam, um einen Prozess seines Vaters fortzuführen.³⁶ Da er aus Geldmangel sein Studium abbrechen musste, konnte er kein Praktikant am Gericht werden. Hierfür war ein abgeschlossenes Studium die unbedingte Voraussetzung. Sastrow schlug sich deshalb als Schreiber und Lateinlehrer bei Prokuratoren durch. Schließlich gelang es ihm, aufgrund seiner
Hansmartin Decker-Hauff (Hrsg.), Die Chronik der Grafen von Zimmern, Handschriften 580 und 581 der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen. Bd. 1–3, Konstanz 1964– 1972. Z.B. Bernhard Diestelkamp: Gesellschaftliches Leben am Hof des Kammerrichters (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 29). Wetzlar 2002, siehe aber Gerhard Wolf: Die Zimmersche Chronik als literarischer Text, in: Casimir Burmiller u. a. (Hrsg.), Mäzene Sammler Chronisten. Die Grafen von Zimmern und die Kultur des schwäbischen Adels. Stuttgart 2012, S. 130-140, S. 140. Bartholomäi Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff seines gantzen Lebens, hrsg. v. Gottlieb Christian Friedrich Mohnicke. Teil 1–3, Greifswald 1823/1824.
Quellentypus und Quellenwert
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juristischen Kenntnisse, Notar am Reichskammergericht zu werden. Sastrow beschreibt sehr anschaulich das Leben und Arbeiten hinter den offiziellen Kulissen des Reichskammergerichts und kann so wichtige Informationen zu Arbeitsabläufen jenseits der Visitationsakten liefern.³⁷ Eine weitere Quelle sind die persönlichen Notizen³⁸ des durch den Kaiser präsentierten Beisitzers Mathias Neser, die sich heute im Bundesarchiv BerlinLichterfelde befinden. Neser kann einige Auskünfte zu den Reichstagen von 1542 und 1544 geben. Neben einer Sammlung von Gutachten und Voten enthält das Werk die Charakterisierung bestimmter Personen und spiegelt die Stimmung und Sorgen des Gerichts während des sogenannten Rechtlichen Krieges wider. Auch zahlreiche Probleme, wie z.B. die Frage der Haftung der Richter für ihre gefällten Urteile³⁹ und der Unterhalt des Gerichts, die auch die Reichskammergerichtsvisitation interessierten, werden ausführlich thematisiert. Die Richternotizen Nesers wurden bereits erschlossen.⁴⁰ Sie sind der Forschung schon lange bekannt, wurden aber auf Grund der schweren Lesbarkeit nicht als Quelle herangezogen. Hinzu kommen weitere Richternotizen, die uns Auskunft über die Stimmung unter den Kameralen geben.⁴¹ Leidiges Thema war hier immer die Bezahlung der Beisitzer sowie allgemein der Unterhalt des Gerichts. Eng damit verknüpft waren Fragen nach der Existenz des Gerichts und seiner Akzeptanz. Weitere Quellen sind zudem die Amtsbücher des Stadtarchivs in Speyer.⁴² Sie berichten vor allem über das anfänglich gute, später eher schwierige Verhältnis der Stadt zum Gericht und seinem Personal. Auch die Reichskammergerichtsakten der Kameralen in Speyer wurden gesichtet, hier wurde aber für die Fragestellung der Visitation kaum brauchbares Material gefunden.⁴³ Ebenda. BA Berlin-Lichterfelde, Bestand AR 1 RKG Miscellanea Nr. 530 sowie weitere Notizen aus diesen Beständen. Gemeint ist die Syndikatsklage, siehe das Kapitel Rekusation, Revision, Syndikat und Korruption als Merkmal für die Qualitätsmängel der Richter. Siehe Datenbank (Stand November 2017): http://www.rg.mpg.de/rkg-richterprotokolle bzw. http://data.rg.mpg.de/rkg/2014-06-22_Richterprotokolle_gesamt.pdf. Steffen Wunderlich: Das Protokollbuch von Mathias Alber. Zur Praxis des Reichskammergerichts im frühen 16. Jahrhundert (QFHG 58/1–2). Köln/Weimar/Wien 2011 sowie die Richternotizen des Nikolaus Everhardus, Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Bestand HB VI 15. Siehe Quellen- und Literaturverzeichnis. Siehe die Aufsätze von Martin Armgart: Die Stadt Speyer, ihre Bürger und das Reichskammergericht, in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 98–113 und Joachim Kemper: Die Reichsstadt Speyer zu Beginn der Frühen Neuzeit. Ein wenig bekanntes Kapitel der Stadtgeschichte im Überblick, in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 87–97.
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Quellen
Auch am Reichshofrat wurde gelegentlich über Angelegenheiten der Visitation verhandelt. Hier handelt es sich eher um Randerscheinungen, die aber eine entsprechende Berücksichtigung erfuhren. Alle diese Quellentypen ermöglichen es, aus vielen ganz unterschiedlichen Perspektiven das Ereignis Visitation zu beschreiben, da formales Schriftgut mit persönlichen Aufzeichnungen und Schilderungen kombiniert werden kann. Gleichzeitig ermöglichen die Quellen, einen an den Akteuren der Visitationen ausgerichteten Zugriff der Beschreibung zu wählen.
Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume Im Folgenden soll die Institution Reichskammergerichtsvisitation mit den dort agierenden Personen in Beziehung gesetzt werden, um so eine frühneuzeitliche Institutionengeschichte mit den tragenden Personengruppen zu verbinden.¹ Dabei ist jedoch nicht vorgesehen, eine komplette prosopographische Studie² dieses Reichspersonals ³ zu erstellen. Auch eine vollständige Netzwerkanalyse ist nicht beabsichtigt. Vielmehr sollen Funktion und Tätigkeit einzelner Personen für das Reich die entscheidenden Untersuchungskriterien sein. Als Akteure werden alle Personen betrachtet, die an der Visitation in irgendeiner Weise beteiligt waren. Grundsätzlich sind drei Hauptgruppen zu unterscheiden: Zum einen sind dies die Visitatoren und zum anderen die Visitierenden, sowie drittens die Beobachter. Damit sind Personen gemeint, die nicht direkt am Geschehen vor Ort beteiligt waren, aber trotzdem in enger Verbindung zur Visitation standen, wie z. B. Kaiser, Erzkanzler und die Entscheider auf den Reichstagen sowie den Reichsdeputationstagen und Justiztagen. Da ihre Rolle oft nicht ganz eindeutig ist, konzentriert sich die Untersuchung auf die beiden Gruppen der Visitatoren und Visitierenden. Die Gruppe der Visitatoren wechselte in ihrer Zusammensetzung von Visitation zu Visitation. Dabei ist nicht nur der Wechsel von Personen gemeint, sondern auch von Funktionen, dass etwa eine Person bei einer Visitation Visitierender sein konnte und bei der nächsten Visitation Visitator oder umgekehrt. Die Konstellation, dass ein Akteur zuerst Visitator und dann Visitierender war, kam allerdings kaum vor. Das hängt damit zusammen, dass von Visitatoren Erfahrung erwartet wurde, die sich möglichst aus einer Horst Carl: Landfrieden als Konzept und Realität kollektiver Sicherheit im Heiligen Römischen Reich, in: Gisela Naegle (Hrsg.), Frieden schaffen und sich verteidigen im Spätmittelalter. Faire la paix et se défendre à la fin du Moyen Âge (Pariser Historische Studien 98). München 2012, S. 121– 138, S. 261. Siehe hierzu auch den nach wie vor aktuellen Aufsatz von Peter Moraw: Personenforschung und deutsches Königtum, in: ZHF 2 (1975), S. 7– 18. Vorbildlich hierfür Siegrid Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich. Teil 1 und 2, I–II (QFHG 26). Köln/Weimar/ Wien 2003/2011. Siehe hierzu allgemein den Band von Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/ Siegrid Westphal (Hrsg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (QFHG 46). Köln/ Weimar/Wien 2003. https://doi.org/10.1515/9783110574050-004
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Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum
vorherigen Tätigkeit am Reichskammergericht legitimierte. Ein fester Kern an Akteuren besuchte immer wieder als Visitatoren Speyer. Sie garantierten damit Stabilität und Kontinuität im Verfahren. In der Untersuchung werden die unterschiedlichen Akteure nach Gruppen gegliedert und betrachtet. Die Gruppe der kaiserlichen Kommissare mit ihrem Persönlichkeitsprofil sind dabei von besonderem Interesse, da sie in einem engen Verhältnis zu den jeweiligen Kaisern standen und ihre Kommunikation mit dem Kaiser viel über die aktuelle Politik der Kaiser aussagt. Neben den kaiserlichen Kommissaren besaßen die Vertreter des Mainzer Erzkanzlers eine besondere Funktion. Sie organisierten die Visitation und leiteten sie. Eine wichtige Rolle spielten die Reichsfürsten, die nach einem bestimmten Schlüssel bei der Visitation anwesend sein sollten. Schließlich handelte es sich um ein Gericht des Kaisers und des Reiches. Für sie war die Aufgabe jedoch eher lästig, was immer wieder deutlich wurde. Hinzu kamen die Vertreter der Grafen, Prälaten und Städte. Sie waren neben den Kommissaren und den Mainzer Visitatoren wichtige Experten, deren Qualifikation immer sehr genau geprüft wurde.
Die Suche nach geeigneten Kandidaten: die kaiserlichen Kommissare unter Kaiser Karl V.⁴ und Ferdinand I. Die Visitatoren bildeten keine geschlossene Gruppe. Sie waren die Vertreter verschiedener Reichsstände und repräsentierten in der Visitationskommission das gesamte Reich. Am eindeutigsten in ihrer Funktion definiert waren die Kommissare des Kaisers, die den Kaiser während der Visitation vertraten.⁵ Sie waren Träger der königlichen Autorität und besaßen deshalb ein ausgeprägtes Selbstverständnis.⁶ Die kaiserlichen Kommissare wurden durch den Kaiser persönlich
Siehe hierzu auch den Aufsatz von Baumann, Visitationen, S. 68 – 84. Pflüger führt in einer Liste die Tagungen auf, die die kaiserlichen Kommissare in Vertretung Kaiser Ferdinands I. besuchten: Kreistage, Reichskreistage,Vermittlungstage, Rittertage, Prälatenund Herrentage sowie Reichstage. Die Visitationen des Reichskammergerichts fehlen. Das zeigt einmal mehr die Vernachlässigung der Reichskammergerichtsvisitationen in der Forschung. Christine Pflüger: Die Kommunikation von Herrschaftsansprüchen durch Präsenz. Zu Aufgaben und Funktion königlicher Kommissare in der politischen Kommunikation im Reich zwischen 1552 und 1558, in: Maximilian Lanzinner/Arno Strohmeyer (Hrsg.), Der Reichstag 1486 – 1613. Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten. Göttingen 2006, S. 195 – 220, S. 206. Christine Pflüger: Vertreulich communiciren und handeln. Die kommissarisch entsandten Räte König Ferdinands als königliche Autoritätsträger, in: Baumann/Oestmann/ Wendehorst/Westphal (Hrsg.), Reichspersonal, S. 291– 334, S. 313.
Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume
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genau unterwiesen.⁷ Die Instruktionen beinhalteten je nach Lage genaue Handlungsanweisungen oder sahen ausdrücklich Entscheidungsfreiheit vor. Dabei kontrollierten sich die Kommissare gegenseitig. Ihre Kommunikation mit dem Kaiser bzw. König war durch verschiedene Rückkopplungsmechanismen gekennzeichnet.⁸ Wichtige Informationen wurden an alle Kommissare weitergeleitet. Allerdings war das Kommunikationsnetz sehr anfällig für Störungen, nicht zuletzt wegen den großen Entfernungen und der ständigen Reisen der beteiligten Personen. Durch ihren direkten Kontakt zum Kaiser besaßen die Kommissare eine große Autorität. Sie verhandelten während der Visitation vor Ort im Sinne der kaiserlichen Instruktionen mit den Ständen bzw. dem Gericht. Insgesamt unterscheidet man zwischen sieben verschiedenen Kategorien von Kommissaren. Es handelte sich dabei um Landvögte, Mitglieder der erbländischen Regierungen, königliche Hofräte und Geheime Räte sowie Mitglieder des Hofstaates. Auch Angehörige des Reichskammergerichts wurden zu dieser Aufgabe bei Bedarf herangezogen, ebenso habsburgische Amtsträger und süddeutsche Prälaten.⁹ Wichtig waren vor allem ihre Qualifikationen wie juristische Kenntnisse und Erfahrungen mit der Materie. Oft spielte auch die räumliche Nähe bzw. die Herkunft der kaiserlichen Kommissare aus einer bestimmten Region eine Rolle. Die kaiserlichen Kommissare waren meist in Gruppen unterwegs.¹⁰ Dies war auch bei der Reichskammergerichtsvisitation der Fall. Betrachtet man die kaiserlichen Kommissare der Visitation in ihrem Persönlichkeitsprofil und ihren Funktionen, so kann man feststellen, dass es sich immer um eine hochadelige weltliche oder geistliche Persönlichkeit und ein bis zwei bürgerliche Juristen handelte. Diese Vorgehensweise verband geschickt gelehrte Kompetenz mit adliger Reputation.¹¹ In der Anfangszeit des Gerichts in Speyer, in den 1530er Jahren, fanden nur wenige ordentliche Visitationen statt. Gericht und Kaiser kommunizierten deshalb häufig auch direkt miteinander. Dies war in späteren Jahren weit weniger der Fall. Hier zeigt sich eindeutig, dass die Situation für alle Beteiligten als neu empfunden wurde und bestimmte Verfahrensweisen wenig eingeübt und verfes-
Pflüger: Vertreulich communiciren und handeln, S. 320. Christine Pflüger: Kommissare und Korrespondenzen. Politische Kommunikation im Alten Reich (1552– 1558) (Norm und Struktur 24). Köln/Weimar/Wien 2005, S. 85. Pflüger: Die Kommunikation von Herrschaftsansprüchen, S. 200. Pflüger: Kommissare und Korrespondenzen, S. 84. Carl: Landfrieden als Konzept, S. 330.
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Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum
tigt waren.¹² Berücksichtigt werden muss auch, dass das Reichskammergericht aufgrund der politischen Gesamtlage in seiner Existenz in diesem Zeitraum besonders gefährdet war und deshalb oft schnell reagiert werden musste. Hinzu kam, dass der Kaiser nicht im Reich weilte. Der Kommunikationsstil änderte sich entscheidend nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555. Jetzt verfestigten sich Strukturen, und Routinen bildeten sich heraus. Unter den Bedingungen der unsicheren politischen Lage und der zeitweiligen längerfristigen Abwesenheit des Reichsoberhauptes kann man feststellen, dass Karl V. als kaiserliche Kommissare Personen auswählte, die vor allem Erfahrung in der juristischen Materie besaßen,¹³ indem sie möglichst mit dem Reichskammergericht bereits Bekanntschaft gemacht hatten und in der Region bestens vernetzt waren. Meist standen sie zudem in enger persönlicher Beziehung zum Kaiser.¹⁴ Ein Beispiel für die intensiven Beziehungen in der Region ist für die Frühzeit des Gerichts Marquart von Stein, Dompropst zu Bamberg und Würzburg, der allerdings oft verhindert war, da er gleichzeitig im Dienst des Schwäbischen Bundes stand.¹⁵ So schrieb er an den zweiten Visitator Ulrich von Helfenstein, dass er nicht komme könne, da er sich doch dermassen Bundessachen hiezu (tragen), das sich von gegenwertigem Bundestag nicht verreiten kann. ¹⁶ Ein weiteres Beispiel für die lokale und regionale Nutzung des lokalen Beziehungsgeflechts ist der kaiserliche Kommissar und Speyerer Bischof Philipp von Flersheim.¹⁷ Philipp stammte aus dem reichsunmittelbaren Geschlecht von Flersheim, das in der Pfalz ansässig war. Er hatte in Löwen und Paris, aber auch in Heidelberg und Köln studiert. Ab 1504 war er Kanzler der Heidelberger Universität und hatte damit ausgezeichnete Kontakte zur Pfalz.¹⁸ 1517 erhielt er den Doktorgrad in beiden Rechten. Philipp besaß gute Beziehungen zu den Kaisern Karl V. und Ferdinand I. Er war ein Verhandlungsprofi, der bereits ab 1512 die Speyrer und Wormser Bischöfe auf dem Reichstag vertrat. Insgesamt weilte Philipp auf 14 Reichstagen.¹⁹ Mit einem solchen Erfahrungsschatz war er auch für das Visi-
Ob man hier gleich von einem Mangel an Institutionalisierung und Professionalisierung sprechen kann, sei dahingestellt. Pflüger: Kommissare und Korrespondenzen, S. 91. Baumann: Visitationen, S. 75. Carl: Landfrieden als Konzept, S. 53 und S. 55. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 3, o.D. Baumann: Visitationen, S. 76. Volker Press: Das Hochstift Speyer im Reich des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit – Porträt eines geistlichen Staates, in: Volker Press u. a. (Hrsg.), Barock am Oberrhein (Oberrheinische Studien VI). Karlsruhe 1985, S. 251– 290, S. 254. Hans Ammerich: Bistum und Hochstift Speyer im Spannungsfeld von Reformation und katholischer Reform im 16. und frühen 17. Jahrhundert, in: Anette Baumann/Joachim Kemper
Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume
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tationsgeschäft am Reichskammergericht bestens geeignet. Philipp hatte zusammen mit Johann von der Pfalz das Reichskammergericht 1531 und 1533 in seiner Funktion als Reichsstand visitiert, bevor er 1539 durch Karl V. zum kaiserlichen Kommissar ernannt wurde, und dann das Gericht in dieser Funktion ebenfalls mehrmals evaluierte.²⁰ Die Gepflogenheiten der Visitation waren ihm somit bestens vertraut. Der Bischof stand zudem der alten Kirche sehr nahe und hielt regelmäßig Diözesansynoden ab. Allerdings gelang es ihm nicht, die Durchsetzung der lutherischen Lehre in seinem Bistum zu verhindern. Dadurch verringerten sich die Einnahmen des Bischofs, der damit immer mehr auf die Gunst des Kaisers angewiesen war.²¹ Die engen Kontakte zum Kaiser und sein Dienst im Visitationsgeschäft lohnten sich jedoch. Mit Hilfe Karls V. konnte der Bischof 1546 die gefürstete Propstei Weißenburg erwerben, womit eine zweite Reichstagsstimme verbunden war, die das politische Ansehen des Bischofs weiter wachsen ließ. Seit dem Sommer 1552 verwüstete Albrecht Alcibiades von Brandenburg Speyer und das Umland. Philipp von Speyer musste aus seinem Bistum fliehen und starb im Exil.²² Ein besonders interessantes Beispiel für eine enge Verbundenheit zum Reichskammergericht in vielfacher Hinsicht ist Wilhelm Werner Freiherr und späterer Graf von Zimmern. Zimmern kam bereits 1533 als Richter an das Gericht, wurde später Kammerrichter und resignierte 1556. Gleich nach seiner Resignation als Kammerrichter war er von Kaiser Karl V. gebeten worden, das Reichskammergericht zusammen mit Abt Gerwig von Weingarten²³ zu visitieren.²⁴ Zimmern wurde wegen seiner hervorragenden juristischen Kenntnisse im Reich außerordentlich geschätzt.²⁵ Der Fiskal meinte bei der Befragung über die Qualitäten Zimmerns als
(Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016, S. 139 – 167, S. 185 f. Siehe hierzu Johann Heinrich von Harpprecht: Geschichte des Reichskammergerichts, Teile 5 und 6, S. 154 § 229 und § 230 sowie ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1539. Philipp war auch 1551 und 1553 kaiserlicher Kommissar bei Visitationen. Hans Ammerich: Philipp von Flersheim, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 – 1648. Berlin 1996, S. 185 – 186, S. 185. Baumann: Visitationen, S. 76. Gerwig Blarer von Giersberg, Abt von Weingarten und Ochsenhausen war seit 1523 Präses der Schwäbischen Reichsprälaten. Er war ein energischer Kämpfer gegen die Reformation. Otto Feger: Gerwig Blarer von Giersberg, in: NDB 2 (1955), S. 288. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 4, 1556. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, f. 9v., 1531, allgemein hierzu Andreas Bihrer: Habitus und Praktiken eines gelehrten Adeligen. Leben und Werk Wilhelm Werners von Zimmern, in: Casimir Burmiller u. a. (Hrsg.), Mäzene Sammler Chronisten. Die Grafen von Zimmern und die Kultur des schwäbischen Adels. Stuttgart 2012, S. 107-118.
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Richter sogar, Zimmern verstehe die Sachen besser, denn der Chamerrichter ²⁶. Deshalb war Zimmern von seinen Kollegen zum Kammerrichteramtsverweser gewählt worden.²⁷ Die Richter hatten damit zweifellos ihre Kompetenzen überschritten, da nur dem Kaiser allein die Ernennung des Kammerrichters bzw. dessen Amtsverwesers zustand. Die Episode zeigt, dass das Reichskammergericht in den 1530er Jahren institutionell sehr unabhängig vom Kaiser agierte und ein ausgesprochenes Selbstbewusstsein an den Tag legte. Zimmern sollte den vorherigen Kammerrichter Johann von der Pfalz ersetzen.²⁸ Karl V. verurteilte die Handlungsweise der Beisitzer scharf. Er suspendierte Zimmern und setzte an seine Stelle seinen Vertrauten Johann II. von Montfort ein,²⁹ der sich vor allem im Kriegsdienst in Spanien bewährt hatte.³⁰ Montfort hatte, wie Zimmern, in Freiburg bei Ulrich Zasius Jura studiert und war ab 1528 Beisitzer am Reichskammergericht gewesen,³¹ obwohl er nie einen Abschluss in den Rechtswissenschaften erreicht hatte. Burmeister glaubt deswegen, dass das Beisitzeramt für Montfort nur eine Notlösung gewesen sei.³² Ein Urteil, dass den akuten Mangel an juristischem Personal in dieser Zeit nicht berücksichtigt. Montfort besaß durch seine Studien neben seiner militärischen Expertise nun einmal weitere zahlreiche Möglichkeiten, sich für Kaiser und Reich nützlich zu machen. Die geschilderten Ereignisse sind vielmehr ein Beispiel für das händeringende Suchen des Kaisers nach geeigneten adeligen Persönlichkeiten zur Besetzung seines Stellvertreterpostens am Reichskammergericht. Nach dem Tode von Montfort 1547³³ und der Neueröffnung des Gerichts 1548 erhielt Zimmern auf Vorschlag von Viglius von Aytta, trotz aller vorherigen Querelen, den Posten des Kammerrichters.³⁴ Nach seiner Resignation als Kammerrichter verpflichtete ihn Karl V. schließlich als Kaiserlichen Kommissar.³⁵ Vollständig vertraut mit den Gepflogenheiten des Gerichts, erschien es nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 als ein besonders guter Schachzug, den so
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. Hansmartin Decker-Hauff (Hrsg.), Die Chronik der Grafen von Zimmern Handschriften 580 und 581 der Fürstliche Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen. Bd. 1– 3. Konstanz 1964– 1972, Band 3, S. 137; Baumann, Visitationen, S. 76. ÖStA HHStA Wien, RHK RKG VA 317, 1540. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 317, 1540. Karl-Heinz Burmeister: Graf Johann I. von Montfort-Rothenfels (ca. 1490 – 1547), in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 123 (2005),S. 33 – 57, S. 41 und S. 46. Burmeister: Graf Johann I. von Montfort-Rothenfels, S. 41. Burmeister: Graf Johann I. von Montfort-Rothenfels, S. 42. Burmeister: Graf Johann I. von Montfort-Rothenfels, S. 47. Burmeister: Graf Johann I. von Montfort-Rothenfels, S. 48. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1556.
Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume
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erfahrenen und allseits geschätzten Zimmern als kaiserlichen Kommissar einzusetzen. Zimmern bewältigte diese Aufgabe entsprechend. Seine Leistungen waren trotz vorheriger Differenzen ausschlaggebend gewesen.
Die Professionalisierung der Kaiserlichen Kommissare unter Maximilian II. und Rudolf II. Die Beispiele Zimmern und Montfort beweisen, wie wichtig bei der Wahl der kaiserlichen Kommissare zur Visitation die persönliche Nähe zum Kaiser, ein Höchstmaß an Loyalität und regionale Vernetzung waren. Dies änderte sich im Laufe der Regentschaft Maximilians II. allmählich. Es trat eine langsame Verstetigung ein, indem sich der Kreis an geeigneten Persönlichkeiten verkleinerte und die Kaiser nun auf bereits bewährte Rekrutierungsmuster zurückgriffen. Ein signifikantes Beispiel ist Marquard von Hattstein, der seit 1560 Bischof von Speyer war. Er hatte das Gericht bereits unter Ferdinand I. in Stellvertretung für Mainz visitiert, deshalb war er bei seiner Berufung 1565 als kaiserlicher Kommissar für die Visitation sehr gut mit den Gepflogenheiten der Visitation vertraut.³⁶ Hattstein war sehr eng mit Kaiser Maximilian II. befreundet gewesen und hatte in seinem Auftrag die Kurfürstenversammlung in Fulda besucht. Er weilte auch als kaiserlicher Kommissar neben Graf Ulrich von Montfort auf dem Reichsdeputationstag im April 1569.³⁷ Daneben kam neues Personal hinzu, das aus dem neu geschaffenen Reichshofrat³⁸ stammte. Besonders häufig übernahm Christoph Philipp Zott von Pernegg die Aufgabe. Er visitierte insgesamt sieben Mal³⁹ das Gericht. Zott von Pernegg gehörte nicht zur regionalen Herrschaftselite. Er stammte aus Tirol und war ab 1559 bis zu seinem Tod im Jahre 1579 Mitglied des Reichshofrates⁴⁰ und in dieser Eigenschaft auch bei Reichstagen⁴¹ anwesend. Neben einfachen Reichshofräten visitierten auch Reichshofratspräsidenten persönlich das Gericht: Ludwig Graf von Löwenstein war wohl bis 1563 Präsident beim Reichshofrat.⁴² Er vertrat das Haus Österreich auf den Reichstagen. Später
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1565. Baumann: Visitationen, S. 79. Zum Reichshofrat unter Karl V., siehe Eva Ortlieb: Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 35 – 45. 1561, 1562, 1563, 1564, 1567, 1569, 1570, ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6. Oswald von Gschließer: Der Reichshofrat. Wien 1942, S. 99 f. Siehe RTA 1570, Nr. 388, S. 989. Gschließer: Der Reichshofrat, S. 96 f.
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Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum
visitierte er in den Jahren 1571 bis 1574 zusammen mit Johann Hegenmüller das Reichskammergericht.⁴³ 1569 und 1570 war der Reichshofratspräsident Philipp Freiherr von Winneburg kaiserlicher Kommissar.⁴⁴ Er galt als juristisch besonders qualifiziert und versiert, da er bereits 1561 am Reichskammergericht das Amt des Präsidenten bekleidet hatte. 1563 war er als Präsident zum Reichshofrat nach Wien gewechselt.⁴⁵ Dieses Amt bekleidete er bis zum Tode Maximilians II. im Jahre 1576.⁴⁶ 1570 war ein besonders spannendes Jahr für die Stadt Speyer: Im Sommer 1570 kamen die Reichsstände zum Reichstag. Auch der Reichshofrat stieß ab Juli von Prag aus hinzu. Reichstag, Reichskammergericht und Reichshofrat waren so 1570 in Speyer gemeinsam versammelt. Speyer kann zu diesem Zeitpunkt geradezu als Hauptstadt des Reiches ⁴⁷ bezeichnet werden. Winneburg war somit mehrfach gefordert: Seit dem 1. Mai weilte er in seiner Eigenschaft als kaiserlicher Kommissar in Speyer und ab Juli als Reichshofratspräsident⁴⁸. Reichskammergericht und Reichshofrat waren über seine Person und den Ort Speyer eng miteinander verbunden. Als Rudolf II. 1576 Kaiser wurde, wechselte Winneburg 1582 die Institution.⁴⁹ Jetzt wurde er der neue Kammerrichter in Speyer. Winneburg starb jedoch bereits im folgenden Jahr.⁵⁰ Bei den bürgerlichen Juristen unter den kaiserlichen Kommissaren zeigt sich das gleiche Bild. Sie sind ab den 1560er Jahren fast ausnahmslos Mitglieder des Reichshofrates. Hier sei vor allem auf Johann Hegenmüller⁵¹ hingewiesen, ein Stiefbruder des Reichsvizekanzlers Seld⁵² und Schwager des späteren Reichsvi-
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1571; RHK RKGVA 322a, 1572; MEA RKG 6, 19. Mai 1573; RHK RKGVA 322a und MEA RKG 29, 1574. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1569; MEA RKG 6, 23. Mai 1570. Baumann: Visitationen, S. 79. Baumann: Visitationen, S. 80. Siehe hierzu der etwas provokante Titel Speyer als Hauptsadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert, hrsg. v. Baumann/Kemper (Hrsg.). München 2016. Gschließer erwähnt allerdings, dass Winneburg bei diesen Sitzungen den Vorsitz z.T. Herzog Ernst von Bayern, dem Erzbischof von Mainz oder dem ehemaligen Präsidenten von Zollern überlassen habe. Gschließer: Der Reichshofrat, S. 129. Siehe auch Sabine Ullmann: Geschichte auf der langen Bank. Die Kommissionen des Reichshofrats unter Kaiser Maximilian II. (1564– 1576). Mainz 2006, S. 20 und S. 38. Siehe auch RTA 1570, Nr. 388, S. 989. Gschließer: Der Reichshofrat, S. 105. Gschließer: Der Reichshofrat, S. 105. Hegenmüller visitierte das Gericht 1572, 1573 und 1574. Siehe ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1572; MEA RKG 6, 19. Mai 1573; RHK RKGVA 322a, 1574. Anette Baumann: Die Reichsvizekanzler im 16. Jahrhundert – eine erste Annäherung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge 64 (2016), S. 261– 279, S. 270 ff.
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zekanzlers Siegmund Vieheuser. Hegenmüller war beim Reichshofrat bis zum Regierungsantritt Kaiser Rudolfs II. beschäftigt. In dieser Eigenschaft reiste er auch zu Reichstagen.⁵³ Hegenmüller war 1562 Beisitzer am Reichskammergericht gewesen. Drei Jahre später hatte er dann von Kaiser Maximilian II. das Angebot erhalten, in den Reichshofrat zu wechseln.⁵⁴ Weitere Reichshofräte sind Johann Ulrich Zasius⁵⁵ und Dr. Thimotheus Jung. Jung war zuerst brandenburgischer Rat und als Gesandter auf dem Augsburger Reichstag von 1549 gewesen. Er vertrat Österreich bei fast allen Reichstagen und trat, als er in kaiserliche Dienste gelangte, zum Katholizismus über.⁵⁶ Hier zeigt sich, dass bürgerliche kaiserliche Kommissare als Schnittstellen zwischen Reichstag, Reichskammergericht und Reichshofrat agierten. Johann Ulrich Zasius war der Sohn des berühmten Ulrich Zasius und stand ab 1546 im Dienste der beiden Kaiser Ferdinand I. und später Maximilian II. Zasius wurde später Reichsvizekanzler.⁵⁷ Demnach waren die kaiserlichen Kommissare oft mehrmals als Visitatoren tätig. Ab den 1560er Jahren handelte es sich vorwiegend um erfahrene Reichshofräte, die auch bei den Reichstagen anwesend waren. Meist hatten sie zuvor einige Jahre am Reichskammergericht verbracht und kannten das Visitationsgeschehen aus der Perspektive der Visitierenden. Unter Kaiser Rudolf II. änderten sich die unter Maximilian II. ausgeprägten Rekrutierungsmuster nicht wesentlich. Die adeligen Visitatoren stammten jetzt vor allem aus dem Hause Hohenzollern und seinen verschiedenen Seitenlinien. Eitel Friedrich von Hohenzollern-Hechingen visitierte das Gericht in den Jahren 1576, 1578, 1581 und 1582.⁵⁸ Auch Eitel Friedrich kannte das Reichskammergericht gut. Er war im Reichstagsjahr 1570 zu einem der Präsidenten des Reichskammergerichts ernannt worden, kündigte das Amt jedoch bereits zwei Jahre später auf, um sich auf seine Güter nach Hechingen zurückzuziehen.⁵⁹ In dieser Zeit wurde er zum kaiserlichen Rat ernannt. In den folgenden Jahren war er vor allem
RTA 1570, S. 117– 119. A. 686. Gschließer: Der Reichshofrat, S. 120. Allgemein zu Zasius: Anja Meußer: Für Kaiser und Reich. Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit. Johann Ulrich von Zasius (1521– 1570) als Rat und Gesandter der Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. Husum 2004 und Baumann, Reichsvizekanzler, S. 272 ff. Gschließer: Der Reichshofrat, S. 113. Baumann: Visitationen, S. 272 und ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 320, 1557. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322b, 1576; MEA RKG 6, 1578; RHK RKGVA 1– 2, 26. Januar 1581; RHK RKGVA 1– 2, 1582. Walter Bernhardt: Graf Eitelfriedrich I. von Hohenzollern-Sigmaringen (1545 – 1605), in: Zeitschrift für hohenzollerische Geschichte 12 (1976), S. 29 – 97, S. 38.
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als kaiserlicher Kommissar auf den Reichsdeputationstagen in Frankfurt 1577, Worms 1586 etc. unterwegs. Er besuchte auch den Reichstag in Augsburg 1582.⁶⁰ Als bürgerlicher Begleiter für Eitel Friedrich von Hohenzollern hatte Kaiser Rudolf II. Wendel Arzt vorgesehen. Arzt folgte dem Ruf Rudolfs II. jedoch nicht. Deshalb wurde er durch den Reichspfennigmeister Johann Achilles Ilsung vertreten.⁶¹ Wendel Arzt scheint ein besonders wichtiger Kommissar gewesen zu sein, denn um seine Person entstand regelmäßig Streit zwischen dem Kaiser und seinem Bruder Ferdinand. 1580 wurde dies besonders deutlich. Rudolf II. wollte den erfahrenen Juristen Arzt neben Carl Erbtruchsess von Waldburg zum zweiten kaiserlichen Kommissar ernennen. Arzt, Rat des Erzherzogs Ferdinand⁶², war jedoch von Ferdinand als Visitator für das Haus Österreich vorgesehen. Ferdinand reagierte deshalb auf das Ansinnen des Bruders mit beträchtlichem Unmut, fügte sich aber und Dr. Jakob Streit, Professor der Universität Freiburg, wurde als Visitator Österreichs nach Speyer geschickt.⁶³ 1582 wiederholte sich das Spiel. Auch diesmal hatte Kaiser Rudolf II. Wendel Arzt als kaiserlichen Kommissar eingeplant.⁶⁴ Erzherzog Ferdinand blieb nur erneuter Protest, denn er hatte Wendel Arzt für den Besuch des Reichstages vorgesehen. Trotzdem musste er wiederum nachgeben.⁶⁵ Wendel Arzt vertrat während dieser Visitation den Kaiser allein, da sich Eitel Friedrich für die Visitation entschuldigt hatte.⁶⁶ Die Suche nach kaiserlichen Kommissaren, die nach Speyer zur Visitation reisen sollten, wurde immer schwieriger. Rudolf II. hatte für die nächste Visitation wiederum Wendel Arzt und Eitel Friedrich von Hohenzollern als kaiserliche Kommissare in Betracht gezogen. Während Eitel Friedrich jedoch erklärte, dass er nicht zur Visitation reisen könne, da er nach Brandenburg müsse⁶⁷, schien in Bezug auf Wendel Arzt die Lage klar. Ferdinand hatte dieses Mal bereitwillig seinen bewährten Rat Rudolf II. zur Verfügung gestellt.⁶⁸ Arzt zögerte jedoch, zur Visitation zu erscheinen. Die Gründe hierfür werden nicht genannt. Die Visitation wurde schließlich auf das Folgejahr 1583 prolongiert. Jetzt sollte der ehemalige Beisitzer und Verfasser ei-
Bernhardt: Graf Eitelfriedrich I. von Hohenzollern-Sigmaringen, S. 42 f. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322b, 16. Mai 1578 und MEA RKG 6. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1580. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1580. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 7. Januar 1582. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1582. Siehe hierzu auch Helmut Neuhaus, Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert. Reichstag – Reichskreistag – Reichsdeputationstag. Berlin 1982, S. 437 f., Fußnote 48. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1582.
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niger wichtiger Schriften zu Landfriedensbruch und Konstitution der Pfändung⁶⁹, Andreas Gail, Arzt bei der Visitation in Speyer vertreten. Gail weigerte sich jedoch zuerst, die beschwerliche Reise von Wien nach Speyer anzutreten. Er führte Leibesschwachheit und allgemeine Gefährlichkeit des Reisens wegen umherstreifender Freibeuter an.⁷⁰ Schließlich, nach weiteren Überlegungen und Überredungsversuchen, wurden Carl Graf zu Hohenzollern, der Bruder des verhinderten Eitel Friedrich, und Andreas Gail mit der Visitation des Gerichts betraut.⁷¹ Andreas Gail erhielt sogar einen Spezialauftrag. Er sollte sich um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Reichskammergerichts bemühen.⁷² Die Visitationen unter Maximilian II. und Kaiser Rudolf II. wurden zu einem juristischen Gipfelort, bei dem sich Reichshofräte und Reichskammergericht regelmäßig begegneten. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Visitation des Gerichts bei den kaiserlichen Kommissaren zu einer Aufgabe wurde, die sie immer weniger gerne wahrnahmen. Die Gründe hierfür erscheinen in den Quellen nicht.
Kontinuität im Amt: die Visitatoren des Erzkanzlers von Mainz Den Visitatoren des Erzkanzlers und vornehmsten Reichsfürsten kam neben den kaiserlichen Kommissaren die größte Bedeutung im Visitationsgeschäft zu. Sie hatten – wie bei den Reichstagen – die Geschäftsführung und Leitung bei den Visitationen inne.⁷³ Die Besetzung der Visitatorenstellen durch den Mainzer Erzkanzler durchlief eine ähnliche Entwicklung wie bei den kaiserlichen Kommissaren. Am Anfang des Untersuchungszeitraums war die Suche nach geeigneten Kandidaten schwierig. Das zeigt sich vor allem an der problematischen Besetzung des Amtes im Falle von Jakob Jonas.
Gail (1673) und Gail (1697). Das Werk ist zum ersten Mal 1578 in Köln erschienen. Danach folgten weitere Auflagen bis zum Jahr 1771. Siehe hierzu: Heinrich Gehrke: Die privatrechtliche Entscheidungsliteratur Deutschlands. Frankfurt 1974, S. 126, Nr. 106. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1583. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1583. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, ohne Datum. Siehe hierzu auch Anette Baumann: Die Tatbestände Landfriedens- und Religionsfriedensbruch am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert, in: Hendrik Baumbach/Horst Carl (Hrsg.), Landfrieden – epochenübergreifend. Neue Perspektiven der Landfriedensforschung auf Verfassung, Recht, Konflikt. Erscheint in Beihefte der ZHF 2018. Thomas Felix Hartmann, Die Reichstage unter Karl V. Verfahren und Verfahrensentwicklung 1521– 1555. Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Band 100. Göttingen 2017, S. 96.
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Jakob Jonas hatte ab 1522 in Wittenberg Theologie und 1526 in Tübingen Jura studiert. Später war er in Tübingen als Hebraist tätig. Ab dem Januar 1538 vertrat Jonas als Beisitzer am Reichskammergericht den fränkischen Kreis und blieb dort bis zum April 1541. Jonas war eng mit den Altgläubigen verbunden. Schließlich wurde Jonas Kanzler des Mainzer Erzbischofs. 1543 sollte Jonas auf der Reichskammergerichtsvisitation als Vertreter des Mainzer Erzkanzlers auftreten.⁷⁴ Während sich das Gericht mit der Anwesenheit des mainzischen Kanzlers einverstanden erklärte,⁷⁵ protestierten vor allem die Visitatoren aus Kursachsen und Kurpfalz energisch gegen die Funktion des Kanzlers als Visitator. Beide Kurfürstenvertreter warfen Jakob Jonas vor, nicht unparteiisch zu sein, sondern Urteile im Sinne der Altgläubigen gesprochen zu haben. Deshalb könne er nicht als Visitator tätig sein. Die Visitatoren fürchteten zudem, dass er ehemalige Kollegen begünstigen und die Visitation nach seinen Vorstellungen beeinflussen könne. In der Folge kam es zu heftigen Diskussionen. Jonas lenkte zum Teil nach internen Rücksprachen ein und versprach, bei Diskussionen über Urteile nicht anwesend zu sein.⁷⁶ Damit waren die Auseinandersetzungen nicht beendet. Teile der Visitatoren wollten in die Diskussion auch Karl V. einbeziehen. Die kaiserlichen Kommissare gingen nur bedingt auf diese Forderungen ein. Sie verlangten als Gegenleistung, dass die Visitatoren während der Kontaktierung des Kaisers in Speyer bleiben sollten. Der Visitation drohte das vorzeitige Ende. Karl V. hielt sich heraus, indem er offiziell auf die Handlungsmaxime der kaiserlichen Kommissare verwies. Intern freilich hatte der Kaiser eine eindeutige Meinung. Er schrieb, dass er nichts gegen den Mainzer Kanzler bei der Visitation einzuwenden habe.⁷⁷ Die Visitation wurde letztlich abgebrochen.⁷⁸ Jonas schadete die Auseinandersetzung nicht, denn er wechselte vom Mainzer Kurfürstendienst in kaiserliche Dienste und wurde 1556 Reichsvizekanzler.⁷⁹ In dieser Eigenschaft leitete er auch den Reichstag.⁸⁰ Der Wechsel zwischen Territorium und Reich war gelungen. 1555 wurde Daniel Brendel von Homburg Erzbischof und Erzkanzler von Mainz. Brendel kannte die Speyrer Verhältnisse bestens, da er 1543 in das Domkapitel von Speyer aufgenommen worden war. 1548 erfolgte die Aufnahme in das Domkapitel von Mainz. Trotzdem war er weiterhin vor allem für das Bistum Speyer
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 3, 1543. Baumann: Visitationen, S. 83. ÖStA HHStA Wien, RHK RKG 317, 1543. ÖStA HHStA Wien, RHK RKG 317, 1543. Baumann: Visitationen, S. 83. Baumann: Reichsvizekanzler, S. 268. Siehe Kapitel Quellen.
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politisch und administrativ tätig. So besuchte er als Mitglied der Speyrer Gesandtschaft auch den Augsburger Reichstag 1555.⁸¹ Brendel war bis 1582 Erzbischof von Mainz. Unter seiner Ägide fanden also die meisten Visitationen in Speyer statt. In der Anfangszeit des Mainzer Erzbischofs wechselten seine Visitatoren häufig, u. a. bemühte er Marquard von Hattstein, der später die Position des Bischofs von Speyer und das Kammerrichteramt gleichzeitig ausübte. Für die 1560er Jahre übernahm meist Wolfgang Kämmerer von Worms genannt Dalberg das Visitationsgeschäft für den Erzbischof. Auch Dalberg besaß enge Kontakte zu Speyer. So wurde er 1560 zum Dompropst von Speyer gewählt und war als Speyrer Gesandter auf dem Reichstag zu Augsburg 1555 und 1576 als mainzischer Gesandter auf dem Reichstag zu Regensburg. Dalberg folgte Brendel 1582 als Erzbischof von Mainz und Erzkanzler des Reiches nach.⁸² Die Kontinuität im Amt zeigt sich am signifikantesten bei dem Mainzer Kanzler Dr. Christoph Faber. Ab 1570 bis zu seiner Resignation 1584 leitete der Jurist mit nur wenigen Unterbrechungen die Visitationen des Reichskammergerichts und wurde so zum großen Routinier der Visitation. Begleitet wurde er während einiger Jahre von Georg von Schönberg⁸³ oder Philipp Cratz von Scharfenstein⁸⁴. Faber war auf sein Amt bestens vorbereitet worden. Auch er kannte das Reichskammergericht von seiner früheren Tätigkeit als Beisitzer.⁸⁵ Durch die kontinuierliche jährliche Beschäftigung mit der Arbeit des Gerichts besaß Faber wohl die besten Einblicke in die Probleme und Aufgaben des Reichskammergerichts. Faber leitete ab 1570 auch die Reichstage. Er bemühte sich auf den Reichstagen ganz besonders um das Wohl des Kammergerichts, indem er unbedingt eine Erhöhung der Kammerzieler und eine Vermehrung der Stellen durch-
Friedhelm Jürgensmeier: Daniel Brendel von Homburg, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, S. 79 – 80, S. 79. Friedhelm Jürgensmeier: Wolfgang von Dalberg, Kämmerer von Worms, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, S. 117– 118, S. 117. Georg von Schönberg war mit der Familie Cratz von Scharfenstein verwandt. Er studierte in Heidelberg und Freiburg. 1543 wurde er Domherr. Schönberg vertrat Kaiser Rudolf II. 1595 auf dem Reichsdeputationstag in Speyer. Er starb im gleichen Jahr. Burkhard Keilmann: Georg von Schönenberg (Schönenburg), in: Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, S. 646 – 647, S. 646. Philipp Cratz von Scharfenstein war seit 1560 am Wormser Domstift und seit 1572 Mainzer Domkapitular. Burkhard Keilmann: Philipp Cratz von Scharfenstein, in: Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, S. 113 – 114, S. 113. Maximilian Lanzinner: Die Rolle des Mainzer Erzkanzlers auf den Reichstagen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Peter Claus Hartmann (Hrsg.), Kurmainz, das Reichserzkanzleramt und das Reich. Stuttgart 1998, S. 69 – 87, S. 84.
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setzen wollte. Kurmainz wurde so in der Person von Faber zum wichtigsten Fürsprecher des Reichskammergerichts auf den Reichstagen.⁸⁶ Faber war außerdem in kaiserlichen Diensten tätig.⁸⁷ Er resignierte 1584 als Mainzer Kanzler, war aber darüber hinaus noch weiter bestallt, um so die Bindungen zum Mainzer Erzstuhl aufrecht zu halten.⁸⁸ Zusammenfassend kann man sagen, dass die Mainzer Visitatoren ebenso wie die kaiserlichen Kommissare Spezialisten in Reichsangelegenheiten waren. Auch sie bildeten nach einer schwierigen Anfangsphase ein Garant für Kontinuität, Stabilität und Routine im Alltagsgeschäft der Visitation.
Nur eine Nebenrolle? Die Gesandten der übrigen Kurfürsten, Fürsten und Städte Die Gesandten der Kurfürsten Betrachtet man die Gesandten der übrigen Kurfürsten, so verdichtet sich das Bild einer juristischen Expertenkommission, die durch ihre zahlreichen Treffen im ständigen Dialog stand. Denn auch die übrigen Kurfürsten folgten dem gleichen Muster und schickten, wie Kaiser und Reichserzkanzler, ihre jeweiligen Kanzler nicht nur auf Reichstage etc., sondern auch zu den Reichskammergerichtsvisitationen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür bietet das Erzbistum Trier: Der Visitator des Trierer Kurfürsten war Dr. Felix Hornung⁸⁹, der in Heidelberg und Ingolstadt studiert hatte, und 1550 das Gericht visitierte. Hornung war dem Kaiser wohl bekannt. 1548, bei der Wiedereröffnung des Gerichts, wollte Karl V. Hornung aus Trierer Diensten an das Reichskammergericht abwerben, was dem Kaiser jedoch nicht gelang. Stattdessen blieb Hornung weiter in Trier. Später wurde Hornung aus politischen Gründen vom Trierer Erzkanzler entlassen.⁹⁰ Hornung verfasste ein wichtiges Tagungsprotokoll zum Augsburger Reichstag von 1555.⁹¹ Er wurde im gleichen Jahr Präsident des Provinzrates von Luxemburg.⁹² Lanzinner: Die Rolle des Mainzer Erzkanzlers, S. 84. Alexander Jendorff: Verwandte, Teilhaber und Dienstleute. Herrschaftliche Funktionsträger im Erzstift Mainz 1514 bis 1647. Marburg 2003, S. 60. Jendorff: Verwandte, Teilhaber und Dienstleute, S. 105. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, Liste der Visitatoren 1550 und ÖStA HHStA Wien MEA RKG 8, 1556. Alfred Kohler: Zur Bedeutung der Juristen im Regierungssystem der Monarchia universalis Kaiser Karls V, in: Roman Schnur (Hrsg.), Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates. Berlin 1986, S. 649 – 674, S. 673. Heinrich Lutz/Alfred Kohler: Das Reichstagsprotokoll des kaiserlichen Kommissars Felix Hornung vom Augsburger Reichstag 1555. Wien 1971.
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Ein weiterer international vernetzter Gesandter des Kurfürsten von Trier war Bartholomäus Latomus, der das Gericht 1556 visitierte⁹³. Latomus hatte zusammen mit Mathias Held die Lateinschule in Arlon besucht und in Freiburg bis ca. 1520 studiert. Er war ein Schüler von Ulrich Zasius gewesen und stand im engen Kontakt zu Erasmus von Rotterdam.⁹⁴ Ab 1522 treffen wir Latomus in Trier, wo er u. a. der Lehrer des späteren Kurfürsten von Trier wurde; danach unterrichtete er in Paris und Löwen, bevor er 1535 nach Italien reiste. Ab 1542 kennen wir ihn als Rat des Trierer Kurfürsten von Hagen. Zwischen 1548 und 1555 hielt sich Latomus als Assessor für den burgundischen Kreis am Reichskammergericht auf.⁹⁵ Seine Rolle, nur ein Jahr später als Visitator,⁹⁶ scheint für die Kameralen unproblematisch gewesen zu sein. Jedenfalls sind keine Klagen bekannt. Latomus starb 1570. Der kurtrierische Kanzler Johann Wimpfeling visitierte das Gericht 1573.⁹⁷ Er war ein versierter Reichstagsgesandter, der in der ersten Reihe mit den anderen kurfürstlichen Kanzlern stand.⁹⁸ Daneben waren Philipp von Nassau 1568⁹⁹ und Hugo Cratz von Scharfenstein 1578¹⁰⁰ Visitatoren. Aus Kurköln kamen Kaspar Gropper 1551¹⁰¹ und Peter Zons 1561¹⁰². Kaspar Gropper hatte in Köln Jura studiert und wurde nach theologischen Studien zum Priester geweiht. Er war zusammen mit seinem Bruder Johannes ein Verfechter des katholischen Glaubens.¹⁰³ Peter Zons war Dechant von St. Cassius in Bonn.¹⁰⁴ Köln legte also ganz besonderen Wert darauf, geistliches Personal zu schicken.
Kohler: Zur Bedeutung der Juristen im Regierungssystem Karls V., S. 673. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1556. Elisabeth M. Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer. Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2006, S. 607. Kloosterhuis: Erasmusjünger, S. 608. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1556. Hier ist allerdings zu beachten, dass Latomus nur in der Visitatorenliste auftaucht, aber nicht in dem Protokoll. Die Gründe sind nicht bekannt. Vielleicht war er vorgesehen, kam dann aber nicht. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1573. Maximilian Lanzinner: Fürsten und Gesandte als politische Akteure beim Reichstag 1566, in: Bernhard Löffler/Karsten Ruppert (Hrsg.), Religiöse Prägung und politische Ordnung in der Neuzeit. Festschrift für Winfrid Becker zum 65. Geburtstag. Köln/Weimar/Wien 2006, S. 55 – 82, S. 74. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1568. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1578. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1551. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1561. Walter Lippgens: Artikel Kaspar Gropper, in: NDB 7 (1966), S. 136. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1561.
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Die weltlichen Kurfürsten verfolgten die gleiche Strategie wie die Kaiser und die übrigen geistlichen Kurfürsten. Auch sie schickten möglichst ihre versiertesten Räte nach Speyer. Brandenburg vertraute Dr. Timotheus Jung, der – wie Hornung – später in kaiserlichen Diensten anzutreffen war. Hinzu kamen Wolf Friedrich von Schirstett 1561¹⁰⁵, Dietloff von Winterfeld¹⁰⁶, Sebastian Gerstmann¹⁰⁷ und 1583 der überzeugte Calvinist Adam Gans Freiherr von Putlitz¹⁰⁸. Er stammte aus einer bedeutenden märkischen Familie und hatte, bevor er nach Wittenberg ging, 1566 in Frankfurt an der Oder studiert.¹⁰⁹ Press bezeichnet Putlitz als den Typ des reformierten Adligen mit humanistischem Interesse ¹¹⁰. 1583 war Putlitz auch pfälzischer Rat. Die Visitation für Brandenburg belegt, dass er gleichzeitig für den brandenburgischen und pfälzischen Kurfürsten tätig war.¹¹¹ Auch die Kurpfälzer setzten auf Juristen, die bereits Erfahrungen mit dem Gericht gesammelt hatten.¹¹² Ein Beispiel für einen Rat diesen Typus ist Hartmann Hartmanni der Jüngere, der zwischen 1546 und 1550 zum Rat in der Pfalz berufen worden war.¹¹³ 1556 hatte Hartmanni die Pfalz verlassen, um Beisitzer am Reichskammergericht¹¹⁴ zu werden. Nach 11 Jahren kehrte er in die Pfalz zurück. Er wurde Hofrichter und Oberrat und verwaltete als Faut die Oberämter Bretten und Heidelberg.¹¹⁵ In dieser Eigenschaft visitierte er auch das Gericht. Neben ihm ist der pfälzische Kanzler Christoph Prob¹¹⁶ erwähnenswert. Er hatte seine Karriere am Reichskammergericht im Gegensatz zu Hartmann Hartmanni als Advokat begonnen.¹¹⁷ Die pfälzischen Kurfürsten nutzten ihre Nähe zu Speyer und versäumten es nicht, auch außerhalb der Reihe zusammen mit ihren Kanzlern bei den Visitationen zu erscheinen. Das war vor allem in den 1560er Jahren unter Friedrich III. der Fall, ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1561. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322a, 1572. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1583. Volker Press: Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz. Stuttgart 1970, S. 344. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 344. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 344. Press vermutet dies, kann es aber nicht belegen. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1575; RHK RKGVA 325b, 1577; RHK RKGVA 1– 2 und MEA RKG 37, 1580; RHK RKGVA 3 – 4, 1584. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 194. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 153. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 234. Lanzinner: Fürsten und Gesandte, S. 74. Siehe auch ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1553 und 1562. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 153.
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der sich dem Calvinismus zugewandt hatte.¹¹⁸ Ursache hierfür könnte die massive Kritik des Reiches an der Religionspolitik der Pfälzer Kurfürsten sein. Dies hatte zur Folge, dass auch das Reichskammergericht als rechtliche Instanz gefragt war. So wies Maximilian II. Ende August 1565 das Reichskammergericht an, wegen der sich am Rhein ausbreitenden Sekten und Schwärmereien auf die Zugehörigkeit des Gerichtspersonals zur katholischen und lutherischen Konfession genau zu achten. Anhänger anderer Konfessionen sollten entlassen werden.¹¹⁹ Gleichzeitig fühlten sich das Hochstift Speyer und damit auch der Kammerrichter und Speyerer Bischof Marquard von Hattstein ständig von der Kurpfalz bedroht, denn die Pfälzer betrachteten das Bistum Speyer als Hausdiözese. ¹²⁰ Hattstein wünschte deshalb sogar, das Kammerrichteramt verlassen zu können, da, seiner Meinung nach, der Kaiser das Bistum nicht ausreichend schütze.¹²¹ Die Anwesenheit des Pfälzer Kurfürsten sorgte so für noch stärkeren Druck bei den Visitationen und war ein politisches Statement, das nicht unterschätzt werden sollte. Hinzu kam, dass mit der kurpfälzischen Hinwendung zum Protestantismus das gute Verhältnis zwischen Kurpfalz und Kurmainz schwand und die Kurpfalz sich neue Verbündete suchen musste.¹²² Reichskammergerichtsvisitationen, die reichsweit Interesse fanden und Besucher nach Speyer anzogen, waren bei diesen Anliegen nicht die schlechteste Anlaufstelle. Hier bot sich reichlich Gelegenheit für interessante Gespräche, Meinungsaustausch und handfeste Politik. Innerhalb der weltlichen Kurfürsten weist Kursachsen die größte Kontinuität bei den Visitatoren auf. So visitierte Abraham von Bock zu Pollach das Gericht im Auftrag des Fürsten insgesamt fünf Mal.¹²³ Bock wurde 1531 geboren und stammte aus Schlesien. Er hatte u. a. in Wien, Leipzig, Basel und Bologna studiert.¹²⁴ Ab 1559 machte Bock sehr schnell Karriere in den Diensten des Kurfürsten August von Sachsen, denn 1560 war er bereits Hofrat. In den 1590er Jahren wurde er zudem geheimer Rat und 1597 Oberhofrichter in Leipzig. Bock war nicht nur für Kurfürst
Alexander Jendorff: Speyer als juridischer Zentralort des Reiches und sein Umfeld. Akteure und Interessen, Handlungsfelder und Handlungsformen im Mittelrheingebiet im Zeitalter von Reformation und Konfessionalisierung, in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 189 – 228, S. 201. Andreas Edel: Der Kaiser und die Kurpfalz. Eine Studie zu den Grundelementen politischen Handelns bei Maximilian II. (1564– 1576). Göttingen 1997, S. 188. Jendorff: Speyer als juridischer Zentralort des Reiches, S. 202. Edel: Der Kaiser und die Kurpfalz, S. 245. Jendorff: Speyer als juridischer Zentralort des Reiches, S. 203 und S. 204. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, Scan 37, 1563; MEA RKG 6, 1564; RHK RKGVA 322b, 1576; MEA RKG 6, 1578; RHK RKGVA 1– 2, 1581. Franz von Bocholt: Artikel Abraham von Bock, in: ADB 2 (1875), S. 762.
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August, sondern auch für seine Nachfolger Christian I. und Christian II. in vielen Gesandtschaften, vor allem auch nach Polen, unterwegs.¹²⁵ Es zeigt sich, dass die Kurfürsten bei den Visitationen viel Wert darauf legten, dass ihr Spitzenpersonal daran teilnahm. Die Visitation des Reichskammergerichts besaß bei den Kurfürsten den gleichen Stellenwert wie der Reichstag. Es war ihnen wichtig, eine der wenigen Zentralbehörden im Reich funktionsfähig zu halten. Expertenwissen war hier mehr gefragt als Repräsentation. Gleichzeitig wird durch das Verhalten der Pfälzer klar, dass die Visitationen als politisches Forum genutzt werden konnte. Der Pfälzer zeigte sich mit seiner Anwesenheit reichskonform, konnte aber andererseits Druck in seinem Sinne auf die Visitation ausüben.
Die Gesandten der Fürsten Auch bei den Vertretern der geistlichen und weltlichen Fürsten gab es nach 1555 ein großes Maß an gleichbleibendem Spitzenpersonal, das Kontinuität der Verhandlungsführung und Stabilität garantierte. Ein besonders herausragendes Beispiel hierfür ist Dr. Johann Jakob Langhans. Er vertrat die schwäbischen Prälaten zum ersten Mal 1564, ab 1572 bis 1584 zählte er dann zu den jährlichen Teilnehmern.¹²⁶ 1577 reiste er für die schwäbischen Prälaten auch auf den Reichsdeputationstag nach Frankfurt.¹²⁷ Über den Kleriker Langhans ist sehr wenig bekannt. Er stammte aus Überlingen und hatte in Ingolstadt und Bourges studiert. Ludwig vermutet, dass Langhans vielleicht den Überlinger Georg Reichlin von Meldegg als Präzeptor nach Bourges begleitet hatte.¹²⁸ Die schwäbischen Grafen wurden vor allem durch Gall Hager vertreten, der bei Abwesenheit von Langhans auch für diesen einsprang¹²⁹ und ebenfalls die Reichsdeputations- und Reichstage besuchte.¹³⁰ So nahm er 1570 an der Visitation des Reichskammergerichts und am Reichstag teil.¹³¹ In der Person von Gall Hager zeigt sich das Zusammenspiel gleicher politischer Gruppen auf der Ebene des
Bocholt: Abraham von Bock, S. 762. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1564, 1573, 1578; RHK RKGVA 322a, 1572, 1574, 1575, 1576, 1577. MEA RKG 36, 1579; RHK RKGVA 1– 2, 1580, 1583; RHK RKGVA 3 – 4, 1584. Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen, S. 556. Ulrike Ludwig: Verwaltung als häusliche Praxis, in: Arndt Brendecke (Hrsg.), Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte. Köln/Weimar/Wien 2015, S. 188 – 198, S. 144 und S. 144, Fußnote 89. 1565, 1570 Hager für schwäbische Prälaten. Siehe Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen, S. 556, 559. RTA, RT 1570, 2. Teilband, S. 686.
Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume
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Reiches. Die schwäbischen und Wetterauer Grafen hatten vereinbart, dass ihre Vertreter die Visitation des Reichskammergerichts alternierend wahrnehmen sollten und sie gegenseitig die Akten austauschen würden.¹³² Kommunikation wurde also großgeschrieben und zeigt das Interesse der Grafen an einer reibungslosen Durchführung der Visitation. Finanzielle Aspekte spielten wohl auch eine Rolle, denn durch das verabredete System konnten Kosten gespart werden.¹³³ Die Wetterauer Grafen wurden vor allem durch Dr. Johann Graf¹³⁴ auf den Visitationen repräsentiert. Sein Vorgänger in den Jahren 1575 und 1573 war Jakob Schwarz gewesen.¹³⁵ Graf stammte ursprünglich aus Nördlingen und hatte dann den Posten eines Rates in Nassau-Weilburg inne.¹³⁶ Er war mit den Problemen der Grafen bestens vertraut, übte aber die Vertretung der Grafen auf Visitationen und anderen Reichsversammlungen nur in Nebentätigkeit aus. Graf besuchte auch den Augsburger Reichstag von 1582.¹³⁷ Ein weiterer Vertreter der Grafen war Johann von Roseneck genannt Zehender¹³⁸, der die Wetterauer Grafen in den Jahren 1565, 1567 und 1569 vertrat. Roseneck war wie Borck auch in auswärtigen Angelegenheiten unterwegs, u. a. reiste er nach Moskau. Auf dem Weg dorthin gelangte er trotz eines kaiserlichen Begleitschreibens in livländische Gefangenschaft, die fünf Jahre dauerte. Deshalb verlangte er auf dem Reichstag zu Speyer 1570 eine Entschädigung, die er vorher in Supplikationen an den Kaiser und die Reichsstände angekündigt hatte.¹³⁹ Roseneck versuchte auch, in Livland seine Entschädigungsforderungen durchzusetzen. Ihnen wurde trotz Fürsprache des Kaisers in den 1560er Jahren nicht stattgegeben. Roseneck war eine schwer durchschaubare Person, die im Reich häufig die Dienste wechselte, weshalb er auch als pfalz-veldenzischer Kanzler bezeichnet wird.¹⁴⁰ Gleichzeitig trat er als Partikularadvokat für die Stadt Frankfurt auf.¹⁴¹ Es ist nicht ganz klar, warum Roseneck gerade im Zeitraum von 1565 bis
Georg Schmidt: Der Wetterauer Grafenverein. Marburg 1989, S. 185. Schmidt: Der Wetterauer Grafenverein, S. 95 1578, 1579, 1581, 1584. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1578; MEA RKG 36, 1579; RHK RKGVA 1– 2, 1581; RHK RKGVA 3 – 4, 1584. Schmidt: Der Wetterauer Grafenverein, S. 66. Schwarz war Rat in Nassau-Dillenburg. Schmidt: Der Wetterauer Grafenverein, S. 66. Schmidt: Der Wetterauer Grafenverein, S. 309. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1565, 1567; MEA RKG 17, 1569. RTA 1570, 2. Teilband, S. 1094. Heinrich von Staden: Aufzeichnungen über den Moskauer Staat: Nach der Handschrift des Preußischen Staatsarchivs in Hannover, hrsg. v. Fritz T. Epstein, Berlin 1964, S. 34, Fußnote 1. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Bestand Reichskammergericht, Nr. 417. Siehe auch Inventar der Akten des Reichskammergerichts 1495 – 1806. Frankfurter Bestand, bearb. v. Inge
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Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum
1569 für die Wetterauer Grafen Gesandtschaften anführte. Rosenecks Biographie zeigt jedenfalls den riesigen Bedarf an halbwegs gebildetem juristischem Personal, der auch dazu führte, dass sich die Territorialherren etwas windiger Zeitgenossen bedienten. Ein völlig seriöser und weithin anerkannter Jurist war dagegen der Repräsentant des Herzog von Braunschweig: Joachim Mynsinger von Frundeck. Er visitierte das Gericht 1563, 1564 und 1568. Seine Funktion als Visitator war bei den Kameralen umstritten, da er sich in seinem Buch zur Urteilssprechung¹⁴² des Reichskammergerichts nicht an die Geheimhaltungspflicht des Gerichts gehalten hatte. Mynsinger gehörte zu dem exklusiven Kreis der Schüler von Ulrich Zasius,¹⁴³ die später am Reichskammergericht Beisitzer wurden. Mynsinger hielt sich von 1548 bis 1556 als Urteiler am Gericht in Speyer auf. Er wurde vom Herzog von Braunschweig auch auf Reichstage gesandt. 1566 traf er sich vor allem mit dem Reichsvizekanzler Johann Ulrich Zasius, einem Sohn des Freiburger Professors, um dort informelle Gespräche zu führen.¹⁴⁴
Die Gesandten der Städte Bei den Städten haben wir das gleiche Bild wie bei den übrigen Reichsständen. Nur das städtische Spitzenpersonal war würdig, nach Speyer gesandt zu werden. Im Fall der Reichsstädte handelte es sich meist um die städtischen Syndici. Die Funktion des Syndicus entwickelte sich seit dem 15. Jahrhundert. Ursprünglich waren Syndici einfache Stadtschreiber gewesen. Allmählich wandelte sich das Amt und wurde schließlich nur noch von ausgebildeten Juristen besetzt, die sich im Gemeinen Recht auskannten. Syndici hatten eine bedeutende Stellung in der Stadt mit einem vielseitigen Tätigkeitsspektrum. Sie berieten Bürgermeister und Räte in juristischen Angelegenheiten. Meist hatten sie zudem zahlreiche Nebenbeschäftigungen, die privat honoriert wurden. Sie beeinflussten auch aktiv die aktuelle Ratspolitik.¹⁴⁵ Im Gegensatz zu allen anderen Reichsständen lässt sich in Kaltwasser (Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission XXI). Frankfurt am Main 2000. Joachim Mynsinger von Frundeck: Singularium observationum iudicij imperialis camerae (uti vocant) centuriae quatuor. Basel 1563 und weitere Auflagen bis 1697. Siehe auch Gehrke, Privatrechtliche Entscheidungsliteratur, S. 124 f., Nr. 104. Sabine Schumann: Joachim Mynsinger von Frundeck (1541– 1588). Herzoglicher Kanzler in Wolfenbüttel – Rechtsgelehrter – Humanist. Zur Biographie eines Juristen im 16. Jahrhundert (Wolfenbüttler Forschungen 23), Wiesbaden 1983, S. 38. Schumann: Joachim Mynsinger von Frundeck, S. 144. Andrea Bentlage: Artikel Stadtschreiber, in: ENZ 12 (2010), Spalte 789 – 791, Spalte 789 f. Allgemein siehe hierzu auch André Krischer: Syndici als Diplomaten in der Frühen Neuzeit. Re-
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Bezug auf die städtischen Visitatoren keine Kontinuität bei der Besetzung der Posten feststellen. Grund hierfür ist, dass immer nur ein Vertreter aus der Gesamtzahl der Reichsstädte geschickt wurde. Der genaue Modus der Besetzung ist unbekannt. Herausragende Vertreter waren u. a. Dr. Arnold Engelbrecht, der die Reichsstadt Frankfurt 1570 repräsentierte¹⁴⁶. Er war ein Schwiegersohn des ehemaligen Reichskammergerichtsangehörigen und Frankfurter Syndikus Johann Fichard und gehörte deshalb der Frankfurter Adelsgesellschaft Alten Limpurg an. Engelbrecht war 1570 städtischer Reichstagsgesandter.¹⁴⁷ Ein weiterer interessanter Vertreter war Dr. Ludwig Gremp von Freudenstein, der 1558 als Vertreter der Reichsstadt Straßburg geschickt worden war. Gremp hatte in Tübingen, Orléans und Ingolstadt die Rechte studiert. Danach war er u. a. auch an der Universität Tübingen als Professor tätig gewesen. 1541 wechselte er als Advokat an die Reichsstadt Straßburg, in deren Auftrag er als ein wichtiger evangelischer Vertreter fast alle Reichstage etc. besuchte.¹⁴⁸ Gremp war ein typischer städtischer Rat, der trotz seiner Anstellung in der Reichsstadt Straßburg auch andere Reichsstände auf Reichstagen oder anderen Reichsversammlungen vertrat. Allerdings mussten die jeweiligen Reichsstände zustimmen. Die Reichsstände konnten sich so die Gutachtertätigkeit von erstklassigen Juristen sichern. Gremp reiste auch für die Kurpfalz auf Reichsversammlungen.¹⁴⁹ Die Reichsstadt Augsburg schickte 1575 Konrad Pius Peutinger¹⁵⁰ nach Speyer. Er war ein Sohn von Claudius Pius Peutinger, der 1543 für die Stadt Augsburg das Reichskammergericht visitiert hatte,¹⁵¹ und ein Enkel von Konrad Peutinger. Konrad Pius Peutinger hatte im gleichen Zeitraum wie Langhans in Bourges studiert. Beide trugen sich in das Stammbuch des Josias Marcus in den Jahren 1557/1558 ein.¹⁵² Konrad Pius Peutinger erhielt 1557 als Augsburger Domscholaster von Papst Paul IV. die Ernennung zum Propst von St. Stephan in Bamberg, konnte diese Stelle aber nicht antreten, da sie ein anderer beanspruchte. 1573 war Konrad Pius im Auftrag der Welser zu Verhandlungen in Straßburg.¹⁵³
präsentation, politischer Zeichengebrauch und Professionalisierung in der reichsstädtischen Außenpolitik, in: Christian Jörg/Michael Jucker (Hrsg.), Spezialisierung und Professionalisierung. Träger und Foren städtischer Außenpolitik während des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Wiesbaden 2010, S. 203 – 227. Siehe ÖStA HHSTA Wien MEA RKG 20, 1570. Anwesenheitsliste. RTA 1570, 2. Teilband, S. 686. Hans Erich Feine: Artikel Ludwig Gremp von Freudenstein, in: NDB 7 (1966),S. 44 f. Press: Calvinismus und Territorialstaat, S. 146. Siehe ÖStA Wien RHK RKGVA 322a, 1575. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 3, 1543. Ludwig: Verwaltung als häusliche Praxis, S. 107. Ludwig: Verwaltung als häusliche Praxis, S. 138, Fußnote 57.
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Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Für die Funktion des Visitators am Gericht waren Erfahrungen auf den Reichsversammlungen und möglichst als Beisitzer oder Advokat am Gericht die ideale Voraussetzung. Die Visitatoren des Gerichts zählten zudem zu den juristischen Spitzenbeamten des jeweiligen Reichsstandes. Es wird deutlich: Die Juristen aller Reichsstände trafen sich nicht nur auf Reichstagen, Reichsdeputations-, Reichskreis-, Kurfürsten- und Kreisversammlungen¹⁵⁴, sondern auch auf den Visitationen des Reichskammergerichts. Die Visitationen hatten also den gleichen Stellenwert wie die übrigen Reichsversammlungen.
Die persönlich zur Visitation erscheinenden Fürsten und Grafen Die letzte Gruppe an Akteuren, die das Reichskammergericht visitierten, sind die persönlich erscheinenden Fürsten. Laut Reichskammergerichtsordnung musste zu jeder Visitation immer ein Fürst persönlich nach dem Rotationsverfahren erscheinen.¹⁵⁵ Die Teilnahme war für die Reichsfürsten oft eine lästige Pflicht, der man sich gerne durch Stellvertreter entledigte, oder notwendiges Übel, denn man war mit der Absicht nach Speyer gekommen, bei der Visitation eigene Interessen durchzusetzen. An- und Abwesenheit waren taktische Komponenten, die immer wieder von Neuem fein austariert wurden. Denn das Fehlen eines Reichsstandes konnte die Durchführung der ganzen Visitation in Frage stellen.¹⁵⁶ Typisch für diese Konstellation ist der Streit zwischen den verschiedenen Pfälzer Linien 1584, über die der Mainzer Erzkanzler Kaiser Rudolf II. in einem Schreiben ausführlich berichtete. So war laut dem Mainzer Erzkanzler gemäß der Visitationsordnung Pfalzgraf Reichard aus der Nebenlinie Simmern-Sponheim an der Reihe. Johann Casimir, sein Neffe, behauptete aber, dass er der nächste sei. Der Erzkanzler war sich jedoch seiner Sache sicher und befürchtete, dass Johann Casimir sich kaum von seiner Haltung abbringen lassen würde, da er leicht zu kränken sei. Johann Casimir argumentiere zudem, dass er der Kurwürde am nächsten sei und deshalb den Vortritt habe.¹⁵⁷ Schließlich versuchte der Erzkanzler den Konflikt zu lösen, indem er Johann Casimir auf die nächste Reichsversammlung verwies, um die Angelegenheit dort zu diskutieren. Um die Wogen nicht noch höher schlagen zu lassen, entschuldigte sich der Erzkanzler zudem ausdrücklich bei Johann Casimir.
Lanzinner: Fürsten und Gesandte, S. 75. Siehe hierzu auch das Kapitel Einleitung. Siehe hierzu das Kapitel Die Visitation als Ereignis in Speyer. ÖSTA HHStA Wien RHK RKGVA 3 – 4, 1584.
Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume
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Er gönne ihm den Vorzug vor Reichard. Wichtig sei ihm vor allem, die Justiz zu fördern.¹⁵⁸ Danach ruhte die Angelegenheit. Johann Casimir scheint auch bei anderen Gelegenheiten sehr auf seinen vermeintlichen Rang als Vormund des künftigen Kurfürsten bedacht gewesen zu sein. So hatte sich Casimir bereits 1581 darüber beschwert, dass er von der Teilnahme an der Visitation ausgeschlossen sei. Er war der Meinung, dass nicht Bayern, sondern die Pfalz das Recht der persönlichen Visitation habe. Die Visitatoren prüften den Fall und stellten nach ausführlichen Beratungen fest, dass Johann Casimirs Beschwerde vor einer Reichsversammlung verhandelt werden müsse und führten die Visitation nach der Einholung der Zustimmung aller ohne Störungen weiter.¹⁵⁹ Das Beispiel zeigt deutlich, dass die Visitation des Reichskammergerichts kein Expertengremium war, das im stillen Kämmerlein unbemerkt von allen anderen tagte. Vielmehr wurde die Visitation gerade von den Pfälzern dazu benutzt, Politik zu betreiben. Allein der Streit um die An- und Abwesenheit der Fürsten konnte zur Machtdemonstration genutzt werden. Mühen hatten die Visitatoren auch mit dem protestantischen Fürsten Georg Ernst von Henneberg. Henneberg war zwar pünktlich zur Visitation in Speyer erschienen, wollte aber für einen Tag eine Auszeit vom Visitationsgeschäft, um eine Hochzeit am Heidelberger Hof besuchen zu können. Die übrigen Visitatoren sahen dies ungern; sie waren darauf geeicht, die Visitation schnell und störungsfrei durchzuführen. Beurlaubungen, auch für einen Tag, waren hier nicht vorgesehen. Schließlich einigte man sich darauf, dass der Graf wegen seines Ansehens die Hochzeit besuchen könne und hoffte, dass er sich an den geforderten Urlaub von einem Tag halten würde.¹⁶⁰ Zusammenfassend lässt sich feststellen: die fürstlichen und gräflichen Visitatoren betrachteten die Visitation des Gerichts meist eher als eine lästige Angelegenheit, der man sich gern zu entziehen suchte. Ausnahmen waren immer dann gegeben, wenn politische Interessen ins Spiel kamen. Die Fürsten, und hier wohl an erster Stelle die Pfälzer, nutzten die Visitation als politisches Forum. Der Visitation kam in dieser Hinsicht der Rang eines speziellen Reichstages zu.
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 3 – 4, Aschaffenburg, den 26. März 1584. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 36, 1579.
Das Ereignis der Visitation in Speyer Die Vorbereitung der Visitation: Kaiser, kaiserliche Kommissare, Erzkanzler, Reichsstände und Gericht im Dialog Die Visitationen waren ein aufwendiges Geschäft, das trotz sich allmählich einstellender Routine viel Arbeit machte. Es galt schon im Vorfeld, möglichst viele Unstimmigkeiten und Fragen auszuräumen. Deshalb verwundert es nicht, dass bereits nach Ablauf der Visitation im Frühsommer im Herbst/Winter des gleichen Jahres mit den Vorbereitungen für die nächste Visitation begonnen wurde. Dabei handelte es sich immer um die gleichen Routinen, so dass es möglich ist, ein vereinfachtes Schema des Ablaufs einer Visitation zu erstellen. Als erste Maßnahme zur Durchführung einer Visitation sandte der Kurfürst von Mainz dem Kaiser Entwürfe von Ladungsschreiben für die Reichsstände und die Liste des vorgesehenen Teilnehmerkreises, der in der Reichskammergerichtsordnung festgelegt war.¹ Nach Absprache mit dem Kaiser erfolgte die Versendung der Ladungen.² Hier begannen bereits die ersten Schwierigkeiten. Sie betrafen oft die Teilnahme an der Visitation, vor allem den Kreis der persönlich anwesenden Reichsstände. Im Kapitel Die Visitation als juristischer und politischer Aktionsraum haben wir schon über die Schwierigkeiten gelesen, die dabei auftauchen konnten. Meist bestätigten die Reichsstände ihr Kommen oder meldeten ihre Abwesenheit zügig, so z. B. 1557 Johann von der Pfalz, der sich entschuldigte, dass er nicht persönlich erscheinen könne.³ Ähnlich verfuhr das Domkapitel zu Magdeburg 1551. Es erklärte, da der Sitz vakant sei, könnte es keinen Vertreter schicken.⁴ Als Ersatz ernannten die Reichsstände Gesandte, die sie mit den entsprechenden Vollmachten, Gewalt genannt, ausstatteten oder einen befreundeten Reichsfürsten, der ihre Aufgaben übernahm. So kam 1543 der Hildesheimer Bischof stellvertretend für den Bischof von Würzburg zur Visitation.⁵ 1581 war die Entsendung eines Stellvertreters als Visitator auch Thema der geheimen Instruktion Kaiser Rudolfs II. an die kaiserlichen Kommissare. Rudolf II. berichtete den Kommissaren, dass Pfalzgraf Wilhelm bei Rhein nicht zur Visitation komme, sondern dass er stattdessen den Reichsgrafen Georg Ludwig von Leuchtenberg schicke. Rudolf II.
RKGO 1555, 1. Teil, L,§ 1– 6. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 5. Januar 1572. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, 1551. ÖStA HHStA Wein MEA RKG 3, 1543.
https://doi.org/10.1515/9783110574050-005
Die Vorbereitung der Visitation
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hielt den Grafen für etwas jung und damit unerfahren für diese Art von Geschäften und außerdem stünde er unter der Kuratel von Bayern. Rudolf II. habe aber nichts dagegen und halte es nicht für opportun deswegen ainige disputation zu erregen. ⁶ Eine klare Ansage an die Kommissare, in diesem Sinne auf die Visitationskommission einzuwirken. Weitere Probleme wurden hervorgerufen, wenn die Stände wegen Personalmangel versuchten, Angehörige des Gerichts als Visitatoren zu präsentieren. Dies geschah etwa, als die Grafen der Rheinischen Bank als Gesandten den Reichskammergerichtsadvokaten Nallinger zur Visitation des Gerichts bestimmten. Die kaiserlichen Kommissare schrieben deswegen an die Grafen. Sie erklärten, dass der Advokat als Angehöriger des Gerichts ja selbst visitiert werden müsste und deshalb keinesfalls als Visitator auftreten könne.⁷ Die Gründe für diesen Vorschlag können hier nur vermutet werden. So ist z. B. an akuten Geldmangel zu denken. Schließlich mussten die Reichsstände die Kosten für den Aufenthalt ihrer Gesandten in Speyer selbst tragen. Vielleicht war es auch einfach Desinteresse. Trotz all dieser Schwierigkeiten im Vorfeld entstand allmählich eine Liste der Visitatoren. Gleichzeitig gingen Schreiben zwischen dem Kurfürsten von Mainz, dem Kurfürsten von der Pfalz und dem Markgrafen von Baden⁸, also den direkten Nachbarn der Reichsstadt Speyer und dem Sitz des Gerichts, hin und her. Es ging u. a. um Geleitfragen. Auch das Gericht entwickelte Aktivitäten. Memoriale des Kammerrichters und anderer Funktionsgruppen am Gericht wurden an den Kaiser geschickt und umgekehrt. Meist handelte sich um Stellungnahmen, Hinweise, Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge für die künftige Visitation. Es entstand ein lebhafter Dialog, der so die Visitatoren bereits darauf vorbereitete, was sie in Speyer erwartete. Ein wichtiger Punkt zur Durchführung der Visitation waren die genauen Instruktionen des Kaisers an die kaiserlichen Kommissare. Sie waren der jeweiligen politischen Situation im Reich angepasst, d. h. der Kaiser bestimmte sehr genau, wie viel Handlungsspielraum die Kommissare hatten.⁹ Wichtig war dem Kaiser die Betonung der engen Abstimmung mit den anderen Visitatoren. Die kaiserlichen Kommissare erhielten dabei zum Teil freie Hand. Manchmal legten die Kaiser jedoch auch großen Wert auf eine enge Abstimmung mit den Kommissaren. Die Instruktionen der Kaiser konnten auch Sonderwünsche beinhalten. So wollte
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1550. Die Schreibweise wechselt zwischen Nellinger und Nallinger. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1550. Siehe hierzu das Kapitel Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume.
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Das Ereignis der Visitation in Speyer
Maximilian II., dass die kaiserlichen Kommissare das Archiv des Gerichts nach Schriften des ehemaligen Kanzleiverwalters Ulrich Varnbühler durchsuchten und diese Schreiben dann in die Reichshofkanzlei überführen sollten.¹⁰ Tatsächlich ist der Text Varnbühlers heute noch im Bestand der Reichshofkanzlei überliefert.¹¹ Er ist ein wenig schmeichelhaftes Schreiben über die Missstände am Gericht in den 1530er Jahren. Warum Maximilian II. dieses Dokument aus der Obhut der Gerichtskanzlei und somit des Mainzer Erzkanzlers entfernt haben wollte, bleibt unklar. Vielleicht hing es mit der Pflicht nach Geheimhaltung sowie die Wahrung der Privilegien des Hauses Habsburg zusammen.¹² Auch der Mainzer Erzkanzler erließ Instruktionen für die Visitatoren. Hier handelte es sich meist um organisatorische Fragen, wie z. B. Anweisungen zum konkreten Ablauf der Visitation.
Der Ablauf der Visitation: Ideal und Wirklichkeit Waren alle diese Fragen geklärt, konnte die Visitation in Speyer beginnen. Wie die Teilnehmer zur Visitation nach Speyer reisten, ist im Einzelnen nicht bekannt. Über Reisebedingungen und Aufenthalt in Speyer berichtet nur der kaiserliche Kommissar Wendel Arzt 1581 an Kaiser Rudolf II.: Arzt war von Bruchsal, dem Sitz des Bischofs von Speyer, in Begleitung zweier Diener und eines Fuhrknechts nach Speyer gereist. Die Gruppe führte zwei Pferde und einen Reitklepper mit. In Rheinhausen benutzte Wendel Arzt die Rheinfähre. Die Stadt Speyer empfing den kaiserlichen Kommissar zuvorkommend. Wendel Arzt berichtete, dass er zweimal Wildbret von der Stadt als Geschenk erhalten und er dem Diener dafür ein Trinkgeld gegeben habe. Über Geschenke an die Stadt seitens Arzt wird in der Quelle nichts berichtet. Allerdings schrieb Arzt an den Kaiser, dass er dem Domkapitel Wein überreicht habe. Quartier hatte der kaiserliche Kommissar beim Fiskal, dem Prokurator des Kaisers bezogen. Es scheint, dass die kaiserlichen Kommissare immer im Haus des Fiskals untergebracht wurden. Wendel Arzt mahnte zudem an, dass er einen Boten brauche. Grund hierfür war, dass er die Berichte von der Visitation nach Hechingen schicken müsse, damit der zweite kaiserliche Kommissar Eitelfriedrich von Zollern, der nicht anwesend war, die Berichte unterschreiben, und sie dem Kaiser schicken konnte.¹³ ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, Instruktion Kaiser Maximilians II. an die Kommissare, 6. April 1574. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, o.J. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581.
Der Ablauf der Visitation: Ideal und Wirklichkeit
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Das pünktliche Eintreffen der kaiserlichen Kommissare zum 1. Mai war dabei nicht immer gewährleistet. Der Mainzer Kanzler war etwa am 4. Mai 1577 zu dem ebenfalls in Speyer weilenden Johann Hegenmüller gegangen, um das Ausbleiben der kaiserlichen Kommissare diesem zu melden bzw. von ihm etwas über die Gründe zu erfahren. Hegenmüller war, wie schon erwähnt, Reichshofrat und ein Stiefbruder des Reichsvizekanzler Georg Seld. Warum er sich 1577 in Speyer aufhielt, ist nicht klar, denn er war nicht als kaiserlicher Kommissar mit der Visitation beauftragt worden. Die Episode zeigt aber, dass die Visitation eine ganze Menge von wichtigen Personen interessierte, die sich zu diesem Zweck, auch wenn sie nicht zu den ernannten Visitatoren gehörten, nach Speyer begaben. Schließlich kam Zott von Pernegg abends an, während der zweite Kommissar, Eitelfriedrich von Zollern, weiter auf sich warten ließ.¹⁴ Nach dem Eintreffen der kaiserlichen Kommissare und der übrigen Visitatoren, die zum Teil Delegierte schickten, zuweilen aber auch selbst anwesend waren bzw. anwesend sein mussten, traf man sich im Ratshof der Stadt Speyer, in der gewöhnlichen Ratsstuben, um die Vollmachten der Beteiligten den Vertretern von Mainz zu übergeben. Der Raum wurde allein für diesen Zweck genutzt, für die eigentliche Durchführung der Visitation war jedoch der Saal vorgesehen, in dem auch die öffentlichen Audienzen des Reichskammergerichts stattfanden.¹⁵ Der Speyrer Ratshof mit seinen Räumlichkeiten diente gleichzeitig als Tagungsort für die Stadt, das Reichskammergericht, die Reichstage, die Reichsdeputationstage sowie die Reichskammergerichtsvisitation. Der Saal wurde so zum partiell öffentlichen Kommunikationsraum, dessen Wirkung weit über die Stadt hinaus in das ganze Reich reichte.¹⁶ Hier wurde die Macht des Reiches in doppelter Hinsicht verdichtet und symbolisch sichtbar.¹⁷ Er bildete das eigentliche Zentrum des Reiches. Eine genaue Lokalisierung des Audienzsaales und der Ratsstuben im sogenannten Ratshof ist heute nicht mehr möglich, da Speyer im Pfälzischen Erbfolgekrieg vollständig zerstört wurde und im 19. Jahrhundert nur noch ein paar Mauern vorhanden waren. Der Speyrer Ratshof bestand aus einer ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 31, 1577. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1559: Rathaus an dem ortt dha der offentlich Audintz des Cammergerichts gehalten werden, die furstehende Visitation vermöge der ordnung und unsers vorigen Ausschreibens … zu eröffnen. Susanne Rau/Gerd Schwerhoff (Hrsg.), Öffentliche Räume in der Frühen Neuzeit. Überlegungen zu Leitbegriffen und Themen eines Forschungsfeldes, in: dies. (Hrsg.), Zwischen Gotteshaus und Taverne. Öffentliche Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Köln/Weimar/ Wien 2008, S. 11– 52, S. 41 f. Thomas Weller: Der Ort der Macht und die Praktiken der Machtvisualisierung. Das Leipziger Rathaus in der Frühen Neuzeit als zeremonieller Raum, in: Christian Hochmuth/Susanne Rau (Hrsg.), Machträume der frühneuzeitlichen Stadt. Konstanz 2006, S. 285 – 307, S. 287.
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Das Ereignis der Visitation in Speyer
Abb. 2: Ruinen des Ratshofes. Ansicht und Plan der dazugehörigen Gebäulichkeiten. Plan des Ratsschreibers und Geometers Philipp Heinrich Blum 1754. Exemplar: Stadtarchiv Speyer. Signatur/Inventar-Nr.: 234/I 52.
ganzen Anzahl an Räumlichkeiten,¹⁸ die auch das Archiv des Gerichts und die Kanzlei umfassten. Es ist schwierig, Klarheit über die verschiedenen Gebäudekomplexe des Ratshofes zu gewinnen.¹⁹ Als Quelle gibt es nur einen Plan aus dem
Schlögl vertritt die These, dass die Komplexität der Frühen Neuzeit durch Entscheiden im Verfahren auch dadurch bewältigt wurde, dass man auf räumliche Separierung oder eine innere Gliederung von Räumen zurückgreift. Schlögl: Anwesende und Abwesende, S. 122 f. Anja Rasche: Das Reichskammergericht in Speyer (1527– 1689): ein kunsthistorischer Blick auf die bauliche Überlieferung des höchsten Gerichts, in: Anette Baumann/Joachim Kemper (Hrsg.),
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18. Jahrhundert.²⁰ Dem Gebäudekomplex des Reichskammergerichts gehörten neben einem kleinen einstöckigen Häuschen, wahrscheinlich die Wohnstätte des Kanzlerverwalters, zwei weitere große Gebäude mit z.T. vier Fensterachsen und einer Durchfahrt sowie ein Camer gerichts bau, der im 18. Jahrhundert vollständig zerstört war, an.²¹ An dem angrenzenden Hof befanden sich weitere Gebäude, darunter wohl die Kanzlei. Eine idealisierte Darstellung der Anordnung des Audienzsaales gibt es als Frontispiz frühestens aus dem Jahr 1668.²² Der Audienzsaal war in der Organisation des Gerichts der zentrale Ort der Kommunikation.²³ Daneben gab es weitere Versammlungsorte in geheimbsten Stil. Dort trafen sich z. B. kaiserlichen Kommissare mit den Mainzer Visitatoren um darüber zu verhandeln, ob man nicht die Fragen zur Religion bei den neu zu präsentierenden Beisitzern verstärken könne oder, um den Fiskal zu ermahnen, dass er mehr Geld einbringen müsse.²⁴ Ob es sich dabei um Ratsstuben oder die Privatunterkünfte der jeweiligen Gesandten handelte, kann nicht geklärt werden. Bei Übergabe der Vollmachten wurde auch die Anwesenheit festgestellt. Hier gab es bereits die ersten Schwierigkeiten, denn nicht alle geladenen Visitatoren waren anwesend. So hatte 1565 der Herzog von Braunschweig nur seinen Rat geschickt, aber keinen fürstlichen Stellvertreter, wie es die Reichskammergerichtsordnung vorsah.²⁵ Die Kommission beschloss deshalb, einige Tage zu warten, in der Hoffnung, dass der Herzog noch käme. Als sich am 11. Mai abzeichnete, dass der Herzog oder ein Stellvertreter nicht mehr eintreffen würde, diskutierten die Visitatoren, wie mit der Abwesenheit des Herzogs von Braunschweig zu verfahren sei. Grundlage für die Diskussion war der Reichsabschied von 1559.²⁶ Zur Debatte stand, die Visitation abzubrechen oder nur einen Teil der Visitation durchzuführen, nämlich die Abrechnung des Pfennigmeisters und die Angelegenheiten des Fiskals. Schließlich beschloss die Visitation die Vertagung auf das nächste Jahr. Die zu Visitierenden wurden darüber in zeremoniellem Rahmen
Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016, S. 114– 138. Rasche: Bauliche Überlieferung des Reichskammergerichts, S. 124. Rasche: Bauliche Überlieferung des Reichskammergerichts, S. 127. Siehe auch Maria von Löwenich: Visualisierung des Reichskammergerichts. Das Beispiel der Audienz, in: Anja Amend-Traut/Anette Baumann/Stephan Wendehorst/Steffen Wunderlich (Hrsg.), Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis (baR 11). München 2012, S. 45 – 68. Löwenich stellt in dem Aufsatz einige idealisierte Darstellung einer Audienzsitzung des Reichskammergerichts vor. Eine Rekonstruktion ist jedoch auch mit ihrem Aufsatz nicht möglich. Siehe hierzu auch das Kapitel Der Aktenumlauf, Registratur, Ratssitzungen und Schreibstube. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, o. J. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565.
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informiert.²⁷ Morgens um acht Uhr versammelten sich die kaiserlichen Kommissare und Visitatoren im Audienzsaal des Rathauses. Dorthin waren auch Kammerrichter und Beisitzer befohlen worden. Sie erhielten dort die Information, dass die anwesenden Visitatoren die Visitation durchführen wollten. Dies könne aber wegen der Abwesenheit des Herzogs von Braunschweig nicht geschehen. Deshalb habe man sich entschlossen, die Visitation in Bezugnahme auf den Visitationsabschied von 1559 zu prolongieren.²⁸ Nachdem der Abschied vorgelesen worden war, erhielten Kammerrichter und Beisitzer die Mahnung, weiterhin fleißig zu arbeiten. Die Kameralen ließen schließlich durch ihren Beisitzer Dr. Hartmanni ihr Bedauern über die Vertagung der Visitation ausdrücken und versicherten, sich weiterhin ordnungsgemäß verhalten zu wollen.²⁹ Grundsätzlich stellte das Fehlen der Gesandten ein ernstes Problem dar. 1560 beschwerten sich die kaiserlichen Kommissare heftig beim Kaiser, daß von wegen eines oder zweyes abwesen ein gantze solliche verordnung dissolviert und alle andere erscheinende und gehorsame Stende, ja auch die höchste justitia des Reich vergebennlich dardurch auffgehalten und verlasst werden solle ³⁰ und schlugen vor, die Visitation auch beim Fehlen von Visitatoren durchzuführen.³¹ Aber auch die Anwesenheit bestimmter Personen konnte für die Visitation problematisch sein, wie das Beispiel des Mainzer Erzkanzlers Jonas gezeigt hat. In Bezug auf den braunschweigischen Kanzler Joachim Mynsinger von Frundeck meldeten alle Visitatoren nach der Anreise Mynsingers nach Speyer Bedenken an. Ursache war, dass Mynsinger ein Buch in Druck ausgehen lassen, darin seinen pflichten zuwider geheimnissen judicii publicirt ³². Die Visitatoren wollten nun bedenken ob comissarii und visitatoren im bey der visitation leiden möchen und bey ime sitzen wollen in consilio ³³. Es entstand eine längere Debatte, in der Kursachsen und auch Speyer Partei für den braunschweigischen Kanzler ergriffen. Beide Reichsstände argumentierten, dass dieses Buch vom Kaiser schließlich hätte verboten werden können und außerdem sey das Buch dermassen das es gemeinen nutzen zu gutten gelasen, da who varietas opiniorum hette zusammen gebracht ³⁴. Die Gesandten der Grafen und Prälaten wollten sich erst untereinander beraten, um dann schriftlich eine Stellungnahme über die Causa Mynsinger abgeben zu
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321a, 1560. Siehe hierzu allgemein auch Schlögel: Anwesende und Abwesende, S. 14 f. und S. 41. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563.
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können.³⁵ Die kaiserlichen Kommissare wurden durch den Kaiser instruiert, dass diese Angelegenheit nicht so hochwichtig sei. Schließlich stimmten alle Visitatoren darin überein, dass Mynsinger an der Visitation teilnehmen solle. Sie machten dies auch den Kameralen klar, die am 5. Mai auf den Verstoß der Geheimhaltungspflicht des Kanzlers ausdrücklich hingewiesen hatten und am stärksten gegen die Teilnahme Mynsingers protestierten.³⁶ War schließlich die erforderliche Anzahl an Anwesenden für die Visitation vorhanden, forderten die kaiserlichen Kommissare die Mainzer Kanzlei auf, die Visitation zu eröffnen.³⁷ Jetzt berieten die Visitatoren darüber, wie die Visitation überhaupt durchzuführen sei. Aufgrund eines im Laufe der Zeit fest entwickelten Gerüsts an Fragen, ergänzt von aktuellen Stellungnahmen, Suppliken und weiteren Schreiben wurde ein Fragenkatalog entwickelt, der sich den jeweiligen aktuellen Gegebenheiten anpasste, im Grunde aber immer der Gleiche blieb. Das zeigt sich auch daran, dass der Fragenkatalog den einzelnen Visitationsprotokollen meist nicht beiliegt, sondern separat und nur sehr sporadisch überliefert ist. Um eine Vorstellung von den Fragen der Visitatoren an das Gericht zu vermitteln, soll der überlieferte Fragenkatalog aus dem Jahr 1570 herangezogen werden, also aus dem Jahr, in dem auch ein Reichstag in Speyer abgehalten wurde. Dieser Fragenkatalog war sehr umfangreich. Insgesamt wurden rund 180 Fragen formuliert, die jeder Gerichtsangehörige vom Kammerrichter bis zum Boten beantworten musste. Die Fragen waren in verschiedene Komplexe aufgeteilt: Zuerst wurde nach Informationen zum Verhalten und zur Religionszugehörigkeit der Kameralen gesucht. Es sollte festgestellt werden, ob die Kameralen auch den Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 bezüglich der Religionszugehörigkeit folgten. Anhänger der Calvinisten oder gar Schwenkfeldianer – eine radikal-reformatorische Sekte – die die Sakramente ablehnte, an die Wiedergeburt des Heiligen Geistes glaubte und vor allem am Oberrhein beheimatet war, sollten so identifiziert werden. Außerdem wollten die Visitatoren über Streitigkeiten zwischen den Beisitzern auf Grund von Religionsdifferenzen erfahren. Es folgten Fragen zur Rechtsprechung beim Tatbestand Religionsfriedensbruch.³⁸ Gleichzeitig legten die Visitatoren großen Wert auf eine einheitliche Rechtsprechung, nach der sich explizit erkundigt wurde.³⁹
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 42. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 70v, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 45. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 71r, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 46.
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Der nächste Fragenkomplex galt dem Kammerrichter. Beisitzer, Prokuratoren, Advokaten sowie das Kanzleipersonal sollten über die Qualifikation des Kammerrichters und seine Geschäftsführung ihre Meinung äußern. Seine Durchsetzungsfähigkeit und Autorität wurden thematisiert⁴⁰ sowie seine Fürsorge für die Witwen und Waisen der Kameralen. In Bezug auf Gutachten und Voten der Beisitzer und die Leitung der Sitzung wurde nicht nur das Verhalten des Kammerrichters abgefragt, sondern auch das seiner Stellvertreter der graven, hern und presidenten ⁴¹. Der dritte Fragenkomplex betraf die Beisitzer. Das wichtigste Thema war hier die ausreichende Qualifikation der Amtsinhaber und ihr charakterlich tadelloses Verhalten. Dabei setzte man Kenntnisse im römisch-kanonischen Recht als selbstverständlich voraus. Wichtiger war, ob sie der teutschen nation gepreuch unnd guter gewonheit erfarn, die furpracht oder ihnen zugestellte rechtlich sachen zureferiren geschickt, sich auch in relationibus, deß gleichen in votis fleissig und ordenlich erzaigen. ⁴² Daneben wurde die Mehrfunktionalität der Beisitzer abgefragt, um die Anzahl in Grenzen halten zu können. Hintergrund hierfür war, dass die Beisitzer mit Genehmigung des Kammerrichters und mit dem Wissen aller Kameralen auch advozieren durften, d. h. sie durften auch Schriften für Parteien verfertigen. Dabei war eine Obergrenze festgelegt, die durch einen Protonotar in einem Buch notiert werden sollte.⁴³ Die Argumentation der Advokaten des Gerichts war also zum Teil die gleiche wie die der Beisitzer in ihren Gutachten. Insofern ist die Vermutung Oestmanns, dass man die Rechtsprechungspraxis des Gerichts auch über die Schriften der Advokaten⁴⁴ erfahren könne, als Tatsache bestätigt.⁴⁵ Diese Doppelfunktion Advokat/Assessor, die bis jetzt in der Forschung nicht beachtet
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 72 ff., 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 46 f. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 75 ff., 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 48 f. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 75v, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 49. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 75v–78r, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 51. Prokuratoren vertraten die Parteien vor Gericht, verfertigten aber nicht unbedingt die Prozessschriften. Advokaten durften nur Prozessschriften aufsetzen, die Parteien aber nicht vor Gericht vertreten. Peter Oestmann: Die Rekonstruktion der reichskammergerichtlichen Rechtsprechung des 16. und 17. Jahrhunderts als methodisches Problem, in: Anette Baumann/Siegrid Westphal/Stephan Wendehorst/Stefan Ehrenpreis (Hrsg.), Prozeßakten als Quelle (QFHG 37). Köln/Weimar/Wien 2001, S. 15 – 54.
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wurde, scheint für die Visitation normal gewesen zu sein⁴⁶; was sie für Gerichtsbetrieb und Rechtsprechung bedeutete, wird in den Quellen nicht weiter thematisiert. Für den heutigen Forscher ergeben sich hieraus zahlreiche Fragen, die vor allem die Rechtsprechung des Gerichts und sein Zeitmanagement betrafen. Leider wird dies in den Quellen nicht weiter thematisiert. Ebenso galt es, Organisations- und Verwaltungsfragen zu klären, in denen die Beisitzer involviert waren. Es interessierte die Visitatoren z. B., ob die Visitationsabschiede und Memoriale, die den Beisitzern jährlich vom Kaiser und den Reichsständen zugingen, durch das Zusammenheften in einem Buch und die Auslegung in der Ratsstube bekannt gemacht würden. Gleichzeitig war die korrekte Verwaltung der Akten außerordentlich wichtig. Akten sollten in das Gewölbe nur mit Kenntnis des Kammerrichters herausgetragen oder hineingebracht werden.⁴⁷ Ein weiterer wichtiger Punkt betraf die Gastfreundschaft der Beisitzer. Die Visitatoren wollten wissen, ob die Beisitzer regelmäßig Gäste zur Kost hatten oder sonst in andere wege widder die ordnung mit yemands taglich und argwonlich gemeinschafft habe? ⁴⁸ Weitere Fragen galten der Kanzlei und der Verwaltung der Akten. Befragt wurden hier alle Personen, die mit der Kanzlei zu tun hatten. Informationen über die korrekte Aktenführung und ihre Aufbewahrung waren den Visitatoren besonders wichtig. Protonotaren und Notaren kamen dabei die Registerführung und das Abfassen von Protokollen zu. Großes Augenmerk galt auch der Geheimniswahrung durch diesen Personenkreis sowie die sorgfältige Verfertigung von Kopien.⁴⁹ Danach folgten Fragen zum Fiskal, die sich auf seine korrekte Amtsführung bezogen. Bezüglich der Prokuratoren fiel das Hauptaugenmerk der Visitatoren auf die Ausführlichkeit ihrer Rezesse während der Audienz und die Anzahl der Prozesse, die ein Prokurator bearbeiten sollte. Oft wurden den Visitationsakten komplette Listen beigelegt, in denen abzulesen war, welche Mandanten der Baumann konnte nur feststellen, dass viele Assessoren früher Advokaten waren, eine Gleichzeitigkeit ist ihr dabei nicht aufgefallen, das kann aber an der Auswahl der Quellen liegen. Anette Baumann: Advokaten und Prokuratoren am Reichskammergericht in Speyer (1495 – 1690): Berufswege in der Frühen Neuzeit, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, GA 117 (2000), S. 550 – 563, S. 563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23 fol. 77r–77v, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 50 f. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 23 fol. 78v, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 51. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 23 fol. 81r–v, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 53 f.
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Prokurator hatte.⁵⁰ Wichtig erschien den Visitatoren auch der Umstand, dass die Prokuratoren anzeigten, wenn sich die Parteien außergerichtlich verglichen hatten sowie ihre Tätigkeit im Rahmen von Kommissionen außerhalb der Stadt Speyer.⁵¹ Fragen über die Advokaten betrafen lediglich einen korrekten Umgang mit den Parteien. Das weitere Interesse der Visitatoren galt den Lesern über die korrekte Aktenverwaltung, dem Pfennigmeister über die Meldung des Eingangs der Kammerzieler, den Boten und ihrer korrekten Abfassung der Botenberichte sowie ihrer sofortigen Meldung bei Ab- und Anreise.⁵² Insgesamt wurden mit diesen Fragen alle Probleme angesprochen, die das Gericht ausmachten. Es ging um die Einhaltung und Schaffung von Verwaltungsvorgängen, die charakterlichen Eigenschaften der Amtsinhaber und ihre korrekte Amtsausführung. Wichtig war zudem die Außenwirkung des Gerichts, nicht nur in Form von Kleidung, sondern auch einer einheitlichen Rechtsprechung.Vergleicht man den Fragenkatalog von 1570 mit dem von 1526⁵³, so hat sich an den Hauptthemenkomplexen nichts geändert. Der Katalog von 1570 ist nur zu den einzelnen Punkten differenzierter. Neu waren 1570 die Ermahnungen zur korrekten Kleidung und zur einheitlichen Rechtsprechung. Nach erfolgter Beratung über Inhalt und Durchführung der Visitation wandten sich die Visitatoren an die Visitierenden, um mit der Befragung beginnen zu können. Hierzu war die Submission des Gerichts unter die Kommission nötig. Auch dies geschah nicht durch einen Automatismus. Vielmehr überlegten die Kameralen genau, ob sie mit der Gruppe der Visitatoren überhaupt einverstanden waren. Dabei wurde nicht nur über die Fragen diskutiert. Wichtig war auch, wer die Fragen stellte und wer bei der Befragung anwesend war. Hier mussten Fingerspitzengefühl und Kompromissfähigkeit walten. Die Weigerung der Gerichts-
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 23 fol. 85r–85v, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 56 f. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 23 fol. 86r–89, 1570; Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 58 f. Siehe hierzu auch Behringer, der behauptet, dass die Ladungen mit der Post verschickt wurden. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr unterhielt das Reichskammergericht bis zum Ende des Alten Reiches ein eigenes Botenwesen. Siehe Behringer: Im Zeichen des Merkur, S. 100 und Ralf-Peter Fuchs: ‚Mit Wissen und Willen der Obrigkeit …‘. Reichsrepräsentation über die Reichskammergerichtsboten in der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hrsg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (QFHG 46). Köln/Weimar/Wien 2003, S. 247– 264 und Eric-Oliver Mader: >Soldateske< des Reichskammergerichts. Das kammergerichtliche Botenwesen am Ende des alten Reiches, in: Baumann/Oestmann/Wendehorst/Westphal (Hrsg.), Reichspersonal, S. 265 – 290. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1526.
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angehörigen, sich den Visitatoren zu submittieren, konnte das ganze Unternehmen Visitation gefährden. Probleme hatten die Kameralen unter anderem mit dem Mangel an adeligen Visitatoren. Gerade der Kammerrichter als Stellvertreter des Kaisers, die Präsidenten und die adeligen Beisitzer bestanden auf einer Visitation durch ihre Standesgenossen. Doch nicht nur Standesgründe spielten eine Rolle. Die Visitierenden legten besonders großen Wert darauf, dass die Visitatoren auch ausreichend qualifiziert sein mussten. So wies 1558 der Kammerrichteramtsverweser Graf Friedrich von Löwenstein darauf hin, dass der Vertreter der Grafen und Herren für die Visitation nur mangelhaft qualifiziert sei.⁵⁴ Grund waren u. a. nicht vorhandene Lateinkenntnisse und fehlendes juristisches Wissen des Visitators. Der Visitator beharrte aber auf sein Prüfungsrecht, obwohl er zugab, keine juristischen Kenntnisse zu besitzen. Es kam zu Diskussionen. Schließlich wurde die Visitation auf das nächste Jahr prolongiert. Im folgenden Jahr wiederholte sich das Spiel. Nachdem der Reichstag deswegen angerufen worden war, beschloss man, dass eine Rumpfkommission die Visitation weiter fortführen sollte.⁵⁵ Problematisch waren auch Fälle in denen einer der Visitatoren noch kurz zuvor ein Kollege war, wie dies bei Jakob Jonas der Fall gewesen war.⁵⁶ 1571 beschwerten sich die Visitierenden über die Anzahl der Teilnehmer. Das Gericht wollte nicht akzeptieren, dass der visitierende Reichsfürst Herzog Christoph von Mecklenburg zwei Räte bei der Befragung dabei haben wollte und nicht nur einen, wie vorgesehen.⁵⁷ Fünf Jahre später fokussierte sich die Kritik der Kameralen auf die Person Dr. Johann Feurer, den die Grafen als Visitator geschickt hatten. Sie lehnten ihn ab, da er von mangelhafter Geburt sei.⁵⁸ Feurer machte aber besondere Umstände geltend. So erklärte er, dass der Graf zu Hohenzollern- Sigmaringen der Ältere, der eigentlich für die Ernennung zuständig gewesen sei, gestorben sei. Deshalb habe man aus Unkenntnis ihn ernannt. Feurer betonte, dass er keine Streitigkeiten wolle und auch die Visitation in ihrem Fortgang nicht hindern wolle. Seine Argumentation überzeugte schließlich, und die Kameralen lenkten ein.⁵⁹ 1574 erregte die Abwesenheit des Bischofs von Passau den Unmut der zu Visitierenden. Mainz wollte deshalb die fehlenden Personen aus seinem Rat aufstocken. Dieses Mal ließen sich die Kameralen nicht so leicht überzeugen.
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 320, 1558. Peter M. Seidel: Michael Helding (1506 – 1561). Ein Bischof im Dienst von Kirche und Reich. Münster 2012, S. 135. Siehe Abschnitt Kontinuität im Amt: die Visitatoren des Erzkanzlers von Mainz. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 42. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1576. ÖSTA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1576.
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Schließlich sprachen die kaiserlichen Kommissare ein Machtwort und Kammerrichter und Beisitzer fügten sich.⁶⁰ Ein Fall, bei dem auch internationale Verwicklungen befürchtet wurden, war die Stellvertretung für Carl Kardinal von Vaudémont, Bischof zu Toul, der als geistlicher Fürst zur Visitation reisen sollte. Er hatte zu seiner Stellvertretung den Bischof von Verdun geschickt, der auch in Speyer pünktlich ankam.⁶¹ Die Visitatoren waren mit der Stellvertretung einverstanden, allerdings nicht das Kameralkollegium. Sie ließen durch einen Sonderausschuss mitteilen, dass ihr Aktenstudium beweise, dass der Bischof von Verdun nicht durch den Kaiser belehnt sei und er deshalb den Eid auf die Visitation gar nicht leisten könne.⁶² Es erfolgten Beratungen durch die Visitatoren. Schließlich erklärten sie, dass sie auf Grund dieses Sachverhaltes den Bischof von Verdun nicht für einen Fürsten des Reiches hielten, da ihn der Kaiser tatsächlich weder investiert noch belehnt habe.⁶³ Allerdings wiesen die kaiserlichen Kommissare das Kameralkollegium auf die politischen Verwicklungen mit Frankreich hin und betonten, dass sie wegen dieser Angelegenheit das Verhältnis mit Frankreich nicht belasten wollten. Unter Abwägung aller dieser Umstände erklärten die Visitatoren, dass die Hoheit und die Autorität des Kaisers und des Reiches sowie der Visitation einen höheren Stellenwert hätten. Sie wollten deshalb die Sache vor den Reichstag bringen. Die Visitation wurde deshalb prolongiert.⁶⁴ Grundsätzlich hatten Toul und Verdun Sitz und Stimme im Reichstag und mussten Beiträge zur Reichsmatrikel leisten, da sie zum Oberrheinischen Reichskreis gehörten.⁶⁵ In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts änderte sich dies jedoch. 1566 und 1570 wurden zwar die Gesandten der Bischöfe zu den Reichsversammlungen eingeladen, aber ihre Teilnahme war umstritten. Man einigte sich schließlich darauf, dass sie nur an den allgemeinen Sitzungen, aber nicht an den geheimen teilnehmen sollten.⁶⁶ Bei der Visitation war der Sachverhalt offensichtlich, da die Visitatoren den Bischof auf Grund der Formalia ausschließen konnten. Es bleibt festzuhalten, dass die Visitierenden das Recht hatten, bei der Auswahl der Prüfenden mitzubestimmen. Es galt einen Kompromiss zwischen den
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322a, 1574. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. Christine Petry: Faire des sujets du roi. Rechtspolitik in Metz, Toul und Verdun unter französischer Herrschaft (1552– 1648). München 2006, S. 31. Petry: Faire des sujets du roi, S. 110.
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Ansprüchen der Ständegesellschaft und den Kriterien einer objektiven Untersuchung des Gerichts zu finden. Die Diskussion in Folge des Aktes der Submission der Kameralen unter die Visitationskommission nahm oft mehrere Tage in Anspruch. Erst diskutierten die Anwesenden, dann wurden Umfragen gestartet, bevor man zu einer Abstimmung gelangte. Dabei wurde nicht immer nur im Ratshof verhandelt. Die ganze Stadt Speyer scheint z.T. darin involviert gewesen zu sein. Die Visitation wurde zu einer Angelegenheit der ganzen Stadt. Dabei scheinen die beiden Parteien nicht direkt miteinander verhandelt zu haben. Vielmehr diskutierten die Kameralen und teilten dann die Beschlüsse den Visitatoren mit. Die Visitatoren bestellten dagegen die Visitierenden bzw. einen Delegierten oder eine Delegation zu sich, wenn sie ihnen etwas mitteilen wollten. So war klar, dass Visitierende und Visitatoren zwar das gemeinsame Ziel der Visitation verfolgten, es aber doch immer eine klare Hierarchisierung gab. Nachdem die Kameralen die offizielle Liste der Visitatoren erhalten⁶⁷ und sich mit der Visitation durch die Visitatoren einverstanden erklärt hatten, wurden die zuvor festgelegten Interrogatoria ⁶⁸ vorgelesen. Danach schritten die Visitatoren zur Befragung der einzelnen Personen. Hierzu musste jeder Kamerale zuerst einen Eid ablegen. Darin sollten die Kameralen auf Gott und das Evangelium schwören und zwar dahingehend, dass sie bereit seien, die Mängel des Kammergerichts und seiner Personen zu benennen, ohne dass sich dies für sie nachteilig auswirken könnte. Außerdem sollte alles, was gesagt wurde, geheim gehalten werden.⁶⁹ Aber auch hier gab es Schwierigkeiten, allerdings nicht über den Inhalt des Eides, sondern vielmehr über die Form. Normalerweise ging dem Eid das Handgelöbnis voraus.⁷⁰ Es konnte aber auch an Stelle des Eides treten. Die Kameralen wollten lieben nur das Handgelöbnis leisten. Ein Eid erschien den Kameralen nicht angemessen.⁷¹ Mit diesem Ansinnen scheinen sich die Kameralen durchgesetzt zu haben. Jedenfalls blieb es später ohne Diskussionen beim Handgelöbnis.⁷² Ein besonderer Fall trat 1570 ein: Bei der Eidabnahme stand für den Kammerrichter und die adeligen Beisitzer keine standesgleiche Person zur Verfügung. Die Visi-
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 5 – 6, 1585. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 8, 1553. Meinrad Schaab: Eide und Treuegelöbnisse in Territorien und Gemeinden Südwestdeutschlands zwischen Spätmittelalter und Dreißigjährigem Krieg, in: Paolo Prodi (Hrsg.), Glaube und Eid. Treueformeln, Glaubensbekenntnisse und Sozialdisziplinierung zwischen Mittelalter und Neuzeit. München 1993, S. 11– 30, S. 23. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 26a, 5. Mai 1572. Siehe z. B. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581 und MEA RKG 41, 1584.
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tatoren wollten die Visitation deswegen aber nicht absagen. So einigte man sich schließlich darauf, dass Kammerrichter und Beisitzer keinen Eid und kein Handgelöbnis ableisten müssten und nur auf die Ordnung und den Reichsabschied vermahnt werden sollten. Dabei legte man auch fest, dass es sich nicht um Präjudiz handle.⁷³ Marquard Bischof von Speyer, der neue Kammerrichter, war ohne Widerrede einverstanden, denn er kannte ja das schwierige Geschäft der Visitation aus eigener Anschauung als Visitator. Dann begann die eigentliche Befragung der Kameralen. Zuerst wandte man sich an den Kammerrichter, dann folgten die Beisitzer, Prokuratoren und Advokaten, der Fiskal etc. bis hin zum einfachen Boten. Dabei musste jeder einzeln vor das Gremium der Visitatoren treten und jede einzelne Frage des Fragenkatalogs beantworten. Die Antworten hierzu wurden genau protokolliert. Dieses Generalexamen dauerte in der Regel mehrere Tage. Die Kameralen äußerten sich mehr oder minder ausführlich zu den einzelnen Punkten. Grundsätzlich waren die Antworten abhängig von der allgemeinen Stimmung am Gericht und der politischen Lage im Reich. Auch die Offenheit der Kameralen zu bestimmten Themen änderte sich. Teilweise blieben die Kameralen sehr im Ungefähren, teilweise machten sie konkrete Verbesserungsvorschläge zum Ablauf der Sitzungen und des Prozessverlaufs. Beschwerden, die auf dem Reichstag gegenüber dem Gericht geäußert wurden, kamen ebenfalls zur Sprache. Grundsätzlich ging dieser Teil der Visitation meist sehr rasch und ohne Verzögerung vonstatten. Jedenfalls vermitteln die Protokolle diesen Eindruck. Dem Protokoll zusätzlich beigefügt wurden Schreiben und Suppliken der verschiedensten Art. Zum Teil sind Diskussionen darüber in den Protokollen enthalten, z.T. handelt es sich nur um Beilagen. Ergänzt wurde das Protokoll zeitweise durch Listen, wie z. B. wie viele Zwischen- und Endurteile durch den einzelnen Beisitzer bearbeitet worden waren.⁷⁴ Auch die Anzahl der Prozesse, die ein Prokurator führte, wurde aufgelistet. Zum Teil hat man sogar sämtliche Parteien eines Prokurators namentlich aufgezählt.⁷⁵ Erwähnenswert war auch, in welchem Zeitraum die Boten ihre Ladungen verteilen konnten.⁷⁶ Schließlich hing auch davon der Ablauf des Gerichtsprozesses ab.
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 20, 1570. Siehe ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 3, 31.05.1533; MEA RKG 10, 04.07.1557; MEA RKG 17, 1568; MEA RKG 22, 1587; RHK RKGVA 1– 2, 1581; MEA RKG 42 enthält eine Liste aller Prozesse im Zeitraum 1571– 1585, in denen ein Urteil gefällt wurde, siehe auch Anhang. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 20, 20.05. 1570; MEA RKG 23, 1571; MEA RKG 26a, 1572; MEA RKG 29, 1574; RHK RKGVA 325a, 1578. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 16, 1563. Es handelt sich um eine Entfernungsliste zu den Reichsstädten, die der Bote Dietrich Menck in einem Monat abgeritten hatte. Siehe hierzu auch
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Danach setzten sich die Visitatoren erneut zusammen, um die Aussagen der Kameralen zu bewerten und einzuordnen, und um dann entsprechende Empfehlungen auszusprechen. Schließlich wurde ein Vistationsabschied bzw. Memorial angefertigt, in dem die Mängel und Schwierigkeiten benannt und entsprechende Maßnahmen zur Abhilfe vorgeschlagen wurden. Die Visitatoren lasen sie in einer feierlichen Abschlussaudienz den Kameralen vor. Der Visitationsbescheid bzw. die Memoriale wurden gedruckt und der Reichsversammlung, aber auch den Reichsständen zur Kenntnis gebracht. Zusätzlich zu dem offiziellen Visitationsabschied, den die Reichsstände erhielten, gab es ein Schreiben der kaiserlichen Kommissare an den Kaiser, häufig ergänzt mit dem Hinweis, dass man bestimmte Sachverhalte lieber mündlich besprechen wolle. So schrieb der kaiserliche Kommissar Graf Wilhelm von Öttingen an Kaiser Rudolf II., dass die Befragung der verdächtigen Personen in Religionssachen nicht habe geschehen können, da der Pfalzgraf Kasimir immer anwesend gewesen sei und sich die Personen deshalb nicht getraut hätten, etwas zu sagen. Außerdem habe er sich genau über den Kalenderstreit in der Stadt Augsburg informiert. Kommissar von Öttingen hatte zudem die Anweisung erhalten, aus dem Kammergerichtspersonal weitere Reichshofräte anzuwerben. Der Kaiser hatte dabei an den Assessor Preuning gedacht, der seinen Posten aber nicht aufgeben wollte. Andere Beisitzer wurden nicht gefragt, auch keine Protonotare und Notare.⁷⁷ In Folge der Visitation sandten Kammerrichter und Beisitzer weitere Schreiben und Meinungen an den Kaiser. Es erfolgten dann detaillierte Anweisungen an das Personal, aber auch Anordnungen an weitere Reichsbehörden.
Fuchs: Mit Wissen und Willen der Obrigkeit, S. 247– 264 und Wolfgang Prange: Konrad von Warendorf aus Köln († 1541). Von Reichskammertgerichsboten und Zustellung der Gerichtsbriefe, in: ders.: Vom Reichskammergericht in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (QFHG 42). Köln/ Weimar/Wien 2002. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 18. Juni 1584.
Die Verhandlungsgegenstände der Visitation Die Frage nach der Anerkennung des Gerichts Eines der zentralen Themen, das die Visitationskommission immer wieder mit mehr oder weniger großer Intensität beschäftigte, war das Ringen um die Autorität des Gerichts, also der Anerkennung des Verfahrens und der Rechtsprechung durch Reichsstände, Kaiser und Untertanen. Die Visitationskommission konzentrierte sich zunächst darauf, das Gericht und seinen neuen dauerhaften Standort bei den Untertanen bekannt zu machen. Gleichzeitig mussten die Reichsstände davon überzeugt werden, das Gericht zu akzeptieren und sich mit ihrem vermeintlichen Machtverlust auseinanderzusetzen. Weiterer Klärung bedurfte der Umgang des Gerichts mit auswärtigen Reichsständen, die Territorialherren im Reich waren. Die Reichskammergerichtsvisitation berührte alle drei Ebenen. Diskussionen um die Verfahrensarten bildeten den Ansatzpunkt: Die Hauptaufgaben des Gerichts waren die Ahndung des Landfriedensbruchs und die Aufsicht über die Territorialgerichte. Diesen Aufgaben kam das Gericht mit einem Prozessrecht nach, dessen Grundlage das römisch-kanonische Gerichtsverfahren bildete. Weitere Regelungen und Weiterentwicklungen erfolgten vor allem in den Reichskammergerichtsordnungen von 1521 und von 1548/55.¹ Die drei zulässigen Prozessgattungen waren in erster Instanz der Mandatsprozess zwischen Reichsunmittelbaren untereinander oder von Untertanen gegen ihre Obrigkeiten, soweit die Herrschaften reichsunmittelbar waren. Citationsprozesse waren ebenfalls erstinstanzlich. Als Rechtsmittelinstanz wurde die Appellation eingeführt. Hinzu kamen Klagen wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung sowie Nichtigkeitsbeschwerden gegen Urteile territorialer und städtischer Gerichte wegen grober Rechtsverletzung. Ein Mandatsprozess war ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Er wurde angestrengt, wenn ein offensichtlich rechtswidriger Übergriff des Beklagten durch den Kläger mit Hilfe des Gerichts rasch und wirksam abgestellt werden sollte. Das Gericht befahl dann dem Beklagten auf Antrag des Klägers ein bestimmtes Verhalten. ² Dabei konnte der Beklagte Einreden vorbringen, deren Um-
RKGO 1555, 2. Teil, IX–X. Peter Oestmann: Leitfaden zur Benutzung von Reichskammergerichtsakten, in: Peter Oestmann/Wilfried Reininghaus (Hrsg.), Die Akten des Reichskammergerichts. Schlüssel zur vormodernen Geschichte (Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 41). Düsseldorf 2010, S. 6 – 20, S. 13. https://doi.org/10.1515/9783110574050-006
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fang davon abhing, ob es sich um ein bedingtes Mandat (mandatum cum clausula) oder ein unbedingtes Mandat (mandatum sine clausula) handelte. Alle übrigen erstinstanzlichen Streitgegenstände waren Citationsprozesse. Bei ihnen war keine besondere Dringlichkeit oder schwere Rechtswidrigkeit erkennbar. Meist handelte es sich z. B. um Schuldprozesse oder Erbschaftsstreitigkeiten. Bei den Verfahren wegen Landfriedensbruch gab es oft eine Kombination zwischen Mandat und Citatio.³ Prozesse in der zweiten Instanz hießen Appellationsprozesse. Das Reichskammergericht war als Appellationsinstanz zuständig für Reichsmittelbare, die ein Urteil der kaiserlichen Hof- und Landgerichte sowie der ständischen Territorialgerichte ablehnten.⁴ Reichsunmittelbare konnten auch von den Austrägalgerichten an das Reichskammergericht appellieren.⁵ Bei den Austrägalgerichten handelte es sich um ein Schiedsgerichtsverfahren, bei dem die reichsunmittelbaren Parteien jeweils ihre eigenen Richter berufen konnten.⁶ Appellationen dienten zur Überprüfung gesprochener Urteile im weltlichen Bereich. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts begannen die Territorien ein eigenes landesherrliches Gerichtswesen mit einem Instanzenzug aufzubauen, das 1495 durch das Reichskammergericht reichsweit gebündelt wurde. Der Zugang zum Gericht konnte jedoch durch sogenannte Appellationsprivilegien eingeschränkt werden.⁷ Entscheidend für die Appellation war der Streitwert. Er musste ab 1521 mindestens 50 Gulden betragen und wurde bis 1570 nicht erhöht.⁸ Falls der vorinstanzliche Richter Zweifel hatte, dass der Streitwert von 50 Gulden unterschritten würde, war die Möglichkeit gegeben, dass die Partei einen Kalumnieneid schwören konnte. Sie versicherte darin, dass sie die Summe lieber zahlen wolle, als auf ein Verfahren zu verzichten.⁹ Im Laufe der Zeit erhielten die Untergerichte aber auch
Anette Baumann: Die Tatbestände Land- und Religionsfriedensbruch am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert, in: Hendrik Baumbach/Horst Carl (Hrsg.), Landfrieden – epochenübergreifend. Neue Perspektiven der Landfriedensforschung auf Verfassung, Recht, Konflikt, erscheint in Beihefte der ZHF 2018. Bernd Schildt: Das Reichskammergericht als oberste Rechtsmittelinstanz im Reich, in: Auer, Leopold/Ortlieb, Eva (Hrsg.): Appellation und Revision im Europa des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs, 3. Jahrgang, Bd. 1 (2013), S. 67– 85, S. 68. Bettina Dick: Die Entwicklung des Kameralprozesses nach den Ordnungen von 1495 bis 1555 (QFHG 10). Köln/Wien 1981, S. 68 f. Michael Kotulla: Artikel Austrägalinstanz, in: HRG 1, 2. Aufl. (2004), Spalte 387– 388. Jürgen Weitzel: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht. Zur politischen Geschichte der Rechtsmittel in Deutschland (QFHG 4). Köln/Wien 1976, S. 87. Dick: Kameralprozess, S. 69. Dick: Kameralprozess, S. 70.
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Die Verhandlungsgegenstände der Visitation
Privilegien, die die Summe höher festlegten.¹⁰ Allerdings gab es kein unbegrenztes Appellationsverbot. Grundsätzlich bestand immer die Möglichkeit, wegen Nichtigkeit des ergangenen Urteils oder Rechtsverweigerung oder -verzögerung das Gericht anzurufen, auch wenn es sich um privilegierte Reichsstände handelte. Appellationen wurden im Untersuchungszeitraum erstmals während der Visitation 1526 diskutiert. Mehrere Aspekte wurden dabei angesprochen: So stritt die Kommission mit dem Gericht über die grundsätzliche Frage, wann überhaupt eine Appellation zulässig sei. Schwerwiegender waren die Klagen der Kommission an den Kaiser, dass die Reichsstände versuchten, Appellationen an das Reichskammergericht zu verhindern. Die Reichsstände taten dies, indem die Untertanen sich durch Eide verpflichten sollten, dass sie nicht an das Reichskammergericht appellierten.¹¹ Das Problem beschäftigte die Visitationskommission in den Anfangsjahren des Gerichts in Speyer immer wieder. Außerdem verlangte die Kommission, dass die Vorgehensweise des Gerichts bei einer Appellation der reichsweiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollte.¹² Es wird deutlich, dass der Kommission sehr viel daran gelegen war, dass die Untertanen des Reiches gut über die Möglichkeiten der Appellation an das Reichskammergericht informiert wurden. Prompt folgten die Proteste der Reichsstände gegen dieses Ansinnen. Denn ein konkretes Wissen der Untertanen über die Möglichkeiten des Appellationsverfahrens am Reichskammergericht stand den Herrschaftsansprüchen der Territorialherren im Wege. Sie fühlten sich durch die Bekanntmachung des Procederes des Appellationsverfahrens in der reichsweiten Öffentlichkeit in ihrer Herrschaft massiv eingeengt. Vor allem ethlich Chur- und ander Fürsten wandten sich an den Kaiser und protestierten gegen die Rolle des Reichskammergerichts als Appellationsinstanz.¹³ Als besonders hartnäckig erwies sich dabei Kaiser Karls V. eigene Familie: Maria von Ungarn wehrte sich vehement gegen Appellationen von Brabanter Gerichten an das Reichskammergericht.¹⁴ Karl V. sah das Verhalten der kaiserlichen Verwandtschaft als Verletzung seiner Autorität an und beauftragte die kaiserlichen Kommissare Pfalzgraf Johann und den Erzbischof von Köln wegen der Zuständigkeit des Reichskammergerichts in Maastricht und
Dick: Kameralprozess, S. 70. Allgemein siehe auch Jürgen Weitzel: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht. Zur politischen Geschichte der Rechtsmittel in Deutschland (QFHG 4). Köln/Wien 1976. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1931. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1931. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1531. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1531
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Brabant mit Maria und seinem Bruder Ferdinand zu verhandeln.¹⁵ Gleichzeitig herrschte unter den Geschwistern Einigkeit, dass aus Besitzungen des Hauses Österreich keine Appellationen an das Reichskammergericht gelangen sollten.¹⁶ Hier zeigt sich deutlich die Doppelfunktion der Habsburger als Territorialherren und als Reichsoberhaupt. Nach den 1530er Jahren sind über Jahrzehnte hinweg keine weiteren Diskussionen über Appellationen in den Visitationskommissionsakten überliefert. Die Visitationskommission beschäftigte sich erst wieder in den 1570er Jahren damit. Jetzt wurde nicht mehr über die Durchsetzung von Appellationen im Reich verhandelt, sondern es stand die praktische Anwendbarkeit der zahlreichen Appellationsprivilegien im alltäglichen Gerichtsbetrieb im Mittelpunkt. Die unterschiedlichen Appellationsprivilegien sollten in Form eines Registers oder einer Liste¹⁷ zusammengefasst und dann in der Ratsstube zur Einsichtnahme ausgehängt werden. Die Kommission versprach sich durch diese Maßnahme konkrete Zeitersparnis, da ein Blick auf die Liste der Appellationsprivilegien umfangreiche Recherchen in der Bibliothek oder im Archiv überflüssig machte.¹⁸ Zwei Jahre später wies die Visitation auf einen neuen Aspekt beim Appellationsverfahren hin. Sie erklärte, dass es den Parteien immer öfter gelang, die Appellation zu beeinflussen, indem sie behaupteten, die Appellation beruhe auf simplex querela ¹⁹. Die Visitationskommission befürchtete, die Rechtsprechung könne in einem solchen Fall erfolgreich verhindert werden.²⁰ Insgesamt zeigte sich aber, dass die Untertanen das Mittel der Appellation – trotz der Widerstände der Reichsstände – im Laufe der Zeit erfolgreich anzuwenden wussten. Umgekehrt lernten auch die Reichsstände damit umzugehen. Im Zusammenhang mit der Appellation kam es bei den Visitationen der Anfangszeit auch zu Kommentaren über die Qualität der Arbeit der Vorinstanzen. Besonders das Rottweiler Hofgericht²¹, ein kaiserliches Landgericht, fiel der Kommission negativ auf. Seine Arbeit erzeugte den besonderen Unmut der Visitationskommission, denn die Akten des Rottweiler Hofgerichts waren so mangelhaft, ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1536. Siehe hierzu auch Weitzel: Der Kampf um die Appellation, S. 59. Eine moderne Liste mit Erläuterungen befindet sich bei Weitzel: Der Kampf um die Appellation, S. 87– 231. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 25, 1570. Simplex querela = einfache Beschwerde/Klage. Laut Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universallexikon Aller Wissenschaften und Künste. 64 Bände. Halle/Leipzig 1732– 1750, blosse Klage deren Grund man nicht so gleich beweisen kann, Bd. 30, S. 208. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 26a, 1572. Allgemein Ulrike Schillinger: Die Neuordnung des Prozesses am Rottweiler Hofgericht 1572. Entstehungsgeschichte und Inhalt der Neuen Hofordnung (QFHG 67). Köln/Weimar/Wien 2016.
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dass das Reichskammergericht die Urteile des Hofgerichts oft nicht ernst nahm. Ein Umstand, den die Visiationskommission scharf rügte. Ein Grund war u. a., dass in Rottweil nur mündlich verhandelt wurde und die Prokuratoren der Parteien am Reichskammergericht die Prozesse mühselig rekonstruieren und verschriftlichen mussten.²² Eine schnelle Besserung der Zustände am Rottweiler Hofgericht war jedoch nicht in Sicht, denn auch zwei Jahre später (1533) zeigten sich die Visitatoren sehr beunruhigt über die dortige große Unordnung. Die Besorgnis darüber gipfelte schließlich darin, dass die Visitatoren den Kaiser aufforderten, eine Visitation des Rottweiler Hofgerichts durchzuführen.²³ Der Streit darüber dauerte bis etwa Mitte der 1560er Jahre an, ohne zu einem Ergebnis zu führen.²⁴ 1571 erreichte die Kommission ihr Ziel und eine Visitation des Rottweiler Hofgerichts fand statt.²⁵ Leider wissen wir nicht, wie diese Visitation tatsächlich ablief, da es an bekannten Quellen mangelt.²⁶ Entscheidend ist aber, dass die Visitationskommission in Rottweil in diesem Zusammenhang deutlich machte, dass das Rottweiler Hofgericht die Superiorität des Reichskammergerichts anerkennen müsse.²⁷ Nicht nur in Bezug auf die Untertanen, sondern auch in Bezug auf Standespersonen war die Diskussion, für welche Personengruppe das Reichskammergericht eigentlich zuständig sei, in den 1530er Jahren noch im vollem Gange. So beschäftigte sich die Visitation 1531 mit der Frage, ob Kurfürsten vor dem Gericht zu erscheinen hätten²⁸, und ob Grafen und Kammerrichter vor dem Gericht prozessieren dürften²⁹. Hinzu kam, dass die Reichsstände sich in ihrer eigenen verbliebenen Rechtsprechung durch das Gericht bedroht sahen, vor allem was die Anwendung der Austrägalgerichtsbarkeit betraf. Besonders empfindlich reagierten sie in Bezug auf das Privileg der Jagd. Hier hatte das Reichskammergericht Mandate ausgesprochen, die nach Meinung der Reichsstände gegen ihre Privilegien standen und wider vom Reichs geordnete erstliche Außträg ³⁰ seien. Das Gericht ließ sich von diesen Beschwerden nicht beeindrucken und wechselte bei diesen Sachverhalten virtuos zwischen selbstbewusstem Auftreten und defensivem Einlenken sowie mit dem Spiel auf Zeit. Dem Einwand der Stände, dass Prozesse ex lege diffamari – also
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 3, 1533. Schillinger: Rottweiler Hofgericht, S. 40. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 23, 1571. Schillinger: Rottweiler Hofgericht, S. 45. Schillinger: Rotweiler Hofgericht, S. 45. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 26a, 1572. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1557.
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Provokationsklagen³¹ – oft dazu benutzt würden, um Zuständigkeitsvorschriften zu umgehen³², setzte das Gericht selbstbewusst entgegen, dass das Reichskammergericht hier nur mit rechtlichen Mitteln vorgehen könne.³³ Ebenso verhalte es sich auch bei den Klagen pro restitutione in integrum. Auch hier müsse sich das Reichskammergericht an Bestimmung der ordnung und rechten gemeß halten. ³⁴ Neben der Anerkennung des Reichskammergerichts bei den Untertanen und Ständen des Reiches galt es, auch die Zuständigkeit des Gerichts gegenüber den benachbarten fremden Mächten durch die Visitationskommission abzugrenzen. Im Zeitalter von Räumen, die nicht strikt durch lineare Grenzen getrennt waren, ein nicht immer einfaches Unterfangen. Dabei ist nicht nur an Frankreich im Zusammenhang mit den Bistümern Metz und Toul zu denken³⁵, was – wie geschildert – für Unstimmigkeiten in den Visitationskommissionen sorgte.Vielmehr war es auch notwendig, die Zuständigkeit des Gerichts zu den östlichen Nachbarn abzusichern und abzugrenzen. Das Verhältnis des Reichskammergerichts zu Polen zeigt die Schwierigkeiten noch einmal besonders deutlich: Der Deutschordensmeister Albrecht von Brandenburg hatte sich nach Gesprächen mit Martin Luther und Philipp Melanchthon der Reformation zugewandt und den Deutschordensstaat in das weltliche Herzogtum Preußen umgewandelt.³⁶ 1525 hatte Albrecht zudem mit dem polnischen König Sigismund einen Vertrag geschlossen, in dem Albrecht die Herrschaft über Preußen von Sigismund als rechtmäßiges und erbliches Lehen bekam und darum den Titel eines Herzogs in Preußen erhielt. Es folgte die Huldigung Albrechts an den polnischen Herrscher.³⁷ Kaiser Karl V. reagierte darauf, indem er statt Albrecht von Brandenburg Walter von Kronberg zum Hochmeisteradministrator des Deutschen Ordens und zum Reichsfürsten ernannte.³⁸ Eine Würde, die Albrecht von Brandenburg nicht erhalten hatte. Damit machte Karl V. deutlich, dass er keinesfalls gewillt war, die Ansprüche des Reiches auf Preußen aufzugeben. Der Übertritt Albrechts zum
Dick: Kameralprozess, S. 102. Provokationsklagen sind Klagen bei denen zuvor ein Reichsunmittelbarer außergerichtlich einen Anspruch gegen einen anderen erhoben hat, und dieser dann aufgefordert wird, diesen Anspruch einzuklagen. Siehe auch RKGO 1555, Teil II XXV. Siehe auch Mencke: Visitationen, S. 47. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531 und ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. Siehe Kapitel Der Ablauf der Visiation: Ideal und Wirklichkeit. Almut Bues: Neuorientierung im System der europäischen Staatenbeziehungen. In: HansJürgen Bömelburg (Hrsg.), Polen in der europäischen Geschichte: ein Handbuch in vier Bänden. Bd. 2: Frühe Neuzeit. Stuttgart 2011, S. 43 – 605,S. 53. Bues: Neuorientierung, S. 54. Walter Hubatsch: Albrecht von Brandenburg-Ansbach (Studien zur Geschichte Preußens 8). Heidelberg 1960, S. 220.
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Protestantismus und der Austritt aus dem Reichsverband konnten nicht ohne Folgen bleiben. 1532 verhängte das Reichskammergericht die Reichsacht über dem abtrünnigen Ordensmeister, der 1534 dem Schmalkaldischen Bund beitrat. Zur Verhängung der Reichsacht kam ein Mandat des Kaisers an die polnischen Reichsstände, dem Herzog in Preußen keinen Gehorsam zu leisten.³⁹ Die angesprochenen Reichsstände reagierten darauf nicht, sodass das Reichskammergericht am 6. März 1536 zum zweiten Mal die Reichsacht gegen Albrecht von Brandenburg verhängte. Deshalb wandte sich am 19. Juli 1536 König Sigismund als neuer Lehnsherr Albrechts direkt an den Kaiser. Sigismund verurteilte die Ernennung Kronbergs zum Deutschordensadministrator und verwahrte sich entschieden gegen die Einmischung des Reichskammergerichts in polnische Angelegenheiten. Die Zuständigkeit des Reichskammergerichts sei für Polen nicht gegeben. Karl V. solle auf das Reichskammergericht einwirken⁴⁰ und ihm bevehlen, nicht gegen Albrecht und die Stände des Landes auf die Acht und weiter in vermog den Rechten der Reichsordnung und Brauch ⁴¹ zu prozessieren. Die Antwort Karls V. ist in den gesichteten Quellenbeständen nicht überliefert. Wir wissen also nicht, ob der Kaiser aktiv wurde. Es zeigt sich aber, dass Sigismund von Polen selbstverständlich annahm, dass Kaiser Karl V. die Rechtsprechung des Reichskammergerichts beeinflussen konnte. Gleichzeitig machte Sigismund klar, dass Preußen jetzt tatsächlich polnisch war und nicht mehr zum Einflussbereich des Kaisers zählte; das Reichskammergericht also dort gar nicht mehr eingreifen konnte. Streitigkeiten über die territoriale Zuständigkeit des Gerichts, das zeigen sowohl die polnischen als auch die burgundischen Ereignisse, waren eben auch Diskussionen über die Machtstellung des Kaisers. Die 1530er Jahre waren vom Kampf um die Anerkennung des Gerichts auch durch fremde Länder geprägt. Im Laufe der Zeit verschoben sich die Konfliktpunkte bzw. das Gericht musste vor allem unter Kaiser Rudolf II. auf einer ganz neuen Ebene um seine Autorität und Anerkennung kämpfen. Es wurde bereits erwähnt, dass Rudolf II. das Gericht zu einem kaiserlichen Gericht machen wollte, indem er das Reichskammergericht durch Mitglieder des Reichshofrates visitieren ließ, die Einfluss auf die Rechtsprechung des Gerichts nehmen sollten.⁴² Rudolf II. hatte dafür seinen Reichshofrat Andreas Gail als kaiserlichen Kommissar nach Speyer geschickt. Denn Gail
Hubatsch: Albrecht von Brandenburg-Ansbach, S. 224. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 19. Juli 1536. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 19. Juli 1536. Baumann: Die Tatbestände Land- und Religionsfriedensbruch.
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verfolgte die gleiche Linie und hatte sich durch seine Schriften Observationes ⁴³, De pace publica ⁴⁴ und De Pignoribus ⁴⁵ bereits als Vorreiter einer einheitlichen Rechtsprechung zu erkennen gegeben. Ein Beispiel, wie Rudolf II. besonders rigoros versuchte, seine Vorstellung von Rechtsprechung durchzusetzen, ist das Vorgehen des Gerichts beim Kalenderstreit in der Reichsstadt Augsburg: Rudolf II. war es nicht gelungen, die Gregorianische Kalenderreform reichsweit durchzusetzen, deshalb entschieden die einzelnen Territorien jeweils selbst über dessen Durchführung. Herzog Wilhelm V. von Bayern fühlte sich außerdem dazu berechtigt, die benachbarte Reichsstadt Augsburg aufzufordern, die Kalenderreform durchzuführen.⁴⁶ Die Reichsstadt fügte sich zuerst der Autorität des benachbarten mächtigen Reichsstandes. In der Stadt regte sich unter den Protestanten jedoch Widerstand gegen das autoritäre Vorgehen des Rates; der Streit um die Einführung des Gregorianischen Kalenders eskalierte und das Reichskammergericht wurde eingeschaltet. Die Beisitzer verfügten am 26. März 1583 ein Mandat sine clausula mit dem Inhalt, dass die Annahme des neuen Kalenders rückgängig gemacht werden müsse, ansonsten drohe der Stadt eine hohe Geldstrafe. Der Augsburger Rat beschloss daraufhin, das Mandat anzufechten und den neuen Kalender wenigstens teilweise beizubehalten.⁴⁷ Chaos war die Folge: Teile der Bevölkerung akzeptierten den neuen Kalender, der größte Teil der Protestanten blieb jedoch bei der alten Regelung. Rudolf II. schrieb aus diesem Anlass am 13. März 1584 an seine Brüder, die Erzherzöge Ferdinand und Ernst, sowie an Herzog Wilhelm V. von Bayern. Der Kaiser berichtete in dem Brief über die Schwierigkeiten der Einführung des reformierten Kalenders in Augsburg. So seien die Augsburger Religionsverwandten
Andreas Gail: Practicarum Observationum deß Hochlöblichen Cammer-gerichts, Speyer, Zwey Bücher. Darinnen sowol die in Gerichts-Process, als anderen zweyflhafften Rechts-Strittigkeiten vil underschidlich vorfallende Fragen stattlich decidiert und erörtert werden. München 1673. Andreas Gail: De Pace publica. Vom kayserlichen Landfrieden/ item Landfridbrechern/ und deß Reichs Acht. München 1673. Die Schrift wurde später den Observationes beigefügt. Siehe hierzu Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 1: 1600 – 1800. München 1988, S. 128. Andreas Gail: De Pignorationibus.Von Pfandungs-Sachen/ Wie derentwegen am kayserlichen Cammergericht erkennet und gesprochen worden. Ein sonderlich Buech. Augsburg/Köln 1697. Jüngst Stefan Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt: der Reichshofrat unter Rudolf II. 1576 – 1612. Göttingen 2006, S. 196 – 203. Hier liegt – wie der Titel sagt – der Schwerpunkt aber beim Reichshofrat. Paul Warmbrunn: Zwei Konfessionen in einer Stadt. Das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten in den paritätischen Reichsstädten Augsburg, Biberach, Regensburg und Dinkelsbühl von 1548 bis 1648. Wiesbaden 1983, S. 362.
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Die Verhandlungsgegenstände der Visitation
keineswegs bereit, den reformierten Kalender anzunehmen. Rudolf II. befürchtete deshalb Verbitterung und Streit. Es gäbe auch am Reichskammergericht deswegen Schwierigkeiten⁴⁸, weil sich die protestantischen Beisitzer gegen die Reform stellten. In einem zweiten Schreiben instruierte Rudolf II. seine für die Reichskammergerichtsvisitation vorgesehenen kaiserlichen Kommissare, alles daran zu setzen, dass bei der zukünftigen Visitation in der Frage um die Kalenderreform keine Eskalation geschähe. Daher wollte Rudolf II., dass die Kalenderreform möglichst nicht offiziell bei der Visitation thematisiert würde.⁴⁹ In einem weiteren Schreiben, das sehr konkrete Handlungsanweisungen an die kaiserlichen Kommissare enthielt, wiederholte er, dass er keine Diskussion in der Kalenderangelegenheit wünsche und sich die Kommissare bei Unsicherheiten am Mainzer Kanzler orientieren sollten.⁵⁰ Falls dieser auch keine Anweisungen habe, sollten die Kommissare sich mit dem Kaiser abstimmen bzw. die Diskussionen über die Kalenderreform zurückweisen. Gleichzeitig mahnte Rudolf II. die Kommissare, darauf hinzuwirken, dass das Gericht in einem neuen Prozess schnell ein Urteil fällen sollte, da er in Augsburg täglich einen Aufstand befürchte. Ein Endurteil samt Bescheid hätten hier schon längst ergehen sollen.⁵¹ Kaiser Rudolfs II. Instruktionen fruchteten, denn im Protokoll zur Visitation 1584 wird mit keinem Wort der Kalenderstreit durch die Kameralen oder die Visitatoren erwähnt.⁵² Dem stehen die Handlungen des Gerichts im starken Kontrast entgegen: Einen Tag nach dem Ende der Visitation,⁵³ am 27. Mai 1584, erging ein Mandat des Gerichts, in dem das Reichskammergericht seinen alten Beschluss aufhob⁵⁴ und die Rechtmäßigkeit der Einführung der Gregorianischen Kalenderreform in Augsburg bestätigte. Die Verhandlungen über den Widerruf des Mandats hatten stattgefunden, während die Visitationskommission in Speyer tagte. Das Gericht hatte den Wünschen der Kommission und dem Kaiser nachgegeben. Die kaiserlichen Kommissare Wilhelm Graf von Öttingen und Wolf Freymon, der spätere Reichsvizekanzler, hatten das Gericht während der Visitation fest in der Hand. Es kann nur darüber spekuliert werden, was während der Visitation hinter verschlossenen Türen in geheimen Absprachen geschah.
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 12. April 1584. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 12. April 1584. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 41, Visitationsprotokoll 1584. Die Visitation wurde am 26. Mai 1584 beendet. Siehe ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 41, 26. Mai 1584. Warmbrunn: Zwei Konfessionen in der Stadt, S. 366 f.
Der Unterhalt des Gerichts oder der Streit um seine Existenz
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Das neue Mandat sah vor, dass alle Protestanten die Feiertage nun nach dem neuen Kalender begehen mussten und die Prozesskosten von den Klägern zu tragen waren. Die klägerischen Ratsherren wurden zudem ihrer Ratssitze enthoben und unter Hausarrest gestellt. Der Streit endete mit diesem Urteilspruch des Reichskammergerichts jedoch nicht, sondern bewirkte das Gegenteil, da die Prediger in der Stadt das Urteil nicht akzeptieren wollten. Es kam zu tätlichen Auseinandersetzungen und Unruhen, die nur mit größter Mühe eingedämmt werden konnten.⁵⁵ Das höchste Ziel des Reichskammergerichts, Frieden zu wahren, hatte sich durch das Einwirken des Kaisers in das Gegenteil verkehrt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Gericht nach der Ansiedlung in Speyer nach wie vor auf ganz verschiedenen Ebenen gezwungen war, um seine Anerkennung zu kämpfen. Seine Existenz musste den Untertanen mitgeteilt und den Reichsständen deutlich gemacht werden, dass ihre Untertanen Rechte besaßen und ihre Souveränität zum Teil eingeschränkt wurde. Außerdem war eine territoriale Abgrenzung des Gerichts erforderlich. Gleichzeitig zeigt sich deutlich, dass gegen Ende der 1580er Jahre die Autorität des Gerichts gegenüber dem Kaiser im Schwinden begriffen war. Das Gericht fügte sich nahtlos in das Regierungssystem Rudolfs II. ein. Die Justiz war zu einem politischen Instrument geworden.
Der Unterhalt des Gerichts oder der Streit um seine Existenz Die meisten Probleme des Gerichts, die in der Visitation angesprochen wurden, waren eng mit seiner Finanzierung verbunden. Gerade die Schwierigkeiten der Anfangszeit, wie der Mangel an qualifiziertem Personal und die fehlende Bereitschaft der Reichsstände, das Gericht zu finanzieren sowie die daraus folgende häufige Abwesenheit der Kameralen vom Gericht wurden häufig und ausgiebig durch die Visitationskommission thematisiert.⁵⁶ Die Finanzierung des Gerichts erfolgte über die sogenannten Kammerzieler⁵⁷, reichsweite Umlagen, die in Form der Kammergerichtsmatrikel erhoben wurden.⁵⁸
Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit, S. 197. Jahns (2011): Bd. 1, S. 56. Jahns sieht die Unterhaltsmisere des Gerichts erst nach dem Dreißigjährigen Krieg für gegeben. Anja Amend-Traut: Kammerzieler, in: HRG, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Bd. 2, Spalte 1567– 1569. Eine umfangreiche Erforschung über die Finanzierung des Gerichts steht noch aus. Sie müsste im Zusammenhang mit der allgemeinen Reichsfinanzierung untersucht werden. Rautenberg: Der Fiskal am Reichskammergericht, S. 70.
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Die Verhandlungsgegenstände der Visitation
Die Steuern mussten von den Reichsständen regelmäßig entrichtet werden. Die Zahlungshöhe war von vorneherein festgelegt und änderte sich bei einem ungeplanten höheren Finanzbedarf nicht automatisch.⁵⁹ Zahlungsausfälle führten deshalb schnell zu Haushaltslücken. Die Kammergerichtsmatrikel wurde erstmals im Jahr 1500 erhoben und 1507 endgültig von der allgemeinen Reichshilfe abgekoppelt.⁶⁰ 1521 stellte man die Matrikelanschläge auf eine neue für künftige Änderungen maßgebliche Grundlage. Die Beitragssummen betrugen in den meisten Fällen weniger als 1 % der Gesamtausgaben der jeweiligen Reichsstände. Sie stellten somit in der Regel keine nennenswerte Belastung dar. Die Kammerzieler mussten zu bestimmten Terminen im Frühjahr und Herbst entrichtet werden. Dies konnte in Speyer oder in den fünf Legstädten Nürnberg, Regensburg, Augsburg, Leipzig und Frankfurt/Main geleistet werden. Meistens wurden die Frühjahrs- und Herbstmesse in Frankfurt/Main gewählt.⁶¹ Hinzu kam, dass die Prokuratoren dazu angehalten wurden, bei ihren Reichsständen die entsprechenden Gelder einzutreiben.⁶² Für die korrekte Einziehung der Mittel wurde das Amt des Pfennigmeisters geschaffen. Er verwaltete die Gelder und zahlte sie aus. Der Pfennigmeister musste bei der Visitation regelmäßig Rechnung ablegen.⁶³ Die hierzu erstellten Abrechnungen sind meist in den Protokollen überliefert und wurden von der Visitationskommission geprüft. Allgemein entrichteten die Reichsstände nur sehr widerwillig ihre Beiträge für das Gericht. Sie befürchteten eine zu starke Reichsjustiz, die sie mit allen Mitteln auf allen ihnen zur Verfügung stehenden Ebenen bekämpften. Eine Maßnahme hierfür war die Finanzierungsverweigerung. Die Reichsstände wollten eigentlich keine oberste Gerichtsgewalt, auf die sie keinen oder nur begrenzt Zugriff hatten. Zudem scheuten sie die Abhängigkeit vom Gericht. Schnell kamen deshalb Fragen auf, welcher Stand überhaupt zur Abgabe verpflichtet sei. Unmittelbar damit verknüpft war die Frage nach der Definition der unmittelbaren
Heide-Marie Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts. Dissertation München 1998, S. 20 f. Rautenberg: Der Fiskal am Reichskammergericht, S. 70. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 83 f. Ein Beispiel für das 18. Jahrhundert ist die Prokuratorenfamilie Hofmann, die die Verhandlungen darüber mit Preußen führte. Anette Baumann: Advokaten und Prokuratoren. Anwälte am Reichskammergericht (1690 – 1806) (QFHG 51). Köln/Weimar/Wien 2006, S. 78. Siehe auch Anette Baumann: Anwälte am Reichskammergericht. Die Prokuratorendynastie Hofmann in Wetzlar (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 28). Wetzlar 2001. RKGO 1555 II, XL. § 1.
Der Unterhalt des Gerichts oder der Streit um seine Existenz
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Reichsstandschaft. Der Reichstag hatte im Reichsabschied 1548⁶⁴ die Entscheidung darüber dem Reichskammergericht übertragen. Das Reichskammergericht wurde zur Hüterin der Reichsstandschaft und übernahm hierbei eine notarielle Funktion ⁶⁵. Die entscheidende Rolle spielte dabei der Reichsfiskal, der in der Folge zahlreiche Prozesse initiierte.⁶⁶ Im Untersuchungszeitraum wurde bis einschließlich 1523 und dann von 1541 bis 1544 der Unterhalt des Gerichts im vollen Umfang von den Reichsständen bezahlt, während in der Zeit zwischen 1523 und 1541 die Unterhaltslast mehrfach wechselte.⁶⁷ So finanzierten Kaiser und Reichsstände zwischen 1523 und 1527 und von 1529 bis 1534 gemeinsam das Gericht. Von 1527 bis 1529 – also dem Zeitraum, in dem sich das Reichskammergericht endgültig in Speyer etablierte – 1534 bis 1541 und von 1544 bis 1548 trug Karl V. allein die Last. Ursache hierfür waren u. a. die Auseinandersetzungen mit den protestantischen Reichsständen, die sich auf Grund der Reformationsprozesse weigerten, das Gericht zu unterstützen. Sie versuchten durch Mittelreduzierung, Einfluss auf die Rechtsprechung des Gerichts zu gewinnen. Ab 1548 übernahmen dann die Reichsstände auf unbegrenzte Zeit die Finanzierung des Gerichts.⁶⁸ 1566 und 1570 wurde der Matrikelanschlag jeweils um ein Drittel im Vergleich zu 1521 erhöht.⁶⁹ Probleme des Unterhalts des Gerichts wurden in den Visitationen besonders in den Jahren 1530 bis 1548, als die Finanzierungsgrundlagen häufig geändert wurden, besprochen. Während jedoch die offiziellen Visitationsprotokolle im Mainzer Erzkanzlerarchiv meist nur die Klagen der Kameralen wegen ausstehender oder mangelnder Besoldung an die Visitatoren dokumentieren⁷⁰, ist es möglich, mit den Berichten der kaiserlichen Kommissare sowie des Kaisers aus den Beständen der Reichshofkanzlei verschiedene Finanzierungsmodelle anschaulich zu beschreiben. Weitere Einblicke gewähren die Notizen von Mathias
Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede welche von den Zeiten Kayser Conrads des II. bis jetzo, auf den Teutschen Reichs=Tagen abgefasset worden sammt den wichtigsten Reichs=Schlüssen … in vier theilen. O.O. 1747, Neudruck Osnabrück 1967, Bd. I–II, RA 1548, S. 527 ff. Winfried Schulze: Reichskammergericht und Reichsfinanzierung im 16. und 17. Jahrhundert (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 6). Wetzlar 1989, S. 14. Diese Zusammenhänge sind nicht erforscht und stellen ein dringendes Forschungsdesiderat dar. Hier kann es deshalb nur bei einigen summarischen Bemerkungen bleiben. Siehe auch Rautenberg: Der Fiskal am Reichskammergericht, der allerdings vorwiegend auf gedrucktes Material zurückgreift. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 21. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 22. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 22. Z. B. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1531; MEA RKG 3, 1533; MEA RKG 8, 1556.
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Die Verhandlungsgegenstände der Visitation
Neser⁷¹, der gerade zu dieser Zeit kaiserlicher Beisitzer am Gericht war, sowie die Chronik des Freiherrn von Zimmern. Schon 1531 verlangte die Visitationskommission, dass auf den Kreistagen verkündet werden sollte, dass der Unterhalt des Reichskammergerichts und die Türkenhilfe gleichrangig zu behandeln seien.⁷² Trotzdem kam es zu großen Finanzierungsrückständen und die kaiserlichen Kommissare wurden durch die Kameralen massiv wegen der Besoldung bedrängt. Der Zorn entzündete sich vor allem dann, wenn Gelder versprochen wurden und diese trotz mehrfacher Zusagen nicht ausbezahlt wurden.⁷³ So fehlten 1530 rund 5 000 Gulden. Die Kommissare hatten aus eigener Erfahrung ein Einsehen mit dem Kammerrichter und den Beisitzern und stellten sich energisch hinter sie, indem sie Ferdinand dringend baten, Abhilfe zu schaffen.⁷⁴ Die Kommissare fürchteten um die Existenz des Gerichts. Sie hatten jedoch mit ihren Bitten keinen Erfolg. Im Gegenteil: im Laufe der 1530er Jahre wuchs die Finanznot der Urteiler und des Kammerrichters weiter an, und die Forderungen der Kameralen wurden immer dringlicher; schließlich ging es um die nackte Existenz. Die Zimmersche Chronik beschreibt anschaulich die Misere des damaligen Beisitzers Wilhelm Werner Freiherrn von Zimmern, der der bezallung halb vil alda [habe] erleiden müesen. Es hat sich etwann solche bezallung biß in das zwait, etwann biß in das dritt jar verzogen, user der ursach, das die protestierenden stende das cammergericht als argwenig und das ir religion zu wider were, mermals recusiert hetten, derhalben auch iren gepürenden tail, solchs zu underhalten, sich sparten zu erlegen.⁷⁵ Zimmern sah sich deshalb dazu gezwungen, sein silbergeschier, kleineter und was er sonst guets gehapt, den Juden zu Wurmbs umb etlich gelt⁷⁶ zu versetzen. Karl V., der in dieser Zeit allein für die Finanzierung zuständig war, stellte sich gegenüber den Bitten der Beisitzer und des Kammerrichters taub und verweigerte die Kommunikation, indem er die Briefe des Kammerrichters Johann von der Pfalz einfach ignorierte. Der Pfälzer ließ sich dies nicht gefallen und schickte, um die Kommunikation wieder in Gang zu setzen und eine Antwort des Kaisers zu erzwingen, einen persönlichen Boten. Dieser sollte direkt mit dem Kaiser verhandeln und um die Bezahlung der Kameralen bitten. Karl V. empfing zwar den Boten, machte aber keine weiteren Zusagen, sondern versuchte durch seinen Reichsvize-
Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde AR 1 Misc. 530. ÖStA HHStA Wien RHK RKG-VA 316, 1531. Bericht der kaiserlichen Kommissare an König Ferdinand. ÖStA HHStA Wien RKG MEA 3, 1533. Bericht der kaiserlichen Kommissare an König Ferdinand. ÖStA HHStA Wien RKG MEA 3, 1533. Chronik des Grafen von Zimmern, Band III, S. 113. Chronik des Grafen von Zimmern, Band III, S. 113.
Der Unterhalt des Gerichts oder der Streit um seine Existenz
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kanzler Held⁷⁷, ehemaliger Beisitzer am Gericht und deshalb ein ausgezeichneter Kenner der Situation, die Wogen zu glätten. Held bat die Kameralen inständig um Geduld, das Geld würde schon bezahlt werden.⁷⁸ Die Kameralen warteten aber weiterhin vergeblich. Schließlich drohte der Kammerrichter Held, dass, wenn die Bezahlung weiter ausbliebe, sich das Gericht gezwungen sähe, protestierende und andere Sachen ⁷⁹ vorzuziehen. Ein Umstand, den der ständig zwischen Schmalkalden und Speyer hin und her pendelnde Held⁸⁰ auch den protestierenden Ständen in Schmalkalden berichtete.⁸¹ Außerdem drohte Johann von der Pfalz mit einer Auflösung des Gerichts, wenn die Zahlung nicht bald erfolge.⁸² Er wollte als Kay Mt. und des heiligen Reichs diener zum besten helffen, vertaydingen handthaben und uns wider Recht pillichait und alls vernunfft nit vertrucken lassen. ⁸³ Schließlich erfolgte nach bangen Wartens wenigstens eine teilweise finanzielle Entlastung. Ein spanischsprachiges Schreiben, dessen Autorenschaft nicht ersichtlich ist, berichtete, dass Graf von Ortenburg und Anton Fugger die Gelder vorgestreckt hätten.⁸⁴ Diese Bezahlung linderte aber nur kurzfristig die Bedürfnisse der Kameralen. Nur ein Jahr später stritt sich Kammerrichter Johann von der Pfalz mit dem Kaiser erneut heftig. Jetzt betraf es den Kammerrichter selbst, denn es ging um sein Gehalt. Karl V. reagierte auf die Gehaltsforderungen seines Stellvertreters am Gericht wie üblich mit Schweigen und Vertrösten. Dieses Mal zögerte der Pfalzgraf nicht lange. Nach einer Fristsetzung, die vom Kaiser unbeachtet blieb – trotz Intervention von Ferdinand, der die Unentbehrlichkeit des Kammerrichters betonte –, verließ Johann verärgert über sein ausstehendes Gehalt das Gericht.⁸⁵ Harpprecht begründete im 18. Jahrhundert die Quittierung des Kammerrichterpostens durch Johann allein mit seiner Haltung gegen das Syndikat; ein Verfahren, das den Richter wegen beabsichtigter unrechtmäßiger Rechtsprechung verurteilt. Die Existenzgefährdung und die Verärgerung Johanns wegen der mangelhaften
Zu Held siehe Baumann: Reichsvizekanzler, S. 267. Held war ein enger Vertrauter des Kaisers und übernahm die Verhandlungen mit dem Schmalkaldischen Bund. Er versorgte auch das Reichskammergericht mit Informationen zum Schmalkaldischen Bund. Held war katholisch gesinnt und wenig kompromissbereit. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1537. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1537. Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde AR 1 Misc. 530, f. 90v–92v. Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde AR 1 Misc. 530, f. 88r–88v. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1537. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1537. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1537. Wahrscheinlich wurde das Schreiben von Granvelle verfasst. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 17. Sept. 1538. Siehe hierzu auch die Notizen von Mathias Neser Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde AR 1, Misc. 530, f. 122r–123v.
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Die Verhandlungsgegenstände der Visitation
Besoldung ignorierte Harpprecht, so dass der Streit zwischen den Reichsständen und dem Gericht um den Unterhalt von ihm bagatellisiert wurde.⁸⁶ Die Lage entspannte sich in den folgenden Jahren nicht wirklich, der Kampf ums Geld und die Existenz des Gerichts gingen unvermindert weiter. Karl V. musste immer neue Geldquellen anzapfen, um wenigstens kurzfristig die Finanzierung des Gerichts zu sichern: So sollten Gelder seiner Schwester Maria von Ungarn über die Misere hinweghelfen. Sie wurden jedoch niemals ausbezahlt. Schließlich übergab 1539 Carl Peutinger dem Gericht eine Geldsumme,⁸⁷ wobei nicht klar ist, von wem dieses Geld tatsächlich stammte. Die Quellen verraten auch nicht, um welchen Betrag es sich handelte. Die Kameralen lebten in dieser Zeit von der Hand in den Mund, eine ausreichende dauerhafte Finanzierung lag in weiter Ferne. Hinzu kam der Streit zwischen dem Gericht, dem Reichsoberhaupt und den Reichsständen um die Auslegung der Tatbestände Land- und Religionsfriedensbruch.⁸⁸ Es gelang auch weiterhin nicht, die Finanzierung des Gerichts zu sichern und die Unzufriedenheit wuchs. Die Klagen der Kameralen wurden immer lauter, und der Ton zwischen Gericht und Kaiser immer gereizter. Die Beisitzer und der Kammerrichter erklärten, dass sie nicht nur ohne Geld ausharren müssten, sondern sich auch bei jedermann verhasst machten.⁸⁹ Der eigenmächtige Versuch des Gerichts, Karl V. bei der Wahl des Kammerrichters zu übergehen, war in diesem Zusammenhang nur folgerichtig und zeigt das Selbstbewusstsein der Assessoren. Karl V. und sein Rat Nicolaus Perrenot de Granvelle suchten immer verzweifelter nach neuen Geldquellen. Kurzfristig überlegten sie sogar, eine besondere Judenschatzung vorzunehmen, verwarfen die Idee jedoch wieder.⁹⁰ Karl V. berichtete schließlich den Beisitzern, dass er die Kurfürsten und Fürsten zur Zahlung der Kammerzieler überredet hätte. Gleichzeitig verwahrte er sich energisch gegen die Behauptung der Kameralen, dass er seine Zusagen nicht halten würde, und warf ihnen wiederum vor, dass sie der bezalung halben zum aufstant geruffen hätten⁹¹. Außerdem bat Karl V. die Urteiler, die das Gericht verlassen wollten, dies doch diskret zu tun und nicht noch andere mitzureißen.⁹² Trotz dieser neuen Eskalationsstufe rissen die Verhandlungen nicht ab. So sind Schreiben aus dem Jahr 1541 überliefert, in denen weiter über die Besoldung
Harpprecht: Geschichte Reichskammergericht, Bd. V, S. 130, § 187. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 19. Juni 1539. Siehe hierzu das Kapitel: Die Definition von Land- und Religionsfriedensbruch als zentrale Aufgabe des Gerichts. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 15. Mai 1540. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 1541. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 1541. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 1541.
Der Unterhalt des Gerichts oder der Streit um seine Existenz
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der Kameralen heftig gestritten wurde. Zusätzlich tauschten Kaiser und Gericht Listen über Rückstände aus.⁹³ Eine Reise der Reichskammergerichtsgesandten nach Regensburg verlief ergebnislos⁹⁴, so dass im August 1541 sich der Kammerrichter Wilhelm Werner von Zimmern nochmals an Kaiser Karl V. wandte. Darin griff er die zuvor von Granvelle und Karl V. gemachten Überlegungen auf, zur Finanzierung des Gerichts eine Judensteuer zu erheben. Wilhelm Werner von Zimmern hielt dies für keine gute Idee, da dies zu Konflikten mit den Obrigkeiten führen könnte, bei denen die Juden sesshaft seien. Prozesse um die Judensteuer durch die Obrigkeiten bzw. die Juden selbst wollte Wilhelm Werner vor dem Gericht lieber vermeiden, denn das führe dazu, dass das Gericht über sich selbst Recht sprechen müsse.⁹⁵ Kurzfristig gelang es Karl V. nicht, die Reichsstände zu mobilisieren. 1544 war klar, dass die Finanzierung des gesamten Gerichts nicht mehr gewährleistet war. Vielleicht hatten die Reichsstände auf Grund der politischen Situation diesen Umstand auch bewusst herausgefordert. Das muss jedoch mangels Quellen Spekulation bleiben. Karl V. sah sich gezwungen, das Gericht aufzulösen und nur eine Restmannschaft weiter zu finanzieren. Erst 1548 kam es wieder zu einem geregelten Gerichtsbetrieb. In den Jahren danach wird der Unterhalt des Gerichts in den Visitationsprotokollen nur im Zusammenhang mit der korrekten Abrechnung des Pfennigmeisters und seinen Kompetenzen erwähnt. Auch in der internen Diskussion zwischen kaiserlichen Kommissaren und den nachfolgenden Kaisern war der Unterhalt des Gerichts ein eher marginales Problem. Das Gericht schien wenigstens in Unterhaltsfragen auf einer halbwegs stabilen finanziellen Basis arbeiten zu können. Der Sachverhalt in den 1530er und 1540er Jahren zeigt deutlich, dass das Gericht von dem einvernehmlichen Zusammenspiel der Reichsstände und dem Kaiser existenziell abhängig war. Seine Finanzierung gestaltete sich auf Grund der Religionswirren gerade in diesem Zeitraum als äußerst labil und bedrohte seine Existenz. Die protestantischen Reichsstände hatten einen Hebel entdeckt, mit dem sie versuchten, das unliebsame Gericht loszuwerden. Gleichzeitig lernen wir ein Gericht kennen, das mit seinen Kammerrichtern und Beisitzern ein stabiles Selbstbewusstsein besaß und dem Kaiser auf Augenhöhe begegnete. Das gemeinsame Ziel der Friedenswahrung wurde dabei zu keiner Zeit aus den Augen verloren.
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 13. Juni 1541 und 21. Februar 1541. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 14. August 1541. ÖStA HHStA Wien RKK RKGVA 317, 14. August 1541.
Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise Dreh- und Angelpunkt für die Arbeit des Gerichts war das reichskammergerichtliche Verfahren.¹ Es galt, die Wiederholbarkeit des Handelns mit Hilfe des Schriftgutes und der Professionalität des Personals durch geordnete Abläufe sicherzustellen.² Die Visitatoren bemühten sich deshalb, nachdem das Gericht eine dauerhafte Bleibe in Speyer gefunden hatte, zusammen mit dem Gericht eine effiziente Organisation aufzubauen, in der verschiedene zunächst unabhängige Handlungen in eine sinnvolle Abfolge gebracht wurden.³ Sie musste immer wieder neu an die veränderten politischen und administrativen Gegebenheiten angepasst und damit verhandelt werden.⁴ Es war die Aufgabe der Visitatoren, den Gerichtsbetrieb im Spannungsverhältnis zwischen informalen und formalen Regeln, die sich wechselseitig bedingten, jeweils neu auszubalancieren. Konkret handelte es sich darum, die Herrschaftspraxis des Gerichts, die auf Schriftlichkeit beruhte und auf wiederholte Übung ausgerichtet war, immer wieder neu zu definieren und festzulegen.⁵ Das Verfahren am Reichskammergericht war schriftlich und ging von den Parteien aus. Es gab keine mündliche Verhandlung im Gerichtssaal, wie wir sie heute kennen, aber Elemente der Mündlichkeit. Für die einzelnen Verfahrensarten (citatio, mandatum und appellatio) gab es bestimmte Schriftstücke, die im Prozess in einer bestimmten Abfolge und zu einem bestimmten Zeitpunkt, Termin genannt, vorzuweisen waren. Sie werden im Folgenden kurz vorgestellt: Die Akten eines erstinstanzlichen Verfahrens (citatio, mandatum) enthielten das Ladungsschreiben, die Vollmachten der Prokuratoren, die Darstellungen und Gegendarstellungen (Exzeption, Replik, Duplik, Triplik etc.) der Parteien, die Konklusions- und Submissionsschriften mit den abschließenden Stellungnahmen der Parteien und der Bitte um ein Urteil. Hinzu kamen die beweiserheblichen Zum Verfahren Barbara Stollberg-Rilinger: Einleitung, in: dies./André Krischer (Hrsg.), Herstellung und Darstellung von Entscheidungen Verfahren, Verwalten und Verhandeln in der Vormoderne. Berlin 2010, S. 9 – 34. Dietmar Willoweit: Begriff und Wege verwaltungsgeschichtlicher Forschung, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 61 (1998), S. 7– 15, S. 10. Stefan Kühl: Organisationen. Eine sehr kurze Einführung. Wiesbaden 2011, S. 15. Barbara Stollberg-Rilinger: Die Frühe Neuzeit – eine Epoche der Formalisierung?, in: Andreas Höfele/Jan-Dirk Müller/Wulf Oesterreicher (Hrsg.), Die Frühe Neuzeit. Revision einer Epoche. Berlin 2013, S. 3 – 28, S. 6 – 8. Siehe hierzu Kühl: Organisationen, der auch von Hierarchien und Teilhaberschaften innerhalb einer Organisation spricht. Kühl: Organisationen, S. 21. Willoweit: Begriffe und Wege verwaltungsgeschichtlicher Forschung, S. 10. https://doi.org/10.1515/9783110574050-007
Der Bescheidrat
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Beilagen, wie Urkundenabschriften, Zeugenaussagen, Rechnungen, Verträge, Augenscheinkarten⁶ etc. Handelte es sich um ein Appellationsverfahren, also ein zweitinstanzliches Verfahren, kamen das Compulsorialschreiben, das die Herausgabe der Abschrift der Akten der Vorinstanz befahl⁷, und das Inhibitionsschreiben, das der Vorinstanz weitere Prozesshandlungen verbot⁸, hinzu. Beigefügt wurden auch das Appellationslibell mit den Beschwerdegründen und das Appellationsinstrument, das über die Einhaltung der Formalien bei der Einlegung der Appellation Auskunft gab, und die Vorakten.⁹ Alle diese Schriften mussten zu bestimmten Terminen übergeben werden, die von dem Gericht nach bestimmten Kriterien angeordnet wurden. Die Übergabe geschah vor den Augen der Öffentlichkeit, in der Audienz, versehen mit mündlichen Kommentaren, zeitgenössisch Rezesse genannt. Um die Übergabe zu systematisieren, bediente man sich sogenannter Umfragen. Das Terminsystem der Schriftenvorlage vor Gericht wurde dabei in das Umfragesystem¹⁰ in der Audienz eingebunden. Daraus ergab sich, grob vereinfacht und zum besseren Verständnis idealtypisch nach der Reichskammergerichtsordnung von 1555 dargestellt, folgender Verfahrensablauf:
Der Bescheidrat Zuerst musste eine Partei einen Antrag auf Ladung einer anderen Partei vor dem Reichskammergericht stellen.¹¹ Der Bescheidrat, bestehend aus drei bis vier Beisitzern¹², musste zuerst im sogenannten Extrajudizialverfahren prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Klage gegeben waren. War dies der Fall, konnte der Bescheidrat bereits ein Mandat beschließen. Je nach Verhängung des Mandats cum
Die Begriffe sind nicht einheitlich bzw. treffen den Sachverhalt nicht. Es wird in den Quellen von Plänen, Rissen, Skizzen und Augenscheinen geredet. Gemeint ist eine Visualisierung von Zeugenaussagen. Oestmann: Leitfaden zur Benutzung der Reichskammergerichtsakten, S. 17. Oestmann: Leitfaden zur Benutzung der Reichskammergerichtsakten, S. 17. Elisabeth Noichl: Einleitung, in: Bayerisches Hauptstaatsarchiv Reichskammergericht, Bd. 1, Buchstabe A, bearb. v. Barbara Gebhardt und Manfred Hörner. München 1994, S. I–XXIV, S. XIII und XIV. Dick: Kameralprozess, S. 84– 86. Peter Oestmann: Wege zur Rechtsgeschichte: Gerichtsbarkeit und Verfahren. Köln/Weimar/ Wien 2015, S. 171. Dick: Kameralprozess, S. 83.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
oder sine clausula konnte der Beklagte Einspruch beim Gericht einlegen, um so die Aufhebung des Mandats zu erwirken.¹³ Bei einer Appellation musste der Appellant die formalen Voraussetzungen für eine Appellation durch Benennung des Urteils der Vorinstanz nachweisen, das er anfechten wollte. Hinzu kam die Nennung der Gründe, warum er eine Appellation anstrengte. Der Ort, an dem der Bescheidrat tagte, ist nicht bekannt. Seine Tätigkeit war jedenfalls nicht öffentlich. Waren alle Voraussetzungen für eine Klage erfüllt, konnte auf Veranlassung des Klägers oder seines Anwalts durch die Kanzlei des Gerichts ein registriertes Ladungsschreiben ausgefertigt werden. Der Botenmeister erhielt dann den Auftrag, die Ladung durch Boten zustellen zu lassen.¹⁴ Der Botenmeister bündelte die Ladungen und stellte eine Reiseroute für einen Boten zusammen, der zu Fuß oder zu Pferd die Ladungen dem Beklagten oder Appellaten überbrachte. Dabei waren oft beträchtliche Entfernungen zurückzulegen.¹⁵ In der Reichskammergerichtsordnung ist der Ort der Zustellung bis in jedes Detail für jeden Reichsstand genau geregelt.¹⁶ Da es sich bei der Ladung um einen kaiserlichen Brief handelte, sollte er von dem Boten persönlich an den Beklagten übergeben werden. War dies bei einem Kurfürsten, Fürsten etc. nicht möglich, konnte der Empfänger auch ein Familienmitglied oder der Kanzler sein. Bei Annahmeverweigerung besaß der Bote die Möglichkeit, die Ladung an die Tür der Hofhaltung zu stecken. Dabei handelte es sich um eine Kopie, denn das Original wurde, versehen mit einem Zustellungsbericht durch den Boten, an das Reichskammergericht zurückgebracht.¹⁷ Die Arbeit der Boten war häufig mit Gefahr für Leib und Leben verbunden. So verweigerte z. B. Maria von Ungarn an ihrem Regierungssitz in Brüssel mehrfach die Annahme eines Ladungsschreibens durch den Reichskammergerichtsboten. Er hatte sie an der Tür der Kirche abgepasst, um ihr nach dem Gottesdienst die Ladung des Reichskammergerichts zu überreichen. Maria lehnte die Annahme mehrmals empört ab. Der Belästigung überdrüssig, ließ sie den Boten gefangen setzen. Erst nach massiven Protesten des Kammerrichters, der Bernhard Diestelkamp: Von der Arbeit des Reichskammergerichts, in: Jost Hausmann u. a. (Hrsg.), Fern vom Kaiser. Städte und Stätten des Reichskammergerichts. Köln/Weimar/Wien 1995, S. 91– 124, S. 114. RKGO 1555, Teil III, VII; siehe auch Dick: Kameralprozess, S. 85. So legte der Bote Menck 1563 innerhalb eines Monats folgende Strecke zurück: Pforzheim, Weil der Stadt, Stuttgart, Esslingen, Reutlingen, Ulm, Biberach, Rottweil, Wartenberg (?), Überlingen, Konstanz, Kaufbeuren, Isny, Kempten, Memmingen, Mindelheim, Augsburg, München, Salzburg, Freising, Regensburg, Donauwörth, Dillingen, Speyer. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. RKGO 1555, I, XXXVIII, § 1– 5. Dick: Kameralprozess, S. 134 f.
Die Audienz
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schließlich Marias Bruder, Kaiser Karl V., um Hilfe bat, und der Vermittlung weiterer bedeutender Persönlichkeiten, wie des Grafen von Taxis, wurde der Bote freigelassen.¹⁸ In bestimmten Fällen konnte die Zustellung auch durch Notare erfolgen.¹⁹
Die Audienz War die Ladung im Original durch den Boten zurückgebracht worden, erfolgten die weiteren Schritte in der öffentlichen Audienz. Dort sollten alle Handlungen legitimiert werden.²⁰ In der Audienz trafen die reichsweite Öffentlichkeit und das Gericht aufeinander. Es lohnt sich deshalb, die Örtlichkeit etwas näher zu betrachten: Ein Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert visualisiert das Zusammenspiel zwischen Gericht und Öffentlichkeit anschaulich. An der Stirnseite auf erhöhtem Stuhl mit dem Gerichtsstab in der Hand saß der Kammerrichter²¹, links und rechts flankiert von den Präsidenten und Beisitzern. Ihnen gegenüber versammelten sich die Prokuratoren und Advokaten, während sich auf der vom Kammerrichter gesehen linken Seite – noch innerhalb der Gerichtsschranken – Fürsten, Grafen und Herren aufhielten, die entweder auf ein Urteil warteten oder aus anderen Gründen am Gerichtsgeschehen interessiert waren. Sie sind zur Öffentlichkeit zu zählen. Sie zeigen aber durch ihre Anwesenheit innerhalb der Gerichtsschranken ihren Anspruch, einen Teil des Kaisers und des Reichs-Kammergericht zu sein. Ihnen gegenüber saßen die Protokollanten. Letztendlich entsprach die Sitzordnung der Audienz der Sitzordnung auf den Reichstagen, wie z. B. bei der Verlesung der Proposition.²² Gegenüber von Kammerrichter und Beisitzern, aber hinter einer Gerichtsschranke, stand die nichtadelige Öffentlichkeit. Man kann Männer, Frauen und auch Kinder erkennen. In der Mitte saß oder stand das Kanzleipersonal. Es handelte sich um Notare und Protonotare. Ein Pedell musste für Ordnung sor-
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 1541. Dick: Kameralprozess, S. 136 f. Siehe auch Oestmann: Wege zur Rechtsgeschichte, S. 171, S. 174. Allgemein Audienz: Dick: Kameralprozess, S. 83 ff. Maria von Löwenich: Herstellung und Darstellung von Entscheidungen im Verfahren des Reichskammergerichts, in: Stollberg-Rilinger, Barbara/Krischer, André (Hrsg.), Herstellung und Darstellung von Entscheidungen, S. 157– 187, S. 162. Löwenich: Herstellung und Darstellung von Entscheidungen, S. 163.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
Abb. 3: Theatrum Augustissimi Judicii Camerae Imperialis. Holzschnitt, Künstler unbekannt, um 1615. Exemplar: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Signatur/Inventar-Nr.: HB 209 Kaps 1332.
gen.²³ Es verwundert nicht, dass bei einer so gehäuften Anzahl von Personen der Geräuschpegel hoch war. So beschwerten sich die Protonotare bereits 1531 darüber, dass kein gebührliches Stillschweigen gehalten wird ²⁴ und sie sich außer Stande sahen, korrekt zu protokollieren.²⁵ In der Audienz, die dreimal in der Woche stattfand²⁶, erfolgten die zentralen Handlungen des Gerichts. Die Bedeutung dieser Sitzungen darf deshalb nicht unterschätzt werden. Hier erfolgten die einzelnen Umfragen:
Katalog des Reichskammergerichtsmuseums, hrsg. v. der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, 2. erw. Aufl. Wetzlar 1997, S. 53, Nr. 8. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1531. RKGO 1555, Teil III § 1.
Die Audienz
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In der ersten Umfrage wurden die Endurteile aus früheren Verfahren sowie Zwischenurteile aus aktuellen Verfahren verkündet, die über die nächsten Verfahrensabschnitte entschieden. Hier kam es oft zu Fristverlängerungen.²⁷ Die zweite Umfrage, in novis, galt allen Anträgen, die mit neu einzuführenden Prozessen zusammenhingen. Der Kläger oder sein Prokurator musste so z. B. die erfolgreiche Zustellung der Ladung an den Beklagten nachweisen, indem er dem Gericht die Ladungsurkunde mit dem Zustellungsbericht des Boten präsentierte. Hinzu kamen das eventuell im Bescheidrat verhängte Mandat, die eigentliche Klage sowie die Vollmachten²⁸ des klägerischen Prokurators und des Prokurators des Beklagten. Kam der Beklagte oder dessen Prokurator zu dem für ihn vorgesehen Termin nicht, konnte der Kläger oder sein Vertreter das s.g. Rufen beantragen. Es handelte sich hier um einen rituellen Akt, bei dem der Pedell drei Mal vor die offene Tür des Audienzsaals trat und rufend fragte, ob der Geladene erschienen war oder nicht. Meldete sich auf dieses Rufen weder der Beklagte noch sein Prokurator, konnte das sogenannte Contumazial- oder Säumnisverfahren beginnen. Entscheidend war, dass der Beklagte dem Ladungsbefehl des Gerichts nicht nachgekommen war. Es ging hier also nicht nur um Säumnis, sondern auch um Ungehorsam. Meist erschien aber der Prokurator des Beklagten, der wie der Prokurator des Klägers eine Vollmacht seiner Berechtigung zur Vertretung vorlegen musste.²⁹ Die dritte Umfrage, in praefixis, galt allen Prozesshandlungen, für die vom Gericht bereits ein Termin festgelegt worden war (der zweite Termin und weitere Termine).³⁰ Hier konnte der Kläger seine Klage noch einmal in Form von Artikeln vorbringen.³¹ Die Antwort des Beklagten konnte dann im vierten Termin erfolgen,³² aber auch bereits in der Umfrage in praefixis. In der vierten Umfrage, in ordinariis ³³, wurden z. B. die Kommissare für eine Inaugenscheinnahme benannt.³⁴ Außerdem konnte in weiteren Terminen Beweismaterial eingereicht werden. Die fünfte und sechste Umfrage galten den Säumnis-Verfahren.³⁵ Das war immer dann der Fall, wenn eine Person nicht zum festgelegten Termin erschienen
RKGO 1555, Teil III, VI; siehe auch Dick: Kameralprozess, S. 84. Zeitgenössisch werden Vollmachten Gewalt genannt. RKGO 1555, Teil III, VII. RKGO 1555, Teil III, VIII; siehe auch Dick: Kameralprozess, S. 85. RKGO 1555, Teil III, XIV. RKGO 1555, Teil III, XV. Siehe Dick, Kameralprozess, S. 85. RKGO 1555, Teil III, XV § 11. Dick, Kameralprozess, S. 85.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
war oder die entsprechenden Prozesshandlungen nicht vornahm. Die ausbleibende Partei konnte sich dafür entschuldigen. Wurde der Entschuldigungsgrund als nicht ausreichend erachtet oder blieb eine Entschuldigung gar ganz aus, konnte die andere Partei beantragen, dass eine Ungehorsamsstrafe ausgesprochen wurde. Das ganze System wurde durch die Unterscheidung zwischen Ordinar- und Extraordinarsachen weiter verkompliziert.³⁶ Die Ordinarsachen sollten nur in der dritten und vierten Umfrage, also in praefixis und in ordinariis, besprochen werden.³⁷ Die Extraordinarsachen, meist summarische Verfahren, sollten dagegen schnell abgehandelt werden. Hierzu zählten z. B. Mandate vor allem in Landfriedensbruchsachen sowie Streitigkeiten in Verbindung mit Gewalt.³⁸ In den ersten vier Umfragen, der ordentlichen Audienz, saßen acht Beisitzer, deren regelmäßige rollierende Anwesenheit durch den Pedell überwacht wurde. Dem Kammerrichter oder seinem Stellvertreter oblag die Sitzungsgewalt. Protonotare und Notare führten Protokoll und Archivangestellte, in der Fachsprache Leser genannt, waren für die Entgegennahme der Produkte (Schriftsätze) und ihre korrekte Ablage in der Kanzlei verantwortlich.³⁹ Die beiden letzten Umfragen wurden dagegen nur durch einen Grafen oder Herren geleitet. An diesem Sitzungsabschnitt nahmen nur vier Beisitzer teil. Hier berieten die Urteiler über Bitten um Fristverlängerungen, Entschuldigungen und Säumnis. Nach der Audienz wurden noch weitere Kleinigkeiten verhandelt, wie z. B. Rechtmäßigkeit von Beweismitteln etc.⁴⁰ Der Ablauf der Audienz wurde protokolliert. In das Protokoll wurden alle Prozesshandlungen eingetragen. Auch vermerkten die Notare die übergebenen Schriftsätze, die von den Lesern in die Kanzlei verbracht wurden. Die Schriftsätze wurden dabei immer unter dem jeweiligen Datum im Archiv abgelegt. Diese Produkte wurden in sogenannten Kompleturen zu Einzelfallakten formiert und mit einem Spezialprotokoll⁴¹ versehen. Dieses Spezialprotokoll stellt eine Art chronologisches Inhaltsverzeichnis des Falles dar.⁴² In der Forschung ist um-
RKGO 1555, Teil III, II bis IV. RKGO 1555, Teil III, II § 2. Siehe auch Dick, Kameralprozess, S. 85. RKGO 1555, Teil III, II § 3, siehe auch Diestelkamp, Von der Arbeit des Reichskammergerichts, S. 116. Dick, Kameralprozess, S. 86. Dick, Kameralprozess, S. 86. Siehe hierzu Oestmann: Leitfaden zur Benutzung, S. 8. Noichl: Einleitung, S. XIII. Dieselkamp spricht nur von einer Kompletur. Diestelkamp: Von der Arbeit des Reichskammergerichts, S. 118. Siehe hierzu Oestmann, Leitfaden zur Benutzung, S. 11, der ebenfalls die Uneindeutigkeit des Verfahrens feststellt.
Die Audienz
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stritten, wann eine Akte genau complirt wurde. Bettina Dick schreibt hierzu: Nach jedem Beschluss der Parteien auf eine wichtigere Entscheidung insbesondere zum Endurteil erfolgte in der Kanzlei die Aktenkomplirung ⁴³. Im Protokoll der Visitation 1563/64 wird jedoch erwähnt, dass in der gehaltenen Audienz die beiden protokollierenden Notare, ihre Notizen collationieren und rectificieren und sich dann mit den Lesern vergleichen sollten, die die Schriftstücke in der Audienz entgegennahmen, da die Akten in der Kanzlei durch zwei Notare nach der Audienzsitzung compliert werden müssten.⁴⁴ Dies bedeutet, dass die Akten nicht nur zu einem Zwischen- oder Endurteil komplirt wurden, sondern nach jeder Audienzsitzung. Für die Komplirung gleich nach der Audienz spricht auch eine weitere Quelle: So verstanden die Visitatoren in den folgenden Jahren nicht, warum die Komplirung der Akten während der Audienz so viel Zeit benötige und so die Notare bei der Protokollierung fehlten. Schließlich hielten die Prokuratoren doch lange Rezesse in der Audienz und prolongierten ständig, so dass hier der Arbeitsanfall nicht so groß sein dürfte.⁴⁵ Weitere Angaben zur Kompletur der Akten finden sich in den Quellen nicht. Die Quellen legen also den Schluss nahe, dass jedenfalls in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Komplirung sofort nach der Übergabe der Schriftsätze in der Audienz erfolgt zu sein scheint. Die Audienz war das Ereignis, das die Visitatoren am häufigsten und intensivsten beschäftigte. Sie diskutierten vor allem das Zeitmanagement in den Umfragen. Besonderes Missfallen erregten dabei immer wieder die Erläuterungen der Prokuratoren zu den von ihnen übergebenen Schriftsätzen. Diese Erklärungen konnten sehr lange dauern und mussten exakt protokolliert werden.⁴⁶ Oft zogen sich die Umfragen deshalb so in die Länge, dass nicht alle sechs Umfragen in einer Sitzung durchgeführt werden konnten. Die Visitatoren kritisierten jedoch nie das System der Umfragen, vielmehr begnügten sie sich damit, über einzelne Änderungsmaßnahmen zu diskutieren. So schlugen die kaiserlichen Kommissare vor, dass die ordentliche Gerichtssitzung bereits nachmittags um ein Uhr beginnen sollte. Zuerst sollten die Urteile und Bescheide verkündet werden. Danach sollte ein Teil der Beisitzer den Saal verlassen, so dass nur noch Kammerrichter und vier Beisitzer bei der restlichen Sitzung anwesend wären, um die Schriftstücke entgegenzunehmen. Sie sollten bis drei Uhr sitzen bleiben, um dann von einem Präsidenten und vier anderen Beisitzern abgelöst zu werden, die dann bis
Dick: Kameralprozess, S. 180. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1565 – 1567. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1565 – 1567. Oestmann: Wege zur Rechtsgeschichte, S. 172– 174, allerdings vorwiegend für das 18. Jahrhundert.
Antrag auf Ladung einer Partei; Prüfung durch das Gericht, Beschluss Mandat c.c. oder Mandat s.c., Partei beauftragt Kanzlei mit Ladung
Bescheidrat
Orte →
Judizialverfahren
. Umfrage in novis
Nachweis der erfolgreichen Zustellung der Ladung, Vorlage der Gewalt des klägerischen Prokurators u. des Beklagten; kann Beklagter nicht oder will nicht: Rufen →Säumnisverfahren oder Festsetzung von Terminen für weitere Verfahren; →Übergabe der Schriftstücke an die Kanzlei, begleitet von Rezessen des Prokurators
. Umfrage: Verkündigung der End- und Zwischenurteile
Audienz
Aufbewahrung, bei Bedarf Kompletur, Erstellung Register, Verteilung an Beisitzer nach Maßgabe des Kammerrichters
Ladung wird durch Boten aus der Kanzlei d. gegnerischen Partei überbracht, Bote bezeugt korrekte Ladung
Kanzlei/Archiv
Übergabe der Schriften aus Kanzlei; Begutachtung, Beratung und Entscheidung über Interlokute →Verkündigung siehe Audienz . Umfrage
Senat Schreibstube
Zeit ↓
78 Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
Bescheidrat
Orte →
Fortsetzung
Aufbewahrung, bei Bedarf Kompletur, Erstellung Register, Verteilung an Beisitzer nach Maßgabe des Kammerrichters Aufbewahrung, bei Bedarf Kompletur, Erstellung Register, Verteilung an Beisitzer nach Maßgabe des Kammerrichters
. Umfrage Spezielle Prozesshandlungen mit Termin, in ordinaris z. B. Benennung von Kommissaren, →Säumnisverfahren oder Festsetzung von Terminen für weitere Verfahren →Übergabe der Schriftstücke an die Kanzlei, begleitet von Rezessen des Prokurators Wenn ein festgelegter Termin durch eine Partei nicht wahrgenommen wurde, konnte eine Partei Ungehorsamsstrafe beantragen, Prüfung der Strafe bzw. Akzeptanz einer Entschuldigung. →Übergabe der Schriftstücke an die Kanzlei, begleitet von Rezessen des Prokurators
. + . Umfrage: Säumnisverfahren
Übergabe der Schriften aus der Kanzlei; Begutachtung, Beratung und Entscheidung über Interlokute, Endurteile, →Verkündigung siehe Audienz . Umfrage
Aufbewahrung, bei Bedarf Kompletur, Erstellung Register, Verteilung an Beisitzer nach Maßgabe des Kammerrichters
. Umfrage Weitere Prozesshandlungen mit Termin, in praefixis →Säumnisverfahren oder Festsetzung von Terminen für weitere Verfahren →Übergabe der Schriftstücke an die Kanzlei, begleitet von Rezessen des Prokurators
Übergabe der Schriften aus der Kanzlei; Begutachtung, Beratung und Entscheidung über Interlokute, Endurteile, →Verkündigung siehe Audienz . Umfrage
Übergabe der Schriften aus der Kanzlei; Begutachtung, Beratung und Entscheidung über Interlokute, Endurteile, →Verkündigung siehe Audienz . Umfrage
Senat Schreibstube
Kanzlei/Archiv
Audienz
Zeit ↓
Die Audienz
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
fünf Uhr den gerichtlichen Sachen beywohnen sollten.⁴⁷ Dieser Vorschlag beschäftigte die Kommission und das Gericht über Jahre. Die Prokuratoren, deren ständige Anwesenheit in der Audienz erwartet wurde, lehnten die Verlängerung der Audienz bis 17 Uhr ab, sie wollten noch advozieren d. h. Schriftsätze verfassen können,⁴⁸ obwohl gerade sie durch die langen Rezesse die Zeitnot mitverursachten.⁴⁹ Hinzu kam, dass die Prokuratoren in der Audienz auch die Prolongierung der Verfahren wegen Nichteinhaltung von Fristen ankündigen mussten. Da dies dauernd geschah, ging auch damit sehr viel Zeit verloren.⁵⁰ An Verbesserungsvorschlägen fehlte es auch hier nicht, wobei meist wenig effektive Maßnahmen vorgeschlagen wurden. So sollten die Urteile z. B. nur donnerstags ab 13 Uhr verlesen werden, um eine Straffung der Sitzungen zu erreichen.⁵¹ Letztlich blieb nur unumstritten, dass die Urteilsverkündung öffentlich sein müsse.⁵² Eine grundsätzliche Neugestaltung der Vorgehensweise in der Audienz wurde im Untersuchungszeitraum nie in Erwägung gezogen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Die Vorstellung einer öffentlichen Beteiligung im Gerichtsverfahren spielte wohl die entscheidende Rolle. Zudem hätte jeder größere Eingriff die Autonomie der Parteien bei der Übergabe der Schriftsätze beschnitten. Eine schwindende Akzeptanz des Gerichts hätte die Folge sein können; das wollte man wohl nicht riskieren. Es zeigt sich: Das zentrale Ereignis des Gerichts war die Audienz, in der sich die Reichsstände, die Untertanen und das Gericht unmittelbar begegneten. Hier fanden die Verkündigung der Urteile und die Übergabe der Schriftsätze sowie die Regelung der Termine in der Öffentlichkeit statt. Es war die Aufgabe der Visitation, Vorgaben zu machen, damit die Audienz effektiv gestaltet werden konnte. Dies wurde immer wieder versucht, allerdings nur mit mäßigem Erfolg, da die Visitatoren an der eigentlichen Struktur der Audienz nichts verändern wollten.
Die Kanzlei Nachdem die Schriftsätze in der Audienz übergeben worden waren, wurden sie in der Kanzlei gesammelt und bei Bedarf ausgegeben. Die Kanzlei war somit für den
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1565 – 1567. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1573. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1568. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1573. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1573. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1568.
Die Kanzlei
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Abb. 4: Cancellariae. Holzschnitt (1615) von Meister WS [15./16. Jh.] „Eigendtlicher Abriß und Beschreibung des Hochlöblichen Keyserlichen vnd des Heyligen Reichs Cammer Gerichts CANTZLEY zu Speyer / Wie solches in diesem 1615 Jahr bestellt.“ Exemplar: Staatsbibliothek zu Berlin / Preußischer Kulturbesitz / Handschriftenabteilung. Signatur/Inventar-Nr.: YA 4744 gr.
gerichtsinternen Aktenumlauf ⁵³ zuständig. Sie bildete eine selbständige Verwaltungseinheit im Gerichtsbetrieb und unterstand dem Mainzer Erzbischof als Reichserzkanzler, der auch aus diesem Grund eine der Schlüsselfiguren in der Reichs- und Verfassungsgeschichte ist.⁵⁴ Der Kanzlei war auch die Botenmeisterei angegliedert.⁵⁵ Forschungen zur Reichskammergerichtskanzlei gibt es nicht. Der letzte Versuch, sich ausschließlich mit der Reichskammergerichtskanzlei als Forschungs-
Der Begriff Kanzlei leitet sich von cancelli lat. Gitter, Schranken ab und bezeichnet ursprünglich einen Raum, der durch Gitter oder ähnliches von den vorstellig werdende Personen abgegrenzt war. Siehe hierzu Hochedlinger: Aktenkunde, S. 60. Smend: Das Reichskammergericht; Duchhardt: Kurmainz und das Reichskammergericht, S. 181– 217. Prange: Vom Reichskammergericht in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Hier finden sich Informationen zu Botenreisen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
gegenstand zu beschäftigen, stammt aus dem 18. Jahrhundert.⁵⁶ Das ist problematisch, denn auch die vorliegende Abhandlung kann dem Forschungsdesiderat der Untersuchung der Herrschaftspraxis durch Verwaltung in der Reichskammergerichtskanzlei nur sehr begrenzt nachkommen. Die Darstellung der Funktion der Kanzlei muss deshalb vollständig auf den Recherchen von Smend von 1911 aufbauen. Smend sah die Kanzlei des Gerichts als Fortsatz der Reichshofkanzlei an. Bei dieser Feststellung muss es bleiben, zumal die letzte Monographie zur Reichshofkanzlei von 1933 stammt.⁵⁷ Hier kann nur auf die Punkte eingegangen werden, die während der Visitation angesprochen wurden. Einige Eckdaten mögen jedoch der Orientierung dienen: Auf dem Augsburger Reichstag 1530 erhielt der Mainzer Kurfürst Albrecht von Brandenburg vom Kaiser das Recht der Bestellung, Verwaltung und finanziellen Nutzung der Reichskammergerichtskanzlei.⁵⁸ Im Streit um die Reformationsprozesse wollten die Protestanten 1542 dem Erzkanzler die Hoheit über die Kanzlei entziehen. Der Kaiser versuchte den Streit beizulegen, indem er verlangte, dass sämtliche Personen der Kanzlei als Glieder des Gerichts ihm schwören und dem Gericht unterworfen sein sollten. Die Stände bewilligten dies nur unter Vorbehalt.⁵⁹ Es kam aber nicht zur endgültigen Unterstellung der Kanzlei unter den Kaiser, denn in der Reichskammergerichtsordnung von 1555 blieb es bei der Hoheit des Erzkanzlers über die Kanzlei.⁶⁰ Die Kanzlei bestand aus dem Kanzleiverwalter, der im Rang dem Personal in den Kollegialbehörden gleichgesetzt war, und dem Personal, das das Protokoll führte, Konzepte herstellte, das Register führte, die anfallenden Schriften vervielfältigte und das Archiv verwaltete.⁶¹ 1570 bestand die Kanzlei aus 26 Personen: dem Kanzleiverwalter, drei Protonotarien, fünf Notaren, vier Lesern, vier Ingrossisten, acht Kopisten und einem Taxeinnehmer.⁶² Der Kanzleiverwalter, der ab 1530 von Kurmainz bestellt wurde, bewahrte im Auftrag der Kurfürsten die Gerichtssiegel und führte die Aufsicht über die Kanzleibeamten. Er musste juristisch gebildet und graduiert sein. Er nahm an den Heinz Duchhardt: Ein Dissertationsprojekt zum Reichskammergericht, in: Battenberg, Friedrich/Ranieri, Filippo (Hrsg.), Geschichte der Zentraljustiz in Mitteleuropa. Festschrift für Bernhard Diestelkamp zum 65. Geburtstag. Köln/Weimar/Wien 1994, S. 311– 316. Smend: Das Reichskammergericht, S. 326. Siehe auch Lothar Groß: Die Geschichte der Deutschen Reichshofkanzlei von 1559 – 1806. Inventare österreichischer staatlicher Archive V. Inventare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs. Wien 1933. Smend: Das Reichskammergericht, S. 313. Smend: Das Reichskammergericht, S. 316. RKGO 1555, Teil I, XXIV-XXXIII. Smend: Das Reichskammergericht, S. 319. Smend: Das Reichskammergericht, S. 320.
Die Kanzlei
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Plenarsitzungen des Gerichts, in denen über die Urteilsfindung beraten wurde, teil⁶³ und konzipierte deren Beschlüsse; darüber hinaus überwachte er die Ausfertigung der Urteile. Außerdem war er im 16. Jahrhundert beratend in den Gerichtsgeschäften tätig.⁶⁴ Im Rang stand der Kanzleiverwalter über den Beisitzern, während die Subalternen der Kanzlei zur Klasse der gelehrten Stadtschreiber und zur Klasse der höfischen Beamten zu rechnen sind. Zeitweise gab es adelige Protonotare, wie z. B. Ulrich von Varnbüler.⁶⁵ Im 16. Jahrhundert war die Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit des Gerichts über die Kanzlei unbestritten. Die Kanzlei war finanziell unabhängig vom Gericht, privatwirtschaftlich fundiert und besaß eigene Taxeinkünfte.⁶⁶ In der Praxis gestaltete sich das Verhältnis von Kanzlei und Gericht schwierig. Auch das Verhältnis zur Visitationskommission war zeitweise gespannt. So war die Frage, ob die Visitation des Gerichts sich auch auf die Kanzlei erstreckte, umstritten. 1556 baten die Mainzer Visitatoren ihre Kollegen, die Visitation der Kanzlei aufzusparen, da ein Leser die Zusammenarbeit mit einer Mainzer Verhörkommission verweigert habe. Da der Verwalter bereits ein Jahr zuvor verschiedene Mängel entdeckt habe, die er jedoch in der Kürze der Zeit nicht habe abstellen können, hielt die Mainzer Kommission eine erneute Überprüfung der Kanzlei durch die Visitationskommission für überflüssig. Sie befürchtete, dass dies Schule machen könne und beauftragte die Reichskammergerichtsvisitation dafür zu sorgen, dass die Kanzlei dem Erzkanzler unterstellt bliebe und auch seine Beauftragten Befragungen durchführen könnten.⁶⁷ Schließlich konnte der Verwalter mit Hilfe des Erzkanzlers die Angelegenheit klären.⁶⁸ Diese Quelle zeigt deutlich, dass die Kanzlei zusätzlich zur Visitationskommission noch von einem weiteren Mainzer Gremium überprüft wurde, welches eng mit der eigentlichen Visitationskommission zusammenarbeitete. Näheres hierzu ist nicht bekannt. Ein ständiger Punkt der Beschwerde der Beisitzer und Prokuratoren war die An- beziehungsweise Abwesenheit des Kanzleipersonals bei den verschiedenen Sitzungen des Gerichts. So wurde in der Visitation 1559 verfügt, dass der Kanzleiverwalter und alle Angehörigen der Kanzlei sich jederzeit im Rat, also bei den
Plenarsitzungen sind eine Art Vollversammlung des Gerichts, um interne Angelegenheiten zu beraten. Smend: Das Reichskammergericht, S. 321. Smend: Das Reichskammergericht, S. 322 f. Smend: Das Reichskammergericht, S. 324 f. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 8, 8. Mai 1556. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 8, 1556.
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Sitzungen der Beisitzer, und im Archiv aufhalten dürften.⁶⁹ Eine Erlaubnis, die von dem Kammerrichter und den Beisitzer so nicht akzeptiert wurde,⁷⁰ da sie um die Geheimhaltung der Gerichtsgeheimnisse fürchteten. Umgekehrt wollte das Kanzleipersonal die Kanzlei vor unliebsamen Besuchern schützen. Maximilian II. legte 1573 großen Wert darauf, dass die Zimmer der Kanzlei besser verschlossen werden sollten, damit sich dort keine fremden Personen aufhalten könnten.⁷¹ 1575 konkretisierte Maximilian II. sein Anliegen, indem er den Aufenthalt von Fremden und Hausgesinde in der Kanzlei verurteilte und verbot.⁷² Problematisch war auch die Hinzuziehung der Notare und Protonotare aus der Kanzlei bei Beweiskommissionen. Diese gingen oft weit entfernt von Speyer ihrer Tätigkeit nach, die manchmal sehr lange dauerten. So legten die Visitatoren in den Jahren 1563 bis 1564 fest, dass Notare und Protonotare der Kanzlei so stark im Rat und in den Audienzen beansprucht würden, dass ihnen nur noch erlaubt werde, Beweiskommissionen innerhalb der Stadt Speyer wahrzunehmen. Nur wenn es keinen weiteren Hinderungsgrund gäbe und die Audienzen und Räte mit Personal gut bestückt seien, sollten sie an Kommissionen teilnehmen dürfen.⁷³ Streitigkeiten, die die Visitatoren ständig beschäftigten, drehten sich um die Erhebung und Eintreibung der Taxgebühren, die die Kanzlei erhob, sowie um die Einmischung des Erzkanzlers in die Angelegenheiten der Gerichtskanzlei. Hier reagierten die Visitatoren sehr vorsichtig. Grundsätzlich fanden sie, dass es zu viel Zeit koste, um die Beschwerden wegen der Kanzleitaxe genau zu analysieren. Sie erteilten deshalb dem Kammerrichter entsprechende Instruktionen, um dieser Praxis Einhalt zu gebieten.⁷⁴ Anscheinend reichte dies jedoch nicht aus. So verlangte Rudolf II. 1581, dass die Visitatoren den Streit zwischen dem Kollegium und der Kanzlei beenden sollten. Er wollte einen Kompromiss, forderte aber, dass die Beisitzer in dieser Angelegenheit etwas leidlicher als andere gehalten werden ⁷⁵ sollten. Anscheinend hatte der anhaltende Widerstand der Beisitzer seine Wirkung getan.
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1558. Pedellen war dies z. B. ausdrücklich nicht erlaubt. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 325b, 1586. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1558. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a. Schreiben Maximilians II. 22. Juni 1573; siehe auch im Visitationsprotokoll ÖStA HHStA Wien MEA RKG 28. Memorial an Hegenmüller. 23. März 1572. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a. Schreiben an die Stadt Speyer. 13. Februar 1574. In der Reichshofkanzleiordnung wurde dies bereits 1559 verboten. Hochedlinger: Aktenkunde, S. 60. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1563 – 1564. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1579. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1581.
Aktenumlauf, Registratur, Ratssitzung und Schreibstube
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Aktenumlauf, Registratur, Ratssitzung und Schreibstube Beantragten beide Parteien in der Audienz schließlich, dass die Klagesache entscheidungsreif sei, wurden die Schriftstücke, die im Laufe der Zeit in der Audienz übergeben worden waren, von den Lesern aus dem Archiv geholt. Die Schriftsätze teilte der Kammerrichter dann einem Beisitzer zur Bearbeitung zu. Die Entscheidung, welcher Beisitzer gewählt wurde, war allein dem Kammerrichter vorbehalten. Die Möglichkeiten der freien Wahl des Beisitzers, die sich dem Kammerrichter boten, sollten nicht unterschätzt werden. Vor allem Sollizitanten versuchten hier, Einfluss zu nehmen. Ob sich die einzelnen Kammerrichter davon beeindrucken ließen, lässt sich aus den gesichteten Quellen nicht klären. In den Protokollen der Visitationskommission war dies kein Thema, was aber mündliche Absprachen nicht ausschließt. In den Beständen der Reichshofkanzlei ist ebenfalls nichts überliefert. Bei umfangreichen oder rechtlich schwierigen Prozessen ernannte der Kammerrichter nicht nur einen Referenten, sondern auch einen Korreferenten.⁷⁶ Referent und Korreferent erhielten die Akte ausgehändigt, um dann am häuslichen Arbeitsplatz ein Gutachten auszuarbeiten, das anhand der Akten die Sach- und Rechtslage eines Streitfalles aufbereitete.⁷⁷ Ein solches Gutachten, zeitgenössisch Relation genannt, war oft sehr umfangreich: Der erste Teil dieses Gutachtens bestand aus einem Sachbericht, der die Tatsachen referierte, die nach den Akten zu prozessualen Auseinandersetzungen führten. Hinzu kamen die Aufzählung der verschiedenen Verfahrensstationen in den vorangegangenen Instanzen sowie im Appellationsverfahren und die summarische Wiedergabe der Parteischriften. Darauf beruhte das eigentliche Gutachten, das den Prozessstoff in rechtlicher Hinsicht würdigte. In diesem zweiten Abschnitt wurde auch die Klagegrundlage diskutiert. Danach prüfte der Referent, ob die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen auch bewiesen wurden. Das gleiche Verfahren wurde beim Beklagten angewandt. Zum Schluss schlug der Referent ein Urteil vor.⁷⁸ Der Vortrag der Relation geschah in den Ratsstuben im Ratshof in Speyer, in dem sich die übrigen Beisitzer eines Senats versammelt hatten. Diese Sitzungen waren geheim. Es sollte nicht bekannt werden, wer referierte und wer dem entsprechenden Senat angehörte. Nach dem Vortrag des Referenten oder auch des Korreferenten fragte der Senatsvorsitzende jeden Beisitzer nach seinem Votum. Je nach Fall wurde darüber heftig diskutiert. Für das Urteil war eine Mehrheitsent Diestelkamp: Von der Arbeit des Reichskammergerichts, S. 118. Anette Baumann (Bearb.): Gedruckte Relationen und Voten des Reichskammergerichts vom 16. bis 18. Jahrhundert. Ein Findbuch (QFHG 48). Köln/Weimar/Wien 2004, S. 2. Baumann: Relationen und Voten, S. 3
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
scheidung zwingend. Bei den Urteilen ging es aber nicht immer um ein abschließendes Urteil. Weitaus häufiger waren sogenannte Interlokute oder Zwischenurteile; Bescheide, die das Verfahren fördern sollten. Mit Hilfe eines Beweisinterlokuts wurde z. B. entschieden, ob eine Kommission eingesetzt werden sollte oder nicht. Gegen das endgültige Urteil konnte schließlich Revision eingelegt werden. Die Visitatoren untersuchten nicht nur die Kanzlei als Behörde. Sie erkundigten sich auch nach dem Aktenumlauf. Zuerst galt es, die Handhabung der Akten in der Audienz, dem zentralen Schnittpunkt zwischen Öffentlichkeit und Gericht, zu analysieren und den jeweiligen gegenwärtigen Erfordernissen anzupassen.Wir haben davon bereits gehört.Weiteres Untersuchungsinteresse bestand in der internen Verwaltung der Akten. Hier legte man besonderes Gewicht auf die Geheimhaltung der Referenten. Die Öffentlichkeit und vor allem die Mandanten sollten nicht erfahren, welcher Richter in welchem Prozess das Urteil sprach.⁷⁹ Zentrale Orte, und mit Blick auf die Gefahr des Geheimnisverrates auch gefährliche Orte der Aktenbearbeitung, waren die Ratsstuben der Senate im Ratshof, die häuslichen Schreibstuben der Beisitzer und das Archiv als endgültiger Aufbewahrungsort der Akten. Hinzu kamen Audienz und Plenum. Zwischen allen diesen Orten musste eine sichere, schnelle und lückenlose Bereitstellung der Akten für die Beisitzer, aber auch für die Prokuratoren, gewährleistet sein. Letztlich sollten alle beschlossenen Maßnahmen bezüglich des Aktenumlaufes dazu dienen, das Verfahren zu beschleunigen und Geheimniswahrung zu gewährleisten.⁸⁰ Dies hing nach Meinung der Visitatoren zu einem erheblichen Teil von der gut funktionierenden Aktenverwaltung ab. Über die Verwaltung des Schriftgutes am Reichskammergericht ist so gut wie nichts bekannt. Auch die neuere Literatur⁸¹ folgt hier nach wie vor Rudolf Smend, der einen idealtypischen Verwaltungsgang beschrieb. Smend übersah aber, dass in 300 Jahren Gerichtsexistenz mit Veränderungen in diesem Bereich zu rechnen sind bzw. vieles dafür spricht, dass sich erst nach der festen Ansiedlung in Speyer ein Aktenlauf in der Behörde überhaupt erst herausbilden konnte.⁸²
Z. B. 1550 ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 7, 1550. Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter, S. 157, S. 162 f und S. 165. nennt Senat, Audienz, häusliches Arbeitszimmer und Plenarsitzungen als die entsprechenden Räume. Die Plenarsitzungen werden in den Visitationen kaum erwähnt. Ihre konkrete Verortung ist unklar. Z. B. Diestelkamp: Von der Arbeit des Reichskammergerichts. Siehe hierzu Prange: Vom Reichskammergericht in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, S. 55, der genau das bemängelt. Dick beschreibt ja nur den Umlauf nach der RKG-Ordnung von 1555. Dick: Kameralprozess.
Aktenumlauf, Registratur, Ratssitzung und Schreibstube
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Zentrales Instrument für die Verortung der einzelnen Produkte oder Schriftsätze und schließlich der gesamten Akte waren die Register. Ihnen galt das besondere Augenmerk der Visitatoren. Mit Hilfe der Register wurden die Aus- und Eingänge der einzelnen Schriftsätze, die eine Akte bildeten, verzeichnet. Es entstand eine Buchregistratur, die immer mehr erweitert wurde. Die Kanzlei musste mit Hilfe der Register das anwachsende laufende Schriftgut bewältigen und in das Archiv überführen.⁸³ Register wurden an verschiedenen Stellen angelegt, u. a. bei der Herausgabe der Akten zur Urteilsfindung. Die Verteilung der Akten zu diesem Zweck wurde in zwei Registern festgehalten, die die Leser der Kanzlei nach der Vergabe der Akten durch den Kammerrichter erstellten. Ein Register blieb beim Leser in der Kanzlei, das andere erhielt der Kammerrichter.⁸⁴ Darin sollte nach Wunsch der Visitationskommission das Ausgabedatum verzeichnet sein, damit der Kammerrichter den entsprechenden Referenten nach bestimmten Fristen mahnen konnte. 1577 waren für Interlokute acht bis 14 Tage vorgesehen und für Definitivurteile drei bis fünf Monate, als Maximum wollten die Visitatoren sechs Monate veranschlagen.⁸⁵ Mit der Einhaltung der Fristen meinte man es durchaus ernst: So forderte Kaiser Rudolf II. die Visitatoren dazu auf, die Häuser und Wohnungen der Beisitzer, die sich um die Bearbeitung der Fälle drückten, zu durchsuchen, um die dort gehorteten Akten festzustellen. Hierzu sollte der Leser ein Register anfertigen, das auch die Bearbeitungszeiten berücksichtigte;⁸⁶ eine Forderung, die bereits in den 1530er Jahren erhoben worden war.⁸⁷ Die an die Referenten ausgegebenen Akten zirkulierten zwischen zwei konkreten Orten: In der Schreibstube des jeweiligen Referenten⁸⁸, der dort seine Gutachten oder Relationen vorbereitete, und in der Ratsstube bei Gericht, wo er den Fall seinen Kollegen vorstellte, um zu einem Zwischen- oder Endurteil zu gelangen. Hier gab es die verschiedensten Gefahren für die Akten und ihren Inhalt, die es schon im Vorfeld zu vermeiden galt. So ermahnten die Visitatoren die Beisitzer ernsthaft, die Akten vor den Dienern und dem Hausgesinde in gutter geheim verwarung zu halten, damit die partheien und procuratores nit erfaren mogen, wer die Referenten seyen. ⁸⁹ Die Akten sollten auch keinesfalls nach den Beratungen in der Ratsstube einfach auf der Bank liegen gelassen, sondern mit
Hochedlinger: Aktenkunde, S. 61. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1531– 34. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 1577. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 1577. ÖSTA HHStA Wien RKGVA 316, 1531– 1534. Ludwig: Verwaltung als häusliche Praxis, S. 191. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1531– 1534.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
nach Hause genommen und dort gelesen werden.⁹⁰ Dabei erfahren wir auch etwas über die Funktion der Ratsstube als Sitzungszimmer, denn dort wurden wichtige Informationen zur Rechtsprechung ausgelegt oder -gestellt. Von den Appellationsprivilegien, die dort ausgehängt werden sollten, wurde schon gesprochen, auch die Visitationsabschiede sollten in Form von tabulas angefertigt werden, damit sie in der Ratsstube aufgehängt würden, und so einem ieden zum gedechtnus für augen gestellt werden.⁹¹ Die Urteile wurden ebenfalls in Register eingetragen. Insgesamt gab es drei Urteilsbücher.⁹² Weitere Register entstanden, wenn die Akten an die Prokuratoren ausgegeben wurden.⁹³ Hinzu kam ein Register über Strafgelder gegen Arme, die in der Audienz verhängt wurden und das den Visitatoren vorgelegt werden sollte, damit sie die Einziehung überwachen konnten.⁹⁴ Was es damit auf sich hat, ist bis jetzt nicht bekannt. Zusätzliche Register wurden über die Kuratoren und Minderjährige erstellt, um so die Rechnungslegung der Vermögensverwalter des Mündels überprüfen zu können.⁹⁵ Besonders wichtig waren auch die Register des Fiskals, die regelmäßig mit denen des Pfennigmeisters abgeglichen wurden.⁹⁶ Der Verbleib der Akten nach den gehaltenen Relationen durch die Beisitzer wurde ebenfalls mit Hilfe von Registern überwacht. Die Akten sollten nun schnell und ohne den Verlust von Produkten in das Archiv gelangen. Außerdem sollte der Kammerrichter über die Rückgabe informiert werden.⁹⁷ Die Annahme- und Abgabepraktiken der Akten verliefen selten störungsfrei. Saumseligkeit und Schlamperei waren nur wenige von vielen Gründen. Auch Personalstreitigkeiten konnten den Aktenfluss erheblich stören. So beschwerte sich der Kanzleiverwalter Visch 1556 darüber, dass die Leser ihm keine Auskunft darüber erteilen wollten, welche Akten an welche Personen verteilt worden waren. Den Hintergrund bildete die vergebliche Suche nach den verschwundenen Akten des Beisitzers Wiguleus Hundt⁹⁸, der das Gericht für andere berufliche Aufgaben verlassen hatte. Die Leser fühlten sich durch Visch massiv in ihrer Ehre als custodes actorum verletzt.⁹⁹ Sie behaupteten, die Akten wären nicht verlegt, und auch ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 1556. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 18. Mai 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 14a, 1560. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 1557. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1568. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 25, 1568. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1568. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 1556. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 8, 1556. Zu Wiguleus Hundt zu Lautterbach, siehe auch Leonhard Lenk: Wiguleus Hundt zu Lautterbach. In: NDB 10, 1974, S. 64– 66. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 8, 1556.
Aktenumlauf, Registratur, Ratssitzung und Schreibstube
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nicht mangelhaft geführt worden. Akten der ersten Instanz gingen zudem nicht verloren und beschlossene Sachen würden zügig übergeben. Den Lesern kam auch in anderer Hinsicht eine entscheidende Rolle zu. Sie wurden dazu angehalten, den Beisitzern keine Protokolle, Akten und Präjudizien auszuhändigen, ohne die Präsidenten und den Kammerrichter darüber zu informieren.¹⁰⁰ Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Register besaßen eine doppelte Funktion. Sie dienten einerseits dem Gericht dazu, die Produkte und Akten zu verwalten, andererseits waren es auch Überwachungsinstrumente für die Kammerrichter und Visitatoren.
Das Archiv Der dritte Standort, in dem die Akten verwahrt und verwaltet wurden, war das Archiv, das wiederum ein Teil der Kanzlei war. Die Visitatoren befassten sich intensiv mit dem Archiv und kümmerten sich detailliert um die Einteilung und Aufbewahrung der Akten. So verfügte die Visitation, dass die Akten nach den Streitgegenständen sortiert werden sollten. Während alle erstinstanzlichen Verfahren, alle sachen fisci mandatorum fractae pacis, Vergewaltigungen und Entsetzung der geistlichen und weltlichen aller mererthyll irer gutter narung possession gerichtigkeit und herkommens etc. … im ersten Gewelb ¹⁰¹ aufbewahrt werden sollten, sollten die Appellationen – wohl auch wegen ihres größeren Umfangs – im zweiten Gewölbe lagern.¹⁰² Jedes Gewelb sollte von zwei Lesern beaufsichtigt werden. Neben der korrekten und sicheren Aufbewahrung der Akten sorgte sich die Visitationskommission auch um die Sicherung und den Verbleib des Archivs im Kriegsfall. Ein Beispiel hierfür ist der Krieg des Albrecht Alcibiades: Von 1552 bis 1554 zog Albrecht Alcibiades im zweiten Markgrafenkrieg durch Süddeutschland und plünderte die Umgebung und Teile Speyers. Ein Umstand, der das Gericht und die Visitation sehr beunruhigten. Es wurden verschiedene Maßnahmen diskutiert, die das Gericht, vor allem aber die Akten, betrafen. So ersuchte der damalige Kammerrichter von Zimmern Kaiser Karl V. die Stadt Speyer zu bitten, dafür zu sorgen, dass die Akten und Protokolle geschützt würden. Auch die Prokuratoren sollten bei der Sicherung ihrer Akten durch die Stadt unterstützt
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 25, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1531– 1534. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 24. März 1531.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
werden.¹⁰³ Außerdem erörterten Kammerrichter und Kaiser das künftige Verfahren der Aktensicherung in Kriegszeiten. So verfügte Karl V., dass der Vorsteher der Kanzlei, der Kammerrichter und die Beisitzer für die sichere Unterbringung der Akten und des Protokolls zuständig seien. Im konkreten Fall, der Bedrohung durch Albrecht Alcibiades, ordnete Karl V. an, dass die Akten nach Straßburg gebracht werden sollten.¹⁰⁴ Daran anknüpfend, verhandelte die Visitation darüber, ob es dem Kammerrichter und den Beisitzern zukünftig allein obliegen sollte, zu entscheiden, ob das Gericht mitsamt den Akten fliehen dürfe.¹⁰⁵ Da die Gefahr so bald nicht vorüber war, diskutierten Kamerale und Kaiser im Vorfeld der Visitation von 1554 zusätzlich über die Verlegung des Gerichts nach Köln, da die Kameralen einen direkten Angriff Speyers befürchteten. Karl V. fragte bei der Stadt Köln an, eine schnelle Antwort Kölns blieb jedoch aus.¹⁰⁶ Schließlich wurde die Angelegenheit zwischen den beiden Brüdern Karl V. und Ferdinand I. geregelt. Karl beschwor seinen Bruder, ihn bei der Erhaltung des Gerichts zu unterstützen: Das Gericht sollte schließlich nach Esslingen umziehen, allerdings waren die Kosten hierfür nicht gesichert. Dies sollte auch auf dem künftigen Reichstag geklärt werden.¹⁰⁷ Pläne für die Durchführung des Umzugs nach Esslingen standen bereits fest: Der Kurfürst von der Pfalz und der Herzog von Württemberg sollten Akten und Protokolle sicher durch ihre Territorien leiten.¹⁰⁸ Das Archiv zeigt sich hier als ein besonders gefährdeter Ort, dem allerhöchstes Interesse seitens der Visitationskommission, des Gerichts und des Kaisers sicher war. Denn die Unversehrtheit der Akten war das Herz der Rechtsprechung des Reiches. Wenn das Archiv von innen oder außen bedroht war, musste zu ungewöhnlichen Maßnahmen gegriffen werden.¹⁰⁹
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, Bitte des Kammerrichters vom 1. April 1552, Antwort durch Karl V. am 5. April 1552. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, 1552. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, 1552. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, 8. Mai 1554. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319b, 8. April 1555. Das Gericht müsse der gepür nach geschützt, geschirmt und unterhalten werden. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319b, 1555. Siehe hierzu auch Markus Friedrich: Die Geburt des Archivs. Eine Wissensgeschichte, München 2013, S. 186.
Der Kampf mit der Zeit oder die Mängel des Verfahrens
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Das Plenum Eine Versammlungsart, die nur das Reichskammergerichtskollegium umfasste, und die ebenfalls Akten produzierte, war das Plenum.¹¹⁰ Es ist nicht klar, in welchen Räumen es stattfand. Das Plenum war der Ort, an dem das gesamte Kameralkollegium aus dienstlichen Gründen zusammentrat.¹¹¹ Hier wurden Angelegenheiten behandelt, die das Justizwesen direkt betrafen. Es handelte sich um spezielle Rechtsstreitigkeiten, Fragen der Senatsbildung oder -änderung, Gesuche über Richterablehnung bzw. die Verlesung der Urteile, die später in der Audienz nochmals öffentlich verlesen wurden. Hinzu kam die Gesetzgebung des Gerichts, u. a. in Form der Gemeinen Bescheide. Ein weiterer Punkt betraf die Beziehungen des Gerichts zu Kaiser und Reich. Im Plenum wurden die Präsentationen der Beisitzer verhandelt sowie das Verhältnis zur Reichsstadt Speyer und zu den benachbarten Territorien diskutiert. Im Plenum wurde auch die Prüfung der neuen Beisitzer, Advokaten und Prokuratoren durchgeführt, wobei hier die Modalitäten wechselten.
Der Kampf mit der Zeit oder die Mängel des Verfahrens Wie bereits deutlich gemacht wurde, war die Sicherheit und Schnelligkeit des Aktenumlaufes eng an das Gerichtsverfahren gekoppelt. Es muss ausdrücklich betont werden, dass dies in weiten Teilen durch die Prozessparteien und nicht durch das Gericht selbst bestimmt war.¹¹² Erst die Urteilsfindung mit den Gutachten und Voten sowie den Zwischen- oder Endurteilen geschah – jedenfalls im Idealfall, wenn die Geheimhaltung des Referenten gelang – ohne die Beteiligung der Parteien. Es ist deshalb unerlässlich, in einem weiteren Schritt die möglichen Handlungsoptionen der Parteien im Gerichtsverfahren genauer zu erläutern, um so einerseits die Komplexität des Verfahrens erneut vor Augen zu führen und andererseits die Schwierigkeiten der Visitationskommission aufzuzeigen, eine effektive Arbeitsweise am Gericht überhaupt durchzusetzen:
Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter, S. 162 ff. Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter, S. 161 ff. Siehe hierzu auch Barbara Stollberg-Rilinger: Einleitung, in: Stollberg-Rilinger, Barbara; Krischer, André (Hgg.): Herstellung und Darstellung von Entscheidungen. Berlin 2010, S. 9 – 34, S. 27.
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Die Orte der Arbeit oder die Suche nach einer effizienten Arbeitsweise
Das Reichskammergericht hatte die artikulierte Klageerhebung aus dem römisch-kanonischen Prozess übernommen.¹¹³ Der Klagestoff wurde in streng abgegrenzten Behauptungen aufgegliedert, damit die zwischen den Parteien streitigen und nicht streitigen Tatsachen nach der Beantwortung der Artikel durch den Beklagten leicht getrennt werden konnten. Der Artikelprozess diente zur Vorbereitung des Beweisverfahrens, indem die vom Beklagten verneinten Artikel der Kläger bewiesen werden mussten und umgekehrt.¹¹⁴ Über die Zulässigkeit der Formulierung der Artikel in der konkreten Form konnte durch die Parteien gesondert verhandelt werden, was viele Möglichkeiten der Prozessverzögerung bot, und das Verfahren zerfasern konnte. Außerdem konnte der Kläger, da von ihm keine zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung eingefordert wurde, den Sachverhalt durch Weglassung oder Hinzufügung von Artikeln verändern. Der Beklagte besaß dagegen nur die Möglichkeit, die Zulässigkeit der Artikel anzugreifen.¹¹⁵ Dabei gab es im Untersuchungszeitraum unterschiedliche Vorgehensweisen: Zwischen 1521 und 1555 war eine Durchführung eines einheitlichen Beweisverfahrens nach Abschluss der gegenseitigen Beweisvorträge üblich.¹¹⁶ Ab 1555 führte das Gericht nach jeder bestrittenen Äußerung ein eigenes Beweisverfahren durch. Das bedeutete, dass der Prozess durch die Reihenfolge der Termine, die bis zu viermal verlängert werden konnten, ohne definitives Ende blieb. Eine Zusammenfassung der Behauptungen durch einen Urteiler mit anschließender richterlicher Bestimmung der beweisrelevanten Tatsachen fehlte. Die Visitationskommission wollte wohl in der Wahl dieser wenig effizienten Methode gewährleisten, dass allein die Parteien, entsprechend der am Reichskammergericht durchgeführten Dispositionsmaxime¹¹⁷, die zu beweisenden Tatsachen auswählten.¹¹⁸ Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beklagtenvortrag sich in drei Teile gliederte. Es gab erstens die dilatorischen Einreden¹¹⁹, zweitens die Klageerwi-
Dick: Kameralprozess, S. 122 ff und S. 139 ff. Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung. 2. neubearb. Auflage, Göttingen 1967, S. 185 ff. und Peter Oestmann: Artikel Artikelprozess. In: HRG, Bd. 1, 2. Lieferung, 2005, Spalte 313 – 314. Dort weitere Angaben. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 79. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 80. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 83. Dispositionsmaxime: im Zivilprozess bestimmen allein die Parteien den Prozessverlauf. Wolfgang Sellert: Prozeßgrundsätze und Stilus curiae am Reichshofrat, Aalen 1973, S. 294. Dilatio bedeutet Aufschub. Siehe hierzu Dick: Kameralprozess, S. 154 f. Bei der dilatorischen Einrede wandte sich der Beklagte gegen die Pflicht zur Sacheinlassung. Hierzu gehörten alle die Zuständigkeit des Gerichts betreffenden Einreden und alle weiteren Zulässigkeitseinreden.
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derung und drittens die peremptorischen Einreden¹²⁰. Auch hier bestanden verschiedene Möglichkeiten, den Prozess in die Länge zu ziehen, zumal der nächste Prozessabschnitt nicht vor der Beendigung des vorangegangenen begonnen werden durfte.¹²¹ Der Grundsatz der Eventualmaxime¹²² stand dem zwar entgegen, wurde jedoch am Reichskammergericht nur zwischen 1570 und 1594 praktiziert.¹²³ Es zeigt sich an diesen Praktiken deutlich, dass letztlich der Visitationskommission mehr an der Beteiligung aller Parteien am Konfliktlösungsprozess als seiner effizienten Durchführung gelegen war. Der Prozess wurde zudem in einzelne Verfahrensabschnitte in Form von Terminen aufgeteilt. Das zeitliche Gerüst des Terminsystems konnte aber nur funktionieren, wenn innerhalb bestimmter Fristen auch tatsächlich das Vorbringen neuer Tatsachen abgeschlossen worden war. Die Verlängerungen der Fristen blieben jedoch die Regel. Bis 1570 galt zudem, dass erst nach der Setzung eines fünften Termins die Präklusionswirkung¹²⁴ wegen Säumnis in Kraft trat.¹²⁵ Hinzu kam, dass man die Fristen nicht unbedingt beachten musste: So konnten die Parteien die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Vorlegung wichtiger Gründe verlangen oder eine Aneinanderreihung der Fristen etc. in Anspruch nehmen. Nach Meinung von Götte zeigt sich hier die Angst des Gerichts vor der Beendigung einer Prozesshandlung und des Prozesses selbst. ¹²⁶ Man kann dies aber auch so interpretieren, dass die Visitation, um Frieden zu wahren, die Parteien so lange wie möglich am Prozessgeschehen beteiligen wollte. Eine Konfliktlösung sollte gemeinsam mit den Parteien gefunden werden. Letztlich verzögerte aber gerade dieser Umstand das Verfahren.¹²⁷
Mit den peremptorischen Einreden wandte sich der Beklagte gegen die Begründetheit der Klage und suchte eine Verurteilung abzuwenden. Dick: Kameralprozess, S. 156 f. Dick: Kameralprozess, S. 112 ff. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 85, siehe vor allem auch Fußnote 28. Definition: Eventualmaxime: Angriffs- und Verteidigungsmittel dürfen nur in einem bestimmten Prozessabschnitt vorgebracht werden. Siehe hierzu auch ausführlich Dick: Kameralprozess, S. 112 ff. Sellert: Stilus curiae, S. 259. Sellert sieht den Grund in der Abschaffung von 1594 in der Trennung der Zuständigkeitseinreden vom übrigen Verteidigungsmaterial, wie dies z. B. bei Appellationsprivilegien oder Austrägalgerichten der Fall gewesen sei. Präklusion bedeutet Ausschluss bestimmter Rechtshandlungen oder Rechte. Siehe hierzu Dick: Kameralprozess, S. 73. RKGO 1555, Teil 3 Titel 10 §§ 4– 8. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 89. Siehe hierzu auch allgemein die Rolle von Ritualen. Stollberg-Rilinger: Einleitung Verfahren, S. 27.
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In der Forschung wird die These vertreten, dass ein zu großes Maß an formal gesetzter Autonomie sich unter vormodernen Bedingungen womöglich dysfunktional auswirken und das Leistungsvermögen eines Verfahrens gerade beeinträchtigen konnte ¹²⁸. Das erscheint dem heutigen Betrachter so. Das Vorgehen der Visitationskommission zeigt aber, dass ihr diese Denkweise fremd war. Vielmehr handelte es sich um eine andere Zielsetzung: Es galt, Frieden im Reich zu wahren. Effizienz wurde diesem Ziel bedenkenlos untergeordnet. Insoweit erscheint es hier unangebracht, von Dysfunktionalität zu sprechen. Das Dilemma zwischen Beteiligung der Parteien und Effizienz des Verfahrens war den Visitatoren bewusst. Deshalb lag das Augenmerk der Visitatoren neben der Schnelligkeit des Verfahrens auf der Korrektheit des Verhaltens der Parteien und ihrer Vertreter. Vorschläge für geeignete Maßnahmen durch die Visitation fehlten nicht. Eingriffsmöglichkeiten bestanden besonders an der Schnittstelle der Übergabe der Parteischriften durch die Prokuratoren in der Audienz: So sollten die Prokuratoren ihre Reden bei der Übergabe der Schriften beschränken, und die Beisitzer beim Referieren darüber berichten, ob die Rezesse der Prokuratoren korrekt und zügig ausgeführt worden waren, um so ein Disziplinarmittel – auch für die Parteien – in der Hand zu haben.¹²⁹ Letztlich erkannte man aber, dass auf Grund des zeitlichen Abstandes zwischen Rezess und Bearbeitung der Akten durch die Referenten eine Bestrafung der Parteien auf diese Art nicht funktionierte. Ein weiterer Versuch bestand darin, dass die Protonotare die Rezesse in der Audienz notieren sollten und die Beisitzer Prokuratoren nach einer Prüfung und im Falle unkorrekter Ausführung am nächsten Tag mit einer Gebühr bestrafen sollten. Außerdem sollte der zu lange Rezess beim Kompliren der Akten vermerkt werden, so dass der Assessor beim Referieren später noch einmal darauf Bezug nehmen konnte.¹³⁰ Es ist nicht bekannt, ob man dieses Verfahren überhaupt praktiziert hat oder es bei den theoretischen Überlegungen blieb. Eine weitere Maßnahme sah vor, den Prokuratoren zu befehlen, bei ihren Rezessen einfach die Titel der Prozessparteien wegzulassen, so würde man we-
Stollberg-Rilinger: Einleitung Verfahren, S. 20. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1563 – 1564. Die Rezesse wurden durch die Prokuratoren in einer bestimmen Reihenfolge gehalten. Hintergrund hierfür war, dass die anhängigen Verfahren in einzelne Klassen eingeteilt wurden. Innerhalb dieser Klassen durfte immer der dienstälteste Prokurator zuerst seine Rezesse halten. Götte, Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 70 f. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322b, 1578.
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nigstens etwas Zeit sparen.¹³¹ Mit dieser Methode wollte die Kommission wenigstens die Symptome mildern. Das größte Hindernis für eine zügige Durchführung des Prozesses stellte nach Meinung der Visitationskommission die Terminordnung mit den direkten Einwirkungsmöglichkeiten der Parteien dar, vor allem das in der fünften und sechsten Umfrage behandelte Säumnisverfahren. Diese Umfragen galten als Präjudizialtermine, das bedeutete, dass nach dem Versäumen eines Termins die entsprechende Handlung ausgeschlossen war. Allerdings bestand innerhalb des Beweisverfahrens die Möglichkeit einer viermaligen Fristverlängerung. Problematisch war dabei die Mitarbeit des Beklagten. Reagierte dieser nicht, konnte der Kläger in die einseitige Verfahrensdurchführung gehen. Dann musste der Kläger allein alle Verfahrensstadien bis zum Schlussantrag durchlaufen. Das bedeutete konkret, dass die Reichskammergerichtsordnung den Parteien auf jeder Prozessstufe die größtmögliche Freiheit und damit auch die Verzögerung und Verlangsamung des Prozesses gewährte.¹³² Selbst wenn der Beklagte den Prozess überhaupt nicht aufnahm, konnte der Kläger aber bei der einseitigen Durchführung des Verfahrens nicht immer mit einem positiven Urteil rechnen. Grund hierfür war, dass die Rechtslage und die Bescheinigung der Behauptungen selbständig geprüft wurden. Ein solches Säumnisverfahren konnte sich über viele Jahre hinziehen.¹³³ Schließlich drohten dem Beklagten Acht und Aberacht.¹³⁴ Das wussten auch die Visitatoren und versuchten, mit zahlreichen Gegenmaßnahmen dem entgegenzuwirken. Dabei mahnten sie das Gericht, dass die Säumnis gebürlich ernst und mit vleiß … anzuwenden schuldig sei ¹³⁵. Einen Schwerpunkt bildete dabei die Praefigurirung Terminorum, also die Festsetzung bestimmter Fristen, die sehr unterschiedlich gehandhabt und oft die praktischen Gegebenheiten, wie z. B. räumliche Entfernungen, überhaupt nicht erwogen. Die Visitatoren ermahnten deshalb Kammerrichter und Beisitzer, die Vergabe der Termine nach gestalt und Wichtigkeit der Sachen grosse und Menge der einkommenden Handlungen, auch Ferne und Weite des Weges, da die Principalen [Parteien] und Advocaten gessessen zu berücksichtigen.¹³⁶ Außerdem versuchten die Visitatoren, den Informationsfluss im Gericht durch eine geschickte Zuteilungsweise der Akten an die Beisitzer im Judizialstadium zu
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1568. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 89. Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 92 f. Siehe auch Dick: Kameralprozess, S. 187. Dick: Kameralprozess, S. 189. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565 – 1567. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1569.
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optimieren. Nach dem Übergang vom Extrajudizialverfahren in das Judizialverfahren sollte der ursprüngliche Beisitzer aus dem Bescheidrat für den Prozess weiter zuständig sein. Damit wollte die Kommission vermeiden, dass die Beisitzer sich jedes Mal wieder neu in die Akte einlesen mussten. Problematisch waren in diesem Zusammenhang die durch die Kanzlei oft unvollständig komplirten Akten.¹³⁷ Als weitere Gegenmaßnahme sollten die Voten der Zwischenurteile der Beisitzer ausführlich protokolliert werden, damit so das umfangreiche Aktenstudium und die Einarbeitung dem neuen Beisitzer leichter fielen. Doch die Verkürzung einer Maßnahme zog die Verlängerung einer anderen nach sich: Das Diktat der Voten reduzierte zwar die Einarbeitungszeit der Beisitzer, verlängerte aber die Senatssitzungen.¹³⁸ Da die Senate immer wieder neu gebildet wurden¹³⁹, erfolgte nun das ausführliche Referieren im Senat, was wiederum die Sitzungen ungebührlich in die Länge zog. Die Visitationskommission schaffte schließlich 1575 Abhilfe, indem sie ständige Senate einrichtete.¹⁴⁰ Die Visitation war sich des Problems der wechselnden Zuständigkeiten für einen Prozess sehr bewusst und diskutierte immer wieder über geeignete Maßnahmen. So wurde besprochen, dass man Zweifelsfälle im Plenum besprechen sollte. Dies sollte den dienstältesten Beisitzern die Möglichkeit geben, sich an den Prozess zu erinnern und ihn zu kommentieren. Außerdem sollten zwei Beisitzer dazu abgeordnet werden, in den alten Protokollbüchern nachzuschauen, wie dort der Fall besprochen worden war. Diese Diskussionen sollten als Maßstab für die weiteren Handlungen gelten. Empfohlen wurde zudem die Erstellung eines besonderen Registers aller beschlossenen Sachen, damit die Beisitzer den jeweiligen Prozess leichter finden konnten.¹⁴¹ Ein weiteres Problem waren die nicht eingelösten Urteilsbriefe der Prokuratoren, die oft monatelang liegen blieben. Eine Folge davon war, dass Fristen übersehen und die Arbeit doppelt gemacht wurde. Dies war vor allem bei den Appellationen der Fall.¹⁴² Auch hier versuchte man, Abhilfe zu schaffen. Es bleibt festzuhalten: Die Visitatoren waren sich der Schwächen des Verfahrens und der Organisation des Reichskammergerichts sehr bewusst. Reformvorschläge wurden aber nur an ganz bestimmten Punkten des Verfahrens gemacht, denn die Autonomie der Parteien sollte nicht angetastet und das Ziel der
Götte: Der jüngste Reichsabschied und die Reform des Reichskammergerichts, S. 99 f. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322b, 1576. Löwenich: Herstellung und Darstellung von Entscheidungen im Verfahren des Reichskammergerichts, S. 178. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1575. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1577.
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Friedenswahrung nicht gefährdet werden. So blieb als Alternative bloß, die Parteienvertreter und ihr Verhalten zu kritisieren und auf Regelkonformität zu drängen. Versuche, die Parteien zu disziplinieren, blieben in Anfangsstadien stecken oder wurden zurückgenommen. Ziel der Visitationskommission war es, eine größtmögliche Beteiligung der Parteien am Prozessgeschehen zu gewährleisten. Ein Verfahren, das im 16. Jahrhundert durchaus Erfolg hatte.
Die Arbeit der Richter Leistung als Qualitätsmerkmal Der Wille, den Frieden zu wahren, indem die Kommission der Beteiligung der Parteien in allen Phasen des Verfahrens die höchste Priorität einräumte, bedeutete jedoch nicht, dass den Visitatoren die Arbeit der Urteiler darüber hinaus gleichgültig war. Ganz im Gegenteil: mit dem Fleiß der Beisitzer nahmen es die Visitatoren sehr genau. Sie wollten erfahren, wie viele Urteile von wem im Zeitraum von einem Arbeitsjahr (1. Mai bis 30. April) ausgearbeitet wurden. Hierzu verfügte der Mainzer Erzkanzler im Jahr 1557, dass eine Liste der Definitivurteile und Interlokute, die die Urteiler gefällt hatten, angefertigt werden sollte. Zur Überprüfung der Arbeit der Prokuratoren verlangte der Kanzler zudem eine Liste aller von ihnen bearbeiteten Fälle.¹ Zwei Jahre später konnten die Leser aus dem Archiv vermelden, dass 26 Definitivurteile, 38 Interlokute und 24 Korreferate durch die außerordentlichen Beisitzer gehalten worden seien.² Diese außerordentlichen Beisitzerstellen waren eingerichtet worden, um – wie man hoffte – kurzfristig den Mehrbedarf an Beisitzern abdecken zu können. Die Dokumentation ihrer Leistung war besonders interessant, da die Visitatoren auch mit Hinweis auf den Reichsdeputationstag darüber diskutierten, ob diese Stellen beibehalten werden sollten.³ Schließlich einigten sich die Visitatoren darauf, dass es besser sei, bei der Anzahl der Stellen zu bleiben, als immer wieder neue Kräfte einzustellen, die sich erst wieder einarbeiten müssten. So könne mehr Arbeit erledigt werden. ⁴ Eine Lösung, die auf breite Zustimmung stieß. 1569 schlug die Zufriedenheit der Visitatoren mit dem System jedoch um. Sie stellen fest, dass, obwohl acht weitere Assessoren auf dem Reichstag zu Augsburg 1566 hinzugekommen seien, trotzdem immer weniger definitiv referiert und erörtert würde. Die Visitatoren schlossen daraus, dass sich die Zeit für die einzelnen Gutachten und Voten verlängert hätte. Ursprünglich hätten die Urteiler für eine Angelegenheit sechs Tage zum Referieren gebraucht, jetzt seien es aber sechs oder acht Wochen.⁵ Die Beisitzer fühlten sich durch die massive Kritik gegängelt. Schummeleien kamen vor, blieben aber nicht verborgen. Dies wird in einem Memorial des Erz-
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1559. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1559. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1559. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1566.
https://doi.org/10.1515/9783110574050-008
Leistung als Qualitätsmerkmal
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kanzlers an den Kammerrichter aus dem Jahr 1563/64⁶ mehr als deutlich. Der Erzkanzler verlangte, die Leistungen der Assessoren exakt überprüfen zu können. Deshalb ermahnte er die Beisitzer, die mit weit weniger Zeitaufwand zu bearbeitenden Interlokute (Zwischenurteile) nicht als Definitivurteile auszugeben.⁷ Auch die Prokuratoren und Leser wurden aufgefordert, ihre Statistiken korrekt zu führen. In den folgenden Jahren wurde der Überblick über die Leistung der Beisitzer und Prokuratoren immer weiter verfeinert. Jetzt ging es nicht nur darum, eine Liste aller durch die Assessoren gesprochenen Urteile zu erhalten. Der Kaiser wollte von den Lesern auch wissen, wie viele urteilsreife Akten noch im Gewölbe lägen, bzw. expediert und wie viele beschlossen worden seien.⁸ 1580 verlangte der Kaiser persönlich statistische Informationen, und zwar über gefällte und exekutierte Urteile.⁹ Die kaiserlichen Kommissare berichteten, dass 88 Definitivurteile referiret und 787 Interlokute. Es sollen 112 beschlossene Definitvurteile und 470 Interlokute zu expedieren übrig sein. ¹⁰ Die Kommissare zeigten sich über die Leistung der Beisitzer sehr zufrieden und bescheinigten, dass sie fleißig gewesen seien.¹¹ An dieser Stelle ist es angebracht, sich die erstellten Statistiken etwas genauer anzusehen. Wichtig erscheint, dass es mehrere getrennte Kategorien von Urteilen gab. Es wurde zwischen Interlokuten, also Zwischenurteilen, und Endurteilen sowie Interlocutoriae habentes vim definitivarum unterschieden. Die Interlocutoriae vim definitivarum habentes erledigten eine Nebenfrage, die unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache nahm. Dabei war die Prozessbeendigung nicht notwendig eine Folge. Interlocutoriae vim definitivae habentes galten als Zwischenurteil, wenn sie vor der Litiskontestation vorgetragene dilatorische und peremptorische Einreden ausschalteten. Sie konnten aber auch ein Endurteil darstellen, wenn die Klage als unzulässig abgeschlagen wurde.¹² Hinzu kam, dass die Beisitzer oder die Kanzlei¹³ genaue Angaben über die Korreferenten zu den einzelnen Fällen machen mussten. Denn gerade bei schwierigen Relationen zu den Endurteilen sah die Geschäftsordnung des Ge-
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565/1567. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1580. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1580. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 1– 2, 1580. Dick: Kameralprozess, S. 179. Es wäre interessant, ob sich diese Listen noch im Untrennbaren Bestand der Kanzlei in BerlinLichterfelde finden ließen. Die Verzeichnung des Bestandes steht nach wie vor aus. Im Rahmen dieser Arbeit konnte dies nicht geleistet werden.
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Die Arbeit der Richter
richts vor, dass neben dem eigentlichen Referenten auch ein Korreferent beteiligt sein sollte; dies bedeutete, dass in diesen Fällen zwei Referenten mit der Ausarbeitung beauftragt wurden. Listen über die Zwischen- und Endurteile sowie die Correlationes und die Interlocutoriae vim definitivarum habentes haben sich aus den Jahren 1557 und 1568/69 bis 1586/87 in den Akten des Mainzer Erzkanzlers erhalten. Sie wurden immer für ein Geschäftsjahr vom 1. Mai bis zum 30. April des nächsten Jahres für jeden Beisitzer einzeln angefertigt. Die Listen umfassen somit 19 fortlaufende Jahre und ergeben so ein gutes Bild über die Arbeitsentwicklung des Gerichts. Weitere Listen sind im Bestand Reichshofkanzlei erhalten. Dort finden sich zu den Jahren 1581 bis 1583 nicht nur Angaben darüber, wie viele Urteile von den Assessoren bearbeitet wurden, sondern es gibt auch Auflistungen, wie viele Interlokute und Definitivurteile noch bearbeitet werden mussten. Dabei unterscheidet die Liste zwischen den Definitivurteilen, die noch bei den Referenten in Bearbeitung seien, und denen, welche noch im Gewelb lägen. Ebenso geschieht es mit den Interlokuten.¹⁴ Zur besseren Beurteilung der Statistiken soll der Median der Definitivurteile, Interlokute und interlocutoriae habentes vim definitivarum eines jeden Jahres bestimmt werden. Der Median teilt eine Liste von Werten, die nach der Größe sortiert sind, in zwei Hälften, so dass die Werte in der einen Hälfte nicht größer als der Medianwert und in der anderen Hälfte nicht kleiner sind. Er ist für die Interpretation besser geeignet als die Errechnung des Durchschnitts, da durch die Betrachtung des Medians statistische Ausreißer nicht so stark ins Gewicht fallen.¹⁵ Grundsätzlich kann man festhalten, dass bezüglich der Definitivurteile der Median meist bei zwei Urteilen pro Jahr lag. Nur im Jahr 1557 waren es drei. Der Median der Correlationes besaß den gleichen Wert. Bedenkt man, dass nicht bei jedem Gutachten zwangsläufig ein Korreferent vorgesehen war, so kann man feststellen, dass der Kammerrichter in der meisten Zeit sehr vorsichtig agierte. Wenn es zu einem Endgutachten kam, versuchte er meist, gleich eine zweite Meinung zu erhalten, auch wenn dies eigentlich nur bei besonders schwierigen Fällen vorgesehen war. Das bedeutet, dass die Kammerrichter versuchten, sich möglichst gut abzusichern. Ein Definitivurteil beendete einen Streit, konnte aber auch einen neuen produzieren. Deshalb musste das Urteil gut begründet sein. Nur bei den Interlokuten wuchs der Median im Laufe der Zeit mehr oder minder stetig an. Wurde im Jahr 1557 ein Median von acht Interlokuten gemessen, ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581 bis 1583. Der Median ist ein robusterer Wert als der Mittelwert und wurde deshalb zur Beurteilung der Leistung der Assessoren verwendet. Siehe hierzu: Jürgen Lehn/Helmut Wegmann (Hrsg.), Einführung in die Statistik, 2. überarb. Aufl. Darmstadt 1992, S. 21 ff.
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so lag der Median 1585/1586 bereits bei 21 Interlokuten. Die Anzahl der bearbeiteten Fälle durch die Assessoren hatte sich also fast verdreifacht. Die Vorschläge zur Arbeitsverbesserung und die Mehreinstellung von Assessoren scheinen im Laufe der Zeit in Bezug auf die Interlokute Früchte getragen zu haben. Eine Theorie könnte aber auch lauten, dass sich die Rechtsprechung mehr auf die Interlokute verlagerte bzw. hier die Einstellung von außerordentlichen Beisitzern den meisten Erfolg zeigte. Vielleicht waren auch die Parteien weit weniger an einem Endurteil interessiert und zogen Interlokute einer weiteren Prozessführung vor. Letztlich kann hier keine abschließende Antwort über den Erfolg der Maßnahmen gegeben werden. Die Visitationskommission selbst hat sich hierzu nicht näher geäußert. Betrachtet man sich die einzelnen Beisitzer und ihre Arbeitskraft genauer, so steht fest, dass die meisten Urteiler selten oder höchstens nur ein einziges Mal fünf Endurteile pro Jahr bearbeiteten.¹⁶ Hirter referierte im Geschäftsjahr 1569/70 bei sechs Endurteilen.¹⁷ Auch Rücker war 1556/57 bei sechs Prozessen Referent.¹⁸ Weitere Spitzenkräfte waren u. a. Hornstein, der 1572/73 fünf Endurteile referierte und im darauffolgenden Jahr sieben. Lutz war 1573/74¹⁹ Referent bei fünf Urteilen ebenso Strotzingen 1568/69²⁰. Weidenkopf verfasste 1578/79 bei fünf Prozessen Gutachten und 1581/82 bei sechs²¹. Auch Willer referierte bei sechs Prozessen 1586/87²². Spitzenreiter mit acht Prozessen war aber 1583/84 Wogesser.²³ Alles in Allem zeigt sich deutlich, dass sich das juristische Wissen auf wenige Spitzenkräfte konzentrierte, die zügig Endurteile bearbeiten konnten. Freilich wissen wir im Fall der Beisitzer nicht, welche Fälle sie konkret bearbeiteten, denn das war geheim. Die Richternotizen ²⁴, persönliche Notizen der Richter zu einzelnen Fällen, sind als Quelle im Sinne einer statistischen Beurteilung nicht her-
Siehe hierzu ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22, Berbisdorff, Cisner, Drechsel, Everhard, Feiltsch, Flad, Gottwald, Hornstein, Iven, Kronenberg, Pfeilsticker, Quentel, Rücker, Schenk, Schiller, Sailer und Winkelmann. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 22. Anette Baumann: Die Gutachten der Richter – Ungedruckte Quellen zum Entscheidungsprozess am Reichskammergericht (1524– 1627) (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 43). Wetzlar 2015. Siehe auch http://data.rg.mpg.de/rkg/2014– 06 – 22_Richterprotokolle_gesamt.pdf und http://www.rg.mpg.de/rkg-richterprotokolle.
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anzuziehen, da sie auch wegen ihrer zufälligen und unvollständigen Überlieferung keine allgemeingültigen Aussagen zulassen. Man kann jedoch feststellen, dass die oben aufgeführten Beisitzer auch bei den Interlokuten statistische Spitzenplätze einnahmen. Daraus lässt sich folgern, dass es wohl keine Spezialisierung der Beisitzer im Sinne einer Aufteilung von Spezialisten für Endurteile und Interlokute gab. Dem stand auch ihre Aufteilung in Senate entgegen. Zu bedenken ist auch die Vorschrift, dass man möglichst die Richter, die Interlokute fällten, auch für die Endurteile heranzog, um Einarbeitungszeit zu sparen. Letztlich bedeutete dies aber eine Konzentration auf die Spezialisten, die besonders viele Interlokute bearbeiteten. Die Statistiken zeigen, dass die Visitatoren die Arbeitsleistung der Urteiler mit Hilfe von Zahlenaussagen überprüften. Es bestand eine konkrete Vorstellung von Leistung, die sich über Zeit und Anzahl der referierten Gutachten definierte. Diese Kriterien waren für adelige und nichtadelige Beisitzer gleich und stellten so einen unterschiedslosen Beurteilungsmaßstab für beide Stände dar. Die Mechanismen der Ständegesellschaft wurden hier außer Kraft gesetzt. Zudem sollten nach dem Willen des Kaisers weniger leistungsfähige Assessoren gezielt angesprochen und unter Abwesenheit des Kollegiums durch die Visitatoren unter vier Augen ²⁵ ermahnt werden. Dies lässt sich in zwei Fällen direkt nachweisen. So verlangten während der Visitation 1571 die Visitatoren von dem Beisitzer Dr. Otto Proen eine Erklärung darüber, warum er die letzten zwei Jahre keine Definitiv-Urteile bearbeitet habe. Auch sollten seine Kollegen befragt werden, die mit ihm im gleichen Senat gesessen hatten.²⁶ Proen selbst war, wie der Verwalter gegenüber den Visitatoren vermerkte, zuvor schon von seinen Kollegen ermahnt worden, seine Arbeitsleistung zu intensivieren. ²⁷ Proen gelobte Besserung und die Sache wurde nicht weiter verfolgt. Im zweiten Fall beließen es die Visitatoren nicht bei einer Ermahnung: Die Beisitzer Johann von Roorda, Manfred Eschenfelder, Bonaventura Funck und Johannes Ram sollten nach Meinung der Visitatoren wegen mangelnder Arbeitsleistung entlassen werden.²⁸ Der Mainzer Kanzler befragte schließlich den Kammerrichter gezielt zu den Beisitzern. Der Kammerrichter hielt Roorda für unqualifiziert und mangelhaft gebildet. Er meinte sogar, dass Roorda nur mit Hilfe Dritter zurecht käme. Über die anderen Beisitzer urteilte der Kammerrichter Marquard von Speyer positiver. Eschenfelder verdammte er vor allem wegen seines unzüchtigen Lebenswandels. Letztlich kamen die Visitatoren überein, dass
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1573. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23, 1571. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23, 1571. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1578.
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es im Ermessen des Kammerrichters liege, ob er die Beisitzer entlassen wolle.²⁹ Einig war man sich lediglich darüber, dass eine Entlassung die einfachste Methode sei, um sich fauler Beisitzer zu entledigen. Roorda versuchte in der Folge, sein Amt zu retten, indem er gelobte, fleißiger zu sein. Das ließen die Visitatoren nicht gelten und drängten auf die Entlassung Roordas.³⁰ Auch Funck und Ram sollten entlassen werden. Eschenfelder ging dagegen freiwillig. Die weiteren Bedingungen waren aber sehr unterschiedlich. So gewährten die Visitatoren Funck die Möglichkeit, in drei bis vier Wochen zu kündigen, um dann nach der angemessen Nachdienstzeit das Gericht zu verlassen.³¹ Ram wurde die gleiche Frist gesetzt. Er konnte aber durch Nachverhandeln erreichen, dass er erst nach vier Monaten kündigen musste.³² Diese Beispiele zeigen: Die Arbeitsleistung der Urteiler wurde genau geprüft und diskutiert. Vor allem mangelnder Fleiß wurde dabei sehr kritisch betrachtet. Auch der Lebenswandel und das persönliche Betragen einzelner Beisitzer wurden registriert und bei Bedarf die Konsequenzen gezogen. Neben der Überprüfung des Fleißes der einzelnen Beisitzer wurde auch über die Qualität der Gutachten in den Visitationen mehr oder weniger ausführlich berichtet. Hier war es jedoch weit schwieriger, ‚objektive‘ Leistungskriterien festzulegen. Deshalb kam es immer wieder zu neuen ‚Leistungsbeschreibungen‘. Die Reichskammergerichtsordnung (RKGO) von 1555 äußerte sich sehr ausführlich über die Qualifikation der Assessoren, wobei auch hier Standesunterschiede nivelliert wurden. Die RKGO verlangte, dass die Beisitzer der rechten gelehrt und gewürdigt … dapfer, gelehrt, erfarn, auch tüglich, verstendig, qualificieret personen, auß teutscher nation geborn und derselben nation gebreuch und guten gewonheyten erfaren und die fürgebrachten rechtlichen sachen zu referieren geschickt sein ³³ sollten. Dazu wurde ein gewisses Maß an Praxiserfahrung gefordert. So wollten die Autoren, dass die Urteiler in Universitäten gelehrt hätten, die durch Karl V. oder seine Vorfahren einst bestätigt worden waren. Sei dies nicht der Fall, sollten sie wenigstens dort fünf Jahre lang studiert sowie in Gerichtsfällen advoziert und practiciert haben. Hinzu kam, dass man auch bei denen die auß der ritterschaft angenommen rechtliche Kenntnisse voraussetzte und in gerichtlicher sachen geübt und erfaren und die gerichtlichen sachen zu referieren den andern gleich tüglich und geschickt sein ³⁴ sollten. Die Ordnung schränkte aber ein, dass,
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1578. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1578. Allgemein zur Nachdienstzeit Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter, S. 146 ff. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1578. RKG-Ordnung, Teil 1, III §2. RKG-Ordnung, Teil 1, III §2.
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falls die Adeligen diesen Anforderungen nicht gewachsen wären, auch andere gelehrte, gewürdigte, auch erfarne und der practick geübte personen, …, genommen werden mögen. ³⁵ Die Reichskammergerichtsordnung spiegelt damit die Erfahrungen von rund 60 Jahren Gerichtsbetrieb wider. Grundsätzlich kann man feststellen, dass sich die Diskussion über die Qualifikation der Beisitzer über den ganzen Zeitraum der Visitation des Gerichts erstreckte. Die Reichskammergerichtsordnung von 1555 zeigt dies deutlich. Es gab aber in den verschiedenen Phasen des Gerichts unterschiedliche Gründe für den Mangel an Qualität. In der Anfangsphase des Gerichts war vor allem der ungesicherte Unterhalt des Gerichts, der sich direkt auf die Qualität der Arbeit der Beisitzer niederschlug, der wichtigste Grund. Die Beisitzer nahmen deshalb oft zusätzlich Aufträge im Diente ihrer Obrigkeit an. So verlangten die Visitatoren in einem Schreiben 1531 an Karl V., dass festgelegt werden sollte, dass die Beisitzer keine anderen Geschäfte neben ihrer Tätigkeit am Gericht ausüben dürften. Außerdem wolle man, da das Reichskammergericht das höchst und letzt Gericht sei und auch sehr hohe und wichtige Sachen verhandle, nur die Besten haben. Um dies zu bewerkstelligen, schlugen die Visitatoren vor, das Gehalt der Beisitzer solle mit hundert Gulden gebessert werden. Eine weitere Forderung war, dass die Beisitzer nicht miteinander verschwägert sein sollten.³⁶ 1549 galt es, das Reichskammergericht nach der Wiedereröffnung neu zu besetzen. Karl V. kümmerte sich aus Brabant persönlich darum, die zusätzlichen außerordentlichen Beisitzer auszuwählen.³⁷ Problematisch war vor allem der Mangel an geeigneten Grafen und Herren. Auch die bereits präsentierten Beisitzer und der Kammerrichter Wilhelm Werner von Zimmern beteiligten sich an der Suche.³⁸ Als bester Rekrutierungsort für geeignete Beisitzer galt hierfür der nächste Reichstag.³⁹ Gleichzeitig ermahnte der Kammerrichter Kaiser Karl V., eine diskretere Vorgehensweise bei der Benennung und Ablehnung von Beisitzer zu wählen.⁴⁰ Sechs Jahre später war das Problem immer noch aktuell. Nach wie vor wurden adelige qualifizierte Beisitzer durch das Gericht händeringend gesucht. Schließlich wollte die Visitation das Problem lösen, indem sie die weltlichen Kurfürsten
RKG-Ordnung, Teil 1, III §2. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1531. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 26. Sept. 1549. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 6. Mai 1549. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 1550. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 317, 1550.
Leistung als Qualitätsmerkmal
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damit beauftragte, adelige Beisitzer aus der Ritterschaft zu präsentieren.⁴¹ Die weltlichen Kurfürsten fühlten sich durch diese Maßgabe übervorteilt. Sie schlugen deshalb vor, falls es nicht genug Ritter gäbe, sollten auch andere Personen, die qualifiziert wären, zugelassen werden. Entscheidend sei einfach die Qualifikation.⁴² Sie blieb auch bei den Auseinandersetzungen um die richtige Religionszugehörigkeit das einzige Qualitätskriterium. Bei der Visitation von 1557 wurde die An- oder, besser gesagt, Abwesenheit der Beisitzer und der Prokuratoren bei den Kommissionen angesprochen. Sie waren oft bei den Gerichtssitzungen abwesend und konnten so ihre Arbeit nicht ausführen, während sie bei Kommissionen weilten. Die Visitatoren befürworteten eine Abstellung dieser Praxis. Die Kameralpersonen sollten bei den Kommissionen durch Personen ersetzt werden, die kainen Verdinst und Besoldung haben und doch des gerichts brauch kundig seien.⁴³ Zwei Jahre später überlegte der Kaiser, ob man außerordentliche Beisitzer nicht einfach aus dem kaiserlichen Haus oder der oberösterreichischen Regierung abordnen könne sowie auch andere fähige Personen, um so den Mangel an qualifiziertem Personal auszugleichen. Außerdem wurde verfügt, dass die Reichsstände sich sofort melden sollten, wenn sie geeignete Kandidaten wüssten.⁴⁴ 1559 mischten sich die Kameralen selbst in die Diskussion um qualifizierte Kandidaten ein. Sie betonten, dass Ansehen und Akzeptanz des Gerichts eng mit dem Umstand zusammenhingen, dass eben auch adelige Personen als Urteiler tätig seien. Sie bestanden darauf, dass die weltlichen Kurfürsten auch zukünftig Kandidaten aus der Reichsritterschaft präsentieren sollten. Die Visitatoren hielten dies für unproblematisch, da ja man nur eine kleine Anzahl benötige, die jederzeit gut zu bekommen seien.⁴⁵ Aber auch intern wird in den so genannten Generalexamen immer wieder die Qualifikation des einen oder andern Beisitzers thematisiert. Beispielhaft sei hier das Jahr 1577 herausgegriffen, in dem sehr offen gegen Calvinisten oder Reformierte opponiert wurde. Daraus wird noch einmal deutlich, dass die Fragen der religiösen Zugehörigkeit eng mit der Qualifikation und Eignung des jeweiligen Kandidaten verbunden waren.Weiterhin wurde die Verschwiegenheit des Gerichts diskutiert. So beschwerte sich Nikolaus Cisner, dass Geheimnisse nicht geheim blieben und er nicht wisse, wie dies geschehen könne. Der Beisitzer Funck be
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 11, 1557. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 320, 1559. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 13, 1559.
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Die Arbeit der Richter
schuldigte dagegen seinen Kollegen Andreas Gottwald, Calvinist zu sein. Außerdem sei in seinem Senat der von Beyern weniger als nichts qualifiziert ⁴⁶. Johann Freymon solle sich mehr die Bücher anschauen und Eberhard Wambold solle fleißiger sein. Außerdem fände er, dass Beisitzer Leoman Schiller zu vertraut mit dem Kammerrichter sei und die jungen Assessoren grundsätzlich schwierige Sachen ein Jahr liegen ließen.⁴⁷ Der Beisitzer Nikolaus Ruof ging noch weiter. Er nannte Wambold, Cisner, Gottwald, Zinner und Reiffsteck Calvinisten. Sie bezeichneten sich jetzt nur deshalb als augsburgisch, da der [reformierte] Pfalzgraf jetzt gestorben sei ⁴⁸. Auch Ruof machte sich Sorgen um die Beibehaltung des Geheimnisses des Gerichts. Er hielt es für sehr bedenklich, wenn die Voten zu den Protokollen gelegt würden, sie seien dann wohl bald auf dem Markt zu finden. Cisner sei zudem im Senat sehr unaufmerksam und würde sich lieber seinen Büchern widmen.⁴⁹ Mörder ergänzte diese Beobachtungen, indem er feststellte, dass Cisner nur aus den Akten lese, ebenso Schiller, d. h., dass beide Urteiler nicht wie gefordert eine Zusammenfassung der Akten schrieben und somit für ihre Relation sehr viel Zeit bräuchten.⁵⁰ Im gleichen Jahr wies der Kammerrichter darauf hin, was die Urteiler eigentlich alles leisten müssten. Die Rechtsgelehrten bräuchten eine lange Praxis. Sie müssten die gemeinen Rechte, aber auch die Reichskonstitutionen kennen, die allhie eingefürt, gehandelt und erörttert werden ⁵¹. Außerdem müssten sie bei der Erkennung des Prozesses auf besondere Umstände sehen sowie auch nach orth und gelegenheit einer jeden sachen ⁵². Dazu käme, dass die Urteiler auch noch in anderen Sachen, bevor sie beendet seien, manicherley bescheidt und beyurtheil ⁵³ zu verfassen hätten. Des Weiteren führte er aus, dass die Beisitzer den stylum und das allt herkommen und darzu yedes Orths üblichen gebrauch und gewohnheitten achtung geben müssten.⁵⁴ Der Kammerrichter Marquard von Speyer hat hier eine sehr genaue Beschreibung geliefert, was 1577 von einem Urteiler verlangt wurde. Letztlich war die
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. Siehe hierzu auch den Aufsatz von Heinz Duchhardt: Reichsritterschaft und Reichskammergericht, in: ZHF 5 (1978), S. 315 – 337, besonders S. 319. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577.
Leistung als Qualitätsmerkmal
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Rechtsprechung am Gericht eine langwierige und vor allem komplizierte Angelegenheit, bei der viele Aspekte zu bedenken waren.⁵⁵ Die Frage nach Qualität blieb aber nicht bei den Beisitzern sowie Advokaten und Prokuratoren stehen: Auch die Kanzleibeamten mussten ein Mindestmaß an Qualifikation mitbringen, z. B. verlangten die Visitatoren 1543 von den Kanzleibeamten nicht nur eine mündliche Bestätigung, dass sie schreiben und lesen konnten. Sie wollten es auch in einem Praxistest bewiesen haben.⁵⁶ Die Visitationskommission und der Kaiser beließen es nicht bei der Suche nach qualifiziertem Personal und der Erhebung von Statistiken. Vielmehr bemühten sich die Visitatoren, auch konkrete Lösungsvorschläge und Anweisungen zur Beschleunigung der Referiertechnik der Beisitzer zu geben. So sollten die Urteiler nur dann Deduktionen zu dem Votum des Referenten halten, wenn sie anderer Meinung seien.⁵⁷ Außerdem wiesen die Visitatoren häufig darauf hin, dass die Akten durch die Referenten nicht einfach vorgelesen, sondern die Dokumente und Beweismittel summarisch referiert werden sollten.⁵⁸ 1550 wurde sogar die Referiertechnik jedes einzelnen Beisitzers untersucht. So hieß es über Mynsinger von Frundeck, er sei zu ausführlich und detailverliebt.⁵⁹ Kaiser Rudolf II. instruierte die kaiserlichen Kommissare schließlich selbst und verlangte, dass die Visitationskommission genaue Vorgaben darüber machen sollte, wie die Bearbeitungszeiten bei einem Interlokut oder Definitivurteil auszusehen hätten. Die Akten für Interlokute sollten in acht oder 14 Tagen bearbeitet werden, längstens aber in einem Monat. Die Definitivsachen veranschlagten der Kaiser bzw. seine Berater auf drei bis fünf Monate, am längsten aber sechs Monate.⁶⁰ Bei besonders wichtigen Sachen sollte der Referent den Kammerrichter informieren, wenn es länger dauern sollte und er sollte eine Zeitabschätzung abgeben.⁶¹ Ein anderer Vorschlag zielte darauf ab, dass es ratsamer sei, das vom Referenten verfertigte Votum in die Akten zu legen, statt lange zu votieren und dies noch zu diktieren, dann müsse nicht immer wieder neu referiert werden.⁶² Daneben versuchten die Kaiser und Visitatoren, auch die Länge der Ratssitzungen mit geeigneten Maßnahmen zu reduzieren. So wollte Rudolf II., dass in
Allgemein hierzu: Peter Oestmann: Rechtsvielfalt vor Gericht. Rechtsanwendung und Partikularrecht im Alten Reich. Frankfurt/Main 2002. ÖStA HHStA Wien MES RKG 3, 1543. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 1556. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557; MEA RKG 25, 1570. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 5 f. 124v, 1550. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 1577. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 41, 1584.
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der Vollversammlung des Gerichts für interne Angelegenheiten, dem sogenannten plenum senatum, nur neue Beisitzer oder Prokuratoren aufschwören oder präsentiert werden sollten.⁶³. Auch klagte er immer wieder über die Länge der Audienzen.⁶⁴ Statistiken zur Leistungsüberprüfung als objektives Kriterium für Adelige und Nichtadelige, die Festlegung von verbindlichen Abschlüssen und Ausbildung, die die Qualität des Personals sichern sollten, Kontrolle bis hin zur Bewertung der Referiertechnik des Einzelnen und konkrete Vorschläge zur Bewältigung der Aktenmassen zeigen, dass die Visitatoren des Reichskammergerichts eine Institution wollten, die auf Effizienz gegründet war. Die Einteilung und die Verwaltung von Zeit spielte eine entscheidende Rolle. Das Reichskammergericht generierte Leistung von seinen Mitarbeitern und forderte sie auch ein.
Rekusation, Revision, Syndikat und Korruption als Folgen der Qualitätsmängel der Richter Die Visitatoren diskutierten schon früh über die Folgen der Qualitätsmängel der Richter, so wurde bereits im Reichsabschied von 1532 das ordentliche förmliche Rechtsmittel der Revision eingeführt.⁶⁵ In der Sache beinhaltete die Revision eine Beschwerde gegen das Urteil. Sie musste deshalb aus denselben Akten, ohne die Einbringung neuer Tatsachen, gerechtfertigt sein. Die Revision war das wichtigste Rechtsmittel gegen kammergerichtliche Urteile.⁶⁶ Grundsätzlich geregelt wurde die Revision in der RKGO von 1555.⁶⁷ Darin war vorgesehen, dass die Revision von der durch das Urteil beschwerten Partei beim Reichserzkanzler einzulegen sei, der die Revisionseinlegung der Partei dann der Reichskammergerichtsvisitation vorlegen musste.⁶⁸ Dabei wechselten die Fristen, ursprünglich waren zwei Monate vor dem ersten Mai, dem festgesetzten Beginn der Visitation, eingeplant, später wurde die Frist auf drei Monate ausgedehnt. In der RKGO von 1555 war zudem vorgesehen, dass die revisionsfordernde Partei einen Geldbetrag hinterlegen
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 25, 1570. Reichsabschied 1532, Tit. III § 17. Schildt: Das Reichskammergericht als oberste Rechtsmittelinstanz, S. 74. RKGO 1555, Teil III, LIII. Dietrich Kratsch: Justiz – Religion – Politik. Das Reichskammergericht und die Klosterprozesse im ausgehenden sechzehnten Jahrhundert. Tübingen 1990, S. 152.
Rekusation, Revision, Syndikat und Korruption
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musste, der bei Abweisung der Revision dem kaiserlichen Fiskus anheimfallen sollte.⁶⁹ Eine Revision war also immer mit einem finanziellen Risiko verbunden. Im Gegensatz zur Revision beinhaltete die Syndikatsklage den Vorwurf an den Richter, er habe arglistig oder vorsätzlich ein ungerechtes Urteil gefällt. Als Zivilklage war sie auf Schadensersatz, als Kriminalklage auf Bestrafung des arglistigen Richters gerichtet.⁷⁰ Da die Beweisführung schwierig war, wurde sie selten angewandt. Das Verfahren selbst unterschied sich nicht von der Revision.⁷¹ Daneben gab es das Mittel der Rekusation, der Ablehnung des Gerichts wegen Befangenheit durch eine Partei. Es scheint, als ob die Begriffe Syndikat, Revision und Rekusation in der Anfangszeit des Gerichts nicht klar unterschieden wurden.⁷² Ein Beispiel für den Ablauf einer Rekusation wird in der Zimmerschen Chronik berichtet.⁷³ Es handelt sich um den Prozess, den der Söldnerführer Sebastian Vogelsberger gegen den Grafen Wilhelm von Fürstenberg führte. Fürstenberg drohte die Verurteilung des Reichskammergerichts in die Acht. Um sie abzuwenden, empfahl Fürstenbergs Prokurator Gremp, das Reichskammergericht zu rekusieren. Damit die Rekusation mehr Gewicht erhielt, bat Fürstenberg eine ganze Reihe von ‚Freunden‘ nach Speyer zu kommen, um ihn zu unterstützen. Die Grafen von Solms, drei Grafen von Eberstein, Graf Philipp von Hanau, Graf Ludwig Casimir von Hohenlohe, die beiden Grafen von Zimmern etc. und eine große Anzahl von Gesandten ließen sich nicht lange bitten. Zur Rekusation des Gerichts sollte Graf von Öttingen in der Audienz des Reichskammergerichts eine Rede halten. Öttingen hatte sich im Dom auf und ab gehend intensiv darauf vorbereitet und sich dabei jede Störung verbeten. Danach versammelte er die Grafen und Gesandten, die zur Unterstützung angereist waren, damit sie ihn in die Audienz des Gerichts begleiten konnten. Fürstenberg erschien nicht in der Audienz, sondern wartete in seiner Herberge. Der Andrang an Volk war an diesem Tag in der Audienz groß, da meniglich wollt hören, was das für ein newer fürtrag sein würde. ⁷⁴ Im Audienzsaal angekommen, wurden die Grafen vom Kammerrichter, Graf von Montfort, in die schranken erfordert, honoris causa, das sie nider sitzen konnten. ⁷⁵ Die Delegation ging jedoch nicht auf die Einladung ein, sondern blieb außerhalb der Schranken stehen und begerten audienz, die inen vom cammerrichter wardt
RKGO 1555, Teil III, LIII, § 2. Schildt: Das Reichskammergericht als oberste Rechtsmittelinstanz, S. 75. Schildt: Das Reichskammergericht als oberste Rechtsmittelinstanz, S. 76. Siehe hier ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 317, 1540. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 220. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 220. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 220.
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Die Arbeit der Richter
zugelassen. ⁷⁶ Daraufhin begann Ludwig von Öttingen seine Rede, die sogleich vom Protonotar unterbrochen wurde, da sie wegen der Schnelligkeit des Vortrags nicht mitprotokolliert werden konnte. Dies geschah mehrere Male, worauf der Redner ins Stocken geriet und verärgert, ohne seine Rede zu vollenden, die schriftliche Version hervorzog und überreichte.⁷⁷ Der Abgang folgte schnell, die übrigen Grafen von der freundschaft eilten rasch hinterher, begleitet von Gelächter und Gespött. Ludwig von Öttingen war sehr verärgert und kündigte bei dem anschließenden Treffen mit Wilhelm von Fürstenberg an, Schreiber und Protonotare zu töten. Aber es blieb bei den ausgestoßenen Drohungen. Für Wilhelm Werner und den Grafen Frobenius Christoph von Zimmern hatte die Angelegenheit ein Nachspiel. Das Reichskammergericht rügte die beiden, weil sie als Begleitung des Grafen von Öttingen der Rekusation des Gerichts beigewohnt hatten, scharf. Die Zimmern beriefen sich darauf, dass sie für die Begleitung des Grafen von Fürstenberg einen generalbefelch des Vaters gehabt hätten. Außerdem hätten sie nicht gewusst, was Fürstenberg eigentlich vorgehabt habe. Darbei blib es dozumal, aber die ganz handlung der recusation, auch wer darbei und mit gewest, ist alles ad acta registrit worden. ⁷⁸ Die Episode zeigt das Ereignis der Rekusation des Gerichts im Rahmen der Audienz. Grafen und Herren wurden explizit vom Kammerrichter eingeladen, hinter der Gerichtsschranke Platz zu nehmen, und sie hatten Redeerlaubnis. Ein Umstand, der weder in der Reichskammergerichtsordnung von 1555 noch in den Visitationsprotokollen in irgendeiner Form erwähnt wird. Öttingen hielt einen Rezess, bevor er sein memorial ⁷⁹ übergab – Handlungsweisen, die wir nur von den Prokuratoren kennen. Rezesse wurden von der Visitationskommission im Wesentlichen für die Länge der Verfahren verantwortlich gemacht. Es muss offen bleiben, ob die Visitationskommission tatsächlich immer nur die Rezesse der Prokuratoren kritisierte, oder ob die Audienz noch andere Personen zur mündlichen Meinungsäußerung zuließ, ohne dass dies in den Visitationsprotokollen explizit formuliert wurde. Die ständige Ermahnung in den Visitationsprotokollen und Reichstagsabschieden, Rezesse in der Audienz nicht zu lange auszudehnen, gewänne dadurch eine andere Bedeutung. Letztlich muss es jedoch mangels weiterer Quellen bei diesen Überlegungen bleiben. Wichtig ist bei dieser Episode auch die Rolle des Volks. Audienzen scheinen nach dieser Schilderung eine Art Volksbelustigung gewesen zu sein, denn das Volk wusste anscheinend genau, wann etwas ‚Spannendes‘ passieren würde und
Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 220. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 220 f. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 221. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 221.
Rekusation, Revision, Syndikat und Korruption
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reagierte darauf mit starkem Interesse. Hier zeigt sich einmal mehr: die Audienz war ein Ereignis in Speyer und besaß Auswirkungen ins Reich. Gleichzeitig erfahren wir etwas über die Beteiligung der Personen am Prozess. Neben der formalen Ebene gab es immer noch – gerade im Adel – Klientel, Patronage und Familie. Die beiden Grafen von Zimmern zeigen deutlich, dass für sie die Familie in diesem Fall mehr zählte als die Institution Gericht. Gegen einen Generalbefehl des Familienoberhaupts gab es keine Widerrede, auch wenn Wilhelm Werner von Zimmern am Reichskammergericht Beisitzer war und er durch die Teilnahme an der Rekusation seine eigene Arbeit konterkarierte. Es häufen sich jedenfalls die Hinweise, dass es am Reichskammergericht eine Ebene der Klientel- und Familienbeziehungen gab, die sich in der Prozessführung und im -ablauf niederschlug, und über die wir viel zu wenig wissen.⁸⁰ Die Revisionen waren im Gegensatz zu den Rekusationen nicht öffentlich. Sie fanden im Rahmen oder nach der eigentlichen Reichskammergerichtsvisitation statt.⁸¹ Eine feste Regelung hierfür lässt sich in den überlieferten Akten nicht finden. Für die Revision wurden spezielle Revisoren ernannt, die einen gesonderten Eid schwören mussten. Sie sollten die bereits vorhandenen Akten studieren und die Beisitzer, die das Urteil gefällt hatten, zu den Gründen für das Urteil vernehmen. Zum Schluss sollten die Revisoren das Urteil entweder konfirmieren oder reformieren. Danach waren weitere Handlungen unstatthaft.⁸² Ursprünglich waren Revisionen sehr selten. Kratsch vermutet die Gründe im Risiko eines solchen Vorgehens. Schließlich musste die Partei, die die Revision verlangte, eine sehr hohe Succumbenzsumme hinterlegen, die bei Unterlegenheit verfiel; außerdem drohten bei mutwilligen Revisionseinlegungen Geldstrafen oder gar Gefängnis. Allgemein ist eine Zunahme von Revisionen erst ab den 1580er Jahren zu vermelden, obwohl nur ein einziges Verfahren zwischen dem Grafen von Ortenburg und dem Herzog von Bayern zum Erfolg führte.⁸³ Diskussionen über Revisionen oder Syndikatsklagen sind vor allem in den Akten der Reichshofkanzlei zu finden. Sie waren ein bevorzugtes Thema zwischen dem Kaiser und den kaiserlichen Kommissaren und/oder dem Kammerrichter und den Beisitzern. In den offiziellen Protokollen des Mainzer Erzkanzlerarchivs fin-
Siehe den ganzen Prozess der außergerichtlichen Streitbeilegung: Anette Baumann: Die Tatbestände Landfrieden- und Religionsfriedensbruch am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert, in: Hendrik Baumbach/Horst Carl: Landfrieden – epochenübergreifend. Neue Perspektiven der Landfriedensforschung auf Verfassung, Recht, Konflikt. Erscheint in Beihefte der ZHF 2018. Siehe hierzu auch Mencke: Visitationen, S. 87 f. Kratsch: Justiz – Religion – Politik, S. 153, siehe auch Mencke: Visitationen, S. 126 f. Mencke: Visitationen, S. 128. Siehe auch Kratsch: Justiz – Religion – Politik, S. 155, Fußnote 24. Siehe dort auch die Auflistung zeitgenössischer Literatur über die Revisionen.
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Die Arbeit der Richter
det man dagegen wenig Material. Es ist nicht ganz klar, womit dies zusammenhängt. Wahrscheinlich wurde die Rechtsprechung der Beisitzer lieber mündlich verhandelt. So berichten die kaiserlichen Kommissare Kaiser Karl V. 1539 darüber, dass die Reichsstadt Straßburg den Kurfürsten von Mainz gebeten habe, gegen Philipp von Hanau-Münzenberg ein Syndikat auszuschreiben.⁸⁴ Der Streitpunkt umfasste die Gefangennahme eines vermeintlichen Straßburger Bürgers durch Philipp von Hanau-Münzenberg, den Philipp aber als seinen eigenen Untertan ansah. Da der Münzenberger auf die Forderung Straßburgs, den Gefangenen freizulassen, nicht reagiert hatte, rückten Straßburger Truppen in hanauischmünzenbergisches Gebiet ein. Sie fanden den bereits freigelassenen Gefangenen nicht vor und die rund 600 Mann starke Truppe verwüstete unter Trunkenheit das Hanauer Schloss.⁸⁵ Das Reichskammergericht verurteilte daraufhin die Stadt Straßburg zur Zahlung von fünfzig Mark lötigen Goldes, worauf man mit einer Syndikatsklage reagieren wollte. Bevor das Syndikat endgültig an die Visitationskommission weitergeleitet wurde, versuchte der Mainzer Erzkanzler, die Angelegenheit über gütliche Einigungen zu regeln. Dies gelang jedoch nicht, denn Philipp von Hanau-Münzenberg weigerte sich, bei den Verhandlungen zu erscheinen.⁸⁶ Karl V. mischte sich daraufhin in den Streit ein und veranlasste, dass zur Begutachtung des Falles durch Universitätsprofessoren die Akten gedruckt werden sollten. Sie kamen zu dem Schluss, dass das Urteil des Reichskammergerichts unrechtmäßig sei.⁸⁷ Das Gericht reagierte auf die Offensive des Kaisers und die Gutachten der Professoren zurückhaltend. Die Urteiler erklärten, dass sie grundsätzlich Karl V. Gehorsam leisten wollten, sich allerdings nach der Reichsordnung richten müssten. Der Kaiser dürfe dies nicht verhindern.⁸⁸ Letztlich war in der Sache Reichsstadt Straßburg gegen Hanau-Münzenberg keine Einigkeit zu erzielen. Das Gericht beschloss deshalb, den Beisitzer Andreas von Konneritz auf den Reichstag nach Regensburg zu schicken, um dort wegen des Syndikats zu verhandeln.⁸⁹ Konneritz sollte Karl V. außerdem darauf aufmerksam machen, dass das Syndikat missbraucht würde, indem zwar ein Syndikat ausgeschrieben würde, dann aber nicht weiter verhandelt und so das Gericht in Verruf gebracht
Robert Schelp: Die Reformationsprozesse der Stadt Straßburg am Reichskammergericht zur Zeit des Schmalkaldischen Bundes (1524/1531– 1541/1555). Kaiserslautern 1965, S. 223. Schelp: Die Reformationsprozesse der Stadt Straßburg, S. 224 f. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1539. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1539. Laut Schelp: Die Reformationsprozesse der Stadt Straßburg, S. 227 ließ Straßburg die Akten drucken. Er erwähnt nicht, dass dies durch den Kaiser veranlasst worden war. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1539. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 317, 1540.
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würde. Dadurch verlöre das Gericht zudem viel zu viel Zeit und andere wichtige Sachen blieben liegen. Dies sei schädlich für die Reputation des Gerichts.⁹⁰ Konneritz sollte noch weitere Punkte aufführen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Letztlich ruhte der Streit zwischen Straßburg und Hanau-Münzenberg und wurde 1545 durch Vergleich beendet.⁹¹ 1556 kam es erneut zu Diskussionen um eine Revision. Es handelte sich um den Streit zwischen dem Adeligen von Borke und dem Markgrafen Joachim von Brandenburg-Küstrin, Bruder des Kurfürsten von Brandenburg.⁹² Bezüglich dieser Revision verfügte Karl V. ausdrücklich, dass die Kommissare keinen gesonderten Befehl erhalten sollten.⁹³ Karl V. glaubte wohl, die Angelegenheit im kleinen Kreise abhandeln zu können. Die Hoffnung war vergeblich, denn 1559 bat der Brandenburger offiziell den Mainzer Erzkanzler um Revision am Reichskammergericht. Der Prozess, der auch vor dem Reichshofrat geführt wurde, hat bereits Forschungsinteresse geweckt und wurde mit Hilfe von Reichshofratsakten beschrieben.⁹⁴ Hier soll der Schwerpunkt jedoch auf die bisher unbekannten Diskussionen bei den Visitationen gelegt werden. Der eigentliche Streit drehte sich um die Abführung der Biersteuer an den Landesherren. 1549 weigerten sich die Gebrüder Borke als einziger Landstand des Kurfürsten, die Steuer, zeitgenössisch Bierziese genannt, zu entrichten. Die Küstriner Hofräte verklagten Borke deshalb wegen Steuerhinterziehung. Die Brüder erkannten das Urteil nicht an und verlangten zur Klärung der Angelegenheit ein Austrägalgericht, das ihnen durch Joachim von Brandenburg verweigert wurde. Sie klagten deshalb wegen Rechtsverweigerung vor dem Reichskammergericht, das der Klage stattgab. Der Streit eskalierte und der Kurfürst entzog den Brüdern Borke die Lehen. Eine erneute Klage der Brüder vor dem Reichskammergericht, das das Urteil des brandenburgischen Lehensgerichts im August 1558 reformieren sollte, war die Folge. Ein Vorgehen, das Joachim von Brandenburg-Küstrin dazu veranlasste, das Reichskammergericht der Inkompetenz zu beschuldigen und um eine Revision zu bitten.⁹⁵ Im Mai 1559 wurde das Anliegen von der Visitationskommission behandelt⁹⁶
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 317, 1540. Schelp: Die Reformationsprozesse der Stadt Straßburg, S. 226. Siehe hierzu auch Harpprecht: Geschichte des Reichskammergerichts, Teil V und VI, S. 36 § 52. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 320, 1556. Elllen Franke: Küstrin – Speyer – Wien. Ein Kampf um das Recht im 16. Jahrhundert. Der Konflikt zwischen Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin und den Brüdern Borke, in: Sascha Butow u. a. (Hrsg.), Das Mittelalter endet gestern. Heinz-Dieter Heimann zum 65. Geburtstag. Berlin 2014, S. 162– 185. Franke: Küstrin – Speyer – Wien, S. 175 f. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1559.
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und abgelehnt.⁹⁷ Die Angelegenheit war brisant, da der Kurfürst von Brandenburg, ein Bruder Joachims, nach der Reichskammergerichtsordnung gerade in diesem Jahr als Visitationskommissar vorgesehen war.⁹⁸ Gleichzeitig diskutierte die Kommission, ob die Revision nicht vom Kaiser entschieden werden sollte, um ihr so mehr Gewicht zu verleihen.⁹⁹ Es blieb aber bei diesen Überlegungen. Brandenburg wollte die Ablehnung des Revisionsgesuchs nicht akzeptieren. Deshalb übergaben brandenburgische Gesandte auf dem Deputationstag 1560 ein Schreiben, in dem der Fürst das Reichskammergericht rekusierte und darum bat, die Revision einzustellen.¹⁰⁰ Schließlich sollte die Revision verschoben werden, was wiederum die Gebrüder Borke stark verärgerte. Hintergrund hierfür war, dass die fällige Kaution von 5000 Goldgulden durch den Brandenburger mit dem Argument, dass Fürsten dies nicht bezahlen müssten, nicht beglichen worden war.¹⁰¹ Kaiser Ferdinand war die Angelegenheit sehr unangenehm und er zögerte sie auf Kosten der Gebrüder Borke weiter hinaus.¹⁰² Auch ein Jahr später war die Angelegenheit immer noch nicht entschieden.¹⁰³ Deshalb wurden verschiedene Möglichkeiten der Lösung diskutiert: So wollte der Kaiser ex officio die Parteien persönlich zu sich bitten, alternativ sah man eine Kommission vor, die in Frankfurt die Parteien furzunemen und sie bescheiden ¹⁰⁴ solle. Während dieser gütlichen Verhandlungen sollten der Kammerrichter, die Beisitzer und die Prokuratoren den Prozess in Speyer ruhen lassen.¹⁰⁵ Die Gesandten Borkes wollten nur verhandeln, wenn die Kommissionsernennung durch die kaiserliche Kanzlei geschähe. Die Kommissare hielten dies für eine angemessene Lösung, da somit der Weg der Revision ungenutzt bliebe und ein Präjudiz vermieden würde.¹⁰⁶ Die Revision stieß nämlich aus formalen Gründen erneut auf Schwierigkeiten: In der Visitationskommission saß der braunschweigische Gesandte Joachim Mynsinger von Frundeck, der bei der Angelegenheit des Brandenburgers gegen Borke zweimal Referent und einmal Korreferent gewesen war. Die Revisionskommission hätte zudem formal durch die Gesandten der Prälaten und der Stadt Worms durchgeführt werden müssen. Beide Gesandte besaßen sehr wenig Erfahrung,
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1559. Mencke: Visitationen, S. 99 f. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1559. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1560. Franke: Küstrin – Speyer – Wien, S. 178 f. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1562. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1563. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1563. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1563. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1563.
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was nach Meinung der Visitationskommission gegen eine Durchführung der Revision mit dem vorhandenen Gremium sprach.¹⁰⁷ Ferdinand I. beharrte dagegen weiter auf gütlichen Verhandlungen,¹⁰⁸ da er befürchtete, dass sonst eine weitere konstruktive Mitarbeit des Kurfürsten von Brandenburg bei den zukünftigen Visitationen des Gerichts erschwert würde. Deshalb erfolgte bei der Visitation 1569 eine neue Runde der Verhandlungen unter der Anwesenheit des Kurfürsten von Brandenburg. Man drehte sich jedoch im Kreise und Brandenburg rekusierte erneut das Gericht. Die verärgerte Visitationskommission forderte, dass die Rekusation des Brandenburgers bestraft werden sollte.¹⁰⁹ Die Haltung aller daran beteiligten Parteien hatte sich so verhärtet, dass keine Fortschritte in den Verhandlungen, egal auf welcher Ebene, zu erzielen waren. Maximilian II. versuchte es 1575 erneut mit Güteverhandlungen. Letztlich abgeschlossen wurde das Verfahren jedoch erst im Jahr 1600. Die Nachfahren der Gebrüder Borke wurden wieder in ihre Lehen eingewiesen.¹¹⁰ Der alte Status quo war wieder hergestellt. Diese Episode zeigt deutlich: die Revision eines Urteils des Reichskammergerichts war eine heikle Sache und konnte nur dann gelingen, wenn die Revisionskommission im Reich und von den Parteien akzeptiert wurde. Das Mittel der gütlichen Verhandlungen war dabei nicht nur Alternative, sondern auch ein Teil des Prozesses. Es wird klar, dass Rechtsprechung im 16. Jahrhundert nicht nur eine Angelegenheit des Gerichts war. Reichsstände und Kaiser waren im Prozess der Friedenserhaltung auf verschiedenen Ebenen und zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark involviert und nur mit Zustimmung aller konnte überhaupt eine dauerhafte Einigung erzielt werden. Frieden war eine Angelegenheit, die alle anging, und die nur in Form eines Aushandlungsprozesses, der alle befriedigte, zu erreichen war. In den folgenden Jahren versuchte der Kaiser, die Revisionsverfahren zu begrenzen¹¹¹ und die Zusammensetzung der Revisionskommissionen zu steuern. Es wurde auf die Teilnahme von bedeutenden Reichsständen und von qualifizierten Juristen außerordentlicher Wert gelegt. Das zeigt auch ein Blick in das weitere Quellenmaterial, das sich mit den Folgen der Abwesenheit von geistlichen und weltlichen Fürsten in den Revisionskommissionen beschäftigte. Die Visitationskommissionen befürchteten zu Recht, dass die allgemeine Akzeptanz von Revi-
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 1563. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321a, 10. Mai 1563. Siehe auch Mencke: Visitationen, S. 105 mit weiteren Gründen. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1569. Franke: Küstrin – Speyer – Wien, S. 185. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321b, 1565.
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sionen sinken könne, wenn keine Fürsten anwesend wären.¹¹² Am Ende der Regierung Maximilians II. resignierten die Visitationskommissionen und es ging nur noch darum, Revisionen möglichst von vorneherein zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein pragmatischer Ansatz der Konfliktbewältigung bevorzugt, indem Maximilian II. den kaiserlichen Kommissaren mit auf den Weg gab, die Probleme gerichtsintern anzugehen. So wurde festgelegt, dass ein Richter bei der Urteilsfindung die ganze Akte von neuem lesen, discutieren und erwegen müsste, um die gefürchteten Revisionen zu vermeiden, da die Durchsicht der Protokolle nicht reiche, denn diese seien durch die Notare oft mangelhaft geführt worden. Maximilian II. befahl zudem seinen Kommissaren, darauf zu achten, dass nicht genugsam allein die conclusiones in gemein auffzuzeichnen, wann nicht auch die fundamenta und rationes, damit angezeigen werden, dan solches die rechte Regul und Richtschnur sindt, inn sachen gleichmessig zuhandeln und zu sprechen. ¹¹³ Kammerrichter und Beisitzer wehrten sich dagegen. Schließlich bedeutete dies alles einen erheblichen zeitlicher Mehraufwand, den dann wiederum die Kommission, der Kaiser und die Reichsstände rügten. Die Vorstellung des Kaisers und der Reichsstände, die Verhandlungen so lange wie möglich am Gericht zu belassen, um so die Politik zu entlasten, zeigt hier am deutlichsten seine Zweischneidigkeit. Letztlich war das Gericht als Forum des Konfliktaustrags friedenserhaltend, die Rechtsprechung selbst war sekundär. Sie diente zur Qualitätssicherung, ausschlaggebend war allein die Erhaltung des Friedens mit allen Mitteln. Nicht nur die Revision Borke beschäftigte die Visitationskommission sowie Kaiser und Reich über Jahre, auch die Revision im Prozesskomplex Ortenburg gegen Bayern sorgte für Diskussionsstoff im Reich und beeinflusste die Reichspolitik maßgeblich. Der Fall Ortenburg¹¹⁴ ist zudem eng mit der Religionspolitik im Reich verknüpft und würde auch in das Kapitel über Landfriedens- und Religionsfriedensbruch passen. Entscheidend in unserem Fall ist, dass dies das einzige Revisionsverfahren war, dem stattgegeben wurde. Konkret ging es darum, dass Herzog Wilhelm von Bayern mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versuchte, die 1563 eingeführte Reformation in der Grafschaft Ortenburg rückgängig zu machen. Hierzu besetzte der bayerische Herzog die Grafschaft und bestritt
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 16, 1567. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322b, 24. Mai 1576. Der Fall wird auch bei Harpprecht: Geschichte des Reichskammergerichts, Teil 5 und 6, S. 37 § 53 kurz erwähnt. Siehe hierzu auch Christian Wieland: Nach der Fehde. Studien zur Interaktion von Adel und Rechtssystem am Beginn der Neuzeit: Bayern 1500 bis 1600 (Frühneuzeit-Forschungen 20). Epfendorf/Neckar 2014 und Kratsch: Justiz – Religion – Politik.
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zugleich ihre Reichsunmittelbarkeit.¹¹⁵ Ortenburg wehrte sich gegen die mächtigen Bayern mit Hilfe der Gerichte.¹¹⁶ Die entscheidende Frage vor Gericht war, ob die Herrschaft Ortenburg reichsunmittelbar war oder nicht¹¹⁷ bzw. es musste die Frage beantwortet werden, ob sich die Eigenschaft Reichsunmittelbarkeit auf die Person oder die Grafschaft beziehe.¹¹⁸ Die Beisitzer entschieden sich dafür, dass die Person reichsunmittelbar sei und nicht die Güter. Ortenburg obsiegte, was dem Grafen jedoch wenig nutzte, da es an der Exekution der Beschlüsse mangelte. Der bayerische Herzog reagierte mit der Bitte um Revision. Das Gericht hielt in diesem Fall eine Revision generell für unzulässig. Es könne nicht sein, dass einer oder wenige Reichsunmittelbare die Ordnung der Reichsrechte und des Friedens gänzlich umstoßen könnten. Grundsätzlich war nämlich die Revision sowohl bei Landfriedens- als auch bei Religionsfriedensbruch umstritten.¹¹⁹ Dies wurde konkret auch während der Visitationen verhandelt.¹²⁰ So berichteten die kaiserlichen Kommissare, dass der ortenburgische Prokurator Küehorn darauf hingewiesen habe, dass es sich bei Ortenburg gegen Bayern um Religionssachen handle und deshalb überhaupt keine Revision möglich sei.¹²¹ Ansonsten schweigen die Visitationsquellen zu dieser Revision weitestgehend. Schließlich wurde der Revision gegen Ortenburg durch die Revisionskommission stattgegeben. Der Herzog von Bayern hatte gesiegt. Das Reichskammergericht war mit den Beschlüssen der Kommission nicht einverstanden und verkündete dies unmissverständlich der gesamten Reichsöffentlichkeit. Rudolf II. war deswegen verärgert und meinte, dass sich das Gericht schemen sollte.¹²² Der Kaiser befürchtete zudem, dass Ortenburg weitere Bedenken vorbringen könne. Er bat deshalb die Kommissare, es bei dieser einmaligen Revision zu belassen und durchzusetzen, dass dagegen nicht mehr tractiert und beschlossen werden könne.¹²³ Gleichzeitig sollten die Visitatoren das Gericht wegen seiner widerspenstigen Haltung in dem Fall ermahnen, da der Kaiser durch das Verhalten des Gerichts seine eigene Autorität gefährdet sah. Kammerrichter, Präsidenten und Beisitzer sollten darauf
Kratsch: Justiz – Religion – Politik, S. 117. Wieland: Nach der Fehde, S. 325. Insgesamt listet Wieland 21 Prozesse vor dem Reichskammergericht gegen Albrecht V. von Bayern auf und 10 Prozesse gegen Wilhelm V. von Bayern. Hinzu kommen weitere 23 Reichshofratsprozesse. Wieland: Nach der Fehde, S. 326. Kratsch: Justiz – Religion – Politik, S. 119. Kratsch: Justiz – Religion – Politik, S. 120. Es ist davon auszugehen, dass viele Aspekte des Konflikts auch mündlich verhandelt wurden. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584 ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584.
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hingewiesen werden, das Sy auf uns als Ir ainigs Oberhaupt und dene diß Chamergericht zuegeherig ain mherers Respect haben. ¹²⁴ Hier zeigt sich deutlich, was sich bereits im Kapitel über die Akteure angedeutet hat: Rudolf II. versuchte das Reichskammergericht nach seinem Willen zu instrumentalisieren. Es galt, eine Rechtsprechung in seinem Sinne durchzusetzen. Die Rolle des Gerichts bestand nun nicht mehr darin, die Parteien vor Gericht ‚zu beschäftigen‘, damit der Frieden im Reich gewahrt würde, sondern Rudolf II. verlangte vom Gericht eine endgültige und effiziente Rechtsprechung. Die Kommissare versuchten, diesen neuen Regierungsstil zu mildern, indem sie ermöglichten, dass dem Grafen von Ortenburg wenigstens die Steuern für sein Territorium erlassen wurden.¹²⁵ Weitere Versuche des Grafen, sich gegen seine Behandlung während der Visitation und durch den Kaiser zu wehren, verliefen jedoch im Sande.¹²⁶ Ein anderer Revisionsfall lässt sich aus den Visitationsakten weit besser rekonstruieren und soll hier ausführlicher dargestellt werden, da es nicht nur um Revision, sondern auch um Korruption am Gericht ging.¹²⁷ Streitparteien waren der Ratsherr Claus Bromm aus Frankfurt/Main und die Reichsstadt Frankfurt. Bromm hatte in Wittenberg bei Melanchthon studiert und war seit 1546 im Rat der Stadt Frankfurt; von 1548 bis 1550 fungierte er als städtischer Gesandter. Bromm galt als reichster und einflussreichster Bürger der Stadt. In seiner Eigenschaft als Ratsmitglied machte er seine Kollegen auf die Steinacher Metallgesellschaft im mansfeldischen Land aufmerksam. Eine Investition in das Unternehmen, das Metalle trennte, um reines Kupfer zu gewinnen, erschien ein lohnendes Geschäft. Der Rat der Stadt Frankfurt investierte, ebenso Claus Bromm, der rund 20 000 fl. zur Verfügung stellte.¹²⁸ Bromm und dem Rat der Stadt blieb aber verborgen, dass das Geschäft inzwischen Schulden machte und unbemerkt in den Bankrott ging. Als das ganze Ausmaß der wirtschaftlichen Verluste realisiert wurde, machte der Frankfurter Rat Bromm zum Sündenbock. Dieser wehrte sich jedoch mit allen Mitteln dagegen. Er reiste u. a. nach Wien und veranlasste dort den Kaiser, eine kaiserliche Kommission unter Graf Friedrich Magnus zu Solms und dem kur-
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. Der Fall ist in der Forschung kaum bekannt. Nach wie vor ist hier Alexander Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 1– 4, Frankfurt/Main 1910, Bd. 1, S. 294 ff. maßgebend. Siehe auch Inventar der Akten des Reichskammergerichts 1495 – 1806. Frankfurter Bestand, bearb. von Inge Kaltwasser.Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission XXI. Frankfurt am Main 2000, Nr. 167, Prozessdauer laut Repertorium von 1570 bis 1580. Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 1, S. 299.
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mainzischen Hofmeister Eberhard Rud zusammenzustellen. Die Kommission kam jedoch zu keinem befriedigenden Ergebnis und es wurden weitere einberufen. Dem wirtschaftlichen Ruin Bromms folgte der soziale Abstieg. Bromm wurde vom Rat suspendiert und die Frankfurter Adelsgesellschaft Alten Limpurg versuchte, ihn aus ihren Reihen auszuschließen¹²⁹. Schließlich wurden die Parteien durch kaiserliches Dekret an das Reichskammergericht nach Speyer verwiesen.¹³⁰ Das am Gericht gefällte Urteil fiel nicht im Sinne von Bromm aus, der daraufhin eine Revision durch die Visitationskommission verlangte. Rudolf II. sah diese Entwicklung mit großer Besorgnis und instruierte die kaiserlichen Kommissare entsprechend.¹³¹ So wurden für den Revisionsrat 1581 folgende Personen vorgesehen: Der Kaiser wurde von Wendel Arzt vertreten, während von Mainz der Kanzler Christoph Faber sowie Georg Seiblin geschickt wurden. Sachsen hatte Abraham Borck von Pollach und Hieronymus Barschmann gesandt, während der Pfalzgraf Johann Gayling und Theodor Beiser vertraute. Die geistlichen Reichsstände wurden für den Bischof von Metz durch Johann Werwers und Daniel Venatorum vertreten, während die Prälaten Johann Jakob Langhans und einen weiteren Vertreter schickten. Die Grafen vertrauten dagegen dem Amtmann Paul von Welsberg, der auch münzenbergischer Rat war, und Peter Offenthal, für die Reichsstädte gehörte Johann Baptist Krötlin dem Gremium an.¹³² In einem Sonderbericht klärte der kaiserliche Kommissar, Eitel Friedrich von Hohenzollern, den Kaiser über die brisante Lage bezüglich des Brommschen Prozesses auf. Er berichtete, dass der Prozess zwar nicht mangelhaft geführt worden sei, die Sachen aber sehr schnell zum beschluß gefurdert ¹³³ worden seien. Deshalb wären Gerüchte in Umlauf, dass die Stadt Frankfurt 2 000 Goldgulden bezahlt habe, um die Urtheyl dardurch fuer sich zu erlangen ¹³⁴. Der Kommissar hielt eine solche beschreyung ¹³⁵ für sehr gefährlich und drängte darauf, die Inquisition weiter durchzuführen. Bromm behauptete sogar, den Referenten im Prozess zu ken-
Stephanie Dzeja: Zu Nutz der Statt und Regiment. Zum Selbstverständnis der Frankfurter Geschlechtergesellschaft Alt-Limpurg nach dem Fettmilch Aufstand, in: Werner Rösener (Hrsg.), Adelige und bürgerliche Erinnerungskulturen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (Formen der Erinnerung 8). Göttingen 2000, S. 177– 190, S. 188. Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 1, S. 304. Siehe hierzu auch Andreas Hansert: Geburtsaristokratie in Frankfurt am Main. Geschichte des reichsstädtischen Patriziats. Köln/ Weimar/Wien 2014., S. 176 ff. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1581.
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nen¹³⁶, was die Visitationskommission zu einem ungewöhnlichen Vorgehen veranlasste: Claus Bromm wurde vor die Kommission geladen, um dort persönlich auszusagen und seine Beschuldigungen vorzubringen. Bromm ließ sich bitten. Er spielte auf Zeit, zumal einige Punkte erst noch geklärt werden mussten. So diskutierte die Kommission ausführlich, ob Bromm ohne Protokollierung vernommen werden sollte oder nicht. Schließlich plädierten sie für die Dokumentation der Vernehmung in schriftlicher Form.¹³⁷ Am 9. Mai 1581 war es soweit: Bromm berichtete, dass er erfahren habe, dass in seiner Angelegenheit Dr. Theodor Apian Referent gewesen sei und Dr. Bartholomäus Latomus Korreferent. Involviert sei zudem ein Prokurator gewesen, der die Bestechungsgelder deponiert habe.¹³⁸ Die nachfolgende Diskussion unter den Visitatoren war heftig. Vor allem die Geheimhaltungspflicht der Referenten stand zur Disposition. Daneben suchte man Entlastungsargumente: So meinte der Vertreter Sachsens, das übergebene Geld, das angeblich in dem Prokuratorenhaushalt deponiert worden sei, könne auch für die Revision gewesen sein.¹³⁹ Schließlich beschloss die Kommission noch am gleichen Tag, den Kammerrichter und das Kameralkollegium zu vernehmen, um so der Sache auf den Grund zu gehen. Während des Verhörs baten Kammerrichter und der Beisitzer Melchior Drechsel die Visitatoren inständig, herauszufinden, wer der Prokurator gewesen sei, bei dem das Geld deponiert worden sei.¹⁴⁰ Schließlich fand man heraus, dass kein Prokurator, wohl aber ein Praktikant das Geld angenommen hatte. Die eigentliche Revisionskommission trat erst im August 1581 zusammen. Die Ansichten über den Umgang mit der Affäre waren geteilt. Teile der Revisionskommission waren nur allzu bereit, die Angelegenheit schnell abzuhandeln und schlugen deshalb einen Vergleich vor. Bromm war jedoch daran nicht interessiert und hinterlegte 500 fl. Kapital, um die Revision durchführen zu können.¹⁴¹ Entnervt beauftragte der Kaiser schließlich den externen Gutachter, Philipp Wolf von Rosenbach, der die Sache untersuchen sollte. Aber Rosenbach hatte es mit diesem heiklen Auftrag nicht besonders eilig.¹⁴² Rudolf II. war darüber sehr ungehalten und regte deshalb an, die Kammergerichtsordnung zu ändern.¹⁴³ Was der Kaiser konkret meinte, wird in der Quelle nicht gesagt. Inzwischen hatte sich der
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 39, 1981. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 39, 1581. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 39, 1581. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 39, 1581. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 39, 1581. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 39, 1581. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582.
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Augsburger Reichstag mit der Angelegenheit beschäftigt und angeordnet, dass die Visitationskommission weiterhin zuständig sei. Diese wiederum spielte auf Zeit und wollte erst auf den Bericht Philipp Wolfs von Rosenbach warten, der immer noch nicht in Speyer eingetroffen war. Der verärgerte Kaiser wies darauf hin, dass Wolf von Rosenbach inzwischen Mainzer Kanzler geworden sei und die Kommission ihn deshalb, da er bei der Visitation anwesend sein müsse, auch direkt befragen könne.¹⁴⁴ Hier zeigt sich deutlich, das Spielen auf Zeit hatte zwei Seiten. Es diente dazu, Frieden zu wahren, konnte aber auch dazu missbraucht werden, bestimmte Interessen und Personen wirksam auszumanövrieren. Eine weitere Erwähnung findet der Fall in den gesichteten Akten nicht. Es ist also nicht klar, ob Wolf von Rosenbach jemals irgendetwas berichtet hat. Bromm starb 1587 völlig verschuldet, so dass über seinen Nachlass Konkurs angemeldet wurde.¹⁴⁵ Korruption war ein Thema, das nicht erst in der Brommschen Affäre aktuell war. Vielmehr beschäftigte sich die Visitationskommission schon in den 1530er Jahren mit dem Phänomen. Allgemein hat sich die Geschichtswissenschaft in jüngster Zeit intensiv mit Fragen zur Korruption auseinandergesetzt.¹⁴⁶ In Bezug auf das Reichskammergericht müssen dagegen trotz des Aufsatzes von Wolfgang Sellert¹⁴⁷ erhebliche Forschungsdefizite konstatiert werden. Etwas Abhilfe schafft der Ausstellungsband Die Affäre Papius ¹⁴⁸. Hier geht es aber um Korruption am Reichskammergericht im 18. Jahrhundert in Wetzlar. Die Korruptionsaffäre um Götz von Berlichingen, die im Folgenden dargestellt werden soll, wird bis jetzt in der Literatur nicht erwähnt, da die Akten erst jüngst gefunden wurden. Der Fall weist zudem nicht nur in zeitlicher Hinsicht erhebliche Unterschiede zum vorherigen auf: Die Streitparteien waren Götz von Berlichingen und der Fiskal des Gerichts.¹⁴⁹ Götz von Berlichingen war, im Gegensatz zu Bromm, Reichsritter und stand zudem in einem besonderen Verhältnis zu Karl V. Folgendes war geschehen: Der Fiskal Caspar Mart hatte Götz von Berlichingen wegen Landfriedensbruch angeklagt, weil sich Berlichingen angeblich mit den Bauern im Bauernkrieg ver-
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte Bd. 1, S. 304. Zuletzt: Jens Ivo Engels: Die Geschichte der Korruption: von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert. Frankfurt/Main 2014. Wolfgang Sellert: Richterbestechung am Reichskammergericht und am Reichshofrat, in: Friedrich Battenberg/Filippo Ranieri (Hrsg.): Geschichte der Zentraljustiz in Mitteleuropa. Festschrift für Bernhard Diestelkamp zum 65. Geburtstag. Köln/Weimar/Wien 1994, S. 329 – 348. Anette Baumann/Anja Eichler (Hrsg.), Die Affäre Papius. Korruption am Reichskammergericht. Petersberg 2012. Rautenberg: Reichsfiskal, S. 1 und 7.
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bündet hatte. Damit drohte Götz bei einer Verurteilung die Acht. Der Prozess stagnierte und versickerte im Terminsystem. Schließlich war von der Klage des Fiskals keine Rede mehr. Die kaiserlichen Kommissare forschten deshalb 1531 nach und versuchten herauszufinden, warum ein weiteres Vorgehen durch den Fiskal unterblieben war.¹⁵⁰ Die Visitationskommission befragte hierüber die Beisitzer ausführlich. Die Antworten fielen dabei sehr unterschiedlich aus. Der Beisitzer Hartmann Mohr wies deutlich darauf hin, dass Berlichingen item 1t Gulden empfangen habe, damit der Fiskal ihn auss der Acht absolviret ¹⁵¹ und der Beisitzer Franz Frosch erwähnte Unregelmäßigkeiten beim Verhalten des Fiskals gegenüber Berlichingen.¹⁵² Eitel Trautwein, ein weiterer Urteiler, wiederum erklärte ganz allgemein, dass sich der Fiskal mit Götz von Berlichingen vertragen habe¹⁵³ und der Beisitzer und Reichsritter Johann Sebastian von Hürnheim deutete an, dass nichts ohne das Wissen des Reiches geschehen sei.¹⁵⁴ Die Befragung der Kommission führte also nicht weiter, sondern blieb – bis auf die eindeutige Aussage Mohrs – im Beliebigen stecken. Gleichzeitig vermied es die Kommission, sich konkret nach dem Verhalten des Fiskals zu erkundigen. Denn gerade der Fiskal vertrat die Angelegenheiten des Kaisers. Schließlich wandte sich der kaiserliche Kommissar von Helfenstein an Karl V. und bat um ein persönliches Gespräch.¹⁵⁵ Als Ergebnis der Unterredung wurde der Fiskal entlassen.¹⁵⁶ Götz musste sich seiner Sache ziemlich sicher gewesen sein, wenn er es wagte, in einem Achtverfahren den Fiskal zu bestechen. Er scheint für sein Vergehen auch nicht zur Rechenschaft gezogen worden zu sein, vielmehr blieb Karl V. Götz von Berlichingen weiterhin wohlgesonnen und löste ihn 1540 sogar von der Urfehde. Außerdem zog Götz von Berlichingen später zweimal in Diensten des Kaisers in den Krieg, so 1542 gegen die Türken und zwei Jahre später gegen Frankreich.¹⁵⁷ Ein drittes Beispiel zeigt, was passieren konnte, wenn sich ein mächtiger Reichsstand ungerecht durch das Gericht behandelt fühlte und sich deshalb als Opfer von Korruption sah. So hatte Albrecht Alcibiades den Vorwurf erhoben, dass das Achturteil des Gerichts gegen ihn durch Bestechung erlangt worden sei. Die Empörung darüber war während der Reichskammergerichtsvisitation 1556
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1531 ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 2, 1531 ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1531. Baumann: Visitationen, S. 69. Volker Press: Götz von Berlichingen (ca. 1480 bis 1562). Vom Raubritter zum Reichsritter, in: ders: Adel im Alten Reich. Tübingen 1998, S. 333 – 356, S. 352.
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groß. Die Kameralen fürchteten ernsthaft um ihre Reputation und die Autorität des Gerichts, zumal die Vorwürfe in gedruckter Form im Reich verbreitet worden waren.¹⁵⁸ Albrecht Alcibiades hatte zuvor schon gezeigt, was er von dem Gericht hielt, denn 1552/53 fiel er in der Stadt Speyer ein und plünderte sie. Das Gericht als Institution und die Kameralen waren dabei auf das Höchste gefährdet gewesen. Es zeigt sich an den Beispielen, dass Korruption ein Thema am Gericht war, das möglichst diskret abgehandelt wurde. Dabei war die Kommunikation zwischen kaiserlichen Kommissaren und dem jeweiligen Kaiser entscheidend. Hinzu kamen die konkreten Interessen des Kaisers in der Angelegenheit. In den beiden ersten Fällen war der Kaiser, jedenfalls indirekt, mitbetroffen, denn jeweils eine Partei war mehr oder minder mit ihm verbunden. Die Privatpartei Bromm war Rudolf II. zum Schluss nur noch lästig. An der Lösung des Falls und der Bestrafung der Missetäter bestand gar kein Interesse. Wichtig war nur der Ruf des Gerichts. Im Fall Götz von Berlichingen galt es vor allem, das Gesicht des Kaisers zu wahren. Nicht der Bestechende und der Bestochene wurden verfolgt, sondern nur der Bestochene, denn ein Fiskal, der korrupt war, sandte ein falsches Signal an die Reichsstände und die Untertanen des Reiches. Götz von Berlichingen ließ man sein Verhalten jedoch durchgehen, obwohl er wegen Landfriedensbruch verklagt worden war. Er war für den Kaiser nach wie vor nützlich. Auch Albrecht Alcibiades besaß als Reichsfürst einen anderen Stellenwert. Insgesamt zeigt sich, dass die Mängel der Arbeit der Richter zum einen am fehlenden Fleiß lagen, zum anderen aber auch politische Gründe hatten. Rekusationen, Revisionen und Syndikate störten den Gerichtsbetrieb und beschädigten das Ansehen des Gerichts. Meist handelte es sich um Fälle, die sich nicht über reine Rechtsprechung lösen ließen. Entscheidend ist aber auch hier: Es fand ein ständiger kommunikativer Prozess statt, der möglichst alle Parteien des Streites und darüber hinaus das ganze Reich umfasste. Konfliktlösungsmöglichkeiten wurden zwar am Gericht beraten, gingen letztlich aber alle an.
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 8, 1556.
Das Ringen um Disziplin oder die Suche nach der Definition angemessenen Verhaltens Die Visitatoren verlangten aber nicht nur Leistung und Qualität. Sie wollten das Reichskammergericht auch zu einer einheitlichen, vorbildlichen und zentralen Behörde ausgestalten. Neben den Leistungsnachweisen maß die Visitationskommission deshalb drei Faktoren eine besondere Bedeutung zu: erstens der Religionszugehörigkeit, zweitens der angemessenen Kleidung und drittens der pünktlichen Anwesenheit der Kameralen.
Die Religionszugehörigkeit der Kameralen Eine der zentralen Fragen bei der Beurteilung des Charakters der Kameralen war ihre Haltung zur Religion. Die Visitatoren interessierten sich dabei zum einen für die persönliche Religiosität des einzelnen Kameralen, aber auch für die Rechtsprechung in Religionssachen. Es handelt sich also um zwei Aspekte, die eng miteinander verflochten waren, aber im Protokoll an unterschiedlichen Stellen abgehandelt wurden. An dieser Stelle geht es um die persönliche Haltung der Kameralen zur Religion.¹ Grundsätzlich änderten sich die Fragen zur Religion während des Untersuchungszeitraums nicht. Es waren aber im Laufe der Jahre unterschiedliche Dinge gemeint. Die Zäsur stellt der Augsburger Religionsfrieden von 1555 dar. Während vor dem Augsburger Religionsfrieden 1555 die Fragen darauf abzielten, herauszufinden, wer dem lutherischen Glauben anhinge, wurde nach dem Augsburger Religionsfrieden thematisiert, wer zu einer Sekte gehöre. Besonders interessierte die Visitatoren, wer zum Calvinismus neige, Zwinglianer oder gar Schwenkfeldianer sei. Erstmals wurde die Religionszugehörigkeit der Kameralen 1526 von der Visitationskommission diskutiert. Bei der Erarbeitung des Fragenkatalogs einigte man sich darauf zu fragen, was die Kameralen von der Religion und den Sakramenten hielten.² 1531 verfuhr man bereits wesentlich konkreter. Es erfolgte nun eine Klassifizierung der Personen nach lutherischer und katholischer Konfession. Erstmals
Siehe aber auch das Kapitel Die Definition von Landfriedens- und Religionsfriedensbruch als zentrale Aufgabe des Gerichts. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1526. https://doi.org/10.1515/9783110574050-009
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wurden auch konkrete Personen als lutherisch bezeichnet. Es handelte sich dabei um die Prokuratoren Konrad Schwabach, Friedrich Reiffsteck, Christoph Hoss, Simeon Engelhard, Hieronymus Hauser³ sowie Ludwig Hirter, der später in einer tätlichen Auseinandersetzung ermordet wurde.⁴ Zu den anderen Prokuratoren fehlen weitere Angaben. Das Protokoll ist an den entsprechenden Stellen nicht ausgefüllt. Die Gründe hierfür sind unbekannt, lassen aber Spielraum für Spekulationen, da die Leerstellen offensichtlich sind. Entweder verweigerten die Kameralen die Antworten und/oder aber die Visitatoren gaben es auf, zu fragen. 1550 zeigen sich in den Protokollen erstmals die Konsequenzen aus der Befragung der Visitationskommission zur Religion. Es entstand trotz erheblichen Personalmangels eine Diskussion um die Annahme des Advokaten Crispinus Simmel, der zu lutherisch gepredigt hatte.⁵ Zugleich beklagten die Beisitzer bezüglich der Religionsfragen die zu enge Verbindung der Advokaten und Prokuratoren zu Heidelberg. Die Visitatoren waren mit den Antworten der Kameralen zu Fragen der Religion sehr unzufrieden, da sie vermuteten, dass die Gerichtsangehörigen wichtige Informationen verschwiegen. Die von allen demonstrierte Einigkeit erschien der Visitation wenig glaubwürdig.⁶ Allerdings gelang es ihnen nicht, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen. Dies änderte sich 1555. Noch vor der Verkündigung des Augsburger Religionsfriedens fragte der Kammerrichteramtsverweser Jakob Freiherr von Künßberg bei den Visitatoren an, wie er sich gegenüber dem Prokurator Martin Reichard verhalten solle. Reichard hatte sein Kind nach der lutherischen Religion taufen lassen, was, wie der Amtsverweser betonte, eindeutig gegen die Reichskammergerichtsordnung von 1548 verstieße. Die Affäre schlug hohe Wellen, denn Friedrich Pfalzgraf bei Rhein, Christoph Herzog von Württemberg und auch der Landgraf Wilhelm von Hessen mischten sich in die Diskussion ein.⁷ Die Sache erübrigte sich schließlich, da sich die Ereignisse mit der Verkündung des Augsburger Religionsfriedens überschnitten, worin sowohl lutherische als auch katholische Kamerale zugelassen wurden. 1557 erfolgte im Protokollbuch bezüglich der Religion der Vermerk, dass gemäß dem Augsburger Abschied von 1555 kein Unterschied in der Religion gemacht werden sollte.⁸
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1531. Roland Deigendesch: Roland Ludwig Hierter. Doktor-Anwalt des protestantischen Deutschlands, in: Reutlinger Geschichtsblätter 55, Neue Folge (2016), S. 119 – 154. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 7, 1550. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 7, 1550. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319b, 1555, siehe auch ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 320, 1556. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557.
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Das Ringen um Disziplin oder die Suche nach der Definition
In den folgenden Jahren wurden die Fragen zur Religion auffällig einsilbig beantwortet. Die Kameralen antworteten unisono, dass sie dazu nichts zu sagen hätten. Das Schweigen hielt bis 1569. Jetzt argwöhnten die Visitatoren, dass Reichskammergerichtsangehörige dem reformierten Glauben, oder gar der Sekte der Schwenkfeldianer angehörten. Bei den Schwenkfeldianern handelt es sich um eine Glaubensrichtung, die eine Art Mittelweg zwischen Protestanten und Katholiken verfolgte.⁹ Konkret wurden der burgundische Assessor Aggaeus van Albada¹⁰ und Nikolaus Cisner¹¹, der aus der Kurpfalz stammte, als einer fremden Religion anhängig verdächtigt.¹² Meist verhielten sich die Beisitzer bei ihren Aussagen jedoch sehr vorsichtig und sprachen nur ganz allgemein von der Zuneigung der beiden Urteiler zu Heidelberg ¹³. Andere Assessoren erklärten, dass einige Beisitzer weder der alten Religion noch augspurgischen Confession zugethan seien.¹⁴ Zu dieser Zeit hatte sich nicht nur der Calvinismus, sondern auch die Sekte der Schwenkfeldianer in der Pfalz und in Speyer verbreitet. Sicher ist, dass es zahlreiche Juristen gab, die den Schwenkfeldianern zuneigten. Eines der Zentren war u. a. Heidelberg¹⁵ und einer der führenden Köpfe der Sekte tatsächlich der Beisitzer Aggaeus van Albada, der deswegen Speyer 1570 verlassen musste.¹⁶ Albada war über den Hof des Bischofs und Kammerrichters Marquard von Speyer zu den Schwenkfeldianern gekommen. Neun Jahre später war Albada der Sprecher der Generalstaaten bei den Kölner Friedensverhandlungen zwischen den Niederlanden und Philipp II.¹⁷ Er formulierte aus diesem Anlass die These, dass die Generalstaaten die Volkssouveränität besäßen, da Gott alle Menschen frei und gleich erschaffen habe. Fürsten seien nur dazu da, die menschliche und bürgerliche Gesellschaft zu fördern, deshalb sei der Widerstand gegen Philipp II. legitim.¹⁸ Auch Raphael Sailer, der das berühmte Urteilsbuch des Reichskammerge-
Caroline Gritschke: Via media. Spiritualistische Lebenswelten und Konfessionalisierung. Das süddeutsche Schwenckfeldertum im 16. und 17. Jahrhundert. Berlin 2006, S. 69. Wiebe Bergsma: Aggaeus van Albada (1525 – 1578) schwenckfeldian, staatsman en strijder voor vertraagzaamheid. O. O. 1983. Günther Dickel: Kistner (Cisner[us]), Nicolaus, in: NDB 11 (1977), S. 690 – 691, S. 690 f. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1569. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1569. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1569. Gritschke: Via media, S. 111. Gritschke: Via media, S. 420. Gritschke: Via media, S. 114. Martin Gelderen: Antwerpen, Emden, London 1567. Der Streit zwischen Lutheranern und Reformierten über das Widerstandsrecht, in: Luise Schorn-Schütte (Hrsg.), Das Interim 1548/50.
Die Religionszugehörigkeit der Kameralen
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richts¹⁹ veröffentlicht hat, war Schwenkfeldianer.²⁰ Sailer wurde nach seinem Weggang vom Gericht von Bischof Marquard von Speyer in seine Kanzlei geholt.²¹ Die Forschung geht davon aus, dass der Speyerer Bischof selbst spätestens seit Anfang der 1570er Jahre dem Schwenkfeldianismus zuneigte.²² Bei den Visitationen wurde darüber – jedenfalls in den offiziellen Dokumenten – geschwiegen. Der Bischof hatte seine eigene Vorstellung von der Führung des Gerichts und Maximilian II. und Rudolf II. beließen es dabei. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Erstmals sprachen die Visitatoren 1571 explizit von Reformierten und Calvinisten.²³ 1572 wurde in der St. Ägidienkirche in Speyer durch den Pfälzer Kurfürsten ein reformierter Pfarrer angestellt.²⁴ In der Reichsstadt erzeugte dies beträchtliche Unruhe, so dass der Rat zur Jahreswende 1576/77 den calvinistischen Prediger Infantinus nach dem Tod des reformierten Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich III., schleunigst absetzte, da nun wieder ein lutherischer Kurfürst in der Pfalz herrschte. Die Stadt musste sich nach der Kurpfalz richten und es kam zu Tumulten. Die innerstädtischen Auseinandersetzungen²⁵ blieben auch der Visitationskommission nicht verborgen. Der Mainzer Visitator Faber mischte sich frühzeitig im Januar in die innerstädtische Debatte ein, da er um das Reichskammergericht fürchtete. Im Mai war die Sorge nicht verschwunden. So heißt es im Protokoll, dass sich am Gericht etliche Personen auch under dem Schein der augspurgischen Confession … einschleichen und andere im Religionsfrieden, außgeschloßene schedtliche Secten formiern. ²⁶ Rudolf II. ermahnte den Rat, die Unruhen beizulegen und einen Aufstand der Bürgerschaft gegen den Rat abzuwehren. Auch Marquard von Hattstein, Bischof und Kammerrichter, zeigte sich deswegen auf das Höchste alarmiert.²⁷ Schließlich stellte der Rat verstärkt Wachen auf, wozu auch auswärtige Söldner rekrutiert wurden.
Herrschaftskrise und Glaubenskonflikt. Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Nr. 203 (2005), S. 105 – 116, S. 115. Rafael Sailer: Cammergerichts Bei unnd end urthail Selectissimarum sententiarum in amplissimo summoque sacrae imperialis camerae iudicio ab anno dominie MCCCCXCV usque ad annum MDLXX inclusive, publicatarum. Frankfurt a.M. 1572– 1573. Grischke: Via media, S. 420. Gritschke: Via media, S. 420. Grischke: Via media, S. 421. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 23, 1571. Daniela Blum: Multikonfessionalität im Alltag. Speyer zwischen politischem Frieden und Bekenntnisernst (1555 – 1618). Münster 2015, S. 16. Der Assessor Eschenfelder erwähnt den Aufruhr in seiner Befragung. Siehe ÖStA HHStA Wien RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. Blum: Multikonfessionalität im Alltag, S. 80 f.
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Das Ringen um Disziplin oder die Suche nach der Definition
Das Protokoll spiegelt diese politische Krise der Reichsstadt wider. Die Visitatoren machten den Kameralen unmissverständlich klar, dass alle Präsentierten nur der augsburgischen oder katholischen Religion angehören dürften. Ansonsten drohe eine ernsthafte Bestrafung oder Entlassung.²⁸ Der kaiserliche Kommissar Hegenmüller hatte hierzu eine entsprechende Instruktion des Kaisers an den Mainzer Erzkanzler übergeben.²⁹ Danach verraten die Protokolle nichts mehr über die religiöse Zugehörigkeit zu den Parteien oder über Streit. Die Episode zeigt aber anschaulich, wie eng Reich, Reichsstadt und Bistum sowie die benachbarten Reichsstände Mainz und Kurpfalz im Ort Speyer miteinander verflochten waren. Hier spielten sich im kleinen reichsstädtischen Rahmen die großen Konflikte des Reiches ab.
Der Streit um die angemessene Kleidung Ein weiterer Aspekt beschäftigte die Visitationskommission ebenfalls gründlich und immer wieder und ist in seiner Bedeutung leicht zu unterschätzen. Es handelt sich dabei um die angemessene Kleidung der Kameralen, vor allem der Beisitzer. Die materielle Kulturgeschichte hat sich in jüngster Zeit ausgiebig mit Kleidung beschäftigt und festgestellt, dass Kleidung ab dem 16. Jahrhundert eine Strategie zur sozialen Differenzierung darstellte.³⁰ So meint Ulinka Rublack: clothes could thus be imagined to literally speak their own language; they made the most immediate and powerful statement about social status to contemporaries: in an extremly hierarichal society which was by definition a politicized process ³¹. Keupp weist zudem darauf hin, dass ein enger Zusammenhang zwischen Kleider- und Identitätsforschung besteht, die sich überdies gegenseitig befruchten könnten.³² Er sieht Kleidung als Ansatzpunkt für Aushandlungsprozesse über den sozialen Standort einer Person.³³
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. Gabriele Mentges: Kleidung, in: ENZ 26 (2007), Spalte 749 – 758, Spalte 750. Siehe auch z. B. Martin Dinges: Der feine Unterschied. Die soziale Funktion der Kleidung in der höfischen Gesellschaft, in: ZHF 1 (1992), S. 46 – 79 und ders.: Von der Lesbarkeit der Welt zum universalisierten Wandel durch individuelle Strategien. Die soziale Funktion der Kleidung in der höfischen Gesellschaft, in: Saeculum 44 (1993), S. 90 – 112. Ulinka Rublack: Dressing up. Cultural identity in Renaissance Europe. Oxford 2010, S. 78. Jan Ulrich Keupp: Speyrer Trachtenbilder – Gemalte Mode, in: Kurt Andermann (Hrsg.), Bürger – Kleriker – Juristen. Speyer um 1600 im Spiegel seiner Trachten. Ostfildern 2014, S. 61– 75, S. 18. Keupp: Speyrer Trachtenbilder, S. 22.
Der Streit um die angemessene Kleidung
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Genau um diese Frage ging es auch in den Diskussionen der Visitatoren um die angemessene Kleidung der Assessoren, die in der Mitte der 1550er und zu Anfang der 1570er Jahre aktuell waren. 1556 wurde zum ersten Mal seitens der Kommission eine bestimmte Kleidung gefordert. Das Gerichtspersonal solle gemäß seinem Beruf und Stand als gelertte und erfarene Leute sich selbst nach gelegenheit Ireß beruffs und standts bevleissen. ³⁴ Ein Jahr später wurde die Kommission etwas detaillierter. Sie wollte, dass die Prokuratoren nit erhlich Röck …, sondern kurtze Menttel in der audientz anthun ³⁵. Danach ruhte vorerst der Streit um die rechte Kleidung. 1571, ein Jahr nachdem auch der Reichstag in Speyer stattgefunden hatte, forderte Maximilian II. die Beisitzer dazu auf, in richtiger Kleidung zu erscheinen. Maximilian II. hatte davon eine genaue Vorstellung. Die Urteiler sollten tamquam perpetui togati senatores in Senatu Imperii ³⁶ tragen. Maximilian beließ es aber nicht bei einer Empfehlung: Falls sich die Urteiler nicht daran hielten, sollte der Kammerrichter Disziplinarmaßnahmen ergreifen. Die adeligen Urteiler wehrten sich empört dagegen. Sie argumentierten, dass es ihren Vorstellungen von ihrem Stand widerspräche, wenn sie wie Pfaffen ³⁷ aussähen. Sie müssten sich ihrem adeligen Stand gemäß verhalten, das schlösse auch die entsprechende Kleidung mit ein.³⁸ Hintergrund der ganzen Auseinandersetzung war, dass die Urteiler zu den Audienzen in ihrer jeweiligen Landestracht erschienen. Sie wollten damit ihre Zugehörigkeit zu dem Reichsstand demonstrieren, der sie für das Richteramt präsentiert hatte. Dieses Verhalten war für die Demonstration des Reichskammergerichts als zentrale Reichsbehörde nach Meinung des Kaisers das falsche Signal. Die Wogen schienen hoch geschlagen zu sein, denn die kaiserlichen Kommissare erbaten sich die Hilfe des Kaisers, der den Beisitzern explizit befehlen sollte, in zierlichen Kleidern ³⁹ aufzutreten. Nur so können die kaiserliche Majestät und das Heilige Römische Reich geehrt werden.⁴⁰ Maximilians II. Befehl und sein Drängen sowie die Bemühungen der Visitationskommission scheinen aber nicht gewirkt zu haben. Der kaiserliche Kommissar Hegenmüller pochte noch drei Jahre später darauf, die Kleiderfrage nicht außer Acht zu lassen,⁴¹ zumal der Kaiser davon nicht abließ und sich jetzt zusätzlich auf das Aussehen der
ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 1556. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4, 1557. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 1570. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 26a, 1572. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 26a, 1572. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 6, 1573. Siehe hierzu auch Harpprecht: Geschichte des Reichskammergericht, Teil V und VI, S. 31 f. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 29, 1574.
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Prokuratoren und Advokaten konzentrierte. Er erwartete, dass auch sie in langen Kleidern ihrem ehrenstandt ⁴² gemäß auf der Audienz erschienen. Falls dies nicht geschähe, sollten die Advokaten und Prokuratoren durch den Pedell bestraft werden, der vor dem Beginn der Audienz nicht passend gekleidete Prokuraten und Advokaten abweisen sollte.⁴³ Alle diese Maßnahmen griffen jedoch nicht. So forderte die Visitationskommission auch nach dem Regierungsantritt Kaiser Rudolphs II., dass die Kleiderordnung endlich auch befolgt werden müsste, um so die damit zusammenhängende Reputation des Gerichts zu zeigen.⁴⁴ Außerdem drohte der Kaiser mit Geldstrafen bei Nichteinhaltung.⁴⁵ Eine Vorstellung, wie die Kleidung der Advokaten und Prokuratoren tatsächlich ausgesehen haben könnte, vermittelt ein Kleider- oder Trachtenbüchlein⁴⁶, das im Generallandesarchiv Karlsruhe überliefert ist.⁴⁷ Es stammt aus dem 17. Jahrhundert und will die Sommer- und Wintertracht der Advokaten und Prokuratoren am Gericht um 1570 zeigen. Es ist aber nicht klar, ob diese Tracht tatsächlich auch getragen wurde.⁴⁸ Bezeichnenderweise fehlt eine Abbildung der Tracht der Beisitzer.
ÖStA HHStA Wien RHK RKG 322a, 20. Mai 1575. ÖStA HHStA Wien RHK RKG 322b, 1576. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 35, 1577. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 325b, 1577. Auch in anderen städtischen Kreisen war man in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts um Einheitlichkeit von Kleidung und Stand bemüht. So wollte 1569 der Dechant des Speyerer Domkapitels, dass die Domkapitulare auch äußerlich erkennbar sein sollten. Sie sollten alle Merkmale des Adels aufgeben und als Mitglieder des geistlichen Standes erkennbar sein. Blum: Multikonfessionalität im Alltag, S. 237. Trachtenbücher gibt es seit ca. 1562. Sie gelten als die Dokumentation von Kleidungskulturen. Mentges (2007), Spalte 751. Siehe auch Ulinka Rublack/Maira Haywar/Jenny Tiramani: The first book of fashion. The book of clothes of Matthaeus und Veit Konrad Schwarz of Augsburg. Bloomsbury 2015. Siehe Generallandesarchiv Karlsruhe 65, Nr. 626, S. 280 – 295. Keupp: Speyrer Trachtenbilder, S. 65. Es kann sich also um eine Idealvorstellung handeln.
Der Streit um die angemessene Kleidung
Abb . a: Amtskleidung eines Prokurators (Sommer). Habitus olim Doctorum, Procuratorum per aestatem. Exemplar: Generallandes archiv Karlsruhe, Signatur/Inventar-Nr.: Nr. .
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Abb . b: Amtskleidung eines Prokurators (Winter). Habitus olim Doctorum Medicina, Aduocatorum, et Procuratorum Imperialis: Camerae Spirensis, circa annum . Exemplar: Generallandesarchiv Karlsruhe, Signatur/ Inventar-Nr.: Nr. .
Die Prokuratoren tragen auf der Abbildung einen ausladenden Mantel in Form einer – jedenfalls im Winter – pelzverbrämten Schaube.⁴⁹ Dieses Gewand war für die Reformationszeit typisch und besaß einen weiten, stoffreichen Schnitt. Die Ärmel waren auf Ellenbogenhöhe oftmals mehrfach geschlitzt, so dass man bei der zweiten Schlitzung je nach Anlass und Witterung entweder die Arme vollständig bedecken oder aber das untere Ärmelende leer herabfallen lassen konnte. Die Länge diese Übergewänder variierte. Im Trachtenbüchlein besaßen die Schauben der Prokuratoren und Advokaten Knielänge.⁵⁰ Allgemein reichten Leider ist nicht klar, um welche Art von Pelz es sich handelte. Zitzelsperger stellt jedenfalls fest, dass das hochwertige dichte Rückenfell des Marders dem Adel und vornehmen Bürgern vorbehalten war. Philipp Zitzelsperger: Kostümkunde als Methode der Kunstgeschichte, in: Kritische Berichte 1/2006, S. 36 – 51, S. 44. Keupp: Speyrer Trachtenbilder, S. 71.
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Das Ringen um Disziplin oder die Suche nach der Definition
sie jedoch nur bis zum Oberschenkel. Auffällig ist auch die weit geschnittene, glatte Hose, die zudem prächtig brokatiert war.⁵¹ In den Quellen wird deutlich, dass die Kleiderfrage eine Bedeutung besaß, die weit über die Frage angemessener oder schlampiger Kleidung hinausreichte. Es handelte sich auch um weit mehr als die Vorstellung von Stand und seiner Demonstration mittels der Kleidung. Hier ging es um die Sichtbarmachung einer Reichsinstitution, die eben gerade davon lebte, dass Standesunterschiede nivelliert wurden und allein Qualität und Leistung zählten. Damit konnten sich die adeligen Urteiler – jedenfalls auf dem Gebiet der Kleidung – nicht identifizieren. Sie waren mit einer Tracht, die zu sehr an die eines Gelehrten erinnerte, nicht einverstanden und sahen sich sogar als Kleriker verunglimpft. Es ging ihnen in erster Linie um ihre Standesqualität und letztlich auch um die Repräsentanz ihres Reichsstandes, der sie für das Reichskammergericht präsentiert hatte. Der Eifer des Kaisers ging darüber hinaus, da er die Reichsinstitution Reichskammergericht als Einheit begriff, die auch der Öffentlichkeit demonstriert werden sollte. Das verstärkte Interesse der Kaiser Maximilian II. und Rudolph II. zeigen aber auch auf der Ebene der Kleidung, dass das Reichskammergericht nun zu einem kaiserlichen Gericht gemacht werden sollte. Maximilian II. wählte deshalb bewusst die Tracht der römischen Senatoren, um so die Verbindung vom antiken römischen Reich zum Heiligen Römischen Reich zu zeigen⁵². Bezeichnenderweise begann gerade in dieser Zeit auch die Visitation des Gerichts durch den Reichshofrat. Die tägliche Audienz des Gerichts, die der Öffentlichkeit zeigte, wie das Reich überhaupt funktionierte, war hier als Demonstration der kaiserlichen Macht besonders wichtig. Einheitliche Kleidung im kaiserlichen Sinne schien hierfür unabdingbar.
Pünktlichkeit und Anwesenheit Neben des Insistierens auf einheitliche Kleidung galt es auch, die Disziplin im Arbeitsverhalten zu wahren. Grundlegend hierfür war das pünktliche und vollständige Erscheinen in den Sitzungen. So ermahnte Karl V. den Kammerrichter Wilhelm Werner von Zimmern immer wieder, auf Pünktlichkeit zu achten.⁵³ 1567 wurden den Kommissaren durch Kaiser Maximilian II. erstmals Vorschriften zu einem Zeit- und Sitzungsplan auf den Weg gegeben.⁵⁴ Die Zeit wurde hierzu in Stunden eingeteilt. Stunden waren relativ leicht einzuhalten, da im 16. Jahrhun
Keupp: Speyrer Trachtenbilder, S. 73. Dinges: Der feine Unterschied, S. 57. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 320, 1556 und ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 4, 1557. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1567.
Pünktlichkeit und Anwesenheit
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dert auch kleinere Städte Turm- oder Räderuhren besaßen, woran sich die Bürger orientieren konnten.⁵⁵ Räderuhren wurden zudem bei Rats- und Gerichtssitzungen benutzt. Manchmal kamen auch Sanduhren zum Einsatz.⁵⁶ Die Stadt Speyer besaß mehrere Kirchturmuhren, die aber nicht synchronisiert waren. So kam es, dass die Beisitzer zu unterschiedlichen Zeiten pünktlich zu den Audienzen kamen.⁵⁷ Leider wissen wir nicht, wie die Angelegenheit schließlich geregelt wurde. Nach 1572 beschäftigten sich jedenfalls weder Kaiser noch Visitationskommission weiter mit diesem Problem. Es scheint wohl entsprechend gelöst worden zu sein. Eng verbunden mit Pünktlichkeit war überhaupt die Anwesenheit der Beisitzer bei den Audienzen und Sitzungen. Ein Problem, das vor allem in der schwierigen Etablierungsphase des Gerichts in Speyer in den 1530er Jahren in den Visitationen ausführlich thematisiert wurde. Hier ging es allerdings nicht um ein einfaches Zuspätkommen, sondern vielmehr um eine länger andauernde Abwesenheit vom Gericht. Ursache hierfür war vor allem die ungeklärte Existenz des Gerichts, seine schlechte Finanzierung und der daraus folgenden Notwendigkeit für die Kameralen, auf andere Art und Weise für sich und den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen. Die Visitation von 1531 versuchte dies, nachdem sich verschiedene Beisitzer darüber beschwert hatten⁵⁸, erstmals zu regeln. So sollten Assessoren, die länger als sechs Wochen außerhalb der eigentlichen Vakanz des Gerichts wegblieben, dies vom Kammerrichter und den übrigen Kollegen genehmigen lassen. Unerlaubte Fehltage sollten vom Gehalt abgezogen werden. Dieses Geld sollten dann die übrigen Beisitzer erhalten.⁵⁹ 1533 wurde die Durchführung dieser Regelung durch die Visitation präzisiert und ein Verfahrensablauf hierfür festgelegt. Die Protonotare sollten die Abwesenheit der Beisitzer notieren und der Pfennigmeister die Auszahlung überwachen.⁶⁰ Damit war zwar ein regelhaftes Verfahren eingeführt, das eigentliche Problem jedoch nicht beseitigt, wie ein Memorial Ulrich Varnbülers an Karl V. beweist.⁶¹ Darin äußerte sich der Kanzleiverwalter sehr ungehalten über die Abwesenheit der Beisitzer. Er stellte fest,
Paul Münch: Lebensformen in der Frühen Neuzeit. Frankfurt/Main 1992, S. 183. Münch: Lebensformen in der Frühen Neuzeit, S. 184. Michael von Kaden, Syndikus der Stadt Nürnberg und Prokurator des Reichskammergerichts, besaß eine ganze Sammlung von Sanduhren. LA Speyer Bestand E 6, 1826, Inventar. Sie waren wohl Standard bei den Reichskammergerichtsangehörigen. ÖStA HHStA Wien MEA 26a, 1567. Z. B. Hürnheim, siehe ÖStA HHStA Wien MEA RKG 2, 1531. ÖStA HHStA Wien MEA 2, fol. 68v, 1531. ÖStA HHStA Wien MEA 3, 1533. Die ausführliche Schrift über die Gebrechen des Gerichts wurde direkt Karl V. übergeben. Ob sie auf Veranlassung des Kaisers verfasst wurde oder Eigeninitiative des Kanzleiverwalters war, muss offen bleiben. Siehe ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535.
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dass, wenn man die Beisitzer nach ihrer Anwesenheit bezahlte, man mehr dann die halbe underhalttung ersparen ⁶² würde. Er erklärt weiter, dass die Beisitzer ständig krank seien, sogar oft schon krank an das Gericht geschickt würden und dann nur noch dort seien, um zu sterben.⁶³ Die gleichzeitige Abwesenheit von vier, fünf oder sechs Beisitzern vom Gericht habe zudem zur Folge, dass keine acht Beisitzer die refererien sollen bey dem Rath und gericht wie dann yezo auch sein ⁶⁴. Varnbüler sah darin eine direkte Gefahr für das Prestige des Gerichts.⁶⁵ Er ging auch auf die Vorschläge Kaiser Karls V. ein, der sich wohl persönlich um eine Verbesserung des Ansehens des Gerichts bemühte. So hielt er die Idee des Kaisers, dass während der Audienz ein Teil der Beisitzer weiter referieren solle, für nicht zielführend. Varnbüler meinte hierzu, dies würde dem Ansehen des Gerichts schaden, wenn bei der Audienz nur ganz wenige Beisitzer anwesend wären.⁶⁶ Der Kanzleiverwalter wollte so durch die gesamte Anwesenheit der Beisitzer die Geschlossenheit des Reiches zeigen. Die Konsequenzen aus dem Schreiben sind nicht bekannt. Viele Fragen bleiben zudem offen. Warum wandte sich der Kanzler direkt an den Kaiser und nicht an den Mainzer Erzkanzler, dem er direkt unterstand? Wurde das Memorial auf Eigeninitiative verfasst oder war es ein Auftrag des Kaisers? Wir wissen auch nicht, ob die Visitationskommission von jenem Schreiben Varnbülers an den Kaiser überhaupt erfuhr. Sicher ist aber auf jeden Fall, dass der Kaiser in den 1530er Jahren eigene Informationskanäle über die Visitation hinaus besaß und sie auch nutzte. Aber nicht nur bei den Audienzen und Senatssitzungen war die Anwesenheit der Assessoren gefordert. 1557 ermahnte die Visitationskommission die Beisitzer, auch bei der Traktierung der Prokuratoren anwesend zu sein. Gemeint ist hier wohl das Gespräch des Kammerrichters mit dem Prokurator vor der Aufschwörung.⁶⁷ Dies geschah gewöhnlich im Plenum. Außerdem betonte der Kaiser, dass er nicht wolle, dass gleichzeitig zwei, drei oder vier Beisitzer beurlaubt würden. Auch sollten die anwesenden Beisitzer in der vakanz alle Wochen drei Tag wie von Alten Hero auch beschehen die Reth besuchen und die geschefft desselbigen verrichten. ⁶⁸ Dies würde nicht immer eingehalten, so dass es passiere, dass zu Va-
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 316, 1535. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1563
Pünktlichkeit und Anwesenheit
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kanzzeiten die Rete gar zerstört ⁶⁹ und auch nicht besucht würden. Es sollten aber alle Beisitzer in den Räten erscheinen, damit alle die gleichen Aufgaben hätten.⁷⁰ 1574 beschwerte sich der Präsident des Gerichts, Graf von Eberstein, bei der Visitationskommission erneut, dass manche Assessoren ein halbes Jahr weg seien, um dann kaum eine Woche in Speyer am Gericht anwesend zu sein.⁷¹ Schließlich versuchte man auch hier, feste Regeln einzuführen. So sollte eine Abwesenheit der Beisitzer von zwei Tagen bereits einem Notar und dem Kammerrichter gemeldet werden. Die Beisitzer hielten dies für übertrieben. Vor allem, wenn es sich um Tage handle, in denen weder Rat noch Gericht gehalten würde. Man solle vielmehr bis zu viermal die Abwesenheit von zwei Tagen im Jahr erlauben.⁷² 1579 mündeten diese Überlegungen in das Abschlussmemorial der Visitation. Darin legten die Visitatoren fest, dass die Abwesenheit der Beisitzer nicht nur dem Kammerrichter angezeigt werden solle, sondern auch im Plenum. Die maximale Abwesenheit sollte sechs Monate betragen, würde diese Frist überschritten, müssten sowohl Kaiser als auch die Reichsstände informiert werden.⁷³ Auch die Abwesenheit des Kammerrichters stellte das Gericht vor Probleme. Gerade der Kammerrichter war in den Audienzen oft nicht pünktlich bzw. überhaupt nicht anwesend.⁷⁴ 1568 beklagen sich gleich mehrere Assessoren, wie Cisner, Schiller und Apian, darüber.⁷⁵ Schließlich einigte man sich innerhalb der Visitationskommission darauf, dass, falls Kammerrichter und Präsident nicht anwesend sein sollten, der älteste Assessor den Stab in der Audienz halten solle.⁷⁶ 1580 scheint sich jedenfalls das Problem der Abwesenheit des Kammerrichters gelöst zu haben. Er sei zwar öfter wegen Stiftsangelegenheiten nicht anwesend, würde aber durch die Präsidenten ausreichend vertreten, so dass hier kein Mangel festzustellen sei,⁷⁷ wie die Visitationskommission erleichtert feststellte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Visitationskommission und der Kaiser auf den unterschiedlichen Ebenen um ein einheitliches Bild der Reichsbehörde bemühten und versuchten, diese auch durchzusetzen. Neben der Religionszugehörigkeit der Kameralen, die auch die Rechtsprechung beeinflussen konnte, waren einheitliche Kleidung und Pünktlichkeit oder die Anwesenheit im
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1563. ÖStA HHStA Wie, RHK RKGVA 321b, 1563. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 29, 1574. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322b, 1576. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 25, 1579. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1565. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 17, 1568. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1568. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 37, fol. 17v, 5. Mai 1580 und RHK RKG 1– 2, 1580.
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Das Ringen um Disziplin oder die Suche nach der Definition
Rat und vor allem bei der Audienz, nicht nur äußerliche Mittel, um Einheit zu demonstrieren. Die rechte Religion und Anwesenheit waren in den Augen der Zeitgenossen und Kaiser entscheidend, um überhaupt den Gerichtsbetrieb aufrecht halten zu können. Die einheitliche Kleidung war zudem notwendig, um die Vorstellung von Reichseinheit und dem Gericht als Institution in der Audienz für alle sichtbar machen zu können. Dem stand jedoch die Standesqualität Adel und die identifikationsstiftende Wirkung von Kleidung entgegen. Die Kaiser und die Visitationskommission hatten erhebliche Mühe, sich hier durchzusetzen. Gleichzeitig weist gerade die Kleiderfrage auf ein geändertes Verhältnis zwischen Kaiser und Gericht hin. Die Kaiser Rudolph II. und Maximilian II. wollten das Gericht zu einem kaiserlichen Gericht machen und dies sollte durch eine einheitliche Kleidung demonstriert werden. Ein Ansinnen, das auf großen Widerstand stieß.
Die Definition von Landfriedens- und Religionsfriedensbruch als zentrale Aufgabe des Gerichts Die Definition der Tatbestände Landfriedens- und Religionsfriedensbruch waren zwar die zentralen Aufgaben des Gerichts, zu denen aber vergleichsweise wenig Konkretes in den Protokollen vorhanden ist. Das hängt damit zusammen, dass es um die Rechtsprechung des Gerichts ging, die der Geheimhaltung unterlag und deshalb auch der Visitationskommission als den Repräsentanten des Reiches möglichst nicht detailliert zur Kenntnis gebracht wurde. Grundsätzlich ist festzuhalten: Das Reichskammergericht war für die Exekution und Handhabung des Landfriedens erstinstanzlich zuständig.¹ Eng verknüpft mit dem Landfrieden war die Erhaltung des Religionsfriedens. Der Verstoß gegen beide wurde als Bedrohung der öffentlichen/inneren Sicherheit gesehen, wobei Sicherheit im 16. Jahrhundert noch als Unterkategorie des Friedens ² galt. Mit dem Themenkomplex Reformations- und Religionsprozesse am Reichskammergericht haben sich in der Vergangenheit vor allem Staatskirchenrechtler befasst, die den Fragenkomplex theoretisch angingen.³ Erst in jüngster Zeit hat sich die Gewichtung der Forschungen stärker auf die Prozessakten des Gerichts gelegt.⁴ Problematisch bei diesen Untersuchungen ist jedoch, dass mit der Nutzung dieser Quellen die Haltung der Beisitzer nicht deutlich wird. Denn die Gutachten
Karl Härter: Gewalt, Landfriedensbruch, Sekten und Revolten: Das Reichskammergericht und die öffentliche Sicherheit (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 45). Wetzlar 2017, S. 7. Härter: Gewalt, Landfriedensbruch, Sekten und Revolten, S. 8. Axel Gotthard: Der Augsburger Religionsfrieden. Münster 2004, S. 404. Siehe vor allem Martin Heckel: Die Reformationsprozesse im Spannungsfeld des Reichskirchensystems, in: Bernhard Diestelkamp (Hrsg.), Die politische Funktion des Reichskammergerichts (QFHG 24). Köln/Weimar/Wien 1993, S. 9 – 40. Siehe z. B. Tobias Branz: Reformationsprozesse am Reichskammergericht. Aachen 2014, ders.: Von Religionsfriedensbeständen, Landfriedensbruch und Reformationsprozessen am Reichskammergericht, in: Anja Amend-Traut/Anette Baumann/Stephan Wendehorst/Steffen Wunderlich (Hrsg.), Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis (baR 11). München 2012, S. 151– 177 und Miriam Dahm: Die Pfändungskonstitution gemäß RKGO 1555, Teil 2, Tit. XXII und ihr Verhältnis zum Landfrieden (Bochumer Forschungen zur Rechtsgeschichte 4). Bochum 2008 sowie Wolfgang Friedrich: Territorialfürst und Reichsjustiz. Recht und Politik im Kontext der hessischen Reformationsprozesse am Reichskammergericht. Tübingen 2008 und Bernhard Ruthmann: Religionsprozesse am Reichskammergericht (QFHG 28). Köln/Weimar/Wien 1996. https://doi.org/10.1515/9783110574050-010
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und Voten,⁵ die uns über den Rechtsprechungsprozess der Beisitzer zu Land- und Religionsfriedensbruch Auskunft geben könnten, sind zum größten Teil verbrannt.⁶ Abhilfe können hier – wenigstens zum kleinen Teil – die Funde neuer Quellen, wie die Richternotizen,⁷ schaffen, aber auch die Zusammenstellung der gedruckten Voten und Relationen⁸ sowie das Material, das zu den Visitationen⁹ vorhanden ist. Grundlegende Studien hierzu stehen noch aus und stellen ein großes Forschungsdesiderat dar. Darüber hinaus ist die starke Verhaftung der Forschung in der Vorstellung einer festgefügten und überall anerkannten Institution Reichskammergericht für die Untersuchung der reichskammergerichtlichen Friedensvorstellungen hinderlich. Denn das Reichskammergericht als Institution entstand im 16. Jahrhundert erst allmählich. So konnte festgestellt werden, dass das ganze Reich gerade in dem Zeitraum von 1530 bis 1540 noch kein institutionell verfestigtes Handlungsgefüge war, sondern ein Ereignis und ideelle Größe ¹⁰ gewesen sei. Das Gericht habe vor allem in dieser Zeit die Gestaltungshoheit darüber gehabt, zu definieren, was Land- und Religionsfriedensbruch konkret bedeuten. Das deckt sich mit dem Befund, dass erst 1541 dem Reichskammergericht die Reformationsprozesse entzogen und die rechtlichen Folgeprobleme neutralisiert wurden.¹¹ Die Forschung folgerte daraus¹², dass das Reichskammergericht der Frühzeit nicht der alleinige Garant des Friedens gewesen sei, sondern dass es mehrere Elemente der Friedenssicherung gab, wie die Sicherheit der Rechtsprechung in Form der Einigung auf bestimmte Rechtssätze, eine Verpflichtung auf eine be-
Gutachten, in der Fachsprache Relationen genannt, sind die Begründungen für ein Votum oder Urteil. Eine Ausnahme bildet Kratsch: Justiz – Religion – Politik. Anette Baumann: Die Gutachten der Richter – Ungedruckte Quellen zum Entscheidungsprozess am Reichskammergericht (1524– 1627) (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 43). Wetzlar 2015, http://data.rg.mpg.de/rkg/2014– 06 – 22_Richterprotokol le_gesamt.pdf http://www.rg.mpg.de/rkg-richterprotokolle. Die Quellen wurden 2009 entdeckt. Siehe auch Wunderlich: Mathias Alber. Anette Baumann (Bearb.), Gedruckte Relationen und Voten. Siehe Literaturliste Ungedruckte Quellen. Gabriele Haug-Moritz: Religionsprozesse am Reichskammergericht. Zum Wandel des reichspolitischen Konfliktpotentials der Reichskammergerichtsjudikatur im Reich der Reformationszeit (1530 – 1541), in: Anette Baumann/Joachim Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016, S. 23 – 34, S. 24. Haug-Moritz: Religionsprozesse am Reichskammergericht, S. 25. Carl: Landfrieden als Konzept, S. 121– 138. Jüngst auch Härter: Gewalt, Landfriedensbruch, Sekten und Revolten.
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stimmte Institution und auf feste Verfahrensweisen sowie außergerichtliche Streitelemente. Es entstand ein System kollektiver Sicherheiten, in dem das Reichskammergericht eine wichtige Rolle spielte.¹³ Alle die genannten Faktoren wurden bei den Reichskammergerichtsvisitationen auf den unterschiedlichsten Ebenen immer wieder von neuem beredet, wobei die Diskussionen zum Land- und Religionsfrieden je nach den politischen Ereignissen unterschiedlich intensiv geführt wurden. Entscheidender Wendepunkt war die Zeit um den Augsburger Religionsfrieden von 1555. In der Zeit davor ging es vor allem darum, überhaupt erst einmal die Tatbestände Land- und Religionsfriedensbruch zu definieren und das Selbstverständnis des Gerichts und seine Rolle als Garant des Land- und Religionsfriedens auszugestalten.¹⁴ Nach 1555 verlagerte sich die Diskussion. Jetzt bemühten sich vor allem die kaiserlichen Kommissare unter Maximilian II. und Rudolf II., eine einheitliche und zuverlässige Rechtsprechung durchzusetzen, um so Rechtssicherheit zu gewährleisten. Es ist wichtig, bei den folgenden Ausführungen zu berücksichtigen, dass das Alte Reich kein kohärentes Gesetzgebungsregelwerk besaß¹⁵, sondern vielmehr eine ganze Vielzahl von Verträgen und Gesetzen, die einen gewissen Handlungsspielraum boten und auch Flexibilität im Hinblick auf politische Entwicklungen ermöglichten.¹⁶ Hierüber gab es im Gericht und auch in der Visitationskommission oft Streit. Völlige Einigkeit herrschte jedoch im Ziel, nämlich der Erhaltung des Friedens. Umstritten war lediglich der Weg zum Frieden.¹⁷ Die Suche nach einer tragfähigen Definition des Friedens verkomplizierte sich außerdem durch das Ereignis der Reformation. Die Juristen des Reichskammergerichts sahen sich nach der Ansiedlung des Gerichts in Speyer in unterschiedlichster Ausprägung mit den Folgen der Reformation konfrontiert: Die Liturgie und das Gemeindeleben hatten sich entscheidend geändert, ebenso die kirchliche Organisation, in deren Folge Änderungen und Neuordnungen der Besitzverhältnisse
Carl: Landfrieden als Konzept, S. 121. Branz: Von Religionsfriedensbeständen, S. 161. Siehe auch Siegrid Westphal: Reichskammergericht, Reichshofrat und Landfrieden als Schutzinstitute der Reichsverfassung, in: Schutz der Verfassung. Normen, Institutionen, Höchst- und Verfassungsgerichte. Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte in Hofgeismar vom 12. bis 14. März 2012 (Der Staat, Beihefte 22). Berlin 2014, S. 12– 37, S. 18. Westphal: Reichskammergericht, Reichshofrat und Landfrieden als Schutzinstitute, S. 13. Westphal: Reichskammergericht, Reichshofrat und Landfrieden als Schutzinstitute der Reichsverfassung, S. 13. Westphal: Reichskammergericht, Reichshofrat und Landfrieden als Schutzinstitute der Reichsverfassung, S. 16.
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entstanden.¹⁸ Das Gericht meinte, dass das Besitzschutzrecht des römisch-kanonischen Rechts auch auf die Innehabung kirchlicher Präbenden und der dazugehörigen Rechte anzuwenden sei. Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 bestritten die Protestanten die Zulässigkeit dieser Rechtsauffassung,¹⁹ die ihrer Meinung nach dazu dienen sollte, den hergebrachten Glauben zu verteidigen. Die Beisitzer waren zutiefst verunsichert und versuchten, von der Visitationskommission 1531 Klarheit zu erlangen. Die Visitatoren wandten sich an Karl V., der auf das Ansinnen sehr ungehalten reagierte und schrieb, dass es der Kommission nicht zustehe von neuwen zu sezen oder zu statuieren, sondern allein zu reformieren ²⁰. 1532 kam es in Nürnberg zu einer Kompromissformel. Jetzt sollten die Prozesse den Glauben belangend von der Rechtsprechung des Reichskammergerichts ausgenommen werden. Es entstand ein Streit um die Rechtsnatur und die Gültigkeit der Formulierung. Die Visitationskommission von 1533, die in engem Kontakt mit den protestantischen Reichsständen stand, wusste nicht, ob das Gericht die Nürnberger Bestimmungen überhaupt umsetzen sollte, da formal die Kriterien hierfür nicht erfüllt waren: Das Gericht hatte die Beschlüsse offiziell nicht erhalten und war somit nicht verpflichtet, sie als Reichsgesetz anzuerkennen.²¹ Die Kameralen hatten sich deshalb direkt an Karl V. gewandt und um Klärung der Sachlage gebeten. Karl V. wollte sich jedoch nicht festlegen und antwortete auf die Bitten des Gerichts vage: alle Sachen die religion und glauben beruren anzustellen und das Ir in andern spennnen und rechtfertigungen den glauben und religion nit belangeng sich gepürt handeln und ergeen lassen moget, was Recht ist. ²² Damit war die Sache nach Meinung der Visitationskommission geklärt und sie wandte sich weiteren Fragen zu. Die Vertreter von Kaiser und Reich wollten damit wohl eine weitere Eskalation vermeiden. Das Gericht, das um seine Reputation und sein Ansehen im Reich fürchtete, geriet prompt bei den Protestanten in den Ruf, parteiisch zu sein²³ und die Protestanten reagierten entsprechend. Im Sommer 1533 reiste eine Schmalkaldische Gesandtschaft nach Speyer, um sich beim Gericht zu beschweren. Sie mussten aber unverrichteter Dinge abziehen. Eine weitere schmalkaldische Gesandtschaft
Gero Dolezalek: Die juristische Argumentation der Assessoren am Reichskammergericht zu den Reformationsprozessen 1532– 1538, in: Bernhard Diestelkamp (Hrsg.), Das Reichskammergericht in der deutschen Geschichte (QFHG 21). Köln/Wien 1989, S. 25 – 58, S. 26. Dolezalek: Die juristische Argumentation, S. 29. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 326a, 1531. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 3, 1533. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 3, 1533. Dolezalek: Die juristische Argumentation, S. 30.
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im darauffolgenden Jahr wurde durch den Kammerrichter Adam von Beichlingen ebenfalls nicht gehört.²⁴ Die Rekusation des Gerichts durch die protestantischen Stände war also vorerst abgewendet.²⁵ Es verwundert nicht, dass sich daraufhin die Zahlungsmoral der Reichsstände zur Finanzierung des Gerichts erheblich verschlechterte. Die protestantischen Reichsstände reagierten auf die abwehrende Haltung des Kammerrichters und der Beisitzer, indem sie beschlossen, dass jede durch Prozesse betroffene Obrigkeit einzeln das Reichskammergericht rekusieren sollte. Falls ein Achturteil ergehen sollte, so trat – nach Meinung des Schmalkaldischen Bundes – der Bündnisfall ein.²⁶ Gleichzeitig hatten die Protestanten am Reichskammergericht zwei Prokuratoren, Helfmann und Hierter²⁷, verpflichtet, sie vor Gericht zu vertreten. Diese legten 1533 und 1535 Listen von Prozessen, die Religionsfragen betrafen, am Reichskammergericht vor.²⁸ In einem Brief vom 5. Juli 1535²⁹, den man als Schlüsseldokument zur Situation in den 1530er Jahren betrachten muss, wird die zentrale Auffassung der Beisitzer zum Land- und Religionsfrieden deutlich. Am Reichskammergericht hatte gerade Adam von Beichlingen auf Druck der Beisitzer und der kaiserlichen Kommissare das Reichskammergericht verlassen.³⁰ Der Nachfolger, Johann von der Pfalz, war zwar bereits gefunden, war aber wohl noch nicht in Speyer eingetroffen oder zog es vor, das Schreiben nicht zu unterzeichnen, denn der Brief ist nur von den Beisitzern unterschrieben. Darin forderten sie Karl V. dazu auf, sich an die Reichsstände mit dem Appell zu wenden, dass sie – trotz aller Uneinigkeit – Frieden halten und keine Gewalt anwenden sollten,³¹ da wegen den Religionsund Glaubenssachen die Rechtsprechung des Reichskammergerichts ruhen müsse. Zusätzlich bat das Gericht den Kaiser, die vornehmsten Protestierenden aufzufordern, mäßigend auf Mitverwandte einzuwirken.³² Sie begründeten ihre Bitte damit, dass es die zentrale Aufgabe des Gerichts sei, den Land- und Religionsfrieden zu wahren. Zwar hätte der Kaiser dem Gericht geboten, in Sachen des Glaubens und der Religion stille zu stehen, aber das verpflichte die Reichsstände umso mehr, keine Gewalt auszuüben, so dass ein Gang vor Gericht erst gar nicht Haug-Moritz: Reformationsprozesse, S. 32. Deigentesch: Ludwig Hierter, S. 139. Haug-Moritz: Reformationsprozesse, S. 32. Zu Hierter siehe auch Deigentesch: Ludwig Hierter, S. 119 – 154. Haug-Moritz: Reformationsprozesse, S. 29 f. Bezeichnenderweise ist dieser Brief im Bestand Reichshofkanzlei enthalten und nicht in den offiziellen Protokollen der Mainzer Erzkanzlei. Siehe Kapitel Die Suche nach geeigneten Kandidaten: die kaiserlichen Kommissare unter Karl V. und Ferdinand I. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535.
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nötig sei.³³ Das Gericht stellte jedoch resigniert fest, dass dies gerade nicht der Fall sei und deshalb dem Kaiser eine besondere Verpflichtung erwachse, das Reichskammergericht eben auch in diesen Fällen arbeiten zu lassen, um solchen Religionen, Glaubens- und Landfrieden auch des heiligen Reichs Rechts menigelichen zuerhalten und umb unrechtlichen und gewalltig handlung Recht ergeen zu lassen ³⁴. Die Beisitzer wiesen den Kaiser außerdem darauf hin, dass alles andere Verhalten nicht nur dem Gericht, sondern auch ihm selbst schade. Deshalb solle der Kaiser die Konsequenzen bedenken. Außerdem machten die Autoren des Briefes deutlich, dass auch die protestierenden Reichsstände Stellen am Reichskammergericht besetzten und stellten fest, dass sie schon allein deshalb des heiligen Reichs Recht, -ordnungen … zugethan ³⁵ seien. Danach gingen die Richter auf die interne Situation im Gericht ein. Die Beisitzer beschwerten sich über die Prokuratoren, die ihre Rezesse³⁶ dazu benutzten, sie zu beleidigen und baten den Kaiser durch ein in der Audienz öffentlich vorgelesenes Schreiben, dies abzuschaffen. Dadurch sollte die Haltung des Kaisers auch den anwesenden Parteien und der interessierten Öffentlichkeit kundgetan und somit auch an die protestierenden Reichsstände ein eindeutiges Signal ausgesandt werden. Außerdem beklagten die Beisitzer die Abwesenheit Karls V. vom Reich und sein Gebot, nichts gegen die Rekusation des Reichskammergerichts unternehmen zu dürfen, obwohl es doch Ordnung und alter Gebrauch zugelassen het. ³⁷ Nach wie vor begegne das Reichskammergericht den protestierenden Ständen in gutem Fried, hoher achtung unnd Ansehen. ³⁸ Der Brief ist ein Brandbrief und zeigt die verzweifelte Situation des Gerichts im Juli 1535. Die Richter waren ernsthaft um den Reichsfrieden besorgt. Sie fühlten sich Frieden und Recht verpflichtet, was sie auch selbstbewusst Karl V. deutlich machten. Der Brief betont die Verpflichtung des Gerichts zu Kaiser und Reichsständen. Das Reich wurde als ein kollektives Sicherheitssystem gesehen, das durch das Gericht garantiert wurde, und durch die passive Haltung des Kaisers ernsthaft gefährdet war. Gleichzeitig erhalten wir einen Eindruck von der aktuellen Situation in Speyer. Die öffentlichen Audienzen³⁹ des Reichskammergerichts dienten den
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535. Kurze Erläuterungen in der Audienz zu den einzelnen Schriftstücken der Parteien. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Juli 1535. In den Audienzen wurden die Urteile verkündet und alle einzelnen Prozessschritte öffentlich durchgeführt. Nur die Urteilsfindung war geheim. Siehe auch Kapitel Die Audienz.
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Prokuratoren als Forum der Auseinandersetzung zwischen protestierenden und altgläubigen Reichsständen ohne dass das Gericht eine wirkliche Handhabe gehabt hätte, hier einzugreifen. Darum baten die Beisitzer nun den Kaiser. Sie wollten ihre Auffassung von der Rolle des Gerichts auch durch den Kaiser bestätigt wissen, indem er die Rezesse der Prokuratoren selbst öffentlich durch ein Schreiben unterband. Es zeigt sich einmal mehr: Die Audienz war viel mehr als nur ein Forum zur Verkündigung von Urteilen und der schnellen Übergabe von Prozessschriften. Sie war der zentrale öffentliche Austragungsort von strittigen Reichsangelegenheiten vor einem reichsweiten Publikum. Eine schriftliche Antwort auf das selbstbewusste Anliegen der Beisitzer findet sich in den gesichteten Akten nicht. Karl V. hüllte sich in Schweigen oder ließ eine mündliche Botschaft überbringen. Der Streit eskalierte weiter und bedrohte die Existenz des Gerichts massiv, denn 1537 schwand die Akzeptanz des Gerichts dramatisch. Der Niedergang schien sich zu beschleunigen. Deutlich sichtbar wurde dies, indem die Reichsstände das Gericht ständig rekusierten und Revision und Syndikat⁴⁰ plötzlich dramatisch zunahmen. Das bedeutete einen massiver Angriff auf die Reputation des Gerichts. Hinzu kam die mangelhafte Finanzierung bzw. das Ausbleiben der Gehälter der Beisitzer und des Kammerrichters. Johann von der Pfalz drohte sogar, Karls V. Gebot zu ignorieren und die Religionssachen vorzuziehen oder das Gericht aufzulösen.⁴¹ In den folgenden Jahren wuchs die Gefahr der Gewaltanwendung weiter. Der protestantische Prokurator Hierter fühlte sich massiv durch antiprotestantische Kräfte bedroht. Er wurde am 3. März 1539 ermordet.⁴² Sein Tod wurde nicht gesühnt, obwohl der Mörder von Streitberg verhaftet worden war. Man vermutete indirekte Verbindungen zum Kammerrichter Adam von Beichlingen⁴³. Das Gericht, das den Frieden im Reich sichern sollte, schien selbst am Gerichtssitz zu versagen. Die Reichsstände verlangten, dass der Kaiser Recht sprechen sollte und nicht die Beisitzer des Reichskammergerichts. Gleichzeitig fand eine regelrechte Hetzkampagne gegen das Gericht statt. So berichteten die Kameralen an den Kaiser, dass die Protestanten das Gericht sehr rüde schmähten, so u. a. im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen Ulrich von Württemberg. Es sei ein offenes Instrument ⁴⁴ gegen das Gericht in Speyer heimlich verbreitet und öffentlich auf-
Steffen Wunderlich: Das Protokollbuch von Mathias Alber. Zur Praxis des Reichskammergerichts im frühen 16. Jahrhundert (QFHG 58, 1– 2). Köln/Weimar/Wien 2011, S. 253 – 255. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 5. Februar 1537. Deigentesch: Hierter, S. 119. Haug-Moritz: Reformationsprozesse, S. 33. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1539.
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gehängt worden. Allerdings habe man es in Speyer schnell wieder entfernen können, aber in Heidelberg habe es wochenlang am Rathaus gehangen. Das Reichskammergericht befürchtete durch diesen mangelhaften Respekt schwere Konsequenzen, so dass der gemeine Mann ⁴⁵ das Gericht vielleicht nicht mehr anerkenne. Die Urteiler betonten aber auch, dass sie sich durch solcherlei Aktionen nicht manipulieren ließen.⁴⁶ Der Druck wuchs, und das Gericht wehrte sich entschlossen. Deutlich wird die Haltung des Gerichts besonders 1543: Denn die Visitationskommission versuchte zu erfahren, wer gegen den Landgrafen von Hessen und den Herzog von Braunschweig in der Goslarer Sache Recht gesprochen hatte. Auch die Verhängung der Reichsacht gegen Minden wurde verurteilt. Die Beisitzer waren jedoch nicht bereit, der Kommission über ihre internen Abstimmungen Auskunft zu geben, so dass die Visitationskommission nichts über die Urteiler und ihre Argumente in den Senatssitzungen erfuhr.⁴⁷ Durch die Überlieferung in den Richternotizen kann der Historiker aber wenigstens im Mindener Fall die Argumentation der Urteiler nachvollziehen. Der Beisitzer Everhardus hat sogar die Senatsteilnehmer mit Namen genannt. Ihre Argumente zeigen, dass die Verhängung der Acht gegen die Stadt Minden bei den Beisitzern stark umstritten war.⁴⁸ Sie geschah gut begründet, aber eher aus formalen Aspekten. Letztlich ging es den Beisitzern in diesem Fall mehr darum, dass die Autorität des Gerichts anerkannt wurde als um die Religionssache an sich. Sie spielte nur am Rande eine Rolle.⁴⁹ Die Folgen der Ereignisse um das Gericht in den 1540er Jahren sind bekannt: Das Gericht wurde 1544 offiziell geschlossen und nur mit einer Rumpfmannschaft weiter betrieben. Karl V. fürchtete nach dem selbstbewussten Auftreten der Beisitzer wohl ein allzu selbständiges Handeln des Gerichts. An einer endgültigen Auflösung bestand aber aus politischen Gründen kein Interesse. 1548 erfolgte die Besetzung als kaiserliches Gericht, bevor es nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 gelang, dem Gericht tatsächlich die Aufgaben zuzuweisen, die es bereits in den 1530er Jahren vehement, notfalls auch gegen Kaiser und Reich, eingefor-
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1539. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 316, 1539. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 3, 1543. Siehe Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, HB VI 15, fol. 155r–163r. Anette Baumann: Die Tatbestände Landfriedens-und Religionsfriedensbruch am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert, in: Baumbach, Hendrik/Carl, Horst (Hrsg.): Landfrieden epochenübergreifend. Neue Perspektiven der Landfriedensforschung auf Verfassung, Recht, Konflikt, erscheint in Beihefte der ZHF 2018, siehe auch Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, HB VI 15, fol. 163 – 165r. Es handelt sich um die Notizen von N. Everhardus. Darin sind auch die Namen der Beisitzer und ihre Argumentationsstrategie aufgeführt.
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dert hatte. Die eigentliche Arbeit im Sinne einer pragmatischen Rechtsprechung begann. Die Religion trat in den Hintergrund. Der Streit konzentrierte sich nun auf eine einheitliche Rechtsprechung, die Suche nach einer anwendbaren Definition des Tatbestandes Land- und Religionsfriedensbruch und der angemessenen Beteiligung außergerichtlicher Streitelemente. So schreibt Bettina Dick: Die Jahre 1556 bis etwa 1560 sind von dem ernsthaften Bemühen geprägt, das mit der neuen Ordnung bestätigte Reichskammergericht von Mängeln zu befreien und zu beleben ⁵⁰. Reichsstände und Gericht stritten sich in unterschiedlicher Intensität um ihren Anteil an der Rechtsprechung. Religionsangelegenheiten wurden zu gewöhnlichen Verfahren, die routiniert abgehandelt wurden. Zentrale Punkte im Zusammenhang mit der Diskussion um den Landfriedens- und Religionsfriedensbruch wurden jetzt die Diskussionen um die Verfahrensarten Mandata cum und sine clausula ⁵¹ und der allgemeine Umgang der Obrigkeit mit den Untertanen. Auch bezüglich des Streitgegenstandes Jagdgerechtigkeit wurde die Prozessform des Mandats stark kritisiert, da die Reichsstände um ihre Privilegien fürchteten.⁵² Ein weiterer Kritikpunkt war, dass das Gericht Prozesse über Leute erkannte, die aus ihren Territorien ausgewiesen worden waren und der Obrigkeit Urfehde geschworen hatten. Die Visitationskommission unterstellte dabei den Beisitzern, dass dadurch das Gericht chur- und fürstlichen Worten nicht glauben wollen, dardurch dann nit gringe Zerruttung auch verclainerung der Chur- und Fürsten hochhait und preeminentz gevolgt ⁵³. Die Visitationskommissionen von 1556 und 1557 betonten aber auch, dass das Gericht in der Rechtsprechung nicht alle Vorgaben der Kurfürsten und Fürsten umsetzen könne und wolle.⁵⁴ Gleichzeitig machte die Kommission den Reichsfürsten klar, dass der Kaiser nicht die Berechtigung habe, den Lauf des Gerichts aufzuhalten.⁵⁵ Stein des Anstoßes bildete für die Reichsstände die Konstitution der Pfändung, ein kompliziertes rechtliches Konstrukt im Zusammenhang mit dem Landfriedensbruch, das den nicht juristisch ausgebildeten Zeitgenossen wohl nicht so ganz einsichtig war. Die Kompliziertheit des Verfahrens zeigt sich auch darin, dass Andreas Gail, ehemaliger Beisitzer und späterer Reichshofrat,
Dick: Kameralprozess, S. 61. Siehe auch Kapitel Der Streit um die Autorität des Gerichts. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1556. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1556. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10,1557.
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dem Verfahren ein eigenes Buch gewidmet hat.⁵⁶ Er definiert die Pfändungskonstitution wie folgt: Die Constitution von der Pfandung ubergibt dem Cammergericht ohne Mittel die Jurisdiction, und setzt damit zurück alle andere privilegia der ersten Instanz, als nemblichen, der ordentlichen Außträg, welches als einhellig von allen Ständen deß Reichs beliebt und bewilligt worden ⁵⁷. Das war natürlich Sprengstoff für die Reichsstände und zeigt deutlich, dass das System der kollektiven Sicherheit immer gefährdet war und immer wieder neu ausbalanciert werden musste. Das Reichskammergericht verteidigte die Verfahrensart des Mandats der Pfändung massiv und eindeutig. Es wies klar darauf hin, dass die Konstitution der Pfändung kein neu erdachtes Recht sei, sonndern auß gemainen Rechten gezogen ⁵⁸. Trotzdem wurde seitens der Visitatoren diskutiert, die Konstitution der Pfändung zu reformieren oder gleich gänzlich abzuschaffen, um dann in einer Reichsversammlung einen Beschluss zu erreichen.⁵⁹ Gleichzeitig offenbarte sich ein eklatanter Kommunikationsmangel zwischen Reichstag und Reichskammergerichtsvisitationskommission. So kannte der Regensburger Reichstag das Memorial der Visitationskommission von 1556 nicht.⁶⁰ Warum es der Versammlung nicht mitgeteilt wurde, bleibt unklar. 1558 stellte die Visitationskommission Überlegungen darüber an, ob der Reichstag bei diesen komplexen Fragen wie Konstitution der Pfändung und mandata cum und sine clausula überhaupt mit einzubeziehen sei. Die Kommission entschied sich schließlich trotz einiger Bedenken, auch künftig in diesen Fragen den Reichstag an der Diskussion zu beteiligen, ⁶¹ verband den Entschluss aber mit der Empfehlung, dass geeignete Gesandte dazu auch auf dem Reichstag anwesend sein müssten.⁶² Reichstag und Reichskammergericht hatten sich auseinanderentwickelt. Die Rechtsprechung des Gerichts war endgültig zu einer Expertenangelegenheit geworden. Ein Jahr später konkretisierte sich die Diskussion im Hinblick auf die praktische Anwendbarkeit der Konstitution der Pfändung. Es sollten Regeln für landfriedensbrüchige Pfändungen erlassen werden. Vor allem war strittig, zu welchem Zeitpunkt ein Mandat cum clausula oder sine clausula verhängt werden
Gail: De Pignorationibus, Kempis sieht in de pignorationibus nur eine Ergänzung zur sechsten Observation des ersten Buches der Observationen. Karl von Kempis: Andreas Gail (1526 – 1587). Frankfurt a.M. 1988, S. 190. Gail: De Pignorationibus, 14.1. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 10, 1557. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1558. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 13, 1558.
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sollte. Anlass für die erneute Diskussion zwischen den kaiserlichen Kommissaren, dem Kaiser und dem Gericht war der Streit über die Behandlung von Gefangenen, die durch die eine Partei gemacht worden waren, und wie – so das Gericht so mit der sachen gewonlich nicht zu schaffen ⁶³ – zu verfahren sei. Gericht und Kaiser waren sich darüber einig, dass in diesem Fall das Verfahren, das ja auch die Austräge der reichsunmittelbaren Parteien miteinbezog, viel zu lange dauere und die Gefangenen dabei das Nachsehen hätten. Deshalb sollte der Beklagte bis ausgangenen Mandat vollziehung beschehen nit gehört werden.⁶⁴ Im darauffolgenden Jahr wurde dies auch in den Visitationsprotokollen festgelegt. So erhielt das Gericht die Weisung bzw. es bestand allgemeiner Konsens darüber, dass Mandate und Citationen sine clausula erkannt werden sollten, wenn bei gewaltsamen Auseinandersetzungen Gefangene gemacht worden waren. Denn nur bei einem Mandat sine clausula, war ja sichergestellt, dass die Gefangenen wieder aus der Haft entlassen werden mussten.⁶⁵ Hinzu kamen Detailbestimmungen: Von eher praktischen Überlegungen geleitet war der Befehl an den Kammerrichter, Prozesse mit dem Tatbestand des Landfriedensbruchs bevorzugt zu behandeln, da immer die Gefahr bestand, dass Zeugen wegsterben könnten.⁶⁶ Gleichzeitig wurde angemahnt, den kaiserlichen Fiskal in die landfriedensbrüchigen Sachen besser miteinzubinden, vor allem sollte in diesem Fall ohne Ansehen des Standes verfahren werden.⁶⁷ Die Nähe des Fiskals zum Kaiser wird hier offensichtlich. Landfriedensbruch war auch in Bezug auf den burgundischen Reichskreis ein Thema. So wurde überlegt, ob Burgund überhaupt zum Reich gehöre und was geschähe, wenn man den König von Spanien wegen Landfriedensbruch vor das Gericht brächte.⁶⁸ In den 1570er Jahren verstärkte sich der Druck seitens Maximilians II. und Rudolfs II., das Gericht auf eine einheitliche, vom Kaiser diktierte Rechtsprechung festzulegen.⁶⁹ Die Beisitzer reagierten darauf sehr ungehalten. Sie wehrten sich energisch dagegen, darauf verpflichtet zu werden, dass bei einer Gefangennahme jetzt pauschal keine Mandata sine clausula verkündet werden sollten.⁷⁰ 1577
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 320, 1559. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 320, 1559. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 6, 1560. Es gab keinen Visitationsabschied, vielleicht gerade, damit man die Visitationskommissionsbeschlüsse nicht am Reichstag präsentieren musste. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 16, 1567. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 16, 1567. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1568. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322a, 1573. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322a, 1573.
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verschärfte sich der Ton zwischen dem Nachfolger von Maximilian II., Kaiser Rudolf II., und dem Gericht. Dieses Mal ging es um Untertanenprozesse, die Rudolf II. und den Reichsständen ein Dorn im Auge waren. Rudolf II. ordnete an, dass mandata de relaxando captivos sine clausula ⁷¹ für Untertanen in einem Prozess der Untertanen gegen die Obrigkeit durch das Gericht nicht anerkannt werden sollten. Er erklärte ausdrücklich, dass dies gegen seinen und der Reichsstände Willen sei. In diesem Fall, so wünschte er, sollten Obrigkeiten und Stände frei verfahren können. Der Kammerrichter, Marquard von Hattstein, reagierte auf dieses Ansinnen tief beleidigt und wollte unter diesen Bedingungen sein Amt aufgeben.⁷² Eine für den Kaiser sehr gefährliche Drohung, denn es war nach wie vor sehr schwierig, für diesen Posten einen geeigneten Kandidaten zu finden. Auch musste er die reichsweite Dimension dieser Kriegserklärung im Auge behalten. Diese erste Konfrontation zwischen Kaiser und Kammerrichter bildete den Auftakt für die immer wieder gleichen Diskussionen um die Rechtsprechung des Gerichts in den Tatbeständen Land- und Religionsfriedensbruch. Schließlich wollte die Visitationskommission die Verantwortung für die Vereinheitlichung der Rechtsprechung vollständig dem Kammerrichter aufbürden.⁷³ Tatsächlich scheint die Kommission aber in diesem Punkt auf taube Ohren gestoßen zu sein, denn 1582 und 1583 insistierte Rudolf II. wiederum in dieser Frage.⁷⁴ Erneut mahnte er eine verbindliche Regelung bezüglich eines Mandats sine clausula im Zusammenhang mit dem Tatbestand Landfriedensbruch an.⁷⁵ In Bezug auf den Tatbestand Religionsfriedensbruch war der Kaiser mit dem Gericht noch unzufriedener. So wurden die Kommissare angewiesen, sich bei diesem Punkt auf keinerlei Diskussionen während der Visitation einzulassen.⁷⁶ Auch in anderer Hinsicht wurde der Wille Rudolfs II. immer deutlicher spürbar, das Reichskammergericht in seinem Sinne auf eine bestimmte Rechtsprechung einzuschränken. So instruierte er die Kommissare entsprechend: Sie sollten in Religionssachen dahingehend einwirken, dass Stimmengleichheit nicht mehr vorkäme. Wenn es wirklich zu unterschiedlichen Meinungen kommen sollte, wollte der Kaiser, dass es beim alten Stil bleiben solle. Änderungen durch das Gericht sollten nur noch in Abstimmung mit dem Kaiser und den Reichsständen vorgenommen werden.⁷⁷
Mandate zur Freilassung von Gefangenen ohne Einspruch. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 325b, 1577. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 25, 1579. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1582. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1583. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1583. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584.
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Auch wenn hier nur einzelne Tiefenbohrungen zum Land- und Religionsfrieden aufgezeigt werden konnten⁷⁸, so wird doch klar, dass die Beisitzer des Reichskammergerichts in der Wahrung des Land- und Religionsfriedens ihre zentrale Aufgabe sahen. Die Rolle des Gerichts, der Reichsstände und auch des Kaisers mussten in der Rechtsprechung zu den Tatbeständen Land- und Religionsfriedensbruch immer wieder neu definiert werden. Deutlich wird aber auch, dass es sich dabei um einen dynamischen Prozess handelte, den die Beisitzer des Gerichts selbstbewusst, notfalls gegen Kaiser und Reich, führten. Die Visitationskommissionen dienten dabei als Brückenglieder zwischen Gericht, Reichsständen und Kaiser. Es zeigt sich auch, dass der Reichstag mit den Anliegen des Gerichts allmählich überfordert war. Recht und Rechtsprechung wurden immer mehr zu Expertenthemen. Auch die Kaiser sahen sich mehr und mehr überlastet; sie reagierten mit Repressionen in Form der Forderung nach einer einheitlichen vereinfachten Rechtsprechung. Wichtig war in den Verhandlungen auch, eine Balance zwischen den Interessen der verschiedenen Reichsstände, den Untertanen und dem Kaiser zu finden. Das Reichskammergericht sah sich hier als Friedensgarant und Vermittler. Eine Rolle, die die Visitationskommission mehr oder minder unterstützte.
Das muss einer Einzelmonographie vorbehalten bleiben.
Die Reichsstadt Speyer als Verhandlungsgegenstand in den Visitationen Das Reichskammergericht bildete in der Reichsstadt Speyer einen Fremdkörper, da die Angehörigen des Gerichts besondere Rechte und Privilegien in der Stadt besaßen, die die unterschiedlichsten Lebensbereiche umfassten und in der Literatur Kameralfreiheiten ¹ genannt werden. Entscheidend war, dass die Kameralen als reichsunmittelbar galten,² deshalb war es den Reichsständen nicht möglich, Einfluss auf sie zu nehmen.³ Allerdings gab es bei der Bestimmung der Reichsunmittelbarkeit der Kameralen Unstimmigkeiten: so wurde immer wieder diskutiert, ob Praktikanten auch zu dieser privilegierten Personengruppe zählten und ob die Reichsunmittelbarkeit nur persönlich war oder auch dinglich und damit den Grundbesitz der Kameralen einschloss.⁴ Diese Punkte wurden naturgemäß von den Kameralen und der städtischen Obrigkeit unterschiedlich gesehen und deshalb immer wieder thematisiert. Dabei wurden nicht alle Problemfelder, die sich daraus ergaben, direkt in den Visitationsprotokollen dokumentiert. Die Informationen über Streitigkeiten zwischen der Stadt Speyer und dem Gericht kamen vielmehr über viele Kanäle an die Kaiser, die zu diesen Themen lebhaft Stellung bezogen. Im Einzelnen ging es um die Problemfelder Jurisdiktion, vor allem in Bezug auf die Praktikanten, direkte und indirekte Abgaben sowie Nutzungsrechte und Sicherheit des Gerichts im Kriegsfall und bei Seuchen.
Jurisdiktion von Stadt oder Gericht und die Rechtsstellung der Praktikanten In einer Stadt mit vielen Fremden und einer Bevölkerungsgruppe, die ganz offensichtlich zahlreiche Privilegien besaß, kam es immer wieder zu heftigen Ausbrüchen von Gewalt vor allem nach übermäßigem Alkoholkonsum zum einen zwischen Kameralen untereinander und zum anderen zwischen Kameralen und städtischen Bürgern oder Fremden. Konflikte zwischen Stadt und Reichskammergericht über die Handhabung dieser Fälle waren die Folge. Daneben gab es auch tätliche Angriffe gegen den Besitz der Mitglieder des Kameralkollegiums. So Jost Hausmann: Die Kameralfreiheiten des Reichskammergerichts-Personals (QFHG 20). Köln/ Wien 1989. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 63. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 63. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 64. https://doi.org/10.1515/9783110574050-011
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wurden dem Beisitzer und späteren Reichsvizekanzler Vieheuser im Januar 1570 während seiner Abwesenheit die Fenster seines Hauses eingeworfen, was zu weiteren Tumulten führte.⁵ Auch Totschlag kam vor. Dies war besonders brisant, wenn Praktikanten daran beteiligt waren.⁶ Der Kammerrichter konnte nämlich den Praktikanten, die sich bei ihm meldeten, Kameralprivilegien erteilen.⁷ Gleichzeitig erwuchs daraus die Verpflichtung des Gerichts, Missbrauch zu verhindern. Die Reichsstadt Speyer versuchte dagegen durchzusetzen, dass sich die Praktikanten bei der Stadt meldeten, um so selbst eingreifen zu können.⁸ Hintergrund war, dass für Speyer als Reichsstadt mit dem Besitz der Strafgerichtsbarkeit auch die uneingeschränkte Landeshoheit verbunden war.⁹ Speyer sah sich also in dieser Angelegenheit in ihrer Landeshoheit bedroht. Ein Beispiel hierfür ist der Fall Bien. Speyer bezichtigte den Praktikanten Georg Bien, zusammen mit seinem Diener Georg Adam Schaab erschlagen zu haben.¹⁰ Die Stadt nahm den Tatverdächtigen fest, was zu heftigen Auseinandersetzungen mit dem Reichskammergericht führte. Der Streit eskalierte und gelangte vor Rudolf II., der klarstellte, dass das Gericht nur für die Zivilgerichtsbarkeit zuständig sei.¹¹ Außerdem verwies er auf den Reichshofrat, der sich ebenfalls mit der Frage der Kriminaljurisdiktion beschäftige.¹² Rudolf II. beendete den Streit schließlich durch Dekret und Bien wurde vom Vorwurf des Totschlages freigesprochen.¹³ Der Kaiser hatte damit aber nur einen vorläufigen Kompromiss erreicht. Der tatsächliche Streit zwischen Gaststadt und Reichskammergericht wurde besonders heftig auf dem Speyerer Deputationstag 1600 ausgefochten¹⁴ und fällt damit nicht mehr in unseren Untersuchungszeitraum.
StadtA Speyer 2 A, 205/5. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 55. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 16, 1563. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 321b, 1565/1567. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 153. Willi Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, in: Stadt Speyer (Hrsg.), bearb. v.Wolfgang Eger, Geschichte der Stadt Speyer, 3. Band Speyer 1989, Bd. 3, S. 213 – 289, 1989, S. 243. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 324, 1587. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 324, 1581 und 1587. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 243. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 153.
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Die Reichsstadt Speyer als Verhandlungsgegenstand in den Visitationen
Direkte und indirekte Abgaben sowie Nutzungsrechte Sobald Personen Angehörige des Kameralkollegiums waren, erhielten sie Abgabenprivilegien. Die Privilegien dienten auch dazu, die Reichsstände von den Kammerzielern, also der reichsweiten Steuern zur Unterhaltung des Reichskammergerichts zu entlasten. Das bedeutete, dass die Stellung der Kameralen als reichsunmittelbare Ehrenbürger ¹⁵ auch Auswirkungen auf das Steuerwesen der Gaststadt hatte und erklärt z. B. auch, warum Speyer selbst überprüften wollte, ob es sich bei dem immatrikulierten Personenkreis tatsächlich immer um Praktikanten handelte.¹⁶ Die Steuern der Reichsstädte beruhten sowohl auf den direkten und indirekten Vermögenssteuern als auch einer Verbrauchsabgabe, die je nach Region unterschiedlich genannt wurde. Der Konflikt zwischen den Kameralen und der Stadt entzündete sich über der Frage, ob das Abgabenprivileg alle Arten der direkten Steuer einschloss oder ob die Kameralen nur teilweise privilegiert waren. Die Streitigkeiten darüber setzten bereits zu Beginn des ständigen Aufenthaltes der Kameralen in der Stadt 1530 ein. Kaiser Rudolf II. versuchte, auch in diesem Fall eine endgültige befriedigende Regelung in Form eines Vertrages zu schaffen¹⁷, was aber weitere Streitigkeiten nicht verhinderte.¹⁸ Als die Stadt Speyer von den Kameralen Hauszins verlangte, mischten sich die Reichsstände ein und sprachen sich dagegen aus.¹⁹ Besonders verärgert waren die Speyerer über den Immobilienerwerb der Kameralen von städtischen Bürgern, da Immobilien und liegende Güter, die in die Hände von Kameralen gelangten, nun nicht mehr steuerpflichtig waren und dadurch der Stadt Einnahmen entgingen.²⁰ Weitere Diskussion entstanden über die Zinsen und Gülten, die auf diesen Immobilien lagen. Die Visitationskommission war sich hier sehr schnell einig, dass Streitigkeiten darüber nicht vor dem Reichskammergericht in erster Instanz ausgetragen werden sollten²¹. Der Rat änderte daraufhin seine Strategie und bestand darauf, dass beim Erwerb einer Immobilie der Rat zustimmen müsse. Die Stadt wollte damit den Ausverkauf des bürgerlichen Besitzes verhindern. Auch hier gelang keine Einigung und der Kaiser
Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 167. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 247. StadtA Speyer Sektion Urkunden 1 U 504. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 173. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 7, 1550. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 321b, 1565 – 1567. Ein Problem, dass die Stadt schon 1529/33 ansprach. Siehe auch StadtA Speyer A 1 206/1. ÖStA HHStA Wien, RHK, RKGVA 321b, 1565 – 1567.
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wurde zur Schlichtung angerufen.²² Er meinte wiederum, dass dies eine Angelegenheit des Reichstages sei.²³ Letztlich änderte sich an dem Sachverhalt nichts. Die Kameralen bestanden auf ihrem Recht der Steuerfreiheit und die Stadt Speyer, die ein ständiges Anwachsen der steuerfreien Häuser fürchtete, um ihre Steuereinnahmen. Den Vorschlag nach einem Vergleich lehnte die Stadt 1584 ab.²⁴ Daneben gab es weitere Streitigkeiten um kleinere Abgaben und Beträge, so z. B. das sogenannte Bachgeld, eine indirekte Steuer, die von den Anrainern des Speyerbachs erhoben wurde, damit das Bachbett durch öffentliche Reinigungskräfte gesäubert werden konnte.²⁵ Hinzu kamen Auseinandersetzungen um Nutzungsrechte, vor allem die Nutzung der Allmende der Stadt. Der Rat versuchte, das Problem zu lösen, indem er vorschrieb, dass pro Reichskammergerichtsangehöriger nur zwei Stück Vieh auf die Allmende geführt werden sollten.²⁶ In diesem Zusammenhang müssen auch die Nahrungsimporte in die Stadt angesprochen werden. Die Importe der Kameralen zum eigenen Bedarf waren privilegiert; die Kameralen sollten aber mit ihren eigenen Waren und Gütern keine eigenen Geschäfte treiben. Schnell entwickelte sich daraus ein Streit um den Umfang des Eigenbedarfs.²⁷ Damit zusammen hing die unerlaubte Gasthaltung und Kaufmannschaft der Kameralen.²⁸ Auch hier kollidierten die Interessen der städtischen Bürger mit den Reichskammergerichtsangehörigen, die versuchten, ihre eigenen Nahrungsmittel zu erzeugen und gewinnbringend auf dem Markt zu verkaufen²⁹. Die Visitatoren versprachen der Stadt, die Kameralen zu bitten, die verbotene Kaufmannschaft und Gasthaltung zu verfolgen und die Übeltäter zu bestrafen.³⁰ Besonders die Aufnahme von Praktikanten, Sollizitanten und Parteien und damit die Frage, ob es sich hier um eine private oder öffentliche Gasthaltung handle³¹, wurde sehr kontrovers diskutiert.³² Großes Konfliktpotential barg vor allem der Brennstoff Holz. Er stellte die Reichsstadt Speyer und seine Bewohner vor besondere Herausforderungen. Im Laufe der Zeit bildeten sich hier zwei Streitkomplexe heraus, die eng miteinander
Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 223. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 3 – 4, 1584. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 171. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 70. Hausmann: Die Kameralfreiheiten, S. 75. StadtA Speyer, Bestand I BXXV, 1576 – 1619, 20. Mai 1581 f., 171r. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 280. StadtA Speyer Bestand I B XXV, 1576 – 1619, 20. Mai 1581. StadtA Speyer Bestand 1 A, f. 450. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 281.
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verwoben waren und nur zum Teil erhellt werden können. Hintergrund war, dass sich die Stadt verpflichtet hatte, bei der endgültigen Aufnahme des Gerichts 1529 für die Heizung der Räume des Gerichts im Ratshof zu sorgen. Eine Verpflichtung, die vor allem in den 1570er Jahren immer mehr zur Bürde wurde und in den Sitzungen der Visitationskommission häufig thematisiert wurde. So verkündete Speyer 1573, dass der Rat kein Brennholz mehr für das Reichskammergericht stellen wolle, mit dem sechs oder acht Stuben geheizt wurden. Als Grund nannte die Stadt die Überschwemmung des Rheins, der einen Holztransport sehr schwierig machte, sowie allgemein die Herbeischaffung von Holz, die immer teurer und aufwändiger würde. Ursache hierfür waren vor allem Zölle, die der Pfalzgraf der Stadt gegenüber erhob. Um den Konflikt zu entschärfen, bat die Stadt die Visitationskommission, beim Pfalzgraf wenigstens um eine Erlassung des Zolls zu ersuchen.³³ Dies scheint aber nicht allzu viel genutzt zu haben, denn 1580 bat der Kaiser, die kaiserlichen Kommissare bezüglich der Holzlieferung für das Gericht die Stadt bei gutem Willen ³⁴ zu erhalten. Außerdem verlangte Rudolf II., dass nach der Visitation die Akten bezüglich des Holzhandels vom Fiskal gesammelt und der Reichshofkanzlei übersandt werden sollten.³⁵ Rudolfs II. Bemühungen waren aber wenig erfolgreich, denn 1588 weigerte sich die Stadt erneut, Holz für die Beheizung des Kammergerichts aufzubringen.³⁶ Eigentlich mangelte es nicht am guten Willen der Stadt, das Reichskammergericht im laufenden Unterhalt zu unterstützen. Ein Indiz hierfür ist, dass sich die Stadt noch 1570 dazu bereit erklärte, bauliche Veränderung im Ratshof für eine Archiverweiterung des Gerichts vorzunehmen.³⁷ Vielmehr entzündete sich der Unmut des Rates an dem Verhalten der Kameralen, die versuchten, aus dem Privileg der Zollfreiheit für Holz kräftig auf eigene Rechnung Kapital zu schlagen. Die Kameralen hatten Holz, das sie zollfrei bezogen, an die städtischen Bäcker und andere Handwerker zu einem günstigen Preis weiterverkauft, was dann zur Weigerung des Kurfürsten geführt hatte, überhaupt Holz nach Speyer zu liefern.³⁸ Das erhöhte natürlich die Kosten für die Stadt, die nun das Holz aus entfernteren Gebieten beschaffen musste. Dem Kaiser war sehr daran gelegen, diese Angelegenheit aus der Welt zu schaffen und sie gütlich zu regeln.³⁹
ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 28, 1573. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1580. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1580. StadtA Speyer Bestand A 1 Nr. 210. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 23, 1571 und ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322a, 1570. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322b, 1578. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 322b, 1578.
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Schließlich kam es zu einem Vertrag, der einen Vergleich zwischen der Kurpfalz und dem Gericht vorsah. Während der Kaiser den Vertrag als erbar und Billigkeit gemeß ansah, waren die pfälzischen Räte anderer Meinung. Trotzdem bestand Rudolf II. weiterhin auf dem Vertrag.⁴⁰ Ein besonders Kapitel waren die Verhandlungen mit der Stadt bei Kriegs- und Seuchengefahr. Gerade an diesem Beispiel kann man besonders gut sehen, wie sich das Reichskammergericht als eine Institution erst allmählich entwickelte. Zuerst wurden die Begriffe ‚Sicherheit‘ und ‚Schirm‘ nur im Zusammenhang mit den Reichskammergerichtsangehörigen benutzt.⁴¹ Erst nach Erfahrungen mit plündernden Truppen sowie der ständig drohenden Seuchengefahr wurde über die Sicherheit der Institution Reichskammergericht nachgedacht. Symptomatisch hierfür ist die Diskussion des Gerichts über eine Verlegung, weil Speyer durch Markgraf Albrecht Alcibiades 1552/1553 mit Plünderung bedroht wurde. Albrecht hatte in Franken gewalttätige Einfälle in Ortschaften begangen, worauf der Bischof von Bamberg Albrecht wegen Landfriedensbruch verklagt hatte. Das Reichskammergericht sprach am 1. Dezember 1553 die Acht gegen Albrecht Alcibiades aus.⁴² Dieser diffamierte daraufhin die Beisitzer und bedrohte die Stadt Speyer mit Krieg. Aus Furcht davor baten die Beisitzer Karl V., das Gericht zu verlegen.⁴³ Die Kameralen schlugen als Ausweichstadt Köln vor, allerdings hielt sich die Reichsstadt Köln mit einer positiven Antwort zurück. Zimmern bat darauf im März 1554 Karl V., der Stadt Köln zu befehlen, das Gericht aufzunehmen⁴⁴, worauf die Stadt ihre Zustimmung für den Notfall gab. Es war jedoch zu spät. Albrecht Alcibiades überfiel die Stadt Speyer, plünderte Kameralenhaushalte, versuchte die Dombibliothek zu rauben und rächte sich mit großer Gewalt. Die Gegenstände der Häuser der Kameralen fanden sich nach der Plünderung in der ganzen Stadt, so dass der Rat eine Liste sämtlicher Dinge aufstellte, die aus Kameralenhaushalten entfernt und dann von Speyrer Bürgern gekauft worden waren. Es handelte sich dabei meist um Bettladen, Kessel etc.⁴⁵ Nur ein Jahr später 1555 fürchteten die Kameralen, dass Seuchen in Speyer aufflammen könnten. Jetzt wurde ein Notfallplan entwickelt, wie das Gericht zu evakuieren sei. Als Fluchtort war Esslingen im Gespräch. Karl V. bat den Pfalz-
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 1– 2, 1580. Siehe RKG-Ordnung 1555 I XLIX §4. Bayerisches Hauptstaatsarchiv Reichskammergericht, Bd. 2, Nr. 429 – 868 (Buchstabe B), bearb. von Manfred Hörner und Barbara Gebhardt. Bayerische Archivinventare, Bd. 50/2. München 1996, Nr. 473. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 319a, 1554. ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 319a, 8. Mai 1554. StadtA Speyer 1 A 205/12.
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grafen und den Herzog von Württemberg um Geleit für das Gericht, die Akten und die Protokolle.⁴⁶ 1556 wurde die Furcht vor Seuchen und Kriegsgefahr nicht nur mit dem Kaiser diskutiert, sondern auch in den Visitationsprotokollen vermerkt. Die Kameralen stellten fest, dass die Umgebung der Stadt nach wie vor nicht sicher sei, deshalb hätten sie weiterhin großes Interesse, das Gericht zu verlegen. Dabei betonten sie erstmals ausdrücklich, dass es nicht nur um die Sicherheit der Personen ginge, sondern auch an die Akten gedacht werden müsse.⁴⁷ 1569 traten schließlich die Belange der Kameralen gegenüber der Rettung der Akten gänzlich in den Hintergrund. Auf der Visitation wurde vor allem um die Verlegung der Akten wegen der drohenden Kriegsgefahr debattiert⁴⁸. Die Kommission machte sich auch darüber Gedanken, wie der Transport der Akten zu bewerkstelligen sei. Selbstverständlich war dabei, dass die Akten nur per Schiff weggebracht werden konnten. Gleichzeitig befürchtete man, dass die Akten durch den Kurfürsten von der Pfalz aufgehalten werden könnten.⁴⁹ Eine Verlegung des Gerichts wurde zwar auch in Erwägung gezogen, die Kameralen sprachen sich aber dafür aus, in Speyer zu bleiben, obwohl die Stadt nahe an der Grenze des Reiches liege.⁵⁰ Die geschilderten Beispiele zeigen deutlich, dass zuerst vor allem die Sicherheit der einzelnen Kameralperson im Fokus aller Beteiligten stand. Akten, Register und Protokolle werden zwar erwähnt, sind aber nur Beiwerk. 1569 hatte sich dies geändert: Jetzt galt es vor allem, gerade diese zu schützen und ihre Vollständigkeit zu bewahren. Der Fokus hatte sich verschoben. Das Gericht wurde jetzt nicht mehr nur durch die einzelnen Funktionsträger definiert, sondern weit stärker als Institution gesehen. Krieg war in den Akten auch in anderer Form präsent. Speyer war ein wichtiger Treffpunkt einflussreicher Persönlichkeiten und bot so, auch durch seine Lage dicht an der Grenze, die hervorragende Gelegenheit, Kriegsnachrichten zu sammeln und sie an den Kaiser weiterzugeben. Hinzu kam die wichtige Poststation in Rheinhausen. So berichtet Hegenmüller am 7. Mai 1573 anlässlich der Visitation vor allem darüber, dass zwischen Lottringen und Hanaw widerumb newe und zimeliche stracke werbung verhanden sein soll … Ich kann noch nit wissen, wer die Obristen oder Rittmeister sein, wohin sy auch ihre Zug nehmen werden. Soviel hab ich aber wol eingenommen das ettliche wederawische Graffen, den von Hanaw
ÖStA HHStA Wien, RHK RKGVA 319b, 8. Juli 1555. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 8, 1556. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1569. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1569. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 17, 1569.
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einen Reitersdienst und doch nitt weiter zugesagt …. ⁵¹ Allerdings lässt sich hier kein vollständiges Bild gewinnen. In engem Zusammenhang mit der Sicherheit des Gerichts vor Kriegsgeschehen muss die Sicherheit des Gerichts vor Seuchen gesehen werden. Allgemein war die Stadt sehr auf Hygiene bedacht, schließlich wollte sie auch weiter bei Reichstagen, Reichsdeputationstagen etc. berücksichtigt werden. Seuchen bedingten auch kurzfristige Wechsel des Gerichts in eine andere Stadt, wie z. B. Esslingen oder Wimpfen. Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Visitationen sich immer auch mit der Stadt Speyer als Wohnort der Kameralen beschäftigen musste. Die herausragende Stelle der Gerichtsangehörigen mit ihren zahlreichen Privilegien förderte das Zusammenleben innerhalb der Stadt nicht. Reichskammergerichtsangehörige und die Reichsstadt waren vor allem auf ihren Vorteil bedacht. Hinzu kamen die Schwierigkeiten mit den direkten Nachbarn, wie z. B. der Kurpfalz⁵². Insgesamt hatte man sich aber arrangiert. Es gab zwar in regelmäßigen Abständen die gleichen Konfliktpunkte, die jedoch im Zweifelsfall der Kaiser lösen musste.
ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 322a, 7. Mai 1573. Jendorff, Speyer als juridischer Zentralort des Reiches, S. 199 ff.
Der Abschluss der Visitation: Von Visitations- und Reichstagsabschieden, Memorialen und Gemeinen Bescheiden oder einige Bemerkungen zur Wirkung von Gesetzen Die Reichskammergerichtsvisitatoren beendeten in der Regel die Visitation mit der Verfassung und Verkündigung eines Visitationsabschiedes oder Memorials. Der Text wurde in der Audienz den Kameralen zuerst durch den Stellvertreter des Mainzer Erzkanzlers vorgelesen und danach gedruckt.¹ Es handelt sich bei diesen Abschlussdokumenten um unterschiedliche Formen der Zusammenfassung des Protokolls der Visitation, die im Folgenden etwas näher betrachtet werden sollen: Abschiede waren Vergleiche zwischen allen am Entscheidungsfindungsprozess beteiligten Parteien. Sei entstanden in einem Aushandlungsprozess Die Vergleiche zwischen Kaiser und Reichs werden als Reichsabschiede bezeichnet.² Sie galten als Stellungnahmen der Reichsstände, die durch kaiserliche Ratifikation zu Reichsschlüssen erhoben und bei der Entlassung des Reichstages³ gebündelt als sogenannte Reichsabschiede oder recessus imperii veröffentlicht wurden. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden sie privilegiert gedruckt und von professionalisierten Juristen im 16. Jahrhundert regelrecht inszeniert.⁴ Memoriale haben dagegen einen völlig anderen Charakter. Sie sind nicht das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses verschiedener Kommunikationspartner auf gleicher Ebene, sondern stehen im Übergangsbereich zwischen Bericht und Bitte. ⁵ Eine Partei stellte etwas fest und wollte der anderen Partei Anregungen zur Verbesserung liefern. Somit trat eine Hierarchisierung ein. Memoriale waren zudem oft nicht unterschrieben, datiert oder adressiert und daher nur schwer einzuordnen.⁶ Es ist in den Quellen auf den ersten Blick nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Visitationskommission zwischen einem Abschied oder einem Me-
ÖSTA HHSTA Wien MEA RKG 4, Druck von 1668. Hochedlinger: Aktenkunde, S. 97. Visitationsabschiede kennt Hochedlinger: Aktenkunde, nicht. Georg Schmidt: Aushandeln oder Anordnen. Der komplementäre Reichs-Staat und seine Gesetze im 16. Jahrhundert, in: Maximilian Lanzinner/Arno Strohmeyer (Hrsg.), Der Reichstag 1486 – 1613. Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten. Göttingen 2006, S. 95 – 116, S. 97. Hochedlinger: Aktenkunde, S. 214. Hochedlinger: Aktenkunde, S. 214. https://doi.org/10.1515/9783110574050-012
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morial als Abschlussdokument wählte. Betrachtet man die Jahre, in denen ein Abschied oder ein Memorial verkündet wurde, um so etwas über Gründe der Wahl der Form des Abschlussdokuments der Reichskammergerichtsvisitation zu erfahren, so sieht man, dass die Reichskammergerichtsvisitationen bis zum Jahr 1573 bis auf wenige Ausnahmen mit einem Visitationsabschied endeten. Nur zu den Jahren 1551 und 1556 sind keine Bezeichnungen überliefert. Ab 1574 wurde dann bis zum Ende der Visitationen die Form des Memorials als Abschlussdokument gewählt⁷. 1582 wurde von mündlicher Anzeige gesprochen. Der Charakter des Abschlussdokuments der Visitation hat sich also seit Anfang der 1570er Jahre entscheidend geändert. Es scheint ein tiefgreifender Wandel im Verhältnis der Visitatoren untereinander stattgefunden zu haben, der sich jedoch in den Quellen nicht direkt greifen lässt. Reichsabschiede wurden mehrfach zwischen dem Kaiser und den Ständen abgestimmt. Abschiede konnten nur bei gegenseitigem Vertrauen und Konsensbereitschaft sowie der entsprechenden identitätsstiftenden Kommunikation und Loyalität ausgehandelt werden.⁸ Das scheint in den 1570er Jahren innerhalb den Visitationskommissionen nicht mehr der Fall gewesen zu sein. Eine These wäre, dass durch den verstärkten Einsatz von Reichshofräten als kaiserliche Kommissare die Visitation einen Bedeutungswandel erfuhr, der sich in dem geänderten Abschlussdokument niederschlug. An Stelle des Aushandlungsprozesses zwischen den Reichsständen und dem Gericht als gleichberechtigten Partnern fand nun eine Festsetzung statt. Hier spielte wohl auch die neue Politik Kaiser Rudolfs II. eine Rolle, der seine Befehlsgewalt betonte und den Reichsständen eine Nebenrolle zuwies.⁹ Diese Politik verfolgte er wohl auch bei den Visitationen des Reichskammergerichts. Inhaltlich unterscheiden sich Abschied und Memorial kaum. Beide weisen mit ständiger Regelmäßigkeit auf die Ineffizienz des Verfahrens am Reichskammergericht hin und machen konkrete Vorschläge zur Verbesserung, die immer die gleichen waren. Die ständigen Wiederholungen in den Memorialen und Abschieden führten u. a. zu der Geringschätzung der Effizienz der Rechtsprechung des Reichskammergerichts im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert.¹⁰ Das führt
1584 und 1585 gibt es auch keine Bezeichnungen. Wolfgang E. J. Weber: Bekennen und thun hiermit kunth und offentlich. Bemerkungen zur kommunikativen Funktion der Reichsabschiede des 16. Jahrhunderts, in: Lanzinner, Maximilian/ Strohmeyer, Arno (Hrsg.), Der Reichstag 1486 – 1613, S. 281– 311, S. 285. Weber: Bemerkungen zur kommunikativen Funktion der Reichsabschiede, S. 304. Edgar Liebmann: Reichs- und Territorialgerichtsbarkeit im Spiegel der Forschung, in: Anja Amend-Traut/Anette Baumann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hrsg.), Gerichtslandschaft Altes Reich. Höchste Gerichtsbarkeit und territoriale Rechtsprechung (QFHG 52). Köln/ Weimar/Wien 2007, S. 151– 172.
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zu der Frage, warum es immer bei den gleichen Verordnungen der Kommission blieb, auch wenn z.T. festgestellt wurde, dass das Gericht ganz ordentlich gearbeitet habe. Es scheint, als ob die Arbeit der Visitatoren mit der Feststellung der Mängel des Gerichts beendet war. Die Visitatoren gaben Empfehlungen an das Gericht, das diese dann umsetzen konnte. Das weitere Vorgehen fiel nicht mehr in ihren Aufgabenbereich, sondern war Aufgabe des Gerichts. Das Phänomen, dass zahlreiche Gesetze oder Verordnungen in der Frühen Neuzeit erlassen wurden, ihre Einhaltung aber nicht mehr interessierte, trifft nicht nur auf das Reichskammergericht zu. Auch bei den Policeyordnungen ist dies der Fall. Allgemein hat sich in der Forschung die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Reichsgesetzgebung nicht mit den Maßstäben heutiger administrativer Effizienz¹¹ beurteilt werden darf. Vielmehr fand im 16. Jahrhundert eine verstärkte Gesetzgebung statt,¹² in der zwischen dem Erlassen von Gesetzen und ihrer Durchsetzung eine große Diskrepanz bestand. Dies traf auch bei prozessualen Vorschriften, der Protokoll- und Aktenführung, bei Kompetenzregelungen und materiellen Bestimmungen zu.¹³ Ursache hierfür war neben den administrativen Verordnungen ein spezifisches Loyalitäts- und Beziehungsnetz auf familiärer, ständisch-lokaler und Klientelebene. Dieses Netz beteiligte sich an dem Verordnungsprozess und konnte auch so die Durchführung verhindern. Es entstand ein strukturelles Gegengewicht gegen die Herrschaft und ihren Gesetzgebungsbefehl innerhalb der administrativen Maschinerie.¹⁴ Dies trifft auch auf die Reichskammergerichtsvisitation und ihre Abschlussdokumente sowie die anschließende Durchführung zu. Das Reichskammergericht war gerade im 16. Jahrhundert eine Institution, die im Werden begriffen war und bei der sich Effizienz- und Leistungsdenken zwangsläufig mit familiären Klientelbeziehungen und dem unbedingten Willen der Friedenserhaltung kreuzten. Der Zwiespalt zwischen dem noch jungen Reichskammergericht als Institution und Aushandlungsort und den Anforderungen der Ständegesellschaft wird besonders in der Zimmerschen Chronik deutlich. Darin wird über Ereignisse berichtet, in denen das strukturelle Gegengewicht der Adelsgesellschaft zur Institution Reichskammergericht und seinen Verordnungen detailliert geschildert wird. Hier kann nur noch einmal auf die Ereignisse der Rekusation durch den Siehe Weber: Bemerkungen zur kommunikativen Funktion der Reichsabschiede, S. 280. Jürgen Schlumbohm: Gesetze, die nicht durchgesetzt wurden – ein Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Staates, in: Geschichte und Gesellschaft 23, 1997, S. 647– 663, S. 647. Schlumbohm: Gesetze, die nicht durchgesetzt wurden, S. 655. Schlumbohm: Gesetze, die nicht durchgesetzt wurden, S. 656.
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Fürsten von Fürstenberg hingewiesen werden, bei der sich Wilhelm Werner von Zimmern, obwohl er Beisitzer des Reichskammergerichts war, für die Priorität seiner Patronage- und Klientelbeziehungen entschied.¹⁵ Letztlich wusste das Gericht der Argumentation Zimmerns außer einem Aktenvermerk nichts entgegenzusetzen.¹⁶ Eine Entlassung oder sonstige Strafmaßnahme seitens des Gerichts oder des Kaisers erfolgte nicht. Die Angehörigen des Reichskammergerichts kritisierten zwar die Handlungsweise des Adeligen Zimmern, da sie darin einen Regelverstoß sahen, sanktioniert wurde das Verhalten aber nicht. Eine weitere Begebenheit aus der Zeit Wilhelm Werners von Zimmern als Kammerrichter macht den Konflikt zwischen Institution und Klientelbeziehungen noch deutlicher. Ursache hierfür waren die kriegerischen Auseinandersetzungen mit Albrecht Alcibiades in den 1550er Jahren. Der württembergische Herzog hatte Zimmern ermahnt, sich gegen Albrecht Alcibiades als Lehenmann in Rüstung zu halten. ¹⁷ Zimmern war verunsichert und wusste nun nicht, ob er seiner Verpflichtung als Kammerrichter, der gerade in Krisenzeiten in Speyer anwesend sein sollte, oder seinem Dienst als Lehenmann nachkommen sollte. Er wandte sich deshalb mit der Bitte um Stellungnahme an den Kaiser.¹⁸ Die Reaktion des Kaisers auf das Schreiben Zimmerns ist nicht überliefert. Der Brief zeigt aber, dass Wilhelm Werner von Zimmern sich in diesem Fall der verschiedenen Abhängigkeiten bewusst war und nicht zwangsläufig seine Position als Kammerrichter über seine Verpflichtungen als Lehensmann stellte. Wichtig ist aber auch zu erkennen, dass der Herzog von Württemberg selbst das gleiche Problem besaß, denn er stufte die Rolle des von Zimmern als sein Lehenmann höher ein als die Funktion des Grafen von Zimmern als Stellvertreter des Kaisers bei einer Reichsinstitution. Dieses Dilemma zwischen den Anforderungen einer Reichsinstitution und den Klientel- und Verwandtschaftsverhältnissen spiegelte sich auch im Streit um die richtige Kleidung wider, der das Gericht gerade in den 1570er Jahren stark beschäftigte. Die adeligen Beisitzer wehrten sich vehement gegen das Ansinnen des Kaisers, in der Audienz mit den gleichen Kleidern wie die nichtadeligen Assessoren aufzutreten. Sie wollten auch äußerlich als Adelige erkennbar bleiben, und ihren Stand und den Reichsstand, der sie am Gericht präsentiert hatte, repräsentieren. Auch wenn der Doktortitel in dieser Zeit als Adelsprädikat galt. Der Geburtsadel wollte seine Adeligkeit auch in der Öffentlichkeit des Gerichts demonstrieren. Das Reichskammergericht als Institution spielte dabei für die adeligen Beisitzer keine Rolle.
Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 221. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 221. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, 24. Feb. 1552. ÖStA HHStA Wien RHK RKGVA 319a, 24. Feb. 1552.
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In diesem Zusammenhang müssen auch die Gemeinen Bescheide des Gerichts näher betrachtet werden. Kammerrichter und Beisitzer erließen Gemeine Bescheide zum störungsfreien Ablauf des Gerichtes. Eine Definition der Funktion der Gemeinen Bescheide ist schwierig, da sie sich in einer Grauzone zwischen Gesetzgebung, Verwaltungsanordnung und Rechtsprechung ¹⁹ befanden. Dem Reichskammergericht wird in Form der Gemeinen Bescheide in der Reichskammergerichtsordnung eine Normsetzung zuerkannt.²⁰ Hier ließ die Visitationskommission dem Gericht freie Hand. Die Visitationskommission hat sich nur äußerst selten mit Gemeinen Bescheiden befasst; in den Protokollen und in der Korrespondenz der kaiserlichen Kommissare und des Kammerrichters mit dem Kaiser werden sie nicht erwähnt. Den Akten liegt nur eine gedruckte Sammlung von 1686 bei.²¹ Nur in den Visitationsabschieden von 1556 und 1557 wird auf die Gemeinen Bescheide Bezug genommen, wobei der Visiationsabschied von 1557 nur die Bestimmungen von 1556 wiederholt. Der Visitationsabschied bestimmte, wie der Mainzer Erzkanzler, die Kurfürsten sowie der Kaiser und die anderen Reichsstände bei der Durchführung eines Gemeinen Bescheides zu beteiligen seien.²² Dabei wurde nur das Verfahren geregelt, die Verordnungen und ihr Inhalt wurden nicht thematisiert. Inhaltlich lassen sich die Gemeinen Bescheide in fünf Kategorien einteilen: Sie befassten sich mit der finanziellen Ausstattung des Gerichts²³, erließen Vorschriften zum Verfahrensalltag²⁴, vor allem über den Ablauf der Audienzen. Besonders zahlreich waren die Disziplinarmaßnahmen gegen die Prokuratoren²⁵, die sich meist auf die Länge der Rezesse bezogen, und damit auch den Ablauf der Audienz betrafen. Daneben gab es policeyrechtliche Regelungen²⁶ sowie Rangund Ehrenfragen sowie Verordnungen zum Zeremoniell.²⁷ Der Bedarf nach Regelungen des Gerichtsbetriebes mit Hilfe der Gemeinen Bescheide durch Kammerrichter und Beisitzer war sehr unterschiedlich, wie ein Blick auf die statistische Verteilung zeigt. Schwerpunkte des Erlasses von Gemeinen Bescheiden finden sich in den 1530er und den 1570er Jahren. Gerade für Peter Oestmann: Einleitung, in: Gemeine Bescheide: Reichskammergericht (1497– 1806), eingeleitet und hrsg. v. Peter Oestmann (QFHG 63,1). Köln/Weimar/Wien 2013, S. 1– 103, S. 2. RKGO 1555, Teil 2, XXXVI. Siehe ÖStA HHStA Wien MEA RKG 4 von 1686. Oestmann: Gemeine Bescheide, erwähnt diesen Quellenbestand nicht. Oestmann: Einleitung Gemeinde Bescheide, S. 25. Oestmann: Einleitung Gemeinde Bescheide, S. 43. Oestmann: Einleitung Gemeinde Bescheide, S. 53. Oestmann: Einleitung Gemeinde Bescheide, S. 64. Oestmann: Einleitung Gemeinde Bescheide, S. 68. Oestmann: Einleitung Gemeinde Bescheide, S. 73.
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die 1530er Jahre ist der Versuch des Gerichts, alles selbst zu regeln in vielerlei Hinsicht erklärbar: Karl V. weilte außerhalb des Reiches, im Reich stritten sich Altgläubige und Protestanten um den rechten Glauben und das Reichskammergericht hatte den Eindruck, seine Geschicke selbst in die Hand nehmen zu müssen.²⁸ Versucht man den Inhalt der Bescheide zu typisieren, so lassen sich in den Gemeinen Bescheiden drei Schwerpunkte erkennen: Erstens gab es Bescheide, die den Respekt gegenüber dem Gericht herzustellen versuchten, zweitens wurden Disziplinarmaßnahmen gegen die Prokuratoren, vor allem im Zusammenhang mit der Audienz, erlassen, sowie drittens Bescheide, die allgemein die Prozessführung regeln sollten. Damit wird deutlich, dass die Gemeinen Bescheide tatsächlich ein gerichtsinternes Regelwerk waren, mit dem der Kammerrichter und die Beisitzer versuchten, autonom zu handeln. Die hohe Zahl der Gemeinen Bescheide in den 1570er Jahren ist dagegen auf den ersten Blick weniger leicht erklärbar. Rund die Hälfte der 22 gezählten Bescheide befasste sich mit dem Ablauf der Audienz. Die Audienz²⁹ war – wie bereits dargestellt wurde – der zentrale Teil des Gerichts, der für die Öffentlichkeit zugänglich war. Das Ansehen das Gericht hing von dem reibungslosen Ablauf dieser Veranstaltung ab.³⁰ Würde und Repräsentanz des Reiches und des Gerichts waren hier eng miteinander gekoppelt. Gleichzeitig besaßen Kammerrichter und Urteiler in der Audienz die Gelegenheit, ihre eigenen Vorstellungen von Repräsentanz und Würde des Gerichts zu verwirklichen. Prokuratoren als Interessenvertreter der Parteien bildeten dagegen mit ihrer Unberechenbarkeit in Form von langen Rezessen einen hochgradigen Störfaktor, der dem Ansehen des Gerichts empfindlich schaden konnte. Prokuratoren mussten deshalb zurechtgewiesen werden, zumal damit auch indirekt die Parteien gemaßregelt werden konnten. Die Audienz war eine Bühne, auf der sich das Gerichtswesen des Reiches repräsentierte und seine Legitimität generierte. Kammerrichter und Beisitzer wollten hier mitreden. Die Beisitzer wurden in Form der Gemeinen Bescheide selbst zum Normgeber für die Prokuratoren. Denn das Gericht war kein homogenes Gebilde, sondern trennte scharf zwischen der Gruppe der Prokuratoren und Advokaten³¹ sowie der
Siehe hierzu das Kapitel Die Suche nach geeigneten Kandidaten: die kaiserlichen Kommissare unter Karl V. und Ferdinand I. Genaueres zum Ablauf siehe Kapitel Die Audienz. Siehe hierzu Kapitel Die Audienz. Allgemein zu Prokuratoren und Advokaten: Anette Baumann, Advokaten und Prokuratoren am Reichskammergericht in Speyer (1495 – 1690): Berufswege in der Frühen Neuzeit, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, GA 117, 2000, S. 550 – 563; dies., Advokaten und Prokuratoren. Anwälte am Reichskammergericht (1690 – 1806), QFHG 51, Köln, Weimar, Wien
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Gruppe der Urteiler und des Kammerrichters. Das Prinzip Herrschaft und Untertanen setzte sich hier fort. Aber auch hier bestanden unterschiedliche Beziehungsnetze und Loyalitäten, die sich überschneiden konnten. Die Urteiler wurden von den Reichsständen präsentiert, sollten jedoch unabhängig urteilen. Die Advokaten und Prokuratoren vertraten die Interessen dieser Reichsstände vor den Urteilern. Beisitzer, die die Prokuratoren tadelten, kritisierten auch deren Mandanten, die wiederum das Gericht finanzierten und sie eventuell dem Gericht vorgeschlagen hatten. Die Interessen des Gerichts als Institution konnten dabei leicht ins Hintertreffen geraten. Das Gericht reagierte auf geänderte politische Gegebenheiten, indem es sich eine eigene Form von Autonomie schuf, die sich in einer verstärkten eigenen Gesetzgebung ausdrückte. Daneben wird in den Ausführungen deutlich, dass es dem Gericht als Institution nicht gelang oder es gar kein Interesse daran hatte, über der Ständegesellschaft zu stehen, sondern weiterhin einen Teil von ihr bildete. Gesetze,Verordnungen und Empfehlungen wurden deshalb nicht umgesetzt.
2006. Dort auch weitere Literatur. Siehe auch Jürgen Weitzel, Anwälte am Reichskammergericht, in: Battenberg, Friedrich u. Ranieri, Filippo (Hgg.). Geschichte der Zentraljustiz in Mitteleuropa. Festschrift für Bernhard Diestelkamp zum 65. Geburtstag, Köln/Weimar/Wien 1994, S. 253 – 270. Allgemein beziehen sich die Forschungen meist auf das 18. Jahrhundert und auch nicht auf die Rolle der Prokuratoren im Verfahren und in der Audienz.
Speyer als Zentralort des Reiches Speyer als Sitz des Gerichts: Alltag einer Reichsinstitution und ihres Personals in der Reichsstadt 1576 lobte Wilhelm Eisengrein in einem Gedicht die Stadt Speyer, dass sie in ganz besonderem Maße ausgezeichnet sei¹, da in der Stadt die assessores Caesaris lebten, also das Reichskammergericht die Stadt zum domus aequi et iustique mache. Auch andere Autoren stimmten in das Städtelob – eine Gattung, die von Jakob Wimpfeling begründet wurde – ein.² Dies zeigt die Bedeutung der Stadt, die nicht nur Sitz des Reichskammergerichts, sondern auch Kaisergrablege und Reichsstadt war. Im Folgenden soll die Lebenssituation der Kameralen in der Stadt Speyer etwas näher beschrieben und gefragt werden, was die Reichsstadt Speyer der Juristenelite des Alten Reiches bot und wie die Juristen das städtische Leben beeinflussten. Da eine Stadtgeschichte Speyers für die Frühe Neuzeit noch aussteht,³ kann dies nur schlaglichtartig geschehen. Speyer war bereits im Mittelalter eine bedeutende Stadt, die nach Kämpfen mit dem Bischof 1294 zur freien Reichsstadt geworden war. Die Stadt erreichte im Laufe des Mittelalters eine große wirtschaftliche Blüte, nicht zuletzt dadurch, dass der Dom der Stadt, in dem die Salier ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten, als
Franz Staab: Ein späthumanistisches Städtelob. Das Kapitel Spira in der Harmonia ecclesiae historica von 1576 des Wilhelm Eisengrein, in: Pirmin Spieß: Palatina historica. Festschrift für Anton Doll zum 75. Geburtstag. Mainz 1994, S. 361– 397, S. 397. Spira aequi iustique domus inclyta Regum Quia uix est Rheno filia pulchra magis. Illustris triplici, Diuum bonitate, Senatu Clerici, Assessorum Caesaris, atque Patrum Quod Diadema tuo clementia numina Divum Conservent capiti Regia Diua diu. In deutscher Übersetzung: Speyer, königlich hehres Haus der Rechtsprechung Du, Schöner besitzt der Rhein ja kaum eine Tochter Göttersegen erhob Dich durch der Versammlungen Dreiheit: Durch die des Klerus, der Richter des Kaisers, der Väter der Stadt, Deinem Haupt die Königskrone bewahre die Gottheit. Staab: Ein späthumanistisches Städtelob, S. 372. Joachim Kemper: Die Reichsstadt Speyer zu Beginn der Frühen Neuzeit. Ein wenig bekanntes Kapitel der Stadtgeschichte im Überblick, in: Anette Baumann/Joachim Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016, S. 87– 97. https://doi.org/10.1515/9783110574050-013
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kaiserliche Grablege galt.⁴ Speyer konnte seine Wirtschaftsmacht jedoch nicht bis in die Frühe Neuzeit retten. Die Stadt, die um 1500 ca. 7 000 Einwohner besaß, und deren Wirtschaftskraft vor allem auf der Tuchproduktion beruhte, verlor im Laufe des 16. Jahrhunderts an Bedeutung. Eine scheinbare Lösung bot die Ansiedlung von Reichsinstitutionen, wie Reichsregiment und Reichskammergericht, sowie die Veranstaltung von Reichstagen. Speyer wurde dadurch zum Zentralort des Reiches.⁵ Während jedoch Reichsversammlungen nur kurzfristige Ereignisse waren, die die Stadt in Bezug auf Quartierstellung und Herbeischaffung von Nahrung stark belastete, war die Ansiedlung des Reichskammergerichts eine dauerhafte Einrichtung⁶, die die Einwohnerzahl im Jahr 1560 auf 8 000⁷ steigen ließ. Speyer hatte damit überregionale administrative Aufgaben übernommen. Die Reichsstadt wurde der Umschlagplatz für wirtschaftlichen und informellen Austausch und konnte auch so zur Bühne von kulturellen Paradigmen werden.⁸ Die Stadt hatte nun die Wahl, eine Bevölkerungsgruppe mit zahlreichen Privilegien in ihrer Stadt zu integrieren oder mit diesem Fremdkörper leben zu müssen. Speyer blieb lange Zeit, nicht zuletzt wegen der Nähe zum Kaiser, konfessionsneutral und führte erst 1540 die evangelische Lehre ein⁹. Allerdings war die Rücksicht auf die Reichstage und den Kaiser groß. So musste der lutherische Prediger während der Aufenthalte des Kaisers in Speyer seine Predigten unterlassen.¹⁰ Das war in den 1540er Jahren sehr häufig der Fall, da Karl V. die Reichsstadt mehr oder minder regelmäßig besuchte.¹¹ Teile der Reichskammergerichtsangehörigen, vor allem die Mitarbeiter der Kanzlei, blieben katholisch, ebenso wie ein Teil der Beisitzer. Erst ab dem Augsburger Religionsfrieden 1555 besetzte man die Beisitzerstellen auch mit Angehörigen der lutherischen Religion. 1566/67 wurde zudem ein Jesuitenkollegium gegründet. Dies geschah allein auf die Initiative des Domkapitels und gegen den ausdrücklichen Widerstand des Bischofs Marquard von Hattstein. 1572 setzten die Kurfürsten von der Pfalz zudem
Siegrid Westphal: Speyer als Zentralort des Reiches: Methodische Überlegungen, in: Anette Baumann/Joachim Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert (baR 20). München 2016, S. 11– 22, S. 20. Siehe hierzu Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches. Westphal: Speyer als Zentralort des Reiches, S. 20 f. Hans Ammerich: Kleine Geschichte der Stadt Speyer. Leinfelden-Echterdingen 2008, S. 9. Westphal: Speyer als Zentralort des Reiches, S. 11 Hans Ammerich: Bistum und Hochstift Speyer im Spannungsfeld von Reformation und katholischer Reform im 16. und frühen 17. Jahrhundert, in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 139 – 167, S. 142. Ammerich: Kleine Geschichte der Stadt Speyer, S. 66. Eva Ortlieb: Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 35 – 45, S. 37.
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einen reformierten Prediger in der St. Aegidienkirche ein, der als Günstling der Kurpfalz gesehen wurde.¹² Das bedeutete, dass in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts drei Konfessionen in der Stadt beheimatet waren.¹³ Hinzu kam die Sekte der Schwenkfeldianer. Die große Tradition einer jüdischen Gemeinde in den Mauern der Reichsstadt setzte sich nicht fort. 1534 waren die Juden aus der Reichsstadt vertrieben worden. Ab diesem Zeitpunkt hielten sie sich nur noch sporadisch in der Stadt auf. Jeder Jude, der die Stadt betrat, musste sich beim Torhüter melden und mit diesem zum Bürgermeister gehen. Allerdings nahmen Juden, die am Reichskammergericht klagten, eine Sonderstellung ein. Wenn sie nach Speyer kamen, dann galten diese Ratsbestimmungen für sie nicht, wenn auch nur in der Theorie.¹⁴ Bekannt ist der Fall des thüringischen Juden Löb von Derenburg, der wegen eines Prozesses nach Speyer kam. Da er kein Judenzeichen trug, nahm ihm der Rat gefangen und den vom Kaiser verliehenen Ehrendolch ab. Derenburg klagte deshalb vor dem Reichskammergericht.¹⁵ Leider ist es nicht möglich, über diesen Einzelfall hinaus das genaue Procedere der Aufnahme von Juden als Prozessparteien zu erfahren. Hier herrscht noch erheblicher Forschungsbedarf. Über die Wohnsituation der Kameralen zur Anfangszeit des Gerichts wissen wir wenig. Entscheidend war, dass neben dem Reichskammergericht auch das Reichsregiment mit seinen Angehörigen Wohnraum suchte. Hinzu kamen die engen finanziellen Spielräume der Kameralen in der Frühzeit. Erst anlässlich des Reichstags von 1542 erhellt sich das Dunkel.¹⁶ Allerdings konnte festgestellt werden, dass in den 1530er Jahren die Kammerrichter Adam von Beichlingen und später Johann von Pfalz-Simmern im Norden der Stadt in einem Haus in der Nähe von St. Guido wohnten.Von dort besaßen sie die Möglichkeit, über die Stadtmauer direkt in den Ratshof zu gelangen.¹⁷ Wilhelm Werner von Zimmern wohnte als Kammerrichter bei seinem Neffen, dem Domdechanten Johann Christoph von Zimmern, in einem Haus in der Nähe des Armbrustturms.¹⁸ Die übrigen Kammerrichter, die im Untersuchungszeitraum meist auch die Speyerer Bischöfe
Blum: Multikonfessionalität, S. 72. Blum: Multikonfessionalität, S. 21. Dorothee Menrath: Die frühneuzeitliche Geschichte der Speyrer Juden bis zur Französischen Revolution, in: Historischer Verein der Pfalz, Bezirksgruppe Speyer (Hrsg.), Die Juden von Speyer, Heft 6, dritte erheblich erw. und überarb. Aufl. Speyer 2004, S. 131– 139, S. 151. Armgart: Die Stadt Speyer, ihre Bürger und das Reichskammergericht, in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 98 – 113, S. 105. Siehe hierzu StadtA Speyer A 1 913 I. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 219. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 219.
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waren, lebten in Udenheim¹⁹, das etwa eine halbe Tagesreise entfernt lag.²⁰ Daran hatte sich, seitdem Speyer eine freie Reichsstadt geworden war, nichts geändert.²¹ Hielten sich die Bischöfe in Speyer auf, wohnten sie in der bischöflichen Pfalz im Dombezirk.²² Die Wohnraumproblematik blieb aber grundsätzlich ein schwieriges Kapitel in der Stadtgeschichte. Städtische Bürger und Kamerale konkurrierten um den wenigen Wohnraum, besonders nach dem Reichstag 1570 bis ca. 1582. In dieser Zeit setzte der Rat durch, dass Immobilienverkäufe von Bürgern an Kamerale an die Zustimmung des Rats gebunden waren. Einen Ausweg bot die Unterstützung der Kameralen durch den Rat, wenn sie sich eine Bleibe außerhalb der städtischen Mauern suchten. So erhielt der Prokurator Seiblin für einen Hausbau in der Vorstadt Backsteine und Ziegel durch den Rat gestellt.²³ Hinweise finden sich u. a. auf einen Besitz in Mußbach, heute ein Stadtteil von Neustadt an der Weinstraße, wo der Prokurator Malachias Ramminger ein stattliches Weingut erwarb und ausbaute.²⁴ Leider besitzen wir wenige Kenntnisse über die Räumlichkeiten in den Häusern. Bei den Prokuratoren ist davon auszugehen, dass sie neben dem eigentlichen Arbeitszimmer oft ein zweites Zimmer besaßen, in dem die Mandanten empfangen wurden.²⁵ Zentrale Anlauf- und zeitweilige Arbeitsstelle für alle Kameralen war der Ratshof ²⁶, der aus fünf großen Gebäuden und verschiedenen Gewölben bestand. Da das Gelände im französisch-pfälzischen Erbfolgekrieg dem Erdboden gleichgemacht wurde, ist wenig darüber bekannt.²⁷ Fest steht, dass zur Straßenfront das städtische Rathaus mit der gewöhnlichen Ratsstube stand, dahinter die städtische
Paul Warmbrunn: Speyer, in: Wolfgang Adam/Siegrid Westphal (Hrsg.), Handbuch der kulturellen Zentren der Frühen Neuzeit, Bd. 1– 3. Berlin 2012, S. 1787– 1831, S. 1800. Kurt Andermann: Die Residenzen der Bischöfe von Speyer im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: ders./Otto B. Roegle (Hrsg.), Residenzen der Bischöfe von Speyer. Speyer – Udenheim – Bruchsal (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal 5), 1989, S. 7– 42, S. 21. Andermann: Die Residenzen der Bischöfe von Speyer, S. 13. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 222. Armgart: Die Stadt Speyer, ihre Bürger und das Reichskammergericht, S. 108. Martin Armgart/Raimund J. Weber: Artikel Mußbach I., in: Pfälzer Burgenlexikon, hrsg. v. Jürgen Keddigkeit/Ulrich Burkhart/Rolf Überl. Kaiserslautern 2005, S. 618 – 621. Siehe die Beschreibung im Inventar der Bibliothek des Prokurators Kaden, Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826. Siehe auch das Kapitel Audienz. Siehe hierzu Anja Rasche: Das Reichskammergericht in Speyer (1527– 1689): ein kunsthistorischer Blick auf die bauliche Überlieferung des höchsten Gerichts, in: Bauman/Kemper (Hrsg.): Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 114– 138.
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Kanzlei mit den Archivräumen für das Reichskammergericht. Die Amtsstuben der Richter lagen wohl in einem besonderen Gebäude im Innenhof.²⁸ Neben dem Ratshof erhob sich der mächtige Dom, Grabstätte der salischen Kaiser und direkt am Rhein gelegen. An weiteren öffentlichen Orten werden in der Literatur vor allem Stätten der Geselligkeiten wie ein Zunft- oder Tanzhaus²⁹ sowie ein Platzhaus am Fischmarkt, in dem ansonsten verbotene Spiele erlaubt waren, erwähnt.³⁰ Gleich zwei Quellen berichten uns über die Lebenssituation der Kameralen in Speyer in den 1530er und 1540er Jahren. Es handelt sich um die Chronik des Freiherrn von Zimmern und die Autobiographie von Bartholomäus Sastrow. Beide Quellen schildern das Leben in Speyer aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Während Freiherr von Zimmern den gesellschaftlichen Mittelpunkt der Reichsstadt bildete und Einblicke in das Leben der städtischen und kameralen Oberschicht gibt, führte Sastrow in Speyer eher ein Unterschichtendasein, da er als armer ‚Auszubildender‘ die Reichsstadt besuchte, um dort sein Glück zu machen. Wilhelm Werner Freiherr, später Graf von Zimmern, lebte als adeliger Beisitzer bei seinem Neffen und führte keinen eigenen Haushalt. Seine Mahlzeiten nahm er bei Jörgen Pauren ein, der ein sehr komfortables Gasthaus führte; denn im Winter speiste man in der Stube des Vorderhauses, während man sich im Sommer im Sommerhaus hinter den Gärten vergnügte.³¹ Dort speisten sowohl adelige und nichtadelige Beisitzer als auch Prokuratoren.³² Die Zimmersche Chronik schildert einige Begebenheiten, die sich im Rahmen solcher Geselligkeiten abspielten: so z. B. die Neckereien gegenüber den sächsischen Adeligen, die herausgestrichen und gebutzt waren, da sie viel Wert auf Kleidung und Hoffahrt legten.³³ Die Chronik erzählt von allerlei Späßen, die zwischen den Kameralen stattfanden, und die heute als derb und geschmacklos gelten würden. Die Literatur³⁴ hat einige dieser Späße immer wieder erzählt und damit die Zimmersche Chronik zu einer Anekdotensammlung degradiert. Wichtiger ist die Botschaft hinter den Anekdoten. Es ging darum, auf der Ebene der Neckereien Rangstreitigkeiten zwischen den Beisitzern sowie den Prokuratoren und Advokaten auszutragen und so das Gefüge
Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 218. Renate Engels: Zur Topographie der Stadt Speyer vor 1689, in: Stadt Speyer (Hrsg.), bearb. v. Wolfgang Eger, Geschichte der Stadt Speyer, 3 Bde. Speyer 1989, S. 487– 547, S. 510. Engels: Zur Topographie der Stadt Speyer vor 1689, S. 525. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 559. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 191. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 191 ff. Zuletzt Bernhard Diestelkamp: Gesellschaftliches Leben am Hof des Kammerrichters (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 29).
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innerhalb der neu geschaffenen Institution Reichskammergericht klar zu definieren. Adelige und Nichtadelige hatten im Gericht gleiche Funktionen. Das widersprach aber dem Gesellschaftsmodell, das auf Ungleichheit beruhte. Konfliktpunkte waren hier vorprogrammiert. Hinzu kamen weitere Personen, wie die Praktikanten und Sollizitanten und andere, die sich vor Ort um ihre Prozesse oder um Prozesse Dritter kümmern wollten. Alle diese Personengruppen waren Fremde, die sich ihren Platz in der Stadt suchen mussten. Treffpunkte, bei denen die Konflikte offen ausbrachen, waren bevorzugt die Gasthäuser. Dort fanden die zahlreichen Feste und Bankette statt, bei denen reichlich dem Wein zugesprochen wurde.³⁵ Mord und Totschlag waren bei Streitigkeiten, bei denen die Beteiligten unter Alkoholeinfluss standen, nicht ausgeschlossen. Hinzu kamen Ruhestörungen und Ehrverletzungen. Meist folgten daraus weitere Sekundärkonflikte. So stritten sich Kamerale und der Magistrat der Stadt über angemessenes Verhalten der Nachtwache und der städtischen Obrigkeit.³⁶ Die Zimmersche Chronik berichtet nicht nur über Rangstreitigkeiten, sondern auch über die Praktiken der Arbeit am Gericht und die Gefahren, die für die Rechtsprechung entstanden. Einige Beispiele zeigen dies besonders signifikant. Auch hier spielte das Gasthaus als Ort, in dem sich Einheimische und Fremde trafen, eine zentrale Rolle. In Bauers Gasthaus versuchte ein Landsmann des sächsischen Beisitzers von Dechwitz diesen dazu zu überreden, ein für ihn günstiges Urteil zu erwirken. Am Tag der Urteilsverkündung versammelte der Sachse viele Gleichgesinnte um sich, um so in Geselligkeit die Verkündung des Urteils zu erfahren. Die Enttäuschung war groß, als das Urteil ganz und gar nicht im Sinne des Sachsen ausfiel. Zur Rede gestellt, antwortete Dechwitz nur, dass er die Wahrheit gesagt hätte, dass das Urteil gut würde. Das Urteil sei auch gut, aber die Sache, die der Sachse vertrete, sei faul und kein nutz gewesen, darum hastus auch, wie billich verloren. ³⁷ Die Chronik schildert hier den Versuch der Vorteilsnahme durch einen Landsmann, die aber durch den sächsischen Beisitzer klug abgewehrt wurde. Auch andere Aspekte aus der Arbeit des Gerichts erfahren wir aus der Zimmerschen Chronik, so war der Beisitzer Hürnheim sehr bekannt für seinen Fleiß, da er beim Referieren der Relationen und auch in der Audienz besonders viel
Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 60. Armgart: Die Stadt Speyer, ihre Bürger und das Reichskammergericht, S. 109. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 61.
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mitschrieb und dabei hochkonzentriert war.³⁸ Ebenso berichtet uns die Zimmersche Chronik über Prozesse sowie den Aufruhr, den sie verursachen konnten.³⁹ Wenden wir uns einer weiteren Quelle zu, die das Leben der subalternen Funktionäre, der Notare und Schreiber, anschaulich schildert. Von den Praktikanten, also gelehrte Juristen, die sich um eine Zusatzausbildung am Gericht bemühten, haben wir schon gehört. Der spätere Stralsunder Bürgermeister Sastrow hat in seinem Tagebuch über das Leben subalterner Bediensteter und sogenannter Sollizitanten von Privatparteien berichtet. Bartholomäus Sastrow und sein Bruder kamen von Pommern nach Speyer mit zwei Zielen: Zum einen wollten sie den Prozess ihres Vaters als Sollizitanten betreiben, zum anderen die Gelegenheit nutzen, ihr aus Geldmangel abgebrochenes Studium⁴⁰ in irgendeiner Form am Reichskammergericht zu vervollständigen. Deshalb waren sie darauf angewiesen, Geld zu verdienen. Die Reise von Pommern nach Speyer war beschwerlich. In Speyer angekommen, hofften die beiden jungen Männer zuerst mit Hilfe von Empfehlungsschreiben, u. a. von dem Reformator und Humanisten Philipp Melanchthon⁴¹ in der Reichskammergerichtsgesellschaft Fuß zu fassen. Die Unterkunft im Gasthaus wurde ihnen bald zu teuer, und sie suchten sich ein bescheidenes Zimmer.⁴² Schließlich brachte der Anwalt Dr. Hoeckel im Sommer 1542 die beiden Brüder beim berühmten Anwalt Reiffsteck in Dienst, wie es in der Quelle heißt. Reiffsteck wird von Sastrow als guter Praktiker bezeichnet, der in seiner Jugend an der Rota Romana auch den kanonischen Prozess kennengelernt habe.⁴³ Der junge Mann versprach sich von ihm eine gute Ausbildung, die jedoch nicht umsonst zu haben war. Sastrow wohnte im Reiffsteckschen Haushalt und musste sich u. a. um die Söhne und Pferde des Hausherrn kümmern. Gleichzeitig erwarb er Kenntnisse über die Organisation der Reiffsteckischen Kanzlei und ihre Verflechtungen mit der Reichskammergerichtskanzlei.⁴⁴ Das waren nützliche Informationen, um als Sollicitator erfolgreich zu sein. Am wichtigsten war jedoch seine Tätigkeit als Schreiber. Sastrow musste Akten abschreiben und sie collationieren ⁴⁵.
Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 67. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 220 f. Ursula Brosthaus: Bürgerleben im 16. Jahrhundert. Die Autobiographie des Stralsunder Bürgermeisters Bartholomäus Sastrow als kulturgeschichtliche Quelle. Köln/Wien 1972, S. 12. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 211. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 207. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 212. Ebenda. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 213.
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Schließlich wechselte Sastrow in die Kanzlei des Prokurators und Schwenkfeldianers Engelhard, da wegen der Rekusation des Gerichts durch die Protestanten Reiffsteck unter Auftragsmangel zu leiden hatte und Sastrow beurlaubte. ⁴⁶ Auch hier wohnte Sastrow im engelhardischen Haushalt, unterrichtete die Söhne in Latein und half überall mit, wo er gebraucht wurde. Haupttätigkeit war auch hier das Abschreiben. Über die Arbeit bei Engelhard berichtet Sastrow, dass Engelhard rund 400 Sachen (Prozesse) hatte. Alle dabei anfallenden Schriften mussten viermal abgeschrieben werden⁴⁷. Hinzu kam, dass die Audienzen durch die Prokuratoren bzw. ihre Schreiber protokolliert und die Protokolle vervielfältigt werden mussten. Auch hier handelte es sich um zwei bis drei Abschriften. Sastrow hat sowohl protokolliert als auch abgeschrieben.⁴⁸ Er hatte auf diese Art zahlreiche Gelegenheiten, sich mit der Arbeit des Gerichts vertraut zu machen. Berichte über eine konkrete Anleitung oder richtigen Unterricht fehlen jedoch in der Quelle. Auch über seine Arbeit als Sollicitant erfahren wir nichts. Letztendlich blieb Sastrow zwei Jahre in Speyer. Genug Zeit, um einen Einblick in die Arbeit des Gerichts und eines Anwalts zu erhalten. Sastrow hatte zudem jede Menge Gelegenheit, wichtige Kontakte zu knüpfen. Kontakte mit den Beisitzern des Gerichts erwähnt Sastrow jedoch nicht. Insgesamt beurteilte Sastrow seine Ausbildungszeit in Speyer positiv. Zwar sei er von Engelhard sehr ausgenutzt worden, aber er habe die hochdeutsche Sprache gelernt, die Kanzleisprache der damaligen Zeit, was für seine Karriere sehr wichtig gewesen sei. Darauf war Sastrow besonders stolz. Hinzu kam, dass er einige juristische Kenntnisse erworben hatte, die er aber in der Quelle nicht weiter ausführte.⁴⁹ Nach dem Reichstag 1544 wurde wegen religiöser Querelen das Gericht für vier Jahre offiziell geschlossen bzw. in seiner Tätigkeit stark eingeschränkt. Deshalb suchte sich Sastrow ein anderes Betätigungsfeld. 1548 eröffnete Karl V. das Gericht erneut. Sastrow hatte es in den vier Jahren geschafft, eine Stelle bei den Herzögen von Pommern zu erhalten, die ihn wiederum als Sollicitator an das Reichskammergericht nach Speyer schickten. Sastrow war hierfür ideal, da er bereits Kontakte in Speyer besaß und durch seine Ausbildung interne Einblicke in die Verfahrenspraxis gewonnen hatte. Gleichzeitig hatte sich seine persönliche Situation und Stellung innerhalb der Gesellschaft Speyers entscheidend verändert, da er nun für den Herzog von Pommern, also einen Reichsstand, tätig war und nicht mehr im Auftrag seines Vaters. Innerhalb der Ständegesellschaft ermöglichte ihm diese Tatsache, dass er auf einer
Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 217 f. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 230. Ebenda. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. 1, S. 259.
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anderen Ebene mit den Mitgliedern des Gerichts verkehren konnte und sich ihm damit weitere Gelegenheiten zur Ausbildung boten. Offensichtlich wurde dies bei seiner Ankunft in Speyer. Jetzt mietete er sich nicht in einem Gasthaus, sondern bei einem städtischen Ratsherren ein und gelangte so zur Kost an einen Tisch mit jungen Doktoren, die als Praktikanten am Reichskammergericht weilten und ansehnlichen Leuten, die wie er als Sollicitanten tätig waren.⁵⁰ Sastrow musste nun nicht mehr selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Er beriet sich regelmäßig mit dem Anwalt Engelhard und anderen Prokuratoren, die er von früher kannte.⁵¹ Gleichzeitig besaß er die Funktion eines Ansprechpartners vor Ort für pommersche Landsleute, die Prozesse am Reichskammergericht führten. So unterstützte er den Adeligen von Borke im Kampf gegen den Brandenburger Kurfürsten.⁵² Sastrow wurde auch zu einer Art Juniorpartner Engelhards, dem er so Parteien zuführte, und der als Gegenleistung den Prozess seines Vaters kostenlos weiterführte.⁵³ Außerdem ergab sich für Sastrow die Gelegenheit, ein Notarsdiplom zu erwerben, das ihm Kaiser Karl V. persönlich verlieh. Mit Hilfe des Diploms konnte er nun auch in offizieller Funktion am Gericht tätig werden und Kommissionen des Gerichts begleiten, um Zeugenaussagen notariell zu bestätigen.⁵⁴ Schließlich kehrte Sastrow nach Pommern zurück, um dort selbständig als Notar zu arbeiten. Bei Sastrow zeigt sich eine andere Facette des Speyerischen Alltags. Er gibt uns Gelegenheit, zu sehen, dass Speyer als Ausbildungsstätte für Männer in Frage kam, die – aus welchen Gründen auch immer – ein Universitätsstudium nicht absolvieren konnten, und deshalb andere Karrieremöglichkeiten suchten. Hier traf man sich zur Kost in Gasthäusern oder aber wohnte bei den Prokuratoren, die in Form eines Gelehrtenhaushaltes Kostgänger hatten, die gegen Kost und Logis nicht nur im Haus Arbeiten aller Art verrichteten, sondern etwas in der Kanzlei lernen wollten. Die Aufnahme von lernwilligen Freiwilligen als Haus- oder Tischgenossen war in der Frühen Neuzeit gängige Praxis. Für diese Leistungen musste bezahlt werden, was den Gelehrten ein zusätzliches Einkommen bescherte.⁵⁵ Besonders professionell machte das z. B. in Wittenberg Luther und seine Frau Käthe. Neben Kost und Logis erhielten die Lehrlinge Einblick in Gelehr-
Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. II, S. 605. Ebenda. Siehe auch Kapitel Rekusation, Revision, Syndikat und Korruption als Merkmal für die Qualitätsmängel der Richter. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. II, S. 609. Sastrow: Herkommen, Geburt und Lauff, Bd. II, S. 610. Gabriele Jancke: Gastfreundschaft in der frühneuzeitlichen Gesellschaft. Praktiken, Normen und Perspektiven von Gelehrten. Göttingen 2013, S. 59.
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samkeit des Hausherrn. Meist entstanden lebenslange Beziehungen, die sich für beide Seiten als nützlich erweisen konnten.⁵⁶ Auch Adelige gehörten zu diesem Kreis.⁵⁷ Beim Stichpunkt Gelehrsamkeit muss sich die Suche nach dem kulturellen und wissenschaftlichen Austausch in der Stadt anschließen. In Speyer wurde Rechtsprechung auf höchstem Niveau betrieben. Die Juristen kannten die berühmten Humanisten ihrer Zeit, wie z. B. Erasmus von Rotterdam.⁵⁸ Hartmut Harthausen vermutet, dass sich in Speyer eine Art humanistisches Zentrum befand. Einige Urteiler und Visitatoren waren nämlich nicht nur Juristen, sondern auch berühmte lateinische Autoren. So nennt er u. a. Joachim Mynsinger von Frundeck, Wiguleus Hundt, Bartholmäus Latomus, Noë Meurer, Cyprian Vomelius-Stapert, Nikolaus Cisner usw.⁵⁹ Grundlage für die juristische und dichterische Tätigkeit dieser Männer war gelehrtes Wissen, das im Austausch mit Gleichgesinnten und in Form von Büchern erworben werden konnte. Deshalb erscheint es nur folgerichtig, neben dem allgemeinen Hinweis auf die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten der Juristen auf den verschiedenen Reichsversammlungen den Bücherbesitz des juristischen Personals etwas näher in Augenschein zu nehmen. Gerade für die Ausübung des Berufes des Juristen waren Bücher essentiell. Neben Literatur zum römisch-kanonischen Recht mussten die Beisitzer die Rechtsregeln und Verordnung der einzelnen Territorien kennen, um darüber Recht sprechen zu können. Es ist nicht klar, ob im 16. Jahrhundert eine zentrale Reichskammergerichtsbibliothek existierte. Diese These ist jedoch wahrscheinlich zu verneinen, da das Gericht als Institution nicht gefestigt war. Über den persönlichen Bücherbesitz der Kameralen war bis jetzt nichts bekannt, da es keine Forschungen zu Bibliotheken des Reichskammergerichts im 16. Jahrhundert gibt.⁶⁰ Grund hierfür ist u. a. die Zerstörung Speyers durch die Franzosen am Ende des 17. Jahrhunderts. Zahlreiche Indizien sprechen aber dafür, dass Bücherbesitz und -erwerb in der Kameralgesellschaft sehr wichtig waren. So berichtet z. B. der Beisitzer Neser, dass zum Büchererwerb in Frankfurt der Kammerrichter den Jancke: Gastfreundschaft in der frühneuzeitlichen Gesellschaft, S. 59 f. Jancke: Gastfreundschaft in der frühneuzeitlichen Gesellschaft, S. 123. Siehe Anette Baumann: Reichskammergericht und Universitäten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: HZ 292 (2011), S. 365 – 396, S. 394. Siehe Hartmut Harthausen: Geistiges Leben im Umkreis des Reichskammergerichts in Speyer (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 19), 1997, S. 12 ff. Ausnahme Wolfgang Steinmann: Die juristische Fachbibliothek des Dr. Michael von Kaden (gest. 26.12.1561) nach den Beständen der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel und der ehemaligen Universitätsbibliothek Helmstadt. Hausarbeit des Bibliothekar-Lehrinstituts des Landes Nordrhein-Westfalen zur Prüfung für den höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken, o.O. 1970.
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Kameralen 1540 Urlaub gewährte.⁶¹ In den Visitationsakten vom 16. März 1576 wird erwähnt, dass sich mehrere Prokuratoren und Advokaten im Haus des Beisitzers Dr. Funck trafen, um dort französische Bücher zu kaufen.⁶² In diesem Zusammenhang wurde auch heftig über die bevorstehende Visitation gelästert.⁶³ Eine Ahnung über die Bedeutung von Bibliotheken und Wunderkammern in der Stadt vermittelt die Zimmersche Chronik, die darüber berichtet, dass König Ferdinand Wilhelm Werner von Zimmern gleich mehrere Male aufsuchte, um seine Bibliothek und Wunderkammer zu besichtigen.⁶⁴ Harthausen bezeichnet die Bibliothek Zimmerns als eine der besten seiner Zeit ⁶⁵. Teile der Bibliothek befinden sich heute in der Nationalbibliothek in Wien.⁶⁶ Über die Aufstellung der Bibliothek, ihren Umfang und ihre Besitzstände erfahren wir aus zeitgenössischen Quellen nichts. Auf Grund von Erbschaftsstreitigkeiten, in deren Rahmen ein Inventar sämtlicher Besitztümer des Erblassers erstellt wurde, erhalten wir aber eine Vorstellung, wie die Bibliothek eines Prokurators ausgesehen hat und welche Bücher sie enthielt. Es handelt sich um das Inventar der Bibliothek des Prokurators Michael von Kaden, auch Syndikus der Reichsstadt Nürnberg, der von 1543 bis zu seinem Tod 1561 am Gericht arbeitete.⁶⁷ Die Bibliothek, die in der Quelle als Studierstube bezeichnet wird, lag im Haus in Speyer neben der Schreibstube des Anwalts, die man wohl heute als Kanzlei bezeichnen würde. An den Wänden des Raumes standen unterschiedlich hohe Regale, die jedoch nicht die ganze Wandfläche bedeckten. So hat der Notar auch Karten, Gemälde und Geweihe von Rehen verzeichnet, die an der Wand hingen. Unter einem Fenster, das sich zur Gasse öffnete, stand ein Schreibtisch, auf dem der Bibliothekskatalog lag.⁶⁸ An einer weiteren Wand mit Simsen stand ein Ofen und daneben befanden sich Bücherschränke. Vor dem Ofen und den großen Regalen waren Tische unterschiedlicher Größe aufgebaut, auf denen sich die verschiedensten Dinge stapelten. So ist von Gemälden und Manuskriptkarten die Rede. Auch Sanduhren, BA Berlin, AR 1 RKG Misc. 530, f. 132r. HHStA Wien, RHK RKGVA 322b, 16. März 1578. HHStA Wien, RHK RKGVA 322b, 16. März 1578. Chronik des Grafen von Zimmern, Bd. III, S. 233. Harthausen: Geistiges Leben, S. 11. Ebenda. Ernst von Mummenhoff: Artikel Kaden, Michael v., in: ADB, hrsg. v. der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 14 (1881), S. 782– 785, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kaden,_ Michael&oldid=2499069 (Version vom 19. Juni 2017, 12:15 Uhr UTC). Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826.
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Spiegel und Schlüssel sowie besondere Steine werden erwähnt.⁶⁹ An zwei weiteren Wänden befanden sich je eine Tür und weitere Bücherschränke und Regale. Auf dem Boden häuften sich ungebundene Bücher und Geldsäcke. Hinzu kamen Stühle, die mit dem Wappen des Hausherrn geschmückt waren.⁷⁰ Die Bücher wurden in dem Inventar einzeln nach ihrer Aufstellung verzeichnet. Der Notar begann mit einem Tractatus doctorum in 17 Teilen. Es folgten Bücher zeitgenössischer Juristen, so u. a. des Freiburger Professors Ulrich Zasius, der eine neue Art der Rechtswissenschaft propagierte. Er wollte vor allem die Quellen selber studieren und nicht die Glossatoren. In einem anderen Schrank finden wir vorwiegend theologische Bücher, u. a. der geistliche Laienspiegel des Wolfgang Sadelius, die Opera Augustini und eine Biblia latina.⁷¹ Daneben sammelte Kaden Literatur, die er wohl für seine alltägliche Arbeit brauchte, wie z. B. der Sachsenspiegel sowie Werke ehemaliger Kollegen, wie Joachim Mynsinger von Frundecks und zahlreiche Landrechtsordnungen der Territorien seiner Mandanten.⁷² Es gab auch eine Landtafel Europas, Bücher über Architektur und Pflanzen, Ptolomäus Tabulae, seine Opera mathematica sowie Bücher zu Wunderarzneien und über die Wahrsagerei. Auch Abhandlungen zu Themen wie Medizin und Kochen füllten die Regale. Die Werke Opera rhetorica und Opera philosophica sowie das Gesamtwerk in 10 Bänden von Cicero zählten zu seinen Schätzen. Das Gesamtwerk von Terenz wie einige Werke von Horaz waren ebenfalls vertreten. Neben lateinischen und deutschen Büchern besaß Michael von Kaden auch französische Werke. Hier kennen wir die einzelnen Titel nicht. Der Notar hatte nur vermerkt, dass es sich um sibenzig französische getruckter Bücher groß und clain handle.⁷³ Besonders interessant ist ein langer Tisch, der mitten in der Schreibstube stand. Dort lag eine gedruckte Mappa descriptio Galliae, ein clains mäpplin daruff die schlacht vor Grevelingen, item der sundtfluß uff papier gemalt, item ein gemahlen augenschein belangend Boxberg. ⁷⁴ Diese Karten hatten direkt mit der Arbeit des Prokurators zu tun. Manuskriptkarten oder Augenscheinkarten wurden von den jeweiligen Parteien in Auftrag gegeben, um damit Herrschaftsrechte o. ä. zu beweisen.
Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826. Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826. Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826. Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826. Die einzelnen Bücher müssten mit der HAB Wolfenbüttel abgeglichen werden, dann könnte man auch die französischen Titel erfahren. Staatsarchiv Speyer, Bestand E 6, Nr. 1826.
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Kadens Bibliothek erwarb 1567 der spätere Herzog Julius von BraunschweigWolfenbüttel. Sie bildet heute den Grundstock für die Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Wie der Verkauf vor sich ging und wie der Herzog über die Verfügbarkeit der Bibliothek überhaupt erfuhr, kann nur vermutet werden, da es keinerlei Quellen mehr gibt. Möglich ist, dass der Initiator des Kaufes der braunschweigischen Kanzler Joachim Mynsinger von Frundeck war. Mynsinger kannte Kaden aus seiner Arbeit am Reichskammergericht. Außerdem weilte Mynsinger im Mai 1562 als Visitator des Reichskammergerichts in Speyer. Die umfangreiche Inventarisierung des Besitzes von Kaden im Februar des gleichen Jahres blieb ihm bestimmt nicht verborgen. Julius Herzog von BraunschweigWolfenbüttel war zudem Mandant Kadens. Das Beispiel zeigt ein weiteres Mal, dass die Visitatoren auf vielfältige Weise mit den Kameralen und Reichsständen verbunden waren. Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass zumindest die Advokaten, Prokuratoren und Beisitzer Bibliotheken besaßen, die sowohl zum Prestige als auch der alltäglichen Arbeit dienten. Es gab wohl eine Vielzahl von Bibliotheken, die sich in privater Hand befanden. So berichtet der ehemalige Lehrer der englischen Königin Elisabeth I., dass er in Speyer viele Bibliotheken besichtigt hätte, die lateinische, griechische und hebräische Werke sammelten.⁷⁵ Ob sie auch Dritten zugänglich waren, muss offen bleiben, erscheint aber allein aus Prestigegründen wahrscheinlich. Erwähnt sei hier auch der Auktionskatalog⁷⁶ des Advokaten Gottwald, der ebenfalls überliefert ist. Hinzu kam die Dombibliothek des Bistums, die viele mittelalterliche Handschriften besaß. So ist bekannt, dass Pfalzgraf Ottheinrich sich von besonderen Werken Abschriften machen ließ.⁷⁷ Er sollte auch die Bibliothek erhalten, nachdem sein Adoptivsohn Albrecht Alcibiades Speyer überfallen und geplündert hatte. Warum die Bibliothek dann doch in Speyer blieb, ist nicht klar.⁷⁸ Wie weit die Bibliothek von den Kameralen genutzt wurde, weiß man nicht, allerdings ist zu bedenken, dass der Bischof der Diözese der Kammerrichter war. Ein Blick in die nahe Umgebung weist zudem auf eine weitere bedeutende Bibliothek hin: Auch wenn diese Bibliothek nicht unbedingt ein juristisches Profil besaß, war sie doch nur eine halbe Tagesreise entfernt und ihr Ruf unübertroffen. Gemeint ist die Mutter aller Bibliotheken: die Bibliotheca Palatina. Ihre Bücher waren offen in der Heilig-Geist-Kirche aufgestellt. Beisitzer am Gericht hatten Zitiert nach Paul Lehmann: Die mittelalterliche Dombibliothek zu Speyer. Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-Hist. Abteilung, Heft 4. München, 1934, S. 32. Staatsarchiv Speyer Bestand E 6, Nr. 666. Lehmann: Die mittelalterliche Dombibliothek zu Speyer, S. 12. Lehmann: Die mittelalterliche Dombibliothek zu Speyer, S. 31.
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bedeutende Karrieren an der Heidelberger Universität und bei Hofe gemacht, umgekehrt kamen Beisitzer an den Heidelberger Hof. Es ist davon auszugehen, dass sie und die anderen Speyerer Kameralen auf die eine oder andere Art von diesem Bücherschatz profitierten. Hinzu kam die Erweiterung der Bibliotheca Palatina durch die Bibliothek Ulrich Fuggers, die seit 1567 ebenfalls in der HeiligGeist-Kirche aufgestellt worden war.⁷⁹ Ulrich Fugger war wegen Schulden 1562 durch seine Brüder unter Kuratel gestellt worden und blieb neun Monate in Haft. Ein Ereignis, das seinen Niederschlag in einem Reichskammergerichtsprozess gefunden hatte.⁸⁰ 1564 übersiedelte Ulrich Fugger endgültig nach Heidelberg. Eine weitere Humanistenbibliothek befand sich ebenfalls in der näheren Umgebung. Es handelt sich um die Bibliothek des Beatus Rhenanus in Schlettstadt.⁸¹ Insgesamt zeigt sich, dass Speyer ein Zentrum juristischer Bildung, Ausbildung und Intelligenz war, in dem sich neben Rechtssuchenden adeliger und nichtadeliger Herkunft auch Ausbildungssuchende der unterschiedlichsten Schichten versammelten. Die Kameralen versuchten, so viel wie möglich Kapital aus ihrem Aufenthaltsort zu ziehen und ihn so angenehm wie möglich zu gestalten. Die Quellen zeigen zudem eine weitere Dimension, die hier allerdings nur angedeutet werden konnte.Wir erhalten Einblick in den Wissenserwerb am Gericht. In und um Speyer herrschte eine Dichte an qualitätsvollen Bibliotheken, die bemerkenswert ist. Die wenigen Beobachtungen lassen vermuten, dass Speyer und seine Umgebung im 16. Jahrhundert eine zentrale Region des Wissens und der Buchgelehrsamkeit waren. Hierzu sind jedoch weitere Forschungen notwendig.
Speyer als Versammlungsort von Kaiser und Reich Die Visitation des Gerichts fand seit 1529 mit nur wenigen Unterbrechungen in den 1540er Jahren regelmäßig bis 1588 statt. Dies bedeutete, dass sich jährlich im Mai eine Expertenkommission für mehrere Wochen in der Stadt aufhielt. Die Visitationen waren aber nicht die einzigen Fachtagungen, die im 16. Jahrhundert in Speyer stattfanden. Hinzu kamen weitere reichspolitische Spezialtagungen, wie
Bibliotheca Palatina: Ausstellungskatalog hrsg. v. Elmar Mittler u. a., 2 Bde.: Text- und Bildband. Heidelberg 1986, S. 369. Bayerisches Hauptstaatsarchiv Reichskammergericht, Bd. 9, bearb. v. Manfred Hörner und Margit Ksoll-Marcon. München 2002, lfde Nr. 3754, Bestellnr. 5525. Richard Newald: Beatus Rhenanus, in: NDB 1 (1953), S. 682– 683.
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z. B. der Deputationstag von 1529⁸² und der Reichsmünztag von 1549.⁸³ Hinzuweisen ist auch auf die Reichsdeputationstage, die vor allem nach dem Augsburger Reichstag 1555 in Speyer abgehalten wurden. Reichsdeputationstage fanden in unregelmäßigen Abständen 1557, 1560, 1571 und 1583 statt.⁸⁴ Die Visitation des Reichskammergerichts zeigt sich hier als reichspolitischer Anlass neben weiteren wichtigen Reichsveranstaltungen. Wir wissen nichts darüber, mit welcher Entourage die Gesandten der Reichsfürsten und -kreise etc. zur Visitation anreisten. Nur ein kaiserlicher Kommissar berichtet über ein Pferd und zwei Diener und über Gastgeschenke.⁸⁵ Der zur Visitation anreisende Reichsfürst dürfte eine größere Begleitung gehabt haben. Da er der einzige Reichsfürst in dem Gremium war, hielt sich sein Aufwand wohl in Grenzen, da er bei diesem Ereignis nicht in Konkurrenz zu anderen Reichsständen stand. Festzuhalten ist, dass die Aufwände für die Reise nach Speyer von den Teilnehmern bzw. ihrer Obrigkeit selbst getragen werden mussten. Ebenso sieht es bei den anderen Expertenversammlungen aus. Es muss offen bleiben, ob zu diesem Anlass spezielle Bankette, Einholungen oder ähnliches vorgenommen wurden, da hierzu keine Quellen gefunden wurden. Unklar ist ebenfalls, ob diese ‚Gipfeltreffen‘ von Prozessparteien des Reichskammergerichts dazu genutzt wurden, nach Speyer zu reisen, um dort mit den Anwesenden zu sprechen. Ganz ausschließen kann man dies wohl nicht, schließlich bot sich hier eine verlässliche Gelegenheit, mit den juristischen und politischen Spitzenfunktionsträgern des Reiches ins Gespräch zu kommen. Daneben gab es die Besuche des Kaisers und seines Hofes sowie die Reichstage. Kaiser Karl V. besuchte unter allen Kaisern am häufigsten die Stadt. 1530 befand er sich zum ersten Mal dort, allerdings nur für wenige Tage⁸⁶. In den 1540er Jahren kam er regelmäßiger nach Speyer: So sind Aufenthalte in der zweiten Januarhälfte 1540⁸⁷, von der zweiten Januarhälfte bis Anfang Februar 1541⁸⁸, von Ende Juli bis Anfang August 1543⁸⁹ und in der zweiten Märzhälfte
RTA 1529. Thema war u. a. Türkenhilfe und die Frage, wer die Visitation durchführen solle, da der beauftragte Visitator Georg Bischof von Speyer gerade gestorben war, S. 1008. Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert, S. 564. Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert, S. 564. Siehe das Kapitel Die Akteure der Visitation: Namen, Funktionen und Handlungsspielräume. Alter: Die Reichsstadt Speyer und das Reichskammergericht, S. 526. Willi Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer (1420/22 bis 1570), in: Stadt Speyer (Hrsg.), bearb. v. Wolfgang Eger, Geschichte der Stadt Speyer, 3 Bde., 2. überarb. Aufl., Bd. 1. Speyer 1982, S. 369 – 570, S. 527. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 527. RTA JR 7: 1527– 1529, S. 99.
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1546⁹⁰ sowie Ende August und Anfang September 1548⁹¹ und zum letzten Mal im Juni 1550 nachweisbar.⁹² Neben diesen Besuchen, die mehr oder minder Kurzaufenthalte bei der Durchreise waren, hielt sich Karl V. anlässlich des Reichstages 1544 mehrere Monate in Speyer auf.⁹³ Der Reichstag 1542 fand ohne den Kaiser statt. Er war deshalb auch nur sehr gering besucht.⁹⁴ Karl V. wurde dabei von seinem Bruder Ferdinand, Johann von Naves und Hugo von Montfort vertreten.⁹⁵ Aus einer Bemerkung Nesers in seinen Richternotizen erfahren wir, dass Kaiser Karl V. bei seinen Reisen Kammerrichter und Beisitzer gesondert empfing. Neser berichtet, dass bei dieser Gelegenheit Kammerrichter und Beisitzer dem Kaiser persönlich versprachen, den Frieden zu wahren und Recht zu sprechen.⁹⁶ Auch erwähnt Neser eine Diskussion Karls V. mit dem Kammerrichter und den Beisitzern über Untertanenprozesse und die Lehnspflicht des Herzogs von Jülich.⁹⁷ Die späteren Kaiser waren weit weniger häufig in Speyer anzutreffen: Bekannt ist der Besuch Ferdinands anlässlich des Reichstages 1529⁹⁸ sowie im Januar 1531 und als Kaiser im Dezember 1562.⁹⁹ 1556 weilte Maximilian II. in der Stadt. Zum Reichstag hielt er sich vom 18. Juni bis zum 13. Dezember 1570 in Speyer auf.¹⁰⁰ Rudolf II. kam nicht nach Speyer. Der Kaiserhof hat das politische und repräsentative Zentrum des Reiches verkörpert.¹⁰¹ Da der Kaiser mit seinem gesamten Hof durch das Reich zog, wurde die Route im Hinblick auf den Zustand der Wege, den möglichen Unterkünften, die Versorgungslage sowie die Vermeidung von Seuchen ausgewählt. Das bedeutete letztlich, dass man vor allem große Reichsstraßen und Wasserwege benutzte; gerade letztere stellten den bequemsten Weg der Fortbewegung dar.¹⁰²
Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 527. Ebenda. Ebenda. Vom 30. Januar bis Mitte Juni 1544. RTA JR 15: 1544, S. 111 ff. RTA JR 15: 1542, S. 49. RTA JR 15: 1542, S. 229. BA Berlin, AR 1 Misc. 530, f. 165a. BA Berlin, AR 1 Misc. 530. F. 176r-177r. Alter,Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 513. Siehe auch Kühn (1928), S. 28. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 527. Harriet Rudolph: Das Reich als Ereignis. Formen und Funktionen der Herrschaftsinszenierung bei Kaisereinzügen (1558 – 1618) (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und der Frühen Neuzeit 38). Köln/Weimar/Wien 2011, S. 40. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 35. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 48 f.
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Der Kaiser wurde von den Inhabern der Hofämter und den Beamten der Zentralbehörden, wie Reichshofrat und Reichshofkanzlei, begleitet. Hinzu kamen weitere Personengruppen, die keinem Amt oder einer Behörde eindeutig zugeordnet werden können.¹⁰³ Miteinzubeziehen sind zudem der Hofstaat der Kaiserin und der Kinder sowie Gesandte, Künstler, Gelehrte und Gewerbetreibende¹⁰⁴, die als Entourage den Hof begleiteten. Rudolph hat festgestellt, dass der Hof pro Tag drei bis fünf Meilen bewältigte und der logistische Aufwand für Kaiserreisen beträchtlich war: Bereits mehrere Wochen vor dem Aufbruch des Hofes wurden Fourierverzeichnisse erstellt und an die vom Durchzug betroffenen Territorien und Reichsstädte geschickt.¹⁰⁵ Hoffouriere reisten dann dem Kaiserzug voraus und überprüften vor Ort die Ausstattung und Tauglichkeit der Quartiere.¹⁰⁶ Bei Reichsversammlungen übernahm der Reichserbmarschall diese Aufgabe.¹⁰⁷ Die Kaiser besetzten bei längerfristigen Aufenthalten mit dem Hof und den mitgeführten Zentralbehörden die repräsentativsten Gebäude in der Stadt. Zuvor hatte man kaiserliches Personal geschickt, das die Wohnräume mit Tapeten, Teppichen und entsprechenden Möbeln ausstatten sollte.¹⁰⁸ Die Wohnungen der Reichsfürsten und des Kaisers wurden mit den entsprechenden Wappen markiert. Die protestantischen Fürsten ließen dazu an den Herbergstüren 1529 noch die Abkürzung VDMIE¹⁰⁹ anbringen.¹¹⁰ Streit um die beste Herberge zwischen den Kurfürsten und dem Kaiser war dabei im Rahmen der Reichsversammlungen nicht ausgeschlossen. So bestand Kurfürst Philipp von der Pfalz auf seinem alten Quartier, auch wenn dieses, da der Kaiser anwesend sein sollte, für diesen vorgesehen war. Ein Wettlauf der Fouriere begann, denn wer zuerst das Wappen an die Herberge schlug, konnte das Quartier für sich beanspruchen.¹¹¹ Vereinzelt wissen wir auch, wo die Kaiser in Speyer wohnten. Als Karl V. zum ersten Mal 1530 wenige Tage in der Stadt weilte, kam er bei dem Domherren Johann Kranich von Kirchheim unter, sein Bruder Ferdinand, der ihn begleitete, hielt sich im benachbarten Haus des Johann von Löwenstein auf.¹¹² Über seinen Aufenthalt Ende
Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 55. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 55. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 49. Erwin Eltz: Die Reise zum Reichstag, in: Alfred Kohler/Heinrich Lutz (Hrsg.), Alltag im 16. Jahrhundert. Studien zu Lebensformen in mitteleuropäischen Städten. Wien 1987, S. 195 – 221, S. 201. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 60. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 61. Verbum domini manet in aeternum. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 517. StadtA Speyer 1 A Nr. 164. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 526.
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Januar 1541 wissen wir, dass Karl V. am 12. Januar beabsichtigte, sich nach Klärung der Quartierfrage mit dem Kammerrichter von Zimmern und einigen Assessoren nachmittags um 15 Uhr zu treffen, zuvor wollte er um 12 Uhr der Messe im Dom beiwohnen.¹¹³ Maximilian II. wohnte 1570 bei seinem fast halbjährigen Aufenthalt im Amelinger Hof, während die restliche Familie im Haus zum Hirschhorn unterkam. Die bischöfliche Pfalz blieb wohl der Reichskanzlei vorbehalten.¹¹⁴ Allgemein hatte die Stadt große Mühe, die entsprechenden Quartiere zu beschaffen, so dass auch die Beisitzer des Gerichts und das übrige Personal Wohnungen zur Verfügung stellen mussten.¹¹⁵ Bischof und somit der Kammerrichter sowie das Domkapitel wurden nicht ausgenommen.¹¹⁶ Besondere Probleme verursachten die Versorgung in der Stadt mit Lebensmitteln und die Vermeidung von Seuchen. Hier war die Stadt besonders gefragt, die z. B. 1529 sorgfältig darauf achtete, dass der Müll weggebracht und Abwasserkanäle abgedeckt wurden. Schweineställe mussten zudem in die Vorstädte verlegt werden.¹¹⁷ 1542 bestimmte Kaiser Karl V. in Abstimmung mit dem Stadtrat, dass ein Menü mit zwei Fleischsorten, Suppe, Gemüse, Obst und Wein sechs Kreuzer kosten sollte, ein Menü mit drei Fleischsorten dagegen acht Kreuzer. Ebenso verhielt es sich mit den Fischmenüs.¹¹⁸ Maximilian II. bereitete die Stadt Speyer gezielt auf seine Wünsche vor, schließlich kämen auch seine Frau und seine Söhne mit.¹¹⁹ Der Kaiser war vor allem um den Lebensmittel- und Holzvorrat in der Stadt besorgt. Auch um Hafer und Heu kümmerte er sich. So erklärte Maximilian II. der Stadt, dass er noch 600 Malter Heu und hundert Fuder Stroh bräuchte.¹²⁰ Andere Reichsstände lösten das Problem, indem sie Schiffe mit Brennmaterial und Lebensmitteln selbst mitbrachten.¹²¹ Außerdem legte Maximilian II. ausdrücklich darauf Wert, dass die Zimmer nicht nur geräumt, sondern auch gesäubert wurden.¹²²
BA Berlin, AR 1, Misc. 530 Neser, f. 154v–155r. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 533. Hermann Becker: Der Speyrer Reichstag von 1570. Ein Beitrag zur Geschichte des 16. Jahrhunderts. Mainz 1969, S. 13. Lanzinner: Einleitung RTA RV 1570, S. 153. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 515. StadtA Speyer 1 A Nr. 170b. Die begleitenden Töchter erwähnt er nicht. StadtA Speyer 1 A Nr. 164. StadtA Speyer A1 Nr. 164. Alfred Kohler: Wohnen und Essen auf den Reichstagen des 16. Jahrhunderts, in: ders./Lutz, Heinrich (Hrsg.), Alltag im 16. Jahrhundert, Wien 1987, S. 222– 257, S. 233. StadtA Speyer 1 A Nr. 164.
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Speyer kämpfte 1570 mit beträchtlichen Schwierigkeiten bei der Organisation und Ernährung der Gäste des Reichstages. Engpässe blieben nicht aus und konnten trotz größter Mühen nicht vermieden werden. Hauptursache hierfür war, dass der Rhein von Anfang Mai bis Dezember immer wieder Hochwasser führte und so die wichtigste Versorgungsader ausfiel.¹²³ Hinzu kam der Mangel an Quartieren. Kurzzeitig überlegte Maximilian II. sogar, das Reichskammergericht nach Worms zu verlegen, um so mehr Platz zu schaffen. Dieser Plan fand jedoch keine Umsetzung.¹²⁴ Schließlich wich der Magistrat mit der Quartiersuche in die Dörfer vor der Stadt aus und die Dörfer Berghausen und Dudenhofen mussten ihren Beitrag leisten.¹²⁵ Die Räte und Gesandten mussten sich ihre Quartiere selbst suchen. 1542 bat Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach-Bayreuth den Prokurator Helfmann darum, für seine Räte ein geeignetes Quartier zu finden.¹²⁶ Ein besonderes Ereignis für die Stadt war der Empfang des Kaisers und bei Reichsversammlungen auch der Kurfürsten. Dabei gab es strenge Rangunterschiede. So holte 1529 das Reichsregiment und nicht die Stadt Ferdinand ein, da dieser zu diesem Zeitpunkt noch nicht römischer König war.¹²⁷ Eine Quelle aus dem Stadtarchiv Speyer erzählt über die Fourierung und Einholung Kaiser Ferdinands und seines Sohnes Maximilian im Dezember 1562.¹²⁸ Der Fourier des Kaisers kam am 9. Dezember um die Mittagszeit an. Er sprach gleich beim Rat vor, der sofort den kaiserlichen chammerrichter desgleichen den Herrn Dhomdechant ¹²⁹ ersuchte, die Kameralen und die Domherren darüber zu informieren, dass Ferdinand und sein Sohn mit ihrem Hof einträfen. Es war Eile geboten, denn der Kaiser sollte über den anderen Tag ¹³⁰ einkommen. Bereits am nächsten Tag ritten die Räte des Kaisers und das Hoffgesindts ohne unterlaß ein. ¹³¹ Der Rat hatte inzwischen dreihundert wolgerüst Bürger ¹³² darüber informiert, dass der Kaiser käme und sie deshalb mit einem Harnisch ausgerüstet, damit sie dem Kaiser entgegenreiten konnten. Auch die Bürgerschaft wurde informiert, um sich entsprechend zu rüsten und dem Kaiser entgegenzugehen. Am 11. Dezember war es dann soweit, eine stattliche Anzahl von Bürgern, so feine ehrliche schwartze
Lanzinner: Einleitung RTA RV 1570, S. 152. Lanzinner: Einleitung RTA RV 1570, S. 153. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 535. RTA JR 15 1542, S. 164, Fußnote 2. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 513. StadtA Speyer 1 A Nr. 152. StadtA Speyer 1 A Nr. 152. StadtA Speyer 1 A Nr. 152. StadtA Speyer 1 A Nr. 152. StadtA Speyer 1 A Nr. 152.
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Mendeln angehapt und von Rhats wegen verordnet gewesen ¹³³, gingen hinaus, um den Kaiser zu empfangen. Auch die Bürger mit dem Harnisch seien hinausgezogen und hätten sich zwischen dem Rhein und der Klüpfelsau am Weg in einer Schlachtordnung zum Empfang des Kaisers aufgestellt. Der Kaiser wurde entsprechend empfangen und zog danach in die Domsängerei ein.¹³⁴ Begleitet wurde er vom Rat Doktor Zasius, der einen Teil der Kommunikation übernahm. Am zweiten Tag nach der Ankunft in der Stadt ging Ferdinand zuerst einmal auf die Jagd. Am Sonntag wurde er dann für einen Gottesdienst im Dom von den Domgeistlichen feierlich abgeholt.¹³⁵ Die Einholung Maximilians II. gestaltete sich besonders prächtig. Ursache hierfür war die Mitführung von Leoparden und eines Elefanten sowie türkischen Rössern im kaiserlichen Zug.¹³⁶ Das bedeutete andererseits wiederum einen großen Aufwand für die Reichsstadt Speyer. Schließlich musste für den Elefanten die Unterbringung gewährleistet sein.¹³⁷ Außerdem ließ der Magistrat der Stadt mehrere Straßen pflastern.¹³⁸ Über den Umfang des Hofstaates und die begleitenden Personen sind wir sowohl beim Kaiser als auch teilweise bei den Kurfürsten unterrichtet. Ferdinand I. reiste als römischer König mit ca. 350 bis 400 Personen, 1564 waren es rund 420 Personen sowie zusätzlich 200 Trabanten und Hartschiere und weiteres subalternes Personal. Maximilian II. steigerte die Anzahl der Amtsträger seines Hofes teilweise auf 780 Personen, hinzu kamen Stallknechte und Eseltreiber.¹³⁹ Bei Reichstagen stieg die Anzahl der anwesenden Besucher noch einmal beträchtlich, denn nun mussten die Höfe der Kurfürsten, Fürsten und Grafen etc. dazu gerechnet werden. So erschien der Kurfürst von Mainz auf dem Reichstag 1570 mit 400 Personen, der Kurfürst von Trier mit 250 Reitern. Auch die Gesandtschaften auswärtiger Fürsten nutzten die Gelegenheit, in Speyer zu erscheinen, so z. B. der Gesandte des Königs von Frankreich, der sich mit rund 300 Reitern angekündigt hatte.¹⁴⁰ Über den Umfang des Hofes Karls V. ist nichts bekannt. Bei kaiserlichen Auftritten zu Reichversammlungen wurde das Gefolge aufgestockt, um so die Reputation und das Prestige des Kaisers zu fördern. Vor allem
StadtA Speyer 1 A Nr. 152. StadtA Speyer 1 A Nr. 152. StadtA Speyer 1 A Nr. 152. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 533. Becker: Der Speyerer Reichstag von 1570, S. 15. Becker: Der Speyerer Reichstag von 1570, S. 15. Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 56. Lanzinner: Einleitung RTA RV 1570, S. 152.
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Reichshofräte dienten dazu, die Anwesenheit des Kaisers besonders glänzend zu inszenieren.¹⁴¹ Eva Ortlieb hat die Rolle des Hofrats Karls V. im Speyerer Reichstag 1544 etwas näher untersucht, für die Termine 1530, 1540 – 43, 1546 und 1548 sind keine entsprechenden Quellen vorhanden.¹⁴² 1544 kamen die kaiserlichen Hofräte am 23. Februar nach Speyer und tagten bis zum 10. Juni des gleichen Jahres.¹⁴³ In dieser Zeit arbeitete der Hofrat intensiv mit dem Reichskammergericht und der Visitationskommission zusammen. Konkret ließ der Hofrat Anträge stellen, forderte Berichte an und gab dem Gericht Anweisungen etc.¹⁴⁴ Zwischen Reichskammergericht und Hofrat entstand eine enge Interaktion, die zusammen mit der Anwesenheit des Kaisers und den führenden Reichsständen Speyer zu dem Zentralort des Reiches werden ließ. Ein weiteres Mal tagte der Hofrat des Kaisers im Juni 1550 in Speyer.¹⁴⁵ Über die Geschenke bei den Reisen der Kaiser und der Kurfürsten nach Speyer wird wenig gesagt. Grundsätzlich gab es bei den Reichstagen viele Geschenke. Schenken war ein zentrales Element der politischen Kultur im Alten Reich.¹⁴⁶ Dies galt als ein Akt der Ehrerweisung, der in der Herberge des Kaisers stattfand, aber trotzdem öffentlich war.¹⁴⁷ Dabei ist zu beachten, dass der Kaiser immer die Reichsstädte beschenkte und nicht umgekehrt.¹⁴⁸ So wird berichtet, dass der Rat anlässlich des Reichstages 1529 den Kurfürsten an Ehrgeschenken einen halben Fuder Wein, 30 Malter Hafer und einen Rheinsalm überreicht hätte. Die restlichen Gäste hätten dagegen nur ein halbes Ohm Wein erhalten.¹⁴⁹ Während den Reichstagen wurde aber nicht nur verhandelt. Feste und Bankette wechselten sich ab. Meist versuchten die Reichsfürsten, sich dabei zu übertrumpfen. Besonders glanzvoll war in dieser Hinsicht die Hochzeit der Tochter Maximilians II. mit dem französischen König, freilich nur in procuram, im Speyerer Dom.¹⁵⁰
Rudolph: Das Reich als Ereignis, S. 62. Ortlieb: Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., in: Baumann/Kemper (Hrsg.), Speyer als Hauptstadt des Reiches, S. 35 – 45, S. 37. Ortlieb: Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., S. 38. Ortlieb: Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., S. 45. Ortlieb: Speyer als Tagungsort des Hofrats Kaiser Karls V., S. 38. Harriet Rudolph: Fürstliche Gaben? Schenkakte als Elemente der politischen Kultur im Alten Reich, in: Häberlein, Mark/Jeggle, Christoph (Hrsg.), Materielle Grundlagen der Diplomatie. Schenken, Sammeln und Verhandeln im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit (Irseer Schriften 9). München 2013, S. 79 – 102, S. 79. Rudolph: Fürstliche Gaben?, S. 83. Rudolph: Fürstliche Gaben?, S. 85. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 513. Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 536.
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1544 versorgten der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen in ihren Herbergen kostenlos arme Menschen. Besonders brisant war der Reichstag von 1544 in Bezug auf die Ausübung des protestantischen Gottesdienstes. Eine Art Kleinkrieg zwischen den protestantischen Fürsten und Karl V. begann. Karl V. versuchte, die evangelische Predigt zu verhindern, indem er die Dominikanerkirche, in der der hessische Prediger Melander predigte, sperren ließ. Den Landgraf störte dies wenig, denn er ließ stattdessen in den Herbergen und im Kreuzgang des Dominikanerklosters den Gottesdienst abhalten.¹⁵¹ Zusammenfassend kann man sagen, dass Speyer im 16. Jahrhundert das Machtzentrum des Reiches war, da sich dort Expertenkommissionen, Reichsfürsten und der Kaiser mehr oder minder regelmäßig trafen, um wichtige reichspolitische Entscheidungen zu treffen. Justiz und Politik verschränkten sich hier auf das engste miteinander. Es zeigt sich auch, dass das Reich durch Teilhabe geprägt war. Entscheidend waren eben nicht nur die Kaiser- und Königsbesuche, sondern auch die Treffen der Reichsstände und ihrer Vertreter. Die Visitation des Reichskammergerichts reihte sich hier nahtlos ein und war so ein reichspolitisches Momentum.
Alter: Von der Konradinischen Rachtung bis zum letzten Reichstag in Speyer, S. 529.
Reichskammergerichtsvisitation, Reichstag und Reichsdeputationstag im Vergleich Ein Blick auf die Akteure der Visitation hat bereits gezeigt, dass in personeller und räumlicher Hinsicht ein enger Zusammenhang zwischen Reichskammergerichtsvisitationskommission und Reichstag bestand. Es fragt sich nun, ob sich noch weitere Parallelen finden lassen.¹ Deshalb ist es notwendig, den Reichstag als Institution und seinen Ablauf etwas näher zu betrachten. Luttenberger definiert den Reichstag mit folgenden Worten: Der Reichstag war Ordnungs- und Integrationsfaktor, Forum reichspolitischer Willensbildung und Entscheidungsfindung neben der kaiserlichen Herrschaftsgewalt, Träger der legislativen und exekutiven Autorität des Reiches, Instrument rationaler Konfliktregelung, institutioneller Rahmen für den politischen Interessenausgleich zwischen den Ständen bzw. zwischen Kaiser und Ständen, Ort zwischen ständischer bzw. kaiserlich- einzelständischer Verhandlungen über regionale oder bilaterale Angelegenheiten, Schnittpunkt der politischen und gesellschaftlichen Ordnung des Reiches, Kristallisationspunkt eines übergreifenden Reichsbewusstseins, das sich weniger als Postulat nationaler Gemeinsamkeit als vielmehr als Bejahung der Verpflichtung des Reichsinteresses und zur Förderung gemeinen Nutzens greifen lässt. ² Das trifft in geringem Maße auch auf die Reichskammergerichtsvisitationen zu. Reichstag und Reichskammergerichtsvisitation kann man zudem als komplexe ineinandergreifende Handlungssysteme begreifen³. Die federführende Rolle für die Einberufung des Reichstages kam, wie bei der Reichskammergerichtsvisitation, dem Erzkanzler des Reiches zu. Der Erzkanzler musste alle Einladungen und Ansagen innerhalb des Reichstages an die Stände versenden. Zudem besaß der Mainzer Erzkanzler auf den Reichstagen das Direktorium und das Umfragerecht im Plenum, ebenso war er Hauptprotokollant. Eine lückenlose Protokollierung existiert seit dem Reichstag von Regensburg 1541.⁴ Sie entstand also ca. zehn Jahre später als bei den Reichskammerge-
Lanzinner: Reichsversammlung und Reichskammergericht, S. 20. Albrecht P. Luttenberger: Reichspolitik und Reichstag unter Karl V. Formen zentralen politischen Handelns, in: Lutz, Heinrich/Kohler, Alfred (Hrsg.), Aus der Arbeit an den Reichstagsakten unter Karl V. Göttingen 1986, S. 18 – 68, S. 67. Siehe hierzu auch Thomas Felix Hartmann: Die Reichstage unter Karl V. Verfahren und Verfahrensentwicklung 1521– 1555 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 100). Göttingen 2017. Luttenberger: Reichspolitik und Reichstag unter Karl V., S. 21. Rolf Decot: Albrecht von Brandenburg als Reichserzkanzler, in: Hartmann, Peter Claus (Hrsg.). Kurmainz, das Reichserzkanzleramt und das Reich. Stuttgart 1998, S. 45 – 67, S. 63. https://doi.org/10.1515/9783110574050-014
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richtsvisitationen. Der Erzkanzler verlas auf den Reichstagen auch die Dekrete. Daneben gingen alle Supplikationen⁵ und Proteste durch seine Kanzlei. Außerdem mussten sich alle Stände zu Beginn des Reichstages in der Kanzlei des Erzkanzlers melden sowie ihre Legitimation und Beglaubigungsschreiben vorlegen.⁶ Der Reichsabschied wurde ebenfalls durch den Mainzer Erzkanzler aufgesetzt.⁷ Dies alles geschah ohne eine offizielle Geschäftsordnung.⁸ Entscheidend für den Reichstag war das Finden eines geeigneten Zeitpunktes für das reichsweite Ereignis. Reichstage waren immer ad hoc-Veranstaltungen, die eines konkreten Anlasses, wie z. B. Kriegsteilnahme oder Steuererhebungen bedurften.⁹ Dabei war die zeitliche Fixierung des Reichstages wichtiger als die räumliche Verortung.¹⁰ Gelang es nicht, alle wichtigen Beteiligten zusammenzubringen, konnte der Reichstag vertagt werden.¹¹ Im Gegensatz dazu waren Zeitpunkt und Ort der Reichskammergerichtsvisitation immer vorbestimmt. Reichskammergerichtsvisitationen kannten zwar auch die Möglichkeit der Verschiebung, aber die Diskussionen darüber wurden erst geführt, wenn Teile der Kommission bereits zum entsprechenden Zeitpunkt in Speyer eingetroffen waren. Sie entstanden immer dann, wenn der Rang der Teilnehmer oder ihre Qualifikation nicht den jeweiligen Kriterien der Reichskammergerichtsordnungen entsprachen. Sie wurden aber meist pragmatisch im Sinne des Fortgangs des Treffens entschieden. Im Gegensatz zum Reichstag wurden Rang- und Statusfragen zwar nicht ignoriert¹², konnten aber zugunsten der juristischen Qualifikation der Teilnehmer zurücktreten. Dies war möglich, da es sich um reine Arbeitstreffen handelte. Besonders deutlich
Siehe hierzu auch Josef Leeb: Der Magdeburger Sessionsstreit von 1582. Voraussetzung, Problematik und Konsequenzen für Reichstag und Reichskammergericht (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung 24). Wetzlar 2000 (2013), S. 13. Decot: Albrecht von Brandenburg als Reichserzkanzler, S. 63; Hartmann: Reichstage unter Karl V., S. 114– 120. Rosemarie Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 18). Göttingen 1980, S. 155; siehe hierzu auch Lanzinner (1998), S. 71 f. Allgemein gibt es kaum Forschungen zur Reichshofkanzlei und zum Reichserzkanzleramt, siehe hierzu auch Anette Baumann: Die Reichsvizekanzler im 16. Jahrhundert – eine erste Annäherung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, neue Folge, Bd. 64 (2016), S. 261– 229. Maximilian Lanzinner: Die Rolle des Mainzer Erzkanzlers auf den Reichstagen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Hartmann (Hrsg.), Kurmainz, S. 69 – 87, S. 73. Barbara Stollberg-Rilinger: Rituals of Decision-making? Early modern European assemblies of Estates as acts of symbolic communication, in: Hattori, Yoshihisa (Hrsg.): Political Order and Forms of communication in medieval and early modern Europe. Viella 2014, S. 63 – 107, S. 67. Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert, S. 169. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 20. Stollberg-Rilinger: Rituals of Decision-making?, S. 67.
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wird dies in Bezug auf die Anwesenheit des Kaisers. Während der Kaiser bei den Reichstagen die Option hatte, zu erscheinen oder sich durch kaiserliche Kommissare vertreten zu lassen, war bei den Reichskammergerichtsvisitationen von vornherein klar, dass hier nur die kaiserlichen Kommissare auftreten würden. Während bei den Reichstagen die kaiserlichen Kommissare aus einem Reichsfürsten, einem Juristen und einem Adeligen in kaiserlichen Diensten bestanden,¹³ verzichtete man bei der Reichskammergerichtsvisitation auf einen Reichsfürsten als kaiserlichen Kommissar, da er im Zweifelsfall auf Grund mangelnder Qualifikation keinen Mehrwert brachte. Die Anwesenheit des Kaisers war deshalb ebenfalls nicht erforderlich, sondern wurde durch die intensive Kommunikation zwischen Kommissaren und Kaiser ersetzt.¹⁴ Betrachtet man den weiteren formalen Ablauf der Versammlungen, so kann man ebenfalls zahlreiche Parallelen finden: Bei beiden Institutionen gab es einen festgelegten Teilnehmerkreis, der jedoch nicht starr war, sondern jederzeit modifiziert werden konnte¹⁵, auch wenn bei der Reichskammergerichtsvisitation bestimmte Regeln vorgesehen waren. Nach der Ankunft meldeten sich alle Reichstagsgesandtschaften zuerst beim Mainzer Kanzler und legten ihm ihre Vollmacht vor. Zudem ließen sie sich mit Namen, Tag der Meldung und Unterkunft registrieren.¹⁶ Über die Registrierung der Unterkunft der Visitationsteilnehmer sagen uns die Quellen nichts, ansonsten sind die Verfahren bei beiden Veranstaltungen gleich. Bei den Visitationen ist davon auszugehen, dass die Prokuratoren, deren Mandanten die Reichsstände waren, für die Unterkunft der Gesandten sorgten.Vielleicht kamen die Visitatoren sogar direkt bei den Prokuratoren unter. Bei den Reichstagen war es selbstverständlich, dass die Prokuratoren von ihren Mandanten gebeten wurden, Quartiere für die Gesandten zu besorgen. Fest steht, dass – wenigstens zeitweise – die kaiserlichen Kommissare beim Fiskal, also beim Prokurator des Kaisers, logierten. Das wirft Fragen auf, denn hier trafen sich Visitator und zu Visitierender außerhalb des dafür vorgesehenen Rahmens.¹⁷ Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert, S. 112. Maximilian Lanzinner: Juristen unter den Gesandten des Reichstages 1486 – 1654, in: Battenberg, Friedrich/Schildt, Bernd (Hrsg.), Das Reichskammergericht im Spiegel seiner Prozessakten. Bilanz und Perspektiven der Forschung (QFHG 57). Köln/Weimar/Wien 2010, S. 351– 384, S. 373. Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 69. Lanzinner: Die Rolle des Mainzer Erzkanzlers auf den Reichstagen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, S. 71. Gabriele Haug-Moritz: Reichstag, Schmalkaldischer Bundestag, ernestinische Land- und Ausschußtage der 1530er Jahre als ständische Institution – Eine vergleichende Betrachtung, in: Neu, Tim/Sikora, Michael/Welle, Thomas (Hrsg.), Zelebrieren und Verhandeln. Zur Praxis ständischer Institutionen im frühneuzeitlichen Europa. Münster 2009, S. 37– 60, S. 46.
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Besonders wichtig für die erfolgreiche Abhaltung des Reichstages war die Klärung der Sessionsstreitigkeiten, also der Streit um den Sitz auf dem Reichstag. Bayern und Kurpfalz stritten darum nicht nur auf den Reichstagen.¹⁸ Sessionsstreitigkeiten entstanden immer dann, wenn es um politischen Einfluss ging. Dabei darf die Bedeutung dieses Konfliktes nicht zu gering gewertet werden. Der Sitz auf dem Reichstag war der Beleg für die unmittelbare Teilhabe im Reich, aber auch der rechtlich allein relevante Maßstab des jeweiligen Ranges, der innerhalb und außerhalb des Reiches in der Form anerkannt wurde.¹⁹ Konnte der Konflikt nicht gelöst werden, blieb nur noch die Wahl, entweder gar nicht zu erscheinen, oder aber den Reichstag demonstrativ zu verlassen.²⁰ Wie wir gesehen haben, waren auch die Visitationen des Reichskammergerichts ein Austragungsort für Sessionsstreitigkeiten, allerdings in weit geringerem Maße. Waren die Fragen nach Ort, Zeitpunkt und Teilnehmerkreis geklärt und möglichst viele Tagungsgäste auch tatsächlich eingetroffen, konnte der Reichstag beginnen. Dabei war der Veranstaltungsort von besonderer Bedeutung.²¹ Dem Ratshof der Reichsstadt Speyer kam hier, wie bereits erwähnt, die überragende Bedeutung zu, denn er war nicht nur für die Veranstaltung der Visitation der zentrale Ort, auch die Sitzungen des Reichstages sowie die regelmäßigen Audienzen des Reichskammergerichts fanden dort statt. Die Visitationen und die Audienzen des Gerichts mussten allein auf Grund der Örtlichkeit, in der sie stattfanden, in den Augen der Zeitgenossen als ranggleich mit dem Reichstag gewertet werden. Der Reichstag wurde feierlich mit einem Gottesdienst eröffnet. Danach begannen wohl ab 1548 die Aufteilung in die Kurien²² und die erste Sitzung.²³ Die Verfahrensordnung des Reichstages in Form von Kurien hatte die Funktion einer
Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert, S. 242; siehe auch Haug-Moritz: Reichstag, Schmalkaldischer Bundestag, ernestinische Land- und Ausschußtage der 1530er Jahre, S. 52; Luttenberger: Reichstag und Reichspolitik unter Karl V., S. 26. Stollberg-Rilinger, Barbara: Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Kunisch, Johannes (Hrsg.): Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte (ZHF, Beiheft 19). Berlin 1997, S. 91– 132, S. 107. Stollberg-Rilinger: Zeremoniell als politisches Verfahren, S. 118. Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 69. Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 73. Lanzinner stellt fest, dass bis in die 1540er Jahre der Reichstag nicht in Kurien tagte. Maximilian Lanzinner: Einleitung, in: Maximilian Lanzinner/Arno Strohmeyer (Hrsg.), Der Reichstag 1486 – 1613. Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten. Göttingen 2006, S. 9 – 25, S. 13. Haug-Moritz: Reichstag, Schmalkaldischer Bundestag, ernestinische Land- und Ausschußtage der 1530er Jahre, S. 50; Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 70.
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Nivellierung des ständischen Ranges der Verhandelnden. Gerade Beratungen, die von Juristen gesteuert wurden, besaßen eine hohe Verfahrensautonomie.²⁴ Bei schwierigen Fachfragen gab es zudem die Möglichkeit, ständische Ausschüsse zu bilden.²⁵ Die eigentlichen Verhandlungen und Diskussionen auf den Reichstagen wurden in den Kurien so lange geführt, bis sich ein Konsens entwickelte, alternativ bestand auch die Möglichkeit, beide konträre Meinungen nebeneinander stehen zu lassen.²⁶ Luttenberger betont, dass das Kuriensystem des Reichstags für die Stabilität des Verfahrens verantwortlich gewesen sei²⁷ und dass Zeremoniell und Ritual zugunsten von Trinkgelagen zurückgedrängt worden wären.²⁸ Stollberg-Rilinger sieht hingegen die Stabilität des Reichstages nicht in der ‚Beratungskultur‘ gegeben, sondern vielmehr in dem consensus of rituals ²⁹, da dieses Procedere keine offenen Konflikte erlaubt hätte. Sie erkennt aber auch, dass gerade die Rituale Konflikte hervorbringen konnten.³⁰ Die Reichstage dienten dem Zweck to represent the unity of the realm as a political whole and to make obligatory for participants the leading values and ordering principles ³¹. Die Reichskammergerichtsvisitationen versuchten, Rituale auf ein Minimum zu reduzieren. Die Teilnehmer des Reichstages diskutierten, wie die Visitationsteilnehmer, zuerst darüber, was überhaupt verhandelt werden sollte.³² Ab ca. 1555 entstand auf den Reichstagen ein fester Kanon von Themen, der erörtert werden musste. Die Diskussionen überließ man meistens den Gesandten.³³ Der Reichstag wurde zu einem geölten Getriebe von Reichstagsgesandten, das nur gestört wurde, wenn zu viel neues Personal anwesend war, das die Abläufe nicht kannte.³⁴ Hier sind die Ähnlichkeiten zur Reichskammergerichtsvisitation besonders offensichtlich: Auch in den Visitationen entstand allmählich ein Kanon an Themen, die regelmäßig abgehandelt wurden. Die immer gleichen Akteure garantierten einen routinierten und störungsfreien Ablauf, der auch ungewohnte Situationen schnell
Lanzinner: Juristen unter den Gesandten des Reichstages 1486 – 1654, S. 371 f. Luttenberger: Reichstag und Reichspolitik unter Karl V., S. 35. Allgemein detailliert zu den Ausschüssen: Hartmann, Reichstage unter Karl V., S. 179 – 209. Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert, S. 210; siehe auch Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 74. Luttenberger: Reichstag und Reichspolitik unter Karl V., S. 59. Luttenberger: Reichstag und Reichspolitik unter Karl V., S. 75. Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 76. Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 76. Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 76. Lanzinner: Juristen unter den Gesandten des Reichstages 1486 – 1654, S. 374. Dietmar Heil: Die Verschriftlichung als Modernisierung des Reichstages (1495 – 1586), in: Lanzinner/Strohmeyer (Hrsg.), Der Reichstag 1486 – 1613, S. 55 – 76, S. 75. Heil: Die Verschriftlichung als Modernisierung des Reichstages, S. 74.
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und effizient bewältigen ließ. Lanzinner bezeichnet die Gesandten auf den Reichstagen als Reichsräte ³⁵ und weist mit dieser Benennung auf deren Erfahrung und Kompetenz in allen Reichsangelegenheiten, also auch am Reichskammergericht, hin. In jüngster Zeit wurde hierfür der umfassendere Begriff Reichspersonal verwendet, der auch Subalterne wie Leser und Boten miteinschließt.³⁶ Die Teilnehmer der Reichstage diskutierten immer über umfangreiche Themenkomplexe. Naturgemäß spielte hier das Reichskammergericht als Garant des Friedens eine große Rolle. Die Reichstage von 1566 und 1570 berieten besonders intensiv über das Reichskammergericht.³⁷ So besprachen die Tagungsteilnehmer auf dem Reichstag von Augsburg 1566 die Vermehrung der Beisitzerstellen auf 32 Beisitzer und die Aufstockung der Finanzierung des Gerichts.³⁸ Der Reichstag in Speyer 1570 hatte, da die Beratungen in Augsburg unbefriedigend verlaufen waren, eine ähnliche Agenda: Zum einen strebte man eine Erhöhung des Gerichtspersonals an, um die Anzahl am Gericht anhängiger Verfahren verringern zu können. Hinzu kamen Vorschläge zur Umgestaltung des Prozessrechts, damit die Beisitzer schneller urteilen konnten. Dieses Ziel wurde auch erreicht.³⁹ Daneben stritten sich die Teilnehmer des Reichstags um die Zuständigkeit und Autorität des Gerichts in Form der Austrägalgerichtsbarkeit. Die Fürsten wollten, dass die Universitäten beteiligt würden, die Kurfürsten lehnten dies aber entschieden ab.⁴⁰ Eine Aufteilung in Kurien war bei der Visitation nicht vorgesehen.⁴¹ Vielmehr tagten alle Stände vom Stellvertreter des laut RKGO 1555⁴² verpflichtend anwesenden Kurfürsten bis zum Vertreter der Städte zusammen. Da die anwesenden Reichsfürsten oft den Verhandlungen nicht folgen konnten, brachten sie ihre eigenen juristischen Spezialisten mit. Ein Umstand, der von den Visitierenden
Lanzinner: Juristen unter den Gesandten des Reichstages 1486 – 1654, S. 378. Siehe auch hierzu den Band von Anette Baumann/Peter Oestmann/Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hrsg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (QFHG 46). Köln/Weimar/Wien 2003. Siehe allgemein hierzu den Band Baumann/Oestmann/Wendehorst/Westphal, Reichspersonal und Johannes Burckhard: Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648 – 1763, in: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. 10. völlig neu bearb. Aufl. Bd. 11. Stuttgart 2006, S. 42. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 24. Lanzinner weist zudem darauf hin, dass auch der Justiztag 1557 sich besonders intensiv mit den Belangen des Reichskammergerichts befasst hat. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 27. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 35. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 35. Lanzinner: Reichsversammlungen und Reichskammergericht, S. 20. RKGO 1555, Teil I, L § 1– 6.
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ungern gesehen wurde. Zeremonielle Elemente und Streitigkeiten um Rang wurden bei der Reichskammergerichtsvisitation zugunsten von Qualifikation entschieden bzw., falls die Verhandlungen keine Lösung brachten, auf den Reichstag verschoben. Zeremoniell geregelt wurde aber das Zusammentreffen zwischen Prüfern und zu Prüfenden. Ein Vorbild für die Gestaltung des Zusammentreffens der Visitatoren mit den Visitierenden bildete der Umgang des Reichstages mit den städtischen Gesandten. Die städtischen Reichstagsgesandten wurden immer separat in die Rathausstube gebeten. Sie durften während der feierlichen Eröffnung nicht sitzen, sondern mussten hinter einer Schranke stehen bleiben. Die Beschlüsse der Kurien mussten sie ebenfalls stehend entgegennehmen. Danach konnten sie sich beraten und der Profilierteste der städtischen Gesandten gab eine Erklärung an den Reichstag ab. Über die Verhandlungen der übrigen Kurien erhielten die Städte keine schriftlichen Kopien.⁴³ Lediglich die Reichstagsabschiede, die auch für die Öffentlichkeit bestimmt waren, bekamen sie schriftlich. Elemente dieses Vorgehens lassen sich bei der Visitation in Bezug auf das Verhältnis der Visitatoren zu den Visitierenden feststellen. So wurden die Kameralen bzw. eine Delegation der Kameralen immer nur zu bestimmten Punkten zur Unterredungen gebeten, wie z. B. zur Submission. Auch die Kameralen verhandelten getrennt unter sich, z. B. wenn sie einen Reichsstand als Visitator nicht akzeptieren wollten, und schickten dann einen Delegierten oder eine Delegation, um den Visitatoren ihre Antworten und Bitten etc. vorzutragen. Das bedeutet aber auch: Rituale und Zeremoniell spielten im Vergleich zum Reichstag bei den Reichskammergerichtsvisitationen nur eine marginale Rolle, da es in erster Linie um die praktische Durchsetzung komplexer juristischer und organisatorischer Sachverhalte ging. Die Instabilität, die dem Reichstag inne wohnte, galt es bei der Reichskammergerichtsvisitation um jeden Preis zu vermeiden. Die eigentlichen Verhandlungen auf den Reichstagen wurden durch das Personal des Erzkanzlers protokolliert. Hinter den offiziellen Reichstagsprotokollen gab es eine Sphäre der Mündlichkeit, die für den heutigen Historiker weitgehend im Dunkeln bleibt, wenn man nicht zufällig aus anderen Quellen darüber etwas erfährt. Trinkgelage, Jagd und ähnliche Freizeitaktivitäten waren hierfür die entsprechenden Orte. Ähnliches lässt sich für die Reichskammergerichtsvisitationen feststellen. Hier haben wir aber die Möglichkeit, etwas hinter die Kulissen zu schauen, da die Korrespondenz zwischen den kaiserlichen
Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert, S. 215; Stollberg-Rilinger: Rituals of decision-making?, S. 72.
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Reichskammergerichtsvisitation, Reichstag und Reichsdeputationstag
Kommissaren und den Kaisern auch auf Konflikte anspielt, die in den offiziellen Protokollen nicht aufgezeichnet wurden.⁴⁴ Schließlich fertigte man auf den Reichstagen aus den Protokollen die sogenannten Reichsabschiede an, die vom Mainzer Erzkanzler als Abschluss des Reichstages im Rathaussaal verlesen wurden.⁴⁵ Danach wurden die Reichsabschiede gedruckt und im Reich verbreitet. Auch das Reichskammergericht und der Fiskal⁴⁶ erhielten Exemplare, denn sie waren für die Einhaltung verantwortlich. Ähnlich wurde auch bei der Reichskammergerichtsvisitation verfahren. Die zeitgenössische Öffentlichkeit erhielt nur über die Abschiede Einblick in die Arbeit von Reichskammergericht oder Reichstag. Dadurch wurden die Veranstaltungen legitimiert und somit rechtmäßig.⁴⁷ Reichstag und Reichskammergerichtsvisitationen waren nicht die einzigen Reichsversammlungen im 16. Jahrhundert. Auch wenn die vorliegende Untersuchung sich vor allem auf die Reichskammergerichtsvisitationen in Speyer konzentriert, müssen sich einige wenige Bemerkungen zu einem zusätzlichen Organisationsmodell und Treffpunkt des Reiches, den Reichsdeputationstagen, anschließen. Dies ist vor allem auch deshalb notwendig, weil sich die Protokolle zu den Reichsdeputationstagen mit den Protokollen der Reichskammergerichtsvisitationen im Bestand der Mainzer Erzkanzlei mischen.⁴⁸ Das lässt darauf schließen, dass der Unterschied zwischen einer Reichskammergerichtsvisitation und einem Reichsdeputationstag nicht allen in der Verwaltung klar war oder beide Veranstaltungen in ihrem Rang als gleichbedeutend eingeschätzt wurden. Die Reichsdeputationstage waren durch die Reichsexekutionsordnung 1555/59 ins Leben gerufen⁴⁹ und als neue Verfassungsinstitution in der Reichsexekutionsordnung verankert worden. Sie dienten dazu, in Krisensituationen die Handlungsfähigkeit des Reiches sicherzustellen. Eingesetzt wurden sie durch den Reichstag.⁵⁰ Zu den Reichsdeputationstagen trafen sich zuerst 16, dann 20 Reichs-
Das trifft auf den ganzen Bestand Reichshofkanzlei-Visitationsakten im ÖStA HHStA Wien zu. Haug-Moritz: Reichstag, Schmalkaldischer Bundestag, ernestinische Land- und Ausschußtage der 1530er Jahre, S. 54. Hartmann: Reichstage unter Karl V., S. 155 – 159. Aulinger: Das Bild des Reichstages im 16. Jahrhundert, S. 257. Haug-Moritz: Reichstag, Schmalkaldischer Bundestag, ernestinische Land- und Ausschußtage der 1530er Jahre, S. 44. ÖStA HHStA Wien MEA RKG 11, 1557. Marc von Knorring: Der friedenssichernde Reichsdeputationstag zwischen Augsburger Religionsfrieden und dreißigjährigem Krieg. Eine Bilanz, in: Braun, Guido/Strohmeyer, Arno (Hrsg.), Frieden und Friedenssicherung in der Frühen Neuzeit. Das Heilige Römische Reich und Europa. Festschrift Maximilian Lanzinner. Münster 2013, S. 93 – 116, S. 93. Helmut Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert. Reichstag – Reichskreistag – Reichsdeputationstag. Berlin 1982, S. 18.
Reichskammergerichtsvisitation, Reichstag und Reichsdeputationstag
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stände, einschließlich der Kurfürsten, um sich mit den kaiserlichen Kommissaren zu beraten. Thema war hier auch das Reichskammergericht. Der Reichsdeputationstag wurde, wie Visitation und Reichstag, durch den Mainzer Kurfürsten zusammengerufen.⁵¹ Reichsdeputationstage fanden im Untersuchungszeitraum 1557, 1559, 1560, 1564, 1569, 1571, 1577, 1578, 1583 und 1586 statt. Mindestens zu den Reichsdeputationstagen von 1557, 1560 und 1571 trafen sich die Gesandten in Speyer. Die Aufgaben der Reichsdeputationstage bestanden darin, das Reichsjustizwesen⁵² zu verbessern, die Mängel der Reichskammergerichtsordnung zu beheben und Aspekte der politischen Repräsentation anzugehen. Der äußerliche Ablauf orientierte sich an Reichstag und Reichskammergerichtsvisitation. Problematisch war die Festlegung des Beratungsmodus. Hier gab es die Wahl zwischen dem Reichskammergerichts- und Reichstagsmodus. Die Kurfürsten zogen den Reichstagsmodus des Kuriensystems vor, was die übrigen Stände ablehnten.⁵³ Die Debatte um den Verhandlungsmodus zog sich über mehrere Jahre hin. Schließlich einigte man sich darauf, dass der Kaiser über das weitere Verfahren entscheiden solle.⁵⁴ Der Vergleich zeigt: Reichskammergerichtsvisitationen waren neben den Reichstagen und den Reichsdeputationstagen zentrale Versammlungstreffen des Reiches im 16. Jahrhundert. Elemente des Rituals und des Zeremoniells wurden für die Reichskammergerichtsvisitation vom Reichstag übernommen und für die Bedürfnisse der Visitation adaptiert. Dieser Vorgang zeigt augenscheinlich die Bedeutung der Visitation des Reichskammergerichts als Reichsversammlung im Selbstverständnis des Reiches.
Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert, S. 429. Helmut Neuhaus: Vom Reichstag(en) zu Reichstag. Reichsständische Beratungsformen von der Mitte des 16. bis zu der Mitte des 17. Jahrhunderts, in: Duchhardt, Heinz/Schnettger, Mathias (Hrsg.), Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum. Mainz 1997, S. 135– 149, S. 146. Albrecht P. Luttenberger: Kurfürsten, Kaiser und Reich. Politische Führung und Friedenssicherung unter Ferdinand I. und Maximilian II. Mainz 1994, S. 309; siehe auch Neuhaus: Reichsständische Repräsentationsformen im 16. Jahrhundert, S. 459. Luttenberger: Kurfürst, Kaiser und Reich, S. 327.
Zusammenfassung und Fazit Grundlage der vorliegenden Untersuchung der Reichskammergerichtsvisitationen bilden Quellen, die aus ganz unterschiedlichen Perspektiven das Ereignis Reichskammergerichtsvisitation beleuchten. Neben formalem Schriftgut, wie den Protokollen zur Visitation, die wohl auch Vorbilder für die Reichstagsprotokolle wurden, und den Schreiben der Kaiser und Erzkanzler zur Visitation wurden persönliche Aufzeichnungen und Schilderungen in der Darstellung aus diversen Chroniken und aus den persönlichen Notizen der Beisitzer herangezogen. Die Vielfalt der Quellen ermöglicht es so, einen Zugriff zu wählen, der sich nicht allein an Rechtsvorschriften und Normen orientiert, sondern die Akteure zum Ausgangspunkt der Beschreibung wählt. Das Ereignis der Visitation des Reichskammergerichts zeichnete sich in seiner Form durch größtmögliche Stabilität, Konformität und Routine aus. So fand die Visitation immer zur gleichen Zeit und am gleichen Ort statt. Das Procedere selbst war in vielen Punkten an den Ablauf des Reichstages angelehnt. Allerdings entfielen alle glanzvollen Elemente, wie Einholung des Kaisers und der Reichsfürsten, Bankette und sonstige Veranstaltungen bzw. fanden in viel kleinerem Rahmen statt. Die Visitation ist deshalb in die Reihe der Reichsversammlungen, wie Reichsdeputationstage, Reichskreistage und auch Justiztage einzuordnen und mit ihnen im gleichen Atemzug zu nennen. Sie war ein sehr nüchternes Geschäft, das in seinem Ablauf empfindlich gestört werden konnte, wenn die Routine unterbrochen wurde. Das größte Störpotential bestand hier bei den Akteuren selbst: Die Abwesenheit eines Gesandten war genauso fatal wie die Anwesenheit von Personen, die auf Grund ihrer Qualifikation oder ihrer Nähe zum Reichskammergericht für eine kritische Beurteilung der Arbeit des Gerichts nicht geeignet waren. Die ganze Visitation konnte dadurch gefährdet werden. Eine entscheidende Rolle kam hierbei die Personalpolitik der Kaiser und Reichsstände in Bezug auf die Visitatoren des Gerichts. Formal waren sie eine Gruppe von Personen, die durch die Reichskammergerichtsordnung vorgegeben war. Konkret handelte es sich um die kaiserlichen Kommissare sowie Vertreter des Erzkanzlers, einen persönlich anwesenden Reichsfürsten und Räte der anderen Reichsstände. Betrachtet man die kaiserlichen Kommissare genauer, so kann man feststellen, dass zur Anfangszeit des Gerichts vor allem die persönliche Nähe zum Kaiser, ein Höchstmaß an Loyalität und die Vernetzung in der Region entscheidend waren. Dies änderte sich unter den Kaisern Maximilian II. und Rudolf II. Jetzt wurde die Visitation zu einem juristischen Gipfelort, an dem sich Reichshofräte und Beisitzer des Reichskammergerichts regelmäßig begegneten. Gleichzeitig wurde die Tätigkeit der Visitation des Gerichts bei den kaiserlichen Kommissaren https://doi.org/10.1515/9783110574050-015
Zusammenfassung und Fazit
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immer unbeliebter. Sie versuchten mit allen Mitteln, sich dieser Aufgabe zu entziehen. Die tatsächlichen Gründe hierfür sind in den Quellen nicht ersichtlich. Bei den restlichen Visitatoren ist vor allem erkennbar, dass Erfahrung und juristische Qualifikation die entscheidenden Kriterien waren, um die Visitation am Reichskammergericht erfolgreich durchführen zu können. Kontinuität, Stabilität und Routine zeichneten sie aus. Für die persönlich teilnehmenden Fürsten war die Anwesenheit bei den Expertentagungen dagegen eher lästig. Zeremoniell, Ritual und Symbolik hielten sich in Grenzen und den eigentlichen, detaillierten Verhandlungen konnte ein nicht juristisch gebildeter Reichsfürst meist ohnehin nicht folgen. Gleichzeitig war ihre Anwesenheit unerlässlich, um die Visitation zu legitimieren. Zentrale Aufgabe des Gerichts war es, den Frieden im Reich zu sichern und eine effiziente Rechtsprechung zu gewährleisten. Entscheidende Faktoren für den Weg zum Frieden waren für die Visitationskommission die Überwachung des Regelsystems des Gerichts sowie die Sicherstellung der Beteiligung der Parteien im Verfahren. Grundlage der Visitation war ein Fragenkatalog, der – einmal erstellt – in allen Jahren als Grundgerüst diente und nur in Einzelfragen den jeweiligen Bedürfnissen der aktuellen Politik angepasst wurde. Die Fragetechnik bestand darin, dass jeder einzelne Angehörige des Gerichts, vom Stellvertreter des Kaisers, dem Kammerrichter, bis zum einfachen Pedell, der für die Ordnung in der Audienz zuständig war, mit den gleichen Fragen konfrontiert wurde. Aus diesen einzelnen Mosaiksteinchen konnte so ein umfassendes Bild des Gerichts entstehen. Nach der Befragung setzten sich die Visitatoren zusammen, um allgemeine Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten und sie dann in Form von Memorialen oder Visitationsabschieden dem Gericht, aber auch den Reichsständen und dem Reichstag, vorzulegen. Dabei konnte im Laufe der Zeit eine Entwicklung weg von den Visitationsabschieden, die Vertragscharakter besaßen, hin zu einfachen Empfehlungen in Form der Memoriale festgestellt werden. Zurückzuführen ist dies auf die Änderung der Besetzung der kaiserlichen Kommissare durch spätere Reichshofräte und damit einer geänderten Haltung der Kaiser zum Gericht: Das Reichskammergericht sollte auch durch diese Maßnahmen mehr in die kaiserliche Politik eingebunden und so kontrolliert werden. Kontrolle zeigte sich auch auf anderen Ebenen: So versuchte Maximilian II., dem Gericht durch Kleidung ein einheitliches Erscheinungsbild zu geben. Ein Vorhaben, das auf erheblichen Widerstand seitens der adeligen Beisitzer stieß.
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Zusammenfassung und Fazit
Friedenssicherung geschah im Reich der Frühen Neuzeit immer in einem Kommunikations- und Beteiligungsprozess.¹ Das Reichskammergericht bildete hier keine Ausnahme. Die Aufgabe der Visitationskommission war es, diesen komplexen Kommunikations- und Beteiligungsprozess zu steuern, zu begleiten und zu evaluieren. Ein besonderes Anliegen der Visitationskommission bestand deshalb darin, das Gericht und seine Funktion im ganzen Reich bekannt zu machen. Die von Ranieri² festgestellten, ständig wachsenden Eingangszahlen neuer Prozesse im 16. Jahrhundert belegen unzweifelhaft den Erfolg der Visitation auf diesem Gebiet. Daneben musste der Beteiligungsprozess der Parteien immer offen gehalten und die Untertanen gegen die Reichsstände, die immer wieder Mittel und Wege fanden, den Gang der Untertanen zum Gericht zu verwehren, verteidigt werden. Appellationsprivilegien waren hier nur eine unter mehreren Möglichkeiten, die den Reichsständen zur Verfügung standen. Zudem bevorzugten die Reichsstände ihre eigene Gerichtsbarkeit, besonders in Form der Austrägalgerichtsbarkeit. In den 1530er Jahren, während des erhitzten Streites zwischen den Reichsständen und dem Kaiser um Religionsfragen, versuchten die Reichsstände zudem, durch die Streichung der Unterhaltsgelder die Rechtsprechung des Reichskammergerichts in ihrem Sinne zu beeinflussen. Der Niedergang des Gerichts schien besiegelt, dem sich jedoch die Beisitzer mit Hilfe der Visitationskommission entschlossen und selbstbewusst entgegenstemmten. Kammerrichter, Kaiser und Reichsstände begegneten sich auf Augenhöhe. Nach einer Phase der Suche des Gerichts nach der eindeutigen Bestimmung von Land- und Religionsfriedensbruch in den 1530er und 1540er Jahren gelang es dem Gericht allmählich, rechtliche Instrumentarien zur Definition von Land- und Religionsfrieden zu entwickeln und so seiner Aufgabe gerecht zu werden. Die Diskussion darüber war begleitet von einer Debatte um den Charakter der Verfahrensart des Mandats, die die folgenden Jahre bestimmen sollte. Schließlich trat unter Maximilian II. und Rudolf II. das Streben nach einer einheitlichen Rechtsprechung in den Vordergrund. Die Erforschung der genauen Mechanismen ist
Horst Carl: Landfrieden als Konzept und Realität kollektiver Sicherheit im Heiligen Römischen Reich, in: Naegle, Gisela (Hrsg.), Frieden schaffen und sich verteidigen im Spätmittelalter. Faire la paix et se défendre à la fin du Moyen Âge (Pariser Historische Studien 98). München 2012, S. 121– 138 und Karl Härter: Gewalt, Landfriedensbruch, Sekten und Revolten: Das Reichskammergericht und die öffentliche Sicherheit (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 45). Wetzlar 2017 sowie Siegrid Westphal: Reichskammergericht, Reichshofrat und Landfrieden als Schutzinstitute der Reichsverfassung, in: Schutz der Verfassung. Normen, Institutionen, Höchst- und Verfassungsgerichte. Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte in Hofgeismar vom 12. bis 14. März 2012 (Der Staat, Beihefte 22). Berlin 2014, S. 12– 37. Ranieri: Recht und Gesellschaft im Zeitalter der Rezeption, Bd. 2, S. 295.
Zusammenfassung und Fazit
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nach wie vor ein großes Forschungsdesiderat.³ Es konnte aber festgestellt werden, dass die Beteiligung der Reichsstände entscheidend war. Aufgabe der Visitationskommission im Untersuchungszeitraum blieb es, die öffentliche Kommunikation und Beteiligung der Reichsstände und der Untertanen zu sichern, gerade weil der Prozess am Reichskammergericht schriftlich war: Die Audienz des Reichskammergerichts entwickelte sich zur zentralen Schnittstelle zwischen Gericht und Öffentlichkeit und ihr kam deshalb eine herausragende Bedeutung zu. Die Audienz fand bezeichnenderweise in den gleichen Räumlichkeiten wie die Versammlungen bei den Reichstagen statt. In ihr wurden für alle Anwesenden sicht- und hörbar Urteile verkündet, Schriftsätze zwischen den Parteien und dem Gericht über die Prokuratoren ausgetauscht, und das Gericht selbst in seiner Arbeit öffentlichkeitswirksam durch Rekusationen zurückgewiesen. Die Audienz war die Bühne, auf der alle am Reich Beteiligten innerhalb der Gerichtsschranken agierten, beobachtet von der Öffentlichkeit. Sieht man die Audienz in dieser Funktion, wird klar, warum die Visitationskommission gerade auf den korrekten und zügigen Ablauf der Audienz so viel Wert legte. Die Information der Gerichtsparteien und der Öffentlichkeit über den Abschluss des Verfahrens konnte nur in der Audienz durch die Verkündigung der Urteile durch den Kammerrichter beziehungsweise seinen Stellvertreter geschehen oder in noch anhängigen Verfahren durch die Rezesse der Prokuratoren. Dies nahm viel Zeit in Anspruch. Tage und Stunden waren aber begrenzt. Die Visitationskommission musste an der Aufgabe scheitern, an dieser Stelle die Arbeit des Gerichts transparent zu halten. Sie konnte diesen Zwiespalt beklagen, letztlich aber nicht beseitigen. Die Beteiligung der Prozessparteien an der Konfliktbeseitigung in einem ständigen Kommunikationsprozess brachte auch eine Menge anderer Nachteile, vor allem im Verfahren selbst: Denn die Prozessparteien bestimmten, wie zügig der Prozess überhaupt geführt wurde, da sie die Herren des Verfahrens waren. Ein streng abgestimmtes Terminsystem der Aktenübergabe durch die Parteien, das in der Audienz öffentlich und damit kontrollierbar wurde, sollte hierfür den nötigen Rahmen schaffen. Dadurch war zwar den Parteien ein zeitlicher Takt zur Prozessführung gegeben, der aber durch die Prozessbeteiligten und das Gericht selbst ständig, absichtlich oder nicht, kolportiert wurde. Die Visitationskommission erkannte dies und bemängelte die Länge der Verfahren und die Tücken des Terminsystems, unternahm aber nur halbherzige Versuche, dies zu ändern. Ent Erste Überlegungen hierzu siehe: Anette Baumann: Die Tatbestände Landfriedens- und Religionsfriedensbruch am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert, in: Hendrik Baumbach/Horst Carl (Hrsg.), Landfrieden – epochenübergreifend, erscheint in den Beiheften der Zeitschrift für Historische Forschung 2018.
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Zusammenfassung und Fazit
scheidend war für sie nur, notfalls auch gegen die Interessen der Parteien und auf Kosten des Rufs des Gerichts, den Frieden im Reich zu sichern. Während die Visitationskommission bei effizienzsteigernden Maßnahmen in Bezug auf die Parteien sehr vorsichtig war, blieb sie in Bezug auf die eigentliche Arbeit der Beisitzer weniger zurückhaltend: So verlangte die Visitationskommission Leistungsnachweise der Beisitzer. Dies geschah, indem die Anzahl der gefertigten Gutachten bei Endurteilen und Zwischenurteilen von 1569 bis 1587 personenbezogen pro Geschäftsjahr für die Visitationskommission aufgelistet wurde. Bearbeitungszeit und Anzahl der Urteile setzte man in Beziehung und so entstand wohl eine der frühesten Definitionen des Begriffs Leistung im heutigen modernen Sinne.⁴ Leistung wurde messbar. Zudem beurteilte die Komission die Leistung aller Beisitzer, ob adelig oder nicht, gleich. Schließlich wurde ihre Leistung durch entsprechende zeitliche Vorgaben Kaiser Rudolfs II. nicht nur festgestellt, sondern auch eingefordert. Neben der Leistung hinterfragte die Visitationskommission auch die Qualität der Arbeit. Das Beharren auf Leistung der Beisitzer war die einzige Möglichkeit, die Effizienz des Gerichts zu beweisen. Denn nur, wenn es um die Erstellung von Gutachten und Voten ging, waren die Beisitzer in ihrem Entscheidungsprozess tatsächlich autonom. Nur hier gewann die Kernaufgabe des Reichskammergerichts, die Rechtsprechung, ihre eigentliche Bedeutung. Es entstand eine Diskrepanz zwischen der Forderung nach Beteiligung der Reichsstände und Untertanen und der Leistung des Gerichts, die aber beide für die Sicherung des Friedens essentiell waren. Sichtbar wird dies in den Visitationsabschieden und Memorialen, die immer wieder die gleichen Bestimmungen enthielten und so den Anschein von Stillstand vermitteln. Die Visitationskommission machte gerade durch die Formulierung der immer gleichen Bestimmungen klar, dass sie ihre Aufgaben erfüllt hatte, indem sie die Mängel deutlich benannte. Aber ihre alten und neuen Verfügungen kollidierten mit den Interessen der Reichsstände, den Untertanen und teilweise auch des Gericht und wurden deshalb meist nicht umgesetzt. Das Beispiel Wilhelm Werner von Zimmerns zeigt es anschaulich: Selbst als Beisitzer des Reichskammergerichts reagierte er als Reichsstand, der sich soweit verleugnete, dass er auf Bitten des Vaters die Institution, die er selber vertrat, lieber zurückwies. Patronage- und Klientelsystem zählten eben im Zweifelsfall mehr. Gleichzeitig entwickelten die Reichsstände und Untertanen Instrumentarien, um die Rechtsprechung des Gerichts nicht anzuerkennen bzw. Qualitätsmängel nachzuweisen. Rekusation, Revision und Syndikat erschienen hierfür die geeig-
Leistung wird hier als Größe verstanden im Sinne von verrichteter Arbeit und der dazu benötigten Zeit.
Zusammenfassung und Fazit
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netsten Mittel. In der Frühzeit unterschied man die Begriffe nicht. Menke hat die formalen Aspekte der Revision erschöpfend herausgearbeitet.⁵ In dieser Untersuchung ging es darum, wie die Visitatoren dazu standen. Allgemein waren Kaiser, Gericht und Visitationskommission nicht an Rekusationen, Revisionen und Syndikaten interessiert und versuchten, sie von vorneherein zu vermeiden oder die Angelegenheit außergerichtlich zu bereinigen. Korruption kam vor und konnte mit der Revision und dem Syndikat verbunden sein. Beim Umgang damit spielten die übergeordneten Interessen des Kaisers die entscheidende Rolle. Korruption war verwerflich, aber nur dann, wenn sie offensichtlich wurde. Für die Visitationskommission galt es deshalb zunächst, den Alltag mit dem ständig wachsenden Aktenmaterial zu organisieren und zu überwachen. Es musste gewährleistet sein, dass die Akten zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten in verschiedenartiger Form den Beisitzern und Prokuratoren zur Verfügung gestellt werden konnten. Um den Aktenumlauf sicher zu gewährleisten, wurde das Registersystem im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert, denn es musste neben einer effizienten Verteilung der Akten auch das Referentengeheimnis gewahrt werden. Neben den Ratsstuben wurden die Schreibstuben der Beisitzer durch die Visitationskommission als gefährliche Orte klassifiziert. Verwalter der Akten und zuständig für den reibungslosen Ablauf der Aushändigung und Einkassierung von Akten im Zusammenspiel zwischen Prokuratoren, Advokaten, Beisitzern und Kammerrichtern war die Kanzlei. Sie war auch für das Archiv zuständig. Der Kanzlei kam durch die Oberaufsicht des Erzkanzlers von Mainz eine eigenständige Rolle zu. Das wird vor allem dadurch deutlich, dass sie zeitweise getrennt von der eigentlichen Visitation durch den Erzkanzler von Mainz visitiert wurde.⁶ Eine wichtige Rolle in der Untersuchung spielt die Stadt Speyer. Speyer war ein Schmelztiegel für juristisches Personal im weitesten Sinne, für Prozessparteien und deren Unterstützer, aber auch für Kaiser und Reichsstände. Es entwickelte sich in Speyer eine ganz spezielle Gelehrtenkultur, die noch nicht erforscht ist. Sichtbares Zeichen waren Bibliotheken, die sogar ausländische Besucher anzogen. Zum Kauf von Büchern gewährte der Kammerrichter den Beisitzern kostbare Zeiten der Abwesenheit. Hinzu kam der Glanz von Kaiserbesuchen und Reichstagen, die oft nach oder gar während einer Reichskammergerichtsvisitation stattfanden und so einen intensiven Austausch zwischen allen Beteiligten ermöglichten, aber auch Künstler und Gelehrte nach Speyer brachten.
Mencke: Visitationen. Die Rolle der Reichskammergerichtskanzlei als Teil der Reichshofkanzlei konnte nicht näher untersucht werden, da es den Untersuchungsrahmen gesprengt hätte. Nichts desto trotz ist es ein wichtiges Forschungsdesiderat.
202
Zusammenfassung und Fazit
Die Visitation von 1588 kam schließlich nicht mehr zu Stande. Die Streitigkeiten um die Session des brandenburgischen Reichsfürsten auf dem Reichstag 1582 hatten auch Auswirkungen auf die Besetzung der juristischen Expertenkommission. Konfessionspolitische Überlegungen gewannen die Oberhand.⁷ Rudolf II. wollte den Einfluss der protestantischen Reichsstände auf das Gericht zurückdrängen und suspendierte kurzerhand die Visitation unter dem Vorwand drohender Kriegsgefahr.⁸ In der Folge kam es zu einer Verschärfung der reichsrechtlichen Voraussetzungen bei der Beteiligung an den Visitationen mit der Folge, dass nur außerordentliche Visitationen durch den Reichstag einberufen wurden. Schließlich übernahmen die Reichsdeputationstage von 1595 und 1600/ 1601 die Visitation des Gerichts⁹. Das Gericht war endgültig zu einem Instrument der kaiserlichen Politik geworden. Danach fanden nur noch zwei Visitationen im 18. Jahrhundert statt.¹⁰ Eine erfolgreiche Tätigkeit konnte angesichts des großen zeitlichen Abstands nicht mehr erfolgen, da die wichtigsten Grundelemente der Visitation, wie Routine, Stabilität, Beständigkeit und Expertenwissen sowie eine auf Augenhöhe stattfindende Diskussion aller Beteiligten fehlten. Die Ziele von Kaiser und Reichsständen hatte sich zudem verändert. Die Visitationen als Expertentagungen in ihrer ursprünglichen Form erschienen als obsolet. Der absolute Wille zum Frieden war zur Nebensache geworden.
Josef Leeb: Der Magdeburger Sessionsstreit von 1582, S. 31. ÖStA HHStA Wien, MEA RKG 49, 14. Dez. 1587. Leeb: Magdeburger Sessionsstreit, S. 31. Die Visitation von 1707 bis 1711 ist noch nicht erforscht. Die Visitation von 1767 bis 1776 untersuchte Alexander Denzler. Alexander Denzler: Über den Schriftalltag im 18. Jahrhundert. Die Visitation des Reichskammergerichts von 1767 bis 1776 (Norm und Struktur 45). Köln/Weimar/ Wien 2016.
Glossar Die Begriffsdefinitionen beziehen sich nur auf das Reichskammergericht und sein Verfahren und dienen vor allem als schnelle Orientierungshilfe. Advokat: eigentlich Anwalt. Er durfte die Parteien nur beraten und die Schriftsätze verfassen. Siehe auch Prokurator. Appellanten: Verlierer des vorinstanzlichen Verfahrens, jetzt Beschwerdeführer. Appellat: Gewinner des vorinstanzlichen Verfahrens, jetzt Beschwerdegegner. Appellation: zweitinstanzliches Verfahren, das ordentliche Rechtsmittel im gemeinrechtlichen Prozess. Appellationsprivileg: verursachte beschränkte Appellationsmöglichkeiten der Untertanen aus einem Territorium. Die Appellationsprivilegien waren meist auf eine bestimmte Geldsummen oder Streitgegenstände begrenzt. Assessor: Assessoren, auch Beisitzer oder Urteiler genannt, bildeten den Spruchkörper des Reichskammergerichts. Im 16. Jahrhundert gab es eine adelige und gelehrte Bank. Ursprünglich mussten die Adeligen kein juristisches Studium nachweisen. Die Assessoren wurden nach einem bestimmten Schlüssel von den Reichsständen vorgeschlagen. Nach einer bestandenen Aufnahmeprüfung konnten sie ihren Dienst antreten. Audienz: öffentliche Sitzung des Gerichts bei der Urteile und Zwischenurteile verkündet und Schriftsätze an das Gericht übergeben wurden. Zentraler Treffpunkt aller am Prozess Beteiligten. Aufschwörung: Eidesleistung der Assessoren, Advokaten und Prokuratoren bei Arbeitsantritt am Gericht. Austrägalverfahren: Schiedsgerichtsverfahren, bei denen die Parteien – vornehmlich Reichsunmittelbare – die Richter selbst bestimmen konnten. Gegen das Urteil der Austrägalinstanz konnte an das Reichskammergericht appelliert werden. Beisitzer: siehe Assessor. Bescheidrat: Prüfung der Bitte um Klage durch die Beisitzer des Gerichts. Extrajudizialstadium. Bote: das Reichskammergericht besaß ein eigenes Botensystem. Die Boten wurden mit der Ladung der Parteien durch das Gericht ausgesandt. Über die korrekte Zustellung der Ladung mussten sie einen Bericht verfassen. Citatio (ad videndum se incidisse): Verfahrensart, die am Reichskammergericht als Prozessbezeichnung gebräuchlich war. Es handelt sich um die Einleitung einer Entscheidungsvollstreckung, verbunden mit der Androhung, Verhängung oder Vollstreckung von Geldstrafen. Hier stand nicht ein Mandat, sondern die Ladung des Beklagten am Beginn des Rechtsstreits. Compulsorialbefehl: Befehl des Reichskammergerichts an ein Untergericht zur Herausgabe einer Abschrift der vorinstanzlichen Akten. Correlation: Zweitgutachten des Assessors bei einem komplizierten Rechtsfall. Definitivurteil: Endurteil. Dilatorische Einrede: Dilatio bedeutet Aufschub. Bei der dilatorischen Einrede wandte sich der Beklagte gegen die Pflicht zur Sacheinlassung. Hierzu gehörten alle die Zuständigkeit des Gerichts betreffenden Einreden und alle weiteren Zulässigkeitseinreden. Dispositionsmaxime: im Zivilprozess bestimmen allein die Parteien den Prozessverlauf.
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Glossar
Eventualmaxime: Angriffs- und Verteidigungsmittel dürfen nur in einem bestimmten Prozessabschnitt vorgebracht werden. Expedition: gerichtliche Entscheidung. Extrajudizialverfahren: Vorverfahren am Reichskammergericht, das vor dem Beginn der regulären Audienzen stattfand. Siehe auch Bescheidrat. Exzeption: Einwendung des Beklagten gegen die Klageschrift oder ein Mandat. Fiskal: Vertreter der kaiserlichen Interessen am Reichskammergericht. Habentes vim definitivarum: Urteile, die den Charakter von Endurteilen besaßen, aber eigentlich keine waren. Inhibitionsschreiben: Verbot an das Untergericht, während eines rechtshängigen Appellationsprozesses weitere Prozesshandlungen oder Vollstreckungsmaßnahmen vorzunehmen. Interlokut: Zwischenbescheid, Zwischenurteil. Judizialverfahren: eigentliches Verfahren, siehe auch Extrajudizialverfahren. Kalumnieneid: ist im Allgemeinen ein Eid, mit dem die Prozessparteien und ihre Anwälte versichern, sich in einem Gerichtsverfahren nicht mut- oder böswillig zu verhalten und keine Prozessverschleppungen zu verfolgen. Kamerale: Angehörige des Reichskammergerichts und ihre Familien. Kammerrichter: Stellvertreter des Kaisers am Gericht und damit Inhaber der Gerichtsgewalt und oberster Repräsentant des Gerichts. Er war nicht an der Urteilsfindung beteiligt, verteilte aber die Akten zur Urteilsfällung und moderierte die Audienz. Kammerzieler: reichsweite regelmäßige Steuern, die zur Finanzierung des Reichskammergerichts eingezogen wurden. Korreferent: Zweitgutachter vor allem bei Endurteilen, siehe auch Correlation. Kompletur: Zusammenstellung der Akten, um zu einem Zwischen- oder Endurteil zu gelangen. Ladung: Ladung eines Beschuldigten vor Gericht; auch Klageschrift, die zunächst einmal nur der Gegenpartei mit der Bitte um Stellungnahme zugestellt wurde. Leser: Archivangestellter, der die Akten verwaltete und die Register führte. Litis contestatio (Streitbefestigung, Kriegsbefestigung): Zeitpunkt der förmlichen Rechtshängigkeit eines streitigen Prozesses nach einem Widerspruch des Beklagten gegen den Klageantrag. Lötiges Gold: Feingehalt des Goldes. Mandat: erstinstanzliches Verfahren; einstweilige Anordnung des Gerichts. Mandat cum clausula: Mandat mit vollen Verteidigungsmöglichkeiten. Mandat sine clausula: Mandat mit eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten. Pedell: Helfer des Gerichts bei der Audienz. Peremptorische Einrede: Mit den peremptorischen Einreden wandte sich der Beklagte gegen die Begründetheit der Klage und suchte eine Verurteilung abzuwenden. Protonotar: Vorsteher der Kanzlei. Pfändungskonstitution: Das Reichskammergericht erhält allein die Jurisdiktion über die Pfändung. Alle anderen Privilegien sind nichtig. Präjudiz: Entscheidung des Gerichts, die über den konkreten Reichsstreit hinaus Wirkung entfaltete. Probationsschrift: Schrift mit einzelnen Behauptungen (Probationsartikeln), die im kommissarischen Beweisverfahren den Zeugen vorgelegt wurden. Produkt: Schriftsatz.
Glossar
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Protokoll: Mitschrift von Sitzungen. Prokurator: Parteivertreter am Ort des Gerichts. Er unterschrieb die Schriftsätze der Partei und leistete als Stellvertreter die erforderlichen Eide. Außerdem vertrat er die Parteien in der Audienz. Rat: Sitzung einer begrenzten Anzahl von Assessoren, um ein End- oder Zwischenurteil zu fällen und ein Gutachten zu diskutieren. Siehe auch Senat. Referent: Assessor, der vom Kammerrichter die Anweisung erhält, über einen bestimmten Fall ein Gutachten zu erstellen bzw. eine Relation zu verfertigen. Rekusation: öffentliche Zurückweisung des Gerichts in der Audienz. Relation: Falllösung oder Urteilsfindung nach einer fest vorgegebenen Methode. Revision: Rechtsmittel gegen die Urteile des Reichskammergerichts, das durch die Visitation überprüft werden sollte. Rezess: Vortrag des Prokurators in der Audienz bei der Übergabe von Schriftstücken seiner Mandanten. Rufen: förmliche mündliche Ladung des säumigen Beklagten in der Audienz, erster Schritt auf dem Weg zum Säumnisverfahren. Senat: siehe Rat. Sollizitant: Partei oder Beauftragter einer Partei, der vor Ort in Speyer versuchte, das Prozessverfahren zu beschleunigen. Heute würde man wohl von einem Lobbyisten sprechen. Suspensiveffekt: Verhinderung der Rechtskraft und der Vollstreckung bei Einlegung eines Rechtsmittels. Syndikat: Verfahren, das den Richter wegen beabsichtigter unrechtmäßiger Rechtsprechung verurteilt. Urteiler: siehe Assessor Visitation: Prüfung der kammergerichtlichen Tätigkeit durch eine Evaluierungskommission. Votum: Urteilsvorschlag durch den Assessor. Bestandteil der Relation.
Anhang: Graphiken der Definitivurteile und Interlocute
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
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Botzheim
Bornn
Bonner
Bingius
Beyern
Berlin
Berleps
Berbisdorff
Barth Ch./ Brandenburg
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
/ / / / / /
MEA RKG
Barth Balth./ Bavaria
MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
Aschman
Artzt
Appianus
Armspach
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
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MEA RKG
Albada
Name
MEA RKG
Defintivurteile
Capito
Chuno
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
Everhard
Esser
Eschenfelder
Ende
Eisen
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
/ / / / / /
MEA RKG
Duyn
MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
Dürrfellt
Drechsel
Cran
Cissner
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
/ / / / / / / / / /
Buchorst (Borchard)
Brunner
Breuning
Name
MEA RKG
Defintivurteile (Fortsetzung)
210 Anhang: Graphiken der Definitivurteile
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
Hartmann
Hartlieb
Gottwald
Glöpfer
Geyl
Geil
Gayling
Fürstenberg
Funck
Freyman
Flad
Feiltsch
Glabsberger
MEA RKG & RHK RKG b
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MEA RKG
Feig
Faber
Eysengrein
Name
MEA RKG
Defintivurteile (Fortsetzung)
/
MEA RKG & RHK RKG b MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
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MEA RKG
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
211
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
Mörder
Meichsner
Lutz
Loyfs
Kronenberg
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
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MEA RKG
Krebs
MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
Kobolt
Knebel
Iven
Hylss
Hornstein
Holdinghausen
Hirter
Heynitz
Herma(r)th
MEA RKG
Herden
MEA RKG
/ / / / / / / / / /
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
Name
MEA RKG
Defintivurteile (Fortsetzung)
212 Anhang: Graphiken der Definitivurteile
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
Ruff
Rücker
Roorda
Rhodt
Reinhart
Ramius
Ramel
Quentell
Proen
Pistoris
*
MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
/ / / / / /
MEA RKG
Pfeilsticker
MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
Penninger
Peiffer
Ossaneus
Oldenhaus
/ / / / / / / / / /
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
Nocheren
Name
MEA RKG
Defintivurteile (Fortsetzung)
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
213
Strölin
Strotzinger
Tengnagell
Sturm
Steck
Steinchin
Stansling
Sickingen
Seyler
Schiller
Schenk
Schwellmayer
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
/ / / / / / / / / /
MEA RKG
Schardius
Schanz (Schunz)
Schad
Name
MEA RKG
Defintivurteile (Fortsetzung)
/
MEA RKG & RHK RKG b MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
/ / / / / /
MEA RKG
214 Anhang: Graphiken der Definitivurteile
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG MEA RKG
Median
/
MEA RKG & RHK RKG b
Wogesser
Winckelmann
Willer
Widmann
Wick
Weidenkopff
Vomelius
Wambolt
West
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
/ / / / / / / / / /
MEA RKG
Vieheuser
Name
MEA RKG
Defintivurteile (Fortsetzung) MEA RKG & RHK RKG -
/ /
MEA RKG MEA RKG MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
/ / / / / /
MEA RKG
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
215
216
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
7
6
5
4
3
2
1
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden Heynitz
Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1557
Holdinghausen
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
6
5
4
3
2
1
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1568/69
Heynitz
217
218
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1572/73
Heynitz
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
4
4,5
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0
0,5
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1576/77
Heynitz
219
220
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
7
6
5
4
3
2
1
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1580/81
Heynitz
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
7
6
5
4
3
2
1
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1584/85
Heynitz
221
222
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
7
6
5
4
3
2
1
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1586/87
Heynitz
/
MEA RKG
/
/
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
Capito
Chuno
Cran
Cissner
Buchorst (Borchard)
Brunner
Breuning
Botzheim
Bornn
Bonner
Bingius
Beyern
Berlin
Berleps
Berbisdorff
Barth Ch./ Brandenburg
/
MEA RKG
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
MEA RKG
/
MEA RKG
Barth Balth./ Bavaria
/
/
MEA RKG
MEA RKG
Aschman
Artzt
Armspach
MEA RKG
Appianus
Jahr
Signatur
MEA RKG
Albada
Name
Interlocute
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
223
Hartlieb
Gottwald
Glöpfer
Glabsberger
Geyl
Geil
*
Gayling
Fürstenberg
/
/
/
MEA RKG
Funck
/
MEA RKG
MEA RKG
Freyman
Flad
Feiltsch
/
MEA RKG
Feig
Faber
Eysengrein
Everhard
Esser
/
/
Eschenfelder
Ende
Eisen
/
/
MEA RKG
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
Duyn
Jahr
MEA RKG
Dürrfellt
Drechsel
Name
Signatur
MEA RKG
Interlocute (Fortsetzung)
224 Anhang: Graphiken der Definitivurteile
/
MEA RKG
/
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/? *
*
Pfeilsticker
Penninger
Peiffer
Ossaneus
Oldenhaus
/?*
/
/
Nocheren
Mörder
Meichsner
Lutz
Loyfs
Kronenberg
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG
/
MEA RKG
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG
MEA RKG
Krebs
/
MEA RKG
MEA RKG
Kobolt
/
MEA RKG
Knebel
/
/
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
Iven
Hylss
Hornstein
Holdinghausen
Hirter
Heynitz
Herma(r)th
Herden
Jahr
Hartmann
Name
Signatur
MEA RKG
Interlocute (Fortsetzung)
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
225
/
/
/
Strölin
Strotzinger
Steck
Steinchin
Stansling
Sickingen
Seyler
Schiller
Schenk
Schwellmayer
Schardius
Schanz (Schunz)
Schad
Ruff
Rücker
Roorda
Rhodt
Reinhart
/
Ramius
/
MEA RKG
/
MEA RKG
MEA RKG
Ramel
Quentell
/
/
MEA RKG
MEA RKG
/? *
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b /
MEA RKG & RHK RKG b
MEA RKG
MEA RKG
MEA RKG
Proen
Jahr
MEA RKG
Pistoris
Name
Signatur
MEA RKG
Interlocute (Fortsetzung)
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
226 Anhang: Graphiken der Definitivurteile
Median
Wogesser
Winckelmann
Willer
* unleserlich
* unleserlich
Widmann
Wick
West
* verwischt
/
MEA RKG
/
MEA RKG
* unleserlich
/?*
/
MEA RKG
Weidenkopff
/
MEA RKG
/
/
MEA RKG
MEA RKG
Wambolt
Vomelius
Jahr
MEA RKG
Vieheuser
Tengnagell
Sturm
Name
Signatur
MEA RKG
Interlocute (Fortsetzung)
/
MEA RKG
/
MEA RKG
* verwischt
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG & RHK RKG b
/
MEA RKG
/
MEA RKG & RHK RKG
/
MEA RKG
* modo D. Herwart
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
/
MEA RKG
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
227
228
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
25
20
15
10
5
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1557
Heynitz
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
30
25
20
15
10
5
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1568/69
Heynitz
229
230
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
50
45
40
35
30
25
20
15
5
10
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1572/73
Herden Heynitz
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
60
50
40
30
20
10
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1576/77
Heynitz
231
232
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
45
40
35
30
25
20
15
5
10
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1580/81
Heynitz
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
60
50
40
30
20
10
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb Herden
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1584/85
Heynitz
233
234
Anhang: Graphiken der Definitivurteile
50
45
40
35
30
25
20
15
5
10
0
Albada Armspach Aschman Barth Ch./Brandenburg Berleps Beyern Bonner Botzheim Brunner Capito Cissner Drechsel Duyn Ende Esser Eysengrein Feig Flad Funck Gayling Geyl Glöpfer Hartlieb
Holdinghausen Hylss Knebel Krebs Loyfs Meichsner Nocheren Ossaneus Penninger Pistoris Quentell Ramius Rhodt Rücker Schad Schardius Schiller Seyler Stansling Steinchin Strotzinger Tengnagell Vomelius Weidenkopff Wick Willer Wogesser
1586/87
Herden Heynitz
Abbildungsverzeichnis Vorsatzbild: Gesamtansicht von Speyer. In: Cosmographia (…) von Sebastian Münster, Basel Holzschnitt von Heinrich Holzmüller. Deutsche Ausgabe. Der vollständige Buchtitel lautet: Cosmographia – Beschreibung aller Länder durch Sebastianum Munsterum, in welcher begriffen Aller völcker, Herrschafften, Stetten und namhafter flecken Herkommen. Exemplar: Stadtarchiv Speyer. Signatur/Inventar-Nr.: /III . Abb. : „Spira.“ Ansicht von Südosten/Ost. Kupferstich, sign. links unter dem Bildrand AFfec. Druck: Spirae Nemetum Sumptibus Iacobi Siuerts . Exemplar: Pfälzische Landesbibliothek Speyer. Signatur/Inventar-Nr.: . Rara. Abb. : Ruinen des Ratshofes. Ansicht und Plan der dazugehörigen Gebäulichkeiten. Plan des Ratsschreibers und Geometers Philipp Heinrich Blum . Exemplar: Stadtarchiv Speyer. Signatur/Inventar-Nr.: /I . Abb. : „Theatrum Augustissimi Judicii Camerae Imperialis.“ Holzschnitt, Künstler unbekannt, um . Exemplar: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Signatur/ Inventar-Nr.: HB Kaps . Abb. : Cancellariae. Holzschnitt () von Meister WS [./. Jh.] „Eigendtlicher Abriß und Beschreibung des Hochlöblichen Keyserlichen vnd des Heyligen Reichs Cammer Gerichts CANTZLEY zu Speyer / Wie solches in diesem Jahr bestellt.“ Exemplar: Staatsbibliothek zu Berlin / Preußischer Kulturbesitz / Handschriftenabteilung. Signatur/Inventar-Nr.: YA gr. Systematik: Kulturgeschichte / Rechtswesen / . Jh. Abb. , : Amtstrachten der Advokaten Winter und Sommer: Habitus olim Doctorum Medicina, Aduocatorum, et Procuratorum Imperialis: Camerae Spirensis, circa annum . Exemplar: Generallandesarchiv Karlsruhe, Signatur/Inventar-Nr.: Nr. Habitus olim Doctorum, Procuratorum per aestatem. Exemplar: Generallandesarchiv Karlsruhe, Signatur/Inventar-Nr.: Nr.
https://doi.org/10.1515/9783110574050-020
Abkürzungsverzeichnis ADB baR ENZ HHStA HZ ÖStA QFHG MEA NDB RHK RHR RKG RKGVA ZGO ZHF
Allgemeine Deutsche Biographie bibliothek altes Reich Enzyklopädie der Neuzeit Haus-, Hof- und Staatsarchiv Historische Zeitschrift Österreichisches Staatsarchiv Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich Mainzer Erzkanzlerarchiv Neue Deutsche Biographie Reichshofkanzlei Reichshofrat Reichskammergericht Reichskammergerichtsvisitationsakten Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zeitschrift für historische Forschung
https://doi.org/10.1515/9783110574050-021
Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde: Bestand AR 1 RKG Miscelanea Nr. 530. Staatsarchiv Speyer: Bestand E 6, Nr. 1826. Stadtarchiv Speyer: Bestand 1 A, 152, 164, 169, 170, 171, 174, 202/1, 202/2, 205/10, 205/12, 206/1, 207/1, 576,2; Bestand 1 B XXV. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: Bestand HB VI 15. Haus- Hof- und Staatsarchiv Wien: Bestand Mainzer Erzkanzlerarchiv, Nr. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 13, 14a, 15, 16, 17, 20, 22, 23 ,25, 26a, 27, 28, 29, 31, 35, 26, 37, 39, 40, 41, 42, 43, 44a, 45, 47, 48, 49, 50, 51a, 53; Bestand Reichshofkanzlei Reichskammergerichtsvisitationsakten, Nr. 1 – 2, 3 – 4, 5 – 6, 7 – 8, ad 8, 9 – 10, 11, 15, 45 – 46, 310 – 311, 315, 316, 317, 318, 319a, 319b, 320, 321a, 321b, 322a, 322b, 322c, 324, 325a, 325b, 326a, 326b, 379a, 379b, 380a, 380b, 396; Bestand Reichshofrat, Alte Prager Akten, Karton 7, 15, 16, 33, 51, 171.
Gedruckte Quellen Abschiede der Visitationen an dem Hochlöblichen Kayserl. Cammer-Gericht. Mit angehängten Memoralien, Declarationen, Decreten und andern […] sehr nützlich und erprieslich mit sonderbarem Fleiß zusammen getragen, ordentlich eingerichtet, einem nöthigen Indici versehen und zum ersten mal zu deinsamer Beförderung des heylsamen Justitien-Wesens in öffentlichen Druck heraus gegeben. Frankfurt a.M./Speyer 1686. Decker-Hauff, Hansmartin (Hrsg.), Die Chronik der Grafen von Zimmern. Handschriften 580 und 581 der Fürstliche Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen, Bd. 1 – 3. Konstanz 1964 – 1972. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., Jüngere Reihe, Bd. VII, 1527 bis 1529, bearb. v. Johannes Kühn. Stuttgart 1935. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., Jüngere Reihe, Bd. XII, Der Reichstag zu Speyer 1542, bearb. v. Silvia Schweinzer-Burian, Bd. 1 – 2. München 2003. Deutsche Reichstagsakten unter Karl V., Jüngere Reihe, Bd. XV, Der Reichstag zu Speyer 1544, bearb. von Erwein Eltz, Bd. 1 – 4. Göttingen 2001. Fahnenberg, Egidius Joseph Carl von: Litteratur des kayserlichen Reichskammergerichts Wetzlar 1792. Nachdruck Glashütten 1972. Gail, Andreas: De Pignorationibus. Von Pfandungs-Sachen/ Wie derentwegen am kayserlichen Cammergericht erkennet und gesprochen worden. Ein sonderlich Buech. Augsburg/Köln 1697. Gail, Andreas: Practicarum Observationum deß Hochlöblichen Cammer-gerichts, Speyer, Zwey Bücher. Darinnen sowol die in Gerichts-Process, als anderen zweyflhafften Rechts-Strittigkeiten vil underschidlich vorfallende Fragen stattlich decidiert und erörtert werden. München 1673. Gail, Andreas: De Pace publica. Vom kayserlichen Landfrieden/ item Landfridbrechern/ und deß Reichs Acht, München 1673. Die Schrift wurde später den Observationes beigefügt. https://doi.org/10.1515/9783110574050-022
238
Quellen- und Literaturverzeichnis
Gemeine Bescheide: Reichskammergericht (1497 – 1806), eingeleitet und hrsg. v. Peter Oestmann (QFHG 63,1). Köln/Weimar/Wien 2013. Harpprecht, Johann Heinrich von: Des Kayserl. und des Heil. Röm. Reichs Cammer=Gerichts Staats=Archiv oder Sammlung von gedruckten und mehrentheils ungedruckten ACTIS PUBLICIS, ARCHIVAL-Urkunden etc., Teile 1 – 4. Ulm 1757 – 1760. Harpprecht, Johann Heinrich von: Geschichte des Kaiserlichen und Reichs=Cammer=Grichts unter der Glorwürdigsten Regierung Kaisers Carl des Fünften als eine Fortsetzung des Cammergerichtlichen Staats=Archivs oder Sammlung von gedruckten und mehrentheils ungedruckten ACTIS PUBLICIS etc., Teile 5 und 6. Frankfurt a M. 1767 – 1768. Hörner, Manfred; Gebhardt, Barbara (Bearb.): Bayerisches Hauptstaatsarchiv Reichskammergericht, Bd. 2, Nr. 429 – 868 (Buchstabe B). Bayerische Archivinventare, Bd. 50/2. München 1996, Nr. 473. Lanzinner, Maximilian (Bearb.): Der Reichstag zu Speyer 1570. Göttingen 1988. Kaltwasser, Inge (Bearb.), Inventar der Akten des Reichskammergerichts 1495 – 1806. Frankfurter Bestand, Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission XXI. Frankfurt am Main 2000. Laufs, Adolf (Hrsg.): Die Reichskammergerichtsordnung 1555 (QFHG 3). Köln/Wien 1976. Ludolf, Georg Melchior von (Hrsg.): Corpus iuris cameralis, das ist des kayserlichen Cammer-Gerichts Gesetz Buch. Frankfurt a.M. 1724. Lutz, Heinrich/Kohler, Alfred (Hrsg.): Das Reichstagsprotokoll des kaiserlichen Kommissars Felix Hornung vom Augsburger Reichstag 1555. Wien 1971. Mynsinger von Frundeck, Joachim: Singularium observationum iudicij imperialis camerae (uti vocant) centuriae quatuor. Basel 1563 Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede welche von den Zeiten Kayser Conrads des II. bis jetzo, auf den Teutschen Reichs=Tagen abgefasset worden sammt den wichtigsten Reichs=Schlüssen … in vier theilen. O.O. 1747. Neudruck Osnabrück 1967. Ompteda, Dietrich Heinrich Ludwig von: Geschichte der vormaligen Cammergerichtsvisitation und der zweyhundert jährigen fruchtlosen Bemühungen zu deren Wiederherstellung. Regensburg 1792. Sailer, Rafael: Cammergerichts Bei unnd end urthail Selectissimarum sententiarum in amplissimo summoque sacrae imperialis camerae iudicio ab anno dominie MCCCCXCV usque ad annum MDLXX inclusive, publicatarum. Frankfurt a.M. 1572 – 1573. Sastrow, Bartholomäi: Herkommen, Geburt und Lauff seines gantzen Lebens, hrsg. v. Gottlieb Christian Friedrich Mohnicke, Teil 1 – 3. Greifswald 1823/1824. Sellert, Wolfgang (Hrsg.): Die Ordnungen des Reichshofrates 1550 – 1766, 1. Halbbd. bis 1626 (QFHG 8/I). Köln/Wien 1980. Sellert, Wolfgang (Hrsg.): Die Ordnungen des Reichshofrates 1550 – 1766, 2. Halbbd. bis 1766 (QFHG 8/II). Köln/Wien 1990. Staden, Heinrich von: Aufzeichnungen über den Moskauer Staat: Nach der Handschrift des Preußischen Staatsarchivs in Hannover, hrsg. v. T. Epstein. Berlin 1964. Wunderlich, Steffen: Das Protokollbuch von Mathias Alber. Zur Praxis des Reichskammergerichts im frühen 16. Jahrhundert (QFHG 58,1 – 2). Köln/Weimar/Wien 2011. Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständigs Unviersallexikon Aller Wissenschaften und Künste, 64 Bände. Halle/Leipzig 1732 – 1750.
Literatur
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Orts- und Personenregister Albada, Aggaeus Assessor 126 Apian, Theodor Dr. Assessor 120, 135 Arlon 29 Arzt, Wendel Visitator 24 f., 40, 119 Augsburg 10, 18, 20, 23 f., 27 f., 33, 35, 45, 53, 61 f., 64, 72, 82, 98, 121, 124 f., 130, 137, 139 f., 144, 166, 179, 192, 194 August, Kurfürst von Sachsen 31 f. Aytta, Viglius von Assessor Visitator 20
Braunschweig, N. N. von Herzog 34, 43 f., 144 Braunschweig-Wolfenbüttel, Julius von Herzog 177 Brendel von Homburg, Daniel 26 f. Bretten 30 Bromm, Claus 118 – 121, 123 Bruchsal 40, 168 Burgund, Reichskreis 147
Bamberg, Stadt 18, 35, 155 Barschmann, Hieronymus 119 Basel, Stadt 31, 34 Basel, Universität 31, 34 Bayern, Herzogtum 37, 39, 61, 116 f., 190 Bayern, Albrecht V. von Herzog 117 Bayern, Ernst von Herzog 22 Bayern, N. N. von Herzog 111, 116 Bayern, Wilhelm V. von Herzog 61, 116 f. Beichlingen, Adam von Kammerrichter 141, 143, 167 Beiser, Theodor 119 Berghausen 183 Berlichingen, Götz von 10, 121 – 123 Bien, Georg 151 Bock zu Pollach, Abraham von Visitator 31, 119 Bologna, Universität 31 Bonn, St. Cassius 29 Borke, N. N. Gebrüder von 113 – 116, 173 Bourges, Universität 32, 35 Brabant 56 f., 104 Brandenburg, Albrecht Alcibiades von 19, 89, 122, 155, 161, 177 Brandenburg, Albrecht von Deutschordensmeister 59 f., 82, 187 f. Brandenburg, Albrecht von Kurfürst 82 Brandenburg, N. N. von Kurfürst 114 f., 173, 202 Brandenburg-Ansbach, Georg Friedrich von Markgraf 183 Brandenburg-Küstrin, Joachim von Markgraf 113 Braunschweig 34, 43 f., 144
Christian I., Kurfürst von Sachsen 32 Christian II., Kurfürst von Sachsen 32 Cisner, Nikolaus, Assessor 101, 105 f., 126, 135, 174 Cratz von Scharfenstein, Philipp Visitator 27, 29 Dalberg, Wolfgang Kämmerer von Worms Derenburg, Löb von 167 Drechsel, Melchior Assessor 101, 120 Dudenhofen, Dorf bei Speyer 183
27
Eberstein, N. N. von Grafen 109, 135 Eisengrein, Wilhelm 165 Elisabeth I., Königin von England 177 Engelbrecht, Dr. Arnold 35 Engelhard, Dr. Simon 125, 172 f., 173 Eschenfelder, Dr. Johann Melchior, Assessor 102 f., 127 Esslingen, Reichsstadt 72, 90, 155, 157 Faber, Dr. Christoph Visitator 27 f., 119, 127 Ferdinand, Erzherzog 16, 24, 57, 61, 66 f., 114, 175, 180 f., 183 f. Feurer, Dr. Johann Visitator 49 Fichard, Johann 35 Flersheim, Philipp von, Bischof von Speyer Visitator 18 f. Frankfurt am Main 34, 118 f. Frankfurt an der Oder 30 Freiburg, Stadt 20, 27, 29, 34, 176 Universität Freiburg 20, 24, 27, 29, 34, 176 Freymon, Wolf Reichsvizekanzler Visitator 62, 106
Orts- und Personenregister
Frosch, Franz Prokurator 122 Fugger, Anton 67 Fugger, Ulrich 178 Funck, Dr. Bonaventura Assessor 102 f., 105, 175 Fürstenberg, Wilhelm von Graf 109 f., 161 Gans, Adam Freiherr von Putlitz 30 Gayling (Gailing), Dr. Johann Assessor 119 Gerstmann, Sebastian 30 Goslar 144 Gottwald, Andreas, Advokat Assessor 101, 106, 177 Graf, Dr. Johann 33 Granvelle, Antoine Perrenot 67 – 69 Gremp von Freudenstein, Dr. Ludwig, Prokurator 35 Gropper, Johannes 29 Gropper, Kapser Visitator 29 Habsburg 40, 57 Habsburg, Ernst von Erzherzog 61 Habsburg, Ferdinand von Erzherzog 16, 24, 57, 61, 66 f., 180 f., 183 f. Hagen, Kurfürst von Trier 29 Hager, Gall, Visitator 32 Hanau, Philipp von Graf 109, 112 f. Harpprecht, Johann Heinrich von 8, 19, 67 f., 113, 116, 129 Hartmanni, Hartmann d. J. Assessor 30, 44 Hattstein, Marquard von, Kammerrichter Bischof von Speyer Visitator 21, 27, 31, 127, 148, 166 Hauser, Hieronymnus Prokurator 125 Hechingen 23, 40 Hegenmüller, Johann Vizekanzler 22 f., 41, 84, 128 f., 156 Heidelberg, Stadt 18, 27 f., 30, 37, 59, 125 f., 144, 178 Heidelberg, Universität 18, 27 f., 125 f., 144, 178 Held, Matthias Assessor, Visitator Reichsvizekanzler 29, 67 Helfenstein, Ulrich von, Visitator 18, 122 Henneberg, Georg Ernst von 37 Hessen, N.N. von Lndgraf 144, 186 Hessen, Wilhelm von Landgraf 125
261
Hirter (Hierter), Ludwig Prokurator 101, 125 Hildesheim, Bischof 38 Hoeckel (Höchel), Johann Prokurator 171 Hohenlohe, Ludwig Casimir von 109 Hohenzollern 23, 49 Hohenzollern-Hechingen, Eitel Friedrich von 23 f., 119 Hohenzollern-Sigmaringen, N. N. der Ältere von Graf 49 Hornung, Felix Dr. Visitator 28, 30 Hundt von Lauterbach, Wiguleus Assessor 88, 174 Hürnheim (Hirnheim), Johann Sebastian von Assessor 122, 133, 170 Ilsung, Johann Achilles Visitator 24 Ingolstadt, Universität 28, 32, 35 Infantinus, Prediger 127 Jonas, Jakob Assessor Visitator 8, 25 f., 44, 49 Jung, Thimotheus Visitator 23 Kaden, Michael von Prokurator 133, 168, 174 – 177 Kaiser Ferdinand I. 16, 18, 21, 23, 90, 115, 141, 163, 175, 184, 195 Kaiser Karl V. 8, 10, 16, 18 – 21, 25 f., 28, 56, 59 f., 65 – 69, 73, 89 f., 103 f., 112 f., 121 f., 132 f., 140 – 144, 155, 163, 166, 172 f., 179 – 182, 186 – 188, 190 f., 194 Kaiser Maximilian II. 21 – 23, 25, 31, 40, 84, 115 f., 127, 129, 132, 139, 148, 180, 182 – 184, 195 – 198 Kaiser Rudolf II. 21 – 27, 36, 38 – 40, 53, 60 – 62, 84, 87, 107, 117 – 120, 123, 127, 139, 148, 151 f., 154 f., 180, 190, 198, 202 Köln, Reichsstadt 25, 29, 53, 90, 126, 155 Köln, Universität 18, 29 Konneritz, Andreas von Assessor 112 f. Kronberg, Walter von 59 f. Krötlin, Johann Baptist 119 Künßberg, Jakob von Freiherr 125 Kurköln 29, 56 Kurmainz 6, 27 f., 31, 81 f., 187
262
Orts- und Personenregister
Kurpfalz 10, 18, 26, 30 – 32, 35 – 37, 39, 90, 106, 119, 126 – 128, 155, 154 – 157, 166 f., 181, 190 Kursachsen 26, 31, 44 Langhans, Johann Jakob Dr. Visitator 32, 35, 119 Latomus, Bartholomäus Dr. Assessor Visitator 29, 120, 174 Leipzig, Stadt 31, 41, 64 Leipzig, Universität 31 Leuchtenberg, Georg Ludwig von Reichsgraf 38 Livland 33 Löwen 18, 29 Löwenstein, Ludwig von Graf 21, 49, 181 Luther, Martin 59, 173 Maastricht, Stadt 56 Mainz, Bistum 28 Mainz, Domkapitel 26 f. Mainz, Erzbischof 6 – 9, 11, 16, 21 f., 25 – 28, 36, 38 – 41, 43 – 45, 49, 62, 65, 81 – 83, 98, 100, 102, 111 – 113, 119, 121, 127 f., 134, 141, 158, 162, 184, 187 – 189, 194 f., 201 Magdeburg, Domkapitel 38, 188, 202 Mansfeld, Land 118 Marcus, Josias 35 Mart, Caspar 121 Mecklenburg, Christoph von Herzog 49 Melanchthon, Philipp 59, 118, 171 Melander, Prediger 186 Metz, Stadt 50 Metz, Bischof 50, 59, 119 Meurer, Noë Assessor 174 Mohr, Dr. Hartmann Assessor 122 Montfort, Hugo von Graf 180 Montfort, Johann I. von Graf 20 Montfort, Johann II. von Graf 20 f. Montfort, N. N. von Graf 109 Montfort, Ulrich von Assessor Kammerrichter 109 Mörder, Dr. Johann Adam Assessor 106, 143 Moskau 33 Mußbach 168
Mynsinger von Frundeck, Joachim Assessor Visitator 34, 44 f., 107, 114, 174, 176 f. Nassau, Philipp von Graf 29 Nassau-Weilburg 33 Neser, Mathias Assessor 13, 66 f., 174, 180, 182 Niederlande 126 Nürnberg, Reichsstadt 64, 133, 140, 175 Offenthal, Peter 119 Orléans, Universität 35 Ortenburg, N. N. von Graf 67, 111, 116 – 118 Österreich, Erzhaus 21, 23 f., 57 Öttingen, N. N. von Graf 109 f. Öttingen, Wilhelm von Graf 53, 62 Paris 15, 18, 29 Passau, Bischof 49 Paul IV. Papst 35 Peutinger, Konrad Pius Visitator 35 Pfalz, Friedrich III. von der 125 – 127 Pfalz, Johann Casimir von der 53 Pfalz, Ottheinrich von der 177 Pfalz, Wilhelm von der 38 Pfalz-Simmern, Johann von Kammerrichter Visitator 19 f., 38, 56, 66 f., 141, 143, 167 Pfalz- Simmern-Sponheim, Reichard 36 Polen 32, 59 f. Polen, Sigismund König 59 f. Pommern 171 – 173 Prag 22 Preuning (Breuning), Dr. Berthold Assessor 53 Preußen 59 f., 64 Prob, Christoph 30 Proen, Dr. Otto Assessor 102 Ram (Rahm), Johannes Dr. Assessor 102 f. Ramminger, Malachias Prokurator 168 Regensburg, Reichsstadt 27, 61, 64, 69, 72, 112, 146, 187 Reichard, Martin Prokurator 125 Reichlin von Meldegg, Georg 32 Reiffsteck, Friedrich Prokurator 106, 125, 171 f.
Orts- und Personenregister
Rheinhausen 9, 40, 156 Roding, Wilhelm 1 Roorda, Johann von Assessor 102 f. Rosenbach, Philipp Wolf von 120 f. Roseneck, Johann genannt Zehender 33 f. Rotterdam, Erasmus von 29, 174 Rottweil, Hofgericht 57 f. Rottweil, Stadt 72 Rud, Eberhard 119 Sailer, Raphael Assessor 101, 126 f. Sastrow, Bartholomäus 12 f., 169, 171 – 173 Schiller, Leoman Dr. Assessor 101, 106, 135 Schirstett, Wolf Friedrich von 30 Schlesien 31 Schönberg, Georg von, Visitator 27 Schwabach, Konrad von Prokurator 125 Schwarz, Jakob 33 Seiblin, Philipp Prokurator 119, 168 Seld, Georg Friedrich Reichsvizekanzler 22, 41 Simmel, Crispinus Advokat 125 Solms, Friedrich Magnus von Graf 118 Solms, N. N. von Graf 109 Spanien 20, 147 Speyer, Bischof 18 f., 16 – 19, 21, 26 f., 31, 102, 106, 126 f., 167 f. Speyer, Domkapitel 18, 27, 130 Speyer, Reichsstadt 1 f., 4 f., 7, 9 f., 12 f., 16 – 19, 21 f., 24 – 27, 30 f., 33 – 45, 47 f., 50 – 52, 56, 60 – 65, 67, 70, 81, 84 – 86, 89 f., 102, 106, 109, 111, 113 – 115, 119, 121, 123, 126 – 130, 133, 135, 138 – 144, 150 – 157, 161, 163, 165 – 186, 188, 192, 194 f., 201 Speyer Stadtarchiv 1 f., 4, 7, 9 f., 12 f., 16 – 19, 21 f., 24 – 27, 30 f., 33 – 45, 47 f., 50 – 52, 56, 60 – 65, 67, 70, 72 f, 84 – 86, 89 – 91, 109, 111, 113 – 115, 119, 121, 123, 126 – 130, 133, 135, 138 – 144, 150 – 157, 161, 163, 165 – 186, 188, 190, 192, 194 f., 201 Speyer, St. Ägidienkirche 127 Stein, Marquart von Visitator 18 Steinacher, Metallgesellschaft 118 Straßburg, Reichsstadt 35, 90, 112 f.
263
Streit, Jakob Prokurator 24 Streitberg, N. N. von 143 Toul, Bischof 50, 59 Trautwein, Eitel Dr. Assessor 122 Trier, Erzbischof 28 f., 184 Trier, Erzbistum 28 f. Trier, Stadt 28 f., Truchsess von Waldburg, Carl 24 Tübingen, Universität 26, 35 Überlingen 32, 72 Udenheim (heute Philippsburg) 168 Ungarn, Maria Königin von 56, 68, 72 Varnbühler, Ulrich von Kanzleiverwalter 40 Vaudémont, Carl Kardinal 50 Venatorum, Daniel 119 Verdun, Bischof 50 Vieheuser, Siegmund Reichsvizekanzler Visitator 23, 151 Vomelius-Stapert, Cyprian Assessor 174 Wambold von Umbstadt, Eberhard Assessor 106 Weingarten, Abt Gerwig von Visitator 19 Weißenburg, Propstei 19 Welsberg, Paul von 119 Welser, Familie 35 Werwers, Johann 119 Wien, Haus- Hof- und Staatsarchiv 6, 12 Wimpfeling, Jakob Burckard Assessor 165 Wimpfeling, Johann Kanzler 29 Winneburg, Freiherr Philipp von Reichshofrat, Kammerrichter, Visitator 22 Winterfeld, Dietloff von 30 Wittenberg, Stadt 30, 173 Wittenberg, Universität 26, 118 Worms, Bischof 18 Worms, Reichsstadt 1 f., 24, 114, 183 Württemberg, Christoph von Herzog 125 Württemberg, N. N. von Herzog 90, 156, 161 Württemberg, Ulrich von Herzog 143 Würzburg, Bischof 38 Zasius, Ulrich
20, 23, 29, 34, 176
264
Orts- und Personenregister
Zasius, Ulrich Reichsvizekanzler Visitator 23, 34, 184 Zimmern, Frobenius von Freiherr 12, 66, 109 – 111 Zimmern, Wilhelm Werner von Freiherr (später Graf) Assessor, Kammerrichter,
Visitator 19 – 21, 66 f., 89, 104, 109 – 111, 132, 155, 161 Zinner, Dr. Nikolaus Assessor 106 Zons, Peter 29 Zott von Pernegg, Christoph von 21, 41
bibliothek altes Reich - baR herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal Als ein innovatives, langfristig angelegtes Forum für Veröffentlichungen zur Geschichte des Alten Reichs setzt sich die „bibliothek altes Reich - baR“ folgende Ziele: ––
Anregung zur inhaltlichen und methodischen Neuausrichtung der Erforschung des Alten Reichs
––
Bündelung der Forschungsdiskussion
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Popularisierung von Fachwissen
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Institutionelle Unabhängigkeit
Inhaltliche und methodische Neuausrichtung An erster Stelle ist die Gründung der Reihe „bibliothek altes Reich - baR“ als Impuls für die interdisziplinäre Behandlung der Reichsgeschichte und deren Verknüpfung mit neuen methodischen Ansätzen konzipiert. Innovative methodische Ansätze, etwa aus der Anthropologie, der Geschlechtergeschichte, den Kulturwissenschaften oder der Kommunikationsforschung, wurden in den letzten Jahren zwar mit Gewinn für die Untersuchung verschiedenster Teilaspekte der Geschichte des Alten Reichs genutzt, aber vergleichsweise selten auf das Alte Reich als einen einheitlichen Herrschafts-, Rechts-, Sozial- und Kulturraum bezogen. Die Reihe „bibliothek altes Reich - baR“ ist daher als Forum für Veröffentlichungen gedacht, deren Gegenstand bei unterschiedlichsten methodischen Zugängen und thematischen Schwerpunktsetzungen das Alte Reich als Gesamtzusammenhang ist bzw. auf dieses bezogen bleibt.
Bündelung der Forschung Durch die ausschließlich auf die Geschichte des Alten Reichs ausgerichtete Reihe soll das Gewicht des Alten Reichs in der historischen Forschung gestärkt werden. Ein zentrales Anliegen ist die Zusammenführung von Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen historischen Sub- und Nachbardisziplinen wie zum Beispiel der Kunstgeschichte, der Kirchengeschichte, der Wirtschaftsgeschichte, der Geschichte der Juden, der Landes- und der Rechtsgeschichte sowie den Politik-, Literatur- und Kulturwissenschaften.
Popularisierung von Fachwissen Die „bibliothek altes Reich - baR“ sieht es auch als ihre Aufgabe an, einen Beitrag zur Wissenspopularisierung zu leisten. Ziel ist es, kurze Wege zwischen wissenschaftlicher Innovation und deren Vermittlung herzustellen. Neben primär an das engere Fachpublikum adressierten Monographien, Sammelbänden und Quelleneditionen publiziert die Reihe „bibliothek altes Reich baR“ als zweites Standbein auch Bände, die in Anlehnung an das angelsächsische textbook der Systematisierung und Popularisierung vorhandener Wissensbestände dienen. Den Studierenden soll ein möglichst rascher und unmittelbarer Zugang zu Forschungsstand und Forschungskontroversen ermöglicht werden.
Institutionelle Unabhängigkeit Zur wissenschaftsorganisatorischen Positionierung der Reihe: Die „bibliothek altes Reich - baR“ versteht sich als ein grundsätzlich institutionsunabhängiges Unternehmen. Unabhängigkeit strebt die „bibliothek altes Reich - baR“ auch in personeller Hinsicht an. Über die Annahme von Manuskripten entscheiden die Herausgeber nicht alleine, sondern auf der Grundlage eines transparenten, nachvollziehbaren peer-review Verfahrens, das in der deutschen Wissenschaft vielfach eingefordert wird.
Band 1:
Band 6:
Lesebuch Altes Reich Herausgegeben von Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal 2006. VIII, 283 S. 19 Abb. mit einem ausführlichen Glossar. ISBN 978-3-486-57909-3
Siegrid Westphal, Inken Schmidt-Voges, Anette Baumann Venus und Vulcanus Ehen und ihre Konflikte in der Frühen Neuzeit 2011. 276 S. ISBN 978-3-486-57912-3
Band 2:
Band 7:
Wolfgang Burgdorf Ein Weltbild verliert seine Welt Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806 2. Aufl. 2008. VIII, 390 S. ISBN 978-3-486-58747-0
Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte Herausgegeben von Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann und Stephan Wendehorst 2013. 321 S. ISBN 978-3-486-70251-4
Band 3:
Pax perpetua
Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich Herausgegeben von Anja Amend, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2007. 303 S. ISBN 978-3-486-57910-9
Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Inken Schmidt-Voges, Siegrid Westphal, Volker Arnke und Tobias Bartke 2010. 392 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-59820-9
Band 4:
Band 9:
Ralf-Peter Fuchs Ein ,Medium zum Frieden‘ Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges 2010. X. 427 S. ISBN 978-3-486-58789-0
Alexander Jendorff Der Tod des Tyrannen Geschichte und Rezeption der Causa Barthold von Wintzingerode 2012. VIII. 287 S. ISBN 978-3-486-70709-0
Band 5:
Band 10:
Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation Herausgegeben von Stephan Wendehorst 2015. 492 S. ISBN 978-3-486-57911-6
Thomas Lau Unruhige Städte Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt (1648-1806) 2012.156 S. ISBN 978-3-486-70757-1
Band 8:
Band 11: Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis Herausgegeben von Anja Amend-Traut, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2012. 231 S. ISBN 978-3-486-71025-0 Band 12: Hendrikje Carius Recht durch Eigentum Frauen vor dem Jenaer Hofgericht (1648-1806) 2012. 353 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-71618-4 Band 13: Stefanie Freyer Der Weimarer Hof um 1800 Eine Sozialgeschichte jenseits des Mythos 2013. 575 S., 10 Abb., ISBN 978-3-486-72502-5 Band 14: Dagmar Freist Glaube - Liebe - Zwietracht Konfessionell gemischte Ehen in Deutschland in der Frühen Neuzeit 2015. ISBN 978-3-486-74969-4 Band 15: Anette Baumann, Alexander Jendorff (Hrsg.) Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa 2014. 432 S. ISBN 978-3-486-77840-3 Band 16: André Griemert Jüdische Klagen gegen Reichsadelige Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz I. Stephan 2014. 517 S. ISBN 978-3-11-035267-2 Band 17: Alexander Denzler, Ellen Franke, Britta Schneider (Hrsg.) Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas
vom 15. bis 19. Jahrhundert 2015. ISBN 978-3-11-035981-7 Band 18: Inken Schmidt-Voges Mikropolitiken des Friedens Semantiken und Praktiken des Hausfriedens im 18. Jahrhundert 2015. 365 S. ISBN 978-3-11-040216-2 Band 19: Frank Kleinehagenbrock Das Reich der Konfessionsparteien Konfession als Argument in politischen und gesellschaftlichen Konflikten nach dem Westfälischen Frieden 2017. ISBN 978-3-11-045043-9 Band 20: Anette Baumann, Joachim Kemper (Hrsg.) Speyer als Hauptstadt des Reiches Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert 2016. ISBN 978-3-11-049981-0 Band 21: Marina Stalljohann-Schemme Stadt und Stadtbild in der Frühen Neuzeit Frankfurt am Main als kulturelles Zentrum im publizistischen Diskurs 2016. ISBN 978-3-11-050145-2 Band 22: Annette C. Cremer, Anette Baumann, Eva Bender (Hrsg.) Prinzessinnen unterwegs Reisen fürstlicher Frauen in der Frühen Neuzeit 2017. ISBN 978-3-11-047371-1 Band 23: Fabian Schulze Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation 2018. 978-3-11-055619-3