Universalsukzession und Vonselbsterwerb: Die rechtstechnischen Grundlagen des deutschen Erbrechts 3161478290, 9783161579233, 9783161478291

Das Erbrecht wird in den nächsten Jahren immer wichtiger. Denn jetzt wird das in der Nachkriegszeit aufgebaute Vermögen

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German Pages 282 [285] Year 2002

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Universalsukzession
I. Grundlagen des Erbrechts und normative Verankerung der Universalsukzession
II. Die verschiedenen Aspekte der Universalsukzession
1. Gesamtheit des Übergangsobjekts (Universalität im engeren Sinne)
a) Allgemeines
b) Unvererbbare Gegenstände
c) Übergang der Rechtsverhältnisse
d) Werdende und schwebende Rechtsbeziehungen
e) Übergang der Nachlassverbindlichkeiten
f) Werdende Passiven / Schwebende Negativverfügungen
2. Einheit des Erwerbssubjekts (Unilinearität)
a) Allgemeines
b) Erster Teilaspekt: Keine Pluralität von Erbfolgen
c) Zweiter Teilaspekt: Keine Erbeinsetzung auf bestimmte Gegenstände (institutio ex re certa)
d) Dritter Teilaspekt: Kein Vindikationslegat
e) Vierter Teilaspekt: Keine dingliche Teilungsanordnung
f) Fünfter Teilaspekt: Keine Beschränkung des Erbverzichts auf bestimmte Gegenstände
g) Testamentsvollstreckung: Einschränkung der Unilinearität oder weitere Folge der Universalsukzession?
3. Einheitlichkeit des Übergangsmodus (Unimodalität)
a) Allgemeines
b) Übergangstatbestände der Singularsukzession irrelevant
c) Schranken der Singularsukzession
d) Von der Singularsukzession abweichende Rechtsfolgen
4. Einheitlichkeit des Übergangszeitpunkts (Unitemporalität)
5. Einheitlichkeit der Übergangscausa (Unikausalität)
a) Darstellung
b) Einheitliche causa als materiale Legitimation des Einheitserwerbs?
6. Kein Gesamtrecht am Nachlass
a) Grundsatz
b) Ansprüche auf Gesamtherausgabe
c) Erbengemeinschaft
7. Zusammenfassung
III. Zwingender Charakter der Universalsukzession
IV. Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession
1. Sondererbfolge
a) Anerbenrecht
b) Nachfolge in Anteile an Personengesellschaften
2. Erbrechtsunabhängige Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen
a) Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I
b) Sonderrechtsnachfolge in das Mietverhältnis (§§ 563 ff. BGB)
c) Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
aa) Rechtsprechung und herrschende Lehre
bb) Abweichende Lösungen
d) Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB)
e) Fortgesetzte Gütergemeinschaft
V. Rechtspolitische Bewertung
1. Grundlagen rechtspolitischer Bewertung
2. Materiale Bedeutung der Universalsukzession: Folgen der Universalsukzession
3. Ablehnung des Vindikationslegats
a) Allgemeines
b) Gründe für das Vindikationslegat
c) Gründe gegen das Vindikationslegat
d) Gesetzliche Vermächtnisse, insbesondere der Voraus
4. Ablehnung von institutio ex re certa und dinglicher Teilungsanordnung
5. Ablehnung der heutigen Sondererbfolgen
a) Einleitung
b) Anerbenrecht
c) Personengesellschaftsanteil
6. § 2301 BGB und die Abgrenzung zwischen lebzeitigen Rechtsgeschäften und erbrechtlichen Verfügungen
a) Ausgangslage
b) Rechtspolitische Vorschläge
7. Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
a) Lösungsmodelle
b) Bisherige Rechtslage
c) Formloses Vindikationslegat
d) Abschaffung des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall
8. Die sonstigen Sonderrechtsnachfolgen von Todes wegen
a) Allgemeines
b) Die einzelnen Fälle
c) Der postmortale Persönlichkeitsschutz insbesondere
9. Keine neuen Sonderrechtsnachfolgen
§ 2 Vonselbsterwerb
I. Einleitung
II. Begriff, Anwendungsfälle und Rechtsfolgen des Vonselbsterwerbs
1. Vonselbsterwerb der Erbenstellung
2. Rechtsfolgen
3. Vonselbsterwerb beim Vermächtnis
a) Regelung des BGB
b) Entstehungsgeschichte
4. Vonselbsterwerb bei der Auflage
5. Zuwendung bedingungshalber
6. Teilungsanordnungen
7. Pflichtteil
a) Grundsatz
b) Pflichtteilsanspruch nach Ausschlagung
8. Testamentsvollstreckung
a) Gesetzliche Regelung
b) Entstehungsgeschichte
9. Vormundbenennung
III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs
1. Ausschlagung der Erbenstellung
a) Grundsatz
b) Wirkungen der Vorläufigkeit des Erwerbs
c) Der gesetzliche Sog in die Annahme
d) Rückwirkung der Ausschlagung
e) Die dogmatische Konstruktion von Annahme und Ausschlagung
f) Ausschlagung als Gestaltungsmittel und die erbrechtliche Beratungspraxis
2. Ausschlagung des Vermächtnisses
a) Regelung des BGB
b) Entstehungsgeschichte
c) Die Konzeption van Venrooys
3. Auflage
a) Allgemeines
b) Stellung des Vollziehungsberechtigten
c) Stellung des Auflagebegünstigten
4. Zuwendung bedingungshalber
5. Anspruch aus Teilungsanordnung
6. Testamentsvollstreckung/Vormundbenennung
7. Pflichtteilsanspruch
a) Überblick über die geltende Rechtslage
b) Entstehungsgeschichte
c) Ausschlagungsähnliche Rechtsfolgen
aa) Erbschaftsteuer
bb) Zivilrecht
d) §§ 852 I ZPO, 36 I InsO
e) § 517 BGB
f) Sachprinzip oder Formalprinzip: Weitere Einzelfragen
aa) §§ 1375 II, 2113 II, 2205 S. 3, 2287, 2325 BGB
bb) § 2313 BGB
cc) Pflichtteilsverbindlichkeiten und Kosten des Erbscheinsverfahrens
dd) Zugewinnausgleich
ee) Pflichtteilsrecht und Unterhaltsrecht
ff) Überleitung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sozialhilfeträger (§ 90 BSHG)
IV. Zwingender Charakter der gesetzlichen Regelung
V. Verhältnis des Vonselbsterwerbs zu den übrigen erbrechtlichen Prinzipien
VI. Rechtspolitische Bewertung
1. Vonselbsterwerb mit Ausschlagungsrecht bei Erbschaft und Vermächtnis
a) Erbschaft
b) Vermächtnis
aa) Die verschiedenen Möglichkeiten
bb) Rechtspolitische Bewertung
c) Vonselbsterwerb an den Grenzen seiner Legitimierbarkeit: Erbschaftsteuerrecht
2. Auflage / Zuwendung bedingungshalber
3. Testamentsvollstreckung
4. Pflichtteil
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Universalsukzession und Vonselbsterwerb: Die rechtstechnischen Grundlagen des deutschen Erbrechts
 3161478290, 9783161579233, 9783161478291

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 68

Karlheinz Muscheler

Universalsukzession und Vonselbsterwerb Die rechtstechnischen Grundlagen des deutschen Erbrechts

Mohr Siebeck

Karlheinz Muscheler; geboren 1953 in Radolfzell am Bodensee. Seit 1993 Inhaber des Lehrstuhls für Deutsche Rechtsgeschichte, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der RuhrUniversität Bochum. Veröffentlichungen zur Deutschen Rechtsgeschichte, zum Familien-, Erb- und Stiftungsrecht.

Die Deutsche Bibliothek Muscheler,

-

CIP-Einheitsaufnahme

Karlheinz:

Universalsukzession und Vonselbsterwerb : die rechtstechnischen Grundlagen des deutschen Erbrechts / Karlheinz Muscheler. - Tübingen : Mohr Siebeck, 2002 (Jus privatum ; Bd. 68) ISBN 3-16-147829-0

978-3-16-157923-3 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

© 2002 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Pfäffingen aus der Garamond-Antiqua gesetzt, von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-9610

Vorwort Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit den beiden rechtstechnischen Prinzipien des deutschen Erbrechts: dem Prinzip der Universalsukzession und dem des Vonselbsterwerbs. Mir ging es hauptsächlich darum, möglichst genau die Wirkungsweise beider Prinzipien und derjenigen Rechtsregeln zu beschreiben, die als Ausnahme von ihnen anerkannt sind. Insofern steht die Dogmatik des geltenden Rechts im Vordergrund. Doch lassen sich beide Prinzipien nicht adäquat verstehen, wenn man sie nicht auch rechtshistorisch, rechtsvergleichend und vor allen Dingen rechtspolitisch betrachtet. Beim Prinzip des Vonselbsterwerbs war mir die Einbeziehung erbrechtlicher Problemkreise wichtig, die man gemeinhin nicht mit Vonselbsterwerb und dessen Beseitigung in Verbindung bringt (Auflage, Pflichtteil, Testamentsvollstreckung etc.). Steuerrecht wurde, w o es zur Strukturerhellung beiträgt, stets berücksichtigt. Der erste Teil des Buches ist im Wesentlichen bereits in Jura 1999, 234-246, und Jura 1999, 289-297, veröffentlicht. Er wurde an mehreren Stellen überarbeitet und ergänzt; neu sind insbesondere die rechtspolitischen Überlegungen in § 1 V und die Auseinandersetzung mit der wichtigen (weil guten), für § 1 des Bandes einschlägigen Habilitationsschrift von Windel. Der zweite Teil des Buches über das Prinzip des Vonselbsterwerbs wird hier zum ersten Mal veröffentlicht. Thorn Beisenherz und Guido Perkams haben die Arbeit kritisch durchgesehen. Sie haben mir zusammen mit Christian Hajnczyk, Vanessa Kruse und Michael Janßen bei der Fahnenkorrektur geholfen. Herr H a j n c z y k und Frau Kruse waren für den Vorentwurf des Stichwortverzeichnisses zuständig. Bärbel Dröghoff hat das Typoskript erstellt. Ihnen allen danke ich herzlich. Bochum, im Mai 2002

Karlheinz Muscheler

Inhaltsverzeichnis

§1

Universalsukzession I. Grundlagen des Erbrechts und normative Verankerung der Universalsukzession II. Die verschiedenen Aspekte der Universalsukzession 1. Gesamtheit des Ubergangsobjekts (Universalität im engeren Sinne) a) Allgemeines b) Unvererbbare Gegenstände c) Übergang der Rechtsverhältnisse d) Werdende und schwebende Rechtsbeziehungen e) Ubergang der Nachlassverbindlichkeiten f) Werdende Passiven / Schwebende Negativverfügungen 2. Einheit des Erwerbssubjekts (Unilinearität) a) Allgemeines

3.

4. 5.

6.

b) Erster Teilaspekt: Keine Pluralität von Erbfolgen c) Zweiter Teilaspekt: Keine Erbeinsetzung auf bestimmte Gegenstände (institutio ex re certa) d) Dritter Teilaspekt: Kein Vindikationslegat e) Vierter Teilaspekt: Keine dingliche Teilungsanordnung f) Fünfter Teilaspekt: Keine Beschränkung des Erbverzichts auf bestimmte Gegenstände g) Testamentsvollstreckung: Einschränkung der Unilinearität oder weitere Folge der Universalsukzession? Einheitlichkeit des Übergangsmodus (Unimodalität) a) Allgemeines b) Übergangstatbestände der Singularsukzession irrelevant c) Schranken der Singularsukzession d) Von der Singularsukzession abweichende Rechtsfolgen Einheitlichkeit des Übergangszeitpunkts (Unitemporalität) Einheitlichkeit der Übergangscausa (Unikausalität) a) Darstellung b) Einheitliche causa als materiale Legitimation des Einheitserwerbs? Kein Gesamtrecht am Nachlass a) Grundsatz

1 5 5 5 6 10 10 11 13 15 15 15 17 18 24 25 26 29 29 31 32 33 35 36 36 41 44 44

Vili

Inhaltsverzeichnis b) Ansprüche auf Gesamtherausgabe c) Erbengemeinschaft 7. Zusammenfassung

48 49 50

III. Zwingender Charakter der Universalsukzession

51

IV. Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession

52

1. Sondererbfolge a) Anerbenrecht b) Nachfolge in Anteile an Personengesellschaften 2. Erbrechtsunabhängige Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen a) Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I b) Sonderrechtsnachfolge in das Mietverhältnis (§§ 563 ff. BGB) c) Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall aa) Rechtsprechung und herrschende Lehre bb) Abweichende Lösungen d) Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) e) Fortgesetzte Gütergemeinschaft

V. Rechtspolitische Bewertung 1. Grundlagen rechtspolitischer Bewertung 2. Materiale Bedeutung der Universalsukzession: Folgen der Universalsukzession 3. Ablehnung des Vindikationslegats a) Allgemeines b) Gründe für das Vindikationslegat c) Gründe gegen das Vindikationslegat d) Gesetzliche Vermächtnisse, insbesondere der Voraus 4. Ablehnung von institutio ex re certa und dinglicher Teilungsanordnung . . . 5. Ablehnung der heutigen Sondererbfolgen a) Einleitung b) Anerbenrecht c) Personengesellschaftsanteil 6. § 2301 BGB und die Abgrenzung zwischen lebzeitigen Rechtsgeschäften und erbrechtlichen Verfügungen a) Ausgangslage b) Rechtspolitische Vorschläge 7. Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall a) Lösungsmodelle b) Bisherige Rechtslage c) Formloses Vindikationslegat d) Abschaffung des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall 8. Die sonstigen Sonderrechtsnachfolgen von Todes wegen a) Allgemeines b) Die einzelnen Fälle c) Der postmortale Persönlichkeitsschutz insbesondere 9. Keine neuen Sonderrechtsnachfolgen

52 53 56 61 61 63 65 65 75 77 83

91 91 96 99 99 100 102 106 107 107 107 108 112 116 116 119 122 122 123 124 128 129 129 131 133 138

Inhaltsverzeichnis §

IX

2

Vonselbsterwerb I. Einleitung

141

II. Begriff, Anwendungsfälle und Rechtsfolgen des Vonselbsterwerbs .. 142 1. Vonselbsterwerb der Erbenstellung 2. Rechtsfolgen

142 146

3. Vonselbsterwerb beim Vermächtnis a) Regelung des BGB

147 147

b) Entstehungsgeschichte 4. Vonselbsterwerb bei der Auflage 5. Z u w e n d u n g bedingungshalber

149 152 152

6. Teilungsanordnungen 7. Pflichtteil a) G r u n d s a t z

153 153 153

b) Pflichtteilsanspruch nach Ausschlagung 8. Testamentsvollstreckung

155 157

a) Gesetzliche Regelung b) Entstehungsgeschichte 9. V o r m u n d b e n e n n u n g

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs

157 158 163

163

1. Ausschlagung der Erbenstellung a) G r u n d s a t z b) Wirkungen der Vorläufigkeit des Erwerbs c) D e r gesetzliche Sog in die A n n a h m e d) R ü c k w i r k u n g der Ausschlagung e) Die dogmatische Konstruktion von A n n a h m e und Ausschlagung f) Ausschlagung als Gestaltungsmittel und die erbrechtliche Beratungspraxis 2. Ausschlagung des Vermächtnisses a) Regelung des BGB

163 163 165 166 169 173

b) Entstehungsgeschichte c) Die Konzeption van Venrooys 3. Auflage

185 188 195

a) Allgemeines b) Stellung des Vollziehungsberechtigten c) Stellung des Auflagebegünstigten 4. Z u w e n d u n g bedingungshalber

195 196 197 200

5. Anspruch aus Teilungsanordnung 6. Testamentsvollstreckung/Vormundbenennung 7. Pflichtteilsanspruch

200 200 201

a) Uberblick über die geltende Rechtslage

201

178 180 180

b) Entstehungsgeschichte

203

c) Ausschlagungsähnliche Rechtsfolgen

207

X

Inhaltsverzeichnis aa) Erbschaftsteuer bb) Zivilrecht d) §§ 852 I ZPO, 36 I InsO e) § 5 1 7 BGB f ) Sachprinzip oder Formalprinzip: Weitere Einzelfragen aa) §§ 1375 II, 2113 II, 2205 S. 3,2287, 2325 BGB bb) §2313 BGB cc) Pflichtteilsverbindlichkeiten und Kosten des Erbscheinsverfahrens. dd) Zugewinnausgleich ee) Pflichtteilsrecht und Unterhaltsrecht ff) Uberleitung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sozialhilfeträger (§ 90 BSHG)

IV. Zwingender Charakter der gesetzlichen Regelung

207 210 214 220 221 221 222 224 224 226 231

239

V. Verhältnis des Vonselbsterwerbs zu den übrigen erbrechtlichen

Prinzipien VI. Rechtspolitische Bewertung

240 242

1. Vonselbsterwerb mit Ausschlagungsrecht bei Erbschaft und Vermächtnis . 242 a) Erbschaft 242 b) Vermächtnis 248 aa) Die verschiedenen Möglichkeiten 248 bb) Rechtspolitische Bewertung 251 c) Vonselbsterwerb an den Grenzen seiner Legitimierbarkeit: Erbschaftsteuerrecht 255 257 2. Auflage / Zuwendung bedingungshalber 3. Testamentsvollstreckung 257 4. Pflichtteil 258

Stichwortverzeichnis

263

§1 Universalsukzession

I. Grundlagen des Erbrechts und normative Verankerung der Universalsukzession Das Erbrecht des B G B wird von fünf Grundsätzen beherrscht. Von diesen sind zwei eher rechtstechnischer, drei materialer Natur. Erster materialer Grundsatz ist das Prinzip der Privaterbfolge. Das Erbrecht des B G B verfolgt das Ziel, das Vermögen des Erblassers wiederum in private Hände zu leiten. Erst wenn sich kein anderer testamentarischer oder gesetzlicher Erbe, sei es auch nur der entfernteste Verwandte des Erblassers, auffinden lässt, fällt der Nachlass dem erkennbar erbunwilligen Staat zu (§ 1936 BGB). Das Staatserbrecht dient nicht dem Ziel, der Allgemeinheit einen gewissen Anteil am Nachlass zu sichern. Es hat vielmehr reine Ordnungsfunktion, indem es die Existenz herrenloser Nachlässe verhindert. Das Erbschaftsteuerrecht führt zwar zu einer wertmäßigen Beteiligung des Staates am Nachlass, aber nur auf dem Weg eines Geldanspruchs, nicht auf dem einer Miterbenstellung des Staates. Zweiter materialer Grundsatz ist das die gesetzliche Erbfolge prägende Prinzip des Familien- und Verwandtenerbrechts (§§ 1924 ff. BGB): Neben das Ehegattenerbrecht tritt eine unbegrenzte Blutsverwandtenerbfolge. Dieser zweite Grundsatz ist nicht bereits mit dem ersten vorgegeben. Denn es könnten theoretisch auch andere Private als Familienangehörige gesetzliche Erben sein, etwa die im Haushalt des Erblassers lebenden Personen, die Pflegestätte oder das Altersheim des Erblassers, diejenigen, die den Erblasser zuletzt gepflegt haben, der nichteheliche Lebenspartner etc. Den dritten materialen Grundsatz markiert das Prinzip der Testierfreiheit (§§ 1937,1941 BGB): Der Erblasser kann entscheiden, ob er eine Verfügung von Todes wegen errichtet (Errichtungsfreiheit), wen er bedenkt und mit was er ihn bedenkt (Inhaltsfreiheit), von welchen der erbrechtlichen Gestaltungstypen (Erbeinsetzung, Enterbung, Vermächtnis, Auflage, Testamentsvollstreckung etc.) und von welchen der im Gesetz angebotenen Verfügungsformen (Notarielles / Eigenhändiges Testament, Einzeltestament / Gemeinschaftliches Testament, Testament / Erbvertrag) er Gebrauch macht (Typen- und Formenfrei-

2

5 1

Universalsukzession

heit). Das durch zahlreiche Normen (§§ 2302, 2064 u. 2274, 2339 ff., 2253, 2078 ff. u. 2281 B G B ) zusätzlich abgesicherte Prinzip der Testierfreiheit findet seine Grenzen in den §§ 134, 138 BGB, im Pflichtteilsrecht naher Angehöriger (§§ 2303 ff. B G B ) und im so genannten Typen- und Formenzwang, demgemäß zum einen nur die im Gesetz vorgesehenen Gestaltungstypen und Verfügungsformen zur Wahl stehen (numerus clausus) und zum anderen die im Gesetz normierten Gestaltungstypen inhaltlich nur sehr begrenzt modifizierbar1 sind (Typenzwang im engeren Sinne). Zu den eher rechtstechnischen Grundlagen des Erbrechts gehört zunächst das Prinzip des Vonselbsterwerbs: Der Nachlass fällt dem Erben „mit dem Tode" des Erblassers an (§ 1922 I BGB). § 1942 I B G B gibt dem Erben ein Ausschlagungsrecht und bekräftigt nur noch einmal - was gerade zum Verständnis dieses Ausschlagungsrechts wichtig ist - das bereits in § 1922 I B G B fixierte Prinzip. Vonselbsterwerb bedeutet nichts anderes, als dass der Erbe die Erbschaft qua Gesetz, also ipso iure, erwirbt. Damit ist zugleich gesagt, dass sich der Erbschaftserwerb ohne rechtsgeschäftliche Mitwirkung des Erben („Erbantritt"), ohne sein Wissen, ja selbst gegen seinen Willen2, ohne behördliche Einweisung des Erben 3 , ohne Zwischenschaltung eines Treuhänders4 vollzieht. Der zweite eher rechtstechnisch orientierte Grundsatz ist das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession)5. Die gesetzliche Verankerung dieses Prinzips findet sich ebenfalls bereits in der erbrechtlichen Fundamentalnorm des § 1922 I BGB: Das Vermögen des Erblassers (Erbschaft) geht „als Ganzes" auf den oder die Erben über. Der systematische Standort des § 1922 B G B zeigt bereits, für wie wichtig der Gesetzgeber das Prinzip der Universalsukzession hält. Denn er hätte ohne weiteres zuerst die Erbfolge bestimmen und dann erst bei der Regelung der Rechtsstellung des Erben den Gedanken der Universalsukzession zum Ausdruck bringen können. Fragt man sich, in welchem Verhältnis die Universalsukzession zu den anderen erbrechtlichen Prinzipien steht, so zeigt sich Folgendes: Die Universalsukzession ist weder eine zwingende Folge des Vonselbsterwerbs, noch umgekehrt der Vonselbsterwerb eine zwingende Folge der Universalsukzession. Es gab 1 Beispiele: Bei Vor- und Nacherbschaft ist die gesetzliche Regelung, dass dem Vorerben die Nutzungen gebühren, in dinglicher Hinsicht zwingend. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker nicht vom gesetzlichen Schenkungsverbot befreien (§§2205 S. 3, 2207 S. 2 BGB). 2 Vgl. aber das Ausschlagungsrecht. 3 Wie z.B. im österreichischen Recht. 4 Wie z.B. im angelsächsischen Recht. 5 Vgl. dazu vorläufig etwa v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, II/l, 1914, §46 II ff. (S. 86 ff.); Staudinger/Boehmer, BGB, 11. Aufl. 1954, §1922 Rn. 1 ff., 98 ff., 233 ff.; MünchKomm!Leipold, BGB, 3. Aufl. 1997, §1922 Rn.56ff.; Kipp/ Coing, Erbrecht, 14. Bearb. 1990, §§ 1 II 1 (S. 4 ff.), 91 II (S. 499 ff.); Meincke, DStJG 10 (1987), 19 (29 ff.). Vgl. jetzt vor allem Windel, Über die Modi der Nachfolge in das Vermögen einer natürlichen Person beim Todesfall, 1998.

I. Grundlagen

des Erbrechts und normative

Verankerung

3

und gibt Systeme, die wohl Universalsukzession, nicht aber Vonselbsterwerb kennen. Auch wenn für den Erbanfall Erbantritt oder behördliche Einweisung verlangt wird, der Erbanfall sich also nicht schon mit dem Erbfall vollzieht, kann der nach dem Erbfall liegende Erbanfall gleichwohl Gesamtanfall sein. Ebenso kennen wir Systeme, die wohl Vonselbsterwerb, nicht aber Universalsukzession im Sinne des B G B vorsehen. Mannigfache Beispiele liefert dafür insbesondere die Geschichte des altdeutschen Rechts. Universalsukzession und Vonselbsterwerb sind daher je für sich konstitutive Prinzipien des Erbrechts. Falsch ist der öfter zu lesende Satz, es gehöre zur Universalsukzession, dass der Vermögensübergang auf den Erben sich unmittelbar mit dem Tod des Erblassers vollziehe. Allerdings lässt sich auf der anderen Seite nicht leugnen, dass wenn man sich einmal für das Prinzip des Vonselbsterwerbs entschieden hat, der Ü b e r gangsmodus der Universalsukzession der reibungslosen Durchführung des Vonselbsterwerbs günstiger ist als eine Summe von Sondernachfolgen oder eine K o m b i n a t i o n von (grundsätzlicher) Universalsukzession und

(aus-

nahmsweisen) Sondernachfolgen. Vonselbsterwerb erfordert schnelle und sichere Feststellbarkeit der Erben, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls. D i e Person des Sondernachfolgers ist jedoch oft nicht ganz einfach feststellbar. Freilich handelt es sich bei dem beschriebenen Zusammenhang der beiden Prinzipien Vonselbsterwerb und Universalsukzession lediglich um einen praktisch-technischen und auch insoweit keineswegs um ein zwingendes Abhängigkeitsverhältnis; denn die mehr oder weniger reibungslose Feststellung des Sondernachfolgers lässt sich auch durch die gesetzliche Ausgestaltung der Sondernachfolge beeinflussen. Zum Zweiten gilt der beschriebene Zusammenhang nicht auch umgekehrt: Wenn man sich einmal für Universalsukzession entschieden hat, bedeutet das nicht, auch nicht einmal im nur praktisch-technischen Sinn, dass Vonselbsterwerb besser zur D u r c h f ü h rung der Universalsukzession geeignet wäre als etwa der Antrittserwerb oder der E r w e r b qua behördlicher Einweisung. Auch mit den beiden zuletzt genannten Systemen kann Gesamtrechtsnachfolge technisch ohne weiteres bewerkstelligt werden, was eben die zahlreichen historischen Beispiele zeigen, auf die bereits hingewiesen wurde. In einem gewissermaßen neutralen Verhältnis steht die Universalsukzession zur Privaterbfolge. Auch ein reines Staatserbrecht verträgt sich mit Universalsukzession, ebenso wie Privaterbfolge sich mit Einzelsukzession vertragen würde. Eine größere innere, aber keineswegs logisch zwingende Affinität weist die Universalsukzession zum Prinzip des Familien- und Verwandtenerbrechts auf. Historisch hat sich die Universalsukzession im römischen Recht herausgebildet. Sie hing im altrömischen Recht mit dem Gedanken des Familieneigentums zusammen. Der pater familias hatte zu seinen Lebzeiten die freie Verfügungsge-

4

§1

Universalsukzession

walt über das Familiengut, d o c h fiel bei seinem T o d das ganze Vermögen seinen gewaltunterworfenen Kindern zu, deren bisher schon latent bestehende M i t b e rechtigung n u n m e h r offen in Erscheinung trat 6 . D a s Familienerbrecht in seiner frühesten F o r m beruht demnach auf dem G e d a n k e n der Anwachsung. B e i der Anwachsung kann man zwar nicht von einem „Vermögensübergang" sprechen, aber auch bei ihr gibt es naturgemäß keine Einzelsukzession, keine Ü b e r t r a gung der einzelnen Vermögensstücke. Als dann im römischen R e c h t sich die Testierfreiheit durchsetzte, lag es nahe, die gewohnte D e n k f i g u r des E r b schaftsübergangs auch auf die testamentarische E r b f o l g e auszudehnen, w o sie dann aber, weil mit der Testierfreiheit der G e d a n k e des Familieneigentums verblasste, nicht mehr Anwachsung sein k o n n t e , sondern echte „ S u k z e s s i o n " , eben Universalsukzession, wurde. D i e s e historische Affinität von Universalsukzession und Familienerbfolge ist jedoch keineswegs zwingend. Das zeigt erneut das altdeutsche R e c h t . O b w o h l dort die Familiengebundenheit des Eigentums möglicherweise n o c h stärker war als im altrömischen R e c h t , k o n n t e sich in ihm die erbrechtliche Universalsukzession im römischen Sinne nicht durchsetzen. Von logisch zwingender Affinität der beiden Prinzipien Familien-

bzw.

Verwandtenerbfolge und Universalsukzession kann erst recht keine R e d e sein. Z u r Testierfreiheit steht das Prinzip der Universalsukzession in einem ambivalenten Verhältnis. Universalsukzession erweitert einerseits die Testierfreiheit und schränkt sie andererseits ein. F ü r den Erblasser bedeutet es einen Zuwachs an Verfügungsmacht, dass er sich einen (oder mehrere) Gesamtrechtsnachfolger küren kann und nicht darauf angewiesen ist, über sein Vermögen im Wege v o n Einzelvermächtnissen zu verfügen. A u f der anderen Seite entzieht sich der R e gelungsgehalt des § 1922 I B G B der Disposition des Erblassers. D i e A n o r d n u n g der Universalsukzession ist, ebenso wie die des Vonselbsterwerbs, zwingend 7 . In einem sehr engen Zusammenhang steht das materiellrechtliche Prinzip der Universalsukzession übrigens zu dem im deutschen I P R geltenden satz der kollisionsrechtlichen

Nachlasseinheit.

Grund-

Dieser Grundsatz ist in A r t . 25 I

E G B G B verankert. D a n a c h unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem R e c h t des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Dies bedeutet zum einen, dass der Nachlass im Gegensatz zu zahlreichen ausländischen Kollisionsrechten ebenso wie im materiellen R e c h t als Einheit

geschlossene

betrachtet, insbesondere eine Differenzierung zwischen der R e c h t s -

nachfolge in bewegliches und derjenigen in unbewegliches Vermögen vermieden wird. E s bedeutet zum Zweiten, dass A r t . 25 I E G B G B alle Fragen

einheitlich

anknüpft,

erbrechtlichen

insbesondere nicht zwischen Regelungen der E r b -

folge (wer ist E r b e ? ) und Regelungen des Erbgangs (Art und Weise des Erwerbs, Erbengemeinschaft, Schuldenhaftung, Testamentsvollstreckung) unter6 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, 1940; Käser, Das römische Privatrecht, Erster Abschnitt, 2. Aufl. 1971, §24 II 1 (S. 96) m.w.N. 7 S.u. §1 III, S. 51.

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

5

scheidet. Und selbst wenn es nach deutschem IPR im Ergebnis ausnahmsweise zur Nachlassspaltung kommt (Staatsvertragliche Sonderregelung, abweichende Anknüpfungsregeln des Belegenheitsstaates - Art. 3 III EGBGB - , partielle Rück- oder Weiterverweisung - Art. 4 I EGBGB beschränkte Rechtswahl - Art. 25 II EGBGB - ) , ist der durch Aufspaltung entstandene Nachlassteil („Spaltnachlass") grundsätzlich als selbständiger Nachlass anzusehen, d.h. nach dem jeweiligen Erbstatut so zu behandeln, wie wenn es sich um den gesamten Nachlass handeln würde 8 .

II. Die verschiedenen Aspekte der Universalsukzession Das Prinzip der Universalsukzession hat fünf verschiedene Aspekte: Gesamtheit des Übergangsobjekts (Universalität im engeren Sinne), Einheit des Erwerbssubjekts (Unilinearität), Einheitlichkeit des Übergangsmodus (Unimodalität), Einheitlichkeit der Übergangscausa (Unikausalität) und Einheitlichkeit des Übergangszeitpunkts (Unitemporalität). Der in § 19221 BGB beschriebene Übergang des Erblasservermögens ist universal, unilinear, unimodal, unikausal und unitemporal. 1. Gesamtheit des Übergangsobjekts (Universalität im engeren Sinne) a) Allgemeines Universalsukzession bedeutet zunächst Allheit bzw. Gesamtheit des Übergangsobjekts. Übergang des Vermögens „als Ganzes" meint in dieser Hinsicht Übergang des „ganzen Vermögens". In einem System, das keine gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge und damit keine (erbrechtliche) Universalsukzession kennen, aber dem Erblasser erlauben würde, durch Einzelverfügungen von Todes wegen über sein Vermögen zu verfügen, wäre die Gefahr groß, dass der Erblasser einzelne Gegenstände vergisst. Damit würden bei seinem Tod die Sachen, über die er nicht verfügte, herrenlos, die Forderungen, an die er nicht dachte, würden, ohne dass die Absicht vorlag, den Schuldner zu begünstigen, erlöschen. Nur die Universalsukzession gewährleistet, dass beim Tod des Erblassers wirklich alle Gegenstände des Erblasservermögens auf einen Nachfolger übergehen 9 . 8 Vgl. jew. m.w.N. Staudinger/Börner, BGB, Bearb. 2000, Art. 25 E G B G B Rn. 19; PaBGB, landt/Heldrick, BGB, 61. A u f l . 2002, Art. 25 E G B G B Rn. 1 ff.; MünchKomm/Birk, 3. A u f l . 1998, Art. 25 E G B G B Rn. 188 f. - Kommt es (ausnahmsweise) zur Nachlassspaltung, so gibt es zwei verschiedene Erbfolgen in zwei verschiedene Nachlässe (Erman/Hohloch, BGB, 10. A u f l . 2000, Art. 25 E G B G B Rn. 37): Jedes Erbstatut befindet eigenständig über den Kreis der gesetzlichen Erben. Der Erblasser kann für jeden Spaltnachlass getrennt testieren. 9 Meincke, DStJG 10 (1987), 19 (30).

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§ 1

b) Unvererbbare

Universalsukzession

Gegenstände

V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e des E r b l a s s e r s , die unvererbbar

sind, g e h e n n i c h t a u f

d e n E r b e n ü b e r . D a s s es s o l c h e u n v e r e r b b a r e n G e g e n s t ä n d e g i b t , b e d e u t e t k e i n e E i n s c h r ä n k u n g der U n i v e r s a l s u k z e s s i o n , s o n d e r n die N i c h t v e r e r b b a r k e i t g e h ö r t z u r r e c h t l i c h e n S t r u k t u r des j e w e i l i g e n G e g e n s t a n d e s . U n i v e r s a l s u k z e s s i o n h e i ß t U b e r g a n g des g a n z e n ü b e r h a u p t v e r e r b b a r e n V e r m ö g e n s . I n s o f e r n ist es r i c h t i g , w e n n W i n d s c h e i d sagt, d e r E r b e e r h a l t e a u f G r u n d d e r U n i v e r s a l s u k z e s s i o n „ n i c h t n o t w e n d i g e r w e i s e das g a n z e V e r m ö g e n , a b e r n o t w e n d i g e r w e i s e das V e r m ö g e n als G a n z e s " 1 0 . O b ein G e g e n s t a n d v e r e r b b a r ist o d e r n i c h t , m u s s z u n ä c h s t a n h a n d des G e s e t z e s g e p r ü f t w e r d e n . F e h l t es an e i n e r e i n d e u t i g e n g e s e t z l i c h e n A u s s a g e , s o k a n n sich i m E i n z e l f a l l U n v e r e r b b a r k e i t aus d e m Z w e c k des j e w e i l i g e n V e r m ö gensgegenstandes oder dem Sinn der i h m zugrunde liegenden A b s p r a c h e n ergeb e n . D a s P r i n z i p d e r U n i v e r s a l s u k z e s s i o n h a t h i e r i n s o f e r n A u s w i r k u n g e n , als aus i h m eine Z w e i f e l s r e g e l e n t n o m m e n w e r d e n k a n n 1 1 : V e r m ö g e n s w e r t e R e c h te des E r b l a s s e r s s i n d i m Z w e i f e l v e r e r b b a r . D a s s f ü r n i c h t V e r m ö g e n s w e r t e R e c h t s v e r h ä l t n i s s e die u m g e k e h r t e , f ü r N i c h t v e r e r b b a r k e i t s p r e c h e n d e Z w e i felsregel gilt, s c h r ä n k t n i c h t die G e l t u n g des P r i n z i p s der U n i v e r s a l s u k z e s s i o n e i n , s o n d e r n f o l g t aus d e m in § 1 9 2 2 I B G B v e r w e n d e t e n W o r t „ V e r m ö g e n " . Beispiel 1: Infolge gesetzlicher Anordnung sind unvererbbar etwa das Vorkaufsrecht, soweit nicht ein anderes bestimmt und soweit es nicht auf bestimmte Zeit beschränkt ist (§ 473 B G B ) , der Nießbrauch an Sachen (§ 1061 B G B ) und an Rechten (§ 1068 II B G B ) , die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 II, 1061 B G B ) . Beispiel 2: Hat der berühmte Künstler K dem Erblasser versprochen, diesen gegen Zahlung von 50.000 D M zu porträtieren, so wird der Erbe nicht verlangen können, dass K nun ihn porträtiere. Denn mit dem Subjektwechsel würde die Leistung in ihrem Wesen verändert. Dies ist ein Beispiel für die ausnahmsweise ohne gesetzliche Regelung eintretende Nichtvererbbarkeit einer Vermögenswerten Rechtsposition. Die oben genannte Zweifelsregelung wird nicht verletzt, da die Auslegung der getroffenen Absprachen zu einem eindeutigen Ergebnis führt, ein Zweifel also gar nicht vorliegt. Beispiel 3: Ein Beispiel für die grundsätzliche Nichtvererbbarkeit nichtvermögenswerter Rechtspositionen lieferte die Rechtsprechung zum postmortalen Persönlichkeitsschutz. Nach der älteren Rechtsprechung gestaltete sich die Rechtslage hierzu wie folgt: Das Persönlichkeitsrecht erlosch mit dem Tod des Menschen. In Anbetracht des hohen, auch verfassungsrechtlich abgesicherten (Art. 2 I G G ) Ranges des Persönlichkeitsrechts anerkannte die Rechtsprechung jedoch - in Anlehnung an die speziellen postmortalen PersönlichkeitsWindscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 3, 9. Aufl. 1906, § 187 Anm. 5. Staudinger/Marotzke, B G B , Bearb. 2000, § 1922 Rn. 53; MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 17. Wegen der im Text genannten Zweifelsregel nicht ganz zutreffend Binder, Die Rechtsstellung des Erben, Teil 1, 1901, 11: „Universalsukzession ist ... die Rechtsnachfolge durch einheitlichen Erwerb; das universelle Moment an ihr ist die Succession, nicht ihr Objekt ... § 1922 soll daher nur besagen, dass der Erbe die einzelnen Bestandteile des Vermögens des Erblassers infolge einer einheitlichen causa als Ganzes erwirbt, ohne dass dabei die Frage, welches die Bestandteile dieses Ganzen sind, entschieden wäre". 10 11

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

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befugnisse der §§ 22 S. 3, 4 KunstUrhG 12 , 60 II, III, 83 III 2 UrhG 1 3 (vgl. auch § 77 II StGB 14 und § 2 III FeuerbestG 15 ) - neben dem strafrechtlichen Schutz aus § 189 StGB auch zivilrechtliche Unterlassungs- und Widerrufsansprüche gegen den Verletzer des Persön12 Nach § 22 S. 1 KunstUrhG dürfen Bilder „nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden". Gem. §22 S. 3 KunstUrhG bedarf es „nach dem Tode des Abgebildeten" bis „zum Ablauf von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten". Angehörige im Sinne dieser Norm sind „der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten, und wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten" (§ 22 S. 4 KunstUrhG). - Ob die Übergangsregelung des § 22 S. 3, 4 KunstUrhG auch für das Recht auf Vernichtung von widerrechtlich verbreiteten oder öffentlich zur Schau gestellten Bildnissen und den zu deren Vervielfältigung bestimmten Vorrichtungen (§ 37 KunstUrhG) und das Recht der Übernahme der Exemplare und Vorrichtungen gegen angemessenes Entgelt (§38 KunstUrhG) gilt oder ob hier erbrechtliche Universalsukzession eingreift, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich; doch wird man de lege lata konsequenterweise Ersteres annehmen müssen. Auch bei § 22 S. 3,4 KunstUrhG geht eine (formlose) Wahrnehmungsbestimmung des Erblassers vor. Der Erblasser kann ferner einen Dritten für die Zeit nach seinem Tod zur Entscheidung über die Einwilligung gem. § 22 S. 1 KunstUrhG bevollmächtigen, OLG München, NJW 2002, 305 („Lebenspartnerschaft"); ein Widerruf der Vollmacht durch die Erben dürfte ausgeschlossen sein, soweit es um die ideellen Interessen der Persönlichkeit geht. 13 § 60 UrhG steht unter der Abschnittsüberschrift „Schranken des Urheberrechts". Nach § 60 I UrhG darf der Besteller eines Bildnisses dieses vervielfältigen oder vervielfältigen lassen und die Vervielfältigungsstücke unentgeltlich verbreiten. Nach § 60 II UrhG stehen bei einem auf Bestellung geschaffenen Bildnis die gleichen Rechte dem Abgebildeten, nach seinem Tod seinen Angehörigen zu. Nach § 60 III UrhG sind Angehörige im Sinne von § 60 II UrhG der Ehegatte und die Kinder oder, wenn weder ein Ehegatte noch Kinder vorhanden sind, die Eltern. - § 83 UrhG gehört zu den Regeln über den „Schutz des ausübenden Künstlers". Nach § 83 I UrhG hat der ausübende Künstler das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seiner Darbietung zu verbieten, die geeignet ist, sein Ansehen oder seinen Ruf als ausübender Künstler zu gefährden. Nach § 83 III 1 UrhG erlischt das Recht mit dem Tod des ausübenden Künstlers, jedoch erst 25 Jahre nach der Darbietung, wenn der ausübende Künstler vor Ablauf dieser Frist verstorben ist. § 83 III 2 UrhG lautet: „Nach dem Tode des ausübenden Künstlers steht das Recht seinen Angehörigen (§ 60 Abs. 3) zu." 14 Antragsberechtigung bei Tod des Verletzten: Ehegatten, Lebenspartner und Kinder; bei deren Fehlen oder Vorversterben die Eltern; bei deren Vorversterben die Geschwister und Enkel. Das Antragsrecht geht nicht über, wenn die Verfolgung dem erklärten Willen des Verletzten widerspricht. Nach § 77 IV StGB kann, wenn mehrere antragsberechtigt sind, jeder den Antrag selbständig stellen. 15 Das öffentlich-rechtliche Bestattungswesen und die von diesem (auch) geregelten öffentlich-rechtlichen Pflichten von Privatpersonen richten sich nach dem teilweise als Landesrecht fortgeltenden FeuerbestG vom 15.5.1934 (RGBl. I S. 380) sowie den entsprechenden Bestattungsgesetzen der Länder. Danach müssen die „Angehörigen" für die Bestattung sorgen. Und zwar haben nach § 2 III FeuerbestG das Entscheidungsrecht: der Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Geschwister und deren Kinder sowie der Verlobte (der Wille des Ehegatten geht dem der Verwandten, der der Kinder oder ihrer Ehegatten dem der übrigen Verwandten, der der näheren Verwandten dem der entfernteren Verwandten oder des Verlobten vor). Nach Bad.-Württ. BestG z.B. entscheiden: der Ehegatte vor den volljährigen Kindern des Erblassers, diese vor dessen Eltern, Großeltern, volljährigen Geschwistern und Enkelkindern (mit Vorrang der jeweiligen Gruppe vor der nächsten); vgl. etwa §§31, 21 I Nr. 1 Bad.-Württ. BestG. - Auch „Totensorge" kann im weitesten Sinne zur „Nachfolge" gerechnet werden, da der Erblasser (mit Vorrang vor den Angehörigen) über die entsprechenden Fragen bindend entscheiden kann.

8

§ 1

Universalsukzession

lichkeitsbildes eines Verstorbenen 16 , die nicht aus dem eigenen Persönlichkeitsrecht der Hinterbliebenen flössen (von dessen Verletzung also auch nicht abhängig waren), sondern von diesen nur treuhänderisch wahrgenommen wurden. Diese Ansprüche standen jedoch nicht dem Erben zu. Sie konnten nur von demjenigen geltend gemacht werden, den der Verstorbene (formlos) dazu ermächtigt hatte, sowie 17 von den nächsten „Angehörigen" im Sinne der §§ 77 II StGB, 22 KunstUrhG, 60 III UrhG, wobei für das allgemeine Persönlichkeitsrecht von den meisten - die Rechtsprechung hatte sich nicht eindeutig festgelegt - die ausführliche Definition des Angehörigenbegriffs in § 77 II StGB bevorzugt wurde. Nach Rechtsprechung und h.M. handelte es sich beim Erwerb der Schutzansprüche nicht um Vererbung: Es kam daher nicht auf die Erbenstellung der nächsten Angehörigen an, und diese wurden durch ihr Wahrnehmungsrecht auch nicht zu Erben. Von einer Ausschlagung der Erbschaft blieb die Berechtigung zum Persönlichkeitsschutz unberührt. Auch wenn die Schutzberechtigten zugleich Erben waren, fielen die Schutzansprüche nicht in den Nachlass. Das Persönlichkeitsrecht erlosch nach der Rechtsprechung nicht, gleichzeitig aber verlor es nach dem Tod des Inhabers seinen Träger, sein Subjekt, und es gewann auch keinen neuen Träger, denn der Angehörige oder Ermächtigte sollte ja nur ein fremdes Recht treuhänderisch „wahrnehmen"; es konnte also im strengen Sinne nicht nur nicht von Vererbung, sondern auch nicht von erbfallbedingter Sondernachfolge gesprochen werden. Ansprüche auf Schadensersatz sollten auch bei schwerwiegenden Eingriffen in den postmortalen Achtungsanspruch nicht gegeben sein; dies folge, so sagte man, bereits aus der Funktion der Entschädigung, die dem Betroffenen in erster Linie eine Genugtuung für die ihm zugefügte Verletzung seiner Persönlichkeit verschaffen soll - eine Funktion, die eine von den Hinterbliebenen geltend gemachte Entschädigung wegen eines verletzenden Angriffs auf das Ansehen eines Verstorbenen nicht erfüllen könne 18 ; bisweilen befürchtete man auch, die Zubilligung einer Entschädigung in Geld werde dazu führen, dass das Persönlichkeitsrecht von den Hinterbliebenen als eigene Verdienstquelle missbraucht werde 19 . - In einer grundlegenden Entscheidung vom 1.12.1999 20 hat der B G H seine bisherige Rechtsprechung, vereinzelte frühere Äußerungen systematisch entfaltend, erheblich modifiziert. Danach dienen das durch § 823 I B G B („sonstiges Recht") geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Erscheinungsformen, wie das Recht am eigenen Bild und das Namensrecht, dem Schutz nicht nur ideeller, sondern auch kommerzieller Interessen der Persönlichkeit. Auch beim Tod des Rechtsinhabers ist zwischen den ideellen und den Vermögenswerten Bestandteilen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der besonderen Persönlichkeitsrechte zu unterscheiden: Für die ideellen Bestandteile bleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung. Sie sind nicht vererblich, werden von den Angehörigen oder den vom Erblasser formlos bestimmten Personen treuhänderisch wahrgenommen, führen

16 BGHZ 15, 249 (259); BGHZ 50, 133 (137) („Mephisto"); BGH, LM GG Art. 5 Nr. 37 = NJW 1974, 1371; BGH, LM GG Art. 1 Nr. 36 („Unbefugte Namensverwendung zur Werbung"); BGHZ 107, 384 = JZ 1990, 37 („Emil Nolde"); BGH, NJW 1996, 593 („Abschiedsmedaille Willy Brandt"); OLG Köln, NJW 1999, 1969 („Wahlspotwerbung mit grober Entstellung des Lebensbildes"). BVerfGE 30, 173 (194) = NJW 1971, 1645 (1647) („Mephisto"). 17 In BGH, WRP 1984, 681 („Frischzellen-Therapie") scheint der BGH beide, sowohl Angehörige wie vom Erblasser Ermächtigte, für klagebefugt zu halten; kritisch Stein, FamRZ 1986, 7(15). 18 BGH, NJW 1974, 1371 („Fiete Schulze"). War das Persönlichkeitsrecht des Erblassers bereits zu dessen Lebzeiten verletzt worden, vererbt sich ein Schadensersatzanspruch nach allgemeinen Regeln. 19 So die Vorinstanz in BGHZ 143, 214 = BGH, NJW 2000, 2195 („Marlene Dietrich I"). 20 BGHZ 143, 214 (220 ff.) = NJW 2000, 2195 (2197 ff.) („Marlene Dietrich I"). Vgl. auch die Parallelentscheidung BGH, NJW 2000, 2201 („Marlene Dietrich II").

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

9

lediglich zu Ansprüchen auf Unterlassung und Widerruf, und dies auch nur bei „schwerwiegenden" 21 und „groben" 22 „Entstellungen" des fortwirkenden Lebensbildes der Persönlichkeit (Verletzungen seines Achtungsanspruchs). Die Vermögenswerten Bestandteile sind jedoch vererblich, sie gehen auf den oder die (gesetzlich oder vom Erblasser unter Wahrung erbrechtlicher Formen berufenen) Erben über, sie führen für den Erben als echten Rechtsinhaber zu Ansprüchen auf Unterlassung und Widerruf, aber auch auf Schadensersatz in Geld, und dies Letztere nicht nur bei schwerwiegender Beeinträchtigung, sondern schon bei einfach schuldhafter Verletzung des Rechts, ganz genauso „wie bei der Verletzung anderer vermögenswerter Ausschließlichkeitsrechte" 23 . Freilich ist damit für den Erben kein uneingeschränktes positives Benutzungsrecht verbunden; vielmehr darf der Erbe die nach dem Tod fortbestehenden Vermarktungsmöglichkeiten nur unter Berücksichtigung des erblasserischen Willens nutzen 24 , wobei offen bleibt, ob es zur Äußerung dieses Willens erbrechtlicher Form bedarf. Der Schutz der Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts reicht zeitlich nicht über den der ideellen Bestandteile hinaus. Einen Anhaltspunkt sieht der B G H insofern in der Zehn-Jahres-Frist des § 22 S. 2 KunstUrhG, wobei er ausdrücklich offen lässt, ob ein längerer Schutz der kommerziellen Interessen dann in Betracht zu ziehen ist, wenn und soweit sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ausnahmsweise ein längerer Schutz ideeller Interessen ergibt 25 . Werden die Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts somit vererbt, so „bleiben sie doch zur Wahrung der ideellen Interessen des Rechtsträgers untrennbar mit den unveräußerlichen höchstpersönlichen Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts verknüpft. Denn durch die kommerzielle Verwertung werden häufig auch die Befugnisse berührt, die den Angehörigen (§ 22 S. 2 K U G ) oder sonstigen Wahrnehmungsberechtigten zustehen" 26 . Insofern stelle sich die Lage nicht anders dar als beim Urheberrecht, wo ebenfalls die auf den Schutz der ideellen Interessen gerichteten urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse (§§ 11 ff. UrhG) häufig nicht in derselben Hand lägen wie die Nutzungsrechte und wo daher Nutzungen, durch die auch in urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse eingegriffen wird, nicht nur der Zustimmung des Nutzungsberechtigten, sondern auch des Inhabers des Urheberpersönlichkeitsrechts bedürfen. „Nicht anders verhält es sich, wenn beispielsweise das Bildnis des Verstorbenen für kommerzielle Zwecke verwendet werden soll: Hier ist die Zustimmung sowohl des Erben als des Inhabers der Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts als auch der Angehörigen erforderlich (§ 22 S. 3 KUG). Ebenso können durch eine kommerzielle Verwendung von Persönlichkeitsmerkmalen die durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützten ideellen Interessen des Verstorbenen tangiert sein mit der Folge, dass der Wahrnehmungsberechtigte gegen eine solche Verwendung trotz Zustimmung der Erben einschreiten könnte." 2 7

21 BGHZ 107, 384 (391) = JZ 1990, 37 (38) (noch möglich, wenn mehr als 30 Jahre nach dem Tod eines bekannten Malers eine Fälschung mit der gefälschten Signatur des Künstlers in den Verkehr gebracht wird); BGHZ 143, 214 (223) = NJW 2000, 2195 (2198) („Marlene Dietrich I"). 22 BGHZ 50, 133 (137). 23 BGHZ 143, 214 (228) = NJW 2000, 2195 (2200). 24 BGHZ 143, 214 (226) = NJW 2000, 2195 (2199). 25 BGHZ 143, 214 (227 f.) = NJW 2000, 2195 (2199). 26 BGHZ 143, 214 (226 f.) = NJW 2000, 2195 (2199). 27 BGHZ 143, 214 (227) = N J W 2000, 2195 (2199). Vgl. etwa BGH, WRP 1984, 681 („Frischzellen-Therapie"): Vertrieb von Kosmetikartikeln mit der falschen Behauptung, diese seien „nach Erkenntnissen der Frischzellen-Therapie von Prof. Niehaus" entwickelt, stellt eine schwerwiegende Beeinträchtigung des postmortalen Achtungsanspruchs dar, die den Angehörigen und (!) den vom Erblasser Ermächtigten zur Geltendmachung eines Unterlassungs-

10 c) Übergang der

§ 1

Universalsukzession

Rechtsverhältnisse

Auf den Erben gehen nicht nur die einzelnen subjektiven Rechte über, sondern die Rechtsverhältnisse, in denen der Erblasser stand, als Ganze, also die Schuldund sonstigen Rechtsverhältnisse im weiteren Sinne. Beispiel 4: Erblasser E hat dem K am 2.1. eine Maschine zum Preis von einer Million D M verkauft und sie ihm unter Eigentumsvorbehalt übereignet. Am 3.1. stirbt E. Auf seinen Erben X gehen am 3.1. nicht nur das (Vorbehalts-)Eigentum an der Maschine, der (mittelbare) Besitz an ihr (§ 857 B G B ) und der Kaufpreiszahlungsanspruch aus § 433 II B G B über, sondern auch alle gegenwärtigen und künftigen Positionen aus dem Schuldverhältnis „Kaufvertrag". X kann demnach, wenn K zum Fälligkeitszeitpunkt nicht zahlt, mahnen (wodurch er Verzugsansprüche erwirbt), eine Nachfrist setzen (wodurch er bei deren erfolglosem Ablauf einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 I, III, 281 I 1 Alt. 1 B G B erwirbt), bei Rücktritt nach § 323 I B G B neben der (als gesetzliche Rechtsfolge) eintretenden (h.M.) Befreiung von der eigenen Leistungspflicht und dem (aus § 346 I B G B folgenden) Rückgewährunganspruch Schadensersatz statt Leistung (§§ 325, 280 1,281 1 1 Alt. 1 B G B ) verlangen, wenn K die Maschine nach dem Erbfall beschädigt hat, usw.

d) Werdende und schwebende

Rechtsbeziehungen

Der Erbe rückt auch in noch werdende oder schwebende Rechtsbeziehungen ein. Entscheidend ist allein, dass diese sich in der Person des Erblassers selbst hätten verfestigen können. Beispiel 5: K hat dem E in einem am 2.1. bei E eingehenden Brief angeboten, eine Maschine des E zu dem (über dem objektiven Wert liegenden) Preis von 100.000 DM zu kaufen. Am Abend des 2.1. stirbt E. Er wird von X beerbt. K erfährt vom Tod des E, ruft am Morgen des 3.1. den X an und widerruft sein Angebot. X dagegen erklärt am Telefon, dass er das Angebot annehme. - Ein Schuldverhältnis zwischen E und K war vor dem Erbfall noch nicht zustande gekommen, eine Forderung gegen K hatte E noch nicht erworben. Doch war K gem. §§ 145, 147 II B G B dem E gegenüber an sein Angebot gebunden. Diese aus der Bindung des K resultierende günstige Position des E vererbt sich auf X . K bleibt X gegenüber genauso lange an sein Angebot gebunden, wie er es E gegenüber gewesen wäre. Es bedarf zur Begründung dieses Ergebnisses durchaus nicht der Annahme, dass E mit Zugang des Angebots ein (vererbbares) „Gestaltungsrecht" erworben habe. Im konkreten Fall war der Widerruf des K unwirksam, mit Annahme durch X kam der Kaufvertrag über die Maschine wirksam zustande28. Beispiel 6: K tritt an E eine künftige Forderung ab. E stirbt und wird von X beerbt. K tritt die Forderung noch einmal ab, und zwar an Z. Die antizipiert abgetretene Forderung entsteht. - X wird Inhaber der Forderung. Er genießt alle Vorteile, die dinglich mit der antizianspruchs berechtigen. Nach der neuen Rspr. muss zusätzlich der Erbe als zur Erhebung der Unterlassungsklage berechtigt angesehen werden; Schadensersatz kommt freilich auch für den Erben hier nicht in Betracht, da die Werbeaussage unrichtig war und die Verwendung unrichtiger Werbeaussagen kein den Erben zugewiesenes Ausschließlichkeitsrecht darstellt. 28 Ahnlicher Fall: Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht hat im Namen des Erblassers einen Vertrag geschlossen. Hat der Erblasser vor seinem Tod den Vertrag weder genehmigt noch die Genehmigung endgültig abgelehnt, so kann der Erbe die Entscheidung über die Genehmigung treffen (§ 177 BGB).

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

11

pierten Zession verbunden sind. Die anderweitige Verfügung des K ist unwirksam, auch wenn sie erst nach dem Erbfall vorgenommen wurde. Es kann nichts anderes gelten, als wenn E noch leben würde.

e) Ubergang der

Nachlassverbindlichkeiten

Seit In-Kraft-Treten des B G B ist umstritten, ob sich auch der Übergang der Verbindlichkeiten des Erblassers aus § 1922 I B G B ergibt 29 oder ob dieser (im Ergebnis unzweifelhafte) Übergang erst durch § 1967 B G B bewirkt wird, § 1922 I B G B selbst also nur den Übergang des Aktivvermögens meint 30 . In Beziehung auf das Prinzip der Universalsukzession betrachtet verbergen sich hinter diesem Meinungsstreit sogar drei verschiedene Ansichten: Nach der einen hat das Gesetz die Universalsukzession abschließend in § 1922 I B G B geregelt und erfasst diese Norm auch das Passivvermögen. Nach der zweiten wird das Passivvermögen von § 1922 I B G B nicht erfasst, doch gehört der in § 1967 I B G B angeordnete Passivenübergang ebenfalls zur Universalsukzession, zu deren Regelung der Gesetzgeber demnach zwei Paragraphen benötigt hat 31 . Nach der dritten Auffassung schließlich erfasst § 1922 I B G B die Passiven nicht und hat auch der in § 19671 B G B angeordnete Passivenübergang nichts mit der Universalsukzession als solcher zu tun, die lediglich als ein „adquirere per universitatem" verstanden wird32. Diesen Streit zu entscheiden, ist nicht etwa wegen der Existenz des § 1967 B G B müßig. Denn wenn auch der Passivenübergang als solcher von niemandem bezweifelt wird, so muss es doch auf das Verständnis des Passivenübergangs abfärben, je nachdem, ob man ihn aus dem Prinzip der Universalsukzession her denkt oder nicht. So kann für die dritte Ansicht die in § 19671 B G B angeordnete Haftung naturgemäß nur etwas zur Nachfolge in die Rechte des Erblassers rein äußerlich Hinzutretendes sein, eine bloße Belastung des ererbten (Aktiv-)Vermögens, die diesem gewissermaßen wie eine Reallast anhaftet.

29 So die h.M.: RGZ 61, 76 (78); RGZ 95,12 (14); BGHZ 32, 367 (369); Planck/Flad, BGB, 4. Aufl. 1930, §1922 Anm. 2a; Palandt/Edenhofer, B G B , 61. Aufl. 2002, §1922 Rn. 12; RGRK/Kregel, B G B , 12. Aufl. 1975, § 1922 Rn. 10; Soergel/Stein, B G B , 12. Aufl. 1992, § 1922 Rn. 12; MünchKomm/Leipold (Fn. 5), §1922 Rn. 15; Jauernig/Stürner, B G B , 9. Aufl. 1999, § 1922 Rn. 1 ff.; Brox, Erbrecht, 18. Aufl. 2000, Rn. 10; Strohal, Das deutsche Erbrecht auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. 1, 3. Aufl. 1903, § 1 II (S. 14 ff.); Windel (Fn. 5), 207 ff. Offen Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl. 2001, § 5 II 2 (S. 86 f.). Vgl. bereits Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 1, 1840, 376. 30 Erman/Schlüter, B G B , 10. Aufl. 2000, § 1922 Rn. 6; Staudinger/Boehmer (Fn. 5), § 1922 Rn. 69 ff.; Kipp/Coing (Fn. 5), §91 II 2 (S. 501 f.); Schlüter, Erbrecht, 14. Aufl. 2000, Rn.40; Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung im B G B , 1973, 76; Binder (Fn. 11), 7-22; Siber, Erbrecht, 1928, §1 II 1. 31 So Kipp/Coing (Fn. 5), §91 II 2 (S.502): Das B G B lege den Grundsatz der Universalsukzession zugrunde und ziehe daraus in § 1922 I B G B die Folgerung für die Rechte, in § 1967 B G B für die Verbindlichkeiten des Erblassers. 32 So die meisten der in Fn. 30 Genannten.

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§ 1

Universalsukzession

Richtig ist die erste Ansicht. Zwar versteht das B G B sonst unter dem Wort „Vermögen" meist nur das Aktivvermögen 33 . Doch in § 1922 I B G B muss der Zusatz „als Ganzes" 3 4 und die Bezeichnung des übergehenden Vermögens als „Erbschaft" zu einer erweiternden, auch die Passiven umfassenden Interpretation des Vermögensbegriffs führen 35 . § 1967 I B G B wird durch die hier verteidigte Ansicht nicht überflüssig. Denn er bekräftigt die „persönliche" Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten, die so lange fortdauert, bis gem. §§ 1975 ff. B G B auf Grund einer vom Erben oder einem Nachlassgläubiger eingeleiteten Maßnahme Haftungsbeschränkung eintritt. Für die erste Ansicht spricht ferner, dass es zumindest theoretisch Fälle geben kann, in denen der Erblasser keine Rechte, sondern nur Verbindlichkeiten hinterlässt, und dass es ohne Zweifel auch in diesen Fällen zur Beerbung kommt 3 6 , also zumindest ein „Erbe" existieren muss, auf den das „Vermögen" des Erblassers „als Ganzes" übergeht. Darüber hinaus können bei Rechtsverhältnissen, die als dauernde oder noch nicht abgewickelte durch den Erbfall betroffen werden, Rechte und Belastungen, Forderungen und Verpflichtungen oft nicht genau auseinander gehalten werden 37 . Da schon auf der Aktivenseite nicht nur das einzelne bereits existierende subjektive Recht, sondern der gesamte Organismus des Schuldbzw. Rechtsverhältnisses nach § 1922 I B G B übergeht [s.o. § 1 II 1 c) u. d)], wäre es mehr als merkwürdig, wenn die ebenfalls zu diesem Organismus gehörenden Verbindlichkeiten nicht auch schon nach § 1922 I B G B übergehen würden. Gegen die zweite der oben dargestellten Ansichten spricht, dass ihr ein äußerliches Verständnis von Universalsukzession zugrunde liegt: Zur Universalsukzession gehört nach ihr auch der Übergang der Schulden. Aber dass dieser Ubergang sich „als Ganzes" vollzieht, sowohl innerhalb der Schulden wie auch im Verhältnis zu den Aktiven, darüber sagt weder der Wortlaut von § 1967 B G B etwas noch, dem entsprechend, die genannte Theorie. Dass § 1922 I B G B auch die Verbindlichkeiten des Erblassers umfasst, hat in der Sache zwei wichtige Konsequenzen: Da die Schulden auf die Erben übergehen, und zwar nicht bloß als auf dem Aktivenerwerb ruhende Last, als Minderung des Erwerbs, sondern originär, ohne Rücksicht auf den Erwerb, ja selbst bei fehlendem Aktivenerwerb, haftet der Erbe für diese Schulden des Erblassers nicht nur mit dem Nachlass, sondern, vorläufig jedenfalls (§§ 1975 ff. B G B ) ,

Beispiele: §§ 419 II 1 B G B a.F., 1085 BGB. Weitere Beispiele bei Binder (Fn. 11). Gegen dieses Wortlautargument ausdrücklich Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 5 Fn. 29, aber im Widerspruch zu den eigenen Ausführungen in § 5 II 2 a) (S. 86), wo aus den Worten „als Ganzes" auf den Ubergang des gesamten Aktivvermögens geschlossen wird. 35 Münch Komm/Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 15; Strohal (Fn. 29), § 1 II 2 (S. 15). 3 6 Das Argument zuerst bei Strohal (Fn.29), § 1 II 2 a) (S. 15 f.); ebenso RGRK/Kregel (Fn. 29), § 1922 Rn. 10; Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 5 II 2 b) (S. 87). 37 Planck/Flad (Fn.29), §1922 Anm. 2; RGRK/Kregel (Fn.29), §1922 Rn. 10; Lange/ Kuchinke (Fn. 29), § 5 II 2 b) (S. 87); Windel (Fn. 5), 209. 33

34

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

13

persönlich mit seinem eigenen Vermögen 38 . Diese persönliche Haftung ergibt sich bereits aus dem in § 1922 I BGB verankerten Grundsatz der Universalsukzession, nicht erst aus § 1967 I BGB, der vielmehr nur eine Bekräftigung und Klarstellung und nicht die erstmalige Festsetzung dieser schon in der erbrechtlichen Fundamentalnorm angeordneten Rechtsfolge enthält 39 . Die Haftung des Erben ist Konsequenz nicht des Aktivenübergangs, sondern des Schuldenübergangs. Die zweite Konsequenz besteht darin, dass der Erbe entgegen dem missverständlichen Wortlaut des § 19671 BGB für die Verbindlichkeiten des Erblassers nicht nur „haftet", sondern dass er deren Erfüllung auch „schuldet" 40 , dass es sich also bei § 1967 I BGB nicht etwa um eine Haftung ohne Schuld handelt. Beispiel 7: E schuldet dem G 100.000 D M . E stirbt und wird von X beerbt. X nimmt die Erbschaft einen Monat nach dem Erbfall an. Zwei Monate nach dem Erbfall mahnt G gegenüber X die Bezahlung seiner F o r d e r u n g an. X kann die Nachlassverhältnisse noch nicht genau überblicken, macht von der Einrede des § 2014 B G B Gebrauch und zahlt erst fünf Monate nach dem Erbfall. G verlangt von X Ersatz seines Verzugsschadens (§§ 280 I, II, 286 BGB) sowie Verzugszinsen f ü r drei Monate (§ 288 BGB). - Die F o r d e r u n g des G ist begründet. Die Schuld des E war auf X übergegangen, und zwar in dem Sinne, dass dieser Zahlung der 100.000 D M „schuldete". Verletzt der Erbe eine Erblasserschuld, so sind die aus einer solchen Pflichtverletzung resultierenden Ersatzpflichten sog. Nachlasserbenschulden, f ü r die der Erbe endgültig unbeschränkbar mit seinem Eigenvermögen haftet 4 1 . Für die ersten drei Monate des Verzugs gilt nicht etwa wegen § 2014 B G B etwas anderes; denn diese N o r m hat nach h.M. keine materiellrechtlichen Wirkungen 4 2 .

f ) Werdende Passiven / Schwebende

Negativverfügungen

Auch für die Passiven des Nachlasses gilt, was oben für die Aktiven festgestellt wurde: Der Erbe rückt nicht nur in bereits bestehende Verbindlichkeiten nach, sondern auch in noch werdende oder schwebende belastende Positionen sowie in die Belastung mit Gestaltungsrechten der Gegenseite. Das folgt eben daraus, dass der gesamte Organismus des Schuld- bzw. Rechtsverhältnisses auf den Erben übergeht. Beispiel 8: E hat beim Abschluss eines Kaufvertrages seinen Vertragspartner P arglistig getäuscht. D e r Vertrag wird durchgeführt. E stirbt und wird von X beerbt. - P kann den Vertrag durch Erklärung gegenüber X nach § 123 BGB wirksam anfechten u n d erwirbt dadurch einen gegen X gerichteten Bereicherungsanspruch. Es handelt sich u m eine Erblas38 A.A. einerseits Windel (Fn. 5), 212 (der Haftungsmodus sei durch die Stellungnahme im Streit um den Passivenübergang in keiner Weise vorgegeben) und andererseits Boehmer, RGFestgabe, Bd. 3, 1929, 216 (239 ff., 259 f.: Die Behandlung der Verbindlichkeiten als negative Vermögensbestandteile müsse zwingend zur summenmäßig beschränkten Haftung führen). 39 Anders viele, vgl. etwa MünchKomm/Siegmann, BGB, 3. Aufl. 1997, § 1967 Rn. 1. 40 O b sich an der „Schuld" des Erben etwas ändert, wenn dieser von seinem Recht zur Beschränkung der „Haftung" Gebrauch macht, ist Str., vgl. etwa Windel (Fn. 5), 206, 209 ff. 41 Lange/Kuchinke H.M., vgl. nur MünchKomm/Siegmann (Fn. 39), §1967 Rn. 28; (Fn. 29), § 47 II 1 c) (S. 1194); Schlüter (Fn. 30), Rn. 1065. 42 Vgl. die Nachw. (auch zur Gegenansicht) bei MünchKomm/Siegmann (Fn. 39), §2014 Rn. 5.

14

§1

Universalsukzession

serschuld (§ 1967 II Alt. 1 BGB), für die der Erbe die Haftung auf den Nachlass beschränken kann. Beispiel 9: Frau F begeht Selbstmord durch Offnen des Gashahnes. Nach Eintritt ihres Todes zerstört eine Gasexplosion das ganze Gebäude 43 . Die Schadensersatzansprüche geschädigter Dritter (§ 823 BGB) richten sich, obwohl erst nach dem Erbfall entstanden, gegen den Erben der F. Es handelt sich um Erblasserschulden (§ 1967 II Alt. 1 BGB), für die der Erbe die Haftung auf den Nachlass beschränken kann (§§ 1975 ff. BGB). Beispiel 10: E schließt mit B, seinem Bruder, einen Gesellschaftsvertrag ab, demgemäß sich E am Unternehmen des B als stiller Gesellschafter beteiligt. Später tritt E den künftigen Auseinandersetzungsanspruch aus seiner stillen Beteiligung in Höhe eines Teilbetrags an seine Ehefrau F ab. E stirbt und wird von seinen Kindern beerbt. B kündigt die Gesellschaft und leistet Zahlungen an die Erben. Diese werden teilweise von F beansprucht 44 . - Bei der von E teilweise abgetretenen Forderung handelte es sich um den künftigen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens, der mit der Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses entsteht. Der Abtretungsempfänger, hier die F, erwirbt den Auseinandersetzungsanspruch in Höhe des abgetretenen Betrages, sobald die Voraussetzungen für das Entstehen dieses Anspruchs in der Person des Erben erfüllt sind. Der Erbe ist hinsichtlich solcher vermögensrechtlichen Ansprüche, die aus einer im Wege der Erbfolge übergegangenen Gesellschaftsbeteiligung 45 erwachsen, in gleicher Weise wie der Erblasser gebunden, da er als dessen Gesamtrechtsnachfolger in sämtliche vermögensrechtliche Beziehungen einschließlich der noch schwebenden oder in der Entstehung begriffenen Rechtsbeziehungen des Erblassers eintritt. Beispiel 11: E räumt ihrem Neffen N im Dezember 1979 ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht über ihr Grundstück zum festen Preis von 200.000 DM ein; zur Sicherung der künftigen (bei Ausübung des Vorkaufsrechts entstehenden) Forderung des N wird im Januar 1980 eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Im April 1996 bietet E das Grundstück in notarieller Urkunde, befristet bis zum 31.12.1996, dem K für 300.000 DM zum Kauf an. E stirbt am 19.9.1996; ihr Alleinerbe ist N. K akzeptiert die Offerte am 17.12.1996 in notarieller Urkunde; für den Anspruch des K auf Auflassung des Grundstücks wird am 21.1.1997 eine Vormerkung eingetragen. N erklärt am 17.1.1997 die Ausübung seines Vorkaufsrechts in gleichlautenden Schreiben an den Notar und an K. Am 21.1.1997 wird N als neuer Eigentümer qua Alleinerbfolge ins Grundbuch eingetragen 46 . - N hat gegen K keinen Anspruch (aus § 888 I BGB) auf Bewilligung der Löschung seiner Auflassungsvormerkung. Mit dem Tod der E wurde N Eigentümer des Grundstücks und rückte er in die Position der Vormerkungs-"Verpflichteten" nach. Sich selbst gegenüber konnte N schon aus formalen Gründen die Ausübungserklärung des § 464 I 1 BGB nicht abgeben. Selbst wenn man dies anders sähe, konnte N doch auf keinen Fall einen Kaufvertrag mit sich selbst zustande bringen; denn ein Vertrag setzt Personenverschiedenheit voraus. Selbst wenn man auch dies anders sähe, so wäre der Vertrag auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet - N war doch schon Eigentümer und daher von Anfang an nicht zur Übereignung ver-

Vgl. den Fall des Schweizerischen Bundesgerichts in BGE 103 II 330. Fall von BGH, FamRZ 2001, 353 = ZEV 2001, 68. 45 Beim Tod des stillen Gesellschafters kommt es unstr. nicht zu einer Sondererbfolge. 46 Fall von BGH, WM 2000, 582 = DNotZ 2001, 55 = JZ 2000, 679 m. Anm. Gebauer und Haubold (im Ergebnis dem BGH unter Hinweis auf § 185 II 1 Alt. 3 BGB zustimmend). Den BGH auch im Ergebnis ablehnend v. Olshausen, NotBZ 2000, 205; ders., NJW 2000, 2872; Flume, JZ 2000, 1159; Wacke, DNotZ 2001, 302; vgl. auch die Vorinstanz des Falles OLG Schleswig, NJW-RR 1999,1528. 43

44

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

15

pflichtet (§§ 275 I Alt. 2, 311 a I BGB). Da der durch die Vormerkung des N gesicherte Anspruch nicht entstand und nicht mehr entstehen kann, ist mit dem Erbfall auch die Vormerkung des N erloschen 47 . Selbst wenn man die genannten drei formalen Einwände nicht als durchschlagend erachten würde, müsste ein Anspruch des N gegen K aus § 888 I B G B verneint werden: N hatte materiell gar kein Recht, das Vorkaufsrecht auszuüben, da der „Vorkaufsfall" nicht eingetreten war. Als K die Offerte der E annahm, kam ein Kaufvertrag mit N (als dem Erben der E) zustande. Die Sache ist daher materiell so zu betrachten, wie wenn N zuerst geerbt und dann selber einen Kaufvertrag über das Grundstück mit K geschlossen hätte; in diesem Fall könnte auch keine Rede davon sein, dass jetzt der Vorkaufsfall eingetreten sei. Aber selbst wenn man eine Berechtigung des N annähme, sein Vorkaufsrecht auszuüben, bliebe es doch dabei, dass K seit Annahme der Offerte von N die Auflassung des Grundstücks verlangen kann (§ 433 I BGB), und zwar lastenfrei und damit unter Löschung seiner eigenen Vormerkung; denn die Ausübung des Vorkaufsrechts beseitigt nicht den mit dem Dritten geschlossenen Kaufvertrag 48 . Allgemeine Erwägungen des Inhalts, N könne nicht deshalb schlechter gestellt sein, weil er zusätzlich zu seinem Vorkaufsrecht die Erbenposition nach E erlangt habe oder weil er statt nur Miterbe bzw. Vorerbe Alleinerbe geworden sei, vermögen am Ergebnis nichts zu ändern 49 : Dass man durch Annahme der Erbschaft bisweilen seine Rechtsposition verschlechtert, ist nichts Ungewöhnliches. Dass man Alleinerbe wird, führt - durchaus sachgerecht - zu einer vollständigen Repräsentanz des Erblassers durch den einen Erben.

2. Einheit a)

des Erwerbssubjekts

(Unilinearität)

Allgemeines

D a s s das V e r m ö g e n des Erblassers „als G a n z e s " auf eine o d e r m e h r e r e andere P e r s o n e n ü b e r g e h t , bedeutet ferner, dass es n u r einen einzigen E r b e n o d e r eine einzige E r b e n g r u p p e gibt. D i e s e r einzige E r b e o d e r diese einzige E r b e n g r u p p e erwirbt „das G a n z e " des im E r b f a l l ü b e r h a u p t ü b e r g e h e n d e n E r b l a s s e r v e r m ö gens. D e r o d e r die E r b e n r ü c k e n ganz

alleine

in das E r b l a s s e r v e r m ö g e n nach.

D i e s e r A s p e k t der U n i v e r s a l s u k z e s s i o n hat seinerseits (mindestens) fünf Teilaspekte. b) Erster

Teilaspekt:

Keine

Pluralität

von

Erbfolgen

D i e E r b f o l g e ist nach d e m B G B für das ganze E r b l a s s e r v e r m ö g e n einheitlich. E s gibt grundsätzlich keine g e s o n d e r t e E r b f o l g e o r d n u n g -

j e n a c h der H e r k u n f t des V e r m ö g e n s ,

-

j e n a c h der N a t u r des einzelnen V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d e s .

47 Anders als im Fall BGH, NJW 1981, 446 geht es hier nicht um Wegfall der Vormerkung infolge Konfusion der gesicherten Forderung. Vor dem Tod der E hatte N noch keine Forderung gegen sie; was er hatte, war das (einseitige) Gestaltungsrecht des § 464 I BGB. 48 RGZ 121, 137 (138); BGHZ 67, 395 (397). 4 9 Die oben Fn. 46 zitierten Kritiker des B G H argumentieren an der Sache vorbei. Ihnen entgehen die besonderen Sachstrukturen des Erbrechts.

16

§ 1

Universalsukzession

A m d e u t l i c h s t e n d r ü c k t diesen Teilaspekt A r t . 7 3 2 des f r a n z ö s i s c h e n C o d e C i vil aus: „ L a loi ne c o n s i d è r e ni la n a t u r e ni l'origine des biens p o u r en régler la s u c c e s s i o n " ( D a s G e s e t z b e r ü c k s i c h t i g t w e d e r die N a t u r n o c h den U r s p r u n g d e r G ü t e r , u m die E r b f o l g e in dieselben z u b e s t i m m e n ) . D a s s hier a u c h a n d e r e L ö s u n g e n d e n k b a r sind, b e w e i s t die R e c h t s g e s c h i c h t e z u r G e n ü g e . So differenzierten in d e r V e r g a n g e n h e i t m e h r e r e E r b r e c h t e d a n a c h , o b die einzelnen G e g e n s t ä n d e d e r E r b s c h a f t aus d e r väterlichen o d e r d e r m ü t t e r l i c h e n F a m i l i e des E r b l a s s e r s s t a m m t e n . D i e erste G r u p p e v o n G e g e n ständen fiel i m E r b g a n g an die väterlichen, die z w e i t e G r u p p e an die m ü t t e r lichen V e r w a n d t e n : „ P a t e r n a paternis, m a t e r n a m a t e r n i s " 5 0 . B e s o n d e r s in der d e u t s c h e n R e c h t s g e s c h i c h t e finden sich z a h l r e i c h e R e c h t e , in d e n e n es für B o d e n u n d F a h r n i s , für L a n d - u n d S t a d t g r u n d s t ü c k e , f ü r allgemeines G u t u n d spezifisches M a n n e s g u t ( z . B . H e e r g e r ä t ) , für allgemeines G u t u n d spezifisches F r a u e n g u t jeweils v e r s c h i e d e n e E r b e n bzw. E r b e n g r u p p e n gab. O f t u n t e r l a g e n die e n t s p r e c h e n d e n V e r m ö g e n s m a s s e n nicht n u r einer je eigenen E r b f o l g e ; vielf a c h w a r e n sie a u c h in s o n s t i g e r H i n s i c h t ( e r b - ) r e c h t l i c h verselbständigt, s o e t w a , w a s die S c h u l d e n h a f t u n g anging. Historisches Beispiel: Nach dem preußischen A L R von 1794 (II, 1, §§ 501 ff., in Verbindung mit den preußischen Provinzialgesetzen und Statuten) gab es sechs verschiedene Sondererbfolgen (oder, genauer gesagt, erbfallbedingte Sonderrechtsnachfolgen, da die sechs Sondervermögensmassen nach der - sachlich freilich nicht überzeugenden - Terminologie des Gesetzes nicht zum Nachlass zählten): Lehen - Fideikommiss - Heergerät Gerade - Niftel - Erbschatz. Bei Lehen und Fideikommissen hatte der bisherige und jetzt verstorbene Inhaber in der Regel keinen Einfluss auf die Bestimmung des Nachfolgers; vielmehr ergab sich die Person des Nachfolgers (in der Regel durfte es nur einen Nachfolger geben) aus dem ursprünglichen, vielleicht Generationen zurückliegenden Errichtungsstatut (z.B. jüngster oder ältester männlicher Nachkomme des bisherigen Inhabers). Die Sondererbfolge wurde in diesen beiden Fällen nicht so sehr konstituiert durch die Natur der zu den entsprechenden Vermögensmassen gehörenden Gegenstände (obwohl es sich in der Hauptsache meist um Grundstücke handelte), sondern durch Herkunft und Errichtungsstatut. „Heergerät" (das beste Pferd, Degen, vollständiger Anzug, Bett, bei im wirklichen Kriegsdienst stehenden Personen auch militärische Ausrüstung usw.) hinterlässt nur eine Person männlichen Geschlechts, und zwar hinterlässt sie es dem nächsten Anverwandten von männlicher Seite und männlichem Geschlecht; durch gesetzliche Vorrangregelung bei gleichnaher Verwandtschaft ist sichergestellt, dass das Heergerät nur an eine Person fällt. „Niftel" (die ausschließlich zum weiblichen Gebrauch bestimmten Geräte, Kleidungsstücke, Wäsche und Kostbarkeiten, nebst den dazu gehörigen Behältnissen) hinterlässt nur eine Frau, und zwar hinterlässt sie sie derjenigen Person weiblichen Geschlechts, die mit ihr durch Frauen am nächsten verwandt ist. Sind mehrere Verwandte gleichen Grades vorhanden, erhalten diese die Niftel zu gleichen Teilen. Die „Gerade" (alles, was zur Niftel gehört, und zusätzlich alle Haushaltsgegenstände, alle Arten von Leinwand, die Vorräte an Esswaren) fällt an die überlebende Ehefrau aus dem Vermögen ihres verstorbenen Mannes. Die Nachfolge in Heergerät, Gerade und Niftel kann durch Verfügung von Todes wegen nicht geändert werden, doch lässt sich ihr Eintreten faktisch verhindern durch

50

Vgl. heute noch § 6 III HöfeO.

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

17

Geschäfte unter Lebenden (das Surrogationsprinzip gilt nicht). „Erbschatz" (ALR II, 1, §§ 276 ff.) ist dasjenige Vermögen, das Eltern, Verwandte und Freunde den Eheleuten zum Besten der aus der Ehe erzeugten Kinder zugewendet haben. Das Eigentum am Erbschatz fällt den Abkömmlingen aus dieser Ehe nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu (ALR II, 2, § 295). Nur das, was nicht Lehen, Fideikommiss, Heergerät, Gerade, Niftel, Erbschatz ist, gehört zum „Nachlass" des Verstorbenen und fällt nach den allgemeinen Regeln der Erbfolge an. Lehen und Fideikommiss haften nur für die auf sie bezüglichen Lehens- bzw. Fideikommissschulden; Heergerät, Niftel und Gerade dagegen für alle Nachlassverbindlichkeiten (ALR II, 1, § 522), doch sind die Schulden primär aus dem übrigen Vermögen, also dem Nachlass, zu tilgen. Anders als das allgemeine Vermögen des Erblassers (in der Terminologie des ALR: „der Nachlass") vollzieht sich der Erwerb von Heergerät, Gerade und Niftel zwar uno actu, aber nicht ipso iure; die betreffenden Objekte müssen vielmehr innerhalb eines Jahres in Anspruch genommen werden; anders bei Lehen, Fideikommiss und Erbschatz, für die das Prinzip des Vonselbsterwerbs ebenso gilt wie für den allgemeinen Nachlass. Auch das ALR kennt schon den „Voraus" des überlebenden Ehegatten (II, 1, §§ 628 f.); indessen lag hier nur ein gesetzlich angeordnetes Vermächtnis, nicht aber eine Spezialerbfolge in ein Vermögen vor, das sich von der Gesamtmasse loslöst51. A u c h die einer Spezialerbfolge unterliegenden Vermögensgruppen gingen geschlossen auf die jeweiligen E r b e n über, sodass sie im Ubergangsmodus und in der Einheitlichkeit von Übergangscausa und Ubergangszeitpunkt dem U b e r gang nach § 1922 I B G B entsprachen. Vielfach wird dieser erbrechtliche U b e r gang als „Sondererbfolge" bezeichnet und ihm als Gegensatzbegriff die „ G e n e ralerbfolge" gegenüber gestellt 5 2 . „Universalsukzession" sei demgegenüber der Gegensatzbegriff nicht zu „Sondererbfolge", sondern zu „Singularsukzession", denn auch alle Sondererbfolgen seien Fälle der Universalsukzession. Diese Terminologie mag unter rein technischen Gesichtspunkten angehen, solange man sich nur bewusst hält, dass das erbrechtliche „Prinzip der Universalsukzession" mehr beinhaltet als die b l o ß e Gleichzeitigkeit eines Übergangs „mehrerer" G e genstände, unter anderem eben gerade den grundsätzlichen Ausschluss v o n Sondererbfolgen.

c) Zweiter Teilaspekt: Keine Erbeinsetzung auf bestimmte (institutio ex re certa)

Gegenstände

N a c h dem B G B gibt es keine Erbeinsetzung auf bestimmte Gegenstände 5 3 . D a mit gilt für die gewillkürte E r b f o l g e derselbe G r u n d s a t z wie für die gesetzliche E r b f o l g e [s.o. § 1 II 2 b)]. D i e in § 2 0 8 7 I I B G B verwendeten W o r t e „im Z w e i fel" dürfen nicht missverstanden werden, so als o b ausnahmsweise auch eine Erbeinsetzung auf bestimmte Gegenstände möglich wäre; sie implizieren lediglich, dass in der Z u w e n d u n g einzelner Gegenstände durchaus auch die Einset-

51 Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reichs, Bd. 3, 1880, § 98 (S. 276 f.). 52 Zur Terminologie Heussler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, Bd. 2, 1886, 533. 53 Vgl. zum Problem Otte, NJW 1987, 3164.

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51

Universalsukzession

zung auf eine bestimmte E r b q u o t e liegen kann, und ermöglichen damit die Auslegung einer entsprechend formulierten Verfügung als Gesamtrechtsnachfolge. A u c h die A n o r d n u n g einer N a c h e r b f o l g e für einen Einzelgegenstand oder eine G r u p p e von Einzelgegenständen ist unzulässig 5 4 .

d) Dritter Teilaspekt: Kein

Vindikationslegat

E s gibt keinen unmittelbar wirkenden U b e r g a n g des Erblasservermögens oder v o n Teilen des Erblasservermögens auf einen N i c h t e r b e n 5 5 . Alles fällt zunächst dem einzigen E r b e n oder der einzigen E r b e n g r u p p e an. O r d n e t der Erblasser für einzelne Gegenstände seines Vermögens Vermächtnisse an, so wird dadurch für den Bedachten (Vermächtnisnehmer) nur „das R e c h t begründet, von dem B e s c h w e r t e n die Leistung des vermachten Gegenstandes zu f o r d e r n " ( § 2 1 7 4 B G B ) . D e r Vermächtnisnehmer erlangt E i g e n t u m am Vermächtnisgegenstand nicht schon mit dem Erbfall. Das Vermächtnis wirkt nicht dinglich, es gibt kein „Vindikationslegat" 5 6 . A u c h der Erblasser kann kein Vindikationslegat anordnen. Beispiel 12: Erblasser E setzt seinen Sohn X zu seinem Alleinerben ein. Seiner Freundin F vermacht er ein Hausgrundstück. - X erwirbt mit dem Erbfall das ganze Vermögen des E. Er wird auch Eigentümer des vermachten Hausgrundstücks. F hat gegen X einen obligatorischen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an dem Hausgrundstück. Zur Erfüllung dieses Anspruchs bedarf es der Auflassung (§§ 873 I, 925 B G B ) und der Eintragung im Grundbuch (§ 873 I BGB). Erfüllt X nicht freiwillig, muss F klagen und sich einen Titel besorgen. Mit diesem Titel ersetzt sie die Auflassungserklärung des X (§ 894 ZPO) und erwirkt sie die Eintragung im Grundbuch. - War E in Wahrheit, entgegen der Verlautbarung im Grundbuch, nicht Eigentümer des vermachten Grundstücks (ohne dass ihm dies bekannt war), so kann F 57 , wenn der Ubereignungstatbestand X / F nach den §§ 873,925 BGB in Ordnung ist, nach § 892 BGB gutgläubig Eigentum am Grundstück erwerben, da es sich für F um rechtsgeschäftlichen Erwerb handelt. Wäre dagegen auch das Vindikationslegat zulässig und hätte E der F das Grundstück im Wege eines Vindikationslegats vermacht, so hätte F nicht gutgläubig Eigentum erwerben können, da dann von den beiden grundlegenden Voraussetzungen jedes Gutglaubenserwerbs (rechtsgeschäftlicher Erwerb / Verkehrsgeschäft)58 die eine (rechtsgeschäftlicher Erwerb) gefehlt hätte; denn beim Vindikationslegat fällt der Vermächtnisgegenstand ipso iure an; zwar läge dem Vermächtnis eine Verfügung von Todes wegen und damit ein Rechtsgeschäft zugrunde; doch zielt dieses Rechtsgeschäft nicht „unmittelbar" auf den Eigentumsübergang ab59; die causa für die Staudinger/Behrends/Avenarius, BGB, 13. Bearb. 1996, §2100 Rn. 7. MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 59. 56 Einzige Ausnahme: Das Vorausvermächtnis an den alleinigen Vorerben (§2110 II BGB; BGHZ 32, 60, 61 f.) u. Landesrecht zu Art. 139 EGBGB [dazu Lange/Kuchinke - Fn.29 - , §2911 1 b) = S. 623], 57 Im Folgenden wird unterstellt, dass es sich nicht um ein Verschaffungsvermächtnis handelt. 58 Vgl. nur Medicus, Bürgerliches Recht, 18. Aufl. 1999, Rn. 547; Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl. 2002, § 892 Rn.2ff. 59 Das römische Recht verlangte für das Vindikationslegat Eigentum des Erblassers, vgl. etwa Windscheid/ Kipp (Fn. 10), § 646 (S. 641). Stand der Vermächtnisgegenstand nicht im Ei54 55

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

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Übereignung des Vermächtnisgegenstandes ergibt sich (sowohl beim Damnationslegat wie beim Vindikationslegat) aus einer „Legalobligation", nicht aus einer „Geschäftsobligation" 60 ; dasselbe müsste dann beim Vindikationslegat auch für den Eigentumsübergang selbst gelten, der qua lege und nicht qua negotio erfolgt. An dieser Konstellation zeigt sich somit, dass das Damnationslegat für den Vermächtnisnehmer durchaus auch Vorteile haben kann. Hätte E die F zur Miterbin eingesetzt und im Wege einer Teilungsordnung (§ 2048 BGB) ihr das Grundstück zugesprochen, so würde bei Erfüllung der Teilungsanordnung durch Vornahme des Erfüllungsgeschäfts [X und F] / F zwar ein Rechtsgeschäft, aber kein Verkehrsgeschäft vorliegen und damit gutgläubiger Erwerb wegen Fehlens der zweiten allgemeinen Voraussetzung ausscheiden; dasselbe gilt, wenn die Sache im Wege einer allgemeinen, d.h. nicht durch Teilungsanordnung vorgeprägten Erbauseinandersetzung von der Erbengemeinschaft auf einen der Miterben übertragen wird61. Erwirbt F somit bei der Erfüllung des Damnationslegats gutgläubig Eigentum, so bleibt es doch dabei, dass die Leistung an den Vermächtnisnehmer, obgleich in Erfüllung einer Verpflichtung erfolgt, als unentgeltlich zu betrachten und daher der Rückforderung aus §§ 816 I 2, 822 B G B ausgesetzt ist62. Beispiel 13: A ist Gläubiger einer Forderung gegen B. Er ordnet in seinem Testament u.a. folgendes Vermächtnis zugunsten des B an: „Meine Forderung gegen B soll bei meinem Tod erledigt sein." - Auch in diesem Fall erwirbt B mit dem Tod des A (§ 2176 BGB) lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben des A auf „Leistung des vermachten Gegenstandes" (§ 2174 BGB); die Schuld erlischt nicht etwa von selbst mit dem Erbfall63. Der Erbe kann die Leistung auf zwei verschiedene Arten erbringen: Entweder schließt er mit B einen Erlassvertrag (§ 397 BGB). Oder er tritt die Forderung an B ab (§ 398 BGB), wodurch sie, wegen Identität von Gläubiger und Schuldner, gleichfalls erlischt. Freilich liegt beim Befreiungsvermächtnis (legatum liberationis) doch insofern ein „unmittelbarer" Erwerb vor, als es zwar mit dem Erbfall nicht ipso iure zum Erlöschen der Schuld, aber doch ipso iure, kraft der Verpflichtung des Erben zur Aufhebung der Schuld, zur Entstehung einer Dauereinrede (Recht, die Leistung zu verweigern) kommt. § 1865 des ersten B G B - E n t w u r f s hatte das Vindikationslegat n o c h ausdrücklich und betont verworfen: „ D u r c h das Vermächtniß wird für den V e r m ä c h t n i ß n e h mer nur eine F o r d e r u n g gegen den Beschwerten auf Leistung des Gegenstandes des Vermächtnisses begründet (Vermächtnißanspruch). E i n unmittelbarer U e bergang des den Gegenstand des Vermächtnisses bildenden R e c h t e s auf den Vermächtnißnehmer findet auch dann nicht statt, wenn das R e c h t zum N a c h lasse g e h ö r t . " In der zweiten B G B - K o m m i s s i o n wurde der R e d a k t i o n s k o m gentum des Erblassers und war ihm dies bekannt, so konnte der Vermächtnisnehmer die Sache nur so fordern, wie sie war, d.h. er konnte Herausgabe des Besitzes verlangen, wenn der Beschwerte im Besitz war, aber er hatte weder einen Anspruch wegen Entwehrung noch überhaupt einen Anspruch, wenn der Beschwerte nicht im Besitz war. Wusste der Erblasser dagegen, dass die Sache im Eigentum eines Dritten stand, so war der Beschwerte verpflichtet, sie durch Erwerb vom Dritten dem Vermächtnisnehmer zu verschaffen (Windscheid/Kipp - F n . 1 0 - , § 6 5 4 = S . 673 f.). 60 Schubert, Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Erbrecht, Bd. 2, 1984, 705. 61 Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb. 1996, § 892 Rn. 64, 82. 62 v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, II/2, 1918, §74 III (S. 147). 63 RG, LZ 1914, 760 (761); BGH, LM § 137 (Cd) Nr. 14 = NJW 1964, 764.

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§1

Universalsukzession

mission die Streichung von Satz 2 erlaubt 6 4 , die dann auch zur Tat schritt und aus Satz 1 v o n § 1865 E 1 den heutigen § 2 1 7 4 B G B machte, aus dem die A b l e h nung des Vindikationslegats genügend erhellt. A u c h das Vorausvermächtnis (bei dem der Vermächtnisnehmer zugleich E r b e ist, § 2 1 5 0 B G B ) wirkt nicht dinglich 6 5 . Das gilt auch für gesetzliche Vorausvermächtnisse, wie etwa dasjenige des Ehegatten auf den Voraus (§ 1932 I B G B ) 6 6 : D e r Ehegatte b e k o m m t die z u m Voraus gehörenden Gegenstände vorweg und ohne A n r e c h n u n g auf seine E r b q u o t e . D o c h handelt es sich dabei w e der u m Sondererbfolge, n o c h um erbfallbedingte

Sonderrechtsnachfolge 6 7 ,

n o c h um ein Vindikationslegat. A u c h die z u m Voraus zählenden Gegenstände fallen in den Nachlass, gehen im Wege der Universalsukzession auf die E r b e n über. D e r Ehegatte hat gegen den E r b e n einen schuldrechtlichen A n s p r u c h auf Ü b e r t r a g u n g , dessen D u r c h s e t z u n g den allgemeinen Regeln folgt. D i e E r f ü l lung des Anspruchs erfolgt durch Rechtsgeschäft unter L e b e n d e n , w o b e i die dingliche Einigung ausreicht, wenn der Ehegatte bereits den Besitz einer beweglichen Sache innehat 6 8 . D e r dem Vermächtnisnehmer v o m Erblasser zugewandte „Vermögensvorteil" (§ 1939 B G B ) besteht nicht im E i g e n t u m (oder allgemeiner: der R e c h t s i n haberschaft) am Vermächtnisobjekt, sondern nur im obligatorischen Anspruch auf das Vermächtnisobjekt. A u c h das Erbschaftsteuerrecht teilt den zivilrechtlichen Ausgangspunkt, o b w o h l § 3 I N r . 1 Alt. 3 E r b S t G etwas missverständlich als steuerpflichtigen E r w e r b den „ E r w e r b durch V e r m ä c h t n i s "

bezeichnet.

Dass die neuere bewertungsrechtliche R e c h t s p r e c h u n g den F o r d e r a n g s e r w e r b des Vermächtnisnehmers der Nachlassbeteiligung des E r b e n insofern gleichstellt, als sie den Wert der Sachleistungsforderung des Vermächtnisnehmers nach dem (steuerrechtlichen) Wert des Gegenstandes (z.B. des G r u n d s t ü c k s ) bestimmt, den der Vermächtnisnehmer aus dem Nachlass zu beanspruchen hat 6 9 , bedeutet nicht, dass das Steuerrecht fingiert, es sei der Vermächtnisgegenstand dem Begünstigten unmittelbar v o m Erblasser zugewandt worden, ist also nicht so zu verstehen, als gehe das Steuerrecht v o m Vindikationslegat aus. Sieht man einmal von innersteuerrechtlichen Subtilitäten ab, so ist die Sache ganz einfach die, dass man den Wert einer F o r d e r u n g natürlicherweise gar nicht anders ermitteln kann, als indem man den Wert des F o r d e r u n g s o b j e k t s ermittelt. Wert des Vermächtnisanspruchs und Wert des vermachten Gegenstandes sind für die

Protokolle, V, 210. Einzige Ausnahme s.o. Fn. 56. 66 Vgl. auch § 1969 BGB (Dreißigster). 67 Zu beiden Begriffen näher u. § 1 IV 1, S. 52. 68 KG, FamRZ 1960,71. 69 RFH, RStBl 1929, 562; BFH, BStBl III 1966, 507; BFH, BStBl II 1972, 874 (875); BFH, BStBl II 1977, 556; BFH, BStBl II 1978, 398; BFH, BStBl II 1997, 820 (823); FG Köln, EFG 1998, 677; FG Köln, EFG 1999, 36; Erbschaftsteuerrichtlinien 92 II 1,124 III 2. 64

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II. Die verschiedenen

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der

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natürliche (d.h. für die nicht durch die Entwicklungen zeitgenössischen Steuerrechts infizierte) Betrachtungsweise identisch, ohne dass man deswegen zur Vorstellung eines dinglichen Vermächtnisses seine Zuflucht nehmen müsste. Aus den § § 1 2 1 ErbStG, 9 I BewG ergibt sich nichts anderes. Das Recht, einen Gegenstand zu erwerben, kann keinen höheren Wert haben als der Gegenstand selbst. Bewertungsstichtag nach § 1 1 ErbStG ist jedenfalls der Zeitpunkt, in dem die Vermächtnisforderung aus § 2174 BGB entsteht. Wertänderungen des vermachten Nachlassgegenstandes in der Zeit zwischen Anfall und dinglicher Erfüllung des Vermächtnisses bleiben unberücksichtigt 70 ; Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 A O kommen nur bei krassem und dauerhaftem Wertverfall in Betracht, nur dann, wenn die Stichtagsregelung im konkreten Einzelfall zu einem „gesetzlich ungewollten Uberhang" und damit zu einer „erdrosselnd" wirkenden Härte führt 71 . Dass Universalsukzession und Zulässigkeit von Vindikationslegaten auch nebeneinander bestehen können, dass mit anderen Worten die Unzulässigkeit des Vindikationslegats keineswegs zwingend aus dem Prinzip der Universalsukzession folgt, zeigt das römische Recht 72 . Dort konnte der Erblasser, jedenfalls für Sachen, die in seinem quiritischen Eigentum standen, wählen zwischen der Anordnung eines „legatum per damnationem" und eines „legatum per vindicationem" 73 . Während das „legatum per damnationem" nur obligatorisch wirkte, dem Vermächtnisnehmer nur einen Übereignungsanspruch gab, fiel beim „legatum per vindicationem" das Eigentum unmittelbar dem Vermächtnisnehmer (Legatar) zu, und zwar ohne dass der Erbe Zwischeneigentümer wurde, mit der Folge, dass der Legatar die Sache nicht nur von jedem besitzenden Dritten, sondern auch vom besitzenden Erben mit der „rei vindicatio" (heute § 985 BGB) herausverlangen konnte. In einem Erbrechtssystem, das das Vindikationslegat zulässt, reduziert sich die Bedeutung der Universalsukzession auf den Satz, dass alle vererbbaren Rechte sowie die Verbindlichkeiten des Erblassers im Zweifel auf den oder die Erben übergehen. Lässt es eine Rechtsordnung zu, dass sich das Vindikations70

BFH/NV 1991, 243. BVerfG, BStBl II 1995, 671. 72 D a z u e t w a Käser (Fn. 6), § § 183-188. Vgl. aber Mommsen, Entwurf eines Deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht nebst M o t i v e n , 1876, 389: „ D a ß das Vermögen, welches, so lange der Inhaber lebt, d u r c h dessen Persönlichkeit als Einheit, als ein Ganzes, z u s a m m e n g e halten w i r d , nicht mit d e m Tode des Inhabers auseinander fällt, sondern als ein Ganzes erhalten w i r d u n d als solches auf den Erben übergeht, ist eines der w i c h t i g s t e n G r u n d p r i n c i p i e n des Erbrechts. H i e r m i t läßt sich aber nur ein durch den Erben vermittelter U e b e r g a n g erbschaftlicher Rechte auf den Vermächtnisnehmer vereinigen; ein u n m i t t e l b a r e r E r w e r b des vermachten Rechts läßt sich mit d e m angegebenen Princip nicht vereinigen." 73 D e r Erblasser musste verschiedene F o r m e n f ü r die unterschiedlichen L e g a t s t y p e n w ä h len. Das D a m n a t i o n s l e g a t w a r insofern sicherer u n d w i r k s a m k e i t s b e s t ä n d i g e r , als man mit i h m auch nicht im E i g e n t u m des Erblassers stehende Sachen vermachen konnte. 71

§1

22

Universalsukzession

legat auf mehrere Gegenstände erstreckt, so unterscheidet sich die Position des Legatars immerhin dadurch n o c h von der eines „Teilerben", dass auf ihn keine Verbindlichkeiten des Erblassers übergehen, nicht einmal diejenigen, die mit dem vermachten G u t zusammenhängen (etwas anderes gilt natürlich für die auf dem Gegenstand ruhenden dinglichen Belastungen). D a h e r müsste es selbst dann einen E r b e n als „Gesamtrechtsnachfolger" geben, wenn der Erblasser über alle Gegenstände seines (Aktiv-)Vermögens im Wege des Vindikationslegats verfügen würde. I m m e r h i n gingen aber in einem E r b r e c h t s s y s t e m mit Vindikationslegat mehrere einer Person vermachte Gegenstände, ebenso wie die restliche Erbschaft, u n o actu über. I m geltenden deutschen R e c h t unterscheiden sich Erbenstellung und Vermächtnis keineswegs durch den ( M i n d e s t - ) U m f a n g der Zuwendung, etwa in dem Sinne, dass nur die Erbenstellung auf den ganzen Nachlass oder einen Bruchteil des Nachlasses sich beziehen k ö n n t e , das Vermächtnis aber zwingend auf ein gegenständliches Minus beschränkt wäre. Entgegen dem missverständlichen Wortlaut des wenig glücklich formulierten 7 4 § 2 0 8 7 I B G B ist auch ein Q u o t e n v e r m ä c h t n i s , ja sogar ein Universalvermächtnis 7 5 zulässig. § 2 0 8 7 I B G B ändert nichts an der andernorts formulierten Grundregel (§ 1922 B G B einerseits, §§ 1939, 2147, 2 1 7 4 B G B andererseits), dass Erbeinsetzung Z u w e n dung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, A n o r d n u n g eines Vermächtnisses Zuwendung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Leistung aus dem Nachlass ist. § 2 0 8 7 I B G B enthält nur eine Auslegungsregel 7 6 , nicht aber ein V e r b o t von Q u o t e n - und Universalvermächtnis, denn auch bei diesen gegenständlich weiten F o r m e n des Vermächtnisses bleibt es bei der Struktur des Vermächtnisses als eines b l o ß schuldrechtlichen Anspruchs und damit beim Gegensatz zur E r benstellung. N i r g e n d w o steht geschrieben, dass dem E r b e n zwingend ein wirtschaftlicher Restvorteil verbleiben muss. W e n n aber der E r b e verpflichtet werden kann, alle Nachlassgegenstände als Vermächtnis weiterzugeben 7 7 , muss es auch möglich sein, ihn zu verpflichten, alle Nachlassgegenstände an ein und dieselbe P e r s o n weiterzugeben (Universalvermächtnis). § 1992 B G B regelt den Fall einer U b e r s c h u l d u n g des Nachlasses durch Vermächtnisse (und Auflagen), beinhaltet daher auch die M ö g l i c h k e i t der U b e r s c h u l d u n g durch ein einziges Vermächtnis 7 8 . A u c h beim Universalvermächtnis bleibt es dabei, dass der E r b lasser mindestens einen Gesamtrechtsnachfolger ( E r b e n ) haben muss, der übrigens bei Alleinerbschaft nicht mit dem Universalvermächtnisnehmer identisch sein kann. Ausgeschlossen ist es, den ganzen Nachlass mit der K o n s e q u e n z als

Otte, NJW 1987, 3164. Beim Unternehmertestament wegen der §§2151 f. BGB bisweilen als Ausweg aus dem Verbot des §2065 II Alt. 1 BGB gewählt. 76 Str., andere nehmen „Ergänzungsregel" an. 77 BayObLG, FamRZ 1986, 728 (730 f.). 78 Windel (Fn. 5), 242. 74

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II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

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Vermächtnis zuzuwenden, dass dadurch auch die gesetzliche Erbfolge entfällt 79 , denn es gibt keinen erbenlosen Nachlass; das gilt auch bei Anordnung eines Universalvermächtnisses, denn der Universallegatar kann nicht den (zwingend erforderlichen) Universalsukzessor (Erben) ersetzen. Auch durch ein Universalvermächtnis kann die Erbfolge nicht ausgeschlossen werden. Keines der historisch vorfindbaren Rechtssysteme mit Vindikationslegat lässt das Vindikationslegat als Universallegat zu; meist ist die unmittelbare dingliche Wirkung nur beim Stückvermächtnis möglich 80 . Theoretisch ausgeschlossen ist das Universallegat per vindicationem freilich nicht. Für wie wichtig man im deutschen Recht den Ausschluss des Vindikationslegats hält, zeigt sich auch in folgendem Punkt: Ist gem. Art. 25 I EGBGB der Erbfall nach einer ausländischen Rechtsordnung zu beurteilen, die das Vindikationslegat zulässt (Beispiele: Griechenland, Italien, Spanien), so ist fraglich, ob das Vermächtnis einer in Deutschland belegenen (beweglichen oder unbeweglichen) Sache im Inland dinglich wirkt, der Vermächtnisnehmer das Eigentum also ohne ein dingliches Erfüllungsgeschäft zwischen ihm und dem Erben erlangt. Rechtsprechung und herrschende Lehre verneinen die Frage 81 und behandeln ein solches Vermächtnis als Damnationslegat im Sinne des §2174 BGB: Man glaubt nur durch diese Einordnung Schwierigkeiten vermeiden zu können, die sich andernfalls für die Nachlassgläubiger ergeben würden. Diese könnten bei Annahme eines Vindikationslegats nicht auf das ihnen am geeignetsten erscheinende Vermögensstück des Nachlasses zugreifen, sondern müssten sich an den Erben halten oder die Überschuldung des Nachlasses beweisen. Das aber sei mit der nachrangigen Stellung, die § 3271 Nr. 2 InsO den Verbindlichkeiten aus Vermächtnis zuweist, nicht zu vereinbaren. Die deutsche Praxis löst also den durch Art. 25 I EGBGB und das fremdrechtliche Vindikationslegat ausgelösten Konflikt zwischen dem Gesamtstatut für das Vermögen des Erblassers einerseits und dem Einzelstatut der sachenrechtlichen lex rei sitae zugunsten der Letzteren. Mit anderen Worten: Dem deutschen Recht ist der materiellrechtliche Grundsatz der Universalsukzession im Zweifel wichti79

BayObLG, M D R 1979, 847; v. Lübtow, Erbrecht, 2 Bde., 1971, Bd. 1, 355; Soergel/Loritz, BGB, 12. Aufl. 1992, §2087 Rn.3; MünchKomm/Schlichting, BGB, 3. Aufl. 1997, §2087 Rn.6. 80 Häufig vorkommende weitere Voraussetzung: Eigentum des Erblassers. 81 RG, H R R 1930, Nr. 2066; BGH, RPfleger 1995, 213 (214) = ZEV 1995,298 (299) = W M 1994, 2124 (2126) = JZ 1996, 1028 (1029) m. Anm. Gröschler; BayObLGZ 1961, 4 (19 f.); BayObLGZ 1974, 460 (466); Staudinger/Börner (Fn. 8), Art. 25 EGBGB, Rn.271, 720; Birk, ZEV 1995, 283. A.A. van Venrooy, ZVglRW 1985, 205; Staudinger/Otte, BGB, 13. Bearb. 1996, § 2174 Rn. 3 (mit der Begründung, nach Art. 25 I E G B G B sei jedenfalls eine vom ausländischen Recht angeordnete Sondererbfolge zu respektieren, und das Vindikationslegat stelle, was den Rechtsübergang betreffe, nichts anderes als eine Sondererbfolge dar; Art. 25 I EGBGB dürfe nicht mit Hinweisen auf den Schutz der Nachlassgläubiger und mit anderen Argumenten für ein „besseres" Erbrecht unterlaufen werden).

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§1

Universalsukzession

ger als der kollisionsrechtliche G r u n d s a t z der Nachlasseinheit und der einheitlichen A n k n ü p f u n g aller erbrechtlichen Fragen (dazu o. § 1 I a.E.). Wenn auch die v o m B G B angeordnete Unzulässigkeit von Vindikationslegaten nicht zwingend aus dem Prinzip der Universalsukzession folgt, so steht sie mit diesem Prinzip doch in einem sehr engen sachlichen Zusammenhang insofern, als sie das Prinzip in dessen eigener R i c h t u n g ergänzt und weiterführt. M a n kann für das heutige R e c h t sogar n o c h einen Schritt weitergehen und sagen, dass das B G B in § 1922 I mit den W o r t e n „als G a n z e s " das V e r b o t des Vindikationslegats bereits mitdenkt. e) Vierter

Teilaspekt:

Keine

dingliche

Teilungsanordnung

I m R e c h t des B G B gibt es keine unmittelbare dingliche Zuweisung v o n R e c h t e n und Verbindlichkeiten an einzelne M i t e r b e n 8 2 . E i n e sog. Teilungsanordnung des Erblassers (§ 2 0 4 8 B G B ) wirkt nur schuldrechtlich und begründet weder eine Sondererbfolge an einzelnen Nachlassgegenständen n o c h ein Vindikationsvermächtnis. D u r c h Teilungsanordnung zugewiesene Gegenstände gehören demnach allen E r b e n zusammen, bis sie dem von der Teilungsanordnung begünstigten E r b e n in der durch den jeweiligen Gegenstand vorgegebenen A r t und Weise übertragen werden. D a s wäre übrigens auch in einem System so, das die Erbengemeinschaft nicht, wie das B G B es tut, als Gesamthandsgemeinschaft ausgestaltet. H i e r würden die E r b e n mit dem Erbfall Bruchteilseigentum erwerben, und dem in der Teilungsanordnung genannten E r b e n müssten die anderen E r b e n ihren Miteigentumsanteil erst n o c h übertragen. D i e schuldrechtliche W i r k u n g der Teilungsanordnung besteht genauer betrachtet in einem Z w e i f a c h e n 8 3 : D e r begünstigte M i t e r b e kann von den anderen E r b e n dinglichen Vollzug verlangen. U n d die anderen E r b e n k ö n n e n v o m B e günstigten die zur dinglichen Ü b e r t r a g u n g erforderlichen Zustimmungserklärungen verlangen 8 4 . Wegen der nur schuldrechtlichen W i r k u n g der Teilungsanordnung k ö n n e n M i t e r b e n , w e n n sie sich einig sind, sich über sie hinwegsetzen 8 5 . Universalsukzession bedeutet eben i m m e r auch Stärkung der E r b e n als der G e s a m t r e c h t s nachfolger, der Repräsentanten des Erblassers. Beispiel 14: Erblasser E verfügt in seinem Testament Folgendes: „Meine Söhne A und B sollen Erben zu je 1/2 sein. A soll mein Hausgrundstück, B meine Aktien erhalten, jeweils unter Anrechnung auf den Erbteil." - Mit dem Erbfall geht das Vermögen des E als Ganzes auf A und B über. Das gilt auch für das Hausgrundstück und die Aktien. Erst wenn von der aus A und B bestehenden Erbengemeinschaft das Grundstück nach §§ 873, 925 B G B auf A, 82

MüncbKomm!Leipold

(Fn. 5), § 1922 Rn. 60.

MünchKomm/Dütz, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2048 Rn. 8. 84 Es sei denn, der Erblasser hat nur ein Ubernahmerecht angeordnet. 8 5 Will der Erblasser sichergehen, muss er einen Testamentsvollstrecker ernennen, der aber immer noch mit den Erben gemeinsame Sache (gegen den Erblasserwillen) machen kann. 83

II. Die verschiedenen

Aspekte

der Universalsukzession

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die Aktien durch Einigung und Übergabe (wenn es sich um Inhaberaktien handelt) bzw. (bei Namensaktien) durch Einigung und Ubergabe des mit einem Indossament versehenen Papiers (§ 68 A k t G ) auf B übertragen werden, ist die Teilungsanordnung des E dinglich vollzogen. Beschließen A und B, entgegen dem Erblasserwillen das Grundstück auf B, die Aktien auf A zu übertragen, so steht dem nichts entgegen.

Auch das Steuerrecht folgt der zivilrechtlichen Einordnung der Teilungsanordnung. Würde die Teilungsanordnung dinglich wirken, so müsste als erbschaftsteuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen „durch Erbanfall" ( § 3 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG) bei dem durch die Teilungsanordnung begünstigten Miterben (mindestens) der (steuerliche) Wert des für ihn vorgesehenen Nachlassgegenstandes angesetzt werden. Wegen ihrer nur schuldrechtlichen Wirkung ändern jedoch Teilungsanordnungen nichts an der Stellung des Erben beim Erbfall, sondern greifen lediglich in die (steuerlich grundsätzlich unbeachtliche) Erbauseinandersetzung ein. Teilungsanordnungen sind ein den Wert der Zuwendung nicht erhöhender „integraler Bestandteil des Erwerbs durch Erbanfall" 86 . Sie sind daher für die erbschaftsteuerliche Bemessung des Vermögensanfalls an die durch sie begünstigten Erben nicht zu berücksichtigen 87 . f ) Fünfter Teilaspekt: Keine Beschränkung des Erbverzichts auf bestimmte Gegenstände Nach §§ 2346, 2352 BGB kann der Erbe durch Vertrag mit dem Erblasser sowohl auf sein gesetzliches Erbrecht wie auf seine durch Verfügung von Todes wegen begründete Erbenstellung verzichten. Eine dem § 1950 BGB entsprechende Bestimmung, wonach die auf einen Teil der Erbschaft beschränkte Erbausschlagung unzulässig und unwirksam ist, - auch sie ist im Grunde eine Ausprägung von Universalsukzession - fehlt im Recht des Erbverzichts. Eine Beschränkung des Erbverzichts („teilweiser Erbverzicht") ist daher jedenfalls insoweit zulässig, als sie den Bestand der Erbschaft im Ganzen unangetastet lässt, was z.B. der Fall ist bei Verzicht auf einen Bruchteil des Erbrechts, bei einer Befristung oder Bedingung des Verzichts oder bei einer Unterwerfung des Verzichtenden unter bestimmte Beschränkungen (Anordnung einer Testamentsvollstreckung etc.) oder Beschwerungen (Vermächtnis, Auflage) 8 8 . Nicht zulässig ist dagegen die Beschränkung des Erbverzichts auf einen einzelnen Nachlassgegenstand oder einen Inbegriff von Nachlassgegenständen 89 . Denn dies würde dem Grundsatz der Universalsukzession widersprechen. Ebenso wie eine Erbeinsetzung nicht wirksam auf reale Teile des Nachlasses erfolgen 86

Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 12. Aufl. 1999, § 3 Rn. 24. So jetzt auch wieder (nach zwischenzeitlicher Verwirrung in BFH, BStBl II 1977, 640) der BFH (BStBl II 1983, 329; BStBl II 1992, 669; BFH/NY 1993,100); vgl. auch die Erbschaftsteuerrichtlinien 5 1 1 . Kritisch gegenüber der Rspr. Flume, DB 1983, 2271. 88 Vgl. nur MünchKomm/Strobel, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2346 Rn. 13 ff. 89 KG, J F G 15, 98; Staudinger/Schotten, BGB, 13. Bearb. 1997, § 2 3 4 6 R n . 4 1 f . ; Lange/ Kuchinke (Fn. 29), § 7 II 2 c) (S. 174); Coing, J Z 1960, 209 (210 f.). 87

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Universalsukzession

kann [s.o. § 1 II 2 c)], es keine institutio ex re certa gibt, ebenso ist auch ein Erbverzicht mit diesem Inhalt, eine concessio rei certae, ausgeschlossen. Dass der Erbverzicht nicht auf bestimmte Gegenstände beschränkt werden kann, ist die negative Seite des Satzes, dass es keine Erbeinsetzung auf bestimmte Gegenstände gibt. Beispiel IS: Eheleute setzen in einem gemeinschaftlichen Testament sich gegenseitig zu Vorerben, die beiden Kinder zu Nacherben des Vorversterbenden und zu Erben des überlebenden Ehegatten ein. Nach dem Tod des Mannes schließt die Witwe mit dem einen der beiden Kinder einen Vertrag, in dem dieses seine Nacherbenrechte auf die Mutter überträgt und ferner gegen Entgelt auf sämtliche Erbanrechte gegenüber der Mutter verzichtet, jedoch mit der Maßgabe, dass der Verzicht sich auf den augenblicklichen Bestand des Vermögens beschränken und nicht den etwaigen künftigen Vermögenserwerb der Mutter umfassen, hinsichtlich des Letzteren vielmehr die Erbfolge gemäß dem Testament eintreten soll. Nach dem Tod der Mutter behauptet der Verzichtende, der Verzichtsvertrag sei insgesamt unwirksam 90 . - Ein Erbverzicht mit dem genannten Inhalt ist unzulässig. Dem Willen der Beteiligten kann jedoch dadurch zur Geltung verholfen werden, dass jene Grundsätze, die die Rechtsprechung im Rahmen des § 2087 II BGB entwickelt hat (s.u. Bspl. 23), hier sinngemäß angewendet werden. Der Verzicht kann daher durch Auslegung gegebenenfalls in einen Bruchteilsverzicht umgedeutet werden. Im konkreten Fall muss festgestellt werden, welchen Wert beim Eintritt des Erbfalls ein etwaiger nach Abschluss des Erbverzichts eingetretener Vermögenserwerb der Erblasserin hatte und in welchem Verhältnis er zum Wert des Gesamtnachlasses steht. Aus diesem Verhältnis ergibt sich der Bruchteil, für den der Erbverzicht nicht erklärt wurde. g) Testamentsvollstreckung: Einschränkung oder weitere Folge der Universalsukzession

der ?

Unilinearität

Das B G B verleiht dem Testamentsvollstrecker eine starke Rechtsmacht: D e r Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur A u s f ü h r u n g zu bringen (§ 2203 BGB), die Auseinandersetzung unter den Miterben zu bewirken (§ 2 2 0 4 B G B ) und den gesamten Nachlass bis zur Beendigung der Auseinandersetzung zu verwalten (§ 2 2 0 5 BGB). D e r Erblasser kann ihm, über diese gesetzlichen Regelbefugnisse hinausgehend, sogar die selbständige (Dauer-)Verwaltung unabhängig v o n der Aufgabe der Verfügungserfüllung und der Auseinandersetzung (§ 2 2 0 9 S. 1 Alt. 1 B G B ) oder nach Erfüllung dieser Aufgaben (§ 2 2 0 9 S. 1 Alt. 2 B G B ) übertragen, und dies f ü r Jahrzehnte (§ 2 2 1 0 BGB). A u f der anderen Seite kann der Erblasser die gesetzlichen Regelbefugnisse des Testamentsvollstreckers zeitlich, gegenständlich oder k o m p e tenzmäßig einschränken (§ 2 2 0 8 BGB). D e r Erbe verliert mit Beginn der Testamentsvollstreckung die Verfügungsbefugnis in Bezug auf alle Gegenstände, die der Testamentsvollstreckung unterliegen ( § 2 2 1 1 BGB). D e r Testamentsvollstrecker erlangt, so die gesetzliche Regel, ein kausal unbeschränktes Verfügungsrecht über alle seiner Verwaltung unterliegenden Gegenstände (§ 2 2 0 5 BGB). 90

Sachverhalt von KG, JFG 15, 98.

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Aspekte der

Universalsukzession

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Verschiedentlich wird gesagt, das Institut der Testamentsvollstreckung, wie es das BGB ausgestaltet habe, durchbreche den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge 91 . Begründet wird dies meist so: Indem der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernenne, erhalte er in demselben „ein Organ, das die Vollstreckung seines Willens selbst gegen den Willen der widerstrebenden Erben durchzusetzen vermag" 92 . Die Testamentsvollstreckung bewirke „eine Aufspaltung der rechtlichen Nachlaßzuordnung an den Erben und den Testamentsvollstrecker in der Weise, daß jener der Träger der Nachlaßrechte und -Verbindlichkeiten wird und dieser die tatsächliche und rechtliche Herrschaft über den Nachlaß ausübt, soweit er den letzten Willen des Erblassers zu vollziehen hat" 93 . Der Testamentsvollstrecker sei „formeller Repräsentant" des Erblassers, also gewissermaßen der „Erbe" seiner Verwaltungsmacht; alles, was der Erblasser an Verwaltungsmacht zu Lebzeiten besitze, könne er inhaltlich unbeschränkt und zeitlich für eine sehr lange Dauer auf den Vollstrecker übertragen; nach dem BGB könne der Erblasser beides: den materiell Berechtigten bestimmen und gleichzeitig ein strenges Verwaltungsregime über ihn errichten 94 . Spaltet also in Wahrheit das BGB die Erbenstellung auf in die eines formellen Erben und die eines materiellen Erben, sodass Unilinearität nicht mehr gewährleistet wäre? Betrachten wir zunächst die formelle Seite der Sache, fragen wir also, ob nicht in der Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung selbst sich formelle Aspekte der Universalsukzession (im weiteren Sinne) finden lassen. Der Testamentsvollstrecker erwirbt sein Amt nicht automatisch, nicht allein auf Grund der Verfügung von Todes wegen, sondern erst in dem Zeitpunkt, in dem der Ernannte durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht das Amt annimmt (§ 2202 BGB). Das Prinzip des Vonselbsterwerbs jedenfalls gilt also für den Amtserwerb nicht 95 . Auf der anderen Seite aber tritt die Verfügungsbeschränkung des Erben nach § 2211 BGB schon mit dem Erbfall bzw. jenem Zeitpunkt ein, ab dem nach dem Willen des Erblassers die Testamentsvollstreckung beginnen soll 96 . Zudem erwirkt der konkrete Vollstrecker seine Verwaltungsmacht an allen einzelnen seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenständen mit der Amtsannahme uno actu, ohne dass ihm Erbe oder Nachlassgericht diese Verwaltungsmacht (gar für jeden Gegenstand einzeln) übertragen müssten, er 91 Strohal (Fn. 29), § 4 IV 2 (S. 33); MünchKomm/Brandner, BGB, 3. Aufl. 1997, vor § 2197 Rn. 1; Planck/Flad (Fn. 29), vor § 2 1 9 7 Anm. 1; Windel (Fn. 5), 247; Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 31 I 4 (S. 666); Alternativkommentar zum BGB/Finger, 1990, § 2197 Rn. 2; ich selbst in „Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung", 1994, 2, 57; vgl. auch Schultze, JherJb 43, 1 (65, 83). 92 Strohal (wie Fn. 91). 93 Münch Komm/Brandner (wie Fn. 91). 94 So meine „Haftungsordnung" (Fn. 91), 57. 95 Dazu u. § 2 II 8, S. 157, § 2 III 6, S. 200, § 2 VI 3, S. 257. 96 Ganz h.M. Vgl. nur MünchKomm/Brandner (Fn. 91), § 2202 Rn. 4, § 2211 Rn. 3, 8.

28

§1

Universalsukzession

erwirbt die Verwaltungsmacht mithin „als G a n z e " ; dasselbe gilt für den nach § 2 2 1 1 B G B eintretenden Verlust der Erben-Verfügungsmacht. Dasselbe gilt ferner umgekehrt für die Kündigung des A m t e s (§ 2 2 2 6 B G B ) und die Entlassung des Vollstreckers durch das Nachlassgericht: E i n e Teilkündigung ist in der R e g e l 9 7 , eine Teilentlassung generell und strikt unzulässig 9 8 . D a r ü b e r hinaus erstreckt das G e s e t z für den Regelfall, also bei Fehlen einer abweichenden Erblasseranordnung, die Verwaltungsmacht des Vollstreckers auf den

gesamten

Nachlass, verwirklicht damit auf der Verwaltungsebene, was das Prinzip der Universalität im engeren Sinne 9 9 auf der E b e n e der Rechtsträgerschaft gewährleistet. F e r n e r ist die Verwaltungsmacht des Vollstreckers - wiederum für den gesetzlichen Regelfall - inhaltlich eine umfassende, die dem E r b e n während der D a u e r der Vollstreckung nur ein nudum ius belässt. D e s Weiteren ist der A n o r d n u n g s g r u n d für die Testamentsvollstreckung als solche (und der Berufungsgrund für die Person des Testamentsvollstreckers) ein einheitlicher, und zwar ein einheitlich „erbrechtlicher". D i e Verfasser des B G B haben sich die größte M ü h e gegeben, das Institut der Testamentsvollstreckung als rein erbrechtliches auszugestalten und die Spuren früherer „lebzeitiger" K o n s t r u k t i o n e n (Mandat, Vormundschaft, Treuhandvertrag E r b l a s ser/Vollstrecker) zu tilgen: D i e A n o r d n u n g bedarf der F o r m letztwilliger Verfügungen ( § 2 1 9 7 B G B ) , sie wirkt nicht schon zu L e b z e i t e n des Erblassers, sondern erst mit dem Erbfall und für den Nachlass, sie unterliegt derselben spezifisch erbrechtlichen Anfechtungsmöglichkeit wie die erbenkreierende Verfügung (§§ 2 0 7 8 ff. B G B ) usw. Insgesamt wird klar, dass das B G B bei der Regelung der Testamentsvollstreckung für die E b e n e der Erbschaftsverwaltung jene universalsukzessorischen Techniken und M e c h a n i s m e n nachzuahmen versucht, die auf der E b e n e der Rechtsträgerschaft die Grundregel des § 1922 I B G B vorgibt. Insofern sollte man jedenfalls nicht pauschal und undifferenziert v o n einer D u r c h b r e c h u n g des Prinzips Universalsukzession reden. E i n e r der materialen Hauptvorzüge des Prinzips „Universalsukzession" besteht darin, dass die Nachlassgläubiger nach dem T o d ihres Schuldners übersichtliche Verhältnisse vorfinden. Das deutsche R e c h t gewährleistet die Erreichung dieses Ziels auch und gerade dann, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist. D e n n das B G B hat die in früheren und n o c h zahlreichen heutigen R e c h t s o r d n u n g e n vorfindbare unklare G e mengelage zwischen E r b e n - und Vollstreckerbefugnissen rigoros beseitigt. S o lange die Testamentsvollstreckung dauert, regiert nach außen ausschließlich der Vollstrecker, intern kontrolliert durch den E r b e n . N a c h Beendigung der Testa97 Anders nur, wenn der Verfügung von Todes wegen ausnahmsweise der Wille des Erblassers zu entnehmen ist, eine Teilkündigung zuzulassen; OLG Hamm, OLGZ 1991, 388 m. Anm. Reimann, FamRZ 1992,117; Palandt/Edenhofer (Fn. 29), § 2226 Rn. 1. 98 Muscheler, AcP 197 (1997), 226 (233). 99 S.o. §1111, S. 5 ff.

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

29

mentsvollstreckung geht die Herrschaft über den Nachlass - übrigens u n o actu und „im G a n z e n " , d.h. bezogen auf alle vollstreckungsunterworfenen N a c h lassgegenstände, also ähnlich wie auf der Rechtsträgerebene bei der A b l ö s u n g des Vorerben durch den N a c h e r b e n ( § 2 1 3 9 B G B ) 1 0 0 - auf den E r b e n über. N i c h t u m s o n s t hat übrigens das B G B neben dem E r b s c h e i n (§§ 2 3 5 3 ff. B G B ) auch ein Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2 3 6 8 B G B ) eingeführt und angeordnet, die E r n e n n u n g eines Testamentsvollstreckers sei im E r b s c h e i n anzugeben (§2364 BGB). Was die teilweise bereits angesprochene materielle Seite der Sache betrifft, so lässt sich natürlich nicht verkennen, dass die R e c h t s m a c h t des Vollstreckers weiterreicht als selbst die des (nicht befreiten) Vorerben, und dies, ohne dass der E r b e weitergehende K o n t r o l l r e c h t e hätte als der N a c h e r b e während der Zeit der Vorerbschaft; auch die höchstzulässige Amtsdauer steht hinter der h ö c h s t zulässigen D a u e r der Vorerbschaft nicht zurück (§§ 2 2 1 0 , 2 1 0 9 B G B ) . Was dem deutschen Vollstrecker im Vergleich z u m angelsächsischen executor, dem Treuhanderben und gekorenen Universalsukzessor auf Zeit, n o c h fehlt, ist b l o ß das nudum ius des materiellen Rechtsträgers, aus dessen H ä n d e n die materiell B e dachten, formal unterschiedslos auf die Stufe v o n Legataren herabgedrückt, das ihnen Z u k o m m e n d e zu empfangen hätten. N u r k o n s e q u e n t ist es denn angesichts der weitreichenden Verwaltungsmacht auch, dass das B G B den Vollstrecker nicht z u m (gesetzlichen Zwangs-)Vertreter der E r b e n , sondern z u m Träger eines eigenen subjektiven (Verwaltungs-)Rechts am Nachlass, z u m Inhaber eines (privaten) A m t e s ( § § 2 1 9 7 I I , 2 2 0 1 , 2 2 0 2 , 2 2 1 5 I, 2 2 2 1 , 2 2 2 4 I, 2 2 2 5 , 2 2 2 6 B G B ) gemacht hat. Freilich gilt auch: D e r Testamentsvollstrecker behält das, w o r u m es hier geht, sein A m t , - sein H o n o r a r spielt in diesem Zusammenhang keine R o l l e - nicht auf Dauer. D e r Vorerbe behält dagegen i m m e r etwas auf Dauer: D i e N u t z u n g e n des Nachlasses während der Zeit der Vorerbschaft. Berücksichtigt man all dies, so kann man zusammenfassend sagen: Das B G B ermöglicht es dem Erblasser, durch E r n e n n u n g eines Testamentsvollstreckers gleich zwei Universalsukzessoren zu kreieren, einen für die Verwaltungsmacht am Nachlass, einen für die materielle Rechtsträgerschaft.

3. Einheitlichkeit des Übergangsmodus

(Unimodalität)

a) Allgemeines D e r dritte Aspekt des Prinzips der Universalsukzession besteht darin, dass der Ü b e r g a n g s m o d u s für alle Gegenstände des Erblasservermögens ein und derselbe ist. Diesen einheitlichen Übergangsmodus legt § 1922 I B G B fest: D i e G e genstände des Erblasservermögens gehen über als G a n z e s und nicht als E i n z e l 1 0 0 Dasselbe gilt übrigens bei der Ablösung eines Testamentsvollstreckers durch einen anderen Testamentsvollstrecker.

30

5 1

Universalsukzession

ne. Übergang „als Ganzes" bedeutet in diesem Zusammenhang Übergang in ganz einheitlicher Weise (Unimodalität). Die Erbfolge ist für sämtliche vererbbaren Rechte und Verbindlichkeiten „ein selbständiger und vollständiger Erwerbstatbestand", der mit den Voraussetzungen eines Rechts- oder Pflichtenerwerbs unter Lebenden nichts zu tun hat 101 . Einer Übertragung der einzelnen Rechte, einer Übernahme der einzelnen Verbindlichkeiten bedarf es nicht 102 . Auf Willen und Wissen des Erwerbers in Bezug auf die einzelnen Gegenstände kommt es nicht an. Unimodalität ist besonders wichtig im Hinblick auf den Aspekt der Universalität i.e.S.: Eben weil das Vermögen uno actu übergeht, eben weil es dabei nicht auf Wissen und Wollen oder Erwerbshandlungen des Erwerbers ankommt, wird garantiert, dass wirklich das ganze Erblasservermögen übergeht und die Erbfolge „auch solche Posten erfasst, an deren Vorhandensein im Erbfall niemand denkt" 103 . Unimodalität des Erbschaftserwerbs hat nichts zu tun mit dem Prinzip des Vonselbsterwerbs. Auch wenn der Erbschaftserwerb, anders als nach BGB, einen irgendwie gearteten „Antritt" der Erbschaft oder eine behördliche Einweisung verlangen würde, würde sich im Rahmen eines Erbrechts, das auf dem Grundsatz der Universalsukzession beruht, der Erwerb der einzelnen Erbschaftsgegenstände auf ein und dieselbe, vom lebzeitigen Erwerb unterschiedene Art und Weise vollziehen. Unimodalität bedeutet daher nicht, dass das Erblasservermögen unmittelbar mit dem Tod übergeht. Auch die Rede davon, dass die Erbschaft „ipso iure" übergehe, sollte man im Zusammenhang mit der Universalsukzession vermeiden. Gewiss vollzieht sich auch in einem System, das wohl Universalsukzession, nicht aber Vonselbsterwerb kennt, der eigentliche Vermögensübergang ganzheitlich und insofern ipso iure. Doch hat in einem solchen System der Übergang selbst eben bestimmte Handlungen oder Zwischenschritte zur Voraussetzung. Unbestreitbar ist freilich, dass die Unimodalität des Erbschaftserwerbs die Entscheidung des B G B für das Prinzip des Vonselbsterwerbs unterstützt und ergänzt: So wie dieses eine ruhende Erbschaft (eine „hereditas iacens") vermeidet, so führt Unimodalität dazu, dass nicht deswegen Zeitverluste eintreten, weil bestimmte Erwerbsmodalitäten hinsichtlich der einzelnen Gegenstände eingehalten werden müssen104. Der Teilaspekt der Unimodalität hat im Einzelnen mehrere Konsequenzen. Sie sollen im Folgenden näher beschrieben werden.

101 102

103 104

Münch Komm/Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 62. Kipp/Coing (Fn. 5), § 1 II 1 c) (S. 5).

Meincke, DStJG 10 (1987), 19 (30). Ebd.

II. Die verschiedenen

b) Übergangstatbestände

Aspekte

der

der Singularsukzession

Universalsukzession

31

irrelevant

Die erste Konsequenz der Unimodalität liegt darin, dass die Übergangstatbestände der Singularsukzession nicht vorzuliegen brauchen. Der Erbe erwirbt das Eigentum an beweglichen Sachen ohne Übereignungsvertrag und auch dann, wenn er (noch) keinen realen Besitz an den Sachen erlangt hat. Auch das Eigentum an Grundstücken geht von selbst, d.h. ohne dass die Voraussetzungen der §§ 873, 925 B G B erfüllt sein müssten, auf den oder die Erben über. Der Erwerb vollzieht sich außerhalb des Grundbuchs. Wirkt die Grundbucheintragung sonst für den Ubergang konstitutiv, so ist es beim Erbfall genau umgekehrt: Das Grundbuch wird durch den Erbfall unrichtig 105 . Für den Ubergang von Forderungen des Erblassers bedarf es keines Abtretungsvertrages (§ 398 S. 1 B G B ) zwischen Erblasser und Erben. Bei der vinkulierten Namensaktie schreibt § 68 III AktG vor, dass der Ubergang der Namensaktie auf einen anderen bei der Gesellschaft anzumelden ist und die Gesellschaft den Ubergang im Aktienbuch vermerkt; diese Eintragung wirkt zwar nicht konstitutiv; im Verhältnis zur Gesellschaft ist jedoch nur der im Aktienbuch Eingetragene als Aktionär legitimiert (§ 67 II AktG). Im Erbfall kann der Erbe sich der Gesellschaft gegenüber als neuer Aktionär auch auf andere Weise (Erbschein, eröffnetes Testament) als durch den Eintrag im Aktienbuch legitimieren. Die Legitimationswirkung des § 67 II AktG zeigt, dass die Position des Eingetragenen ein selbständiger, von der Mitgliedschaft gelöster Vermögenswert ist; auch dieser selbständige Vermögenswert geht nach § 1922 I B G B auf den Erben über 106 . Wichtig ist insbesondere, dass der Erbe den Besitz an den Nachlassgegenständen ohne Begründung tatsächlicher Sachherrschaft, ja selbst ohne Besitzwillen erlangt (§ 857 BGB). Besitzschutzansprüche, die schon der Erblasser erworben hat, gehen bereits nach § 1922 I B G B über. Der von § 857 B G B angeordnete automatische Besitzübergang bewirkt, dass nach dem Erbfall erfolgte Beeinträchtigungen des Besitzes Schutzansprüche des Erben auslösen (§§ 823 I, 812 I, 861 ff. B G B ) und bei einer durch einen Nichterben veräußerten Sache wegen Abhandenkommens gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist (§ 935 BGB) 1 0 7 . Das alles kommt sowohl dem Erben wie den Nachlassgläubigern zugute. Ohne § 857 B G B würde der Besitz mit dem Tod des Besitzers enden, jedenfalls in einer Rechtsordnung, die den Besitz als Innehabung der „tatsächli105 will J e r Erbe das Grundstück weiterveräußern, gilt der Grundsatz der Voreintragung des Betroffenen (§39 GBO) nicht (§40 I GBO). Das Grundbuchamt kann dem Erben die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlichen Unterlagen zu beschaffen (§ 82 GBO). Ist das Berichtigungszwangsverfahren nicht durchführbar oder bietet es keine Aussicht auf Erfolg, so kann das Grundbuchamt das Grundbuch von Amts wegen berichtigen (§ 82a GBO). 1 0 6 H.M., vgl. nur RGZ 79, 164; Lutter, in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 1988, § 67 Rn. 34 m.w.N. 107 §2366 BGB geht jedoch vor!

32

5 1

Universalsukzession

c h e n " G e w a l t über die Sache begreift (§ 854 I B G B ) . D i e A r t des Erbenbesitzes (Eigen- oder Fremdbesitz, redlicher oder unredlicher, unmittelbarer oder mittelbarer Besitz, Allein- oder M i t b e s i t z ) richtet sich nach der Person des E r b l a s sers, ganz in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit den sonstigen Grundsätzen der Universalsukzession. D a s gilt auch für die Ersitzung (§§ 937 ff. B G B ) : War der Erblasser unredlich, ist es auch der E r b e ; war der Erblasser redlich, ist es auch der E r b e . Erst wenn der E r b e durch Ergreifung eigener tatsächlicher Sachherrschaft den Besitzerwerbstatbestand des § 854 I B G B erfüllt, kann sich die Lage ändern: War der Erblasser unredlich, ist der E r b e bei Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft aber redlich, so beginnt ab Erlangung der Sachherrschaft die Ersitzung 1 0 8 . N i c h t entsprechend anwendbar ist § 857 B G B übrigens auf die E n t s t e hung von erbrechtlichen Verwaltungsrechten (des Nachlassverwalters, N a c h lassinsolvenzverwalters, Testamentsvollstreckers, Nachlasspflegers) 1 0 9 :

Zwar

entsteht auch hier das jeweilige Verwaltungsrecht in einer der Universalsukzession ähnlichen Art, denn es wird uno actu an (i.d.R.) allen Gegenständen des Nachlasses begründet. D o c h haben die jeweiligen Verwalter nach den Regelungen des Gesetzes nur einen A n s p r u c h auf Einräumung des Besitzes (§§ 1985 I, 2 2 0 5 S. 2 B G B , 148 I I n s O ) .

c) Schranken der Unimodalität Singularsukzession

Singularsukzession

des Übergangs bedeutet zweitens, dass die Schranken nicht

ohne

weiteres

gelten.

der

So findet etwa § 4 1 2 B G B auf

§ 1922 I B G B keine A n w e n d u n g 1 1 0 . D a m i t gelten auch die in § 412 B G B angeführten Abtretungsverbote der §§ 3 9 9 , 4 0 0 B G B grundsätzlich nicht. Allerdings kann, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen G l ä u b i ger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann (Konstellation von § 3 9 9 Alt. 1 B G B ) , bereits die Vererbbarkeit der Forderung ausgeschlossen sein. Ist dagegen die A b t r e t u n g durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen (Konstellation von § 3 9 9 Alt. 2 B G B ) , so wird damit im Zweifel nicht auch die Vererbbarkeit ausgeschlossen 1 1 1 . Ist bei Namensaktien die Übertragung an die Z u s t i m m u n g der Gesellschaft gebunden (§ 68 I I S. 1 A k t G , „vinkulierte" Namensaktien), so gilt das Zustimmungserfordernis nicht für den Ü b e r g a n g qua Erbfall (wohl aber für den Vollzug eines Vermächtnisses und die Ü b e r t r a gung auf einen M i t e r b e n im R a h m e n der Erbauseinandersetzung 1 1 2 ). Befreiung v o m Zustimmungserfordernis wäre selbst dann anzunehmen, wenn die Satzung der Gesellschaft ausdrücklich Vinkulierung auch für den Erbfall vorsähe, da die Staudinger/Bund, BGB, 13. Bearb. 1995, § 857 Rn. 13 m.w.N. MünchKomm/Joost, BGB, 3. Aufl. 1997, § 857 Rn. 14 m.w.N. 110 Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, § 412 Rn. 1. 111 Selbstverständlich kann auch die Vererbbarkeit durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. 112 OLG Düsseldorf, ZIP 1987, III-, Hüffer, AktG, 4. Aufl. 1999, § 68 Rn. 11. 108 109

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

33

Satzung nicht über den gesetzlichen R a h m e n des § 68 II A k t G hinauszugehen vermag 1 1 3 . D a s U r h e b e r r e c h t als solches kann unter L e b e n d e n grundsätzlich nicht übertragen werden (§ 29 S. 2 U r h G ) , d o c h im Erbfall geht es auf den E r ben über (§ 28 I U r h G ) . Beschränkungen nach § 137 S. 2 B G B oder im U m k r e i s von § 137 S. 1 B G B gelten im Erbfall grundsätzlich nicht. Beispiel 16: Der Eigentümer E hat sich gegenüber G schuldrechtlich verpflichtet, über eine bestimmte Sache nicht zu verfügen. Eine solche Verpflichtung ist nach § 137 S. 2 B G B wirksam. Verfügt E gleichwohl über die Sache, wozu er wegen § 137 S. 1 B G B dinglich jederzeit in der Lage ist, so schuldet er dem G Schadensersatz. Das gilt jedoch nicht, wenn das Eigentum im Erbfall auf den Erben übergeht. Beispiel 17: A veräußert an B eine Sache unter der auflösenden Bedingung, dass B seinerseits über die Sache verfügt. Die Setzung einer solchen Bedingung verstößt nach h.M. 114 nicht gegen § 137 S. 1 BGB; daher ist die Bedingung wirksam. Geht die Sache mit dem Tod des B an dessen Erben E über, so ist die Bedingung im Zweifel nicht erfüllt, sodass das Eigentum nicht automatisch an A zurückfällt. Das ist dann anders, wenn die zwischen A und B geschlossene Vereinbarung ergibt, dass das Eigentum auch beim Tod des B an A zurückfallen soll.

d) Von der Singularsukzession

abweichende

Rechtsfolgen

Unimodalität des U b e r g a n g s hat drittens zur Folge, dass der U b e r g a n g nach § 1 9 2 2 1 B G B vielfach andere

Rechtsfolgen

zeitigt als der Ü b e r g a n g im Wege der

Singularsukzession. So sind etwa sämtliche F o r m e n gutgläubigen E r w e r b s ausgeschlossen. D e r E r w e r b v o m N i c h t b e r e c h t i g t e n (z.B. §§ 892, 9 3 2 ff. B G B ) hat nach ganz herrschender M e i n u n g zwei allgemeine Voraussetzungen 1 1 5 : Es muss sich u m rechtsgeschäftlichen E r w e r b handeln, und es muss dieser rechtsgeschäftliche E r w e r b sich im R a h m e n eines Verkehrsgeschäfts vollziehen. D i e erste Voraussetzung fehlt beim U b e r g a n g durch Erbfall, die zweite bei Ü b e r t r a gung im R a h m e n v o r w e g g e n o m m e n e r E r b f o l g e . E s besteht in diesen Fällen kein Bedürfnis für Vertrauensschutz. Beispiel 18: A leiht dem B ein Buch. B stirbt und wird von E beerbt. E glaubt, das Buch habe B gehört, und benutzt es als eigenes. - § 932 B G B greift nicht ein. Denn zwar ist das Buch dem A nicht abhanden gekommen (§ 935 I BGB) und E gutgläubig, doch hat E das Buch nicht durch Rechtsgeschäft erworben. Und dies selbst dann nicht, wenn dem Erwerb ein Testament oder ein Erbvertrag, also ein Rechtsgeschäft, zugrunde liegt; erforderlich ist nämlich für den gutgläubigen Erwerb ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar die Übertragung des Eigentums an einer Sache zum Gegenstand hat, bei dem sich also der Parteiwille direkt auf die Verschaffung des Eigentums richtet; die Verfügung von Todes wegen bezweckt dagegen etwas anderes, nämlich die Übertragung des Vermögens als Ganzen. Eigentümer ist daher nach wie vor A. Auf E übergegangen sind der Besitz an dem Buch (§ 857 BGB) und

113 Lutter, in: Kölner Kommentar (Fn. 106), §68 Rn. 46; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz, Bd. 1, 1984, §68 Rn. 84; Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 5 V 3 a) Fn. 247. 114 Vgl. nur Timm, JZ 1989, 13 m.w.N. (auch zur Gegenansicht). 115 Vgl. nur Medicus (Fn. 58), Rn. 547; Palandt/Bassenge (Fn. 58), § 892 Rn. 2 ff.

34

§1

Universalsukzession

die aus dem Leihvertrag A/B fließende Befugnis zum unentgeltlichen Gebrauch des Buches. Endet diese Befugnis nach §§ 604 f. BGB, so ist E sowohl aus Vertrag wie aus § 985 BGB 1 1 6 zur Rückgabe verpflichtet. Eine Parallele findet der Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs darin, dass bei (nach A n f G oder I n s O ) anfechtbarem E r w e r b des Erblassers der E r b e (wie jeder andere Gesamtrechtsnachfolger) unbedingt und in jedem Fall der Anfechtung ausgesetzt ist, während der Einzelnachfolger nur unter bestimmten U m ständen haftet (§§ 145 InsO, 11 AnfG). A u c h ohne die zitierten N o r m e n würde sich das Ergebnis für den E r b e n bereits aus § 1922 I B G B ergeben, und zwar unabhängig v o m Standpunkt, den man in dem bekannten Streit über die Rechtsnatur des Anfechtungsrechts einnimmt 1 1 7 . Unanwendbar sind in der Regel auch diejenigen Vorschriften, in denen von unentgeltlicher Zuwendung an einen Dritten gesprochen wird. Beispiel 19: A übereignet dem B wirksam ein Kfz, in Vollziehung eines unerkannt unwirksamen Kaufvertrages. B stirbt und wird von seinem testamentarischen Alleinerben E beerbt. - E ist durch Erbfall Eigentümer und Besitzer (§ 857 BGB) des Kfz geworden. Zugleich trifft ihn eine Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 II Alt. 1 BGB) gegenüber A, gerichtet auf Rückübereignung des Kfz (§ 812 11 Alt. 1 BGB). § 822 B G B greift nicht ein. Hätte B zu Lebzeiten dem E das Kfz in Erfüllung eines Schenkungsvertrages übereignet, dann wäre die gegenüber A bestehende Schuld des B aus § 812 I 1 Alt. 1 B G B wegen § 818 III B G B erloschen und E nach § 822 B G B dem A gegenüber zur Rückübereignung verpflichtet. Für die Erfüllung dieses Anspruchs würde E persönlich haften. § 822 B G B begründet einen neuen Bereicherungsanspruch mit eigenem rechtlichen Schicksal. So beginnt die Verjährung des Bereicherungsanspruchs gegen den Dritten aus § 822 B G B gem. § 199 I B G B erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Eigentumserwerb stattfand und der Gläubiger Kenntnis der anspruchsbegründenden Voraussetzungen erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Da im Erbfall § 822 B G B nicht eingreift, treten auch die mit ihm verbundenen Rechtsfolgen nicht ein: E haftet als Erbe für die Verbindlichkeit des B aus § 812 11 Alt. 1 B G B wie für alle Nachlassverbindlichkeiten zwar grundsätzlich persönlich, aber mit der Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Für den Bereicherungsanspruch des A beginnt mit dem Erbfall keine neue Verjährungsfrist. Wird E nach dem Erbfall bösgläubig im Sinne von § 819 I BGB, so sind auch die aus der verschärften Bereicherungshaftung resultierenden Verbindlichkeiten reine Nachlassverbindlichkeiten und nicht etwa sog. Nachlasserbenschulden, für die der Erbe unbeschränkbar auch persönlich haften würde. - War im Ausgangsfall B zu Lebzeiten bösgläubig im Sinne von § 819 I BGB, so unterliegt auch der Erbe der verschärften Bereicherungshaftung, und zwar selbst dann, wenn er selber vom Mangel des Rechtsgrundes im Verhältnis A / B nichts weiß. Denn den Erben trifft die Bereicherungshaftung eben nicht originär, sondern als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Hätte der bösgläubige B dem E lebzeitig unentgeltlich übereignet, so würde B nach §§ 812, 819 B G B weiterhaften (eine Berufung auf § 818 III B G B käme nicht in Betracht), und § 822 B G B wäre nach h.M. 118 , weil bloß subsidiär, ausgeschlossen. Hätte im Ausgangsfall B das Kfz dem V vermacht und E das Vermächtnis durch Ubereig-

So jedenfalls die h.M. zu § 985 BGB. So zu Recht Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl. 1998, Rn. 21.98. 118 Vgl. nur Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl. 2002, §822 Rn. 9; Jauernig/Schlechtriem, BGB, 9. Aufl. 1999, § 822 Rn. 3. 116 117

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

35

nung erfüllt, so würde V unmittelbarer Bereicherungsschuldner des A. Da hier eine Singularsukzession von B (E) auf V vorliegt, greift § 822 B G B ein.

4. Einheitlichkeit des Übergangszeitpunkts

(Unitemporalität)

Vierter A s p e k t des Prinzips der Universalsukzession ist die Einheitlichkeit des Ubergangszeitpunkts (Unitemporalität). Alle Gegenstände des Erblasservermögens gehen zum selben Zeitpunkt auf den oder die E r b e n über. Dieser Satz ist nicht bereits im Teilaspekt der Unimodalität enthalten. Dass alle Gegenstände auf dieselbe Weise übergehen, wäre auch dann richtig, wenn sie zu verschiedenen Zeiten auf dieselbe Weise übergingen. So wäre etwa eine gesetzliche Regelung denkbar, wenngleich kaum sinnvoll, nach der das Aktivvermögen des Erblassers sofort mit dem Erbfall, das Passivvermögen dagegen erst nach A n n a h m e der E r b s c h a f t durch den E r b e n - beides jeweils als G a n z e s - überginge. D a s B G B hat sich zu R e c h t auch in diesem P u n k t für Einheitlichkeit entschieden. Z w a r gewährt § 1958 B G B dem vorläufigen E r b e n Schutz vor Passivprozessen, während auch der nur vorläufige E r b e Aktivprozesse führen kann 1 1 9 . D o c h wird damit die Einheitlichkeit des Ü b e r gangszeitpunkts nicht durchbrochen: A u c h der nur vorläufige E r b e ist bereits Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten, was sich etwa daran zeigt, dass trotz § 1958 B G B der Nachlassgläubiger gegen eine Nachlassforderung durch E r k l ä rung gegenüber dem vorläufigen E r b e n aufrechnen kann 1 2 0 . § 1958 B G B will lediglich den vorläufigen E r b e n vor der Belastung durch Prozesse schützen und im öffentlichen Interesse Prozesse verhindern, die sich später, nämlich bei A u s schlagung, als nutzlos erweisen k ö n n e n . D i e Einheitlichkeit des Übergangszeitpunkts geht auch nicht dadurch verloren, dass der Erblasser die M ö g l i c h k e i t besitzt, Vor- und N a c h e r b s c h a f t anzuordnen (§§ 2 1 0 0 ff. B G B ) . Vor- und N a c h e r b s c h a f t bedeutet nicht, dass es an einer regelgerechten Universalsukzession fehlt, bedeutet vielmehr, dass es zu zweimaliger voll regelgerechter Universalsukzession k o m m t . N a c h

§2139

B G B hört mit Eintritt der N a c h e r b f o l g e der Vorerbe auf, E r b e zu sein, und fällt die E r b s c h a f t dem N a c h e r b e n an. N i c h t nur der Anfall an den (oder die) Vorerben, sondern auch derjenige an den (oder die) N a c h e r b e n vollzieht sich im Wege der Universalsukzession. O h n e dass es eines Übertragungsaktes des Vorerben (oder seiner E r b e n ) bedarf, wird der N a c h e r b e automatisch E i g e n t ü m e r aller zum Nachlass gehörenden Sachen, Inhaber aller Nachlassforderungen,

Klageerhebung bedeutet nicht zwingend Annahme der Erbschaft. MüncbKomm/Leipold (Fn. 5), § 1958 Rn. 6. Weitere Möglichkeiten des Nachlassgläubigers: Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts; Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers (§ 1961 BGB), gegen den auch schon vor Annahme der Erbschaft geklagt werden kann. Auch einem vom Erblasser ernannten Testamentsvollstrecker kommt § 1958 BGB nicht zugute. 119 120

36

§1

Universalsukzession

Schuldner aller Nachlassverbindlichkeiten, Träger aller sonstigen aktiven und passiven (auf den Nachlass bezogenen) Rechtspositionen. Der Herausgabeanspruch aus §2130 BGB zieht die Folgerung daraus, dass das Eigentum dem Nacherben bereits angefallen ist, und soll dem Nacherben nicht erst die Stellung des Eigentümers verschaffen. Auch bei der Nacherbfolge gilt das Prinzip des Vonselbsterwerbs, das, ebenso wie bei der normalen Erbfolge, vom Prinzip der Universalsukzession zu trennen ist: Der Nacherbe erwirbt den Nachlass ipso iure, d.h. ohne Erbantritt, behördliche Einweisung etc. Da der Nacherbe Erbe nicht des Vorerben, sondern des Erblassers ist, tritt selbst dann keine Teilerbfolge (nach dem Vorerben) 121 ein, wenn der Erblasser den Eintritt der Nacherbfolge an den Tod des Vorerben geknüpft hat 122 . Wenn somit durch Vor- und Nacherbfolge das Prinzip der Universalsukzession auch nicht durchbrochen wird, so ist doch zuzugeben, dass in einem System, das Vor- und Nacherbschaft kennt, jedenfalls der Vorerbe viel von jenem Glanz verliert, den der Universalsukzessor (heres) im römischen Recht besaß, in dem der Grundsatz galt: Semel heres, Semper heres 123 (einmal Erbe, immer Erbe). 5. Einheitlichkeit

der Übergangscausa

(Unikausalität)

a) Darstellung Fünfter Aspekt der Universalsukzession ist die Einheitlichkeit der Übergangscausa (Unikausalität). Alle Gegenstände des Erblasservermögens gehen auf Grund ein und derselben causa auf den oder die Erben über. Ubergang „als Ganzes" bedeutet in diesem Zusammenhang Ubergang auf Grund ganzheitlicher causa. Causa und dinglicher Vollzug bilden im Erbrecht eine Einheit. Es gibt hier keine Verpflichtungscausa im schuldrechtlichen Sinne (§ 2302 BGB). Auch der Erbvertrag begründet als solcher keine Verbindlichkeiten. Testament und Erbvertrag sind „Verfügungen" von Todes wegen. Diese Verfügungen tragen ihre causa in sich (causa mortis). Causa der gesetzlichen Erbfolge ist das Gesetz. Die causa, die dem Erwerb durch Erbfolge immanent ist, kann weder als entgeltlich noch als unentgeltlich bezeichnet werden 124 . Sie ist, da dem dinglichen 121 „Teil"-Erbfolge deshalb, weil der Vorerbe für sein eigenes, nicht zum Nachlass gehörendes Vermögen einen anderen als den Nacherben zum Erben eingesetzt haben kann. 122 Freilich ist zu bedenken, dass im Nacherbfall der Nacherbe den Nachlass in der Zusammensetzung und in der Lage erwirbt, in der er sich beim Vorerben entwickelt hat. Insofern lässt sich der Rechtserwerb des Nacherben „als Erwerb durch Rechtsnachfolge (auch) nach dem Vorerben" charakterisieren (Meincke, DStJG 10, 1987,19, 22). 123 Dig. 28, 5, 89 i.f. 124 Haymann, Die Schenkung unter einer Auflage, 1905, 79; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. 3/1, 8./9. Aufl. 1919, § 2 9 II b) (S. 207), §63 III c) 2 (S. 489 f.), §81 I

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

37

Erwerb immanent, abstrakt und ohne kausale Farbe. Das gilt auch für die gewillkürte Erbfolge (causa mortis). Auch der durch sie vermittelte Erwerb ist weder unentgeltlich noch entgeltlich, mag der Erblasser bei seiner Verfügung von Todes wegen nun das Gefühl eigener dankbarkeitsheischender Großzügigkeit oder das der durch Mitarbeit und Pflegetätigkeit des Erben oder die „Familiengebundenheit" des Vermögens begründeten „Pflicht" gehabt haben. Dass die causa mortis außerhalb der Kategorien entgeltlich/unentgeltlich steht, hat freilich nichts damit zu tun, dass es bei ihr, anders als bei den schuldrechtlichen causae, nicht um die Legitimation eines Rechtsverlusts beim Veräußerer bzw. Erblasser, nicht um die Legitimation einer Vermögensverschiebung, sondern um die einer Vermögensaufteilung unter den erbrechtlich Bedachten ginge125. Eine solche Behauptung wäre, wenn sie zuträfe, mehr als merkwürdig, da die legitimierende Kraft der causa nun gerade demjenigen gegenüber, der sie alleine und i.d.R. jederzeit widerrufbar schafft, nicht wirken sollte. Vielmehr legitimiert die causa mortis den Rechtserwerb auch und vor allem dem Erblasser gegenüber, denn nur auf diesem Weg wirkt sie, qua Universalsukzession, allen erbrechtlich Beteiligten (auch den Prätendenten) gegenüber. Die causa des erbrechtlichen Erwerbs bedarf keiner weiteren lebzeitigen Kausalgrundlage. Etwa für das Vermächtnis liegt freilich die Versuchung besonders nahe, in Analogie zum Valutaverhältnis beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall für die mit dem Erbfall anfallende Vermächtnisforderung (§ 2174 BGB) noch eine zusätzliche lebzeitige causa als Behaltensgrund zu fordern und bei deren Fehlen oder Unwirksamkeit Kondizierbarkeit der Vermächtnisforderung bzw. des zu ihrer Erfüllung Geleisteten anzunehmen 126 . Doch wäre eine solche Vorstellung verfehlt, denn auch beim Vermächtnis ist das wirksam angeordnete Legat hinreichende (Behaltens-)causa des Forderungserwerbs aus § 2174 BGB. Die beiden Sätze, dass die erbrechtliche causa als solche weder entgeltlich noch unentgeltlich ist und dass sie keiner zusätzlichen lebzeitigen causa bedarf,

b) 1 (S. 633), § 89 Fn. 8 (S. 676); Simson, Der Begriff des Entgeltes, 1909, 54 ff.; Beck, Der Begriff der Unentgeltlichkeit im bürgerlichen Recht, 1973, 11, 16; Windel (Fn.5), 376 ff.; W. Langen, Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des §2301 Abs. 1 Satz 1 BGB, Diss. iur. Köln 1984, 38 f. A.A. v. Tuhr (Fn. 62), §74 II (S. 143) (Verfügungen von Todes wegen sind in der Regel unentgeltlich); BFH, BStBl II 1985, 722 (723) („Der Erwerb durch Erbfall ist ein unentgeltlicher Erwerb"). Speziell zum Erbvertrag: wie im Text Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte, 1899, 604 ff.; a.A. Boehmer, FS Lehmann, Bd. 1,1956, 461 (466 ff.); W. Lüke, Vertragliche Störungen beim „entgeltlichen" Erbvertrag, 1990, 5 ff. 125 So aber Windel (Fn. 5), 378. 126 So in der Tat Hartmann, Begriff und N a t u r der Vermächtnisse im Römischen Recht, 1872,10, 39, 54; Oertmann, Entgeltliche Geschäfte, 1912,115 ff. und neuerdings van Venrooy, Annahme und Ausschlagung von Vermächtnissen, 1990, 16 ff. Dagegen zu Recht Kariowa, Das Rechtsgeschäft und seine Wirkung, 1877, 279ff.; Windel (Fn.5), 385f. Zur Konzeption van Vennrooys näher u. § 2 III 2 c), S. 188 ff.

38

§1

Universalsukzession

sind zwingend. E s handelt sich bei ihnen nicht nur u m den Regelfall beschreibende Sätze. J e d o c h kann auch ein E r w e r b , der den Rechtsgrund in sich trägt, durch A b s p r a c h e der Parteien mit einem zusätzlichen, den dinglichen E r w e r b transzendierenden Rechtsgrund verknüpft w e r d e n 1 2 7 . A u c h der Erbschaftserw e r b vermag daher Gegenstand einer kausalen A b s p r a c h e zwischen Erblasser und E r b e n zu sein, insbesondere entgeltlich ausgestaltet zu werden - nur eben nicht in dem Sinne, dass eine wirksame schuldrechtliche Verpflichtung zur E r b einsetzung begründet werden k ö n n t e (§ 2 3 0 2 B G B ) . Setzt der Erblasser in ein e m (notariell beurkundeten) Vertrag eine Person (erbvertragsmäßig) z u m E r ben ein und verspricht der Eingesetzte seinerseits dem Erblasser oder einem D r i t t e n eine Leistung, so mag ein solcher Vertrag kein „gegenseitiger" Vertrag im Sinne der §§ 3 2 0 ff. B G B sein und es mag dem Erbvertrag auch kein gegenseitiger Schuldvertrag zugrunde liegen - diese stark umstrittenen Fragen k ö n nen hier ganz dahingestellt bleiben - , gleichwohl wird durch ihn der spätere Erbschaftserwerb des E r b e n z u m entgeltlichen E r w e r b . D e r im Ausgangsvertrag eingesetzte E r b e erbringt seine Leistung nicht für die bloße Erbeinsetz u n g 1 2 8 , sondern letztlich für den E r w e r b durch E r b f o l g e . D a b e i kann der E r w e r b von Todes wegen s o w o h l voll- wie auch teilentgeltlich sein. Zu beachten bleibt nur, dass nicht allein schon die Belastung des E r b e n mit Vermächtnissen und Pflichtteilsansprüchen seinen E r w e r b z u m teilentgeltlichen m a c h t 1 2 9 . A u c h in den Fällen, in denen der erbrechtliche E r w e r b entgeltlich ü b e r f o r m t ist, sind die erbrechtlichen Rechtssätze anzuwenden, weil das G e s e t z diese Rechtssätze o h n e R ü c k s i c h t darauf aufgestellt hat, o b der E r w e r b entgeltlich oder u n entgeltlich erfolgt 1 3 0 : A u c h ein entgeltliches Vermächtnis wird in der Nachlassinsolvenz nach § 3 2 7 I I n s O zurückgesetzt, und ein bereits erfülltes entgeltliches Vermächtnis unterliegt der A n f e c h t u n g nach § 3 2 2 I n s O . E r b r i n g t der eingesetzte E r b e die von ihm versprochene Leistung nicht, ist auf den E r w e r b von Todes wegen nicht etwa § 812 B G B anzuwenden; j e d o c h kann in diesem Fall ein Testament v o m Erblasser widerrufen oder nach seinem Tod nach § 2 0 7 8 II B G B angefochten, ein Erbvertrag v o m Erblasser oder seinen E r b e n angefochten ( § 2 2 8 1 B G B ) oder unter den besonderen Voraussetzungen des § 2 2 9 5 B G B durch R ü c k t r i t t des Erblassers beseitigt werden. A u c h die lebzeitige U b e r f o r mung der erbrechtlichen causa (z.B. ihre mittelbare Entgeltlichkeit) ändert mithin an deren drei wesentlichen zivilrechtlichen Charakteristika nichts: D i e erb-

127 Zum Folgenden v. Tuhr (Fn. 62) §74 II (S. 143 f.); Meincke, DStJG 10 (1987), 19 (23 ff.). 128 So aber RFH, RStBl 1935,154; RFH, RStBl 1937,1302; Nds. FG, EFG 1980,190. Dagegen zu Recht Meincke, DStR 1981, 523 (529); ders., DStJG 10 (1987), 19 (25). 129 Was übrigens der einzelne Miterbe im Rahmen der Auseinandersetzung erhält, erwirbt er entgeltlich, es sei denn, der Wert des Zugeteilten übersteigt seine Erbquote. 130 v. Tuhr (Fn. 62), § 74 II (S. 143 f.).

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

39

rechtliche causa ist grundsätzlich bindungsfrei 1 3 1 und in dieser grundsätzlichen Bindungsfreiheit gegen Absprachen geschützt (§ 2 3 0 2 B G B ) . Sie bedarf keiner zusätzlichen lebzeitigen causa, und deshalb kann erbrechtlicher E r w e r b bei wirksamer erbrechtlicher causa nicht mit der Begründung kondiziert werden, es fehle an einer lebzeitigen kausalen Z w e c k a b s p r a c h e zwischen Erblasser und Erwerber. Sie ist weder entgeltlich n o c h unentgeltlich, sondern folgt genuin eigenen Regeln, auch wenn sie de facto (und mit steuerlichen F o l g e n etwa) „entgeltlich" ü b e r f o r m t sein sollte; die besondere N a t u r der causa mortis wird selbst durch mittelbare Entgeltlichkeit nicht beeinflusst. W i r d der gesetzliche oder gewillkürte E r b e durch Gestaltungsurteil für erbunwürdig erklärt (§§ 2 3 3 9 ff. B G B ) , so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt. D i e E r b s c h a f t fällt demjenigen an, der berufen sein würde, w e n n der E r b u n würdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; dieser Anfall gilt als mit dem Eintritt des Erbfalls erfolgt (§ 2 3 4 4 B G B ) . Wird die in einer Verfügung von T o des wegen enthaltene Erbeinsetzung angefochten (§§ 2 0 7 8 ff. B G B ) , so ist die angefochtene Verfügung mit R ü c k w i r k u n g auf den Zeitpunkt ihrer E r r i c h t u n g als nichtig anzusehen (§ 142 I B G B ) . D i e Erbregelung gestaltet sich so, wie wenn die angefochtene Verfügung nie errichtet w o r d e n wäre. D a s E r b r e c h t arbeitet mithin auch bei der Beseitigung der causa mit dem Prinzip der Universalsukzession. D e r für erbunwürdig erklärte Alleinerbe etwa ist nicht nur „verpflichtet", das E i g e n t u m an den einzelnen Nachlassgegenständen auf den nunmehrigen E r b e n zu übertragen; der Nachlass fällt vielmehr dem nunmehrigen E r b e n „als G a n z e s " an. Anders ist die Rechtslage bei Beseitigung der Vermächtniscausa: Wird der Vermächtnisnehmer für vermächtnisunwürdig erklärt oder die Vermächtnisverfügung angefochten und war das Vermächtnis bereits dinglich vollzogen, so hat der E r b e lediglich einen Bereicherungsanspruch auf Rückübertragung des Vermächtnisgegenstandes 1 3 2 . Einheitlichkeit der Ubergangscausa bedeutet nicht, dass die E r b f o l g e insgesamt entweder durch G e s e t z oder durch Verfügung von Todes wegen geregelt sein müsste. D e r Satz des römischen Rechts: N e m o pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest 1 3 3 ( N i e m a n d kann zum Teil unter Hinterlassung eines Testaments, zum Teil ohne Testament sterben) gilt im B G B nicht. Testamentarische und gesetzliche E r b f o l g e schließen sich im geltenden R e c h t keineswegs gegenseitig aus (vgl. §§ 1948, 1951, 2 0 8 8 B G B ) . Bei mehreren M i t e r b e n kann die Erbenstellung des einen durch Gesetz, die des anderen durch Verfügung von Todes wegen angeordnet sein. J a selbst die Position ein und desselben 131

Zur causa mortis bei Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament Windel (Fn. 5),

379 ff. 132 Soergel/Damrau, BGB, 12.Aufl. 1992, §2078 Rn.9; MiinchKomm/Frank, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2345 Rn. 10; Palandt/Edenbofer (Fn. 29), § 2345 Rn. 4. 133 Dig. 50, 15, 7; 15, 16, 151; 29, 2, 39; Inst. 2, 14, 5. Dazu Schmidlin, Die römischen Rechtsregeln, 1970, 62 ff.

40

§1

Universalsukzession

E r b e n kann teilweise auf G e s e t z 1 3 4 , teilweise auf Testament, teilweise auf E r b vertrag beruhen. Beispiel 20: Erblasser A errichtet ein Testament, in dem er seinen einzigen Abkömmling E auf 1/3 des Nachlasses zum Erben einsetzt. Ein Jahr später schließt er mit B einen Erbvertrag, in dem er E ein weiteres Sechstel des Nachlasses zuwendet135. Wiederum ein Jahr später schließt er mit C einen Erbvertrag, in dem E ein weiteres Sechstel erhält. Da E einziger gesetzlicher Erbe des A ist (§§ 1924 I, 1930 BGB), erhält er das fehlende Drittel im Wege der gesetzlichen Erbfolge (§ 2088 I BGB), wenn die Auslegung der Verfügungen von Todes wegen nicht zugleich ergibt, dass A den E auf die ausdrücklich zugewendeten Bruchteile beschränken wollte. Es liegen insgesamt vier verschiedene Berufungsgründe vor. Nach § 1951 I B G B kann E sich für jeden Erbteil gesondert für Ausschlagung oder Annahme entscheiden. Nimmt er alle Erbteile an, ist er Alleinerbe. A u c h wenn die Erbenstellung auf mehrere Berufungsgründe zurückgeht, beruht der U b e r g a n g jedes einzelnen Vermögensgegenstandes auf ein und derselben causa. D i e mehreren Berufungsgründe wirken zusammen, u m eine einheitliche Erbenstellung zu kreieren. D e n n jedenfalls, n a c h d e m die Entscheidung über A n n a h m e und Ausschlagung getroffen ist, erweist sich die Erbenstellung in B e z u g auf den Vermögensübergang nach § 1922 I B G B als einheitliche. D i e hier vertretene Auffassung darf nicht verwechselt werden mit der L e h r e v o m „subjektiven

Erbrecht"136

als dem „einheitlichen R e c h t s g r u n d " für den

„ E r w e r b der rechtlichen Stellung des E r b e n " 1 3 7 . Diese L e h r e ist widersprüchlich 1 3 8 : E n t w e d e r bedeutet sie eine Erklärung nur des „ E r w e r b s " der Erbenstellung im Sinne eines „ius succedendi" oder im Sinne des alten gemeinrechtlichen R e c h t s z u m Erbschaftsantritt. I n dieser Gestalt wäre sie in einem System des Vonselbsterwerbs überflüssig, weil das E r w e r b s r e c h t stets im selben A u g e n blick erlöschen müsste, in dem es entstünde; außerdem und vor allem wäre sie in dieser F o r m keine zureichende Aussage über den „ R e c h t s g r u n d " der E r b e n stellung, der ja immer auch das E r b e - S e i n erklären und legitimieren müsste. Liegt der Schwerpunkt der genannten L e h r e aber auf dem „ R e c h t s g r u n d " (und seiner Einheitlichkeit), so b ö t e sie eine Erklärung weniger (oder überhaupt nicht) für den „ E r w e r b " der Erbenstellung, sondern für den Zustand des E r b e Seins. L ö s t man den Widerspruch auf und legt man die L e h r e in ihrer zweiten

134

BGB).

Und zwar auch auf verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen (vgl. §§1927, 1934

135 § 2289 I BGB greift nicht ein, da die frühere testamentarische Verfügung nicht im Widerspruch zum Erbvertrag steht. 136 Zu den zahlreichen Spielarten dieser Lehre Strohal (Fn. 29), § 5 (S. 34 f.); Dörner, FS Ferid, 1988, 57 ff. 137 Staudinger/Boehmer (Fn. 5), § 1922 Rn. 137 sub b); MünchKomm/Leipold (Fn. 5), Einleitung vor § 1922 Rn. 3 („Wenngleich das Erbrecht demnach kein subjektives Recht iS des Schuld- und Sachenrechts ist, bildet es doch die einheitliche rechtliche Grundlage für den Erwerb der Nachlaßrechte und insofern ist es sinnvoll, von einem Erbrecht im subjektiven Sinn zu sprechen"); wohl auch Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 1 VI 1 (S. 10). 138 Ablehnend auch Windel (Fn. 5), 215.

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

41

Variante zugrunde, so liegt das Missliche an ihr daran, dass sie den falschen 139 Eindruck erweckt, der Erbe besitze ein subjektives Gesamtrecht am Nachlass, über das er verfügen und das Gegenstand seiner Haftung sein könnte. Soll es sich beim „subjektiven Erbrecht" aber überhaupt nicht um ein echtes subjektives Recht handeln, dann läge lediglich eine verwirrende und damit von vornherein zu vermeidende Terminologie vor. Unzutreffend ist die Behauptung, das im deutschen Recht bestehende Nebeneinander von gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge sei nur wegen der Einheitlichkeit des Nachfolgemodus, also wegen der Universalsukzession, technisch möglich 140 . Wenn sich eine Rechtsordnung dazu entschlossen habe, beide Berufungsgründe nebeneinander zuzulassen, sei die Universalsukzession als Nachfolgemodus zwingend 141 . Zwar trifft es zu, dass die Universalsukzession die verschiedenen Berufungsgründe auf der Rechtsfolgenseite zusammenführt. Doch ist Universalsukzession berufungsgrundneutral nicht nur in dem Sinne, dass sie beim Zusammentreffen verschiedener Berufungsgründe in gleicher Weise wirkt, sondern auch in dem Sinne, dass sie als Erwerbsmodus sowohl in einem Erbrechtssystem Verwendung finden kann, das nur entweder gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge im einzelnen Erbfall anerkennt (römisches Recht), wie in einem solchen, das beide Berufungsgründe nebeneinander zulässt. Und umgekehrt könnte sich das Nebeneinander auch der verschiedenen Berufungsgründe durchaus mit einem Nachfolgemodus vertragen, der auf dem Prinzip der Sondernachfolge beruht. b) Einheitliche

causa, als materiale

Legitimation

des

Einheitserwerbs?

Windel vertritt in seinem Buch „Über die Modi der Nachfolge in das Vermögen einer natürlichen Person beim Todesfall" folgende These 142 : Er begreift das Prinzip der Universalsukzession primär als ein solches des „objektiven Vermögensrechts" 143 , das nur auf Grund „objektiv-vermögensrechtlicher" Kriterien, also auf Grund von Entscheidungen des Erblassers, die in Zusammensetzung des Vermögens und Art des einzelnen Vermögensgegenstandes ihren Ausdruck gefunden haben, partiell außer Kraft gesetzt wird 144 . Gleichwohl hat nach ihm der „Erbenstatus" auch besondere „personale Komponenten", die gleichzeitig „Spezifika der Universalsukzession beim Todesfall" sind 145 . Diese personalen Komponenten seien nicht derivativ vom Erblasser auf den Erben übergegangen, sondern vom Erben mit dem Einrücken in die Erbenstellung originär er139 140 141 142 143 144 145

S.u. § 1 II 6, S. 44 ff. Windel (Fn. 5), 221 Fn. 22. Ebd., 4. Fn. 5, 194, 215, 219 ff. 1. Hauptteil (S. 1 ff.). 2. Hauptteil (S. 96 ff.). S. 219.

42

51

Universalsukzession

w o r b e n . Bei den personalen Spezifika der Universalsukzession handle es sich „um den wesentlichen Inhalt des Erbenstatus selbst" 1 4 6 . Der Rechtsgrund für die personale Komponente der Erbenstellung könne daher nur darin liegen, dass gerade diese Person u n d nicht eine andere Erbe g e w o r d e n ist. Der Beruf u n g s g r u n d bestimme nicht nur darüber, w e r Erbe ist, „sondern auch darüber, welche materiale Stellung ein Erbe hat" 1 4 7 . Der B e r u f u n g s g r u n d hat nach W i n del eine doppelte Funktion: Er dient der A u s w a h l des oder der geeigneten Erben. U n d er legitimiert den Erbenstatus u n d dadurch die personale Seite der Universalsukzession. Damit sind rechtspolitische A n f o r d e r u n g e n an den Berufungsgrund, d.h. an die Ausgestaltung von gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge, gestellt. Was die gesetzliche Erbfolge angeht, so sieht Windel die zweite Funktion am besten gewährleistet, w e n n die Erbfolge an familienrechtliche Statusverhältnisse anknüpft 1 4 8 . Die unmittelbare A n k n ü p f u n g an biologische und soziale Verhältnisse vermöge den durch Universalsukzession erworbenen Erbenstatus nicht zu legitimieren 1 4 9 . Wer z.B. ein gesetzliches Erbrecht f ü r Betreuungspersonen vorschlage, wisse nicht, jedenfalls nicht im Zeitpunkt des Erbfalls, in w e l c h e m U m f a n g die Betreuungstätigkeit eine Erbenstellung rechtfertige. Bei einem Erbrecht für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft müsse erst überprüft werden, ob die Beziehung der beiden Partner in hinreichendem, Rechtssicherheit verbürgendem M a ß e verfestigt war. Das vertrage sich nicht mit Universalsukzession, die, da unmittelbar mit dem Erbfall eintretend, sofortige Klarheit über die Erbenstellung verlange. Bei gewillkürter Erbfolge fehlt naturgemäß die Möglichkeit, an ein schon zu Lebzeiten des Erblassers bestehendes personenrechtliches Verhältnis a n z u k n ü p f e n . N a c h Windel muss die personale Komponente der Sukzession daher hier „durch eine besondere Qualität der Verfügung von Todes w e g e n ad hoc geschaffen w e r d e n " 1 5 0 . Dies leistet in seinen A u g e n das materiale Prinzip der Höchstpersönlichkeit der Verfügung von Todes wegen (§ 2065 BGB), vor dessen A u f w e i c h u n g , etwa i m Zusammenhang mit der N a c h f o l g e r b e s t i m m u n g im R a h m e n eines U n t e r n e h mertestamentes, er w a r n t . A u s den §§ 2151, 2152, 2193, 2198 B G B ergebe sich, dass der G r u n d s a t z der Höchstpersönlichkeit in vollem U m f a n g nur für die Erbeinsetzung und nicht für die Bestimmung anderer Personen 1 5 1 gelte. Damit w e r d e der besonderen Qualität der Universalsukzession Rechnung getragen. „Die Vorschrift (seil, des § 2065 B G B ) ist insoweit das Bindeglied zwischen gesetzlicher u n d gewillkürter Erbfolge, als sie eine A b w e i c h u n g von der mit eigenem materialem Rechtswert ausgestatteten Regelung der §§ 1924 ff. B G B nur 146 147 148 149 150 151

Ebd. S.215. S. 222 ff. S. 231 ff. S. 235. Windel beschäftigt sich nur mit § 2065 II Alt. 1 BGB.

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

43

auf G r u n d höchstpersönlicher Entscheidung des Erblassers z u l ä ß t . " 1 5 2 Weiche man § 2 0 6 5 B G B auf, so würde die Zulassung eines E r b e n auf G r u n d D r i t t b e stimmung post m o r t e m zu einem Schwebezustand führen, der mit dem Anfallund Ausschlagungsprinzip kollidieren würde, das für die E r b f o l g e eine wesentlich größere Bedeutung als für das Vermächtnis habe. M a n kann Windeis T h e o r i e so zusammenfassen: I n d e m die causa des E r b e n erwerbs nicht nur den Universalsukzessor, sondern auch die Universalsukzession legitimiert, wird die causa des E r b e n e r w e r b s nicht nur [wie unter a) beschrieben] formal

(insofern sie einheitliche causa ist), sondern auch

(insofern sie causa einheitlichen 1 5 3 E r w e r b s ist) zum legitimierenden

grund des universalsukzessorischen

material Rechts-

Einheitserwerbs.

D i e Ausführungen Windeis haben, originell wie sie sind, gewiss manches für sich. Ihr Verdienst liegt nicht zuletzt in Zusammenhänge erhellenden E i n z e l b e obachtungen. Letztendlich vermögen sie im K e r n j e d o c h nicht zu überzeugen. Sie beachten zunächst nicht hinreichend die Neutralität,

die das Prinzip der

Universalsukzession gegenüber den einzelnen Nachlassgegenständen und der Person der Sukzessoren wahrt 1 5 4 . Ihnen w o h n t eine Tendenz inne, verschiedene mögliche N a c h f o l g e r für nicht „erbwürdig" zu erklären, sie, falls rechtspraktisch ihre Beteiligung am Nachlass gewünscht wird, auf die Stufe b l o ß schuldrechtlich Beteiligter, etwa als Begünstigte eines gesetzlichen Vermächtnisses, herabzudrücken. Eine solche Wertung kann aber keinesfalls aus dem Prinzip der Universalsukzession abgeleitet werden, schon gar nicht als zwingende K o n sequenz. Eigentlich stellen Windeis Ausführungen, wie v o r allem die von ihm verwendeten Beispiele zeigen, den Versuch dar, nicht das Prinzip der Universalsukzession, sondern das des Vonselbsterwerbs

zu begründen. Beide Prinzipien dürfen

jedoch nicht in eins gesetzt werden 1 5 5 . A b e r auch aus der Sicht des Vonselbsterwerbs sind Windeis Ausführungen nicht ohne weiteres einleuchtend. In zahlreichen Konstellationen (Ausschlagung des Vorberufenen, Anfechtung, E r b u n würdigkeit) wird durch die doppelte R ü c k w i r k u n g s f i k t i o n v o n § 1953 I, I I B G B ein bisweilen ganz erheblicher Zeitraum ü b e r b r ü c k t 1 5 6 . M a n wende nicht ein, in diesen Fällen sei wenigstens von Anfang an ein (wenn auch später wegfallender und rückwirkend durch einen anderen ersetzter) E r b e da, während es etwa bis zur Feststellung der E r b p o r t i o n einer Betreuungsperson oder bis zur

152

S. 2 3 6 f.

„Einheitlich" im doppelten Sinne: Einmal im Sinne der Universalsukzession als solcher und zum anderen in dem Sinne, dass der E r w e r b s m o d u s (Universalsukzession) bei allen B e r u fungsgründen (gesetzliche Erbfolge, gewillkürte Erbfolge, gemischte gesetzlich-gewillkürte E r b f o l g e ) derselbe ist. 154 Zu dieser Neutralität genauer u. § 2 V, S. 2 4 0 . 155 S.o. § 1 I, S. 2 f. und u. § 2 V, S. 2 4 0 f. 1 5 6 S.u. § 2 1 1 1 1 d ) , S . 169. 153

44

§ 1 Universalsukzession

Bestimmung des Erben durch einen Dritten an einem „vorläufigen" Erben fehle. Ohne weiteres könnten in den zuletzt genannten Fällen die gesetzlichen Erben „vorgeschaltet" werden, falls es dessen überhaupt bedarf, was bei Vorhandensein weiterer Erben (Anwachsung) fraglich sein kann. Dabei könnten die gesetzlichen Erben im Wege der konstruktiven Vorerbschaft (§ 2105 B G B ) vorgeschaltet werden oder bei gewollter Rückwirkung später wieder wegfallen. Jedenfalls, und das ist das Entscheidende, gibt es hinlängliche technische Mittel, um „Schwebelagen" konstruktiv zu bewältigen, ohne dass man gleich mehrere Gruppen potentieller Erben von der Erbfolge fernhalten müsste. Insgesamt muss festgehalten werden, dass das Prinzip der Universalsukzession seine Legitimation nicht aus der inhaltlichen Gestaltung des Berufungsgrundes bezieht, sondern aus den positiven Folgen, die es zeitigt. Selbst wenn man aber die Dinge anders sehen wollte, bliebe immer noch folgender Einwand: Dass nur bestimmte Personen einen bestimmten Status (Erbenstatus) verdienen, heißt noch nicht, dass es sinnvoll und wünschenswert ist, einen solchen Status überhaupt zu schaffen oder aufrechtzuerhalten. Anders formuliert: Selbst eine inhaltlich noch so optimierte Berufungsordnung vermag nicht den Status der Berufenen zu legitimieren, es sei denn, man ordnet das Berufungsrecht vollständig dem Erwerbsmodus unter und achtet bei seiner vorgesehenen Gestaltung nur noch auf die Eignung der Berufenen für den Erwerbsmodus. Damit freilich würde man den eigenständigen Gerechtigkeitsgehalt der Berufungsordnung preisgeben.

6. Kein Gesamtrecht am Nachlass a) Grundsatz Die Erbschaft als solche ist kein Rechtsobjekt. Dass die Erbschaft „als Ganzes" übergeht, meint nicht, dass mit der Erbschaft „ein Ganzes" übergeht. Die einzelnen Rechte und Verbindlichkeiten, die die Erbschaft ausmachen, werden nur für den einen Augenblick des Ubergangs und nur für die Zwecke des Übergangs zur Einheit zusammengefasst, um nach dem Übergang wieder in eine Vielzahl von Rechten und Verbindlichkeiten auseinanderzufallen. Der Erbe erlangt kein einheitliches dingliches Recht an der Erbschaft157. Erbfolge vollzieht sich als „successio in universum ius" 1 5 8 , nicht als „successio in universitatem iuris". Dass die Worte „als Ganzes" nicht Merkmale des Erbschaftsbegriffs, sondern Merkmale des Erwerbsvorgangs sind, ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte des § 19221 B G B . Die Norm hatte im ersten Entwurf des B G B 157 Staudinger/Boehmer (Fn.5), §1922 Rn. 137; v. Lübtow (Fn. 79), Bd. 2, 769; MünchKomm!Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 57. 158 Dig. 50, 17,62.

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

45

folgende Fassung: „Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht das Vermögen derselben als Ganzes (Erbschaft) auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über." Wäre es bei dieser Fassung geblieben, so wäre Erbschaft als „Vermögen des Erblassers als Ganzes" zu definieren gewesen und die Annahme hätte nahegelegen, der Erbe erwerbe ein Gesamtrecht am Nachlass. In der jetzigen Fassung spricht auch der Wortlaut des Gesetzes gegen diese Annahme. Richtig ist allerdings, dass jeder Erbfall nur eine Erbschaft (oder ohne Bezug auf das Subjekt der Nachfolge gesprochen: nur einen Nachlass) entstehen lässt und dass diese Erbschaft (dieser Nachlass) ein in vielerlei Hinsicht einheitlich zu behandelnder Vermögenskomplex ist (vgl. z.B. §§ 1975 ff. BGB). Doch hat dies nichts zu tun mit der Frage nach der Existenz eines Gesamtrechts an der Erbschaft (dem Nachlass). Teile der gemeinrechtlichen Literatur des 19. Jahrhunderts haben freilich das Gegenteil gelehrt - in Verfehlung der Quellen, die sie zu interpretieren vorgaben, in Wirklichkeit aber im Dienste einer vorgefassten Theorie verbogen. Hier bekam man etwa Folgendes zu hören: Der Erbgang sei weniger ein vermögensrechtlicher als ein personenrechtlicher Vorgang, nämlich der Eintritt des Erben „an die Stelle" eines anderen, des Erblassers, den er nunmehr „repräsentiere". In der Erbfolge vollziehe sich eine Nachfolge in die „vermögensrechtliche Persönlichkeit" des Erblassers, die eben wegen der Universalsukzession über die zufällige physische Grenze des Lebens hinaus fortbestehe. Pointiert formuliert: Nicht das Vermögen des Erblassers wird vererbt, sondern der Erblasser selbst (bzw. dessen „vermögensrechtliche Persönlichkeit"). Angesichts solcher Gedankengänge lag die Annahme nicht fern, dass im Rahmen der Universalsukzession ein „Gesamtrecht" übergehe. Zuerst und am deutlichsten findet sich die Theorie ausgeprägt bei Puchta 159 : Das Erbrecht als subjektives Recht ist nach ihm das „Recht an der (in den Erben übergegangenen) Person des Erblassers"; „die Fortdauer der Persönlichkeit des Erblassers und die dadurch bedingte rechtliche Unterscheidung der Erbschaft als eines besonderen Vermögens" ist nicht auf die Zeit der hereditas iacens beschränkt - das römische Recht verlangt für den Regelfall Erbantritt - , sondern erstreckt sich auch auf die Zeit nach dem Eintritt des Erben. Das „Erbrecht" ist also nach Puchta noch nach dem Erwerb der Erbschaft da, als ein sowohl vom Eigenvermögen des Erben wie auch von den einzelnen ererbten Rechten verschiedenes Recht am ererbten Vermögen als einer Ganzheit. Die Annahme einer Nachfolge in die vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers dient bei Puchta nicht nur dazu, den Übergang des Erblasservermögens als eines Ganzen zu bewerkstelligen oder „zu denken", vielmehr existiert diese vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers auch noch nach dem Erbschaftserwerb im Erben weiter, und eben sie 159 Pandekten, 12. Aufl. - besorgt von Schirmer - 1877, §§ 446, 447; Vorlesungen über das heutige römische Recht, Bd. 2, 3. Aufl. - hrsg. v. Rudorf'f- 1852, 284 ff., 962.

46

§1

Universalsukzession

ist es, die, vermittelt durch das R e c h t des E r b e n an ihr, dem E r b e n ein (fortbestehendes) G e s a m t r e c h t am Nachlass verschafft 1 6 0 . Solche Gedankengänge haben jedenfalls mit dem B G B nichts zu tun. H i e r hat der E r b e mit dem Erbfall einzelne R e c h t e und Verbindlichkeiten, aber kein G e s a m t r e c h t an der E r b s c h a f t erworben. I n der zweiten B G B - K o m m i s s i o n waren die W o r t e „als G a n z e s " übrigens von mehreren Seiten beanstandet w o r den, weil man die G e f a h r sah, die Fassung des Gesetzes k ö n n t e mit der P u c h t a schen L e h r e identifiziert w e r d e n 1 6 1 . M a n habe, wurde ausgeführt, im L e b e n nur die einzelnen R e c h t e und Verbindlichkeiten als einzelne und nicht n o c h einmal dieselben als Ganzes; die Zusammenfassung finde nur mit R ü c k s i c h t auf den E r b g a n g statt. Von anderer Seite wurde, ohne dass man hier etwa die P u c h t a sche Lehre billigen wollte, erwidert, die B e z e i c h n u n g des Ubergangs als eines G a n z e n gebe der Idee des Erbgangs einen „plastischen A u s d r u c k " . M a n einigte sich schließlich dahin, die Beibehaltung oder Streichung der W o r t e „als G a n zes" der R e d a k t i o n s k o m m i s s i o n anheimzustellen. D i e R e d a k t i o n s k o m m i s s i o n beließ es dann (in der hier fraglichen H i n s i c h t ) bei der Fassung des E n t w u r f s . E s gilt nach alledem für das B G B der Satz, den B r i n z in seinen Pandekten schon 1860 aussprach: „Wie N i e m a n d sein V e r m ö g e n anders hat, als in dessen einzelnen Theilen, so kann es N i e m a n d anders b e k o m m e n . " 1 6 2 Beispiel 21: Alleinerbe E verkauft „die ihm angefallene Erbschaft" an B. Dieser Vertrag, für den mit den Modifikationen der §§ 2371 ff. B G B grundsätzlich die §§ 433 ff. B G B gelten, kann dinglich nur so vollzogen werden, dass alle zur Zeit des Verkaufs vorhandenen Erb-

160 In der Annahme einer Nachfolge des Erben in die vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers sind Puchta mehrere Autoren gefolgt; vgl. etwa v. Keller, Pandekten - hrsg. v. Friedberg - , 1861, §456; Neuner, Die Heredis institutio ex re certa, 1853, § 1; Jhering, Abhandlungen aus dem Römischen Recht, 1844 (Nr. 3); Arndts, Lehrbuch der Pandekten, 14. Aufl. 1889, §§461, 521; v. Scheuerl, Beiträge zur Bearbeitung des Römischen Rechts, Bd. 1, 1853 (Nr. 1); ähnlich noch Sohm/Mitteis/Wenger, Institutionen, 17. Aufl. 1924, §97 II (S. 554 f.). Nicht alle folgten Puchta freilich in der Behauptung, die vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers lebe im Erben auch noch nach dem Erwerb der Erbschaft weiter (ablehnend etwa Jhering, aaO.). - Die ganze von Puchta begründete Theorie der Universalsukzession bekämpfend Brinz, Lehrbuch der Pandekten, Zweite Abtheilung, 1860, §151 (S. 654 ff.); Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Bd. 6, 1871, §2; Windscheid/Kipp (Fn. 10), § 528. - Anwandlungen der alten Lehre in RFHE 45, 346 (348) (die Erben setzten „die Persönlichkeit des Erblassers" fort) und BFHE 139, 265 (268) (der Gesamtrechtsnachfolger setze „die Person" seines Rechtsvorgängers fort). Kritisch zur „Fortsetzungsthese" des BFH Ruppe, DStJG 10 (1987), 45 (47 ff., 53 ff.); Staudinger/Marotzke (Fn. 11), § 1922 Rn. 46; vgl. auch Windel (Fn. 5), 195 ff. 161 Protokolle, V, 2. 162 Lehrbuch der Pandekten, Zweite Abtheilung, 1860, §151 (S.656). Vgl. auch Binder, Die Rechtsstellung des Erben, Teil 3, 1905, 19: „Das Vermögen ist nach dem BGB. nicht eine Einheit, sondern eine Vielheit, eine blosse Summe, welche den äusseren Schein der Einheit nur durch das gemeinsame Subjekt der einzelnen Summanden erhält ... Das Vermögen bildet ... auch keine Einheit im Moment des Todes seines Subjekts; der Erbe succediert in eine Summe von Rechten, nicht in ein Recht, da ein solches nicht bestand und nicht besteht."

II. Die verschiedenen Aspekte der

Universalsukzession

47

schaftsgegenstände nach den für die einzelnen Gegenstände geltenden Vorschriften (S§ 929 ff.; 873, 925 ff.; 398 ff. BGB) einzeln auf B übertragen werden - weshalb z.B. der Käufer durch guten Glauben auch Eigentum an solchen Sachen erwerben kann, die nicht zum Nachlass gehören 163 . Eine Erfüllung des Kaufvertrages durch einheitliche dingliche Verfügung über ein Gesamtrecht an der Erbschaft ist nicht möglich. Der Wortlaut des § 2374 B G B ist missverständlich. Er könnte die Vermutung nahelegen, dass das Erbschaftsvermögen durch irgendeinen Gesamtakt automatisch auf den Erwerber bereits übergegangen und nun nur noch „herauszugeben" wäre (etwa wie bei SS 2130, 2139 BGB). In Wirklichkeit steht S 2374 B G B in engem Zusammenhang mit § 433 I BGB: Der Verkäufer ist nicht nur zur Herausgabe verpflichtet, sondern schuldet Ubereignung jeder einzelnen Sache, Verschaffung jedes einzelnen Rechts, und diese Pflicht wird sogar, über S 433 B G B hinausgehend, auf die Surrogate erstreckt. Beispiel 22: E setzt seinen Sohn S zum Alleinerben ein. Ferner ordnet er zugunsten der F, seiner Ehefrau, ein Vermächtnis an: Diese soll den lebenslänglichen Nießbrauch am gesamten Nachlass des E erhalten. - S 1089 B G B zeigt, dass der „Nießbrauch an einer Erbschaft" ein seit langem bekanntes und auch vom Gesetz anerkanntes Institut ist. Die in S 1089 B G B enthaltene Verweisung auf die SS 1085 bis 1088 zeigt jedoch zugleich, dass das von E ausgesetzte Vermächtnis nur vollzogen werden kann, indem der Nießbrauch an jedem einzelnen Nachlassgegenstand nach den für diesen maßgeblichen Regeln bestellt wird (S 1085 S. 1 BGB). Gäbe es ein einheitliches, eigentumsähnliches Recht am Gesamtnachlass, müsste der Nießbrauch durch einheitliches Rechtsgeschäft dinglich begründet werden können. Universalsukzession bedeutet auch nicht,

dass das Erblasservermögen nach

dem Übergang ein neben dem eigenen Vermögen des Erben stehendes vermögen

Sonder-

wäre. Vielmehr geht die vermögensrechtliche Sphäre des Erblassers

in derjenigen des E r b e n auf, die Erbschaft vereinigt sich mit dem Vermögen des Erben, es tritt „confusio b o n o r u m " ein. Eine Forderung des Erblassers gegen den E r b e n und eine solche des Erben gegen den Erblasser erlischt mit dem E r werb der Erbschaft wegen Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit. Diesen Satz spricht das Gesetz nicht ausdrücklich aus. E s setzt ihn aber, wie die §§ 1976, 2 1 4 3 , 2 1 7 5 B G B zeigen, voraus, und zwar eben deshalb, weil er sich bereits aus der in § 1922 I B G B geregelten Universalsukzession ergibt 1 6 4 . Eine weitere Folge der Vermögensvereinigung besteht darin, dass der E r b e grundsätzlich auch persönlich mit seinem eigenen Vermögen haftet und umgekehrt Eigengläubiger des Erben grundsätzlich auch auf den Nachlass zugreifen können - solange, bis eine Maßnahme der Haftungsbeschränkung ergriffen wird

163 Nach § 2030 BGB steht, wer „die Erbschaft durch Vertrag von einem Erbschaftsbesitzer erwirbt" - missverständlich, denn die Erbschaft als solche kann nicht durch einheitliches Rechtsgeschäft erworben werden! - , im Verhältnis zum Erben einem Erbschaftsbesitzer gleich. Das bedeutet namentlich, dass im Verhältnis zum (wirklichen) Erben gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist, die §S 932, 892, 2366 f. BGB also nicht zur Anwendung kommen. Dies gilt sowohl für Sachen, die im Eigentum des Erben, wie für solche, die im Eigentum eines Dritten stehen. Wer vom Erbschaftsbesitzer die Erbschaft kauft, wird gewissermaßen behandelt, wie wenn er dessen Universalsukzessor wäre. 164 So zu Recht Heinsheimer, Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch mit seinen Nebengesetzen und das Badische Recht, Bd. 2, 1./2. Aufl. 1905, 379.

48

§ 1

Universalsukzession

(SS 1975 ff., 1990 f. BGB), wodurch sich dann erst der Nachlass als Sondervermögen konstituiert 165 . Eine gewisse Sonderbehandlung, und zwar schon mit dem Erbfall, erfährt der Nachlass bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Zwar treten auch hier, entgegen der h.M., Konfusion und Konsolidation ein 166 und haftet auch hier der Erbe grundsätzlich persönlich 167 , doch verhindert $2214 B G B für die Dauer der Testamentsvollstreckung, dass Eigengläubiger des Erben auf den Nachlass zugreifen 168 . b) Ansprüche

auf

Gesamtherausgabe

Dass eine Reihe von Herausgabeansprüchen den Nachlass als Ganzes zum Gegenstand haben (§§ 2018, 2031, 2130 BGB), bedeutet keineswegs, dass der Erbe ein dingliches Gesamtrecht am Nachlass besitzt. Der Anspruch aus § 2018 B G B etwa (hereditatis petitio) wird heute zwar von allen als ein sowohl dem Entstehungsgrund wie auch dem Gegenstand nach einheitlicher Gesamtanspruch angesehen, der neben die weiterhin gegebenen Einzelansprüche aus §S 985, 812, 861, 1007, 823 B G B tritt 169 . Doch muss der Erbe auch hier seinen Anspruch auf die einzelnen Gegenstände richten und im Klageantrag die herausverlangten Gegenstände einzeln angeben ( S 253 II Nr. 2 ZPO). Der Beklagte kann auch gegen den Gesamtanspruch Einzeleinreden erheben, mit denen er nur ein Recht auf einzelne der herausverlangten Gegenstände behauptet 170 . Rechtshängigkeit und Rechtskraft erstrecken sich nur auf die herausgeforderten einzelnen Gegenstände 171 . Die S § 2018 ff. B G B dienen in erster Linie dem Schutz des Erben, indem sie diesen von der Last befreien, die spezifischen Voraussetzungen jedes einzelnen sonst gegebenen Herausgabeanspruchs (Eigentum des Erben und gegenwärtiger Besitz des Schuldners bei S 985 B G B , besseres Besitzrecht bei § 1007 B G B etc.) nachzuweisen 172 . Gäbe es so etwas wie ein „Eigentum" am Gesamtnachlass, dann müsste schon dessen leicht fahrlässige Verletzung eine Schadensersatzpflicht nach S 823 I B G B auslösen 173 . Das würde gegen die in §§ 2021, 2023 f. B G B angeordnete Privilegierung des unverklagten gutgläubigen Erbschaftsbesitzers verstoßen. Zu Recht Weitere Folgen lassen sich am obigen Beispiel 12 veranschaulichen. Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, 274 ff. m.w.N. zu abweichenden Ansichten. 167 Ebd., 103 ff. 168 Ebd., 95 ff. 169 Vgl. etwa Münch Komm/Frank (Fn. 132), §2018 Rn. 7 ff. m.w.N. zu früher vertretenen abweichenden Auffassungen (Bspl.: Der Erbschaftsanspruch als bloße Summe der erbrechtlich modifizierten Einzelansprüche). 170 Palandt/Edenhof er (Fn. 29), vor § 2018 Rn. 2. 171 Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 40 III 2 a) (S. 1055). 172 Bei §2018 B G B braucht der Erbe nur zu beweisen, dass er Erbe und der Gegner Erbschaftsbesitzer ist. 173 So in der Tat, wenngleich mit anderer Begründung, Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 40 III 1 (S. 1054) (Die Stellung des Erben sei ein absolutes Recht im Sinne von §823 I BGB); gegen 165 166

II. Die verschiedenen

Aspekte der

Universalsukzession

49

sagt daher schon Brinz in seinen Pandekten, es liege „nahe, dass aus demselben Rechtsgrunde, aus welchem ein ganzer Inbegriff von einzelnen Vermögensstücken mit Einem Male erworben wird, derselbe mit Einem Male auch eingeklagt werden könne; also läßt sich sehr wohl auch eine ,de universitate actio' denken..., ohne daß man deswegen ein eigenes Recht an dieser universitas aufstellen müßte" 1 7 4 . c)

Erbengemeinschaft

Das B G B hat die Gemeinschaft mehrerer Erben als Gesamthandsgemeinschaft ausgestaltet. Kein Miterbe kann über seinen - rechtlich gar nicht existenten 175 Anteil am einzelnen Nachlassgegenstand verfügen (§ 2033 II B G B ) . Der Nachlass wird vielmehr „gemeinschaftliches Vermögen" (§ 2032 I B G B ) . Jeder Miterbe hat die Möglichkeit, über seinen „Anteil an dem Nachlasse" zu verfügen (§ 2033 I BGB). Im römischen Recht war die Erbengemeinschaft dagegen Bruchteilsgemeinschaft: Jeder Erbe erwarb an den einzelnen Nachlassgegenständen (disponibles) Bruchteilseigentum entsprechend der Erbquote. Nur bei unteilbaren Gegenständen trat eine Art solidarische Berechtigung ein. Dasselbe galt bei unteilbaren Verpflichtungen. Teilbare Forderungen und Schulden wurden ipso iure geteilt. Es hat den Anschein, als ob unser Satz, der Erbe erwerbe kein Gesamtrecht am Nachlass, für die Erbengemeinschaft des B G B zurückgenommen werden müsste. Eine solche Schlussfolgerung wäre jedoch voreilig 176 . Gäbe es ein Bruchteilseigentum der Miterben am einheitlichen Rechtsobjekt „Nachlass", dann müsste nicht nur jeder Teilhaber über seinen Anteil am Nachlass, sondern es müssten (entsprechend § 747 S. 2 B G B ) alle Teilhaber gemeinschaftlich über den gemeinschaftlichen Gegenstand „Nachlass" verfügen können. Eine solche gemeinschaftliche Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand ist (nach richtiger Auffassung zu § 747 S. 2 B G B ) etwas anderes als eine koordinierte Verfügung jedes Teilhabers über seinen Anteil. Von einer gemeinschaftlichen Verfügung der Erben über den Nachlass ist aber in §§ 2032 ff. B G B nicht

Lange/Kuchinke Wieling, JZ 1986, 5 (7); Gursky, FS v. Lübtow, 1991, 211 (220); v. Lübtow (Fn. 79), Bd. 2, 769. 174 Zweite Abtheilung, 1860, § 156 (S. 673). 1 7 5 H.M., RGZ 61, 76, str. 1 7 6 Vgl. auch Binder (Fn. 162), 18: Unrichtig sei die Auffassung, „welche der Erbengesamtheit ein ungeteiltes Recht an dem als universitas gedachten Nachlass gewährt". - Auch dass der Nacherbe (und zwar auch der alleinige Nacherbe) in der Zeit zwischen Vor- und Nacherbfall ein dem Rechtsverkehr unterliegendes Anwartschaftsrecht besitzt (ganz h.M., vgl. nur RGZ 101, 185; 170, 163, 168; MünchKomm/Grunsky, BGB, 3. Aufl. 1997, §2100 Rn.27 m.w.N.), nötigt nicht zur Zurücknahme des Ausgangssatzes; ebenso wenig die Tatsache, dass der Erbschaftsanspruch aus §§ 2018 ff. BGB abtretbar ist (dazu - übertreibend - Staudinger/ Boehmer - Fn. 5 - , § 1922 Rn. 137), denn die Abtretung dieses Anspruchs verschafft dem Zessionar noch nicht die Eigentümerstellung an den Nachlassgegenständen.

50

§ 1

Universalsukzession

die Rede. D i e E r b e n k ö n n e n daher z . B . w o h l Pfandrechte an jedem Erbteil, nicht aber ein Pfandrecht am „ N a c h l a s s " begründen. G ä b e es ein G e s a m t r e c h t am Nachlass, so müsste die Zerstörung eines Nachlassgegenstandes zugleich eine zu § 823 I B G B führende Verletzung des Gesamtrechts darstellen. D a das Gesamtrecht den E r b e n in Bruchteilsgemeinschaft zustünde, stünde auch der durch Verletzung des Gesamtrechts begründete Schadensersatzanspruch aus § 823 I B G B den E r b e n in Bruchteilsgemeinschaft zu. Ü b e r ihren Anteil an diesem Schadensersatzanspruch müssten die E r b e n daher einzeln verfügen k ö n nen. Das widerspräche § 2 0 4 0 B G B . B e z e i c h n e n d ist ferner, dass Nachlassverwalter und Nachlassinsolvenzverwalter auch bei einer Erbengemeinschaft nicht in der Lage sind, über den Nachlass als G a n z e s zu verfügen 1 7 7 . Insgesamt kann man sagen, dass der Nachlass auch bei der Miterbengemeinschaft kein O b j e k t eines Gesamtrechts darstellt, vielmehr der Erbteil des einzelnen Miterben nichts anderes ist als die S u m m e der gesamthänderischen Mitberechtigung an allen einzelnen Nachlassgegenständen. U b e r h a u p t muss festgestellt werden, dass der Gesamthandscharakter der Erbengemeinschaft, vom Prinzip der Universalsukzession her betrachtet, historisch und logisch zufällig und keineswegs zwingend ist. Universalsukzession ist vor allem ein bestimmter Ü b e r g a n g s m o d u s . Aus ihr kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Nachlass auch nach dem Ü b e r g a n g eine irgendwie geartete Einheit sein müsste. U n d o b w o h l es, wie gezeigt, auch bei der E r b e n g e m e i n schaft kein G e s a m t r e c h t am Nachlass gibt, bedeutet die Gesamthandsgemeinschaft doch unleugbar eine starke Entindividualisierung und Vereinheitlichung der Nachlassverhältnisse: N i c h t nur hat der einzelne M i t e r b e bei ihr keinen Anteil an den Nachlassgegenständen. E s tritt auch, anders als beim Alleinerben, (bis zur Teilung) keine confusio b o n o r u m und auch keine persönliche H a f t u n g der M i t e r b e n ein (§ 2 0 5 9 B G B ) . Diese Regelungen machen die E r b e n g e m e i n schaft schwerfällig und bringen sie in vielfältige Strukturgegensätze zur R e c h t s lage beim Alleinerben.

7.

Zusammenfassung

Dass das Erblasservermögen nach § 1922 I B G B „als G a n z e s " auf den oder die E r b e n übergeht, bedeutet zusammengefasst Folgendes: D e r oder die E r b e n rücken ganz alleine

(Unilinearität) in das ganze

Vermögen

salität i.e.S.) nach, indem dieses Vermögen in ganz dalität) zu ganz cher

causa

demselben

Zeitpunkt

des Erblassers (Univer-

einheitlicher

Weise

(Unitemporalität) auf G r u n d

(Unimoganzheitli-

(Unikausalität) auf sie übergeht. Dass die E r b s c h a f t „als G a n z e s "

übergeht, heißt j e d o c h nicht, dass mit der E r b s c h a f t „ein G a n z e s " übergeht. D i e E r b s c h a f t ist weder vor n o c h nach dem Ü b e r g a n g eine universitas iuris. 177

Und übrigens auch nicht über die Anteile der Miterben.

III. Zwingender

Charakter der

Universalsukzession

51

III. Zwingender Charakter der Universalsukzession § 1749 II des ersten BGB-Entwurfs von 1888 enthielt noch folgende allgemeine Vorschrift: „Der Uebergang des Vermögens als eines Ganzen (Erbfolge) kann von dem Erblasser nicht ausgeschlossen werden." Die praktische Bedeutung dieser Regelung sah die erste BGB-Kommission darin, dass eine Disposition wirkungslos sei, die sich darauf beschränke, den Eintritt der Erbfolge zu verbieten, und dass, wenn der Erblasser ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einsetzung eines Erben lediglich über einzelne Stücke des Nachlasses verfüge, die gesetzliche Erbfolge eintrete. Eine besondere Vorschrift dieses Inhalts sei mit Rücksicht auf deren fundamentale Bedeutung zweckmäßig 178 . Die zweite BGB-Kommission strich den § 1749 II des Entwurfs, aber nicht etwa, weil man ihn für falsch hielt, sondern weil man den in ihm enthaltenen Satz als selbstverständlich betrachtete und er sich überdies bereits aus einer richtigen Auffassung der §§ 1937 ff. BGB ergebe 179 . Der Erblasser kann nach alledem, außer in den gesetzlich zugelassenen Fällen, keine Sondererbfolge und keine Sonderrechtsnachfolge anordnen und auch nicht den Rechtsübergang überhaupt ausschließen. Anders als bei der Begründung der Gütergemeinschaft (einem anderen Fall von Universalsukzession), bei dem die Ehegatten durch Ehevertrag einzelne Gegenstände zum Vorbehaltsgut erklären können (§ 1418 II Nr. 1 BGB), vermag der Erblasser grundsätzlich keinen an sich vererbbaren Gegenstand von der Erbfolge auszuschließen. Jeder Erblasser hat zwingend mindestens einen Erben und damit mindestens einen Gesamtrechtsnachfolger, und zwar selbst dann, wenn er über alle Gegenstände seines Vermögens durch Vermächtnis verfügt. Der oder die Erben werden zwingend nach § 1922 I BGB alleinige Rechtsträger aller, auch der durch Vermächtnis eigens zugewandten Nachlassgüter und alleinige Pflichtenträger aller, auch der sich auf diese sonderzugewandten Nachlassgüter beziehenden Nachlassverbindlichkeiten. Beispiel 23: D e r Erblasser ordnet in seinem Testament an: „Erbe meines Grundvermögens ist X. Erbe meines übrigen Vermögens ist Y." - N a c h dem BGB gibt es grundsätzlich keine Sondererbfolge in bestimmte Vermögensgruppen. A u c h der Erblasser kann eine solche nicht anordnen. Jeder Erblasser muss mindestens einen Gesamtnachfolger haben, dem die Erbschaft „als Ganzes" anfällt. Das konkrete Testament ist daher auszulegen in Hinsicht auf die Frage, ob es nicht doch die Einsetzung eines oder mehrerer Gesamtrechtsnachfolger 178

Motive, V, 3. Protokolle, V, 2 (zustimmend Lange, Hrsg., Erwerb, Sicherung und Abwicklung der Erbschaft, 4. Denkschrift des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht, 1940, 29 Fn. 4). Die zweite Kommission schloss sich damit der wissenschaftlichen Kritik an, die sich inzwischen gegen § 1749 des ersten BGB-Entwurfs erhoben hatte (vgl. Zusammenstellung der gutachterlichen Aeußerungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, gefertigt im Reichsjustizamt, 6 Bde., 1890, Bd. 5, 5 f.). Vgl. auch Hachenburg, Das bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1898, 357 f. 179

52

§ 1

Universalsukzession

enthält. Bei dieser Auslegung gilt § 2087 B G B . Hier könnte § 2087 II B G B anzuwenden sein. Griffe die Norm ein, wäre nur Y Erbe. § 2087 II B G B gilt aber nur „im Zweifel", d. h., wenn die Auslegung nichts anderes ergibt. Hier dürfte sich aus dem Testament etwas anderes ergeben, da der Erblasser der Sache nach über sein gesamtes Vermögen verfügte. Bei der Einsetzung nach Vermögensgruppen, die insgesamt den Nachlass erschöpfen und bei denen die eine Vermögensgruppe im Verhältnis zur anderen wertmäßig nicht ganz unerheblich ist, wird man annehmen müssen, dass beide Bedachte zu Erben eingesetzt sind. Bei Erbeinsetzung durch Zuwendung einzelner Gruppen von Gegenständen richtet sich die Höhe der Erbteile regelmäßig nach dem Wertverhältnis der Vermögensgruppen, sodass § 2091 B G B nicht eingreift 180 . Macht etwa der Wert der Grundstücke 3/5 des Gesamtnachlasswertes aus, so sind Erben und damit Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers X zu 3/5 und Y zu 2/5. Gleichzeitig ist dem Testament durch Auslegung eine Teilungsanordnung im Sinne des § 2048 B G B zu entnehmen. Diese wirkt jedoch nur schuldrechtlich 181 : X hat gegen die aus ihm und Y bestehende Erbengemeinschaft einen Anspruch darauf, dass die im Gesamthandseigentum von X und Y stehenden Grundstücke des Nachlasses (einzeln!) auf ihn übereignet werden. Dasselbe gilt bezüglich des restlichen Nachlasses für Y. Beispiel 24: Der Erblasser ordnet in seinem Testament an: „Mein Alleinerbe ist X . Zu meinem Testamentsvollstrecker ernenne ich T. Das Prinzip der Universalsukzession soll nicht gelten. X soll Eigentümer meines Vermögens erst dann werden, wenn T ihm den Nachlass in jeweils einzelnen Geschäften überträgt." - Was der Erblasser sich hier vorgestellt hat, eine Art vorübergehend eigentumsloses Vermögen, über das dem Testamentsvollstrecker die Verfügungsgewalt zusteht, lässt sich rechtlich nicht verwirklichen. Es muss durch Auslegung eine gesetzeskonforme Lösung ermittelt werden. Zwei Lösungen kommen in Betracht: Entweder ist der „Testamentsvollstrecker" in Wahrheit (treuhänderischer) Erbe, und dem „Alleinerben" X ist ein Universalvermächtnis zugesprochen. Oder aber X ist wirklich Erbe, mit allen daraus folgenden Konsequenzen, vor allem der des § 1922 I B G B .

IV. Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession 1.

Sondererbfolge

E s gibt im geltenden d e u t s c h e n R e c h t m e h r e r e A u s n a h m e n v o m e r b r e c h t l i c h e n P r i n z i p der U n i v e r s a l s u k z e s s i o n . Sie lassen sich in zwei G r u p p e n e i n o r d n e n 1 8 2 : Z u r ersten G r u p p e zählen diejenigen Fälle, in denen es für b e s t i m m t e R e c h t e o d e r R e c h t s k o m p l e x e des Erblassers zu einer v o n der N a c h f o l g e in dessen s o n stiges V e r m ö g e n a b w e i c h e n d e n Sondererbfolge

k o m m t , bei denen also der S o n -

d e m a c h f o l g e r zu den E r b e n , der gesondert v e r e r b t e R e c h t s k o m p l e x

zum

N a c h l a s s g e h ö r t . D i e z w e i t e G r u p p e bilden diejenigen Fälle, in d e n e n einzelne R e c h t e des E r b l a s s e r s bei dessen T o d a u ß e r h a l b des E r b r e c h t s ü b e r g e h e n , bei denen also die R e c h t s n a c h f o l g e in V o r a u s s e t z u n g e n u n d W i r k u n g e n nicht mit 180 RG, LZ 1932, 1050 (1051); BayObLGZ 1963, 319 (324); KGJ 52, A 65 (71 f.); Kipp/ Going (Fn. 5), § 44 I 6 (S. 265); Soergel/Damrau (Fn. 132), § 2087 Rn. 9; MünchKomm/Skibbe, BGB, 3. Aufl. 1997, §2087 Rn. 11; Erman/Schmidt, BGB, 10. Aufl. 2000, §2087 Rn. 3 u. 6; Jauernig/Stürner (Fn. 29), § 2087 Rn. 3. 181 S.o. § 1 II 2 e), S. 24 f. 182 MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 68 f; Windel (Fn. 5), 269 f., 324.

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

Universalsukzession

53

der Erbfolge verknüpft ist (Erbrechtsunabhängige Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen). Fälle der ersten Gruppe sind das bäuerliche Anerbenrecht und die Vererbung von Anteilen an einer Personengesellschaft. a) Anerbenrecht Anerbenrecht gibt es in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg (für diese vier Länder einheitlich geregelt in der HöfeO, die partielles Bundesrecht ist), ferner in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bremen (geregelt in landesrechtlichen, bisweilen nur für Teile des Bundeslandes geltenden Anerbengesetzen 183 ). Einzelne der Anerbengesetze sehen nur die Zuweisung des Hofes an einen der Erben im Rahmen der Auseinandersetzung vor 184 . Sie gehören ebenso wenig in unseren Zusammenhang wie die überall dort, wo Anerbenrecht nicht gilt oder nicht eingreift, gegebene Möglichkeit der gerichtlichen Zwangszuweisung nach § § 1 3 ff. GrdstVG 185 , die ebenfalls Anfall eines landwirtschaftlichen Betriebes an eine (durch gesetzliche Erbfolge entstandene) Erbengemeinschaft voraussetzt. Eine typische Ausprägung hat das Anerbenrecht in der HöfeO erfahren. § 4 HöfeO lautet: „Der Hof fällt als Teil der Erbschaft nur einem der Erben (dem Hoferben) zu. An seine Stelle tritt im Verhältnis der Miterben untereinander der Hofeswert." Nach § 12 HöfeO steht den „Miterben, die nicht Hoferben geworden sind", vorbehaltlich anderweitiger Regelung durch den Erblasser „an Stelle eines Anteils am Hof" ein Anspruch gegen den Hoferben auf Zahlung einer Geldabfindung zu. Der Anspruch bemisst sich nach dem Hofeswert im Zeitpunkt des Erbfalls. Als Hofeswert gilt - günstig für den Hoferben! - das Eineinhalbfache des Einheitswertes. Von dem Hofeswert werden die Nachlassverbindlichkeiten abgezogen, die im Verhältnis der Erben zueinander den Hof treffen und die der Hoferbe allein zu tragen hat. „Der danach verbleibende Betrag, jedoch mindestens ein Drittel des Hof es wertes..., gebührt den Erben des Erblassers einschließlich des Hoferben, falls er zu ihnen gehört, zu dem Teil, der ihrem Anteil am Nachlass nach dem allgemeinen Recht entspricht" (§ 12 III 2 HöfeO). Nach § 15 I HöfeO haftet der Hoferbe, auch wenn er an dem übrigen Nachlass nicht als Miterbe beteiligt ist, für die Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner, und zwar für alle Nachlassverbindlichkeiten, nicht nur für die sachlich mit dem Hof zusammenhängenden 1 8 6 . Im Innenverhältnis sind die Nachlassverbindlichkeiten einschließlich der auf dem Hof ru183 Nachweise der einzelnen Gesetze bei MünchKomm/Leipold (Fn. 5), Einleitung vor § 1922 Rn. 78 ff. 184 § 10 Badisches Hofgütergesetz, § 11 Hessische Landgüterordnung. 185 Zu Letzterem Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 53 IX (S. 1365 ff.). 186 Anders früher beim Familienfideikommiss mit seiner Trennung von Feudal- und Allodialschulden, deren Unschärfe zunächst Unsicherheit zu Lasten der Gläubiger zeitigte, die nach und nach wegen der durch sie herbeigeführten Kreditunsicherheit schließlich auch zu Lasten des Schuldners sich ausgewirkt hat.

54

5

1

Universalsukzession

henden Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, aber ohne die auf dem Hof ruhenden sonstigen Lasten (Altenteil, Nießbrauch usw.), soweit das außer dem Hof vorhandene Vermögen dazu ausreicht, aus diesem, soweit es nicht ausreicht, vom Hoferben zu berichtigen (§15 II, III HöfeO). Verbleibt nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten beim hoffreien Vermögen ein Überschuss, so ist dieser auf die Miterben nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts zu verteilen; der Hoferbe kann eine Beteiligung am Überschuss nur dann und nur insoweit verlangen, als der auf ihn entfallende Anteil größer ist als der Hofeswert (§ 15 IV HöfeO). Das sonstige Vermögen wird also bei Beteiligung des Hoferben auch an ihm so geteilt, dass der Hof zum Hofeswert dem Uberschuss des sonstigen Vermögens zuzurechnen ist. Daraus ergeben sich die Wertanteile der einzelnen Erben; beim Hoferben ist der Hof zum Hofeswert abzuziehen. Zwischen der Abfindungsregelung nach § 12 HöfeO und der Uberschussverteilung nach § 15 HöfeO besteht eine Verbindung: Ist durch die Überschussbeteiligung der bürgerlichrechtliche Erbteil der weichenden Erben erfüllt, so gibt es keine Abfindungsansprüche. Abfindungsanspruch und Überschussbeteiligung dürfen zusammen den nach dem Gesamtnachlass berechneten Erbteil des weichenden Erben nicht überschreiten 187 . Beispiel 25: Der Hofeswert beträgt 3 Millionen DM, der des sonstigen Erblasservermögens ebenfalls 3 Millionen DM. Der gesamte Nachlass ist schuldenfrei. A ist Hoferbe; A, B und C sind zu je 1/3 Erben des sonstigen Vermögens. - Da der Gesamtwert des Nachlasses 6 Millionen DM beträgt, hat jeder der drei Erben einen Wertanteil von 2 Millionen DM zu bekommen. Der auf A entfallende Anteil ist kleiner als der Hofeswert; daher kann A vom sonstigen Vermögen nichts verlangen. B und C haben gegen A je einen Abfindungsanspruch von 500.000 DM.

Insgesamt ist die Erbfolge nach der HöfeO in Hinsicht auf das Prinzip der Universalsukzession durch folgende Charakteristika geprägt: (1) Mit dem Erbfall gehen der Hof einerseits und das sonstige Vermögen des Erblassers andererseits dinglich getrennte Wege. Der Hof fällt dem (gesetzlichen oder gewillkürten) „Hoferben" an. Hoferbe kann nur eine Person sein („Der Bauer hat nur ein Kind"); eine Erbengemeinschaft am Hof ist ausgeschlossen, die Erben des sonstigen Vermögens werden auch nicht für eine Sekunde am Hof dinglich mitberechtigt; der Erblasser kann zwar durch Verfügung von Todes wegen, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge nach §§ 5 ff. HöfeO, den Hoferben bestimmen, aber nicht die zwingend vorgeschriebene Alleinerbfolge beseitigen ( § 1 6 1 HöfeO). Das sonstige (hoffreie) Vermögen des Erblassers geht auf den oder die (gesetzlichen oder gewillkürten) „Erben" 1 8 8 über. Auch der Hoferbe kann zu den Erben des sonstigen Vermögens gehören, muss es aber nicht. Es kann sein, dass der Hoferbe auch einziger Erbe des son187 Hötzel, in: Faßbender/Hötzel/v. Jeinsen/Pikalo, Höfeordnung, 3. Aufl. 1994, §15 Rn. 9 f. 188 So die Terminologie in § 12 III 2 HöfeO, sonst meist „Miterben".

IV. Ausnahmen vom Prinzip der

Universalsukzession

55

stigen Vermögens ist; die nach § 11 H ö f e O , abweichend von § 1950 B G B , bestehende gesonderte Ausschlagungsmöglichkeit für den H o f besteht auch in diesem Fall, weil der H o f auch hier durch „Erbfolge kraft H ö f e r e c h t s " anfällt. (2) D e r H o f im Sinne der H ö f e O besteht selber aus einer Vielzahl einzelner subjektiver R e c h t e (§§ 2, 3 H ö f e O ) . D a „der H o f " dem H o f e r b e n mit unmittelbarer dinglicher W i r k u n g und u n o actu anfällt, handelt es sich der F o r m nach um Universalsukzession 1 8 9 . Das sonstige Vermögen geht nach § 1922 I B G B ebenfalls im Wege der Universalsukzession über; mehrere E r b e n bilden eine Erbengemeinschaft im Sinne der §§ 2 0 3 2 ff. B G B . (3) D e r H o f ist „Teil der E r b s c h a f t " (§ 4 H ö f e O ) . D i e eine E r b s c h a f t besteht also aus H o f und sonstigem Vermögen. D a der H o f e r b e mit dem H o f einen Teil der E r b s c h a f t erwirbt, ist er schon allein auf G r u n d dieser Tatsache „ M i t e r b e " , und zwar auch dann, wenn er nicht auch zugleich zu den E r b e n des sonstigen Vermögens gehört. Allerdings lässt sich das Rechtsverhältnis zwischen dem H o f e r b e n als H o f e r b e n und den E r b e n des sonstigen Vermögens nicht als Erbengemeinschaft im Sinne des B G B bezeichnen 1 9 0 : So wie der H o f e r b e nach dem Erbfall frei über den H o f verfügen kann, ohne dass es dafür einer Mitwirkung der Allgemeinerben bedarf, so k ö n n e n umgekehrt die Allgemeinerben über das sonstige Vermögen dann ohne M i t w i r k u n g des H o f e r b e n verfügen, wenn dieser nicht auch Allgemeinerbe ist. (4) Dass eine gewisse Einheitlichkeit des Nachlasses vorliegt, zeigt sich vor allem in drei Punkten: Zunächst darin, dass H o f e r b e und E r b e n des sonstigen Vermögens für alle Nachlassverbindlichkeiten gesamtschuldnerisch haften 1 9 1 . Zweitens in der Abrechnungsgemeinschaft nach § 15 I V H ö f e O , die verhindert, dass Ausgleichsansprüche der weichenden E r b e n und Uberschussverteilung bezüglich des sonstigen Vermögens unverbunden nebeneinander stehen. U n d schließlich in der Tatsache, dass in der Regel ein einheitlicher E r b s c h e i n ausgestellt wird, der sowohl die E r b f o l g e in den H o f wie auch diejenige in das sonstige Vermögen bezeugt (§ 18 II H ö f e O ) . (5) Will der H o f e i g e n t ü m e r volle Einheitlichkeit im erbrechtlichen Schicksal von H o f und sonstigem Vermögen erreichen, so eröffnet ihm das G e s e t z dafür zwar keinen erbrechtlichen, w o h l aber einen lebzeitigen Weg: E i n e landwirtschaftliche Besitzung verliert die Hofeigenschaft, wenn der E i g e n t ü m e r erklärt, dass die Besitzung kein H o f mehr sein soll, und der H o f v e r m e r k im G r u n d b u c h gelöscht wird (§ 1 I V H ö f e O , sog. fakultatives H ö f e r e c h t ) . Insgesamt kann man sagen, dass die höferechtliche E r b f o l g e keine rein und k o n s e q u e n t durchgeführte

Sondererbfolge

bedeutet. D i e

Konzeption

der

S.o. § 1 1 1 2 b), S. 15. Zu den insoweit bestehenden (angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung der Sachfragen eher theoretischen) Streitigkeiten Windel (Fn. 5), 275 ff. 191 Und zwar haftet der Hoferbe von Anfang an nicht nur mit dem Hof, sondern auch mit seinem eigenen Vermögen; § 2059 B G B gilt für ihn nicht. 189

190

56

§1

Universalsukzession

H ö f e O erinnert eher an eine v o m G e s e t z selbst vollzogene (und v o m G e s e t z auch selbst festgelegte) Teilungsanordnung. Richtigerweise spricht man daher w o h l eher von „beschränkter S o n d e r e r b f o l g e " oder n o c h besser von „beschränkter G e s a m t e r b f o l g e " 1 9 2 . b) Nachfolge

in Anteile

an

Personengesellschaften

N a c h ständiger R e c h t s p r e c h u n g und herrschender L e h r e gelten auch für die Vererbung von Anteilen an Personengesellschaften ( B G B - G e s e l l s c h a f t , O H G , K G ) v o m Prinzip der Universalsukzession abweichende B e s o n d e r h e i t e n 1 9 3 . M a n spricht herkömmlicherweise auch hier von Sondererbfolge. G e m ä ß § 7 2 7 I B G B wird die B G B - G e s e l l s c h a f t durch den T o d eines der Gesellschafter aufgelöst. N a c h § 131 I I I 1 N r . 1 H G B in der neuen, ab dem 1.7.1998 geltenden Fassung führt bei der O H G der T o d eines Gesellschafters z u m Ausscheiden dieses Gesellschafters. Dasselbe gilt nach § 161 I I H G B für den Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters in einer K G , während nach § 1 7 7 H G B n.F. beim T o d eines K o m m a n d i t i s t e n die Gesellschaft „mit den E r ben fortgesetzt" wird. Alle angeführten gesetzlichen B e s t i m m u n g e n gelten nur, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt ist. D e r Gesellschaftsvertrag kann folgende von der gesetzlichen Regel abweichende B e s t i m m u n g e n enthalten: D e r Gesellschafter soll mit seinem Tod aus der fortbestehenden G e sellschaft ausscheiden ( B G B - G e s e l l s c h a f t ,

Kommanditanteil;

Fortsetzungs-

klausel); die Gesellschaft soll mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst werden ( O H G , K G ; Auflösungsklausel); die Gesellschaft soll unter den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt werden, aber der E r b e oder ein D r i t t e r einen A n s p r u c h auf Eintritt in die Gesellschaft erhalten ( B G B - G e s e l l s c h a f t , O H G , K G ; Eintrittsklausel); der Gesellschaftsanteil soll durch Rechtsgeschäft unter L e b e n d e n b e i m Tod des Anteilsinhabers auf einen bestimmten N a c h f o l g e r übergehen ( B G B - G e s e l l s c h a f t , O H G , K G ; rechtsgeschäftliche N a c h f o l g e k l a u sel); der Gesellschaftsanteil soll qua E r b f o l g e auf einen oder mehrere E r b e n übergehen ( B G B - G e s e l l s c h a f t , O H G , Anteil eines persönlich haftenden G e sellschafters einer K G ; erbrechtliche Nachfolgeklausel). W i r d die Gesellschaft, sei es auf G r u n d des Gesetzes oder auf G r u n d des G e sellschaftsvertrages, aufgelöst oder von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt, ergeben sich aus der Sicht des § 1922 I B G B keine Besonderheiten. Bei 192 Vgl. H U » , in: Faßbender/Hützel/Pikalo, Höfeordnung, 1. Aufl. 1978, §4 Rn.3: Die höferechtliche Erbfolge lasse sich ebenso als beschränkte Sondererbfolge wie als beschränkte Gesamterbfolge „darstellen". Die Theorie von der „gesetzlichen Teilungsanordnung" vertritt auch v. Jeinsen in der 3. Aufl. des eben genannten Kommentars (§ 4 Rn. 5); vgl. ferner Bendel, Das Problem der weichenden Erben im Anerbenrecht, 1959, 58-61; ders., AgrarR 1976, 121; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Kommentar zur Höfeordnung, 9. Aufl. 1991, § 4 Rn. 8. 193 Ubersicht bei Staudingerl'Marotzke (Fn. 11), §1922 Rn. 168; MünchKomm/Leipold (Fn.5), §1922 Rn.32ff.; Palandt/Edenhof er (Fn.29), §1922 Rn. 15 ff.; Leipold, Erbrecht, 13. Aufl. 2000, Rn. 428 ff.

IV. Ausnahmen vom Prinzip der

Universalsukzession

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Auflösung fällt der Anteil an der (Liquidations-)Gesellschaft zusammen mit dem übrigen Erblasservermögen im Wege der Universalsukzession dem oder den E r b e n an. Bei einer Erbengemeinschaft greifen auch für den Anteil die §§ 2 0 3 2 ff. B G B ein. D e r Erblasser kann nicht mit unmittelbarer dinglicher W i r k u n g den Anteil einem von mehreren E r b e n allein zuweisen. E n t s p r e c h e n des gilt bei F o r t s e t z u n g der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern für den Abfindungsanspruch nach §§ 738 I 2 B G B , 105 I I I H G B . A u c h die Eintrittsklausel ist in unserem Zusammenhang nicht von Belang. D i e im Gesellschaftsvertrag getroffene Regelung, der Gesellschaftsanteil solle mit dem Tod des Anteilsinhabers außerhalb des Nachlasses und unabhängig von der Erbenstellung des E r w e r b e r s unmittelbar dem N a c h f o l g e r anfallen (rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel), ist, anders als eine früher weit verbreitete, w e n n nicht sogar herrschende M e i n u n g annahm, i.d.R. u n w i r k s a m 1 9 4 , und zwar aus zwei G r ü n d e n : Sie bedeutet eine unzulässige „Verfügung" zugunsten Dritter. U n d sie enthält wegen der mit jeder Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Verpflichtungen E l e m e n t e eines Vertrages „zu Lasten D r i t t e r " . D i e durch den T o d des Inhabers aufschiebend bedingte Ü b e r t r a g u n g des Anteils durch Rechtsgeschäft unter L e b e n d e n ist j e d o c h dann möglich, wenn der vorgesehene N a c h f o l g e r selbst schon Gesellschafter und damit am Abschluss des Gesellschaftsvertrages beteiligt ist oder wenn er, o b w o h l nicht Gesellschafter, der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel als Vertragspartner beitritt 1 9 5 . In diesem Fall gehört der Anteil weder z u m gesamthänderisch gebundenen n o c h z u m sonstigen Nachlass. D e r E r w e r b des Anteils vollzieht sich schlechthin außerhalb des Erbrechts. Was die causa angeht, so liegt eine Schenkung des Erblassers unter L e b e n d e n vor (§§ 2 3 0 1 I I , 5 1 6 ff. B G B ) . U m eine A u s n a h m e v o m Prinzip der Universalsukzession handelt es sich, genau betrachtet, nicht. I m Gesellschaftsvertrag vereinbarte erbrechtliche Nachfolgeklauseln haben nach h . M . die F u n k t i o n , abweichend von §§ 7 2 7 I B G B , 131 I I I 1 N r . 1 H G B den Anteil an der werbenden Gesellschaft für den oder die N a c h f o l g e r „vererblich zu s t e l l e n " 1 9 6 . D e n Ü b e r g a n g des Anteils selbst bewirkt die E r b f o l g e . Von der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel unterscheidet sich diese Regelung durch die erbrechtliche (statt lebzeitige) F o r m des Übergangs, von der E i n trittsklausel zusätzlich durch die v o m Willen des Nachfolgers unabhängige A u tomatik des Übergangs. D i e „einfache" (erbrechtliche) Nachfolgeklausel lässt die F o r t s e t z u n g der Gesellschaft mit jedem E r b e n zu. D e m g e g e n ü b e r beschränkt die „qualifizierte" (erbrechtliche) Nachfolgeklausel die M ö g l i c h k e i t der Anteilsvererbung auf einen bestimmten, sei es namentlich genannten, sei es 194

BGHZ 68, 225 (232).

BGHZ 68, 225 (234). Fall, in dem eine wirksame rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel angenommen wurde: BayObLG, ZIP 2000,1614 = N Z G 2000,1026 = Coester-Waltjen, J K 01, H G B , §139/1. 1 9 6 Kommanditanteile sind dagegen schon von Gesetzes wegen vererblich (§ 177 H G B ) . 195

58

§ 1

Universalsukzession

durch abstrakte Merkmale bezeichneten Personenkreis (z.B. die Kinder, den ältesten Sohn); der Erblasser muss hier darauf achten, dass gesellschaftsvertragliche und erbrechtliche Rechtslage miteinander übereinstimmen, da sonst seine Nachfolgeplanung scheitern wird. Geht somit bei der erbrechtlichen Nachfolgeklausel der Anteil in erbrechtlichen Bahnen auf den oder die Nachfolger über, so weicht die h.M. gleichwohl in mehrfacher Hinsicht von allgemeinen erbrechtlichen Prinzipien ab. Gemäß einer alten, bis heute fortgeführten Rechtsprechung kann eine Erbengemeinschaft nicht Mitglied einer Personengesellschaft sein 197 . Dies wird damit begründet, dass die Personengesellschaft „in der Regel eine persönlichkeitsbezogene Arbeitsgemeinschaft und stets eine persönlichkeitsbezogene Haftungsgemeinschaft" 1 9 8 sei, in der „Rechte und Pflichten in der Regel sachgerecht nur von voll verantwortlichen und selbst handlungsfähigen Personen wahrgenommen werden" könnten 1 9 9 . N u n ließe sich denken, die Rechtsprechung verlange lediglich eine rasche Auseinandersetzung bezüglich des Anteils, vorzunehmen innerhalb einer bestimmten kurzen Frist (etwa der des § 139 III HGB). Jedoch schaltet die Praxis die §§ 2032 ff. BGB schon von Anfang an, sozusagen an der Wurzel, aus: Der Gesellschaftsanteil geht „im Wege der Sondererbfolge unmittelbar und geteilt" entsprechend der jeweiligen Erbquote 2 0 0 „ohne weiteres Dazutun an die einzelnen Nachfolger" über 2 0 1 . Zu einer weiteren Abweichung von erbrechtlichen Prinzipien kommt es bei der „qualifizierten" (erbrechtlichen) Nachfolgeklausel. Gehören nicht alle Miterben zu dem durch den Gesellschaftsvertrag definierten Kreis möglicher Nachfolger, so verhält es sich nach neuerer Rechtsprechung nicht etwa so, dass der Anteil zunächst, entsprechend den Erbquoten geteilt, an alle Miterben übergeht und die nicht Nachfolgeberechtigten ihren Anteil auf den gekorenen Nachfolger übertragen müssen, noch so 202 , dass der Erblasseranteil von vornherein nur mit jenem Teil vererbt wird, der der Erbquote des Nachfolger-Erben entspricht, und die Mitgesellschafter verpflichtet sind, den Restanteil durch Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Alleinnachfolger zu übertragen. Vielmehr erwirbt der zur Nachfolge ausersehene Miterbe den Anteil „unmittelbar Für die OHG: RGZ 16, 40 (56); BGHZ 22, 186 (192); BGHZ 68, 225 (237); BGH, 1983, 2376 f. Für die KG: RGZ 171, 328; BGHZ 58, 316 (317); BGH, WM 1976, 738 BGH, WM 1983, 672 (673); BayObLG, DB 1979, 86; BayObLG, WM 1983, 1092; Hamburg, ZIP 1984, 1226 (1227); KG, NJW-RR 1991, 835; KG, DNotZ 2001, 408 Für die BGB-Gesellschaft: BGH, NJW 1981, 749 f.; BGH, WM 1996, 681 (683); BayO1984, 225; BayObLG, WM 1981, 131 (133); OLG Hamm, MittRhNotK 1993, 73. 198 BGHZ 22, 186(192). 199 BGH, NJW 1981, 749 f.; BGH, NJW 1983, 2376 f. 200 BGHZ 22, 186 (193); BGH, NJW 1983, 2376 f. 201 BGHZ 22, 186 (192f.); BGHZ 68, 225 (237); BGH, NJW 1981, 749f.; BGH, NJW 1983, 2376; BayObLGZ 1986, 34 (37); KG, DNotZ 2001, 408 (409). 202 Das war noch die Konstruktion von BGHZ 22, 186 (193 ff.). 197

NJW (739); OLG (409). bLGZ

IV. Ausnahmen vom Prinzip der

Universalsukzession

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im G a n z e n " 2 0 3 . Damit ist es also möglich, „daß einem Miterben von dem hinterlassenen Gesellschaftsanteil kraft seines Erbrechts (!) mehr zufällt, als sich aus dem Zuweisungsgehalt seiner E r b q u o t e ergibt" 2 0 4 . D e r Erbquote k o m m t nur noch Bedeutung für die Frage zu, welcher Anteil am Wert des Gesamtnachlasses dem Nachfolger-Erben „im Ergebnis zufließen darf und soll" 2 0 5 , was gegebenenfalls zu einer Ausgleichspflicht gegenüber dem weichenden E r b e n führt. Beispiel 26: Im Gesellschaftsvertrag der aus A, B und C bestehenden O H G ist bestimmt, dass beim Tod eines Gesellschafters dessen Anteil im Wege der Erbfolge an den ältesten Abkömmling übergeht. A stirbt. In seinem Testament hat er seine Ehefrau E zu 1/2, seinen Sohn S] sowie dessen jüngeren Bruder S 2 zu je 1/4 zu Erben eingesetzt und gleichzeitig angeordnet, alleiniger Nachfolger in den OHG-Anteil solle S] sein. Der Wert des OHG-Anteils beträgt 1 Million DM, der des übrigen Nachlasses ebenfalls 1 Million DM. - Der OHG-Anteil fällt mit dem Erbfall in vollem Umfang an Sj, das übrige Vermögen des A erwerben E, S, und S 2 zur gesamten Hand (§§ 2032 ff. BGB). Da der Wert des OHG-Anteils höher ist als der Anteil, der S! vom Wert des Gesamtnachlasses zusteht, muss S, an E und S 2 Ausgleichszahlungen (unter Berücksichtigung von deren Erbquoten) in Höhe von insgesamt 500.000 DM vornehmen 206 . - Würden die erbrechtlichen Prinzipien in vollem Umfang gelten, würde der gesamte Nachlass, einschließlich des Anteils, an alle Erben zusammen (nach BGB: zur gesamten Hand) übergehen. Es läge eine Teilungsanordnung des Erblassers vor, aus der sich für A nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Anteils ergäbe. N a c h Auffassung des B G H gehört der Gesellschaftsanteil, obwohl seine Vererbung den dargestellten besonderen Regeln folgt, zum „ N a c h l a s s " 2 0 7 . Das ist vor allem wichtig, soweit es u m die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten geht 2 0 8 . A u c h der Nachfolger in den Gesellschaftsanteil haftet gesamtschuldnerisch für alle Nachlassverbindlichkeiten, nicht nur für die mit dem Gesellschaftsanteil selbst zusammenhängenden Verbindlichkeiten 2 0 9 . F ü r die Berechnung des (ordentlichen) Pflichtteils sind die auf erbrechtlichem Wege erlangten Gesellschaftsanteile zum „Bestand... des Nachlasses" ( § 2 3 1 1 I B G B ) zu rechnen 2 1 0 . BGHZ 68,225. Staudinger/Marotzke (Fn. 11), § 1922 Rn. 182. 205 BGHZ 68,225(238). 206 Die dogmatische Begründung der Ausgleichspflicht ist im Einzelnen Str., vgl. etwa MünchKomm/Dütz (Fn. 83), § 2032 Rn. 54; Windel (Fn. 5), 271 ff. 207 BGH, NJW 1983, 2376; BGHZ 98, 48. Der frühere Streit über diese Frage, der nicht nur innerhalb der Literatur, sondern auch zwischen dem II. (für das Gesellschaftsrecht zuständigen) Senat und dem IVa-Senat des BGH entbrannt war (Darstellung etwa bei Muscheler - Fn. 166 - , 469 ff.), dürfte mittlerweile obsolet sein. Dass die Rechtsprechung nach wie vor eine echte (verwaltende) Testamentsvollstreckung am Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters für unzulässig hält (a.A. Muscheler, aaO., 534 ff.), hat im Wesentlichen andere, gesellschaftsrechtsspezifische Gründe. 208 BGHZ 98, 48 (54). 2 0 9 Zu den Details im Einzelnen Muscheler (Fn. 166), 488 ff., 539; Windel (Fn. 5), 278 ff., 293 ff. 210 Jauernig/Stürner (Fn.29), §2311 Rn. 6; Soergel/Dieckmann, BGB, 12. Aufl. 1992, §2311 Rn. 26. 203 204

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Universalsukzession

Insgesamt gesehen kann man aus der Perspektive der Universalsukzession für den erbrechtlichen U b e r g a n g des Gesellschaftsanteils Folgendes festhalten: Wer in der gesamthänderischen Ausgestaltung der Erbengemeinschaft

ein

Strukturelement der Universalsukzession sieht, wird eine doppelte D u r c h b r e chung der Universalsukzession durch die R e c h t s p r e c h u n g konstatieren. Wer, wie hier 2 1 1 , die gesamthänderische Ausgestaltung der Erbengemeinschaft nicht für ein Strukturelement der Universalsukzession hält, für den durchbricht die R e c h t s p r e c h u n g das Prinzip der Universalsukzession nur insoweit, als sie [entgegen o. II 2 c)] bei der qualifizierten Nachfolgeklausel unmittelbare E i n z e l nachfolge eines M i t e r b e n in den vollen Anteil annimmt. N o c h mehr jedoch als b e i m A n e r b e n r e c h t empfiehlt es sich im Personengesellschaftsrecht, die B e z e i c h n u n g „Sondererbfolge" mit Vorbehalt zu verwenden. Vielmehr liegt auch hier in der Sache nur eine „beschränkte G e s a m t e r b f o l g e " vor, w o b e i die „ B e s c h r ä n k u n g " sogar nicht einmal so weit geht wie beim A n e r b e n r e c h t : E r b r e c h t l i c h e r Anteilserwerber kann nur sein, w e r dem E r b l a s ser auch in dessen sonstiges Vermögen als E r b e oder M i t e r b e nachfolgt; der N a c h f o l g e r in den Gesellschaftsanteil erwirbt seine gesellschaftsrechtliche Stellung als „unlösbaren Bestandteil seiner E r b e n s t e l l u n g " 2 1 2 , die Erbenstellung ist der Rechtsgrund des Anteilserwerbs. Anders als nach § 11 H ö f e O ist eine gesonderte A n n a h m e oder Ausschlagung des Gesellschaftsanteils nicht m ö g lich 2 1 3 ; es bleibt beim Prinzip des § 1950 B G B , w o n a c h A n n a h m e oder A u s schlagung nicht auf einen „Teil der E r b s c h a f t " beschränkt werden k ö n n e n . D i e Sondernachfolge in den Gesellschaftsanteil wird im E r b s c h e i n nicht verm e r k t 2 1 4 . Anders als im H ö f e r e c h t handelt es sich bei der Vererbung des Gesellschaftsanteils nicht um Gesamtrechtsnachfolge in eine besondere V e r m ö g e n s masse ( H o f ) , sondern u m N a c h f o l g e in einen Einzelgegenstand (Gesellschaftsanteil), sodass die Sondernachfolge zwar wertmäßig bedeutsam sein mag, aber erbrechtlich-konstruktiv eben doch nicht die herausgehobene R o l l e einer S o n d e r - " E r b " f o l g e spielt. F e r n e r hat der Gesellschaftsanteil, anders als im Anerbenrecht der H o f , nicht zwingend nur einen E r b e n 2 1 5 . Berücksichtigt man n o c h das, was bei der Vererbung des Gesellschaftsanteils mit derjenigen des H o f e s übereinstimmt - der Anteil gehört z u m „ N a c h l a s s " , die Vererbung des Anteils ist ausgleichsrelevant (und zwar anders als im A n e r b e n r e c h t unter B e r ü c k s i c h tigung seines vollen Verkehrswertes, also ohne Benachteiligung der „weichend e n " E r b e n 2 1 6 ) , alle E r b e n haften gesamtschuldnerisch für alle NachlassverS.o. § 1 II 6 c), S. 50. MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1951 Rn. 10; ferner BGHZ 68, 225 (229,235,238); Flume, FS 40 Jahre DB, 1988, 181 (183 ff.). 213 Ebd. 214 MünchKomm/Promberger, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2353 Rn. 14. 215 Auf der anderen Seite sind die von der Rspr. entwickelten Vererbungsgrundsätze als solche zwingend (es gibt kein „fakultatives Anteilsrecht"). 216 Durch den Wertausgleich sieht der BGH (Z 68, 225, 239) das weiterhin aufrechterhal211 212

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

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Universalsukzession

bindlichkeiten so wird der Eindruck bestätigt, dass man es hier jedenfalls nicht mit einer klassischen „Sondererbfolge" zu tun hat. Noch mehr als im Anerbenrecht ähnelt die Vererbung des Gesellschaftsanteils einer vom Gesetz selbst vollzogenen Teilungsanordnung217. 2. Erbrechtsunabhängige a) Sonderrechtsnachfolge

Sonderrechtsnachfolge

von Todes

wegen

nach § 56 SGB I

Die §§ 56 bis 59 SGB I regeln, wie sich der Tod des Berechtigten bei Ansprüchen auf Sozialleistungen auswirkt (Ausbildungsförderung, Arbeitsförderung, Kranken-, Unfall-, Rentenversicherung, Wohngeld, Sozialhilfe etc.). Dabei geht es um zwei verschiedene Fragen: Zum einen darum, ob diese Ansprüche erlöschen oder auf einen Nachfolger übergehen, zum anderen darum, wie diese Ansprüche gegebenenfalls auf einen Nachfolger übergehen. Nach § 59 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tod des Gläubigers. Fällige Ansprüche auf Geldleistungen dagegen erlöschen nur ausnahmsweise, nämlich nur dann, wenn sie weder zum Zeitpunkt des Todes festgestellt sind, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Wie lange laufende Leistungen gewährt werden, ergibt sich aus den jeweiligen Sonderregelungen des betroffenen Sozialrechtszweigs 218 . Für fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen ordnet § 56 SGB I eine Sonderrechtsnachfolge an 219 . Diese Ansprüche stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander dem Ehegatten, den Kindern, den Eltern und dem Haushaltsführer zu, sofern diese mit dem Berechtigten im Zeitpunkt des Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Die Ansprüche gehen kraft Gesetzes, d.h. ohne Zutun der Erwerber, über. Die Nachfolger in die Ansprüche brauchen nicht Erben zu sein, und sie werden auch nicht durch die Nachfolge in die Ansprüche zu (Sonder-)Erben. Die (noch nicht geschiedene) Ehefrau folgt daher auch dann nach, wenn beim Tod des Berechtigten bereits die Voraussetzungen des § 1933 B G B vorlagen. Anders als im Anerbenrecht und bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen tene Ziel, „höferechtlichen Tendenzen im Gesellschaftsrecht entgegenzutreten", hinreichend gewahrt. Zu den „höferechtlichen Tendenzen" vgl. auch Marotzke, AcP 184 (1984), 541 ff. 217 Damit ist noch nicht Stellung bezogen im Streit um die Frage einer Anwendbarkeit des § 2059 I B G B auf den Gesellschaftsanteil; dazu Muscheler (Fn. 166), 488 ff. 218 Bspl.: Zahlung der Rente für den Sterbemonat, vgl. § 102 V SGB VI. 219 Vgl. hierzu die gängigen SGB-Kommentare, z.B. BochKomm/Heinze-, KasselerKomm/ Seewald; SGB-SozVers-GesKomm/Schroeter, Giese\ Burdenski/v.Maydell/Schellhorn; Hauck/ Haines; Peters/Hommel; Wannagat/Thieme. Ferner Staudinger/Marotzke (Fn. 11), §1922 Rn. 354 ff. Schon nach preußischem Recht gehörte das „Gnaden-Quartal" oder der „GnadenMonat" verstorbener Beamter und Pensionäre nicht zum Nachlass, sondern gebührte den Witwen, Kindern und Enkeln; Kabinettsordre v. 15.11.1819 (Preußische Gesetzsammlung 1820, 45) und V. 22.1.1826 (Gesetzslg. 1826, 13).

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5 1

Universalsukzession

kommt es auch dann nicht zu einer „Anrechnungsgemeinschaft", wenn der Anspruchsnachfolger (zufällig) auch Erbe oder Miterbe des Berechtigten ist. Der neue Anspruchsinhaber kann auf den Anspruch verzichten, mit der Folge, dass der Anspruch auf den nächsten Berechtigten übergeht (§ 57 SGB I). Ist der neue Anspruchsinhaber zugleich Erbe, so kann er auf den Anspruch verzichten, ohne die Erbschaft ausschlagen zu müssen, und umgekehrt behält er den Anspruch, wenn seine Erbenstellung (sei es durch Ausschlagung oder durch Anfechtung) dahinfällt. Mehreren gleichrangigen Berechtigten stehen die Ansprüche nicht zur gesamten Hand, sondern nach Bruchteilen zu. Die Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I kann, da außerhalb des Erbrechts sich vollziehend, durch Verfügung von Todes wegen weder ausgeschlossen noch modifiziert werden. Hatte der Verstorbene auch sozialrechtliche Verbindlichkeiten, so lässt § 57 II SGB I die Haftung des Erben für diese Verbindlichkeiten entfallen, soweit Ansprüche auf den Sonderrechtsnachfolger übergegangen sind; es haftet der Sonderrechtsnachfolger 220 . Den Nachlassgläubigern haftet dagegen von vornherein nur der Erbe, nicht auch der Sonderrechtsnachfolger, obwohl nach § 54 IV SGB I sozialrechtliche Ansprüche auf laufende Geldleistungen zu Lebzeiten des Erblassers zu dessen vollstreckungsunterworfenem Haftungsvermögen gehörten 221 . Alle fälligen Ansprüche auf Geldleistungen, die nicht auf einen Sonderrechtsnachfolger übergehen, sei es, weil es sich nicht um „laufende", sondern um einmalige Geldleistungen handelt, sei es, weil ein Sonderrechtsnachfolger nicht vorhanden ist oder alle Sonderrechtsnachfolger verzichtet haben, vererben sich nach den Regeln des B G B (§ 58 S. 1 SGB I). Der Anspruch geht im Wege der Universalsukzession auf den oder die Erben (nach § 58 S. 2 SGB I jedoch nicht auf den Staat als gesetzlichen Erben) über. Er gehört zum Nachlass. Zu beachten bleibt, dass der praktisch wichtigste Teil des „Sozialvermögens" in Gestalt der gesetzlichen Altersrente als solcher außerhalb der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge steht. Dabei geht es, anders als bei den bisherigen Ausführungen zu den bereits zu Lebzeiten des Erblassers fällig gewordenen Sozialansprüchen, um die Frage, wer von der durch lebzeitige Beiträge des Erblassers „ersparten" Altersrente nach dem Erbfall profitiert. Zwar kennt das Recht der gesetzlichen Altersversorgung in Gestalt der mittlerweile (AltersvermögensergänzungsG 2001) erheblich abgewerteten Hinterbliebenenrente Elemente der „Rechtsnachfolge", aber ohne jede Verbindung mit der zivilrechtlichen Erbenstellung, ja ohne Verbindung mit dem zivilrechtlichen Erbrecht überhaupt, so220 Dieser kann die Haftung analog §1990 BGB beschränken; vgl. MünchKomm/Siegmann (Fn. 39), vor § 1967 Rn. 9. 221 Kritisch daher Windel (Fn 5), 98 ff., der ferner darauf hinweist, dass die „einmaligen" f sozialrechtlichen Geldansprüche, die zu Lebzeiten des Erblassers nur eingeschränkt übertragbar und pfändbar sind (§§ 53 II, III, 54 II SGB I), beim Tod des Erblassers im Wege der Universalsukzession übergehen (§ 58 S. 1 SGB I und sogleich im Text).

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IV. Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession

dass nicht einmal der zivilrechtlich Pflichtteilsberechtigte sich die B e z ü g e aus der

Hinterbliebenenrente

auf

den

Pflichtteilsanspruch

anrechnen

lassen

muss 2 2 2 . Gewiss ist nicht zu bestreiten, dass damit „vom wirtschaftlichen Sinnzusammenhang h e r " ein „erheblicher Vermögensteil aus der G e s a m t r e c h t s nachfolge (und natürlich auch aus dem Wirkungsfeld der Testierfreiheit) herausfällt" 2 2 3 . D o c h steht nicht zu erwarten - die bisherigen R e f o r m e n , zumal die jüngste des Jahres 2 0 0 1 , sprechen hier eine zu deutliche Sprache - , dass die politische Instrumentalisierung dieser Rechtsgebiete nachlassen und eine nähere Verbindung zum bürgerlichen E r b r e c h t sich in absehbarer Zeit anbahnen wird. b) Sonderrechtsnachfolge

in das Mietverhältnis

(§§ 563 f f . BGB)

D i e E r b e n treten kraft Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich s o w o h l beim T o d des Vermieters wie beim T o d des Mieters aktiv und passiv in das Mietverhältnis des Erblassers ein. Stirbt der Mieter, so ist sowohl der E r b e wie auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines M o n a t s außerordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen, nachdem er v o m Tod des Mieters und davon Kenntnis erlangt hat, dass ein Eintritt in das Mietverhältnis oder dessen F o r t s e t z u n g nach §§ 563 - 563b B G B nicht erfolgt ist 2 2 4 (§ 564 S. 2 BGB). In ein Mietverhältnis über W o h n r a u m , in dem der Mieter mit seinem E h e g a t ten, seinen Kindern, seinem Lebenspartner oder anderen Familienangehörigen einen gemeinsamen Haushalt führt, treten mit dem Tod des Mieters kraft G e setzes der Ehegatte, der Lebenspartner, die K i n d e r oder der bzw. die anderen Familienangehörigen ein (§ 563 B G B ) . Dasselbe gilt für Personen, die mit dem Mieter einen auf D a u e r angelegten Haushalt führten (§ 563 I I 4 B G B ) . H i e r gilt das Sonderkündigungsrecht nach § 564 S. 2 B G B nicht. D o c h kann sowohl der eingetretene Ehegatte wie jeder andere Eingetretene binnen eines M o n a t s nach Kenntniserlangung v o m T o d des Mieters erklären, dass er das Mietverhältnis nicht fortsetzen wolle; dann gilt sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt (§ 563 I I I 1 B G B ) . D i e eingetretenen Personen haften neben dem E r b e n 222 Kritisch daher und mit Anderungsvorschlägen (teils de lege ferenda, teils de lege lata) Fuchs, Zivilrecht und Sozialrecht, 1992, 338 ff.; Leipold, AcP 180 (1980), 160 (190); Windel (Fn. 5), 97 (vgl. auch schon 38 ff. zu den strukturellen Unterschieden zwischen rentenrechtlicher Hinterbliebenenversorgung und privatrechtlicher Vermögensweitergabe im Todesfall). 223 Leipold, AcP 180 (1980), 160 (206). 224 Das Abstellen auf die gesetzliche Frist ist wichtig, wenn das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen oder die gesetzliche Kündigungsfrist vertraglich verlängert ist (vgl. § 573d II BGB). § 564 BGB begründet ein Recht zur „außerordentlichen Kündigung" mit (gesetzlicher) Kündigungsfrist (vgl. demgegenüber die fristlose außerordentliche Kündigung). Richtig aus der Sicht der Universalsukzession übrigens BGHZ 135, 86: Auch im Rahmen des § 564 BGB (früher § 569 I BGB a.F.) könne der Vermieter nur bei Vorliegen eines berechtigten Grundes kündigen (und zwar unabhängig davon, ob der Erbe mit dem Verstorbenen in der Wohnung zusammengelebt hat); Korrektur der Entscheidung jetzt aber durch das Mietrechtsreformgesetz 2001 (§ 573d I BGB).

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§ 1

Universalsukzession

für die bis z u m Tod des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten aus dem M i e t verhältnis als Gesamtschuldner; im Verhältnis zu diesen Personen haftet der E r b e allein, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 5 6 3 b I B G B ) 2 2 5 . H a t der M i e ter den Mietzins für einen nach seinem T o d liegenden Zeitraum im Voraus entrichtet, sind die Personen, die nach § 563 B G B in das Mietverhältnis eingetreten sind, verpflichtet, dem E r b e n dasjenige herauszugeben, was sie infolge der Vorausentrichtung des Mietzinses ersparen oder erlangen (§ 5 6 3 b II B G B ) . N u r wenn in ein Mietverhältnis über W o h n r a u m weder der Ehegatte n o c h andere nach § 563 B G B Berechtigte (endgültig) eintreten, wird das Mietverhältnis mit dem E r b e n fortgesetzt; beide Mietparteien haben in diesem Fall ein aus § 5 6 4 B G B folgendes Sonderkündigungsrecht. § 563a B G B stellt klar, dass ein M i e t verhältnis über W o h n r a u m , den Personen im Sinne des § 563 B G B gemeinschaftlich gemietet haben, beim Tod eines der M i e t e r mit den überlebenden Mietern (und nicht mit den überlebenden M i e t e r n und dem E r b e n des Verstorbenen) fortgesetzt wird. D e r Eintritt in das Mietverhältnis nach § 563 B G B ist Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes, damit weder Sondererbfolge n o c h gesetzliches Vermächtnis 2 2 6 . D i e Berechtigten treten in das Mietverhältnis unabhängig davon ein, o b sie E r ben sind oder nicht, und umgekehrt werden sie durch den Eintritt nicht zu ( S o n d e r - ) E r b e n . D e r Ehegatte tritt auch dann ein, wenn beim T o d des Mieters bereits die Voraussetzungen des § 1933 B G B vorlagen. Ist der nach § 563 I B G B eintretende Ehegatte zugleich Alleinerbe, so gilt nicht etwa das Sonderkündigungsrecht nach § 564 S. 2 B G B . D e r Eintretende kann die Erklärung nach § 563 I I I B G B abgeben, o h n e die E r b s c h a f t ausschlagen zu müssen, und der Eintritt bleibt wirksam, auch wenn seine (aus der Sicht des § 563 B G B : zufällige) Erbenstellung dahinfällt. D i e Sonderrechtsnachfolge kann nicht durch Verfügung von Todes wegen beseitigt oder modifiziert werden. D e r Eintritt erfolgt ohne eigenes Zutun des Eintretenden von Gesetzes wegen. E s ist auch kein Ubertragungsakt des E r b e n erforderlich, da es sich eben nicht um ein gesetzliches Vermächtnis handelt. D e r Eintritt ist nicht N a c h f o l g e in ein einzelnes R e c h t , sondern N a c h f o l g e in das gesamte Vertragsverhältnis „ M i e t e " als K o m plex verschiedener R e c h t e und Verbindlichkeiten. D a es sich um Sonderrechtsnachfolge außerhalb des Erbrechts handelt, dürfen die Regeln der Universalsukzession auch nicht analog angewandt werden. D e r (unmittelbare) Besitz des Verstorbenen an der M i e t w o h n u n g geht nicht etwa nach § 857 B G B auf den gem. § 563 B G B Eintretenden ü b e r 2 2 7 . Freilich 225 Kritisch Fenyves, Erbenhaftung und Dauerschuldverhältnis, 1982, 307: Die alleinige Innenhaftung des Erben sei unbillig, weil der Erbe dafür, dass ihm etwas weggenommen werde (nämlich das Mietverhältnis), auch noch bezahlen müsse; dagegen wiederum Windel (Fn. 5), 325 f. 226 Lange/Kucbinke (Fn. 29), § 5 VII 2 d) (S. 148). 2 2 7 A.A. Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 5 VII 2 d) ß) (S. 148).

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

Universalsukzession

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greift § 857 BGB in Bezug auf die Wohnung auch nicht zugunsten des Erben ein, da nun einmal die Rechtsposition aus dem Mietverhältnis außerhalb des Erbrechts übergeht. Der nach § 563 BGB Eintretende erlangt Besitz und damit die Besitzschutzrechte erst in dem Zeitpunkt, in dem er die tatsächliche Sachherrschaft an der Wohnung begründet. Hat der Vermieter oder der Verstorbene das Mietverhältnis vor dem Erbfall (wirksam) gekündigt, ist beim Erbfall aber die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen, wird die Kündigung automatisch mit dem Erbfall hinfällig. Besteht der Kündigungsgrund des Vermieters fort (z.B. aus § 573 II Nr. 2 u. 3 BGB), mag er (unter Einhaltung der Form des § 568 BGB) dem nunmehrigen Mieter gegenüber erneut kündigen. Eine erneute Kündigung aus einem Kündigungsgrund, der sich aus einem Verhalten des Verstorbenen ableitet (§ 573 II Nr. 1 BGB) 228 , kommt nicht in Betracht; hatte auch der Eintretende den Kündigungsgrund mitzuvertreten, kann der Vermieter sich allein auf § 563 IV BGB stützen. Kündigt der Vermieter nach dem Erbfall dem nach § 563 BGB Eingetretenen zum ersten Mal, also ohne dass eine Kündigung dem Verstorbenen gegenüber vorangegangen wäre, und beruft er sich dabei auf ein Verhalten des Verstorbenen (§§ 543, 569, 573 II Nr. 2 u. 3 BGB), so ist die Kündigung ebenfalls unwirksam. Bei §§ 543 II Nr. 3, 569 III Nr. 1 BGB ist allein auf Mietzinsrückstände für die nach dem Erbfall abgelaufenen Mietperioden abzustellen 229 ; aus § 563b I BGB kann kein Argument für die gegenteilige Lösung abgeleitet werden. c) Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall aa) Rechtsprechung

und herrschende

Lehre

In a) und b) wurden gesetzlich angeordnete Sonderrechtsnachfolgen von Todes wegen behandelt. Eine auf Vertrag beruhende Sonderrechtsnachfolge tritt nach Rechtsprechung 230 und herrschender Lehre 231 beim sog. Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall ein (gewillkürte Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen). 228

Schon vor dem Erbfall ausgesprochene (fristlose) Kündigungen (§§543, 569 BGB) führen dazu, dass es erst gar nicht zu einem „Eintritt" nach § 563 BGB kommt. 229 Teilweise anders Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 5 VII 2 d) (S. 148 f.). 230 Zur Lebensversicherung: BGHZ 81, 95; BGHZ 91, 288; BGH, N J W 1975,1360; BGH, N J W 1987, 3131. Zu Sparbuch und Girokonto: BGHZ 46, 198; BGHZ 66, 8; BGH, N J W 1975, 382; BGH, N J W 1984, 480; BGH, N J W 1993, 2171. Zum Wertpapierdepot: BGHZ 41, 95; BGH, W M 1976, 1130. Zum Bausparvertrag: BGH, N J W 1965, 1913. Die internationalprivatrechtlichen Konsequenzen aus der vom B G H entwickelten Konzeption des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall und dessen Verhältnis zur Schenkung von Todes wegen zieht OLG Düsseldorf, ZEV 2001, 484 m. Anm. Henrich. 231 Dem B G H zustimmend etwa: Jauernig/Stürner (Fn. 29), §2301 Rn. 5; MünchKomm/ Musielak, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2301 Rn. 36 ff.; Palandt/Edenhofer (Fn. 29), § 2301 Rn. 17 ff.; RGRK/Kregel (Fn.29), §2301 Rn. 17 f.; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl. 1990, §331 Rn. 8 ff.; Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 33 V (S. 767 ff.); Kegel, Zur Schenkung von Todes wegen, 1972, 68 ff.; Hager, FS v. Caemmerer, 1978, 127 (144 ff.); Hinz, JuS 1965, 299 (304).

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§ 1

Universalsukzession

Beispiel 27: A errichtete mit seiner zweiten Ehefrau B 1957 ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in dem beide sich gegenseitig zu Erben und den Sohn des A aus erster Ehe (C) als Erben des Längerlebenden einsetzten. A starb 1966, B 1972. Ein Sparkonto der Sparkasse S, das auf „A oder Frau B" lautete, wies nach dem Tod von B ein Guthaben von 9.500,- DM auf. 1969 hatte B mit S einen formularmäßigen „Vertrag zugunsten Dritter" vereinbart, wonach im Zeitpunkt ihres Todes der D, ein Sohn des C, Gläubiger der Spareinlage sein sollte. Auf die Bestimmung des § 331 BGB wurde Bezug genommen. Bis zu ihrem Tod behielt sich B die Verfügung über die Spareinlage vor. S veranlasste darauf im Sparbuch und in den Kontounterlagen entsprechende Einträge. D erfuhr von dieser Regelung erst nach dem Tod der B. D klagt gegen seinen Vater C und beantragt dessen Zustimmung dazu, dass S das Sparguthaben an ihn auszahlt. Neben dem Sparguthaben hatte B nur noch Vermögen in Höhe von 6.000,- DM hinterlassen232.

Nach der Rechtsprechung kann durch Vertrag zugunsten Dritter im Sinne der §§ 328, 331 BGB ( D e c k u n g s v e r h ä l t n i s ) ohne Einhaltung der für Schenkungen von Todes wegen geltenden Formvorschriften (§ 2301 BGB) einem Dritten ein schuldrechtlicher Anspruch auch dann zugewendet werden, wenn es sich im Verhältnis zwischen dem Versprechensempfänger (Erblasser) und dem Dritten um eine schenkweise Zuwendung handelt und der Anspruchserwerb des Dritten erst mit dem Tod des Versprechensempfängers und nur bei Überleben des Dritten eintreten soll233. Der Dritte erwirbt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Versprechenden (Bank, Versicherung etc.) mit dem Tod des Versprechensempfängers (§ 331 BGB), und zwar von selbst, d.h. ohne eigenes Zutun234, und originär, d.h. ohne Durchgangserwerb durch das Vermögen des Versprechensempfängers. Weder diese Forderung noch das zu ihrer Erfüllung Geleistete fallen in den Nachlass des Versprechensempfängers. Das alles besagt aber noch nicht, dass das, was der Dritte auf Grund eines solchen Vertrages erhält (die Forderung gegen den Versprechenden bzw. das zu ihrer Erfüllung Geleistete), ihm zwingend auch endgültig verbleibt. Endgültig ist der Erwerb des Dritten nur, wenn zwischen dem Versprechensempfänger und ihm ein wirksames Valutaverhältnis zustande kommt. Fehlt ein solches und kann es auch nicht mehr zustande kommen, dann hat zwar der Dritte den Anspruch gegen den Versprechenden wirksam erworben. Er hat ihn aber nach Bereicherungsrecht (§ 812 I 1 BGB) den Erben des Versprechensempfängers herauszugeben. Klagt der Drittbegünstigte - wie in der Praxis üblich - gegen die Erben auf Zustimmung zur Auskehrung des vom Versprechenden Hinterlegten, so können ihm die Erben die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten, da er das auf Grand seines Anspruchs Erhaltene Sachverhalt von BGHZ 66, 8. Dass das Deckungsverhältnis, also der Vertrag zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger, nicht unter § 2301 I BGB fällt, ist heute fast einhellige Meinung. Es gilt der allgemeine Satz, dass sich beim Vertrag zugunsten Dritter eine etwaige Formbedürftigkeit des Valutaverhältnisses nicht auf das Deckungsverhältnis auswirkt (BGHZ 46, 198, 201; BGHZ 54,145). 234 Allerdings mit der Zurückweisungsmöglichkeit des § 333 BGB. 232

233

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

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nach Bereicherungsrecht gleich wieder herausgeben müsste 2 3 5 . G e n a u s o wenig wie für das Deckungsverhältnis greift für das Valutaverhältnis § 2 3 0 1 I B G B ein. D e n n dieser N o r m geht § 331 B G B als lex specialis vor, der somit nicht nur eine Vermutung für den Zeitpunkt des R e c h t s e r w e r b s enthält, sondern auch die gesetzliche A n e r k e n n u n g der Zulässigkeit unentgeltlicher Zuwendungen durch Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall ohne R ü c k s i c h t auf § 2301 B G B . D a m i t ist vor allem das Abgrenzungskriterium des § 2 3 0 1 I I B G B ausgeschaltet, demzufolge Schenkungsversprechen auf den Todesfall wie Schenkungen unter L e b e n d e n behandelt werden, wenn n o c h der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes vollzogen hat, wie Verfügungen v o n Todes wegen j e d o c h , wenn ein solcher lebzeitiger Vollzug nicht stattgefunden hat. Vielmehr handelt es sich b e i m Valutaverhältnis des Vertrages z u gunsten D r i t t e r auf den Todesfall stets u m eine Schenkung unter Lebenden. W i e aber k o m m t diese Schenkung unter L e b e n d e n zustande, wenn der Versprechensempfänger - wie es häufig geschieht 2 3 6 - dem Drittbegünstigten zu seinen L e b z e i t e n nichts von seiner Schenkungsabsicht erzählt, der Vertrag also erst nach seinem T o d geschlossen werden kann? D i e herrschende M e i n u n g stellt sich die Sache so vor: M i t dem Abschluss des Vertrages zugunsten des D r i t t e n erklärt der Versprechensempfänger das A n g e b o t zum Abschluss eines schuldrechtlichen Schenkungsvertrages zwischen ihm und dem D r i t t e n , sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend. Zugleich erteilt er dem Versprechenden (der B a n k , Versicherung etc.) den ausdrücklichen oder stillschweigenden A u f trag, das von ihm abgegebene Schenkungsangebot nach seinem T o d dem D r i t ten zugehen zu lassen. D i e B a n k n i m m t das A n g e b o t z u m Abschluss eines A u f tragsvertrages an, w o b e i es nach § 151 B G B keiner Erklärung dieser A n n a h m e gegenüber dem Versprechensempfänger bedarf. D i e s e r Auftrag erlischt nach dem Willen des Versprechensempfängers nicht mit dessen T o d (§ 6 7 2 B G B ) , ja er soll seinem Inhalt nach erst nach dem T o d erfüllt werden (postmortaler A u f trag). A u c h das A n g e b o t z u m Abschluss des Schenkungsvertrages mit dem D r i t t e n erlischt durch den T o d des Versprechensempfängers nicht, da es nach § 130 I I B G B auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung ohne Einfluss ist, wenn der Erklärende nach der A b g a b e stirbt. D i e A n n a h m e des Schenkungsangebots kann nach § 153 B G B auch n o c h nach dem T o d des Antragenden erfolgen, w o b e i es auch hier wieder keiner Erklärung der A n n a h m e dem Antragenden gegenüber bedarf, weil der Antragende auf die Erklärung ihm gegenüber stillschweigend oder ausdrücklich verzichtet hat (§ 151 B G B ) , ein Verzicht, der auch für seine E r b e n wirkt (§ 1922 B G B ) . F o r m p r o b l e m e stellen sich nicht: D a Gegenstand der unentgeltlichen Z u w e n d u n g der Anspruch des D r i t t e n gegen den Versprechenden ist, dieser Anspruch aber mit dem Tod des Versprechens235 236

BGH, W M 1975, 115 (116) = N J W 1975, 382 (383 rechte Spalte). Jedenfalls bei Bankverträgen, wohl seltener bei Lebensversicherungen.

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§1

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empfängers entsteht, ist die dem Dritten zugedachte Leistung in dem Zeitpunkt, in dem der Schenkungsvertrag zustande kommt, bereits erfüllt, sodass es nur noch der formlosen Einigung über die Unentgeltlichkeit gem. § 516 I BGB bedarf (Handschenkung). Selbst wenn man eine Versprechensschenkung nach § 518 I BGB annähme 237 , wäre der Mangel der dann für das Schenkungsversprechen erforderlichen Form (notarielle Beurkundung) durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt (§518 II BGB). Denn die Heilung nach §518 II BGB ist sogar noch nach dem Tod des die Schenkung Versprechenden 238 , erst recht natürlich im Zeitpunkt seines Todes möglich. Da der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall weder eine Verfügung von Todes wegen ist, noch ihm im Valutaverhältnis eine Verfügung von Todes wegen zugrunde liegt, ist bei dem durch Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament gebundenen Erblasser § 2289 I 2 BGB nicht einschlägig 239 . Auch der gebundene Erblasser kann mithin wirksam durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall über sein Vermögen verfügen; da es sich um lebzeitige Rechtsgeschäfte handelt, greift zu seinen Gunsten § 2286 BGB ein. Sowohl der durch Erbvertrag Begünstigte wie auch der Schlusserbe eines bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testamentes ist auf § 2287 BGB angewiesen, muss daher (anders als bei § 2289 I 2 BGB) Beeinträchtigungsabsicht des Erblassers (bzw. nach der Rechtsprechung des B G H : Fehlen eines „lebzeitigen Eigeninteresses" des Erblassers) nachweisen und, wenn ihm dieser Nachweis gelingt, sich mit den Schwächen eines bloßen Bereicherungsanspruchs abfinden 240 . Da der Erwerb des Dritten (Forderung gegen den Versprechenden bzw. das in Erfüllung dieser Forderung Erhaltene) nicht in den Nachlass fällt 241 , sind Nachlassgläubiger am direkten Zugriff auf diesen Erwerb gehindert. Sie sind auf den Schutz des AnfG und der §§ 129 ff. InsO, Pflichtteilsberechtigte auf den der §§ 2325 ff. BGB angewiesen 242 . Immerhin wird also eine mittelbare Zuwendung „aus dem

237

So offenbar RGZ 128, 187(189). BGHZ 99, 97 (100) = W M 1987, 139 (140); BGH, WM 1988, 984 = N J W 1988, 2731 f. 239 BGHZ 66, 8; BGH, W M 1976,1130. 240 BGHZ 66, 8 (13 ff.) = W M 1976, 320 (321 f.). 241 Tritt ein Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus einer Lebensversicherung als Sicherheit an einen Kreditgeber ab und widerruft er zu diesem Zweck ein Bezugsrecht, so gehört der Anspruch auf die Versicherungssumme beim Tod des Versicherungsnehmers in H ö h e der gesicherten Schuld zu seinem Nachlass; er ist ebenso wie die gesicherte Schuld für die Berechnung des Pflichtteils gem. §2311 BGB zu berücksichtigen; so BGH, N J W 1996, 2230, in Fortführung von BGHZ 109, 67. 242 Bei Lebensversicherungen ist Str., ob man die Versicherungssumme (so z.B. Härder, FamRZ 1976, 617 m.w.N.; Windel-Fri. 5 171 ff. m.w.N.) oder die Versicherungssumme abzüglich des Risikoanteils ergänzt um die Prämien für den Risikoanteil (Rauscher, Reformfragen des gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechts, 1993, Bd. II/2, 339 ff.; ähnlich Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, 309 f.) oder sämtliche vom Schenker geleisteten Prämien (so Brox - Fn. 29 - , Rn. 737) oder nur die von ihm innerhalb der letzten vier Jahre (§§ 4 A n f G n.F., 134 InsO) bzw. der letzten zehn Jahre (§2325 III BGB) geleisteten Prämien (so die h.M., vor 238

IV. Ausnahmen vom Prinzip der Vermögen"

(§516

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I B G B ) des Erblassers angenommen, trotz

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R e c h t s e r w e r b s des D r i t t e n . Ist der Drittbegünstigte zugleich alleiniger Vorerbe, so wird die F o r d e r u n g gegen den Versprechenden (bzw. das zu ihrer Erfüllung Geleistete) nicht von der N a c h e r b f o l g e erfasst 2 4 3 . Ist der beschenkte D r i t t e A b k ö m m l i n g des Erblassers und gesetzlicher Miterbe, entsteht i.d.R. keine Pflicht zur Ausgleichung (§ 2 0 5 0 I I I B G B ) . A u c h wenn in der Person des D r i t t e n ein E r b - bzw. Vermächtnisunwürdigkeitsgrund (§ 2 3 3 9 B G B ) vorliegt, kann seine Position nicht durch Anfechtungsklage nach § 2 3 4 2 B G B nachträglich beseitigt werden. D e n E r b e n steht ausnahmsweise das R e c h t zum Widerruf des Schenkungsvertrages zu, wenn der B e s c h e n k t e vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat (§ 5 3 0 II B G B ) . E i n e A n f e c h tung des Schenkungsvertrages ist nur in den engen G r e n z e n der § § 1 1 9 ff. B G B (nicht nach §§ 2 0 7 8 ff. B G B ) möglich. Ist bei einer Lebensversicherung der Ehegatte als Bezugsberechtigter benannt, so entfällt bei Scheidung der E h e vor Eintritt des Versicherungsfalls die Bezugsberechtigung nicht ohne weiteres; § 2 0 7 7 B G B gilt weder für die Bezugsberechtigung n o c h für das Valutaverhältnis; bei L e t z t e r e m kann das Scheitern der E h e allenfalls Wegfall der Geschäftsgrundlage bedeuten 2 4 4 . Im Beispielsfall 27 hat D mit dem Tod der B eine Forderung gegen S erworben, und zwar durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall. Hätte B dem D ihre gegen S bestehende Forderung durch Vermächtnis zugewendet, so hätte sie zunächst die Vermächtnisform einhalten müssen (§§ 1939, 1941 BGB); selbst bei Einhaltung der Form wäre das Vermächtnis im konkreten Fall jedoch wegen § 2289 I 2 BGB (analog) unwirksam gewesen, denn B war nach dem Tod des A an ihre letztwillige Verfügung gebunden (§§ 2271 II, 2270 II BGB); und selbst wenn B nicht erbrechtlich gebunden gewesen wäre, hätte D nach § 2174 BGB allem BGH, FamRZ 1976, 616; BGH, NJW 1995, 3113; RGZ 128, 190) als Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung anzusehen hat. Nach h.M. ist nur dann die Versicherungssumme selbst herauszugeben bzw. bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzung zugrunde zu legen, wenn das Bezugsrecht erst nachträglich, und zwar innerhalb der kritischen Zeiten, eingeräumt wurde (RGZ 66, 158; RGZ 153, 220; Palandt/Heinrichs - Fn. 110 § 330 Rn. 6): In diesem Fall ist die Einräumung des Bezugsrechts selbst Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung (und damit anfechtbar bzw. bei der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigen); daher ist hier der Anspruch auf die Versicherungssumme (bzw. die Versicherungssumme selbst) zu berücksichtigen; ist die Einräumung des Bezugsrechts wegen Zeitablaufs nicht mehr anfechtbar bzw. nach § 2325 III BGB nicht mehr zu berücksichtigen, sind auch hier nur die Prämien der betreffenden letzten Jahre anzusetzen. Die Unterscheidung zwischen Zuwendung nur der Prämien und Zuwendung des Bezugsrechts gilt für einen etwaigen Bereicherungsausgleich im Valutaverhältnis entsprechend. Bei schon zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers eingetretener Unwiderruflichkeit ist nach ganz einhelliger Meinung die Versicherungssumme vom Dritten nicht derivativ erworben; schon mit Eintritt der Unwiderruflichkeit (also abweichend von §331 BGB) erwirbt der Dritte ein eigenes Forderungsrecht gegen den Versprechenden (BGHZ 45,162, 165, und zwar auch bei der gemischten Todes- und Erlebensfallversicherung; für Letztere einschränkend Windel - Fn. 5 - , 173 ff.); unentgeltlich (zu Lebzeiten) zugewendet sind nur die Prämien. 243 OLG Schleswig-Holstein, ZEV 1995,415. 244 BGHZ 128, 125 (132 ff.); str.

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lediglich einen Anspruch gegen C erworben, dass dieser ihm den Anspruch gegen S abtrete. Die nach h.M. von § 2301 B G B unabhängige Zulässigkeit des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall gewährt dem D also einen dreifachen Vorteil: Das ihn begünstigende Rechtsgeschäft bedarf keiner Form. Materiellrechtliche Schranken des Erbrechts wie § 2289 12 B G B verhindern seine Begünstigung nicht. Anders als beim Vermächtnis erwirbt er den Anspruch gegen S unmittelbar mit dem Tod der B. — Ein Anspruch des C gegen D auf Abtretung der Forderung gegen S aus § 812 B G B kommt nicht in Betracht. Denn im Valutaverhältnis ist eine wirksame lebzeitige Schenkung zustande gekommen, als D das von S überbrachte Schenkungsangebot der B annahm (§§ 130 II, 153, 151, 518 II BGB). Auch das Valutaverhältnis ist, ebenso wie das gerade eben behandelte Deckungsverhältnis, nach h.M. nicht wegen § 2301 I B G B formunwirksam oder nach §§ 2301 I, 2289 I 2 B G B materiell unwirksam. - C hat jedoch gegen D einen Anspruch auf Rückübertragung nach § 2287 I BGB. Diese Norm ist auf das gemeinschaftliche Testament nach Eintritt der Bindung des Uberlebenden analog anwendbar. Ein „lebzeitiges Eigeninteresse" der B an der Schenkung lag nicht vor. § 2287 I BGB greift auch ein bei einer Schenkung, die erst nach dem Tod vollzogen wird. Der Anspruch aus § 2287 I B G B verjährt, anders als ein direkter Anspruch aus § 812 BGB, bereits in drei Jahren vom Anfall der Erbschaft an (§ 2287 II BGB). Nach alledem kann D von C gem. § 242 B G B nicht Zustimmung zur Auszahlung an ihn verlangen, da er verpflichtet ist, die Forderung gegen S an C abzutreten. F ü r den D r i t t e n selbst besteht die Gefahr, dass die causa im Valutaverhältnis wegen Widerrufs des E r b e n 2 4 5 nicht zustande k o m m t . D a der Erblasser das Schenkungsangebot bis zu dessen (hier ja hinausgeschobenem) Zugang nach § 1 3 0 I 2 B G B widerrufen k o n n t e , geht dieses Widerrufsrecht (auszuüben durch E r k l ä r u n g gegenüber dem Drittbegünstigten) auf die E r b e n über (§ 1922 I B G B ) . D a der Erblasser auch den der B a n k erteilten Auftrag jederzeit widerrufen k o n n t e (§ 671 I B G B ) , k ö n n e n dies - i m m e r in den B a h n e n v o n R e c h t sprechung und herrschender M e i n u n g gedacht - die E r b e n ebenfalls: W i r d der Versprechende, der als Erklärungsbote fungiert, angewiesen, die Schenkungsofferte nicht weiterzugeben, so wird sie mangels Zugangs (§ 130 1 1 B G B ) nicht wirksam (jedenfalls, wenn der Angewiesene die Weisung befolgt). D e r E r b e kann demnach das Wirksamwerden der Schenkungsofferte auf zweierlei A r t verhindern: durch rechtzeitigen 2 4 6 Widerruf oder Vereitelung des Zugangs. A m Widerrufsrecht der E r b e n ändert sich nichts, wenn man statt eines Auftrags an die B a n k einen mit dieser geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 B G B ) annimmt: D a n n k o m m e n die für die Kündigung des D i e n s t - oder W e r k vertrages geltenden B e s t i m m u n g e n z u m Zuge; nach § 621 N r . 4 H S . 2 und § 6 4 9 B G B ist auch ein solcher Vertrag jederzeit k ü n d b a r 2 4 7 . D a s Ergebnis würde sich auch dann nicht ändern, wenn man annehmen wollte, der Versprechensempfänger habe das Schenkungsangebot nicht selbst abgegeben, sondern dem Versprechenden die Vollmacht erteilt, es in seinem N a m e n abzugeben. A u c h eine solche (postmortale) Vollmacht würde mit dem Widerruf des zugrunde liegenden A u f Dazu Muscheler, WM 1994, 92. Die Rechtzeitigkeit des Widerrufs muss der Erbe beweisen: BGH, WM 1983, 1355 (1356) = N J W 1984, 480 (481). 247 BGH, WM 1975,115 (116) = N J W 1975, 382 (383). 245 246

IV. Ausnahmen vom Prinzip der

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trags (bzw. der Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages) erlöschen (§ 168 S. 1 B G B ) , ja wäre selbst unabhängig davon widerrufbar (§ 168 S. 2 B G B ) . Wäre es C im Beispielsfall 27 gelungen, die Schenkungsofferte oder den Botenauftrag an die Bank rechtzeitig zu widerrufen, hätte er einen Anspruch auf Abtretung der gegen S gerichteten Forderung direkt aus § 812 B G B erlangt. Er wäre dann der Last enthoben gewesen, die Voraussetzungen des § 2287 I B G B nachweisen zu müssen. Ob bei einer rechtsgrundlosen Zuwendung des Erblassers § 2287 B G B zusätzlich zu den §§ 812 ff. B G B Anwendung findet, ist umstritten 248 , aber wohl zu verneinen. I m Eigentum des Versprechensempfängers stehende Gegenstände können nicht mit unmittelbarer dinglicher Wirkung durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall auf einen anderen übertragen werden. Soweit es u m Grundstücke geht, ist dieser Satz wegen § 925 II B G B ganz unbestritten; bei beweglichen Sachen und Wertpapieren entspricht er herrschender Meinung. Beispiel 28: E schreibt kurz vor ihrem Tod an ihre Bank: „Ich bitte Sie, meine im Depot ruhenden Wertpapiere nach meinem Ableben an meine Nichte N auszuhändigen." N bekommt nach dem Tod der E Aktien aus dem Depot und verkauft sie. N ist zusammen mit F und G Miterbin der E. F verlangt von N Zahlung des Erlöses an die Erbengemeinschaft 249 . - Nach h.M. hat die Erbengemeinschaft keinen entsprechenden Anspruch (den F nach § 2039 B G B alleine geltend machen könnte). Zwar konnte N nicht unmittelbar mit dem Erbfall Eigentümerin der Wertpapiere werden, denn ein dinglicher Vertrag zugunsten Dritter ist nach h.M. unwirksam, was auch für einen dinglichen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall gilt. Auch für die 250 Möglichkeit einer (gegenüber dem Vollrechtserwerb weniger weitgehenden) dinglichen Gebundenheit der Erben, etwa im Sinne eines dem Dritten angefallenen Anwartschaftsrechts, ist keine Grundlage ersichtlich. Dagegen kann, so die h.M., durch Vertrag zugunsten Dritter dem Dritten mit dem Erbfall ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Versprechenden auf Ubereignung der Wertpapiere verschafft werden 251 ; es gebe keinen Grund, warum dies bei Ansprüchen gegen eine Bank nur gelten solle, soweit solche Ansprüche auf Leistung in Geld gerichtet sind, und nicht auch dann, wenn sie auf Ubereignung von Wertpapieren gehen. In beiden Fällen bedürfe es noch einer dinglichen Erfüllung durch Übereignung, dort des Geldes, hier der Wertpapiere. Insgesamt liegt nach h.M. beim Vertrag zugunsten Dritter eine vertragliche Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen vor: D e r Dritte erwirbt den Anspruch gegen den Versprechenden unmittelbar und ohne eigenes Dazutun mit dem Tod des Versprechensempfängers, unabhängig von formellen (z.B. § 2 2 4 7 B G B ) und Vgl. nur MünchKomm/Musielak (Fn. 231), § 2287 Rn. 4 f. m.w.N. Sachverhalt nach BGHZ 41, 95 = N J W 1964, 1164; dazu namentlich Hinz, JuS 1965, 299. Vgl. ferner BGH, WM 1976, 1130: Ein von einem Erblasser mit einer Bank abgeschlossener (Vollrechts-)Treuhandvertrag mit der Anweisung an die Bank, nach dem Tod des Erblassers den Erlös aus dem Verkauf von dessen Wertpapieren an einen Begünstigten auszuzahlen, bedarf auch dann nicht der Form des § 2301 BGB, wenn es sich um eine schenkweise Zuwendung des Erblassers an den Begünstigten handelt. Es gelten die normalen Grundsätze über den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall. - In der Literatur finden sich vielfältige vom BGH abweichende Konstruktionsversuche. 250 Von RGZ 106, 1 (3) gegenüber RGZ 98, 279 (281 ff.) erwogen, von BGHZ 41, 95 (96) abgelehnt. 251 Kritisch gegen den Eigentumsverschaffungsanspruch Windel (Fn. 5), 186 f. 248

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materiellen (z.B. § 2 2 8 9 I B G B ) A n f o r d e r u n g e n des E r b r e c h t s und außerhalb des Nachlasses. D e r E r w e r b ist unabhängig davon, o b der D r i t t e auch E r b e wird, und umgekehrt wird er nicht allein deshalb z u m ( S o n d e r - ) E r b e n , weil er Begünstigter eines Vertrages zugunsten D r i t t e r ist. E i n e „Abrechnungsgemeinschaft" zwischen dem D r i t t e n , der auch E r b e ist, und anderen M i t e r b e n entsteht nicht. D e r D r i t t e kann auf den e r w o r b e n e n A n s p r u c h verzichten (§ 333 B G B ) , ohne seine Erbenstellung aufgeben zu müssen, und umgekehrt führt der Wegfall seiner Erbenstellung, sei es durch Ausschlagung oder A n f e c h t u n g oder sonstige G r ü n d e , nicht z u m Wegfall seines Anspruchs gegen den Versprechenden. H a t bei der Kapitallebensversicherung der Versicherungsnehmer seine „ E r b e n " zu Bezugsberechtigten erklärt, so sind im Zweifel diejenigen, die zur Zeit des Todes als E r b e n berufen sind, nach dem Verhältnis ihrer Erbteile b e zugsberechtigt (§ 167 I I 1 W G ) 2 5 2 . A u c h in diesem Fall erwerben die E r b e n den Anspruch auf die Versicherungssumme j e d o c h nicht kraft E r b r e c h t s , s o n dern kraft eines Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall und damit außerhalb des Nachlasses - mit der Folge, dass die Ausschlagung der E r b s c h a f t auf die Bezugsberechtigung keinen Einfluss hat (so ausdrücklich § 167 I I 2 W G ) , der A n s p r u c h auf die Versicherungsleistung bzw. das von der Versicherung E r langte nicht unter das Verwaltungsrecht eines Testamentsvollstreckers fällt, nicht von einer N a c h e r b f o l g e erfasst w i r d 2 5 3 usw. In der H a u p t w i r k u n g , dem unmittelbaren Forderungsanfall zugunsten des D r i t t e n , ähnelt der Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall dem Vindikationslegat. Dass der D r i t t e , wie beim Damnationslegat, nur eine schuldrechtliche F o r d e r u n g erwirbt, vermag darüber nicht hinwegzutäuschen, denn dieses Forderungsrecht richtet sich, anders als in § 2 1 4 7 B G B vorgesehen, nicht gegen einen Nachlassbeteiligten, sondern gegen einen Nachlassfremden, den Versprechenden des Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall. D i e Sache ist materiell so zu betrachten, als wäre dem Erblasser (ausnahmsweise) erlaubt, eine Forderung, die er gegen den Versprechenden hat, dem D r i t t e n mit unmittelbarer dinglicher W i r k u n g auf seinen T o d zuzuwenden; formell besteht freilich ein Unterschied darin, dass die F o r d e r u n g des D r i t t e n gegen den Versprechenden eine andere ist als diejenige, die der Erblasser gegen den Versprechenden hatte. D e m Vindikationslegat ähnelt der Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall in der Interpretation der herrschenden M e i n u n g freilich nur in seiner H a u p t wirkung. Handelte es sich nämlich u m ein wirkliches (formprivilegiertes) V i n dikationslegat, brauchte der D r i t t e keine schuldrechtliche (in ihrem Zustandek o m m e n durch den E r b e n verhinderbare) causa für den E r w e r b ; würde der ordentliche Pflichtteil, weil die F o r d e r u n g des D r i t t e n z u m Nachlass gehören 2 5 2 Dazu wichtig OLG Schleswig-Holstein, ZEV 1995, 415; OLG Schleswig-Holstein, ZEV 1999,107 m. Anm. Muscheler, ZEV 1999,229; Vollkommer, ZEV 2000,10. 2 5 3 Die Nacherben gehören bei Einsetzung der „Erben" nicht zu den Bezugsberechtigten (OLG Schleswig-Holstein, Z E V 1995, 415, 416, vgl. auch die weiter in Fn. 252 Genannten).

IV. Ausnahmen vom Prinzip der

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würde, sich unter Berücksichtigung der F o r d e r u n g des D r i t t e n berechnen (§ 2 3 1 1 1 1 B G B ) ; k ö n n t e n die Nachlassgläubiger - hier sind für das Modell des Vindikationslegats allerdings verschiedene L ö s u n g e n theoretisch möglich und historisch vorfindbar, und gerade die Varietät der denkbaren L ö s u n g e n und die Kompliziertheit jeder v o n ihnen hat den deutschen Gesetzgeber mit z u m Verzicht auf das Vindikationslegat bewogen - wahrscheinlich auf den Vindikationsgegenstand (die F o r d e r u n g des D r i t t e n ) zugreifen, zwar möglicherweise nicht unmittelbar, w o h l aber (mindestens) nach A n f e c h t u n g in Analogie zu § 322 I n s O , sodass zwar, wie bei der jetzigen L ö s u n g im R a h m e n des Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall auch, zuerst A n f e c h t u n g durch die G l ä u b i ger erforderlich wäre, sich die A n f e c h t u n g aber bei der Lebensversicherung z . B . nicht nur auf die eingezahlten P r ä m i e n 2 5 4 , sondern auf die Versicherungssumme beziehen würde. E i n e r der weiteren Unterschiede

z u m echten

Vindika-

tionslegat liegt in der N i c h t a n w e n d b a r k e i t der §§ 2 2 8 9 I 2, 2271 I I , 2 2 7 0 B G B . M a n kann zusammenfassend sagen: In der Interpretation der herrschenden M e i n u n g ist der Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall ein aus dem E r b recht vollständig herausgenommenes Vindikationslegat, ein Vindikationslegat ohne Legatscharakter. E i n e doppelte A b w e i c h u n g z u m Prinzip der Universalsukzession lässt sich konstatieren: Z u m einen wird entgegen dem grundsätzlichen V e r b o t des Vindikationslegats Vindikation zugelassen, und z u m anderen werden nicht einmal die erbrechtlichen F o l g e n angewandt, die sich aus einem (zulässigen) Vindikationslegat eigentlich ergeben müssten. Dass die in dieser A r b e i t verwendete Terminologie von der „Sonderrechtsnachfolge v o n Todes w e g e n " , auch v o m dogmatischen Standpunkt der herrschenden M e i n u n g aus betrachtet, berechtigt ist, zeigt sich in Z u s a m m e n h ä n gen, in denen das G e s e t z zwar „ E r w e r b von Todes w e g e n " verlangt, in denen es aber wegen der ratio der einschlägigen N o r m e n nicht gerade auf den M o d u s der erbrechtlichen Universalsukzession und den durch sie vermittelten E r w e r b ankommt. Beispiel 29: F ist mit M in zweiter Ehe verheiratet. Es gilt der gesetzliche Güterstand. F hat aus erster Ehe einen Sohn S. S setzt F zur Alleinerbin ein, benennt sie als Bezugsberechtigte zweier Lebensversicherungen und stirbt, nachdem erst wenige Prämien für die Versicherungen bezahlt sind. F erhält von den Versicherungen insgesamt 121.000 DM ausbezahlt. F stellt Scheidungsantrag. Ist die Versicherungssumme beim Zugewinn der F zu berücksichtigen oder greift § 1374 II B G B ein? 255 - Der B G H wendet in diesem Fall § 1374 II B G B in erweiternder Auslegung256 an. Sinn des § 1374 II B G B sei es, solche Vermögensbestandteile einer Ausgleichspflicht zu entziehen, die in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft stehen, sondern einem Ehegatten von dritter Seite „auf Grund persönlicher Beziehungen zu dem Zuwendenden" oder auf Grund ähnlicher besonderer Umstände zufließen, an denen der andere Ehegatte keinen Anteil hat. Zwar falle beim 254 255 256

S.o. Fn. 242. Sachverhalt von BGHZ 130, 377; Vorinstanz: OLG Hamm, FamRZ 1994, 1255. Es handelt sich nach den Entscheidungsgründen wohl nicht um eine Analogie.

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(Lebensversicherungs-)Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall der A n s p r u c h gegen die Versicherung nicht in den Nachlass und sei v o m Erblasser lebzeitig geschenkt (Valutaverhältnis) n u r die Summe der Prämien, nicht aber die Lebensversicherungssumme selbst. Aber dass sich der E r w e r b des § 1374 II Alt. 1 BGB nicht über den Nachlass vollziehen müsse, ergebe sich schon daraus, dass Abfindungen f ü r den „Verzicht" 257 auf ein angefallenes oder künftiges Erbrecht und einen Pflichtteil oder f ü r die Ausschlagung eines Vermächtnisses schon immer unter die N o r m subsumiert w o r d e n seien. Deshalb sei es im vorliegenden Fall unschädlich, dass die Lebensversicherungssumme nicht Bestandteil des Nachlasses geworden und der F als Alleinerbin ihres Sohnes nicht im Wege des üblichen Erbgangs zugeflossen ist, sondern ihr gem. § 330 S. 1 BGB auf G r u n d ihrer vertraglichen Bezugsberechtigung kraft eigenen Rechts unmittelbar zugestanden hat. D e n n dabei handele es sich „nur um rechtstechnische, auf dem Versicherungsvertragsrecht beruhende Besonderheiten" 2 5 8 . Maßgebend f ü r die A n w e n d u n g des § 1374 II B G B sei vielmehr, dass die Einsetzung der F als Bezugsberechtigte der Lebensversicherung „in ihrer Wirkung einer letztwilligen Verfügung gleichkommt", die der Versprechensempfänger mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung z u r M u t t e r u n d in der Absicht vorgenommen habe, sie f ü r den Fall seines Todes abzusichern. Die Bezugsberechtigung habe „ähnlich wie eine Erbeinsetzung" 2 5 9 zur Folge, dass die Bedachte mit dem Tod des Sohnes in den Genuss der zugedachten Lebensversicherung k o m m t . - Dass F auch Alleinerbin des S war und es unverständlich wäre, wenn die von S mit der Bezugsberechtigung beabsichtigte zusätzliche Absicherung der F z u m Ergebnis hätte, dass diese im Ergebnis schlechter gestellt wäre, als wenn sie n u r zur Alleinerbin eingesetzt w o r d e n wäre — dann hätte sie die Versicherungssumme geerbt 2 6 0 - , vermerkt der B G H n u r als zusätzliches, nicht aber als entscheidendes Argument. In allen Fällen, in denen die Bezugsberechtigung des Dritten sich aus persönlichen Beziehungen (und nicht etwa n u r aus kreditsichernden G r ü n d e n ) ergibt, bleibt der E r w e r b des Dritten nach § 1374 II BGB im Zugewinnausgleich privilegiert.

Der Begriff „Erwerb von Todes wegen" kommt auch in anderen N o r m e n des BGB vor (§§ 1418 II Nr. 2,1478 II Nr. 2,1638 - 1640,1803). Seit der Streichung der Legaldefinition, die § 1369 der ursprünglichen BGB-Fassung für den Begriff des „Erwerbs von Todes wegen" enthielt 261 , ist der Rechtsanwender nicht mehr gehindert, auch in diesen Normen, ebenso wie in § 1374 II BGB, den Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als Erwerb von Todes 257

Der B G H verwendet den Begriff hier wohl als untechnischen Oberbegriff für die Ausschlagung der Erbschaft (§§ 1942 ff. BGB) einerseits, den Erbverzicht (§§ 2346 ff. BGB) andererseits. 258 BGHZ 130, 377 (384). 259 Ebd. 260 Vgl. § 168 VVG; BGHZ 32, 44 (47); BFH, BStBl III 1960, 54. 261 § 1369 BGB a.F. enthielt eine N o r m für das gesetzliche Güterrecht (der ehemännlichen Verwaltung und Nutznießung am eingebrachten Vermögen der Frau) und lautete: „Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder als Pflichtteil erwirbt (Erwerb von Todes wegen) oder was ihr unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll." Diese Legaldefinition nahm man schon für die ursprüngliche Fassung des BGB außerhalb des gesetzlichen Güterrechts nicht ganz ernst, dehnte dort den Begriff des „Erwerbs von Todes wegen" vielmehr über die in § 1369 BGB a.F. genannten Fälle hinaus aus; vgl. etwa für den Vorläufer des heutigen § 1374 II BGB, den § 1521 BGB a.F. (eingebrachtes Gut bei der Errungenschaftsgemeinschaft), Planck/ Unzer, BGB, 4. Aufl. 1928, § 1521 Anm. 3.

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

Universalsukzession

75

wegen zu bezeichnen. Das gilt selbst für jene Normen, in denen zugleich von einer „Verfügung von Todes wegen" die Rede ist (§§ 1418 II Nr. 2, 1638 - 1640, 1803 B G B ) : Der Erblasser kann selbstverständlich (zwar nicht im formlosen Deckungsgeschäft, wohl aber) in einer Verfügung von Todes wegen entsprechende Bestimmungen über den Erwerb auf Grund Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall treffen 262 ; Verfügungen von Todes wegen können keineswegs nur im strengen Sinne erbrechtliche Anordnungen enthalten. Nur am Rande sei vermerkt, dass nach § 3 I Nr. 4 ErbStG steuerrechtlich als „Erwerb von Todes wegen" auch gilt „jeder Vermögensvorteil, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird." Auch nach den zuletzt gemachten Ausführungen bleibt es jedoch aus der Perspektive der herrschenden Meinung dabei, dass beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall wohl ein „Erwerb von Todes wegen", aber kein Erwerb qua Erbfolge oder Vermächtnis, kein „erbrechtlicher Erwerb" vorliegt. Es handelt sich bei ihm um „erbrechtsunabhängige Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen". bb) Abweichende

Lösungen

Die Auffassung der Rechtsprechung, die im Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall eine sich außerhalb des Nachlasses und auf Grund eines lebzeitigen Rechtsgeschäfts vollziehende Sonderrechtsnachfolge sieht, war von Anfang an heftiger Kritik ausgesetzt. Dabei muss man sich in unserem Zusammenhang klar machen, dass auch die wichtigsten der heute noch vertretenen Gegenlösungen nicht ohne einen Verstoß gegen das Prinzip der Universalsukzession auskommen. Nach der einen Mindermeinung ist 5 2301 BGB in vollem Umfang auf das Valutaverhältnis anzuwenden 263 . Ein lebzeitiger Vollzug nach §2301 II B G B liegt in aller Regel nicht vor, da der Versprechensempfänger sich meist die Verfügung über die zugewandte Forderung bis zum Tod vorbehält. Nach § 2301 I B G B muss das Valutaverhältnis entweder der Form des Testamentes oder der des Erbvertrages entsprechen, gelten erbrechtliche Bindungen (§ 2289 B G B ) und fällt das vom Dritten Erworbene in den Nachlass. Nicht leugnen kann und will diese Meinung, dass der Dritte nach § 331 B G B auch ohne Einhaltung irgendeiner Form mit dem Tod des Erblassers die Forderung gegen den Verspre2 6 2 Vgl. sogar, obwohl den Inhalt des Versicherungsvertrages ändernd, § 332 B G B . Freilich kann von § 332 B G B durch vertragliche Vereinbarung (auch stillschweigend und auch durch A G B ) abgewichen werden; bei Lebensversicherungen greift § 332 B G B in der Regel nicht ein, da meist ein Anzeigeerfordernis gemäß A L B besteht; vgl. BGHZ 81, 95 (98); BGH, N J W 1993,3133. 263 Olzen, Die vorweggenommene Erbfolge, 1984, 104 ff.; ders., Jura 1987, 16 (24 f.); Medicus (Fn. 115), Rn. 396 f.; Rauseber (Fn. 242), Bd. II/2, 317 f. (de lege ferenda).

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§ 1

Universalsukzession

chenden automatisch erwirbt, und dies auch dann, wenn das Valutaverhältnis unwirksam ist (sei es wegen fehlender Form, wegen § 2289 BGB oder aus einem sonstigen Grund). Die analoge Anwendung des § 2301 BGB auf das Valutaverhältnis führt nur dazu, dass dieses Verhältnis aus erbrechtlichen Gründen unwirksam sein und dann einen Anspruch aus § 812 BGB auf Abtretung der Forderung gegen den Versprechenden begründen kann. Die Grundlage dieser Auffassung ist also nichts anderes als die Annahme eines formpflichtigen dinglichen Vermächtnisses (Vindikationslegat). Eine zweite Mindermeinung behauptet, der Vertrag zugunsten Dritter sei als formfreies Vermächtnis zu behandeln 264 . Auch dieses formfreie Vermächtnis muss naturgemäß, obwohl das nicht immer ausdrücklich gesagt wird, als (ausnahmsweise zulässiges) Vindikationslegat gedacht werden, da der Dritte nach § 331 BGB ja nun einmal den Anspruch gegen den Versprechenden unmittelbar mit dem Tod des Erblassers erlangt. Wie bei der ersten Mindermeinung (dort allerdings nur, wenn die erbrechtliche Form eingehalten ist) vermag der Erbe die Zuwendung nach dem Erbfall nicht zu widerrufen, denn letztwillige Verfügungen können vom Erben generell nicht widerrufen werden. Die Forderung gegen den Versprechenden gehört (jedenfalls nach den konsequenten Vertretern dieser Meinung) zum Nachlass; die Tatsache, dass das Vermächtnis bereits mit dem Erbfall ipso iure „vollzogen" wird, ändert daran nichts. Demgemäß ist die Forderung (auch bei der Lebensversicherung in voller Höhe) beim ordentlichen Pflichtteil zu berücksichtigen (§§2303, 2311 BGB), haftet sie (unter be264 Das Folgende v.a. nach Kipp/Coing (Fn.5), §81 V 2 (2) (S.452); v. Lübtow (Fn. 79), Bd. 2, 1235 ff.; Peters, M D R 1995, 659; ähnlich, aber mit vielfach anderen Konsequenzen als Kipp/Coing Härder, Grundzüge des Erbrechts, 4. Aufl. 1997, Rn. 426 ff., v.a. 450 ff.: Beim Vertrag zugunsten Dritter sei das Valutaverhältnis „eine dem Vermächtnis ähnliche, kausale, formlos gültige, einseitige Zuwendung von Todes wegen besonderer Art", auf die die Vorschriften des Vermächtnisrechts analog anzuwenden seien; so bereits ders., Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall, 1968,154 ff., 164 ff.; ders, FamRZ 1976, 418 (426 ff.). Vgl. jetzt auch Windel (Fn. 5), 427 ff.: Die Drittbegünstigungsklausel im Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall ist außerhalb des fünften BGB-Buches geregelte formlos gültige Verfügung von Todes wegen mit immanenter (vom Erben nicht beeinflussbarer) causa (causa mortis); diese ist zwar hinsichtlich der Errichtungsvoraussetzungen nach lebzeitigem Vermögensrecht, im Ü b rigen aber nach Erbrecht zu behandeln; die erbrechtliche Behandlung des Destinatars als Legatar gilt namentlich für die Berechnung des Pflichtteils und die Nachlassschuldenhaftung (S. 464 ff.), aber im Grunde auch schon für zahlreiche Errichtungsvoraussetzungen, bei denen Windel, anders als beim Formproblem, die Abweichung der §§ 328 ff. BGB vom Erbrecht (übrigens de lege lata) für nicht sachgerecht hält: §§2289 I 2, 2271 II BGB sollen gelten (S. 445); beim unwiderruflichen Bezugsrecht die bindungseinschränkenden §§ 2078 ff. BGB (S. 448 f.); bei der Einsetzung des Ehegatten § 2077 BGB (S. 449 f.); auch die §§ 2066 ff. BGB, v.a. § 2069 BGB, sollen gelten (S. 451 f.); § 333 BGB soll in Anlehnung an § 2150 BGB modifiziert werden [dazu u. § 2 III 2 a), S. 185]; die Regeln über die Vermächtnisunwürdigkeit werden (unter Verdrängung des von der h.M. angewandten § 530 BGB) entsprechend übernommen (S. 454); in Ubereinstimmung mit § 2147 BGB soll der Destinatar des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall mit einem Vermächtnis bzw. einer Auflage beschwert werden können (S. 454 f.).

IV. Ausnahmen vom Prinzip der

Universalsukzession

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sonderen U m s t ä n d e n bevorzugt) den Nachlassgläubigern. D i e §§ 1992, 2 3 1 8 B G B sind so anzuwenden, dass der E r b e unter den Voraussetzungen dieser N o r m e n v o m Drittbegünstigten einen entsprechenden Betrag fordern kann. F ü r eine dritte Mindermeinung ist die Vertragserklärung des Versprechensempfängers zugleich eine formlos Sondererbfolge

gültige letztwillige Verfügung, die zu einer

führt und dem D r i t t e n schon als solchem (unabhängig davon,

o b er für den „sonstigen" Nachlass z u m E r b e n eingesetzt ist) eine Miterbenstellung gegenüber Pflichtteilsberechtigten und Nachlassgläubigern verschafft 2 6 5 . H i e r sind erkennbar anerbenrechtliche Gedankengänge am Werk. D e r A n spruch des D r i t t e n gegen den Versprechenden gehört zum Nachlass, der D r i t t e haftet den Nachlassgläubigern wie ein E r b e , freilich mit sofortiger B e s c h r ä n kung der H a f t u n g auf das Erlangte 2 6 6 .

d) Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) Ebenfalls (gewillkürte) erbrechtsunabhängige Sonderrechtsnachfolge von T o des wegen kann die sog. Schenkung

von Todes wegen

sein. D a r u n t e r wird hier

verstanden ein Schenkungsversprechen, das auf den Tod des Schenkers befristet ist 2 6 7 . Beispiel 30: A verspricht in notarieller Urkunde seiner treuen Haushälterin H, ihr zu ihrer und ihrer Familie Absicherung auf seinen, des A, Tod seinen Picasso zu schenken. Das Bild soll erst nach A's Tod übereignet werden; bis zu seinem Tod soll A in vollem Umfang verfügungsbefugt bleiben. H nimmt formlos an. A stirbt, sein Alleinerbe ist E. - Mit dem Tod des A erwirbt H einen Übereignungsanspruch gegen E aus Schenkungsvertrag. Dieser Anspruch rangiert in der Nachlassinsolvenz hinter den Forderungen der normalen Nachlassgläubiger (§ 39 I Nr. 4 InsO), aber vor den Ansprüchen der Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmer (§ 327 I InsO; vgl. auch §§ 1991 IV, 1973 I 2, 1974 II BGB). Beim Anspruch der H handelt es sich um eine Forderung aus einem rein lebzeitigen Geschäft, dessen Pflichten auf E gerade qua Universalsukzession (§ 1922 I BGB) übergehen. Wie § 160 B G B zeigt, ist H schon zu Lebzeiten des A geschützt, anders als wenn sie als Vermächtnisnehmerin eingesetzt worden wäre. - Hätte A sein Schenkungsversprechen nur mündlich abgegeben, würde H mit dem Tod des A keine Forderung erwerben ( § 5 1 8 1 BGB); erfüllte E den Schenkungsvertrag trotz Formungültigkeit, träte Heilung nach § 518 II B G B ein, denn anders als bei § 2301 B G B kann eine unbedingte, nur auf den Tod des Schenkers befristete Schenkung noch nach dem Tod des Schenkers im Sinne des § 518 II B G B vollzogen und damit geheilt werden; dies könnte sogar dadurch geschehen, dass der Beschenkte auf Grund ihm vom Schenker erteilter postmortaler Vollmacht im Wege des Insichgeschäfts (§181 BGB) die Schenkung vollzieht 268 , denn für die nicht bedingte Schenkung „bewirkt 265 Finger, JuS 1969, 312 f.; ders., WM 1970, 377 f.; Zehner, AcP 153, 424 (451 ff.); Hoffmann, AcP 158, 178 (196 ff.). 266 Hoffmann (Fn. 265). 2 6 7 Der BGH verwendet eine andere Terminologie als die hier benutzte. Er bezeichnet als „Schenkung von Todes wegen" nur die Schenkung mit Uberlebensbedingung, also die Schenkung des §2301 BGB; vgl. auch BGH, NJW 1988, 2731 (2732). 268 BGHZ 99, 97 (100) („Auch insoweit rücken die Erben durch die Universalsukzession in die Rechtsposition des Erblassers ein"); Anmerkung dazu von Leipold, JZ 1987, 362 und Bork, JZ 1988, 1059(1060).

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§ 1

Universalsukzession

der Tod des Schenkers keine prinzipielle Zäsur, und zwar selbst dann nicht, wenn die Schenkung auf den Tod des Schenkers befristet ist". Allerdings setzt die Heilung einer formnichtigen Versprechensschenkung unter Lebenden gem. § 518 II BGB voraus, dass die (formnichtige) Einigung über die versprochene Schenkung bei der Bewirkung der Leistung noch fortbestand, also nicht von den Erben widerrufen war 269 ; das ist hier nicht anders als in den Fällen der Heilung nach § 31 lb I 2 BGB 270 . - Hätte A mit dem Schenkungsversprechen auch schon die (befristete) Einigungserklärung abgegeben (und H sie angenommen) und der H den mittelbaren Besitz verschafft (befristete Ubereignung nach § 930 BGB), würde H mit dem Tod des A ipso iure Eigentümerin des Bildes.

Eine Sondergruppe der auf den Tod des Schenkers befristeten Schenkungsversprechen regelt § 2301 BGB: Ist das Schenkungsversprechen nicht nur auf den Tod des Schenkers befristet, sondern zusätzlich durch das Überleben des Beschenkten bedingt, finden auf es die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung (§ 2301 I 1 BGB): Das Schenkungsversprechen entfaltet keine lebzeitigen Wirkungen; § 160 BGB gilt nicht; der künftige Anspruch lässt sich zu Lebzeiten des „Schenkers" weder vormerken noch durch Arrest sichern. Für das „Schenkungsversprechen" gelten die erbrechtlichen Formvorschriften. War der „Schenker" bei der Schenkung erbrechtlich gebunden (Erbvertrag, Gemeinschaftliches Testament), ist das „Schenkungsversprechen" unwirksam (§§ 2289 I 2, 2271 II BGB). Der „Schenkungsgegenstand" fällt in den Nachlass; der Beschenkte hat auf jeden Fall nur einen schuldrechtlichen Anspruch aus §2174 BGB; Nachlassgläubiger können auf den Gegenstand zugreifen; Pflichtteilsansprüche werden unter seiner vollen Berücksichtigung berechnet. Eine Ausnahme von § 2301 I BGB macht für die durch das Uberleben des Beschenkten bedingten Schenkungen von Todes wegen der §2301 II BGB: Vollzieht der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes, so finden auch hier, wie bei dem nur auf den Tod des Schenkers befristeten Schenkungsversprechen, die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung. Durch den lebzeitigen Vollzug der Schenkung entfernt sich das Rechtsgeschäft wieder von einer erbrechtlichen Verfügung, deren Wirkungen erst mit oder nach dem Tod des Erblassers eintreten. Die Gefahr einer Umgehung erbrechtlicher Regelung ist daher nicht mehr in gleichem Maße gegeben - so die Überlegung des Gesetzgebers. Die entscheidenden Weichenstellungen für die Anwendbarkeit von § 2301 I BGB und damit unter anderem für die Anwendbarkeit des Prinzips der Universalsukzession erfolgen nach alledem bei der Beantwortung zweier Fragen: Liegt eine Überlebensbedingung vor? Liegt lebzeitiger Vollzug im Sinne von § 2301 II BGB vor? Je nachdem wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen, wird der Anwendungsbereich der Universalsukzession eingeschränkt oder ausgedehnt. 269 270

BGHZ 99,97(100). BGHZ 82, 398 (405) u. stdg.

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

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Was die erste Frage angeht, so hat der B G H in einer Entscheidung aus dem J a h r e 1986 formuliert, bei der Prüfung der Frage, o b eine Überlebensbedingung vorliegt, dürfe der Tatrichter „nicht engherzig verfahren". Vielmehr werde „zu beachten sein, daß eine Schenkung von Todes wegen erfahrungsgemäß vielfach auch dann gewollt ist, wenn der Erblasser nicht ausdrücklich eine U b e r l e b e n s bedingung im Sinne von § 2 3 0 1 Abs. 1 B G B erklärt. So wird es nicht selten sein, wenn der Erblasser einer bestimmten Person für die Zeit nach seinem Tode eine Zuwendung verspricht und dafür besondere G r ü n d e gerade in der Person des Versprechensempfängers hat. In diesem Z u s a m m e n h a n g m u ß auch bedacht werden, daß die A n w e n d u n g der Vorschriften über die Verfügungen v o n Todes wegen v o m Tatrichter nicht zu weit zurückgedrängt werden d a r f . " 2 7 1 In einer Entscheidung aus dem J a h r e 198 8 2 7 2 hat der B G H diesen Ansatz zwar der F o r m nach wiederholt und bestätigt. E r hat jedoch in der Sache die A n w e n d u n g des § 2 3 0 1 B G B und damit des E r b r e c h t s tendenziell zurückgedrängt: Zunächst lehnt er den v o n L e i p o l d 2 7 3 vorgeschlagenen Satz ab, das Versprechen einer u n entgeltlichen Leistung für die Zeit nach dem Tod des Versprechenden k ö n n e „in der R e g e l " im Sinne einer Uberlebensbedingung ausgelegt werden. M a ß g e b e n d bleibe vielmehr der auch sonst im Vordergrund stehende individuelle Wille (§ 133, ggf. auch § 140 B G B ) der Beteiligten. „Eine N o t w e n d i g k e i t , die Ausgestaltung in dem erörterten Bereich durch eine inhaltlich ausgestaltete richterrechtliche Auslegungsregel in die eine oder andere R i c h t u n g zu drängen, besteht nach Auffassung des Senats n i c h t . " 2 7 4 Z u m Zweiten plädiert der B G H in dieser Entscheidung dafür, bei der B e a n t w o r t u n g der Frage, o b eine Ü b e r l e bensbedingung vorliegt, § 2 0 8 4 B G B analog a n z u w e n d e n 2 7 5 . D a n a c h verdiene diejenige Auslegung den Vorzug, die dem Erblasserwillen z u m E r f o l g verhilft, regelmäßig also - wenn die erbrechtliche F o r m , wie meist, nicht eingehalten ist - die A n n a h m e einer Schenkung ohne Überlebensbedingung. N i m m t man den Hinweis auf § 2 0 8 4 B G B ernst, schiebt man also das naheliegende B e d e n ken beiseite, dass die Rechtsfolge einer N o r m w o h l schwerlich auf die B e a n t wortung der Frage angewendet werden kann, o b ihre Tatbestandsvoraussetzung („letztwillige Verfügung") vorliegt, dann ist der Anwendungsbereich von § 2 3 0 1 B G B natürlich erheblich zurückgedrängt. Was die zweite der o b e n gestellten Fragen betrifft, also die Frage nach dem Vollzug im Sinne des § 2 3 0 1 I I B G B , so herrscht hier viel Streit und ein außerordentlich breites M e i n u n g s s p e k t r u m 2 7 6 . I m Wesentlichen unstreitig ist F o l g e n 271 272

BGHZ 99, 97 (100 f.). BGH, N J W 1988, 2731.

J Z 1987, 362 ff. BGH, N J W 1988, 2731 (2732). 2 7 5 Ebd. 2 7 6 Guter Uberblick bei Reiscbl, Zur Schenkung von Todes wegen unter besonderer Berücksichtigung der legislativen Zielsetzung, 1996, 167 ff. 273

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Universalsukzession

des: Anders als das Schenkungsversprechen ohne Überlebensbedingung kann ein Schenkungsversprechen mit Uberlebensbedingung nicht n o c h nach dem T o d des Erblassers durch den E r b e n oder seinen Vertreter vollzogen w e r d e n 2 7 7 . Vollzug im Sinne von § 2 3 0 1 I I B G B ist also nicht identisch mit Vollzug im Sinne des § 518 II B G B . D a s hat zur Folge, dass eine lebzeitig nicht vollzogene Schenkung mit Überlebensbedingung „ebensowenig wie eine formnichtige Verfügung von Todes wegen nach dem Erbfall durch Handlungen einer v o m Erblasser bevollmächtigten Person in Kraft gesetzt werden k a n n " 2 7 8 . Beispiel 31: A ist Inhaber eines Kontos bei einer Bank. Er erteilt 1976 B eine maschinenschriftliche unwiderrufliche Vollmacht über seinen Tod hinaus für dieses Konto. A erklärt dabei dem B mündlich, wenn ihm, A, etwas passiere, solle B über die Konten verfügen, „denn das Geld stammt schließlich aus unserer gemeinsamen Arbeit". A stirbt. B hebt den gesamten Kontenbetrag ab und zahlt ihn auf ein eigenes Konto ein. E, Erbe des A aus 1976 für A bereits bindend gewordenem gemeinschaftlichen Testament, verlangt von B Rückzahlung des gesamten Kontenbetrages 279 . - Mit dem Tod des A ging die Forderung gegen die Bank nach § 1922 I B G B auf E über. B hatte eine (wirksam für unwiderruflich erklärte 280 ) Kontovollmacht 281 , von der er Gebrauch machte, ohne dass E zuvor widerrufen hatte (was er ohnehin nur bei wichtigem Grund hätte tun können 282 ). Damit ging die Forderung des E gegen die Bank unter. E kann jedoch von B nach § 812 11 Alt. 1 BGB Herausgabe des erlangten Betrages verlangen. A hatte B ein auf seinen Tod befristetes und durch das Uberleben des B bedingtes Schenkungsversprechen erteilt. Damit war das Versprechen nach § 2301 I B G B aus zwei Gründen unwirksam: Es verstieß gegen §§ 2301 1,2271 II BGB, und es hielt die erbrechtliche Form nicht ein (§§ 2301 I, 2274 ff. BGB). Vollzug nach § 2301 II B G B lag nicht vor: Die bloße Vollmacht, die A dem B erteilte, bewirkte, auch wenn sie unwiderruflich war, keinerlei Änderung in der rechtlichen Zuordnung des Bankguthabens; dieses stand nach wie vor dem Erblasser zu und ging mit dem Erbfall auf dessen Erben über 283 . Zwar blieb die Vollmacht als unwiderrufliche über den Tod hinaus bestehen. Indessen konnte B kraft der Vollmacht nach dem Erbfall nicht mehr den Erblasser, sondern nur noch die Erben vertreten. Gelangte er auf Grund der Vollmacht in den Genuss des Guthabens, dann konnte es sich insoweit nicht mehr um eine Leistung „des Schenkers", d.h. des Erblassers, sondern allenfalls um eine solche des Erben, vertreten durch B, handeln. Ein irgendwie geartetes Vermögensopfer auf Seiten des Erblassers ist nicht festzustellen. „Der Erblasser hatte mit der Vollmacht gerade noch nicht alles getan, was von seiner Seite zur rechtlichen Zuordnung der Guthaben an den Beklagten ... erforderlich war" 284 . D i e zuletzt genannte F o r m e l des B G H - der zahlreiche andere in der Literatur gegenüberstehen - führt dazu, dass als Vollzug im Sinne v o n § 2 3 0 1 II B G B zu277 BGHZ 99, 97 (100); BGH, LM § 23 PostG 1969 Nr. 1 = NJW 1986, 2107 (2108); BGH, FamRZ 1985, 693; BGH, NJW 1988, 2731 (2732). 278 BGH, NJW 1988, 2731 (2732). 2 7 9 Sachverhalt von BGHZ 87, 19. Klausurmäßige Lösung des Falles bei Muscheler, JuS 1986, 790. 280 Allenfalls bei einer (transmortalen) Generalvollmacht kann man fragen, ob sie sich unwiderruflich erteilen lässt. 281 Insichgeschäfte waren B stillschweigend erlaubt. 282 Auch eine unwiderrufliche Vollmacht ist aus wichtigem Grund widerrufbar. 283 Dazu und zum Folgenden BGHZ 87, 19 (25 f.). 284 BGHZ 87, 19(26).

IV. Ausnahmen

vom Prinzip der

Universalsukzession

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nächst ohne weiteres die noch zu Lebzeiten des Erblassers perfekt gemachten dinglichen Erfüllungsgeschäfte (§§ 397, 398, 873, 925,929 ff. BGB) zu bewerten sind; fällt die Uberlebensbedingung aus, entsteht ein Rückübertragungsanspruch aus § 812 I BGB. Aber auch soweit die dinglichen Geschäfte zulässigerweise unter der Bedingung des Vorversterbens des Schenkers stehen, ist Vollzug gegeben, weil der Erwerber eine weithin geschützte Anwartschaft erworben hat (§ 161 BGB), die das Vermögen des Erblassers schon zu Lebzeiten mindert 285 ; auch dieses Ergebnis ist nahezu unbestritten. Beispiel 32: A verspricht seinem Freund F mündlich, ihm seinen Picasso zu schenken, da er das Bild bei ihm als einem Kunstkenner in guten H ä n d e n wisse. A erklärt zusätzlich, F dürfe sich nach seinem, des A, Tod als Eigentümer betrachten. Bis dahin solle er es ihm „leihen". F nimmt die Erklärungen des A formlos an. A stirbt, sein Erbe ist E. - Hier liegt eine auf den Tod des A befristete u n d durch das Uberleben des F bedingte (A will das Bild gerade dem F und nur ihm, nicht auch seinen E r b e n z u k o m m e n lassen) Schenkung vor. § 2301 I BGB ist durch § 2301 II BGB ausgeschlossen. Mit dem Tod des A wird F Eigentümer des Bildes, erstarkt sein bisheriges Anwartschaftsrecht z u m Vollrecht. Damit ist die f o r m u n wirksame Schenkungsabrede (unter Lebenden) nach § 518 II BGB geheilt 286 . D e r Picasso gehört also zu keiner Zeit z u m Nachlass. Das Eigentum an ihm geht außerhalb des N a c h lasses über. Nachlassgläubiger, die auf ihn zugreifen wollen, sind auf die Anfechtung nach A n f G und §§ 129 ff. I n s O angewiesen. Pflichtteilsberechtigte können Pflichtteilsergänzung nach §§ 2325 ff. BGB verlangen. H a t A den Picasso noch zu Lebzeiten fahrlässig beschädigt, kann F von E Schadensersatz (§ 160 BGB, § 823 I BGB: Anwartschaftsrecht als „sonstiges Recht") verlangen (bei einem Vermächtnis undenkbar). Selbst wenn A den E (schon vor der Schenkungserklärung) erbvertraglich z u m Erben eingesetzt hätte, wären Schenkungsversprechen und dingliche Verfügung wirksam, da nicht § 2289 I 2 BGB, sondern § 2286 B G B gelten würde; E könnte sich allenfalls auf § 2287 BGB stützen, müsste dafür aber die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage beweisen.

Strittig ist, ob bereits die Abgabe der zum Erfüllungsgeschäft notwendigen Willenserklärung durch den Erblasser genügt, die dem Vertragspartner nach dem Tod des Erklärenden durch Erklärungsboten zugeht und dann von ihm angenommen wird (§§ 130 II, 153,151 BGB) 287 . Gegen lebzeitigen Vollzug im Sinne des § 2301 II BGB spricht die Möglichkeit des Widerrufs (§ 130 I 2 BGB) und die Tatsache, dass der Vermögensgegenstand zunächst in den Nachlass fällt und, formal betrachtet, erst aus dem Vermögen des Erben weggeht; für Vollzug lässt sich der Zweck der §§ 130 II, 153 BGB anführen, der über den Tod des Erklärenden hinweg Verfügungsgeschäfte unter Lebenden ermöglichen will. Herrschende Meinung und Judikatur nehmen Vollzug nach § 2301 II BGB an 288 .

285 BGHZ 8, 31; BGH, N J W 1978, 424. Vgl. auch BGH, N J W 1970, 942; BGH, N J W 1970, 1639; BGH, N J W 1974, 2320. 286 Falls man nicht in dieser Konstellation ohnehin eine Handschenkung nach § 516 BGB anzunehmen hat. 287 Vgl. z.B. den berühmten Bonifatius-Fall: RG2 83, 223; dazu Martinek/Röhrborn, JuS 1994, 473, 564. 288 Vgl. BGH, N J W 1970, 942; BGH, N J W 1970, 1639; BGH, N J W 1974, 2320; OLG

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§1

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Beispiel 33: Der in Düsseldorf lebende A beauftragt seinen Freund F mündlich, einer in München wohnenden Jugendliebe des A (L) ein Gemälde als Geschenk zu überbringen; er übergibt ihm das Bild. Noch bevor F in München ankommt, stirbt A. Sein Alleinerbe ist E. F übergibt L das Bild und berichtet ihr, dass es sich um ein Geschenk des A handle. - L ist Eigentümerin des Bildes (§§ 929,130 II, 153 BGB); F hat als Bote sowohl die Schenkungswie die Ubereignungsofferte des A überbracht; er ist Empfangsvertreter für die Annahmeerklärungen der L. Das Kausalgeschäft ist eine lebzeitige Schenkung, bei der es sowohl an einer Befristung auf den Tod des A wie auch an einer Uberlebensbedingung fehlt. Ein Problem im Zusammenhang mit § 2301 B G B stellt sich erst gar nicht. - Schickt A den F aber mit einer Schenkungs- und Übereignungsofferte los, die er jeweils unter Uberlebensbedingung gestellt hat, die aber F sofort überbringen soll (wobei zufällig der Tod des A dazwischen kommt), dann ist zu prüfen, ob Vollzug nach § 2301 II B G B vorliegt. Die oben dargestellte herrschende Meinung bejaht die Frage 289 . - Hat in der zuletzt beschriebenen Konstellation (Überlebensbedingung) A den F nicht als Erklärungsboten, sondern als Stellvertreter verwendet, so werden die erforderlichen Willenserklärungen erst vom Erben (vertreten durch F) abgegeben; deshalb ist hier Vollzug im Sinne von § 2301 II B G B zu verneinenz290 . Sollen Schenkungs- und Ubereignungserklärung nach dem Willen des Erblassers erst nach seinem Tod dem Bedachten zugehen, ist nach herrschender Meinung § 2 3 0 1 I B G B analog anzuwenden. Die direkte Anwendung der N o r m k o m m t nicht in Betracht, da es der Erblasser hier auf eine Handschenkung (unter Lebenden) abgesehen hat und eine Uberlebensbedingung daher gar nicht vorzusehen brauchte. Einen lebzeitigen Vollzug im Sinne von § 2301 II B G B lehnen die meisten ab 2 9 1 . Beispiel 34: A beauftragt seinen Freund F mündlich, seiner Haushälterin H, wenn er, A, einmal sterben sollte, seinen Picasso als Geschenk zu übergeben. Als A fünf Jahre später stirbt, erledigt F seinen Auftrag. Die Erben verlangen das Bild von H heraus. - Ein Anspruch der Erben aus § 985 B G B existiert nicht: H ist Eigentümerin des Bildes geworden, denn F überbrachte als Bote eine von A selber abgegebene Willenserklärung, die mit dem Tod des A nicht unwirksam wurde (§ 130 II BGB) und von H noch nach dem Tod des Erklärenden angenommen werden konnte (§ 153 BGB), wobei für die Annahme entweder § 151 B G B oder § 164 III B G B gilt 292 . Die Einigungserklärung des A ist von den Erben nicht rechtzeitig widerrufen worden. Die Erben haben jedoch einen Rückübereignungsanspruch gegen H aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB: Ein nach § 518 II B G B geheilter lebzeitiger Schenkungsvertrag kommt nicht in Betracht, weil § 2301 I B G B auf diese Konstellation entsprechend anzuwenden ist. Die Erteilung des Auftrags an F bewirkt noch keinen lebzeitigen Vollzug nach § 2301 II BGB. Eine Behaltenscausa für H aus Vermächtnis ist ausge-

Düsseldorf, FamRZ 1997, 63; MünchKomm/Musielak (Fn. 231), §2301 Rn.23f. m.w.N. auch zur abweichenden Meinung. 289 MünchKomm/Musielak (Fn. 231), § 2301 Rn. 24. 290 Sehr Str. Wie im Text BGHZ 87,19 (26); BGHZ 99, 97 (WO); Jauernig/Stürner (Fn. 29), §2301 Rn. 4. A.A. etwa MünchKomm/Musielak (Fn. 231), §2301 Rn. 24 m. umfassenden Nachw. zu beiden Meinungen. 291 Vgl. etwa Ebenroth, Erbrecht, 1992, Rn. 528 f.; Brox (Fn. 29), Rn. 719; Frank, Erbrecht, 2000, § 14 Rn. 16; MünchKomm/Musielak (Fn. 231), § 2301 Rn. 23 f. m.w.N. 292 Zahlreiche Autoren lehnen bereits die §§ 130 II, 153 BGB ab, wenn die Erklärung bewusst bis zum Tod des Erklärenden zurückgehalten wird.

IV. Ausnahmen

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schlössen, da es für ein wirksames Vermächtnis an der erforderlichen Form fehlt. - Hätte A den F als postmortalen Stellvertreter eingesetzt, dürfte das Ergebnis erst recht nicht anders lauten.

Wenn man bei planvollem Zurückhalten der Erklärungen bis zum Tod des Erklärenden entweder § 2301 BGB analog anwendet oder die §§ 130 II, 153 BGB für unanwendbar erklärt, dann riskiert man freilich einen inneren Bruch im System der Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall. Denn beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 293 wendet der B G H bei planvollem Zurückhalten der Schenkungsofferte weder §2301 BGB (analog) an, noch erklärt er die §§ 130 II, 153 BGB für unanwendbar. Insgesamt kann man aus der Perspektive des Prinzips der Universalsukzession Folgendes festhalten: Die bloße Befristung einer Schenkung auf den Todesfall ist legitim und kann materiell nicht als erbrechtliches Geschäft und damit auch nicht als Umgehung der Gesamtrechtsnachfolge betrachtet werden. § 2301 BGB hält ein ganz bestimmtes Kriterium für die Abgrenzung lebzeitiger und erbrechtlicher Geschäfte bereit: die Uberlebensbedingung. Dass die Rechtsprechung bei der Annahme einer Uberlebensbedingung, wenn sie mit der von ihr befürworteten Anwendung von § 2084 BGB ernst macht, eher zum Kreis der lebzeitigen Geschäfte tendiert und diese Tendenz durch eine großzügige Auslegung von § 2301 II BGB noch unterstützt, führt zu einer unverkennbaren Ausdehnung des Gebietes lebzeitiger Schenkungen. Volkswirtschaftlich betrachtet ist diese offene Flanke der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge freilich von deutlich geringerem Gewicht als der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall. Denn zum einen verträgt die Auflassung von Grundstücken keine Bedingung oder Zeitbestimmung (§ 925 II BGB), sodass Immobilien als Gegenstand von Schenkungen im Sinne des §2301 BGB nicht in Betracht kommen. Und zum anderen verlangt die vom BGH verwendete Formel für den lebzeitigen Vollzug im Sinne des § 2301 II BGB 2 9 4 und seine Rechtsprechung, dass Vollzug im Sinne dieser Norm, anders als bei § 518 II BGB, nicht mehr nach dem Tod des Erblassers herbeigeführt werden kann, eben doch schon ein spürbares lebzeitiges Opfer des Erblassers. e) Fortgesetzte

Gütergemeinschaft

Ehegatten können durch Ehevertrag (§§ 1408 ff. BGB) ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Das Gesetz stellt ihnen zwei ausformulierte Wahlgüterstände zur Verfügung, die Gütertrennung (§ 1414 BGB) und die Gütergemeinschaft (§§1415 ff. BGB). Wählen die Ehegatten den Güterstand der Gütergemeinschaft, so gestaltet sich die Rechtslage nach dem Tod eines Ehegatten wie folgt: Das Vermögen des Verstorbenen besteht aus Sondergut, Vorbehaltsgut 293 294

S.o. § 1 IV 2 c), S. 65 ff. S.o. Beispiel 31.

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§1

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und seinem (hälftigen) Anteil am (gesamthänderisch gebundenen) Gesamtgut. Der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut gehört ebenso zum Nachlass wie die Gegenstände seines Sondergutes und seines Vorbehaltsgutes; der verstorbene Ehegatte wird nach den allgemeinen Vorschriften beerbt (§ 1482 BGB). Die Ehegatten können durch Ehevertrag vereinbaren, dass die Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt wird (§ 1483 I 1 BGB) 295 . Der Zweck einer fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht darin, dem überlebenden Ehegatten den Genuss des Gesamtgutes und seine Verwaltung bis zu seinem Tod zu belassen, eine zu frühe, unfreiwillige „Abschichtung" der Abkömmlinge zu verhindern und damit dem überlebenden Ehegatten den gewohnten ehelichen Lebensstandard zu sichern („Witwenherrschaft"). Seit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1957 tritt die Fortsetzung der Gütergemeinschaft nicht mehr als Regelfolge der Gütergemeinschaft ein, sondern nur noch bei ausdrücklicher Vereinbarung. Bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut nicht zum Nachlass (§ 1483 I 3 HS. 1 BGB). Zum Nachlass gehören nur das Vorbehalts- und das Sondergut des Verstorbenen; bezüglich dieses Vermögens wird der verstorbene Ehegatte nach den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften beerbt (§ 1483 I 3 HS. 2 BGB). Weil der Gesamtgutsanteil des Verstorbenen nicht zum Nachlass gehört, ist er z.B. bei der Berechnung von Pflichtteilen (§2311 BGB) nicht zu berücksichtigen; haften Gesamtgut und Gesamtgutsanteil grundsätzlich nicht für Nachlassverbindlichkeiten (Ausnahme: Haftung des Gesamtgutes für diejenigen Verbindlichkeiten des Erblassers, die Gesamtgutsverbindlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft waren, § 1488 BGB) 296 . Der Anteil des Verstorbenen am Gesamtgut wächst den 295 Zur fortgesetzten Gütergemeinschaft vgl. neben den gängigen Kommentaren Dölle, Familienrecht, Bd. 1, 1964, §§81 ff. (S. 980 ff.); K. Rohr, Die fortgesetzte Gütergemeinschaft unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zur Beerbung und anderer rechtlicher Ausgestaltungsmöglichkeiten, Diss. iur. Münster, 1999. 296 Für die Gesamtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft, und zwar auch für solche, die vom verstorbenen Ehegatten herrühren (§ 1488 Alt. 2 BGB), haftet der überlebende Ehegatte persönlich (§ 1489 I BGB), jedoch mit der Möglichkeit, die persönliche Haftung nach den erbrechtlichen Vorschriften zu beschränken, soweit ihn die persönliche Haftung nur infolge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft (§ 1489 II BGB). Windel (Fn. 5), 101, meint, diese Regelung sei „der erbrechtlichen Haftung f ü r Nachlaßverbindlichkeiten funktionsadäquat und ausgewogen". Ganz überzeugt dieses Urteil nicht, denn immerhin sind mit den Abkömmlingen nunmehr Personen an der Gütergemeinschaft beteiligt, die f ü r die Gesamtgutsverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten nicht persönlich (und sei es auch nur beschränkbar, aber doch mit der Gefahr, das Beschränkungsrecht zu verlieren) haften, obwohl sie in der Verwaltung des Gesamtgutes zwar eine periphere, aber doch nicht gänzlich zu vernachlässigende Rolle spielen. Für die Schulden des Erblassers, die keine Gesamtgutsverbindlichkeiten waren, haftet nur der Erbe, und zwar, wie im Erbrecht üblich, persönlich, aber mit dem Recht der Haftungsbeschränkung.

IV. Ausnahmen

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gemeinschaftlichen A b k ö m m l i n g e n zu. Stirbt einer der A b k ö m m l i n g e (vor B e endigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft), so fällt sein Anteil am G e s a m t gut ebenfalls nicht in seinen Nachlass (§ 1490 S. 1 B G B ) ; vielmehr gilt für diesen Anteil die eigenständige Sukzessionsordnung des § 1490 S. 2 und 3 B G B . D e r wesentliche Vorteil der F o r t s e t z u n g besteht für den überlebenden E h e gatten darin, dass er sich (in B e z u g auf das G e s a m t g u t ) keinen Pflichtteilsansprüchen gegenübersieht. D a f ü r zahlt er freilich einen unter U m s t ä n d e n hohen Preis: N a c h § 1485 I B G B besteht das G e s a m t g u t der fortgesetzten G ü t e r g e meinschaft aus dem ehelichen G e s a m t g u t und aus dem Vermögen, das der überlebende Ehegatte aus dem Nachlass des verstorbenen Ehegatten (also aus dessen Sonder- und Vorbehaltsgut) oder nach dem Eintritt der fortgesetzten G ü tergemeinschaft (unter Ausschluss also eines E r w e r b s für sein Sonder- und Vorbehaltsgut) erwirbt. D a in den Nachlass des zweitversterbenden Ehegatten nur der hälftige Gesamtgutsanteil fällt - die andere Hälfte gehört den gemeinschaftlichen A b k ö m m l i n g e n - bezahlt er seine quasi-diktatorische Stellung zu Lebzeiten mit einem Verzicht auf jede Beteiligung am Nachlass und am G e samtgutsanteil des Erstverstorbenen und mit der U n m ö g l i c h k e i t , neues Sonderund Vorbehaltsgut zu erwerben. D e r überlebende Ehegatte fährt viel schlechter bei der endgültigen Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft, als wenn er die Fortsetzung der Gütergemeinschaft abgelehnt hätte (§§ 1 4 8 4 , 1 4 8 2 B G B ) . D e n n dann hätte er außer seiner Hälfte des ehelichen Gesamtgutes an der Hälfte seines verstorbenen G a t t e n als M i t e r b e 1/4, also zusammen 5/8 des ehelichen Gesamtgutes erhalten und außerdem alles für sich behalten, was er durch und nach dem T o d seines Ehegatten erwarb. Sind einseitige K i n d e r des Vorverstorbenen vorhanden, ist der überlebende Ehegatte, der sich auf die F o r t s e t z u n g der Gütergemeinschaft einlässt, n o c h schlechter gestellt (§ 1483 II B G B ) . F ü r den Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut gilt nach alledem eine (gewillkürte) Sonderrechtsnachfolge außerhalb des Nachlasses. Dies zeigt sich auch in anderen als den schon erwähnten Rechtsfolgen: E i n E r b s c h e i n hat keine Beweiskraft für den Eintritt der A b k ö m m l i n g e in die Gütergemeinschaft 2 9 7 . D i e gemeinschaftlichen A b k ö m m l i n g e werden Beteiligte der (fortgesetzten) Gütergemeinschaft, auch wenn sie nicht E r b e n des verstorbenen E l ternteils werden, also etwa auch dann, wenn der Erblasser den überlebenden Ehegatten zum testamentarischen Alleinerben bestimmt hat; Voraussetzung ist nur, dass sie „bei gesetzlicher E r b f o l g e als E r b e n b e r u f e n " wären (§ 1483 I 2 B G B ) , nicht etwa, dass tatsächlich gesetzliche E r b f o l g e eintritt. U m g e k e h r t b e zieht sich das Zeugnis des § 1507 B G B nur auf die fortgesetzte Gütergemeinschaft und nicht auf die E r b f o l g e . Beide, Zeugnis nach § 1507 B G B und E r b schein, bezeugen verschiedene Rechtsverhältnisse und sind unabhängig vonein-

297

ÄTG, J F G 1 (1924), 289 (290 f.).

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ander 2 9 8 , obwohl beide Urkunden miteinander verbunden werden können 2 9 9 . Die gemeinschaftlichen Abkömmlinge werden nicht allein deswegen (Mit-)Erben, weil sie in die Gütergemeinschaft einrücken. Während der verstorbene Ehegatte völlig frei ist bei der Bestimmung der Erben und damit der Personen, die nach § 1922 I B G B in seinen Nachlass nachfolgen, kann er über die Personen, die in seinen Gesamtgutsanteil nachrücken, jedenfalls nicht alleine entscheiden (§§ 1 5 1 1 , 1 5 1 6 B G B ) . Will er einen der gemeinschaftlichen A b k ö m m linge (mit Zustimmung seines Ehegatten) von der fortgesetzten Gütergemeinschaft ausschließen, so muss er dies in einer letztwilligen Verfügung tun ( § 1 5 1 1 I B G B ) . Das erscheint auf den ersten Blick inkonsequent, da ja der Gesamtgutsanteil nicht in den Nachlass fällt; doch erklärt sich die entsprechende Regelung dadurch, dass der ausgeschlossene Abkömmling (unbeschadet seines etwaigen Erbrechts) aus dem Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft die Zahlung des Betrages verlangen kann, der ihm vom Gesamtgut der ehelichen G ü tergemeinschaft als Pflichtteil gebühren würde, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre (§ 1511 II B G B ) . O b w o h l der Ausschluss des Abkömmlings durch letztwillige Verfügung erfolgt, bleibt es dabei, dass der Ausgeschlossene nicht etwa eine höhere Beteiligung am Nachlass oder (wenn er auch von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist) einen höheren (auch den Wert des Gesamtgutsanteils berücksichtigenden) Pflichtteilsanspruch gegen die Erben (des Nachlasses) erlangt. Schuldner des Ausgleichsanspruchs sind vielmehr die Gesamthänder, also die Beteiligten der fortgesetzten Gütergemeinschaft. Gleichzeitig ist klar, dass der nach § 1511 B G B ausgeschlossene A b kömmling sein (gesetzliches oder gewillkürtes) Erbrecht gegenüber dem N a c h lass des Verstorbenen (d.h. dessen Sonder- und Vorbehaltsgut) behält (so ausdrücklich § 1511 II B G B ) . Ein gemeinschaftlicher Abkömmling kann im Voraus auf den künftigen A n teil am Gesamtgut ( § 1 5 1 7 1 B G B ) und nach Eintritt der Fortsetzung auf seinen bereits erworbenen Anteil am Gesamtgut verzichten (§ 1491 B G B ) . U n d o b wohl im ersten Fall die für den Erbverzicht geltenden Vorschriften (§§ 2346 ff. B G B ) entsprechende Anwendung finden (§ 1517 II B G B ) und im zweiten Fall die Erklärung dem für den Nachlass des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gericht gegenüber abzugeben ist (§ 1491 I 2 B G B ) , bleibt es dabei, dass im einen Fall kein Erbverzicht und im anderen keine Ausschlagung vorliegt. Denn bei einem Verzicht nach den §§ 1491, 1517 B G B behält der Abkömmling sein (gesetzliches oder gewillkürtes) Erbrecht am Nachlass (Vorbehalts- und Sondergut) des verstorbenen Ehegatten, dem gegenüber er verzichtet hat, es sei denn, er hat auch einen Erbverzicht erklärt oder die Erbschaft ausgeschlagen. Umgekehrt führt freilich der generelle Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht 298 299

KG, OLGE 6, 319. KG, OLGE 14, 237.

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nicht nur zum Wegfall des gesetzlichen Erbrechts (am Vorbehalts- und Sondergut), sondern wegen § 1483 I 2 B G B auch zum Wegfall der Beteiligung an der fortgesetzten Gütergemeinschaft 300 ; dasselbe gilt jedoch nicht für den isolierten Pflichtteilsverzicht nach § 2346 II B G B . Die von einem Abkömmling erklärte Ausschlagung von Erbe oder Vermächtnis führt nicht zu einem Verlust des Gesamtgutanteils. Der überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ablehnen, und zwar nach den Vorschriften über die Ausschlagung einer Erbschaft, innerhalb derselben Frist und in denselben Formen wie diese (§ 14841, II B G B ) . Die fortgesetzte Gütergemeinschaft gilt dann als nie eingetreten und die gewöhnliche Erbfolge erstreckt sich auch auf die Hälfte des ehelichen Gesamtgutes (§§ 1484 III, 1482 BGB). Rechtstechnisch betrachtet stellt der Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft keine Sonder-Erbfolge in das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten dar 301 . Das ergibt sich schon daraus, dass, wie bereits erwähnt, der Anteil des verstorbenen Ehegatten nicht zu seinem Nachlass gehört (S 1483 I 3 HS. 1 BGB). Man könnte sogar zweifeln, ob es sich um eine (erbrechtsunabhängige, aber erbfallbedingte) „Sonderrechtsnachfolge" handelt. Denn streng genommen wird nicht der „Anteil" des Verstorbenen am Gesamtgut (von Gesetzes wegen) auf die Abkömmlinge übertragen, sondern es wächst das gesamthänderische Eigentum an allen zum Gesamtgut gehörenden einzelnen Gegenständen den neu eintretenden Gesamthändern an 302 . Gleichwohl wird man letztlich eine Sonderrechtsnachfolge annehmen müssen, wobei der Modus dieser Nachfolge sogar insofern ein „universalsukzessorischer" ist, als ipso iure und uno actu gesamthänderische Mitberechtigung an einer Vielzahl von einzelnen Vermögensgegenständen entsteht. Freilich fehlt es an einem wesentlichen Merkmal von echter Universalsukzession: Nach S 1489 III B G B wird eine persönliche Haftung der eintretenden Abkömmlinge (mit ihrem Vermögen, das sie außerhalb 300 Staudinger/Thiele, BGB, Bearb. 2000, §1517 Rn. 8; Münch Komm/Kanzleiter, BGB, 3. Aufl. 1993, § 1517 Rn. 4. 301 Ganz anders noch die Konstruktion des ersten BGB-Entwurfs (§§ 1382 ff.; gute Charakterisierung dieser Regelung in Protokolle, Bd. 4, S. 304): Hier wurde der überlebende Ehegatte alleiniger Erbe, trat aber kraft Gesetzes mit den Kindern in eine Gütergemeinschaft hinsichtlich des bisherigen Gesamtgutes ein. Hinsichtlich des Vorbehaltsgutes des Verstorbenen sollte zwar materiell die allgemeine Erbfolge eintreten, formell erhielt der überlebende Ehegatte auch das Vorbehaltsgut als Alleinerbe, war aber verpflichtet, den letztwillig oder gesetzlich Bedachten ihren Teil als Vermächtnis herauszugeben. Formell lag also sogar mehr als eine Sondererbfolge, es lag echte Gesamterbfolge vor. 302 „Keine Rechtsnachfolge am Gesamtgut..., sondern lediglich ein Wechsel in der Person der Gesamthänder bei Identität der Gesamthand" (Müller, FamRZ 1956, 339); ähnlich Dolle (Fn. 295), § 81 IV. Bezeichnend ist auch, dass im Zeugnis des § 1507 BGB nach h.M. (entgegen dem Wortlaut der §§1507 S.2, 2357 II BGB) die Größe der Anteile der mitberechtigten Abkömmlinge nicht vermerkt wird (KG, O L G E 43, 361; Müller, aaO.; Staudinger/Thiele - Fn. 300 - , §1507Rn. 7).

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der Gütergemeinschaft haben) weder für die Verbindlichkeiten des verstorbenen n o c h für die des überlebenden Elternteils begründet. U n a b h ä n g i g v o n dieser B e s t i m m u n g des ehelichen Güterrechts ist übrigens die H a f t u n g der A b k ö m m l i n g e nach den Grundsätzen des E r b r e c h t s , wenn sie nicht nur in die fortgesetzte Gütergemeinschaft einrücken, sondern auch E r b e n des erstversterbenden Elternteils geworden sind. Als E r b e n haften sie grundsätzlich unbeschränkt, aber (nach den §§ 1975 ff. B G B ) b e s c h r ä n k b a r 3 0 3 . Das eben Gesagte lässt sich an einzelnen Rechtsfolgen der F o r t s e t z u n g verifizieren. N a c h § 40 I G B O gilt das grundbuchrechtliche Prinzip der Voreintragung des B e t r o f f e n e n (§ 39 G B O ) nicht, w e n n die Person, deren R e c h t durch eine Eintragung betroffen wird, E r b e des eingetragenen Berechtigten ist (und es sich zusätzlich u m einzelne, genau aufgezählte Eintragungen handelt; vgl. auch § 17 Z V G ) . E i n e seit langem herrschende M e i n u n g n i m m t an, dass § 40 I Alt. 1 G B O auf „sonstige G e s a m t r e c h t s n a c h f o l g e n " entsprechend anzuwenden ist 3 0 4 . E i n e „sonstige G e s a m t r e c h t s n a c h f o l g e " liege nur dann vor, wenn der „ R e c h t s ü b e r g a n g " auf „gesetzlicher G r u n d l a g e " beruhe und ohne weiteren U b e r t r a gungsakt deswegen erfolgt, weil „der Rechtsvorgänger sein Dasein eingebüßt h a t " 3 0 5 . Als solche „sonstigen G e s a m t r e c h t s n a c h f o l g e r " gelten nach früher strittiger, heute einhelliger M e i n u n g auch die gem. § 1483 B G B in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eingetretenen A b k ö m m l i n g e des verstorbenen E h e gatten 3 0 6 . Tritt die fortgesetzte Gütergemeinschaft während eines das G e s a m t gut betreffenden Rechtsstreits ein, so liegt eine Rechtsnachfolge im Sinne von § 2 3 9 Z P O jedenfalls für einen Prozess vor, der mit W i r k u n g für und gegen das Gesamtgut geführt w i r d 3 0 7 , w o b e i die herrschende M e i n u n g übrigens auch für LG Hamburg, Hanseat. Ger. Beibl. 1900,107. Zum Folgenden Bauer/von Oefele, Grundbuchordnung, 1999, §40 Rn. 13 ff. m.w.N.; Staudinger/Thiele (Fn. 300), vor §§ 1483 ff. Rn. 33. 305 RGZ 87, 284 (287). 306 Anders noch KG] 27, A 258; KG] 29, B 35; KG] 37, A 256; KG] 38, A 212; KG] 52, A 134 (135 f.); OLG Hamburg, OLGE 5, 291; OLG Hamburg, OLGE 6, 11; Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens, Bd. 4, 1903, §61 Anm. 6 (obwohl „wirtschaftliche Ähnlichkeit" zwischen Erbfolge und Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft annehmend). Wie im Text dann bereits KG, JFG 1 (1924), 289 (292) („Um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt es sich auch beim Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft, indem hier in Ansehung des Gesamtguts an die Stelle der bisher den Ehegatten zur Gesamthand zustehenden Rechte ohne weiteres, d.h. ohne daß es besonderer Übertragungsmaßnahmen bedarf, die Gesamthandrechte des überlebenden Ehegatten und der Abkömmlinge treten (§ 1485 Abs. 1 BGB). Wenn auch diese Gesamtrechtsnachfolge dem Gegenstande nach beschränkt ist, so besteht doch kein Grund, im Bereich ihrer Wirksamkeit hinsichtlich der entsprechenden Anwendbarkeit des §41 Abs. 1 GBO (heute §40 I GBO, K.M.) andere Grundsätze gelten zu lassen wie in den sonstigen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge"); vgl. auch KG, J F G 1 (1924), 293. Als „funktionales" Äquivalent der erbrechtlichen Nachfolgemodi bezeichnet die fortgesetzte Gütergemeinschaft Windel (Fn. 5), 100. Nach Schwab, Familienrecht, 10. Aufl. 1999, Rn. 199, „ersetzt" die fortgesetzte Gütergemeinschaft „eine Erbfolgeregelung hinsichtlich des Gesamtguts". 3 0 7 Vgl. nur RGZ 148, 243 (245 f.); Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hart303

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die Anwendbarkeit von § 239 Z P O generell eine „Gesamtrechtsnachfolge" (im weiteren Sinne) verlangt. Die strukturelle Ähnlichkeit zwischen Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft und Erbfolge zeigt sich ferner darin, dass auf die Fortsetzung der Gütergemeinschaft zahlreiche Vorschriften über die Erbfolge entsprechend anzuwenden sind (§§ 1484 II, 1489 II, 1503 I, 1504 - 1507, 1509,1511 II, 1513,1515 II, 1517 II BGB). Noch weiter geht das Erbschaftsteuerrecht. § 4 I ErbStG lautet: „Wird die eheliche Gütergemeinschaft beim Tode eines Ehegatten fortgesetzt (§§ 1483 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Artikel 200 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch), wird dessen Anteil am Gesamtgut so behandelt, wie wenn er ausschließlich den anteilsberechtigten Abkömmlingen angefallen wäre." § 4 I ErbStG ist zumindest soviel zu entnehmen, dass das ErbStG die zivilrechtliche Ausgangslage, nach welcher die Abkömmlinge den Anteil am Gesamtgut nicht im Wege der Erbfolge, sondern kraft Güterrechts, also unter Lebenden, erwerben, für steuerliche Zwecke verlässt und den Erwerb der Abkömmlinge als weiteren (neben die Fälle des § 3 ErbStG tretenden) „Erwerb von Todes wegen" und nicht als „Schenkung unter Lebenden" (§ 7 ErbStG) behandelt. Diese Interpretation 308 ergibt sich zum einen aus dem systematischen Standort der Norm, denn die § § 3 - 6 ErbStG regeln sämtlich Sonderprobleme des Erwerbs von Todes wegen, und zum Zweiten aus der Tatsache, dass die durch den Wortlaut der N o r m eigentlich nahegelegte Aussage, nur die Abkömmlinge, nicht aber der überlebende Ehegatte erhielten eine Zuwendung, schon nach Zivilrecht nicht zweifelhaft ist und keiner Hervorhebung bedurfte 309 . Manche gehen sogar noch weiter und behaupten, der Erwerb der Abkömmlinge werde von § 4 I ErbStG nicht nur als Erwerb von Todes wegen, sondern als „Erwerb durch Erbanfall" (also als Spezialfall von § 3 I Nr. 1 Alt. 1 ErbStG) betrachtet; das Gesetz wolle die Abkömmlinge so besteuern wie bei der nicht fortgesetzten Gütergemeinschaft, bei der der Anteil des Verstorbenen in den Nachlass fällt (§ 1482 BGB) 310 . Doch überzeugt diese Interpretation der N o r m nicht. Gegen sie spricht zum einen ein argumentum e contrario aus § 4 II ErbStG. Zum Zweiten bedarf es der weitergehenden Interpretation des § 4 I mann, Z P O , 59. Aufl. 2001, §239 Rn. 7. Nicht unter §239 Z P O fällt dagegen etwa der Vermächtnisnehmer. 308 Vgl. etwa Meincke (Fn. 86), § 4 Rn. 2 f. 309 Das in der Sache eigentlich Wichtige, dass nämlich der Anteil der Abkömmlinge sofort zur Besteuerung herangezogen wird (und zwar als Erwerb vom erstversterbenden Ehegatten), obwohl der überlebende Ehegatte das Gesamtgut bis zur Beendigung der fortgesetzten G ü tergemeinschaft allein verwaltet und nutzt, findet dagegen im Wortlaut keinen hinreichenden Ausdruck. 310 RFH, RStBl 1932, 855; Moencb/Kien-Hümbert/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, 31. Aktualisierung 2000, §4 Rn. 7; Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 12. Aufl. 2000, § 4 Rn. 14; wohl auch Troll/Gebel/Jülich er, Erbschaftsteuerund Schenkungsteuergesetz, Stand: Juli 2000, § 4 Rn. 3.

90

§ 1

Universalsukzession

ErbStG gar nicht, da dann, wenn die Abkömmlinge auch Erben des erstversterbenden Ehegatten geworden sind, selbstverständlich beide „Erwerbe von Todes wegen" zusammenzurechnen sind, ohne dass es dafür eines und desselben Erwerbsmodus (nämlich eines erbrechtlichen) bedürfte. Auf jeden Fall aber ist, drittens, der generelle Satz falsch, § 4 I ErbStG fingiere für das Steuerrecht die Nichtfortsetzung der Gütergemeinschaft: Bei Nichtfortsetzung der Gütergemeinschaft hätte doch der überlebende Ehegatte, selbst wenn die Abkömmlinge als alleinige Erben des erstversterbenden Ehegatten eingesetzt wären, einen auch aus dem Wert des hälftigen Gesamtgutanteils genährten Pflichtteilsanspruch. Dass man auch im Steuerrecht zwischen Erbfolge und güterrechtlichem Anfall des Gesamtgutanteils an die Abkömmlinge unterscheiden muss, zeigt das Problem der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Bestattungskosten. Nach einem Urteil des R F H 3 1 1 sollen die fortsetzenden Abkömmlinge die Bestattungskosten zur Hälfte absetzen können, weil der auf die Abkömmlinge übergehende Gesamtgutsanteil die Hälfte des gemeinschaftlichen Ehegattenvermögens umfasst. Das ist jedoch so nicht richtig. Nach § 10 V Nr. 3 ErbStG sind die Kosten für die Bestattung des Erblassers als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Abweichend von § 1968 B G B , wonach die Kosten der standesgemäßen Beerdigung des Erblassers nur den Erben treffen, unterscheidet § 10 ErbStG bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht zwischen Erwerben durch Erbanfall und anderen Erwerben. Deshalb besteht grundsätzlich für jeden Erwerber, also z.B. auch für den Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten, die Möglichkeit, die genannten Kosten steuermindernd geltend zu machen. Voraussetzung für den Abzug beim einzelnen Erwerber ist allerdings, dass eine Verpflichtung zur Kostenübernahme besteht, wobei neben einer rechtlichen auch eine sittliche Verpflichtung ausreichend ist 312 . Eine rechtliche Pflicht zur Kostenübernahme besteht für die Abkömmlinge in ihrer Eigenschaft als Beteiligte am Gesamtgut jedenfalls nicht, denn diese Eigenschaft macht sie nicht zu Erben, und nach § 1968 B G B trifft nur die Erben eine Rechtspflicht zur Übernahme der Bestattungskosten. Nun können natürlich die Abkömmlinge zugleich, also neben ihrer Eigenschaft als neue Beteiligte am Gesamtgut, alleinige (gewillkürte) Erben des erstversterbenden Elternteils sein. Aber dann trifft sie die Kostenpflicht erstens in voller Höhe (und nicht nur zur Hälfte) und zweitens als Erben (und nicht als Fortsetzer der Gütergemeinschaft); sind die Bestattungskosten höher als der Wert des durch Erbanfall (unter Berücksichtigung von Freibeträgen) Erlangten, können die Abkömmlinge nicht etwa den Rest vom Erwerb im Sinne des § 4 I ErbStG ab-

311 RStBl 1929, 515; dazu Meincke (Fn. 86), §4 Rn.4 (dem der Text folgt); Geckle/Pahlke, ErbStG, 1998, § 4 Rn. 17. 312 R 30 der Erbschaftsteuerrichtlinien.

Christoffel/

V. Rechtspolitische

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Bewertung

ziehen. Sind die A b k ö m m l i n g e v o n der E r b f o l g e ausgeschlossen, so bleibt ihnen v o m Nachlass nur der Pflichtteil; in diesem Fall dürfte es schwer fallen, angesichts eines ja v o r h a n d e n e n E r b e n (den die R e c h t s p f l i c h t des § 1968 B G B trifft) eine sittliche Verpflichtung der fortsetzenden A b k ö m m l i n g e a n z u n e h men. N u r soweit der überlebende E h e g a t t e (nicht n u r die G ü t e r g e m e i n s c h a f t fortsetzt, sondern auch) E r b e ist, sodass seine Verpflichtung als G e s a m t g u t s verbindlichkeit (§ 1488 B G B ) auch den Anteil der A b k ö m m l i n g e mindert, ist an einen hälftigen A b z u g beim (zivilrechtlich gesehen: güterrechtlichen) Erw e r b der A b k ö m m l i n g e zu denken; d o c h müssen selbst in diesem Fall die B e stattungskosten im Innenverhältnis nach § 1499 N r . 2 B G B 3 1 3 allein dem überlebenden Ehegatten zugerechnet werden. Ausdrücklich weiter als § 4 I E r b S t G geht § 4 I I E r b S t G : „ B e i m Tode eines anteilsberechtigten A b k ö m m l i n g s gehört dessen Anteil am Gesamtgut zu seinem Nachlass. Als E r w e r b e r des Anteils gelten diejenigen, denen der Anteil nach § 1490 Satz 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches zufällt." Entgegen der ausdrücklichen zivilrechtlichen B e s t i m m u n g des § 1490 S. 1 B G B wird damit der Anteil des A b k ö m m l i n g s nicht nur als „ E r w e r b v o n Todes w e g e n " , sondern als „ E r w e r b durch E r b a n f a l l " im Sinne des § 3 I N r . 1 Alt. 1 E r b S t G qualifiziert.

V. Rechtspolitische Bewertung 1. Grundlagen

rechtspolitischer

Bewertung

Gerade bei der rechtspolitischen Diskussion so weitreichender Prinzipien wie desjenigen der Universalsukzession und seiner A u s n a h m e n besteht vielfach die Tendenz, schnurstracks draufloszuwerten, ohne sich zuvor über die Kriterien der B e w e r t u n g Klarheit zu verschaffen. Das verleiht den jeweiligen Stellungnahmen nicht selten einen Anstrich von Zufallsbedingtheit und Subjektivität. N a c h hier vertretener Auffassung kann Universalsukzession weder risch aus ihrer H e r k u n f t oder der D a u e r ihrer Existenz, n o c h

histo-

rechtsvergleichend

aus ihrer Verbreitung in den verschiedenen Rechtsordnungen, n o c h logisch

aus

anderen vorgegebenen Prinzipien des E r b - , Familien- und Vermögensrechts, n o c h objektiv

aus dem Gegenstand des Ü b e r g a n g s m o d u s

„Universalsukzes-

s i o n " (dem „ N a c h l a s s " , dem „Vermögen" des Erblassers 3 1 4 ), n o c h subjektiv

aus

Nach Meincke (Fn. 86), § 4 Rn. 4: § 1499 Nr. 1 B G B . So aber tendenziell Windel (Fn. 5), 15, 23, 96, wobei die Vermögenszugehörigkeit von einzelnen Gegenständen im Wesentlichen danach bestimmt wird, ob sie unter Lebenden verfügungsfähig und haftungsunterworfen sind (208 Fn. 22; Windel, KTS 1995, 367, 371), und Einheitlichkeit „des Vermögens" qua Person des Vermögensinhabers und seiner Vermögensverwaltungsentscheidungen postuliert (20 ff.) und „die Einheitlichkeit des Nachfolgemodus als Konsequenz der Einheitlichkeit der Vermögensverwaltung des Erblassers" (23 ff.) betrachtet wird. 313

314

92

§ 1

Universalsukzession

der Person der Universalsukzessoren (Erben) 315 , noch schließlich immanent aus sich selbst, aus ihrer eigenen Struktur, aus ihrer „Einheitlichkeit", sondern nur aus den positiven Folgen, die sich (gegebenenfalls) aus ihr ergeben, legitimiert werden. Aus Geschichte und Rechtsvergleichung, also aus Seiendem und Gewesenem, kann nicht auf Gesolltes geschlossen werden. Eine logisch zwingende Abhängigkeit der Universalsukzession von anderen Prinzipien des Erbrechts, des Familienrechts und des allgemeinen Vermögensrechts gibt es nicht 316 . Aus seinem Gegenstand kann Universalsukzession allenfalls, was seine gegenständliche Reichweite, nicht aber, was seine innere Struktur angeht, abgeleitet werden. Denn dass das Vermögen des Erblassers eine irgendwie geartete Einheit darstelle, ist eine bloße Behauptung, vielfach sogar eine bloß gedankliche Hypostasierung. Das einzig Einheitliche am Vermögen des Erblassers besteht darin, dass es einer einzigen Person gehörte. Daraus lässt sich aber nicht auf objektive Einheitlichkeit schließen. Vielmehr ist die Zusammensetzung moderner Vermögen mehr denn je durch Uneinheitlichkeit der einzelnen Bestandteile geprägt, und zum Wesen von Universalsukzession gehört es doch gerade, dass sie vom einzelnen Vermögensgegenstand und seiner strukturellen Differenz zu anderen Gegenständen abstrahiert. Selbst wenn man aber von einer irgendwie gearteten Einheit des Vermögens auszugehen hätte, so wäre damit noch nicht die Einheitlichkeit des Vermögensübergangs vorgegeben. Denn da zumindest bei einer Mehrheit von Erben das Vermögen des Erblassers doch irgendwann einer Mehrheit neuer personaler Träger und ihrer (wie von der abgelehnten Theorie unterstellt) Einheit stiftenden Verwaltungsentscheidungen zugeordnet werden wird, könnte es doch sogar sinnvoller sein, die Einheit stiftende Alleinkompetenz der einzelnen Erben so schnell wie möglich, am besten also gleich mit dem Erbfall, herzustellen; dann aber wäre nicht Universalsukzession der Übergangsmodus der Wahl. Eine subjektive Legitimation der Universalsukzession kommt deshalb nicht in Betracht, weil die inhaltliche Gestaltung der Berufungsordnung keineswegs zwingend einen bestimmten Ubergangsmodus vorgibt, schon gar nicht bei der gewillkürten Erbfolge. Dass Universalsukzession nicht aus sich selbst legitimiert werden kann, versteht sich eigentlich von selbst. Dass es hier dennoch eigens betont wird, hängt damit zusammen, dass in der Diskussion um dieses Prinzip sich häufig Mystifikationen beobachten lassen, die in der Sache auf nichts anderes hinauslaufen als auf eben eine solche Legitimierung des Prinzips durch sich selbst. Oft zeigt sich ein solches Vorgehen dann, wenn eine Ausnahme vom Prinzip der Universalsukzession abgelehnt wird; häufig hört man als Begründung für die Ablehnung nur, dass die entsprechende Regelung gegen das Prinzip der Universalsukzession verstoße. Einheitlichkeit des Ubergangs ist jedoch als solcher 315 316

S.o. § 1 II 5 b), S. 41 ff. S.o. § 1 I, S. 1 ff.

V. Rechtspolitische

Bewertung

93

kein positiver Selbstzweck; sie mag ein ästhetischer oder ein pädagogisch-didaktischer Wert sein; rechtspolitisch vermag ein Hinweis auf sie noch nichts zu legitimieren. Man wende auch nicht ein, es diene der Rechtssicherheit, wenn ein Prinzip durch möglichst wenige Ausnahmen, am besten überhaupt nicht durchbrochen werde: Hier geht es doch gerade um die Frage, ob Universalsukzession überhaupt ein Prinzip des Erbrechts sein sollte. Jenseits aller Hypostasierungen und Mystifizierungen kann das Prinzip der Universalsukzession nur legitimiert werden aus den Folgen, die sich aus ihm ergeben. Nur wenn man diese Folgen als positiv einschätzt oder jedenfalls als positiver als die Folgen alternativer Systeme, wird man Universalsukzession billigen. Mit dem bisher Gesagten ist dem Prinzip „Universalsukzession" rechtspolitisch von vornherein jeder Absolutheitscharakter genommen. Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession sind vielmehr rechtspolitisch dann gerechtfertigt, wenn die mit der Ausnahme erreichbaren Folgen als höherwertig eingeschätzt werden als die Folgen von Universalsukzession. Die Aussage, Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession müssten so weit wie möglich zurückgedrängt werden, hat für sich genommen nur einen minimalen Begründungswert und keinerlei Beweiswert. Sie weist implizit auf die (günstigen oder ungünstigen) Folgen für die Rechtssicherheit hin, nimmt aber noch keine umfassende Folgenabwägung vor. Bei der einen Ausnahme vom Prinzip der Universalsukzession können durchaus andere Sachgründe den Ausschlag geben als bei einer anderen Ausnahme. Denn jeweils ist ein besonderer und gesonderter Abwägungsprozess zwischen den Folgen von Universalsukzession und den Folgen der konkreten Ausnahme vom Prinzip der Universalsukzession durchzuführen. Daraus folgt zugleich, dass die Ausnahmen von Universalsukzession sich nicht zwingend alle auf ein und dasselbe Sachprinzip zurückführen lassen müssen. Dies Letztere verhält sich naturgemäß bei Ansätzen anders, die schon die Universalsukzession aus einem einheitlichen Prinzip zu legitimieren versuchen. Nach Windel ist Universalsukzession primär „objektiv-vermögensrechtlich" vorgegeben durch die Einheitlichkeit des Erblasservermögens 317 und nur sekundär auch personal bestimmt durch die inhaltliche Gestaltung der Berufungsordnung 318 . Auf der Ebene der Bewertung von Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession spiegelt sich bei Windel die Struktur seiner Legitimation von Universalsukzession als solcher wider: Keine Sondernachfolge lasse sich ausschließlich durch personale oder subjektive Gründe rechtfertigen. Erforderlich sei stets eine „objektiv-vermögensrechtliche Vorstrukturierung" 319 .

317 318 319

S. schon o. Fn. 314. Dazu o. § 1 II 5 b), S. 41 ff. (Fn.5), 96, 1 9 4 , 2 6 9 , 3 2 4 .

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§1

Universalsukzession

D u r c h personale und subjektive G r ü n d e kann danach die durch die o b j e k t i v vermögensrechtliche Vorstrukturierung schon indizierte Legitimation einer Sondernachfolge nur erhöht, aber nicht begründet werden. O b j e k t i v - v e r m ö gensrechtliche Vorstrukturierungen in R i c h t u n g Sondernachfolge ergeben sich etwa bei den A n s p r ü c h e n aus der Hinterbliebenenrente und aus § 56 S G B I daraus, dass es sich hier nicht u m privates und individuelles Vermögen handelt 3 2 0 ; b e i m postmortalen Persönlichkeitsrecht und ähnlichen Rechtsverhältnissen aus der überwiegend personenrechtlichen Prägung 3 2 1 ; bei § 563 B G B aus der geminderten vermögensrechtlichen Qualität des mietrechtlichen Bestandsschutzes, d.h. aus seiner lebzeitigen NichtVerfügbarkeit und Nichthaftungsunterw o r f e n h e i t 3 2 2 ; bei H o f 3 2 3 und Personengesellschaftsanteil 3 2 4 daraus, dass sie zu L e b z e i t e n nicht beliebig geteilt werden k ö n n e n und zu den Rechtsgegenständen gehören, die einer Miterbengemeinschaft nicht sinnvoll zustehen können; beim Vertrag zugunsten D r i t t e r daraus, dass der Erblasser hier seine V e r m ö gensverhältnisse unter E i n b e z i e h u n g v o n Vermögen geordnet hat, das ihm nicht oder nicht allein zusteht, „ w o m i t es notwendig zu Sondernachfolgen kommt"325.

Wegen fehlender hinreichender

objektiv-vermögensrechtlicher

Vorstrukturierung und bloß personaler Begründbarkeit lehnt Windel die materiale Privilegierung des D r i t t e n beim Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall a b 3 2 6 , ebenso die Schaffung einer von Teilen der Literatur vorgeschlagenen Sondernachfolge für das Eigenheim des Erblassers 3 2 7 und einer solchen für F a milienerbstücke 3 2 8 : B e i m Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall und beim Eigenheim sieht er eine ausschließlich auf das Innenverhältnis D r i t t e r / E r b l a s s e r beschränkte, bei den Familienerbstücken eine ausschließlich auf die personale B e z i e h u n g des Nachfolgeprätendenten z u m betreffenden Nachlassgegenstand beschränkte (und damit nicht hinreichende) personale Legitimation. K r i t i k gegenüber den Windeischen Grundthesen ist in mehrfacher R i c h t u n g geboten: Z u m einen ist es eine durch nichts zu rechtfertigende Behauptung, dass nicht auch rein personale

Gründe

(von einigem G e w i c h t ) eine Sondernach-

folge rechtfertigen k ö n n t e n , selbst w e n n ihre positiven F o l g e n diejenigen von Universalsukzession überwiegen würden. Z u m Zweiten gibt es für eine strikte

(Fn. 5), 96 ff. (Fn. 5), 102 ff. 3 2 2 (Fn. 5), 114 ff., 324 ff. 3 2 3 (Fn. 5), 144 ff.; ablehnend dann letztlich doch S. 316 ff. (wegen Nichtlegitimierbarkeit der gesetzlichen Anerbenordnung). 3 2 4 (Fn. 5), 126 ff., 150 ff., 271 ff., 293 ff., v.a. 305 ff. 3 2 5 (Fn. 5), 96,162 ff.; materiell, in der Frage der Haftung für die Nachlassschulden, bei der Pflichtteilsberechnung etc., wird der Vertrag zugunsten Dritter vollständig ins Erbrecht inkorporiert: 163 ff., 330, 427 ff. 3 2 6 (Fn. 5), 163 ff., 330, 427 ff. 3 2 7 (Fn. 5), 328 f. 3 2 8 (Fn. 5), 331 f. 320 321

V. Rechtspolitische

Bewertung

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Abhängigkeit des Erbrechts vom lebzeitigen Vermögensrecht keine überzeugende Legitimationsbasis, da sie dem Erbrecht jede Möglichkeit zu eigenständiger Lösung nimmt und an die Stelle von konkreter Folgen- und Vorteilsabwägung vordergründige Strukturlogik setzt, die übrigens ohnehin in vielen Fällen nicht eingehalten zu werden vermag oder bezüglich derer die „objektiv-vermögensrechtliche Vorstrukturierung" in ihrer Richtung oder ihrem Inhalt oft nicht eindeutig ist. Man kann z.B. nicht allen Ernstes die Sondererbfolge im Höferecht damit legitimieren, dass der Hof lebzeitig nicht beliebig geteilt werden kann 329 , wenn der Eigentümer zu Lebzeiten ohne jede Hinderungsmöglichkeit die Hofbewirtschaftung einstellen und den Charakter als (Anerbenrecht unterliegendem) Hof beseitigen kann. Die Ablehnung einer strikten Abhängigkeit des Erbrechts vom lebzeitigen Vermögensrecht gilt übrigens in einem doppelten Sinne: Es muss, wenn die Vorteile überwiegen, möglich sein, auch in der lebzeitigen Disponibilität und Haftungsunterworfenheit eingeschränkte Gegenstände im Wege der Universalsukzession übergehen zu lassen; es ist ja eines der Hauptcharakteristika von Gesamtrechtsnachfolge, dass bei ihr die Schranken der Singularsukzession nicht gelten 330 . Und es muss möglich sein, Gegenstände, die zu Lebzeiten des Erblassers in vollem Umfang seiner Verfügungsfreiheit und dem Haftungszugriff seiner Gläubiger unterliegen, im Wege der Sondernachfolge übergehen zu lassen, wenn im konkreten Fall deren Vorteile überwiegen und die Gläubiger angemessen gesichert bleiben. Windel legitimiert nach alledem einige Ausnahmen von Universalsukzession zu schnell, weil er objektiv-vermögensrechtliche Vorstrukturierungen zu erkennen glaubt. Und er lehnt einige Ausnahmen zu schnell ab, weil er solche Vorstrukturierungen vermisst. Würde Windel mit seinem Ansatz Ernst machen, verlöre das Prinzip der Universalsukzession jegliche generalisierende und vereinheitlichende Kraft. Denn bei konsequenter Verfolgung dieses Ansatzes müsste nicht nur jede Ausnahme von Universalsukzession überprüft werden, sondern es müsste auch grundsätzlich jeder Vermögensgegenstand daraufhin untersucht werden, ob er eine vermögensrechtliche Vorstrukturierung aufweist, die ihn für Gesamtrechtsnachfolge tauglich macht. Nicht nur die Ausnahme, auch das Prinzip selbst würde eine entsprechende Vorstrukturierung verlangen. Es bleibt somit dabei, dass es eine voreilige Verengung des Diskussionsfeldes bedeuten würde, wenn man den Satz aufstellte, alle Ausnahmen von Universal3 2 9 Übrigens ist der Gleichlauf zwischen (lebzeitigem) Grundstücksverkehrsrecht und (erbrechtlichem) Anerbenrecht nur ein vielfach durchbrochener: Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe unterliegen dem Anerbenrecht, aber nicht dem Grundstücksverkehrsrecht und umgekehrt (Beispiel für Letzteres: Der Erblasser zerlegt einen bisher einheitlichen Hof durch innerbetriebliche Teilung in mehrere Wirtschaftseinheiten; die dadurch unmittelbar, ohne Rechtsakt, entstandenen neuen Einzelhöfe vererben sich nach § 9 HöfeO auf mehrere Hoferben; nach ganz herrschender Meinung zulässig, vgl. nur Lange/Wulff7Lüdke-Handjery - Fn. 192 —, § 1 Rn. 83). 3 3 0 O. § 1 II 3 c), S. 32 f.

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§ 1

Universalsukzession

sukzession müssten zwingend auf ein und dasselbe Sachprinzip zurückzuführen sein. Was nun aber den jeweils erforderlichen konkreten Abwägungsprozess angeht, so kann die Rechtswissenschaft als Wissenschaft diesen Prozess zwar vorstrukturieren und begleiten, aber nie selbst entscheiden. Die Wissenschaft als Wissenschaft kann ohne Überschreitung der ihr immanenten Grenzen zwar Aussagen folgender Art machen: Wenn man dieses und jenes Ziel erreichen will, kommen diese und jene Mittel (gegebenenfalls mit diesen und jenen unerwünschten Nebenfolgen) in Betracht. Wenn man Widersprüche vermeiden will, darf man dieses nicht tun oder nicht unterlassen. Wenn man dieses und jenes Ziel als höchsten rechtspolitischen Wert akzeptiert, billigt man gleichzeitig diese und jene anderen Ziele bzw. Werte. Ziele und Werte selbst zu legitimieren vermag die Wissenschaft nicht. Wissenschaft kann z.B. nicht beweisen, dass es wünschenswert oder geboten ist, Universalsukzession zur Verhinderung von Vermögens- und Machtkonzentration oder zur Erhaltung sinnvoller wirtschaftlicher Einheiten einzusetzen. Was sie dagegen sagen kann, ist, ob und inwieweit der Ubergangsmodus „Universalsukzession" zur Erreichung dieser Ziele geeignet ist. Niemand hindert freilich den Wissenschaftler, seine subjektiven Werte, Ziele, Wert- und Zielsetzungen in den freien Meinungsprozess einzubringen. Nur darf dafür eben nicht die Autorität der Wissenschaft ins Feld geführt werden. Wenn im Folgenden subjektive Wertungen des Autors in die Betrachtung einfließen, so ist das nach alledem erstens nicht zu vermeiden und kann dafür zweitens keine wissenschaftliche Legitimation in Anspruch genommen werden. 2. Materielle Folgen der

Bedeutung der Universalsukzession: Universalsukzession

Das Prinzip der Universalsukzession ist in seinem Wirkungsmechanismus technischer und konstruktiver Natur. Insofern und indem sein Mechanismus aber auf „Ganzheitlichkeit" abzielt, ergeben sich aus ihm auch material bedeutsame Folgen 331 . Das Prinzip dient zunächst den material Bedachten (Erben, Vermächtnisnehmer, Auflagebegünstigte), weil es gewährleistet, dass beim Übergang des Erblasservermögens kein Gegenstand vergessen wird [II 1 a)], weil es den wirklich Bedachten, den Nach- oder Mitbedachten durch strenge Surrogation absichert (§§ 2019, 2111, 2041 B G B ) und weil es der Tendenz entgegenwirkt, bestimmte Rechte und Gegenstände aus irgendeinem, mehr oder weniger nachvollziehbar aus der Natur des konkreten Rechts oder Gegenstandes abgeleite331 Ähnlich Münch Komm/Leipold (Fn. 5), § 1922 Rn. 56; Windel (Fn. 5), 4 ff., 10 ff.; Kipp/ Coing (Fn. 5), § 1 II 1 (S. 6); Coing, Gutachten A zum 49. Deutschen Juristentag, Verhandlungen des 49. DJT, 1972, 53.

V. Rechtspolitische

Bewertung

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ten Grund für unvererbbar zu erklären [II 1 b)]. Im Wesen der Universalsukzession liegt es, von den Besonderheiten des einzelnen Erblasserrechts abzusehen, von ihnen zu abstrahieren. Man könnte sagen: Der Tod macht nicht nur alle gleich, er macht auch alles gleich. Wichtig ist für die Bedachten, namentlich die Erben, ferner, dass das Erblasservermögen (zunächst einmal) zusammenbleibt, dass im Vermögen wichtige und zusammengehörende Einheiten (zunächst einmal) nicht auseinander gerissen werden, was die Chance erhöht, sie als Einheit, als „Ganzes", weiterzuführen oder zu veräußern oder zu verpachten. Erhebliche Schutzwirkung für die Bedachten, und letztendlich nicht nur für die Erben, entfaltet es, dass nicht nur rechtliche, sondern auch faktische Positionen des Erblassers, wie vor allem der Besitz (§ 857 BGB), auf den Universalsukzessor übergehen. Indem Universalsukzession grundsätzlich das gesamte Erblasservermögen der (spezifisch) erbrechtlichen Nachfolge unterwirft, sichert es die Pflichtteilsberechtigten. Denn deren (wertmäßige) Nachlassteilhabe orientiert sich, von den §§ 2325 ff. BGB einmal abgesehen, an Bestand und Wert des Nachlasses (§ 2311 BGB). Das Prinzip der Universalsukzession dient ferner Nachlassschuldnern und Nachlassgläubigern, indem es im Erbfall für klare, übersichtliche Verhältnisse sorgt. Insbesondere die Nachlassgläubiger profitieren davon, dass sie sich an wenige Universal-Repräsentanten des Erblassers halten können. Der Nachlass wird als Haftungseinheit erhalten, er ist selbst beim Alleinerben, bei dem confusio bonorum eintritt, als Einheit leicht rekonstruierbar und durch Haftungsansprüche nach den §§ 1978 - 1980 BGB ergänzt. Dem allgemeinen Rechtsverkehr nutzt es, dass die neuen Rechtsträger wegen ihrer (in der Regel) geringen Zahl schnell und sicher festgestellt werden können. Dadurch, dass der formale Funktionsmechanismus der Universalsukzession nicht nur auf die Erbfolge als solche angewandt wird, sondern auf zahlreiche weitere erbrechtliche Konstellationen (Ausschlagung, Anfechtung, Erb-, Vermächtnis-, Pflichtteilsunwürdigkeit, Beginn und Ende der Testamentsvollstreckung), gerät die Lösung der materialen Gerechtigkeitsprobleme, die das Gesetz bei diesen Problemen im Auge hat, mit dem Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nur ausnahmsweise in ernsthafte Konflikte. Der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs dient der Erbschein. Dieser ist nach gegenwärtigem Recht Personal-, nicht Sachzeugnis, benennt die Erben, aber nicht die Gegenstände des Nachlasses. Je mehr Sondererbfolgen und erbfallbedingte Sonderrechtsnachfolgen es gibt, desto mehr muss der Erbschein seine klarstellende und verkehrserleichternde Wirkung verlieren. Eines der wichtigsten Ziele des BGB war und ist es, die öffentliche Nachlassfürsorge so weit wie möglich zugunsten einer rein privaten Nachlassabwicklung zurückzudrängen. N u n gibt es natürlich Fälle, in denen auch in einem noch so liberalen Erbrechtssystem staatliche Nachlassfürsorge eingreifen muss

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§1

Universalsukzession

(§§ 1960 f. B G B i.V. mit Landesrecht). A b e r im R a h m e n des B G B soll sich der Staat selbst hier so schnell wie möglich zurückziehen: H a t der Nachlasspfleger - seine E r n e n n u n g ist das am häufigsten eingesetzte Mittel der öffentlichen Nachlassfürsorge - den oder die E r b e n gefunden, ist seine Aufgabe erledigt. Sondererbfolgen und erbfallbedingte Sonderrechtsnachfolgen dagegen verkomplizieren die erbrechtliche Lage, erhöhen und verlängern das Bedürfnis nach öffentlicher Nachlassfürsorge und schwächen damit die Privatheit der Nachlassabwicklung332. Von Universalsukzession profitiert nicht zuletzt auch der Erblasser.

E r kann

sich, wenn er v o n Todes wegen verfügen will, auf wenige Regelungen beschränken; kann die Person oder die Personen, denen er die wesentlichen Teile seines Vermögens z u k o m m e n lassen will, durch Einsetzung als E r b e n auszeichnen. Indem Universalsukzession alle Nachlassbestandteile gleichmacht, v o n H e r kunft, A r t , volkswirtschaftlicher Bedeutung dieser Gegenstände abstrahiert, schützt sie mittelbar auch die Testierfreiheit. D e n n E r b r e c h t s s y s t e m e , in denen es auf die genannten Differenzierungskriterien a n k o m m t , unterwerfen in der Regel einzelne Nachlassgüter nicht nur in rein technischem Sinne einer S o n dernachfolge, ohne sich etwa für die Person des N a c h f o l g e r s zu interessieren; vielmehr wird das technische Mittel der Sondernachfolge nur zu oft instrumentalisiert zur Indienstnahme der betreffenden G ü t e r für „höhere Z w e c k e " , die nicht unbedingt diejenigen des Erblassers sind. N a t ü r l i c h schränkt (zwingend ausgestattete) Universalsukzession Testierfreiheit auch ein, indem sie auch dem Erblasser, der das Vindikationsvermächtnis oder die dingliche Teilungsanordnung oder eine Sondererbfolge oder eine sonstige D u r c h b r e c h u n g des Prinzips will, diese Instrumente verwehrt. Gleichheit der Nachlassgüter hat die Tendenz, auch zu Gleichheit der Sukzessoren zu führen. M a n k ö n n t e sagen: Indem der T o d alles gleichmacht, macht er auch die U b e r l e b e n d e n gleich. Sondererbfolgen und erbfallbedingte Sonderrechtsnachfolgen haben dagegen umgekehrt die Tendenz, einige Sukzessoren gleicher als die anderen zu machen, handle es sich nun u m den L e h e n s - oder F i deikommissfolger oder den A n e r b e n oder den (qualifizierten) N a c h f o l g e r in einen Gesellschaftsanteil oder wen sonst immer. D a d u r c h werden große E i n h e i ten und damit verbundene wirtschaftliche und politische M a c h t erhalten, w ä h rend Universalsukzession das Teilungsprinzip

zwar nicht erzwingt, aber doch

begünstigt 3 3 3 . Natürlich kann man nicht sagen, dass § 1922 I B G B auf solchen

Ähnlich, mit etwas anderer Blickrichtung, Windel (Fn. 5), 15. Auch wird im System der Universalsukzession und beim damit vorgegebenen Ubergang des einheitlichen Vermögens auf mehrere Erben nach Quoten die gerechte Teilung unter den Bedachten technisch erleichtert (Windel - Fn. 5 - , 24 f.): In einem System von Sondernachfolgen mag der Erblasser die Aufteilung auf die einzelnen Nachfolger noch so sorgfältig, noch so subjektiv gerecht vornehmen, immer wird er den einen oder anderen Gegenstand in 332 333

V. Rechtspolitische

Bewertung

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gesellschaftspolitischen Überlegungen „ b e r u h t " 3 3 4 . A b e r w e r versucht, die Wirkungsweise und die unmittelbaren und mittelbaren F o l g e n der Universalsukzession möglichst genau zu beschreiben, darf diese Zusammenhänge nicht übersehen. Letztlich freilich k o m m t es dem Prinzip der Universalsukzession auf Teilung und Zerschlagung nicht an, denn es wahrt, als im A n s a t z formales und technisches Prinzip, Neutralität gegenüber seinen mittelbaren Folgen. Universalsukzession kann Machtkonservierung auch begünstigen, indem es die Kreierung des einen und einzigen Universalsukzessors durch Verfügung v o n Todes wegen ermöglicht und, jedenfalls in der Ausprägung des deutschen R e c h t s , bei E r b e n m e h r h e i t die zumindest vorübergehende Erhaltung wirtschaftlicher Einheiten erzwingt. E i n ähnlich janusköpfiges G e s i c h t zeigt U n i versalsukzession gegenüber einer anderen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Zielsetzung: der Erhaltung sinnvoller wirtschaftlicher und ideeller E i n heiten 3 3 5 .

3. Ablehnung

des Vindikationslegats

a) Allgemeines S c h o n bei den Beratungen z u m B G B wurde über die Zulässigkeit des Vindikationslegats heftig gestritten 3 3 6 . A u c h heute ist die A b l e h n u n g des Vindikationslegats nicht über jeden Zweifel erhaben 3 3 7 , zumal zahlreiche ausländische R e c h t s o r d n u n g e n anders als das B G B entscheiden 3 3 8 . Folgende Interessen sind bei der D i s k u s s i o n der Frage zu beachten und gegeneinander abzuwägen: D i e Interessen des Erblassers; die des E r b e n (der die Nachlassverbindlichkeiten begleichen muss); die der Nachlassgläubiger; die des D r i t t e n , der v o m E r b e n einen vermachten Gegenstand erwirbt (allgemeiner: die seiner „Rechnung" vergessen oder nicht mehr berücksichtigen können, dass sich bis zu seinem Tod die Werte der einzelnen Gegenstände zueinander verschoben haben. 334 Zutreffend Windel (Fn. 5), 11 f.; vgl. auch Leipold, AcP 180 (1980), 160 (205 f.). 335 Die Suche nach „erhaltenswerten Einheiten" ist m.E. völlig verfehlt. Wenn es „erhaltenswerte Einheiten" gibt, dann werden sie erhalten oder mit Verlust für die Beteiligten nicht erhalten. Wo es Einheiten gibt, die nicht erhaltenswert sind, werden sie nicht erhalten oder mit Verlust für die Beteiligten erhalten. Die Suche nach erhaltenswerten Einheiten darf man getrost den Beteiligten überlassen; wenn einer der Beteiligten nichts Erhaltenswertes sieht, können ihn die anderen durch Angebot eines entsprechenden Ubernahmepreises eines Besseren belehren. 336 Motive, V, 133 ff.; Protokolle, V, 201 ff.; Verhandlungen des 19. Deutschen Juristentages 1988, Bd. 2, 35 ff.; Bd. 3, 76 ff., 307 f. Vgl. ferner v.Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, 1889, 515; Bahr, ArchBürgR 3,141 (170). 337 Vgl. die Diskussion über das Für und Wider des dinglichen Vermächtnisses bei Lange (Hrsg.), Erbeinsetzung, andere Zuwendungen und Erbschein, 5. Denkschrift des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht, 1942, 132 ff.; Flad, ZAkDR 1936, 78; Staudinger/Boehmer (Fn. 5), §1922 Rn.240ff.; Windel (Fn. 5), 59 ff., 165 ff., 462 ff.; Lange/ Kuchinke (Fn. 29), §29 II 1 (S. 622 f.); Staudinger/Otte (Fn. 81), § 2174 Rn. 4 ff. 338 Ebenroth (Fn. 291), Rn. 511 ff.

100

í 1

Universalsukzession

Interessen des Rechtsverkehrs); die des Vermächtnisnehmers; die der Privatgläubiger des E r b e n ; die der Privatgläubiger des Vermächtnisnehmers; schließlich die des Dritten, der eine im Besitz des E r b e n befindliche vermachte Sache beschädigt und wissen will, an wen er befreiend Schadensersatz leisten kann. Meist dreht sich die rechtspolitische Diskussion um drei Sachprobleme: Das Willensproblem (welche L ö s u n g entspricht am ehesten dem Willen des E r b lassers?); das H a f t u n g s p r o b l e m (wie kann am besten der Schutz der Nachlassgläubiger bewerkstelligt werden?); das Veruntreuungsproblem (wie kann der Vermächtnisnehmer davor geschützt werden, dass der E r b e den vermachten Gegenstand einem D r i t t e n übereignet, o b w o h l er den E r l ö s nicht zur Schuldenbegleichung benötigt?). b) Gründe

für das

Vindikationslegat

F ü r das Vindikationslegat pflegt man in der Regel folgende Argumente v o r z u bringen: D e r Wille des Erblassers sei darauf gerichtet, dass der Vermächtnisnehmer den ihm zugedachten Gegenstand auf dieselbe Weise erhalte wie der E r b e den Rest des Nachlasses, also unmittelbar mit Eintritt des Nachlasses. Selbst wenn man aber einen solchen generellen Willen des Erblassers nicht unterstelle, so müsse d o c h zumindest einem eindeutig nachweisbaren Vindikationswillen des Erblassers zur Wirksamkeit verholfen werden. D e r G r u n d dafür, dass die A b l e h n u n g des Vindikationslegats nie so recht ins Rechtsbewusstsein der B e völkerung übergegangen sei, liege in der naheliegenden Vorstellung, genauso wie man durch Rechtsgeschäft unter L e b e n d e n über einzelne Vermögensgegenstände verfügen könne, müsse dies auch durch Testament möglich sein 3 3 9 . E i n System, das wie das jetzige deutsche den Vorerben im Verhältnis zum N a c h e r ben sachenrechtlich schlechter stelle als den E r b e n im Verhältnis zum Vermächtnisnehmer, leide an einem inneren Widerspruch 3 4 0 . D e r Vermächtnisnehmer sei bei Zulassung bloßer Damnationslegate gegenüber veruntreuenden Verfügungen des E r b e n über den Vermächtnisgegenstand schutzlos, da der Vermächtnisnehmer selbst gegenüber dem bösgläubigen D r i t t erwerber dinglich nichts ausrichten k ö n n e und auf den selten eingreifenden § 826 B G B gegen den D r i t t e n und die §§ 2 8 0 I, I I I , 2 8 3 S. 1 B G B gegen den Erben angewiesen sei. D e r gutgläubige D r i t t e werde dagegen auch beim Vindikationslegat durch die §§ 932 ff. B G B geschützt, da der E r b e meist n o c h im Besitz der Vermächtnissache sei (eine analoge A n w e n d u n g des § 857 B G B wird überwiegend auch von den B e f ü r w o r t e r n des Vindikationslegats abgelehnt). D a s Veruntreuungsproblem werde mithin nur durch ein System des Vindikationslegats sachgerecht gelöst, da kein Anlass bestehe, auch den bösgläubigen D r i t t e r w e r b e r zu schützen. N u r in einem solchen System, so ein weiteres Argu-

339 340

Leipold, AcP 180 (1980), 160 (209). Protokolle, V, 204 f.

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ment, besitze der Vermächtnisnehmer wirksame Hilfsmittel, wenn Eigengläubiger des E r b e n in den Vermächtnisgegenstand vollstrecken oder der E r b e in K o n k u r s fällt: I m einen Fall k ö n n e er sich mit der Drittwiderspruchsklage des § 771 Z P O schützen, im anderen besitze er ein Aussonderungsrecht aus §§ 47 I n s O , 985 B G B . F ü r die Zulassung des Vindikationslegats k ö n n t e gerade heute sprechen, dass man damit die Tendenz zur Flucht in die erbrechtsunabhängige Sonderrechtsnachfolge von Todes w e g e n 3 4 1 , namentlich in den Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall als gewissermaßen einer Surrogationsform des Vindikationslegats 3 4 2 , abschwächen und damit, wenn auch nicht das Prinzip der Universalsukzession, so doch andere wichtige Grundsätze des E r b r e c h t s - etwa den erbrechtlichen F o r m e n z w a n g und die H a f t u n g des Erblasservermögens für die Nachlassverbindlichkeiten - stärken k ö n n t e 3 4 3 . Allerdings wird die Bedeutung dieses Arguments von vornherein dadurch relativiert, dass es ja vor allem die Formfreiheit ist, die dem Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall seine A t traktivität verleiht, eine Attraktivität, die offenbar sogar die F u r c h t vor einem Widerruf des Schenkungsangebots durch den E r b e n (auch die F o r m u l a r e der B a n k e n enthalten neuerdings einen Hinweis auf dieses Widerrufsrecht) überwindet. Solange der Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall nicht entweder für unzulässig erklärt oder zwangsweise ins E r b r e c h t inkorporiert wird, dürfte sich an seiner Verbreitung nichts ändern, und dies selbst nicht bei isolierter E i n führung des Vindikationslegats. M a n k ö n n t e den schon genannten A r g u m e n t e n für das Vindikationslegat n o c h ein weiteres hinzufügen, das die Verteidiger des Vindikationslegats bisher übersehen zu haben scheinen: N a c h §§ 1 I N r . 1 , 3 1 N r . 1 Alt. 3 E r b S t G unterliegt der E r w e r b durch Vermächtnis der Erbschaftsteuer. D i e Steuer entsteht mit der Begründung der Vermächtnisforderung aus § 2 1 7 4 B G B ( § 9 1 E r b S t G ) , also in der Regel mit dem T o d des Erblassers ( § 2 1 7 6 B G B ) , und nicht erst mit dinglicher Erfüllung des Vermächtnisses 3 4 4 ; für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung maßgebend ( § 1 1 E r b S t G ) . U n d umgekehrt kann der E r b e den Wert des Vermächtnisanspruchs schon mit Entstehung des A n spruchs als Nachlassverbindlichkeit abziehen, gleichgültig, o b er den Anspruch dinglich erfüllt oder nicht (§ 10 V N r . 2 E r b S t G ) . D i e Steuer entsteht demnach mit dem Erbfall selbst dann, wenn der E r b e die Erfüllung des Vermächtnisses hinauszögert oder der Vermächtnisnehmer deshalb leer ausgeht, weil der VerS.o. §1 IV 2, S. 61 ff. S.o. § 1 IV 2 c), S. 65 ff. 343 So die Tendenz von Leipold, AcP 180 (1980), 160 (209), der eine wichtige Reformaufgabe darin sieht, die Einzelrechtsnachfolge im notwendigen Umfang „wieder in das Erbrecht zurückzuholen". 344 Vgl. nur Meincke (Fn. 86), § 9 Rn. 13 sowie im Text o. § 1 II 2 d), S. 20 f. und u. §2 VI 1, S. 255 ff. 341

342

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§1

Universalsukzession

mächtnisgegenstand nach dem Erbfall in der H a n d des E r b e n ohne Verschulden irgendeines Beteiligten untergeht, sodass der Vermächtnisanspruch (§ 2 7 5 I B G B ) , nicht aber die Steuerschuld erlischt 3 4 5 ; die Billigkeitsregelung des § 163 A O hilft hier keineswegs i m m e r weiter. M a n mag einwenden, daran ändere sich auch bei Zulassung des Vindikationslegats nicht viel. Immerhin kann hier aber der Vermächtnisnehmer den Vermächtnisgegenstand sofort nach dem Erbfall verkaufen und veräußern (§§ 929, 931 B G B ) , um befürchteten, bis zur H e r a u s gabe durch den E r b e n entstehenden Wertverlusten des Gegenstandes zu entgehen. Möglicherweise wird der Vermächtnisnehmer, solange der E r b e n o c h den Besitz am Nachlassgegenstand hat, nicht immer einen Käufer finden; n o c h schwieriger dürfte aber ein Käufer des b l o ß obligatorischen Anspruchs aus § 2 1 7 4 B G B aufzutreiben sein 3 4 6 . c) Gründe

gegen

das

Vindikationslegat

Letztendlich sprechen die besseren G r ü n d e j e d o c h für die L ö s u n g des B G B . D a s stärkste A r g u m e n t für sie liegt im Schutz der Nachlassgläubiger, denen der Vermächtnisnehmer ja nicht haftet und auf den selbst die vermächtnisbezogenen Verbindlichkeiten des Erblassers nicht übergehen und hinsichtlich derer auch eine Ausweitung der §§ 5 A n f G , 322 I n s O nicht viel helfen würde. Wenn die sonstigen Gegenstände des Nachlasses zur Befriedigung der Nachlassgläubiger nicht ausreichen, kann der E r b e ohne weiteres den Vermächtnisgegenstand versilbern. D i e Vindikationslösung müsste hier mit komplizierten und in der Sache nicht restlos überzeugenden Regelungen aushelfen, etwa indem sie dem E r b e n ein kausal beschränktes (also ausschließlich für Z w e c k e der G l ä u b i gerbefriedigung bestehendes) Verfügungsrecht für den Vermächtnisgegenstand gewährt 3 4 7 . D a die G r e n z e n einer solchen Verfügungsbefugnis fließend wären, müsste mit dauernden Streitigkeiten unter den Beteiligten und mit geringem Interesse kaufwilliger D r i t t e r gerechnet werden, zumal gutgläubiger E r w e r b nach § 932 B G B nicht i m m e r möglich sein und der redliche E r b e , der sich für § 932 B G B ja entgegen der Rechtslage als E i g e n t ü m e r gerieren müsste, sich auch nicht auf diesen glitschigen Pfad begeben wird. D i e kausale Beschränkung der Verfügungsbefugnis wäre übrigens auch unlogisch und widersprüchlich, da man den E r b e n in B e z u g auf die Vermächtnisgegenstände mindestens dem Testamentsvollstrecker gleichstellen müsste, der nach § 2 2 0 5 B G B ein unbeschränktes Verfügungsrecht besitzt. Bei kausal unbeschränkter Verfügungsbefugnis würde sich die Vindikationslösung aber ihres wichtigsten Vorzugs begeben und ihre charakteristische Eigenart verlieren. Von Seiten der VindikaBspl. von Meincke, ebd. Gutgläubiger Erwerb des Vermächtnisgegenstandes nach § 934 BGB wird oft nicht in Frage kommen und setzt zudem voraus, dass der Vermächtnisnehmer sich als Eigentümer geriert. 345

346

347

Protokolle, V, 206.

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tionslösung wird eingewandt, die Fälle, in denen Vermächtnisgegenstände zur Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten herangezogen werden müssten, seien selten. In der Regel setze ein verschuldeter Testator keine Legate aus. Der Gesetzgeber müsse aber seine Normen so einrichten, dass sie für die regelmäßigen und häufigsten Fälle passten 348 . Dieser Einwand überzeugt nicht. Zum einen stellt sich die Überschuldung des Nachlasses oft erst nach dem Erbfall heraus, möglicherweise ist sie sogar durch Erbfallschulden bewirkt, die dem Vermächtnis im Rang vorgehen. Darüber hinaus könnte man mit dem vorgebrachten Argument auch gegen die Hauptvorzüge der Vindikationslösung vorgehen, indem man darauf hinweist, dass der untreue Erbe, der den Vermächtnisgegenstand ohne Not einem Dritten veräußert oder seine Privatgläubiger in ihn vollstrecken lässt, ebenfalls Ausnahme sein wird. Befürchtet der Erblasser Untreue oder Uberschuldung des Erben, steht es ihm übrigens frei, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, dessen Existenz die Privatgläubiger des Erben vom Nachlass fernhält (§2214 BGB) und dem Erben die Verfügungsmacht nimmt (§ 2211 BGB). Bei wertvollen Vermächtnissen wird die Anordnung der Testamentsvollstreckung ohnehin faktischer Regelfall sein. Plant der Erbe, den Vermächtnisgegenstand zu veräußern, so bleiben dem Vermächtnisnehmer auch ohne Vorhandensein eines Testamentsvollstreckers genügend Hilfsmittel, um sich zu schützen: Er kann zum einen eine einstweilige Verfügung erwirken, durch die dem Erben ein gerichtliches Verfügungsverbot (§§ 938 II ZPO, 136 BGB) auferlegt wird; freilich bietet dieses Verfügungsverbot gegenüber einem gutgläubigen Erwerber keinen Schutz (§ 135 II BGB), doch ist gutgläubiger Erwerb eines Dritten während der Besitzzeit des Erben auch beim Vindikationslegat möglich. Ferner kann der Vermächtnisnehmer Nachlassverwaltung beantragen (§ 1981 II 1 BGB), mit deren Anordnung der Erbe die Befugnis verliert, über den Nachlass zu verfügen (§ 1984 I 1 BGB). Vollstrecken die Eigengläubiger des Erben in den Vermächtnisgegenstand, bewirkt die Anordnung der Nachlassverwaltung, dass der Nachlassverwalter die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen verlangen kann, die zugunsten eines Erbeneigengläubigers in den Nachlass bewirkt worden sind (§ 784 II ZPO). Nach Anordnung der Nachlassverwaltung erfolgende Vollstreckungsmaßnahmen der Erbeneigengläubiger in den Nachlass sind nach § 1984 II BGB ohnehin ausgeschlossen. Ist über das Vermögen des Erben ein Insolvenzverfahren eröffnet und wird danach Nachlassverwaltung angeordnet, so kann der Nachlassverwalter den Nachlass und damit auch den Vermächtnisgegenstand - nur für einen Gegenstand, der dem Erblasser gehörte, wird die Vindikationslösung diskutiert - aus der Insolvenzmasse herauslösen; wird die Erbeninsolvenz erst nach Anordnung der Nachlassverwaltung eröffnet, erfasst sie den Nachlass von 348

Protokolle,

V, 206.

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§1

Universalsukzession

vornherein nicht. Der Vermächtnisnehmer kann bei Überschuldung des Nachlasses auch Nachlassinsolvenz beantragen 349 . Gemäß § 321 InsO, der auch für die Eigengläubiger des Erben Anwendung findet, kann im Nachlassinsolvenzverfahren auf Grund einer nach dem Erbfall bewirkten Vollstreckungsmaßnahme keine abgesonderte Befriedigung verlangt werden. Während der Dauer der Nachlassinsolvenz gilt für die Vollstreckung in den Nachlass das Verbot des § 89 I InsO 3 5 0 . Freilich können Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz für den Vermächtnisnehmer zu spät kommen; dieses Risiko trüge aber auch der Vindikationslegatar mit seinen Rechten aus § 771 Z P O (Drittwiderspruchsklage) und § 47 InsO (Aussonderung). Ist der Vermächtnisnehmer bereits im Besitz des vermachten Gegenstandes (z.B. als Entleiher oder Verwahrer des Erblassers), sind die Unterschiede zwischen Vindikations- und Damnationslösung bezüglich des Schutzes vor Erbenuntreue und Vollstreckungen der Erbengläubiger gering. Beim Vindikationslegat könnte der Vermächtnisnehmer durch Verfügungen des Erben über den Vermächtnisgegenstand das Eigentum nur verlieren, wenn er dem gutgläubigen Erwerber die Sache herausgibt (§ 934 BGB). Nach geltendem Recht kann zwar der Erbe das Eigentum nach §931 BGB auf einen Dritten übertragen; doch steht dem Herausgabeverlangen des Dritten aus § 985 BGB ein aus dem Vermächtnisanspruch (§2174 BGB) resultierendes Recht des Vermächtnisnehmers zum Besitz entgegen (§ 986 II BGB). Im Verhältnis zu den Erbeneigengläubigern ist der besitzende Vermächtnisnehmer durch §§ 809, 766 Z P O geschützt. Gegen die Vindikationslösung spricht ferner, dass der Erbschein nach ihr zwangsläufig auch die Vermächtnisse enthalten müsste. Denkt man an die nicht selten vorkommenden Erbfälle mit zahllosen, mehr oder weniger werthaltigen Vermächtnissen, wird man um die Übersichtlichkeit des Erbscheins und die Sicherheit des Rechtsverkehrs fürchten. Außerdem bestünden gegen einen solchen Erbschein dieselben Bedenken, die auch gegenüber dem gegenständlich beschränkten Erbschein anzuführen sind; insbesondere würde der Rechtsschein erweckt, als gehörten die erwähnten Gegenstände tatsächlich zum Nachlass351. Die Anerkennung des Vindikationslegats stünde ferner im Widerspruch zum Traditionssystem (§§ 929 ff. BGB) und zum Grundbuchsystem. Ersteres zeigt sich besonders deutlich in dem Fall, dass ein Pfandrecht an einer Nachlassmobilie vermacht ist; hier würde bei unmittelbarem dinglichen Anfall das Faust349 Nach §219 12 K O konnte der Vermächtnisnehmer Nachlasskonkurs nur beantragen, wenn über das Vermögen des Erben das Konkursverfahren eröffnet war. Diese Einschränkung hat die InsO beseitigt; zu den Gründen und ihrer Berechtigung (verneinend) Marotzke, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 1999, § 327 Rn. 18. 350 Staudinger/Marotzke, BGB, 13. Bearb. 1996, § 1975 Rn. 2. 351 Lange (Fn. 337), 140.

V. Rechtspolitische

Bewertung

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pfandprinzip des § 1205 BGB durchbrochen - ein freilich in Zeiten unbegrenzter Möglichkeiten zur Bestellung von Sicherungseigentum eher schwaches Argument. Was das Grundbuchsystem angeht, so spricht es nicht gerade für die Vindikationslösung, wenn manche ausländischen Rechte (z.B. Art. 2009 f. des griechischen ZGB), ausgehend vom Vindikationslegat, für den dinglichen Anfall eines Grundstücksvermächtnisses vorsichtigerweise noch Eintragung der Annahme des Vermächtnisses in das Grundbuch verlangen. Ließe man das Vindikationslegat zu, so müsste man es zum einen auf (zum Nachlass gehörige) Stückvermächtnisse begrenzen (Geld- und Gattungsvermächtnisse wären ausgeschlossen) und zum anderen dem Erblasser die Durchsetzung seines (ausnahmsweise) auf bloß schuldrechtliche Wirkung des Vermächtnisses gerichteten Willens ermöglichen. Damit wären schwierige Abgrenzungs- und Auslegungsfragen aufgeworfen; zahlreiche Rechtsstreitigkeiten wären vorprogrammiert. Wenn somit das Verbot des Vindikationslegats sich rechtspolitisch als die grundsätzlich richtige Lösung erwiesen hat, bleibt immer noch zu fragen, ob nicht die Rechtsstellung des Vermächtnisnehmers in einzelnen Aspekten verbesserungswürdig ist. Man könnte z.B. an die entsprechende Anwendung des (an sich für bloß obligatorische Verschaffungsansprüche nicht geltenden) § 771 ZPO 352 und des für Aussonderungsrechte geltenden § 47 InsO oder - den §§ 771 ZPO, 47 InsO funktional gleichwertig - an eine § 392 II HGB entsprechende Vorschrift 353 denken, ferner daran, dem Vermächtnisnehmer bei überschuldetem oder in seiner Solvenz zweifelhaftem Nachlass das Ablösungsrecht des § 268 I BGB zu geben 354 , oder daran, den Vermächtnisnehmer bei unentgeltlichen Verfügungen des Erben durch entsprechende Anwendung des § 816 I 2 BGB zu schützen 355 . Alle diese Vorschläge vermögen jedoch letztlich nicht zu überzeugen: Das Prinzip der Universalsukzession verleiht dem oder den Erben eine besonders herausgehobene Position. Die Erben sind die „Repräsentanten" des Erblassers in formeller (verwaltungsmäßiger) und materieller (dinglicher) Hinsicht, sie sind das Zentrum der Nachlassabwicklung. Dieses elementare, so einfache wie überzeugende Prinzip prägt - das sollte man nicht vergessen auch das Vertrauen und die Erwartungen des Rechtsverkehrs. Unterstrichen wird die Erbenposition und gefördert das Vertrauen in diese Position durch Existenz und Inhalt des Erbscheins. Vermächtnisse sind nach geltendem Recht nicht in den Erbschein aufzunehmen 356 . Der Rechtsverkehr hat in der Regel keine Möglichkeit, sich über Existenz, Wirksamkeit und Umfang von Vermächtnissen zu informieren. Er braucht daher mit ihnen nicht zu rechnen, sich 352 353 354 355 356

Staudinger/Boehmer (Fn. 5), § 1922 Rn. 243. Lange (Fn. 337), 139, 142,156; Staudinger/Otte (Fn. 81), § 2174 Rn. 8. Lange/Kuchmke (Fn. 29), § 29 II 1 b) (S. 623); Staudinger/Otte (Fn. 81), § 2174 Rn. 9. Staudinger/Boehmer (Fn. 5), § 1922 Rn. 243. Ganz unbestr.; vgl. MünchKomm/Promberger (Fn. 214), §2353 Rn. 36 m.w.N.

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§ 1

Universalsukzession

selbst dann nicht nach ihnen zu erkundigen, wenn er es erkennbar mit Erben zu tun hat. Das würde anders mit der Gewährung von Rechten nach den §§ 771 Z P O , 47 InsO, 392 II H G B . Wünschenswert kann dies für den Rechtsverkehr nicht sein, auch nicht übrigens für die am Nachlass Beteiligten. Wer ein besonderes Interesse an einzelnen Nachlassgegenständen hat, mag diese bei Uberschuldung des Nachlass aus dem Nachlass herauskaufen, und zwar zu Marktpreisen. Bietet er den Marktpreis an, wird er kaum Schwierigkeiten haben, den gewünschten Gegenstand zu erlangen. Erwägenswert ist nur eine Änderung des Erbschaftsteuerrechts. Man könnte für den Beginn der Steuerpflicht und entsprechend für den Bewertungsstichtag entweder auf den Zeitpunkt der Vermächtnisannahme oder auf den Zeitpunkt der dinglichen Erfüllung des Vermächtnisses abstellen. Wäre bis dahin eine Wertminderung des Vermächtnisgegenstandes eingetreten, ginge sie nicht mehr wie bisher auf Kosten des Vermächtnisnehmers. d) Gesetzliche Vermächtnisse, insbesondere

der Voraus

Die letzten Reste der historischen Sondererbfolge in die „Gerade" 3 5 7 finden sich im Recht des Voraus (§§ 1932 B G B , 1 0 1 2 - 4 LPartG). Doch ist der Voraus durch seine Ausgestaltung als bloßes (gesetzliches) Vermächtnis konsequent in das System der Gesamtrechtsnachfolge eingeordnet. Die Entscheidung, den Voraus (vgl. auch den „Dreißigsten" nach § 1969 B G B ) als bloßes Vermächtnis auszugestalten, war und ist richtig 3 5 8 . Zwar mag die Vorstellung, die gesetzlichen Erben, und damit auch der überlebende Ehegatte, müssten erst noch die zum Voraus gehörenden Gegenstände an den Ehegatten übereignen (meist nach § 929 S. 2 B G B ) , dem juristischen Laien fremd erscheinen und ein unmittelbar mit dem Erbfall sich vollziehender dinglicher Ubergang der Voraussachen der Anschauungsweise des Laien eher entsprechen. Auch würde bei unmittelbarem dinglichen Vollzug des Voraus die Möglichkeit der Nachlassgläubiger erleichtert, in den Hausrat zu vollstrecken, da es dann nur eines Titels gegen den Ehegatten bedürfte. Durch die Sonderung des Voraus vom übrigen Nachlass würden jedoch äußerst komplizierte Regelungen über die dann notwendig werdende Schuldensonderung, Schuldenrangfolge und die Ausgleichspflicht zwischen Ehegatten und Miterben erforderlich. Ständige Streitigkeiten, namentlich darüber, was gegenständlich zum Hausrat gehört, wären an der Tagesordnung. Da sich der überlebende Ehegatte ohnehin meist im Besitz des Voraus befinden wird, ist ein Bedürfnis für einen durch Gesetz bewirkten dinglichen Vollzug noch weniger vorhanden als beim normalen (gewillkürten) Vermächtnisnehmer; außerdem ist der überlebende Ehegatte als Miterbe mitverwaltungs- und mitverfügungsbefugt (§§ 2038 ff. B G B ) . Vgl. noch II, 1, § 508 des preußischen A L R ; s. schon o. § 1 II 2 b), S. 16 f. Lange (Hrsg.), Die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge, 2. Denkschrift des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht, 1938, 147 f. 357 358

V. Rechtspolitische

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Bewertung

Ü b r i g e n s würde die Einführung unmittelbaren dinglichen Vollzugs beim Voraus streng g e n o m m e n nicht zu einem (gesetzlichen) Vindikationsvermächtnis, sondern zu einer Sondererbfolge führen. D e n n es würde eine Vielzahl einzelner Gegenstände u n o m o d o und uno actu übergehen. N u r weil der Voraus im geltenden R e c h t als (gesetzliches) Vermächtnis ausgestaltet ist, wurde er hier im Zusammenhang mit dem Vindikationsvermächtnis behandelt.

4. Ablehnung von institutio ex re certa und dinglicher

Teilungsanordnung

D u r c h die Entscheidung gegen das Vindikationslegat ist die rechtspolitische Bewertung von institutio ex re certa und dinglicher Teilungsanordnung praktisch schon vorgegeben: Beide sind abzulehnen, und zwar schon deshalb, weil für sie kein Bedürfnis besteht 3 5 9 . D i e Gefahr, dass Eigengläubiger eines Miterben auf die anderen M i t e r b e n zugedachten Gegenstände zugreifen, existiert nicht. Z w a r vermag ein solcher Gläubiger über die Pfändung des Erbteils die Teilung des Nachlasses zu erzwingen, und dies unabhängig davon, o b ein schon fälliger Auseinandersetzungsanspruch jedes M i t e r b e n aus § 2 0 4 2 I B G B besteht oder die Auseinandersetzung materiellrechtlich (vorübergehend) ausgeschlossen ist (§§ 859 I I Z P O , 2 0 4 2 II, 2 0 4 4 I, 751 S. 2 B G B ) . D o c h sind bei der N a c h lassteilung dem Miterben, dessen Erbteil gepfändet ist, nur die Erbschaftsstücke zuzuteilen, die ihm der Erblasser ausgesetzt oder die Erbengemeinschaft im Teilungsplan zugedacht hat oder das G e s e t z nach den allgemeinen Teilungsregeln zuweist, sodass dem Eigengläubiger des einen E r b e n der Zugriff auf die den anderen E r b e n gebührenden Nachlassgegenstände verwehrt ist. Abgesehen v o m fehlenden Bedürfnis spricht gegen institutio ex re certa und dingliche Teilungsanordnung auch die Kompliziertheit der Haftungsregelung, die sie im G e folge hätten und haben müssten, sowie die durch sie verursachte U n ü b e r s i c h t lichkeit des Erbscheins, in den unmittelbar dinglich Begünstigte zwangsläufig aufzunehmen wären.

5. Ablehnung der heutigen

Sondererbfolgen

a) Einleitung Zwei D i n g e verdienen bei der rechtspolitischen Beurteilung der im gegenwärtigen deutschen R e c h t geltenden Sondererbfolgen vorab n o c h einmal hervorgehoben zu werden. In beiden Fällen ( H ö f e r e c h t ,

Personengesellschaftsrecht)

handelt es sich um Gebiete, deren materielle Integration ins allgemeine E r b recht schon weit fortgeschritten ist, vor allem, w e n n man den jetzt erreichten 359 Ebenso Lange (Hrsg.), Erwerb, Sicherung und Abwicklung der Erbschaft, 4. Denkschrift des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht, 1940, 31; Staudinger/ Boehmer (Fn. 5), § 1922 Rn. 239.

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§ 1

Universalsukzession

Zustand mit früheren Phasen der Rechtsentwicklung vergleicht. Daher wird zu fragen sein, ob nicht auch der letzte Schritt, die vollständige Einbindung ins System der Universalsukzession, noch getan werden sollte. Und die zweite Bemerkung zielt auf die mit den Strukturunterschieden von Sondererbfolge und erbfallbedingter Sonderrechtsnachfolge einhergehenden Unterschiede in den jeweiligen Legitimationsmodellen: Bei den beiden Sondererbfolgen des deutschen Rechts beziehen sich die Rechtfertigungen, die man gemeinhin für sie vorzubringen pflegt, meist auf Wesen und Eigenart des jeweils sondervererbten Gegenstandes und die sich daran anknüpfenden (öffentlichen und privaten) Interessen. Bei den Sonderrechtsnachfolgen wird dagegen meist weniger vom Gegenstand als vom Nachfolger her argumentiert. b) Anerbenrecht Die HöfeO will land- und forstwirtschaftliche Betriebe möglichst als Einheit im Erbgang erhalten, und dies zu tragbaren Bedingungen. Das Zentrum der HöfeO stellen daher § 4, der den Anfall des Hofes samt allen Bestandteilen und allem Zubehör an nur einen Erben vorschreibt, und § 12 dar, der die Abfindung der weichenden Erben auf der Basis des Eineinhalbfachen des am Ertragswert orientierten Einheitswertes regelt. Für die Legitimation des Landwirtschaftserbrechts wird traditionellerweise auf das agrarpolitische öffentliche Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger Höfe 360 , das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Volksernährung 361 und das familienerbrechtliche Ziel, landwirtschaftliche Betriebe gerade in bäuerlichen Familien zu halten 362 , verwiesen. Alle diese Zwecksetzungen vermögen unter heutigen Bedingungen nicht mehr zu überzeugen, und selbst wenn sie überzeugten, wäre das Anerbenrecht kein geeignetes Mittel zu ihrer Verwirklichung. Die landwirtschaftliche Sondererbfolge ist daher rechtspolitisch in vollem Umfang abzulehnen. Ein unmittelbar durchsetzbares öffentliches Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger Höfe kann es nicht geben. Dass es zu leistungsfähigen wirtschaftlichen Einheiten kommt, dafür sollte auch im Bereich der Landwirtschaft der Markt sorgen. Außerdem setzt Anerbenrecht voraus, dass jeder bestehende Hof schon per se eine erhaltenswerte Einheit ist; das muss aber angesichts historisch zufällig gewachsener Grenzen nicht notwendig so sein. Oft fordert gerade eine zweckmäßige Bodenverteilung eine Auflösung der bisher bestehenden Einheit, damit neue lebensfähige Einheiten zustande kommen können. Die Sicherstellung der Volksernährung ist in Zeiten der landwirtschaftlichen Uberproduktion kein Thema. „Bäuerliche Familien", die als solche klar erkennbar wären, gibt es in den heutigen Zeiten gesellschaftlichen Wandels kaum noch; 360 361 362

BVerfGE 15, 337 (342); BVerfGE 67, 348 (367); BVerfGE 91, 346 (356). BVerfGE 15, 337 (342); BGH, RdL 1992, 2 1 7 (218). BVerfGE 15, 337 (342); BVerfGE 67, 348 (367).

V. Rechtspolitische

Bewertung

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selbst wenn es sie gäbe, spräche keine rationale Erwägung dafür, landwirtschaftliche B e t r i e b e nur und gerade in bäuerlichen Familien zu halten; wer hundert landwirtschaftliche B e t r i e b e als Geldanlage kauft und sie verpachtet, kann genauso viel für sinnvolle Landwirtschaft tun wie hundert „bäuerliche F a m i lien". Zudem schützt A n e r b e n r e c h t die Erhaltung des B o d e n s nicht in bäuerlichen Familien allgemein, sondern in der k o n k r e t e n (bäuerlichen) Eigentümerfamilie. U n d die Erhaltung des B o d e n s gerade in dieser k o n k r e t e n Familie kann gewiss kein abstrakt gerechtfertigtes Schutzziel sein. O f t verlangt eine sinnvolle Bodenverteilung vielmehr den Eigentümerwechsel. Selbst wenn die genannten Ziele erstrebenswert wären, müsste gefragt werden, o b diese doch überwiegend öffentlichen Interessen unbedingt auf K o s t e n privater Interessen verwirklicht werden müssen. Z u diesen letzteren Interessen zählen die Position der weichenden E r b e n und die Testierfreiheit des E r b l a s sers. D a s s die weichenden E r b e n den Hauptpreis des Anerbenrechts zu zahlen haben, ist ohne weiteres erkennbar. Was die Testierfreiheit des Erblassers angeht, so erlaubt die H ö f e O zwar dem Erblasser, die Person des H o f e r b e n durch Verfügung v o n Todes wegen zu bestimmen ( § 7 1 1 H ö f e O ) . D o c h verbietet sie dem Erblasser, die E r b f o l g e kraft H ö f e r e c h t s „auszuschließen" ( § 1 6 1 H ö f e O ) , ein Verbot, das für die lebzeitige H o f ü b e r g a b e entsprechend gilt ( § 1 7 1 H ö f e O ) ; damit sind Verfügungen von Todes wegen unwirksam, in denen mehr als ein H o f e r b e , statt einer natürlichen Person eine juristische Person, statt einer wirtschaftsfähigen Person eine nicht wirtschaftsfähige Person eingesetzt oder auf K o s t e n des H o f e s größere, dessen Leistungsfähigkeit gefährdende Vermächtnisse ausgesetzt sind 3 6 3 . D i e s e Einschränkung der Testierfreiheit überzeugt rechtspolitisch schon deshalb nicht, weil sie im Widerspruch zum eigenen Grundansatz der H ö f e O steht. N a c h § 1 I V H ö f e O kann der H o f e i g e n t ü m e r die Eigenschaft als H o f durch die einfache Erklärung, dass die Besitzung kein H o f mehr sein soll, und die nachfolgende L ö s c h u n g des H o f v e r m e r k e s im G r u n d b u c h beseitigen. D a mit kann er die Vererbung seiner Besitzung kraft H ö f e r e c h t s ausschließen und seine Testierfreiheit in vollem U m f a n g wiedererlangen. Wenn dem aber so ist, fragt man sich natürlich, warum das G e s e t z dem Erblasser nicht gleich den u n mittelbaren D u r c h g r i f f auf in seinen Augen z w e c k m ä ß i g e erbrechtliche R e g e lungen gestattet. So wie die D i n g e j e t z t liegen, muss bei jeder gegen § 16 I H ö f e O verstoßenden und damit nichtigen Verfügung v o n Todes wegen geprüft werden, o b die unwirksame Verfügung nicht unter U m s t ä n d e n erweiternd in 363 Zulässig sind bloße „Beschränkungen" der Erbfolge kraft Höferechts durch Verfügung von Todes wegen. Jedoch ist für solche Beschränkungen eine Zustimmung des Gerichts zu der „beschränkenden" Verfügung von Todes wegen dann erforderlich, wenn für ein lebzeitiges Rechtsgeschäft gleichen Inhalts die Genehmigung nach dem GrdstVG erforderlich wäre (§16 1 2 HöfeO; Beispiel: ein für den Hof verkraftbares — sonst „Ausschluss" der Erbfolge kraft Höferechts nach § 16 I 1 HöfeO - Grundstücksvermächtnis aus dem Hof).

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Universalsukzession

eine Hofaufhebungserklärung gem. § 1 I V H ö f e O umgedeutet werden kann. Meist wird eingewandt, der Erblasser, der die Hofeigenschaft beibehalte, müsse die sich aus der H ö f e O ergebende Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten in K a u f nehmen. E r k ö n n e nicht zugleich den Bestandsschutz des H ö f e rechts für seine Besitzung und die Freiheit zu ihrer beliebigen Zerschlagung im Erbgang beanspruchen. Dieser Gedankengang ist alles andere als einleuchtend. D e n n der „ B e s t a n d s s c h u t z " qua H ö f e r e c h t ist doch nur und gerade ein solcher für den Erbgang; will der Erblasser ihn nicht, verhält er sich nicht widersprüchlich, selbst nicht im Verhältnis zu seinem Nachfolger, dem es ja auch freistünde, ihn, den Bestandsschutz, durch Verfügung von Todes wegen zu durchbrechen. Dass der G e s e t z g e b e r die Verbindung der eben beschriebenen agrarpolitischen Zielsetzung mit dem A n e r b e n r e c h t selbst nicht als zwingend betrachtet, zeigt sich an zwei weiteren B e o b a c h t u n g e n : Zunächst natürlich daran, dass dann, wenn das H ö f e r e c h t wirklich für eine gesunde Agrarstruktur unabdingbar wäre, es - wie zeitweilig erwogen 3 6 4 - bundesweit hätte eingeführt werden müssen. Z u m anderen aber daran, dass das H ö f e r e c h t im Laufe der Zeit, eingeleitet durch eine verfehlte Rechtsprechung des B G H und durch die R e f o r m von 1976 gesetzlich sanktioniert, immer mehr, quasi unter der H a n d , zu einem Instrument des Vertrauensschutzes für den „ f o r m l o s " bestimmten „ H o f e r b e n " geworden ist. H a t der E i g e n t ü m e r die Bewirtschaftung des H o f e s auf D a u e r einem (hoferbenberechtigten) A b k ö m m l i n g übertragen, so ist, solange dieser den H o f bewirtschaftet, eine v o m E i g e n t ü m e r nach Übertragung der Bewirtschaftung v o r g e n o m m e n e B e s t i m m u n g eines anderen zum H o f e r b e n insoweit unwirksam, als durch sie der H o f e r b e n b e r e c h t i g t e von der H o f e r b f o l g e ausgeschlossen würde (§ 7 I I 1 H ö f e O ) . Das G l e i c h e gilt, w e n n der E i g e n t ü m e r durch A r t und U m f a n g der Beschäftigung eines (hoferbenberechtigten) A b k ö m m lings auf dem H o f hat erkennen lassen, dass dieser den H o f übernehmen soll (§ 7 I I 2 H ö f e O ) 3 6 5 . E r b f o l g e ist j e d o c h nicht das geeignete Mittel, um nicht genügend entlohnte A r b e i t abzugelten: H i e r mögen § § 6 1 1 , 1967 B G B , § 2 0 5 7 a B G B und die Sozialversicherung für L a n d w i r t e helfen 3 6 6 . H i n z u k o m m t , dass das erbrechtliche F o r m e n r e g i m e desavouiert und eine erbvertragsähnliche B i n dung ohne entsprechende Willenserklärungen a n g e n o m m e n und damit der

Faßbender, DNotZ 1976, 393. Einschränkungen: § 7 II 1, 2 HöfeO gilt nicht für Rechtsgeschäfte unter Lebenden (§ 7 II 3 HöfeO; § 7 II 3 HöfeO gilt wegen seiner höferechtlichen Doppelnatur - Rechtsgeschäft unter Lebenden und erbvertragsähnliche Verfügung - [§§7 I 1, 17 HöfeO] nicht für den im Wege vorweggenommener Erbfolge geschlossenen Hofübergabevertrag). Ein vor Eintritt des Vertrauenstatbestandes errichtetes Testament bleibt voll wirksam (h.M.). Der Hofeigentümer darf § 7 II 1,2 HöfeO gegenstandslos machen, indem er den Hofvermerk löschen lässt {BGH, AgrarR 1987, 350; bis zu dieser Entscheidung heftig umstr.). Vgl. zum ganzen Problemkomplex Sachs, Die bindende formlose Hoferbenbestimmung, 1991. 366 Windel (Fn. 5), 318; Sachs (Fn. 365), 93 ff. 364

365

V. Rechtspolitische

Bewertung

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Grundsatz der Privatautonomie verletzt wird 3 6 7 - und dies alles, wie gesagt, nicht um das öffentliche Interesse an einer gesunden Agrarstruktur zu fördern, sondern um formlos genährte Erberwartungen zu befriedigen. Zur Erreichung dieses Ziels aber ist die Zurücksetzung des weichenden Erben und die Einschränkung der Testierfreiheit nicht zu legitimieren. Auch das höferechtliche Intestaterbrecht hat seine Legitimationsbasis verloren, wenn es denn je eine besessen haben sollte. D a s gilt sowohl für das Einerbenprinzip (§ 4 H ö f e O ) wie für die gesetzliche Berufungsfolge (§ 6 H ö f e O ) . Bei einem H o f wäre die Behauptung, er könne schon aus rechtlichen Gründen unter keinen Umständen einer Miterbengemeinschaft zustehen, von vornherein verfehlt (vgl. §§ 2049 B G B , 13 ff. GrdstVG). Es überzeugt auch nicht, wenn teilweise behauptet wird 3 6 8 , ein H o f solle einer Erbengemeinschaft möglichst nur vorübergehend zustehen, und daher sei die Sondererbfolge die glatteste Lösung, glatter als ein Übernahmerecht eines der Miterben oder ein Zuweisungsverfahren nach den §§ 13 ff. G r d s t V G . Es sei aus haftungsrechtlichen Gründen problematisch, wenn ein Hof als werbende Vermögenseinheit einer Miterbengemeinschaft zustehe, wodurch sich die wirtschaftliche Lage des H o fes verschlechtern und den Nachlassgläubigern Haftungsvermögen entzogen werden könne. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Höferecht 3 6 9 keine Obergrenze für die Größe eines Hofes kennt und es daher nicht zwingend ist, dass der H o f nur einer Bauern-(Abkömmlings-)familie zu dienen geeignet wäre. Ferner und vor allem aber ist es eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung, dass eine Mehrheit von Eigentümern schlechter wirtschaftet als ein Eigentümer allein. Zudem fördert Teilung die Auflösung landwirtschaftlicher Betriebe und diese ihrerseits die Aufstockung der anderen landwirtschaftlichen Betriebe und damit die (angeblich) wünschenswerte Konzentration des Bodens in leistungsfähigen Einheiten. Auch die gesetzliche Anerbenfolge vermag nicht mehr zu überzeugen 3 7 0 . Mit der gesetzlichen Anerbenfolge aber und damit der Bestimmung der Person des Anerben steht und fällt die landwirtschaftliche Sondererbfolge. Zum einen lässt sich feststellen, dass die in der Reform 1976 geänderte Anerbenfolge des § 6 H ö f e O nicht (bzw. nicht mehr) strikt auf das angeblich die H ö f e O insgesamt legitimierende agrarpolitische Ziel der Erhaltung überlebensfähiger Betriebseinheiten ausgerichtet ist, weil sie vom bäuerlichen Brauchtum abgelöst und primär faktische Erberwartungen zu schützen bestrebt ist (vgl. v.a. § 6 I Nr. 1 367 368

lehnt.

Sachs (Fn. 365), 83 ff. Windel (Fn. 5), 148 f., der die Sondererbfolge dann aber doch aus anderen Gründen ab-

Anders das frühere Reichserbhofrecht. Dazu überzeugend Windel (Fn. 5), 315-323, der die Wirtschaftsfähigkeit zum allein entscheidenden positiven Auswahlkriterium erheben will und dafür ein gerichtliches Zuweisungsverfahren als sachgerecht betrachtet. 369 370

112

§ 1

Universalsukzession

und Nr. 2 H ö f e O ) und die Wirtschaftsfähigkeit lediglich z u m negativen (Ausschluss-)Kriterium der gesetzlichen Anerbenfolge macht. Z u m Zweiten lässt sich heute weniger denn je der geeignete A n e r b e n f o l g e r (für einen je konkreten H o f , und dazu auch n o c h k o n k r e t auf den Zeitpunkt des Erbfalls) durch eine generelle gesetzliche R a n g o r d n u n g festlegen; B r a u c h t u m , Sitte, G e w o h n h e i t verblassen i m m e r mehr; die rechtlichen und ö k o n o m i s c h e n R a h m e n b e d i n g u n gen ändern sich auch im Bereich der Landwirtschaft i m m e r schneller. Insgesamt kann man festhalten, dass man auch die H ö f e des Anerbenrechts dem Zuweisungsverfahren der § § 1 3 ff. G r d s t V G unterstellen sollte 3 7 1 , das de lege ferenda jedenfalls solange zu billigen ist, als man für lebzeitige R e c h t s g e schäfte an den Regeln der §§ 1 ff. G r d s t V G festhält. Rechtspolitisch zweifelhaft sind mittlerweile übrigens auch die B G B - R e g e l u n g e n der §§ 1376 IV, 1515 I I , III, 2049, 2312372. c)

Personengesellschaftsanteil

Bei der einfachen Nachfolgeklausel führt die ipso-iure-Teilung unter mehreren E r b e n vorsehende Rechtsprechung nicht zu einer echten A u s n a h m e v o m Prinzip der Universalsukzession 3 7 3 . D a h e r mag, dass die Prämisse der R e c h t s p r e chung von der Untauglichkeit der Erbengemeinschaft zur Rechtsinhaberschaft am Personengesellschaftsanteil absolut unhaltbar ist, hier auf sich beruhen. D e lege ferenda sollte - auch und gerade, falls man sich zur Beibehaltung des G e samthandscharakters der Erbengemeinschaft entschließt - der Anteil an der werbenden Personengesellschaft der Erbengemeinschaft zugewiesen werden. Zu einer echten A u s n a h m e v o m Prinzip der Universalsukzession k o m m t es jedoch bei der qualifizierten (erbrechtlichen) Nachfolgeklausel, sobald durch sie bewirkt wird, dass nur einer oder einige von mehreren E r b e n in den P e r s o nengesellschaftsanteil nachrücken. Freilich hat diese A u s n a h m e keine so gravierenden A u s w i r k u n g e n wie im H ö f e r e c h t : E s ergibt sich keine materielle (wertmäßige)

Benachteiligung

der

„weichenden"

Erben. Eine

zwingende

Einzelerbfolge ist nicht vorgesehen; denn der Gesellschaftsvertrag braucht keine Qualifizierung der Nachfolgeklausel zu enthalten, und wenn er sie enthält, k ö n n e n ihre Kriterien ohne weiteres auch zur N a c h f o l g e mehrerer E r b e n führ e n 3 7 4 . E i n e E i n s c h r ä n k u n g der Testierfreiheit liegt zwar vor, freilich wiegt sie Das übrigens nur bei gesetzlicher Erbfolge eingreift. Vgl. auch § 16 I GrdstVG und Art. 137 EGBGB (Letzterer zur Weitergeltung der landesrechtlichen Vorschriften über Grundsätze, nach denen der Ertragswert eines Landguts festzustellen ist). Zu § 1376 IV BGB vgl. jetzt v.a. BVerfG, NJW 1989, 3211: Es verstößt gegen Art. 3 I i.V.m. Art. 6 I GG, den Zugewinnausgleich gem. § 1376 IV BGB auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens durchzuführen, wenn nicht damit gerechnet werden kann, dass der Eigentümer oder ein Abkömmling den landwirtschaftlichen Betrieb weiterführen oder wieder aufnehmen wird, sondern allenfalls ein entfernterer Verwandter. 373 S.o. § 1 II 6 c), S. 49 f. und § 1 IV 1 b), S. 60. 374 Beispiel: Die Klausel lautet „Der Anteil kann nur vererbt werden an Personen, die in 371

372

V. Rechtspolitische

Bewertung

113

materiell nicht so schwer wie im A n e r b e n r e c h t , da der Erblasser, wenn auch nicht durch Verfügung von Todes wegen, der qualifizierten Nachfolgeklausel zugestimmt hat. G l e i c h w o h l ist auch die Rechtsprechung zur qualifizierten Nachfolgeklausel de lege ferenda abzulehnen, und zwar selbst dann, wenn man die R e c h t s p r e chung zur einfachen Nachfolgeklausel billigen würde. E s gibt im Wesentlichen drei Versuche zu ihrer Legitimation. D e r erste argumentiert s o 3 7 5 : Wenn der Gesellschaftsanteil grundsätzlich (nach der gesetzlichen Dispositivregelung) unvererblich sei, aber durch Gesellschaftsvertrag „vererblich gestellt" werden könne, müssten die Gesellschafter auch die R e c h t s m a c h t haben, abweichend v o m allgemeinen E r b r e c h t eine Sondererbfolge gesellschaftsvertraglich anzuordnen. D i e s e Begründung überzeugt nicht. Ihre Prämisse stimmt zumindest für den Kommanditanteil offenkundig nicht (§ 177 H G B ) . A u c h sonst ist fraglich, o b wirklich der Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit begründet oder o b nicht die dies annehmende herrschende M e i n u n g hier die Frage, o b der Anteil vererbt wird, mit der ganz anderen verwechselt, was für ein Anteil (der an einer werbenden Gesellschaft oder der 3 7 6 an einer Liquidationsgesellschaft) vererbt w i r d 3 7 7 . A b e r selbst wenn es eine erst durch den Gesellschaftsvertrag bewirkte „Vererblichstellung" des Anteils gibt, stünde das Prinzip der Universalsukzession nicht zur D i s p o s i t i o n der Gesellschafter bzw. des Erblassers 3 7 8 . Wer die Vererbung will, muss die gesetzlichen Grundsätze der Vererbung w o l l e n 3 7 9 . Wenn die Gesellschafter die Vererbung wollen, aber sie es nicht wollen, dass alle Personen taugliche E r b e n sein k ö n n e n , bzw. der Erblasser es nicht will, dass nur die (nach dem Vertrag) tauglichen Personen E r b e n werden, k ö n n t e man ja auch das Vererbungsprojekt insgesamt als gescheitert ansehen. A b e r selbst w e r auch dies anders sähe, müsste d o c h zumindest für die E i n s c h r ä n k u n g erbrechtlicher Prinzipien die Einhaltung erbrechtlicher F o r m e n verlangen 3 8 0 . Weiter ist zu

der Branche der Gesellschaft ausgebildet sind" und mehrere der vom Erblasser eingesetzten Erben erfüllen diese Voraussetzung. 375 Rüthers, AcP 168 (1968), 263 (276 ff.); vgl. auch Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970, 455 f.; H.P. Westermann, JuS 1979, 761 (766 f.); Marotzke, AcP 184(1984), 541 (551). 3 7 6 Auch nach h.M. auf jeden Fall nach normalen Prinzipien vererbbare. 3 7 7 So Marotzke, AcP 184 (1984), 541 (543 ff.); ihm folgend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, § 45 V 3 (S. 1333 f.); Siegmann, Personengesellschaftsanteil und Erbrecht, 1992, 33 ff. 3 7 8 Zu Recht auch Windel (Fn. 5), 151 (vgl. auch ebd., 122 ff.). Sonst müssten ja auch umgekehrt die Gesellschafter bei der einfachen Nachfolgeklausel entgegen der Rechtsprechung den Ubergang des Anteils auf die Erbengemeinschaft anordnen können. 3 7 9 Dieser Satz darf in seiner Struktur nicht gleichgesetzt werden mit dem o. unter b) kritisierten „Wer das Anerbenrecht will, muss auch die Einschränkung seiner Testierfreiheit wollen". 3 8 0 Kein möglicher Einwand wäre dagegen wohl, die Entscheidung über die Abweichung von erbrechtlichen Prinzipien gerade vom Erblasser und von ihm allein zu verlangen.

114

§1

Universalsukzession

fragen, o b denn die Gesellschafter mit der A n o r d n u n g einer qualifizierten Nachfolgeklausel wirklich z u m A u s d r u c k bringen, dass sie eine Sondererbfolge wollen. D i e s e Sondererbfolge wollen in Wahrheit nicht die Gesellschafter, s o n dern die Gerichte. D i e Gesellschafter würden sich mit jeder anderen f u n k tionsadäquaten konstruktiven L ö s u n g zufrieden geben. U n d dass es solche L ö sungen gibt, sollte nicht zweifelhaft sein. D e r zweite Versuch zur Rechtfertigung der Sondererbfolge in den Gesellschaftsanteil b e t o n t den personalen C h a r a k t e r der

gesellschaftsrechtlichen

Sondererbfolge: Wenn die Gesellschafter frei darüber entscheiden k ö n n e n , mit w e m sie sich zu einer Gesellschaft zusammentun, wenn sie sich also ihre Mitgesellschafter frei aussuchen k ö n n e n , müssten sie auch Einzelne als N a c h f o l g e r von Todes wegen ausschließen bzw. zulassen k ö n n e n 3 8 1 . A u c h diese B e g r ü n dung ist alles andere als überzeugend. D a s sicherlich gerechtfertigte Ziel, E i n fluss auf die Gesellschaftspartner zu haben, kann auf anderem Wege als dem einer Sondererbfolge erreicht w e r d e n 3 8 2 : Lässt man die Erbengemeinschaft als Personalgesellschafterin zu, so k ö n n t e man für den Fall einer qualifizierten Nachfolgeklausel eine gesetzliche Teilungsanordnung vorsehen; zudem wären die Mitglieder der Erbengemeinschaft qua Gesellschaftsvertrag auch den M i t gesellschaftern gegenüber zur Ü b e r t r a g u n g des Anteils auf den klauselgekorenen N a c h f o l g e r verpflichtet. Billigt man die Rechtsprechung, dass eine E r b e n gemeinschaft nicht Gesellschafterin einer Personalgesellschaft sein kann, wären die in der qualifizierten Nachfolgeklausel nicht zugelassenen E r b e n aus den gleichen G r ü n d e n zur Ü b e r t r a g u n g ihrer Anteile verpflichtet. M a n beachte auch, dass der Gesellschaftsanteil, was das Interesse von Mitberechtigten an der Person der N a c h f o l g e r angeht, keineswegs alleine dasteht: A u c h der Bruchteilsmiteigentümer oder, allgemeiner gesprochen, jeder Bruchteilsberechtigte hat in der Regel ein Interesse an der Person seines Mitberechtigten, vor allem dann, wenn die Bruchteilsgemeinschaft nicht durch Gesetz, sondern durch R e c h t s g e schäft entsteht. G l e i c h w o h l kann eine A b r e d e unter den Bruchteilsberechtigten nicht Sondererbfolge in das jeweilige Bruchteilsrecht begründen. M i t dem dritten Rechtfertigungsversuch steht es nicht besser als mit den beiden ersten:

Qualifizierte Nachfolgeklauseln

und die durch sie

bewirkte

Sondererbfolge seien zulässig, weil in einem Gesellschaftsvertrag allgemein, d.h. auch für Rechtsgeschäfte unter L e b e n d e n , die M ö g l i c h k e i t der Ü b e r t r a gung und insbesondere Aufteilung v o n Gesellschaftsanteilen geregelt werden k ö n n e 3 8 3 und, so muss für die rechtspolitische Argumentation ergänzt werden, 381 Münch Komm/Ulmer, BGB, 3. Aufl. 1997, § 727 Rn. 22, 28; H.P. Westermann, JuS 1979, 761 (766); Huber (Fn. 375), 456 f. 382 Ebenso Windel (Fn. 5), 151 f. 383 So Windel (Fn. 5), 150, (mit Unsicherheiten auf S. 152 unter bb) in Ubereinstimmung mit seiner Grundthese von der „objektiv-vermögensrechtlichen Vorstrukturierung" (dazu schon o. Fn. 324).

V. Rechtspolitische

Bewertung

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eine Einschränkung der lebzeitigen Verfügungsfreiheit nicht sinnvoll wäre. Das lebzeitige Verfügungsrecht soll auch über das erbrechtliche entscheiden. Dieser Ansatz steht zunächst im Widerspruch zum Grundsatz, dass die Schranken der Singularsukzession nicht auch für die Universalsukzession gelten 3 8 4 . Sehr oft wollen die Beteiligten übrigens, rein faktisch betrachtet, nicht, dass die Schranken für Singularsukzession auch für den Erbfall gelten, weil sie wissen, dass der Erblasser einen Nachfolger finden muss und oft Schwierigkeiten dabei hat. Sollen die Schranken der Singularsukzession nach dem Willen der Beteiligten aber auch für die erbrechtliche Nachfolge gelten, dann kann dies eben nur dann Erfolg haben, wenn die Schranken in einer mit den Prinzipien des Erbrechts konformen Weise ausgestaltet sind. In der Regel werden sich die Gesellschafter also in diesem Fall zwischen dem Scheitern der Vererbung insgesamt und einer mit den Prinzipien des Erbrechts konformen funktionsadäquaten Ersatzkonstruktion entscheiden müssen. Denn auch hier gilt der Satz, dass wer die Vererbung des Anteils will, auch die gesetzlichen Erbrechtsprinzipien wollen muss. Gegen die heute praktizierte Sondererbfolge spricht rechtspolitisch ferner, dass sie das Zug-um-Zug-Verhältnis zwischen Übertragung der Alleinnachfolgestellung und Zahlung eines Ausgleichs zu Lasten der „weichenden" Erben beseitigt und die Regelung der Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten, weil die Regelung der Nachfolge vom Prinzip abweicht, verkompliziert. Wegen des ersteren Einwands sollte die lege ferenda einzuführende Regelung nicht wieder zur Lösung von B G H Z 2 2 , 1 8 6 (193 ff.) zurückkehren - wonach bei der qualifizierten Nachfolgeklausel der Anteil von vornherein nur mit jenem Teil vererbt wurde, der der Q u o t e des Nachfolger-Erben entsprach, und die Mitgesellschafter verpflichtet waren, den Restanteil durch Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Alleinnachfolger zu übertragen - , zumal diese Lösung nur geringfügig weniger als die heutige vom Prinzip der Universalsukzession abweicht. Vielmehr hätte man zu wählen zwischen dem Ubergang des Anteils auf die Erbengemeinschaft, verbunden mit einer an die qualifizierte Nachfolgeklausel anknüpfenden gesetzlichen Teilungsanordnung, (vorzugswürdig) und dem quotalen Einzelübergang auf alle Miterben, verbunden mit einer an die qualifizierte Nachfolgeklausel anknüpfenden gesetzlichen Anteilsübertragungsauflage zu Lasten der nicht „qualifizierten" Erben.

384

S.o. § 1 II 3 c), S. 32 f.

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Universalsukzession

6. § 2301 BGB und die Abgrenzung zwischen lebzeitigen Rechtsgeschäften und erbrechtlichen Verfügungen a) Ausgangslage U m den Z w e c k zu verstehen, den der G e s e t z g e b e r bei der Schaffung v o n § 2301 B G B verfolgt hat, muss man die Schenkung auf den Todesfall des r ö m i s c h - g e meinen R e c h t s (mortis causa donatio) k e n n e n 3 8 5 . D i e mortis causa donatio war eine Schenkung unter L e b e n d e n , deren rechtlicher Bestand nach dem Willen des Schenkers davon abhängig sein sollte, dass er den B e s c h e n k t e n nicht überlebte, m o c h t e nun die Schenkung (unbedingt oder - aufschiebend oder auflösend - bedingt) bereits vollzogen oder der Vollzug erst für den T o d des Schenkers versprochen sein. D i e mortis causa donatio k o n n t e entweder als Geschäft für den künftigen (noch nicht absehbaren) T o d des Schenkers oder in einer b e stimmten Lebensgefahr des Schenkers v o r g e n o m m e n werden; sie wurde kraftlos, wenn der B e s c h e n k t e vor dem Schenker starb und bei Lebensgefahrschenkung auch, wenn der S c h e n k e r der Lebensgefahr entgangen war. Sie k o n n t e trotz ihrer Vertragsmäßigkeit v o m S c h e n k e r in der Regel jederzeit widerrufen werden. D e r Abschluss des Schenkungsvertrages geschah grundsätzlich in gleicher Weise wie jede andere Schenkung auch; nur bedurfte es, anders als bei anderen Schenkungen, auch dann keiner Vornahme des Geschäfts vor G e r i c h t ( „ I n s i n u a t i o n " ) , wenn der Wert der Schenkung 500 Solidi ( 4 6 6 6 , 6 7 M a r k ) überstieg, solange nur der Schenkungswille in der für die Errichtung von Vermächtnissen erforderlichen F o r m erklärt wurde ( K o d i z i l l ) 3 8 6 . Z w a r wurde die aus der mortis causa donatio (bei U b e r l e b e n des B e s c h e n k t e n und nicht erfolgtem W i derruf des Erblassers) entstehende Verpflichtung als eine schon in der Person des Erblassers entstandene und nicht als Z u w e n d u n g aus dem Nachlass, nicht als eine erst in der Person des E r b e n entstehende O n e r i e r u n g gedacht, sodass ihre Entstehung v o n der Antretung der E r b s c h a f t durch den E r b e n unabhängig war und durch A n f e c h t u n g des Testamentes nicht dahinfiel. J e d o c h waren zahlreiche Regeln des Vermächtnisrechts auf die mortis causa donatio entsprechend anwendbar; dies galt etwa für den A b z u g der Q u a r t a Falcidia durch den eingesetzten E r b e n , für die M ö g l i c h k e i t der B e s c h w e r u n g des B e s c h e n k t e n mit Vermächtnissen, für die Erwerbsfähigkeit des B e s c h e n k t e n , für das Verhältnis zu den Gläubigern des Schenkers, für das N o t e r b e n - und Pflichtteilsrecht, für die Vermächtnisunwürdigkeit.

3 8 5 Zu ihr etwa Arndts, Lehrbuch der Pandekten, 9. Aufl. 1877, §§ 589 f. (S. 928 ff.); Sohm/ Mitteis/Wenger (Fn. 160), 228, 638; Strohal (Fn. 29), § 45 III (S. 378); Simonius, Donatio mortis causa, 1958. 386 Im gemeinen Recht des 19. Jahrhunderts war str., ob Justinian die Kodizillarform als allgemeine und ausschließliche für alle Schenkungen auf den Todesfall eingeführt hatte; zum Streitstand Arndts (Fn. 385), § 589 (S. 929 Anm. 4); die h.M. verneinte die Frage.

V. Rechtspolitische Bewertung

117

Da es sich bei der mortis causa donatio, wie man leicht sieht, um ein lebzeitig-erbrechtliches Mischinstitut handelte (angesiedelt zwischen dem rein lebzeitigen Schenkungsvertrag und dem Vermächtnis-Erbvertrag), das teilweise den Regeln über Rechtsgeschäfte unter Lebenden und teilweise dem Erbrecht (Vermächtnisrecht) unterlag, und da außerdem zahlreiche Einzelfragen stark umstritten waren, versuchte das B G B Einfachheit, Klarheit und Eindeutigkeit in die Regelung der entsprechenden Sachverhalte zu bringen. Der B G B Gesetzgeber schaffte die mortis causa donatio als eigenständiges (Misch-)Institut ab und führte die Kategorie des lebzeitigen „Vollzugs" (§ 2301 II B G B ) als Abgrenzungskriterium für ein scharfes Entweder-Oder zwischen Verfügung von Todes wegen (§ 2301 I B G B ) und rein lebzeitigem Rechtsgeschäft (Schenkung nach § § 5 1 6 ff. B G B ) ein 3 8 7 . Den zweiten Fall des römischen Rechts, die Lebensgefahrschenkung, ließ das B G B ungeregelt 3 8 8 . Folgende Punkte fallen an der Entstehungsgeschichte des § 2 3 0 1 B G B auf, die alle zugleich de lege ferenda Kritik an der N o r m erlauben: (1) § 2301 B G B h a t - w e g e n der Fokussierung des Gesetzgebers auf die Abschaffung der mortis causa donatio - nur einen relativ engen Gegenstandsbereich im Auge. Es werden bei weitem nicht alle auf den Todesfall aufgeschobenen lebzeitigen Zuwendungen erfasst. Das gilt zunächst und vor allem für bloß auf den Tod befristete, nicht unter Uberlebensbedingung gestellte Zuwendungen; ferner für bloß objektiv unentgeltliche Zuwendungen ohne (erfolgte oder intendierte) Einigung über die Unentgeltlichkeit; gilt für unentgeltliche Zuwendungen auf den Todesfall, die anderen Vertragstypen als der Schenkung zuzuordnen sind (Leihe, Auftrag, unverzinsliches Darlehen etc.); gilt für teilunentgeltliche Zuwendungen; gilt für vollentgeltliche lebzeitige Zuwendungen (am vollen Verkehrswert orientierte Übernahmerechte); gilt für Rechtsgeschäfte jenseits der Kategorien entgeltlich/unentgeltlich (postmortale Vollmacht). (2) § 2 3 0 1 B G B hat nur einen relativ engen Bereich von Geschäftserrichtungstypen im Auge, und zwar, wie durch das historische Problem der mortis causa donatio vorgegeben, im Grunde nur den noch zu Lebzeiten des Erblassers mit dem Beschenkten geschlossenen Schenkungsvertrag. Darüber vermag das Abstellen auf das „Schenkungsversprechen" in § 2301 I B G B nicht zu täuschen, denn schon in § 2301 II B G B ist von der „Schenkung" und damit dem (tatbestandlich bereits perfekten) Schenkungsvertrag die Rede. Gewiss haben Rechtsprechung und Lehre die 3 8 7 Vorläufer in der Anordnung einer klaren Trennung waren das preußische A L R (I, 11, §§ 1134 ff.; I, 12, §§335, 607, 620) und das Sächsische B G B von 1865 (§§2500-2502, 2542). Das Unterscheidungskriterium zwischen lebzeitiger Schenkung und Erbrecht war für das A L R die „Widerrufbarkeit", für das Sächsische B G B dagegen ebenfalls schon der lebzeitige Vollzug. 388 Motive, V, 351 gehen von der Unwirksamkeit der Schenkung aus, wenn der Schenker die Gefahr übersteht; zustimmend Planck/Greiff, B G B , 4. Aufl. 1930, §2301 Rn. 1; Langen (Fn. 124), 141.

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Universalsukzession

Norm mittlerweile in dieser Hinsicht ausgedehnt. Aber letztendlich lässt sich der historische Ausgangspunkt eben doch nicht verleugnen. Vor allem planmäßig auf den Tod hinausgeschobene Zuwendungen durch den Einsatz von Mittelspersonen, ohne dass die „Bedachten" zu Lebzeiten des Erblassers von ihrem Glück erfahren, sind daher, jedenfalls wenn man auf das Vorstellungsfeld des historischen Gesetzgebers abstellt, durch § 2301 B G B eigentlich nicht geregelt; weil das B G B das Verhältnis von § 2301 B G B einerseits und §§ 130 II, 153 B G B nicht eigens anspricht, ist der Streit darüber bis heute nicht verstummt. Dasselbe gilt für andere nicht vermögensbezogene „zurückgehaltene" Rechtsgeschäfte, etwa die Erteilung einer Wahrnehmungsbefugnis für das postmortale Persönlichkeitsrecht, die dem Wahrnehmungsberechtigten erst nach dem Tod zugehen soll. (3) Im gemeinen Recht galten für (größere) Schenkungen strengere Formpflichten als für das Vermächtnis. Die beiden BGB-Kommissionen, die nur die öffentliche Verfügung von Todes wegen zulassen wollten und für das Schenkungsversprechen die generelle notarielle Beurkundung nach §518 I B G B mit Heilungsmöglichkeit nach §518 II B G B einführten, mussten in § 2301 I B G B vor allem eine Verschärfung der Formanforderungen (zugunsten des erbrechtlichen Formenregimes) sehen. Als der Reichstag dann in letzter Minute das eigenhändige Testament zuließ, wurden die Formanforderungen, was ihre Strenge angeht, im Grunde umgekehrt 389 . Das führt zu einer in § 2301 B G B selbst angelegten Widersprüchlichkeit, infolge deren manche Zuwendungen auf den Todesfall nur deshalb wirksam sind, weil sie dem § 2301 B G B und damit dem Erbrecht unterfallen. (4) Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Vollzugskriteriums (§2301 II B G B ) einen verworrenen Knoten durchhauen wollen. Er hat aber nicht bedacht, ob und inwiefern die strikte Fernhaltung bereits vollzogener (und dennoch unter Uberlebensbedingung stehender) Schenkungszuwendungen von erbrechtlichen Wertungen wirklich gerechtfertigt ist, vor allem im Vergleich zu den durch Verfügung von Todes wegen gemachten Zuwendungen (Gleichbehandlungsargument) 3 9 0 . (5) Ein entscheidender Punkt besteht darin, dass der Gesetzgeber mit § 2301 B G B nicht nur keine gegenständlich umfassende Abgrenzung von Rechtsgeschäften unter Lebenden und Rechtsgeschäften von Todes wegen vorgenommen hat, sondern dass ihm eine solche Abgrenzung selbst für den engen von § 2301 B G B erfassten Gegenstandsbereich schon qualitativ nicht gelungen ist. Denn die Norm erweckt den Eindruck und hat auch die noch heute herrschende Meinung entsprechend beeinflusst, dass eigentlich der Erblasser frei wählen kann, ob er für eine auf den Todesfall aufgeschobene Zuwendung ein Rechtsgeschäft unter Lebenden vornimmt oder ob er dafür eine Verfügung von Todes wegen errichtet, und dass nur für eine bestimmte (dazu noch relativ enge) Fallgruppe (§ 2301 I-Fälle ohne 389 Ähnlich Lange/Kuchinke (Fn.29), §33 I 6 b) (S. 745); Langen, ZMR 1986, 150 (152); Windel (Fn. 5), 334 f. 390 Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 33 I 2 (S. 742).

V. Rechtspolitische

Bewertung

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Vollzug) das Gesetz ausnahmsweise (Form- oder sonstige erbrechtlich bedingte) Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts unter Lebenden und „Umdeutung" in eine Verfügung von Todes wegen anordnet 391 . b) Rechtspolitische

Vorschläge

Gerade die Tatsache, dass § 2301 B G B von dem Grundsatz ausgeht, der Erblasser vermöge für die Erreichung seiner Ziele zwischen Rechtsgeschäften unter Lebenden und Verfügungen von Todes wegen frei zu wählen, ist der größte Fehler des gegenwärtigen Rechts. Die erste rechtspolitische Forderung muss daher die nach einer durch das Gesetz selbst vorzunehmenden materialen Abgrenzung von lebzeitigem Vermögensrecht und Erbrecht sein. Die Abgrenzungsnorm muss auch hier dem allgemeinen Satz Geltung verschaffen, dass für ein Geschäft, mit dem die Beteiligten bestimmte Rechtsfolgen erstreben, dem sie aber eine andere als die gesetzliche Typenbezeichnung geben, grundsätzlich diejenigen Rechtsnormen Anwendung finden, die für den „richtigen" Typus gelten 392 . Würde nach der Abgrenzungsnorm material eine Verfügung von Todes wegen vorliegen, wäre aber im konkreten Fall ein Rechtsgeschäft in den Formen des lebzeitigen Vermögensrechts abgeschlossen, dann ginge es nicht um die mögliche Umdeutung eines ausnahmsweise unwirksamen Rechtsgeschäfts unter Lebenden in eine Verfügung von Todes wegen, sondern von vornherein um die Frage, ob die Errichtungsvoraussetzungen einer Verfügung von Todes wegen erfüllt sind. Die zweite rechtspolitische Aufgabe liegt darin, das richtige materiale Abgrenzungskriterium zu finden. In der Vergangenheit sind dazu, nicht zuletzt auch, ja überwiegend für Interpretationszwecke innerhalb der lex lata, verschiedene Vorschläge unterbreitet worden: Einige sehen das Hauptkennzeichen der Verfügung von Todes wegen in den spezifisch erbrechtlichen Formen 393 ; andere in der Unverbindlichkeit und Wirkungslosigkeit zu Lebzeiten des Erblassers, darin, dass durch ein Geschäft nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers Rechte und Pflichten begründet werden sollen 394 oder Rechte und Pflichten objektiv begründet werden 395 ; andere in ihrem Gegenstandsbezug (Nachlassbetroffenheit statt Vermögensbetroffenheit) 396 ; andere in der (stillschweigenden oder 391 392

401.

So zutreffend Windel (Fn. 5), 334 ff. So zutreffend (freilich mit sehr weitgehenden Folgerungen de lege lata) Windel (Fn. 5),

3 9 3 Z.B. MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1937 Rn. 4 f.: man könne die Verfügung von Todes wegen nicht allein vom sachlichen Inhalt her definieren; Endemann (Fn. 124), §32 III (S. 238). 394 BGHZ 31, 13 (20); BGH, N J W 1984, 46 (47); Härder, Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall, 1968, 100 ff.; Langen (Fn. 124), 11 f., 25, 61 ff.; L. Häsemeyer, Die Abhängigkeit erbrechtlicher Verträge von Verkehrsgeschäften, Diss. iur. Göttingen 1966, 119 f. 3 9 5 Es gibt eine objektive und eine subjektive Variante dieser Abgrenzungstheorie. 396 BGHZ 8,23 (33 f.); KGJ 41,162 (164 f.); OLG Stuttgart, J R 1949, 383 (384); Motive, V,

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§1

Universalsukzession

ausdrücklichen) U b e r l e b e n s b e d i n g u n g 3 9 7 ; andere darin, dass der Verfügende selbst n o c h nicht betroffen wird, n o c h kein eigenes O p f e r bringt, das Geschäft n o c h nicht vollzogen hat 3 9 8 . Wer die T e n d e n z verfolgt, möglichst nur die ganz klaren Fälle dem E r b r e c h t zuzuweisen, wird ein K o m b i n a t i o n s m o d e l l bevorzugen und die Erfüllung mehrerer Abgrenzungskriterien verlangen, etwa das Fehlen lebzeitiger Bindung, die Uberlebensbedingung und das Fehlen lebzeitigen Vollzugs. Wer möglichst „viel E r b r e c h t " anstrebt, wird sich auf ein einziges Abgrenzungskriterium, und dann vielleicht auch n o c h auf ein schwaches, b e schränken. E s ist das Verdienst der A r b e i t von W i n d e l 3 9 9 , unter K r i t i k der bisher vorgetragenen A b g r e n z u n g s m o d e l l e den entscheidenden Gesichtspunkt herausgearbeitet zu haben. Freilich beschäftigen sich seine Ausführungen mit der lex lata und deren vielfach verworrenen Rahmenbedingungen. D o c h ist der H a u p t g e danke o h n e weiteres auch rechtspolitisch brauchbar. Entscheidend ist danach, welche Rechtsfolgen die Parteien anstreben. „ O b ein Rechtsgeschäft als solches unter L e b e n d e n oder als Verfügung v o n Todes wegen zu qualifizieren ist, m u ß sich danach bestimmen, o b Rechtsfolgen gesetzt werden, die sich aus einer Verfügung von Todes wegen ergeben können. E r b r e c h t m u ß daher eingreifen, wenn die Beteiligten der Sache nach ein Vermächtnis anordnen oder eine E r b einsetzung v o r n e h m e n w o l l e n . " 4 0 0 Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist für Windel der zeitliche A u f s c h u b des Wirkungseintritts eines Rechtsgeschäfts auf den Todesfall 4 0 1 ; weder eine Uberlebensbedingung n o c h auch nur eine Befristung im echten technischen Sinne ist dafür erforderlich. E i n e E i n s c h r ä n k u n g wird man gegenüber Windel machen müssen, ja man führt mit ihr seinen Ansatz gewissermaßen nur k o n s e q u e n t durch: Wollen die Parteien lebzeitige schuldrechtliche B i n d u n g nach § 160 B G B und haben sie durch Abschluss eines w i r k samen Schuldvertrages alles Erforderliche dafür getan, so streben sie eine lebzeitige W i r k u n g an, und es kann keine Verfügung von Todes wegen vorliegen 4 0 2 . W i e steht es ferner, wenn ein Teil der intendierten dinglichen W i r k u n g 352; Kipp, FS Luitpold von Bayern, 1901, 107, 136 f.; Kegel (Fn.231), 39 f.; M. Reinicke, Die unmittelbaren Schenkungen von Todes wegen, Diss. iur. Münster 1979, 94 f.; Meincke, DStR 1981, 523 (528); Rauscher (Fn. 242), Bd. II/2, 273 f. 397 OLG Naumburg, LZ 1922, Sp. 81 f.; OGH Br.Z., MDR 1949, 282; Boehmer, RG-FG III, 1929, 216 (293 f.); Wieacker, FS Lehmann, Bd. 1, 1956, 271 (275 f.); Kegel (Fn. 231), 40. 398 Staudinger/Lehmann, BGB, 11. Aufl. 1954, vor §1937 Rn. 14; Olzen (Fn.263), 52; ¿ers., Jura 1987, 16 (20 ff.). 399 (Fn. 5), 335 ff. 400 Windel (Fn. 5), 340 f. 401 S. 345 ff. 402 Anders wohl Windel (Fn. 5), 337. Gegenüber den weitreichenden Folgerungen, die Windel aus seinem Ansatz für die lex lata zieht, ist Skepsis angebracht. Er definiert den „materialen" Begriff der Verfügung von Todes wegen unabhängig von §2301 BGB; fragt dann, inwieweit Rechtsgeschäfte unter Lebenden auf den Todesfall, die einerseits material Verfügungen von Todes wegen darstellen und andererseits vom Normtext des § 2301 BGB nicht erfasst

V. Rechtspolitische

Bewertung

121

bereits zu Lebzeiten des Erblassers eintritt (z.B. Begründung eines Anwartschaftsrechts an dem für die Zuwendung vorgesehenen Gegenstand)? Auch hier kann, selbst bei gesetzter Uberlebensbedingung, keine Verfügung von Todes wegen vorliegen. Durch das materiale Abgrenzungskriterium sind auch die Fälle mit Einsatz von Zuwendungsmittlern gelöst. Wird der Abschluss des intendierten Geschäfts planmäßig auf einen Zeitpunkt nach dem Erbfall verlegt, so liegt ohne Zweifel eine Verfügung von Todes wegen vor. Die §§ 130 II, 153 BGB sollten ausdrücklich auf die Fälle zufälligen Vorversterbens beschränkt werden. Das hätte auch zu gelten für bloß personenrechtlich relevante Erklärungen wie die oben angesprochene Erteilung einer Wahrnehmungsbefugnis für das postmortale Persönlichkeitsrecht, die dem Wahrnehmungsberechtigten erst nach dem Tod des Erblassers zugehen soll und für den in einem Testament erklärten (zwar vermögensrechtlich relevanten, aber nur zu einer Vermehrung des Nachlasses führenden) Widerruf einer lebzeitigen Schenkung wegen groben Undanks 4 0 3 . Liegt nach dem genannten materialen Abgrenzungskriterium eine Verfügung von Todes wegen vor, dann findet nicht nur die erbrechtliche Haftungsund Verteilungsordnung Anwendung, sondern auch das erbrechtliche Geschäftserrichtungsregime. Die dritte rechtspolitische Aufgabe besteht im richtigen Zuschnitt des Gegenstandsbereichs der vorzusehenden Abgrenzungsnorm. Richtig wird hier sein, alle (intendierten) unentgeltlichen Zuwendungen, nicht nur die Schenkungen im eigentlichen Sinne zu erfassen; teilunentgeltliche zumindest dann, wenn werden, den erbrechtlichen Vorschriften unterstellt werden können; versucht diese Frage auf der Grundlage der Geltung von numerus clausus und Typenzwang im Erbrecht sowie nach Maßgabe der objektiven Grenzen erbrechtlicher Formvorschriften zu beantworten (S. 396 ff.); kommt dabei schließlich zum Ergebnis, es sei in der geschilderten Konstellation (materiale Verfügung von Todes wegen, die nicht unter den Wortlaut von § 2301 BGB fällt) jedenfalls stets die erbrechtliche Haftungs- und Verteilungsordnung anzuwenden (S. 402); ob das auch f ü r die „Errichtungsvoraussetzungen" gelte, bestimme sich vor dem Hintergrund des §2301 BGB und danach, ob die Beteiligten auf Grund der Ausgestaltung des äußeren Systems des geltenden Privatrechts davon ausgehen konnten, eine Gestaltung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden sei zulässig (S. 403); Letzteres gelte etwa wegen § 332 BGB f ü r den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (eine materiale Verfügung von Todes wegen, auf die deshalb die erbrechtliche Haftungs- und Verteilungsordnung anzuwenden ist, aber, eben wegen der Existenz des § 332 BGB, nicht die erbrechtlichen Errichtungsvoraussetzungen) und wegen der §§ 130 II, 153 BGB auch f ü r die „steckengebliebenen" Schuldverträge. §2301 BGB hat nach Windel praktisch nur noch Bedeutung für die (erbrechtliche) Formpflicht und die sonstigen Errichtungsvoraussetzungen, da der unabhängig von §2301 BGB zu bestimmende materiale Charakter als Verfügung von Todes wegen über die Anwendung der erbrechtlichen Haftungs- und Verteilungsordnung entscheidet. Selbst wenn Windeis Theorie de lege lata zuträfe: de lege ferenda darf es jedenfalls nicht zu einer entsprechenden Diskrepanz zwischen erbrechtlichen Errichtungsvoraussetzungen auf der einen Seite und erbrechtlicher Haftungs- und Verteilungsordnung auf der anderen Seite kommen. 403 A.A. Windel (Fn. 5), 394 f.

122

§ 1

Universalsukzession

der Gegenstand des Geschäfts nicht teilbar ist 404 . Dagegen sollten vollentgeltliche Geschäfte ausgeschlossen und damit dem lebzeitigen Vermögensrecht vorbehalten bleiben.

7. Vertrag zugunsten Dritter auf den a)

Todesfall

Lösungsmodelle

Für die Behandlung des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall gibt es de lege ferenda im Grunde drei verschiedene Lösungsmodelle. Man kann es bei der bisherigen, durch Judikatur und herrschende Meinung geprägten Rechtslage belassen (Modell 1). Man kann zweitens die bisher schon de lege lata vertretene Theorie des formlosen Vermächtnisses mit Gesetzeskraft ausstatten ( M o d e l l 2). In diesem Modell würde der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als solcher beibehalten. Die Forderung des Destinatärs würde unmittelbar mit dem Erbfall anfallen und wäre für die nach dem Erbfall eintretenden Rechtsfolgen als (ausnahmsweise erlaubtes) Vindikationsvermächtnis zu behandeln (Haftung für Nachlassverbindlichkeiten, Berücksichtigung bei der Pflichtteilsberechnung, Ausschlagung nach § 2180 B G B , Anfechtung nach §§ 2078 ff. B G B , Vermächtnisunwürdigkeit gem. § 2345 I B G B etc.). Die Errichtung des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall würde dagegen grundsätzlich (von gegebenenfalls vorzusehenden Einzelausnahmen abgesehen) den Regeln über lebzeitige Rechtsgeschäfte folgen. Im Modell 3 wären alle Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall für unzulässig und unwirksam erklärt. Forderungen gegen Banken z.B. könnten danach nur im Wege eines normalen schuldrechtlichen Vermächtnisses durch den erbrechtlichen Formen entsprechende Verfügung von Todes wegen einer Person zugewendet werden. Das sich beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall stellende Formproblem, das Vindikationsproblem 405 , das Widerrufsproblem 406 , das Haftungsproblem und das Pflichtteilsberechnungsproblem: Sie alle wären in streng erbrechtlichem Sinne geregelt. Man könnte im Rahmen des Modells 3 allenfalls fragen, ob für die Lebensversicherung eine Ausnahme zu machen ist, sei es, dass man diese weiterhin im Sinne der bisher herrschenden Meinung behandelt (zulässiger Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall mit Windel (Fn. 5), 419 ff. Geraeint ist hiermit die Frage, ob man einen unmittelbaren Anfall der Forderung gegen den Versprechenden für rechtspolitisch wünschenswert hält. 4 0 6 Nach der Lösung von Judikatur und h.L. (Modell 1) kann der Erbe das noch nicht angenommene Schenkungsangebot des Erblassers widerrufen. Im Rahmen des Modells 2 wäre ein Widerruf dagegen ebenfalls ausgeschlossen (so auch die meisten Vertreter der entsprechenden Theorie de lege lata), da hier der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (bzw. die in ihm enthaltene Drittbegünstigungsklausel) implizit eine (erbrechtliche) causa der Zuwendung enthält. 404

405

V. Rechtspolitische

Bewertung

123

unmittelbarem, außerhalb des Nachlasses sich vollziehendem Anfall der Forderung beim Bezugsberechtigten, verbunden mit § 2325 BGB und Gläubigeranfechtung für die Prämien der einschlägigen Zeiträume), sei es, dass man auch die Forderung aus Lebensversicherung in den Nachlass fallen lässt, aber für sie ausnahmsweise ein - formfreies - Vindikationsvermächtnis zulässt. Die Sonderbehandlung der Lebensversicherung könnte man mit der besonderen Natur des entsprechenden Versicherungsvertrages erklären und mit der Tatsache, dass die Versicherungssumme dem Erblasser nicht schon selber zustand. b) Bisherige

Rechtslage

Bei der bisherigen Rechtslage (Modell 1) kann es rechtspolitisch nicht bleiben. Zu viel spricht gegen sie. Wenn es de lege ferenda bei §2301 BGB bleiben sollte, würde der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall in der Behandlung, die ihm die herrschende Meinung bisher zuteil werden lässt, wie schon bisher so auch in Zukunft zu einem fundamentalen Widerspruch führen: Obwohl der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall im Valutaverhältnis Schenkung sein soll, obwohl diese Schenkung in ihrer Verwirklichung auf den Tod aufgeschoben ist, obwohl sie unter (stillschweigender) Uberlebensbedingung steht und bei normaler faktischer Gestaltung von einem Vollzug im Sinne des § 2301 II BGB nicht die Rede sein kann, soll er dem § 2301 BGB nicht unterfallen. Geschäfte, die wirtschaftlich den gleichen Erfolg haben, würden aus rein rechtstechnischen Gründen und ohne dass der handelnde Laie diese Gründe als solche erkennen könnte, unterschiedlich behandelt 407 : Verspricht E dem D formlos, ihm seine Forderung gegen die Bank B zu schenken, falls D ihn überlebt, und tritt er ihm die Forderung aufschiebend bedingt durch das Uberleben des D ab, so soll eine wirksame (an sich unter § 2301 BGB fallende, aber nach § 2301 II BGB lebzeitig vollzogene) Schenkung unter Lebenden vorliegen. Gibt E dem D auf der Grundlage derselben Kausalabrede eine unwiderrufliche postmortale Vollmacht zur Verfügung über das Konto des E, so muss D den nach dem Tod des E abgehobenen Betrag nach § 812 I 1 BGB an die Erben des E auskehren, weil lebzeitiger Vollzug im Sinne des § 2301 II BGB nicht vorliegt und die formellen Voraussetzungen der §§ 2301 1,2231 ff. BGB nicht eingehalten sind 408 . Schließt E mit B einen Vertrag zugunsten des D auf seinen Todesfall, so soll §2301 BGB auf das Deckungsund auf das Valutaverhältnis des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall von vornherein nicht anwendbar sein, die Frage nach lebzeitigem Vollzug im Sinne des § 2301 II BGB sich von vornherein nicht stellen. Solche Unterschiede kann man den Beteiligten nicht vermitteln.

407 408

So schon Kipp/Coing (Fn. 5), § 81 V 1 (S. 452). BGHZ 87, 19 und o. Beispiel 31, S. 80.

124

§1

Universalsukzession

D i e bisherige Rechtslage steht ferner im 'Widerspruch

zur Ablehnung

des

und zum wichtigsten für diese A b l e h n u n g v o m G e s e t z g e b e r

Vindikationslegats

vorgebrachten G r u n d , nämlich dem Schutz der Nachlassgläubiger 4 0 9 .

Und

zwar handelt es sich, genau besehen, um eine doppelte A b w e i c h u n g von allgemeinen erbrechtlichen Prinzipien. D e n n nicht nur ist hier unmittelbarer dinglicher R e c h t s e r w e r b eines N i c h t e r b e n im Todesfall möglich. Sondern es wird zweitens dieses erworbene R e c h t , anders als beim Vindikationslegat, nicht dem Nachlass zugerechnet 4 1 0 . D i e bisherige Rechtslage kontrastiert darüber hinaus merkwürdig mit dem v o m Gesetzgeber gewollten Satz, dass die Universalsukzession

zwingend

ist.

D e r Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall lässt sich heute auf die verschiedensten V e r m ö g e n s f o r m e n anwenden: auf G i r o k o n t e n , Sparguthaben, L e bensversicherungen, Bausparverträge, Wertpapiersammeldepots. N i m m t man hinzu, dass man bewegliche Sachen durch Schenkung unter Lebenden auf den Todesfall in Verbindung mit einer auf den Todesfall aufschiebend bedingten U b e r e i g n u n g in lebzeitiger F o r m wirksam übertragen kann, dann erkennt man, dass nahezu alle V e r m ö g e n s f o r m e n durch erbfallbedingte Sonderrechtsnachfolge am Nachlass vorbei auf den neuen Rechtsträger übertragen werden k ö n nen. „Die Gesamtrechtsnachfolge ist damit heute im wesentlichen dispositiv. R e g e l - und Ausnahmeverhältnis haben sich u m g e k e h r t . " 4 1 1

c) Formloses

Vindikationslegat

A u c h Modell 2 ist rechtspolitisch abzulehnen. E s handelt sich bei ihm um eine A r t „Rosinentheorie",

die sich aus lebzeitigem Vermögensrecht einerseits und

E r b r e c h t andererseits das jeweils für den Erblasser (wenn auch nicht für die Erben) Günstigste aussucht. Dies gilt insbesondere für das Widerrufsproblem: N a c h der bisher herrschenden Meinung zum Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall hat der Erblasser einen Preis wenigstens für die ihm eröffnete M ö g lichkeit der nachlassunabhängigen Drittbegünstigung zu zahlen. E r besteht im Widerrufsrecht des E r b e n , das der Erblasser nur dadurch umgehen kann, dass er den Destinatär n o c h zu Lebzeiten informiert und schon mit ihm sich über die Schenkung im Valutaverhältnis einigt (was oft nicht gewollt ist). I m Modell 2 würde dieser Preis nicht mehr zu zahlen sein: D e r Erblasser hätte zusätzlich zu den Vorteilen des lebzeitigen Errichtungsgeschäfts den erbrechtlichen Vorteil einer automatisch mitbesorgten und v o m E r b e n nicht mehr beeinflussbaren causa mortis. Dass nun, anders als im M o d e l l 1, die Rechtsfolgen des Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall sich aus dem E r b r e c h t ergeben, braucht den Erblasser nicht zu k ü m m e r n , tangiert nur die Position des E r b e n , vor allem im

409 410 411

Leipold, AcP 180 (1980), 160 (208). S. bereits o. § 1 IV 2 c) aa), S. 65 ff. Leipold, AcP 180 (1980), 160 (208).

V. Rechtspolitische

Bewertung

125

Verhältnis zu Nachlassgläubigern und Pflichtteilsberechtigten 412 . Modell 2 würde im Ergebnis die Wiedereinführung eines der gemeinrechtlichen donatio mortis causa413 ähnlichen unklaren lebzeitig-erbrechtlichen Mischinstituts bedeuten, das der Gesetzgeber durch die Formulierung des §2301 B G B gerade verbannen wollte. Bei Modell 2 müssten die Grenzen zwischen Vermögensrecht und Erbrecht notwendigerweise fließend sein. Auch die Abgrenzung nach den Kategorien Errichtungsvoraussetzungen/Rechtsfolgen ist so klar und eindeutig nicht, wie sie sich gibt. So sollen nach einigen de-lege-lata-Vertretern dieses Modells für die Errichtung des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall die erbrechtlichen Bindungen (§§ 2289 I 2, 2271 II B G B ) anwendbar sein (nach anderen auch wieder nicht), dagegen nicht der Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit (§§ 2065,2151 ff. BGB) 4 1 4 , sollen nach allen Vertretern die erbrechtlichen Formen nicht einschlägig sein, dagegen nach fast allen Vertretern § 2147 B G B Anwendung finden 415 , sollen nach fast allen für den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall Geschäftsfähigkeit des Versprechensempfängers (und nicht nur Testierfähigkeit) sowie Zugang nach § 130 B G B Voraussetzung sein, dagegen dann wieder die erbrechtlichen Anfechtungsregeln der §§ 2078 ff. B G B anwendbar sein 416 . Je mehr Erbrecht man auf den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall anwenden würde, auch was die Wirksamkeit der Errichtung angeht, desto mehr würde man das Verhältnis Versprechender/Versprechensempfänger mit (Vor-) Fragen belasten, die in dieses Verhältnis nicht hineingehören. So wäre es etwa misslich, wenn man die erbrechtlichen Bindungen der §§ 2289 I 2, 2271 II B G B auf den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall übertragen würde. Solche Bindungen kann der Versprechende in der Regel nicht erkennen. Hauptanliegen des Modells 2 ist es, den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zum Schutz von Nachlassgläubigern und Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich dem Erbrecht zu unterstellen, dabei aber gleichzeitig diejenigen Privilegierungen des Erblassers aus Modell 1 zu übernehmen, die als sachgerecht erscheinen (Formfreiheit/Vindikationswirkung), ja ihnen in Gestalt des Widerrufsausschlusses sogar noch ein (aus der Sicht des lebzeitigen Vermögensrechts betrachtet) weiteres Privileg hinzuzufügen. Das Formprivileg wird gemeinhin so begründet: Der Erblasser, Laie, der er ist, würde sich wundern, 412 Für das Verhältnis Erbe / Destinatar des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall sind im Rahmen des Modells 2 konsequenterweise die §§2318 ff. B G B anzuwenden (so auch Kipp/Coing - Fn. 5 § 81 V 2 = S. 453), sodass der Erbe die Pflichtteilslast sich mit dem Destinatar teilen kann. 413 Dazu Sohm/Mitteis/Wenger (Fn. 160), 228, 638; Strohal (Fn. 29), § 45 III (S. 378). 414 So etwa Windel (Fn. 5), 441. 415 Hellwig (Fn. 124), 364; Kipp/Coing (Fn. 5), § 54 I 3 (S. 326); Windel (Fn. 5), 454. 416 Vgl. nur etwa Windel (Fn.5), 440 (Geschäftsfähigkeit), 441 ff. (Zugang), S . 4 4 8 f . (Anfechtung nach §§ 2078 ff. BGB).

126

§ 1

Universalsukzession

wenn ihm gesagt würde, was er mit seiner Bank (etc.) besprochen und vereinbart habe, reiche nicht; er müsse zusätzlich eine Verfügung von Todes wegen errichten. Außerdem vermeide schon die Beteiligung einer weiteren Person (Bank, Lebensversicherung etc.) die Beweisschwierigkeiten, denen das erbrechtliche Formenregime entgegenwirken wolle, und eine gewisse Warnung des Erblassers werde schon durch die relative Umständlichkeit der Zuwendungsform erreicht 4 1 7 . Eine über 100 Jahre lange Ü b u n g und Tradition habe den Erblasser an die Formfreiheit des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall gewöhnt; es sei schwer, eine solche Gewöhnung umzukehren und damit gleichzeitig berechtigte Erwartungen zu enttäuschen. Alle diese Argumente vermögen de lege ferenda jedenfalls nicht zu überzeugen. Wenn man die erbrechtlichen Formen für nicht sachgerecht hält - und es könnte sein, dass in Wahrheit dies hinter dem Postulat der Formfreiheit des Vertrages zugunsten Dritter steht - , dann sollte man sie generell ändern. Die Einschaltung des Versprechenden genügt nicht. Zwar nicht deswegen, weil etwa der Versprechende nur als Empfänger einer schriftlichen Erklärung fungierte und über Echtheit, Ernstlichkeit und Uberlegtheit der Erklärung kaum etwas aussagen könnte 4 1 8 ; denn wer, wenn nicht der Vertragspartner, könnte über solche Fragen etwas sagen? Wohl aber genügt die Einschaltung des Versprechenden deswegen nicht, weil einer der erbrechtlichen Formzwecke zumindest mittelbar darin liegt, den Erblasser zu veranlassen, sich für die Vermögensverhältnisse nach seinem Tod möglichst eine stimmige Gesamtlösung auszudenken. Zwar kann man auch mit Verfügungen von Todes wegen, und das auch zeitlich gestaffelt, zahlreiche voneinander unabhängige und isolierte Nachfolgeentscheidungen treffen, doch ist bei Testament und Erbvertrag allein schon wegen ihres appellhaften Namens die Wahrscheinlichkeit größer, dass der Erblasser eine in sich abgestimmte Gesamtlösung verwirklicht. D a es sich bei den Versprechenden des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall meist um große, rechtskundige Institute handelt, wäre es ein Leichtes, den Versprechensempfänger auf das gesetzliche Erfordernis einer besonderen (erbrechtlichen) Form hinzuweisen oder etwa in den jeweiligen Vordrucken ein zusätzliches Kästchen für eigenhändige Vermächtnistestamente vorzusehen; auch bei letzterer Lösung würde der Versprechensempfänger zumindest an den erbrechtlichen Charakter des Geschäfts und an die gegebenenfalls bestehende Notwendigkeit, noch weitere erbrechtliche Verfügungen zu treffen, erinnert. Wenn gesagt worden ist, die meisten Zuwendungen durch Mittelsleute und daher auch die meisten Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall dienten gerechtfertigten wirtschaftlichen Zwecken, sie seien nicht nur unschädlich, 417

Vgl. etwa Lange

(Fn.337), 201 (für einfache Schriftform); Däubler,

(145). 418

So aber Leipold,

AcP 180 (1980), 160 (209 Fn. 128).

Z R P 1975, 136

V. Rechtspolitische

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127

sondern nützlich und notwendig, ihre A n e r k e n n u n g entspreche einem ausgesprochenen Bedürfnis, und das sei letztlich der entscheidende G r u n d für ihre formlose Gültigkeit 4 1 9 , so handelt es sich dabei um ein Argument, mit dem man, wenn es richtig wäre, praktisch alle F o r m v o r s c h r i f t e n abschaffen könnte. G a n z davon abgesehen würde das A r g u m e n t seine Durchschlagskraft natürlich nur im R a h m e n des Modells 1 entfalten können, da der Erblasser, der „aus sittlicher Pflicht seinem unehelichen Kinde, von dem seine Familie nichts erfahren soll, auch von seinem N a c h l a ß etwas zuwenden w i l l " 4 2 0 , im R a h m e n des Modells 2 seine A b s i c h t nicht realisieren könnte, wenn Pflichtteilsberechnungen und B e i träge des Destinatärs zur Schuldenhaftung angesagt sind; ja in Wahrheit zeigt das Beispiel, dass auch M o d e l l 1 den D r i t t e n des Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall bei weitem nicht ganz unbehelligt lässt ( § 8 1 2 B G B nach W i derruf, § 2 3 2 9 B G B etc.). Dass formlose Zuwendungen durch Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den T o desfall b e q u e m e r sind als Verfügungen von Todes wegen, dass viele Erblasser zu ungewandt sind, ein Testament zu errichten, oder abergläubische H e m m u n g e n gegen seine Errichtung haben 4 2 1 , ist nach der Reduzierung der F o r m a n f o r d e rungen an das eigenhändige Testament und angesichts der Tatsache, dass man auch beim Vertrag zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall sich mit dem eigenen Tod beschäftigen muss, eher unwahrscheinlich. A b e r selbst wenn es sich dabei um faktisch zutreffende Behauptungen handelte, wären diese nicht stichhaltig. D e n n es würde sich um Vorbehalte gegen das erbrechtliche F o r m e n r e g i m e als solches handeln, denen nur generell oder gar nicht R e c h n u n g getragen werden darf. Das Formprivileg des Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todesfall ist nach alledem rechtspolitisch nicht gerechtfertigt. D a s Vindikationsprivileg422

des Vertrages zugunsten D r i t t e r auf den Todes-

fall pflegt man etwa wie folgt zu begründen: D a die Forderung, die der Destinatär gegen den Versprechenden erwerbe, nicht dieselbe sei, wie diejenige, die b e reits der Erblasser zu Lebzeiten innehatte, da der E r w e r b des Destinatärs aus dem Vermögen nicht des Erblassers, sondern des Versprechenden erfolge, k ö n ne es rein technisch gar nicht anders sein, als dass der Destinatär die F o r d e r u n g unmittelbar und ohne weiteren Vollzugsakt mit dem Erbfall erwerbe. D e r E r b lasser, Laie, der er ist, würde sich wundern, w e n n ihm gesagt werden müsste, der, den er für seine B a n k k o n t e n vorgesehen habe, müsse erst n o c h v o m E r b e n die F o r d e r u n g gegen die B a n k abgetreten b e k o m m e n . Das Verbot des Vindikationslegats sei nie recht volkstümlich geworden wegen der naheliegenden Vorstellung, genauso wie man durch Rechtsgeschäft unter Lebenden über einzelne 419 Lange (Fn.337), 198 f.; tendenziell wohl auch Lange/Kuchinke (S. 769). 420 Lange (Fn. 337), 199. 421 Ebd. 422 Zum Begriff s.o. Fn. 405.

(Fn.29), §33 V 3

5 1 Universalsukzession

128

Gegenstände verfügen könne, müsse dies auch durch Testament möglich sein 4 2 3 . Daher sei es bis zu einem gewissen Grad verständlich, wenn man dem Bedürfnis nach einer Vindikationszuwendung von Todes wegen auf halbem (lebzeitigem bzw. lebzeitig-erbrechtlich-gemischtem) Wege entgegenkomme. Außerdem ermögliche es der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall dem Erblasser, den Bedachten stärker zu sichern als durch eine letztwillige Verfügung. Wenn er den Gegenstand einem vertrauenswürdigen Mittler zuwende, sei der Bedachte sowohl gegen tatsächliche wie rechtliche Verfügungen des Erben als auch dritter Personen geschützt, in deren Gewalt der Nachlass nach dem Erbfall gelangen könne 4 2 4 . Auch das Vindikationsprivileg lässt sich jedoch letztendlich nicht rechtfertigen. Wenn man das Vindikationslegat will, dann soll man es einführen, und zwar generell und nicht nur in einer bestimmten Konstellation, und darüber hinaus als erbrechtliches Institut. Solange das Gesetz aber nur das Damnationslegat zulässt, ist es ein Widerspruch, vindikationsförmige Sonderrechtsnachfolgen von Todes wegen zu ermöglichen. Im Übrigen ist es schon im jetzigen System kein Problem, den Versprechenden des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall zum Testamentsvollstrecker über die gegen ihn gerichtete Forderung zu machen, mit der Aufgabe, das Damnationslegat durch Abtretung zu erfüllen. Damit kann die an sich legitime Absicht, den Dritten möglichst bald nach dem Erbfall zum Inhaber der Forderung zu machen, in hinreichendem Maße realisiert werden. d) Abschaffung

des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall

Es bleibt somit nur noch Modell 3 übrig: Die Abschaffung des Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall. Davon muss jedoch für die Lebensversicherung eine Ausnahme gemacht werden, und zwar sowohl für die reine Risikolebensversicherung wie für die Kapitallebensversicherung. Sie sollte als echter Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall weiterhin zulässig sein. Es würde sich um ein ausnahmsweise zulässiges Vindikationsvermächtnis handeln. Die mit dieser Konstruktion verbundenen Nachteile 4 2 5 müssen hier in Kauf genommen werden. Für die Beurteilung, ob dieses Vermächtnis wirksam angeordnet wurde, wären allein Schuld- und Versicherungsrecht zuständig; erbrechtliche Normen kämen hier generell nicht zur Anwendung, nicht nur diejenigen nicht, die die erbrechtlichen Formen regeln, sondern auch nicht alle anderen erbrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen (z.B. §§ 2289 I 2, 2271 II B G B , §§ 2078 ff. B G B , §§ 2065, 2151 ff. B G B ) . Für die Rechtsfolgen wäre ausschließlich Erbrecht zu-

423 424 425

Leipold, AcP 180 (1980), 160 (208 f.). Lange (Fn. 337), 199. S.o. c).

V. Rechtspolitische

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129

ständig. Die Haftung des Vermächtnisnehmers für die Nachlassverbindlichkeiten wäre so zu beurteilen, wie nach heutigem Recht die Haftung des Vermächtnisnehmers, dessen Vermächtnisforderung dinglich bereits erfüllt worden ist. Dasselbe gilt für die Pflichtteilsberechnung. Als Gegenstand der Vermächtniszuwendung ist die volle Versicherungssumme zu betrachten 426 : Die Prämien sind die volle Gegenleistung für den dem Bezugsberechtigten zufallenden Anspruch. Ein Abzug von der Versicherungssumme für den (ohnehin schwer zu berechnenden) Risikoanteil kommt nicht in Betracht; zwar konnte dieser Risikoanteil nie dem Versicherungsnehmer selbst zustehen 427 , gleichwohl ist auch er in voller Höhe durch den vom Erblasser abgeschlossenen Versicherungsvertrag „erkauft", mögen auch die bis zum Versicherungsfall gezahlten Prämien noch so gering sein. 8. Die sonstigen Sonderrechtsnachfolgen

von Todes wegen

a) Allgemeines Im gegenwärtigen deutschen Recht gibt es zwei Fälle von Sondererbfolgen und mehrere Fälle erbrechtsunabhängiger Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen. Zur zweiten Kategorie gehört der Sache nach auch die (vom Erbrecht abweichende) Nachfolge in nicht der Universalsukzession des § 1922 I BGB unterliegende Persönlichkeitsrechte (§§ 22 S. 3, 4 KunstUrhG, §§ 60 II, III, 83 III 2 UrhG, § 2 III FeuerbestG; vgl. auch § 77 II StGB und §§ 189,194 II StGB; allgemeines ideelles postmortales Persönlichkeitsrecht 428 ). Bei diesen kann man, immer vom Standpunkt der gegenwärtig herrschenden Meinung aus gesprochen, nicht im strengen oder eigentlichen Sinn von „Nachfolge" (und damit auch nicht von einer Ausnahme vom Prinzip der Universalsukzession) reden, da die ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts mit dem Tod des Rechtsinhabers enden; weil bestimmte Ansprüche wegen Verletzung des Andenkens Verstorbener aber auch noch nach dem Tod von „Wahrnehmungsberechtigten" geltend gemacht werden können, gehört die entsprechende Regel der Wahrnehmungsberechtigung der Sache nach in unseren Zusammenhang, den das Schaubild auf S. 130 noch einmal überblicksmäßig zeigen soll. Zur rechtspolitischen Legitimation der Sondererbfolgen pflegt man meist auf die besondere Natur des sondervererbten Gegenstandes (Hof, Gesellschaftsanteil) und die mit diesem verbundenen (öffentlichen und privaten) Interessen hinzuweisen. Das ist in der Struktur der verwendeten Argumente auch noch so beim allgemeinen postmortalen Persönlichkeitsrecht und den besonde426

Zum entsprechenden Streit de lege lata s.o. Fn. 242. Bei der Risikolebensversicherung kann die gesamte Versicherungssumme zufallen. Auf diese ist gemünzt der amerikanische Satz: „The only guarantee in life is that you will never benefit from your life insurance policy." 428 Dazu schon o. § 1 II 1 b), S. 6 ff. 427

130

§1

Universalsukzession

Ausnahmen vom Prinzip der Universalsukzession

Sondererbfolgen

Anerbenrecht

Personengesellschaftsrecht

Sonderrechtsnachfolgen

Unechte • §§ 22 S. 3, 4 KunstUrhG, §§ 60 II, III, 83 III 2 UrhG, § 2 III FeuerbestG • Ideeller postmortaler Persönlichkeitsschutz

mit größerer Reichweite • §2301 BGB • Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall

Echte

mit geringerer Reichweite • § 563 BGB • Fortgesetzte Gütergemeinschaft • § 56 SGB I

ren postmortalen Persönlichkeitsrechten: Hier wird ebenfalls auf die besondere Natur des Persönlichkeitsrechts (als eines nichtvermögensmäßigen, an die Person und das Leben des Inhabers gebundenen Rechts) und die besonderen Interessen der (näher mit der Person des Erblassers verbundenen) Wahrnehmungsberechtigten verwiesen. Bei den übrigen Sonderrechtsnachfolgen wird dagegen mehr mit den Interessen der Nachfolger an dem der Sonderrechtsnachfolge unterliegenden Gegenstand argumentiert, die nicht unbedingt mit der besonderen rechtlichen Natur des Gegenstandes zu tun haben müssen. So geht es bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft darum, die Stellung des überlebenden Ehegatten zu erhalten, bei § 56 SGB I um das Interesse der Sondernachfolger an der vorübergehenden Aufrechterhaltung der Lebensführung, bei § 563 BGB um den Schutz des Nachfolgerinteresses an der Erhaltung seines räumlichen Lebensmittelpunkts. Historisch lässt sich in der deutschen Rechtsentwicklung ein ständiger und stetiger Rückgang der Sondererbfolgen beobachten. Lehen, Fideikommiss und Heergerät sind ganz verschwunden. Die Reste der Gerade haben sich in Gestalt

V. Rechtspolitische

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131

des sog. Voraus (§ 1932 B G B ) , gesetzliches Vorausvermächtnis, das dieser ist, in das System der Universalsukzession eingeordnet. U n d dieser Rückzug ging historisch nicht etwa auf das K o n t o der Rezeption des römischen Rechts, sondern basierte auf Sachgesetzlichkeiten. Auch nach der Rezeption des römischen Rechts gab es in Deutschland noch zahlreiche Formen von Sonderrechtsnachfolgen von Todes wegen (vgl. etwa das preußische A L R 4 2 9 ) , die nach und nach beseitigt worden sind. U n d auch im englischen Recht, vom römischen Recht bei weitem nicht so stark beeinflusst wie das kontinentaleuropäische Recht, ist die alte erbrechtliche Trennung von Immobiliar- und Mobiliarvermögen mehr und mehr bis zur Unkenntlichkeit verblasst. Die im deutschen Recht heute noch bestehenden Sondererbfolgen haben sich technisch immer mehr dem Modell der Universalsukzession angenähert. Sie sind gewissermaßen Zwischenstadien auf dem Weg von der erbrechtsunabhängigen Sonderrechtsnachfolge zur uneingeschränkten Gesamtrechtsnachfolge. Historisch lässt sich auch zeigen, und zwar sowohl für die echten Sondererbfolgen wie die Sonderrechtsnachfolgen, dass die früher mit solchen Instrumenten abstrakt

verfolgten

Zwecke

immer mehr an Uberzeugungskraft verloren

haben. Früher ging es etwa darum, einen Nachlassgegenstand schuldenmäßig zu privilegieren; ging es um die Durchsetzung des Herkunftsprinzips (Güter sollten an die Linien zurück, aus denen sie stammten); um den Schutz „ideeller" Motive (Söhne vor Töchtern, Männer vor Frauen; keine Ausländer, keine Juden als Nachfolger; Förderung der Familienehre, indem die Familienzugehörigkeit eines besonders herausgehobenen Gegenstandes gewährleistet werden sollte); ging es um die Auswahl besonders geeigneter Nachfolger und um die Reduzierung der Zahl der Nachfolger. Allenfalls das letztere Motiv lebt noch im Anerbenrecht weiter. Rechtspolitisch

lassen sich schon bei abstrakter

Betrachtung

die Gefahren er-

kennen, die von Sonderrechtsnachfolgen ausgehen können. Tangiert können die Interessen der Nachlassgläubiger und der Pflichtteilsberechtigten sein. Tangiert ist aber in vielen (wenn auch nicht in allen) Fällen auch die Testierfreiheit des Erblassers.

b) Die einzelnen

Fälle

Die Sonderrechtsnachfolgen nach §§ 1483 f f . BGB schaft)

(fortgesetzte

Gütergemein-

und ^ 56 SGB I sind de lege ferenda abzulehnen. Beide schränken die

Testierfreiheit ein. Dies wird für die fortgesetzte Gütergemeinschaft durch § 1509 B G B nur unwesentlich modifiziert; auch dass beide Ehegatten die F o r t setzung der Gütergemeinschaft vereinbart haben müssen, ändert an unserer B e hauptung nichts. Beide Fälle führen zu einer Benachteiligung der Pflichtteilsberechtigten. Die Sonderrechtsnachfolger haften bei § 56 S G B I nicht für die 429

S. das historische Beispiel o. S. 16.

132

§ 1

Universalsukzession

Nachlassverbindlichkeiten, und dies, obwohl entsprechende Ansprüche zu Lebzeiten des Erblassers der Zwangsvollstreckung seiner Gläubiger offen standen. Dass ein Interesse an vorübergehender Aufrechterhaltung der Lebensführung § 56 S G B I rechtfertige, kann nicht zugegeben werden. Erstens erklärte ein solches Interesse nicht, warum nur Ansprüche auf laufende Geldleistungen, nicht aber solche auf einmalige Geldleistungen auf Sonderrechtsnachfolger übergehen sollen. Zweitens könnte man mit einer entsprechenden Begründung tausend andere Sonderrechtsnachfolgen begründen, z.B. diejenige bezüglich eines Rentenpapiers, aus dessen Erträgen der Großvater regelmäßig seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Enkel erfüllte; warum geht das Rentenpapier nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf den (wenn der die Verwandtschaft mit dem Großvater vermittelnde Elternteil noch lebt) nicht pflichtteilsberechtigten Enkel über? U n d drittens käme, wenn die Argumentation stichhaltig wäre, allenfalls eine Ausdehnung des § 1969 B G B in Frage, der dem System der Universalsukzession angepasst ist. Die Abwägung zwischen den Gründen, die bei § 56 S G B I und §§ 1483 ff. B G B für Sonderrechtsnachfolgen sprechen, und denen, die auch hier für Universalsukzession sprechen, führt mithin zu einem eindeutigen Ergebnis. Gegen § 563 BGB ist de lege ferenda im Grundsatz nichts einzuwenden 4 3 0 : Die spezifisch mietrechtliche Schutzposition des Mieters war zu dessen Lebzeiten weder Verfügungs- noch Haftungsobjekt. Die Interessen des Vermieters verlangen, dass eine echte Nachfolge in den mietrechtlichen Bestandsschutz nur stattfindet, wenn und weil die Person des Nachfolgers qualifizierte Voraussetzungen erfüllt. Bei einer Nachfolge des Erben in den mietrechtlichen Bestandsschutz würde es, wenn der Erbe nicht zu den Nachfolgeberechtigten des § 563 B G B gehört, zu einem Widerspruch zu denjenen Regelungen kommen, die für die Aufnahme dritter Personen in die Wohnung zu Lebzeiten des Mieters gelten (§ 553 B G B ) . D a der Erbe somit, wenn er als solcher in den Mietvertrag einrückte, nur ein Mietverhältnis ohne mietrechtlichen Bestandsschutz (ja sogar ein solches mit zusätzlichem erbfallbedingtem Kündigungsrecht) bekäme, wird dem Gesamtrechtsnachfolger durch § 563 B G B nur wenig genommen, nämlich nur die Chance, dass der Vermieter das Mietverhältnis mit ihm freiwillig fortsetzt. Ein zentraler Punkt stößt jedoch an der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung des § 563 B G B auf: die Tatsache, dass der Erblasser die Sonderrechtsnachfolge nicht (durch Verfügung von Todes wegen oder mietvertragliche Abbedingung) zu verhindern vermag. Der Erblasser hätte die Wohnung zu Lebzeiten kündigen können, ohne dass er auf die Zustimmung der in § 563 B G B genannten Personen angewiesen gewesen wäre. Auch der gesetzliche Anspruch auf den Dreißigsten kann durch den Erblasser ausgeschlossen werden (§ 1969 12 B G B ) . 430

Zutreffend, auch in der Begründung, Windel (Fn. 5), 114 f.

V. Rechtspolitische

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133

Daher sollte in Zukunft ein entsprechendes Entscheidungsrecht des Erblassers Eingang ins Gesetz finden. c) Der postmortale Persönlichkeitsschutz

insbesondere

Die Rechtsprechung zum postmortalen Persönlichkeitsschutz vermag selbst in ihrer neuen Gestalt de lege ferenda nicht zu überzeugen. Das gilt auch für die vereinzelten gesetzlichen Regelungen, die für den postmortalen Schutz spezieller Persönlichkeitsrechte (in der Interpretation der neuen Rechtsprechung: soweit es um deren „ideelle Bestandteile" geht) die Angehörigen für zuständig erklären (z.B. §§ 22 S. 3, 4 KunstUrhG; 60 II, III, 83 III 2 UrhG). Richtig wäre allein, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die besonderen Persönlichkeitsrechte in vollem Umfang für vererbbar zu erklären, auch und gerade, soweit es um deren ideelle Bestandteile geht 431 . Natürlich kann die Verletzung des Andenkens Verstorbener das eigene Persönlichkeitsrecht der Angehörigen verletzen. In diesem Fall haben diese Schutz-, Abwehr- und (gegebenenfalls) Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht, und bei diesem Schutz muss es selbstverständlich bleiben. Was aber den vom eigenen Persönlichkeitsrecht der Angehörigen unabhängigen Schutz des Andenkens Verstorbener angeht, so gibt es gute Gründe, auch den Schutz der ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts den Erben zu überlassen. Es war schon immer schlechte Begriffsjurisprudenz, eine solche Vererbung wegen des Wesens und der Natur des Persönlichkeitsrechts für unmöglich zu halten, und es ist heute, nach der Änderung der Rechtsprechung, erst recht schlechte Begriffsjurisprudenz, den einen Teil des Persönlichkeitsrechts für wesensmäßig unvererbbar, den anderen dagegen für vererbbar zu halten. Dass aber die Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts vererbbar sein müssen, leuchtet rechtspolitisch unbedingt ein: Die kommerziellen Vermarktungsmöglichkeiten, die auf Leistungen des Erblassers beruhen, können nach dem Tod desselben vom Recht entweder für gemeinfrei oder für erbenzugehörig oder für nicht wünschenswert und damit beendet erklärt werden. Erste und dritte Möglichkeit wären ein schwerer Eingriff in das vom Erblasser Geschaffene und in seine Testierfreiheit.

431 Vgl. gegenüber der früheren Rspr. bereits Stein, FamRZ 1986, 7 (14 ff.): Wenn man einen postmortalen Persönlichkeitsschutz anerkenne, müssten, sofern der Erblasser keine abweichenden Bestimmungen getroffen habe, die Erben als wahrnehmungsberechtigt angesehen werden. Diese Auffassung unterscheidet sich von der hier vertretenen in doppelter Hinsicht: Sie macht erstens eine Aussage zur lex lata und sie geht zweitens nicht von einer echten Vererbung des (ideellen) Persönlichkeitsrechts aus, argumentiert vielmehr auf der Basis der Annahme vom subjektlosen postmortalen Persönlichkeitsrecht, als dessen „Wahrnehmer" der Erbe für sachnäher als die Angehörigen gehalten wird; der Erbe macht nach Stein das Persönlichkeitsrecht nicht als Erbe, sondern als Wahrnehmungsberechtigter geltend.

134

51

Universalsukzession

Wenn aber die Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts vererbbar sein müssen, dann spricht aus G r ü n d e n der Konsequenz tikabilität

und der

Prak-

vieles dafür, auch die ideellen vererbbar zu machen. Dass die B e r e c h -

tigung hinsichtlich der ideellen und der Vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts auseinander fallen kann, ist in mehrfacher Hinsicht misslich. Wenn z . B . die kommerzielle N u t z u n g eines Bildnisses des Erblassers nicht nur von der Zustimmung der E r b e n , sondern (wegen des Wortlauts von § 22 S. 3 K u n s t U r h G 4 3 2 : generell) auch von der der Angehörigen abhängig gemacht wird, hat es eine Person in der H a n d , die N u t z u n g zu verhindern, die v o m Ergebnis der N u t z u n g nicht profitiert und durch die N i c h t n u t z u n g keine E i n b u ß e erleidet. U n d was die sonstigen gesetzlich für die Zeit post m o r t e m nicht eigens geregelten Persönlichkeitsmerkmale (Name, Stimme, Schriftzug etc.) angeht, so wird eine kommerzielle N u t z u n g zwar objektiv-rechtlich nicht stets die ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts berühren und daher nicht stets die Z u stimmung auch der Angehörigen erfordern. A b e r wegen der schwierigen Grenzziehung zwischen den Fällen, in denen kommerzielle N u t z u n g den A c h tungsanspruch des Verstorbenen verletzt, und solchen, in denen dies nicht der Fall ist, wird man jedenfalls de facto schon zur Sicherheit stets auch die Zustimmung der Angehörigen einholen. D a m i t werden in der Regel in Gestalt der A n gehörigen auch Personen von der N u t z u n g der kommerziellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts profitieren, die davon nach dem Willen des Erblassers nicht profitieren sollen. A u c h in den Fällen, in denen es nur um den Achtungsanspruch

des

Verstorbe-

nen und seine Verletzung und nicht um die kommerzielle N u t z u n g bestimmter Persönlichkeitsmerkmale geht, ist die Rechtsprechung nicht sachgerecht. A u c h hier muss die M ö g l i c h k e i t eines Schadensersatzes

in Geld gegeben sein, denn al-

lein mit A b w e h r a n s p r ü c h e n lassen sich die ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nicht wirksam schützen, weil diese Sanktionen nur für den Wiederholungsfall zur Verfügung stehen. E s muss dieser E r s a t z für immateriellen Schaden so bemessen werden, wie wenn der Erblasser n o c h lebte. N u r die Vererbung (auch) der ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts vermag aber einen solchen Schadensersatzanspruch zu begründen. J e m a n d , der ein R e c h t nur w a h r n i m m t und „nicht selbst S u b j e k t eines entsprechenden R e c h t e s ist" 4 3 3 , also der Angehörige, kann für die Verletzung dieses ihm nicht zustehenden Rechts keinen eigenen Schadensersatzanspruch erlangen 4 3 4 .

432 Man könnte fragen, ob die neue Rspr. des BGH nicht gegen den Wortlaut des § 22 S. 3 KunstUrhG verstößt, weil in dieser Norm der Eindruck erweckt wird, als müssten stets nur die Angehörigen zustimmen. 433 BGHZ 50,133 (137). 434 S. bereits Stein, FamRZ 1986, 7 (15 Fn. 67): Die Verweigerung von Vermögenswerten Ansprüchen (immaterieller Schadensersatz) korrespondiere mit der Annahme einer Nichtvererbbarkeit des Persönlichkeitsrechts.

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Bewertung

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Unpraktikabel ist nach der bisherigen Rechtslage das ungeklärte Verhältnis der verschiedenen Angehörigengruppen. De lege ferenda müsste man also, falls man auf dem Standpunkt der Rechtsprechung beharrt, eine Hierarchisierung der Angehörigenzuständigkeit vornehmen. Diese müsste sich dann ohnehin an der gesetzlichen Erbfolge orientieren, da diese in langer Tradition sich bewährt hat. Es ist klar, dass etwa für die Zustimmung zur Organentnahme nach dem TransplantationsG 4 3 5 - auch hier geht es im weiteren Sinne um den fortwirkenden Achtungsanspruch des Verstorbenen - nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen zuständig sein müssen, da hier schnelle Entscheidungen in Rede stehen und die Feststellung des Erben bisweilen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann. Nichts spricht aber dafür, dass postmortaler ideeller Persönlichkeitsschutz sich in anderen Gebieten nur dann effektiv verwirklichen ließe, wenn der Wahrnehmungsberechtigte möglichst schnell sich feststellen lässt. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Erblasser einen nicht vom Persönlichkeitsrecht der Angehörigen abgeleiteten postmortalen ideellen Persönlichkeitsschutz in der Regel eher dem Willen der Angehörigen als dem Willen der Erben überlassen will. Dass die herrschende Meinung auch bei gewillkürter Erbfolge es für möglich hält, dass die Angehörigen bei der Wahrung des Achtungsanspruchs dem Erben vorgehen, und sich in jedem Einzelfall vor die Frage gestellt sieht, ob die Erbeinsetzung vielleicht stillschweigend auch eine Übertragung der persönlichkeitsrechtlichen Wahrnehmungsbefugnis bedeutet, ist ein Unding. Konsequenterweise ist es für einzelne Vertreter der herrschenden Meinung dann nicht mehr weit bis zu der Behauptung, selbst wenn 4 3 5 N a c h § 4 II TransplantationsG gelten als nächste Angehörige in der Rangfolge ihrer Aufzählung: der Ehegatte oder Eingetragene Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern. Der nächste Angehörige ist nur dann zu einer Entscheidung befugt, wenn er in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des möglichen Organspenders zu diesem persönlichen Kontakt hatte; der Arzt hat dies durch Befragung des Angehörigen festzustellen. Bei mehreren gleichrangigen Angehörigen genügt es, wenn einer von ihnen beteiligt wird und eine Entscheidung trifft; es ist jedoch der Widerspruch eines jeden von ihnen beachtlich. Ist ein vorrangiger Angehöriger innerhalb angemessener Zeit nicht erreichbar, genügt die Beteiligung und Entscheidung des nächsterreichbaren nachrangigen Angehörigen. D e m nächsten Angehörigen steht eine volljährige Person gleich, die dem möglichen Organspender bis zu seinem Tod „in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahegestanden hat"; sie tritt neben den nächsten Angehörigen. Stets hat die Entscheidung des möglichen Organspenders Vorrang; dieser kann auch einen Entscheidungsbefugten benennen. Beim Transplantationswesen kann die rechtspolitische Alternative nicht „Zustimmung durch den Erben / Zustimmung durch die Angehörigen" lauten, sondern nur „enge Zustimmungsl ö s u n g " (die Zulässigkeit allein bei Zustimmung des Spenders annimmt) / „erweiterte Zustimm u n g s l ö s u n g " (wie sie die lex lata vorsieht); gegen die erweiterte Zustimmungslösung Schachtschneider/Siehold, D Ö V 2000, 129 (131 ff.), dafür Forkel, J u r a 2001, 73 (77). - Aus ähnlichen Gründen wie beim TransplantationsG kann man die öffentlichrechtliche Bestattungszuständigkeit der Angehörigen billigen (Eilbedürftigkeit wegen seuchen- und ordnungspolizeilicher Intentionen); vgl. dazu Stein, F a m R Z 1986, 7 (16).

136

51

Universalsukzession

die E r b e i n s e t z u n g (im Einzelfall) auch als Ü b e r t r a g u n g der W a h r n e h m u n g s b e fugnis zu betrachten sei, müsse der Angehörige kraft Familienverbundenheit in Fällen als wahrnehmungsbefugt angesehen werden, in denen der E r b e das „unabweisbare B e d ü r f n i s " nach p o s t m o r t a l e m Persönlichkeitsschutz „nicht erfüllen will oder k a n n " 4 3 6 . D i e bisherige Rechtslage ist nicht widerspruchsfrei.

D a s U r h e b e r r e c h t verei-

nigt mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht eine personenrechtliche und mit dem Immaterialgüterrecht eine vermögensrechtliche K o m p o n e n t e in sich. D a s U r h e b e r r e c h t unterliegt, und zwar auch mit seiner persönlichkeitsrechtlichen Seite, nach § 28 I U r h G insgesamt der erbrechtlichen Universalsukzession. D a mit soll nach dem Willen des Gesetzgebers - namentlich z u m S c h u t z der N a c h lassgläubiger und weil b e i m U r h e b e r r e c h t V e r m ö g e n s - und persönlichkeitsrechtliche Interessen so stark miteinander verbunden sind, dass eine Trennung u n z w e c k m ä ß i g wäre - eine Aufspaltung der N a c h f o l g e auf die E r b e n einerseits und die Angehörigen andererseits vermieden w e r d e n 4 3 7 . D i e im Bereich der ideellen A s p e k t e des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mögliche f o r m l o s e B e stimmung eines postmortal Wahrnehmungsberechtigten wird für das U r h e b e r persönlichkeitsrecht v o n der herrschenden M e i n u n g abgelehnt. N a c h § 28 I I 1 U r h G kann ein Testamentsvollstrecker mit der A u s ü b u n g des U r h e b e r r e c h t s (einschließlich des Urheberpersönlichkeitsrechts) betraut werden. § 2 8 I I 1 U r h G wurde v o m G e s e t z g e b e r vorgesehen, gerade u m dem Fall gerecht zu werden, „daß (dem U r h e b e r ) seine E r b e n zur Wahrung seines geistigen Nachlasses nicht geeignet e r s c h e i n e n " 4 3 8 . D i e v o m G e s e t z g e b e r für § 28 II 1 U r h G und für die Vererbbarkeit auch des Urheberpersönlichkeitsrechts gegebenen B e g r ü n dungen gelten in der Sache ebenso zumindest für § 22 S. 3, 4 K u n s t U r h G , wenn nicht für alle Fälle postmortalen Persönlichkeitsschutzes. Gerade § 28 II 1 U r h G zeigt auch, dass die M ö g l i c h k e i t zur formlosen B e s t i m m u n g der Wahrnehmungsberechtigten keineswegs „naturrechtliche" Selbstverständlichkeit ist, sondern rechtspolitisch überdacht werden muss. Es gibt fast keinen persönlichkeitsrechtlichen Sachverhalt, der nicht auch vermögensrechtliche B e z ü g e aufwiese. D a n n aber ist es, wie bereits gesagt, praktisch i m m e r (nicht nur im Bereich des U r h e b e r r e c h t s ) misslich, die W a h rung der vermögensrechtlichen B e z ü g e dem E r b e n , die Wahrung der persönlichkeitsrechtlichen B e z ü g e den Angehörigen zu übertragen 4 3 9 . D a s zeigt sich beispielsweise auch bei der Frage, auf wen das R e c h t des Patienten auf A u s So Lange/Kuchinke (Fn. 29), § 5 III 5 c) (S. 104). BT-Drucks. IV/270, 55. 438 BT-Drucks. IV/270, 55. 4 3 9 Der Wortlaut von § 1922 I BGB sollte ergänzt werden: „Mit dem Tode einer Person (Erbfall) gehen deren Vermögen (Erbschaft) und deren Personenrechte, soweit sie in irgendeiner Hinsicht sich vermögensrechtlich auswirken können, als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über." 436 437

V. Rechtspolitische

Bewertung

137

künfte über die an ihm vollzogene Behandlung und auf Einsicht in die K r a n kenunterlagen 4 4 0 übergeht. N a c h herrschender M e i n u n g geht dieses R e c h t - mangels einer entgegenstehenden B e s t i m m u n g des Erblassers - jedenfalls insoweit auf den E r b e n über, als es im R a h m e n vermögensrechtlicher B e z i e h u n gen (Schadensersatzansprüche gegen den A r z t oder gegen D r i t t e ) bedeutsam werden k a n n 4 4 1 . J e d o c h nimmt man wegen §§ 2 0 3 IV, 2 0 5 II S t G B an, die Verschwiegenheitspflicht des Arztes bestehe post m o r t e m weiter, und sie bestehe auch gegenüber dem E r b e n als dem Inhaber des Auskunftsanspruchs weiter. D a v o n befreien, das Auskunftsrecht des E r b e n „ ö f f n e n " und durchsetzbar machen, kann nach einer Auffassung nur der E r b l a s s e r 4 4 2 , k ö n n e n nach anderer M e i n u n g nur die Angehörigen als die N a c h f o l g e r der personenrechtlichen Stellung des Erblassers 4 4 3 . Beides ist schon de lege lata verfehlt, denn beides verstößt gegen den G r u n d s a t z der Universalsukzession, mit dem es zwar vereinbar ist, Rechtsverhältnisse für vollständig unvererbbar zu erklären, der es aber verbietet, sie zu „funktionsunfähigen G e b i l d e n (zu) v e r s t ü m m e l n " , indem man entweder den Willen des Erblassers in die H ä n d e des i.d.R. allein auskunftsfähigen Arztes legt 4 4 4 oder die personen- und die vermögensrechtlichen Befugnisse verschiedenen P e r s o n e n zuweist 4 4 5 . W ü r d e man den gesamten postmortalen Persönlichkeitsschutz de lege ferenda in Anlehnung an § 28 U r h G regeln, wäre man der entsprechenden P r o b l e m e ü b e r h o b e n . G e g e n die Vereinheitlichung Vermögens- und personenrechtlicher N a c h f o l ge wird Folgendes v o r g e b r a c h t 4 4 6 : D i e vermögensrechtliche N a c h f o l g e sei z u kunftsorientiert, der E r b e k ö n n e mit dem Nachlass grundsätzlich nach G u t dünken wirtschaften, daher werde durch das gesetzliche E r b r e c h t in der Regel die jüngere G e n e r a t i o n bevorzugt. D e m g e g e n ü b e r sei ideell-personenrechtliche N a c h f o l g e oft vergangenheitsorientiert, der N a c h f o l g e r sei bei der A u s übung den Interessen des Erblassers verpflichtet, daher werde oft die ältere G e n e r a t i o n b e v o r z u g t 4 4 7 . Ferner würden die Regeln über die Verwaltung im

Anerkannt in BGHZ 85, 327 = NJW 1983, 328. Vgl. nur BGH,]Z 1984, 279. 442 BGH, JZ 1984, 279 f. m. Anm. Giesen =FamRZ 1983, 1098 m. Anm. Bosch = N J W 1983, 2627. Ahnlich wie der BGH zur Schweigepflicht von Steuerberatern OLG Stuttgart, OLGZ 1983,6 = MDR 1983,236 und zur Schweigepflicht von Anwälten LG Koblenz, AnwBl 1983,238. 443 Nachw. bei Stein, FamRZ 1986, 7 (11 Fn. 38 f.). 444 Dieser wird sich hüten, Material für einen gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruch preiszugeben. 445 Zutreffend Windel (Fn. 5), 107 u. zuvor schon Stein, FamRZ 1986, 7(11). 446 Windel (Fn. 5), 104 f. 4 4 7 Indem z.B. der Ehegatte den Kindern vorgeht und ihnen nicht gleichsteht (z.B. § 2 III FeuerbestG). Bis zur Kindschaftsrechtsreform von 1998 konnte man auch auf §§ 1595a, 1600g II BGB a.F. verweisen, nach denen die Eltern des verstorbenen Ehemannes die Ehelichkeit eines Kindes oder die Anerkennung der Vaterschaft anfechten konnten. Die Vorschriften wur440 441

138

§1

Universalsukzession

R a h m e n einer Erbengemeinschaft (§§ 2 0 3 8 ff. B G B ) den besonderen P r o b l e men, die der postmortale ideelle Persönlichkeitsschutz mit sich bringe, nicht gerecht. E s sei erforderlich, dass einerseits Streitigkeiten unter mehreren E r b e n die D u r c h s e t z u n g des Schutzes nicht verhindern und dass andererseits derjenige, der als Verletzer in A n s p r u c h g e n o m m e n wird, eine endgültige Klärung der Rechtslage im Prozess erreichen k ö n n e . D e m entspreche nur eine R a n g o r d n u n g unter mehreren Wahrnehmungsberechtigten, innerhalb einer G r u p p e eine individuelle Klagebefugnis jedes Mitglieds bei Rechtskrafterstreckung auch zu Lasten der nicht am Prozess Beteiligten; in letzterem P u n k t (Rechtskrafterstreckung) sei § 2 0 3 9 B G B daher nicht geeignet. Diese Einwände

vermögen nicht zu überzeugen.

U m mit dem E i n w a n d aus

den §§ 2 0 3 8 ff. B G B zu beginnen, so wäre die Struktur der Erbengemeinschaft, wenn sie denn tatsächlich ungeeignet sein sollte, n o c h kein G r u n d , den E r b e n die persönlichkeitsrechtliche Wahrnehmungsbefugnis zu nehmen; man k ö n n t e bei Vorhandensein mehrerer E r b e n für den postmortalen Persönlichkeitsschutz besondere Verwaltungsregeln aufstellen. A u c h für die jetzige Rechtslage ist ja zumindest für das allgemeine postmortale Persönlichkeitsrecht 4 4 8 höchst unklar, o b einer von mehreren gleich nahen Angehörigen alleine entscheiden kann; bei der Erbengemeinschaft hat man immerhin eine klare Regelung. I m Ü b r i g e n stimmt es nicht, dass die Regeln der Erbengemeinschaft nicht sachgerecht sind: E s ist kein G r u n d ersichtlich, warum gerade b e i m postmortalen Persönlichkeitsschutz einer von mehreren R e c h t s i n h a b e r n bindende A l l e i n k o m petenz gerade im Interesse des Schuldners haben sollte. Dass ideell-persönlichkeitsrechtlicher Schutz oft vergangenheitsorientiert ist, mag zutreffen. D o c h ist das bei manch anderem Rechtsverhältnis ebenso, bei dem deswegen n o c h niemand die Vererblichkeit nach allgemeinen Regeln in Frage gestellt hätte. E s ist d o c h etwa s c h o n dann so, wenn das Persönlichkeitsrecht des Erblassers einen M o n a t vor seinem T o d verletzt wurde.

9. Keine neuen

Sonderrechtsnachfolgen

Von einigen werden de lege ferenda neue Sonderrechtsnachfolgen vorgeschlagen. So wird etwa erörtert, o b einem überlebenden Ehegatten / einem überlebenden Lebenspartner oder einem überlebenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (nichteingetragenen Lebenspartnerschaft), der im E i g e n heim des Erblassers zusammen mit diesem gewohnt hat, in Parallele zu § 563 B G B dieses als Lebensgrundlage durch eine Sondernachfolge erhalten werden kann (vgl. de lege lata § 1969 B G B ) . O d e r o b das E i g e n t u m an Familienpapieren

den beseitigt, weil man sie nicht mehr für zeitgemäß hielt. H i e r ist also ein Stück U n v e r e r b lichkeit eingetreten. 4 4 8 A b e r auch etwa bei § 2 2 S. 3, 4 K u n s t U r h G . Vgl. aber § 77 I V S t G B .

V. Rechtspolitische

Bewertung

139

und Familienerinnerungsstücken (vgl. de lege lata §§ 2047 II, 2373 S. 2 B G B ) außerhalb der Universalsukzession übergehen sollte. Für solche Regelungen besteht jedoch kein Bedarf, ganz davon abgesehen, dass sie sachlich und systematisch nicht zu rechtfertigen wären 4 4 9 .

449 'Windel (Fn. 5), 327 ff., m. umfassenden Nachw., beim Eigenheim für die (mit dem Prinzip der Universalsukzession vereinbare) Lösung, dem überlebenden Ehegatten unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1932 B G B einen gesetzlichen Anspruch auf Einräumung eines entgeltlichen Wohnrechts (§ 1093 B G B bzw. § § 3 1 ff. W E G ) bzw. eines entgeltlichen Nießbrauches (§§ 1030 ff. B G B ) einzuräumen.

§2 Vonselbsterwerb

I. Einleitung Die zweite eher rechtstechnische Grundlage des deutschen Erbrechts ist ebenfalls in der Fundamentalnorm des § 1922 I BGB enthalten: Die Erbschaft geht auf den oder die Erben über „mit dem Tode des Erblassers" 1 . Meist nennt man dies heute das Prinzip des Vonselbsterwerbs. Früher sprach man häufiger von Anfallprinzip - und konnte dafür eine größere begriffliche Nähe zum Gesetz für sich in Anspruch nehmen2. Im Folgenden wird die heute übliche Terminologie verwendet.

1 In § 2 0 2 5 des ersten BGB-Entwurfs [das Prinzip der Universalsukzession war in § 1749 E 1, zu Beginn des Erbrechts, geregelt; dessen Wortlaut o. § 1 II 6 a), S. 45] hatte die Regelung des Erbschaftserwerbs noch folgenden Wortlaut: Abs. 1: „Der Uebergang der Erbschaft auf denjenigen, welcher durch Verfügung des Erblassers von Todes wegen oder durch Gesetz als Erbe berufen ist, erfolgt, vorbehaltlich des Rechtes der Ausschlagung, kraft des Gesetzes (Anfall der Erbschaft)." Abs. 2: „Der Anfall erfolgt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, mit dem Erbfalle" Die zweite BGB-Kommission billigte den sachlichen Inhalt des § 2025 und überließ der Redaktionskommission die Prüfung der Frage, ob der § 2025 ganz oder teilweise als entbehrlich gestrichen und der Ausdruck „Anfall der Erbschaft" dem § 1749 (heute § 1922 B G B ) hinzugefügt werden könne (wie es ein Mitglied der Kommission beantragt hatte). Die Redaktionskommission strich die Worte „kraft des Gesetzes", setzte in § 1942 I die Worte „(Anfall der Erbschaft)" hinzu und verzichtete auf § 2 0 2 5 II, weil dessen Gehalt schon in § 1749 I E 1, dem heutigen § 1922 I B G B , formuliert war. Vgl. heute § 4 S. 1 H ö f e O : „Der H o f fällt als Teil der Erbschaft kraft Gesetzes nur einem der Erben (dem Hoferben) zu." Hier beschreiben die Worte „kraft Gesetzes" weniger den Erwerbsmodus, sondern eher den zwingenden Charakter des höferechtlichen Ein-Erbe-Prinzips. 2 §§ 1942 I, 2176 ff. B G B . Unter „Anfall" versteht das Gesetz grundsätzlich den kraft Gesetzes sich vollziehenden, aber unter dem Vorbehalt der Ausschlagung stehenden Eintritt in ein Recht. Doch ist die Terminologie nicht ganz einheitlich. So bezeichnet das Gesetz bisweilen auch die endgültig erworbene Erbschaft als angefallenen Erwerb (§§2287 I, 2344, 2371, 2385 B G B ) .

142

§2

Vonselbsterwerb

II. Begriff, Anwendungsfälle und Rechtsfolgen des Vonselbsterwerbs 1. Vonselbsterwerb

der

Erbenstellung

Wenn das Gesetz davon spricht, die Erbschaft gehe auf den oder die Erben „mit dem Tode des Erblassers" über, so ist damit ein Zweifaches ausgesagt. Zum einen bedeutet die fragliche Formulierung, dass es für den Erbanfall, also den Erbschaftserwerb durch den oder die Erben, keiner irgendwie gearteten Mitwirkung des oder der Erben bedarf, weder in Form eines Erbschaftsantritts (wie ihn bei den sog. extranei das römische Recht verlangte) noch in Form eines den Erwerb bejahenden oder zumindest nicht ablehnenden Willens, noch - sozusagen die geringstmögliche „Mitwirkungs"-Anforderung - in Form einer bloßen Kenntnis vom Erbfall; dass ferner keine gerichtliche oder behördliche Mitwirkung, etwa eine gerichtliche oder behördliche „Einweisung" in den Nachlass (wie in Osterreich), nötig ist; dass keine obligatorische Zwischenschaltung eines von Gericht oder Erblasser ernannten Verwalters (wie etwa im angelsächsischen Rechtskreis) in Rede steht 3 . Dass all dies nicht erforderlich (und nicht möglich) ist, ergibt sich daraus, dass der Erbanfall „mit" dem Erbfall, also dem Tod des Erblassers, und damit von Gesetzes wegen, also ipso iure, erfolgt. Da es sich beim Erbschaftserwerb somit nicht um die Folge eines Rechtsgeschäfts oder einer faktischen Besitzergreifung oder einer faktischen Kenntniserlangung vom Erbfall handelt, braucht der Erbe weder etwas zu tun, noch etwas zu wollen, noch etwas zu wissen, noch auch nur in der Lage zu sein, handeln, wissen und wollen zu können; Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Erben schadet in keiner Weise und macht in keiner Weise ein Handeln, Wissen oder Wollen des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Zum Zweiten ergibt sich aus § 1922 I B G B , dass es zwischen Erbfall und Erbanfall keinen zeitlichen Zwischenraum, nicht einmal den einer juristischen Sekunde gibt, dass es mithin zu keinem Zeitpunkt zu einem herrenlosen Nachlass, zu einer „ruhenden Erbschaft" („hereditas iacens") kommt. Denn der Erbanfall erfolgt mit „dem Tode" des Erblassers. Dass die Erbschaft „mit dem Tode" des Erblassers übergeht, bedeutet also zusammengefasst ein Doppeltes: 3 Überblick über die verschiedenen Systeme bei Staudinger/Otte, BGB, Bearb. 2000, § 1942 Rn. 2 f.; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl. 2001, § 8 I (S. 191 ff.). Guter rechtshistorischer Uberblick bei Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. 3/2, 8./9. Aufl. 1920, §§99 f. (S. 751-760). Speziell zu Bedeutung und Herkunft des deutschen Rechtssprichworts „Der Tote erbt den Lebendigen" Keyscher, Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft 5 (1841), 189 (205-207); Philips, Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft 7 (1831), 1-20; Gerber, System des Deutschen Privatrechts, 2.Aufl. 1850, §248 (S. 555 Fn. 11); Renaud, Zeitschrift für Rechtswissenschaft und Gesetzgebung des Auslands 19, 99 ff., 279 ff., 375 ff.; 20, 55 ff. (zur französischen Rechtsregel „le mort saisit le vif"); Albrecht, Die Gewere als Grundlage des älteren deutschen Sachenrechts, 1828, 34.

II. B e g r i f f , Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des

Vonselbsterwerbs

143

Die Erbschaft geht zum einen „ipso iure" („mit" dem Tode) und zum anderen „ipso morte" (mit „dem Tode") über. Man darf die beiden Aspekte des Vonselbsterwerbs nicht gleichsetzen. Dass der Erbanfall ipso iure erfolgt, impliziert nicht zwingend, dass er ipso morte erfolgt. Es ließe sich ohne weiteres denken, dass der Erbanfall zwar ipso iure, aber z.B. erst nach Ablauf einer gesetzlichen Ubergangsfrist sich vollzöge. Dass die Erbschaft ipso morte übergeht, bedeutet nicht, dass es nicht auch einen nach dem Erbfall liegenden Erbanfall geben könnte: Ist jemand unter aufschiebender Befristung oder unter aufschiebender Bedingung zum Erben eingesetzt und treten festgelegter Zeitpunkt oder Bedingung erst nach dem Erbfall ein, so wird der Eingesetzte Nacherbe (§§ 2100 ff. BGB). Nacherbschaft lässt das BGB, im Gegensatz zu manchen anderen Rechten (namentlich des romanischen Rechtskreises), zwar zu. Aber das hat keineswegs zur Folge, dass die Erbschaft bis zum Eintritt des Nacherbfalls subjektlos wäre. Vielmehr definiert §2100 BGB den Nacherben gerade als einen Erben (des Erblassers, nicht des Vorerben!), der erst Erbe wird, nachdem zunächst ein Anderer Erbe geworden ist. Dies Letztere ist zwingend, und wenn der Erblasser sich Gedanken nur über den Nacherben, nicht aber über den Vorerben gemacht hat, so hilft das Gesetz selbst aus: Nach § 2105 BGB sind die gesetzlichen Erben des Erblassers Vorerben (sog. konstruktive Vorerbschaft). Dass der Erbanfall ipso morte erfolgt, meint also streng genommen nur, dass im Zeitpunkt des Erbfalls auf jeden Fall ein Erbanfall erfolgt, ein Erbanfall, der möglicherweise (bei Anordnung von Nacherbschaft) nur ein erster Erbanfall ist. Auch beim Nacherbanfall (vgl. die Terminologie in § 2106 I BGB) bleibt es beim ipso-iure-Aspekt des Vonselbsterwerbs: Die Erbschaft fällt dem Nacherben automatisch, ohne eigenes Zutun, ohne sein Wissen und Wollen an, ohne gerichtliche oder behördliche Einweisung, ohne Zwischenschaltung eines Treuhänders (und seien es nur die Vorerben oder deren Erben) (§ 2139 BGB). Bei auflösender Bedingung (oder Befristung) der Erbeinsetzung vermeidet das BGB Herrenlosigkeit des Nachlasses dadurch, dass es im Notfall - d.h., wenn der Erblasser nicht selbst vorgesorgt hat - die gesetzlichen Erben zu Nacherben beruft (§2104 BGB, sog. konstruktive Nacherbschaft). Zwei Sätze gelten daher uneingeschränkt: Jeder Erblasser hat schon im Erbfall (mindestens) einen Erben. Jeder Erblasser hat in alle Ewigkeit (mindestens) einen Erben. Der ipso-morte-Aspekt des Vonselbsterwerbs wird übrigens in den Fällen der §§ 84, 1923 II BGB noch dadurch verstärkt, dass ein erst nach dem Erbfall rechtsfähig werdender Erbe nicht etwa bloß Nacherbe, sondern mittels einer Rückwirkungsfiktion „normaler" ipso-morte-Erbe wird. § 1923 II BGB 4 setzt, ohne dass dies der Wortlaut hinreichend zum Ausdruck brächte, nach allgemei4

Ähnliche Fragen wie bei § 1923 II B G B stellen sich bei § 84 BGB.

144

§2

Vonselbsterwerb

ner Meinung voraus, dass der nasciturus irgendwann nach dem Erbfall lebend geboren wird. In diesem Fall, und nur in diesem Fall, ordnet die Fiktion des § 1923 II BGB an, dass das Kind als bereits vor dem Erbfall geboren zu gelten hat - die Norm hält damit den Grundsatz des § 1923 I BGB formal aufrecht und bei der Frage, wer als Erbe berufen ist, so angesehen werden muss, als hätte es beim Erbfall schon gelebt. Die Rückwirkung der Rechtsbeziehung ändert aber nichts daran, dass tatsächlich das Erbrecht erst mit Geburt erlangt wird. Durch § 1923 II BGB wird nicht etwa eine volle partielle (auf die Erbfähigkeit bezogene) Rechtsfähigkeit des nasciturus anerkannt, von dem ja noch nicht sicher abgesehen werden kann, dass er lebend zur Welt kommt. Sondern es geht nur um die Anordnung einer rückwirkenden (partiellen) Rechtsfähigkeit des lebend geborenen Menschen. Wegen der Ungewissheit der künftigen Lebendgeburt besteht zwischen Erbfall und Geburt ein Schwebezustand. Ob man mit Rücksicht auf dieses „tempus vacuum" auch heute noch von einem (vorübergehend) „herrenlosen Nachlass" sprechen muss bzw. kann, ist praktisch ohne Belang und theoretisch zu verneinen. Stellt sich heraus, dass der nasciturus nicht mehr lebend zur Welt kommen kann, fällt die Erbschaft mit Wirkung vom Erbfall an den zur Zeit des Erbfalls Nächstberufenen an. Kommt der nasciturus lebend zur Welt, beantwortet § 1923 II BGB alle Fragen. In der Schwebephase werden die künftigen Rechte des künftigen Erben von den sorgeberechtigten Eltern (§ 1912 II BGB) wahrgenommen. Die Eltern können die Erbschaft vom Erbfall an ausschlagen 5 , aber erst nach der Geburt annehmen 6 . Dass die Eltern (bzw. ein Pfleger nach § 1912 I BGB) bereits ausschlagen und (nach wohl herrschender Meinung) bei Vorhandensein von Feststellungsinteresse auf Feststellung der Erbberechtigung des nasciturus klagen können, zeigt, dass bereits der nasciturus Träger eines (ausschlagbaren) subjektiven Rechts und Zuordnungssubjekt feststellungsfähiger Rechtsbeziehungen ist; ihm kommt damit eine von der Intensität her eingeschränkte partielle (d.h. auf das Erbrecht bezogene) Rechts- und Parteifähigkeit zu. Der als Erbe berufene nasciturus erwirbt nach alledem ipso iure und ipso morte zwar noch nicht das volle Erbrecht, wohl aber gewisse subjektive Rechte in Bezug auf den Nachlass, die es seinen gesetzlichen Vertretern erlauben, den Nachlass bis zu seiner Geburt in einem Umfang zu sichern, der dem der Schutzfähigkeit eines beim Erbfall schon lebenden Erben im Wesentlichen gleichkommt. Diese sofort einsetzende Sicherungsfähigkeit dient letztendlich auch 5

OLG Stuttgart, OLGZ 1993, 140 = NJW 1993, 2250; OLG Oldenburg, NJW-RR 1994, 651; LG Osnabrück, RPfleger 1993, 342; Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 8 III 1 b) (S. 197); MünchKomm/Leipold, BGB, 3. Aufl. 1997, § 1923 Rn. 19; Olzen, Jura 2001, 366 (367); Peter, RPfleger 1988, 107; Linde, BWNotZ 1988, 54 (56); a.A.: AG Recklinghausen, RPfleger 1988, 106; LG Berlin, RPfleger 1990, 362; KGJ 34, A 79; Palandt/Edenhofer, BGB, 61. Aufl. 2002, § 1946 Rn. 1. 6 KGJ4S,AU$;RJA 12,100.

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des Wonselbsterwerbs

145

den zur Zeit des Erbfalls Nächstberufenen, wenn sich endgültig herausstellt, dass der nasciturus nicht lebend zur Welt kommt. Von einem herrenlosen Nachlass kann daher auch in der Konstellation des § 1923 II BGB nicht gesprochen werden. Das Prinzip des Vonselbsterwerbs führt das Gesetz in voller Schärfe auch dann durch, wenn der zunächst berufene Erbe nicht (wie bei Vor- und Nacherbschaft) in zeitlicher Sukzession durch einen anderen Erben abgelöst wird, sondern wenn er die ihm angefallene Erbschaft nicht behalten will oder kann (Ausschlagung, Anfechtung, Erbunwürdigkeitserklärung). Hier fällt die Erbschaft ipso iure und ipso morte, d.h. kraft Gesetzes und vom Erbfall an (also rückwirkend), dem eventualiter berufenen Erben an, also wieder ohne dessen Wissen und Wollen und Tun und unter Vererbung auf seine eigenen Rechtsnachfolger (§§ 142, 1953, 2344 BGB). Daher darf der eventualiter Berufene in dem Augenblick, in dem die eventuelle Berufung (ex tune) wirksam wird, bereits verstorben sein; es genügt (ist aber auch nötig, § 1923 I BGB), dass er beim Erbfall lebte; der Anfall erfolgt dann zugunsten der Erbeserben. Mit diesem nur scheinbar bloß formalen Mechanismus ist zugleich ein wichtiges materiales Prinzip verbunden: Die Feststellung des eventualiter berufenen Erben ist an den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls auszurichten und nicht (wie im römisch-gemeinen Recht) an jenen zur Zeit des Wegfalls des Zunächstberufenen. Und das ist sachgerecht. Denn der zuletzt genannte Zeitpunkt erscheint aus der Sicht des Erblassers als zufälliger und ist auch praktisch wenig geeignet7. Bisweilen hat freilich auch die Rückwirkungsfiktion des geltenden deutschen Rechts wieder ihre eigenen Probleme, so etwa, wenn durch sie, wie es gerade in den zuletzt behandelten Fällen nicht selten vorkommt, erhebliche Zeiträume überbrückt werden. Einen theoretisch interessanten Spezialfall des Vonselbsterwerbs enthält § 14 III HöfeO. Nach dieser Vorschrift kann in Abweichung von § 2065 BGB der überlebende Ehegatte eines Hofeigentümers, wenn ihm der Eigentümer durch Verfügung von Todes wegen eine dahingehende Befugnis erteilt hat, unter den Abkömmlingen des Eigentümers den Hoferben bestimmen. Seine Befugnis erlischt, wenn er sich wieder verheiratet oder wenn der gesetzliche Hoferbe das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet. Die Bestimmung erfolgt durch mündliche Erklärung zur Niederschrift des Gerichts oder durch Einreichung einer öffentlich beglaubigten schriftlichen Erklärung. Mit Abgabe der Erklärung tritt der neu bestimmte Hoferbe hinsichtlich des Hofes in die Rechtsstellung des bisherigen gesetzlichen Hoferben ein. Der gesetzliche Hoferbe8 wird 7

Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 5 , 1 9 1 2 , § 64 I 2 (S. 33). Bzw. ein vom Erblasser bestimmter Hoferbe; auch zur Ersetzung eines solchen kann der überlebende Ehegatte ermächtigt werden: BGHZ 45, 199 (202) =RdL 1966, 132. Vgl. auch OLG Köln, FamRZ 1995, 57 f. und Hermann, ebd., 1396. 8

146

§2

Wonselbsterwerb

mit dem Erbfall, also ipso iure und ipso morte, Hoferbe 9 . Bestimmt später der überlebende Ehegatte einen neuen Hoferben, so fällt der Hof dem neuen Hoferben ebenfalls ipso iure an, aber nicht ipso morte. Denn die Bestimmung des neuen Hoferben wirkt nicht auf den Erbfall zurück. Auf der anderen Seite bleibt der ursprüngliche Hoferbe, ob es nun zur Bestimmung eines neuen Hoferben durch den überlebenden Ehegatten kommt oder nicht, bis zur Ausübung des Bestimmungsrechts Vollerbe; er ist nicht etwa nur Vorerbe, insbesondere nicht in seiner Verfügungsfreiheit beschränkt; Erbschein bzw. Hoffolgezeugnis für den ursprünglichen Hoferben können die Bestimmungsbefugnis des überlebenden Ehegatten enthalten, sie müssen es aber nicht. Im Fall des § 14 III H ö f e O haben wir also zwei hintereinander geschaltete Erbfälle vor uns, ohne dass diese sukzessive Erbfolge den ersten Erbfolger zum bloßen Vorerben degradieren würde. 2.

Rechtsfolgen

Insgesamt kann man sagen, dass nach der Konzeption des BGB der Erbanfall nur von drei Voraussetzungen abhängt: Erbfall („Tod einer Person", § 1922 I BGB), Berufung zur Erbschaft (durch Gesetz - §§ 1924 ff. BGB - oder Verfügung von Todes wegen - §§ 1937 ff. BGB - ) und Erbfähigkeit (§ 1923 I BGB). Diese Einschränkung der Voraussetzungen bewirkt das Prinzip des Vonselbsterwerbs. Voraussetzung des Erbschaftserwerbs ist z.B. nicht die Würdigkeit des Erben. Auch der Unwürdige erwirbt die Erbschaft. Seine Unwürdigkeit gibt nur dritten Personen das Recht, den Erbschaftserwerb durch Erhebung der Anfechtungsklage wegen Unwürdigkeit zu beseitigen (§§ 2339 ff. BGB). Das Prinzip des Vonselbsterwerbs ist, weil es für alle Berufungsgründe gleichermaßen gilt, berufungsgrundneutral, weil es für alle Erben gilt, gleichgültig, wie nahe oder wie fern sie dem Erblasser standen, erwerberneutral10 und, weil es (anders als bei der Ausschlagungsfrist, § 1944 BGB) nicht vom Aufenthaltsort des Erben abhängt, mag dieser „am Sterbebett stehen, mag er in der Nähe oder in fernsten Fernen weilen" 11 , erwerberaufenthaltsneutral. Die Rechtsfolgen des Prinzips sind zahlreich und gewichtig. Der Erbe wird unmittelbar Eigentümer aller Nachlasssachen; unmittelbarer Besitzer (§ 857 BGB), und zwar auch ohne eigenen Besitzergreifungsakt - von Dritten aus dem Nachlass entfernte bewegliche Sachen sind „abhanden gekommen", sodass an 9

Dazu und zum Folgenden Faßbender/Hötzel/v. Jeinsen/Pikalo, H ö f e O , 3. Aufl. 1994, §14 Rn. 33; Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 7. Aufl. 1999, §14 H ö f e O Rn. 94 ff.; H. Westermann, FS Möhring, 1965, 183 (189). De lege ferenda § 14 III H ö f e O ablehnend Windel, Uber die Modi der Nachfolge in das Vermögen einer natürlichen Person beim Todesfall, 1998, 322 f. 10 Anders teilweise das römische und das heutige französische Recht. 11 Lange/Kucbinke (Fn. 3), § 8 I 1 (S. 191).

II. B e g r i f f , Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des Wonselbsterwerbs

147

ihnen gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist - ; er wird Inhaber aller Nachlassforderungen, Schuldner der Erblasserschulden. Rechte und Verbindlichkeiten des Erben gegen den Erblasser konfundieren und erlöschen; dasselbe gilt im Prinzip für Rechte und Belastungen des Erben an Erblassergegenständen und umgekehrt (Konsolidation). Da der Nachlass stets einen Erben hat, besitzen die Nachlassgläubiger den Vorteil, dass sie durch Beantragung von Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz (§ 1975 BGB) stets gleichmäßige Befriedigung verlangen können, während etwa das römisch-gemeine Recht des 19. Jahrhunderts (Antrittserwerb!) dafür voraussetzte, dass entweder ein Erbe die Erbschaft bereits angetreten oder der Fiskus sich der „bona vaccantia" angenommen hatte, wozu er nicht gezwungen werden konnte; lehnte damals der Fiskus den Erwerb ab, so war niemand berufen, und jeder Gläubiger konnte die „bona" ergreifen, um sich alleine daraus bezahlt zu machen 12 . Konsequenz der römisch-gemeinrechtlichen Unterscheidung von Anfall der Erbschaft durch den Erbfall (Delation) und Erwerb der Erbschaft durch Antrittserklärung (Aquisition) war der (zuletzt freilich vielfach durchbrochene) Grundsatz, dass die schon angefallene, aber noch nicht erworbene Erbschaft nicht vererbt werden konnte. Dass das BGB hierin von seinem Ausgangspunkt her zu einem anderen Ergebnis kommen muss, ist offenkundig. Auch wenn der Erbe kurz nach dem Erbfall stirbt, geht die Erbschaft als Bestandteil seines Nachlasses auf seine Erben über. Im römisch-gemeinen Recht war das selbst in den zuletzt vielfach anerkannten Ausnahmefällen, den sog. Transmissionen, anders, da der Erbe des Erben vor vollendeter Aquisition nur das „ius successionis", nicht aber die „hereditas" selbst erwarb 13 .

3. Vonselbsterwerb

beim

Vermächtnis

a) Regelung des BGB Das Prinzip des Vonselbsterwerbs gilt auch für die Vermächtnisforderung. Auch hier tritt der Erwerb - freilich nur einer Forderung, nicht des Vermächtnisgegenstandes selbst (§ 2174 BGB) - „von selbst" ein. Die Forderung des Vermächtnisnehmers kommt zur Entstehung mit dem Erbfall (§ 2176 BGB), also ipso iure und ipso morte. Irgendein Tun (Erwerbsakt) oder irgendeine Kenntnis oder irgendein Wollen des Bedachten ist ebenso irrelevant wie die Frage, ob der Erbe schon angenommen hat. § 2176 BGB greift auch ein für den eventualiter berufenen Ersatzvermächtnisnehmer des § 2190 BGB, wenn bei Ausschlagung, Anfechtung, Vermächtnisunwürdigkeit des zunächst berufenen Vermächtnisnehmers nachträgliche Beseitigung des Anfalls eintritt (§§2180 III, 1953 I, II BGB, § 142 BGB, §§ 2345 1,142 BGB). 12 13

Binder, Die Rechtsstellung des Erben, Bd. 1, 1901, 70. Ebd., 71.

148

§2

Vonselbsterwerb

D a ein Erblasser w o h l zwingend (mindestens) einen E r b e n , nicht aber z w i n gend einen Vermächtnisnehmer hat, ist der i p s o - m o r t e - A s p e k t des Vonselbsterwerbs freilich nicht zwingend: Wird das Vermächtnis unter einer aufschiebenden Bedingung (beachte hier die regelmäßige Unvererblichkeit gem. § 2 0 7 4 B G B ) oder unter B e s t i m m u n g eines Anfangstermins angeordnet und tritt die Bedingung oder der Termin erst nach dem Erbfall ein (Zeitgrenze:

§2162

B G B ) , so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses erst mit dem Eintritt der B e d i n gung oder des Termins ( § 2 1 7 7 B G B ) , und dies (anders als bei konstruktiver Vorerbschaft), o h n e dass die Vermächtnisforderung zuvor mit dem Erbfall ein e m anderen angefallen sein muss. Wie § 2 1 7 9 B G B zeigt, erlangt der Vermächtnisnehmer, dem die Vermächtnisforderung erst nach dem Erbfall anfällt, mit dem Erbfall, anders als der N a c h e r b e , auch n o c h kein dinglich gesichertes Anwartschaftsrecht. M i t § 2 1 7 9 B G B und der in ihm erklärten A n w e n d b a r k e i t der für eine aufschiebend bedingt geschuldete Leistung geltenden Vorschriften (§§ 1 6 0 , 1 6 2 , nicht § 161 B G B ) verlässt das B G B freilich seinen Ausgangspunkt - Anfall erst mit Eintritt von Bedingung oder Zeitpunkt - der Sache nach wieder, da es dem Vermächtnisnehmer des § 2 1 7 7 B G B eine wenn auch nur schuldrechtliche, so d o c h nach h . M . übertragbare, pfänd- und verpfändbare (abgesehen von § 2 0 7 4 B G B sogar vererbbare) Anwartschaft (nicht zu verwechseln mit einem echten dinglichen Anwartschaftsrecht) gewährt 1 4 . Bei A n o r d n u n g eines Nachvermächtnisses (§ 2191 B G B ) verbleibt es für den VorVermächtnisnehmer bei der (allerdings auch hier abdingbaren) Regel des § 2 1 7 6 B G B ; auch der N a c h v e r m ä c h t n i s n e h m e r erlangt kein dingliches Anwartschaftsrecht. A u c h das Untervermächtnis (§§ 2 1 8 6 ff. B G B ) fällt (abgesehen von den A u s nahmen der §§ 2 1 7 7 f. B G B ) bereits mit dem Erbfall an, unabhängig auch v o n der A n n a h m e des Hauptvermächtnisses durch den Hauptvermächtnisnehmer. § 2 1 8 6 B G B enthält nur eine Fälligkeits-, keine Anfallsregel. § § 2 2 6 9 I I , 2 2 8 0 B G B bedeuten ebenfalls keine M o d i f i k a t i o n des Anfallszeitpunkts, sondern geben nur eine Zweifelsregel darüber, für welchen von zwei denkbaren Erbfällen das Vermächtnis angeordnet sein soll. D e r Anfall des Vermächtnisses hat übrigens teilweise stärkere W i r k u n g e n als der Anfall der E r b s c h a f t und des Pflichtteilsanspruchs. Vor der A n n a h m e kann ein Privatgläubiger des E r b e n nicht in den Nachlass vollstrecken (§ 778 I I Z P O ) 1 5 ; bevor der Pflichtteilsanspruch durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (s.u. § 2 I I I 7), kann er nicht (jedenfalls nicht mit Verwertungsbefugnis) gepfändet werden (§ 852 I Z P O ) . D i e Gläubiger des V e r m ä c h t nisnehmers vermögen dagegen die Vermächtnisforderung schon v o m Anfall an als Vollstreckungsobjekt anzusprechen (wobei freilich eine andere Frage ist, o b Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 29 IV 2 b) (S. 634). In den Erbteil eines Miterben kann der Erbeneigengläubiger aber wohl schon vor Annahme vollstrecken, da der Erbteil nicht zum Nachlass, sondern zum Eigenvermögen des Erben gehört. 14

15

II. Begriff| Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des Vonselbsterwerbs

149

und mit welchen Folgen der Vermächtnisnehmer nach der Pfändung das Vermächtnis ausschlagen kann; dazu u. § 2 III 2). b)

Entstehungsgeschichte

Die Regelung des B G B ist stark vom römischen Recht beeinflusst. Das römische Recht kannte, wie oben gesagt [§ 1 II 2 d)], zwei Arten des Vermächtnisses: Das Vindikationslegat und das Damnationslegat. Bei Ersterem erhielt der Vermächtnisnehmer das Eigentum am Vermächtnisgegenstand, bei Letzterem eine schuldrechtliche Forderung auf Übereignung des Vermächtnisgegenstandes. Da im römischen Recht bei Beerbung durch einen heres extraneus der Erbschsitsantritt des Erben den notwendigen Mittelpunkt der erbrechtlichen Sukzession bildete, wurde das Vermächtnis erst mit dem Erbschaftsantritt erworben 16 . Und zwar geschah der Erwerb des Vermächtnisses (wie gesagt nicht ipso morte, aber) ipso iure ohne Willenserklärung, ohne Wissen und Wollen des Legatars. Letzteres war beim Vindikationslegat ursprünglich umstritten 17 : Die Prokulianer verlangten für Vindikationslegate eine Annahmeerklärung des Legatars; bis zu ihrer Abgabe betrachteten sie den Vermächtnisgegenstand als herrenlos. Die Sabinianer ließen dagegen den Erwerb auch beim Vindikationslegat ipso iure eintreten; ihre Ansicht setzte sich durch. - Bei unbedingten und unbefristeten Legaten wurde schon mit dem Tod des Erblassers eine Anwartschaft auf das Vermächtnis begründet, die von jetzt an beim Tod des Legatars vor Erbschaftsantritt durch den Erben auf die Erben des Legatars überging (dies cedens legati); manche Pandektisten des 19. Jahrhunderts sprachen schon hier von „Anfall" des Vermächtnisses, von dem sie den gleich zu schildernden „Erwerb" des Vermächtnisses unterschieden18. Der endgültige Erwerb des Vermächtnisses vollzog sich jedoch erst mit dem Erbschaftsantritt des Erben (dies legati veniens)', mit dem dies veniens erwarb der Legatar beim Vindikationslegat das vermachte Recht; beim Damnationslegat konnte vom dies veniens an der Anspruch aus dem Vermächtnis gegen den Erben geltend gemacht werden19. - Bei bedingten und (im Sinne eines dies incertus 20 ) befristeten Vermächtnissen vollzog sich der ipso-iure-Anfall erst mit dem Eintritt von Bedingung oder Termin. Bis dahin kam es weder zur Entstehung einer Anwartschaft mit dem Erbfall, noch vermochte der Erbschaftsantritt, wenn bis dahin Vermächtnisbedingung 16 Zum Folgenden Käser, Das römische Privatrecht, Erster Abschnitt, 2. Aufl. 1971, § 186 (S. 752 ff.); Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 3, 9. Aufl. 1906, §§ 642, 643 (S. 627 ff.); Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reiches, Bd. 3, 1880, § 143 (S. 394 f.). 17 Gaius, Inst. II, 195,200. 18 Z.B. Windscheid/Kipp (Fn. 16), § 642 Fn. 4. 19 Bei Beerbung durch einen notwendigen Erben (heres suus) bestand zwischen dies cedens und dies veniens kein Unterschied (Windscheid/Kipp - Fn. 16 - , § 642 Fn. 11). 20 Bei Befristung durch dies certus ist dies cedens der Erbfall, dies veniens der Eintritt des Termins (wenn er vor der Erbschaftsannahme liegt).

150

§2

Vonselbsterwerb

oder Vermächtnistermin noch nicht eingetreten waren, Eigentumsübergang oder Forderungsentstehung zugunsten des Vermächtnisnehmers zu begründen. Im Erbrechtsentwurf Friedrich Mommsens von 1876 war zwischen „Anfall" und „Erwerb" des Vermächtnisses unterschieden. Der Anfall des Vermächtnisses sollte mit dem Tod des Erblassers erfolgen; anders nur bei aufschiebend bedingten und befristeten Vermächtnissen (§ 373). Der Erwerb des Vermächtnisses - also, da Mommsen nur das Damnationslegat zulassen wollte, der Vermächtnisforderung - erfolgte „durch die Erklärung des Willens, das Vermächtnis anzunehmen" (§ 374). Erlebte der Bedachte den Anfall des Vermächtnisses, starb er aber vor der Annahmeerklärung, so sollte das durch den Anfall erworbene „Recht auf das Vermächtnis" (genauer: das Recht zur Annahme des Vermächtnisses) auf die Erben des Bedachten übergehen 21 . Mommsen sah zwar 22 , dass neben dem römischen Recht auch die meisten anderen der damals geltenden Rechte - ALR1,12, § 288; Code Civil Art. 1014; Sächsisches BGB § 2426 den Erwerb des Vermächtnisses ipso iure eintreten ließen. Da der ipso iure eintretende Erwerb aber nicht so zu verstehen war, als ob das Vermächtnis nicht hinterher ausgeschlagen werden konnte, so sei, meinte er, der Unterschied praktisch nicht erheblich; er sei es namentlich dann nicht, wenn man als Folge des Erwerbs nur die Begründung einer Vermächtnisforderung, nicht aber dinglichen Rechtserwerb annehme. Für Mommsens Entwurf war weniger die Analogie des Erbschaftserwerbs als vielmehr der Umstand maßgebend, „daß es doch in Wahrheit von dem Willen des Bedachten abhängen muß, ob er in das durch das Vermächtniß begründete Verhältniß zum Beschwerten eintreten will oder nicht, und daß daher die Bestimmung, daß es zum Erwerb einer Annahme bedarf, als die dem wirklichen Sachverhältniß entsprechende angesehen werden muß". Der von der ersten BGB-Kommission eingesetzte Redaktor für den Erbrechtsvorentwurf 2 3 vertrat die Ansicht, die Frage: ob das Vermächtnis dem Bedachten kraft Gesetzes (mit dem Anfall) oder kraft besonderer Rechtshandlung (mit Anfall und Antretungserklärung) erworben werde, stehe mindestens legislatorisch in einem gewissen Zusammenhang mit der anderen Frage: ob der Bedachte mit der Erwerbung in allen Fällen nur eine Forderung auf Erfüllung gegen den Beschwerten oder (beim Vermächtnis bereits bestehender Rechte des 21 Bei bedingten Vermächtnissen erfolgte nach Mommsen der „Anfall" erst mit Eintritt der Bedingung. Anders bei bloß befristeten Vermächtnissen: Hier sollte der Anfall, wie im Regelfall, mit dem Erbfall erfolgen, doch musste für den Erwerb des Vermächtnisses hier sowohl die Annahme erklärt wie der Termin eingetreten sein. Mommsens Vorschlag für bedingte und befristete Vermächtnisse entsprach damit hinsichtlich ihrer Vererbbarkeit der Regelung des BGB (§§2074, 2177 BGB). 22 Zum Folgenden Mommsen, Entwurf eines Deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht nebst Motiven, 1876, 384; ferner Motive, V, 178. 23 Zum Folgenden Schubert, Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Erbrecht, Bd. 1, 1984, 403 ff.

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des Vonselbsterwerbs

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Erblassers) auch das vermachte Recht selbst unmittelbar dinglich erlange. Werde die letztere Frage in ihrer zweiten Alternative bejaht, liege jedenfalls die Bejahung der zweiten Alternative bei der ersten Frage näher. Der Redaktor entschied sich für den ipso-iure-Erwerb des Vermächtnisses. Das erste Argument für seine Lösung entnahm er der Tatsache, dass selbst diejenigen zeitgenössischen Rechte, die das Vindikationslegat kannten, ausnahmslos vom ipso-iureErwerb des Vermächtnisses ausgingen. Hinzu kam, dass die erste B G B - K o m mission bereits am 19.10.1876 sich beim Erbschaftserwerb durch den Erben für den ipso-iure-Erwerb ausgesprochen hatte; sei aber die Erbschaftserwerbung „kraft Rechtens" statuiert, so erscheine „ein Anderes beim Vermächtniß als eine in Nichts gerechtfertigte Anomalie und als eine Störung des Einklanges des Gesetzbuchs in den Grundprinzipien" 24 . Die Begründung Mommsens, dass der Erwerb des Vermächtnisses der Natur der Sache entsprechend vom Willen des Bedachten abhängen müsse, übersehe, dass der Wille des Bedachten beim ipsoiure-Erwerb des Vermächtnisses ebenso maßgebend sei wie bei der Antretung und dass es sich bei der Entscheidung nur um eine Konstruktionsfrage, nicht aber um ein Wollen des Bedachten handle. Für die beiden BGB-Kommissionen war die Entscheidung des Erbrechtsredaktors für den ipso-iure-Erwerb des Vermächtnisses nicht mehr zweifelhaft. Was die Terminologie anbelangt, so konnte anders als im Entwurf Mommsens im Vorentwurf des Redaktors und dann auch im B G B wegen des ipso-iureErwerbs ein Unterschied zwischen „Anfall" und „Erwerb" des Vermächtnisses nicht mehr bestehen; die römischrechtliche Abhängigkeit des Vermächtniserwerbs vom Erbschaftsantritt des Erben stand ohnehin nicht zur Diskussion 25 . Im B G B ist das Wort „Anfall" verwendet zur besonderen Betonung des ipsoiure-Erwerbs der Vermächtnisforderung. Das B G B versteht unter Anfall des Vermächtnisses, technisch gesprochen, den vorläufigen Erwerb des Vermächtnisanspruchs, d.h. denjenigen Erwerb, welcher durch Ausschlagung noch rückgängig gemacht werden kann 26 . Unter „Anfall" könnte man theoretisch auch verstehen die stets an den Erbfall sich knüpfende Veränderung der bloßen (durch die Verfügung von Todes wegen begründeten) Erwerbshoffnung zu einem Recht, mag dasselbe, wie im Regelfall, ein festes Recht auf Leistung sein oder, wie etwa bei Bedingung und Befristung des Vermächtnisses, in einem Ebd., 404. Motive, V, 178. Damit war auch der römischrechtliche Unterschied zwischen dies cedens und dies veniens beseitigt; Crome (Fn. 7), § 695 V (S. 392). 26 Motive, V, 177. Im ersten Entwurf des B G B war die Parallele zum Erbschaftserwerb auch noch terminologisch betont. § 2025 E l lautete: „Der Uebergang der Erbschaft auf denjenigen, welcher durch Verfügung des Erblassers von Todes wegen oder durch Gesetz als Erbe berufen ist, erfolgt, vorbehaltlich des Rechtes der Ausschlagung, kraft des Gesetzes (Anfall der Erbschaft)." §2025 E l stand systematisch am selben Ort wie der heutige §1942 B G B , während § 1749 I E l , der die Erbrechtsnormen des ersten Entwurfs einleitete, in etwa wie der heutige § 1922 I B G B formuliert war. 24

25

152

5 2

Vonselbsterwerb

noch bedingten oder befristeten Forderungsrecht bestehen; im BGB ist diese Terminologie jedoch abgelehnt 27 . 4. Vonselbsterwerb

bei der

Auflage

Das Prinzip des Vonselbsterwerbs gilt auch bei der Auflage. Zwar enthält das Gesetz keine ausdrücklichen Bestimmungen über den Anfall der Auflage. In § 2192 BGB wird nicht auf die entsprechenden Normen des Vermächtnisrechts (§§ 2176-2180 BGB) verwiesen. Weil aus der Auflage nur eine Pflicht des mit ihr Beschwerten, aber kein Anspruch des Auflagebegünstigten entsteht (§2174 BGB wird in § 2192 BGB absichtlich nicht zitiert), hielt man Anfallsregelungen für nicht erforderlich. Dabei hat man aber zumindest das Durchsetzungsrecht des Vollzugsberechtigten (§ 2194 BGB) übersehen 28 . Und auch die Rechtsposition des Begünstigten verlangt in Wahrheit nach einer Anfallsregelung; denn sie kann nicht einfach als ein Nullum betrachtet werden; aus ihr ergibt sich vor allem, dass die vom Auflageschuldner erbrachte Leistung nicht ohne Rechtsgrund, sondern cum causa erbracht wird. Es liegt nahe, die §§2176 ff. BGB trotz Schweigens des §2192 BGB analog anzuwenden 2 9 . Daher werden sowohl der Anspruch des Vollzugsberechtigten (§2194 BGB) wie auch die Rechtsposition des Auflagebegünstigten ipso iure und ipso morte erworben. Auch hier ist, wie beim Vermächtnisanspruch, der ipso-morte-Aspekt des Vonselbsterwerbs nicht zwingend: Der Anspruch des Vollzugsberechtigten entsteht bei aufschiebend befristeter oder aufschiebend bedingter Auflage erst mit Eintritt von Termin oder Bedingung (§2177 analog) 30 . Der Auflagebegünstigte muss im Zeitpunkt des Anfalls leben (§ 2160 BGB analog), nicht jedoch der Vollzugsberechtigte. 5. Zuwendung

bedingungshalber

Der Erblasser kann eine Zuwendung an die aufschiebende (oder auflösende) Bedingung der Leistung an eine dritte Person knüpfen (si aliquid fiat). Diese Leistung bedingungshalber (condicionis implendae causa datum) ist etwas anderes als die Zuwendung unter Auflage (ut aliquid fiat), da bei Letzterer die Zuwendung unbedingt und die Durchführung der Auflage Pflicht ist, während bei der Leistung bedingungshalber die Leistung dem freien Willen des bedin-

27

Vgl. den Wortlaut der §§2177-2179 und Motive, V, 177 f. Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 30 III 1 a) (S. 658). 29 Staudinger/Otte (Fn. 3), §2192 Rn. 17; tendenziell auch Lange/Kuchinke (Fn. 3), §30 III 1 a) (S. 658). 30 MünchKomm/Schlichting, BGB, 3. Aufl. 1997, §2194 Rn.9; Lange/Kuchinke (Fn.3), §30111 1 a) (S. 658). 28

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des Vonselbsterwerbs

153

gungshalber Eingesetzten unterliegt. Auch die Rechtsposition des Dritten fällt jedoch ipso iure an, wie bei der Auflage 31 .

6.

Teilungsanordnungen

Aus Teilungsanordnungen des Erblassers (§ 2048 B G B ; zum Begriff vgl. § 2306 I 1 B G B ) entstehen schuldrechtliche Ansprüche der Miterben untereinander. Solche Ansprüche unterliegen ebenfalls dem Vonselbsterwerb. Und dieser Satz ist nicht schon durch die obigen Ausführungen zu Vermächtnis und Auflage vorgegeben. Denn Teilungsanordnungen stellen nicht immer zugleich Vermächtnisse oder Auflagen dar 32 .

7. Pflichtteil a) Grundsatz Nach § 2317 B G B entsteht der Anspruch auf den Pflichtteil „mit dem Erbfalle", ohne Rücksicht auf den Willen des Berechtigten, ja sogar gegen seinen Willen, unabhängig von der Kenntnis der beeinträchtigenden Verfügung, also ipso iure und ipso morte 33 . Dass das B G B sich in § 2317 I eigens über den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung auslässt, ist auffällig, da bei anderen Ansprüchen eine besondere Bestimmung über den Entstehungszeitpunkt nicht für erforderlich gehalten wurde, im Vertrauen auf den Grundsatz, dass ein Anspruch mit dem Zeitpunkt entsteht, in dem seine Voraussetzungen erfüllt sind. Eine ausdrückliche Festlegung des Entstehungszeitpunkts hielt der Gesetzgeber beim Pflichtteilsanspruch namentlich „zur Abschneidung möglicher Zweifel" 3 4 für nötig. Solche Zweifel seien insbesondere denkbar dahin, ob der Anspruch nicht unter Umständen erst in einem späteren Zeitpunkt zur Entstehung gelange, z.B. in dem Fall, dass noch Ungewissheit bestehe, wer (endgültig) als Erbe eintreten wird. Die Festschreibung des Entstehungszeitpunkts erfolgte mithin vor allem zum Schutz des Anspruchsinhabers. Zweifel seien aber auch in umgekehrter Richtung möglich, etwa dahin, ob das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs vor dem Eintritt des Erbfalls gänzlich zu leugnen sei, speziell im Hinblick auf die Vorschriften über die Pflichtteilsergänzung (§§ 2325 ff. BGB). Mit dem ipso-morte-Aspekt des Anspruchserwerbs hängt eng zusammen die Bewertungsvorschrift des § 2311 I 1 B G B , derzufolge der Berechnung des Pflichtteils Bestand 31 A.A. Siber, Erbrecht, 1928, 62 f., 107. Die Erbschaftsteuerpflicht des Dritten entsteht freilich (ebenso wie bei der Auflage) erst mit Erfüllung der Bedingung (§§ 3 II Nr. 2 , 9 1 Nr. 1 d ErbStG). 32 Motive, V, 688. 33 RG, Recht 1918, 1259; RGZ 77, 238 (239); Motive, V, 417. 34 Motive, V, 417 (dort auch zum Folgenden); Protokolle, V, 525.

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§2

Vonselbsterwerb

und Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt werden, der Pflichtteilsberechtigte mithin von nach dem Erbfall eintretenden Wertsteigerungen des Nachlasses ausgeschlossen, von nachträglichem Wertverfall verschont bleibt. Im ersten Entwurf des BGB (§ 1992) wurde ausdrücklich nicht nur der ipsomorte-Aspekt, sondern auch der ipso-iure-Aspekt des Anspruchserwerbs betont: Der Pflichtteilsanspruch sollte „kraft des Gesetzes" mit dem Erbfall zur Entstehung kommen. Die Worte „kraft des Gesetzes" wurden von der zweiten BGB-Kommission als „entbehrlich" gestrichen. Eine sachliche Änderung war damit nicht bezweckt. Mit dem ipso-iure-Anfall des Pflichtteilsanspruchs war insbesondere denjenigen Modellen eine Absage erteilt, die die Rechtsposition des Pflichtteilsberechtigten von einer „Anfechtung" der Verfügung von Todes wegen abhängig machten. Der Pflichtteilsanspruch entsteht ipso iure und ipso morte auch im Fall der Pflichtteilsunwürdigkeit. Hier ist aber der Pflichtteilsanspruch (anders als bei Erbunwürdigkeit: außergerichtlich) anfechtbar (§ 2345 II BGB); wird wirksam angefochten, entfällt der Pflichtteilsanspruch mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt seiner Entstehung, also mit Rückwirkung auf den Erbfall (§ 142 I BGB). Das zur Erfüllung des Anspruchs Geleistete kann nach § 812 11 Alt. 1 BGB zurückgefordert werden; § 985 BGB greift von vornherein nicht ein, da nach § 2345 II BGB nur der Erwerb des Pflichtteilsanspruchs, nicht das zu seiner Erfüllung geschlossene dingliche Erfüllungsgeschäft angefochten werden kann. Von vornherein kein Pflichtteilsanspruch entsteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte durch lebzeitigen Vertrag mit dem Erblasser auf das Pflichtteilsrecht verzichtet, sei es nach § 2346 I BGB, sei es durch isolierten Pflichtteilsverzicht nach § 2346 II BGB. Dasselbe gilt, wenn der Pflichtteil durch letztwillige Verfügung des Erblassers wirksam entzogen ist (§§ 2333 ff. BGB). Auch bei Anordnung von Vor- und Nacherbschaft entsteht der Pflichtteilsanspruch in Übereinstimmung mit §2317 I BGB mit dem Erbfall. Schuldner des Anspruchs ist der Vorerbe und, wenn bis zum Eintritt der Nacherbfolge der Anspruch noch nicht erfüllt ist, der Nacherbe. Der Eintritt des Nacherbfalls begründet nicht etwa einen neuen, weiteren Pflichtteilsanspruch gegen den Nacherben, genauso wenig wie bei Vorhandensein mehrerer Miterben es mehrere Pflichtteilsansprüche gibt. Entscheidend für die Entstehung des Pflichtteilsanspruchs ist der Erbfall (Tod des Erblassers, § 1922 I BGB), nicht die Zahl der Erben, seien sie nun, wie bei Vor- und Nacherbschaft, Sukzessiverben oder, wie bei normaler Erbenmehrheit, Simultanerben. Die herrschende Meinung unterscheidet zwischen Pflichtteilsanspruch und Pflichtteilsrecht; von Ersterem ist in den §§2317, 2332 BGB die Rede, von „Pflichtteilsberechtigten" in den §§2305-2309, 2313-2316, 2318-2322, 23252329, 2338 BGB. Das Pflichtteilsrecht steht im Sinne der herrschenden Meinung den Abkömmlingen, den Eltern, dem Ehegatten des Erblassers schlecht-

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen des

Vonselbsterwerbs

155

hin, auf Grund Verwandtschaft und Ehe, zu; es ist ein zwischen dem Erblasser und den genannten Personen bereits zu Lebzeiten bestehendes, aber auch den Tod des Erblassers überdauerndes und mit dessen Erben sich fortsetzendes Rechtsverhältnis, das schon zu Lebzeiten des Erblassers rechtliche Wirkungen entfaltet (§§ 311b V, 1643 I i.V.m. 1822 Nr. 1 BGB, § 1822 Nr. 1 BGB [spricht allerdings von „künftigem Pflichtteil"], §§2281 I, 2346, 2351 BGB), etwa schon Gegenstand einer Feststellungsklage gegen den Erblasser sein kann 35 , und auch nach dem Erbfall außer dem Pflichtteilsanspruch noch andere Rechtspositionen (z.B. einen Auskunftsanspruch nach §2314 BGB, Einreden nach §§2318 f. BGB) erzeugt. Das Pflichtteilsrecht ist auch dann von Bedeutung, wenn im Einzelfall ein Pflichtteilsanspruch mit dem Erbfall nicht entsteht (§§ 2305 f., 2314, 2316,2319,2326 BGB) 36 . Das Pflichtteilsrecht entsteht ipso iure mit der die relevante Verwandtschaft begründenden Geburt bzw. mit der Ehe (ipso cognatione bzw. ipso matrimonio). Im Folgenden wird es, soweit nichts anderes gesagt ist, um den Pflichtteilsanspruch gehen. b) Pflichtteilsanspruch

nach

Ausschlagung

Ob der Satz vom ipso-morte-Erwerb des Pflichtteilsanspruchs ausnahmslos gilt, ist für alle Fälle strittig, in denen - bezüglich des Erbteils ausnahmsweise, weil von § 2303 BGB abweichend - trotz Ausschlagung (ja erst nach Ausschlagung) von Erbteil oder Vermächtnis ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden kann (§§ 1371 III, 2306 I 2, II, 2307 I BGB). Nach h.M. entsteht der Pflichtteilsanspruch in diesen Fällen erst mit der Ausschlagung, ist aber wegen der Rückwirkung der Ausschlagung so zu behandeln, als wäre er schon zur Zeit des Erbfalls entstanden 37 . Nach anderer Meinung entsteht der Pflichtteilsanspruch auch hier bereits mit dem Erbfall, nur steht dem Erben bis zur Ausschlagung durch den Pflichtteilsberechtigten eine Einwendung zu 38 . Die Streitfrage hat durchaus praktische Bedeutung 39 : Zwar ist man sich darüber einig, dass vor der Ausschlagung weder der Erbe in Verzug kommen noch gegen ihn ein Versäumnisurteil ergehen kann, und die Verjährungsproblematik ist ohnehin aus35 BGH, NJW 1974, 1084; BGH, N J W 1990, 911; BGH, NJW-RR 1993, 391; OLG Saarbrücken, N J W 1986, 1182. 36 Grundsätzlich BGHZ 28, 177. 37 So etwa Zitelmann, ArchBürgR 29, 159 ff.; Kretzscbmar, Das Erbrecht des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 2. Aufl. 1913, § 90 IV 2 Fn. 7; Strohal, Das deutsche Erbrecht auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. 1, 3. Aufl. 1903, § 53 I 2 (S. 452); Planck/Greiff, BGB, Bd. 5, 4. Aufl. 1930, § 2 3 1 7 Anm. 1; Erman/Schlüter, BGB, 10. Aufl. 2000, § 2 3 1 7 Rn.2; Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 37 VIII 2 (S. 920); Palandt/Edenhofer (Fn. 5), § 2317 Rn. 1. 38 RG, J W 1931, 1354 m. abl. Anm. Herzfelder, v. Lübtow, Probleme des Erbrechts, 1967, 33 ff.; ders., Erbrecht, 2 Bde., 1971, Bd. 1, 580; RGRK/Johannsen, BGB, 12. Aufl. 1975, § 2 3 1 7 Anm. 4. 39 Anders MünchKomm/Frank, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2 3 1 7 Rn.2; Soergel/Dieckmann, BGB, 12. Aufl. 1992, § 2317 Rn. 3; Lange./Kuchinke (Fn. 3), § 37 Fn. 357.

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§2

Vonselbsterwerb

drücklich durch das Gesetz geregelt (§ 2332 III BGB). Doch sind das nicht die einzigen Problembereiche. Beispiel 1: Praktisch wird die Frage etwa dann, wenn der N a c h e r b e zwischen Vor- und Nacherbfall verstirbt, sein Anwartschaftsrecht entgegen der Regel des § 2108 II BGB nicht vererblich ist und der Verstorbene vor seinem Tod das ihm noch zustehende Ausschlagungsrecht noch nicht ausgeübt hat 4 0 (beachte § 2306 II i.V.m. § 2306 I 2 BGB): Hier ist fraglich, ob der Erbe des verstorbenen N a c h e r b e n den Pflichtteil verlangen kann (sei es ohne, sei es mit durch ihn erklärter Ausschlagung).

Die h.M. ist abzulehnen: Sie geht davon aus, dass der Pflichtteilsanspruch in den genannten Fällen erst mit der Ausschlagung, also einem Verhalten des Erben, entsteht, und verstößt damit gegen das Prinzip des Vonselbsterwerbs. Die h.M. lässt ferner den eindeutigen Willen der Gesetzesverfasser außer Acht. In den „Motiven" heißtes nämlich zu unserem Problem 41 : „... erwirbter mit dem Eintritt des Erbfalls einmal definitiv den Pflichtteilsanspruch und dann den der Ausschlagung unterworfenen, vielleicht auch aufschiebend bedingten Anspruch aus der Hinterlassung. Solange er das Hinterlassene noch nicht ausgeschlagen hat, ist er nur in der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gehindert. Dieser entsteht schon mit dem Eintritt des Erbfalles; die Entstehung ist nicht als bis zur Entscheidung der Ausschlagungsfrage hinausgeschoben anzusehen." Die in §§ 1371 III, 2306 I 2, 2307 BGB verwendeten Worte „so kann er den Pflichtteil verlangen" sprechen nicht für die h.M., eher deuten sie (wenn auch nicht zwingend) in Richtung der hier vertretenen Lösung 42 . Für die universelle Durchführung des Prinzips „Vonselbsterwerb" spricht schließlich die N o r m des §2332 III BGB, die sich gerade auf die §§ 1371 III, 2306 I 2, 2307 BGB bezieht. Nach alledem entsteht der Pflichtteilsanspruch zwingend und ausnahmslos ipso iure und ipso morte. Für den konkreten Fall des zwischen Vor- u n d Nacherbfall versterbenden N a c h e r b e n bedeutet unsere Lösung: D e r N a c h e r b e hatte vor seinem Tod erstens einen Pflichtteilsanspruch (dem eine vorläufige Einwendung entgegenstand), zweitens ein (nicht vererbliches) Anwartschaftsrecht und drittens ein sich darauf beziehendes Ausschlagungsrecht. Mit seinem Tod ging das Anwartschaftsrecht unter. Das sich auf das Anwartschaftsrecht beziehende Ausschlagungsrecht ging ebenfalls unter, da das Ausschlagungsobjekt nicht mehr existiert. D a m i t entfällt aber auch die Einwendung, die bisher dem Pflichtteilsanspruch entgegenstand.

Der Pflichtteilsanspruch entsteht auch dann ipso morte, wenn entferntere Verwandte und Eltern nur deshalb einen Pflichtteilsanspruch erhalten (§ 2309 BGB), weil der näher berechtigte Abkömmling für erbunwürdig erklärt wird 40 Dazu mit Beispielsfällen und vernünftigem Lösungsansatz Bengel, ZEV 2000, 388 ff. (Die Lösung, die Bengel f ü r den im Text genannten Fall letztendlich präsentiert, vermag allerdings nicht voll zu überzeugen, da es entgegen seinen Ausführungen nicht darauf ankommen kann, ob das Anwartschaftsrecht des Nacherben vererblich war.) 41 V, 401; vgl. ferner Motive, V, 427 und Protokolle, V, 505 f. 42 So auch Bengel, ZEV 2000, 388 (390).

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen des Wonselbsterwerbs

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oder die Erbschaft ausschlägt; freilich gilt hier § 2332 III BGB nicht. Dass bei der durch Tod aufgelösten Zugewinngemeinschaftsehe die Höhe der Pflichtteilsquote von Eltern und Abkömmlingen (vgl. § 1371 I BGB u. § 1371 II BGB) im Ungewissen bleibt, solange der überlebende Ehegatte sich nicht entschlossen hat, eine ihm gemachte Zuwendung anzunehmen, ändert nichts daran, dass der nach endgültiger Entscheidung des überlebenden Ehegatten feststehende Anspruch auch in seiner H ö h e als mit dem Erbfall entstanden gilt. 8.

Testamentsvollstreckung

a) Gesetzliche

Regelung

Nach § 2202 I BGB beginnt das Amt des Testamentsvollstreckers mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das Amt annimmt. Dem Ernannten wird das Amt also von vornherein nicht gegen seinen Willen aufgedrängt, er kann es annehmen oder ablehnen, das Prinzip des Vonselbsterwerbs gilt nicht. Allerdings geht das Gesetz auf der anderen Seite auch nicht weiter als unbedingt nötig ist, um die Freiheit des Ernannten zu wahren: Von einer konstitutiven Mitwirkung durch das Nachlassgericht ist nicht die Rede, eine gerichtliche Bestellung wie beim Vormund (§ 1789 BGB) entfällt, das Nachlassgericht ist nach §2202 II BGB rein passiver Erklärungsempfänger und hat nach § 2202 III BGB gerade noch die Macht, die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Amtes zu beschleunigen. Zu beachten bleibt, dass, falls der Erblasser nichts anderes angeordnet hat, die Testamentsvollstreckung als solche schon mit dem Erbfall, also schon vor dem Amtsbeginn des konkreten Testamentsvollstreckers, beginnt. Das hat zur Folge, dass der Erbe über die der Testamentsvollstreckung unterworfenen Nachlassgegenstände nicht verfügen und den Nachlass nicht verpflichten (§ 2211 BGB) und die Privatgläubiger des Erben nicht auf das vollstreckungsunterworfene Nachlassvermögen zugreifen (§ 2214 BGB) können, weil sonst in der Zwischenzeit bis zum Amtsbeginn des Vollstreckers der Zweck der Vollstreckung ganz oder teilweise vereitelt werden könnte 43 . Zwischen Erbfall und Amtsbeginn ist daher keine Person vorhanden, die über die vollstreckungsunterworfenen Nachlassgegenstände verfügen könnte. Wenn vor Amtsbeginn entweder der Erbe oder der vorgesehene Vollstrecker Verwaltungsmaßnahmen durchführen, stellen sich komplizierte Rechtsfragen: Lehnt der Vollstrecker die Annahme des Amtes ab und kommt es auch nicht zum Amtsantritt eines Er-

43

BGHZ 25, 275 (282); BGHZ 48, 214 (220) = N J W 1967, 2399; KG] 40, A 196; OLG Posen, PosMschr 1909, 49; MünchKomm/Brandner, BGB, 3. Aufl. 1997, §2211 Rn. 3, §2202 Rn. 4, § 2197 Rn. 2; Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 31 V 4 (S. 686); Kipp/Coing, Erbrecht, 14. Bearb. 1990, §70 I (S.398); Strohal (Fn. 37), §40 a, Fn.41 (S.286); Planck/Flad, BGB, Bd. 5, 4. Aufl. 1930, §2211 Anm. 3; Ebecke, Gruchot 61, 564.

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§2

Vonselbsterwerb

satzvollstreckers, sind die vom Erben in der Zwischenzeit getroffenen Verfügungen wegen Gegenstandslosigkeit der Testamentsvollstreckung als solcher von vornherein wirksam 4 4 . Nimmt der Vollstrecker das Amt an, so sind die Verfügungen des Erben nur dann (ex tunc) wirksam, wenn der Vollstrecker sie genehmigt (§184 BGB) 45 . Vor Amtsannahme vorgenommene Rechtsgeschäfte des Vollstreckers sind unwirksam und werden - nach h.M. - mit der späteren Annahme des Amtes nicht ohne weiteres wirksam; § 1959 II BGB ist nicht entsprechend anzuwenden, und § 185 II 1 Alt. 2 BGB gilt ebenfalls nicht, auch nicht für Verfügungen im technischen Sinne 46 . Nach dem Amtsbeginn können vorzeitige Rechtsgeschäfte des Vollstreckers daher nur entsprechend den §§ 177, 184 BGB (für Verpflichtungsgeschäfte) und den §§ 185 II 1 Alt. 1, 184 BGB (für Verfügungsgeschäfte) wirksam werden, also durch (ausdrückliche oder konkludente, jedenfalls rückwirkende) Genehmigung des Vollstreckers. Ein vor Amtsbeginn vom Ernannten vorgenommenes einseitiges Rechtsgeschäft ist entsprechend § 180 BGB nichtig. Wohlgemerkt: Bei all diesen Sätzen handelt es sich keineswegs um juristisches Allgemeingut, sondern um die Summe mehrerer herrschender (vielfach bestrittener) Meinungen. Lehnt der Ernannte die Annahme des Amtes ab, so kommt es darauf an, ob der Erblasser für einen Ersatzvollstrecker gesorgt oder zumindest ein Ersuchen nach § 2200 I BGB gestellt hat. Ist weder das eine noch das andere der Fall, endet die Testamentsvollstreckung als solche und damit die Beschränkung des Erben. b)

Entstehungsgeschichte

Was waren die Gründe des Gesetzgebers dafür, dass er das Prinzip des Vonselbsterwerbs auf das Amt des Testamentsvollstreckers nicht anwandte? Der Vorentwurf des BGB-Erbrechtsredaktors v. Schmitt von 1879 47 hatte noch differenziert: Nach § 151 I sollten drei Gruppen von Personen zur Durchführung der Tätigkeiten eines Vollstreckers (ausnahmsweise) verpflichtet sein, nämlich öffentliche Notare (Nr. 1), Erben und Vermächtnisnehmer, die das ihnen Hinterlassene angenommen haben (Nr. 2), und schließlich „die zu Vollstreckern ernannten Personen, welche sich zur Annahme der Ernennung dem Erblasser oder einem Erben gegenüber bereit erklärt oder sich der Ausführung des Geschäftes unterzogen haben" (Nr. 3). Nach § 151 III des Vorentwurfs sollte jeder Beteiligte beim Nachlassgericht beantragen können, dass der Ernannte „zur Erklärung über die Annahme" in angemessener Frist aufgefordert werde. Die Be44 Staudinger/Reimann, BGB, 13. Bearb. 1996, § 2 2 1 1 Rn. 6; Soergel/Damrau, BGB, 12. Aufl. 1992, §2211 Rn.2; MünchKomm/Brandner (VnAI), § 2 2 1 1 Rn.3. 45 RGZ 87, 432; Kipp/Coing (Fn. 43), § 70 I (S. 398). 4 6 Darstellung des Meinungsstandes m.N. etwa bei MünchKomm/Brandner (Fn. 43), § 2202 Rn. 4. 47 Schubert (Fn. 23), 33 (§ 151), 455 ff., v.a. 460 f. (Begründung).

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen

des Vonselbsterwerbs

159

gründung sagt zu diesem § 151 III: „Die Bestimmung ist selbstverständlich auf die Fälle beschränkt, wo es der Annahmeerklärung überhaupt oder noch bedarf." Daraus lässt sich entnehmen, dass - entgegen dem missverständlichen Wortlaut von § 151 I Nr. 3 des Entwurfs - eine (postmortale) Annahme des Amtes (oder allgemeiner gesprochen: der Position des Vollstreckers) in all den Fällen nicht erforderlich sein sollte, in denen der Entwurf den Ernannten zur Durchführung der Verrichtungen eines Vollstreckers für verpflichtet hielt, also namentlich in den Fällen, in denen der Ernannte schon dem Erblasser gegenüber der Ernennung zugestimmt hatte. Die Änderungsanträge des Referenten zu diesem Vorentwurf48 behielten §151 grundsätzlich bei, fügten der Norm aber folgenden Absatz 4 hinzu: „Das Amt des Vollstreckers beginnt mit der Übernahme und, wenn derselbe hierzu verpflichtet ist, von dem Zeitpunkte, in welchem er von dem Eintritte des Erbfalles und seiner Verpflichtung Kenntniß erlangt hat." Die Begründung dazu führt aus, eine Vorschrift über den Beginn des Amtes sei wünschenswert, „um einen festen Anhaltspunkt hinsichtlich der Verpflichtungen des Vollstreckers wegen der Nachlaß Verwaltung zu gewinnen"49. Man wollte also mit dem neuen § 151 IV hauptsächlich den Vollstrecker selbst (im Innenverhältnis zum Erben) schützen. Mit dieser Regelung war nunmehr jedenfalls auch in den Verpflichtungsfällen der Erwerb des Amtes (i.d.R.) auf einen nach dem Erbfall liegenden Zeitpunkt hinausgeschoben und von einem in der Person des Ernannten liegenden Umstand, nämlich seiner Kenntnis von Erbfall und eigener Verpflichtung, abhängig gemacht. Der erste Entwurf des BGB (§ 1892) brachte dann bereits die noch heute geltende Regelung: Fälle, in denen der Ernannte zur Durchführung der Vollstreckung verpflichtet sein sollte, wurden nicht mehr erwähnt (ohne dass freilich ihre Möglichkeit dadurch bestritten werden sollte). Das Amt des Vollstreckers sollte mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Ernannte das Amt durch nach dem Erbfall liegende Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht annimmt. Auf Antrag eines Beteiligten hatte der Ernannte sich binnen einer vom Nachlassgericht gesetzten Frist über die Annahme oder Ablehnung zu erklären50. Die Be48 Erstmals gedruckt Berlin 1886; Wiederabdruck bei Schubert, Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Erbrecht, Bd. 2, 1984, 585 ff. 49 (Fn.48), 745. 5 0 Ein Anderungsvorschlag zu § 1892 E l , gemacht vom Gutachter des 21. Deutschen Juristentages zum Thema „Ist die vom Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuchs angenommene Stellung des Testamentsvollstreckers zu billigen und wie ist sie nöthigen Falls anders zu regeln?", findet sich in: Zusammenstellung der gutachterlichen Äußerungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, gefertigt im Reichsjustizamt, Bd. 6, Nachträge, Neudruck der Ausgabe 1891, 1967, 659 f.: Die (weitergehenden) Befugnisse des mit der Verwaltung betrauten Vollstreckers und die damit gegebene rechtliche Bindung des Nachlasses sollte erst mit der Annahmeerklärung des Vollstreckers vor dem Nachlassgericht beginnen. Dagegen sollte die

160

§ 2

Vonselbsterwerb

gründung ist lakonisch 51 : „Für den Beginn des Amtes paßt nicht der Anfall kraft des Gesetzes; es muß positive Annahme erfordert werden" 5 2 . Da sich an die Annahme wichtige Rechtsfolgen knüpften und diese sich auch auf Dritte erstreckten, habe man zum Schutze eben dieser Dritter eine Annahme gegenüber dem Erben für nicht genügend erachtet; nur eine Erklärung gegenüber dem Gericht könne auch von Dritten ohne Schwierigkeiten festgestellt werden. „Einer Erklärung der Bereitwilligkeit, das Amt zu übernehmen, gegenüber dem Erblasser oder einem Erben, kann eine besondere Wirkung nicht beigelegt werden 53 . Aus den Gründen, aus welchen Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte verlangt wird, kann ferner nicht einem thatsächlichen Eingreifen des Ernannten eine besondere verpflichtende Wirkung 54 zugeschrieben werden." In der zweiten BGB-Kommission waren zwei Änderungsanträge gestellt 55 : Nach dem einen sollte der Ernannte 56 die Annahme oder Ablehnung dem Nachlassgericht nur „anzeigen" müssen. Nach dem zweiten konnte der Ernannte „in dringenden Fällen das Amt schon vor der Annahme ausüben"; die von ihm vorgenommene Handlung sollte jedoch nicht als in Ausübung des Amtes erfolgt gelten, wenn er nicht binnen zwei Wochen nach der Vornahme der Handlung die Annahme erklärte 57 . Die Kommission lehnte beide Anträge ab. Man glaubte „im Hinblick auf die auch für dritte Personen höchst wichtigen Folgen der Annahme und bei der Geringfügigkeit der dem Testamentsvollstrecker erwachsenden Beschwerung", vom Erfordernis einer dem Gericht gegenüber abzugebenden Erklärung nicht abgehen zu können, so fremd dieses Erfordernis auch dem bis dahin geltenden Recht sein möge. Eine stillschweigende Übernahme des Amtes sei nicht mit der Fristsetzungsmöglichkeit des (heutigen) § 2202 III B G B zu vereinbaren, „da es durch Unkenntniß des Betheiligten und des Nachlaßgerichts von der thatsächlich bereits erfolgten Uebernahme der Testamentsvollstreckung leicht dahin kommen könne, daß dem Verantwortlichkeit des Vollstreckers mit beschränkterer Machtsphäre, falls sich der Ernannte dem Erblasser gegenüber zur Übernahme im Voraus dauernd bereit erklärt hatte, bereits mit der Kenntnis vom Erbfall ihren Anfang nehmen. Vgl. auch Verhandlungen des 21. Deutschen Juristentages, Bd. 1, 1890, 36. Otto Bähr wollte in seinem „Gegenentwurf zu dem Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich" (1892), § 1689, den zum Vollstrecker Ernannten lediglich verpflichten, die Annahme oder eine etwaige Ablehnung des Amtes beim Nachlassgericht „anzuzeigen". 51 Motive, V, 220 f. 5 2 In den (bisher unveröffentlichten) Beratungsprotokollen der ersten BGB-Kommission heißt es genauer (S. 9631): „Für den Beginn des Amtes des Vollstreckers passe nicht Anfall von Rechtswegen mit Entsagungsrecht, sondern sei positive Annahme erforderlich." 53 Gemeint ist eine erbrechtliche Wirkung; eine schuldrechtliche Wirkung sollte nicht ausgeschlossen sein, sondern sich nach allgemeinen Grundsätzen beurteilen. 5 4 Gemeint ist wohl: die erbrechtliche Wirkung des Amtsbeginns. 5 5 Zum Folgenden Protokolle, V, 252 f. 5 6 In Ubereinstimmung mit Bährs Gegenentwurf (Fn. 50). 5 7 Vgl. Bährs Gegenentwurf (Fn. 50), Anm. zu § 1689.

II. Begriff, Anwendungsfälle

und Rechtsfolgen des Vonselbsterwerbs

161

Testamentsvollstrecker der erfolgten Uebernahme des Amtes ungeachtet noch nachträglich eine Frist zur Erklärung gestellt werde, nach deren erfolglosem Ablaufe das Amt als abgelehnt gelte". Eine solche für den Verkehr gefährliche Unsicherheit müsse durch Verzicht auf die Zulassung einer auch stillschweigenden Annahme vermieden werden. Freilich sei nicht zu verkennen, dass bei Erbfällen oft dringliche Geschäfte erledigt werden müssten und dass ein rasches Einschreiten des Vollstreckers erwünscht sei. Diesem Bedürfnis könne jedoch nur durch möglichste Beschleunigung der vorgeschriebenen Annahmeerklärung abgeholfen werden, denn auch die im zweiten Änderungsantrag vorgeschlagene einstweilige Handlungskompetenz bringe Gefahren für die Rechtssicherheit mit sich. Kündige z.B. der Ernannte, um die Kündigungsfrist zu wahren, alsbald nach dem Erbfall einem Angestellten des Erblassers und lehne er danach das Amt ab, so gerate der andere Teil in eine missliche Lage, wenn er sich inzwischen anderweitig gebunden habe und nun durch die Unwirksamkeit der Kündigung in seiner bisherigen Stellung festgehalten werde. Solche Misslichkeiten seien also bei Annahme des zweiten Antrags nicht ausgeschlossen und noch eher durch die Regelung des Entwurfs zu vermeiden. In manchen Fällen würden auch die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag helfen. Versucht man diese Erwägungen der beiden B G B - K o m m i s s i o n e n in den G e samtzusammenhang der Testamentsvollstreckungsnormen einzuordnen, so erkennt man aufschlussreiche Zusammenhänge. Im Laufe der B G B - E n t s t e h u n g setzten sich, soweit für unser Problem von Bedeutung, teils von Anfang an, teils erst mit fortschreitender Beratung, drei Grundgedanken durch: Die im 19. Jahrhundert herrschende Mandatstheorie, die die Testamentsvollstreckung nach Analogie des Auftrags behandelte, in ihr also ein im Kern lebzeitiges Geschäft sah, wurde durch den Gedanken abgelöst, dass die Testamentsvollstreckung ein rein erbrechtliches Institut sei und daher ausschließlich durch Verfügung von Todes wegen begründet werde 5 8 . Hatte sich der erbrechtliche Charakter der Testamentsvollstreckung einmal durchgesetzt, so musste zweitens geklärt werden, ob die Testamentsvollstreckung einem der bisherigen letztwilligen Verfügungstypen, etwa der Auflage, zu subsumieren oder als weiterer eigenständiger Verfügungstypus zu begreifen war. D e r B G B - G e s e t z g e b e r entschied sich für das Zweite. D e r wesentliche Inhalt der Ernennung besteht demnach nicht in der an den Erben gerichteten Auflage, die Verwaltung durch den Vollstrecker zu dulden und zu ermöglichen, sondern in der Übertragung eines mit Rechten und Pflichten verbundenen Amtes 5 9 . Die dritte Frage ging dahin, welches Maß an öffentlicher Aufsicht über den Vollstrecker nötig ist. Man entschied sich für eine rein privatrechtliche Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung und damit - anders als etwa das schweizerische Z G B , das angelsächsische Recht und 58 59

Schubert (Fn. 23), 451 ff. Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, 53 ff.

162

§ 2

Vonselbsterwerb

das Recht der nordeuropäischen Staaten - gegen jede behördliche oder gerichtliche Aufsicht über den Vollstrecker. Ja, die großzügige Zulassung eines mit erweiterten Machtbefugnissen ausgestatteten rein privatrechtlichen - übrigens auch nicht im Interesse der Nachlassgläubiger handelnden - Testamentsvollstreckers erlaubte es dem Staat nach eigenem Selbstverständnis gerade, sich weitgehend aus der Nachlassabwicklung zurückzuziehen 60 . Für eine streng durchgeführte Mandatstheorie enthält die letztwillige Verfügung, in der ein Testamentsvollstrecker ernannt wird, gewissermaßen eine Offerte zum Abschluss eines Mandatsvertrages. Hat der Erblasser dem gekorenen Vertrauensmann seine Absicht schon zu Lebzeiten eröffnet und seine Zustimmung eingeholt, so ist der Vertrag schon lebzeitig geschlossen; wenn nicht, dann obliegt es dem Ernannten, die Offerte nach dem Erbfall entweder anzunehmen oder abzulehnen. Der Redaktor des Vorentwurfs hatte sich nun zwar im Grundsätzlichen von der Mandatstheorie bereits verabschiedet und den erbrechtlichen Charakter der Testamentsvollstreckung betont. So ganz hat er sich jedoch aus dem Bann der Mandatstheorie noch nicht zu befreien vermocht, steht doch bei ihm die Verpflichtung des Vollstreckers zur Tätigkeitsaufnahme im Vordergrund und knüpft doch das „Amt" (das eben aber noch nicht als echtes „Amt" gedacht ist) gewissermaßen an den Beginn der Verpflichtung an. Die endgültige Konstruktion des Amtsbeginns ihrerseits geht wieder zu weit in Richtung des „öffentlichen" Amtes, des Schutzes von Nachlassgläubigern und sonstigen Dritten, indem sie dem Gericht gegenüber erklärte Annahme erfordert. Sie denkt zwar nicht mehr in Vertragskategorien (da ja die Annahme dem Erblasser und dem Erben gegenüber nicht genügen soll), kommt aber letztlich materiell (weil sie die Zustimmung des Ernannten verlangt) zum selben Ergebnis. Der rein erbrechtliche Charakter der Testamentsvollstreckung, ihr Verständnis als eigenständiger letztwilliger Verfügungstypus sowie der Verzicht auf jede staatliche Einmischung in die rein privatrechtliche und auch nicht gläubigerorientierte Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung hätten die Anwendung des Vonselbstprinzips nahegelegt. Gerade die Regelung für den Amtsbeginn des Vollstreckers ist somit ein eindrückliches Beispiel dafür, wie der BGB-Gesetzgeber die weitreichenden, ja radikalen Neuerungen im Recht der Testamentsvollstreckung, für die er sich entschied, bisweilen selber noch nicht in voller Konsequenz durchzuführen wusste, sondern bei Detailfragen immer wieder, beeinflusst durch andere Vollstreckermodelle, ins Schwanken geriet.

60

Vgl. zu diesen Zusammenhängen Muscheler (Fn. 59), 8 ff., 32 f.

III. Beseitigung

9.

des

Wonselbsterwerbs

163

Vormundbenennung

Nach §§ 1776 f. B G B können Eltern durch letztwillige Verfügung einen Vormund für ihr minderjähriges Kind benennen. Dass hierfür das Prinzip des Vonselbsterwerbs nicht gilt und nicht gelten kann, der Benannte also nicht mit dem Tod der Eltern automatisch Vormund wird, hat mit folgenden Gründen zu tun: Jeder Vormund, auch der von den Eltern benannte, steht unter ständiger Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Jede Vormundschaft, auch diejenige der §§ 1776 f. B G B , unterliegt staatlicher „Obervormundschaft". Jeder Vormund, auch der nach §§ 1776 f. B G B Benannte, wird durch besonderen Akt des Vormundschaftsgerichts bestellt (§ 1789 B G B ) . Auch der von den Eltern benannte Vormund kann bei Vorliegen bestimmter Gründe übergangen werden (§ 1778 BGB).

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs 1. Ausschlagung der

Erbenstellung

a) Grundsatz § 1942 I B G B bestätigt noch einmal das bereits in § 1922 I B G B verankerte Prinzip des Vonselbsterwerbs und zieht, die Anfallsregelung weiterführend, aus einem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz die erbrechtliche Folgerung: Niemandem soll ein Recht aufgedrängt werden (invito non datur 61 ), und daher geht die Erbschaft auf den berufenen Erben „unbeschadet des Rechtes über, sie auszuschlagen". Mit dem Erbschaftsanfall entsteht das Ausschlagungsrecht; Letzteres steht in zwingender Konnexität mit Ersterem. § 1942 I B G B ist mit der Anordnung des Ausschlagungsrechts nicht etwa eine Ausnahme zu § 1922 I B G B . Erst ipso-iure- und ipso-morte-Anfall einerseits und Ausschlagungsrecht andererseits bilden zusammen das vom B G B adaptierte Modell des ausschlagbaren Vonselbsterwerbs. Anders formuliert: Selbst wer die alte Schulregel „Singularia non sunt extendenda" (Ausnahmevorschriften dürfen nicht ausgedehnt werden) methodologisch heute noch billigt, darf nicht allein unter Berufung auf sie eine das Ausschlagungsrecht begünstigende extensive Interpretation der in den §§ 1942 ff. B G B enthaltenen Normen ablehnen. Das B G B hat in den §§ 1922 1,1942 I die Regelung des römischen Rechts für die sog. Hauserben (sui heredes) übernommen. Den Hauserben fiel die Erb61 Vgl. etwa §516 II B G B , §333 B G B und (so die h.M.) §§333, 2180 B G B analog beim Auslobungsanspruch (zu Letzterem etwa Medicus, Allgemeiner Teil des B G B , 7. Aufl. 1997, Rn. 1000). Nur der Fiskus als letzter gesetzlicher Erbe ist Zwangserbe (§ 1942 II BGB). Vgl. im Französischen, in Anlehnung an die Coutumes de Paris (Art. 316), „II ne se porte héritier qui ne veut"; dazu Daguin, Axiomes, aphorismes et brocards français, 1926, Nr. 987

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§ 2

Vonselbsterwerb

schaft ohne entsprechende Antrittshandlung oder Antrittserklärung der Erben, also ipso iure, an. Aus dieser Lage konnten sich die Hauserben ursprünglich nicht befreien, was wohl einerseits mit dem Zwang zur Fortführung des Familienkultes - diese Fortführung war an die Erbenstellung gebunden - und andererseits mit der Vorstellung einer Vermögenszuordnung an die ganze Familie zusammenhing. Später erhielten die Hauserben durch Honorarrecht die Ausschlagungsbefugnis. Alle Erben, die nicht Hauserben waren, erwarben als hausfremde Außenerben (extranei heredes) die Erbschaft erst durch einen besonderen Erwerbsakt, durch Antritt (aditio hereditatis). D e r Antritt geschah entweder durch formlose pro herede gestio oder durch förmliche Erklärung des Annahmewillens (cretio). Wollte der extraneus heres die Erbschaft nicht erwerben, so brauchte er nur die Antretung zu unterlassen; er konnte jedoch auch (ausdrücklich oder konkludent) erklären, dass er die Erbschaft ausschlage (repudiare hereditatem); hatte er ausgeschlagen, konnte er nicht mehr antreten. Erbe wird man nach dem B G B , wie gesagt, zwar nicht erst mit Annahme, sondern schon mit dem Erbfall, aber Erbe bleibt man (und endgültiger Erbe wird man) nur, wenn man nicht ausschlägt. Nach § 1943 B G B kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist; mit dem Ablauf der Frist gilt die Erbschaft als angenommen. Die Titelüberschrift vor den §§ 1942 ff. B G B lautet: „Annahme und Ausschlagung der Erbschaft". Entgegen dem ersten Eindruck, den diese Überschrift erwecken könnte, stehen Annahme und Ausschlagung der Erbschaft nicht auf derselben systematischen Stufe. Es ist vielmehr die Ausschlagung, die im Vordergrund steht, und dies eben wegen des Prinzips „Vonselbsterwerb"; die Annahme ist gewissermaßen nur Unterpunkt in der Prüfung der Ausschlagung („Ist die Ausschlagung - noch - zulässig?"). Die Annahme hat keine eigenständigen Rechtsfolgen; sie wirkt nur auf das Ausschlagungsrecht ein. Annahme der Erbschaft ist, untechnisch und juristisch nicht ganz genau gesprochen 6 2 , (einseitiger) Verzicht auf das Ausschlagungsrecht. Die Annahmeerklärung hat im System des B G B einen ganz anderen Inhalt als in einem System des Antrittserwerbs, bei dem der Erbe die Erbschaft erst mit der Annahmeerklärung erlangt. Wer im Sinne der §§ 1943 ff. B G B ausdrücklich oder konkludent annimmt, sagt ausdrücklich oder konkludent „Ich will endgültig Erbe bleiben". Die Annahme der Erbschaft ist nach dem B G B kein Erwerbstatbestand. Man bekommt die Erbschaft nicht, weil man annimmt, sondern man muss die Erbschaft bereits haben, damit man annehmen kann. In einem System des Vonselbsterwerbs ist auf natürliche Weise auch die Rechtsfolge vorgegeben, die bei erklärungslosem Ablauf der Ausschlagungsfrist eintritt: Die Erbschaft gilt als angenommen (§ 1943 HS. 2 B G B ) . Wer etwas 62

S. näher u. § 2 III 2 b), S. 188 und c), S. 194.

III. Beseitigung des Wonselbsterwerbs

165

hat, was in der Regel w i l l k o m m e n ist, nämlich die Erbschaft, und innerhalb einer Frist, bei der es u m das J a oder N e i n zu diesem H a b e n geht, schweigt, bei dem wird man in der Regel Einverständnis mit dem gegenwärtigen Zustand unterstellen dürfen 6 3 . Wer den status q u o verändern will, muss reden. Bei jeder von § 1943 H S . 2 B G B abweichenden L ö s u n g würde der Gesetzgeber das Prinzip des Vonselbsterwerbs desavouieren. U m g e k e h r t müsste in einem System, das auf dem Antrittserwerb fußt, der erklärungslose Ablauf einer (von G e s e t z oder R i c h t e r gesetzten) Frist (deren N a m e dann wohl „Annahmefrist" und nicht „Ausschlagungsfrist" lauten würde) als Ausschlagung gelten, denn hier würde die Veränderung des status q u o auf A n n a h m e hinauslaufen. Ausschlagung wäre in einem solchen System, grob gesprochen, Verzicht auf das R e c h t zum ( A n t r i t t s - ) E r w e r b der E r b s c h a f t .

b) Wirkungen der Vorläufigkeit des Erwerbs A n sich ist der E r b e v o m Erbfall an vollgültiger Inhaber aller Nachlassrechte. Es versteht sich aber von selbst, dass bis zur Entscheidung darüber, o b der E r b e annimmt oder ausschlägt, auch eine R e c h t s o r d n u n g , die v o m Prinzip des V o n selbsterwerbs ausgeht, Abstriche von dieser „Vollgültigkeit" machen muss 6 4 , und zwar erstens zur Sicherung des Ausschlagungsrechts, nämlich u m zu verhindern, dass infolge vorhergehender M a ß n a h m e n das Ausschlagungsrecht de facto zu einem nudum ius v e r k o m m t , mithin z u m Schutze des E r b e n ; zweitens zum Schutz der Nachlassgläubiger vor der K o n k u r r e n z von Gläubigern eines E r b e n , v o n dem n o c h nicht abzusehen ist, o b er E r b e bleibt; drittens dienen die für die Zwischenzeit getroffenen M a ß n a h m e n des Gesetzes bisweilen auch ö f fentlichen Interessen. D i e Wirkungen übbaren -

Ausschlagungsrechts

des n o c h nicht ausgeübten, aber noch

aus-

sind im Wesentlichen folgende:

D e n (vorläufigen) E r b e n trifft keine Pflicht zur Verwaltung des Nachlasses, nicht einmal eine solche zur D u r c h f ü h r u n g von N o t v e r w a l t u n g s m a ß n a h men65.

-

D i e Nachlassgläubiger k ö n n e n gegen den E r b e n nicht gerichtlich vorgehen (§ 1958 B G B ) 6 6 . § 1958 B G B will den (vorläufigen) E r b e n vor der Belastung

63 Ausnahme etwa in § 2307 II 2 BGB (bei dem es aber, streng genommen, nicht um die Alternative „Haben oder Nichthaben", sondern um die zwischen „Haben oder etwas anderes Bekommen" geht, und bei der die Gefahr des §2307 I 2 HS. 2 BGB besteht). 64 RGZ 54, 289 (291) spricht von einer „Einschränkung" des Vermögensübergangs auf den Erben. 65 OLG Braunschweig, OLGE 42, 204; Staudinger/Marotzke, BGB, Bearb. 2000, § 1959 Rn. 4; MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1959 Rn. 1. 66 Die Schutzwirkung des § 1958 BGB erstreckt sich nur auf Passivverfahren (gleichgültig, ob es sich um Klagen oder vorläufige Anordnungen handelt). § 1958 BGB kommt nur dem Erben, nicht auch einem Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger zugute (§§ 1960 III, 2213 II BGB). Aufrechnung durch Nachlassgläubiger blockiert § 1958 BGB nicht, auch wenn sie im Rahmen eines durch den vorläufigen Erben geführten Aktivprozesses erklärt wird.

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-

-

-

§2

Vonselbsterwerb

durch Prozesse schützen und im öffentlichen Interesse Prozesse verhindern, die sich später, nämlich bei Ausschlagung, als nutzlos erweisen können. Bis zur Annahme gerät der (vorläufige) Erbe nicht in Schuldnerverzug (§ 1958 B G B analog), und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob der (vorläufige) Erbe sein Recht, die Leistung nicht erbringen zu müssen, im Wege der Einrede geltend gemacht hat 67 . Nachlassgläubigern ist die Vollstreckung in das Eigenvermögen des (vorläufigen) Erben (§ 778 I ZPO), Eigengläubigern des (vorläufigen) Erben die Vollstreckung in den Nachlass verwehrt (§ 778 II ZPO) 6 8 . Schon begonnene Prozesse braucht der (vorläufige) Erbe nicht fortzusetzen (§ 239 V ZPO). Eine dem (vorläufigen) Erben gesetzte Inventarfrist beginnt erst mit der Annahme der Erbschaft (§ 1995 II BGB). Nach Maßgabe des § 211 B G B kommt es zu einer Ablaufhemmung der Verjährung von Nachlassforderungen und Nachlassschulden bis zu sechs Monaten nach Annahme der Erbschaft 69 .

c) Der gesetzliche

Sog in die

Annahme

Das Gesetz tut einiges dafür, dass es nicht nur zum Anfall kommt, sondern dass es auch beim Anfall bleibt. Es dokumentiert in der Art und Weise, wie es Annahme und Ausschlagung regelt, dass es in der Ausschlagung die (faktische und von ihm als solche auch gewollte) Ausnahme sieht. Dies zeigt sich zunächst in der Gestaltung der Annahme: Sie bedarf keiner Form, kann ausdrücklich oder stillschweigend (pro herede gestio) erklärt werden, ist nicht amtsempfangsbedürftig, ja streng genommen noch nicht einmal empfangsbedürftig (obwohl die h.M., um sich den Beweis endgültigen Annahmewillens zu erleichtern, für den Regelfall Erklärung „gegenüber einem Nachlassbeteiligten" verlangt70). Pointiert könnte man sagen: Das Gesetz lockt den Erben regelrecht in die Annahmefalle. Gelingt es dem Erben, sich diesem gesetzlichen Sog in die Annahme zu entziehen, so tut das Gesetz wiederum alles, damit es wenigstens zum erklärungslosen Verstreichen der Ausschlagungsfrist und damit zur gesetzlichen Fiktion der Annahme (§ 1943 HS. 2 B G B ) kommt: Die Ausschlagung muss dem Nachlassgericht gegenüber erklärt werden (§ 1945 I BGB), ist also amtsempfangsbe67 H.M.; RGZ 79, 201 (203); MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1958 Rn. 18; ein schon vor dem Erbfall eingetretener Verzug des Erblassers bleibt bestehen. A.A. v. Lübtow (Fn. 38), Bd. 2, 1971, 751 (Verzug zu Lasten des Nachlasses). 68 Die Vollstreckung der Nachlassgläubiger in den Nachlass bleibt davon unberührt; vgl. etwa Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 778 Rn. 6. 69 Bei einer Mehrheit von Erben beginnt die Sechsmonatsfrist des §211 BGB erst, wenn sämtliche Erben angenommen haben. 70 Vgl. etwa Staudinger/Otte (Fn.65), §1943 Rn.4; RGRK/Johannsen (Fn. 38), §1943 Rn. 4; s. auch Mugdan, V, 405.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

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dürftig. Die Ausschlagung ist formpflichtig, nämlich zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter F o r m abzugeben (§ 1945 I HS. 2 B G B ) 7 1 . Sie ist, weil formpflichtig, auch kostenpflichtig (§§ 45 I, 112 I Nr. 2 K o s t O ) . Schließlich fällt die K ü r z e der (richterlich nicht verlängerbaren) A u s schlagungsfrist ins Auge 7 2 . Sie beträgt im Regelfall sechs Wochen und beginnt 71 Die Formpflicht der Ausschlagung sei, so liest man bisweilen, Folge des Prinzips „Vonselbsterwerb". Im System des Antrittserwerbs fehle es für die (auch hier mögliche) Ausschlagung an dem besonderen „Bedürfnis nach Rechtssicherheit, das der innere Grund der Formvorschrift ist" (Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Stand: 42. Ergänzungslieferung, Frankreich, Grundzüge, Fn. 392). Das ist zweifelhaft. Im italienischen Recht, das auf dem Prinzip des Antrittserwerbs beruht, ist die Ausschlagung ebenfalls formpflichtig, sogar noch stärker als im deutschen Recht (Art. 519 I Codice Civile: „La rinunzia all'eredità deve farsi con dichiarazione, ricevuta da un notaio o dal cancelliere della pretura del mandamento in cui si è aperta la successione, e inserita nel registro delle successioni"). Nicht einmal theoretisch überzeugt der Satz, die Ausschlagung sei am wichtigsten und damit entstehe am ehesten ein Bedürfnis für Rechtssicherheit im System des Vonselbsterwerbs, sie sei weniger wichtig im System des Antrittserwerbs, und ein System, das die Erbschaft an eine Mittelsperson und zunächst gar nicht an die materiell Bedachten übergehen lasse, wie etwa das anglo-amerikanische Recht, bedürfe der Institution einer Erbausschlagung überhaupt nicht (Ferid etc., aaO.). Im System des zwischengeschalteten Treuhänders spricht theoretisch für eine Ausschlagungsmöglichkeit zumindest der Gedanke, dass man sich auch ein bloßes Forderungsrecht nicht aufdrängen zu lassen braucht; darauf beruht ja im deutschen Recht (und übrigens auch im französischen Recht, wo der „légataire particulier" ebenfalls ausschlagen kann) die Ausschlagbarkeit des Vermächtnisses. Nur eines wird man zugeben können: Es liegt im Sinne einer konsequenten Realisierung des Prinzips „Vonselbsterwerb", die Ausschlagung möglichst zu erschweren. 72 Die Kürze der Ausschlagungsfrist und die an ihren erfolglosen Ablauf geknüpfte Annahmefiktion ist im deutschen Recht auch dadurch beeinflusst, dass der Erbe mit Annahme der Erbschaft noch nicht zwingend in definitiv unbeschränkte Haftung verfällt (vgl. §§ 1975 ff. BGB). Das Gesagte wird unterstrichen durch einen Vergleich mit dem französischen Recht, das ebenfalls auf dem Prinzip des Vonselbsterwerbs beruht und dessen theoretische Eigenwilligkeit, dass (zwar alle Erben das Eigentum an den Nachlassgegenständen unmittelbar mit dem Erbfall erwerben, aber) eine Gruppe von Erben, die der successeurs irréguliers, einer gerichtlichen Besitzeinweisung (envoi en possession) bedarf, um den Nachlass in Besitz nehmen und nach außen geltend machen zu können, sich mittlerweile nur noch auf den Staat als gesetzlichen Erben im Fall des Art. 768 Code Civil bezieht: Für die Ausübung des dreifachen Wahlrechts zwischen Ausschlagung (renonciation), Annahme ohne Vorbehalt (acceptation pure et simple) und Annahme unter Vorbehalt der zur Haftungsbeschränkung führenden Inventarerrichtung (acceptation sous bénéfice d'inventaire) existiert grundsätzlich keine Frist, sodass sie dem Erben in allen drei Richtungen bis zum Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist offen steht (Artt. 789, 2262 Code Civil). Allerdings sind in Art. 795 Code Civil Fristen bestimmt, und zwar für die Inventarerrichtung drei Monate seit dem Erbfall, für die Entschließung über Ablehnung oder Annahme weitere 40 Tage, die mit Ablauf der Inventarfrist zu laufen beginnen. Während der Dauer dieser beiden Fristen kann der Erbe nicht genötigt werden, eine Entscheidung zu treffen, und es kann gegen ihn keine Verurteilung erwirkt werden (Art. 797 Code Civil). Doch verliert der Erbe durch den Ablauf der beiden Fristen sein Wahlrecht nicht; er muss jedoch, wenn er sich jetzt gegen eine Inanspruchnahme schützen will, die Erbschaft entweder ausschlagen oder unter Vorbehalt der Inventarerrichtung annehmen, muss also jetzt eine Entscheidung treffen, da er sonst vom Gläubiger belangt werden kann (Art. 800 Code Civil). Wie im deutschen Recht kann nicht mehr ausschlagen, wer bereits

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§2

Vonselbsterwerb

mit dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von Anfall und Grund der Berufung Kenntnis erlangt (§ 1944 I, II BGB); hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz (nur) im Ausland oder hält sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland auf, (mit oder ohne Vorbehalt, ausdrücklich oder konkludent) angenommen hat; dagegen kann umgekehrt noch annehmen, wer schon ausgeschlagen hat, wenn und solange nur nicht ein anderer Erbe inzwischen angenommen hat (Art. 790 Code Civil). Das Gesetz gibt, um den Erben vor der pro herede gestio zu schützen, die Möglichkeit, sich gerichtlich zu eventuell notwendigen Maßnahmen ermächtigen zu lassen mit der ausdrücklichen Klausel, dass hierin eine Annahme nicht erblickt werden solle (Art. 796 Code Civil, vgl. auch Art. 779). Die Ausschlagung ist, anders als die Annahme, amtsempfangsbedürftig; eine stillschweigende Ausschlagung ist ausgeschlossen (Art. 784 Code Civil); ausnahmsweise kann nach der französischen Praxis, trotz Fehlens einer ausdrücklichen Erklärung, eine Ausschlagung angenommen werden bei Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist (Civ. 13 févr. 1911, D.P. 1911.1.391; Riom, 8 janv. 1962, D.1962. Somm. 106: „L'héritier resté inactif pendant trente ans doit être considéré comme étranger à la succession"), sodass es letztlich zu einer dem § 1943 HS. 2 B G B konträren Vermutung kommt. Der Vergleich mit dem französischen Recht zeigt: Indem das deutsche Recht Annahme und Ausschlagung der Erbschaft vollständig von der Haftungsfrage löst, gewinnt es die Freiheit, für die Entscheidung des Erben eine relativ kurze Frist zu setzen, deren entscheidungslosen Ablauf als Annahme zu fingieren und so den mit dem Erbfall eingetretenen Vonselbsterwerb möglichst schnell und mit möglichst großer Wahrscheinlichkeit zu perpetuieren. Es zeigt sich ferner: Eine Rechtsordnung, die die Entscheidung über Annahme und Ausschlagung der Erbschaft mit der Haftungsfrage verknüpft, täte im Grunde genommen besser daran, statt vom Prinzip des Vonselbsterwerbs von dem des Antrittserwerbs auszugehen. So denn auch die Lösung des italienischen codice civile (Art. 459: „L'eredità si acquista con l'accettazione. L'effetto dell'accettazione risale al momento nel quale si è aperta la successione"), wo der Erbe ebenfalls das dreifache Wahlrecht zwischen „accettazione pura e semplice", „accettazione col beneficio d'inventario" und „rinunzia all'eredità" hat (Artt. 470 ff.). Das Recht zur Annahme der Erbschaft verjährt im italienischen Recht in zehn Jahren (Art. 480 I Codice Civile). Jeder, der ein Interesse hat, kann dem Berufenen eine richterliche Frist zur Erklärung setzen lassen; mit erklärungslosem Ablauf dieser Frist verliert der Berufene das Recht, die Erbschaft anzunehmen (Art. 481 Codice Civile). Auch die Ausschlagung führt zum Verlust des Annahmerechts (Art. 521 Codice Civile), es sei denn, die Erbschaft ist nicht schon durch einen Dritten angenommen (Art. 525 Codice Civile). Man kann, dies alles zusammenfassend, theoretisch folgende verschiedene Systeme unterscheiden: System des reinen Vonselbsterwerbs ohne Verknüpfung der Annahme-/Ausschlagungsfrage mit der Haftungsfrage (BGB); System des reinen Vonselbsterwerbs und Verknüpfung von Annahme-/ Ausschlagungsfrage mit der Haftungsfrage (so früher das preußische ALR, I 9 §§367 f., §§ 384 ff.; dazu Muscheler, FS Kroeschell, 1997, 739 ff.); System des modifizierten Vonselbsterwerbs und Verknüpfung der Annahme-/Ausschlagungsfrage mit der Haftungsfrage (französisches Recht); System des Antrittserwerbs ohne Verknüpfung von Annahme-/Ausschlagungsfrage und Haftungsfrage (so das römische Recht, soweit in ihm Antrittserwerb galt, also bei den extranei heredes; das beneficium inventarli ist vom Erbantritt unabhängig); System des Antrittserwerbs und Verknüpfung von Annahme-/Ausschlagungsfrage mit der Haftungsfrage (italienisches Recht). Nicht zutreffend wäre die Annahme, das Prinzip des Vonselbsterwerbs weise eine größere inhaltliche Nähe zur Haftung des Erben, gar zur persönlichen, auf als das des Antrittserwerbs. Eine solche Annahme würde schon die rechtshistorische Entwicklung verfehlen: Das altdeutsche Recht geht von strengem Vonselbsterwerb aus („Der Tote erbt den Lebendigen") und gleichzeitig von einer a limine auf den Nachlass (oder sogar Teile davon) beschränkten Haftung des Erben (vgl. etwa Stobbe, Handbuch des Deutschen Privatrechts, Bd. 5, 1./2. Aufl. 1885, §285; Hübner, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, 5. Aufl. 1930, § 104 III; Planitz, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, 2. Aufl. 1931, § 102;

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs

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verlängert sich die Frist auf sechs Monate (§ 1944 III BGB). Es gibt zwar keine entsprechenden empirischen Untersuchungen; aber wegen der geschilderten gesetzlichen Bestimmungen für die Ausschlagung dürfte es in der Rechtswirklichkeit nicht eben selten zur Annahmefiktion des § 1943 HS. 2 B G B kommen. Freilich sind Annahme und Ausschlagung grundsätzlich nach den normalen Regeln (§§119 ff. B G B 7 3 ) anfechtbar, und dies gilt nach § 1956 B G B in gleicher Weise wie für die entsprechenden Willenserklärungen auch für die Versäumung der Ausschlagungsfrist. Aber das Gesetz hält auch hier einige Maßnahmen parat, um einerseits es möglichst selten zur Anfechtung kommen zu lassen und andererseits dann, wenn es gleichwohl zur Anfechtung kommt, möglichst schnell einen definitiven Rechtszustand herbeizuführen. Die Anfechtung ist amtsempfangsbedürftig (§ 1955 S. 1 BGB), form- (§§ 1955 S. 2, 1945 I HS. 2 B G B ) und kostenpflichtig (§§ 45 1,112 I Nr. 2 KostO) und unterliegt derselben kurzen Frist wie die Ausschlagung (§ 1954 BGB). Greift die Anfechtung durch, so bestimmt § 1957 I BGB, dass die Anfechtung der Annahme als Ausschlagung, die Anfechtung der Ausschlagung als Annahme gilt; damit wird das erneute Eintreten eines Schwebezustandes verhindert. Die Anfechtungsnormen der §§ 1954 ff. B G B wirken sich insgesamt in zweifacher Richtung aus: Indem die Annahmeerklärung bzw. die Versäumung der Ausschlagungsfrist den faktischen Regelfall darstellt und die Modifizierung der §§ 119 ff. B G B durch die §§ 1954 ff. B G B zu einer Erschwerung der Anfechtung führt, bewirken sie eine Perpetuierung des Vonselbsterwerbs. Soweit es um die Anfechtung der Ausschlagung geht, schützt die gesetzliche Erschwerung der Anfechtung denjenigen Erben, der mittlerweile qua (rückwirkenden) Vonselbsterwerbs an die Stelle des Ausschlagenden getreten ist. Man kann also zusammenfassend sagen: Die Anfechtungserschwerungen der §§ 1954ff. BGB schützen den bereits eingetretenen Vonselbsterwerb. d) Rückwirkung

der

Ausschlagung

Nach § 1953 I B G B wirkt die Ausschlagung nicht nur ex nunc, also vom Zeitpunkt der Ausschlagung an, sondern ex tunc, d.h. vom Zeitpunkt des Erbfalls an: Der Anfall an den Ausschlagenden gilt „als nicht erfolgt". Damit wird das Prinzip, dass niemandem ein Recht aufgedrängt werden darf, in seiner schärfsten Konsequenz verwirklicht: Niemandem darf ein Recht selbst für eine noch Hagemann, Art. "Erbrecht", in: HRG I, 971 ff.). Sie trifft aber auch die Situation der gegenwärtigen Rechte nicht, wie unsere rechtsvergleichenden Bemerkungen offenkundig werden lassen: Das deutsche Recht geht von strengem Vonselbsterwerb aus und erlaubt dem Erben, auch noch nach der Annahme und zeitlich unbefristet und ohne Angabe von Gründen (vgl. § 1981 I i.Ggs. zu § 1981 II BGB), die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass. Französisches und italienisches Recht gehen von unterschiedlichen Erwerbssystemen aus, verknüpften aber beide auf ähnliche Weise Annahme-/Ausschlagungsfrage und Haftungsfrage. 73 Ein weiterer Anfechtungsgrund findet sich in § 2308 I BGB.

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§ 2

Vonselbsterwerb

so kurze Zwischenzeit aufgedrängt werden. Die konsequente Verwirklichung des einen Prinzips geht offenbar auf Kosten des anderen Prinzips, nämlich des Prinzips „Vonselbsterwerb". Das Prinzip des Vonselbsterwerbs scheint exnunc-Wirkung der Ausschlagung nahe zu legen, übrigens auch deshalb, weil wegen der oben geschilderten Wirkungen des nicht ausgeübten, aber noch ausübbaren Ausschlagungsrechts bis zur Ausschlagung kaum etwas passieren kann. Der Vonselbsterwerb wird, so sieht es auf den ersten Blick aus, jedenfalls bei späterer Ausschlagung auf das Niveau eines bloßen Erwerbsmodus herabgedrückt, während er bei ex-nunc-Wirkung der Ausschlagung zugleich rechtfertigende causa einer (wenn auch nur transitorischen) materiellen Rechtslage wäre. Doch man bedenke, warum das Gesetz ex-tunc-Wirkung der Ausschlagung anordnet: Es geschieht, um das Prinzip des Vonselbsterwerbs beim endgültigen Erben in reiner Form durchführen zu können. Nach § 1953 II B G B fällt die Erbschaft demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall an ihn gilt „als mit dem Erbfall erfolgt". Auch der im gemeinen Recht geltende Antrittserwerb arbeitete mit einer Rückwirkungsfiktion. Nur erstreckte sich diese Rückwirkungsfiktion nicht auf die „Ausschlagung" (d.h. die Nichtannahme), sondern auf die Annahme: Heres a morte testatoris succedisse intellegitur 74 . Daher sagt man herkömmlicherweise, die Entscheidung des B G B gegen (vor allem) den Antrittserwerb und für den Vonselbsterwerb sei eben wegen der Möglichkeit der Ausschlagung und wegen der zurückwirkenden Rechtsfolgen der Ausschlagung überwiegend konstruktiv-formaler Natur75. Man unterstützt dies meist mit einem Hinweis darauf, dass das Gesetz die Ausschlagung einer Erbschaft zum Vorteil eines anderen nicht als Schenkung behandelt wissen wolle (§ 517 Alt. 3 B G B ) 7 6 und die Aus-

7 4 Diese Regelung enthält noch heute der italienische Codice Civile (Artt. 456, 459 S. 2). Vgl. auch Wacke, J A 1982, 242 und Endemann (Fn. 3), § 99 IV (S. 756). 7 5 So schon Motive, V, 485, 487; Protokolle, V, 633 f., 662; Planck, in: Schubert, Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Familienrecht, Bd. 1, 1983, 683 f. (hier auch das sogleich im Text folgende Zitat). Ebenso Staudinger/Otte (Fn.3), § 1 9 4 2 Rn. 11; MünchKomm/Leipold (Fn.5), § 1 9 4 2 Rn.3. 7 6 Die mit dem Ersatzerben bzw. dem nach § 1953 II B G B Berufenen getroffene Vereinbarung der Ausschlagung führt mithin steuerrechtlich nicht dazu, dass sowohl der Ausschlagende (Erbschaftsteuer) als auch der Ersatzerbe (Schenkungsteuer) steuerpflichtig wäre. Vielmehr vollzieht das Steuerrecht die zivilrechtliche Rückwirkung der Ausschlagung nach, sodass der Ersatzerbe (statt des - nach § 175 I 1 Nr. 2 A O befreiten - Ausschlagenden) Erbschaftsteuer schuldet (zusätzliche Schenkungsteuer aber nicht anfällt). Vgl. ferner § 1432 I 1 B G B und § 1455 Nr. 1 B G B (als Ausnahme von § 1453 B G B ) . Zu beachten bleibt im Übrigen, dass ein beschränkt geschäftsfähiger Erbe trotz der Rückwirkung der Ausschlagung nur mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§§ 107, 111 B G B ) und mit Genehmigung des Familien- bzw. Vormundschaftsgerichts (§§ 1643 II 1, 1822 Nr. 2 B G B ; Ausnahme in § 1643 II 2

III. Beseitigung des

Vonselhsterwerbs

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schlagung generell nicht der Anfechtung nach I n s O und A n f G unterwerfe 7 7 , also selbst nicht so recht Ernst mache mit seinem Ausgangspunkt. BGB) ausschlagen kann. In diesem Fall behandelt also das Gesetz die Ausschlagung (inkonsequenterweise, aber Minderjährigenschutz vor logische Konsequenz stellend) wie eine echte Verfügung über ein schon definitiv erworbenes Recht. 77 Zur Nichtanfechtbarkeit (vgl. auch § 83 InsO): RGZ 54, 289; RGZ 84, 342 (347); Seuffert, LZ 1912, 20; Kipp, JW 1912, 11; Jaeger/Henckel, Konkursordnung, 9. Aufl. 1977, §9 Rn.9; Lange/Kuchinke (Fn.3), §8 IV 1 (S.202); Kipp/Coing (Fn.43), §87 V (S.487f.); ganz h.M.; a.A. Hellwig, FS v. Martitz, 1911, 157. Zum Schutz des Ausschlagungsrechts gegenüber GoA-Ansprüchen eines Erbenermittlers BGH, WM 1999, 2411 (2412). Nicht zu leugnen ist, dass die vom vorläufigen Erben qua Ausschlagung aufgegebene Rechtsstellung immerhin „vermögensrechtlicher Natur" ist. Ebenso wenig zu leugnen ist, dass die vom Gesetz angeordnete Behandlung der Erbengläubiger nicht notwendig aus der formalen Konstruktion des Erbenerwerbs im BGB folgt; sachlich entscheidend war hier vielmehr der Gedanke, den Entschluss des Erben, der eine stark persönliche Note aufweist, nicht dem, wenn auch nur mittelbaren Druck der Gläubiger auszusetzen. Aus beiden Beobachtungen zieht man teilweise den Schluss, die Behandlung der Erbengläubiger werde der Interessenlage nicht oder jedenfalls nicht überall gerecht (Staudinger/Lehmann, BGB, 11. Aufl. 1954, § 1942 Rn. 10; de lege lata für eine Lösung, bei der der Erbe, dem die Erbschaft vor Konkurseröffnung angefallen ist und der sie vor Konkurseröffnung nicht ausgeschlagen hat, für die Ausschlagung der Zustimmung des Konkursverwalters bedarf, Lange, Hrsg., Erwerb, Sicherung und Abwicklung der Erbschaft, 4. Denkschrift des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht, 1940, 58 ff.; anders als das deutsche Recht Artt. 788, 1167 Code Civil, Art. 578 Schweiz. ZGB, Art. 523 Codice Civile [trotz Antretungssystems - Artt. 459, 470 ff. - , was auch von dieser Seite her die Unabhängigkeit der Lösung von der formalen Konstruktion des Erbenerwerbs unterstreicht]; anders auch schon die preußische Allgemeine Gerichtsordnung [AGO] von 1793/95,1, 50, § 50: Ausschlagung gleich zu behandeln wie Schenkung). Diese rechtspolitische Bewertung vermag nicht zu überzeugen. Dass die Kreditgrundlage nicht selten durch die Aussicht auf einen erbrechtlichen Vermögenszuwachs mitbestimmt wird (Staudinger/Lehmann, aaO.), trifft zwar zu, ändert aber nichts am persönlichen Charakter der dem Erben abverlangten Erklärung und geht darüber hinaus allein auf das Risiko von Gläubigern, die auf rechtzeitige Bestellung von Sicherheiten verzichten und sich ihre Sorglosigkeit selbst dann nicht durch die Familie ihres Schuldners bezahlen lassen dürfen, wenn der, dem sie Kredit gewährten, durch Erbvertrag oder bindend gewordenes gemeinschaftliches Testament begünstigt war. Der Schuldner kann ja auch ein unter Lebenden gemachtes Schenkungsangebot unanfechtbar ablehnen; warum sollte es sich bei der Ausschlagung der Erbschaft anders verhalten? Darüber hinaus vermag der Erbe das Recht zur Erklärung von Annahme und Ausschlagung nicht rechtsgeschäftlich auf einen Dritten (etwa den Erbschaftskäufer) zu übertragen (ganz herrschende und rechtspolitisch überzeugende Meinung); auch das spricht für Unanfechtbarkeit einer erfolgten Erbschaftsausschlagung. Nimmt der Erbe eine überschuldete Erbschaft an, so können seine Eigengläubiger die Annahme nicht anfechten (anders das französische Recht, das bei der in fraudem creditoris vorgenommenen Annahme einer überschuldeten Erbschaft die actio Pauliana des Art. 1167 Code Civil gibt, wobei freilich der französische Erbe grundsätzlich ein dreifaches Wahlrecht hat, nämlich zwischen Ausschlagung, vorbehaltloser Annahme und Annahme unter Vorbehalt der Haftungsbeschränkung ermöglichenden Inventarerrichtung, sodass bei vorbehaltloser Annahme zugleich definitiv die Frage der persönlichen Haftung des Erben entschieden ist); ihnen steht, anders als den Nachlassgläubigern (§§ 1981 II BGB, 317 InsO), kein Recht zur Beantragung eines Sonderungsverfahrens zu (ALR I, 16, §508 hatte den Eigengläubigern des Erben, deren Forderungen älter waren als der Erbfall, noch das Recht gewährt, die Sonderung von Eigenvermögen des Erben und Nachlass zu verlangen; de lege ferenda die gegenwärtige deutsche Rechtslage ablehnend

172

§2

Vonselbsterwerb

A m besten hat den G e d a n k e n der b l o ß konstruktiv-formalen N a t u r des Vonselbsterwerbs Planck formuliert, und zwar in der Begründung des R e d a k torvorentwurfs z u m Familienrecht des B G B , bei der Verteidigung seines Vorschlags, die Ehefrau im gesetzlichen Güterstand allein über die Ausschlagung einer ihr angefallenen E r b s c h a f t entscheiden zu lassen: „Wer die E r b s c h a f t ausschlägt, hört nicht auf, E r b e zu sein, sondern ist es niemals geworden, giebt nicht die erworbene E r b s c h a f t auf, sondern hat sie niemals e r w o r b e n . D a s R e c h t auf den E r w e r b ist kein Vermögensrecht im gewöhnlichen Sinne, sondern ein höchst persönliches R e c h t , welches daher auch keinen Bestandtheil des Eheguts bildet. E r k e n n t man diese zunächst nur für den Antretungserwerb geltenden Sätze als richtig an, so wird man sie, wenn man das entscheidende G e wicht nicht auf die F o r m , in welcher das R e c h t einen G e d a n k e n verwirklicht, sondern auf den sachlichen K e r n desselben legt, auch bei dem ipso iure erfolgenden E r w e r b e anwenden müssen, wie ja auch das römische R e c h t den suus heres, der abstinirt, in der hier fraglichen B e z i e h u n g ebenso behandelt, wie den extraneus heres, der die E r b s c h a f t ausschlägt. A u c h wenn die E r b s c h a f t kraft R e c h t e n s e r w o r b e n wird, hat dieser E r w e r b doch, so lange das Entsagungsrecht nicht weggefallen ist, nur eine formelle Bedeutung; die Entsagung hat die Wirkung, daß die Sache so behandelt wird, als wenn der Entsagende niemals E r b e geworden wäre. Sie hat materiell dieselbe Bedeutung, wie die Ausschlagung der Erbschaft, w o dieselbe nur durch Antretung erworben wird, wie andererseits der Verzicht auf das Entsagungsrecht dort dieselbe Bedeutung hat, wie hier die Antretung." D i e R e d e v o n der konstruktiv-formalen N a t u r des Prinzips „Vonselbsterw e r b " ist nur mit Einschränkungen zu akzeptieren. Z u m einen dürfen nicht die Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl. 1998, Rn. 33.06, und Windel - Fn.9 - , 210, 465 f.); sie können das Antragsrecht des Erben (§§1981 I BGB, 317 I InsO), ihres Schuldners, nicht pfänden und die Nichtbeantragung der Sonderung durch den Erben, bloße Unterlassung, die sie ist, nicht anfechten; das deutsche Recht steht hier ganz auf dem Boden des strengen Grundsatzes „nam licet alicui adiciendo sibi creditorem creditoris sui facere deteriorem condicionem" (Ulp. D. 42, 6,1, 2), „Jedem steht es nämlich frei, seinen Gläubiger dadurch in eine schlechtere Lage zu bringen, dass er sich neue Gläubiger zulegt". Wenn aber die Erbengläubiger in diesem Fall rechtlich schutzlos sind, um wieviel mehr müssen sie es in dem für sie weniger schlimmen Falle sein, dass ihr Schuldner nur einen positiven Vermögenserwerb unterlässt. Schließlich hätte, ein letztes Argument, die gegenteilige Lösung mit schwierigen Folgefragen zu kämpfen, etwa denen, ob man für die Anfechtung Gläubigerbenachteiligungsabsicht verlangen soll oder nicht (für Letzteres das italienische Recht; für Ersteres ohne eindeutigen Anhalt im Gesetzestext die französische Praxis: Req. 11 nov. 1878, D.P. 79.1.416 und 28 dec. 1938, D.C. 1941, J. 132), ob man die Anfechtung in vollem Umfang oder nur in Höhe der Gläubigerforderungen durchgreifen lassen will (für Letzteres das französische und italienische Recht), ob man eine Anfechtungsfrist vorsehen soll oder nicht, und wenn ja, wie lange die Frist sein soll (nach italienischem Recht fünf Jahre: viel zu lange!), ob man, wegen der grundsätzlich unbeschränkten Haftung des Erben, auch den Nachlassgläubigern das Recht zur Anfechtung der Ausschlagung geben soll (ausdrücklich verneinend die französische Praxis: Req. 29 mars 1909, D.P. 1910.1.121).

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

173

durchaus auch materialen Vorzüge des Vonselbsterwerbs verkannt werden (dazu u. § 2 V. u. VI.). Zum anderen ändert auch die in einem System des Antrittserwerbs angeordnete Rückwirkung der Annahme nichts daran, dass im faktischen Regelfall (in dem es zur Annahme kommt) hier bis zur endgültigen Entscheidung, also in der Zeit, in der die Rückwirkung noch nicht eingetreten ist, eine hereditas iacens nebst all den mit ihr verbundenen Problemen existiert. Hinzu kommt übrigens, dass der Gesetzgeber des BGB die Rückwirkung der Ausschlagung ihrerseits nicht kompromisslos durchgeführt hat. Das zeigt sich namentlich daran, dass er das Verhältnis zwischen vorläufigem und endgültigem Erben nicht primär bereicherungs- und deliktsrechtlich oder nach den Regeln des Erbschaftsbesitzes, sondern nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ausgestaltet hat und den vom vorläufigen Erben (oder ihm gegenüber) vorgenommenen Rechtsgeschäften in gewissem Umfang ihre Wirksamkeit belässt (§ 1959 BGB), mithin das Faktum, dass der vorläufige Erbe bis zur Ausschlagung Rechtsträger des Nachlasses war, in der Art eines Rechtsfolgenkompromisses durchaus in Betracht zieht. e) Die dogmatische Konstruktion

von Annahme

und

Ausschlagung

Die herrschende Meinung stellt sich Annahme und Ausschlagung der Erbschaft so vor 78 : Solange die Erbschaft noch ausschlagbar ist, besteht ein Schwebezustand, ist der Erbe nur vorläufiger Erbe. Die Annahme der Erbschaft (bzw. ihre Fiktion nach § 1943 HS. 2 BGB) bewirkt, dass der Annehmende endgültiger Erbe wird und das Recht verliert, die Erbschaft auszuschlagen. Sie beendet den Schwebezustand und wandelt den vorläufigen Erwerb in einen definitiven um. Man sieht in ihr Bestätigung des Anfalls und Verzicht auf das Ausschlagungsrecht. Die Annahme (sei es in Form einer ausdrücklichen Erklärung, sei es als pro herede gestio 79 ) besagt, dass der vorläufige Erbe die Erbschaft behalten, also Erbe bleiben, endgültiger Erbe sein will. Durch die Ausschlagung verliert der vorläufige Erbe seine Erbenstellung. Nicht mit der herrschenden Deutung von Annahme und Ausschlagung übereinstimmen würde die (heute von niemandem mehr vertretene) Bedingungskonstruktion, derzufolge die mit dem Erbfall anfallende Erbenstellung auflösend bedingt ist. Auflösende Bedingung wäre in diesem Gedankenmodell die wirksame Ausschlagung. Dass die Bedingungskonstruktion nicht mit dem Gesetz harmoniert, ergibt sich schon daraus, dass der Eintritt der Bedingung nur ex nunc wirkt; § 159 BGB lässt nur eine schuldrechtliche Rückbeziehung zu. Bei Annahme einer auflösenden Bedingung wäre der Erbe bis zur Ausschla78

Vgl. nur MünchKomm/Leipold (Fn. 5), §1943 Rn. 9; Staudinger/Otte (Fn.3), §1942 Rn. 10; Palandt/Edenhof er (Fn.5), § 1942 Rn.2, § 1943 Rn. 1; Kipp/Coing (Fn.43), §86 I 2 (S. 479 f.); BayObLGZ 1983, 153 (162); OLG Köln, O L G Z 1980, 235. 79 Auch die pro herede gestio wird von der h.M. als (nichtempfangsbedürftige) Willenserklärung betrachtet (vgl. nur MünchKomm/Leipold - Fn. 5 § 1943 Rn. 9 m.w.N.).

174

§2

Vonselbsterwerb

gung definitiver ( V o r - ) E r b e , was sich mit der ausdrücklichen gesetzlichen A n ordnung in § 1953 I B G B nicht vertragen würde. E i n e v o n der herrschenden M e i n u n g abweichende Auffassung vertritt auch Endemann80.

Sei der Anfall derart vernichtbar, dass der Ausschlagende niemals

E r b e war und er die E r b s c h a f t wie eine ihm quasi b l o ß angetragene zurückweisen k ö n n e , so bedürfe es der genaueren begrifflichen B e s t i m m u n g , in welchem Sinne man das Anfallprinzip des B G B zu verstehen habe. U n d hier gelte es nun festzuhalten: J e d e r Erblasser müsse einen E r b e n haben. E r b e aber in dem allein richtigen Sinn sei nur der endgültige N a c h f o l g e r ; die R e d e v o m vorläufigen E r ben stelle einen „Widerspruch in sich selbst" dar. I n d e m das G e s e t z auch denjenigen schon als „ E r b e n " bezeichne, der n o c h ausschlagen k ö n n e (den b l o ß „Anfallbetroffenen"), verursache es die Verwirrung, unter der das Anfallproblem leide, erwecke es den Anschein, als o b der Anfallbetroffene durch die Ausschlagung die bereits e i n g e n o m m e n e Erbenstellung vernichten, die erworbene E r b s c h a f t als eine n i c h t e r w o r b e n e abstoßen könne. D a s aber sei rechtlich ausgeschlossen: E i n Vorerbe k ö n n e nach gewisser Zeit aufhören, E r b e zu sein; dass er E r b e gewesen ist, k ö n n e niemals geleugnet werden. Das gelte o h n e A u s nahme für jeden E r b e n : Wer einmal wirklicher E r b e geworden sei, k ö n n e niemals so behandelt werden, als o b er N i c h t e r b e gewesen wäre. Sei also, und daran bestehe nach der Gesetzeslage kein Zweifel, der Anfall derart vernichtbar, dass er rechtlich als nicht geschehen behandelt wird, so ergebe sich die zwingende logische Folgerung: Anfall schafft n o c h keinen E r b e n . Freilich sei es voreilig, daraus zu schließen, dass durch den Anfall überhaupt kein subjektives R e c h t für den B e r u f e n e n erzeugt würde. U n s e r e E r b r e c h t s o r d n u n g beruhe nun einmal unbestreitbar auf dem Anfallprinzip, und daher ergehe an den Berufenen keineswegs nur ein A n g e b o t , sodass er erst durch seine positive A n n a h m e e r k l ä rung überhaupt irgendwelche R e c h t e am Nachlass erwürbe. Fest stehe vielmehr, dass der Anfallbetroffene qua lege ein bestimmtes R e c h t am Nachlass erlangt habe. D i e R e c h t s n a t u r und den Inhalt dieses R e c h t s bestimmt E n d e m a n n so: E s sei nicht volles E r b r e c h t ; denn auch nach dem Anfallprinzip bleibe es bei dem Grundsatz, dass niemand gegen seinen Willen E r b e werde, sodass es z u m Eintritt in die Erbenstellung stets eines willentlichen Handelns bedürfe, sei es in F o r m der A n n a h m e , sei es, und darin zeige sich die verstärkte G e l t u n g des A n fallprinzips,

durch

Verschweigung

(Nichtbenutzung

des

Ausschlagungs-

rechts). D e r Anfall erzeuge „das gesetzlich gefestigte, vererbliche subjektive R e c h t an dem Nachlasse, das kraft Willens des Anfallbetroffenen in das volle 80 Zum Folgenden Endemann (Fn. 3), §102 II (S. 766 ff.). Endemann im Grundsatz folgend, seine Lehre aber zumindest terminologisch noch verschärfend und damit ins von vornherein Unhaltbare führend v. Lübtow (Fn. 38), Bd. 2, 651 ff.; ders., Probleme des Erbrechts, 1967, 10ff.; gegen v. Lübtow etwa Immel, AcP 169 (1969), 275; Loy, JurA 1969, 145. Nach v. Lübtow erwirbt der Berufene mit dem Anfall der Erbschaft nur das vererbliche Recht, die Rechtsstellung eines Erben zu erwerben; die Erbschaft erwirbt er erst mit der Annahme.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

175

Erbrecht übergeht. Dieses angefallene Recht hat danach die Natur eines echten subjektiven erbrechtlichen Wartrechts. Seine Eigenart wird dadurch gekennzeichnet, daß es kraft Gesetzes die Bestimmung in sich trägt, zum Erben-Vollrecht zu erstarken. Das aus dem Anfall geborene Wartrecht reift durch immanente Kraft zum Erbrecht aus. Diese Entwicklung kann nur durch ausdrückliche Erklärung des Gegenwillens unterbrochen werden. Die Ausschlagung trifft nicht die Erbschaft: Ausschlagung ist der Verzicht auf das angefallene Erbenwartrecht."81 Der Anfallbetroffene könne das Wartrecht auch durch eigene Willenserklärung in das volle Erbrecht umwandeln. Damit werde das Problem gelöst, wie trotz der Geltung des Anfallprinzips eine „Annahme" der Erbschaft denkbar sei. „Die Annahmeerklärung bestätigt durch Aufhebung des Ausschlagungsrechtes die vom Gesetze erstrebte Ausreifung des Wartrechts zum Erbrechte." 82 Nur seine Auffassung, so Endemann, biete die Möglichkeit, die wirkliche Rechtslage, die von den „Zickzack-Fiktionen" des Gesetzes nur verdeckt werde, juristisch zu begreifen. Die rückwirkende Verleugnung des Anfalls als Folge der Ausschlagung sei mit der Wirklichkeit nur vereinbar, wenn man als Anfallwirkung die Entstehung eines Wartrechts annehme. Ein solches erst in der Entwicklung begriffenes Recht könne für den Erbgang völlig verschwinden. Dagegen sei keine Macht des Gesetzes imstande, die einmal vollzogene Tatsache des Eintritts als Erbe ungeschehen zu machen. Dabei helfe auch nicht der Name „vorläufiger Erbe"; denn dass dieser als Erbe existiert habe, lasse sich nicht austilgen. Nur mit seiner Konstruktion glaubt Endemann auch eine weitere gesetzliche Rechtsfolge erklären zu können. Bei jedem Erbfall bestehe eine festgeprägte Folgeordnung, innerhalb deren die Berufung fortschreitet, bis der Eintritt eines Erben den Erbgang abschließt. Jeder, der an irgendeiner Stelle in der Staffelung steht, werde mit dem Todesfall erbrechtlich beteiligt; denn es bestehe die rechtliche Möglichkeit, dass er als Berufener an die Reihe kommt. Daraus folge: Durch den Erbfall „entsteht kraft Gesetzes ein potentielles Erbenwartrecht für jeden bloß,möglichen' Berufenen"83. Nur so finde der geltende Rechtssatz die zureichende Erklärung, dass die Erbanwartschaft des entfernteren Nachmannes auf seine Erben übergeht, wenn er den Erbfall erlebt hat, aber gestorben ist, bevor seine Vordermänner ausgeschlagen haben 84 . Sobald der Nachmann an die Reihe gekommen ist, verwandle sich aus eigener immanenter Kraft das potentielle Wartrecht in ein effektives oder aktuelles, das seinerseits durch Annahme zum vollen Erbrecht auswachse und damit den Zweck des gesetzlich erstrebten Abschlusses des Erbgangs verwirkliche. 81 82 83 84

Endemann (Fn. 3), § 102 II 4 (S. 767 f.). Ebd. (S. 768). Endemann (Fn. 3), § 102 II 6 (S. 768). S . a u c h o . §2 II 1, S. 145.

176

52

Vonselbsterwerb

E n d e m a n n s Ansicht vermag, so scharfsinnig sie ist, letztlich nicht zu überzeugen. Dass, um mit dem zuletzt dargestellten P u n k t zu beginnen, der N a c h berufene bereits mit dem Erbfall ein vererbbares subjektives R e c h t erwirbt (das wegen Vorhandenseins von Vordermännern n o c h nicht E r b r e c h t ist), lässt sich gewiss nicht leugnen. Als weitere Bestätigung dafür kann man übrigens die herrschende Interpretation des § 1946 B G B anführen, derzufolge der potentielle E r b e zwar erst nach dem Erbfall, aber schon vor dem Erbanfall annehmen und ausschlagen kann, also zu einer Zeit, zu der seine Berufung n o c h davon abhängig ist, dass ein Vorberufener zum definitiven E r w e r b (sei es wegen A u s schlagung, Anfechtung oder Erbunwürdigkeitserklärung) nicht gelangt 8 5 . U m die Position des N a c h b e r u f e n e n zu erklären, bedarf es j e d o c h der K o n s t r u k t i o n E n d e m a n n s nicht, deren P r o p r i u m ja auch eigentlich nicht in einer rechtlichen Aufwertung der Position des N a c h b e r u f e n e n , sondern in einer rechtlichen A b wertung des aktuellen (aber n o c h nicht endgültigen) E r b e n besteht. D e n n auch v o m B o d e n der herrschenden Meinung aus kann dem N a c h b e r u f e n e n schon mit dem Erbfall ein (vererbbares) subjektives R e c h t , das n o c h nicht E r b r e c h t ist, zugesprochen werden. E n d e m a n n s K o n s t r u k t i o n eines „Wartrechts" trifft im G r u n d e g e n o m m e n nur und gerade auf den N a c h b e r u f e n e n zu. Dass sie hier zutrifft, bedeutet nicht, dass sie überall und insbesondere im wichtigsten Fall, dem des vorläufigen E r b e n , zutrifft. S c h o n auf den ersten B l i c k irritiert doch an E n d e m a n n s Auffassung, dass diese den aktuell Berufenen konstruktiv auf die Stufe des N a c h b e r u f e n e n und damit auf die eines b l o ß e n (wenn auch im einen Fall „aktuellen", im anderen „potentiellen") Anwärters herabdrückt und damit dem Anfallprinzip nicht gerecht wird. Dass das Anfallprinzip, so rigoros es im B G B wegen und infolge des § 1953 II gehandhabt wird, mit dem Erbfall schon dem nur potentiell Berufenen etwas anfallen lässt, ist kein G r u n d , die H a u p t wirkung des Prinzips, so wie sie in §§ 1922 I, 1942 B G B verankert ist, abzuschwächen. Dass man zwar ein bloßes Wartrecht, nicht aber die Erbenstellung rückwirkend beseitigen könne, ist eine durch nichts erwiesene Behauptung, die zum einen im Widerspruch mit dem Wortlaut des Gesetzes steht, das auch denjenigen, der n o c h ausschlagen kann, als E r b e n bezeichnet, und die letztlich auf einer Hypostasierung des Erbenbegriffs beruht, die ihrerseits durch eine Verabsolutierung der gesetzlichen F i k t i o n von § 1953 I, I I B G B schon für die Zeit des Schwebezustandes beeinflusst ist. U m g e k e h r t führt aber diese Hypostasierung des Erbenbegriffs und die Herabstufung des vorläufigen E r b e n auf die Position eines b l o ß e n Wartberechtigten dazu, dass E n d e m a n n den § 1953 I B G B nicht 85 § 1947 BGB steht dieser Interpretation nicht entgegen, da es sich um eine bloße Rechtsbedingung handelt. Für die h.M. vgl. nur etwa MünchKomm/Leipold (Fn. 5), §1946 Rn. 2 m.w.N. und mit ausführlicher Begründung Strohal, Das deutsche Erbrecht auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. 2, 3. Aufl. 1904, § 61 a Fn. 1 (S. 15). Dasselbe wie für gesetzlich Nachberufene gilt für Ersatzerben (h.M., RGZ 80, 377, 382).

III. Beseitigung

des

Vonselbsterwerbs

177

mehr erklären kann, ja sich regelrecht in Widerspruch zu dieser N o r m setzt. Denn das „Wartrecht" kann sinnvollerweise nicht rückwirkend beseitigt werden. Es lässt sich wohl behaupten, dass mit der Ausschlagung die Erbenstellung rückwirkend dahinfällt, nicht aber, dass mit der Ausschlagung das bisherige Wartrecht rückwirkend entfällt. D a s „Wartrecht" ist doch gerade die Rechtsposition einer Person, die eine Erbschaft annehmen oder ausschlagen kann; die Geltendmachung eines Rechts kann nicht nachträglich zu seinem rückwirkenden Untergang führen. Endemann gibt dem vorläufig Eingesetzten bei der Annahme mehr und nimmt ihm bei der Ausschlagung weniger, als das Gesetz vorsieht: Er gibt ihm bei der Annahme, was er schon hat, und nimmt ihm bei der Ausschlagung nicht, was er nicht haben darf. Dass nur Endemanns Konstruktion im Rahmen des Anfallprinzips die Möglichkeit einer „ A n n a h m e " der Erbschaft erklären könne, trifft nicht zu. Gewiss hat das herrschende Erklärungsmodell Schwierigkeiten mit der „ A n nahme". Diese Schwierigkeiten liegen darin begründet, dass die Annahme als Erklärung keinen rechten, vor allem keinen dem juristischen Laien unmittelbar einleuchtenden Erklärungsgegenstand hat. Sie kann nicht bedeuten: „Ich will das Eigentum an den Nachlassgegenständen erhalten"; denn dieses Eigentum hat der Erbe schon mit und seit dem Erbfall. Sie kann nicht bedeuten: „Ich will, dass die Ausschlagungsfrist nicht mehr weiterläuft"; denn der Lauf einer gesetzlichen Frist unterliegt nicht rechtsgeschäftlicher Disposition. Sie kann letztlich auch nicht bedeuten: „Ich verzichte auf das mir zustehende Ausschlagungsrecht." Denn dies entspricht nicht der Auffassung und Ausdrucksweise des Lebens und ist auch juristisch insofern nicht korrekt, als ein Verzicht auf ein Gestaltungsrecht die Kenntnis von der Existenz dieses Rechts voraussetzt 8 6 . Annahme der Erbschaft kann mithin nur bedeuten: „Ich will Erbe bleiben". Damit kommt es zu dem Phänomen, dass die Hauptwirkung der Annahme, nämlich der Verlust des Ausschlagungsrechts, nicht Inhalt der Annahmeerklärung ist. Dies ist zwar unschön. D a es jedoch auch in anderen Bereichen des Zivilrechts vorkommt, dass die Hauptwirkung einer Erklärung gesetzlich angeordnet und nicht privatautonom gewollt ist 8 7 , handelt es sich bei der Annahme der Erbschaft zumindest nicht u m eine völlig singuläre Erscheinung. Richtig ist letztlich nur, dass die Konstruktion der herrschenden Meinung in einem, freilich eher nebensächlichen Punkt korrigiert werden muss: Annahme ist, genau gesprochen, nicht (einseitiger) Verzicht auf das Ausschlagungsrecht. Endemanns Konstruktion selber würde die „Annahme" der Erbschaft nur dann zutreffend beschreiben, wenn das grundlegende Prinzip des Gesetzes nicht „Vonselbsterwerb", sondern „Antrittserwerb" lauten würde. N o c h verfehlter als im Modell der herrschenden Meinung ist es übrigens im Rahmen 86 87

S. Protokolle, V, 216 ff. und u. § 2 III 2 b), S. 188 und c), S. 194. Vgl. z.B. die Schuldnerverzug begründende Mahnung des Gläubigers.

178

52

Wonselbsterwerb

v o n E n d e m a n n s L ö s u n g , die A n n a h m e e r k l ä r u n g als „ A u f h e b u n g des A u s schlagungsrechts" zu bezeichnen 8 8 . N i c h t zu erklären vermag E n d e m a n n s K o n s t r u k t i o n eines „Wartrechts" ü b rigens die Tatsache, dass auch derjenige, der die E r b s c h a f t n o c h ausschlagen kann, s c h o n ein volles und umfassendes Verfügungsrecht über den Nachlass besitzt. D a s G e b r a u c h m a c h e n von diesem Verfügungsrecht führt nicht stets zur A n n a h m e der Erbschaft, und umgekehrt wird nicht jede v o r g e n o m m e n e Verfügung des n o c h Ausschlagungsberechtigten nach Ausschlagung

unwirksam

(§ 1959 I I B G B ) .

f ) Ausschlagung als Gestaltungsmittel

und die erbrechtliche

Beratungspraxis

D i e Ausschlagung ist eines der wenigen erbrechtlichen Gestaltungsmittel.

Sie

unterscheidet sich in Voraussetzungen und W i r k u n g e n erheblich v o n einem anderen erbrechtlichen Gestaltungsmittel, der Anfechtung v o n Verfügungen von Todes wegen (§§ 2 0 7 8 ff. B G B ) . G e h t es bei L e t z t e r e r darum, dass der A n f e c h tungsberechtigte etwas erlangen will, was er n o c h nicht hat (§ 2 0 8 0 I B G B ) , so beseitigt der Ausschlagende das, was er bereits hat. Anders als die Anfechtung ist die Ausschlagung nicht nur bei Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen, sondern auch bei gesetzlicher E r b f o l g e möglich; führt sie bei Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen und einer M e h r h e i t v o n E r b e n nur zu einer relativen, auf die Person des Ausschlagenden beschränkten Wirkung, während die Anfechtung auch nur eines M i t e r b e n die (fehlerhafte) Verfügung insgesamt beseitigt 8 9 ; greift sie auch ein bei v o l l k o m m e n irrtumsfreier Verfügung von Todes wegen. Gerade weil die Ausschlagung ein Gestaltungsrecht ist, k o m m t ihr in der erbrechtlichen Beratungspraxis

erhebliche Bedeutung zu, oder besser: sollte ihr

erhebliche Bedeutung z u k o m m e n . D i e s gilt sowohl für die Beratung des E r b lassers wie für diejenige des E r b e n . In der Beratung des Erblassers bezüglich der Gestaltung seiner Verfügung von Todes wegen ist die M ö g l i c h k e i t , dass das v o m Erblasser gewünschte Ergebnis von seinen E r b e n mittels Ausschlagung vereitelt oder jedenfalls beeinflusst werden kann, von vornherein zu berücksichtigen. D i e Auswirkungen einer eventuellen Ausschlagung sind daher genau zu analysieren, um gegebenenfalls durch bestimmte A n o r d n u n g e n in der Verfügung von Todes wegen Vorsorge für eine spätere Ausschlagung treffen zu k ö n n e n . Zu denken ist dabei namentlich an eine ausdrückliche E r s a t z e r b e n b e n e n n u n g oder an Strafklauseln für den Fall der Ausschlagung. Bei der Beratung v o n Erblassern und E r b e n in B e z u g auf die Ausschlagung kann es leicht zu haftungsbegründenden

Bera-

88

So aber ausdrücklich Endemann (Fn. 3), § 102 II 4 (S. 768). BGH, FamRZ 1985, 806 (808) = N J W 1985, 2025 (2026). A.A. (Fn. 5), § 1942 Rn.3. 89

MünchKomm/Leipold

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

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tungsfehlern kommen. Das liegt zum einen an der Kompliziertheit der Materie als solcher, zum anderen und vielleicht noch mehr an dem Umstand, dass eine umfassende und korrekte Beratung nicht selten das Eingehen auf Themen verlangt, die der erbrechtlich nicht Versierte mit allem anderen, nur nicht mit Annahme und Ausschlagung der Erbschaft in Verbindung bringt. Das Letztere wiederum hängt damit zusammen, dass man an die Ausschlagung nur bei Überschuldung oder Wertlosigkeit des Nachlasses zu denken pflegt. Beispiel 2: 90 Die Kläger (Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät) machen gegen den Beklagten 61.000 D M H o n o r a r aus Beratung in einer Erbschaftsangelegenheit geltend. D e r Beklagte - im Zeitpunkt der Beratung schon vorgerückten Alters, sodass rein statistisch innerhalb weniger Jahre mit seinem Ableben gerechnet werden konnte - war Miterbe zu 1/2 geworden. D e r Nachlass belief sich auf 20 Millionen D M . D e r Beklagte ist der Ansicht, die Kläger hätten ihn über die Möglichkeit der Erbschaftsausschlagung zugunsten seiner Kinder beraten müssen. D u r c h die Ausschlagung habe das zweimalige Anfallen von E r b schaftsteuer vermieden werden können. (Die Ausschlagung wirkt auch steuerrechtlich zurück 9 1 .) D e r Schaden betrage mehr als 500.000 D M . Mit einem entsprechenden Ersatzanspruch (sei es einem eigenen, sei es einem ihm von den Kindern abgetretenen) rechne er auf. Das L G Köln hat in diesem Fall zu Recht Verletzung einer Beratungspflicht angenommen. Die Kläger habe eine umfassende Beratungspflicht auch in Bezug auf die Ausschlagungsmöglichkeit getroffen. Sie k ö n n t e n sich auch nicht damit verteidigen, dass sie keine Steuerberater seien u n d deshalb über steuerrechtliche Fragen nicht zu beraten bräuchten. Das gelte im vorliegenden Fall insbesondere deshalb, weil der Fall steuerlich einfach gelagert gewesen sei. Letztendlich lehnte das L G Köln allerdings einen Schadensersatzanspruch mit der Begründung ab, dass der Schaden nicht beim E r b e n (dem Mandanten), sondern erst bei dessen Erben eingetreten sei, u n d diese hätten - da es an einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter fehle - keine Ansprüche gegen die Anwälte 9 2 . Die Ablehnung eines Ersatzanspruchs erscheint mehr als zweifelhaft. Sie w ü r d e heute k a u m vor dem B G H Bestand haben 9 3 .

Auch der Notar darf an die Ausschlagung nicht nur bei Uberschuldung oder Wertlosigkeit des Nachlasses denken. Beurkundet er etwa eine Erbteilsübertragung (§ 2033 I BGB) - der Veräußerer wird durch Übertragung seines Erwerbs nicht von der Erbschaftsteuer befreit 94 , ebenso wenig wie der Erwerber nach § 3 90

LG Köln, N J W 1981, 351. Vgl. schon Fn. 76. Die Steuerpflicht trifft nunmehr den nach § 1953 II BGB Berufenen. Der Anfall an den Nächstberufenen gilt selbst dann nicht als Schenkung seitens des Ausschlagenden, wenn die Ausschlagung zugunsten einer bestimmten Person erfolgt; §517 BGB ist auch für das Steuerrecht zu beachten. - Eine für die Ausschlagung gezahlte Abfindung ist nach § 3 II Nr. 4 ErbStG in der Person des Abgefundenen steuerpflichtig, da sie steuerrechtlich als vom Erblasser zugewendet gilt. Im französischen Recht ist es schon im Zivilrecht materielles Gültigkeitserfordernis der Ausschlagung, dass sie unentgeltlich erfolgt; wird sie entgeltlich erklärt, handelt es sich um eine Annahme in Verbindung mit einer Erbschaftsübertragung (Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann - Fn. 71 - , Frankreich, Grundzüge, Rn. 247 mit Nachw.). 92 LG Köln, NJW 1981, 351 f. 93 Vgl. BGH, N J W 1995, 51. 94 FG Nürnberg, E F G 1967, 354; FG Rheinland-Pfalz, EFG 1986, 456; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 12. Aufl. 1999, § 3 Rn. 11. 91

180

§2

Vonselbsterwerh

ErbStG erbschaftsteuerpflichtig wird obwohl zur Erreichung der angestrebten Rechtsfolge auch eine Ausschlagung in Frage kommt, bei der auf Seiten des Ausschlagenden keine Erbschaftsteuer anfällt, so verletzt er seine Amtspflicht zur Belehrung über die Tragweite des Geschäfts und macht sich schadensersatzpflichtig 95 . Stirbt der Erbe während des Laufs der Ausschlagungsfrist, so vererbt er - als Teil seines Nachlasses - nicht nur die geerbte Erbschaft (bzw. den geerbten Erbteil), sondern auch das Ausschlagungsrecht (§ 1952 I BGB). Der Erbeserbe kann das Ausschlagungsrecht zur steuergünstigen Nachlassgestaltung einsetzen 96 . Verstirbt etwa die Mutter kurz nach dem Vater und haben die Eltern in einem Berliner Testament (§ 2269 BGB) sich gegenseitig zu Alleinerben und die Kinder zu Schlusserben eingesetzt oder soll die Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten dem Gesetz entsprechen, so können die Kinder den auf die Mutter übergegangenen Nachlass des Vaters als Erben der Mutter ausschlagen (mit der Folge, dass die auf die Kinder übergegangene Erbenstellung der Mutter rückwirkend entfällt, § 1953 I BGB) und als Erben des Vaters (die sie nach §§ 1953 II, 1924 BGB geworden sind 97 ) annehmen, dadurch die von den Eltern stammenden Vermögensteile (die durch die ursprüngliche Erbenstellung der Mutter zu einer Einheit verschmolzen waren) wieder trennen, eine zweimalige Besteuerung des vom Vater stammenden Erwerbs vermeiden, die Steuerprogression mindern und die Kinderfreibeträge doppelt (nämlich sowohl nach dem Vater als auch nach der Mutter) in Anspruch nehmen. 2. Ausschlagung

des

Vermächtnisses

a) Regelung des BGB Die Forderung aus Vermächtnis (§2174 BGB) fällt dem Vermächtnisnehmer mit dem Erbfall an, „unbeschadet des Rechtes, das Vermächtnis auszuschlagen" (§ 2176 BGB). § 2180 BGB konkretisiert das Ausschlagungsrecht. Aufbau und Reihenfolge der gesetzlichen Normen entsprechen denen, die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft regeln: § 2176 BGB mit seiner Fixierung des Anfallprinzips und der gleichzeitigen Gewährung bzw. Ankündigung des Ausschlagungsrechts entspricht § 1942 BGB; und ähnlich wie in §§ 1943 ff. BGB geht es dann in § 2180 I, II und III BGB weiter, natürlich mit den gleich noch zu schildernden Sachunterschieden im Einzelnen. Bei der Betrachtung der gesetzlichen Normen zur Erbausschlagung haben wir zwei Tendenzen festgestellt: Das Gesetz will möglichst erreichen, dass es beim Erbanfall bleibt. Und es will, wenn tatsächlich ausgeschlagen wird, mög95 96 97

LG Neuruppin, N o t B Z 2000, 67. Zum Folgenden Meincke (Fn. 94), § 3 Rn. 16; FG Düsseldorf, EFG 1965, 183. Beachte, dass § 1948 I BGB nicht eingreift.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

181

liehst schnell klare Verhältnisse schaffen. Ganz anders geht es bei der Vermächtnisausschlagung vor. Hier gibt es nicht nur keine kurze Ausschlagungsfrist, es gibt überhaupt keine Ausschlagungsfrist 98 , dementsprechend auch kein (zur Annahmefiktion führendes) Verstreichenlassen der Frist. Es gibt keine Amtsempfangsbedürftigkeit, keine Form-, keine Kostenpflichtigkeit der Ausschlagung. Es gibt keine Amtsempfangsbedürftigkeit, keine Gegensatzwirkung (wie in § 1957 BGB), keine Form-, Kosten- und Fristgebundenheit der Anfechtung von Annahme und Ausschlagung". Annahme und Ausschlagung erfolgen gleichermaßen formlos gegenüber dem Beschwerten (§2180 II 1 BGB) oder, wahlweise, gegenüber Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker, wenn der Vermächtnisanspruch diesen Personen gegenüber geltend gemacht werden kann 100 . § 2180 II 1 BGB ist insofern strenger als § 1943 BGB, weil er Zugang der (ausdrücklichen oder konkludenten) Erklärung beim Beschwerten verlangt 101 , während § 1943 BGB in der Interpretation der h.M. - und dies auch bloß für den Regelfall - (nur) Erklärung gegenüber irgendeinem Nachlassbeteiligten voraussetzt. § 2180 II 1 BGB soll nach dem Willen der Gesetzesverfasser die bei der Diskussion des Mommsenschen Erbrechtsentwurfs von 1876 aufgetretenen Zweifel beseitigen, als könnte auch die gegenüber Unbeteiligten abgegebene Erklärung als zureichend angesehen werden 102 . Die stillschweigende Erklärung wird erst dann wirksam, wenn sie zur Kenntnis des Beschwerten gelangt ist 103 . Ist das Vermächtnis angenommen, kann es nicht mehr ausgeschlagen werden (§2180 I BGB). Man möchte denken, diese Rechtsfolge sei belanglos, da der Vermächtnisnehmer ja auch ganz einfach darauf verzichten könnte, seine Forderung aus § 2174 BGB geltend zu machen. Doch ist dem nicht so: Die Annahme hat Bedeutung für die §§ 2307, 1371 BGB; der Vermächtnisnehmer kann ab Annahme in Gläubigerverzug kommen; ist ihm ein Vermächtnis X unter der aufschiebenden Bedingung zugewandt worden, dass er ein ihm ebenfalls ausgesetztes zweites Vermächtnis Y ausschlägt, so fällt die Bedingung mit der An-

98 Im Fall, dass der Vermächtnisnehmer Pflichtteilsberechtigter ist, kann der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten immerhin eine Frist zur Erklärung über die Annahme setzen (§2307 II 1 BGB). Bezeichnenderweise gilt mit dem Ablauf der Frist das Vermächtnis als ausgeschlagen, wenn nicht vorher die Annahme erklärt wird (§2307 II 2 BGB); für die Ausschlagungsfiktion des § 2307 II 2 BGB spricht auch § 2307 I 2 HS. 2 BGB. 99 Eine Sondervorschrift für die Anfechtung der Ausschlagung enthält § 2308 BGB. Sie wird von der h.M. über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch für die Annahme angewandt (vgl. etwa Münch Komm/Frank - Fn. 39 - , § 2308 Rn. 11 m.w.N.). 100 H.M.; vgl. nur BGH, D N o t Z 2001, 634 (636) (Testamentsvollstrecker); OLG Stuttgart, Württembergische Zeitschrift für freiwillige Gerichtsbarkeit 1910, 46; Lange/Kuchinke (Fn. 3), §29 IV 2 Fn. 131 m.w.N. 101 Vgl. schon Motive, V, 187. 102 Motive, V, 186 f.; Mommsen (Fn. 22), 384. S. bereits o. Fn. 70. 103 Motive, V, 187.

182

§2

Vonselbsterwerb

nähme endgültig aus. D i e A n f e c h t u n g von A n n a h m e und Ausschlagung folgt unmodifiziert den allgemeinen Regeln (§§ 119 ff. B G B ) . D e r Vermächtnisnehmer kann nach alledem n o c h nach 2 9 J a h r e n annehmen oder ausschlagen. T h e o r e t i s c h kann er (oder k ö n n e n seine E r b e n , § § 2 1 8 0 I I I , 1952 I B G B ) n o c h nach 100 J a h r e n annehmen oder ausschlagen, wenngleich dann natürlich längst Verjährung der Vermächtnisforderung eingetreten ist (§ 197 I N r . 2 B G B ) und ein etwa in seiner G e l t e n d m a c h u n g von der Ausschlagung abhängiger Pflichtteilsanspruch n o c h länger schon verjährt ist (§ 2 3 3 2 I I I BGB). Beispiel3: Nimmt Vermächtnisnehmer A das Vermächtnis 29 Jahre nach dem Vermächtnisanfall an und wird das Vermächtnis erfüllt, so hat A weitere 10 Jahre Zeit, um einen ihm bei Abgabe der Annahmeerklärung unterlaufenen Irrtum zur Kenntnis zu nehmen (§121 II BGB) und die Annahme anzufechten, mit der Folge, dass ein erneuter Schwebezustand eintritt, denn § 1957 I B G B gilt ja nicht - der Vermächtnisbeschwerte kann übrigens keineswegs Rückübertragung des Vermächtnisgegenstandes verlangen, denn der Vermächtnisnehmer hat seinen Anspruch aus § 2174 B G B als causa für das Behaltendürfen ja nach wie vor, wobei noch sehr zweifelhaft ist, ob allein schon die Nichtrückgabe durch den Vermächtnisnehmer eine erneute Annahme bedeutet und der Vermächtnisnehmer und seine Erben können sich nun 100 Jahre Zeit lassen zur Beantwortung der schwierigen Frage, ob sie das Vermächtnis annehmen oder ausschlagen sollen. A n s o n s t e n gilt, was o b e n zur Ausschlagung der E r b s c h a f t gesagt wurde: D i e Ausschlagung wirkt auf den Anfall zurück (§§ 2 1 8 0 I I I , 1953 B G B ) . Ist der A n fall n o c h nicht erfolgt - dieser U m s t a n d hindert die (frühestens nach dem E r b fall m ö g l i c h e 1 0 4 , § 2 1 8 0 II 2 H S . 1 B G B ) Ausschlagung nicht - , so k o m m t er nach der Ausschlagung nicht mehr in Frage. Findet die Ausschlagung nach dem Anfall statt, gilt der Anfall an den Ausschlagenden rückwirkend als nicht erfolgt ( § § 2 1 8 0 I I I , 1953 I B G B ) . Bei wörtlicher A n w e n d u n g v o n § § 2 1 8 0 I I I , 1953 II B G B fällt das Vermächtnis demjenigen an, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt. D e r Wortlaut verlangt dem v o m Erbanfall sich u n terscheidenden C h a r a k t e r des Vermächtnisses

entsprechende

Modifikatio-

n e n 1 0 5 : D a die an die Stelle des Ausschlagenden tretende Person (wie jeder Vermächtnisnehmer) zur Zeit des Erbfalls n o c h nicht gelebt haben, ja n o c h nicht einmal erzeugt sein muss (§ 2 1 7 8 B G B ) , hat man §§ 2 1 8 0 I I I , 1953 II B G B so zu lesen: „Das Vermächtnis fällt demjenigen an, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte und auch nicht nach dem

104 Bei aufschiebend bedingten oder aufschiebend befristeten Vermächtnissen kann die Ausschlagung schon vor Eintritt der Bedingung oder des Termins erklärt werden (h.M., vgl. etwa Staudinger/Otte - Fn.3 - , §2180 Rn.6; MüncbKomm/Schlichting - Fn.30 - , §2179 Rn. 7). Das Nachvermächtnis kann schon vor Eintritt des Nachvermächtnisfalles ausgeschlagen werden; BGH, DNotZ 2001, 634 (636). 105 Zum Folgenden Staudinger/Otte (Fn.3), §2180 Rn. 11; MünchKomm/Schlichting (Fn.30), §2180 Rn. 8.

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs Erbfall lebend geboren w ä r e . " Maßgeblicher

Zeitpunkt

183 für die B e s t i m m u n g des

Ersatzberufenen (§§ 2 1 9 0 , 2 0 6 9 B G B ) ist der Erbfall, in den Fällen der §§ 2177, 2 1 7 8 B G B der spätere Anfall 1 0 6 . D e r Anfall an den Ersatzberufenen gilt als mit dem Erbfall, in den Fällen der §§ 2177, 2 1 7 8 B G B als mit dem dort genannten späteren Zeitpunkt erfolgt. Greift weder Ersatzberufung n o c h Anwachsung (§ 2 1 5 8 B G B ) ein, erlischt der Vermächtnisanspruch. D i e Ausschlagung des Vermächtnisses ist keine Schenkung, selbst dann nicht, wenn sie auf G r u n d einer Vereinbarung mit dem Beschwerten oder dem Ersatzvermächtnisnehmer erfolgt ( § 5 1 7 Alt. 3 B G B ) . L e b t der Vermächtnisn e h m e r in Gütergemeinschaft, ist nur er berechtigt, das Vermächtnis anzunehmen oder auszuschlagen; der Z u s t i m m u n g des anderen Ehegatten bedarf es nicht (§§ 1432 I 1, 1455 N r . 1 B G B ) . D i e Pfändung des Vermächtnisanspruchs hindert nicht an der Ausschlagung durch den Vermächtnisnehmer. D i e A u s schlagung unterliegt nicht der A n f e c h t u n g nach I n s O und A n f G ; sie kann, wie vor, so nach E r ö f f n u n g der Insolvenz des Vermächtnisnehmers, s o w o h l für ein vor, wie für ein nach Insolvenzeröffnung angefallenes Vermächtnis, nur v o m Vermächtnisnehmer erklärt werden (§ 83 I n s O ) . Sie bedarf bei Minderjährigkeit des Vermächtnisnehmers der G e n e h m i g u n g des Familien- bzw. V o r m u n d schaftsgerichts (§§ 1643 I I 1, 1822 N r . 2 B G B ; A u s n a h m e : § 1643 I I 2 B G B ) . N e b e n der Ausschlagung des Vermächtnisanspruchs ist auch ein Erlass nach § 397 B G B möglich 1 0 7 - eine K o n k u r r e n z , die nicht etwa wegen der fehlenden Ausschlagungsfrist bedeutungslos ist. B e i d e Institute unterscheiden sich erheblich: Ausschlagung ist einseitige Willenserklärung, Erlass Vertrag. Ausgeschlagen werden kann nur, wenn das Vermächtnis n o c h nicht angenommen wurde (S 2 1 8 0 I B G B ) , erlassen werden dagegen sowohl vor wie nach A n n a h m e . D i e Ausschlagung führt gegebenenfalls dazu, dass das Vermächtnis einem E r s a t z vermächtnisnehmer anfällt ( § 2 1 9 0 B G B ) oder einem Mitvermächtnisnehmer anwächst ( $ 2 1 5 8 B G B ) ; ein Erlass dagegen k o m m t immer nur dem mit dem Vermächtnis Beschwerten zugute. D i e Ausschlagung wirkt ex tunc (§§ 2 1 8 0 I I I , 1953 I B G B ) , der Erlass ex nunc. Teilerlass ist möglich, Teilausschlagung nicht ( S S 2 1 8 0 I I I , 1950 S. 1 B G B ) . Erlass o h n e Entgelt ist Schenkung, Ausschlagung ohne Entgelt nicht ( $ 5 1 7 Alt. 3 B G B ) . Ausschlagung führt zu § 1371 II B G B , Erlass nicht 1 0 8 . Gegebenenfalls muss eine entsprechende Erklärung des Vermächtnisnehmers ausgelegt werden, w e n n nicht klar ist, o b sie Ausschlagung

106 So Staudinger/Otte (Fn. 3), §2180 R n . l l ; Palandt/Edenhof er (Fn. 5), §2180 R n . l ; MünchKomm/Schlichting (Fn.30), §2180 Rn. 8; Soergel/Wolf., BGB, 12. Aufl. 1992, §2180 Rn. 12; Lange/Kuchinke (Fn.3), §29 IV 2 Fn. 134. A.A. Planck/Flad (Fn.43), §2180 Anra. 5; RGRK/Johannsen (Fn. 38), §2180 Rn. 13; Erman/Schmidt, BGB, 10. Aufl. 2000, §2180 Rn. 3; Strohal (Fn. 37), § 31 Fn. 17 (S. 223): Entscheidend ist der für die Vererblichkeit des Rechts aus dem Vermächtnis maßgebende Zeitpunkt. 107 Zum stillschweigenden Erlassvertrag OLG Nürnberg, OLGZ 1984, 127. 108 Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 37 VI 2 Fn. 146.

184

52

Vonselbsterwerb

oder Antrag auf Abschluss eines Erlassvertrages (bzw. A n n a h m e des entsprechenden A n g e b o t s ) bedeutet. Eine A n n a h m e des Vermächtnisses liegt spätestens in dem (als solchen gewollten) Erlassvertrag. D u r c h geschickte K o n s t r u k t i o n kann man die Vorteile des einen Weges, der Ausschlagung oder des Erlasses, erlangen, ohne die mit ihm an sich verbundenen Nachteile tragen zu müssen: Ausschlagung gegen teilentgeltliche A b f i n d u n g (was freilich vertragliche Einigung mit dem Vermächtnisbeschwerten voraussetzt); Teilerlass des Vermächtnisses mit Begleitregelung, dass die N u t z u n g e n des Erlassenen ( § 2 1 8 4 B G B ) ebenfalls erlassen sein sollen. Steuerrechtlich kann die Ausschlagung gegen teil- oder vollwertige A b findung interessant sein. Beispiel 4: Erblasser E hat X zum Alleinerben eingesetzt und V ein Geldvermächtnis in Höhe von 300.000 DM ausgesetzt. V vereinbart mit X, dass er das Vermächtnis ausschlägt und dafür eine Eigentumswohnung aus dem Nachlass im Verkehrswert von 270.000 DM und im Erbschaftsteuerwert von 200.000 DM übertragen bekommen soll. V schlägt aus, die Wohnung wird übereignet. - Mit dem Anfall des Vermächtnisses (genauer: der Vermächtnisforderung aus § 2174 B G B ) ist für V die Pflicht zur Zahlung von Erbschaftsteuer entstanden (§§ 3 I Nr. 1 Alt. 3, 9 ErbStG). Der mit dem Vermächtnis Beschwerte konnte die Verbindlichkeit aus Vermächtnis von seinem Erwerb abziehen (§ 10 V Nr. 2 Alt. 1 ErbStG). Beides, Steuerpflichtigkeit des Vermächtnisses und Abzugsfähigkeit der Vermächtnisverbindlichkeit, wurde mit der Ausschlagung rückwirkend beseitigt (§ 175 I 1 Nr. 2 AO). Das Steuerrecht vollzieht also die zivilrechtliche Rückwirkung der Ausschlagung nach, sodass nicht etwa sowohl der Ausschlagende Erbschaftsteuer wie auch der durch die Ausschlagung Begünstigte (Beschwerter bzw. Ersatzvermächtnisnehmer) Schenkungsteuer zu entrichten hat (vgl. auch § 517 Alt. 3 BGB). Nach § 3 II Nr. 4 Alt. 4 ErbStG gilt jedoch „als vom Erblasser zugewendet" und damit steuerbar auch, was als Abfindung für die Ausschlagung eines Vermächtnisses gewährt wird; die Steuerpflicht entsteht mit dem Zeitpunkt der Ausschlagung ( § 9 1 Nr. 1 f ErbStG). Das ErbStG behandelt mithin die Abfindung als Surrogat des ausgeschlagenen Erwerbs und damit als (erbschaftsteuerpflichtigen) Erwerb vom Erblasser, nicht als (schenkungsteuerpflichtigen) Erwerb vom Abfindungsschuldner; Letzterer kann die Abfindung als Erwerbskosten von dem ihm angefallenen erbrechtlichen Erwerb in Abzug bringen. Die Ausschlagung gegen Abfindung kann steuerrechtlich dreifach vorteilhaft sein109: Der Erwerber kann das Objekt seines Erwerbs steuergünstig verändern und z.B. aus einem Geldforderungserwerb einen Grundstückserwerb machen, sodass möglicherweise auch eine nicht den vollen Verkehrswert des Vermächtnisses erreichende Abfindung wegen der geringeren Steuerlast immer noch günstiger sein mag als die Geltendmachung des Vermächtnisses. Er kann den Zeitpunkt des Erwerbs auf ein gewünschtes Datum hinausschieben (beachte etwa § 14 ErbStG, wonach innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammengerechnet werden). Und aus der Sicht des Erben kann es günstig sein, wenn der Vermächtnisnehmer ein ausnahmsweise nicht abzugsfähiges Vermächtnis ausschlägt und an dessen Stelle eine abzugsfähige Leistung entgegennimmt (beachte etwa § 25 I ErbStG, wonach Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker oder dem Ehegatten des Schenkers bzw. Erblassers zustehen oder das mit einer Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen zugunsten dieser Person belastet ist, ohne Berücksichtigung dieser Belastungen besteuert wird). Gäbe es die Ausschlagung nicht und wären V und X auf einen Erlass nach § 397 BGB ver-

109

Meincke (Fn. 94), § 3 Rn. 98.

III. Beseitigung

des

Wonselbsterwerbs

185

wiesen, könnten diese Vorteile nicht erreicht werden, ja bei einer Differenz der Verkehrswerte von Vermächtnis und A b f i n d u n g zu Lasten des Vermächtnisnehmers fiele noch Schenkungsteuer an.

Ähnlich, aber doch nicht ganz gleich wie §2180 B G B wirkt § 333 B G B , was hier namentlich für den in seinen Wirkungen dem Vermächtnis ähnlichen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall von Interesse ist. Auch das Zurückweisungsrecht des § 333 B G B kann unbefristet ausgeübt werden. Da beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall das Recht des Destinatärs dinglich unmittelbar mit dem Erbfall erworben wird und dieses daher stärker als die durch Vermächtnis erlangte Rechtsposition ist, könnte man bei ihm jedenfalls die rechtspolitischen Bedenken gegen das Fehlen einer Befristung des Zurückweisungsrechts für noch gewichtiger halten als im Rahmen des § 2180 B G B . O b die zwischen § 333 B G B und § 2180 B G B bestehenden Unterschiede beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall aufrechtzuerhalten oder einzuebnen sind, hängt mit der grundsätzlichen Frage zusammen, ob man in ihm ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder eine materielle Verfügung von Todes wegen, nämlich ein formloses Vermächtnis oder einen Anwendungsfall von § 2301 I B G B , sieht 110 . Wer den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall als formloses Vermächtnis betrachtet, wird konsequenterweise zwei wichtige Unterschiede zwischen § 333 B G B und § 2180 B G B beseitigen, indem er die Bedingung und Befristung der Zurückweisung durch entsprechende oder direkte (argumentum a fortiori) Anwendung von § 2180 II 2 HS. 2 B G B und die Zurückweisung vor dem Anfall durch entsprechende oder direkte Anwendung von § 2180 II 2 HS. 1 B G B ausschließt 111 . b)

Entstehungsgeschichte

Interessant sind die Unterschiede, die zwischen B G B und römischem Recht bezüglich der Annahme und Ausschlagung von Vermächtnissen bestehen. Im römischen Recht galt dafür Folgendes: Beim Damnationslegat hatte der Legatar zwei Möglichkeiten. Er konnte sich zum einen rein passiv verhalten und es einfach unterlassen, die ihm ja ipso iure angefallene Vermächtnisforderung geltend zu machen, die actio ex testamento zu erheben. Er konnte aber auch zweitens die Legatsschuld erlassen, und zwar durch solutio per aes et libram oder pactum de non petendo 1 1 2 ; der Erlass war in beiden dieser Formen eine Abrede zwischen Schuldner und Gläubiger, in der dieser den Schuldner unter Verzicht auf die Leistung befreite, wobei die förmelnde solutio per aes et libram ipso iure von der Schuld befreite, während das formlose pactum de non petendo nur nach ius honorarium vermöge einer Einrede, der exceptio pacti, wirkte 1 1 3 . Das Vin110 111

112 113

S.o. § 1 IV 2 c) bb), S. 75 ff. Für beides etwa Windel (Fn. 9), 452 f. Käser (Fn. 16), § 186 II 1. Ebd., §150 II.

186

$2

Vonselbsterwerb

dikationslegat k o n n t e der Legatar (einseitig) ausschlagen (repellere, repudiare), mit der W i r k u n g , dass es als nie e r w o r b e n galt 1 1 4 . D i e Erklärung, das Vindikationslegat annehmen zu wollen, hatte die Bedeutung, dass durch sie die M ö g lichkeit einer Ausschlagung des Vermächtnisses verloren ging. D i e Ausschlagung k o n n t e erst nach Erbschaftsannahme und bei bedingten und befristeten Legaten erst nach Eintritt v o n Bedingung bzw. Termin erfolgen. D e r H a u p t u n terschied zwischen B G B und römischem R e c h t liegt nach alledem darin, dass Letzteres dem Legatar beim Damnationslegat - und das B G B kennt ja nur dieses - kein einseitiges Ausschlagungsrecht gab. E i n weiterer U n t e r s c h i e d von freilich eher geringerem G e w i c h t zeigt sich darin, dass im römischen R e c h t die Ausschlagung (des Vindikationslegats) erst nach A n n a h m e des E r b e n und nach Eintritt einer (vom Erblasser gesetzten) Bedingung oder eines (vom Erblasser gesetzten) Termins möglich war. Schon im V o r e n t w u r f des Erbrechtsredaktors der ersten B G B - K o m m i s s i o n und dann auch im ersten B G B - E n t w u r f hatte § 2 1 8 0 B G B der Sache nach seine heutige Gestalt gefunden 1 1 5 . E s wurden im Wesentlichen die B e s t i m m u n g e n über die Erbschaftsannahme und Erbschaftsausschlagung auf das Vermächtnis übertragen. N u r eine gesetzliche Ausschlagungsfrist hielt man mangels „Interesses des allgemeinen V e r k e h r s " 1 1 6 für nicht erforderlich; dem Erblasser sei es u n b e n o m m e n , seinerseits Annahmefristen zu setzen. A u ß e r d e m hielt man die G r ü n d e , die dafür sprachen, die Ausschlagungserklärung bei der Erbschaft an eine besondere F o r m zu binden, bei Vermächtnissen für nicht einschlägig. D e n n hier handle es sich nicht um das Interesse einer unbestimmten und u n b e kannten M e n g e v o n Beteiligten, sondern nur um das Verhältnis zwischen dem B e s c h w e r t e n und dem Bedachten. I m m e r h i n k ö n n e aber eine gegenüber einem Unbeteiligten abgegebene A n n a h m e - und Ausschlagungserklärung nicht für zureichend angesehen werden 1 1 7 . D a h e r wurde im E n t w u r f festgehalten, dass die Erklärung der A n n a h m e und der Ausschlagung dem B e s c h w e r t e n gegenüber zu erfolgen habe (heute § 2 1 8 0 II 1 B G B ) . In der zweiten B G B - K o m m i s s i o n waren zu § 1873 des ersten B G B - E n t wurfs (heute § 2 1 8 0 I, II B G B ) zwei Anträge gestellt 1 1 8 . D e r erste Antragsteller wollte § 1873 I des ersten E n t w u r f s (§ 2 1 8 0 I B G B ) streichen. E r führte aus, die „ A n n a h m e " des Vermächtnisses sei ein rechtlich unerheblicher Vorgang, da das Vermächtnis ipso iure anfalle; es bedürfe daher über sie keiner B e s t i m m u n g e n . 114 Nach der Ansicht der Prokulianer (zum Schulenstreit s. schon o. Text nach Fn. 17) verhielt sich die Sache beim Vindikationslegat so, dass die vermachte Sache bis zur Äußerung des Erwerbswillens durch den Legatar als herrenlos galt und dass erst mit der und durch die Erklärung des Bedachten mit Wirkung ex tunc bestimmt wurde, wem die Sache von Anfang an gehörte. 115 Schubert (Fn. 23), 28, 411 ff.; Motive, V, 186ff. (zu § 1873 El). 116 Schubert (Fn.23), 411; Motive, V, 186. 1,7 Schubert (Fn. 23), 411; Motive, V, 186 f. 118 Zum Folgenden Protokolle, V, 216 ff.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

18 7

Einen Verzicht auf die Ausschlagung könne es nicht geben. Nachdem das Vindikationslegat abgelehnt sei, bewirke die Lösung des Entwurfs, die Annahme zum Unwirksamkeitsgrund einer nachfolgenden Ausschlagung zu machen, dass es zur Aufhebung des Vermächtnisanspruchs nach der Annahme anstatt einer einseitigen Erklärung nunmehr eines Erlassvertrages bedürfe, sowie dass dieser Erlassvertrag keine rückwirkende Kraft habe und eventuell wegen Benachteiligung der Gläubiger des Vermächtnisnehmers angefochten werden könne. Ein praktisches Bedürfnis für eine solche Gestaltung der Dinge liege nicht vor. Beim Erbschaftsantritt des Erben sei die Sachlage eine andere: Dem Erben könne die Möglichkeit eines beliebigen Rücktritts (technisch: einer beliebigen Ausschlagung) nicht gewährt werden, weil er nach Annahme der Erbschaft auch persönlich für die Schulden des Erblassers hafte. Der Vermächtnisnehmer dagegen hafte für die Nachlassschulden immer nur mit demjenigen, was er aus der Erbschaft erhalten habe. Ein fester Rechtszustand, welcher nicht mehr durch einseitige Erklärung geändert werden dürfe, liege erst vor, wenn der Vermächtnisnehmer die dingliche Erfüllung der Vermächtnisforderung angenommen habe, wobei selbstverständlich die Annahme der Erfüllung von der rechtlich wirkungslosen Annahme des Vermächtnisses zu unterscheiden sei. Solange aber das Vermächtnis dinglich nicht erfüllt sei, könne durch einen Rücktritt (technisch: eine Ausschlagung) des Vermächtnisnehmers, auch wenn er vorher die „Annahme" erklärt habe, kein Schaden entstehen. Man tue deshalb besser, von einer Erwähnung der Annahme ganz abzusehen. Der zweite Antragsteller wollte sachlich an der Unwiderruflichkeit der Annahmeerklärung festhalten. Nur sollte anstatt von einer Annahme von einem „Verzicht auf die Ausschlagung" gesprochen werden. Da der Erwerb des Vermächtnisses ipso iure eintrete, könne man nicht von einer „Annahme" reden, denn was man bereits habe, nehme man nicht mehr an. Die Mehrheit der zweiten Kommission lehnte beide Anträge ab. Sachlich müsse an der Unwiderruflichkeit der Annahmeerklärung (ihrer die Ausschlagung verhindernden Wirkung) festgehalten werden. Das Interesse aller Beteiligten erfordere, dass ein fester Rechtszustand hergestellt werde. Sonst könnten Schwierigkeiten entstehen. Namentlich diejenigen Personen, denen gegebenenfalls auf Grund des Vermächtnisses Forderungen gegen den Vermächtnisnehmer zustehen, müssten sich darauf verlassen können, dass eine Annahmeerklärung dauernde rechtliche Wirkung habe. Besondere Verwicklungen könnten insbesondere auch dann entstehen, wenn teilweise dinglich erfüllt worden sei und nunmehr ein Widerruf der Annahme noch zugelassen würde. Die Behandlung der Annahmeerklärung, wie sie § 1873 des ersten Entwurfs vorschreibe, weiche nicht von den allgemeinen Regeln ab. Auch bei den anderen rechtsgeschäftlichen Obligationen genüge ein einseitiger Verzicht nicht, sondern es sei ein Erlassvertrag notwendig. Es sei auch notwendig, die Vorschrift des § 1873 I El (§2180 I BGB) auszusprechen, denn dieselbe sei nicht selbstverständlich.

188

§2

Vonselbsterwerb

Gerade weil der Erwerb des Vermächtnisses ipso iure eintrete, sei es geboten, die Wirkung der Annahmeerklärung festzustellen. Was die Definition der Annahme des Vermächtnisses als eines „Verzichts auf die Ausschlagung" angehe, so entspreche diese nicht der Auffassung und Ausdrucksweise des Lebens. Zudem bestehe ein sachlicher Unterschied insofern, als bei einem Verzicht das Bewusstsein gefordert werden müsse, dass ein Ausschlagungsrecht existiere, während die Annahme auch ohne ein solches Bewusstsein wirksam erklärt werden könne. c) Die Konzeption

van Venrooys

Für eine radikale Neuinterpretation des §2180 BGB plädiert neuerdings van Venrooy 119 . Angesichts der erheblichen Diskrepanz zwischen seiner Konzeption und dem, was heute einhellig zu § 2180 BGB gelehrt wird, ist von vornherein wichtig festzuhalten, dass van Venrooy keineswegs eine rechtspolitische Konzeption im Auge hat, sondern eine Interpretation de lege lata bieten will. van Venrooy geht von der Prämisse aus, dass man Annahme und Ausschlagung im Vermächtnisrecht eigentlich nicht brauche. Denn zum einen könne in einem System des reinen Damnationslegats der Vermächtnisnehmer, der an der Zuwendung nicht interessiert ist, einfach die Geltendmachung seiner Forderung unterlassen. Und zum anderen gebe es im (sonstigen) Schuldrecht Annahme und Ausschlagung von Anspruchspositionen (GoA, Bereicherungsrecht, Deliktsrecht) ja auch nicht 120 . N u n sei freilich die N o r m des § 2180 BGB einmal in der Welt, und es gehe nicht an, sie als unbeachtlich abzutun und nicht anzuwenden. Man müsse bei der Auslegung der N o r m aber nach einer Lösung suchen, die einerseits nicht gegen den Wortlaut des § 2180 BGB verstoße, andererseits aber besser ins schuldrechtliche System des BGB passe und den Interessen der Beteiligten gerecht werde. Nach van Venrooy verhält sich die Sache so: Es bleibt dabei, dass die Vermächtnisforderung des § 2174 BGB ipso iure (und nach § 2176 BGB in der Regel auch ipso morte) dem Vermächtnisnehmer anfällt. Die herrschende Meinung halte, so van Venrooy, die Annahme für einen bloßen Verzicht auf die Ausschlagung, bestimme die Annahme also ausschließlich negativ durch ihr Verhältnis zur Ausschlagung 121 . Sie gelange so zu einer wenigstens terminologischen Redundanz, da der einseitige „Verzicht" auf das Ausschlagungsrecht 119

Zum Folgenden van Venrooy, Annahme und Ausschlagung von Vermächtnissen, 1990. van Venrooy stützt sich dabei u.a. (S. 51) auf eine Äußerung in den „Bemerkungen zu den Aenderungsvorschlägen des Referenten und zu der Begründung des Entwurfs" (Berlin 1886; erste BGB-Kommission), in der das Schuldverhältnis des Legats als eine „Legalobligation" bezeichnet wurde (Schubert - Fn. 48 - , 705). Die Rede war freilich von einer Legalobligation „besonderer Art", sodass zwischen dieser Bemerkung und der sich schon im Vorentwurf des Redaktors (ohne Anderungsvorschlag des Referenten) findenden Ausschlagungsmöglichkeit kein Widerspruch besteht. 121 S. 32. 120

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

189

schon nach allgemeinen Regeln möglich wäre, wenn nicht sogar zu einer Redundanz im Verfahren, da es nun neben dem Verzicht die getrennt davon zu betrachtende Annahme gebe, obwohl Verzicht und Annahme sich weder in der Durchführung noch im Resultat unterschieden. Die herrschende Meinung müsse daher einräumen, dass sie in der Annahme keine legislatorische Notwendigkeit sehe. In der Interpretation van Venrooys spielt dagegen die Annahme eine zentrale Rolle. § 2180 BGB sei so aufzufassen 122 , dass er für das Vermächtnis das Erfordernis eines rechtlichen Grundes hinsichtlich des Behaltendürfens (der ipso iure angefallenen Vermächtnisforderung) aufstelle. Rechtlich sei die Situation mit der des Vertrages zugunsten Dritter insofern vergleichbar, als auch dort typischerweise die Leistung an den Dritten bereits erfolgt sei, wenn ein Beteiligter auf den Gedanken komme, nach dem Rechtsgrund zu fragen; wirtschaftlich gebe es erst recht keinen nennenswerten Unterschied zwischen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall und Vermächtnis. Folge man der herrschenden Meinung, präsentiere sich das Vermächtnis als die einzige Art der Vermögensverschiebung, die das BGB zulasse, ohne einen Rechtsgrund zu verlangen; das sei in systematischer Perspektive bedenklich; die Rechtsstellung des Erben dürfe in den Vergleich nicht miteinbezogen werden, denn er repräsentiere den Erblasser. Insgesamt könne man daraus schließen: Die Aussetzung des Vermächtnisses bedeute zum einen die Zuwendung, von der §2174 BGB spreche, also eine laut § 2176 BGB mit dem Erbfall entstehende Bereicherung des Vermächtnisnehmers, zum anderen aber den Antrag des Erblassers - der nach dessen Tod nach § 1922 I BGB zu einem Antrag des Erben werde - , hinsichtlich des rechtlichen Grundes für das Behaltendürfen übereinzukommen 1 2 3 . Dieser Antrag, den der Erbe nicht widerrufen könne - § 130 I 2 BGB gelte im Erbrecht nicht, da sonst das Recht des Erblassers aus § 1939 BGB beseitigt würde, „durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil" zuzuwenden - müsse nach § 130 11 BGB zugehen. Der Zugang erfolge im Zeitpunkt der Verkündung nach § 2260 II 1 BGB oder mit Zugang der Mitteilung nach § 2262 BGB. Den Antrag könne der Vermächtnisnehmer annehmen, und er werde dies normalerweise tun. Die Annahme des Antrags auf Abschluss einer Rechtsgrundabrede erfolge nach § 2180 II 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem „Beschwerten", und dies auch dann, wenn Beschwerter nicht der Erbe, sondern ein Vermächtnisnehmer oder eine sonstige nach § 2147 BGB beschwerbare Person sei; im letzteren Fall habe der Beschwerte bezüglich der Rechtsgrundabrede die Position eines gesetzlichen Vertreters der Erben inne 124 . Einen Vorteil seines Ansatzes sieht van Venrooy darin, dass die §§ 145 ff. BGB 122

S. 16 ff. Die Rechtsgrundabrede für das Vermächtnis soll auch der Erblasser selbst schon zu seinen Lebzeiten mit dem Vermächtnisnehmer (wohl formlos) treffen können (S. 36). 124 S. 29 f. 123

190

§2

Vonselbsterwerb

(direkt) anwendbar sind: Seien Vermächtnisnehmer und Beschwerter bei der Testamentseröffnung zugegen (§ 2260 II 1 BGB), sei Ersterer Anwesender im Sinne von § 147 I 1 BGB und könne den Antrag nur sofort annehmen 125 . Der Beschwerte könne nach § 148 BGB dem Vermächtnisnehmer eine Annahmefrist setzen 126 . § 2307 II 1 BGB sei nicht, wie die herrschende Meinung dies sehe, Ausnahmenorm, sondern nur eine (kleine) Modifikation der Regel: Während der Beschwerte im Normalfall nach § 148 BGB eine beliebige Frist setzen könne, erlaube § 2307 II 1 BGB (der nur dann eingreife, wenn der Erbe Beschwerter des Vermächtnisses sei) lediglich die Setzung einer (für den Vermächtnisnehmer) „angemessenen" Frist. Auch § 149 BGB sei anwendbar. Ebenso § 150 I BGB, mit der Folge, dass der Beschwerte und nur er (unabhängig davon, ob er Erbe oder eine sonstige Person ist) die verspätete Annahme und damit den neuen Antrag auf Abschluss einer Rechtsgrundvereinbarung annehmen oder nicht annehmen kann. § 150 II BGB sei dagegen nicht anwendbar; der Beschwerte könne einen Antrag des Vermächtnisnehmers nur konform mit dem vom Erblasser vorbereiteten Antrag annehmen, Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen können nicht die (bereits erfolgte) Vermögenszuwendung aus § 2174 BGB decken und kommen deshalb nicht in Betracht. § 151 BGB werde durch §2180 II 1 BGB als speziellere N o r m verdrängt. § 152 BGB greife tatbestandlich nicht ein, wohl aber treffe § 153 BGB wieder exakt die Rechtslage. Der Antrag des Erblassers bzw. des Erben auf Einigung über den Rechtsgrund erlischt nach § 146 BGB, wenn er abgelehnt oder nicht rechtzeitig angenommen wird. In diesem Fall kann der Beschwerte aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB die Rechtsposition aus §2174 BGB kondizieren 127 ; erst recht kann er die auf der Basis des Vermächtnisses dinglich schon geleisteten Gegenstände kondizieren. Zwar ist die Stellung aus § 2174 BGB von Gesetzes wegen angefallen; aber sie muss doch der Sache nach als Leistung des Erblassers qualifiziert werden, dessen Willen das Gesetz mit § 2174 BGB nur ausführt. Ist der Vermächtnisnehmer zur Aufhebung der Forderung des § 2174 BGB nicht bereit, kann entweder er auf die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verklagt oder mit der Einrede aus § 821 BGB gearbeitet werden. N u n hat es den Anschein, dass dasselbe, was van Venrooy der herrschenden Meinung vorwirft, auch an seiner Konzeption offenkundig wird: dass nämlich von den beiden durch das Gesetz eröffneten Möglichkeiten, Annahme und Ausschlagung, die eine nur negativ definiert und eigentlich überflüssig ist - nur dass dies bei van Venrooy nicht die Annahme, sondern die Ausschlagung wäre, van Venrooy bemüht sich, namentlich angesichts der nicht wegzudiskutierenden Rechtslage der Ausschlagung aus den §§2180 III, 1952 I BGB, „Ansatz125 126 127

S. 22. S. 23 ff. S. 31.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

191

punkte im Gesetzestext zu suchen, die der Ausschlagung - im vollen Bewußtsein ihrer Überflüssigkeit - noch einen zumindest plausiblen Platz sichern könnten" 1 2 8 . Wenn aber einerseits die Annahme die Herstellung eines rechtlichen Grundes für das Behaltendürfen der Vermögensposition aus § 2174 B G B ist, andererseits aber die Rechtsfolge der Ausschlagung aus den §§2180 III, 1953 I B G B (Vermächtnisforderung gilt als nicht angefallen) nicht bestritten wird, „können Annahme und Ausschlagung nicht mehr zwei Seiten ein und derselben Medaille sein; sie haben dann vielmehr einen völlig disparaten Bezug" 1 2 9 . Zunächst hält van Venrooy am Wortlaut von § 2180 B G B fest: Nach der Annahme (in seinem Sinne) kann eine Ausschlagung (in seinem Sinne) keine Wirksamkeit mehr entfalten 130 . Die Möglichkeit, die Ausschlagung (als die rückwirkende Vernichtung des Anspruchs aus §2174 B G B ) dahin zu deuten, dass sie nach Zugang des Antrags, aber noch vor seiner Annahme, eine der Nichtannahme wirtschaftlich parallele Möglichkeit eröffnet, sich aus der von § 2 1 7 4 B G B geschaffenen Vermögensposition zu lösen, wird als Redundanz, die das Gesetz nicht gewollt haben kann, verworfen. Eine sinnvolle Bedeutung habe die Ausschlagung nur dann, wenn zwar der Erbfall schon eingetreten, aber der Antrag auf Abschluss einer Rechtsgrundabrede dem Vermächtnisnehmer noch nicht zugegangen sei. Hier komme ein Reagieren des Vermächtnisnehmers durch Nichtannahme des Antrags nach § 146 B G B nicht in Betracht, da der Antrag mangels Zugangs noch gar nicht wirksam sei. Es gebe aber Fälle, in denen der Vermächtnisnehmer vom Anfall der Forderung aus § 2174 B G B und vom Rechtsgrundantrag schon vor Zugang dieses Antrags Kenntnis habe. Hier und nur hier sei die Ausschlagung sinnvoll und möglich 131 . Sie führe dazu, dass der Anfall der Vermächtnisforderung als nicht erfolgt gelte (§§ 2180 III, 1953 I BGB). An dieser Sicht der Dinge überzeuge, so van Venrooy, vor allem, dass sie zu keiner Redundanz führe. Sie gebe dem Vermächtnisnehmer ein Verfahren, das er im Zusammenhang mit der Annahme noch nicht erhalten habe. Wird die Ausschlagung erklärt, dann wird der Anfall des Vermächtnisses rückwirkend beseitigt, mithin die Position, die § 2174 B G B beschreibt, und zugleich der mit dieser Position zusammenhängende Rechtsgrundantrag. „Nun mag das Nachlassgericht mitteilen, was es will; den Zugang eines Antrags, so wie er hier gemeint ist, kann es nun nicht mehr herbeiführen. Eine jetzt gleichwohl noch erklärte Annahme ginge ins Leere." 1 3 2 Selbst wenn aber durch die Ausschlagung der (noch nicht zugegangene) Rechtsgrundantrag nicht automatisch dahinfiele, so hätte er doch wegen der Rechtsfolge aus §§2180 III, 1953 I B G B keinen Gegenstand: Eine Rechtsgrundabrede über etwas nicht (mehr) Vorhandenes kann

128 129 130 131 132

S. 33. Ebd. S. 35. S. 36 f. S. 39.

192

§2

Vonselbsterwerb

es nicht geben. Einem möglichen Einwand gegen seine die Ausschlagung zumindest zeitlich zurückdrängende Konstruktion, hergeleitet aus § 2307 I BGB, der für den Zugriff auf den (unbeschwerten) Pflichtteil Ausschlagung des Vermächtnisses verlangt, begegnet van Venrooy mit einer teleologischen Reduzierung des § 2307 I BGB: Für diese Norm genüge jedwedes Mittel, mit dem der Erbe Klarheit darüber erlange, was der Vermächtnisnehmer will, also etwa auch der Erlass der Vermächtnisforderung oder die Nichtannahme oder Ablehnung des Rechtsgrundantrags; die (nicht immer mögliche) Ausschlagung sei nur eines von mehreren Mitteln zur Herstellung dieser Klarheit 133 . So viele wertvolle Einzelbeobachtungen die Ausführungen van Venrooys enthalten, so verdienstvoll sein neues Durchdenken bisher als selbstverständlich vorausgesetzter Prämissen ist: Zu überzeugen vermag die neue Konzeption nicht, schon gar nicht de lege lata. Sie verstößt zunächst in dreifacher Hinsicht eindeutig gegen den Wortlaut des Gesetzes. Aus § 2180 I B G B ergibt sich, dass der Vermächtnisnehmer solange ausschlagen kann, wie er das Vermächtnis nicht angenommen hat. Nach van Venrooy kann der Vermächtnisnehmer schon früher nicht mehr ausschlagen, nämlich ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag (im Sinne van Venrooys: der Antrag auf Abschluss der Rechtsgrundabrede) dem Vermächtnisnehmer zugeht. Nach dem Wortlaut von §2180 I B G B und § 2180 II 1 B G B beziehen sich Annahme und Ausschlagung auf dasselbe Objekt, auf „das Vermächtnis". In der Konzeption van Venrooys dagegen beziehen sich Annahme und Ausschlagung auf verschiedene Objekte, die Annahme auf den Rechtsgrundantrag, die Ausschlagung auf die Forderung aus §2174 BGB 1 3 4 . Dass die neue Konzeption mit dem Wortlaut von § 2307 I B G B nicht harmoniert, gibt ihr Autor offen zu. Die neue Interpretation des Gesetzes ist in mehreren Punkten inkonsequent und widersprüchlich. Da mit dem Anfall der Vermächtnisforderung ein Rechtsgrundantrag des Erblassers verbunden sein soll, müsste es dem Erben möglich sein, diesen Antrag bis zu seinem Zugang zu widerrufen. Indem van Venrooy die Anwendbarkeit von § 130 I 2 B G B verneint, begeht er eine Inkonsequenz, van Venrooy geht im Grundansatz ja praktisch den umgekehrten Weg wie die seit langem vertretene Mindermeinung zu §331 BGB: Während Letztere die Struktur des Vermächtnisrechts auf den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall übertragen will, überträgt er die Struktur des § 331 (so wie die h.M. ihn versteht) auf das Vermächtnis. Auch in diesem Lichte erweist sich die im Ausschluss des Erbenwiderrufs begangene Inkonsequenz. Es zeigt sich in diesem Punkt nur zu klar, wie verfehlt die Suche nach einer Rechtsgrundabrede mit dem Bedachten bei erbrechtlichen Verfügungen insgesamt (und nicht nur bei S. 42. Aus dem Wortlaut von § 2 1 7 6 B G B ergibt sich, dass das Gesetz „Entstehung der F o r derung" (aus § 2 1 7 4 B G B ) mit Anfall „des Vermächtnisses" gleichsetzt, sodass „Annahme des Vermächtnisses" „Annahme der Vermächtnisforderung" bedeuten muss. 133

134

III. Beseitigung des

193

Vonselbsterwerbs

der Erbenstellung) ist: E s gehört nun einmal zu den Prinzipien des Erbrechts, dass entweder das G e s e t z oder der formgerecht geäußerte (einseitige) Erblassers

hinreichende

causa

Wille

des

aller erbrechtlichen Zuwendungen von Todes

wegen ist. E i n e weitere I n k o n s e q u e n z begeht van V e n r o o y darin, dass er einerseits einen Rechtsgrundantrag des Erblassers voraussetzt (der mit der Universalsukzession zu einem solchen des E r b e n wird), andererseits aber als Adressaten der Annahmeerklärung den mit dem Vermächtnis Beschwerten betrachtet, selbst wenn es sich bei diesem nicht um den E r b e n handelt. I n k o n s e q u e n t ist ferner, dass die Ausschlagung eine stärkere Wirkung als die A b l e h n u n g des Antrags haben soll (nämlich die rückwirkende Beseitigung des Anspruchs aus § 2 1 7 4 B G B ) . Wie kann man es dann so ohne weiteres beim Wortlaut des § 2 1 8 0 1 B G B belassen, wenn doch die Ausschlagung andere (und zudem stärkere) W i r k u n gen haben soll als die bloße A b l e h n u n g des Antrags, A n n a h m e und Ausschlagung nicht nur zwei Seiten ein und derselben Medaille sein sollen? Jedenfalls müsste nach Zugang des Rechtsgrundantrags beides möglich sein: die A b l e h nung des Antrags und die Ausschlagung. Das aber lehnt van V e n r o o y explizit ab. In der neuen Interpretation wäre § 2 1 8 0 I B G B seiner zwingenden N a t u r beraubt. E s wäre, da die Ausschlagung sich auf etwas anderes bezieht als die A n n a h m e , nicht mehr einzusehen, wieso nach einer und durch eine A n n a h m e die Ausschlagung ausgeschlossen sein soll. Was die Sache selbst angeht, so ist neben der im E r b r e c h t grundsätzlich verfehlten Suche nach einer Rechtsgrundabrede vor allem zu kritisieren, dass van V e n r o o y mit der A n w e n d u n g des § 148 B G B die bewusst gewählte L ö s u n g des Gesetzgebers konterkariert, beim Vermächtnis keine Ausschlagungsfrist vorzusehen, und zwar weder eine gesetzliche noch, abgesehen v o m Sonderfall des § 2 3 0 7 I I B G B , eine rechtsgeschäftliche. M a n mag, ja muss diese L ö s u n g für falsch halten 1 3 5 . M a n mag die v o m Gesetzgeber gegebene Begründung, anders als bei A n n a h m e und Ausschlagung der E r b s c h a f t fehle es beim Vermächtnis an einem „Interesse des allgemeinen V e r k e h r s " für die möglichst frühzeitig herbeizuführende Klarheit darüber, o b das Vermächtnis erfüllt werden muss 1 3 6 , für falsch halten. D o c h kann man den genannten Mangel nur de lege ferenda, nicht de lege lata beseitigen. H i n z u k o m m t natürlich die I n k o n s e q u e n z , die darin liegt, dass der Beschwerte eine Frist nach § 148 B G B soll setzen können, die anders als die des § 2 3 0 7 II B G B beliebig lang oder kurz sein kann. D a m i t wird zugleich das Verfügungsrecht des Erblassers beeinträchtigt. J a man kann in der Sache von einer A r t Teilwiderruf des Erblasserantrags sprechen ( o b w o h l doch der Gesamtwiderruf nach § 130 I 2 B G B ausgeschlossen sein soll). A u ß e r d e m

135 Im Fehlen einer Ausschlagungsfrist sehen den größten Fehler des Vermächtnisrechts Reichel, AcP 138 (1934), 194 (202); van Venrooy (Fn. 119), 24.

136

Motive, V, 186.

194

§2

Wonselbsterwerb

kann nach dem Wortlaut des § 148 BGB nur der „Antragende" eine Frist setzen; das ist aber nicht der Beschwerte als solcher, sondern nur der Erblasser oder der Erbe. Nicht zu rechtfertigen wäre auch die A n w e n d u n g von § 150 I BGB: Es kann nicht Sache des Erben (oder sogar des Beschwerten) sein, durch eine eigene Willenserklärung eine Rechtsgrundabrede über eine vom Erblasser zugewandte Vermächtnisforderung zu schaffen. Einige der Prämissen van Venrooys stimmen nicht. Das gilt zum einen f ü r die Unterstellung, in einem System des Damnationslegats habe die Ausschlagungsmöglichkeit eigentlich keine Berechtigung 1 3 7 . Es gilt ferner etwa f ü r die Behauptung, im System der heute herrschenden Meinung sei die Annahme nichts anderes als ein Verzicht auf das Ausschlagungsrecht. Man kann das in ungenauer, abgekürzter Redeweise so formulieren. Aber schon in der zweiten BGBKommission wurde, wie bereits in anderem Zusammenhang dargelegt 138 , ein Antrag abgelehnt, im Gesetz statt von Annahme von „Verzicht auf die Ausschlagung" zu reden. Dies entspreche, so führte die Mehrheit aus, nicht der Auffassung und Ausdrucksweise des Lebens und sei auch juristisch insofern nicht korrekt, als ein Verzicht auf ein Gestaltungsrecht die Kenntnis von der Existenz dieses Rechts voraussetze. Die Annahme des Vermächtnisses ist also in der herrschenden Interpretation keineswegs eine legislatorische Redundanz, da sie in ihren Voraussetzungen vom Verzicht auf das Ausschlagungsrecht (das es neben der Annahme nicht geben kann) abweicht 1 3 9 . Schließlich führt die Lösung van Venrooys dazu, dass ab Zugang des Rechtsgrundantrags der Vermächtnisnehmer die ihm ipso iure angefallene Vermächtnisforderung des §2174 B G B nicht mehr aus eigener Kraft von sich weisen kann. Damit wird gegen den Grundsatz „invito non datur" (auch „non potest liberalitas nolenti adquiri") 1 4 0 verstoßen. Van Venrooys Polemik gegen diesen

137

Dazu näher u. § 2 VI 1 b) bb), S. 251 ff. Protokolle, V, 216 ff.; s. schon o. Fn. 86. 139 Nach h.M. kann auch die „Zurückweisung" des § 333 BGB durch „Annahme" ausgeschlossen sein: RGZ 119, 1 (3); Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, §333 Rn.2. O b es sich bei dieser „Annahme" bloß um einen nach allgemeinen Grundsätzen möglichen einseitigen „Verzicht" auf das Zurückweisungsrecht oder um eine echte (im Sinne des Gesetzgebers aufgefasste) „Annahme" im Sinne des §2180 BGB handelt, ist fraglich (zum Verständnis der „Annahme" im Rahmen des §333 BGB ohne klare Erkenntnis des eigentlichen Problems Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, § 20 IV 2 b [S. 494]; Börner, Dynamische Relativität, 1985, 127; Windel - F n . 9 - , 452; MünchKomm/Gottwald, BGB, 4. Aufl. 2001, §333 Rn.4). Wer im Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall ein (formloses) Vermächtnis sieht [s.o. § 1 IV 2 c) bb), S. 75 ff.], wird jedenfalls bei ihm die zweite Lösung bevorzugen, zumal er unterstützend darauf hinweisen könnte, dass der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, über die Rechtsfolgen des Damnationslegats hinausgehend, zu einem unmittelbaren Rechtserwerb des Destinatärs mit dem Erbfall führt und daher baldmöglichst eintretende Rechtssicherheit noch mehr erwünscht sein kann als beim Vermächtnis. 140 Vgl. D. 39, 5, 19, 2 (Ulp.) und Honseil/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, 4. Aufl. 1987,345. 138

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

195

Satz 141 überzeugt nicht. Dass es im außervertraglichen Schuldrecht (Ansprüche aus G o A , Bereicherung, Delikt) als ausreichend angesehen wird, eine Forderung schlicht nicht geltend machen zu können, beweist nichts. D e n n bei unserem Satz geht es u m freigebige Zuwendungen, u n d f ü r solche verlangt das Gesetz selbst bei Zuwendungen unter Lebenden Mitwirkung des Beschenkten, und zwar sowohl bei der dinglichen Zuwendung wie bei der Festlegung der Unentgeltlichkeit (§ 516 II BGB). Zu beachten ist ferner § 333 BGB, der auch dann A n w e n d u n g findet, wenn im Verhältnis Versprechensempfänger / Dritter eine entgeltliche causa vorliegt und bei dem übrigens die „Annahme" des Rechts die (stets ex tunc wirkende) Zurückweisung des Rechts ebenfalls ausschließt. 3.

Auflage

a)

Allgemeines

Bei der Auflage müssen die beiden einschlägigen Rechtspositionen auseinander gehalten werden, die des Vollziehungsberechtigten und die des Auflagebegünstigten. Vorwegzuschicken ist, dass das Gesetz die Auflage, die dem Begünstigten keinen Leistungsanspruch gibt, nicht als letztwillige „Zuwendung" bezeichnet (§§ 2279 I, 2278 II; 2065 II, 2192; 1939 f. BGB) und nicht als solche behandelt 1 4 2 : Der N o t a r (der Dolmetscher, die Vertrauensperson), sein Ehegatte, seine Verwandten können Auflagebegünstigte sein (§§ 7, 16 III 2, 24 II, 26 I Nr. 2, 27 BeurkG gelten nicht). D e m Pflichtteilsberechtigten, der durch eine Auflage begünstigt ist, steht der Pflichtteilsanspruch ohne weiteres in voller

141

S. 43. Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 30 I 1 (S. 652). Zum erbrechtlichen Zuwendungsbegriff Motive, V, 9; Protokolle, V, 31; Planck/Flad (Fn. 43), vor § 2064, Erster Titel, Anm. 2. Der Begriff der „Zuwendung" umfasst übrigens nicht nur die Auflage nicht, sondern auch nicht das zur Erfüllung einer Bedingung Gegebene (s. Text §2 II. 5., S. 152; §2 III. 4., S. 200; §2 VI. 2., S. 257). - Mit derselben Beschränkung wie den Begriff der „Zuwendung" verwendet das BGB die Begriffe „letztwillig bedenken" und „Bedachter"; „Bedachter" ist nur der, dem eine „Zuwendung" gemacht wurde (vgl. §§2066, 2070, 2193, 2289 BGB). Zu beachten ist jedoch, dass nach heute herrschender Meinung § 2289 I BGB auch auf den Auflagebegünstigten Anwendung findet ( M ü n c h K o m m / M u s i e l a k , BGB, 3. Aufl. 1997, §2289 Rn. 9). Dasselbe wird man m.E. bei § 2279 II BGB annehmen müssen; hier kann man das Ergebnis sogar aus dem Wortlaut begründen: §2279 II BGB bezieht sich genau auf die Fälle des §2279 I BGB (also vertragsmäßige „Zuwendungen und Auflagen", wobei sich das Adjektiv auch auf die Auflagen erstreckt); die Betonung liegt in §2279 II BGB auf „Dritter", nicht auf „bedacht". Die Frage, ob die §§ 2066 - 2073 BGB entgegen dem Wortlaut auf Auflagen anwendbar sind, wird unterschiedlich beurteilt (die Frage bejahen, zu Recht, Staudinger/Otte - Fn. 3 - , § 2066 Rn. 14 und MünchKomm/Leipold - Fn. 5 § 2066 Rn. 7; verneinend Palandt/Edenhof er - Fn. 5 - , § 2066 Rn. 1). - Aus all dem lässt sich die generelle Erkenntnis ableiten, dass die Terminologie der Gesetzesverfasser in Bezug auf die Begriffe „Zuwendung" und „Bedachter" in zahlreichen Fällen den Sachgesetzlichkeiten widerspricht. Vgl. etwa auch § 2318 I 2 BGB, §§ 2322 ff. BGB. 142

196

52

Wonselbsterwerb

H ö h e z u 1 4 3 , anders als dem durch Vermächtnis begünstigten Pflichtteilsberechtigten, der das Vermächtnis erst ausschlagen muss, u m den Pflichtteilsanspruch geltend machen zu k ö n n e n (§ 2 3 0 7 I B G B ) . D e r überlebende Ehegatte, der im gesetzlichen Güterstand gelebt hat, kann Zugewinnausgleich und

kleinen

Pflichtteil verlangen, auch wenn er durch erbrechtliche Auflage begünstigt (sonst aber erbrechtlich nicht eingesetzt) ist und der Auflagebeschwerte die Auflage erfüllt (§ 1371 II B G B ) . E s gibt E r b - , Vermächtnis- und Pflichtteilsunwürdigkeit (§§ 2 3 3 9 ff. B G B ) , nicht aber Auflageunwürdigkeit. D i e A n f e c h tung der Auflage ist, anders als die A n f e c h t u n g eines Vermächtnisses, nicht dem Begünstigten, sondern dem Nachlassgericht gegenüber zu erklären (§ 2081 I I I B G B ) . E s gibt keinen (mit dem Erblasser geschlossenen) Verzicht auf die B e günstigung aus einer Auflage (§ 2 3 5 2 B G B ) . I m E r b s c h e i n ist die A n o r d n u n g einer Auflage nicht anzugeben 1 4 4 . b) Stellung

des

Vollziehungsberechtigten

Betrachten wir zunächst die Stellung des Vollziehungsberechtigten. M a n erblickt in ihr überwiegend einen Anspruch. D i e M ö g l i c h k e i t von A n n a h m e und Ausschlagung dieses Anspruchs sieht das G e s e t z nicht vor (§ 2 1 9 4 B G B ; § 2 1 9 2 B G B verweist nicht auf § 2 1 8 0 B G B ) . D a der Vollziehungsberechtigte R e c h t s träger in fremdem Interesse ist, der Leistung nur an einen D r i t t e n , den B e g ü n s tigten, fordern kann, streitet man sogar darüber, o b er wenigstens auf seinen Anspruch nach den allgemeinen Grundsätzen zu verzichten vermag (Vertrag nach § 3 9 7 B G B ) . E i n e Verpflichtung zur D u r c h s e t z u n g der Vollziehung besteht jedenfalls in der Regel nicht 1 4 5 ; auf der anderen Seite sind rechtsgeschäftliche Ü b e r t r a g u n g 1 4 6 und Pfändung des Vollziehungsanspruchs ausgeschlossen. D i e Literatur zieht aus diesen Prämissen für die Verzichtsproblematik unterschiedliche Folgerungen: D i e einen bejahen die Verzichtsmöglichkeit uneingeschränkt (bis zur G r e n z e der Sittenwidrigkeit) 1 4 7 , die anderen lehnen sie gänzlich ab (und verweisen für Irrtumsfälle auf die §§ 2 0 7 8 f. B G B ) 1 4 8 ; die w o h l herrschende M e i n u n g hält den Verzicht für zulässig, wenn er - etwa im H i n Beachte aber §2318 I 2 BGB. KG, HRR 1941, Nr. 327; ganz h.M., vgl. etwa MünchKomm/Promberger, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2353 Rn. 23 m.w.N. Das im Text Gesagte hat allerdings weniger mit der Tatsache zu tun, dass das Gesetz die Auflage nicht als „Zuwendung" versteht, sondern damit, dass der Erbschein nur das Erbrecht bezeugt und die mit diesem verbundenen unmittelbaren Beschränkungen. Daher sind auch sonstige schuldrechtliche Positionen (v.a. das Vermächtnis) nicht in den Erbschein aufzunehmen. 145 Anders beim Testamentsvollstrecker, den eine einhellige Meinung (trotz des Gesetzeswortlauts) zu den Personen des §2194 BGB zählt. 146 Vererbbar jedoch ist der Anspruch. 147 Erman/'Schmidt (Fn. 106), §2194 Rn. 3 (Ausnahmen: Testamentsvollstrecker und Behörde); MünchKomm/Schlichting (Fn. 30), § 2194 Rn. 7. 148 Etwa Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 30 III 3 c) (S. 661); v. Lübtow (Fn. 38), Bd. 1, 394; Siber (Fn. 31), 107. 143 144

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

197

blick auf eine veränderte Sachlage - dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht 1 4 9 . Richtigerweise ist der Verzicht in jedem Fall für uneingeschränkt wirksam zu halten, und zwar auch dann, wenn Vollziehungsberechtigter der Testamentsvollstrecker ist. Letzterer verletzt damit zwar eine Pflicht im Innenverhältnis z u m E r b e n , doch ändert das an der (dinglichen) W i r k s a m k e i t des Verzichts nichts. D i e anderen Personen des § 2 1 9 4 B G B trifft n o c h nicht einmal eine schuldrechtliche Pflicht zur D u r c h s e t z u n g der Auflage. F ü r den Beschwerten ist Klarheit über die Frage, o b der Vollziehungsberechtigte auf D u r c h s e t z u n g besteht, von erheblichem Interesse. N a c h herrschender M e i n u n g kann außerhalb der §§ 2 1 9 2 ff. B G B der Testamentsvollstrecker sich über jede v o m Erblasser verfügte dingliche B e s c h r ä n k u n g seiner Verfügungsmacht im Einverständnis mit den E r b e n hinwegsetzen 1 5 0 . Von selbst versteht sich, dass der Wegfall des Vollziehungsanspruchs in der Person eines Berechtigten A n s p r ü c h e in der Person eines anderen unberührt lässt 1 5 1 . c) Stellung

des

Auflagebegünstigten

A u c h für den Auflagebegünstigten sieht das G e s e t z die M ö g l i c h k e i t von A n nahme und Ausschlagung nicht v o r 1 5 2 , in U b e r e i n s t i m m u n g mit seinem A u s gangspunkt, bei der Auflage handle es sich nicht um eine letztwillige „Zuwend u n g " . D i e o b e n geschilderten K o n s e q u e n z e n dieses Ausgangspunkts für den pflichtteilsberechtigten Auflagebegünstigten reduzieren natürlich das B e d ü r f nis für eine Ausschlagung erheblich, aber sie beseitigen es durchaus nicht. Gewiss erwirbt der Auflagebegünstigte den Auflagegegenstand erst mit der Leistung des Auflagebeschwerten, und diese Leistung braucht der Begünstigte sich nicht aufdrängen zu lassen, weil ihr Erhalt seiner M i t w i r k u n g bedarf 1 5 3 ; und ebenso gewiss erwerben die Gläubiger des Auflagebegünstigten erst mit der dinglichen Erfüllung ein Vollstreckungsobjekt, auf das sie zugreifen k ö n 149 Palandt/Edenhof er (Fn. 5), § 2194 Rn. 3; RGRK/Johannsen (Fn. 38), § 2194 Rn. 9; vgl. ferner Staudinger/Otte (Fn. 3), § 2194 Rn. 11. 150 BGHZ 40,115 (118); BGHZ 57, 84 (88). 151 Staudinger/Otte (Fn. 3), §2194 Rn. 11; RGRK/Johannsen (Fn. 38), § 2194 Rn. 10; Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 30 III 3 c) (S. 661). 152 Vgl. etwa RG, HRR 1928, Nr. 427 = J W 1928, 907; Palandt/Edenhofer (Fn. 5), §2192 Rn. 4. 153 Anders als beim Vermächtnis (§§3 I Nr. 1, 9 I Nr. 1 ErbStG) entsteht die Erbschaftsteuerpflicht bei der Auflage nicht schon mit dem Erbfall, auch nicht schon mit der Verpflichtung des Auflagebeschwerten, sondern erst mit der Vollziehung der Auflage: Nach § 3 II Nr. 2 ErbStG „gilt" als vom Erblasser „zugewendet" auch, was jemand infolge Vollziehung einer vom Erblasser angeordneten Auflage erwirbt (es sei denn, es handle sich, mangels Bestimmtheit des Auflagebegünstigten, um eine - beim Beschwerten selbst steuerbare und schon mit der Verpflichtung des Beschwerten steuerpflichtige, §§ 8, 9 I Nr. 3 ErbStG - Zweckzuwendung). Nach § 9 I Nr. 1 d ErbStG entsteht die Steuer „mit dem Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage".

198

§2

Vonselbsterwerb

nen. Ein Bedürfnis für die Ausschlagung zeigt sich aber etwa in den Konstellationen des § 2271 B G B . Nach § 2271 II 1 HS. 2 B G B kann bei Vorliegen wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament der überlebende Ehegatte die ihn mit dem Versterben des anderen Ehegatten an sich treffende Bindung an seine eigenen Verfügungen abstreifen, indem er „das ihm Zugewendete ausschlägt". Wenn die Auflage tatsächlich vollzogen wird, so bekommt auch der Auflagebegünstigte einen (unter Umständen ganz erheblichen) Vermögenswert übertragen. Da der Auflagebegünstigte bei der Ablehnung der ihm zugedachten Leistung in gleicher Weise ein Opfer bringt wie derjenige, der eine Erbschaft oder ein Vermächtnis ausschlägt, erscheint es gerechtfertigt, auch dem Auflagebegünstigten eine Beseitigung der aus § 2271 II 1 HS. 1 B G B resultierenden Bindung zu ermöglichen. Die Frage ist nur, ob dies de lege lata geschehen kann. Einige wollen dem Auflagebegünstigten schon nach geltendem Recht generell Annahme und Ausschlagung ermöglichen 1 5 4 , andere die Ausschlagung zumindest im Rahmen des § 2271 II B G B zulassen 155 . Beides ist abzulehnen 1 5 6 : Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist eine Ausschlagung des Auflagebegünstigten nicht möglich ( § 2 1 9 2 B G B verweist nicht auf § 2180 B G B ) . Die Modalitäten einer etwaigen Ausschlagung (Form, Frist etc.) wären ganz unklar. Man könnte die Problematik des § 2271 II 1 HS. 2 B G B theoretisch auch dadurch lösen, dass man § 333 B G B analog anwendet 1 5 7 und die Zurückweisung (der aus der Auflage als solcher entspringenden Rechtsposition) nach dieser N o r m im Wege einer weiteren Analogie für § 2271 II 1 HS. 2 B G B genügen lässt. Ein weiterer Lösungsweg bestünde darin, einen Verzichtsvertrag zwischen Auflagebeschwertem und Auflagebegünstigtem oder aber schon die bloße Annahmeverweigerung der dinglichen Auflageleistung als für § 2271 II 1 HS. 2 B G B ausreichend zu betrachten. Doch dürften auch diese beiden Lösungswege de lege lata nicht ans Ziel führen: § 333 B G B setzt ein „erworbenes Recht" voraus. Ein Verzichtsvertrag zwischen Auflagebegünstigtem und Auflagebeschwertem (über die „Rechtsposition" des Auflagebegünstigten) ist zwar möglich - § 397 B G B , dessen Wortlaut nicht nur ein „Schuldverhältnis", sondern auch eine „Gläubiger"-Position voraussetzt, kann nicht ausschließlich sein - , setzt aber Mitwirkung des Beschwerten voraus und dürfte im Übrigen für § 2271 II 1 HS. 2 B G B nicht genügen; Letzteres gilt auch für die bloße Weigerung, an der dinglichen Vollziehung der Auflage sich zu beteiligen.

So etwa Lange/Kucbinke (Fn. 3), § 30 III 1 c) (S. 659). v. Tiihr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1918, II/2, §71 I (S. 58); Münch Komm/Musielak (Fn. 142), §2271 Rn. 21. 1 5 6 So auch die h.M. 1 5 7 Angedeutet bei Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 30 III Fn. 56: Wer Annahme und Ausschlagung ablehne, müsse dem Auflagebegünstigten zumindest das Zurückweisungsrecht des § 333 B G B zubilligen. 154 155

III. Beseitigung des Wonselbsterwerbs

199

Wie misslich de lege lata sich der Ausschluss der Ausschlagung bei der Auflage auswirkt, zeigt auch die Vorschrift des § 2 3 0 7 B G B . N a c h herrschender M e i nung ist § 2 3 0 7 B G B bei Auflagen nicht entsprechend anwendbar; als (einzige) Begründung wird meist vorgetragen, dass eine Ausschlagung nicht in Betracht k o m m t 1 5 8 ; die eigentliche Begründung ergibt sich m . E . aus der N i c h t e r w ä h nung des pflichtteilsberechtigten Auflagebegünstigten in § 2 3 1 8 I I B G B . D i e N i c h t a n w e n d u n g des § 2 3 0 7 B G B ist zwar, angesichts der Nichtausschlagbarkeit der Position des Auflagebegünstigten, konsequent, in der Sache aber ungerecht, da sie zu einer rational nicht begründbaren Besserbehandlung des Auflagebegünstigten im Vergleich z u m Vermächtnisnehmer führt und das G e s e t z darüber hinaus keine A n r e c h n u n g der Auflageleistung auf den Pflichtteilsanspruch vorsieht - §§ 2 3 1 5 , 2 3 1 6 B G B gelten nur für lebzeitige Zuwendungen an den Pflichtteilsberechtigten - , ja sogar der Pflichtteilsanspruch auf der G r u n d lage eines nicht durch die Auflageschuld gekürzten Nachlasses zu berechnen ist (vgl. aber umgekehrt für die K ü r z u n g der Auflage § 2 3 1 8 1 2 B G B , eine N o r m , die auch für den Pflichtteilsberechtigten begünstigende Auflagen gilt). M e r k w ü r d i g ist auch, dass, wie bereits gesagt, der durch Auflage begünstigte Ehegatte, wenn er weder E r b e n o c h Vermächtnisnehmer ist, in der Z u g e w i n n gemeinschaftsehe sowohl den güterrechtlichen Ausgleich (§ 1371 II H S . 1 B G B ) wie auch den kleinen (§ 1371 I I H S . 2 B G B ) Pflichtteil (§ 2 3 0 7 1 B G B gilt nicht) verlangen kann, und dabei auf seine Position als Begünstigter einer A u f lage nicht zu verzichten braucht. W i r d der überlebende Ehegatte dagegen auch nur mit dem kleinsten Vermächtnis bedacht, ist ihm der güterrechtliche A u s gleich verwehrt, solange er das Vermächtnis nicht ausschlägt, und der (vor oder ohne Ausschlagung: große) Pflichtteil soweit ausgeschlossen, als der Wert des Vermächtnisses (ohne B e s c h r ä n k u n g und Beschwerungen betrachtet) reicht. § 1371 I I B G B führt also, wegen und infolge der Nichtausschlagbarkeit der Auflagebegünstigung, zu einer weiteren, über die des § 2 3 0 7 B G B hinausgehenden Ungerechtigkeit zugunsten des Auflagebegünstigten.

158 RG, JW 1928, 907 = SeuffA 82 Nr. 107; OLG Düsseldorf, FamRZ 1991,1107, 1109 (hier lag allerdings insofern ein gewisser Sonderfall vor, als der Erblasser selbst trotz Anordnung einer Auflage von der Existenz eines Pflichtteilsanspruchs ausgegangen war und eine Anrechnung etwaiger Pflichtteilsleistungen auf die Auflage angeordnet hatte); Staudinger/Haas, BGB, 13. Bearb. 1998, §2307 Rn. 8; MünchKomm/Frank (Fn. 39), §2307 Rn. 8; Soergel/ Dieckmann (Fn.39), §2307 Rn.4; Palandt/Edenhofer (Fn. 5), §2307 Rn. 1; Kipp/Coing (Fn. 43), §10 II (S. 76). Das Gleiche wie für die Auflage wird für die sog. „Bedingungsleistung" angenommen (s. Text § 2 II 5, S. 152; § 2 III 4, S. 200; § 2 VI 2, S. 257), d.h. in dem Fall, dass der eingesetzte Erbe oder Vermächtnisnehmer die Zuwendung nur erhalten soll, wenn er an den Pflichtteilsberechtigten etwas leistet; denn auch hier kann Letzterer ja nicht ausschlagen (Kipp/Coing, aaO.; Staudinger/Haas, aaO.; vgl. auch RG, SeuffA 82 Nr. 107). - Lange/ Kuchinke (Fn. 3), § 37 Fn. 76 sind der Ansicht, dem Auflagebegünstigten sei mit Rücksicht auf die Regelung in §2194 BGB der volle Pflichtteilsanspruch analog §2307 BGB nur zu gewähren, wenn er einen Verzichtsvertrag mit dem Beschwerten abschließe.

200

52

4. Zuwendung

Vonselbsterwerb

bedingungshalber

F ü r die Bedingungszuwendung (s.o. § 2 II 5) gilt dasselbe wie für die Auflage. D i e durch sie (in der Regel) mit dem Erbfall entstehende R e c h t s p o s i t i o n (die kein Forderungsrecht ist) kann weder „ a n g e n o m m e n " n o c h „ausgeschlagen" werden. E i n Verzichtsvertrag (Analogie zu § 3 9 7 B G B ) mit dem E m p f ä n g e r der bedingten Zuwendung ist dagegen möglich, ebenso die Weigerung, sich am dinglichen Vollzug zu beteiligen. Beides reicht nicht für § 2 2 7 1 I I 1 H S . 2 B G B .

5. Anspruch aus

Teilungsanordnung

D e r Anspruch aus einer Teilungsanordnung (s.o. § 2 I I 6) kann nicht (isoliert) ausgeschlagen werden. Schlägt der E r b e „die E r b s c h a f t " (d.h. hier: den Erbteil, vgl. § 1922 II B G B ) aus, so verliert er selbstverständlich auch den A n s p r u c h aus der Teilungsanordnung. D e r A n s p r u c h (oder allgemeiner: das R e c h t ) aus einer Teilungsanordnung ist möglicher Gegenstand eines mit einem, mehreren oder allen M i t e r b e n geschlossenen Verzichtsvertrages (§ 3 9 7 B G B ) .

6.

Testamentsvollstreckung/Vormundbenennung

T r o t z des Annahmeprinzips des § 2 2 0 2 B G B ist das A m t des Testamentsvollstreckers jederzeit kündbar (§ 2 2 2 6 S. 1 B G B ) . D i e M ö g l i c h k e i t der jederzeitigen Kündigung schützt den Nachlass vor einem nur n o c h widerwillig seine Aufgaben verrichtenden Verwalter und ermöglicht es dem Vollstrecker, sich dem A m t offiziell zu entziehen, ohne die oft persönlichen und familiären G r ü n de dafür darlegen zu müssen 1 5 9 . D i e Kündigung wirkt, anders als eine Ausschlagung (die es bei der Testamentsvollstreckung nicht gibt), nur ex nunc. E i n e teilweise, auf bestimmte Aufgaben beschränkte Kündigung ist möglich, hat aber nur dann die angestrebte Teilwirkung, wenn dies dem Willen des Erblassers nicht widerspricht; andernfalls erlischt das A m t durch die Kündigung insgesamt 1 6 0 . So wie man sich schuldrechtlich zur Ausschlagung der E r b s c h a f t oder des Vermächtnisses verpflichten kann (sei es dem Erblasser, sei es dem E r b e n gegenüber), so kann man sich auch (dem Erblasser oder dem E r b e n gegenüber) zur N i c h t k ü n d i g u n g oder zur Kündigung des Vollstreckeramtes verpflicht e n 1 6 1 . A u c h ein Verzicht auf das Kündigungsrecht ist möglich, doch bleibt die Kündigung aus wichtigem G r u n d i m m e r möglich (§§ 2 2 2 6 S. 3, 671 I I I B G B ) .

Protokolle, V, 260; kritisch van Venrooy, JZ 1981, 53 (56). KG, HRR 1939, Nr. 167. 161 Wirksamer als eine Nichtkündigungsvereinbarung ist für den Erblasser allerdings eine erbrechtliche Zuwendung an den Vollstrecker unter der auflösenden Bedingung des Kündigungsfalls. Grenzen einer Kündigungsvereinbarung mit dem Erben in BGHZ 25, 275 (281). 159 160

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

201

Die Rechtsposition, die ein durch letztwillige Verfügung zum Vormund Benannter erwirbt, (vgl. § 1778 BGB) kann nicht ausgeschlagen werden. Probleme ergeben sich daraus nicht, da der Benannte auch bei NichtVorliegen eines der Gründe des § 1778 I Nr. 1-5 BGB vom Vormundschaftsgericht mit seiner Zustimmung übergangen werden darf. Will ihn das Vormundschaftsgericht ernennen, so kann er, da grundsätzlich eine Pflicht zur Übernahme der Vormundschaft besteht (§ 1785 BGB), ohnehin, wie jede andere als Vormund vorgesehene Person, nur aus den (enumerativ aufgezählten) Gründen des § 1786 I BGB die Übernahme der Vormundschaft ablehnen. 7.

Pflichtteilsanspruch

a) Überblick über die geltende

Rechtslage

Der Pflichtteilsanspruch entsteht (stets) mit dem Erbfall (§2317 I BGB). Er kann nicht ausgeschlagen werden, ist also „endgültiger Vonselbsterwerb" 162 . Bei ihm führt das Gesetz das Prinzip des Vonselbsterwerbs in besonders rigider Form durch. Der Anspruch unterliegt lediglich dem Schulderlass nach § 397 BGB, für den der Anspruchsinhaber, weil es sich um einen Vertrag handelt, auf die Mitwirkung des Schuldners, also des Erben, angewiesen ist und der nur ex nunc wirkt 163 . Ist ein Pflichtteilsberechtigter mit einem Vermächtnis bedacht und schlägt er dieses, weil er mit dem Erbfall nichts zu tun haben will, aus, so verbleibt ihm immer noch, und seinerseits nicht ausschlagbar, der Pflichtteilsanspruch (§ 2307 BGB). Schlägt ein gesetzlicher oder gewillkürter Erbe die Erbschaft aus, so verliert er, wenn er überhaupt zum Personenkreis des § 2303 BGB gehört, auch den Pflichtteil. Denn einen Pflichtteilsanspruch hat nach § 2303 BGB nur, wer „durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen" ist. Auch im Fall des § 2306 I 1 BGB führt die Ausschlagung der Erbschaft zum Verlust des Pflichtteils; es bleibt gegebenenfalls ein Pflichtteilsrestanspruch nach § 2305 BGB. N u r in den Fällen der §§ 1371 III, 2306 I 2, II BGB führt die Ausschlagung der Erbschaft nicht zum Verlust des Pflichtteils. Insgesamt kann man sagen: Ein abstrakt Pflichtteilsberechtigter (Abkömmling, 162 So die Formulierung von Siber (Fn.31), 106. Zur Nichtausschlagbarkeit RG, Recht 1923, Nr. 329; RG, Recht 1928, Nr. 300 = SeuffA 82, 182. 163 Vgl. zum Erlass des Pflichtteilsanspruchs RG, BayRPflZ 1913, 171; RG, Recht 1923, Nr. 329; KG, O L G Z 1976, 193; KG, O L G Z 1996, 193; OLG Dresden, SächsRpfA 1912, 30; Wäntig, D N o t Z 1912, 225; Wetzel, Württembergische Zeitschrift für freiwillige Gerichtsbarkeit 1912, 346 ff. Zum Erlass des Vermächtnisanspruchs s.o. §2 III 2 a.E., S. 183. Auf das (abstrakte) „Pflichtteilsrecht" ist § 397 BGB nicht anwendbar; einen nach dem Erbfall (mit oder gegenüber dem Erben) vorgenommenen (vertraglichen oder einseitigen) Verzicht auf das Pflichtteilsrecht sieht das Gesetz nicht vor; denkbar ist allenfalls ein Erlass aller aus dem Pflichtteilsrecht fließenden Einzelansprüche (§§2303, 2305, 2314, 2325ff. BGB), verbunden mit einem (einseitigen) Verzicht auf aus dem Pflichtteilsrecht fließende Einreden (vgl. etwa §§2318 ff. BGB).

202

52

Vonselbsterwerh

Ehegatte, Elternteil des Erblassers) kann nach dem Erbfall durch eigene Entscheidung mit rückwirkender Kraft den Anfall eines erbrechtlichen (Mindest-) Erwerbs nur dann (und auch dann nicht immer: §§ 1371 III, 2306 I 2, II B G B ) verhindern, wenn er Erbe geworden ist. Ein vor dem Erbfall zwischen künftigem Erben und künftigem Pflichtteilsgläubiger geschlossener Vertrag über den Erlass oder die Nichtgeltendmachung des künftigen Pflichtteilsanspruchs ist grundsätzlich unwirksam (§ 311b IV BGB). Anders ist dies dagegen, wenn der Vertrag zwischen „künftigen gesetzlichen Erben" über „den Pflichtteil eines von ihnen" (in der Form der notariellen Beurkundung) geschlossen wird (§ 311b V B G B , sog. „Erbschaftsvertrag"). § 311b V B G B meint an sich nur den schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrag (pactum de non petendo oder Verpflichtung zum Abschluss eines Erlassvertrages nach dem Erbfall). Doch lässt die herrschende Meinung im Rahmen eines Erbschaftsvertrags nach § 31 lb V B G B auch eine Verfügung über den künftigen Pflichtteilsanspruch zu 164 , sodass bei Erlass vor dem Erbfall der Pflichtteilsanspruch im Erbfall gar nicht erst entsteht. Durch Vertrag zwischen Erblasser und künftigem Pflichtteilsgläubiger kann der künftige Pflichtteilsanspruch dagegen nicht erlassen werden, denn es würde sich hierbei um einen, jedenfalls nach herrschender Meinung zu § 328 B G B , unzulässigen „dinglichen Vertrag zugunsten Dritter" handeln; zulässig ist dagegen ein zwischen Erblasser und künftigem Pflichtteilsgläubiger geschlossener Vertrag zugunsten des künftigen Erben mit dem Inhalt, dass der künftige Gläubiger den Anspruch nicht geltend machen (pactum de non petendo zugunsten Dritter) oder dass er mit dem Erben einen Erlassvertrag schließen werde. Anders als zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem (§ 2346 B G B ) kann durch Vertrag zwischen künftigem Erben und Pflichtteilsberechtigtem auch im Rahmen des § 311b V B G B nicht auf das (schon vor dem Erbfall bestehende) abstrakte Pflichtteilsrecht (aus dem mit dem Erbfall, unter anderem, der Pflichtteilsanspruch entsteht) verzichtet werden. Im Folgenden wird es um die Rechtslage nach dem Erbfall gehen, und

164 Daniels, Verträge mit Bezug auf den Nachlaß eines noch lebenden Dritten, 1973, 129 ff.; Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 37 III 3 a) (S. 872); MünchKomm/Kanzleiter, B G B , 4. Aufl. 2001, §312 Rn. 15; Palandt/Heinrichs (Fn. 139), §311 b Rn.75. Im Sachverhalt von BFH, ZEV 2001, 163 war der Erbschaftsvertrag zwischen zwei Brüdern ( B „ B 2 ), von denen der eine (Bj) von der Erblasserin praktisch deren ganzes Vermögen lebzeitig übertragen bekommen hatte, in der beabsichtigten Rechtsfolge (dinglich oder nur schuldrechtlich) nicht ganz eindeutig formuliert: B 2 „verzichtete" gegenüber B j gegen Zahlung von 260.000 DM auf sämtliche etwaigen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche und „verpflichtete" sich, derartige Ansprüche gegen B, nicht geltend zu machen. Steuerrechtlich behandelte der B F H den Vertrag im Ergebnis ebenso, wie wenn es nach dem Tod der Erblasserin zu einem Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch gegen Abfindung gekommen wäre (zu letzterem Fall § 3 II Nr. 4 Alt. 1 ErbStG; formale Begründung des B F H : § 7 I Nr. 1 ErbStG; die Entscheidung - gegen die eindeutig ein argumentum e contrario aus § 7 I Nr. 5 ErbStG spricht - zu Recht ablehnend Daragan, D B 2001, 848; zutreffend noch die Vorinstanz FG München, ZEV 1998, 237).

III. Beseitigung des

203

Vonselbsterwerbs

zwar namentlich um die Frage, warum der Pflichtteilsanspruch nicht ausgeschlagen werden kann. b)

Entstehungsgeschichte

A u f den mit dem Erbfall entstandenen Pflichtteilsanspruch lässt sich nicht etwa § 333 B G B analog anwenden. D i e wichtigste Voraussetzung für eine Analogie fehlt: E s liegt keine unbewusste L ü c k e vor. D e r G e s e t z g e b e r hat vielmehr planvoll den Anspruchserwerb des Pflichtteilsberechtigten als Definitiverwerb ausgestaltet. Welcher G r u n d hat den G e s e t z g e b e r geleitet, den Vermächtnisanspruch, der ebenfalls nur schuldrechtlicher A n s p r u c h ist, als ausschlagbaren zu regeln, den Pflichtteilsanspruch dagegen nicht? 1 6 5 Schon der Redaktor entwurfs,

des

Erbrechtsvor-

v. Schmitt, hatte sich dagegen ausgesprochen, den Pflichtteilsan-

spruch für ausschlagbar zu erklären. Sein Hauptanliegen war es, sich energisch von der römisch-gemeinrechtlichen Pflichtteilsquerel abzusetzen: Es sollte sich beim Pflichtteil um einen b l o ß e n Geldanspruch handeln, der auch in voller K o n s e q u e n z als solcher zu behandeln war. Von einem N o t e r b r e c h t und einer dafür erforderlichen „ A n f e c h t u n g " der Verfügung von Todes wegen, von einer in dieser Verfügung liegenden persönlichen K r ä n k u n g und Zurücksetzung des in seinem „ h o n o r institutionis" verletzten Pflichtteilsberechtigten sollte in der neuen K o n s t r u k t i o n des Pflichtteils nicht die Spur mehr übrig bleiben. U n d zwar auch, was die Rechtsfolgen im Einzelnen anging: D i e gemeinrechtliche Praxis hatte persönliche E r h e b u n g der actio suppletoria und der querela verlangt, den curator absentis z . B . davon ausgeschlossen - v. Schmitt wies die B e schränkung zurück. D a s gemeine R e c h t wollte Vererbung, Übertragung, P f ä n dung und Konkursbefangenheit der Pflichtteilsrechte nur unter starken E i n schränkungen gelten lassen - v. Schmitt sah v o m Erbfall an und ohne jede Einschränkung Vererbbarkeit, Übertragbarkeit, Pfändbarkeit und K o n k u r s b e fangenheit des Pflichtteilsanspruchs vor. Sein G r u n d s a t z lautete: „Beruht zwar auch nach dem E n t w ü r f e die Entstehung des Pflichtteilsanspruchs auf dem persönlichen G r u n d e der Verwandtschaft: so ist doch für das entstandene F o r d e rungsrecht nicht mehr seine Quelle, sondern sein Inhalt m a ß g e b e n d . " Von A u s schlagung k o n n t e nach seiner Auffassung nur in einem System die R e d e sein, das ein Pflichtteils-Erbrecht kennt. D e r Referent

schloss sich in der Begründung seiner zum E r b r e c h t s v o r e n t -

wurf gemachten Anderungsvorschläge bei der Ausschlagungsfrage v. Schmitt an. Vier G r ü n d e waren für ihn entscheidend: D e r Pflichtteilsanspruch ist nicht Erbteil, sondern Geldanspruch, daher nicht wie ein Erbteil zu behandeln; und er ist E r w e r b ab intestato, daher in Beziehung auf A n n a h m e und Ausschlagung 165 Vgl. zum Folgenden Schubert (Fn. 23), 55, 808 f.; ders. (Fn. 48), 775 f.; Motive, V, 417 f.; Protokolle, V, 525 ff., VI, 726, 753, 802.

204

§ 2

Vonselbsterwerb

nicht einem (rechtsgeschäftlichen) Legat gleichzustellen. Zweitens sei bei Zulassung der Ausschlagung der Beginn der Verjährung nicht mehr unzweifelhaft. Drittens entspreche die Nichtausschlagbarkeit mehr „dem Wesen des Pflichtteils, der hinterlassen werden muß"; der Pflichtteilsanspruch sei keine „Zuwendung" von Todes wegen. Und viertens entspreche die Nichtausschlagbarkeit eher den Interessen der Gläubiger, denen durch einseitigen „Verzicht" des sonst insolventen Berechtigten nichts solle entzogen werden können; ein solcher Verzicht müsse den normalen Regeln der Gläubigeranfechtung unterworfen sein. Dass der Pflichtteilsgläubiger den Anspruch auch gegen seinen Willen behalte, wenn der Erbe sich weigere, den vorgeschlagenen Verzicht zu akzeptieren, sei ein Umstand, dem keine überwiegende Bedeutung beigelegt werden könne. D e r Referent schlug als ausdrückliche Klarstellung die Aufnahme folgender Bestimmung vor: „Der nicht angenommene Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch ist unwirksam." Die erste BGB-Kommission beließ es bei der Nichtausschlagbarkeit des Pflichtteilsanspruchs, und dies, obwohl sie in einer zentralen Sachfrage vom Vorentwurf abwich. Es sei „bedenklich", bei der Ausschlagung die Analogie des Erwerbs eines Vermächtnisses oder einer Erbschaft durchzuführen. Vielmehr verdiene es den Vorzug, die sachgemäßen Folgen für das Pflichtteilsrecht selbständig zu bestimmen, soweit Vorschriften überhaupt erforderlich seien. Was die Sachfragen im Einzelnen anging, so beließ man es bei der umfassenden Übertragbarkeit und Vererblichkeit des Anspruchs ab ovo, beschränkte aber Pfändbarkeit und Konkursbefangenheit auf den Fall, dass der Anspruch „von dem Pflichttheilsberechtigten bereits, gerichtlich oder außergerichtlich, geltend gemacht ist" (§ 1992 I I 2 E l ) . D i e Kommission trug dafür folgende Gründe vor: „Würde der Pflichttheilsanspruch für unbeschränkt pfändbar erklärt, so würde unter Umständen der Pflichttheilsberechtigte mittelbar gezwungen, seinen Pflichttheilsanspruch geltend zu machen. Dies kann sich unter Umständen als eine unbillige Härte gegen den Berechtigten erweisen. Denn es sind sehr wohl Fälle denkbar, in welchen der Berechtigte aus anerkennenswerthen Beweggründen das Pflichttheilsrecht nicht geltend machen will. Insbesondere kann der Anspruch aus Gründen hinfällig sein, deren Erörterung den Berechtigten und dessen Familie schwer benachtheiligen würde. Zudem ist der Erwerb des Anspruches kraft des Gesetzes mit Eintritt des Erbfalles nicht im Interesse der Gläubiger des Berechtigten vorgeschrieben, sondern nur im Interesse der Berechtigten. Daß einem Schuldner mit Rücksicht auf sein eventuelles Pflichttheilsrecht Kredit gewährt werde, verdient nicht begünstigt zu werden; ein solcher Kredit ist erfahrungsgemäß nicht selten ein für den Schuldner verderblicher." Die zweite BGB-Kommission beließ es bei den Entscheidungen der ersten Kommission, ersetzte nur das Merkmal der „Geltendmachung" durch das der „vertraglichen Anerkennung oder Rechtshängigkeit" (das zudem - als Voraus-

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

205

Setzung eingeschränkter Pfändbarkeit sachgerecht - nicht mehr im B G B , sondern in der Z P O - § 852 I - seinen Platz finden sollte 1 6 6 ). D e r Antrag, auch die Zession nur im selben U m f a n g wie die Pfändung zuzulassen, wurde ebenso abgelehnt wie der Antrag, aus der unbeschränkten Zedierbarkeit die K o n s e q u e n z voller Pfändbarkeit abzuleiten. D i e „individuelle N a t u r " des Pflichtteilsrechts zeige sich darin, dass es v o m Willen oder wenigstens v o m Einverständnis des Pflichtteilsberechtigten abhänge, o b der Pflichtteilsanspruch ausgeübt werden solle. Ü b e r t r a g e dieser seinen A n s p r u c h , so erkläre er sich mit der Ausübung desselben einverstanden; für die Zulassung der Ausübung im Wege der P f ä n dung bedürfe es n o c h des Hinzutritts besonderer Tatumstände, aus denen auf den Willen des Berechtigten, von dem Pflichtteilsrecht G e b r a u c h machen zu wollen, mit Sicherheit geschlossen werden könne. In einem P u n k t beseitigte die zweite K o m m i s s i o n j e d o c h eine unübersehbare I n k o n s e q u e n z des ersten E n t w u r f s : O b w o h l schon dieser, wie gesagt, Pfändbarkeit und Konkursbefangenheit des Pflichtteilsanspruchs eingeschränkt hatte, hieß es in § 2 1 1 2 S. 4 E l : „ H a t z u m Nachlasse eine E r b s c h a f t oder ein Vermächtniß gehört und sind dieselben v o n dem E r b e n ausgeschlagen, so erstreckt sich dessen H a f t u n g 1 6 7 auch auf eine solche Ausschlagung." W ä r e es bei dieser Vorschrift geblieben, so wäre natürlich erst r e c h t 1 6 8 der Verzicht auf einen im Nachlass befindlichen Pflichtteilsanspruch zu einem Verhalten mutiert, das den Nachlassgläubigern gegenüber eine persönliche Verwalterhaftung des E r b e n nach § 1978 B G B begründet hätte. In der zweiten B G B - K o m m i s s i o n war die Beibehaltung des § 2 1 1 2 S. 4 E l beantragt worden, weil ohne eine entsprechende B e s t i m m u n g der E r b e in der Lage wäre, eine z u m Nachlass gehörende E r b schaft oder ein dazu gehörendes Vermächtnis lediglich zu dem Z w e c k e auszuschlagen, u m seine Gläubiger zu benachteiligen 1 6 9 . D i e M e h r h e i t der K o m m i s sion aber war der Meinung, dass die Streichung nur eine K o n s e q u e n z der Auffassung sei, die von der K o m m i s s i o n mehrfach und namentlich bei B e schlussfassung über die in der K O (heute § 83 I n s O 1 7 0 ) fixierte H ö c h s t p e r s ö n lichkeit des Ausschlagungsrechts dahin zur G e l t u n g gebracht w o r d e n sei, der E r b e müsse den Nachlass zur K o n k u r s m a s s e herausgeben, es hänge aber von seinem Willen ab, o b er die E r b s c h a f t oder das Vermächtnis annehmen oder

166 Nach dem ursprünglich zusätzlich geplanten § 1 b KO sollte ein Pflichtteilsanspruch nur dann zur Konkursmasse gehören, wenn er zur Zeit der Konkurseröffnung durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig war. § lb KO wurde während der Beratungen gestrichen. Man einigte sich dahin, dass die ganze in der Vorschrift berührte Frage - namentlich die Frage, ob der vor Konkurseröffnung entstandene Pflichtteilsanspruch auch dann zur Konkursmasse gehört, wenn er erst nach Konkurseröffnung vertraglich anerkannt oder rechtshängig wurde „für die Wissenschaft offen bleiben solle" (Protokolle, VI, 802). 167 Den Nachlassgläubigern gegenüber (vgl. heute § 1978 BGB). 168 „Erst recht" wegen der formalen Nichtausschlagbarkeit des Pflichtteilsanspruchs. 169 Protokolle, V, 766 (dort auch die Begründung der Mehrheit). Vgl. auch Motive, V, 406. 170 Für den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch vgl. §§ 36 I InsO, 852 I ZPO.

206

52

Vonselbsterwerb

ausschlagen wolle. Die Gläubiger hätten dem Erben gegenüber ebenso wenig ein Recht auf die Annahme der Erbschaft oder des Vermächtnisses wie dem Erblasser gegenüber. Diese Erwägungen der zweiten Kommission dürften auch für den Verzicht auf die nachlasszugehörige Pflichtteilsforderung und deren Verjährenlassen gelten, sodass auch hier eine Haftung nach § 1978 BGB nicht in Frage kommt. Fasst man die Entscheidungen der beiden BGB-Kommissionen noch einmal als Ganzes ins Auge, so kann man Folgendes festhalten: Die bereits von der ersten Kommission beschlossene Einschränkung der Pfändbarkeit beseitigte im Grunde das stärkste Argument gegen die Zulassung der Ausschlagung. Dass bei Zulassung der Ausschlagung der Beginn der Verjährung nicht mehr unzweifelhaft sei, war von Anfang an ein Scheinargument. Von einem Zweifel in der Verjährungsfrage kann schon generell nicht gesprochen werden, da die Verjährung, wenn nichts anderes gesagt ist, mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen beginnt. Und selbst wenn man Zweifelhaftigkeit unterstellt: Beim (ausschlagbaren) Vermächtnisanspruch wäre sie ebenso gegeben. Dass der Erwerb des Pflichtteilsanspruchs ab intestato und damit ohne rechtsgeschäftliche Grundlage erfolgt, nimmt ihm zwar die Vergleichbarkeit mit dem Vermächtnis, nicht aber diejenige mit dem (ausschlagbaren) gesetzlichen Erbe. Dass der Erbe in der Regel gerne bereit sein wird, an einem Erlassvertrag mitzuwirken; dass ferner es nur um einen schuldrechtlichen Anspruch (nicht um dingliche Nachlassteilhabe) geht, den man geltend machen kann oder auch nicht, darum, dass etwas Neues, beim Erblasser noch nicht Vorhandenes (der Anspruch) geschaffen wird und es nicht um die Sorge für Gegenstände geht, die schon da sind und um die man sich (möglichst als ipso-iure-Eigentümer oder ipso-iure-Inhaber) kümmern muss: Dies alles kann als Begründung für den Ausschluss des Ausschlagungsrechts nicht vorgebracht werden, denn es gilt ebenso für den Vermächtnisanspruch. So bleibt es beim einzigen Unterscheidungsmerkmal, das hier in Frage kommt, dem Zuwendungswillen des Erblassers, der im einen Fall, beim Vermächtnis, vorhanden ist, im anderen Fall, beim Pflichtteilsanspruch, nicht; bleibt es bei der Tatsache, dass auch bei sonstigen gesetzlichen Ansprüchen (z.B. §§ 812, 823 BGB) es kein einseitiges Zurückweisungsrecht gibt. Zudem, so könnte man ergänzend für die Rechtfertigung der gesetzgeberischen Entscheidung argumentieren, fehlt beim Pflichtteilsanspruch ein Bedürfnis dafür, durch Rückwirkung (die nur der Ausschlagung, nicht dem Erlass zukommt) einen ipso-morte-Anfall an „Ersatzberechtigte" oder „Anwachsungsberechtigte" sicherzustellen. Ob diese allein verbleibenden Argumente den Ausschluss der Ausschlagung de lege ferenda zu rechtfertigen vermögen, wird sich zeigen, darf aber schon an dieser Stelle bezweifelt werden.

III. Beseitigung

c) Ausschlagungsähnliche aa)

des

Wonselbsterwerbs

207

Rechtsfolgen

Erbschaftsteuer

Nach In-Kraft-Treten des BGB einsetzende Versuche, die Ausschlagungsfähigkeit des Pflichtteilsanspruchs de lege lata zu begründen 171 , waren motiviert durch die Absicht, den Pflichtteilsberechtigten, der den Pflichtteilsanspruch nicht geltend machte, vor der Erbschaftsteuer zu retten. Das ErbStG vom 3.6.1906 (hier in Bezug genommen die Fassung vom 3.7.1913172) enthielt in seinem Wortlaut keine irgendwie geartete Distanzierung vom zivilrechtlichen Ausgangspunkt. Es entsprach daher der herrschenden Meinung, dass der Pflichtteilsberechtigte Erbschaftsteuer auch dann zu entrichten hatte, wenn er den Pflichtteilsanspruch de facto nicht geltend machte, ja auch nicht die Absicht hatte, ihn geltend zu machen, ja selbst dann, wenn er im Wege des Erlassvertrages auf den Anspruch definitiv verzichtete 173 . Gegen die Steuerpflicht konnte er sich nur dadurch schützen, dass er zu Lebzeiten des Erblassers durch Vertrag mit diesem auf das Pflichtteilsrecht verzichtete (§ 2346 BGB), womit das Entstehen eines Pflichtteilsanspruchs von vornherein verhindert wurde. Ja schlimmer noch: Verzichtete 174 der Pflichtteilsberechtigte nach dem Erbfall unentgeltlich auf seinen Pflichtteilsanspruch, so war das unentgeltliche Verfügung über ein bereits endgültig angefallenes Recht und damit - § 517 BGB hielt die h.M. für unanwendbar - Schenkung, sodass zusätzlich zur Erbschaftsteuer auch noch Schenkungsteuer (nach dem Verhältnis des Pflichtteilsberechtigten zum Erben) zu entrichten war. Der hier geschilderte Ansatz des Erbschaftsteuerrechts wurde jedoch bereits im Zuge der grundlegenden Änderungen des ErbStG nach 1918 aufgegeben zugunsten der im Wesentlichen noch heute geltenden Regelung. In der aktuellen Fassung des Gesetzes gilt nach § 3 I Nr. 1 Alt. 4 ErbStG als steuerbarer Erwerb 1 7 1 Vgl. v.a. Oertmann, JherJb 65, 99 ff. sowie Lewis, ZB1FG 11, 685 und Henschel, DJZ 1912,393. 172 Vgl. zum Folgenden etwa den Kommentar von Wunsch, 2. Aufl. 1915, § 1 Anm. 8, § 2 Anm. 4 - 6 . 173 RGZ 77, 238; Wunsch, Erbschaftssteuergesetz, 2. A u f l . 1915, § 1 Anm. 8, § 2 Anm. 4 - 6 . Das Hauptargument der h.M. bestand neben der zivilrechtlichen Ausgangslage v.a. in § 2 II ErbStG 1906, wonach als Erwerb von Todes wegen auch anzusehen war, was als Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses gewährt wurde, während eine ähnliche Vorschrift für die Entsagung hinsichtlich eines zivilrechtlich bereits entstandenen Pflichtteilsanspruchs fehlte ( R G Z 77, 238, 240). Der alsbald nach In-Kraft-Treten des ErbStG 1906 (noch vor dem Ersten Weltkrieg) unternommene zweimalige Versuch des Bundesrates, die durch das Steuerrecht verursachte Härte im Wege der Gesetzgebung dadurch zu beseitigen, dass dem § 1 ErbStG 1906 eine Bestimmung hinzugefügt würde: „Der Anspruch auf den Pflichtteil gilt als Erwerb von Todes wegen nur, soweit er geltend gemacht wird", blieb ohne Erfolg (Verhandlungen des Reichstages 1907/09, Bd. 248 Nr. 999 Begründung S . 7 f . und Bd. 25 Nr. 1455 Begründung S. 4). 174 Im Folgenden werden die Begriffe „Verzicht" und „Erlassvertrag" (im Sinne von § 397 BGB) synonym verwendet.

208

5^

Vonselbsterwerb

von Todes wegen nur der Erwerb auf Grund eines „geltend gemachten" Pflichtteilsanspruchs. Anders als im Regelfall (Entstehung mit dem Tod des Erblassers) „entsteht" die Steuer für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs erst „mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung" (§9 1 Nr. 1 b ErbStG). Die Erben können Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen erst und nur dann als Nachlassverbindlichkeiten abziehen, wenn diese geltend gemacht sind (§ 10 V Nr. 2 ErbStG). Nach § 13 I Nr. 11 ErbStG bleibt „steuerfrei" der unentgeltliche Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs - naheliegend, da vor Geltendmachung noch keine Abziehbarkeit besteht und die gesonderte Erfassung des im Verzicht liegenden Vorteils zur doppelten Besteuerung des gleichen Vermögens führen würde. Dagegen gilt als vom Erblasser zugewendet und damit steuerbar auch, was als „Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch" gewährt wird (§ 3 II Nr. 4 ErbStG) 175 . Man kann dies alles dahin zusammenfassen, dass das Erbschaftsteuerrecht in seiner heutigen Gestalt sich vom zivilrechtlichen Ausgangspunkt (kein einseitiges Ausschlagungsrecht) gelöst hat und den Pflichtteilsberechtigten im Wesentlichen so behandelt, wie wenn es Annahme und Ausschlagung gäbe - freilich mit erheblichen Unsicherheiten in Bezug auf den Begriff des „Geltendmachens". Leitendes Motiv dabei war und ist, dass man den Pflichtteilsgläubiger nicht aus steuerlichen Gründen gegen seinen Willen zu einer Realisierung seines Anspruchs drängen will. Dass die Erbschaftsteuer eine Bereicherungssteuer ist, spielt dagegen keine Rolle 176 : Denn eine Bereicherung tritt bereits mit der zivilrechtlichen Entstehung des Anspruchs ein, was sich auch schon aus der Steuerbarkeit des Vermächtnisanspruchs ergibt. Steuerpflichtigkeit und Steuerschuld entstehen beim Pflichtteilsanspruch nach alledem zwar nicht erst mit dinglicher Erfüllung des Anspruchs (missverständlich daher der Wortlaut von § 3 I Nr. 1 ErbStG), aber, anders als beim Vermächtnis (§§ 3 I Nr. 1 Alt. 3,9 I Nr. 1 ErbStG), auch nicht schon in dem Augenblick, in dem der Anspruch zivilrechtlich entsteht, also (beim Pflichtteil zwingend und beim Vermächtnis in der Regel) mit dem Tod des Erblassers (§§ 2317 1,1922 I BGB), sondern mit der „Geltendmachung" des Anspruchs. Beim Pflichtteilsanspruch gibt es infolge der steuerrechtlichen Voraussetzung des „Geltendmachens" interessante Gestaltungsmöglichkeiten, die in manchen Punkten vorteilhafter sind, als wenn der Anspruch ebenso wie der Vermächtnisanspruch (§ 2174 BGB) ausschlagbar wäre, wofür an sich kein berechtigter Grund besteht und was nur die Folge der Nichtausschlagbarkeit des Pflichtteils einerseits und des der Autonomie des Pflichtteilsberechtigten geschuldeten Notbehelfs des „Geltendmachens" ist. Der Pflichtteilsanspruch 175

Zu einem Verzicht auf den künftigen Pflichtteilsanspruch gegen Abfindung im Rahmen eines Erbschaftsvertrags nach § 311b V BGB s.o. Fn. 164. 176 Anders Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 59.

III. Beseitigung

des Vonselbsterwerbs

209

kann - und das ist gegenüber der Ausschlagungsmöglichkeit beim Vermächtnis ein Vorteil (vgl. §§ 2180 III, 1950 BGB) - auch t e i l w e i s e geltend gemacht werden; die Steuer entsteht dann „begrenzt durch die Höhe, in der dieser (Anspruch) geltend gemacht worden ist" 177 . Der Vermächtnisanspruch dagegen 178 obwohl ebenfalls ein rein obligatorischer Anspruch - kann nur ganz angenommen oder ganz ausgeschlagen werden, Letzteres mit der Folge rückwirkender Beseitigung der Steuerpflicht für den Vermächtnisnehmer und rückwirkender Erhöhung zu Lasten des Vermächtnisschuldners (§175 I Nr. 2 AO). Freilich steht dem Vermächtnisnehmer auch die Möglichkeit eines Teilerlasses (§ 397 BGB) offen, doch ändert dies, da spätestens im Zeitpunkt des Erlasses Annahme des Vermächtnisses vorliegt, nichts an der Steuerbarkeit des vollen Vermächtnisanspruchs (ergänzt um Schenkungsteuerpflichtigkeit des durch den Teilerlass begünstigten Vermächtnisschuldners). Eine weitere Möglichkeit erschließt jedoch auch dem Vermächtnis die für den Pflichtteilsanspruch bestehende Möglichkeit der „Teilannahme": Schlägt der Vermächtnisnehmer gegen (nur einen Teil des Vermächtniswertes abdeckende) Abfindung aus, so hat er die Abfindung als vom Erblasser zugewandt zu versteuern (§ 3 II Nr. 4 ErbStG), wobei die Steuerpflicht erst mit der Ausschlagung entsteht (§9 1 Nr. 1 f ErbStG). So bleibt in diesem Punkt nur noch ein Vorteil des Pflichtteilsanspruchs übrig: Das Vermächtnis kann nicht mehr ausgeschlagen werden, wenn es bereits angenommen wurde (§2180 I BGB), während eine Handlung des Pflichtteilsberechtigten, die bei einem Vermächtnis als (stillschweigende) Annahme zu gelten hätte (pro legatore gestio), nicht automatisch auch „Geltendmachung" des Pflichtteils bedeutet: Das Zivilrecht ist schneller bei der Hand mit einer „Annahme", da sie in seinen Augen grundsätzlich nichts „Schlimmes" bedeutet (namentlich beim Vermächtnis, da ja der Vermächtnisnehmer, anders als der Erbe, nicht für die Nachlassschulden haftet), während „Geltendmachung" ein rein steuerrechtlicher Begriff ist, dessen nicht stets als angenehm empfundene Rechtsfolge (die Steuerpflichtigkeit des Pflichtteilsanspruchs) naturgemäß zu einer Verschärfung seiner Definitionselemente beiträgt. Ein weiterer steuerrechtlicher Vorteil des Pflichtteilsanspruchs im Vergleich zum Vermächtnis besteht darin, dass der „annahmewillige" Berechtigte den Zeitpunkt der „Geltendmachung" und damit den Zeitpunkt der Steuerentstehung steuern kann. Über §§ 3 II Nr. 4, 9 I Nr. 1 f ErbStG ist das zwar wiederum auch dem Vermächtnisnehmer möglich, doch bleibt dieser dabei auf die Mitwirkung des Vermächtnisschuldners und das NichtVorliegen einer bereits erfolgten Annahme angewiesen. 177 E F G 1978, 555; Kapp/Ebeling, ErbschaftBFH, BStBl II 1973, 800; FG Hamburg, steuer- und Schenkungsteuergesetz, 12. Aufl. 2000, § 3 Rn. 213.1 u. 213.2; Dressler, N J W 1997, 2848 (2851). 178 S. bereits o. § 2 III 2, S. 182 ff.

210

§2

Vonselbsterwerb

Das „Geltendmachen" des Pflichtteilsanspruchs ist, wie bereits angedeutet, etwas anderes als die Annahme des Vermächtnisses 179 . Denn die Annahme des Vermächtnisses führt dazu, dass der Vermächtnisnehmer den Vermächtnisanspruch (§2174 BGB) zivilrechtlich endgültig behält (wobei noch völlig offen ist, ob er auch auf der Erfüllung des Anspruchs besteht). Dieses Ergebnis tritt beim Pflichtteilsanspruch, mangels Ausschlagungsmöglichkeit, schon mit dem Erbfall ein. „Geltendmachen" des Pflichtteilsanspruchs muss daher etwas anderes und mehr bedeuten als die Aussage: „Ich will meinen Anspruch dauerhaft behalten und nicht aufgeben". Es muss direkt auf die Erfüllung des Anspruchs gerichtet sein. Für die Geltendmachung ist erforderlich, dass der Gläubiger, für den Schuldner erkennbar, ernstlich und definitiv auf der Erfüllung seines Anspruchs besteht 180 . Eine bestimmte Form ist nicht erforderlich. Auch mündliche Erklärung und schlüssiges Handeln genügen. Die Geltendmachung erfolgt nicht gegenüber dem Finanzamt, sondern gegenüber dem Erben. Mit der Geltendmachung kann eine Stundung des Anspruchs verbunden sein. Auch im Fall der Stundung entsteht die Steuerschuld sofort und für den vollen Pflichtteilsanspruch; § 9 I Nr. 1 a ErbStG greift nicht ein: Eine „Befristung" liegt nicht vor, weil die Pflichtteilsforderung mit dem Erbfall bereits entsteht, Befristung aber Hinausschieben der Entstehung bedeutet; eine „Betagung" liegt nicht vor, weil diese Hinausschieben der Fälligkeit schon mit Begründung der Forderung verlangt. Wird auf die Verzinsung der gestundeten Forderung verzichtet, liegt zusätzlich eine Schenkung der Zinsen nach § 7 I Nr. 1 ErbStG vor 181 . bb)

Zivilrecht

Auch in vielen zivilrechtlichen Aspekten sehen wir, wie bereits bei der Darstellung der Gesetzesentstehung angedeutet, den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch der Ausschlagung angenähert: Bei einer Gütergemeinschaftsehe bedarf der pflichtteilsberechtigte Ehegatte für den Abschluss eines Verzichtsvertrages nicht der Zustimmung des anderen Ehegatten, unabhängig davon, ob sein Ehegatte das Gesamtgut mit- oder alleinverwaltet (§§ 1432 12,1455 Nr. 2 182 BGB) dasselbe wird in den §§ 1432 1 1,1455 Nr. 1 BGB für die Ausschlagung von Erbschaft und Vermächtnis angeordnet. Zustimmungsfrei ist der Verzicht in der 179

Meincke (Fn. 94), § 9 Rn. 31. RFH, RStBl 1929, 515; RFH, RStBl 1936, 1131; FG Hessen, EFG 1990, 587; FG München, EFG 1991, 199. 181 Moench, DStR 1987, 139 (143); ders., Erbschaft- und Schenkungsteuer, 31. Aktualisierung Dezember 2000, § 9 Rn. 17; Meincke (Fn. 94), § 9 Rn. 33; a.A. Troll! Gebell Jülicher, Erbschaft" und Schenkungsteuergesetz, Stand: Juli 2000, § 3 Rn. 229 (es liege die Annahme nahe, dass in der später fälligen Pflichtteilszahlung ein Zinsanteil verdeckt enthalten sei, sodass der Pflichtteilsanspruch nur teilweise geltend gemacht und auch nur in dieser begrenzten H ö h e steuerbar sei); ebenfalls a.A. Dressler, N J W 1997, 2848 (2851). Vgl. auch Ebeling, N J W 1998, 358. 182 Als Ausnahme von §1453 BGB. 180

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

211

Zugewinngemeinschaftsehe nach h . M . auch dann, wenn der Pflichtteilsanspruch praktisch das ganze Vermögen des Verzichtenden im Sinne des § 1365 B G B ausmacht 1 8 3 - wie bei Ausschlagung von E r b s c h a f t und Vermächtnis. E l tern und V o r m u n d k ö n n e n auf einen dem K i n d angefallenen Pflichtteilsanspruch verzichten, o b w o h l es sich an sich u m eine unentgeltliche Z u w e n d u n g im Sinne der §§ 1 6 4 1 , 1 8 0 4 B G B handelt (arg. e §§ 1643 II, 1822 N r . 2 B G B ) 1 8 4 ebenso wie sie eine dem K i n d angefallene E r b s c h a f t oder ein zu seinen G u n s t e n angeordnetes Vermächtnis ausschlagen können. D e r Verzichtsvertrag bedarf bei beschränkter Geschäftsfähigkeit des Verzichtenden familien- bzw. vormundschaftsgerichtlicher G e n e h m i g u n g (§§ 1643 II 1 , 1 8 2 2 N r . 2 B G B 1 8 5 ; A u s nahme: § 1643 I I 2 B G B ) - wie bei Ausschlagung von E r b s c h a f t und Vermächtnis (vgl. dieselben N o r m e n ) . D e r Pflichtteilsanspruch ist der Pfändung nur und erst dann unterworfen, „wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist" (§ 852 I Z P O ) 1 8 6 ; erst dann fällt er auch in die Insolvenzmasse (§ 36 I I n s O ) - ähnlich wie bei Ausschlagung v o n E r b s c h a f t und Vermächtnis, aber doch mit erheblichen A b g r e n z u n g s p r o b l e m e n belastet, die sich aus dem Begriff der „ A n e r k e n n u n g " ergeben 1 8 7 . D e r Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch unterliegt nicht der Insolvenzanfechtung nach § 129 I I n s O , selbst nicht bei bewusster Gläubigerbenachteiligung, da ansonsten die nach §§ 852 I Z P O , 36 I I n s O (analog) dem Schuldner verbleibende Entscheidungsbefugnis ins Leere ginge; auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens ist eine A n f e c h t u n g des Verzichts auf den bereits entstandenen Pflichtteilsanspruch (gemäß A n f G ) ausgeschlossen - w o m i t innerhalb und außerhalb einer Insolvenz dasselbe wie bei Ausschlagung von E r b s c h a f t und Vermächtnis gilt. Vor Eintritt der Pfändbarkeit ist es dem E r b e n verwehrt, sich durch Aufrechnung, Zahlung oder Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit zu befreien; ebenso wenig vermag er den A n spruchsinhaber vor diesem Zeitpunkt in Annahmeverzug zu s e t z e n 1 8 8 - so wie Vgl. nur Münch Komm/Frank (Fn. 39), § 2317 Rn. 6 m.w.N. Unzutreffend Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 22. 185 Sowohl in § 1643 II BGB wie in § 1822 Nr. 2 BGB ist nicht der Pflichtteilsverzicht des §2346 II BGB gemeint, sondern der Verzicht auf den bereits entstandenen Pflichtteilsanspruch (genauer formuliert § 3 II Nr. 4 ErbStG: „Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch"). Zu § 1822 Nr. 2 BGB: RG, Recht 1928, Nr. 300. 186 Ausnahme von dem Grundsatz, dass abtretbare Forderungen (§2317 II BGB) auch pfändbar sind (§851 I ZPO). 187 Durch Vertrag anerkannt soll der Anspruch nach einer bekannten Formel sein, „wenn der Pflichtteilsberechtigte und der Erbe (sei es auch nur durch schlüssige Handlungen) einverstanden sind, der Pflichtteilsanspruch bestehe und solle geltend gemacht werden" (OLG Karlsruhe, HRR 1930, Nr. 1164). Ein Anerkenntnis nach §781 BGB sei, so die wohl h.M., nicht erforderlich, andererseits soll ein einseitiges Anerkenntnis im Sinne des §208 BGB nicht genügen. Zur ratio des §852 I ZPO (Entscheidungsautonomie) vgl. BGHZ 123, 183 (186) = ZIP 1993, 1662 (1663) = FamRZ 1993,1307 (1307 f.) = JR 1994, 416 (417) m. Anm. Schubert; BGH, NJW 1982, 2771 (2772); BGH, ZIP 1997, 1302 = FamRZ 1997, 1001. 188 Lange/Kucbinke (Fn.3), §37 VIII 2 c) (S.922); Münch Komm/Frank (Fn.39), §2317 183

184

212

§2

Vonselbsterwerb

auch E r b e und Vermächtnisnehmer vor A n n a h m e , richtiger Ansicht nach, nicht in A n n a h m e v e r z u g geraten k ö n n e n . Ist der Pflichtteilsgläubiger n o c h nicht volljährig, steht er also unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft, und ist Pflichtteilsschuldner ein Elternteil oder der Vormund, so stellt der Erlass des Pflichtteilsanspruchs (§ 397 B G B ) formal ein Insichgeschäft im Sinne des § 181 B G B dar. Beispiel i : Die Eheleute M und F haben zwei minderjährige Kinder, Kj und K 2 . M stirbt, während Kj und K 2 noch minderjährig sind. F hat die alleinige elterliche Sorge für sie. M und F hatten ein Berliner Testament errichtet, in dem die Ehegatten sich selbst als Alleinerben, die Kinder als gleichberechtigte Schlusserben eingesetzt haben. F, handelnd für sich in eigenem Namen und zugleich handelnd für die Kinder in deren Namen, erlässt formlos die Pflichtteilsansprüche von K, und K 2 . In B e z u g auf solche Insichgeschäfte scheint auf den ersten B l i c k ein eindeutiger U n t e r s c h i e d zu den ausschlagbaren erbrechtlichen E r w e r b e n , also E r b s c h a f t und Vermächtnis, zu bestehen. N a c h h . M . fällt die Ausschlagung einer E r b schaft auch dann nicht unter § 181 B G B , wenn die Ausschlagung des Kindes dazu führt, dass n u n m e h r ein Elternteil als E r b e berufen ist 1 8 9 . Begründet wird dies meist mit dem Wortlaut der N o r m : D i e Ausschlagung der E r b s c h a f t ist amtsempfangsbedürftige Willenserklärung (§ 1945 I B G B ) , erfolgt also nicht dem durch die Ausschlagung Begünstigten gegenüber 1 9 0 . E s fehlt mithin sow o h l an einem Rechtsgeschäft des Elternteils „mit sich" wie auch, bei schon erweiterter, aber w o h l herrschender 1 9 1 Lesart des § 181 B G B , an einem einseitigen, „sich selbst gegenüber v o r z u n e h m e n d e m R e c h t s g e s c h ä f t " . K o m p l i z i e r t e r ist die Rechtslage bereits bei der Ausschlagung des Vermächtnisses, mit dem der gesetzliche Vertreter zugunsten des Minderjährigen beschwert ist: D a s Vermächtnis kann sowohl gegenüber dem Beschwerten ( § 2 1 8 0 II 1 B G B ) wie auch, wenn diese Personen für die Erfüllung des Vermächtnisses zuständig sind, Rn. 17; Palandt/Edenhof er (Fn. 37), § 2317 Rn. 10; Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 35. Zur umstr. Frage, ob Erbe (bezüglich einer zum Nachlass gehörenden Forderung) und Vermächtnisnehmer vor Annahme in Gläubigerverzug (= Annahmeverzug) geraten können - verneinend die h.M. - Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 48 II 2 (S. 1218). 189 OLG Frankfurt, NJW 1955, 466; OLG Frankfurt, FamRZ 1964, 154; OLG Frankfurt, NJW 1969, 658; BayObLGZ 1983, 213 (220) = RPfleger 1983, 482 (aber Entziehung der Vertretungsmacht nach §1796 BGB und Pflegerbestellung gem. §1909 BGB möglich); Coing, NJW 1985, 6 (10); Jauernig/Berger, BGB, 9. Aufl. 1999, § 1643 Rn.3; MünchKomm/Leipold (Fn. 5), §1945 Rn. 12; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl. 1999, §181 Rn. 30; Erman/Schlüter (Fn. 37), §1945 Rn.3; Palandt/Edenhof er (Fn.5), §1945 Rn.2; Jauernig/Stürner, BGB, 9. Aufl. 1999, § 1945 Rn.3. A.A.: Heldrich, FS Lorenz, 1991, 97; Buchholz, NJW 1993, 1161; Steiner, Zur erweiternden Anwendung des § 181 BGB bei amtsempfangsbedürftigen Willenserklärungen, 1986, 87 ff.; Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 8 IV 2 (S. 204). 190 Daran ändert auch § 1953 III BGB nichts. Damit soll nur die für den ersatzweise Berufenen geltende Ausschlagungsfrist möglichst frühzeitig in Lauf gesetzt werden. 191 Vgl. nur BGH, WM 1991, 1754; Palandt/Heinrichs (Fn. 139), § 181 Rn. 8: Bei einseitigen Rechtsgeschäften ist § 181 BGB anwendbar, wenn Erklärender und Erklärungsempfänger identisch sind.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

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dem Nachlasspfleger und dem Testamentsvollstrecker gegenüber erklärt werden. W ü r d e der Beschwerte die Ausschlagung des Vermächtnisses sich selbst gegenüber erklären, wäre nicht nur der (erweiterte) Wortlaut des § 181 B G B erfüllt, sondern es läge auch, wie bei Ausschlagung der Erbschaft, eine Interessenkollision vor, sodass die N o r m klar einschlägig zu sein scheint. W ü r d e der B e schwerte die Ausschlagung gegenüber dem Nachlasspfleger oder dem Testamentsvollstrecker erfolgen, griffe § 181 B G B seinem (erweiterten) Wortlaut nach nicht ein 1 9 2 . In Wahrheit ist freilich in allen drei Fällen, also sowohl bei Ausschlagung der E r b s c h a f t , wie bei Ausschlagung des Vermächtnisses, wie auch beim Erlassen des Pflichtteilsanspruchs, schon de lege lata § 181 B G B nicht einschlägig, besteht mithin auch in dieser P r o b l e m a t i k eine einheitliche Rechtslage 1 9 3 . Das F a milienrecht enthält nämlich in den §§ 1643 II, 1822 N r . 2 B G B spezielle R e g e lungen, die dem möglichen Interessenkonflikt zwischen Minderjährigem und gesetzlichem Vertreter hinreichend R e c h n u n g tragen, und zwar dadurch, dass sie für die fraglichen Geschäfte das Vormundschaftsgericht einschalten. Gerade die Begründung zu § 1643 II 2 B G B 1 9 4 zeigt, dass das Erfordernis der v o r m u n d schaftsgerichtlichen G e n e h m i g u n g namentlich auch wegen eines möglichen I n teressenkonflikts zwischen Eltern und Kindern geschaffen wurde 1 9 5 . Das oben dargestellte Beispiel 5 zum Verzicht auf den gegen den überlebenden Elternteil bestehenden Pflichtteilsanspruch des Minderjährigen dürfte der häufigste A n wendungsfall von § 1643 II 1 Alt. 3 B G B , ja von § 1643 II 1 B G B insgesamt sein. E s wäre merkwürdig, wenn der G e s e t z g e b e r bei der N o r m i e r u n g des § 1643 II 1 Alt. 3 B G B gerade diesen Fall (als nach § 181 B G B ohnehin unwirksamen) nicht im Auge gehabt haben sollte. E s geht bei der hier vertretenen L ö s u n g keineswegs darum, dass dem Vormundschaftsgericht die Befugnis zugesprochen würde, durch Gestattung des Insichgeschäfts von den Beschränkungen des § 181 B G B zu dispensieren 1 9 6 , was in der Tat unzulässig wäre 1 9 7 . In R e d e steht viel192 Wofür man mittelbar auch auf den BGH verweisen könnte, obwohl dieser ja mittlerweile in einigen Fällen, in denen zwar formal kein Insichgeschäft, wohl aber ein (typischer bzw. genereller) Interessenkonflikt vorliegt (so seit BGHZ 56, 97), § 181 BGB analog anwendet. Nach BGHZ 94, 132 (137) ist § 181 BGB nicht anzuwenden, wenn der Vertreter einem von ihm in eigenem Namen abgeschlossenen zustimmungsbedürftigen Vertrag namens des Vertretenen zustimmt, sofern die Zustimmung gegenüber dem Vertragspartner (und nicht, was nach § 182 BGB wahlweise möglich ist, sich selbst gegenüber) erklärt wird. 193 Wie im Text Coing, NJW 1985, 6 (9 ff.): Die in § 1643 II 1 BGB vorgesehene vormundschaftsgerichtliche Genehmigung stellt bereits die vom Gesetzgeber entwickelte Lösung des Interessenwiderstreits zwischen Eltern und Kindern dar; Jauernig/Schlechtriem, BGB, 5. Aufl. 1990, § 1643 Anm. 2 b (offen jetzt Jauernig/Berger - Fn. 189 - § 1643 Rn.3); AKBGB/Ott, 1987, § 181 Rn. AK-BGB/Derleder, 1990, § 1945 Rn.2. 194 Vgl. Motive, V, 274 f. 195 Coing, NJW 1985, 6 (10). 196 Das verkennt Buchholz, NJW 1993, 1161 (1164 f.). 197 RGZ 67, 61; RGZ 71, 162; RGZ 93, 334; BGHZ 21, 229; BGHZ 50, 8.

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5 2

Vonselbsterwerb

mehr eine gesetzliche Ausnahme von § 181 BGB. Nach alledem scheidet Unwirksamkeit nach §§ 1629 II 1,1795 II, 181 BGB in allen Fällen der §§ 1643 II 1, 1822 Nr. 2 BGB aus. In Frage kommt allenfalls eine Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1629 II 3, 1796 BGB samt Pflegerbestellung nach § 1909 BGB 198 . Hält man, anders als hier, die §§ 1643 II, 1822 Nr. 2 BGB nicht für § 181 BGB verdrängende familienrechtliche Spezialregelungen des Interessenkonflikts 199 , so müsste doch auf jeden Fall § 181 BGB auch bei Ausschlagung von Vermächtnis und Erbschaft (stets) angewendet werden; denn der Sache nach handelt es sich in allen drei Fällen der §§ 1643 II, 1822 Nr. 2 BGB um denselben Interessenkonflikt. d) §§ 852 I ZPO,

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InsO

Einer besonderen Betrachtung bedürfen noch einmal die §§ 852 I Z P O , 36 I InsO. Entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 852 I Z P O und der bis dahin ganz einhelligen Meinung hat der B G H in einer Entscheidung aus dem Jahr 198 Auch im Rahmen des § 1796 BGB sind die drei Fälle der §§ 1643 II 1, 1822 Nr. 2 BGB gleich zu behandeln. Eine ganz andere Frage ist die nach der Anwendung der §§ 1796, 1909 BGB bezüglich der rein faktischen Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs; dazu zu Recht (vgl. namentlich §§207, 1640 BGB) sehr zurückhaltend die Praxis, vgl. etwa OLG Frankfurt, FamRZ 1964, 155; BayObLGl 1963, 162 = F a m R Z 1963, 578 =RPfleger 1964, 269 m. Anm. Haegele; BayObLGZ 1988, 385 (389) = FamRZ 1989, 540 (541). Die zitierte Rechtsprechung lässt sich so zusammenfassen: Richtet sich der Pflichtteilsanspruch eines minderjährigen Abkömmlings gegen den überlebenden Elternteil als Alleinerben und ist dieser gleichzeitig gesetzlicher Vertreter des Kindes, so kann Letzterer über die (Berechnung und) Geltendmachung des gegen ihn gerichteten Pflichtteilsanspruchs zunächst selbst entscheiden; die §§ 1629 II, 1795 II, 181 BGB greifen hier noch auf keinen Fall ein, da es nicht um ein Rechtsgeschäft geht. Eine Pflegerbestellung nach den §§ 1629 II 3, 1796, 1909 BGB ist grundsätzlich nur im Ausnahmefall erforderlich: Das Risiko der Verjährung des Anspruchs schließt § 207 BGB aus; das Risiko, dass der Anspruch später nicht mehr korrekt berechnet werden kann, schließt § 1640 BGB aus; nur wegen des allein verbleibenden Risikos, dass durch Verschleuderung des Nachlasses der Pflichtteilsanspruch später nicht mehr befriedigt zu werden vermag, kann im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn der überlebende Elternteil durch sein Verhalten den Pflichtteilsanspruch des Kindes gefährdet, für die Angelegenheit „Pflichtteilsanspruch des Kindes" die elterliche Sorge entzogen und ein Pfleger bestellt werden. Wird ein Pfleger bestellt, so hat dieser i.d.R. nicht etwa die Aufgabe, den Pflichtteil durchzusetzen, sondern nur die, den Anspruch bis zur Volljährigkeit des Gläubigers zu sichern. Letztlich bleiben also Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs dem Kind selbst überlassen; sie sollen im Regelfall nicht vom Ermessen des Familiengerichts oder vom Willen eines Pflegers abhängen (vgl. auch die Zusammenfassung der Rspr. bei Staudinger/Haas - Fn. 158 - , §2317 Rn. 43 ff. und Palandt/Edenhofer - Fn. 5 - , §2317 Rn. 7). Letztlich zeigt sich auch bei diesem Problemkreis, dass alles darauf ankommt, die vom Gesetzgeber dem Pflichtteilsgläubiger aus innerfamiliären Rücksichten gewährte Entscheidungsautonomie zu wahren. Dieselbe Zurückhaltung wie beim Pflichtteilsanspruch ist übrigens bei der Frage angebracht, ob der gegen den gesetzlichen Vertreter bestehende Vermächtnisanspruch geltend gemacht werden soll (vgl. auch hier §§207, 1640 BGB und zudem die Länge der Verjährungsfrist, die mit 30 Jahren weit über die des § 2332 BGB hinausgeht). 199 So dezidiert Buchholz, N J W 1993,1161 (1163 ff.).

III. Beseitigung des Wonselbsterwerbs

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j 993200 entschieden, ein Pflichtteilsanspruch k ö n n e schon vor vertraglicher A n e r k e n n u n g oder Rechtshängigkeit als „in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter A n s p r u c h " gepfändet werden. B e i einer derart eingeschränkten Pfändung erwerbe der Pfändungsgläubiger bei Eintritt der Verwertungsvoraussetzungen (vertragliche A n e r k e n n u n g oder Rechtshängigkeit) ein vollwertiges Pfandrecht, dessen R a n g sich nach dem Zeitpunkt der P f ä n dung bestimme. Das Anliegen des § 852 I Z P O gehe dahin, mit R ü c k s i c h t auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem allein L e t z t e r e m die Entscheidung zu überlassen, ob der Anspruch gegen den E r b e n durchgesetzt werden soll 2 0 1 . Gläubiger sollen diese Entscheidung nicht an sich ziehen k ö n n e n . § 852 I Z P O habe hingegen nicht z u m Ziel, den Pflichtteilsanspruch den Gläubigern des Berechtigten zu entziehen. D a n n aber erscheine es geboten, das in § 852 I Z P O angeordnete Pfändungsverbot in einem am N o r m z w e c k ausgerichteten eingeschränkten Sinn zu verstehen: D e r S c h u t z z w e c k der N o r m verbiete lediglich eine Pfändung, die ein umfassendes Pfandrecht am Pflichtteilsanspruch begründet, durch das die Entscheidungsfreiheit des B e rechtigten ausgeschaltet wird. E i n e r Pfändung, die diese Entscheidungsfreiheit wahre, indem sie ein Pfandrecht nur für den Fall begründe, dass die in § 852 I Z P O vorgeschriebenen Voraussetzungen für einen umfassenden Zugriff erfüllt werden, stehe dieser Z w e c k nicht entgegen. D e r Pflichtteilsberechtigte k ö n n e nach wie vor allein entscheiden, o b der Anspruch gegen den E r b e n durchgesetzt werden soll. N u r durch seine L ö s u n g , so der B G H , k ö n n t e n B e v o r z u g u n gen einzelner Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten durch (Sicherungs-)Abtretung oder Verpfändung des unbelasteten Pflichtteilsanspruchs verhindert werden, und dies zu verhindern verstoße nicht gegen den Geist des § 852 I Z P O . Aus dem U r t e i l des B G H ergeben sich weitere Rechtsfolgen: Verfügt der Pflichtteilsgläubiger über den A n s p r u c h (Abtretung, Verpfändung,

Nieß-

brauchsbestellung), bevor die Voraussetzungen des § 852 I Z P O vorliegen und bevor einer seiner Gläubiger den A n s p r u c h (was ja jetzt möglich sein soll) ge200 BGHZ 123, 183 (185 ff.) = ZIP 1993,1662 (1663 ff.) = FamRZ 1993,1307 (1307 ff.) = JR 1994, 416 (417 ff.) m. Anm. Schubert = NJW 1993, 2876 (2877 f.); ebenso BGH, NJW 1997, 2384 = ZIP 1997, 1302 = FamRZ 1997, 1001; OLG Brandenburg, FamRZ 1999, 1436; Greve, ZIP 1996, 696 (700); Klumpp, ZEV 1998, 123; Kuchinke, NJW 1994, 1769; Keim, ZEV 1998, 127; Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 52. 201 Zu beachten ist übrigens, dass der Pflichtteilsanspruch zwar auf einem familienrechtlichen Verhältnis beruht und die dem Gläubiger eingeräumte Entscheidungsautonomie auf den Schutz des familienrechtlichen Verhältnisses zielt, dass aber der Anspruch selbst, sobald er einmal vom Gläubiger geltend gemacht wird, ein beliebiger Geldanspruch ist [s. bereits die Äußerung v. Schmitts o. im Text § 2 III 7 b), S. 203]. Daraus resultiert etwa, dass der Gläubiger zur Geltendmachung des Anspruchs von seinem Ehegatten keinen Prozesskostenvorschuss (§§ 1360a IV, 1361 IV 4 BGB) verlangen kann, da es nicht um eine „persönliche Angelegenheit" geht; OLG Köln, NJW-RR 1989, 967 (968) (für den Pflichtteilsergänzungsanspruch); Palandt/Brudermüller, BGB, 61. Aufl. 2002, § 1360a Rn. 14; Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 49; a.A. noch OLG Köln, FamRZ 1961, 122.

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§2

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pfändet hat, können seine Gläubiger die Verfügung nach §§ 3 AnfG, 129 InsO anfechten, da der Anspruch schon vor vertraglicher Anerkennung und Rechtshängigkeit zum pfändbaren Vermögen ihres Schuldners gehörte; die für die Anfechtbarkeit erforderliche Gläubigerbenachteiligung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Pflichtteilsberechtigte ohne die Verfügung (z.B. die Abtretung) die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Pfändbarkeit nicht herbeigeführt hätte 202 . Die Verfügung des Pflichtteilsberechtigten über seinen Anspruch (Abtretung, Verpfändung, Nießbrauchsbestellung) ist noch nicht als vertragliche Anerkennung im Sinne des § 852 I Z P O zu betrachten, da hier der Pflichtteilsschuldner keine Erklärung abgibt und damit eine „vertragliche" Anerkennung nicht vorliegt 203 . Dafür spricht auch, dass Abtretung der Pflichtteilsforderung im Erbschaftsteuerrecht (noch) nicht als „Geltendmachung" im Sinne der §§ 3 I Nr. 1,10 V Nr. 2 ErbStG betrachtet wird 204 und § 852 I Z P O so weit wie möglich in Ubereinstimmung mit dem steuerrechtlichen Erfordernis des Geltendmachens interpretiert werden sollte. Die Anfechtung erschließt Gegenstände, die ein Schuldner aus seinem Vermögen weggegeben hat, erneut dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers, indem die durch die Vermögensverschiebung verhinderte Zwangsvollstreckung durch Rückgewähr (§11 AnfG) wieder ermöglicht wird. Es wird die vollstreckungsrechtliche Zugriffslage wiederhergestellt, die ohne die anfechtbare Handlung bestanden hätte. Auch wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteilsanspruch abgetreten hat, erlangt der anfechtende Gläubiger also erst dann vollen Zugriff auf den Anspruch, kann er erst dann vom Erben Erfüllung (und Auskunft nach §2314 BGB) verlangen, wenn der Zessionar den Anspruch (im Sinne von § 852 I Z P O ) „realisiert". Da nach der neuen Rechtsprechung des B G H die Entschließungsfreiheit des Pflichtteilsberechtigten im Zeitpunkt der Pfändung seines Anspruchs noch nicht geschützt wird - weil die Pfändung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 852 I Z P O zulässig ist - , muss die Prüfung der Verwertungsreife in einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Wann dies nachzuholen ist, hat der B G H noch nicht entschieden. Zwei Meinungen stehen sich gegenüber: Nach der einen ist die Verwertung des Anspruchs durch Uberweisung (§ 835 I Z P O ) erst zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 852 I Z P O vorliegen 205 ; ein Uberweisungsbeschluss vor Eintritt der Verwertbarkeit im Sinne des § 852 I Z P O ist unzulässig und unterliegt der Erinnerung nach § 766 Z P O durch Dritt-

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BGHZ 123,183 (190 f.). A.A. Kuchinke, N J W 1994, 1769; Gerhardt, EWiR 1993, 1141 (1142); Klumpp, ZEV 1998, 123 (124); Soergel/Dieckmann (Fn. 39), §2317 Rn. 15; MünchKomm-ZPO/Smid, 2. Aufl. 2000, §852 Rn. 3; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Z P O , 59.Aufl. 2001, §852 R n . l ; Staudinger/Haas (Fn. 158), §2317 Rn.51. Offen gelassen von BGHZ 123, 183 (190). 204 PQ H e s s e n ) EFG 1990, 587; Meincke (Fn. 94), § 9 Rn. 33; Moench (Fn. 181), § 9 Rn. 16. 205 Behr, JurBüro 1996, 65; Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 53. 203

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs

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und Vollstreckungsschuldner. Anderer Ansicht nach soll der Uberweisungsbeschluss schon vor Eintritt der Verwertungsreife zulässig sein 206 ; die Prüfung der Verwertungsvoraussetzungen erfolgt nach dieser Ansicht erst durch das Prozessgericht im Rahmen der Zahlungsklage des Vollstreckungsgläubigers gegen den Pflichtteilsschuldner. Die zweite Ansicht ist abzulehnen, da sie die Freiheit des Pflichtteilsberechtigten, über die Geltendmachung des Anspruchs autonom zu entscheiden, gravierend beeinträchtigt 2 0 7 : D e r E r b e kann ganz andere Interessen haben als der Pflichtteilsberechtigte und eventuell gegen den Willen des Letzteren an den Vollstreckungsgläubiger leisten. In einer Entscheidung aus dem Jahr 199 7 2 0 8 hat der B G H die Grenzen seines neuen Ansatzes deutlich gemacht: D e r Pflichtteilsberechtigte hatte, in Vermögensverfall geraten und von seinen Gläubigern bedrängt, die Erblasserin, seine Mutter, veranlasst, ihn zu enterben und seine Ehefrau zur Alleinerbin einzusetzen. N a c h dem Erbfall unterließ der Pflichtteilsberechtigte die Geltendmachung seines Anspruchs. Einer seiner Gläubiger pfändete den Anspruch. Mit der Klage verlangte er von der Erbin, gestützt auf Gläubigeranfechtung, die B e gleichung der ihm gegen den Schuldner zustehenden Forderung. Der B G H wies den Kläger ab: Das Unterlassen der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs unterliege selbst dann nicht der Gläubigeranfechtung, wenn der B e rechtigte - zusammen mit dem späteren Erben - zum Zweck der Benachteiligung seiner Gläubiger den Erblasser dazu bewogen hat, einen anderen als Erben einzusetzen. Das autonome Entscheidungsrecht des Pflichtteilsberechtigten dürfe nicht durch Anwendung der Gläubigeranfechtungsvorschriften unterlaufen werden. D e r Entschluss des Pflichtteilsberechtigten, den Anspruch nicht geltend zu machen, könne nicht in eine (unentgeltliche) „Zuwendung" des Pflichtteilswertes an die Erben umgedeutet werden. Die in unserem Zusammenhang entscheidende Frage geht dahin, ob nach der neuen Rechtsprechung des B G H auch der mit dem Erben vereinbarte Verzicht des Pflichtteilsberechtigten auf seinen Anspruch (§ 397 B G B ) und - da hier im Ergebnis derselbe Erfolg (Untergang des Anspruchs) eintritt - die Abtretung des Anspruchs an den Erben nach §§ 3 A n f G , 129 I n s O anfechtbar sind 209 . Klar ist, dass der nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 852 I Z P O ausgesprochene Verzicht anfechtbar ist. Die Frage kann also nur dahin zielen, ob dies auch für den vor Eintritt der Verwertungsreife vereinbarten Verzicht gilt. Sie muss verneint werden. Die Entscheidungsautonomie gewährt das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten nicht nur wegen seines engen Verhältnisses zum E r b 206 Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl. 2000, § 8 5 2 Rn.3; Greve, ZIP 1996, 700 (701); Keim, ZEV 1998, 127 (128). 207 Zutreffend Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 55. 208 BGH, NJW 1997, 2384 = ZIP 1997, 1302. 2 0 9 Bejahend Jaeger/Henckel (Fn. 77), § 2 9 Rn.59; Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2 3 1 7 Rn. 56; Klumpp, ZEV 1998,123 (126). Offen gelassen von BGH, N J W 1997, 2384.

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lasser, sondern auch wegen seines (in der Regel ebenfalls engen) Verhältnisses z u m E r b e n . Was im Verhältnis zwischen Pflichtteilsberechtigtem und E r b e n vor und o h n e Eintritt der Verwertungsreife geschieht, ist für die Gläubiger des Ersteren tabu. A n einem endgültigen Verzicht kann ein achtenswertes innerfamiliäres Interesse bestehen. M a n wende gegen diese L ö s u n g nicht ein, sie b e günstige (geheime oder ausdrückliche) Vereinbarungen von Verzichtsentgelten. Gewiss wird der E r b e für ein bloß passives Unterlassen der G e l t e n d m a c h u n g nicht so leicht ein Entgelt bezahlen wie für einen definitiven Forderungsverzicht. D o c h sind geheime Absprachen auch bei b l o ß e r Passivität (in B e z u g auf die G e l t e n d m a c h u n g des Pflichtteilsanspruchs) nicht ausgeschlossen. Zahlt oder vereinbart der E r b e tatsächlich ein Verzichtsentgelt, k ö n n e n die Gläubiger problemlos auf Entgeltforderung oder Entgeltleistung zugreifen; § 852 I Z P O greift hierfür nicht ein 2 1 0 . D e r Verzicht darf auch nicht etwa als G e l t e n d m a chung bzw. vertragliches Anerkenntnis des Pflichtteilsanspruchs bezeichnet werden. Z w a r liegt im Verzicht formal eine Verfügung über den Anspruch. A b e r wenn dem Pflichtteilsberechtigten ein dauerhaftes passives A b s e h e n von der Geltendmachung des Anspruchs möglich ist, muss es ihm auch möglich sein, das künftige passive A b s e h e n durch Verzicht erzwingbar zu machen. M a n denke, u m die Interessenlage hinreichend zu würdigen, nur an den Verzicht, den einer der Schlusserben b e i m Berliner Testament gegenüber dem überlebenden Elternteil ausspricht. E s wäre nachgerade o b s z ö n , w e n n die Gläubiger des Verzichtenden diese H a n d l u n g anfechten könnten, mit dem einzigen Ziel, den Pflichtteilsanspruch wieder zur E x i s t e n z zu bringen und den Eintritt der Verwertungsreife nach § 852 I Z P O wieder möglich zu machen; b l o ß passiv von einer G e l t e n d m a c h u n g absehen k ö n n t e der Pflichtteilsberechtigte hier ja nach wie vor. E s versteht sich von selbst, dass die neue Rechtsprechung des B G H auch Auswirkungen haben muss auf das Insolvenzverfahren. N a c h § 3 6 I I n s O gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur I n solvenzmasse. Wenn der Pflichtteilsanspruch schon vor A n e r k e n n u n g oder Rechtshängigkeit pfändbar ist, gehört er natürlich auch zu dem durch Insolvenzbeschlag erfassten V e r m ö g e n 2 1 1 . N a c h § 80 I I n s O geht durch die E r ö f f 210 Vgl. auch § 3 II Nr. 4 ErbStG, der als vom Erblasser zugewendet und damit steuerbar auch bezeichnet, was als „Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch ... gewährt wird", ohne noch einmal die Steuerbarkeit der Abfindungsforderung von einem Geltendmachen im Sinne des § 3 I Nr. 1 Alt. 4 ErbStG abhängig zu machen. 211 BGHZ 123, 183 (189); Kuchinke, NJW 1994, 1769 (1772). Vor In-Kraft-Treten der InsO, also unter Geltung der KO, war str., ob der nach Konkurseröffnung erfolgende Eintritt der Verwertungsreife bei einem schon vor Konkurseröffnung entstandenen Pflichtteilsanspruch auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung zurückwirkte oder nicht (wobei Letzteres nach der KO zur Folge gehabt hätte, dass der Pflichtteilsanspruch trotz Eintritts der Verwertungsreife endgültig konkursfrei geblieben wäre); vgl. zum Streitstand Jaeger/Henckel (Fn. 77), § 9 Rn. 16, § 29 Rn. 59 und o. Fn. 166.

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Vonselbsterwerbs

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nung des Insolvenzverfahrens das R e c h t des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den I n s o l venzverwalter über. D e r Verlust der Verfügungsbefugnis geht j e d o c h b e i m Pflichtteilsanspruch nicht so weit, dass dem Pflichtteilsberechtigten die freie Entscheidung über H e r b e i f ü h r u n g oder N i c h t h e r b e i f ü h r u n g der Verwertungsreife entzogen wird. E s gelten hier dieselben Grundsätze wie in der E i n z e l zwangsvollstreckung 2 1 2 . Ein nach Insolvenzeröffnung v o m Insolvenzschuldner erklärter Verzicht (§ 3 9 7 B G B ) ist nicht etwa dem Insolvenzverwalter gegenüber u n w i r k s a m 2 1 3 . D e r Wortlaut von § 8 1 I 1 I n s O muss teleologisch reduziert werden. D a m i t ergeben sich für den Pflichtteilsanspruch in Zwangsvollstreckung und Insolvenz nach wie vor dieselben Rechtsfolgen, wie wenn dieser Anspruch als ausschlagbarer ausgestaltet wäre. D a s zeigt ein Vergleich mit dem V e r m ä c h t nis 2 1 4 . D e r Vermächtnisanspruch ( § 2 1 7 4 B G B ) ist v o m Zeitpunkt seiner E n t stehung an, also in der Regel v o m Erbfall an (§ 2 1 7 6 B G B ) , pfändbar. D i e P f ä n dung des Vermächtnisanspruchs berührt aber das Ausschlagungsrecht des Vermächtnisnehmers nicht: Das Ausschlagungsrecht selbst unterliegt nämlich der Pfändung nicht. Das ergibt sich aus § 857 I I I Z P O , da es zwar (§§ 2 1 8 0 I I I , 1952 B G B ) vererblich, aber (unstreitig) nicht unter L e b e n d e n übertragbar ist und infolge seines höchstpersönlichen Charakters auch seine Ausübung nicht einem D r i t t e n überlassen werden kann. D a s Ausschlagungsrecht hat deshalb auch nach der Pfändung des Vermächtnisanspruchs allein der Vermächtnisnehmer. Seine Ausschlagung führt zur rückwirkenden Beseitigung des Vermächtnisanspruchs (§§ 2 1 8 0 I I I , 1953 I B G B ) , sodass auch eine bereits vor der Ausschlagung angebrachte Pfändung ins Leere geht. D i e Ausschlagung des V e r m ä c h t nisses unterliegt nicht der A n f e c h t u n g nach dem A n f G . In der Insolvenz des Vermächtnisnehmers steht das Ausschlagungsrecht nach der ausdrücklichen (wegen §§ 36 I I n s O , 857 I I I Z P O eigentlich überflüssigen) B e s t i m m u n g des § 83 1 1 I n s O nur dem Insolvenzschuldner zu, gleichgültig, o b der Vermächtnisanspruch v o r oder nach E r ö f f n u n g der Insolvenz angefallen ist. E i n e A n f e c h tung der Ausschlagung (§ 129 I n s O ) ist auch hier ausgeschlossen. M a n kann die neue Rechtsprechung des B G H zu § 852 I Z P O mit guten G r ü n d e n für falsch halten, und der A u t o r dieses B u c h e s hält sie für falsch. D o c h soll dies hier nicht weiter verfolgt werden. Wichtig ist in unserem Z u s a m m e n hang nur Folgendes: E s ist festzuhalten, dass die im K e r n auch nach der geänderten

Rechtsprechung

weiterbestehende

Entscheidungsautonomie

des

Pflichtteilsberechtigten schon per se im Widerspruch z u m an sich durchgehende G e l t u n g beanspruchenden

212 213 214

Formalprinzip

(keine Ausschlagbarkeit

des

Kuchinke, NJW 1994, 1769 (1771); Klumpp, ZEV 1998,123 (126). A.A. Klumpp, ZEV 1998, 123 (127). Zum Folgenden Staudinger/Otte (Fn. 3), § 1942 Rn. 15; 13. Bearb. 1996, § 2180 Rn. 4.

220

§2

Vonselbsterwerb

Pflichtteilsanspruchs) steht. U n d es bleibt zweitens dabei, dass die §§ 852 I Z P O , 36 I I n s O auch nach der neuen Interpretation durch den B G H zu den Regelungen gehören, die den Pflichtteilsanspruch in der Sache so ausgestalten, wie wenn er ausschlagbar wäre.

e) § 517 BGB Alle in c) und d) genannten ausschlagungsähnlichen Regelungen vermögen freilich nichts daran zu ändern, dass der unentgeltliche Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch Schenkung (und daher der R ü c k f o r d e r u n g bei Verarmung und grobem U n d a n k ausgesetzt) ist. D e n n § 517 B G B ist entgegen einer verbreiteten M e i n u n g 2 1 5 nicht a n w e n d b a r 2 1 6 . § 517 Alt. 2 B G B liegt nicht vor, weil der Pflichtteilsanspruch nicht nur mit dem T o d des Erblassers anfällt, sondern mit dem Tod des Erblassers auch „endgültig e r w o r b e n " wird; auch ein späterer Verzicht (§ 3 9 7 B G B ) wirkt ja nicht zurück. D i e 3. Alternative der N o r m ist nicht anwendbar, weil das B G B dort, w o es den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch der Ausschlagung der E r b s c h a f t gleichstellen will, dies ausdrücklich sagt. D i e hier vertretene L ö s u n g entspricht auch dem Willen der Gesetzesverfasser 2 1 7 . D a § 5 1 7 B G B rechtspolitisch ohnehin fragwürdig ist, bietet sich eine einschränkende Auslegung an. D i e gegenteilige L ö s u n g folgt auch keineswegs zwingend aus den §§ 1641 S. 1, 1643 I I 1, 1804 S. 1, 1822 Nr. 2 B G B : Z u m einen lässt sich bei den §§ 1643 II 1, 1822 N r . 2 B G B stets auch an den entgeltlichen Verzicht denken; z u m anderen enthalten die §§ 1643 I I 1, 1822 N r . 2 B G B für den unentgeltlichen Verzicht eben sowohl eine A u s n a h m e v o m Grundsatz, dass die Handlungen des gesetzlichen Vertreters keiner gerichtlichen

Genehmigung

bedürfen, wie auch eine A u s n a h m e v o m Schenkungsverbot. Wenn aber nach alledem § 5 1 7 B G B nicht anwendbar ist, dann sind die eben dargestellten R e g e lungen, in denen G e s e t z oder herrschende Meinung den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch „ausschlagungsähnlich" ausgestalten, nichts anderes als unnatürliche A u s n a h m e - oder S o n d e r b e s t i m m u n g e n 2 1 8 . Anders formuliert: Alle aus dem so sorgsam gewahrten Sachprinzip, dass die G e l t e n d m a c h u n g des Pflichtteilsanspruchs a u t o n o m e Entscheidung des Anspruchsinhabers bleiben muss, abgeleiteten Einzelregelungen kollidieren mit der formalen K o n s t r u k -

215 Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, 2. Abteilung, 5. Aufl. 1929, §517 Anm. 1 b; v. Tuhr (Fn. 155), § 75 I 2 c (S. 160 f.); Siber (Fn. 31), 107; RGRK/Mezger, BGB, 12. Aufl. 1978, § 517 Rn. 2; ebenso noch Muscheler, Jura 1991, 324 (327). 216 Wie hier die h.M., vgl. etwa MünchKomm/Kollhosser, BGB, 3. Aufl. 1995, § 517 Rn. 4 m.w.N. Keine Schenkung (zugunsten des Nacherben) liegt selbstverständlich vor, wenn die als Vorerbin eingesetzte Ehefrau des Erblassers nicht ausschlägt und ihr Pflichtteilsrecht nicht in Anspruch nimmt (§ 2306 I 2 BGB); Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§ 2325 ff. BGB) nach der Ehefrau kommen daher nicht in Betracht {BGH, EBE/BGH 2001, BGH-Ls 651/01 = WM 2001,2449). 217 Motive, II, 291. 218 Mit Ausnahme der §§ 1643 II S. 1,1822 Nr.2 BGB.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

221

tion des definitiven Vonselbsterwerbs und dem aus ihm folgenden Schenkungscharakter des unentgeltlichen Verzichts auf den Pflichtteilsanspruch. E s handelt sich bei diesem Verzicht um eine Schenkung, die in fast allen Sachfragen nicht wie eine Schenkung behandelt wird.

f ) Sachprinzip oder Formalprinzip:

Weitere

Einzelfragen

Außerhalb jener oben dargestellten Einzelfragen, bei denen entweder das G e setz selbst oder eine von der Sache her zwingend naheliegende Interpretation des Gesetzes eine ausschlagungsähnliche L ö s u n g vorgibt, stellen sich zahlreiche weitere Fragen, bei denen G e s e t z und zwingende Gesetzesinterpretation nicht weiterhelfen, bei denen aber ebenfalls geklärt werden muss, o b dem Sachprinzip ( A u t o n o m i e des Anspruchsinhabers) oder dem Formalprinzip (definitiver Anfall ohne Ausschlagungsmöglichkeit) der Vorzug zu geben ist. E s k ö n nen hier nur wenige dieser Fragen angedeutet werden.

aa) §§ 1375 II, 2113 II, 2205 S. 3, 2287, 2325 BGB Fällt der Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch unter § 1375 I I N r . 1 B G B oder (wenn der Erblasser selbst zu Lebzeiten auf einen ihm angefallenen Pflichtteilsanspruch verzichtet hat 2 1 9 ) unter die §§ 2287, 2 3 2 5 B G B oder (wenn dem E r b lasser selbst schon zu Lebzeiten ein Pflichtteilsanspruch angefallen war und Vorerbe oder Testamentsvollstrecker des Erblassers auf ihn verzichten) unter die §§ 2 1 1 3 II, 2 2 0 5 S. 3 B G B ? § 1375 I I N r . 1 B G B greift bei Ausschlagung v o n E r b s c h a f t und Vermächtnis nicht ein (§§ 517, 1953 I B G B ) - warum sollte dies beim Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch anders sein, dessen G e l t e n d m a chung oder Nichtgeltendmachung doch nach der A b s i c h t des Gesetzgebers ebenfalls der a u t o n o m e n Entscheidung des Gläubigers überlassen bleiben soll? M a n muss die Frage übrigens generell entscheiden, darf ihre L ö s u n g nicht von der Prüfung abhängig machen, o b der Verzicht auf die Pflichtteilsforderung im konkreten Einzelfall einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden R ü c k s i c h t entsprach. G e n a u s o hat man bei den § § 2 1 1 3 II, 2 2 0 5 S. 3 B G B zu entscheiden: Schlagen Vorerbe oder Testamentsvollstrecker einen im Nachlass befindlichen Zweitnachlass oder eine nachlasszugehörige Vermächtnisforderung aus, so führt dies erstens nicht zur U n w i r k s a m k e i t nach den §§ 2 1 1 3 II, 2 2 0 5 S. 3 B G B (weil keine Verfügung 2 2 0 vorliegt und - vgl. §§ 517, 1953 I B G B - schon gar keine unentgeltliche) 2 2 1 , und es macht zweitens weder

219 Bejahend v. Schmitt, in: Schubert (Fn. 23), 801 (freilich auf der Basis einer anderen Grundkonzeption als der Gesetz gewordenen). 220 Ausschlagung ist Ausübung eines Gestaltungsrechts, aber nicht Verfügung über dieses Recht. 221 Auch der Testamentsvollstrecker ist bezüglich nachlasszugehöriger Erbschaften und Vermächtnisansprüche verwaltungsbefugt (h.M., vgl. nur MünchKomm/Brandner - Fn. 43

222

5 2

Vonselbsterwerb

den Vorerben (dem Nacherben gegenüber, §§ 2130, 2131 BGB 222 ) noch, soweit kein Widerspruch zum Erblasserwillen vorliegt, den Testamentsvollstrecker (dem Erben oder Vermächtnisnehmer gegenüber, §2219 I BGB) schadensersatzpflichtig. Auch hier gilt: Warum soll es beim Verzicht auf den im Nachlass befindlichen Pflichtteilsanspruch anders sein? Schließlich sollte auch bei den §§ 2287,2325 BGB die Antwort nicht anders ausfallen. bb) § 2313 BGB Weiter kann man fragen, ob § 2313 II 1 Alt. 3 BGB verhindert, dass rechtlich existierende und noch nicht verjährte Pflichtteilsverbindlichkeiten des Erblassers auch ohne ihre Geltendmachung durch den Gläubiger bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen im Zweiterbfall gem. § 2311 I 1 BGB in voller Höhe nachlasswertmindernd zu berücksichtigen sind 223 . Die Frage muss doch wohl bejaht, § 2313 II 1 Alt. 3 BGB also angewandt werden, denn „zweifelhaft" sind auch Verbindlichkeiten, die zwar rechtlich bestehen, deren faktische Durchsetzung sich aber noch nicht absehen lässt. Was den Erben nur rechtlich, (noch) nicht aber faktisch belastet, soll auch die Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten (noch) nicht kürzen; ein eventueller Verzicht des Pflichtteilsberechtigten auf die Geltendmachung seines Rechts sollte Erben und Pflichtteilsberechtigten gleicherweise zugute kommen 2 2 4 . § 2313 II 1 Alt. 3 BGB ist richtigerweise auch nicht nur dann anwendbar, wenn - etwa wegen einer Pflichtteilsstrafklausel die Wahrscheinlichkeit der Nichtgeltendmachung überdurchschnittlich groß

§ 2205 Rn. 7 m.w.N.). Ausgeschlossen ist er n u r bei A n n a h m e u n d Ausschlagung bezüglich des Nachlasses, den er verwaltet. 222 A n d e r s , aber nicht ü b e r z e u g e n d , Planck/Flad (Fn. 43), § 2112 A n m . 3 c). 223 F ü r § 2 3 1 3 II 1 Alt. 3 B G B v. Olshausen, D N o t Z 1979, 707 (722) (nach i h m k o m m t es, o b w o h l er k o n k r e t v o n einem Fall mit Pflichtteilsstrafklausel im R a h m e n eines Berliner Testamentes handelt, w o h l n u r darauf an, dass n o c h nicht geltend gemacht w u r d e , nicht jedoch auf die Wahrscheinlichkeit k ü n f t i g e r G e l t e n d m a c h u n g ) ; Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2313 Rn. 11 (zweifelhaft im Sinne des § 2313 II 1 B G B , „soweit eine Verwirkungsklausel a n g e o r d n e t ist"). A . A . w o h l (obgleich n u r allgemein f o r m u l i e r e n d u n d nicht k o n k r e t auf n o c h nicht geltend gemachte Pflichtteilsforderungen bezogen) Rittner, D N o t Z 1958,181 (194 A n m . 36 a); Meincke, D a s R e c h t der N a c h l a ß b e w e r t u n g , 1973, 232. 224 So die A r g u m e n t a t i o n v o n v. Olshausen, D N o t Z 1979, 707 (722). 225 U n v e r m e i d b a r bleibt ein U n t e r s c h i e d z w i s c h e n (schon definitiv angefallener) Pflichtteilsschuld u n d (noch ausschlagbarer) Vermächtnisschuld: Die Vermächtnisschuld (die schon d e n Erblasser traf!) ist auf jeden Fall in voller H ö h e nach § 2 3 1 1 I 1 B G B v o m Aktivnachlass a b z u z i e h e n ; w i r d das Vermächtnis später ausgeschlagen (eine Ausschlagungsfrist gibt es f ü r die Ausschlagung des Vermächtnisses nicht), so k a n n wegen der R ü c k w i r k u n g der Ausschlagung (§§2180 III, 1953 I B G B ) der Pflichtteilsberechtigte (des zweiten Erbfalls) einen entsprechenden N a c h s c h l a g verlangen, w ä h r e n d in der Konstellation des Textes u m g e k e h r t bei späterer G e l t e n d m a c h u n g der nachlasszugehörigen Pflichtteilsschuld der E r b e d e n zuviel gezahlten Teil des Pflichtteils z u r ü c k h o l e n m u s s ( § 2 3 1 3 II 1 i.V.m. I 3 BGB). I m einen wie im anderen Fall aber k o m m t es letztlich beim „Verzicht" des Gläubigers zur Begünstigung des (beim Zweiterbfall) Pflichtteilsberechtigten.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

223

B e t r a c h t e n wir die Sache v o n der umgekehrten Seite her: Befindet sich im Nachlass ein Pflichtteilsanspruch, den der Erblasser bis zu seinem T o d weder hat verjähren lassen n o c h geltend gemacht oder erlassen hat, kann dann der Pflichtteilsberechtigte des Zweiterbfalls seinen Pflichtteil nach § 2 3 1 1 I 1 B G B (der ja auf den Stichtag des Erbfalls abstellt) auf jeden Fall unter B e r ü c k s i c h t i gung des Erblasserpflichtteils berechnen? O d e r handelt es sich u m ein „unsicheres R e c h t " im Sinne des § 2 3 1 3 I I 1 Alt. 2 B G B , sodass erst bei G e l t e n d m a chung des Pflichtteils durch den E r b e n des Pflichtteilsgläubigers ein entsprechender (von der Q u o t e des § 2 3 0 3 I 2 B G B abhängiger) N a c h s c h l a g verlangt werden kann, dagegen nichts verlangt werden kann, wenn der E r b e auf den Anspruch verzichtet oder ihn verjähren lässt oder ihn einfach nicht geltend macht? Schlägt der E r b e s e r b e den seinem Erblasser angefallenen Erbteil oder das diesem angefallene Vermächtnis aus, so wirkt diese Ausschlagung zurück auf den ( E r s t - ) Erbfall (§§ 2 1 8 0 I I I , 1953 I B G B ) , mit der Folge, dass im Stichtag des Zweiterbfalls ( § 2 3 1 1 I 1 B G B ) kein entsprechendes A k t i v u m (des Z w e i t nachlasses) mehr vorlag, und die h . M . lässt es bei diesem zunächst nur formal begründeten Ergebnis aus dem materialen Sachgrund bewenden, dass auf den E r b e s e r b e n (bzw. Vermächtnisnehmererben) kein wirtschaftlicher D r u c k in R i c h t u n g Nichtausschlagung ausgeübt werden dürfe, denn auch in der H a n d des E r b e s e r b e n (bzw. Vermächtnisnehmererben) sei die Entscheidung über Ausschlagung oder A n n a h m e eine höchstpersönliche und daher von h e t e r o n o men Entscheidungseinflüssen frei zu halten 2 2 6 . B e i m Verzicht auf den im N a c h lass befindlichen Pflichtteilsanspruch durch den E r b e n (des Zweiterbfalls) sieht zwar die formale Seite der Angelegenheit anders aus, da im Stichtag des § 2 3 1 1 1 1 B G B ein Pflichtteilsanspruch bestand, dessen E x i s t e n z auch nicht rückwirkend beseitigt wurde. Das Sachargument, auf das sich die h . M . bei der A u s schlagung von Erbschaft und Vermächtnis stützt, gilt jedoch auch hier 2 2 7 . D i e ses Sachargument beim Pflichtteilsanspruch nicht z u m Zuge k o m m e n zu lassen, und es beim Pflichtteilsanspruch nur gerade bei § 2 3 1 1 B G B nicht z u m Zuge k o m m e n zu lassen, wäre wertblinde Stichtagsgläubigkeit, zumal auch der 226 Staudinger/Haas (Fn. 158), §2311 Rn. 8 (mit einer nicht akzeptablen Ausnahme in Rn. 11); MünchKomm/Frank (Fn. 39), § 2311 Rn. 6; Palandt/Edenhofer (Fn. 5), § 2311 Rn. 2; Soergel/Dieckmann (Fn.39) §2311 Rn. 8; Lange/Kuchinke (Fn.3), §37 VII 8 Fn.310; RGRK/Johannsen (Fn.38), §2311 Rn.2; Brüstle, BWNotZ 1976, 78 (79). A.A. Planck/Ritgen, BGB, 4. Aufl. 1930, §2311 Anm. 2 b (mit ausführlicher Begründung); Meincke, Das Recht der Nachlaßbewertung (Fn. 223), 234; Strohal (Fn. 37), § 52 Text bei Fn. 7 (Begründung: Der Pflichtteil solle das entzogene Erbrecht ersetzen und sei dem Wert nach auf dessen Hälfte bestimmt; daher sei diese Hälfte von dem Nachlass zu berechnen, wie er sich unter Einrechnung der Zuwendung aus dem Erstnachlass darstelle, die der Pflichtteilsberechtigte seinerseits, wenn er Erbe geworden wäre, angenommen haben würde); Crome (Fn. 7), § 706 Anm. 9 u. 10 (S. 466), vgl. auch das oben im Text zu §2112 S. 4 des ersten BGB-Entwurfs Gesagte [§ 2 III 7 b), S. 205]. 227 Das übersehen Staudinger/Haas (Fn. 158), §2311 Rn.9 und Soergel/Dieckmann (Fn.39), §2311 Rn. 8.

224

52

Vonselbsterwerb

Pflichtteilsberechtigte (des Zweiterbfalls) einer jener Nachlassgläubiger ist, denen der E r b e nach ausdrücklichem Willen des Gesetzgebers 2 2 8 keine R e c h e n schaft schuldig ist über die Ausübung oder N i c h t a u s ü b u n g höchstpersönlicher erbschaftlicher Gestaltungsrechte.

cc) Pflichtteilsverbindlichkeiten

und Kosten des

Erbscheinsverfahrens

G a n z anderen Wertungen unterliegt und nichts ändert an den o b e n gemachten Ausführungen zu § 2 3 1 3 I I 1 Alt. 3 B G B die A n t w o r t auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Pflichtteilsansprüche bei der Kostenfestsetzung im E r b scheinsverfahren zu berücksichtigen sind 2 2 9 . G e m ä ß § 107 II K o s t O ist für die Bewertung eines Erbscheinerteilungsverfahrens der Wert des nach A b z u g der Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden reinen Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend. Pflichtteilsansprüche sind wertmindernd zu berücksichtigen, unabhängig davon, o b sie im Zeitpunkt der Erteilung des Erbscheins schon geltend gemacht w o r d e n sind oder nicht. D a r ü b e r gibt es in Rechtsprechung und Literatur keinen Streit. Meinungsverschiedenheiten bestehen dagegen bei der Frage, o b ein Pflichtteil auch dann voll abzusetzen oder gem. § 30 I K o s t O nur mit einem Bruchteil seines N e n n w e r t e s anzusetzen ist, wenn bereits bei der Erteilung des Erbscheins, etwa wegen Vorhandenseins einer Pflichtteilsstrafklausel, sichere Anhaltspunkte dafür existieren, dass er nicht geltend gemacht werden wird. Dass die Judikatur, anders als Teile der Literatur, auch in diesem Fall Pflichtteilsansprüche in vollem U m f a n g wertmindernd

berücksichtigt,

leuchtet im Ergebnis ein: D e r Wortlaut des § 107 I I 1 K o s t O ist eindeutig. Eine § 2 3 1 3 B G B entsprechende Vorschrift existiert für den k o n k r e t e n P r o b l e m z u sammenhang nicht. Eine Prognose zur künftigen Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen über einen Zeitraum von mehreren J a h r e n zu machen (beachte § 2 3 3 2 B G B ) , ist schwierig. Bewertungen nach § 107 I I K o s t O fallen massenhaft an und obliegen zunächst dem K o s t e n b e a m t e n ; beides spricht für Vereinfachung.

dd)

Zugewinnausgleich

I m Bereich des materiellen Zivilrechts k ö n n t e man weiter fragen, o b ein n o c h nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch beim Zugewinnausgleich in voller H ö h e dem Anfangs- bzw. E n d v e r m ö g e n zuzuschlagen ist. D i e von der früher herrschenden Meinung im R a h m e n des § 1376 B G B befürwortete Analogie zu § 2 3 1 3 B G B wird mittlerweile im Anschluss an die Rechtsprechung des B G H von der Mehrheit der Literatur abgelehnt 2 3 0 . N a c h Ansicht des B G H sind alle 228 S.o. im Text zur Beseitigung von §2112 S.4 BGB-EI [§2 III 7 b), S.205] und Protokolle, V, 766. 229 Dazu BayObLGZ 1975, 244 (252); BayObLG, ZEV 2001, 193; OLG Köln, RPfleger 1988, 25 (26); OLG Düsseldorf, JurBüro 1991, 93 (94) m. Anm. Mümmler. 230 BGHZ 87, 367 (371) =FamRZ 1983, 882 (884) =NJW 1983, 2244 (2246); BGH,

225

III. Beseitigung des Wonselbsterwerbs

unsicheren Positionen auf den jeweiligen Stichtag zu schätzen. Diese Auffassung entscheidet sich für eine schnelle, endgültige A b r e c h n u n g des Zugewinns und n i m m t Bewertungsschwierigkeiten in Kauf. D i e Verfechter einer Analogie zu § 2 3 1 3 B G B zahlen den Preis einer Verzögerung der endgültigen A b r e c h nung, u m den gerechten, weil definitiven Wert in Anschlag bringen zu k ö n n e n . I m G r u n d s a t z ist dem B G H zu folgen: D a beim Zugewinn vier verschiedene Vermögensmassen zu bewerten sind, würde sich die Möglichkeit von N a c h b e rechnungen vervielfachen. B e i bedingten und zweifelhaften R e c h t e n und Verbindlichkeiten besteht eine erhöhte Manipulationsgefahr; bei analoger A n w e n dung des § 2 3 1 3 B G B k ö n n t e der Z w e c k des § 1384 B G B beeinträchtigt werden. Sprechen somit überzeugende G r ü n d e gegen eine generelle Analogie zu § 2 3 1 3 B G B , so bleibt t r o t z d e m zu fragen, o b nicht für unser konkretes P r o blem der G e d a n k e des § 2 3 1 3 B G B Berücksichtigung finden sollte. Beispiel 6: Hat etwa der Mann bei Eingehung der Ehe (genauer: bei Begründung der Zugewinngemeinschaft) einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 100.000 DM gegen seine Mutter als die Alleinerbin des vorverstorbenen Vaters und sonst kein weiteres Vermögen, verzichtet er sodann, noch während der Ehe, zwei Jahre nach Schließung der Ehe der Erbin gegenüber auf seinen Pflichtteilsanspruch und hat er im Stichtag für das Endvermögen ein durch Arbeit erworbenes Geldvermögen im Wert von 100.000 DM, so ist zunächst an das oben Gesagte zu erinnern und ein Gedanke an § 1375 II B G B von vornherein zu verwerfen. Würde man, wegen Nichtausschlagbarkeit des Pflichtteilsanspruchs und Nichtrückwirkung des Erlasses, für das Anfangsvermögen des Mannes 100.000 DM ansetzen oder im Wege der Schätzung 50.000 DM, so würde dadurch der vom Mann real gemachte Zugewinn von 100.000 DM entweder zu 100 % oder zu 50 % in der Gesamtrechnung untergehen. Für das Anfangsvermögen wären die Probleme vielleicht noch einigermaßen beherrschbar, da im Zeitpunkt der Berechnung des Ausgleichsanspruchs die Entwicklung des schon bei Eheschließung vorhandenen Pflichtteilsanspruchs sich, vielleicht sogar (wegen § 2332 BGB) schon endgültig, erkennen und bei der Schätzung, allerdings in unehrlicher, weil im Grunde gegen das Stichtagsprinzip verstoßender Weise, berücksichtigen lässt. Wie aber steht es, wenn der Pflichtteilsanspruch einen Monat vor dem Stichtag für das Endvermögen angefallen ist? Verzichtet der Gläubiger noch vor dem Endstichtag, besteht nach unserer Auffassung zur Nichtanwendbarkeit von § 1375 II B G B zwar für ihn kein Grund zur Besorgnis, eher im Gegenteil: Wenn man den Pflichtteilsanspruch zum vollen Nominalwert ansetzen würde, würde dadurch (nur) sein Anfangsvermögen erhöht (§ 1374 II BGB) und ansonsten gemachter Zugewinn, wegen Fehlens des Pflichtteilsanspruchs im Endvermögen, weggezaubert. Ein Problem hätte freilich sein Ehegatte. Und wie ist die Rechtslage, wenn im Endstichtag noch nicht verzichtet ist, aber der Gläubiger jetzt, bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs, erklärt, er habe nach dem Endstichtag verzichtet, oder, er habe zwar nicht verzichtet, wolle aber den Pflichtteil definitiv nicht geltend machen? Wenn Erwerb des Pflichtteilsanspruchs und Endstichtag nahe beieinander liegen, dürften sich wegen §§ 1374 II, 1376 I Alt. 2 B G B größere Probleme nicht ergeben, da die Schätzung zu im Wesentlichen gleichen Ergebnissen kommen wird. Anders freilich, wenn zwischen beiden Bewertungsstichtagen ein erheblicher Zeitraum liegt.

FamRZ 1991, 46; BGH, NJW 1992, 2154 (2157). A.A. Staudinger/Thiele, § 1376 Rn. 37 m.w.N. zu beiden Ansichten.

BGB, Bearb. 2000,

226

§2

Vonselbsterwerb

A m ehrlichsten dürfte es sein, § 2 3 1 3 B G B in unserem Zusammenhang ausnahmsweise (analog) anzuwenden. D a f ü r lässt sich z u m einen anführen, dass die gegen eine generelle Analogie zu § 2 3 1 3 B G B sprechenden G r ü n d e bei einer b l o ß partiellen Analogie naturgemäß von geringerem G e w i c h t sind. Z u m anderen wahrt nur eine solche L ö s u n g die dem Pflichtteilsberechtigten zustehende Freiheit bei der G e l t e n d m a c h u n g oder N i c h t g e l t e n d m a c h u n g seines Anspruchs in vollem U m f a n g . Zu beachten bleibt, dass nach ganz herrschender Meinung z u m unmittelbaren Anwendungsbereich des § 2 3 1 3 B G B 2 3 1 R e c h t e und Verbindlichkeiten, die zur Zeit des Erbfalls n o c h bedingt, ungewiss, unsicher oder zweifelhaft waren, aber mittlerweile, bei G e l t e n d m a c h u n g des Pflichtteilsanspruchs, unbedingt, sicher oder zweifelsfrei geworden sind, voll in A n s a t z zu bringen sind. § 2 3 1 3 II B G B dürfte auch bei der Frage anzuwenden sein, o b der erbende Ehegatte eine n o c h nicht geltend gemachte Pflichtteilsschuld abziehen darf (§§ 1374 1 , 1 3 7 4 II, 1375 1 1 B G B ) . ee) Pflichtteilsrecht

und

Unterhaltsrecht

Problematisch kann auch werden, o b nicht geltend gemachte Pflichtteilsansprüche im Unterhaltsrecht zu berücksichtigen sind. D i e zu diesem T h e m e n kreis ergangene Rechtsprechung vermag nicht voll zu überzeugen. In B G H , N J W 1982, 2 7 7 1 2 3 2 ging es im R a h m e n des nachehelichen U n t e r haltsrechts um die B e s t i m m u n g des XJnterhiXtsbedarfs

nach den ehelichen L e -

bensverhältnissen (§ 1578 I 1 B G B ) . E s war die Frage zu beantworten, o b die ehelichen Lebensverhältnisse auch durch fiktive Erträge aus einem während bestehender E h e entstandenen, aber, nicht zuletzt wegen einer im gemeinschaftlichen Testament der Eltern des Pflichtteilsberechtigten enthaltenen Pflichtteilsstrafklausel, nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruch geprägt sein k o n n ten. A u c h wenn sich ein Pflichtteilsberechtigter im allgemeinen Rechtsverkehr frei für oder gegen die Realisierung eines Pflichtteilsanspruchs entscheiden könne, bedeute dies nicht, so der B G H in der genannten Entscheidung, dass für den Bereich des Unterhaltsrechts notwendig dieselben G r u n d s ä t z e zu gelten hätten. Ausgehend von der Überlegung, dass im Unterhaltsrecht grundsätzlich alle E i n k ü n f t e und Vermögenswerte der Ehegatten zu berücksichtigen seien, die geeignet sind, die Unterhaltsbedürfnisse der Familie zu decken, sei hier „maßgeblich darauf abzustellen, o b ein Vermögenswert - für den hier zu entscheidenden Fall: der Wert des Pflichtteils - auch bei fortbestehender intakter E h e zum U n t e r h a l t der Familie zur Verfügung stehen w ü r d e " . U n t e r diesem Gesichtspunkt verneinte der B G H im vorliegenden Fall eine Obliegenheit des pflichtteilsberechtigten E h e m a n n e s zur Geltendmachung des PflichtteilsanVgl. nur Staudinger/Haas (Fn. 158), § 2313 Rn. 5. Ebenfalls abgedruckt in LM § 1580 BGB Nr. 3 und FamRZ 1982, 996. Vorinstanz: OLG Koblenz, FamRZ 1981, 163; dazu Winkler von Mohrenfels, FamRZ 1981, 521. Vgl. zum Folgenden auch DIV-Gutachten, DAVormund 1989, 366 f. 231 232

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs

227

spruchs. Denn es sei angesichts der im Testament der Eltern enthaltenen Pflichtteilsstrafklausel davon auszugehen, dass der Ehemann auch bei fortbestehender Ehe und weiterem Zusammenleben mit der Ehefrau von einer Geltendmachung des Pflichtteils abgesehen hätte, mit der Folge, dass der Pflichtteil auch unter diesen Umständen für den Familienunterhalt nicht zur Verfügung gestanden hätte. Dem Ehemann sei eine Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs „gegen den Willen seines verstorbenen Vaters sowohl aus moralischen Gründen als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zuzumuten". Der Hinweis auf die „moralischen Gründe" deutet darauf hin, dass der BGH bei Pflichtteilsansprüchen gegen den überlebenden Elternteil wohl auch ohne Existenz einer Pflichtteilsstrafklausel tendenziell von der Unzumutbarkeit ihrer Geltendmachung ausgehen würde 2 3 3 . Der B G H legt in der dargestellten Entscheidung ausdrücklich Wert auf eine Abgrenzung zu einer viel zitierten Entscheidung des RG in WarnR 1919 Nr. 98, in der das Gericht den Pflichtteilsanspruch ohne weiteres dem zu verwertenden Vermögen zugerechnet hatte. Die beiden Sachverhalte unterschieden sich in vierfacher Hinsicht: Im Fall des B G H ging es um nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB), in dem des RG um den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder gegen ihren Vater (§§ 1601 ff. BGB). Im Fall des BGH ging es um den objektiven Unterhaltsbedarf des Unterhaltsgläubigers (§ 1578 1 1 BGB 2 3 4 ) - der Unterhaltsverpflichtete war für den (ohne den Pflichtteilsanspruch berechneten) eheangemessenen Unterhaltsbedarf voll leistungsfähig - , in dem des RG um die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nach § 1603 BGB (dem sonst Vermögens- und einkommenslosen Vater stand als einziger in Betracht kommender Vermögenswert ein - von der Erbin bestrittener, nur durch Klage zu erlangender - Pflichtteilsanspruch zu). Den „wesentlichen Unterschied" 2 3 5 sah der B G H darin, dass im Fall des RG zum einen keine Pflichtteilsstrafklausel vorlag und zum anderen der Unterhaltsschuldner im Schlusserbfall (Tod der Stiefmutter) weder ein Pflichtteilsrecht besaß noch gesetzliches oder testamentarisches Erbe zu erwarten hatte. In BGH, N J W 1993, 1920 236 ging es um die Frage, ob den Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit trifft, einen ihm nach Auflösung der Ehe angefallenen Pflichtteilsanspruch gegen den überlebenden Elternteil geltend zu machen, mit der Folge, dass ihm bei Nichtgeltendmachung fiktive Erträge des Pflichtteils 2 3 3 Jedenfalls solange eine erbrechtliche Beteiligung des Ehegatten im Schlusserbfall nicht ganz ausgeschlossen ist. 2 3 4 Parallele im Verwandtenunterhalt: § 1 6 1 0 BGB. 2 3 5 Bedeutet das, dass der B G H auch im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung bei Vorliegen einer Pflichtteilskonstellation, die der v o n ihm entschiedenen (Pflichtteilsstrafklausel mit drohendem Verlust der Schlusserbenposition) ähnelt, Unzumutbarkeit der Geltendmachung annehmen würde? 2 3 6 Ebenfalls abgedruckt in L M § 1 5 7 7 B G B Nr. 17 m. A n m . Hohloch und FamRZ 1993, 1065; vgl. auch die A n m . v o n Dörner in IPRax 1994, 362.

228

5 2

Vonselbsterwerb

bedürftigkeitsmindernd (§ 1577 I B G B ) anzurechnen sind. Klar war hier, dass der Unterhaltsbedarf auf jeden Fall ohne Rücksicht auf den erst nach Rechtskraft des Scheidungsurteils angefallenen Pflichtteilsanspruch festzustellen war. Grundsätzlich, so der B G H , sei zur Behebung der Bedürftigkeit auch die Verwertung des Vermögensstammes geboten; eine Einschränkung bestehe gem. § 1577 III B G B 2 3 7 nur dahin, dass die Verwertung nicht zugemutet wird, wenn sie unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Es bestehe aber kein Grund, von den Vermögensbestandteilen, deren Verwertung dem Unterhaltsberechtigten zuzumuten ist, einen Pflichtteilsanspruch von vornherein auszunehmen. Pflichtteilsansprüche müssten vielmehr zur Behebung der Bedürftigkeit grundsätzlich verwertet werden 238 . Die Unterhaltsgläubigerin könne sich dieser Verpflichtung weder mit dem Argument entziehen, ihre Mutter sei gezwungen, zur Befriedigung des Pflichtteilsanspruchs unwirtschaftliche Veräußerungen von Nachlasswerten vorzunehmen, noch könne sie dem Unterhaltsschuldner ohne weiteres entgegenhalten, die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gefährde - die Mutter war für ihre Erbfolge nicht letztwillig gebunden 239 - ihr späteres Erbe nach der Mutter. Allerdings seien bei der gem. § 1577 III B G B gebotenen Prüfung, inwieweit es im Blick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse (ausnahmsweise) unbillig wäre, einen Pflichtteilsanspruch zu erheben, Zumutbarkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Würde sich beispielsweise der Unterhaltsanspruch nicht wesentlich ändern, weil die aus dem Pflichtteilserwerb

2 3 7 Der Verweis auf § 1577 III B G B ist ein (wahrscheinlich durch Winkler von Mohrenfels, FamRZ 1981, 521 verursachter) Fehlgriff. Dem B G H kommt es nur auf die (fiktiven) Erträge des (fiktiv) angelegten Pflichtteils, nicht auf dessen substantiellen Verzehr an. Sollte sich der B G H , unausgesprochen, die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs als „Verwertung" eines zum Vermögen gehörenden „Gestaltungsrechts" vorstellen, läge dies neben der Sache. Im Grunde überträgt der B G H die Zumutbarkeitskriterien von § 1577 III B G B auf die in § 1577 I B G B anzusiedelnde (dort aber nicht unter Zumutbarkeitsanforderungen gestellte) Frage, ob (fiktive) Vermögenserträge bedürftigkeitsmindernd anzusetzen sind. 238 £ ) e r b g h unterlässt eine Auseinandersetzung mit dem ausdrücklich anders entscheidenden Urteil OLG Celle, FamRZ 1987,1038 (Das O L G verneinte eine Obliegenheit des Unterhaltsgläubigers zur Geltendmachung eines nach Rechtskraft des Scheidungsurteils angefallenen Pflichtteilsanspruchs, indem es die in B G H , N J W 1982, 2771, entwickelten Grundsätze auf den Unterhaltsgläubiger übertrug; im Fall des O L G Celle gab es keine Pflichtteilsstrafklausel; die Unterhaltsgläubigerin verwies auf den Willen des vorverstorbenen Elternteils und die Gefahr, dass der überlebende Elternteil, letztwillig nicht gebunden, sie enterbe; das überzeugte das O L G , das deshalb Unzumutbarkeit der Geltendmachung bejahte). 2 3 9 Eine Pflichtteilsstrafklausel war nicht angeordnet. Da aber die Testierfreiheit der Mutter nicht eingeschränkt war, zudem das väterliche Vermögen überwiegend aus in Florida belegenen Immobilien bestand (für diese galt nach Art. 3 III E G B G B das Erbrecht Floridas, das Pflichtteilsansprüche volljähriger Kinder nicht kennt), musste der (nur aus dem deutschen Teil des Nachlasses errechnete) Pflichtteilsanspruch im Verhältnis zur (möglicherweise gefährdeten) Schlusserbenposition sich als noch ungünstiger darstellen als im Fall B G H , N J W 1982,2771.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

229

zu erwartenden Erträge die Bedürftigkeit nur geringfügig beheben würden, k ö n n e sich die Realisierung des Pflichtteilsanspruchs als u n z u m u t b a r erweisen. M a n kann die B G H - R e c h t s p r e c h u n g in etwa so zusammenfassen: Soweit es um den Bedarf

geht (§ 1578 I, w o h l auch die ebenfalls den Bedarf regelnden

§§ 1610 I und 1361 I 1 B G B 2 4 0 ) , ist ein Pflichtteilsanspruch, der im für die B e darfsermittlung relevanten Zeitraum anfällt, aber nicht geltend gemacht wird, nicht zu berücksichtigen, wenn die G e l t e n d m a c h u n g u n z u m u t b a r ist, w o b e i , jedenfalls unter engen familiären Verhältnissen (Stichwort: Berliner Testament, möglicherweise auch ohne Pflichtteilsstrafklausel), eine gewisse Tendenz zugunsten der U n z u m u t b a r k e i t besteht. G e h t es u m die Bedürftigkeit

des U n t e r -

haltsgläubigers (§§ 1577, 1602 B G B ) , besteht grundsätzlich eine Obliegenheit, den Pflichtteil geltend zu machen und mit den aus ihm fließenden Erträgen die Bedürftigkeit zu reduzieren. Dies kann nur ausnahmsweise

unzumutbar

(sprich: unwirtschaftlich oder unbillig) sein. Dasselbe gilt für die fähigkeit

Leistungs-

des Unterhaltsschuldners (§§ 1 5 8 1 , 1 6 0 3 I B G B ) 2 4 1 .

D i e R e c h t s p r e c h u n g des B G H vermag nicht zu überzeugen. Soweit es u m den Unterhalts bedarf

geht (§§ 1361 I 1, 1578 I 1, 1610 I B G B ) , muss die E n t -

scheidung des Unterhaltsgläubigers stets und nicht nur bei (wenn auch noch so großzügig angenommener) U n z u m u t b a r k e i t akzeptiert w e r d e n 2 4 2 . D i e E n t scheidung über die G e l t e n d m a c h u n g des Pflichtteils soll nach dem Willen des Gesetzgebers allein dem Gläubiger zustehen, und er soll sie a u t o n o m , unter B e rücksichtigung innerfamiliärer Verhältnisse und ohne wirtschaftlichen D r u c k treffen k ö n n e n . Entscheidet er sich gegen die Geltendmachung, dann werden die ehelichen Lebensverhältnisse (§§ 1361 1 , 1 5 7 8 I B G B ) und die E i n k o m m e n s und Vermögensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils ( § 1 6 1 0 I B G B ) durch den Pflichtteilsanspruch und die aus ihm de facto nicht fließenden Erträge nicht geprägt. Bei der Prüfung der Bedürftigkeit

(§§ 1577, 1602 B G B ) ist ein bestehender

Pflichtteilsanspruch richtigerweise immer, auch bei Unbilligkeit und U n w i r t schaftlichkeit, zu berücksichtigen. § 1577 I I I B G B - und die Analogie zu ihm im R e c h t des Verwandtenunterhalts 2 4 3 - greift für die Frage der fiktiven Z u 240 Warum sollte anders entschieden werden, wenn der Vater einen ihm während der Ehe angefallenen Pflichtteilsanspruch nicht geltend macht und nach der Scheidung Barunterhalt für seine minderjährigen Kinder zahlen muss, der sich i.d.R. (mangels eigener Lebensstellung der Kinder) nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern (nach der Scheidung: nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Barunterhaltspflichtigen) richtet? 241 Dies dürfte sich aus den Äußerungen zu RG, WarnR 1919, Nr. 98 in BGH, NJW 1982, 2771(2772)ergeben. 242 Ebenso Winkler von Mohrenfels, FamRZ 1981, 521 (522 f.) und wohl auch Staudinger/ Haas (Fn. 158), § 2317 Rn. 41. Vgl. auch Staudinger/Engler, BGB, Bearb. 2000, § 1602 Rn. 124. 243 § 1577 III BGB ist nur die gesetzliche Festschreibung dessen, was die Praxis für den Verwandtenunterhalt schon immer angenommen hat.

230

§7

Vonselbsterwerb

rechnung von Pflichtteilserträgen nicht ein; er k o m m t nur zum Zuge, wenn dem Unterhaltsgläubiger nicht nur der Verzehr der Erträge, sondern der Verzehr des Pflichtteilsbetrags selbst (also der Substanz) angesonnen wird. Dass die fiktiven Erträge stets zuzurechnen sind, ergibt sich der Sache nach aus der Überlegung, dass der Unterhaltsgläubiger sich den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch oder das b l o ß e Nichtgeltendmachen desselben, so nobel und pietätvoll das eine wie das andere sein mag, sich nicht v o m Unterhaltsschuldner bezahlen lassen kann. N o b l e s s e oblige: aber nicht zu Lasten Dritter. D e r U n t e r haltsanspruch ist nicht etwas Naturgegebenes; er ist, weil er einem anderen in die Tasche greift, A u s n a h m e für den N o t f a l l . O b für die Leistungsfähigkeit

dasselbe wie für die Bedürftigkeit zu gelten

hat, darauf zu antworten, fällt schon schwerer. A b e r letztendlich wird man die Frage d o c h bejahen müssen 2 4 4 . D i e Bande, die der gesetzlichen U n t e r h a l t s pflicht zugrunde liegen, sind genauso eng und schützenswert wie diejenigen, die den Pflichtteilsanspruch begründen und seine Nichtgeltendmachung m o t i vieren. E s zeigt sich somit, dass das Unterhaltsrecht wegen seiner genuinen Wertungsprinzipien eine differenzierende L ö s u n g erzwingt. D o c h ist in unserem Zusammenhang nicht dies das Entscheidende, sondern die Tatsache, dass auch im Unterhaltsrecht der Pflichtteilsanspruch genauso zu behandeln ist, wie wenn er ausschlagbar

wäre. D a s zeigt ein Vergleich mit dem (ausschlagbaren)

Vermächtnisanspruch. Soweit ersichtlich gibt es bisher keine Entscheidung, in der die Frage zu beantworten gewesen wäre, o b der Unterhaltsschuldner oder der Unterhaltsgläubiger, dem ein Vermächtnis anfällt, sich bei Ausschlagung des Vermächtnisses die fiktiven Erträge des Vermächtnisses anrechnen lassen muss oder o b dem die R ü c k w i r k u n g s f i k t i o n der §§ 2 1 8 0 I I I , 1953 I B G B und die Vorschrift des § 517 Alt. 3 B G B - beide gelten ja für den Pflichtteilsanspruch nicht - zwingend entgegenstehen 2 4 5 . D i e A n t w o r t kann jedoch in der Sache nicht zweifelhaft sein: D e r Vermächtnisanspruch muss unterhaltsrechtlich genauso behandelt werden wie der Pflichtteilsanspruch, o b er nun erlassen (§ 3 9 7 B G B ) , faktisch nicht geltend gemacht oder - und nur dafür gelten die §§ 2 1 8 0 I I I , 1953 I, 517 Alt. 3 B G B - ausgeschlagen wird.

244

Ebenso Winkler von Mohrenfels,

FamRZ 1981, 521 (523) und

Staudinger/Haas

(Fn. 158), § 2 3 1 7 Rn. 42. 2 4 5 In den Kommentaren wird das Vermächtnis stets ohne Differenzierung und Erörterung als berücksichtigungsfähiges Vermögen erwähnt; vgl. nur MiinchKomm/Maurer, BGB, 4. Aufl. 2000, § 1577 Rn. 23; Staudinger/Engler (Fn. 242), § 1602 Rn. 124.

III. Beseitigung des Vonselbsterwerbs

f f ) Überleitung des Pflichtteilsanspruchs (§90 BS HG)

durch den

231

Sozialhilfeträger

Nach § 90 I 1 BSHG kann der Träger der Sozialhilfe einen Anspruch, den der Sozialhilfeempfänger für die Zeit, für die ihm Hilfe gewährt wird, gegen einen Dritten hat, durch schriftliche Anzeige an den Dritten bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf sich überleiten. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann (§ 90 I 4 BSHG). Für die herrschende Meinung stellt sich die Sache bei erbrechtlichem Erwerb des Bedürftigen so dar 246 : Wird der Sozialhilfeempfänger Erbe oder Vermächtnisnehmer, so kann der Sozialhilfeträger im ersten Fall den Bedürftigen, von gewissen Grenzen abgesehen, auf die Verwertung des Erbes verweisen (§ 88 I BSHG), d.h. bis zur Erschöpfung des Erbes Sozialhilfe verweigern, im zweiten Fall den Vermächtnisnehmer entweder ebenfalls auf die Verwertung des Anspruchs verweisen (§ 88 I BSHG) oder den Vermächtnisanspruch aus §2174 BGB nach § 90 11 BSHG auf sich überleiten. Der Sozialhilfeträger vermag aber nicht das Ausschlagungsrecht des Erben bzw. Vermächtnisnehmers auf sich überzuleiten, um damit seine Ausübung durch den Berechtigten zu verhindern oder um es - in den Fällen der §§ 2306 I 2, 2307 BGB - selbst auszuüben und dann auf den Pflichtteilsanspruch zuzugreifen 247 . Das Ausschlagungsrecht ist, so wird gesagt, ein höchstpersönliches Gestaltungsrecht und kein überleitbarer „Anspruch" im Sinne des § 90 I 1 BSHG; das Ausschlagungsrecht gehe auch nicht gem. §§ 412, 401 BGB als Annex des (überleitungsfähigen) Vermächtnisanspruchs oder des - in den Fällen der §§ 2306 I 2, 2307 BGB schon mit dem Erbfall entstandenen, nur bis zur Ausschlagung durch Einwendung blockierten - Pflichtteilsanspruchs auf den Sozialhilfeträger über. Gegen beides spreche die hinter den §§517,1432, 1455 Nr. 1, 1953 I BGB, 83 I 1 InsO stehende Wertung, die Höchstpersönlichkeit des Ausschlagungsrechts und die Tatsache, dass das Ausschlagungsrecht nicht im Pflichtteilsanspruch, sondern im Pflichtteilsrecht gründet. Der Pflichtteilsanspruch selbst, gleich, ob wegen Enterbung sofort durchsetzbar oder - in den Fällen der §§ 2306 I 2, 2307 BGB - durch Ausschlagung von einer anfänglichen Einwendung befreit, könne dagegen ohne weiteres nach § 90 I 1 BSHG übergeleitet werden, auch wenn der Gläubiger ihn nicht 246 Vgl. zunächst nur Staudinger/Otte (Fn. 3), § 1942 Rn. 16; Krampe, AcP 191 (1991), 526 (530 ff.); jew. m.w.N. 247 Für die Fälle des § 2307 I BGB wird teilweise behauptet, es sei dem Vermächtnisnehmer gestattet, den Vermächtnisanspruch samt Ausschlagungsrecht auf einen Dritten zu übertragen; so Soergel/Dieckmann (Fn. 39), §2317 Rn. 11; RGRK/Johannsen (Fn.38), §2317 Rn. 17. Dann müsste dies konsequenterweise auch für die Uberleitung nach §90 I 1 BSHG gelten. Die genannte Ansicht wird jedoch von der h.M. zu Recht abgelehnt; vgl. MünchKomm/Frank (Fn. 39), §2317 Rn. 10; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 1996, Rn. 114; Staudinger/Haas (Fn. 158), §2317 Rn. 25 (jedenfalls für die Fälle des § 1371 BGB).

232

§2

Vonselbsterwerb

geltend machen w o l l e 2 4 8 . D e r Anspruch aus § 2 3 1 7 B G B sei, wenn nicht übergeleitet, ohne weiteres verwertbares V e r m ö g e n im Sinne des § 88 I B S H G (ohne dass in der Regel seine Verwertung als eine u n z u m u t b a r e H ä r t e im Sinne des § 88 I I I B S H G erscheine) und schließe bis zu seiner E r s c h ö p f u n g Sozialhilfe für die Z u k u n f t aus 2 4 9 . A u f den Erlass des Pflichtteilsanspruchs (§ 3 9 7 B G B ) sei die Rechtsprechung

entsprechend anwendbar, die zur Sittenwidrigkeit

(§138

B G B ) von sozialhilfebedürftig machenden Unterhaltsverzichtsverträgen ergangen ist 2 5 0 . Beispiel 7: E hat eine psychisch kranke (behinderte) Tochter T, die in einem Pflegeheim untergebracht ist. E stirbt, als T 52 Jahre alt ist. E hat in einem Erbvertrag den gesunden Sohn S mit einer Quote von 72 % zum Erben und mit einer Quote von 28 % die T als nicht befreite Vorerbin eingesetzt. Nacherbin nach dem Tod der T soll S sein. Für die Verwaltung des Erbteils der T ist Testamentsvollstreckung bis zum Tod der T angeordnet. Der Testamentsvollstrecker (TV) hat der T ein monatliches Taschengeld zu gewähren, mindestens vier Wochen Urlaub im Jahr in einem Behinderten- oder sonstigen Erholungsheim zu ermöglichen, Anschaffungskosten für Kleidung, Einrichtungsgegenstände und andere Güter des persönlichen Bedarfs zu bestreiten und, soweit es der Gesundheitszustand der T erfordert, für ihre Unterbringung in einem Einzelzimmer zu sorgen. Nach dem Willen der E entfallen diese Zahlungsverpflichtungen jedoch, wenn sie auf Sozialhilfeleistungen angerechnet werden. Der Nachlass beträgt ungefähr 450.000 DM. Der gesetzliche Vertreter der T hat mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts davon abgesehen, die Erbschaft auszuschlagen und Pflichtteilsansprüche geltend zu machen. Der Träger der Sozialhilfe (SH) leistet für T Sozialhilfe gem. § 89 BSHG als Darlehen; zur Sicherung des Darlehens hat T im Voraus eventuelle Ansprüche auf ihren Anteil am Nachlass ihrer Mutter abtreten müssen, die ihr zustehen würden, wenn der von E geschlossene Erbvertrag nichtig wäre. SH klagt gegen TV auf Feststellung der Nichtigkeit des Erbvertrages. - Die erste Instanz hält den Erbvertrag in Bezug auf die Testamentsvollstreckung für wirksam, in Bezug auf die

248 So ausdrücklich und ohne jede Einschränkung BGHZ 123, 368 (373) = Z E V 1994, 35 (37) (obiter); LG Konstanz, FamRZ 1992, 360 (361); VGH Hessen, Rechtsdienst der Lebenshilfe 2/95, 34; Bundessozialhilfegesetz, Lehr- und Praxiskommentar/Münder, 5. Aufl. 1998, § 90 Rn. 14; Krampe, AcP 191 (1991), 526 (529); Bengel, ZEV 1994, 29 (30); Kuchinke, FamRZ 1992,362 (363). 249 VGH Mannheim, NJW 1993, 2953 (2955); LG Konstanz, FamRZ 1992, 360 (361). 250 VGH Mannheim, NJW 1993, 2953 (2954 f.); Köhl, ZfSH/SGB 1990, 449 (459) (die sogar die Ausschlagung von Erbschaft und Vermächtnis für sittenwidrig hält, wenn die Voraussetzungen für die Sittenwidrigkeit eines Unterhaltsverzichts vorlägen!). Zur Sittenwidrigkeit von Unterhaltsverzichtsverträgen (wenn beim Verzicht Bedürftigkeit des Verzichtenden vorlag oder als sicher bevorstehend erkannt wurde, der andere Teil jedoch als leistungsfähig angesehen werden musste und dies alles den Parteien auch bekannt war) BGHZ 86, 82 (88); BGH, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1983, 131 (132 ff.); BGH, NJW 1987, 1546 (1548); OLG Zweibrücken, FamRZ 1983, 930; Sbresny, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1982, 241; Fichtner/Schaefer, BSHG, 1999, § 90 Rn. 21; Bundessozialhilfegesetz, Lehr- und Praxiskommentar/ Münder (Fn.248), §90 Rn.20; Unterhaltsansprüche unterlagen bis zum 27.6.1993 - BGBl I 944, 952 als das Modell des gesetzlichen Übergangs in §91 BSHG eingeführt wurde, ebenfalls dem Überleitungsmodell, sodass nach der genannten Rspr. ein Anspruchsverzicht im Vorfeld der Überleitung meist unwirksam (§138 BGB) und damit der Unterhaltsanspruch weiterhin überleitungsfähig (jetzt: durch cessio legis übergehend) war (Unterhaltsverzichte nach Überleitung bzw. cessio legis waren bzw. sind ohnehin unwirksam).

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

233

angeordnete Nacherbfolge für sittenwidrig und damit unwirksam 251 . Das O L G weist die Berufung des SH zurück und die Klage insgesamt ab. Der B G H billigt dies 252 : Eine sittenwidrige Benachteiligung der T liege nicht vor, da die Testierfreiheit der E die getroffenen Verfügungen deckten und der Erbvertrag der T eine günstigere Rechtsstellung als ein bloßes Pflichtteilsrecht verschaffe; mit dem Pflichtteil wäre T nur eine Zeit lang in der Lage gewesen, für sich selbst zu sorgen, während sie jetzt sowohl in den Genuss der Sozialhilfeleistungen komme wie auch der von E vorgesehenen zusätzlichen Vorteile, die als Schonvermögen im Sinne von § 88 II B S H G nicht dem Zugriff des SH unterliegen. Eine sittenwidrige Umgehung des Subsidiaritätsprinzips (§ 2 B S H G ) liege nicht vor; von einer rechtswidrigen Umgehung des § 92c B S H G durch Anordnung der Nacherbfolge könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Bedarfsgemeinschaft zwischen E und T schon vor dem Erbfall gelockert gewesen sei (§§ 11,28 B S H G ) und § 92c B S H G selbst eine wirklich noch bestehende Bedarfsgemeinschaft zwischen Eltern und Kind nicht über den Tod der Eltern hinaus aufrechterhalte. Beispiel 8: Die Eheleute M und F haben einen geistig behinderten Sohn S, der in einem Heim lebt. M stirbt; er hat in einem Testament F zur Alleinerbin eingesetzt. S bekommt vor und nach dem Tod des M Sozialhilfe von SH. SH leitet den Pflichtteilsanspruch des S nach § 90 I 1 B S H G auf sich über. - Der V G H Hessen 253 stellt für diesen Fall fest, dass es sich beim Pflichtteilsanspruch um verwertbares Vermögen handle, wobei allerdings eine Uberleitung nur bezüglich der nach dem Erbfall entstandenen und künftig entstehenden Kosten des SH vorgenommen werden könne. § 90 I 4 BSHG, demzufolge die Uberleitung eines Anspruchs nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann, räume dem Sozialhilfeträger eine Sonderstellung ein, um das im Sozialhilferecht geltende Subsidiaritätsprinzip zu verwirklichen. Der Pflichtteilsanspruch müsse geltend gemacht werden, da eine sozialhilfebedürftige Person zunächst alle verfügbaren Mittel zur Deckung der ihr entstehenden Kosten einzusetzen habe; es bestehe diesbezüglich keine Entscheidungsfreiheit des Hilfeempfängers. Die Überleitung stelle auch keine unverhältnismäßige Härte für die Familie dar, denn durch den Nachlass sollten die Hinterbliebenen und damit auch das behinderte Kind versorgt und gesichert werden; die in § 91 II 2 B S H G enthaltene Härteregelung, wonach die cessio legis eines Unterhaltsanspruchs bei „unbilliger Härte" (namentlich bei Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber behinderten Kindern über 21 Jahren) ausgeschlossen ist, greife bei den Fällen des § 90 B S H G nicht ein, da der Gesetzgeber nicht den an sich möglichen Weg beschritten habe, die Härteregelung für alle überleitungsfähigen Ansprüche vorzusehen. Da der Pflichtteilsanspruch allen übergangenen Abkömmlingen zustehe, ergebe sich keine Schlechterstellung von Eltern behinderter Kinder, und auch S wäre selbst als nicht behinderter Sozialhilfeempfänger verpflichtet, sein Vermögen vorrangig zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einzusetzen. Die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt, da zur Auszahlung des Pflichtteils verschiedene Möglichkeiten bestünden: Kreditaufnahme, Ratenvereinbarung mit SH (jeweils gegen Einräumung dinglicher Sicherheiten), Vermietung etc.; damit könne ein Verlust der Nachlasssubstanz vermieden werden. Beispiel 9: M und F sind verheiratet und haben drei Kinder (Kj - K 3 ). F ist seit 1987 pflegebedürftig und lebt in einem Alten- und Pflegeheim. M stirbt am 2.11.1990; er hat kurz vor seinem Tod ein mit F errichtetes gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament) widerrufen und in einem neuen Testament K, - K 3 als seine Erben zu gleichen Teilen eingesetzt; LG Konstanz, FamRZ 1992, 360 m. (Sittenwidrigkeit verneinender) Anm. Kuchinke. BGHZ 123, 68 = Z E V 1994, 35; ebenso BGHZ 111, 36 = N J W 1990, 2055 = L M §138 [A] B G B Nr. 5; VG Lüneburg, NJW 2000, 1885. A.A. Eichenhofer, JZ 1999, 226. 253 Rechtsdienst der Lebenshilfe 2/95, 34 (Urteil v. 15.11.1994, Az: 9 Ue 144/93). 251 252

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5 2

Vonselbsterwerb

wesentlicher Bestandteil seines Vermögens ist das in seinem Alleineigentum stehende Familienwohnhaus. S H weigert sich, f ü r die F Sozialhilfe zu zahlen; F habe Ansprüche auf Pflichtteil u n d Zugewinnausgleich, die, weil das Wohnhaus z u m Nachlass gehöre, zur Bestreitung der Heimpflegekosten auf längere Zeit ausreichen würden. A m 29.12.1990 schließt F mit K, - K 3 eine Vereinbarung, in der sie auf ihren Pflichtteils- und ihren Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet (§ 397 BGB) u n d die Kinder sich verpflichten, zumindest im bisherigen U m f a n g ihrer Mutter persönliche Hilfe zu leisten. F zieht zur Tochter K 3 u n d beantragt bei SH Hilfe zur Pflege; S H lehnt ab. - Das V G weist die Klage der F ab. D e r V G H Mannheim 2 5 4 verwirft die Berufung mit folgender Begründung: D e r von F vereinbarte Verzicht auf ihre gegen die Erben des M bestehenden Ansprüche sei nach § 138 I B G B sittenwidrig und daher nichtig. Da das Pflichtteilsrecht partiell die F u n k t i o n von U n terhaltsansprüchen über den Tod hinaus haben könne, seien Verzichtsvereinbarungen über den Pflichtteil und den Zugewinnausgleichsanspruch hinsichtlich ihrer Sittenwidrigkeit prinzipiell nicht anders zu beurteilen als Unterhaltsverzichte zu Lasten der Sozialhilfe. Eine echte Gegenleistung f ü r den Verzicht der F liege nicht vor; das, w o z u die Kinder sich verpflichtet hätten, ergebe sich ohnehin schon aus § 1618a BGB. Sei die Vereinbarung v o m 29.12.1990 nichtig, so gelte auch bezüglich der Rechtsfolgen dasselbe wie bei einem nichtigen Unterhaltsverzicht 2 5 5 : Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsanspruch stünden der F nach wie vor zu. Beide seien verwertbares Vermögen im Sinne des § 88 I B S H G . G r ü n d e , die ihre Verwertung als H ä r t e im Sinne des § 88 III B S H G erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. F möge die von K 3 erbrachte Pflegeleistung durch Geltendmachung ihrer A n sprüche gegen die Erbengemeinschaft bezahlen. Angesichts der geringen dinglichen Belastung des Nachlassgrundstücks müsse dies nicht zwingend zu einer Veräußerung des Familienwohnhauses führen.

Hier scheint sich also in der Tat für den Pflichtteilsanspruch eine Rechtsfolge zu ergeben, die nicht eintreten würde, wenn der Pflichtteilsanspruch ausschlagbar im technischen Sinne wäre - und dies selbst dann, wenn der Pflichtteilsgläubiger den Anspruch nicht geltend machen will. § 90 I 4 BSHG scheint die eingeschränkte Pfändbarkeit des Anspruchs nach § 852 I Z P O eindeutig und zwingend aus dem Weg zu räumen. N e m o liberalis, nisi liberatus, niemand soll auf Kosten anderer großzügig sein können: Im einen Fall, beim Pflichtteilsanspruch, scheint der Satz anwendbar zu sein, im anderen, beim ausschlagbaren Erbe oder Vermächtnis, dagegen nicht. Man könnte bei den beiden Letzteren allenfalls fragen - und diese Frage wäre keine erbrechtliche, sondern eine sozialrechtliche ob sich das Ausschlagungsrecht und die erfolgte Ausschlagung wegen des sozialhilferechtlichen Subsidiaritätsprinzips von § 2 I BSHG (oder wegen §§ 25 II Nr. 1, 29a BSHG) auf den Sozialhilfeanspruch reduzierend oder gar beseitigend auswirkt 256 ; doch wird man selbst diese Frage verneinen müssen, denn dass das Sozialrecht die von § 1953 I BGB angeordnete Rückwirkung der Ausschlagung ignorieren will, dürfte kaum anzunehmen sein 257 .

254

N J W 1993, 2953. Dazu BGH, N J W 1987, 1546 (1548); BGH, N J W 1991, 913 (915). 256 Dazu etwa Krampe, AcP 191 (1991), 526 (533 f.). 257 Darin liegt übrigens kein Widerspruch zur oben (ee) eingenommenen Position f ü r das Verhältnis von Unterhaltsrecht und Pflichtteilsanspruch: Im einen Fall geht es um Wider255

III. Beseitigung

des

Vonselbsterwerbs

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Was die sozialhilferechtliche Behandlung des Pflichtteilsanspruchs angeht, so vermag die herrschende Meinung in der Sache nicht zu überzeugen. Gewiss kann nach § 90 I 4 B S H G der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch auch dann auf sich überleiten, wenn die Voraussetzungen von § 852 I Z P O (vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit des Anspruchs) noch nicht erfüllt sind. Das ist ja an sich mittlerweile, nach der geänderten Rechtsprechung des B G H zu § 852 I Z P O 2 5 8 , nichts besonders Aufregendes mehr. N u r darf man nicht glauben, dass die bloße Uberleitung des Anspruchs dem Pflichtteilsberechtigten die vom Gesetzgeber allein ihm zugedachte Freiheit nimmt, über die Geltendmachung des Anspruchs autonom und ohne wirtschaftlichen D r u c k zu entscheiden. Die frühzeitig (ab Entstehung des Anspruchs) mögliche Uberleitung sichert den Anspruch lediglich gegen Verfügungen zugunsten Dritter und gegen deren Vollstreckungszugriff ab, nicht aber gegen Entscheidungen im Verhältnis Pflichtteilsberechtigter/Erbe. Ähnlich wie beim Problem der Pfändung des Anspruchs 2 5 9 wird man dem Pflichtteilsberechtigten übrigens nicht nur die bloß passive Nichtgeltendmachung ermöglichen müssen, sondern auch den Erlass (§ 397 B G B ) des noch nicht geltend gemachten Anspruchs, und dies sowohl vor wie nach Uberleitung. N u r wenn der Pflichtteilsanspruch (im Sinne von § 852 I Z P O ) geltend gemacht wird, führt die vorhergehende oder nachträgliche 2 6 0 Überleitung nach § 90 I 1 B S H G zur (endgültigen) Möglichkeit des Zugriffs auf den Pflichtteilsschuldner. Die Übertragung der zur Sittenwidrigkeit von Sozialhilfebedürftigkeit auslösenden Unterhaltsverzichtsverträgen ergangenen Rechtsprechung ist strikt abzulehnen. D e r noch nicht geltend gemachte Pflichtteilsanspruch ist kein verwertbares Vermögen im Sinne des § 88 I B S H G . Für die sozialrechtliche Frage, ob das Subsidiaritätsprinzip des § 2 I B S H G (oder der §§ 25 II Nr. 1, 29a B S H G ) den Anspruch auf Sozialhilfe bei Nichtgeltendmachung oder Erlass des Pflichtteilsanspruchs tangiert, gilt das oben zu Erbschaft und Vermächtnis Gesagte entsprechend. Was sollte denn auch in der Sache eine unterschiedliche Behandlung von Pflichtteilsanspruch auf der einen Seite und Erbschaft und Vermächtnis auf der anderen Seite legitimieren? Das, was der Erblasser dem Bedachten geben will (Erbe, Vermächtnis) und was man daher in aller Regel ohne Bedenken annimmt, soll man nach herrschender Meinung leichter von sich weisen und dem Sozialhilfeträger leichter entziehen können als das, was einem der Erblasser nicht freiwillig überlässt und das anzunehmen einen daher die mannigfaltigsten Gründe hindern können. Einleuchtend ist dieses Ergebnis nicht.

spruchsfreiheit der Rechtsordnung, im anderen darum, ob ein Privater (der das Gesetz nicht gemacht hat) die Großzügigkeit eines anderen bezahlen muss. 2 5 8 S.o. § 2 III 7 d),S. 214 ff. 2 5 9 S.o. § 2 III 7 d),S. 214 ff. 2 6 0 Beides bezogen auf den Eintritt der Voraussetzungen des § 852 I Z P O .

236

§2

Vonselbsterwerb

M a n verweist von Seiten der herrschenden Meinung darauf, der Pflichtteilsanspruch habe auch die F u n k t i o n eines Unterhaltsanspruchs über den T o d hinaus (Beispiel 9). Diesen Spieß kann man freilich auch umdrehen: G e r a d e bei Unterhaltsansprüchen ist das Subsidiaritätsprinzip mittlerweile in erheblichem M a ß e d u r c h b r o c h e n (§ 91 I 3, I I B S H G ) 2 6 1 : Unterhaltsansprüche gegen Verwandte zweiten oder höheren Grades gehen überhaupt nicht mehr auf den S o zialhilfeträger über; Unterhaltsansprüche über 21 J a h r e alter behinderter K i n der gegen ihre Eltern gehen „in der R e g e l " nicht über; sonstige U n t e r h a l t s a n sprüche gehen nicht über, wenn im Einzelfall der Ü b e r g a n g eine unbillige H ä r t e bedeuten würde. N a c h § 43 I I B S H G ist die an sich bestehende Bedarfsgemeinschaft zwischen minderjährigen (unverheirateten) K i n d e r n und ihren Eltern (§§ 1 1 , 2 8 B S H G ) stark abgeschwächt: Bei behinderten K i n d e r n unter 21 J a h r e n müssen die Eltern bei bestimmten Eingliederungsmaßnahmen nur für die K o s ten des Lebensunterhalts a u f k o m m e n und sind im Ü b r i g e n v o m Einsatz ihres E i n k o m m e n s und Vermögens befreit 2 6 2 . Bei über 21 J a h r e alten K i n d e r n geht zwar der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern auf den Sozialhilfeträger über, dies gilt aber, wie gesagt, nicht bei behinderten Kindern (§ 91 II 2 B S H G ) . A n ders als für E r b e n eines Ehegatten des Hilfeempfängers statuiert § 9 2 c B S H G 2 6 3 eine Kostenersatzpflicht für E r b e n der Eltern auch dann nicht, wenn nach den §§ 11, 28 B S H G n o c h eine Bedarfsgemeinschaft zwischen Eltern und K i n d e r n bestand. D e r Gesetzgeber hat mithin die Bedarfsgemeinschaft des nicht behinderten Kindes mit den Eltern schon bei Volljährigkeit des bedürftigen Kindes gelockert (vgl. immerhin § 91 I B S H G ) und nicht über den Tod der Eltern hinaus aufrechterhalten; bei Behinderung des Kindes ist schon die Bedarfsgemeinschaft des n o c h nicht erwachsenen Kindes mit den Eltern gelockert (§ 43 I I B S H G ) , nach Vollendung des 21. Lebensjahres in der Regel auch im R a h m e n des § 91 B S H G aufgehoben und selbstverständlich ebenfalls nicht über den Tod der Eltern hinaus ausgedehnt. Gerade Beispiel 8 zeigt nach alledem, wie widersprüchlich es ist, die den Eltern zunächst großzügig belassenen und von diesen angesparten G e l d e r durch den rigiden U m g a n g mit dem (meist gegen den überlebenden Elternteil gerichteten) Pflichtteilsanspruch dem Sozialhilfeträger wieder zur Verfügung zu stellen und ihm den Zugriff auf sie zu ermöglichen. 261 Vgl. in anderem Zusammenhang (Sittenwidrigkeit des Behindertentestamentes?) BGHZ 111,36 (42). 262 Zweck: Eltern behinderter Kinder sollen mit Eltern nicht behinderter Kinder wirtschaftlich gleichgestellt werden; Eltern behinderter Kinder sollen nicht durch wirtschaftliche Belastungen in ihrer unentbehrlichen aktiven Mitwirkung an der Eingliederung ihres Kindes in die Gesellschaft erlahmen (BVerwGE 48, 228, 234; BGHZ 123, 368, 376 = Z E V 1994, 35, 37). 263 Zweck der Norm: § 88 II, III BSHG, der bestimmte Teile des Vermögens des Hilfeempfängers und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen (§§11, 28 BSHG) vom Einsatz für die Lebenshaltungskosten des Hilfsbedürftigen verschont (Schonvermögen), sollen nicht über den Tod der geschonten Personen hinaus zugunsten ihrer Erben wirken. Kritisch zum Haftungssystem des § 92c BSHG zu Recht Windel (Fn. 9), 211 Fn. 60.

III. Beseitigung des

Vonselbsterwerbs

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Man bedenke auch Folgendes: Wäre im Beispiel 9 die Ehe zwischen M und F vor dem Tod des M geschieden worden unter Zuerkennung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs an die F, dann wäre mit dem Tod des M dessen Unterhaltspflicht auf seine Erben als Nachlassverbindlichkeit übergegangen; die Erben würden nicht über den Betrag hinaus haften, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre (§ 1586b I BGB). Da die beschriebene Haftungsbeschränkung den Unterhaltsanspruch nicht zu einem Pflichtteilsanspruch macht, würde der Übergang des Anspruchs nach § 91 II 2 BSHG blockiert, wenn der Übergang eine „unbillige Härte" bedeuten würde. Diese Grenze existiert in § 90 BSHG nicht. Kann es richtig sein, den Sozialhilfeträger besser zu stellen, wenn der, dem er Sozialhilfe leistet, als Geschiedener einen Unterhaltsanspruch gegen die Erben des Unterhaltsschuldners hat, schlechter dagegen, wenn der, dem er Sozialhilfe leistet, als enterbter Witwer bzw. enterbte Witwe einen Pflichtteilsanspruch gegen die Erben des verstorbenen Ehegatten hat? Im Beispiel 9 waren die Beteiligten offenbar noch nicht über das im März 1990 ergangene erste Urteil des B G H zur Wirksamkeit des sog. Behindertentestamentes 264 informiert. Sonst hätte der Erblasser die Ehefrau nicht enterbt, sondern zur nicht befreiten Vorerbin eingesetzt, zugleich eine Dauertestamentsvollstreckung auf die Lebenszeit der Vorerbin angeordnet und die Kinder zu Nacherben bestimmt. Dann wäre die Sozialhilfe zu zahlen gewesen, das Familienvermögen verschont geblieben (§§ 2214, 2130 BGB); § 92c BSHG ist in den Fällen des Behindertentestamentes nicht anwendbar, weil der Nacherbe nicht Erbe des Vorerben ist. Im Beispiel 8 hätte man den Sohn zu 1/2 als Miterben neben dem überlebenden Ehegatten einsetzen können, beschränkt durch Dauertestamentsvollstreckung über seinen Erbteil und belastet durch ein Nießbrauchsvermächtnis zugunsten des überlebenden Ehegatten; oder man konnte den behinderten Sohn sogar zum Alleinerben einsetzen, beschränkt durch Testamentsvollstreckung und belastet durch Universalvermächtnis zugunsten des überlebenden Ehegatten (Letzteres nur eingeschränkt durch kleine Vorteile für den „Alleinerben"). Kann es richtig sein, den Erblasser zu komplizierten und künstlichen Regelungen zu zwingen, um den Sozialhilfeträger vom Nachlass fernzuhalten? Ist im Rahmen etwa eines Berliner Testamentes bestimmt, dass ein Kind, das beim Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, auch beim Tod des überlebenden Elternteils nur den Pflichtteil bekommen soll 265 , so müsste die herrschende Meinung zunächst einmal klären, ob die Geltendmachung des nach § 90 I 1 BSHG übergeleiteten Pflichtteilsanspruchs durch den Sozialhilfeträger auch dann unter die Strafklausel fällt, wenn der Pflichtteilsbe264 265

BGHZ 111, 36; vgl. auch Beispiel 7. Vgl. bereits Köhl, ZfSH/SGB 1990, 449 (459 f.).

238

§2

Vonselbsterwerb

rechtigte selbst der Geltendmachung widerspricht. Bejaht man die Frage, wird der Sozialhilfeträger natürlich schon von sich aus eine Kosten-Nutzen-Analyse anstellen und bisweilen die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs unterlassen. Will er den Anspruch aber gleichwohl geltend machen, hat er den Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) zu beachten. § 7 BSHG lautet: „Bei Gewährung der Sozialhilfe sollen die besonderen Verhältnisse in der Familie des Hilfesuchenden berücksichtigt werden. Die Sozialhilfe soll die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen." 266 Doch wird die Anwendbarkeit des § 7 BSHG bei Bestehen einer Pflichtteilsstrafklausel nur besonders plausibel. Anwendbar ist § 7 BSHG in Wahrheit immer, auch ohne Existenz einer solchen Klausel. Die Uberleitung ist daher stets verwaltungsrechtlich fehlerhaft, wenn sie dem Grundsatz des § 7 BSHG nicht gerecht wird. Diese Grenze muss jedenfalls auch die herrschende Meinung anerkennen. Dann aber bleibt zu fragen, ob die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs durch den Sozialhilfeträger gegen den Willen des Pflichtteilsberechtigten nicht in jedem Falle ein Verstoß gegen § 7 BSHG ist, weil der Pflichtteilsanspruch stets auf engen familiären Beziehungen beruht und seine Geltendmachung durch den Sozialhilfeträger die achtenswerten Gründe, die der Berechtigte für die Nichtgeltendmachung haben kann - und dieses „kann" muss hier genügen - , eklatant missachtet. Ein weiteres Problem darf nicht unangesprochen bleiben: Wie steht es mit der Erbschaftsteuer, wenn der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch gegen den Erben geltend macht? Ist das Geltendmachen durch den Sozialhilfeträger ein steuerpflichtauslösendes „Geltendmachen" im Sinne der §§ 3 I Nr. 1 Alt. 4, 9 I Nr. 1 b ErbStG? Bejaht man die Frage, so entsteht die Steuerpflicht - ebenso wie bei Zession des Pflichtteilsanspruchs und Geltendmachung durch den Zessionar267 - in der Person des Pflichtteilsberechtigten. Man glaube nicht, das Problem sei angesichts der erbschaftsteuerlichen Freibeträge von geringer Bedeutung; Eltern z.B. haben für einen Pflichtteil nach ihrem Kind nur einen Freibetrag von 20.000 DM. Angesichts all dieser Einwände und Fragen spricht vieles für die hier vertretene Lösung. Ja vielleicht sollte man noch einen Schritt weitergehen und auch den vom Berechtigten geltend gemachten Pflichtteilsanspruch vom Zugriff des Sozialhilfeträgers befreien. Dafür gäbe es gute Gründe, namentlich die Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit des Behindertentestamentes. In unserem Zusammenhang braucht diese weitergehende These freilich nicht ausgeführt zu werden. Hier genügt es, die ausschlagungsähnliche Ausgestaltung des Pflichtteilsanspruchs auch für den Bereich des Sozialhilferechts aufgezeigt zu haben. 266 Nach BVerwGE 34, 219 kann die Uberleitung eines geringfügigen Anspruchs nach § 90 BSHG wegen § 7 BSHG fehlerhaft sein, wenn eine nachhaltige Störung des Familienfriedens zu befürchten ist.

267

FG Hessen, EFG 1990, 587; Meincke (Fn. 94), § 3 Rn. 11, § 9 Rn. 33.

IV. Zwingender Charakter der gesetzlichen Regelung

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IV. Zwingender Charakter der gesetzlichen Regelung S o w o h l die N o r m e n über den Vonselbsterwerb wie diejenigen über seine B e s e i tigung sind zwingend. D e r Erblasser kann über sie nicht durch Verfügung v o n Todes wegen disponieren. E r kann also z . B . nicht den ipso-iure- und ipso-morte-Anfall der E r b s c h a f t verhindern, nicht die Ausschlagungsfrist des § 1944 B G B verlängern oder verkürzen, nicht für die Ausschlagung des Vermächtnisses Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht vorsehen. In der Literatur wird darüber gestritten, o b der Erblasser den E r w e r b der Erbschaft v o n einer Annahmeerklärung des E r b e n (gegebenenfalls abzugeben binnen einer bestimmten Frist) abhängig machen darf 2 6 8 . U m die Tragweite dieses Streites zu verstehen, muss man mehrere D i n g e auseinander halten. Z u nächst ist die A n o r d n u n g des Erblassers mit den üblichen M e t h o d e n auszulegen, um ihren wahren Gehalt zu ermitteln. D i e Auslegung kann zu drei verschiedenen Ergebnissen führen: E s ist zum einen möglich, dass der Erblasser gar keine A n o r d n u n g mit eigenständigem rechtlichen Gehalt treffen, sondern der Sache nach einfach nur sagen wollte „falls er E r b e w i r d " oder „falls er nicht ausschlägt". D a n n handelt es sich um einen unbeachtlichen, ebenso überflüssigen wie unschädlichen Zusatz, einen bloßen Verweis auf die gesetzliche R e g e lung. D i e Auslegung kann zweitens ergeben, dass der Erblasser eine Rechtslage schaffen wollte, in der bis zur A n n a h m e überhaupt niemand E r b e , der Nachlass vielmehr herrenlos (subjektlos) sein sollte oder in der zwar der Nachlass sofort anfallen, aber schon nach einer kürzeren als der gesetzlichen Frist o h n e A n n a h me als ausgeschlagen gelten sollte (doppelte A b w e i c h u n g von der gesetzlichen Regelung durch U m k e h r u n g der F i k t i o n und Verkürzung der Frist). Solche A n o r d n u n g e n wären nach allgemeiner Ansicht nichtig, würden aber die Gültigkeit der Zuwendung als solcher unberührt lassen, für die dann die gesetzlichen Regeln gelten würden. Ergebnis der Auslegung kann drittens sein, dass der E r b lasser zwar einerseits eine A n o r d n u n g mit eigenständigem Regelungsgehalt treffen, aber den gesetzlichen G r u n d s a t z des Vonselbsterwerbs nicht in Frage stellen wollte. D a n n hätte man von einer aufschiebend bedingten E r b e i n s e t zung, also einer Nacherbschaft, auszugehen, für die, wenn sie wirksam wäre, bis zum Eintritt des Nacherbfalls die konstruktive Vorerbschaft des § 2 1 0 5 B G B als angeordnet zu gelten hätte 2 6 9 .

268 Bejahend Staudinger/Otte (Fn.3), §1942 Rn. 5; Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl. 1992, § 1942 Rn. 5; RGRK/Johannsen (Fn. 38), § 1942 Rn. 1; Planck/Flad (Fn. 43), vor § 1942 Anm. II, 2; OLG Stuttgart, OLGZ 1974, 67 (68). Verneinend MünchKomm/Leipold (Fn. 5), § 1942 Rn. 8; Staudinger/Lehmann (Fn. 77), §1942 Rn. 4. Vgl. auch Palandt/Edenhofer (Fn. 5), § 1942 Rn. 1,§ 1944 Rn.9. 269 Wegen der genannten Rechtsfolge ist stets genau zu prüfen, ob der Erblasser diese Lösung wirklich wollte.

240

52

Vonselbsterwerb

N u r über die Zulässigkeit einer derart aufschiebend bedingten E r b e i n s e t zung dreht sich eigentlich der oben angesprochene Streit: D i e eine Seite sieht in ihr einen Verstoß gegen § 2 0 6 5 B G B , die andere nicht. H a t die Bedingung einer Annahmeerklärung wirklich nur den Z w e c k , die Entscheidung über die Gültigkeit der E r b e i n s e t z u n g dem E r b e n zuzuweisen? D i e Frage ist richtigerweise zu verneinen. Z u m einen hat die gegenteilige Ansicht erhebliche Schwierigkeiten, hinreichende Kriterien für die Differenzierung zwischen unserem Fall und j e nem (von ihr für zulässig gehaltenen) Fall zu finden, in dem der Erblasser die inhaltliche A n e r k e n n u n g des Testamentes durch eine Erklärung des Bedachten im Interesse einer friedlichen Auseinandersetzung des Nachlasses zur Bedingung des Erbschaftserwerbs macht. Z u m anderen ist in unserem Fall § 2 0 6 5 B G B deshalb nicht einschlägig, weil der Erblasser hier seinen Willen vollständig gebildet hat und nur der Sache nach dem E r b e n eine längere Uberlegungsfrist einräumen will, die wegen des zwingenden Charakters von § 1944 B G B eben nur bei Inkaufnahme einer Vorerbschaft durchführbar ist. N a c h alledem erweist sich auch eine auflösende Bedingung des Inhalts als zulässig, die E r b s c h a f t entfalle, w e n n sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht angenommen sei. B e i m Vermächtnis hält auch die Gegenansicht die Bedingung der A n n a h m e innerhalb einer bestimmten Frist für zulässig 2 7 0 , da das G e s e t z für die Ausschlagung eines Vermächtnisses keine Frist vorschreibe und diese Regelung nicht als zwingendes R e c h t anzusehen sei 2 7 1 . A u c h hier handelt es sich, wie dieser B e gründung gegenüber b e t o n t werden muss, nicht um eine echte Abbedingung der gesetzlichen Regelung (die nicht möglich ist), sondern um eine aufschiebende (oder auflösende) Bedingung. D e r Erblasser kann also nicht gleichzeitig erreichen, dass das Vermächtnis ipso m o r t e anfällt und nach erklärungslosem Verstreichen der von ihm gesetzten Frist als angenommen, d.h. nicht mehr ausschlagbar, zu gelten hat.

V. Verhältnis des Vonselbsterwerbs zu den übrigen erbrechtlichen Prinzipien Fragt man sich, in welchem Verhältnis der Vonselbsterwerb zu den anderen erbrechtlichen Prinzipien (s.o. § 1 I) steht, so zeigt sich Folgendes 2 7 2 : D e r Vonselbsterwerb ist weder eine zwingende Folge der Universalsukzession,

noch

umgekehrt die Universalsukzession eine zwingende F o l g e des VonselbsterZu diesem Fall BGH, NJW 1979, 917 = LM § 1934a BGB Nr. 2. Vgl. etwa MünchKomm/Leipold (Fn. 5), §2074 Rn. 12; MünchKomm/Schlichting (Fn. 30), § 2180 Rn. 4; Reichel, AcP 138 (1934), 194 (202 f.). 272 Im Folgenden wird es teilweise zu Wiederholungen von § 1 I kommen. Auf die Ausführungen kann gleichwohl nicht verzichtet werden. Denn es soll das Verhältnis der erbrechtlichen Prinzipien hier ausschließlich aus der Perspektive des Prinzips „Vonselbsterwerb" be270 271

V. Verhältnis des Vonselbsterwerbs

zu den übrigen erbrechtlichen

Prinzipien

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werbs. Es gab und gibt Rechtssysteme, die wohl Universalsukzession, nicht aber Vonselbsterwerb kennen. Auch wenn für den Erbanfall Erbantritt oder behördliche Einweisung verlangt wird, der Erbanfall sich also nicht schon mit dem Erbfall vollzieht, kann der nach dem Erbfall liegende Erbanfall gleichwohl Gesamtanfall sein 273 . Ebenso kennen wir Systeme, die wohl Vonselbsterwerb, nicht aber Universalsukzession im Sinne des B G B vorsehen. Mannigfache Beispiele liefert dafür insbesondere die Geschichte des deutschen Rechts, wo verschiedene Teile des Nachlasses einem eigenen Erbgang unterlagen. Universalsukzession und Vonselbsterwerb sind daher je für sich konstitutive Prinzipien des Erbrechts. Falsch ist der öfter zu lesende Satz, es gehöre zur Universalsukzession, dass der Vermögensübergang sich unmittelbar mit dem Tod des Erblassers vollziehe. In einem gewissermaßen neutralen Verhältnis steht der Vonselbsterwerb zur Privaterbfolge. Auch ein reines Staatserbrecht vertrüge sich mit Vonselbsterwerb, ebenso wie Privaterbfolge sich mit den Alternativen zum Vonselbsterwerb, etwa dem Antrittserwerb oder der gerichtlichen Einweisung, verträgt. Zum Prinzip des Familien- und Verwandtenerbrechts steht der Vonselbsterwerb in einem ambivalenten Verhältnis. Natürlich ist historisch betrachtet der Vonselbsterwerb dort das Modell der Wahl (oder soll man sagen: das Modell der Natur?) gewesen, wo es um die Vererbung an die engsten Familienmitglieder ging (die sui heredes des römischen Rechts) oder die gesetzliche Verwandtenerbfolge allein das Feld beherrschte und man Testierfreiheit noch gar nicht kannte (altdeutsches Recht). Und dass dies so war, verdankt sich ja nicht nur historischen Zufälligkeiten, sondern hat zugleich mit Sachgesetzlichkeiten zu tun, nämlich dem Anwachsungsgedanken einerseits und der Tatsache, dass die genannten Erben meist eng mit dem Erblasser zusammenlebten und Blutsbande und Sitte ihnen im Grunde keine Wahl zwischen Annahme und Ausschlagung ließen. Ambivalenz entsteht freilich spätestens dann, wenn einerseits sich Testierfreiheit in vollem Umfang durchgesetzt hat, andererseits der Sippengedanke verblasst oder gar untergeht und das gesetzliche Erbrecht gleichwohl an der Unbeschränktheit der Verwandtenerbfolge festhält. Hier muss der Vonselbsterwerb in Konkurrenz mit dem Antritts-, dem Einweisungs- und dem Verwaltermodell sich aus anderen Sachgesichtspunkten rechtfertigen als denen einer inneren Affinität zum Familien- und Verwandtenerbrecht. In einem System wie dem des BGB, das den Vonselbsterwerb berufungsgrundneutral ausgestaltet, ist durch die Regelung des Erbschaftsanfalls der Satrachtet werden. A u ß e r d e m kann jetzt gefragt werden, o b die mittlerweile gemachten zahlreichen Einzelbeobachtungen das in § 1 I, S. 1 ff. noch rein theoretisch Ausgeführte bestätigen. 2 7 3 A u c h den durch zwingend zwischengeschalteten Verwalter vermittelten E r w e r b der materiell Bedachten k ö n n t e man theoretisch als Universalsukzession ausgestalten. U n d der Anfall an den Verwalter (personal representative) ist jedenfalls in den angelsächsischen R e c h ten Gesamtrechtsnachfolge.

242

§2

che nach zugleich die Testierfreiheit

Vonselbsterwerb erweitert. D e n n dem Erblasser wird es er-

möglicht, durch einseitige Verfügung einen N a c h f o l g e r zu küren, der unmittelbar seine „ N a c h f o l g e " antritt, ohne dass dieser N a c h f o l g e r dafür seine vorhergehende Z u s t i m m u n g erteilen (Antrittserwerb), o h n e dass der Staat den N a c h folger einweisen (Einweisungserwerb) oder ein intermediärer Verwalter den „Restnachlass" dem „ N a c h f o l g e r " „ausantworten" müsste (verwaltervermittelter E r w e r b ) . D u r c h die besondere A r t und Weise, wie das B G B die E r b a u s schlagung ausgestaltet 2 7 4 , wird die Endgültigkeit der E r b e n w a h l begünstigt.

VI. Rechtspolitische Bewertung 1. Vonselbsterwerb und Vermächtnis

mit Ausschlagungsrecht

bei

Erbschaft

a) Erbschaft D e r Anfallserwerb des geltenden R e c h t s kann nicht m e h r wie in älteren R e c h ten (etwa bei den sui heredes des römischen R e c h t s oder den E r b e n der deutschen R e c h t e ) begründet werden durch die in der Regel besonders enge lebzeitige Verbindung von Erblasser und E r b e n in einem gemeinsamen Hausstand, die den erbschaftlichen Anfall als F o r t s e t z u n g der bisherigen „Mitherrschaft" durch die H i n t e r b l i e b e n e n , gewissermaßen als A n w a c h s u n g , erscheinen ließ 2 7 5 . D i e rechtspolitische Legitimation

des in § 1922 I B G B aufgestellten Prinzips

des Vonselbsterwerbs ergibt sich vielmehr aus den vorteilhaften Wirkungen, die dieses Prinzip zeitigt 2 7 6 . E s schützt vor allen D i n g e n in sehr weitgehender Weise den E r b e n vor der G e f a h r eigenen Vorversterbens vor der A n n a h m e und vor Eingriffen Dritter, denn der E r b e wird mit dem Erbfall dinglich Berechtigter (§§ 985 ff. B G B ) und, ohne eigenen E r w e r b s a k t , Besitzer aller Nachlassgegenstände (§ 857 B G B ) . E s schützt den Rechtsverkehr, denn die dingliche Z u o r d nung des Nachlasses zu einer bestimmten Person ist zu jeder Zeit gewährleistet. E s dient den Nachlassgläubigern und Nachlassschuldnern, denn diese wissen alsbald (wenn auch noch nicht endgültig), mit w e m sie es zu tun haben, und sehen sich des Nachweises der Erbschaftsannahme ü b e r h o b e n 2 7 7 . E s hält - ein großer, vielleicht entscheidender Vorteil des B G B - eine zwangslos-einfache S.o. §2 1111, S. 166 ff. Endemann (Fn. 3), § 101 I (S. 761). 276 Motive, V, 486 f. Für das Prinzip auch der 13. Deutsche Juristentag 1876, Verhandlungen des 13. Deutschen Juristentages, Bd. 2, 138-171, 415-421; dagegen die Gutachten daselbst von Mommsen, Jung, Randa (Begründung: willenloser Erwerb sei unnatürlich). Vgl. zum Folgenden auch Lange, 4. Denkschrift (Fn. 77), 38 ff. (das Prinzip verteidigend). 2 7 7 Freilich darf nicht übersehen werden, dass nach § 1958 BGB dem Erben vor der Annahme die Passivlegitimation ermangelt. Der Nachlassgläubiger, der einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch gegen den Erben verfolgen will, muss mithin die Annahme als kla274 275

VI. Rechtspolitische

Bewertung

243

Regelung des faktischen Normalfalls bereit; denn in den meisten Fällen ist der Erwerb einer Erbschaft ein dem Erben günstiges und damit willkommenes Ereignis und also seine Bereitschaft zur endgültigen Übernahme der Erbschaft ohne weiteres vorhanden, sodass es nur folgerichtig erscheint, wenn vom Erben keine aktive Handlung erwartet wird, um die Stellung des Erbschaftsnachfolgers zu erlangen. Vonselbsterwerb entlastet schließlich den Staat und befreit zugleich den Erben vor kostspieliger und vielleicht nicht ganz neutraler staatlicher Zwangsfürsorge, denn eine automatische staatliche Pflegschaft oder eine sonstige automatische staatliche Einweisungs- und Schutztätigkeit entfällt. Mit dem letzten Argument ist zugleich dem Einweisungsmodell das Urteil gesprochen, das in der deutschen Rechtsgeschichte so häufig vorkommt und noch heute in Osterreich 278 und, modifiziert, in einigen anderen Staaten der Erbnachfolge zugrunde liegt. Für dieses Modell gelten und auf es sind gemünzt die zeitlosen Worte von Svarez, ausgesprochen bei der Erarbeitung des preußischen ALR 2 7 9 : „Die Vorschläge der Regierung gehen im Wesentlichen dahin, daß der Richter bei der Behandlung einer jeden Erbschaft weit mehr, als es die bisherigen Gesetze erfordern, zugezogen werden solle. Dieser Grundsatz wird durch die Nothwendigkeit motivirt, auf solche Weise den Verdunkelungen, Verwirrungen, Verkürzungen und Streitigkeiten vorzubeugen, welche aus einer bloßen Privatbehandlung der Erbschaften entstehen können. Ich finde aber dieses Prinzip äußerst bedenklich, der bürgerlichen Freiheit nachtheilig, und wegen der daraus entstehenden, in den meisten Fällen ganz unnützen Kosten für die Unterthanen des Staats drückend. Die Gesetze müssen die Rechte und Pflichten eines Erben bestimmen, sowohl in Beziehung auf die Erbschaftsmasse selbst, als in Beziehung auf die Debitores, Creditores und Legatarios. Giebt der Staat deutliche und bestimmte Gesetze, so hat er das Seinige gethan, und nun ist es Sache eines jeden Bürgers, von diesen Rechten Gebrauch zu machen, und die Pflichten zu beobachten. Die rechtlichen Folgen, wenn er jene vernachlässigt und diesen zuwider handelt, bestimmt ebenfalls das Gesetz, und diese Folgen muss alsdann ein Jeder sich selbst beimessen. So lange es nicht auf Verhütung und Bestrafung von Verbrechen ankommt, muß der Richter in die Geschäfte der Bürger des Staats sich nicht anders mischen, als wenn er dazu aufgefordert wird. Geht er weiter, so leidet die bürgerliche Freiheit; er wirft sich zum Vormunde der Bürger des Staats auf, und bahnt den geraden Weg zum Despotismus... Daß aus der außergerichtlichen Behandlung der Erbschaften zuweilen Dunkelheiten und Verwirrungen entstehen, daß Creditores, die ihren Rechten nicht genugsam invigiliren, durch eine schlechte und unredliche Administragebegründenden Umstand nachweisen. Doch kann der Nachlassgläubiger auch vor der Annahme des Erben gegen eine Nachlassforderung aufrechnen (vgl. bereits o. Fn. 66). 278 § 797 ABGB. 2 7 9 Dazu und zum preußischen Recht (ALR I, 9, §§367f.: Vonselbsterwerb) näher Muscheler, FS Kroeschell, 1997, 739 (741 ff.).

244

§ 2

Vonselbsterwerb

tion der Erben verkürzt werden, daß Erben, die dabei leichtsinnig und unvorsichtig zu Werke gehen, sich selbst zu weilen in Verlegenheit und Schaden stürzen, das kann die Gesetzgebung nicht berechtigen, von jenen allgemeinen Grundsätzen in der Materie von Erbschaften abzugehen. Es entstehen vielleicht 10000 Erbschaften, ohne daß nur bei einer einzigen diese Fälle sich ereignen. Sollten um dieser einzigen Willen in den übrigen 9999 Fällen die Interessenten solchen drückenden Einschränkungen unterworfen werden?" Das Einweisungsmodell ist sonach zu teuer, und zwar sowohl für den Staat, der einen Behördenapparat bereitstellen bzw. ausbauen muss, wie für den Erben, der Gebühren zu zahlen hat. Es gibt dem Staat zu großen Einfluss auf die Nachlassabwicklung. Es verdeckt seinen eigentlichen Hintergedanken, die Sicherung der öffentlichen Abgaben (Erbschaftsteuer, vgl. etwa § 819 ABGB), eine Sicherung, die man auch einfacher und billiger haben kann. Es schießt mit Kanonen auf Spatzen, weil bei weitem nicht in jedem Erbfall Streitigkeiten, Unklarheiten und Benachteiligungsversuche vorkommen, ja es fördert den Streit erst, weil es den Eindruck begünstigt, in jedem Erbfall müsse es etwas zu streiten geben, wenn schon in jedem Erbfall ein Gericht zu entscheiden hat. Auch das Verwaltermodell des angelsächsischen Rechtskreises, das in die Abwicklung der Erbschaft (jedenfalls in den Regelfällen) zwingend einen von Erblasser oder Gericht ernannten Verwalter (executor/administrator) einschaltet, aus dessen Händen, nach Begleichung der Schulden, die Erbinteressenten das ihnen durch Gesetz oder letztwillige Verfügung Zugedachte erhalten, vermag im Vergleich mit dem BGB-Modell nicht zu überzeugen. Sein einziger Vorteil läge noch darin, dass das Gesetz einen mittelbaren Druck auf den Erblasser ausüben würde, ein Testament zu errichten, da er nur so die Abwicklung durch den öffentlich bestellten administrator vermeiden könnte; die gesetzliche Erbfolge würde dadurch zurückgedrängt 2 8 0 . Aber zum einen passt dieses Modell, das die Bedachten unterschiedslos auf die Position von Vermächtnisnehmern herabstuft, nicht für ein Gesetz, das sich zum Grundsatz der Universalsukzession bekennt. Zum andern schränkt es die Testierfreiheit der Sache nach stark ein (weil es die Fremdabwicklung erzwingt), gibt (über die Kontrolle der Verwalter) dem Staat zu großen Einfluss auf die Nachlassabwicklung, schafft mit dem Verhältnis Verwalter/Hauptbedachte („Erben" des kontinentalen Rechts) eine neue Stör- und Streitquelle und treibt die Kosten der Nachlassabwicklung in die Höhe. Wo ein Bedürfnis nach unparteiischer Nachlassabwicklung besteht, kann im deutschen Recht der Erblasser einen Testamentsvollstrecker, das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger und auf Antrag einen Nachlassverwalter ernennen. Im Übrigen dürfte ein solches Bedürfnis nicht die Regel sein; vielmehr kann der Erbe unter normalen Umständen den Nachlass ohne Schwierigkeiten selbst abwickeln. Erneut zeigt sich, dass die Regelung des BGB dem fak280

Dies eher negativ wertend Lange, 4. Denkschrift (Fn. 77), 44.

VI. Rechtspolitische

Bewertung

245

tischen Durchschnittsfall am besten gerecht wird. Das Verwaltermodell bedeutet den gesetzlichen Ausdruck generellen Misstrauens gegen die Erben, bloß weil es hin und wieder zu einer Benachteiligung von Vermächtnisnehmern und Auflagebegünstigten und zur absichtlichen Nichterfüllung von Nachlassschulden kommt. Das geht zu weit. Was den Vergleich mit dem Antrittsmodell angeht, so muss gewiss auch das System des Vonselbsterwerbs wegen der Möglichkeit der Ausschlagung mit einem Schwebezustand leben. Es garantiert aber doch infolge der vom B G B gewählten Kürze der Ausschlagungsfrist eine rasche Entscheidung über die (definitive) personale Zuordnung der Erbschaft, während in einem System des Antrittserwerbs der Schwebezustand zu Lasten der Nachlassgläubiger (die zudem den gerade bei der pro herede gestio oft schwierigen Beweis der Annahme zu erbringen haben) und zu Lasten der Nachberufenen grundsätzlich unbegrenzt lange dauern kann - eine weitere Bekräftigung der durchaus auch materialen Vorzüge des BGB-Modells. Natürlich hat man von Seiten des Antrittsmodells manches gegen die geltende Regelung vorgebracht, und gewiss nicht ohne jeden Anschein von Berechtigung281: Privatautonomie verlange, dass eine Regelung nur deshalb eintrete, weil beide Seiten, auch der Erwerber, sie wollen. Wenn man schon, qua Ausschlagung, den Willen des Erben für beachtlich erkläre, sei es konsequenter, ihn von vornherein, nicht erst im Nachhinein zu beachten. Dem erwerbsunwilligen Erben würden, ohne dass er sich selbst in diese Lage gebracht habe, Zeit und Kosten für die Ausschlagungserklärung abverlangt, theoretisch könne der überschuldete Erblasser seinen Feind über den Tod hinaus schädigen, wenn er ihn zum Erben einsetze und ihm dadurch Kosten und Umstände der Ausschlagungserklärung aufbürde 282 . Durch die Annahmefiktion der erklärungslos verlaufenen Ausschlagungsfrist würden die Dinge auf den Kopf gestellt, die Fiktion widerspreche dem Rechtsverständnis des Laien, sie könne den Erben in eine gefährliche Lage bringen, wenn er, vielleicht ungeschickt und ungewandt, nach der Fiktion der Annahme sich in den Fußangeln eines Haftungssystems verfange, das von grundsätzlich unbeschränkter, wenn auch beschränkbarer und doch wieder bei Verfehlungen endgültig unbeschränkbarer Haftung ausgehe. Diese Einwände überzeugen letztlich nicht. Fast immer handelt es sich bei den als Erben Berufenen um Personen, die dem Erblasser auf die eine oder andere Weise nahestanden. Ihnen kann zugemutet werden, die Mühen und Kosten der Ausschlagungserklärung auf sich zu nehmen 283 . Bloß weil der Ausschlagungszwang vom überschuldeten Erblasser missbraucht werden kann, dem Erbschaftserwerb ein übervorsichtiges Prinzip zugrunde zu legen und auf die 281 282 283

S. bereits die o. Fn. 276 erwähnten Gutachten von Randa und Jung. Als Einwand erwogen (und verworfen) bei Lange, 4. Denkschrift (Fn. 77), 38. Ebenso Lange, 4. Denkschrift (Fn, 77), 40.

246

§2

Vonselbsterwerb

Vorteile des Vonselbsterwerbs zu verzichten, hieße die Nadel im H e u h a u f e n z u m H e u h a u f e n zu erklären. Wenn man die Haftungsregelung des B G B für zu rigide, zu gläubigerfreundlich hält ( w o z u es freilich wenig Grund gibt), dann muss man diese u n d nicht das Erwerbsmodell ändern. N u r scheinbar kann übrigens das Antrittsmodell größere Rechtssicherheit für sich beanspruchen. Z w a r steht bei ihm die A n n a h m e der Erbschaft im Vordergrund, die Voraussetzungen der Erwerbshandlung u n d deren F o r m müssen v o m Gesetz geregelt w e r d e n (so w i e im M o d e l l des Vonselbsterwerbs Voraussetzungen u n d F o r m der Ausschlagung genauer geregelt werden). Doch kann auch im Antrittsmodell nicht auf die Zweigleisigkeit des Antritts- ( A n n a h m e - ) Begriffs verzichtet werden, die sowohl die förmliche, dem Gericht (oder einer Behörde) gegenüber erklärte A n n a h m e w i e auch die formlose pro herede gestio zulässt. Die Unschärfe der p r o herede gestio ist freilich dort gefährlicher, w o es u m den dinglichen E r w e r b des Nachlasses, als dort, w o es bloß u m die ( U n - ) W i r k s a m k e i t einer Ausschlagung (wegen vorheriger A n n a h m e ) geht. M a n hat behauptet 2 8 4 , die Entscheidung zwischen Anfallsmodell und A n trittsmodell hänge von der Justierung des Verhältnisses von Testierfreiheit u n d Familienerbfolge ab: W o der Wille des Erblassers bestimmend sei f ü r die Erbfolge, auch die gesetzliche Erbfolge nur auf seinem vermuteten Willen beruhe, sei folgerichtig auch der Erbschaftserwerb v o m Willen des Erben abhängig zu machen, der Vorrang der Testierfreiheit vor der Familienerbfolge führe mithin z u m Antrittserwerb. Sehe man hingegen in der Erbfolge den rechtlichen A u s d r u c k des geistigen und sittlichen Zusammenhangs aufeinander folgender Geschlechter, so führe dies folgerichtig dazu, den Erben unabhängig von seinem Willen ohne Antrittshandlung erwerben zu lassen. Sei es der Sinn der Erbfolge, die wirtschaftlichen Güter des Erblassers in erster Linie der Familie zu erhalten, so müsse sich diesem Z w e c k auch die gewillkürte Erbfolge unterordnen und der Erbschaftserwerb auch bei ihr Anfallserwerb sein. Befreit man diese A u s führungen ihres etwas zeitverhafteten Gewandes u n d formuliert man das Gemeinte abstrakt, so könnte man diese A r g u m e n t a t i o n so zusammenfassen: In einem System, in dem der Erblasserwille bei der Erbenbestimmung i m Vordergrund steht u n d auch die gesetzliche Erbfolge am (vermuteten) Erblasserwillen (allein) M a ß nimmt, muss die Erbschaft als Angebot des Erblassers betrachtet werden, das der A n n a h m e durch den Erben bedarf. In einem System, in dem die gesetzliche Erbfolge (wie i m m e r sie inhaltlich aussehe) im Vordergrund steht u n d sich einen eigenständigen, v o m Erblasserwillen unabhängigen Gerechtigkeitsgehalt zumisst, u n d in d e m auch die gewillkürte Erbfolge verstärkt (über Instrumente etwa w i e § 138 B G B ) sich vor der gesetzlichen Erbfolge zu legitimieren hat, kann das Gesetz nicht nur die Bestimmung der Person des Erben, sondern auch den möglichst direkten u n d schnellen Anfall an diesen Erben als

284

Ebd., 39.

VI. Rechtspolitische Bewertung

247

Postulat materialer Gerechtigkeit und daher als nicht unbedingt zustimmungsbedürftig betrachten. Solche D e d u k t i o n e n liegen neben der Sache. Anfallserwerb ist vielmehr auch und gerade dann legitim, wenn man von möglichst unbeschränkter Testierfreiheit ausgeht. Anfallserwerb schützt Testierfreiheit in mehrfacher Hinsicht: E b e n s o wie das Einweisungs- und das Verwaltermodell bringt auch das A n trittsmodell die G e f a h r mit sich, dass der Staat bzw. seine G e r i c h t e sich über das Mittel der Wirksamkeitskontrolle der Antrittserklärung eine K o r r e k t u r f u n k tion in B e z u g auf den Erblasserwillen anmaßen, das G e s e t z über deren K o s t e n und Formpflichtigkeit H ü r d e n vor dem Erbschaftserwerb aufbaut. Diese dem Antrittsmodell immanente Tendenz versperrt Anfallserwerb. Zweitens wird durch Anfallserwerb die schnellere Realisierung der sonstigen letztwilligen A n ordnungen (Vermächtnisse, Auflagen) begünstigt. Drittens fördert Anfallserwerb die Tendenz, dass der eingesetzte E r b e auch E r b e bleibt. D a s s Testierfreiheit ihrerseits Anfallserwerb nicht in gleichem M a ß e zu legitimieren vermöge wie gesetzliche E r b f o l g e mit eigenständigem Gerechtigkeitsgehalt kann nicht zugegeben werden. E i n e solche Behauptung übersähe den eigenständigen G e rechtigkeitsgehalt, den ein System, in dem Testierfreiheit im Mittelpunkt steht, seinerseits besitzt. Einschränkungen des Anfallprinzips für bestimmte Fallgruppen empfehlen sich de lege ferenda nicht. Das gilt zum einen für die hin und wieder erhobene Forderung, die Ausschlagungsfrist für denjenigen, der sich v o m B e s i t z der E r b schaft fernhält, gar nicht erst laufen zu lassen 2 8 5 . K n ü p f t man den Beginn der Ausschlagungsfrist (nicht nur an den N a c h w e i s der Kenntnis des E r b e n v o m Anfall und v o m G r u n d der Berufung, sondern auch) an die Inbesitznahme von Nachlassgegenständen (und deren N a c h w e i s ) , gibt man einen wesentlichen Vorteil des Anfallsmodells auf: die Verkürzung des unerwünschten S c h w e b e z u standes. Dagegen sprechen namentlich die Interessen der Nachlassgläubiger 2 8 6 . A u c h die U m k e h r u n g der Entscheidungsfiktion bei erfolglosem A b l a u f der Ausschlagungsfrist (im Sinne einer Ausschlagung), etwa bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes 2 8 7 , k o m m t sinnvollerweise nicht in Betracht. Z u m einen entstünde bei solchen Ausnahmen, randunscharf, wie sie der N a t u r der Sache nach sein müssten, Rechtsunsicherheit. Z u m Zweiten ist fraglich, o b eine Ausschlagungsfiktion bei Zahlungsunfähigkeit des Erblassers wirklich den faktischen Regelfall träfe, k o m m t es doch nicht selten vor, dass E r b e n aus Pietät überschuldete Nachlässe übernehmen und auf eigene K o s t e n abwickeln.

285 286 287

Erwogen in der zweiten BGB-Kommission (Protokolle, V, 621). Ebenso Lange, 4. Denkschrift (Fn. 77), 40 Fn. 2. So das schweizerische ZGB (Art. 566 II; dazu BGE 88 II 309).

248 b)

§ 2

Wonselbsterwerb

Vermächtnis

aa) Die verschiedenen

Möglichkeiten

Rein theoretisch gibt es in einem System des reinen Damnationslegats - das Vindikationslegat als solches bleibt im Folgenden außer Betracht - für die Problematik „Anfall und Ausschlagbarkeit von Vermächtnissen" folgende unterschiedliche Lösungen, geordnet nach dem Grad, in dem das Vermächtnisrecht dem Vermächtnisnehmer aufgedrängt wird: (1) Die Vermächtnisforderung entsteht nicht ipso iure, sondern erst mit der Erklärung des Vermächtnisnehmers, das Vermächtnis anzunehmen. Hier müsste man zusätzlich entscheiden, ob das Recht zur Annahme mit dem Erbfall (bzw., bei bedingten und befristeten Vermächtnissen, mit Bedingungs- und Terminseintritt) vererbbar sein soll oder nicht. Die Annahme des Vermächtnisses wäre in diesem System einseitiges Rechtsgeschäft; mit der vor einer Annahme erklärten Ausschlagung (ebenfalls einseitiges Rechtsgeschäft) wäre die Annahme unmöglich gemacht. Das ist die Lösung Mommsens 2 8 8 (System des Antrittserwerbs). (2) Man könnte die Freiheit des Vermächtnisnehmers noch mehr schützen, indem man, von System (1) ausgehend, den Erwerb der Vermächtnisforderung an die Annahmeerklärung des Vermächtnisnehmers knüpft, dem Vermächtnisnehmer aber auch noch nach der Annahme, bis zur dinglichen Erfüllung des Vermächtnisses, die einseitige Ausschlagung des Vermächtnisses (mit der Folge eines rückwirkenden Wegfalls der Vermächtnisforderung) erlaubt (System des Antrittserwerbs mit Ausschlagungsrecht bis zur dinglichen Erfüllung) 2 8 9 . (3) In den Wirkungen jedenfalls verwandt mit dem System des Antrittserwerbs wäre die Konzeption der „Geschäftsobligation". Diese ist in den Bemerkungen, die der Referent der ersten B G B - K o m m i s s i o n zum Vorentwurf des Erbrechtsredaktors und zu seinen eigenen Änderungsvorschlägen gemacht hat, angedacht, aber schließlich verworfen worden 2 9 0 : Das Schuldverhältnis des Legats sei im Vorentwurf als eine „Legalobligation besonderer A r t " aufgefasst. Freilich könne man, so der Referent, theoretisch das Vermächtnis auch den „Geschäftsobligationen" beizählen. „Man müßte von einer durch einseitige Willenserklärung des Testators geschaffenen Obligation ausgehen, bei der jene Erklärung als unter dem doppelten Vorbehalte (conditio iuris) stehend gedacht wird, wenn der Beschwerte die Honorirung annimmt und wenn der Bedachte

2 8 8 S.o. § 2 II 3 b), S. 150. Auch Crome (Fn. 7), 392 wundert sich über das B G B : „Obschon der Vermächtnisnehmer lediglich ein Forderungsrecht auf Ausantwortung der ihm zugedachten Gegenstände hat, findet doch auch ein Anfall des Vermächtnisses statt." 2 8 9 Diese Lösung müsste an sich vor der Lösung (1) dargestellt werden, da sie die Freiheit des Vermächtnisnehmers noch stärker schützt als jene. Die Reihenfolge wurde trotzdem gewählt, weil Lösung (2) komplizierter ist und auf Lösung (1) aufbaut. 2 9 0 Zum Folgenden Schubert (Fn. 48), Erbrecht, Bd. 2, 705 f.

VI. Rechtspolitische

Bewertung

249

das Legat nicht ausschlägt; oder man müßte in der Annahme der Honorirung und dem letzten Willen zusammen einen Vertrag zu Gunsten des Legatars sehen (Quasikontrakt)". Der Referent lehnte jedoch entsprechende Überlegungen ab: „Indessen dürften beide Auffassungen wenig Zutreffendes und nur ein theoretisches Ergebnis liefern. Bei dem Vertragsvermächtnisse liegt es zwar näher, einen Vertrag zu Gunsten des Legatars zu unterstellen; aber bei dem regelmäßigen, d.i. dem Testamentsvermächtnisse, versagt schon der Vergleich, und würde sich aus der Theorie vom Quasikontrakt eine eigenthümliche Mischung von Rechtsgeschäft unter Lebenden und von Todes wegen herausstellen. Der letzte Wille, wie die Annahmeerklärung des Beschwerten, enthalten überhaupt nicht obligatorische Versprechen, sondern dingliche Rechtsgeschäfte. Ein jedes von beiden bildet ein einseitiges und als solches selbständiges Geschäft für sich; beide haben nicht die unselbständige Natur zweier aufeinander bezogener Vertragserklärungen. Die Annahmeerklärung des Beschwerten bildet zudem ein Rechtsgeschäft eben doch nur in der Richtung auf die Annahme des ihm Zugedachten; sie wird nicht gegenüber dem Legatar abgegeben und sie ist doch gültig und wirksam für denselben, selbst wenn der Beschwerte von dem Legate keine Kenntniß hatte, also auch den Willen nicht haben konnte, sich dem Legatar zu verpflichten. Klarer noch tritt das Gesetz als das Bestimmende hervor, wenn der beschwerte Erbe die Ausschlagungsfrist versäumte, also gar keine Erklärung abgegeben hat. Der K.E. 291 ... wie der Erbr.E. 292 ... enthalten überdies, gleich anderen Rechten, eine Anzahl von Gesetzesvermächtnissen, auf welche die Theorie vom einseitigen Versprechen oder Quasikontrakt nicht paßt, ganz davon abgesehen, daß der K.E., wenn er auch die Vorschriften über Verträge auf einseitige Versprechen anwenden läßt, dies doch nur für Rechtsgeschäfte unter Lebenden thut, den Quasikontrakt aber gar nicht kennt. Demzufolge erübrigt nur, in der Obligation zwischen dem Beschwerten und Bedachten ein Schuldverhältnis aus anderen Gründen, denn aus Rechtsgeschäft oder Delikt zu erblicken; dasselbe wird durch das Gesetz an die Thatsachen des letzten Willens, der Annahme des Beschwerten und der Nichtausschlagung des Bedachten geknüpft. ,Heres quoque, qui legatum debet, neque ex contractu neque ex maleficio obligatar esse intellegitur etc.' 1. 5 §. 2 Dig. 44,7." Würde man entgegen den Ausführungen des Referenten die Anknüpfung an die Annahme des Beschwerten, die im geltenden deutschen Recht jedenfalls keine Rolle spielt, aufgeben 293 , käme allenfalls ein Vertrag zwischen Erblasser und „annehmendem" Vermächtnisnehmer in Betracht: Die „Annahme" des Vermächtnisses hätte ihre Bedeutung geändert, sie wäre auf einen Vertragsantrag des Erblassers bezogen und 291

Kommissionsentwurf. Erbrechtsentwurf. 293 Merkwürdig bleibt, dass der Anfall der Vermächtnisforderung weder in der Konzeption des Erbrechtsredaktors noch in den Anderungsvorschlägen des Referenten von einer Annahme des Beschwerten abhängig sein sollte. 292

250

52

Vonselbsterwerb

nicht mehr einseitiges Rechtsgeschäft. D a die kritischen B e m e r k u n g e n des R e ferenten aber überwiegend auch auf einen solchen Vertrag zutreffen und n o c h h i n z u k o m m t , dass es sich u m einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich des B e schwerten, handeln würde, soll die vertragsrechtliche K o n z e p t i o n im F o l g e n den außer Betracht bleiben. A u c h beim erbvertraglichen Vermächtnis muss die Vertragskonstruktion (Vertrag zwischen Erblasser und Erbvertragspartner zugunsten des Vermächtnisnehmers mit Zurückweisungsrecht nach § 333 B G B ) scheitern, da es sich auch hier, erbrechtlich betrachtet, u m eine einseitige Verfügung des Erblassers handelt. (4) A u c h das M o d e l l van V e n r o o y s 2 9 4 , als Interpretation des geltenden R e c h t s vorgetragen, würde, als rechtspolitischer Vorschlag gedacht, nicht überzeugen. D a n a c h bedeutet A n n a h m e des Vermächtnisses A n n a h m e eines v o m Erblasser gemachten Vertragsangebots zur Begründung einer schuldrechtlichen causa für die ipso iure und in der Regel ipso m o r t e angefallene (und nur bis z u m Zugang des Erblasserantrags ausschlagbare, dann aber, bei Ausschlagung, r ü c k w i r k e n d vernichtete) Vermächtnisforderung. A u c h hier käme es zu einer unklaren, mit der G r u n d k o n z e p t i o n des B G B nicht zu vereinbarenden Vermischung von Rechtsgeschäften unter L e b e n d e n und Rechtsgeschäften von Todes wegen. (5) D e n k b a r wäre (und näher bei der geltenden Regelung stünde), die Vermächtnisforderung ipso iure und (in der Regel) ipso m o r t e anfallen zu lassen, bis zur dinglichen Erfüllung des Vermächtnisses aber die (einseitige) Ausschlagung jederzeit zuzulassen, auch bei einer Erklärung oder Handlung des Vermächtnisnehmers, die man als A n n a h m e des Vermächtnisses (im Sinne von § 2 1 8 0 I B G B ) zu interpretieren hätte (System des Anfallserwerbs mit verlängerter Ausschlagungsmöglichkeit). D a s wurde in der zweiten B G B - K o m m i s sion beantragt, von der K o m m i s s i o n s m e h r h e i t j e d o c h abgelehnt 2 9 5 . (6) D i e L ö s u n g des B G B (System des Anfallserwerbs mit Ausschlagungsmöglichkeit bis zur A n n a h m e ) geht einen kleinen Schritt weiter als Modell (5), was die B e s c h r ä n k u n g des Vermächtnisnehmers in seiner Wahlfreiheit angeht. N a c h der A n n a h m e des Vermächtnisses ist der Vermächtnisnehmer für die B e seitigung der Vermächtnisforderung auf einen Erlassvertrag mit dem Beschwerten angewiesen 2 9 6 . 2 9 4 S.o. § 2 I I I 2 c), S. 188 ff. D a s Modell van V e n r o o y s müsste an sich, da sie die ipso iure anfallende Vermächtnisforderung selbst praktisch unausschlagbar macht und damit in B e z u g auf diese Forderung die Freiheit des Vermächtnisnehmers stark einschränkt, weiter unten dargestellt werden. Es ist j e d o c h sinnvoll, sie im Zusammenhang mit dem Vertragsmodell der L ö sung (3) darzustellen.

S.o. § 2 I I I 2 b), S. 186 f. Interessant jetzt die neue B e s t i m m u n g des § 3 II Nr. 5 E r b S t G , nach der als steuerbarer E r w e r b v o m Erblasser auch gilt, „was als Abfindung für ein aufschiebend bedingtes, betagtes oder befristetes Vermächtnis, für das die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist, vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt w i r d " . G e m e i n t ist mit dieser 295

296

VI. Rechtspolitische

Bewertung

251

(7) M a n k ö n n t e das System des B G B dadurch verschärfen, dass man den ipso-iure-Anfall für nicht ausschlagbar erklärt (System des Anfallserwerbs ohne Ausschlagungsmöglichkeit). M ö g l i c h wäre dann nach dem Anfall nur ein Erlassvertrag. E i n e A n n a h m e des Vermächtnisses bräuchte man nicht mehr; sie wäre funktionslos. (8) M a n k ö n n t e schließlich das Damnationslegat dem Vindikationslegat dadurch annähern, dass man ipso iure (und in der Regel ipso morte) nur die Vermächtnisforderung anfallen lässt, diese wie bisher als annehmbar und ausschlagbar ausgestaltet, mit der Ausschlagung wie bisher die F o r d e r u n g rückwirkend dahinfallen lässt, mit der A n n a h m e das Ausschlagungsrecht entzieht und mit ihr - das wäre das N e u e - das Eigentum am Vermächtnisgegenstand übergehen lässt. D i e s e L ö s u n g soll im Folgenden j e d o c h außer Betracht bleiben, da sie die berechtigte 2 9 7 Entscheidung des B G B gegen das Vindikationslegat teilweise konterkarieren würde. bb) Rechtspolitische

Bewertung

Was zunächst die Entscheidung des B G B für den Anfallserwerb

und gegen den

Antrittserwerb angeht, so ist sie n o c h heute in vollem U m f a n g zu billigen. Z w a r ist Vonselbsterwerb beim Vermächtnis weniger selbstverständlich als bei der Erbenstellung. D e n n hier geht es nicht u m den für den R e c h t s v e r k e h r bedeutungsvollen Satz, dass vorhandene Vermögensgegenstände möglichst jederzeit einem personalen Träger zugeordnet sein sollten; der Vermächtnisgegenstand b e k o m m t ja im System des reinen Damnationslegats mit dem Erbfall ein neues Zuordnungssubjekt, den E r b e n . Vielmehr wird ein neues R e c h t , durch Verfügung von Todes wegen, erst geschaffen, nämlich die Vermächtnisforderung, deren E x i s t e n z man viel eher als bei der Erbenstellung v o n einer A n n a h m e e r k l ä rung des Bedachten abhängig machen könnte. Z u d e m ist ein rascher Anfall hier auch nicht durch Interessen der Nachlassgläubiger gefordert, mit denen der Vermächtnisnehmer nichts zu tun hat, außer dass er mit ihnen konkurriert und nach dinglicher Erfüllung des Vermächtnisses bei Insolvenz des Nachlasses den Vermächtnisgegenstand herausrücken muss 2 9 8 . F ü r den Anfallserwerb spricht aber letztlich Folgendes: D e r ipso-iure-Anfall ist gerade in einem System des reinen Damnationslegats einleuchtender und ungefährlicher, auch für die Nachlassgläubiger, als in einem System des Vindikationslegats. Z u d e m spricht in einem System, das die E r b s c h a f t dem E r b e n ziemlich verunglückten Vorschrift (eine Ausschlagungsfrist gibt es beim Vermächtnis nur im Sonderfall des § 2307 II BGB), dass bei den genannten Vermächtnissen nach Erklärung der Annahme des Vermächtnisses und danach (aber vor Bedingungs- bzw. Termineintritt) abgeschlossenem Erlassvertrag die für den Erlass gewährte Abfindung der Abfindung bei Ausschlagung des Vermächtnisses gleichgestellt wird. 2 9 7 S.o. §1 V 3 , S . 9 9 f f . 2 9 8 §§ 322, 327 I Nr. 2 InsO. Vgl. auch Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 29 IV 1 (S. 633).

252

§2

Vonselbsterwerb

ipso iure anfallen lässt, auch der Gesichtspunkt konstruktiver Harmonie für den ipso-iure-Anfall des Vermächtnisses. Lässt man Ausschlagung zu und legt man ihr Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Anfalls bei 299 , wird der zuwendungsunwillige Vermächtnisnehmer hinreichend geschützt. Im Übrigen bietet der Erwerb des (Damnations-)Legats dem Vermächtnisnehmer nur Vorteile und verstrickt ihn nie in eine persönliche Haftung für die Nachlassschulden; vor dinglicher Erfüllung des Vermächtnisses haftet der Vermächtnisnehmer den Nachlassgläubigern noch nicht einmal mit dem Vermächtnisgegenstand. Den Nachlassgläubigern kann es gleichgültig sein, ob der Anfall des Vermächtnisses (genauer: der Vermächtnisforderung) ipso iure und ipso morte oder erst mit Annahme erfolgt. Zudem nehmen Vermächtnisnehmer das ihnen Zugedachte in der Regel an. „Das Gesetz erhebt diese Lebensregel zu einer selbständig aus sich die erbrechtliche Nachfolge bewirkenden Rechtsnorm." 3 0 0 Die genannte faktische Regel kennt möglicherweise beim Vermächtnis, wegen der fehlenden Schuldenhaftung, noch weniger Ausnahmen als bei der Erbenstellung. Auch steuerlich dürfte der Antrittserwerb dem Vermächtnisnehmer keinen allzu großen Vorteil gewähren: Zwar könnte er bei ihm den Zeitpunkt des steuerbaren Forderungserwerbs bestimmen; doch dürfte der Antritt sowohl zivilrechtlich wie auch steuerrechtlich zurückwirken 3 0 1 . In einem System des Anfallserwerbs kommt schließlich der Unterschied zwischen unbedingten und unbefristeten Vermächtnissen auf der einen Seite und bedingten oder befristeten Vermächtnissen auch konstruktiv deutlicher zum Ausdruck. Was die Ausschlagung des Vermächtnisses angeht, so könnte man die Auffassung vertreten, ihre Möglichkeit sei deswegen nicht legitim, weil es dem Bedachten, bloßer Anspruchsinhaber, der er anders als der Erbe ist, in vollem Umfang freistehe, die Forderung aus §2174 BGB geltend zu machen oder nicht 302 , und weil § 397 BGB ein allgemeines Prinzip auszusprechen scheint, wenn er für den Verzicht auf schuldrechtliche Rechtspositionen einen Vertrag verlangt und einseitige Erklärungen nicht ausreichen lässt 303 . Nichtausschlagbare Legalschuld-Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB), ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) und Delikt (§§ 823 ff. BGB) sind nur das Äquivalent dafür, dass Wirtschaftsgüter des Berechtigten im Interesse des Schuldners genutzt oder gegen seinen Willen beschädigt worden sind; daher versteht sich die positive Einstellung des Gläubigers zum Anspruch

299

Dazu unten. Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. 3/1, 8./9. Aufl. 1919, §95 II (S. 712). 301 Auch heute schon ist es so, dass bei dem nach Ausschlagung des Primärerben eintretenden Ersatzerben die Steuerpflicht mit dem Erbfall entsteht; es greift nicht etwa § 9 I Nr. 1 a ErbStG ein (Meincke - Fn. 94 - § 9 Rn. 19). 302 So tendenziell van Venrooy (Fn. 119), 2 ff., 74. 303 Dieser Einwand wird erwogen von MünchKomm/Schlichting (Fn. 30), §2180 Rn. 1. 300

VI. Rechtspolitische

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von selbst. Van Venrooy tritt diesem A r g u m e n t mit folgendem Einwand entgegen 3 0 4 : Z u m einen seien die Fälle Legion, in denen der aus Quasi-Kontrakt oder Delikt Anspruchsberechtigte unerwartet die wirtschaftliche Realisierung von Vermögenslagen vorfindet, die er selbst gar nicht als solche begriffen und auch nie eingesetzt hätte, oder in denen Ansprüche aus Delikt aus gesellschaftlicher Rücksichtnahme nicht geltend gemacht w e r d e n könnten, und andererseits pflege man ein Vermächtnis auch nicht aus blauem H i m m e l zu erhalten, sondern in der Regel aus guten Gründen, und sei es nur als Belohnung für die Aufrechterhaltung verwandtschaftlicher Beziehungen. Zu überzeugen vermag dieser H i n weis nicht, namentlich nicht, soweit es u m seine Beweiskraft gegen die A u s schlagbarkeit von Vermächtnissen geht. Wenn man das Vermächtnis schon mit unter Lebenden entstehenden Schuldverhältnissen vergleicht, dann sollte man als Vergleichsbasis die unentgeltliche Z u w e n d u n g heranziehen. A u c h für die Schenkung verlangt das Gesetz Zustimmung des Beschenkten (§ 516 II BGB), und die aus Vertrag zugunsten Dritter dem Dritten ipso iure anfallende Forderung gegen den Versprechenden ist nach § 333 B G B selbst dann zurückweisbar, w e n n ihr i m Valutaverhältnis zwischen Versprechensempfänger und Drittem eine Schenkung z u g r u n d e liegt. Die Ausschlagungsmöglichkeit ist somit ein legitimes Mittel zur Verhinderung einer aufgedrängten Bereicherung. Dass der Vermächtnisnehmer für die Nachlassschulden nicht persönlich haftet (sondern allenfalls mit dem übereigneten Gegenstand) ist kein A r g u m e n t gegen die A u s schlagbarkeit: Z u m einen ist das bei der lebzeitigen Schenkung nicht anders; z u m andern droht Gläubigeranfechtung hier w i e dort, w e n n Vermächtnis und Schenkungsvertrag dinglich erfüllt sind. Weitere Gesichtspunkte sprechen für die Ausschlagbarkeit des Vermächtnisses: O f t bestehen zwischen dem Vermächtnisnehmer und d e m Erblasser oder dem Beschwerten u n d dem Vermächtnisnehmer besondere persönliche Beziehungen. Das Ausschlagungsrecht ermöglicht es dem Vermächtnisnehmer, die Entscheidung über A n n a h m e oder N i c h t a n n a h m e des Vermächtnisses unter Berücksichtigung dieser persönlichen Beziehungen zu treffen. Die Möglichkeit der bloßen Nichtgeltendmachung der Forderung reicht nicht aus. Zwar ist diese Möglichkeit, anders als der Erlass der Forderung, auch ohne Z u s t i m m u n g des Schuldners gegeben. U n d gewiss ist das Legat des B G B für den Vermächtnisnehmer nicht so belastend, w i e es unter U m s t ä n d e n das Vindikationslegat w e r d e n kann, w e n n man an die aus dem Eigentum möglicherweise fließende Haftungsposition (Gefährdungshaftung etc.) denkt. A b e r es gibt eben Fälle, in denen die bloße Nichtgeltendmachung der Vermächtnisforderung nicht weiterhilft, in denen die Ausschlagung möglich sein muss, weil nur sie bestimmte Rechtsfolgen zeitigt: Ist der im gesetzlichen Güterstand lebende Ehegatte beim Tod des anderen Ehegatten mit einem ( w e n n auch noch so 304

(Fn. 119), 3.

254

§2

Vonselbsterwerb

kleinen) Vermächtnis bedacht, so erlangt er den A n s p r u c h auf Ausgleich des Zugewinns nur, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. § 2 3 0 7 I B G B gewährt dem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer, soweit der Wert des Vermächtnisses (ohne Berücksichtigung von Belastungen und Beschwerungen) reicht, einen Pflichtteilsanspruch nur, wenn der Vermächtnisanspruch (durch Ausschlagung) beseitigt wird. M a n k ö n n t e einwenden, es lasse sich ja in diesen Fällen auch die v o m B e s c h w e r t e n erklärte N i c h t a n n a h m e eines Antrags z u m Abschluss eines Erlassvertrages als probates Hilfsmittel einsetzen. A b e r zum einen wäre dieses Mittel nicht gleich eindeutig wie die Ausschlagung, damit die Rechtssicherheit nicht im gleichen U m f a n g wie bei ihr gewahrt. Z u m anderen wäre bei der beschriebenen Alternativlösung der Vermächtnisnehmer, wenn es zu einem Erlass nicht k o m m t , zu U n r e c h t bereichert. F e r n e r wirkt der Erlass nicht auf den Anfallszeitpunkt zurück. Ü b e r Wirksamkeit, U m f a n g und R e i c h w e i t e von Vermächtnissen herrscht oft Streit. D i e Ausschlagung ist nicht zuletzt ein Mittel, u m diesem Streit auszuweichen oder ihn zu beenden. O h n e die Ausschlagung müsste man in verschiedenen Rechtsgebieten - erwähnt seien das Erbschaftsteuerrecht, das Insolvenz-, Anfechtungs-

und

Zwangsvollstreckungsrecht - zu umständlichen K o n s t r u k t i o n e n und F i k t i o n e n greifen, u m die Entscheidungsautonomie des Vermächtnisnehmers, also die Möglichkeit, seine Entscheidung ohne den mittelbaren D r u c k finanzieller E n t scheidungsfolgen zu treffen, zu gewährleisten. D i e Ausschlagung ist also nicht nur ein Mittel, u m aufgedrängte Bereicherung zu verhindern, sondern sie hat auch, infolge ihrer (historisch bewährten) spezifischen Rechtsfolgen, namentlich ihrer R ü c k w i r k u n g , für den Vermächtnisnehmer zahlreiche Vorteile gegenüber einem b l o ß e n Nichtgeltendmachen der Forderung. D i e Ausschlagbarkeit der Vermächtnisforderung erweist sich mithin im G r u n d s a t z als gerechtfertigt. Dass die zweite B G B - K o m m i s s i o n die o b e n beschriebene L ö s u n g (5) abgelehnt hat, überzeugt ebenfalls. D i e G r ü n d e , die die K o m m i s s i o n s m e h r h e i t für diese Entscheidung gegeben h a t 3 0 5 , leuchten ein. Sie zeigen, dass es den B G B - V e r f a s s e r n bei § 2 1 8 0 B G B im Wesentlichen u m eine Parallelisierung in der K o n s t r u k t i o n s f r a g e zwischen der Ausschlagung von Vermächtnis und E r b s c h a f t ging. Was rechtspolitisch nicht überzeugt, ist die konkrete B G B ¿er Ausschlagung

des Vermächtnisses

Ausgestaltung,

die das

hat angedeihen lassen. Dass die H a f -

tung für Nachlassschulden w o h l durch den Erbanfall, nicht aber durch den Vermächtnisanfall und seine Dauerhaftigkeit oder Nichtdauerhaftigkeit tangiert w i r d 3 0 6 , spricht gewiss dafür, bei der B e a n t w o r t u n g der Frage, o b die Ausschla-

S.o. §2 III 2 b), S. 186 f. Darauf weisen Lange/Kuchinke (Fn. 3), § 29 IV 2 d) (S. 635) hin. Vgl. auch die auf die Ausschlagung des Vermächtnisses gemünzte Bemerkung in Motive, V, 186: „Nur bei der 305 306

VI. Rechtspolitische

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255

gung des Vermächtnisses mit derselben Beschleunigungs- und Beharrungstendenz wie die Ausschlagung der E r b s c h a f t behandelt werden sollte, U m s t ä n d lichkeiten

hintanzusetzen

und

etwa auf Amtsempfangsbedürftigkeit

und

Formpflichtigkeit der Ausschlagungserklärung zu verzichten. D i e Regelung des B G B übersieht j e d o c h völlig die Interessen des mit dem Vermächtnis B e schwerten, also in der Regel 3 0 7 des E r b e n , an einer raschen und definitiven A b wicklung des Nachlasses. Dieselben Argumente, die die zweite B G B - K o m m i s sion b e w o g e n haben, die Ausschlagbarkeit des Vermächtnisses auch n o c h nach bereits erfolgter A n n a h m e abzulehnen 3 0 8 , sprechen letztlich auch für die E i n führung einer gesetzlichen Ausschlagungsfrist. Wenn man sich nicht zu einer (kurzen) gesetzlichen Ausschlagungsfrist entschließen kann, müsste zumindest die Regelung des § 2 3 0 7 II B G B generalisiert, d.h. auf Vermächtnisse N i c h t pflichtteilsberechtigter und auf andere B e s c h w e r t e als die E r b e n ausgedehnt werden.

c) Vonselbsterwerb an den Grenzen seiner Erbschaftsteuerrecht

Legitimierbarkeit:

H a b e n die bisherigen Ü b e r l e g u n g e n das B G B - M o d e l l des (ausschlagbaren) Vonselbsterwerbs als rechtspolitisch überlegen erwiesen, so gibt es doch R e g e lungsgebiete, bei denen die Legitimation des Vonselbsterwerbs an ihre G r e n z e n stößt. Dies gilt namentlich im B e r e i c h des Erbschaftsteuerrechts 3 0 9 . N a c h § 9 I E r b S t G entsteht die Steuer bei E r w e r b e n von Todes wegen mit dem T o d des Erblassers, und nach § 11 E r b S t G ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Steuerentstehung maßgebend. D e r Steuergesetzgeber hat damit den zivilrechtlichen G r u n d s a t z des Vonselbsterwerbs sich ausdrücklich zu Eigen gemacht. Enthält der Nachlass Vermögensgegenstände, etwa börsennotierte Wertpapiere, die nach dem Erbfall (vielleicht sogar wegen des Erbfalls) rapide an Wert verlieren, so ist für die Wertermittlung nicht auf die Kenntniserlangung v o m E r b fall, geschweige denn auf die A n n a h m e der E r b s c h a f t durch den E r b e n abzustellen, sondern einzig und allein auf den Zeitpunkt des Erbfalls 3 1 0 . Hierin Erbschaft besteht ein Interesse des allgemeinen Verkehres, die Ausschlagungsfrist zu beschränken." 307 Beachte §2147 BGB. 308 S.o. §2 III 2 b), S. 186 f. 309 Zum Folgenden Meincke (Fn.94), §9 Rn.9-13, §11 Rn.5, §3 Rn. 39-41 und - als jüngstes Beispiel für die Strenge des erbschaftsteuerlichen Stichtagsprinzips - BFH, ZEV 2001, 208 (Der Ausfall einer zum Nachlass gehörenden Forderung auf Grund von Umständen, die erst nach dem Erbfall eintreten - Insolvenz des Schuldners stellt erbschaftsteuerlich kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 I 1 Nr. 2 AO dar). 310 Dasselbe Problem (das dann aber nicht mit dem Modell des Erbschaftserwerbs zusammenhängt) stellt sich, wenn die Verfügungsmacht des Erben in der ersten Zeit nach dem Erbfall durch rechtliche (Vorhandensein von Miterben, Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung) oder tatsächliche Hindernisse (Verzögerung der Erbscheinserteilung, schwer zugänglicher Auslandserwerb) eingeschränkt ist.

256

§2

Vonselbsterwerb

bekundet sich ein rigides Stichtagsdenken, das auf die faktische Verfügungsmöglichkeit des Erben wenig, auf Arbeitsersparnis bei den Finanzbehörden dagegen umso mehr Rücksicht nimmt, de lege lata mit der Billigkeitsregelung des § 163 A O nur in Ausnahmefällen zu mildern ist und de lege ferenda kaum voll zu überzeugen vermag. Man bedenke namentlich, dass bei rückwirkendem Vonselbsterwerb nach Ausschlagung eines Vormannes (§ 1953 II BGB), nach Erbunwürdigkeitserklärung (§2344 BGB) oder Anfechtung (§§ 2078 f., 142 BGB) eine erhebliche Zeit seit dem Erbfall verstrichen sein und der Wert des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände sich seither gravierend verändert haben kann (und zwar theoretisch so gravierend, dass der ganze Nachlass für die Steuer dahingegeben werden muss); bedenke ferner, dass der Erwerber oft nur aus Gründen der Steuerpflicht zur Veräußerung wertgeminderter Nachlassgegenstände und damit zur tatsächlichen Realisierung des (bis dahin nur buchmäßigen und in Zukunft vielleicht wieder auszugleichenden) Wertverlustes gezwungen ist. Bei der Besteuerung des Vermächtnisses erfahren die geschilderten Härten noch dadurch eine Steigerung, dass der Vonselbsterwerb sich nicht auf den Vermächtnisgegenstand - das BGB kennt kein Vindikationslegat [s.o. § 1 II 2 d) u. § 1 V 3] - , sondern auf die Vermächtnisforderung bezieht und der Steuergesetzgeber auch hier die zivilrechtliche Ausgangslage in voller Konsequenz übernommen hat. § 3 I Nr. 1 ErbStG sieht schon den Forderungserwerb als steuerpflichtigen Vorgang an, und § 9 I ErbStG lässt die Steuerpflicht für das Vermächtnis dementsprechend mit dem Erbfall entstehen - also nicht nur vor Kenntniserlangung vom Anfall bzw. vor Annahme, sondern auch und erst recht vor dinglicher Erfüllung des Vermächtnisses. Beispiel 10: I m N o v e m b e r 2000 verlor die am Frankfurter N e u e n Markt gelistete H e l k o n A G in der ersten Woche nach dem Unfalltod ihres Vorstandsvorsitzenden u n d G r o ß a k tionärs 26 Prozent ihres Wertes. Dies hing mit dem U m s t a n d zusammen, dass die Zukunftschancen vieler junger Firmen der „ N e w E c o n o m y " sehr stark an die Person ihrer Gründer, Vorstandsmitglieder und Hauptgesellschafter geknüpft sind. Es hing aber gewiss auch und vielleicht noch mehr mit der Tatsache zusammen, dass beim Tod eines G r o ß a k tionärs dessen Erben wegen der im Text beschriebenen „Steuerfalle" oft gezwungen sind, das Aktienpaket so schnell wie möglich zu verkaufen (was freilich in der Regel erst nach Aushändigung des Erbscheins möglich ist), u n d dass daher f ü r die übrigen Aktionäre ein weiteres Absinken des Kurses in den folgenden Wochen absehbar ist. Mit anderen Worten: Allein schon die Existenz des in den §§ 9 I, 11 E r b S t G verankerten Stichtagsprinzips sorgt oft dafür, dass die mit ihm verbundene Gefahr auch wirklich eintritt, ja sich verschärft. Beispiel 11: G e h t der Vermächtnisgegenstand in der H a n d des E r b e n vor A n n a h m e bzw. Erfüllung des Vermächtnisses ohne Verschulden eines Beteiligten unter, so erlischt zwar der schuldrechtliche Anspruch aus § 2174 BGB (§ 275 I Alt. 2 BGB), nicht aber die Steuerschuld 311 .

311

Beispiel von Meincke (Fn. 94), § 9 Rn. 13.

VI. Rechtspolitische

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De lege lata lässt sich an den steuerlichen Misslichkeiten, wie schon angedeutet, wenig ändern. Einer mehr als zögerlichen, ja regelrecht widerwilligen Praxis den § 163 A O ans Herz zu legen, bleibt unbefriedigend, und dem Steuerpflichtigen es zu erlauben 312 , dort, wo die Ablösung der Steuer durch Hingabe von Kunstwerken erlaubt ist (§ 224a AO), dem Staat die Wertermittlung zuzumuten, die der Steuerpflichtige „sich selber zumuten lassen muss", auf wenige Ausnahmefälle beschränkt. De lege ferenda könnte eine Lösung darin bestehen, dem Steuerpflichtigen den Nachweis zu eröffnen, dass ein Nachlassgegenstand im Zeitpunkt der Annahme (von Erbschaft und Vermächtnis) deutlich (z.B. mehr als 20 % ) weniger wert war als im Zeitpunkt des Erbfalls. 2. Auflage / Zuwendung

bedingungshalber

De lege ferenda sollte auch dem Auflagebegünstigten die Ausschlagung ermöglicht werden. Seine Rechtsposition ist zwar anders als beim Vermächtnis nicht die eines Anspruchsinhabers. Ein bloßes Nullum ist sie aber auf der anderen Seite auch nicht. Und materiell liegt eben auch bei der Auflage eine erbrechtliche „Zuwendung" und ein entsprechender Zuwendungswille des Erblassers vor. Außerdem kann nur mit der Ausschlagungsmöglichkeit die mit § 2271 II 1 HS. 2 BGB verbundene Problematik gelöst und die sich aus der Nichtanwendbarkeit von § 2307 BGB ergebende Misslichkeit beseitigt 313 werden. Dasselbe wie für die Ausschlagung der Auflage gilt für die Ausschlagung der Leistung bedingungshalber 314 . 3.

Testamentsvollstreckung

Die Art, wie das Gesetz den Amtsbeginn bei der Testamentsvollstreckung regelt, vermag rechtspolitisch nicht zu überzeugen. Dass es nicht mit dem Erbfall (oder dem vom Erblasser angeordneten Zeitpunkt) zu einem ipso-iure-Anfall des Amtes kommt, bedeutet zunächst einmal - angesichts der Regelung bei Erbschaft, Vermächtnis und Auflage - einen Systembruch. Dass es sich bei Erbschaft und Vermächtnis (und der Sache nach auch bei der Auflage) um „Zuwendungen" handelt, bei der Testamentsvollstreckung nicht, vermag die unterschiedliche Behandlung nicht zu rechtfertigen, da der Zuwendungscharakter auch beim ebenfalls automatisch anfallenden Pflichtteilsanspruch fehlt. Zweitens entspricht es dem faktischen Normalfall, dass der ernannte Testamentsvollstrecker, weil schon zu Lebzeiten vom Erblasser informiert oder in einem engen Vertrauensverhältnis zu diesem stehend, das Amt annimmt. Das Gesetz 312

Meincke (Fn. 94), § 11 Rn. 5.

3,3

S.o. § 2 III 3, S. 195 ff. S.o. § 2 III 4, S. 200.

314

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sollte, wie bei Erbfolge, Vermächtnis, Auflage und Pflichtteilsanspruch, bei seiner Regelung vom faktischen Regelfall ausgehen. Drittens würde man mit der hier vorgeschlagenen Lösung die missliche Situation vermeiden, dass in der ersten Zeit nach dem Erbfall der Nachlass „handlungsunfähig" wird, weil weder der Erbe - für ihn gilt § 2211 B G B ab dem Erbfall - noch der Testamentsvollstrecker aktiv werden kann. Die dogmatischen Hilfskonstruktionen für verfrühtes Handeln des Testamentsvollstreckers 3 1 5 zeigen einerseits die praktischen Misslichkeiten der heutigen Lösung und andererseits die Notwendigkeit einer neuen Regelung des Amtsbeginns. Viertens hat der Gesetzgeber seine eigenen Grundentscheidungen über die Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung bei § 2202 B G B nicht konsequent eingehalten 3 1 6 . Als nicht dem Schutz Dritter dienendes, nur in der Erblasser-, Erben- und Vermächtnisnehmersphäre angesiedeltes Institut verlangt die Testamentsvollstreckung keineswegs nach einer Regelung, die das Amt nur demjenigen überträgt, der es (jedenfalls gegenwärtig) wirklich will - zumal die Fälle, in denen der Ernannte das Amt nicht will, selten sind. Ja, der ipso-iureAnfall dürfte letztendlich auch den Nachlassgläubigern zugute kommen, da auch für sie das jetzige „Interregnum" bis zur Amtsannahme sich als wenig hilfreich erweist. Fünftens schließlich ist die vom Gesetz geforderte Annahmeerklärung gegenüber dem Nachlassgericht schon ein Stück Staat zuviel, obwohl dem Gericht rechtlich hier nur eine rein passive Funktion zugesprochen ist. Würde man das Amt automatisch anfallen lassen, bedürfte es keiner Ausschlagungsmöglichkeit 3 1 7 ; denn der Testamentsvollstrecker kann jederzeit kündigen (§2226 BGB).

4. Pflichtteil Beim Pflichtteilsanspruch sollte de lege ferenda eine an die Regelung beim Vermächtnis (und bei der Auflage) angelehnte Ausschlagungsmöglichkeit geschaffen werden 3 1 8 . Auch hier kann es nichts verschlagen, dass es sich beim Pflichtteilsanspruch nicht um eine Zuwendung des Erblassers handelt. Letzteres ist der Sache nach übrigens noch nicht einmal zwingend, weil es durchaus Fälle gibt, in denen der Erblasser die gesetzliche Pflichtteilsregelung kennt und akzeptiert. Jedenfalls sollte das „Zuwendungsargument" deshalb nicht den Ausschlag geben, weil auch das zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs Geleistete vom Erblasser S.o. § 2 118, S. 157 f. S.o. § 2 11 8, S. 158 ff. 3 1 7 Natürlich müssten einige Folgeregelungen sachgerecht angepasst werden (vgl. z.B. §211 BGB). 3 1 8 Kritisch zur gegenwärtigen Rechtslage auch Lange/Kucbinke (Fn. 3), § 3 7 V I I I 2 c) (S. 922) u. MünchKomm/Frank (Fn. 39), § 2317 Rn. 5. 315

316

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Bewertung

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stammt. D i e Ausschlagungsmöglichkeit würde sich zudem besser ins erbrechtliche Gesamtsystem fügen. D a r ü b e r hinaus würden die o b e n 3 1 9 dargestellten, v o m G e s e t z selber oder durch Interpretation des Gesetzes vorgegebenen Sachlösungen in Einzelfragen sich nicht unnatürlicherweise als Ausnahmen von der G r u n d k o n s t r u k t i o n des Gesetzes darstellen, sondern als zwangslos-natürliche Folge derselben. M i t der Ausschlagungslösung wäre auch die Rechtsunsicherheit beseitigt, die sich aus der Unschärfe einiger v o m geltenden R e c h t verwendeter Begriffe („anerkannt" - § 852 I Z P O - / „Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs - E r b S t G - ) ergibt. H i n z u k o m m t , dass bei Ausschlagbarkeit des Pflichtteils ein bestehender Streit über die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung (§§ 2 3 3 3 ff. B G B ) oder eines lebzeitigen Pflichtteilsverzichts (§§ 2 3 4 6 ff. B G B ) leichter beendet werden könnte; denn wie das Vermächtnis 3 2 0 müsste auch der Pflichtteil selbst dann ausgeschlagen werden können, wenn ein Anspruch wegen der §§ 2333 ff., 2 3 4 6 ff. B G B nicht bestünde. Fraglich ist, o b man das Ausschlagungsrecht nur auf den

Vi\ichx.te\\sanspruch

(natürlich samt den Ansprüchen aus §§ 2 3 0 5 , 2 3 2 5 ff. B G B ) oder auf das PflichtteilsrecÄi zu erstrecken hätte. Letzteres dürfte sachgemäß sein 3 2 1 , sodass mit der Ausschlagung sämtliche aus dem Pflichtteilsrecht fließenden R e c h t s p o sitionen ( z . B . A n s p r u c h aus § 2 3 1 4 B G B , Einreden aus § § 2 3 1 8 I I I , 2 3 1 9 B G B ) entfallen würden. Was die A u s w i r k u n g der Ausschlagung des Pflichtteilsrechts auf die Pflichtteilsrechte anderer Pflichtteilsberechtigter angeht, so dürfte sich gegenüber der jetzigen Rechtslage nichts ändern: N a c h heutigem R e c h t führen die N i c h t g e l tendmachung und der Erlass des Pflichtteilsanspruchs nicht zur E r h ö h u n g der Pflichtteilsquote anderer Pflichtteilsberechtigter ( § 2 3 1 0 S. 1 Alt. 1 B G B ) . F ü r die A n w e n d b a r k e i t von § 2 3 1 0 S. 1 Alt. 1 B G B ist es unerheblich, o b der durch letztwillige Verfügung von der E r b f o l g e Ausgeschlossene selbst den Pflichtteil verlangen kann oder, z . B . bei Pflichtteilsentziehung oder Pflichtteilsunwürdigkeit, nicht verlangen k a n n 3 2 2 . W e n n nach herrschender M e i n u n g § 2 3 1 0 S. 1 Alt. 1 B G B schon eingreift in dem Fall, dass der von der E r b f o l g e Ausgeschlossene den Pflichtteil bereits von A n f a n g an, also v o m Erbfall an, nicht verlangen kann (Pflichtteilsentziehung und Pflichtteilsunwürdigkeit), so gilt dies natürlich erst recht für die Fälle des faktischen Nichtgeltendmachens und des Erlas§ 2 III 7, S. 200 ff. Vgl. nur MünchKomm/Schlichting (Fn. 30), §2180 Rn. 7 m.w.N. 321 Dass § 2345 II BGB nur von der Anfechtung des „Pflichtteilsanspruchs" (wegen Unwürdigkeit) spricht (unter den Begriff fallen nach einhelliger Meinung auch Pflichtteilsrestanspruch, §§2305, 2307 BGB, und Pflichtteilsergänzungsanspruch, §§2325 ff. BGB), ist nicht von Belang. Die Entziehung des Pflichtteils (§§ 2333 ff. BGB) bezieht sich auf das Pflichtteilsrecht als Ganzes, nicht nur auf den Pflichtteilsanspruch [vgl. nur Lange/Kucbinke - Fn. 3 - , §37 XIII 1 a) (S. 962)]; ebenso §2346 I, II BGB; auch der Erbe, der die Erbschaft ausschlägt, verliert (i.d.R.) das Pflichtteilsrecht als Ganzes. 322 H.M., vgl. nur MünchKomm/Frank (Fn. 39), § 2310 Rn. 2. 319 320

260

§2

Vonselbsterwerb

ses. W ä r e das Pflichtteilsrecht ausschlagbar und würde es ausgeschlagen, würden sich die Pflichtteilsrechte anderer Pflichtteilsberechtigter ebenfalls nicht ändern. S c h o n heute wird nach § 2 3 1 0 S. 1 Alt. 2 B G B der die E r b s c h a f t A u s schlagende unabhängig davon mitgezählt, o b er durch die Ausschlagung sein Pflichtteilsrecht einbüßt oder nach § 2 3 0 6 1 2 B G B den Pflichtteilsanspruch erst gewinnt 3 2 3 ; dasselbe gilt übrigens für die Erbunwürdigkeitserklärung ( § 2 3 1 0 S. 1 Alt. 3 B G B ) , die dem E r b u n w ü r d i g e n , falls er z u m Personenkreis des § 2 3 0 3 B G B gehört, ja auch das Pflichtteilsrecht n i m m t . W ü r d e die Ausschlagbarkeit des Pflichtteilsrechts eingeführt, bräuchte der Gesetzgeber am Wortlaut des § 2 3 1 0 B G B nichts zu ändern. Dass die L ö s u n g von § 2 3 1 0 S. 1 B G B für die Ausschlagung des Pflichtteilsrechts, die nur dem E r b e n zustatten käme und nicht die Pflichtteilsquoten D r i t t e r erhöhte, auch in der Sache überzeugt, ergibt sich aus folgender Überlegung: D e r Erblasser, der mit der Ausschlagung des Pflichtteils nicht zu rechnen braucht, soll die H ö h e der einzelnen in B e t r a c h t k o m m e n d e n Pflichtteilsansprüche überschauen k ö n n e n . W ü r d e der Ausschlagende nicht mitgezählt, würde dem Willen des Ausschlagenden Einfluss auf die Q u o t e anderer Pflichtteilsberechtigter zugesprochen und eine definitive B e rechnung der anderen Pflichtteilsansprüche u m eine nicht unerhebliche Zeit hinausgeschoben 3 2 4 . Dass für die Ausschlagung nicht selten eine A b f i n d u n g gezahlt werden dürfte, ändert an diesen Erwägungen nichts: Erstens ist das auch bei der Ausschlagung der E r b s c h a f t so, und zweitens zahlt die A b f i n d u n g der E r b e und nicht, wie im Fall des § 2 3 1 0 S. 2 B G B (Erbverzicht), der Erblasser, sodass die Pflichtteilsansprüche Dritter, anders als b e i m entgeltlichen Erbverzicht, auch nicht mittelbar tangiert werden. D i e Ausschlagbarkeit des Pflichtteils würde j e d o c h gegenüber der bisherigen Rechtslage zu Änderungen beim Pflichtteilsrecht entfernterer Pflichtteilsberechtigter führen (§ 2 3 0 9 B G B ) . Beispiel 12: Der verwitwete E hat zwei Söhne S, und S 2 , S, seinerseits zwei Söhne Ej und E 2 . E setzt S 2 testamentarisch zum Alleinerben ein. - Sj hat nach dem Tod des E einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/4 des Nachlasswertes (§§ 2303 I, 1924 BGB). Ej und E 2 steht nach gegenwärtigem Recht kein Pflichtteilsanspruch zu, da Sj als näherer Abkömmling des E, „der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann" (§ 2309 BGB). Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der näher Berechtigte (Sj) den ihm de iure zustehenden Pflichtteilsanspruch de facto nicht geltend macht 325 oder ihn durch Vertrag mit dem Erben (S 2 ) erlässt (§ 397 BGB). - Würde das B G B die Ausschlagung des Pflichtteils zulassen, so müsste bei Ausschlagung des näher Pflichtteilsberechtigten ( S J dieselbe Rechtsfolge eintreten, wie sie heute schon eintritt, wenn dem (enterbten) näher Berechtigten der Pflichtteil entzogen wurde (§§ 2333 ff. BGB), wenn dessen Anspruch wegen Unwürdigkeit angefochten ist (§ 2345 II BGB) oder wenn er durch Vertrag mit dem

323 H.M., vgl. nur Planck/Greiff {Fn.37), §2310 Anm. 2 b; RGRK/Johannsen §2310 Rn. 1; MünchKomm/Frank (Fn. 39), §2310 Rn. 3. 324 So für die Ausschlagung der Erbschaft Motive, V, 404. 325 Vgl. nur MünchKomm/Frank (Fn. 39), § 2309 Rn. 6.

(Fn.38),

VI. Rechtspolitische

Bewertung

261

Erblasser (ohne Erstreckung auf die Abkömmlinge) auf den Pflichtteil verzichtet hatte (§ 2346 II BGB): In den drei zuletzt genannten Fällen hält die herrschende Meinung die entfernter Berechtigten (Ej, E 2 ) für pflichtteilsberechtigt. Bei von Sj erklärter Ausschlagung des Pflichtteils würden mithin E, und E2 jeweils einen Pflichtteil in Höhe von 1/8 erhalten. Es versteht sich von selbst, dass §2310 S. 1 BGB hier nicht gelten würde. Denn wenn beim Wegfall eines Abkömmlings nach § 2309 BGB entferntere Abkömmlinge oder die Eltern des Erblassers pflichtteilsberechtigt werden, so ergibt sich aus der ratio des § 2309 i.V. mit §§ 1924 II, 1930 BGB, dass der als Pflichtteilsberechtigter ausfallende näher Berechtigte nicht zu Lasten des entfernter Berechtigten mitgezählt werden darf; § 2309 BGB enthält insoweit eine Sonderregelung zu § 2310 BGB 326 . Hätte E im Beispielsfall zwar keine Enkel (Ej und E 2 ) hinterlassen, wohl aber eine (ebenso wie Sj enterbte) Tochter T, und schlüge S, den Pflichtteil aus, so bliebe es für den Pflichtteil der T bei § 2310 S. 1 BGB. - Im Beispiel könnte die Ausschlagung durch S, vor allem steuerlich günstig sein; so etwa, wenn S, von E in den letzten zehn Jahren den Freibetrag ausschöpfende (auf den Pflichtteil nicht anrechenbare) Schenkungen erhalten hat, oder wenn eine doppelte Besteuerung des Pflichtteilsbetrages vermieden werden soll. Würde nach heutigem Recht Sj seinen Pflichtteilsanspruch unentgeltlich an E, und E2 abtreten und würden E, und E2 den Anspruch gegen S 2 geltend machen, so träte die Steuerpflicht in der Person des S] ein; zudem läge eine (zusätzlich steuerpflichtige) Schenkung des S, an E] und E2 vor. Würde S] mit S 2 Erlass seines Pflichtteilsanspruchs gegen Zahlung eines entsprechenden Betrages an E, und E2 (Vertrag zugunsten Dritter) vereinbaren, so läge für S, der Erbschaftsteuertatbestand der §§ 3 II Nr. 4 Alt. 1, 9 I Nr. 1 f Alt. 1 ErbStG (Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch) und zusätzlich für das Verhältnis Sj / Ej und E2 der Schenkungsteuertatbestand der §§ 7 I Nr. 1, 9 I Nr. 2 ErbStG vor. A u c h in anderen erbrechtlichen Zusammenhängen 3 2 7 w ü r d e die Ausschlagung des Pflichtteils zu anderen Rechtsfolgen führen. Das kann etwa im U m f e l d der § § 2 3 1 8 ff. B G B der Fall sein. Beispiel 13: Der verwitwete E stirbt unter Hinterlassung eines Testamentes, in dem er seinen einzigen Abkömmling, den Sohn S, enterbt, seinen Freund Fj zum Alleinerben eingesetzt und einem weiteren Freund F 2 ein Vermächtnis über 20.000 DM ausgesetzt hat. Der Nachlasswert beträgt 60.000 DM. - Nach heutigem Recht gestaltet sich die Rechtslage wie folgt: Falls die Auslegung des Testamentes keinen abweichenden Willen des E ergibt (§ 2324 BGB), haben F, und F2 den Pflichtteilsanspruch des S in Höhe von 30.000 DM (§§ 2303 I 2, 1924, 1930, 2311 BGB) im Innenverhältnis (im Außenverhältnis haftet allein der Erbe, § 1967 BGB) im Verhältnis 40.000 : 20.000 = 2 : 1 zu tragen (§ 2318 I BGB). F! kann den Vermächtnisanspruch des F 2 mittels peremptorischer Einrede um 10.000 DM kürzen oder, falls er bereits 20.000 DM an F 2 gezahlt hat, Zahlung von 10.000 DM verlangen (§ 813 BGB). Macht S den Pflichtteilsanspruch nicht geltend, lässt er ihn verjähren oder erlässt er ihn (§ 397 BGB), so ändert sich am Ergebnis, insbesondere an der Anwendbarkeit von § 2318 I BGB, nichts 328 . - Würde das BGB Ausschlagung des Pflichtteils zulassen und würde S im Beispielsfall ausschlagen, so gäbe es (unterstellt, E hat keine Eltern hinterlassen,

326 RGRK/Johannsen (Fn.38), §2310 Rn.2; Soergel/Dieckmann (Fn.39), §2310 Rn. 1; Palandt/Edenhof er (Fn. 5), § 2310 Rn. 1. 327 Für außererbrechtliche Fragen ist auf die Ausführungen zur Annahme und Ausschlagung des Vermächtnisses zu verweisen (s.o. §2 III 2). 328 So für den Erlass der Pflichtteilsforderung LG München II, NJW-RR 1989, 8; Palandt/ Edenhof er (Fn. 5), § 2318 Rn. 1.

262

5 2

Vonselbsterwerb

vgl. § 2309 BGB) keine „Pflichtteilslast" mehr, denn das einzige Pflichtteilsrecht wäre rückwirkend entfallen, § 2318 I B G B griffe daher nicht ein.

Insgesamt kann man sagen: Nichtgeltendmachung und Erlass des Pflichtteilsanspruchs kommen erbrechtlich immer nur dem Erben zugute. Ausschlagung des Pflichtteils käme im Rahmen des § 2310 BGB dem Erben, sonst aber möglicherweise auch anderen erbrechtlich Beteiligten, sei es den entfernteren Pflichtteilsberechtigten des § 2309 BGB, sei es dem Vermächtnisnehmer im Rahmen des §2318 BGB, zugute. In der Ausgestaltung von Annahme und Ausschlagung des Pflichtteils sollte das Gesetz sich nicht an Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, sondern an Annahme und Ausschlagung des Vermächtnisses anlehnen. Für die Ausschlagung des Pflichtteilsrechts wäre demnach nicht formgebundene Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht, sondern formlose Erklärung gegenüber dem mit dem Pflichtteil Beschwerten, also dem Erben, zu verlangen. Wegen des bei bloß obligatorischen Ansprüchen geringeren öffentlichen Interesses, das nicht zuletzt mit der fehlenden Beteiligung von Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern an der Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern zu tun hat, ist auch die Anfechtung wegen Unwürdigkeit bei der Erbenstellung einerseits (Klage nach § 2342 BGB) und der Position von Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern andererseits (§ 2345 I 2 BGB erwähnt § 2342 BGB nicht) unterschiedlich geregelt. Der für die Ausschlagung des Vermächtnisses gemachte Vorschlag, eine gesetzliche Frist 329 einzuführen, sollte auch bei der Ausschlagung des Pflichtteils beachtet werden.

329

S.o. §2 VI 1 b), S. 254 f.

Stichwortverzeichnis Abfindung - Erbausschlagung 74, 179 - Pflichtteilsverzicht 74,202,208,218,261 - Vermächtnisausschlagung 74,184,209, 251 - Zugewinnberechnung 74 Abtretungsverbot 32 Actio ex testamento 185 Aditio hereditatis 164 A G O 171 Allgemeines Landrecht (ALR) 16 f., 131, 150,168, 171,243 Allodialschulden 53 Anerbenrecht - Allgemeines 53 ff., 108 ff. - rechtspolitische Bewertung 108 ff. - Zwecke 108 f. Anerkennung Pflichtteilsanspruch 204 f., 211, 215 ff., 235 Anfall 141, 151 Anfallserwerb s. Vonselbsterwerb Anfechtung (§§ 2078 ff. BGB) 39, 145 Angehörige - Rangverhältnis 135 Angelsächsisches Recht 2, 131, 142, 161, 167,244 Annahme der Erbschaft - Allgemeines 164 ff., 187 - Anfechtung 169 - Annahmefiktion 166 ff. - Wirkungen 173, 177 Annahme des Auflagebegünstigten 197 f. Annahme des Vermächtnisses - Allgemeines 181, 187, 189ff., 209f. - rechtspolitische Bewertung 248 ff. - Wirkungen 181 f., 189 ff., 209 f. Annahmebedingung 239 f. Annahmeverzug vor Annahme 211 f. Anteile an Personengesellschaften 56 ff., 107 ff. Antizipierte Abtretung 10 f., 14 Antrittsmodell 2, 142, 147, 245 ff. Anwartschaftsrecht 81, 121 Aquisition 147

Auflage - Allgemeines 152, 195 ff., 257 - Anfechtung 196 - Auflageunwürdigkeit 196 - Ausschlagung 195 ff. - Ausschlagung durch Begünstigten 197 ff., 257 - Auswirkung bei Zugewinngemeinschaft 199 - Begünstigter 152, 197ff. - Erbschein 196 - Inhalt 195 f. - keine Zuwendung 195 f. - rechtspolitische Bewertung 257 - Steuerrecht 153, 197 - Vollziehungsberechtigter 152, 196 f. - Vonselbsterwerb 152 Auflagebegünstigter 152, 197 ff., 257 Aufrechnung 165, 211, 243 Auseinandersetzungsguthaben 14 Ausschlagung - Bedingungszuwendung 200 - durch Erbeserben 223 - Fiktion 247 - Fristbeginn 247 - Pflichtteil 258 ff. - Sozialrecht 231 ff. - Teilungsanordnung 200 - Vergleich mit Pflichtteilserlass 210 f. - Verpflichtung zur ~ 200 Ausschlagung der Erbschaft - Abfindung 74, 179 - Abgrenzung zur Anfechtung 178 - Allgemeines 163 ff., 242 ff. - Anfechtung 169 - dogmatische Konstruktion 173 ff. - durch Minderjährigen 170 f. - Formpflicht 167 - Fristlänge 167 - Gestaltungsmittel 178 ff. - Insichgeschäft 213 - InsO und A n f G 171 - keine Schenkung 170 - Kostenpflicht 167

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Stichwortverzeichnis

- Steuerrecht 170, 179 f. - Verzicht auf Ausschlagung 187 f., 194 - Voraussetzungen 166 f. - Wirkungen 145, 169 ff., 201 Ausschlagung des Vermächtnisses - Abfindung 7 4 , 1 8 4 , 2 0 9 , 2 5 1 - Adressat 181, 186 - Allgemeines 180 ff., 248 ff. - Ausschlagungsfrist 181 f., 186, 254 f. - Berliner Testament 180 - Ersatzberufener 182 f. - Form 181, 186 - Formalprinzip 221 - geschichtliche Entwicklung 185 ff. - Insichgeschäft 213 - InsO und AnfG 183,219 - Minderjährigkeit 183 - nach Pfändung 219 - Römisches Recht 185 f. - Sachprinzip 221 - Schenkung? 183 - Steuerpflicht 184,209 - Steuervorteile 184 - Unterhaltsrecht 230 - Vererbbarkeit des Ausschlagungsrechts 180 - Verhältnis zum Erlass 183 f., 187, 254 - verlängerte Ausschlagbarkeit 250 - Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 185 - Verzicht auf Ausschlagung 187 f., 194 - Wirkungen 182 ff. - Zugewinnausgleich 254 Ausschlagung durch Auflagebegünstigten 197 f., 257 Ausschlagungsrecht des Sozialhilfeempfängers 231 Bedachter 195 Bedingungszuwendung - Allgemeines 152 f., 199 f., 257 - Anfall 153 - keine Ausschlagung 199 - keine Zuwendung 195 - rechtspolitische Bewertung 257 - Steuerrecht 153 - Verzichtsvertrag 200 Behindertentestament 236 f. Beratungsfehler 178 ff. Bereicherungsrecht 34 Berliner Testament - Allgemeines 218, 233, 237 - Pflichtteils verzieht 218

Beschränkte Gesamterbfolge 56, 60 Besitzübergang 31 ff. Bestattungswesen 7, 135 Bindung an Antrag 10 Causa mortis - Begriff 36 - Beseitigung der erbrechtlichen ~ 39 - Bindungsfreiheit 39 - Entgeltlichkeit 36 f. - Ergänzung durch lebzeitige causa 37 - Legitimationswirkung 37 - Unikausalität 36 ff. - Vermächtniscausa 39, 189 ff. - Verpflichtungscausa 36 - Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 124 Concessio rei certae 26 Condicionis implendae causa datum 152 Confusio bonorum 47, 50 Cretio 164 Damnationslegat - Allgemeines 149,248 - Ausschlagung 185 - Veruntreuungsgefahr 100 De universitate actio 49 Delation 147 Dies cedens 149 ff. Dies veniens 149 ff. Dingliche Teilungsanordnung 24, 107 Donatio mortis causa 116 f., 125 Drittbestimmung post mortem 43 f. Eintrittsrecht 63 Einweisungsmodell 2, 142, 241, 243 f. Endemannsche Theorie 173 ff. Erbanfall - Antrittsmodell 142,245 - Einweisungsmodell 2, 142, 241, 243 f. - Verwaltermodell 142, 244 - Voraussetzungen 146 - Wirkungen der Vorläufigkeit 165 - Zeitpunkt 142 Erbe - Nasciturus 143 f. - Sozialhilfeempfänger 231 Erbeinsetzung unter Bedingung 143, 240 Erbenbesitz 31 ff. Erbengemeinschaft - als Personengesellschafterin 58,114 - bei Ubergang von Gesellschaftsanteilen 57 ff., 112 ff.

Stichwortverzeichnis - Bruchteilsgemeinschaft 49 - Gesamthandsgemeinschaft 24, 49 f. - Höfeordnung 54 f., 111 Erbenhaftung - Anerbenrecht 53, 55 - Anteil an Personengesellschaft 59 - fortgesetzte Gütergemeinschaft 84, 87 f. - Haftung Vermächtnisnehmer 187 - Mietverhältnis 63 f. - nach Annahme / Ausschlagung 167 ff. - Sozialrechtliche Ansprüche 63 Erbfähigkeit 143 ff. Erbfall als personenrechtlicher Vorgang 45 Erbfolge - Ausschluss durch Erblasser 51 - Pluralität von ~ n 15 Erblasservermögen 97 Erbquote - Besonderheit bei Gesellschaftsanteilen 58 Erbschaft - einheitliches dingliches Recht 44 Erbschaftsanspruch 48 Erbschaftsantritt 2, 142, 245 ff. Erbschaftskauf 46 f. Erbschaftsteuer s. Steuerrecht Erbschaftsvertrag 202 Erbschatz 16 f. Erbschein - dingliche Teilungsanordnung 107 - Funktion 97 - Gütergemeinschaft 85 - institutio ex re certa 107 - Kostenfestsetzung 224 - Vindikationslegat 104 f. Erbunwürdigkeit 39, 145 f., 260 Erbverzicht - bei fortgesetzter Gütergemeinschaft 86 - gegenständlich beschränkter ~ 25 f. - teilweiser ~ 25 f. Ergänzungspfleger 214 Erlass - Anfechtung nach InsO 187 - Auflagevollziehungsberechtigter 196 f. - Pflichtteilsanspruch 201, 207, 214 ff., 220 ff., 259 - Teilerlass 184,209 - Teilungsanordnung 200 - Verhältnis zur Ausschlagung des Vermächtnisses 183 f., 187 Ersatzberufener - Zeitpunkt der Bestimmung 183 - Zeitpunkt des Anfalls 183

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Erwerb - Entgeltlichkeit des ~s 37f. - steuerpflichtiger ~ 20 - vom Nichtberechtigten 33 - von Todes wegen 73 ff. Eventualerbe 145 Exceptio pacti 185 Extranei 142, 149 Familien- und Verwandtenerbrecht 1, 3 f., 241 Familienpapiere 138 f. Feudalschulden 53 FeuerbestG 7 Fideikommiss 16 f., 53, 130 Formenzwang - Einschränkung der Testierfreiheit 2 Formprivileg 125 ff. Fortgesetzte Gütergemeinschaft s. Gütergemeinschaft, fortgesetzte Französisches Recht 16f., 142 f., 146, 150, 163, 167 f., 171 ff. Geltendmachung Pflichtteil - steuerrechtlich 207 ff., 216 - zivilrechtlich 204,214 Generalerbfolge 17 Gerade 16 f., 130 Gesamterbfolge - beschränkte ~ 56, 60 Gesamtgut - Allgemeines 84 ff. - Verzicht auf Anteil 86 Gesamtgutsverbindlichkeiten 84 Gesamtrecht am Nachlass 44 ff. Geschäftsobligation 248 ff. Gesellschaftsanteile 56 ff., 60, 107 ff. Gesellschafts vertrag 14, 56 f., 113 f. Gestaltungsmittel 178 Gläubigeranfechtung - Unterlassen der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs 217 Griechisches Recht 23, 105 Grundbuch 31 Grundstücke 31 Gütergemeinschaft, fortgesetzte - Allgemeines 51, 83 ff., 130 ff. - Ausschlagung 86 - Ausschluss 86 - Pflichtteil 84 ff. - rechtspolitische Bewertung 131 f. - Steuerrecht 89 ff. - Verzicht 86

266

Stichwortverzeichnis

- Zweck 84 Gutgläubiger Erwerb 33, 47 Haftung - bei fortgesetzter Gütergemeinschaft 88 - des Hoferben 53 - für Nachlassverbindlichkeiten 1 1 , 5 9 , 8 4 - gesamtschuldnerische ~ 55 - persönliche ~ 13, 47, 50 - persönliche ~ der Miterben 50 Hauserben 163 f. Heergerät 16 f., 130 Herausgabeansprüche 48 f. Hereditas iacens 142,173 Hereditatis petitio 48 f. Höchstpersönlichkeit (§ 2065 B G B ) 42 f., 239 f. Hofeigenschaft 55, 109 f. Höfeordnung - Abrechnungsgemeinschaft 55 - Allgemeines 53 ff., 107 ff. - Einerbenprinzip 5 3 , 1 1 1 , 1 4 1 - Einheitlichkeit des Nachlasses 55 - gesonderte Ausschlagung 55 - Prinzip der Alleinerbfolge 54 Hoferbe - Allgemeines 53 f. - Bestimmung durch Ehegatten 145 f. - formlos bestimmter ~ 110 f. - gesamtschuldnerische Haftung mit dem Erben des sonstigen Vermögens 55 - gesetzlicher ~ 111 f. - Miterbeneigenschaft 55 Honor institutionis 203 Insichgeschäft - Erbschaftsausschlagung 212 ff. - Pflichtteilserlass 212 ff. - Vermächtnisausschlagung 212 f. Insolvenzanfechtung - Erbschaftsausschlagung 171 f., 211 - Pflichtteilserlass 211,217 ff. - Verfügung über Pflichtteilsanspruch 216 f. - Vermächtnisausschlagung 183,211 Insolvenzbeschlag 218 f. Insolvenzmasse - Verwaltung 219 - Verwertungsreife 219 Institutio ex re certa 17 f., 26, 107 Interessenkonflikt - Insichgeschäft 212 f. - zwischen Eltern und Kindern 213 f.

Inventar 167 f. Invito non datur 163, 194 f., 252 f. IPR 4 f., 23 f., 65 Italienisches Recht 23, 167 f., 170 ff. Ius successionis 147 Kollisionsrechtliche Nachlasseinheit 4 f., 23 f. Konfusion 14 f., 47, 147 Konkursbefangenheit Pflichtteilsanspruch 205,218 Kostenrecht - Erbscheinsverfahren 224 Kündigung des Mietverhältnisses 65 KunstUrhG 7 Landwirtschaftliche Betriebe 108 f. Lebensgefahrschenkung 116 f. Lebensversicherung - Abtretung durch Versicherungsnehmer 68 - Änderung Bezugsberechtigung durch Verfügung von Todes wegen 75 - Ehescheidung 69 - Erben als Bezugsberechtigte 72 - Gegenstand unentgeltlicher Zuwendung 68 f., 129 - Gläubigeranfechtung 68 f., 73, 129 - Pflichtteilsberechnung 68 f., 72 f. - rechtspolitische Bewertung 128 f. - Steuerrecht 75 - Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts 68 - Zugewinnberechnung 73 f. Lehen 16 f., 130 Leistung bedingungshalber - Allgemeines 152 f., 199 f., 257 - Anfall 153 - keine Ausschlagung 199 f. - keine Zuwendung 195 - rechtspolitische Bewertung 257 - Steuerrecht 153 - Verzichtsvertrag 200 Mandatstheorie 161 f. Mietverhältnis - Allgemeines 63 f., 132 f. - Eintrittsrecht 63 - Haftung der eintretenden Personen 63 - Haftung des Erben 64 - rechtspolitische Bewertung 132 f. - Sonderkündigungsrecht 63 f. Mittelspersonen 81 ff., 118, 121 Mortis causa donatio 116 f., 125

Stichwortverzeichnis Nacherbanfall 143 Nacherbschaft s. Vor- und Nacherbschaft Nachfolgeklausel - erbrechtliche 56 ff., 112 ff. - qualifizierte 58, 60, 112 f. - rechtsgeschäftliche 57 Nachlass - Abwicklung 97 - Anspruch aus Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 66, 124 - Anteil an Personengesellschaft 59 - Gesamtrecht am ~ 44 - Haftungseinheit 97 - Herausgabeansprüche 48 - kollisionsrechtliche ~ einheit 4 - Nießbrauch am ~ 47 - öffentliche ~ fürsorge 97 - Sondervermögen 47 - Wertermittlung 255 Nachlassgericht - Aufgaben bei der Testamentsvollstreckung 157 Nachlassinsolvenz 104 ff. Nachlasspfleger 98 Nachlassspaltung 5 Nachlassverbindlichkeit - Pflichtteil 208,222 - Ubergang 11 ff. - Unterhaltsansprüche 237 - Werdende Passiven 13 f. Nachlassverwaltung 103 f. Nachlasswert - Einfluss durch Pflichtteilsverbindlichkeit 222 Nasciturus 143 ff. Nemo liberalis nisi liberatus 234 Nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest 39 Neutralität der Universalsukzession 43, 99, 240 ff. Nichteheliche Lebensgemeinschaft 138 Nichteingetragene Lebenspartnerschaft 138 Nichtvererbbarkeit 6 Niftel 16 f. Numerus clausus 2 Objektives Vermögensrecht 41 Organentnahme - Zustimmungszuständigkeit 135 Österreichisches Recht 2, 142, 243 Pactum de non petendo 185,202 Paterna paternis, materna maternis 16

267

Personale Komponente des Erbenstatus 41 Personengesellschaft - Anteile 56 ff., 107 f., 112 ff. - Auflösung 57 Persönlichkeitsrecht - des Angehörigen 133 - Einsicht in Krankenunterlagen 137 - Organentnahme 135 - postmortales - 6 ff., 129 f., 133 ff. - Urheberrecht 7ff., 129f., 134 - Vererblichkeit 133 Persönlichkeitsrechte - Nachfolgein - 6ff., 129f. Pfändbarkeit - Erbteil 107 - Pflichtteilsanspruch 211, 214 ff. - Vermächtnisanspruch 219 Pfandrecht - Abfindung 218 - Ausschlagungsrecht 219 - Pflichtteilsanspruch 215 - Uberweisungsbeschluss 216 f. - unpfändbare Gegenstände 218 - Vermächtnis 219 - Verwertungsreife 216 Pflegschaft für Leibesfrucht 144 Pflichtteilsanspruch - Allgemeines 153 ff., 201 ff., 258 ff. - Anspruchsentstehung 153, 155 ff., 201 - Aufrechnung 211 - Ausschlagbarkeit 203 ff., 258 ff. - Auswirkung auf Unterhalt 230 - Berechnung 153 f., 253 f. - Berücksichtigung beim Zweiterbfall 223 - Entziehung 154 - Erbschaftsteuer 207 f. - Erlass s. dort - fiktive Erträge 226 - fortgesetzte Gütergemeinschaft 84 ff. - Geltendmachung 207 ff., 210, 214 - Geltendmachung durch Sozialhilfeträger 238 - geschichtliche Entwicklung 203 ff. - im Erbscheinsverfahren 224 - Insolvenzbeschlag 218 - Interessenkollision mit Eltern 212 ff. - Konkursbefangenheit s. dort - nach der Ausschlagung 155 - Pfändbarkeit 211, 214 f. - Quote 259 - rechtspolitische Bewertung 258 ff. - Schenkungsteuer 207 - Sozialrecht 231 ff.

268

Stichwortverzeichnis

- Verfügung über den Anspruch 215 - Verhältnis zur Schenkung 220 - Verzicht 154 - Wirkungen der Anfechtung 154,216 - Zugewinnausgleich 224 Pflichtteilsentziehung 154, 259 f. Pflichtteilserlass - Allgemeines 87, 154, 202, 210f., 217ff. - bei Gütergemeinschaft 210 - bei Zugewinngemeinschaft 210 f. - Berechnung Zugewinn 224 ff. - der Eltern und des Vormundes 211 ff. - durch Erbeserben 223 f. - Insolvenzanfechtung 211,218 - Schenkung 220 - Sozialrecht 231 ff. - Unterhaltsrecht 226 ff. - Verbot unentgeltlicher Zuwendungen 221 f. Pflichtteilsrecht 2, 154 f., 202, 259 Pflichtteilsstrafklausel 222, 224, 226, 237 Pflichtteilsunwürdigkeit 259 f. Postmortales Persönlichkeitsrecht 6 ff., 129 f., 133 ff. Preußisches Recht 16f., 131, 150, 168, 171, 243 Privaterbfolge 1,3,241 Pro herede gestio 164, 166, 173, 245 f. Pro legatore gestio 209 Prokulianer 149, 186 Puchtas Theorie der Universalsukzession 45 f. Quasikontrakt 249 Quotenvermächtnis 22 Rechtsbeziehungen - werdende oder schwebende ~ 10 Rechtsfähigkeit, erbrechtliche 144 Rechtsgeschäft unter Lebenden - Allgemeines 118 ff. - Abgrenzung zur Verfügung von Todes wegen 120 ff. Rechtspolitische Bewertung - Anerbenrecht 108 ff. - Annahme des Vermächtnisses 248 ff. - Auflage 257 - Ausschlagung der Erbschaft 242 ff. - Ausschlagung des Vermächtnisses 251 ff. - Bedingungszuwendung 257 - Erbschaftsteuerrecht: Vonselbsterwerb 255 ff. - fortgesetzte Gütergemeinschaft 131 f.

- institutio ex re certa 107 - Mietrechtsnachfolge von Todes wegen 132 f. - Personengesellschaftsanteil 112 ff. - Pflichtteil 258 ff. - postmortaler Persönlichkeitsschutz 133 ff. - Schenkung von Todes wegen 116 ff. - Teilungsanordnung 107 - Testamentsvollstreckung 257 f. - Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 122 ff. - Vindikationslegat 99 ff. Rechtsverhältnisse 10 Repudiare hereditatem 164 Repudiare legatum 186 Römisches Recht - aditio hereditatis 164 - Erbanfall 147 - Erbengemeinschaft 49 - extranei 142, 149, 164 - mortis causa donatio 116 f. - nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest 39 - Pflichtteilsquerel 203 - pro herede gestio 164 - repudiare hereditatem 164 - Rezeption 131 - semel heres, Semper heres 36 - solutio per aes et libram 185 - sui heredes 149, 163 f. - Universalsukzession 3 f. - Vermächtnisanfall 149 f. - Vermächtnisannahme und ~ ausschlagung 185 f. - Vindikationslegat 21, 149 Sabinianer 149 Sächsisches Recht 150 Schenkung - unter Lebenden 66 ff., 77 ff., 116 ff. - von Todes wegen 66 ff., 77 ff., 116 ff. Schenkungsteuer Pflichtteilsverzicht 207 Schenkungsversprechen - bedingtes - 78 ff., 116 ff. - befristetes ~ 77, 80 f. - Formanforderungen 118 - Heilung 77 - lebzeitiger Vollzug 79 ff., 118 - Unwirksamkeit 78, 80 Schuldverhältnisse 10 Schwebende Rechtsbeziehungen 10 Schweizerisches Recht 14, 171, 161

Stichwortverzeichnis Semel h e r e s , Semper h e r e s

36

Singularia non sunt extendenda 163 Singularsukzession - Aktien 31 - Begriff 17 - Grundstücke 31 - Rechtsfolgen 33 f. - Schranken 32, 115 Solutio per aes et libram 185 Sondererbfolge - Ablehnung der ~ 107 ff. - Allgemeines 60, 72, 77, 87, 98, 107 ff., 114 f. - A L R 16 - Arten 52, 130 - Begriff 17 - beschränkte ~ 56, 60 - Gefahren 107ff., 131 - Zwecke 131 Sondergut 83 Sonderrechtsnachfolge - Allgemeines 3, 51 f., 61 ff., 95, 129 ff. - aufgrund lebzeitigen Rechtsgeschäfts 75 - fortgesetzte Gütergemeinschaft 87, 131 - Gesellschaftsanteile 56, 58, 60 - Mietverhältnis 63 f.,132 - neue Formen 138 - Schenkung von Todes wegen 66 ff., 77 ff., 116 ff. - Sozialleistungen 61 f. - Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 65 ff. - vertragliche ~ 65 Sondervermögen 47 f. Sozialhilfe - Ausschlagungsrecht 231 - Behindertentestament 237 - Erlass des Pflichtteils 235 - Uberleitungsanspruch des -trägers 231 - Verhältnis zum Unterhaltsrecht 236 Sozialleistungen - Anrechnungsgemeinschaft 62 - Ansprüche auf ~ 61, 131 f. - gesetzliche Altersrente 62 Spanisches Recht 23 Staatserbrecht 1,3 Steuerrecht - Abfindung für Ausschlagung und Verzicht 74, 184, 202, 208 f., 218, 261 - Abfindung für Pflichtteilsverzicht 208 - Abfindung für Vermächtnisausschlagung 209 - Abtretung Erbteil 179 f.

-

269

Abzugsfähigkeit Bestattungskosten 90 Auflage 153, 197 Ausschlagung der Erbschaft 170,179 Ausschlagung des Vermächtnisses 184, 209 - Ausschlagung Erbeserbe 180 - Bedingungszuwendung 153, 157 - Befriedigung durch Kunstwerk 257 - Entstehung der Steuerschuld 208, 255 - Erbschaftsvertrag über Pflichtteil 202 - Erlass Pflichtteilsanspruch 202, 207 - Ersatzerbe 252 - fortgesetzte Gütergemeinschaft 89 ff. - Geltendmachung Pflichtteil 207 ff., 210, 216 - Geltendmachung durch Sozialhilfeträger 238 - Kunstwerke 257 - Pflichtteilsanspruch 207 ff., 218, 238 - rechtspolitische Bewertung 255 ff. - Teilungsanordnung 25 - Untergang des Vermächtnisgegenstands 256 - Vermächtnis 20 f., 101 f., 106, 208 f., 252, 256 - Vermächtnisausschlagung 209 - Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 75 - Wertermittlung 255 - Wertpapier 256 - Zweckzuwendung 197 Subjektives Erbrecht 40 Subsidiaritätsprinzip im Sozialhilferecht 233 Sui heredes 149, 163 f. Teilungsanordnung - Allgemeines 153,200 - dingliche ~ 24 f., 107 - Erlass 200 - gesetzliche - 5 5 , 6 1 , 1 1 4 - rechtspolitische Bewertung 107, 257 - schuldrechtliche Wirkung 24, 52 - Steuerrecht 25 - Verzichtsvertrag 200 Tempus vacuum 144 Testamentsvollstreckung - Amt 28 - Beginn 27, 157,257 - Besitz 32 - Entlassung 28 - frühere Handlungen des Erben 158 - geschichtliche Entwicklung 158 ff.

270

Stichwortverzeichnis

- Kündigung 28, 200, 258 - Mandatstheorie 161 - rechtspolitische Bewertung 257 f. - Sondervermögen 48 - und Universalsukzession 26 ff. - Verfügungsrecht des Erben 26 ff. - Vergleich mit Vorerben 29 - Vonselbsterwerb 157 ff., 257 f. - Wahrnehmung des Urheberrechts 136 Testierfreiheit 1 f., 4, 109, 112, 242 Totensorge 7 Transmission 147 TransplantationsG 135 f. Treuhandmodell 2, 142, 244 f. Typenzwang 2 Ubergang - des Aktivvermögens 12 - des Passivvermögens 11 - der Rechtsverhältnisse 10 - der Schuldverhältnisse 10 Ubergangszeitpunkt 35 Überlebensbedingung 79 ff. Unentgeltliche Zuwendungen 34, 36 f. Unikausalität - causa mortis s. dort - Einheitlichkeit von causa und dinglichem Vollzug 36 - Legitimation durch Berufungsordnung 44 - Lehre vom subjektiven Erbrecht 40 - Mehrheit von Berufungsgründen 39 f. - Unentgeltlichkeit 36 f. - Verhältnis zur Universalsukzession 41 Unilinearität 15 ff. Unimodalität 29 ff. Unitemporalität 3 5 f. Universalität i.e.S. 5 ff., 28 Universallegat 22 f. Universalsukzession - Ausgestaltung 137 - Ausnahmen 52, 130 - Begriff 2 - Legitimation 41 ff., 96 ff. - materiale Bedeutung 96 ff. - Neutralität 43, 92, 99, 240 f. - Rechtsfolgen 96 - rechtspolitische Bewertung 91 ff. - unanwendbare Vorschriften 34 - Unikausalität 36 ff. - Unilinearität 15 ff. - Unimodalität 29 ff. - Unitemporalität 35 f.

- Universalität i.e.S. 5 ff., 28 - Verhältnis zum Vonselbsterwerb 2 f., 30, 240 f. - zwingender Charakter 51 f., 124 Universalvermächtnis 22 f. Unterhalt - Anrechnung von Pflichtteilsansprüchen 226 ff. - Bedarfsgemeinschaft 236 - Bedürftigkeit 229 - fiktive Erträge 226 f., 230 - Kinder 227 - Verwertung des Vermögensstamms 228 Unterhaltsverzichtsvertrag 232, 234 Unternehmertestament 42 Unvererbbare Gegenstände 6 Urheberrecht 7, 33, 130, 133, 136 van Venrooysche Theorie 188 ff. Vererbbarkeit von Forderungen 32 Verfügung - erbrechtliche - 116 - gemeinschaftliche ~ über den Nachlass 49 - lebzeitige - 116 Verfügung von Todes wegen - Abgrenzung zum Rechtsgeschäft unter Lebenden 118 ff. - Prinzip der Höchstpersönlichkeit 42 f., 249 f. Verfügungsverbot 33, 103 Vermächtnis - Anspruch 19, 102 - Antrittserwerb 248 - Auswirkung bei Zugewinngemeinschaft 199 - bedingtes - 148 ff. - causa 37, 189 ff. - Entstehung der Forderung 248 - Erlass 254 - Ersatzvermächtnisnehmer 147 - Erwerb 147 - Gegenstand 18 - geschichtliche Entwicklung 149 ff. - gesetzliches ~ 106 - Haftung 252 - Insolvenzanfechtung 38 - Pfändbarkeit 219 - Quasikontrakt 249 - Quotenvermächtnis 22 - Rechtsnatur 148 - rechtspolitische Bewertung 248 ff.

Stichwortverzeichnis -

Sozialhilfe 231 Steuerrecht 20 f., 101 f., 256 Universalvermächtnis 22 f. Untergang des ~ gegenständes beim Erben 256 - Unterhaltsrecht 230 - Untervermächtnis 148 - Verfügung über ~ 102 f. - Vermächtnisunwürdigkeit 39 - Vonselbsterwerb 147 ff. - Voraus 20, 106 f., 130 f. - Wirkung der Annahme 248 Vermögen - eigentumsloses ~ 52 - Einheitlichkeit des Erblasser ~ s 97 Vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers 45 Vermögensvereinigung 47 Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall - Abrechnungsgemeinschaft zwischen Erben und Drittem 72 - Allgemeines 65 ff., 122 ff. - Deckungsverhältnis 66 - Depot 71 - dingliche Wirkung 57, 71 - Erben als Bezugsberechtigte 72 - Haftung für Nachlassschulden 68 f., 73, 94, 129 - Lebensversicherung 68 f., 74, 128 f. - Mindermeinungen 75 ff. - rechtspolitische Bewertung 122 ff. - Steuerrecht 75 - Unabhängigkeit des Anspruchs von Erbenstellung 72 - Valutaverhältnis 66 - Widerruf durch Erben 70 f., 76, 124 - Zurückweisungsrecht (§ 333 BGB) 72, 185, 194 f., 198,250,253 Verwaltermodell 2, 142, 167, 241, 244 f. Verwandtenerbrecht - Allgemeines 1,241 - Prinzip der Anwachsung 4 - Verhältnis zum Vonselbsterwerb 241 Verzicht - auf Ausschlagung 187 f., 194 - Bedingungszuwendung 200 - geheime Absprachen 218 - Pflichtteilsanspruch 207 ff., 217 ff. - Teilungsanordnung 200 Vindikationslegat - Allgemeines 18 ff., 99 ff. - Auslandsrechte 23

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- Ausschlagung 185 f. - Ausschluss 23, 99 f., 102 ff., 124 - Begriff 18 ff. - Entstehungsgeschichte 19 f. - Formlosigkeit 124 ff. - Formpflichtigkeit 75 - IPR 23 f. - rechtspolitische Bewertung 99 ff. - Steuerrecht 20 f. - Vertrag zugunsten Dritter 72 f. - Vonselbsterwerb 149 Vindikationsprivileg 127 Vinkulierte Namensaktie 31 ff. Vollmacht - postmortale ~ 70, 77 - Widerruf 71 Vollziehungsberechtigter bei Auflage 152, 196 f. Vonselbsterwerb - Auflage 152 - Begriff 2, 142 - Disponibilität 239 - Höferecht 145 f. - Rechtsfolgen 146 - rechtspolitische Bewertung 251 - Rückwirkung 145 - Schutzfunktion 242 - Testamentsvollstreckung 27, 157, 257 - Verhältnis zu anderen Erbrechtsprinzipien 30, 147, 241 ff. - Vermächtnis 147 ff. - Vor- und Nacherbschaft 36, 143 - Vormundernennung 163 Vor- und Nacherbschaft - Ausschlagung 221 - Behindertentestament 237 - beschränkter Erbverzicht 26 - konstruktive - 143 - Pflichtteil 154 - Typenzwang 2 - Universalsukzession 35 f. - Vonselbsterwerb 36, 143 Voraus 20, 106 f., 130 f. Vorausvermächtnis 20 Vorbehaltsgut 83 Vorkaufsrecht 14 f. Vorläufiger Erbe 35, 165 f. Vormundschaft 163, 201 f. Wartrecht 174 ff. Widerruf eines Schenkungsangebots 69 f., 124

272

Stichwortverzeichnis

Zugewinngemeinschaft - Auswirkungen des Pflichtteils 224 ff. - Lebensversicherung 73 - Verhältnis zum Vermächtnis 199 - Verhältnis zur Auflage 199 Zurückweisungsrecht (§ 333 BGB) 72, 185, 194 f., 198,250,253

Zuwendung bedingungshalber s. Bedingungszuwendung Zuwendungsbegriff 195 Zuwendungsmittler 81 ff., 118, 121 Zweitnachlass - Ausschlagung 221, 223 f.

Jus Privatum Beiträge zum Privatrecht Alphabetische Ubersicht Assmann, Dorothea: Die Vormerkung (§ 883 BGB). 1998. Band 29. Bayer, Walter: Der Vertrag zugunsten Dritter. 1995. Band 11. Beater, Axel: Nachahmen im Wettbewerb. 1995. Band 10. Beckmann, Roland Michael: Nichtigkeit und Personenschutz. 1998. Band 34. Berger, Christian: Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen. 1998. Band 25. Berger, Klaus: Der Aufrechnungsvertrag. 1996. Band 20. Bittner, Claudia: Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht. 2000. Band 46. Bodewig, Theo: Der Rückruf fehlerhafter Produkte. 1999. Band 36. Brors, Christiane: Die Abschaffung der Fürsorgepflicht. 2002. Band 67. Busche, Jan: Privatautonomie und Kontrahierungszwang. 1999. Band 40. Braun, Johann: Grundfragen der Abänderungsklage. 1994. Band 4. Dauner-Lieb, Barbara: Unternehmen in Sondervermögen. 1998. Band 35. Dethloff, Nina: Europäisierung des Wettbewerbsrechts. 2001. Band 54. Drexl, Josef: Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. 1998. Band 31. Eberl-Borges, Christina: Die Erbauseinandersetzung. 2000. Band 45. Einsele, Dorothee: Wertpapierrecht als Schuldrecht. 1995. Band 8. Ekkenga, Jens: Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt. 1998. Band 30. Ellger, Reinhard: Bereicherung durch Eingriff. 2002. Band 63. Escher-Weingart, Christina: Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht. 2001. Band 49. Giesen, Richard: Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb. 2002. Band 64. Gotting, Horst-Peter: Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte. 1995. Band 7. Habersack, Mathias: Die Mitgliedschaft - subjektives und ,sonstiges' Recht. 1996. Band 17. Heermann, Peter W.: Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte. 1998. Band 24. Heinrich, Christian: Formale Freiheit und materielle Gerechtigkeit. 2000. Band 47. Henssler, Martin: Risiko als Vertragsgegenstand. 1994. Band 6. Hergenröder, Curt Wolfgang: Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung. 1995. Band 12. Hess, Burkhard: Intertemporales Privatrecht. 1998. Band 26. Hofer, Sibylle: Freiheit ohne Grenzen. 2001. Band 53. Huber, Peter: Irrtumsanfechtung und Sachmängelhaftung. 2001. Band 58. Jänich, Volker: Geistiges Eigentum - eine Komplementärerscheinung zum Sacheigentum? 2002. Band 66. Junker, Abbo: Internationales Arbeitsrecht im Konzern. 1992. Band 2. Kaiser, Dagmar: Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach B G B . 2000. Band 43. Katzenmeier, Christian: Arzthaftung. 2002. Band 62. Kindler, Peter: Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht. 1996. Band 16. Kleindiek, Detlef: Deliktshaftung und juristische Person. 1997. Band 22. Luttermann, Claus: Unternehmen, Kapital und Genußrechte. 1998. Band 32.

Jus Privatum Looschelders, Dirk: Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht. 1999. Band 38. Lipp, Volker: Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson. 2000. Band 42. Merkt, Hanno: Unternehmenspublizität. 2001. Band 51. Möllers, Thomas M.J.: Rechtsgüterschutz im Umwelt- und Haftungsrecht. 1996. Band 18. Muscheler, Karlheinz: Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung. 1994. Band 5. - Universalsukzession und Vonselbsterwerb. 2002. Band 68. Oechsler, Jürgen: Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag. 1997. Band 21. Oetker, Hartmut: Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung. 1994. Band 9. Oppermann, Bernd H.: Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß. 1993. Band 3. Peifer, Karl-Nikolaus: Individualität im Zivilrecht. 2001. Band 52. Peters, Frank: Der Entzug des Eigentums an beweglichen Sachen durch gutgläubigen Erwerb. 1991. Band 1. Raab, Thomas: Austauschverträge mit Drittbeteiligung. 1999. Band 41. Reiff, Peter: Die Haftungsverfassungen nichtrechtsfähiger unternehmenstragender Verbände. 1996. Band 19. Repgen, Tilman: Die soziale Aufgabe des Privatrechts. 2001. Band 60. Rohe, Mathias: Netzverträge. 1998. Band 23. Sachsen Gessaphe, Karl August Prinz von: Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige. 1999. Band 39. Saenger, Ingo: Einstweiliger Rechtsschutz und materiellrechtliche Selbsterfüllung. 1998. Band 27. Sandmann, Bernd: Die Haftung von Arbeitnehmern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten. 2001. Band 50. Wolfgang Schur: Leistung und Sorgfalt. 2001. Band 61. Schwarze, Roland: Vorvertragliche Verständigungspflichten. 2001. Band 57. Sieker, Susanne: Umgehungsgeschäfte. 2001. Band 56. Stadler, Astrid: Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion. 1996. Band 15. Stoffels, Markus: Gesetzlich nicht geregelte Schuldverhältnisse. 2001. Band 59. Taeger, Jürgen: Außervertragliche Haftung für fehlerhafte Computerprogramme. 1995. Band 13. Trunk, Alexander: Internationales Insolvenzrecht. 1998. Band 28. Wagner, Gerhard: Prozeß Verträge. 1998. Band 33. Waltermann, Raimund: Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung zwischen Privatautonomie und Tarifautonomie. 1996. Band 14. Weber, Christoph: Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht. 2000. Band 44. Wendehorst, Christiane: Anspruch und Ausgleich. 1999. Band 37. Würthwein, Susanne: Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile? 2001. Band 48.

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