199 99 16MB
German Pages 190 [204] Year 1964
TONERDE UND ALUMINIUM ERGEBNISSE AUS DER
UND
ERFAHRUNGEN
BETRIEBSPRAXIS
BEGRÜNDET
W. F U L D A t U N D
VON
H.
GINSBERG
I. T E I L
WALTER D E G R U Y T E R & CO. VORM. G . J . G D S C H E N ' S C H E V E R L A G S H A N D L U N G
• J.GUTTENTAG
V E R L A G S B U C H H A N D L U N G . G E O R G R E I M E R • K A R L J. T R Ü B N E R • V E I T & C O M P .
B E R L I N 1964
DIE TONERDE - ALUMINIUMOXID-
VON
H. G I N S B E R G
2., N E U B E A R B E I T E T E
UND
F R . W.
A U F L A G E M I T 54
WRIGGE
ABBILDUNGEN
W A L T E R DE G R U Y T E R & CO. V O R M . G. J. G Ö S C H E N ' S C H E V E R L A G S H A N D L U N G • J. G U T T E N T A G V E R L A G S B U C H H A N D L U N G • G E O R G R E I M E R • K A R L J. T R Ü B N E R • V E I T & C O M P .
BERLIN 1 9 6 4
© Copyright 1963 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sehe Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp., Berlin 30, Genthiner Str. 13 • Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung vorbehalten • Printed in Germany • Archiv-Nr. 52 89 631 • Satz und Druck: Franz Spiller Berlin 36 • Einband; U. Hanisch, Berlin
V
Vorwort aus der ersten Auflage Die Tonerdeindustrie als Erzeugerin des Vorstoffes für die Aluminiumhütte hat in Deutschland, bedingt durch die Zeitverhältnisse vor und während der beiden Weltkriege, ihre eigene Entwicklung genommen. Diese gab den Anlaß zu einer Berichterstattung aus der Praxis, von der der erste Teil zum Thema „Tonerde und Aluminium" hiermit der Fachwelt übergeben werden soll. Die vorliegende Arbeit will kein Lehrbuch im engeren Sinne sein. Sie will beim Studium möglidist getreu die Entwicklung unserer Betriebe miterleben lassen, einzelne Etappen, die heute nur noch historisches Interesse haben, festhalten, darüber hinaus aber auch zur weiteren Forschung anregen. Es ist beklagenswert, daß es Herrn Dr. WILHELM FULDA als Mitberichterstatter nicht mehr vergönnt war, seine Arbeit, die er auf Anregung des Unterzeichneten mit soviel Freude und Eifer aufgegriffen hat, abzuschließen. Herr FULDA starb am 25. September 1950 im Alter von fast 71 Jahren.
Bonn, im Februar 1951
H . GINSBERG
vn
Vorwort und Einführung zur zweiten Auflage Es war nicht zu erwarten, daß ein Fachbuch so spezieller Richtung wie das vorliegende bei einer verhältnismäßig hohen Auflage schnell vergriffen sein würde. Dieser Stand ist nach 12 Jahren nunmehr erreicht. Der Verbreitung des Buches kam die Ausweitung der Aluminiumindustrie in allen Weltteilen zugute, die gerade im letzten Jahrzehnt besonders stark einsetzte. Von in- und ausländischen Fachleuten wurde uns wiederholt bestätigt, daß mit diesem Buch eine nützliche Arbeit für den Aluminiumproduzenten, speziell für den Aluminiumoxid-Erzeuger, geleistet wurde. Da die Nachfrage nach dem Buch anhält und nicht mehr befriedigt werden kann, hat der Verlag sidi zu einer Neuauflage entschlossen. Diesem Wunsche sind wir nachgekommen und haben zugleich eine weitgehende Neubearbeitung und Ergänzung des bisherigen Textes vorgenommen. Dabei sollte der Charakter des Buches erhalten bleiben, der sich darin ausdrückt, daß im wesentlichen über Erfahrungen unmittelbar aus dem Betrieb berichtet wird. Während des vorgenannten Zeitraumes wurde, unterstützt durch parallellaufende Versuchs- und Forschungsarbeiten in Betrieb und Laboratorium, die Verfahrensentwicklung vorangetrieben. Es galt vor allen Dingen, viele Schwierigkeiten, die in dem im mineralogisch-chemischen Aufbau sehr unterschiedlichen Rohstoff begründet liegen, bei der Aufbereitung zu überwinden, die Qualität des Endproduktes immer mehr zu verbessern und die Betriebsabläufe den modernen Erfordernissen, insbesondere bezüglich Arbeitseinsparung und Mechanisierung, anzupassen. Dies ist in bemerkenswertem Umfange gelungen, so daß das klassische Bayer-Verfahren sidi bis heute gegenüber jedem neuen Verfahrensvorschlag behauptet hat. Auf wissenschaftlidier Ebene konnten wir einige Beiträge zum System A 1 2 0 3 / H 2 0 liefern, wodurch die Struktur und Umwandlungsbedingungen einzelner im Rahmen der Aluminiumoxidgewinnung interessierender Modifikationen weitgehend festgelegt wer-
VIII
den konnten. Praktisch einsetzbare Erkenntnisse zu den Betriebsvorgängen beim Aufschluß des Bauxits, beim Ausscheiden des Hydroxids aus der Lauge und bei der Umwandlung des Trihydroxides in oxidische Formen konnten erarbeitet werden. Es gelang, für die Neubearbeitung Herrn Dr.
FRIEDRICH WILHELM WRIGGE,
mit dem
mich eine langjährige Zusammenarbeit verbindet, zu gewinnen. So war es möglich, den Inhalt des Buches auf einen Stand zu bringen, der den heutigen Arbeitsverhältnissen auf unserem Fachgebiet entspricht. Wir hielten es aber für richtig, daneben auch die Beschreibung der Verfahrensweisen, die früher angewendet oder zeitweilig versucht wurden und zum Verständnis der Entwicklungen auf diesem Gebiet notwendig sind, aus der ersten Auflage weitgehend wieder zu übernehmen. So glauben wir, daß diese Neubearbeitung eine ausreichende Orientierung über die Entwicklung sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart gibt und damit auch den jüngsten Stand der Aluminiumoxidgewinung als Vorstoff für die AluminiumElektrolyse erkennen läßt. Wir hoffen, daß auch diese Neuauflage unter unseren Fachkollegen eine gute Aufnahme finden wird. Dem Verlag de Gruyter gebührt Dank für die gute Zusammenarbeit bei der Drucklegung. Frl.
C. DICK
haben wir zu danken für die Mühen bei der Anfertigung des Manuskriptes
und die Unterstützung bei der Korrekturlesung. Bonn, im Herbst 1963
H . GINSBERG
IX Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort aus der ersten Auflage
V
Vorwort und Einführung zur zweiten Auflage
VII
A. Die Aufschluß verfahren für Bauxite Aluminiumoxidgewinnung aus allitischen Rohstoffen 1
Der
1.1
Allgemeines zur Entstehungsgeschichte der Bauxite
3
1.2
Bestandteile des Bauxites und ihre Bedeutung für die Verarbeitung
6
1.3
Übersicht über die bekanntesten Bauxitlagerstätten und chemische Analyse einiger typischer Vertreter der Bauxite
2
Rohstoff
Das klassische
3
13
Bayer-Verfahren
Naßchemisches Aluminat-Verfahren
16
2.1
Die Grundlagen des Bayer-Verfahrens
16
2.11
Chemische Grundlagen der Haupt Verfahrensstufen
16
2.111
Der alkalische Aufschluß — Lösen der Hydroxide
17
2.112
Ausscheiden des Hydroxides aus der Lauge
20
2.113
Calcination des Hydroxides
2.12
Verfahrensaufgaben allgemeiner Art
2.121
Abscheiden des Rotschlammes aus der Lauge
21 .
2\ 22
2.122
Abwasser- und Abgasbeseitigung
23
2.123
Betriebshygiene
23
2.13
Ersatz der Natronlauge
24
2.131
Fremdbezug von 50°/oiger Lauge
24
2.132
Kaustizierung von Soda im Oxidbetrieb
24
2.133
Kaustizierung im Gange des Kalksodaaufschlusses
25
2.14
Wirtschaftliche Produktionshöhe — wichtige Gesichtspunkte zur Standortwahl . . .
25
2.2
Verfahrensgang und Betriebsapparatur entwickelt am klassischen Autoklavenaufschluß
27
2.21
Anlieferung und Lagerung des Bauxites
28
2.211
Entladung des Bauxites
28
2.212
Einlagern und innerbetrieblicher Transport des Bauxites
29
2.213
Brechen des Bauxites
31
2.22
Die Feinzerkleinerung des Bauxites
32
2.221
Trocknen
32
2.222
Mahlen — Mahltrocknen
33
2.223
Naßvermahlen
34
2.23
Aufschluß des Bauxits mit Natronlauge
36
X Seite
2.231
Anrühren — Mischen
2.232
Aufschließen im Autoklaven
36 39
2.233
Entspannen — Verdünnen
41
2.24
Abtrennen des Rotschlammes
44
2.241
Eindicken des Rotschlammes
44
2.242
Waschen des Rotschlammes
47
2.243
Filtrieren des Rotschlammes
52
2.25
Zersetzen der Aluminatlauge
53
2.251
Klarfiltrieren
53
2.252
Abkühlen
54
2.253
Impfen und Ausrühren
55
2.26
Calcinieren des Hydroxides
57
2.261
Filtrieren und Waschen des Hydroxides
57
2.262
Calcinieren des Hydroxides
58 61
2.263
Lagern und Transportieren des Oxids
2.27
Kreislaufführung der Lauge
63
2.271
Eindampfen
63
2.272
Abscheiden von Verunreinigungen
64
2.28
Analytische Überwachung des Betriebes
66
3
Weiterentwicklung
3.1
Kontinuierlicher Aufschluß
des k l a s s i s c h e n
Bayer-Verfahrens
..
67
3.11
Turmaufschluß
67
3.12
Autoklavenaufschluß
69
67
3.13
Rohraufschluß
72
3.2
Kontinuierliche Ausrührerei
74
4
Varianten
4.1
Druckloser Aufschluß von trihydroxidischem Bauxit
des B a y e r - V e r f a h r e n s
75
74
4.2
Hochdrudsaufsdiluß von diasporhaltigem Bauxit
75 77
4.3
Verarbeitung kieselsäurereicher Bauxite
4.31
Amerikanisches Verfahren (vgl. a. u. 7)
77
4.32
Entkieselung mit nachfolgendem Bayer-Verfahren
78
5
Wirtschaftliche Betrachtungen
5.1
Marktsituation
zum B a y e r - V e r f a h r e n . . .
79
5.2
Bewertung der Betriebskosten
80
5.3
Entwicklung der Verbrauchszahlen
80
5.4
Überlegungen zu einer Optimationsrechnung
81
79
6
Alkali-Sinterverfahren
82
6.1
Sodaaufschluß-Verfahren
82
XI Seite
6.11
Die Grundlagen
82
6.12
Apparatur und Verfahrensgang
83
6.2
Sulfataufsdiluß-Verfahren
88
6.21
Die chemischen und wirtschaftlichen Grundlagen
88
6.22
Apparatur und Verfahrensgang
89
7
Kombination Verfahren
7.1
Allgemeines
89
7.2
Betriebliche Durchführung
89
des
B a y e r - V e r f a h r e n s mit
dem
Sinter89
8
Schlacken-Schmelzverfahren
91
8.1
Pedersen-Verfahren
91
8.11
Die chemischen Grundlagen
91
8.12
Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke
8.13
Aufbereitung der Calciumaluminatsdilacke (s. u. 8.42)
96
8.2
Hochofen-Schlacken verfahren
8.21
Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatsdilacke
8.22
Aufbereitung der Calciumaluminatschlacke (s. u. 8.42)
102
8.3
Niederschachtofen-Verfahren
100
8.31
Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke
100
8.32
Aufbereitung der Calciumaluminatschladte (s. u. 8.42)
102
8.4
Trommelofen-Verfahren
101
8.41
Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke
101
8.42
Aufbereitung der nach den verschiedenen Verfahren (8.1; 8.2; 8.3 und 8.4) gewonnenen Calciumaluminatsdilacke
102
8.5
Haglund-Verfahren
112
8.51
Die diemischen Grundlagen
112
8.52
Apparatur und Verfahrensgang
115
8.6
Hall-Verfahren
124
102 99 99
9
Kalksinter-Verfahren
125
9.1
im Drehrohrofen
126
..
9.2
auf der Sinterpfanne
127
9.3
auf dem Sinterband
127
10
Gewinnung und Abfallstoffen
Verwertung
von
Nebenprodukten
und 128
10.1
Gewinnung der Nebenprodukte
128
10.11
Kristallsoda
128
10.12
Chromoxid
128
10.13
Vanadinsalz
129
XII Seite
10.14
Galliumhydroxid bzw. metallisches Gallium
130
10.15
Natrium-Aluminiumsilikat
132
10.2
Verwertung der Abfallstofie
132
B. Die Aufschlußverfahren für Aluminiumsilikate 1
Die
1.1
Tone (und Kaoline)
Rohstoffe
139
139
1.2
Aschen und Wasdiberge
141
1.3
Nephelin, Leucit, Andalusit, Labradorit
142
2
Die Verfahren
143
2.1
Aufschluß mit Säuren
143
2.11
Allgemeine diemische Grundlagen
143
2.12
Anforderungen der Verfahren an Roh- und Hilfsstoffe
145
2.13
Die einzelnen Verfahren
145
2.131
Aufschluß mit Salzsäure
145
2.132
Aufschluß mit Schwefelsäure
147
2.1321 Direktes Verfahren
147
2.1322 Aufschluß mit Ammonium-Hydrogensulfat
149
2.1323 Verfahren über basische Sulfate
152
2.133
153
Aufschluß mit Salpetersäure
2.1331 Nuvalon-Verfahren
153
2.1332 Blanc-Verfahren
155
2.134
Aufschluß mit schwefliger Säure
156
2.2
Aufschluß mit K a l k
166
2.21
Allgemeine chemische Grundlagen
166
2.22
Anforderungen an Roh- und Hilfsstoffe
167
2.23
Die Herstellung des Calciumaluminates
167
2.231
im Elektroofen
167
2.232
im Hochofen
169
2.233
im Schachtofen
169
2.234
im Drehrohrofen
169
2.235
auf dem Sinterband oder auf der Sinterpfanne
171
2.24
Die Aufbereitung des Calciumaluminates
172
C. Zusammenfassende Beurteilung der Bauxit- und Aluminiumsilikat-Aufsdilußverfahren D. Anhang
179
1
181
Diffraktometer-Diagramme
2
Verzeichnis der Abbildungen
183
3
Namen-Verzeichnis
185
4
Literatur-Verzeichnis
187
A Die Aufschluß-Verfahren für Bauxite
1 Der Rohstoff 1.1
Allgemeines zur Entstehungsgeschichte der Bauxite
Als Bauxite bezeichnet man gesteinsartig verfestigte Mineralgemenge, die sich aus oxidischen und hydroxidischen Bindungsformen des Aluminiums und des Eisens, aus Aluminosilikaten sowie Titanmineralen aufbauen. Bauxit wurde zuerst 1821 von BERTHIER beschrieben, der das bei Les Baux in der Provence gefundene Sediment für ein Mineral der Zusammensetzung A l 2 O s • 2 H a O hielt. Der vom Fundort abgeleitete Name Bauxit wurde später auf alle aluminiumhydroxidreichen Sedimentgesteine ähnlicher Zusammensetzung übertragen. In der Art ihrer Entstehung und in ihren Lagerungsverhältnissen unterscheiden sich die Bauxite des Mittelmeertyps von den Lateritbauxiten, die meist unter tropischen Bedingungen entstanden sind. In den jungen Faltengebirgen des Mittelmeergebietes, im Ural und auf den Inseln Jamaica und Haiti liegen wirtschaftlich bedeutende Vorkommen in den Schichtlücken des Kalksteingebirges. Die Lager füllen in Form von Decken und Bänken, häufig audh als Taschen und Nester, Unebenheiten in alten, verkarsteten Landoberflächen aus. Meist ist der Bauxit von jüngeren Kalksteinschichten eingedeckt. Die Vorkommen bildeten sidi während kontinentaler Perioden. Man nimmt heute an, daß das Ausgangsmaterial für die Entstehung der Bauxite des Mittelmeertyps die schwerlöslichen Rückstände verwitterter Kalksteinmassen waren, die sich in Senken und flachen Mulden der Karstoberflächen ansammelten. Unter dem Einfluß eines warmen, niederschlagsreichen Klimas wurden aus diesen Rückständen alle Komponenten in der Reihenfolge ihrer Löslichkeit abgeführt, bis schließlich nur noch die unter natürlichen Verwitterungsbedingungen praktisch unlöslichen Hydroxide und Oxide des Aluminiums, Eisens und Titans zurückblieben (vgl. hierzu Abb. 1)*). J e nach der Dauer und Intensität des Verwitterungsvorganges und dem pn-Wert der Bodenwässer wurden die relativ leichter löslichen Bestandteile, vor allem die Silikate, mehr oder weniger vollständig aus den Verwitterungsrückständen entfernt. So findet man neben hochwertigen Bauxiten, d. h. solchen mit einem hohen Gehalt an A l 2 O s und niedrigen Si0 2 -Anteilen, auch viele Vorkommen mit höherem Gehalt an Kieselsäure. Häufig ging die Verwitterung auch nur so weit, daß sich ein eisen- und aluminiumreicher Ton bildete. Die Bauxitlager im Ural entstanden während des Devons. Im Mittelmeergebiet bildeten sich Vorkommen von der unteren Kreide bis zum Eocän. Aus dem mittleren Tertiär stammen die Lagerstätten auf Jamaica und Haiti. * ) D i e G e o l o g i e u n d M i n e r a l o g i e der B a u x i t l a g e r s t ä t t e n w u r d e v o n uns kürzlich eingehend behandelt [1].
4
Der Rohstoff Zwischen dem Alter des Bauxites und der in ihm vorherrschenden Aluminiumverbindung besteht offensichtlich ein Zusammenhang. In den Bauxitlagern des Urals findet man vorwiegend Diaspor ( a - A l O O H ) . Dieses Mineral ist auch in den aus der Unterkreide stammenden griechischen Vorkommen häufig. Daneben kommt in den südeuropäischen Bauxiten der Böhmit (y-AlOOH) als wichtigstes Material vor. Diese Bauxite führen oft schon wechselnde Mengen an Hydrargillit (y-Al(OH) s ). Bei den eocänen Bauxiten entfällt auf diesen bereits ein wesentlicher Anteil des Aluminiumgehaltes. Noch jüngere Bauxitvorkommen weisen praktisch nur noch Hydrargillit als Aluminiummineral auf.
Die angedeuteten Zusammenhänge stellen keine strenge Gesetzmäßigkeit dar. So findet man in Griechenland gelegentlich nahe beiAbb. 1 Löslicnkeiten der Bauxitkomponenten , TT , i j -i . , „ , .. ,, .. . einander Vorkommen, von denen das altere TO, in den Bodenwassern, abhangig vom ph-wert . . . . praktisch nur Böhmit, das jüngere dagegen fast ausschließlich Diaspor führt. In Ungarn weisen Lagerstätten gleichen Alters unterschiedliche Gehalte an Hydrargillit auf. Wahrscheinlich ist nicht allein das Alter der Lagerstätte von Einfluß, sondern in viel stärkerem Maße die Beanspruchung durch spätere Eindeckung und durch tektonische Vorgänge. Man hat bisher noch nicht alle Zusammenhänge aufdecken können, vor allem sind die Bildungsbedingungen des Diaspors in der N a t u r noch völlig ungeklärt. Im tropischen Klimabereich, vor allem im semihumiden Savannengebiet, bildeten sich unter dem Einfluß intensiver chemischer Verwitterung an vielen Stellen Lateritdecken. Unter „Laterit" versteht man einen Bodentyp, der reich an gegenüber Bodenwässern schwerlöslichen Bestandteilen, wie Aluminium-, Eisen- und Titanhydroxid bzw. -Oxidhydroxid ist, dagegen nur wenig Alkali- und Erdalkaliverbindungen und Kieselsäure enthält. Je nach der Zusammensetzung des Ausgangsgesteines und dem Grad der Verwitterung können die Lateritdecken überwiegend aus Hydrargillit bestehen. Eisenverbindungen und Silikate sowie Titandioxid kommen nur als untergeordnete Gemengteile vor. Derartige Sedimente bezeichnet man als Lateritbauxite, sofern der A l 2 0 3 - G e h a l t mehr als 40 % beträgt. Uberwiegen dagegen die hydroxidischen Eisenverbindungen, so kann das Gestein unter Umständen als lateritisches Eisenerz verwendet werden. Wie man sieht, ist die Bezeichnung „Lateritbauxit" eher ein technologischer als ein petrologischer Begriff [57]. Die Lateritbauxite haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine große wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Allein in Westafrika liegen Vorräte von mehr als 4 Mrd. Tonnen.
Allgemeines zur Entstehungsgeschichte der Bauxite
5
Weitere zukunftsreiche Lagerstättengebiete sind in Guayana, Brasilien, Indien und Australien erschlossen oder nachgewiesen worden. Die sicheren Bauxitvorräte der Welt betragen heute mehr als 6 Mrd. Tonnen. Im Jahre 1 9 6 1 betrug die Weltförderung an Bauxit rd. 30 Mio Tonnen. Die Tabelle 1 gibt in großen Zügen einen Überblick über die wichtigsten Lagerstättengebiete und ihre geschätzten Vorräte nach dem Stande von 1 9 6 1 . Tab. 1 Geschätzte Bauxitvorräte der Welt
Land
Mengen (Mio t)
Frankreich Griechenland Jugoslawien Ungarn UdSSR
über über über
250 40 100 250 50
Europa gesamt
über
700
Brasilien Guayana Jamaica USA
200 200 400 2C1—30
über
Amerika gesamt
über
Goldküste Guinea
über 300 etwa 4000
Afrika gesamt
über 4300 250 25
Asien gesamt
275 über
zum Teil höhere SiOa-Gehalte zum Teil stark diasporhaltig vorwiegend böhmitischer Bauxit zum großen Teil mit hohem Si02-Gehalt genauere Angaben nicht bekannt
Abbau noch nicht im großen betrieben gute, trihydroxidische Bauxite trihydroxidischer Bauxit mit böhmitischen Anteilen brauchbare Qualitäten, zum Teil höhere Si02-Gehalte
800
Indien Indonesien
Australien
Bemerkungen
500
trihydroxidischer Bauxit trihydroxidischer Bauxit mit teilweise nicht sehr hohem AbOa-Gehalt
zum Teil höhere Si02-Gehalte guter trihydroxidischer Bauxit
6
Der Rohstoff
Das folgende Schema (Abb. 2) zeigt die Beteiligung der verschiedenen Länder am Bauxitabbau in diesem Jahr. Die Abbildung 3 gibt einen Uberblick über die Aluminiumerzeugung im gleichen Jahr. Wenn man zugrundelegt, daß etwa 5—6 t grubenfeuchter Bauxit je t Aluminium erforderlich sind, wird deutlich, daß nahezu die gesamte Bauxitförderung der Aluminiumerzeugung dient. Nur ein kleiner Teil des Bauxits geht in andere Verwendungsgebiete, wie z. B. in die Zement- und Korundindustrie.
2B,3Mill-t
U,57Mill.t
"Asien 5,6% Afrika 5,6% 'Australien 0,2%
Abb. 2
1.2
Bauxitabbau in der Welt (1961)
Asien 3,9% Afrika 1,0% Australien 0J%
Abb. 3 Aluminiumerzeugung in der Welt (1961)
Bestandteile des Bauxites und ihre Bedeutung für die Verarbeitung
Der Gehalt an Aluminiumoxid im Bauxit (auf getrocknete Substanz bezogen) schwankt je nach Lagerstätte bei den zur Verarbeitung kommenden Sorten meist zwischen 50 und 60 °/o A12Os. Gelegentlich gibt es auch Bauxite mit noch höherem Al 2 0 3 -Gehalt. Der Aluminiumgehalt im Bauxit beträgt also nur etwa 30 % . Im Vergleich zu guten Eisenerzen ist der Bauxit, dieses reichste aller Aluminiumerze, dennoch zu den armen Erzen zu zählen. Im Aluminiumoxid (A1 2 0 3 ) sind 54 Teile Aluminium an 48 Teile Sauerstoff, im Eisenoxid (Fe 2 O s ) 56 Teile Eisen an nur 24 Teile Sauerstoff gebunden. — Es ist ein prinzipieller Nachteil der Leichtmetalle, insbesondere des Aluminiums, daß sie den Sauerstoff nicht nur sehr viel fester als die Sdiwermetalle, sondern auch viel mehr Sauerstoff je Gewichtseinheit binden. Schon aus diesem Grunde muß die Reduktion des Oxides zu Metall beim Aluminium immer teurer sein als beim Eisen. Von den Nebenbestandteilen kommen Wasser, gebunden in Form von Hydroxilgruppen, Eisenoxide bzw. -hydroxide Kieselsäure und Titansäure
in allen Bauxitsorten in Mengen von mehreren Prozenten vor, dagegen sind Verbindungen von anderen Elementen unter 1 °/o, vielfach nur in Spuren vorhanden, z. B.:
Bestandteile des Bauxites und ihre Bedeutung für die Verarbeitung
7
Beryllium, Calcium, Chrom, Fluor, Gallium, Magnesium, Mangan, Vanadium und Zink, ferner Cerium, Kupfer und Nickel, schließlich Arsen, Phosphor und Sdiwefel und organische Substanzen. Wie schon voraus erwähnt, tritt das Aluminium gebunden im Bauxit in drei Mineralformen auf: Hydrargillit, Böhmit und Diaspor. Die wichtigsten Daten dieser drei Minerale und des im Bauxit nur selten vorkommenden Korunds sind in der Tabelle 2 aufgeführt. Hydrargillit besitzt von den drei Aluminiumhydroxiden das energiereichste Gitter. Er ist gegenüber den Oxidhydroxiden instabil. Die Umwandlung zu y-Al(OOH) (Böhmit) verläuft allerdings bei normalen Druck- und Temperaturverhältnissen äußerst langsam. So haben manche Bauxitlagerstätten aus dem unteren Tertiär, die also über 50 Millionen Jahre alt sind, keinen wesentlichen Gehalt an Böhmit. Tab. 2 Physikalische Daten der im Bauxit vorkommenden Aluminiumminerale
7-A1(OH)S Hydrargillit y-AlO.OH Böhmit a-AlO.OH
Kristallsystem
Dichte g/ml
monoklin
2,42
3
0,010—0,025
Cr203
< 0,005
TiOz
< 0,005
CuO
< 0,003
CaO
0,015—0,030
P2O5
< 0,005
ZnO
0,010—0,020
NaaO
0,1-0,4
MgO
< 0,010
BeO
< 0,001
Mn2Ü3
< 0,005
Übersicht über die bekanntesten Bauxitlagerstätten und chemische Analysen einiger typischer Vertreter der Bauxite
Über die B a u x i t v o r k o m m e n in den verschiedenen L ä n d e r n w u r d e von uns vor kurzem an anderer Stelle [1] ausführlich berichtet. Die Abbildung 4 gibt einen Überblick über die wichtigsten Lagerstätten der Welt. Die Tabelle 8 gibt einen Überblick über chemische Analysendaten, die mit Proben aus verschiedenen Lagerstätten erhalten wurden.
14
Die Rohstoffe Tab. 8 Bauxit-Analysen
Vorkommen
Glüh veri. AI2O3 lo lo
SÌO2 lo
Fe 2 0 3 TÌO2 Ol lo lo
CaO %
C r 2 0 3 v 2 o 5 Mn 2 O a P2O5 % lo lo 7.
ZnO /0
Jugoslawien : HK Dalmatien Bosnien Vlasenica
19,9 20,0 13,0 11,6
55,2 51,0 60.5 55.6
2,5 1,9 3,4 2,2
18,4 22,8 19,3 27,0
2,4 3,0 2.7 2.8
1,0 0,8 0,7 0,4
0,08 0,05 0,06 0,07
0,08 0,03 0,12 0,05
0,14
0,07 0,3 0,1 0,14
Ungarn : Gant Halimba
14,4 14,0
56,9 52,1
6,5 7,2
18,8 23,6
2,6 2,6
0,2
0,05 0,06
0,11 0,13
0,11 0,13
0,26 0,09
0,04
Griechenland : Eleusis
11,9
50,3
2,0
30,4
2,7
2,3
0,16
0,08
0,09
0,07
0,02
Südfrankreich :
12,0
57,4
4,4
23,0
2,7
0,1
0,04
0,08
0,2
0,02
Indonesien : Bintang
29,2
53,5
4,0
11,8
1,0
0,02
0,2
0,01
Indien: Koyna
28,8
61,6
1,1
3,0
5,6
0,1
0,11
0,07
0,05
0,15
0,001
Mittelamerika: Jamaica Surinam
24.6 31.7
48,3 61,6
2,9 2,6
20,7 2,1
2,6 1,7
0,1 0,2
0,21 0,02
0,12 0,02
0,13
0,31 0,04
0,001
Westafrika : Fria Kassa
23,9 29,4
45,4 55,2
4.0 3.1
23,6 10,1
2,5 1,7
0,2 0,1
0,01
0,3 0,04
0,05
0,01
USA 1. Arkansas 2. Tennessee 3. Mississippi 4. Alabama 5. Georgia Mittelamerika 6. Jamaica 7. Haiti Südamerika 8. Kolumbien 9. Venezuela 10. Brit. Guayana 1 1 1 . Ndl. Guayana } ( S u r i n a m ) 12. Frz. Guayana ) 13. Amapa (Brasilien) 14. Rio Dece (Bras.) Europa 15. 16. Nordspanien 17. Frankreich
18. 19. 20. 21. 22. 24. Af 26. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35.
1
Italien Ungarn / Polen Jugoslawien / Rumän. Griechenland 23. Türkei 25. Ural rika 27. Guinea Ghana Togo Dahome Kamerun Angola Rhodesien Transvaal Madagascar
Asien 36. Koyna (Indien) 37. Hochplateau von Goa (Indien)
38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47.
0,28
0,28
0,02 0,02
Kaschmir (Indien) Balaghat (Indien) Okrissar (Indien) Singapore Bintang Borneo Yunnan (China) Korea Kasachstan (Rußland) Mittelsibirien
Australien 48. Insel Manus 49. Nord-Australien 50. Ost-Australien 51. West-Australien 52. Tasmanien
Übersicht über die bekanntesten Bauxitlagerstätten
15
16
D a s klassische B a y e r - V e r f a h r e n
2 Das klassische Bayer-Verfahren Naßchemisches Aluminat-Verfahren 2.1
D i e G r u n d l a g e n des Bayer-Verfahrens
2.11 Chemische Grundlagen der Hauptverfahrensstufen Der zur Zeit bei weitem wichtigste Prozeß zur technischen Herstellung von Aluminiumoxid ist das Bayer-Verfahren. Es handelt sich dabei um den bereits im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts entwickelten Aufschluß von Bauxiten mit wäßriger Natronlauge [ 5 , 6 ] . Wie in dem vorhergehenden Kapitel über die Rohstoffe näher ausgeführt wurde, enthalten die unter dem Begriff Bauxit zusammengefaßten aluminiumoxidreichen Mineralgemenge als für den Verbraucher wesentlichsten Bestandteil Aluminiumhydroxide verschiedenster Art. Der Bayer-Prozeß beruht nun darauf, daß sich diese Aluminiumhydroxide in wäßriger Natronlauge (120—350 g Na a O/Ltr.) bei erhöhter Temperatut lösen. Die Art des im Bauxit enthaltenen Aluminiumhydroxides ist dabei grundsätzlich von geringerer Bedeutung, weil bei geeigneter Wahl der Aufschlußbedingungen heute jedes Hydroxid gelöst werden kann. Aus wirtschaftlichen Gründen werden jedoch zur Zeit fast ausschließlich böhmit- bzw. hydrargillithaltige Bauxite verarbeitet. Nach der Abtrennung der beim Lösen der Hydroxide erhaltenen Aluminatlauge vom Löserückstand wird diese auf eine Konzentration von etwa 100—170 g Na a O/Ltr. verdünnt und auf etwa 60° C abgekühlt. Unter diesen Bedingungen scheidet sich ein erheblicher Teil des als Aluminat gelösten Oxides in Form von Bayerit, der sich unmittelbar durch Einbau von Alkali zu Hydrargillit umlagert, wieder aus. Dieses Aluminiumhydroxid fällt sehr rein an und läßt sich gut durch Filter abscheiden. Nach entsprechender Auswaschung, wird das Hydroxid calciniert, und man erhält hochreines Aluminiumoxid. Der Bayer-Prozeß ergibt also ohne besondere Vorkehrungen ein Produkt, das allen — heute bereits sehr hoch gespannten — Anforderungen der Aluminium-Elektrolyse genügt. Alle Beimengungen, die die Bauxite enthalten, werden im Rahmen des BayerProzesses entweder bereits mit dem Rotschlamm abgetrennt (Fe 2 O s , S i 0 2 , TiO a , CaO, Cr 2 O s ), oder im Laufe des Kreisprozesses als Abfallsalze aus der Lauge abgesdiieden (V 2 O s , P 2 O s , AS 2 O s ). Die in das Oxid gelangenden Verunreinigungen aus dem Bauxit betragen insgesamt weit unter 0,1 °/o (vgl. Tab. 7). Ein weiteres wichtiges Merkmal des Bayer-Verfahrens besteht darin, daß die Mutterlauge nach der Abtrennung des Hydrargillits durch Eindampfen konzentriert wird und dann zum Aufschluß neuen Bauxits verwendet werden kann. Diesem Kreislaufprozeß werden nur Bauxit und Natronlauge zugeführt und Aluminiumoxid bzw. Rotschlamm und Abfallsalze entnommen. Das AufSchluß verfahren nach den Vorschlägen BAYERS ist in seiner Konzeption so überzeugend und in seiner grundsätzlichen Durchführung so einfach, daß es keineswegs überrascht, daß es sich in der Praxis über 70 Jahre lang fast unverändert erhalten hat. Trotzdem sind einige wichtige Erkenntnisse über dieses Verfahren erst in den letzten 20 Jahren gewonnen worden.
17
Die Grundlagen des Bayer-Verfahrens
2.111
Der a l k a l i s c h e A u f s c h l u ß — Lösen der
Hydroxide
Beim Aufschluß der Bauxite in heißer Natronlauge entstehen im wesentlichen echte Lösungen von Natriumaluminat. Die frühere Auffassung, daß die Hydroxide in derartigen Lösungen vorwiegend kollodial gelöst seien, kann heute nicht mehr aufrechterhalten werden [ 7,10,11 ]. Der Lösevorgang folgt z. B. etwa der Formel Al(OH) s + N a O H Na + + [Al(OH) 4 ] _ . 2 Schon W E R N E R [60] hat [Al(OH) 4 ]" bzw. [Al(OH) 5 ] - oder [Al(OH) 6 ] 3 --Anionen angenommen. 1933 hat B R A N D E N B E R G E R durch röntgenografische Untersuchungen von Calcium- und Strontium-Hydroxoaluminaten diese Annahme bestätigt. Die Hydroxoaluminate sind dabei ähnlich aufgebaut wie die Fluoaluminate, z. B. Kryolith N a 3 A1F6. Andererseits liegt der Aluminatgehalt solcher Laugen niemals vollständig in Form derartig einfacher Aluminat-Ionen vor. Diese befinden sich vielmehr stets im Gleichgewicht mit verschiedenen komplexen Aquohydroxoaluminaten. Die Lage dieser Gleichgewichte ist im wesentlichen von der Konzentration der Lösung und dem Überschuß an N a O H abhängig. Audi die Versuche von S C H O L D E R [7] sprechen für das Vorhandensein solcher Komplexe. Beim Auflösen von Aluminiumhydroxiden in Natronlauge, die natriumchloridhaltig ist, bilden sich nämlich außer normalen Aluminationen und Hydroxoaluminat-Ionen auch Ionen der Zusammensetzung [Al(OH) s Cl]" und [Al(OH) 4 Cl] 2 " und [Al(OH) s Cl] 3 ". Eine systematische Untersuchung der Auflösung von Aluminiumhydroxiden in wäßriger Natronlauge wurde im Jahre 1942 im Lautawerk auf Anregung von F U L D A [8, 9] durchgeführt. Die Resultate sind in der Tabelle 9 und Abbildung 5 wiedergegeben. Die Versuche wurden in einem Thermostaten durchgeführt, dessen Temperatur zwischen 74° C und 200° C variiert wurde. Bis zu Temperaturen von 94° C wurden eiserne Gefäße mit Rührwerk angewendet; bei höheren Temperaturen wurden kleine Druckgefäße von 50 cm8 Inhalt benutzt, die auf einem Schlitten befestigt waren und dauernd hin- und herbewegt wurden. Die Druckgefäße wurden mit Aluminatlauge gefüllt, die an Aluminiumoxid nicht gesättigt war. Außerdem wurde feines Aluminiumhydroxid („Impfstoff") in die Druckgefäße gegeben. Die Menge des Aluminiumhydroxids war stets größer als die Aufnahmefähigkeit der Lauge für A l ( O H ) r Es wurden immer fünf Druckgefäße gleichzeitig mit derselben Lauge und derselben Temperatur für einen Versuch angewendet. Nach vier bis fünf Tagen wurde eine Probe herausgenommen und in kaltem Wasser abgeschreckt. Um diese Abschreckung möglichst intensiv zu gestalten, waren die Druckgefäße entsprechend klein. Bei höherer Temperatur wurden Parallelversuche in einem geeigneten Rührwerksautoklaven durchgeführt. Bei etwa 15° C ändert sich das Mol-Verhältnis von N a 2 0 : Al 2 O s in der Lauge in absehbarer Zeit nicht, da offensichtlich die Reaktionsgeschwindigkeit zu gering ist. Bei den höheren Temperaturen wurde nach Verlauf je eines Tages ein weiteres Druckgefäß analysiert. Wenn das Verhältnis N a a O : Al 2 O s in den beiden zuletzt genommenen Proben um nidit mehr als 0,04 variierte, wurde angenommen, daß das Gleichgewicht erreicht war. Die entsprechenden Resultate wurden zur Berechnung benutzt. Diese Versuche 2
Fulda-Ginsberg, Tonerde
18
Das klassische Bayer-Verfahren
Abb. 5 Abb. 5 Löslichkeit von Aluminiumhydroxid in Laugen verschiedener Konzentration in Abhängigkeit von der Temperatur (vgl. hierzu auch die Abb. 14 a und 14 b).
ergaben, daß sich das zugesetzte Aluminiumhydroxid A l ( O H ) 3 oberhalb 125° C stets in Böhmit, A I O ( O H ) , umwandelt. Dieser hat bei 125° C eine bedeutend geringere Löslichkeit als das A l ( O H ) s bei 100° C (vgl. dazu Tab. 9 und Abb. 5). In guter Übereinstimmung mit diesen Beobachtungen steht das abgewandelte Zustandsdiagramm A l / 0 / 0 H / H 2 0 nach ERWIN und OSBORN (vgl. Abb. 6). Auch nach diesem Schaubild wandelt sich A l ( O H ) 3 unter hydrothermalen Bedingungen oberhalb 125° C zum Oxidhydroxid (Böhmit) um. Die Geschwindigkeit dieser Umwandlung ist allerdings nach GINSBERG und KÖSTER sehr stark davon abhängig, ob die Lösung alkalihaltig ist oder nicht. Schon geringe Mengen von Alkali, z. B. 0,3 g N a a O / L t r . beschleunigen die Umwandlung erheblich [ 4 9 ] , Interessant ist, daß je nach den Alkalimengen — und zwar schon in den Größenordnungen von 3 g bis 0,3 g Na a O/Ltr. — Produkte erhalten werden, die sich röntgenographisch eindeutig als Oxidhydroxid identifizieren lassen, aber verschiedenes äußeres Aussehen
Die Grundlagen des Bayer-Verfahrens
19
Tab. 9 Löslichkeit von Aluminiumhydroxid in Laugen verschiedener Konzentration
2*
Nr.
Temperatur ° C
Kaustisches Verhältnis Na a O AI2O3
AI2O3 g/Ltr.
Na a O g/Ltr. (In der Ausgangslauge)
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
74 79 84 89 94 100 125 160 175 200
3,09 2,76 2,56 2,33 2,20 1,82 2,44 1,96 1,91 1,74
53,2 59,4 64,0 70,5 75,0 90,4 67,6 83,9 83,3 94,7
100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
1 2 3 4 5 6
74 79 84 89 94 100
2,65 2,50 2,30 2,16 2,03 1,78
80,4 85,2 92,6 98,6 105,2 120,0
130 130 130 130 130 130
Al(OH) 3
7 8 9 10 11
125 150 160 175 200
1,97 1,87 1,74 1,67 1,56
108,5 114,0 122,4 127,6 136,8
130 130 130 130 130
AlO. O H
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
74 79 84 89 94 100 125 150 175 200
2,57 2,46 2,16 2,08 1,97 1,74 1,80 1,70 1,59 1,51
89,7 93,5 106,8 110,6 117,0 132,2 127,6 135,2 144,6 152,2
140 140 140 140 140 140 140 140 140 140
1
100
1,52
206
190
2 3 4 5
125 150 175 200
1,62 1,54 1,50 1,41
193 203 208 222
190 190 190 190
Bodenkörper
Al(OH)s
AlO. OH
Al(OH)s :
) 1
AlO.OH
Al(OH)s 1 1 [
]
AlO.OH
20
Das klassische Bayer-Verfahren
kg/cm2
300 400 °C 500 Temperatur Abb. 6 Abgewandeltes Zustandsdiagramm AI2O3 / H ä O nach Erwin & Osborn. ZOO
2.112
Ausscheiden
und verschiedene Schüttgewichte haben. Die Schüttgewichte liegen zwischen 0,6 und 0,2. Diese Oxidhydroxidpräparate weisen gegenüber verschiedenen Farbreagenzien voneinander abweichende Absorptionseigenschaften auf. Alle sind chemisch sehr inaktiv, d.h. also verhältnismäßig schwer löslich, daher z . B . auch nicht gut für die Sulfatherstellung verwendbar. Beim Glühen über 1000° C gehen sämtliche Arten des Oxidhydroxids über Gamma-Oxid in Alpha-Oxid über, und zwar — was besonders bemerkenswert ist — praktisch unter Beibehaltung des jeweiligen Schüttgewichtes der Muttersubstanz.
des H y d r o x i d e s aus der
Lauge
Die Untersuchungen von FULDA [ 9 ] sind in gleicher Weise auch für die Absdieidung des Hydrargillits aus den verdünnten und abgekühlten Aufschlußlösungen wichtig Während man früher an eine Hydrolyse der Laugen durch Zugabe von Wasser glaubte, zeigen diese Versuche deutlich, daß es sich um die Absdieidung von Aluminiumhydroxid aus einer übersättigten Lösung handelt. Dabei wird im Sinne der für die Auflösung des Hydroxids genannten Reaktionsgleichung N a O H zurückgebildet. Aus Aluminatlösungen, die stets ein Uberangebot von Alkali-Ionen enthalten, fällt das A l ( O H ) 3 in jedem Falle in der Form des Hydrargillits aus [ 4 7 , 4 8 ] , Dabei werden Alkali-Ionen in Leerstellen des Hydrargillit- Schichtengitters eingebaut, und zwar in der Größenordnung bis zu einigen Zehntel Gewichtsprozenten. Deshalb erhält man im BayerProzeß bei der „Zersetzung" der Laugen ausschließlich Hydrargillitkristalle, obwohl man aus energetischen Gründen die Bildung von Bayerit erwarten sollte. Das auf diese Weise gewonnene Hydroxid und das daraus durch Calcination erzeugte Oxid enthält etwa 0,1—0,3 °/o N a a O , das durch einfaches Waschen nicht zu entfernen ist, auch nicht bei Verwendung verdünnter Salzsäure. Obwohl die abgekühlte, verdünnte Aluminatlauge nach dem Ergebnis der Untersuchungen von FULDA und Mitarbeitern sehr stark übersättigt ist, erfolgt die Ausscheidung des Hydrargillits nur äußerst zögernd. Zur Beschleunigung dieses Vorganges wird als Impfstoff Hydrargillit zugegeben. Die Wirksamkeit dieses Impfstoffes ist höchstwahrscheinlich von der Menge der in den verwendeten Kristallen vorhandenen Störstellen abhängig. In früheren Zeiten sorgte man durch besondere Zubereitung für hochaktive Impfstoffe, und es gab zahlreiche „Rezepte" über das Impfen von Natrium-Aluminatlösungen. Heute erreicht man es durch Anwendung einer sehr großen Menge von Produktionshydroxid als Impfstoff, wodurch einmal die Ausscheidungsgesdiwindigkeit erheblich erhöht wird und
Die Grundlagen des Bayer-Verfahrens
21
andererseits ein sehr gleichmäßiges Fällungsprodukt anfällt. Durch geeignete Auswahl des Impfhydroxids kann man die Korngrößenverteilung des Produktionshydroxids in weiten Grenzen beeinflussen. Audi die Alkalikonzentration und die Temperatur der Lösung sind für die Korngrößenverteilung des Produktes von erheblicher Bedeutung [10,11]. 2.113
Calcination
des
Hydroxides
Bei der Erhitzung von Aluminiumhydroxid an der Luft erfolgt der thermische Abbau nach folgenden Reihen: 1) r-Al(OH)3->- x-Form des Al 2 O a
"/-Form des A1 2 0 3
2) Y-AlO(OH) —>• Y-A1203 -»• 5-Form des A1 2 0 3
--—'
a-Al 2 0 3
Dabei verläuft der Abbau des Hydrargillits sowohl in Reihe 1 als auch in Reihe 2 und je nach Art und Menge der im Gitter eingebauten Fremd-Ionen entstehen Böhmit und nahezu röntgenamorphes O x i d nebeneinander. Der Anteil an Böhmit ist dabei um so geringer, je kleiner die Teilchen und je geringer der Wasserdampfdruck ist. Die neben dem Böhmit auftretenden Abbauprodukte sind nach GLEMSER [12] nichtstöchiometrische Oxidhydroxide. Dabei unterscheidet man eine chi- und eine kappa-Form. Die Röntgendiagramme dieser Übergangsformen zeigen deutlich Interferenzen, die sich kubisch oder tetragonal indizieren lassen. Trotzdem sind diese Formen nach dem heutigen Stande unserer Kenntnis nicht als stabile Phasen im thermodynamischen Sinne oder als polymorphe Modifikationen des Aluminiumoxids aufzufassen. Über die Vielzahl solcher Übergangsformen beim Abbau von Aluminiumtrihydroxid zum a - O x i d (Korund) ist in den letzten Jahren an vielen Stellen gearbeitet worden. Eine fast lückenlose Zusammenfassung aller Arbeiten findet sich in einer Zusammenstellung der Alcoa [ 1 3 ] [s. a. 14, 15, 16]. Für das Verständnis des technischen Calcinationsvorganges ist es vor allem wichtig, daß der stabile Endzustand — das a - O x i d (Korund) — auf jeden Fall erst oberhalb 1200° C erreicht wird. Die Umwandlung vom Hydrargillit zum geordneten Korundgitter verläuft verhältnismäßig träge. Technisches Aluminiumoxid besteht daher zwar zum weitaus überwiegenden Teil aus « - O x i d , jedoch sind daneben auch bei hoher Calcinationstemperatur immer noch andere Abbauprodukte des Hydrargillits vorhanden. Darüber hinaus liegt das a - O x i d zum erheblichen Teil nicht in einer dem Korund eigenen Form vor, sondern es bilden sich Pseudomorphosen nach dem Ausgangsmaterial. Erst durch Auslösung der in diesen Kristallen vorhandenen Wachstumsspannungen werden die Formen des Hydrargillits endgültig zerstört, und es bildet sich eine Masse feiner Korundkristalle, die für die Elektrolyse sehr erwünscht ist. Trotz der hohen Calcinationstemperatur kann das technische Aluminiumoxid wieder eine merkliche Menge an Wasser aufnehmen; dieses wird aber schon bei wenig erhöhter Temperatur wieder restlos abgegeben. Eine Rückbildung von Hydroxiden findet nur bei sehr langen Einwirkungszeiten statt. 2.12
Verfahrensaufgaben allgemeiner A r t
Vor der Beschreibung des eigentlichen Verfahrensganges und der Betriebsapparatur soll noch auf einige Verfahrensaufgaben allgemeiner Art eingegangen werden.
22
Das klassische Bayer-Verfahren
2.121
A b s c h e i d e n des R o t s c h l a m m e s aus der L a u g e
Für die technische Entwicklung des Bayer-Verfahrens ist die Abtrennung des Rotschlammes von der Aufschlußlauge von ganz besonderer Bedeutung. In der Gegenwart wird diese Trennung ausschließlich durch Schwerkraflabscheidung des Schlammes in Eindick-Apparaten durchgeführt. Aus diesem Grunde kommt der „Klärfähigkeit" der Rotschlämme eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Rotschlämme verschiedener Bauxite klären nämlich ganz verschieden gut, obwohl ihre Dichteunterschiede nur äußerst gering sind. Die Klärung der Rotschlämme kann auch nach verschiedener Vorbehandlung der Bauxite (Rösten, Mahlen, Aufschlußtemperatur, Rührung) stark schwanken. Auch über die Klärung der Aluminatlaugen bzw. das Absitzen der Rotsdilämme gibt es eine spezielle Literatur. Früher wurden von allen Bauxiten Probeaufschlüsse gemacht und die Klärfähigkeit der Rotsdilämme im Laboratoriumsversuch festgestellt. Schlecht klärende Bauxite wurden einer besonderen Vorbehandlung durch Glühen bei bestimmten Temperaturen unterworfen. Für alle Bauxite wurde die optimale Rösttemperatur festgelegt, um damit eine möglichst gute Klärung im Betrieb zu gewährleisten. Auf der anderen Seite versuchte man, die Klärung des Rotschlammes durch Einhaltung einer bestimmten Mahlfeinheit günstig zu beeinflussen. Man hat durch Versuche nachgewiesen, daß sowohl sehr grob gemahlener Bauxit als auch extreme Mahlfeinheit die Klärung des Rotschlammes ungünstig beeinflussen (Abb. 7). Durch eine stärkere Verdünnung der Aluminatlaugen vor der Abtrennung des Rotschlammes kann man die Klärung verbessern, jedoch sind hier die Möglichkeiten infolge der Notwendigkeit, das gesamte Wasser später wieder einzudampfen, sehr eng begrenzt.
Korngröße in mm -^15-1,0 Kolloid ~~o.e-o,5 N 2 ist. Diese Forderung ist immer erfüllt, da die Dünnlauge beim Abfiltrieren des H y d r o x i d s durch Waschwasser etwas verdünnt wird.)
Für eine bekannte Menge Aluminatlauge ist also die benötigte Menge an Dünnlauge und Waschwasser zu errechnen. Wenn man in einem mit einem einstellbaren A b d a m p f -
44
Das klassische Bayer-Verfahren
ventil versehenen Druckbehälter die notwendige Menge Dünnlauge vorlegt und dann die Aluminatlauge aus dem Autoklaven einführt, kann das gewünschte kaustische Verhältnis niemals unterschritten werden. Das Waschwasser wird entweder gleichzeitig der Mischung zugeführt oder nach der Zugabe der Aluminatlauge beigemischt. Durch Einstellung des Ventils auf einen bestimmten Druck (etwa 0,2 atü) wird eine konstante Temperatur von etwa 100—105° C eingehalten. Aus diesem Verdünner gelangt eine Lauge genau eingestellter Konzentration mit einem bestimmten kaustischen Verhältnis und einer konstanten Temperatur in die Eindicker. In der Praxis begnügt man sich oft damit, die Menge der Dünnlauge zu berechnen und in der angegebenen Weise mit Aluminatlauge und dem größten Teil des Waschwassers zu vermischen. Das restliche Waschwasser wird dann so weit zugegeben, daß eine Lauge mit konstantem spez. Gewicht anfällt. In diesem Falle schwankt das kaustische Verhältnis zwar um + 0,02, jedoch ist f ü r die Eindicker ein konstantes spez. Gewicht die beste Voraussetzung f ü r einen ruhigen Lauf. Die Messung des spez. Gewichtes und die Beimischung des letzten Waschwassers kann durch eine radiometrische Apparatur (S. 38, Abb. 12) kontrolliert bzw. gesteuert werden. 2.24 Abtrennen des Rotschlammes Der nächste Arbeitsgang ist f ü r das Bayer-Verfahren von besonderer Bedeutung (S. 22). Die Lauge, in der sich Natriumaluminat in Lösung befindet, muß unter möglichst geringen Verlusten an Aluminiumoxid vom Aufschlußrückstand, dem sogenannten „Rotschlamm", getrennt werden. In den Anfangszeiten des Bayer-Verfahrens versuchte man, dieses Problem durch Filtration mittels Filterpressen zu lösen. Infolge der großen Feinheit des Rotschlammes verstopften die Tücher und Papiereinlagen sehr schnell; man brauchte eine große Menge an Pressen und an Hilfspersonal. Außerdem waren die ersten Filtrate keineswegs einwandfrei, denn erst nach Bildung einer gewissen Unterfilterschicht von R o t schlamm liefen die Pressen klar. Auch die Verwendung von Nutschen konnte die Schwierigkeiten dieser Trennung nicht beheben. Erst durch die Anwendung des Prinzips der Schwerkraft-Eindicker auf die Trennung der Suspension von Rotschlamm und Aluminatlauge wurde eine Lösung dieses Problems möglich. 2.241 E i n d i c k e n d e s R o t s c h l a m m e s Die Lauge gelangt aus den diskontinuierlich gefüllten Verdünner-Behältern im kontinuierlichen Fluß in die Einlaufkästen der Dorr-Eindicker. Vielfach verwendet man nach den Vorschlägen der Dorr-Gesellschaft gebaute Mehrkammer-Eindicker, bei denen die parallel arbeitenden Behälter in Etagen bis zu fünf übereinander angeordnet sind. Diese Anordnung bedeutet zwar eine erhebliche Raumersparnis, jedoch müssen alle Kammern einer Eindick-Apparatur außer Betrieb genommen werden, wenn an einer der Kammern eine Reparatur auszuführen ist. Man muß also zumindest eine Eindickergruppe in Reserve halten, um einen gleichmäßigen Betriebsablauf zu gewährleisten. Der Trend geht deshalb eindeutig in Richtung der Verwendung von Einkammereindickern. Aus den Einlaufkästen verteilt sich die Lauge über den gesamten Querschnitt des Eindickers bzw. seiner parallel laufenden Kammern. Das Prinzip des Dorr-Eindickers ist es, durch weitgehende Verlangsamung des Laugenflusses dem Rotschlamm Zeit zu geben, sich auf Grund der Schwerkraft abzusetzen. Durch sehr langsam laufende Krählwerke wird der abgesetzte
Verfahrensgang und Betriebsapparatur zum Autoklavenaufschluß
45
Schlamm dem in der Mitte des Bodens befindlichen Schlammablauf zugeführt. Bei gleichmäßigem Arbeiten des Eindickers wird der Schlamm dabei nicht aufgewirbelt. Die klare Lauge läuft am Rande der Kammern in besondere Überlaufkästen ab und wird von dort der Weiterverarbeitung zugeführt. Wesentlich f ü r die störungsfreie Wirkung dieses Eindickprinzips ist eine Lauge von möglichst konstantem spezifischem Gewicht, gleichmäßigem Zulauf und konstanter Temperatur. Wenn eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist, ergeben sidi turbulente Strömungen in der Lauge, die den Rotschlamm aufwirbeln bzw. sein Absinken verhindern. D a die Laugen sich etwa 24 Stunden im Eindicker aufhalten, ist zur Aufrechterhaltung der Temperatur eine Isolierung des Behälters notwendig. Allerdings kann sie bei der großen Masse im Eindicker verhältnismäßig einfach gehalten sein, zumal die Oberfläche im Verhältnis zum Inhalt sehr klein ist. Ursprünglich wurde der Rotschlamm durch Membranpumpen abgezogen, wobei durch Einstellen der H u b h ö h e der Pumpen die Fördermenge und damit der Eindickungsgrad des Schlammes stufenlos geändert werden konnte. Diese Pumpen sind heute weitgehend entfernt. Der Rotschlamm läuft durch Schwerkraft in tiefliegende Behälter und wird von dort auf die Wascheindicker gepumpt. Um das Absitzen des Rotschlammes zu beschleunigen bzw. die Klärung der Laugen zu verbessern, wird in fast allen Oxidfabriken der Welt als Hilfskolloid Stärkelösung zugesetzt. Diese Lösung wird durch Aufkochen von Stärke (Kartoffelstärke, Maisstärke, Roggenmehl usw.) in Waschwasser besonders hergestellt und in bestimmter Menge der Mischlauge unmittelbar vor dem Einlauf in den Eindicker zugesetzt. Auch besondere Stärkezubereitungen mit hoher Wirksamkeit haben sich gut bewährt. Ein Zerschlagen der Hilfskolloide durch Förderung mit Kreiselpumpen sollte man möglichst vermeiden. Die Menge der Stärke ist von der Art des verwendeten Bauxits abhängig. Im Normalfall
Abb. 15 a
Rotschlamm in Natriumaluminatlösung ohne Stärkezusatz
V — 320.
46
Das klassische Bayer-Verfahren
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Rotschlamm in Natriumaluminatlösung mit Stärkezusatz (0,1 g / L t r . )
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*
I r N a a O . 2.262 C a l c i n i e r e n d e s H y d r o x i d e s Zur Calcination wird das H y d r o x i d in Drehrohröfen auf etwa 1200—1250° C erhitzt. Alle großen Werke arbeiten z. Z. mit Drehrohröfen, die mit Heizöl oder Naturgas befeuert werden. Dabei wird das H y d r o x i d gegen die Flamme geführt. Die Maße solcher Calcinationsöfen schwanken zwischen 2—3,50 m im Durchmesser und 45—80 m in der
Verfahrensgang und Betriebsapparatur zum Autoklavenaufschluß Suspension von der Ausrührung
59
Heißwasser
Kalzinier T " " Waage
Ofen
Rotschlammwäsche
Oichfemessvng
Abb. 18
Schema einer Anordnung zur Filtration von Aluminiumhydroxid.
Länge. Die entsprechenden Leistungen liegen zwischen 80 und 500 t A l 2 0 3 / T a g . Bei der Installation eines modernen Ofens rechnet man mit einer Leistung von 0,7—1 t A l 2 0 3 / m 3 / T a g . Der A u f w a n d an Wärmeenergie beträgt etwa 1,2 Mio W E / t A1 2 0 3 . Die Öfen sind auf zwei Drittel ihrer Länge mit hochfeuerfesten Chamottesteinen ausgemauert. Die Stärke des Mauerwerks beträgt etwa 20—30 cm. Bei zusätzlicher Isolation großer Ofeneinheiten durch Einbau von Isolierstein-Zwischenschichten unter der Chamottesteinausmauerung und sorgfältiger Steuerung der Heizölzufuhr und der Abgasregelung sind 1,1 Mio W E / t A 1 2 0 3 erreicht worden. D a das H y d r o x i d bzw. das Oxid scharfkantig ist, wird das Mauerwerk während des Betriebes des Ofens laufend abgescheuert. Dadurch gelangt S i 0 2 in das produzierte Oxid, so daß der Gehalt an S i 0 2 durch den Calcinationsvorgang um etwa 0,005 °/o erhöht wird. Eine Ausmauerung der Ö f e n mit Sinterkorundsteinen zur Vermeidung dieser Verunreinigungen hat sich nicht bewährt. Das Mauerwerk brach nach kurzer Betriebszeit zusammen. Erfreulicherweise bildet sich jedoch im heißesten Teil der Öfen auf dem Mauerwerk eine glasige Schicht von gesintertem A1 2 0 3 , die den weiteren Abrieb des Mauerwerks weitgehend verhindert. Diese Glasurschicht hält sich, solange der Ofen in Betrieb ist. Beim Erkalten — und mehr noch beim neuerlichen Anfahren des Ofens — platzen die Krusten zum Teil ab. Es ist deshalb besonders wichtig, Zerstörungen von Mauerwerk und damit Produktionsunterbrechungen des Ofens zu vermeiden. Entscheidend f ü r die Haltbarkeit des Mauerwerks ist die absolute Stabilität des Ofenmantels. Untersuchungen an sehr alten Ö f e n unserer Werke haben ergeben, daß das Rohr eines solchen Drehrohrofens ganz erhebliche Verwindungen zu erleiden hat. Besonders in der Nähe des Antriebes, aber auch an den Laufrollen verformte sich ein solcher Ofen im laufenden Betrieb so erheblich, daß das Mauerwerk nach relativ kurzer Zeit repariert werden mußte. Durch Anbringen schwerer Versteifungsringe an den am stärksten beanspruchten Stellen des Mantels konnte diese
60
D a s klassische B a y e r - V e r f a h r e n
Zerstörung des Mauerwerks auf das normale Maß zurückgeführt werden. Man rechnet im Durchschnitt mit einer L a u f z e i t der Ö f e n von etwa 20 Monaten, bevor eine R e p a r a t u r am Mauerwerk notwendig wird. Selbstverständlich wird auch dann nur der beschädigte Teil des Mauerwerks ausgewechselt. Früher wartete man mit der Reparatur bis „Steine k a m e n " , d. h. bis einzelne Steine sich aus dem Mauerwerksverband lösten und mit dem O x i d zum Austrag transportiert wurden. H e u t e ist diese vereinfachte Methode der Überwachung nicht mehr möglich. D e r Gehalt des Oxides an S i 0 2 muß laufend überwacht werden. Sobald an einer Stelle des Mauerwerks eine Lockerung stattfindet, rieselt Chamottemehl aus den Fugen und erhöht merklich den S i 0 2 - G e h a l t des produzierten Oxids. Bei einem bestimmten Gehalt an S i 0 2 muß der O f e n außer Betrieb genommen werden, meistens ohne daß das Mauerwerk merklich beschädigt ist. D a s O x i d verläßt den O f e n mit einer Temperatur von etwa 1 2 0 0 ° C. Vor der Lagerung oder dem Versand muß das O x i d unbedingt bis auf etwa 1 0 0 ° C abgekühlt werden. In sogenannten Rekuperatoren, die um das Rohr des Drehrohrofens angeordnet sind, wird die Wärme des Oxids an die angesaugte Sekundärluft abgegeben. In anderen Fällen sind den Calcinationsöfen spezielle Apparaturen nachgeschaltet, in denen das O x i d gekühlt wird. Dabei wird die Wärme vorwiegend an Wasser abgegeben und damit vernichtet. Es ist jedoch auch möglich, zur Rückkühlung der Luft Betriebslaugen einzusetzen. Ein ganz besonderes Problem bei der Calcination ist die Beherrschung des Oxidstaubes. Infolge der Feinheit des H y d r o x i d e s wird — insbesondere während der Wasserabgabe — ein erheblicher Teil mit den Abgasen aus dem Ofen ausgetragen. Es ist nicht ungewöhnlich, daß bis zu 5 0 % des auf den O f e n aufgegebenen H y d r o x i d s als Staub den Ofen verläßt. Diese Menge muß natürlich zurückgewonnen und dem Calcinationsprozeß wieder zugeführt werden. Zur Abscheidung des Staubes passiert das Abgas, das den Ofen mit etwa 2 5 0 — 3 5 0 ° C verläßt, zunächst einen Fliehkraftabscheider (Multiklon). Hier werden etwa 8 0 — 9 0 % des Staubes bereits zurückgewonnen. In einer nachgeschalteten elektrostatischen Entstaubungsanlage werden etwa 9 5 — 9 8 % des Restgehaltes abgeschieden, so daß der tatsächliche Verlust nur etwa 0,2 bis m a x . 1 % ausmacht. D e r gesammelte Staub wird mit dem aufgegebenen H y d r o x i d vermischt und so dem O f e n wieder zugeführt. Durch verschiedene Einbauten im oberen Drittel des Ofens wird d a f ü r gesorgt, daß die Wärme der Abgase möglichst gut ausgenutzt wird und daß der Staub nicht sofort wieder mit dem Abgas den O f e n verläßt. Eine gesonderte Verwendung des Staubes ist nicht möglich, da er zu inhomogen ist. Er besteht zum großen Teil aus Entwässerungszwischenprodukten des Hydrargillits (S. 21). Der Gehalt an a - O x i d ist sehr gering. D a s den Ofen — bzw. den Kühler des Ofens — verlassende O x i d wird normalerweise in Silos transportiert und dort gelagert. J e nach der Fällung des H y d r o x i d s und dem Verlauf der Calcination fällt auch das O x i d in seiner physikalischen Beschaffenheit sehr verschieden an. Durch geeignete Maßnahmen kann man diese Eigenschaften in gewissem Rahmen nach den Wünschen der Elektrolyse beeinflussen. In E u r o p a wird z. B. im allgemeinen ein stärkeähnliches O x i d bevorzugt, das sich leichter in der Kryolithschmelze der Elektrolyseöfen löst und zugleich den O f e n besser gegen Wärmeverluste abdeckt. U m
Verfahrensgang und Betriebsapparatur zum Autoklavenaufschluß
61
ein O x i d solcher Struktur zu erhalten, wird in vielen Werken dem aufgegebenen H y d r o x i d etwas Calciumfluorid zugesetzt, wobei die Menge in weitem Bereich schwankt. Es genügt, wenn der C a F 2 - Z u s a t z etwa 0,03 %> beträgt, jedoch wird häufig bis zur zehnfachen Menge verwendet. (Die Prozentangaben beziehen sich dabei auf das erzeugte O x i d , müssen also etwa halbiert werden, wenn man sie auf die Aufgabemenge beziehen will). D i e Zugabe erfolgt am einfachsten mit einer magnetischen Vibrationsrinne, die eine absolut gleichmäßige Verteilung kleinster Mengen ermöglicht. D a s Fluorid findet sich nicht in seiner Gesamtheit als Verunreinigung im O x i d wieder, zum Teil verdampft es während der Calcination. D e r wirksame Bestandteil ist zweifellos das Fluor, man kann mit gleicher Wirkung auch Aluminiumfluorid, Natriumfluorid oder Kyrolith verwenden. Der Wirkungsmechanismus des Fluors als Mineralisator ist noch nicht restlos aufgeklärt (S. 21). 2.263
Lagern
und
Transportieren
des
Oxids
D i e physikalische Beschaffenheit des Oxides ist ebenfalls beim Transport und bei der Lagerung von erheblichem Einfluß. Sandiges O x i d , das verhältnismäßig grob ist und fast wie Wasser fließt, läßt sich besser fördern und lagern als mehliges O x i d , das sich leicht im Bunker a u f b a u t bzw. Brücken bildet. Früher wurde das O x i d vorzugsweise mit Schnecken gefördert, die z. T. aus Aluminiumlegierungen gefertigt waren, um eine Verunreinigung des O x i d s mit Eisen zu vermeiden. Elevatoren dienen zur Überwindung größerer Höhenunterschiede. Auch pneumatische Fördereinrichtungen werden vielfach benutzt, und z w a r Saug- oder Drucksysteme. Saugsysteme sind besonders dann mit Vorteil anzuwenden, wenn es sich um die Entladung von Behältern handelt, die keinen Bodenauslauf haben. So werden z. B. die für den Transport von O x i d benutzten Schiffe fast ausschließlich durch Sauganlagen entladen, und z w a r sowohl Hochsee- als auch Binnenschiffe. Auch Großraumwaggons,
die speziell
für den Oxidtransport
gebaut
wurde (bis zu 90 t Ladefähigkeit), werden durch Sauganlagen entleert. Die Druckförderung eignet sich f ü r alle Behälter, die druckfest sind und eine Bodenentleerung haben. So werden z. B. die Behälterwagen der Deutschen Bundesbahn mit Druckluft entladen. Unter Zwischenschaltung einer Druckfördereinrichtung (nach MÖLLER, CLAUDIUSPETERS und anderen) sind auch alle Silos, die mit einem Bodenablaß versehen sind, pneumatisch zu entleeren. Eine verhältnismäßig neue A b a r t des pneumatischen Transports muß hier zusätzlich erwähnt werden. In einem weiteren Rohr liegt ein Kunststoffschlauch, dessen Wandung vielfach durchbohrt ist. Aluminiumoxid wird in dem Rohr dadurch transportiert, daß auf den eingelegten Schlauch etwas Druckluft gegeben wird. Bei dieser A r t der Förderung lassen sich verhältnismäßig große Entfernungen leicht überbrücken. Außerdem kann man die Förderanlage jederzeit abstellen und ohne die G e f a h r einer Verstopfung wieder in Betrieb nehmen. D a s austretende O x i d
staubt
infolge der stoßweise entweichenden Luft ziemlich stark, so daß auch hier Zwischenbunker mit Entstaubungseinrichtungen eingeschaltet werden müssen. Der Abrieb in der Förderleitung ist besonders an Stellen, wo die Luft aus dem eingelegten Schlauch austritt, verhältnismäßig hoch. Es bleibt abzuwarten, ob man mit diesem Problem fertig wird. Der Vorteil der pneumatischen Förderung des O x i d s besteht in der Unabhängigkeit von
62
D a s klassische B a y e r - V e r f a h r e n
Höhenunterschieden und von der Art des Oxids. Der Nachteil liegt in der stark schmirgelnden Wirkung des Oxids, die zu einer genau überlegten Führung der Rohrleitungen zwingt, wenn Richtungsänderungen unvermeidlich sind (schlanke Form der Bögen, Auskleidung der Rohre usw.). Außerdem muß in jedem Falle eine sehr aufwendige Entstaubungsanlage angeschlossen werden, um Oxidverluste zu vermeiden. Es ist interessant, daß die physikalische Beschaffenheit des Oxids durch Druckluftförderung verhältnismäßig stark verändert wird. Wir konnten nachweisen, daß einzelne Oxidkörner unter inneren Spannungen stehen, die im Strom der Luftförderung beim Aufprall unter Kornzerfall ausgelöst werden. Dieser Vorgang läßt sich auch unter dem Mikroskop verfolgen. Durch Luftförderung erhält infolgedessen auch „sandiges" Oxid einen weitgehend „mondaminartigen" Charakter. Das ideale Transportelement für Oxid ist jedoch zweifellos das Gummiband. Es arbeitet ohne jeden Verschleiß und vermeidet Verunreinigungen des Oxids, benötigt keine großen Entstaubungsanlagen und gestattet auch die Überwindung erheblicher Höhenunterschiede, wenn die Förderstrecke lang genug ist. Soweit es möglich ist, verwendet man daher heute Bandanlagen für den Transport großer Mengen von Aluminiumoxid. Gegenüber diesen Anlagen haben Wuchtförderer, Vibrationsrinnen und ähnliche Transportanlagen nur örtliche Bedeutung. Die Lagerung des Oxids erfolgt in Bunkern aus Stahlblech oder Stahlbeton. Grobes, sandiges Oxid kann aus solchen Bunkern ohne jede besondere Vorrichtung entnommen werden, da es sogar aus einem seitlich angebrachten Rohrstutzen ausfließt. In der Praxis sind aber alle Silos mit Bodenabzügen eingerichtet. Zur Auflockerung des Oxids sind poröse Platten angebracht, durch die fein verteilte Druckluft zugeführt werden kann. Auf diese Weise wird die Brückenbildung bei der Entladung der Silos vermieden. Im übrigen wird durch mehrfache Abzugsmöglichkeiten dafür gesorgt, daß keine ernsthaften Störungen bei der Entnahme des Oxids aus den Silos eintreten. Das Fassungsvermögen derartiger Silos hat sich im Laufe der Zeit immer mehr erhöht. Vor dem zweiten Weltkrieg baute man Siloanlagen mit einer Vielzahl von kleinen Behältern, deren Einzelfassungsvermögen etwa 50—200 1 Oxid betrugen. Heute werden große Einzelsilos erstellt, in denen 10 000—20 000 t Oxid gelagert werden können. Der Transport des Aluminiumoxids von der erzeugenden Fabrik zum Verbraucher wird vorwiegend durch Bahn bzw. Schiffstransport vorgenommen. Für den schienengebundenen Transport wurden von allen Oxiderzeugern besondere Großraumwagen konstruiert, bei denen das Verhältnis vom Gewicht des Transportgutes zum Eigengewicht des Waggons besonders günstig ist. Es betrug z. B. bei einem Kalkdeckelwagen der früheren Deutschen Reichsbahn größenordnungsmäßig 1:1, während es bei den. neuesten Großraumwagen bei über 4 : 1 liegt (Leichtmetallkonstruktion). Im Zuge der Verlegung der Oxidfabriken in die Nähe der Bauxitvorkommen gewinnt der Transport in Spezialschiffen größere Bedeutung. Für die Abwicklung des Seetransportes mit Aluminiumoxid wurden auch die Großsiloanlagen erstmalig notwendig, weil das Fassungsvermögen hier nicht mehr von der Erzeugung oder dem Verbrauch bestimmt wurde, sondern ausschließlich vom Transportvolumen der zur entladenden Schiffe.
Verfahrensgang und Betriebsapparatur zum Autoklavenaufschluß
63
2.27 Kreislaufführung der Lauge 2.271
Eindampfen
Bei der Filtration des Aluminiumhydroxids fällt eine Mutterlauge an, die noch etwas mit feinem H y d r o x i d verunreinigt ist, da besonders die Erstfiltrate der Trommelfilter nicht klar laufen. Die Lauge wird durch spezielle Eindicker gegeben, wobei das eingedickte H y d r o x i d als Impfstoff zum Einsatz gebracht wird. Die überfließende „Dünnlauge" geht zur Eindampfstation. Wie schon früher beschrieben (S. 55), passiert die Dünnlauge dabei die Plattenwärmetauscher, wobei sich ihre Temperatur von etwa 50° C auf 80° C erhöht. D a die Laugen im Rahmen des Bayer-Verfahrens vollständig im Kreislauf geführt werden, muß die Dünnlauge vor ihrer Verwendung als Aufschlußlauge f ü r neuen Bauxit erheblich eingedampft werden. Nach dem klassischen Verfahren bedeutet das, daß etwa die H ä l f t e des Volumens verdampft werden muß. Diese Konzentrierung wird in mehrstufigen Vacuumeindampfapparaten vorgenommen. In Deutschland verwendet man vorwiegend vierstufige Apparaturen. Es ist jedoch lediglich eine Frage der Wirtschaftlichkeit, auch f ü n f - oder sechsstufige Apparate zu benutzen. Die Schaltung der Stufen hängt ebenfalls von der Wahl des Systems ab. Bei vierstufigen Vacuumeindampf-Apparaturen wird nach Zwischenschaltung eines Vorwärmers normalerweise der erste Körper mit Frischdampf von etwa 4 Vi atü beheizt. Die übrigen Körper werden jeweils mit dem Brüden des vorhergehenden Körpers beheizt, wobei der Unterdruck langsam gesteigert wird. Die Konzentration der eingedampften Lauge erreicht dabei einen Gehalt von etwa 250—350 g N a 2 0 / L t r . Es ist möglich, die Konzentration der abfließenden Lauge durch radiometrische Kontrolle ihrer Dichte zu verfolgen (S. 38) und danach auch die Heizdampfmenge im ersten Körper zu regeln. Falls diese Dampfmenge ein Maximum erreicht hat, über das sie mit Rücksicht auf die Wärmeübertragung im ersten Verdampferkörper nicht gesteigert werden kann, wird automatisch die Laugemenge verringert. Die Apparatur arbeitet dabei fast ohne Wartung. Leider sdieiden sich bei der Eindampfung aus der Lauge Verunreinigungen ab, die auf den Heizrohren Krusten bilden und den Wärmedurchgang erheblich behindern. Bevorzugt bilden sich silikatische Krusten in den ersten Körpern der Eindampfapparatur. Bei niedriger Konzentration an Alkali- und Aluminationen und hoher Temperatur ist die Geschwindigkeit der Ausscheidung von Silikaten am größten (s. a. S. 87). Aus der konzentrierten Lauge der letzten Körper scheiden sich vorwiegend salzartige Ablagerungen ab (Soda, Vanadate usw.). Von Zeit zu Zeit müssen die Apparate von diesen Krusten gesäubert werden. Abgeschiedene Salze können gegebenenfalls durch Auskochen mit Wasser in Lösung gebracht werden. Silikatische Krusten werden mit Säure gelöst. Im allgemeinen werden deshalb die Verdampfer im festen zeitlichen Turnus mit verdünnter Salzsäure unter Zusatz eines Inhibitors ausgekocht. Auf diese Weise kann man einen stärkeren Abfall des Wärmedurchgangs und den damit verbundenen Rückgang des Laugedurchsatzes weitgehend verhindern. Unter besonderen Umständen ist es vorteilhaft, die Brüden der Eindampfanlage durch Kompression wieder zur Aufheizung verwendbar zu machen. Bei der wirtschaftlichen Beurteilung dieses Systems sind die jeweiligen Kosten f ü r Dampf und elektrische Energie von entscheidender Bedeutung.
64
Das klassische Bayer-Verfahren
2.272
Abscheiden von
Verunreinigungen
Um ein Überhandnehmen der Krustenbildung zu verhindern und um eine allzu starke Verunreinigung des Oxids auf dem Wege über die Laugen zu vermeiden, entfernt man laufend einen Teil der Verunreinigungen aus der Lauge. Vor allem handelt es sich dabei um die Abscheidung der Soda und des Vanadinsalzes. Soda wird am einfachsten aus Laugen abgeschieden, die eine Konzentration von etwa 200—220 g N a a O / L t r . haben. Man dampft daher in einem besonderen Einkörperverdampfer einen Teil der Lauge auf die gewünschte Konzentration ein. Wirtschaftlicher ist es, man schaltet die gesamte Eindampfapparatur so, daß man Lauge von dieser Konzentration direkt entnehmen kann (Abb. 19). Beim Abkühlen dieser Lauge fällt Soda aus und wird mittels einer Schälzentrifuge abgetrennt (Abb. 20). Die Soda ist durch mitgefällte organische Verunreinigungen tiefbraun gefärbt. Sie wird am besten im Rahmen eines parallel laufenden KalkSoda-Prozesses wieder auf N a O H umgearbeitet (S. 82).
Wasser
—A- -
Dampf
Abb. 19
Eindampfergruppe.
Die Menge der Lauge, die der Sodaabscheidung zugeführt wird, richtet sich nach dem Karbonatgehalt des verarbeiteten Bauxits. Außerdem spielt der Gehalt an organischer Substanz und der zur Klärung der Laugen notwendige Stärkezusatz eine Rolle, da der überwiegende Teil der organischen Substanzen in der Endstufe bis zum C 0 2 abgebaut wird.
Verfahrensgang und Betriebsapparatur zum Autoklavenaufschluß
65
von der Ein dampferei
Abb. 20
Apparatur zur Abscheidung der Soda.
Im Gegensatz zur Soda scheidet sich das Vanadinsalz am besten aus der konzentrierten Lauge aus. Auch hier wird ein Teil der Lauge stark abgekühlt und das ausfallende Salzgemisch mittels einer Schälzentrifuge abgetrennt. Es handelt sich in erster Linie um Vanadate, Arsenate und Phosphate des Natriums, die ebenfalls durch organische Substanzen stark gefärbt sind. Das Salz wird zur Gewinnung von Vanadinsäure bzw. Ferrovanadin verwendet (S. 129). Die Abscheidung von speziellen Beimengungen aus der Lauge wird an anderer Stelle (S. 128 ff.) beschrieben. Chromate werden im Zuge des Bayer-Verfahrens nicht abgeschieden, da der Gehalt der Laugen zu gering ist. Besondere Schwierigkeiten macht die Entfernung von Zink, falls in den verwendeten Bauxiten der Zinkgehalt zu hoch ist. Da das Zink beim Aufschluß in starker Lauge in Lösung geht und sich beim Ausrühren mit dem Aluminiumhydroxid abscheidet, muß die Entfernung des Zinks aus den Laugen vor dem Ausrühren geschehen. An sich ist die Fällung des Zinks mit Natriumsulfid die einzig technisch durchführbare Methode zur Reduzierung des Zinkgehaltes. Leider ist in stark NaOH-haltigen Lösungen eine solche Fällung nur sehr unvollkommen, da überwiegend Zinkat-Ionen vorhanden sind, die mir Sulfid-Ionen nicht reagieren. In der verdünnten Ausrührerlauge kann eine teilweise Entfernung des Zinks im Rahmen der Vorfällung (S. 54) durch Zugabe von Natriumsulfid erreicht werden. Erfreulicherweise sind solche Maßnahmen bei der Großzahl der technisch verwendeten Bauxite nicht erforderlich. 5
Fulda-Ginsberg,
Tonerde
66
Das klassische Bayer-Verfahren
2.28 Analytische Überwachung des Betriebes Im Zuge der Beschreibung des Bayer-Verfahrens ist an vielen Stellen auf die Bedeutung der analytischen Überwachung der betrieblichen Vorgänge hingewiesen. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit dieser Maßnahmen sind sie im folgenden noch einmal zusammengefaßt worden. Die analytische Kontrolle erstredet sich von der Untersuchung der verwendeten Rohstoffe über die laufenden Prüfungen der Zwischenprodukte bis zur Aussage über das Oxid und die Abfallprodukte. Sämtliche Untersuchungen in diesen Bereichen wurden zunächst mit normalen naßchemischen Methoden vorgenommen. Das analytische Laboratorium beschäftigte demgemäß eine verhältnismäßig große Anzahl von Fachkräften, die sich vom Chemiker bis zum angelernten Arbeiter abstuften. Inzwischen verlief die Entwicklung in der betrieblichen Herstellung des Aluminiumoxids in zwei Richtungen: einmal wurden die Anforderungen an die Reinheit des Oxids immer höher, womit zwangsläufig auch die Genauigkeit der Analysenverfahren erhöht werden mußte. Außerdem dehnte sich das Interesse auf eine Vielzahl von Beimengungen bzw. Verunreinigungen aus, die früher nicht beachtet worden waren. So wurden ursprünglich nur Fe 2 0 3 , S i 0 2 und TiO a bestimmt, während später V 2 O s , P 2 O s , CaO, MgO, ZnO, C r 2 0 3 , M n 3 0 4 , G a 2 0 3 und BeO hinzukamen. Auf der anderen Seite steht die wirtschaftlich bedingte Forderung nach Abbau des Personals bei laufend steigenden Löhnen und Gehältern. In diesem Stadium der Entwicklung führte das Angebot von hochwertigen Analysenautomaten und von geeigneten Apparaturen zur Messung und Überwachung betrieblicher Vorgänge auf Grund physikalischer Daten zu einer völligen Umorientierung der betrieblichen Laboratorien. Für die Organisation der analytischen Überwachung des Betriebes ergaben sich drei Aufgaben: 1. Routine-Analysen müssen nach Möglichkeit durch Analysenautomaten ausgeführt werden. 2. Die zur Betriebskontrolle notwendigen Analysen müssen auf das Mindestmaß eingeschränkt werden. D a f ü r können die Kontrollfunktionen auf die Messung geeigneter physikalischer Daten verlagert werden, die die Anwendung automatischer Apparaturen erlauben. 3. Für den Rest der Analysen werden Hochleistungsverfahren entwickelt werden, für deren Anwendung bestens ausgebildetes Personal zur Verfügung stehen muß. Der derzeitige Stand der Dinge ist etwa folgender: Die Untersuchung von Bauxiten und Rotschlämmen sowie in gewissem Rahmen auch von Oxiden und Hydroxiden ist durch Einsatz automatisch arbeitender Röntgenfluoreszenzgeräte grundsätzlich möglich. Zur Überwachung der Geräte muß eine Spezialabteilung vorhanden sein, die auch die Eichproben f ü r die Justierung der Apparate liefert und die spezielle Ausbildung des Personals garantiert. Die betriebliche Überwachung wird in weitem Umfange durch Messung physikalischer Größen vorgenommen. So werden Abgase und Abwässer fast ausschließlich durch C 0 2 bzw. pn-Messung kontrolliert. Auch die Überwachung der verschiedenen Kondensate erfolgt durch Leitfähigkeitsmessung. Der Einsatz der Konzentrationsbestimmung durch radiometrische Dichtemessung ist im Gange (S. 38), zumal sich diese Messungen ohne weiteres zur Regelung verwenden lassen. Der Einsatz leistungsfähiger analytischer Verfahren für die Bestim-
Kontinuierlicher
Aufschluß
67
mung der wichtiger werdenden Nebenbestandteile gewinnt immer größere Bedeutung. Zum Teil ist es notwendig, diese Verfahren auf die Untersuchung der Bauxite bzw. der Zwischen- und Endprodukte der Oxidherstellung speziell abzuwandeln. Auch auf die Probleme der Immissionen bzw. der eventuell dadurch verursachten Schädigungen müssen derartige Spezialverfahren angewendet werden, um vor Fehldiagnosen sicher zu sein. Die jüngste Geschichte lehrt, daß gerade aus Mangel an analytischen Kenntnissen und speziellen Erfahrungen oft folgenschwere Fehlgutachten erstellt werden können. Es kann nicht nur Aufgabe von Hochschulen und Forschungsinstituten sein, hier das richtige Rüstzeug zu schaffen. Gerade aus dem Bereiche der mit diesen Problemen täglich befaßten Industrie muß der Anstoß zur Lösung der anstehenden Fragen kommen. Alle größeren Gesellschaften sind deshalb dazu übergegangen, für die Bearbeitung solcher Grundsatzfragen ein zentrales Forschungslaboratorium einzurichten. Die Zweckmäßigkeit eines solchen Vorgehens ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht ohne jeden Zweifel.
3 Weiterentwicklung des klassischen Bayer-Verfahrens In den vorstehenden Abschnitten wurde das Bayer-Verfahren beschrieben, wie es in der Form des „klassischen Autoklavenaufsdilußbetriebes" vorwiegend in Europa entwickelt wurde. Es ist verständlich, daß von allen Seiten die Unterteilung des betrieblichen Kreislaufes in kontinuierliche (Trockenaufbereitung, Abtrennung des Rotschlammes, Calcination und Eindampferei) und diskontinuierliche (Autoklavenaufschluß und Ausrührerei) Vorgänge als Mangel empfunden wurde. Schon sehr früh setzten daher Bemühungen ein, zumindest den Aufschluß kontinuierlich zu gestalten.
3.1
Kontinuierlicher Aufschluß 3.11
Turmauf sdiluß
Einen besonderen Weg ging dabei die V A W mit dem von F U I . D A / W I T T I G [20, 21, 2 2 ] vorgeschlagenen Turmaufschluß. Während alle übrigen Varianten des Bayer-Verfahrens gemahlenen Bauxit mit Lauge vermischen und das Gemisch entsprechend erhitzen, wurde beim Turm-Verfahren stüdeiger Bauxit mit heißer, strömender Lauge aufgeschlossen. Man füllte einen Drudebehälter (Turm) mit Bauxitstücken von einer Größe zwischen 20 und 40 mm, die bei einer bestimmten Temperatur geröstet waren. Durch diese Bauxitfüllung wurde Lauge mit einer Konzentration von etwa 180 g N a a O / L t r . und einer Temperatur von etwa 200° C geleitet. Bei diesem Vorgehen erreichte man erstaunlicherweise gleiche Aufschlußeffekte wie bei fein gemahlenen Bauxiten, ohne daß die Struktur der Bauxitstücke völlig zerstört wurde. Der Vorteil einer solchen Variante des BayerVerfahrens lag auf der Hand. Infolge der sehr viel dünneren Aufschlußlauge und des kaustischen Verhältnisses von etwa 1,5 bei Beendigung des Aufschlußvorganges ergab sich eine erhebliche Dampfersparnis. Außerdem fiel bei diesem Verfahren sofort eine klare Lauge an, so daß die gesamte Abtrennung des Rotschlammes in Fortfall kam. Die Förderung der verdünnten Lauge machte auch bei dem verhältnismäßig hohen Druck keine Schwierigkeiten, da die klare Lauge durch eine mehrstufige Kreiselpumpe gefördert werden konnte. Die Aufheizung fand in Wärmeaustauschern statt, die zwischen Pumpe und Aufschlußbehälter geschaltet waren. In Abbildung 21 ist die Charakteristik der 5*
Weiterentwicklung des klassischen Bayer-Verfahrens
63
Laugung eines solchen Turms dargestellt. Man sieht, daß zunächst in der Zeiteinheit sehr viel A l 2 O s herausgelöst wird und daß diese Menge später schnell zurückgeht. Aus Gründen der Ausbeute konnte man auf die restliche Laugung nicht verzichten, andererseits konnte der Verarbeitungsbetrieb keine Laugen unterschiedlicher A l 2 0 3 - K o n zentration gebraudien. Diese Schwie« » 80 Zeit in Stunden rigkeiten wurden dadurch gelöst, daß man jeweils drei Türme hintereinanAbb. 21 Charakteristik der Laugung eines Turmes. derschaltete, die zeitlich gegeneinander versetzt gelaugt wurden. Wenn im Betrieb zusätzlich mehrere solcher Dreierbatterien zeitlich gegeneinander versetzt wurden, ergab sich eine Klarlauge völlig hinreichender Konstanz. Abbildung 22 zeigt die Charakteristik einer solchen Hintereinanderschaltung von drei Aufschlußbehältern. Man sieht, daß sich praktisch eine Klarlauge mit einem kaustischen Verhältnis von etwa 1,5 ergibt. Bei den Erfahrungen des Turmaufschlusses handelt es sich nicht um Versuchsergebnisse aus Laboratorien oder einer Versuchsanlage, sondern der Turmaufschluß lief fünf Jahre hindurch im Lippewerk der V A W mit relativ gutem Erfolg. Die erwarteten Einsparungen an Dampf wurden tatsächlich erreicht, jedoch ergaben sich auf der anderen Seite einige unerwartete Schwierigkeiten. Verarbeitet wurde ein dalmatinischer BöhmitBauxit, der im klassischen Bayer-Verfahren sehr schlecht klärte. Die Rösttemperatur lag bei etwa 600° C.
Zeit
Abb. 22
•
Aufschlußkurven vom kontinuierlichen Turmaufschluß; Charakteristik einer Hindereinanderschaltung von 3 Aufschlußtürmen.
Kontinuierlicher Aufschluß
69
Die Hauptschwierigkeiten lagen in zwei Problemen: einmal fiel beim Brechen und Rösten des Bauxits eine Menge von etwa 20 °/o Staub an, d. h. Material mit einer Feinheit unter 10 mm. Dieser Feinstoffanteil war nach dem Turmverfahren nicht zu verarbeiten. Auch Brikettierungsversuche brachten keine wirklich befriedigende Lösung. Im Betrieb des Lippewerkes wurde der Staub im parallel laufenden Bayer-Verfahren verarbeitet. Zum anderen sah das Verfahren vor, daß der Feststoffinhalt des Aufschlußbehälters sich mit dem letzten Waschwasser durch Preßluft würde aus dem Turm verdrängen lassen. Leider versagte dieser Medianismus sehr häufig, so daß der gesamte Turminhalt durch einen Bodenablaß in eine Grube entleert werden mußte. Manchmal war infolge Verbackung des Turminhalts auch eine solche Entleerung unmöglich. Man mußte die Türme medianisch mit Handarbeit entleeren. Die Unmöglichkeit, während der fünf Betriebsjahre für diese Schwierigkeiten eine einwandfreie Lösung zu finden, führte nach dem Kriege zur Demontage dieses Betriebsteiles. Auch eine Großanlage, die während des Krieges in Strinije/Jugoslawien aufgebaut worden war, wurde nicht als Turmaufschluß in Betrieb genommen, sondern auf kontinuierlichen Bayer-Aufschluß umgestellt. 3.12
Autoklavenaufschluß
Inzwischen hatte nämlich der kontinuierliche Autoklaven aufSchluß seinen Siegeszug durch die Aluminiumoxidindustrie der gesamten Welt angetreten. Bereits vor dem zweiten Weltkriege waren Versuche gemacht worden, die Suspension von Bauxit und Lauge durch mehrere hintereinander geschaltete Autoklaven zu pumpen und sie während dieser Zeit auf die notwendige Aufschlußtemperatur zu erhitzen. Zunächst scheiterte dieser Versuch an den Schwierigkeiten, die sich beim Betrieb der Hochdruckpumpen und der Vorwärmer ergaben. Mit Rücksicht auf den Druck mußten Kolbenpumpen verwendet werden, wobei sich durch die stark schmirgelnde Bauxitsuspension eine Fülle von Schwierigkeiten an den Dichtungen der Kolben ergaben. Außerdem verkrusteten die Röhrenvorwärmer sehr schnell und mußten laufend gereinigt werden. Ein kontinuierlicher Aufschlußbetrieb, der nach diesem System 1938 im Nabwerk der VAW*) in Betrieb genommen wurde, mußte schon im Laufe des Krieges wieder eingestellt werden, zumal damals keine Möglichkeiten bestanden, die auftretenden Schwierigkeiten grundsätzlich zu lösen. — Nach Beendigung des Krieges kam der kontinuierliche Autoklavenaufschluß aus den U S A nach Europa herüber, da bei der Verarbeitung trihydroxidischer Bauxite die genannten Schwierigkeiten sehr viel geringer waren. Niedriger Drude, geringe Aufheizung und dünne Suspensionen förderten die Entwicklung einer Technik, die dann ihrerseits wieder auf die Verarbeitung von böhmitisdien Bauxiten umgestellt werden konnte. So arbeiten heute die meisten Oxiderzeuger mit dem kontinuierlichen Autoklavenaufsdiluß, wobei die speziellen Abwandlungen zumeist durch den Rohstoff bestimmt werden. Bei diesen Verfahren wird die Suspension von Bauxit und Lauge bei einer Temperatur von etwa 60—80° C mittels einer kombinierten Kolbenmembranpumpe gefördert. Abbildung 23 zeigt die Prinzipskizze einer solchen Anlage. Im Kolbenpumpenteil wird Wasser oder ein beliebiges ö l verwendet, wobei eine Nachholvorrichtung dafür sorgt, * ) Vgl. Fußnote S. 11.
70
Weiterentwicklung des klassischen B a y e r - V e r f a h r e n s
daß das Volumen der hier umgepumpten Flüssigkeit sich nicht ändert. Durch die Membran ist die Lauge von der Hilfsflüssigkeit getrennt. Die Membran ist aus Gummi oder einem geeignetem Kunststoff gefertigt. Sie wird in dieser Anordnung auf Druck nicht beansprucht, da auf beiden Seiten der Membran der gleiche Druck herrscht. Sie muß jedoch gegen Lauge der betreffenden Konzentration und Temperatur beständig sein und darf über lange Betriebsdauern ihre Elastizität nicht verlieren. In unseren Betrieben wurden mit Gummimembranen sehr gute Erfahrungen gemacht. Es wurden im Normalbetrieb 2000 Betriebsstunden erreicht. Durch einen auf beiden Seiten der Membran angebrachten gewölbten Siebboden wird dafür gesorgt, daß die Membran nicht durch einen Bedienungsfehler nach einer Seite überdehnt werden kann. Auch die Kugelventile auf der Saug- und Druckseite bieten kaum Anlaß zu betrieblichen Störungen, so daß der mechanische Teil der Aufschlußanlage verhältnismäßig betriebssicher arbeitet.
Derartige Pumpensysteme wurden in Europa z. T. von den großen Erzeugergesellschaften selbst entwickelt; sie können jedoch auch von spezialisierten Lieferfirmen bezogen werden
Kontinuierlicher Aufschluß
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72
Weiterentwicklung des klassischen Bayer-Verfahrens
Die Suspension wird dann durch eine Reihe von Autoklaven gedrückt, deren Zahl und Größe im wesentlichen von der notwendigen Aufschlußtemperatur abhängt. Abbildung 24 zeigt die Schaltung einer solchen Aufschlußapparatur. Aus der Skizze wird ohne weiteres ersichtlich, daß ein wesentlicher Teil der Apparatur die Entspanner sind. Tatsächlich ist der Erfolg des kontinuierlichen Autoklavenaufschlusses ausschließlich der guten Lösung der Wärmerückgewinnung mit Hilfe der Entspanner zuzuschreiben. Die aus dem letzten Autoklaven austretende hocherhitzte Lauge durchströmt nämlich eine Reihe von Druckbehältern, in denen der Dampfdruck nach und nach verringert wird (Entspanner). Dabei wird die Zahl der Entspanner bestimmt von der Temperaturdifferenz zwischen der aus dem letzten Autoklaven austretenden Aluminatlauge und dem letzten Entspanner (s. a. S. 71). Der dabei anfallende Dampf wird in den ersten Autoklaven als Heizdampf benutzt, während die letzten Autoklaven mit Hochdruckdampf beheizt werden. Die entspannte und entsprechend abgekühlte Lauge geht in die Eindicker, nachdem sie in der letzten Entspannungsstufe mit der notwendigen Menge an Dünnlauge und Waschlauge versetzt worden ist (S. 41 ff.). Der übrige Betrieb zeigt keine Unterschiede gegenüber dem klassischen Bayer-Verfahren. Die Vorteile des kontinuierlichen Betriebes sind eindeutig. Man braucht sehr viel weniger Autoklavenraum, da die Vorgänge des Füllens und Leerens, z. T. auch des Aufheizens, fortfallen. Man kann so den Autoklavenraum um etwa 50 °/o reduzieren. Auf der anderen Seite ermöglicht die sehr weitgehende Rückgewinnung der Aufschluß wärme eine erhebliche Reduzierung des Dampfverbrauchs. Der Betrieb kann durch radiometrische Behälterstandsmessung und temperaturgesteuerte Dampfventile völlig automatisiert werden. Betriebliche Schwierigkeiten ergeben sich fast nur noch durch die Verkrustungen der Heizschlangen in den Autoklaven. Infolge der dadurch bedingten geringeren Heizdampfkondensation wird auch die an die Dampfabgabe gebundene Entspannung gestört. Man muß dafür sorgen, daß die Verkrustung der Heizschlangen auf ein Minimum begrenzt wird bzw. die Heizschlangen im Bedarfsfall von den Krusten befreien. Vor allen Dingen ist es wichtig, dafür zu sorgen, daß die Abscheidung von Soda unterbleibt, da diese im Verein mit dem Rotschlamm die Heizschlangen sehr schnell verkrustet. In vielen Fabriken ist man dazu übergegangen, einen Teil des Heizdampfes direkt in die Aufschlußsuspension einzublasen, um auf diese Weise die Schwierigkeiten mit den Heizschlangen völlig zu vermeiden. Die Autoklaven der kontinuierlichen Anlagen haben im allgemeinen einen Fassuftgsraum von je 25 bis 50 m 3 , jedoch sind auch erheblich größere Einheiten in Betrieb. 3.13
Rohraufsdilüß
Eine Stufe weiter führt der Rohraufschluß. Beim Studium des Aufschlusses von Bauxiten mit wäßriger Natronlauge wurde schon sehr frühzeitig die Beobachtung gemacht, daß die Temperaturerhöhung den Aufschluß sehr viel stärker fördert als die Steigerung der Alkalikonzentration. 1930 hatte MÜLLER [ 2 3 ] vorgeschlagen, Bauxite bei 100 atü mit entsprechend verdünnten Laugen aufzuschließen. D a heute die Beherrschung des Druckes keine Schwierigkeiten mehr macht (S. 69), haben wir diesen Gedanken wieder aufgegriffen. Die Bauxitsuspension, die infolge der verwendeten Laugenkonzentration von nur 140 g N a a O / L t r . verhältnismäßig dünn ist, wird mit einer Membranpumpe durch
Kontinuierlicher Aufschluß
73
ein Rohr gepumpt und dabei auf die Aufschlußtemperatur erhitzt. Diese Erwärmung erfolgt zunächst im Austausch gegen die Wärme der vom Aufschluß kommenden Lauge, zuletzt indirekt mit Hochdruckdampf. Der Pumpendruck, der in dem gesamten Rohrsystem aufrechterhalten wird, ist so hoch, daß es an keiner Stelle zur Dampfbildung kommen kann. Abbildung 25 zeigt die grundsätzliche Schaltung des Rohraufschlusses. Zu beachten ist dabei, daß das ganze Aufschlußsystem ein geschlossenes Rohr ist, dessen Durchmesser so gewählt wird, daß bei der Strömungsgeschwindigkeit der Suspension sich keine wesentlichen Ansätze bilden. Versuche haben gezeigt, daß bei geringerer Strömungsgeschwindigkeit sich Krusten bilden, die bei höherer Strömungsgeschwindigkeit durch medianische Einwirkung der Bauxitsuspension wieder entfernt werden. Der Wärmedurchgang muß auf der ganzen Fläche des Rohres gleichmäßig erfolgen. Eine direkte Erhitzung mittels einer offenen Flamme f ü h r t z. B. bei geringster Bildung eines Belages im Innern der Rohre zu Rohrreißern, wie man sie auch aus dem Betrieb von Einrohrkesseln kennt. Man kann den Wärmeaustausch deshalb auch über ein Zwischenmedium vornehmen, das bei der entsprechenden Temperatur einen möglichst geringen D a m p f druck hat.
HD-Kondensat
RS-Wäsche
Abb. 25
Schaltungsskizze zum Rohraufschluß.
Der Vorteil des Rohraufschlusses liegt in der erstaunlichen Kürze der Aufschlußzeit. Bei einem Druck von etwa 38—40 atü und einer Aufschlußtemperatur von 245° C waren in wenigen Minuten bei allen untersuchten Bauxitsorten Aufschlußausbeuten von 90 bis 98 % erreicht. Die Wiedergewinnung der Wärme ist natürlich auch bei dieser Aufschlußmodifikation entscheidend. Eine Eindampfung entfällt weitgehend, da das durch den oxidhydroxidischen Bauxit eingebrachte Wasser durch die zum Ersatz des Alkaliverlustes verwendete 50°/oige Natronlauge gebunden wird. Der Rotschlamm klärt sehr viel besser als der bei normaler Aufschlußtemperatur anfallende Schlamm. Die Entspannung der Lauge erfolgt erst nach Abkühlung auf etwa 100° C, so daß dabei kaum noch
74
Varianten des Bayer-Verfahrens
Dampf anfällt. Die Aufrechterhaltung des Druckes im Aufschlußrohr wird durch ein mechanisch wirkendes Entspannungsventil gesichert. Der übrige Teil des Verfahrens ist von dem üblichen Bayer-Verfahren nicht abweichend.
3.2
Kontinuierliche Ausrührerei
Der zweite Verfahrensteil des klassischen Bayer-Aufschlusses, der diskontinuierlich arbeitet, ist die Absdieidung des Aluminiumhydroxides aus der Lauge (Ausrührerei). Auch dieser Prozeß wird heute vielfach kontinuierlich durchgeführt. Dazu werden die Ausrührbehälter in Stufen hintereinander und in der Höhe gestaffelt angeordnet. Die Suspension von Hydroxid und Lauge gelangt durch Überläufe von einem Behälter in den nächsten. Der Impfstoff wird im ersten Behälter zugeführt. Falls die Verteilung des Hydroxids in der Lauge nicht völlig homogen ist, kann man durch Entnahme eines Teiles der Lauge vom Boden der Behälter dafür sorgen, daß auch genügend grobes Material gefördert wird. Auf diese Weise ist ein gleichmäßiger Lauf der Ausrührer leicht zu erreichen. Abbildung 26 zeigt die Anordnung einer kontinuierlich arbeitenden Reihe Luft Reinigungstouge
f1
Aluminot-Louge
V
V
T
Impfstoff
Abb. 26
Anordnung einer kontinuierlich arbeitenden Reihe von Ausrührern.
von Ausrührern. Zahl und Größe der Behälter richten sich nach der Kapazität der Anlage. Die Rührung erfolgt ausschließlich durch Einblasen von Luft. Der Vorteil liegt in der völlig gleichmäßigen Qualität des Hydroxids. Man verzichtet allerdings auf die Möglichkeit kleiner Korrekturen, weil es schwierig ist, die gesamte Produktion umzuorientieren. Aus diesem Grunde haben auch große Oxidfabriken heute nodi vielfach die diskontinuierlichen Ausrührer beibehalten, zumal an Personal bei dem äußerst geringen Bedarf sowieso kaum noch zu sparen ist.
4 Varianten des Bayer-Verfahrens Schon bei der Beschreibung des klassischen Bayer-Verfahrens wurde erwähnt, daß das Optimum des betrieblichen Erfolges am ehesten erreicht werden kann, wenn es möglich ist, sich völlig auf die Verarbeitung einer bestimmten Bauxitsorte einzustellen. In diesem Falle können alle Betriebsanlagen auf die Eigenarten des Rohstoffes abgestellt werden
Druckloser Aufschluß von trihydroxidischem Bauxit
75
und auch die Führung des Aufschlusses wird den Eigenschaften des Bauxits angepaßt. Einem solchen Vorgehen kommt naturgemäß auch der Trend zugute, die Oxidfabriken nahe an den Rohstoff-Fundort heranzulegen. In einem solchen Falle ist man gezwungen, sich auf die Verarbeitung einer einzigen Bauxitsorte einzustellen. Es ist unmöglich, im Rahmen dieser Darstellung auf die Verarbeitung eines jeden Bauxits einzugehen. Es mag daher genügen, nur einige besondere Varianten herauszugreifen, die von der normalen Verarbeitung böhmitischer Bauxite abweichen.
4.1
Druckloser Aufschluß von trihydroxidischem Bauxit
Bei der Verarbeitung leicht aufschließbarer trihydroxidischer Bauxite, die außerhalb Europas vorwiegend verwendet werden, ergeben sich gewisse betriebliche Erleichterungen. D a es sich um den Aufschluß von Hydrargillit handelt, kann man mit Laugen geringerer Konzentration arbeiten und dazu bei Temperaturen um etwa 100° C. Gerade wenn die Fabriken in der Nähe der Bauxitförderung stehen, ist es nicht erforderlich, den Aufschluß bis zur höchstmöglichen Ausbeute zu treiben. Es ist in solchen Fällen wirtschaftlicher, den Betrieb möglichst einfach einzurichten und den Aufwand an Energie niedrig zu halten. Der Hydrargillit-Bauxit wird nicht zu fein gemahlen, da der Aufschluß auch beim gröberen Korn einwandfrei ist. Andererseits kann man bei dieser Art der Mahlung einen Teil des Rotschlammes bereits vor dem Eindicken abscheiden. Der Aufschluß erfolgt z. B. mit einer Lauge von 140 g N a a O / L t r . und einer Temperatur von etwa 105° C. Dadurch ist es möglich, in offenen Gefäßen zu arbeiten. Die Anordnung gleicht sonst weitgehend dem kontinuierlichen Autoklavenaufschluß, nur entfällt die Entspannung und die Verarbeitung des dabei anfallenden Dampfes. Mit Hilfe eines Dorr-Klassierers wird der gröbere Teil des Rotschlammes abgeschieden und nach dem Waschen als Abfall verworfen. Die Suspension des feinen Rotsdilammes geht in die Produktionseindicker, wo sie unter Zusatz von Stärkelösung geklärt wird. Die Ausrührung des Hyroxids erfolgt kontinuierlich, die Wäsche des Rotschlammes in einer Serie von Wascheindickern.
4.2
Hochdruckaufschluß von diasporhaltigem Bauxit
Dem völlig entgegengesetzten Problem sieht man sich beim Aufschluß von Bauxiten gegenüber, die merkliche Mengen von Diaspor enthalten und deshalb besonders schwer löslich sind. Man arbeitet hier mit konzentrierteren Laugen, wendet aber vor allem höhere Temperaturen an. Als Beispiel sei ein Aufschluß beschrieben, der mit einer Temperatur von 250° C arbeitet. Es werden Laugen von etwa 220 g N a a O / L t r . benutzt. Die relativ geringe Laugenkonzentration wurde gewählt, um die Abscheidung von Soda beim Aufheizen der Laugen zu vermeiden (S. 63). Es werden griechische Bauxite mit verschiedenem Diasporgehalt verarbeitet. Die Anlage ist in Abbildung 27 schematisch dargestellt. Grundsätzlich handelt es sich um einen kontinuierlichen Autoklavenaufschluß mit mehrstufiger Entspannung der Lauge. Erhebliche Schwierigkeiten machte die Abdichtung der Stopfbuchsen an den Rührwerkswellen bei hohem Druck. Die Membranpumpen arbeiteten dagegen einwandfrei. Beim Aufschluß von diasporitischen Bauxiten wurden Ausbeuten von über 90 %> erreicht, i n s b e s o n d e r e , w e n n n a c h d e m V o r s c h l a g v o n GINSBERG, KÖSTER u n d SCHÖNFELDER
unter bestimmten Bedingungen Kalk beim Aufschluß zugesetzt wurde.
[24]
Verarbeitung kieselsäurereicher Bauxite
77
Die Ausnutzung des Heizdampfes wurde durch Vermehrung der Entspannungsstufen so weit verbessert, daß auch bei griechischem Bauxit nicht mehr Dampf verbraucht wurde als beim Aufschluß normaler böhmischer Bauxite. Als optimale Entspanneranzahl werden im allgemeinen 7—10 Stufen angenommen. Dabei wird die Zahl der Stufen durch die Siedepunktserhöhung der Lauge und durch die Differenz der Temperatur am Eintritt und Austritt des Systems bestimmt. Nach einer Faustregel verdampfen bei einer Verminderung der Temperatur um 50° C etwa 10 °/o der Lauge im Entspanner. 4.3
Verarbeitung kieselsäurereicher Bauxite
Ein besonderer Fall bei der Gewinnung von Aluminiumoxid ist die Verarbeitung von kieselsäurereichen Bauxiten. Bei der Einführung des Bayer-Verfahrens begrenzte man die Verwendbarkeit der Bauxite durch einen Kieselsäuregehalt von 3°/o; später wurde dieser Gehalt auf 5 °/o erhöht, und heute werden gelegentlich auch Bauxite mit Kieselsäuregehalten bis zu 8 °/o in Kauf genommen, wenn die sonstigen Bedingungen es zulassen. Ein Bauxit mit höherem Kieselsäuregehalt wird aber auch heute nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verarbeitet werden. Trotzdem hat man sich im Rahmen des Bayer-Verfahrens auch mit diesem Problem auseinandergesetzt, zumal es während des Krieges oft keinen anderen Ausweg gab, als Bauxite mit derartig hohen Kieselsäuregehalten zu verarbeiten. Im Rahmen dieses Berichtes sollen zwei Varianten der Verarbeitung von sehr kieselsäurereichen Bauxiten erwähnt werden. Bei dem ersten Vorschlag wird zunächst ein Bayer-Prozeß durchgeführt und anschließend der Al 2 0 3 -reidie Rotschlamm gesondert aufgearbeitet. Beim zweiten Verfahren wird umgekehrt zunächst ein veredelter Bauxit mit niedrigerem Si0 2 -Gehalt hergestellt, der dann in einem normalen Bayer-Prozeß verarbeitet wird. Es ist selbstverständlich, daß unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten diese Varianten des Bayer-Verfahrens nicht betrieben werden. Es gibt demzufolge auch derzeit keine größeren Werke, die nach diesem Verfahren arbeiten. 4.31 Amerikanisches Verfahren (vgl. a. unter 7) In den USA wurden im Laufe des Krieges sehr kieselsäurereiche Bauxite (13 °/o S i 0 2 , 56—59 o/o A1 2 0 3 ) nach folgendem Verfahren verarbeitet: Der Bauxit wird fein gemahlen und mit gemahlenem gebranntem Kalk und Natronlauge gemischt. Die Lauge kommt aus den Zersetzern zurück und wird zum Ausgleich der Alkaliverluste mit Soda versetzt. Der Aufschluß erfolgt bei 3,5 atü im Autoklaven. Die Lauge hat nach dem Aufschluß einen Gehalt von 80 bis 90 g Al 2 0 3 /Ltr., 100 bis 110 g NaOH/Ltr. und 60 bis 90 g Na 2 C0 3 /Ltr. und wird über Klassierer und Eindicker vom Rotschlamm befreit. Die vom Eindicker kommende Lauge wird in Kelly-Filtern klar filtriert. Der Rotschlamm wird in einer Serie von Eindickern gewaschen. Die Lauge wird im normalen Bayer-Prozeß ausgerührt und das Oxid wie üblich calciniert. Der aus den Wascheindickern kommende Rotschlamm wird in Kelly-Filtern filtriert und hat etwa 50 °/o FeststofFgehalt. Er wird auf etwa 25 °/o Feststoffgehalt verdünnt und zur Speicherung in Vorratsbehälter gepumpt. Aus diesen Behältern wird der Rotsdilamm für den Kalksoda-Aufschluß entnommen. Seine Dosierung erfolgt durch einfache Volumen-
78
Varianten des Bayer-Verfahrens
messung. Kalk und Soda werden dem Schlamm kontinuierlich über Bandwagen zugegeben. Dabei wird die Menge an Kalk und Soda etwas höher gewählt, als für die Bindung der Kieselsäure bzw. des Aluminiumoxids rechnerisch notwendig wäre. Die Zuführung des Schlammes zu den Kugelmühlen erfolgt durch Schnecken; in den Mühlen selbst wird gleichzeitig gemischt und gemahlen. Der Feststoffgehalt der austretenden Mischung beträgt etwa 60 °/o. Die Mischung wird in einen mit Kohlenstaub beheizten Drehrohrofen gegeben und dort bis zur Sinterung (etwa 1100—1200° C) erhitzt. Der Sinter wird in Naßmühlen unter Zusatz von Wasser vermählen. Die durdi Filtrieren gewonnene Sinterlauge ist sehr kieselsäurehaltig und muß deshalb durch Erhitzen im Autoklaven entkieselt werden (S. 85 ff.). Die Laugen werden dann wie im Bayer-Prozeß verarbeitet. Beim Eindampfen der Lauge scheidet sich Natriumsulfat ab, das aus dem Schwefelgehalt der Heizkohle des Drehrohrofens und den Bauxiten stammt. Nach einem Bericht über den technischen Einsatz dieses Verfahrens wurden im Großbetrieb 85—90 % des gesamten Al 2 0 3 -Gehaltes des Bauxites gewonnen, davon etwa 70 % im Bayer-Prozeß, der Rest durch den Kalksoda-Aufschluß des Rotschlammes. Etwa 60—70 °/o des im Rptschlamm gebundenen Alkalis wurden durch den Sinterprozeß wiedergewonnen. Nach dem Kriege wurden diese Rotschlamm-Verarbeitungsanlagen stillgelegt [51, 52], 4.32 Entkieselung mit nachfolgendem Bayer-Verfahren Im Gegensatz zu dem beschriebenen amerikanischen Verfahren beruht das „LautawerkVerfahren" zur Verarbeitung von kieselsäurereichen Bauxiten darauf, daß man dem Bauxit durch eine Vorbehandlung einen wesentlichen Teil seiner Kieselsäure entzieht. Im Bauxit liegt die Kieselsäure fast ausschließlich als Kaolinit vor (A1 2 0 3 , 2 Si0 2 , 2 HgO). Beim Erhitzen kann man eine thermische Aufspaltung in A1 2 0 3 und amorphe Kieselsäure erreichen. In diesem Zustand gelingt es unter geeigneten Bedingungen, die Kieselsäure in Natronlauge zu lösen. Die dabei mitgelöste Menge an A1 2 0 3 ist nicht erheblidi. Der Löserückstand kommt in seiner diemischen Zusammensetzung einem normalen Bauxit gleich und kann nach dem Bayer-Verfahren weiterverarbeitet werden. Grundsätzlich sind nach diesem Verfahren Bauxite bis zu einem Kieselsäuregehalt von 30 °/o zu verarbeiten. In der Praxis verfährt man in folgender Weise: Der Bauxit wird vor dem Aufschluß so weit gemahlen, daß der Rückstand auf dem DIN-Sieb N r . 70 etwa 30°/o beträgt. Das gemahlene Gut wird bei etwa 1000° C eine Stunde lang geglüht und anschließend in zwei Stufen mit Natronlauge extrahiert. Zur ersten Extraktion wird das Bauxitpulver bei 95° C mit Natronlauge von einem Gehalt von etwa 200 g N a a O gerührt. Die Menge der Natronlauge wird so bemessen, daß auf ein Mol S i 0 2 2,5—5 Mol N a a O vorhanden sind. Nach einer Dauer von 5—30 Minuten wird möglichst schnell filtriert und der Rückstand mit heißem Wasser gewaschen. Dieser Rückstand wird nochmals mit einer Natronlauge von 80 g N a 2 0 / L t r . ebenfalls bei 95° C 15 Minuten lang extrahiert, wobei das Verhältnis N a 2 0 : SiO a 1,5 beträgt. Der Rückstand wird auch hier abfiltriert und mit heißem Wasser gewaschen. Die zur Extraktion benutzten Laugen werden bei Siedetemperatur unter Zusatz von CaO regeneriert. Dabei bildet sich ein wasserhaltiges Calciumsilikat, das sich gut abfiltrieren läßt. Das dem Calciumsilikat anhaftende Alkali
Marktsituation
79
läßt sich sehr gut auswaschen. Der Alkaliverlust bei der Entkieselung beträgt 0,5—1 °/o, bezogen auf die eingesetzte Menge. Die Laugen können nach Ersatz des Alkaliverlustes zur neuen Extraktion von Bauxit verwendet werden. Ein Bauxit mit einem Kieselsäuregehalt von 27 °/o und einem Al 2 O s -Gehalt von 42 °/o wurde nach dem beschriebenen Verfahren entkieselt. Er ergab einen „Edelbauxit" mit 6 o/o S i 0 2 und 63,7 °/o A l 2 O s , der nach dem normalen Bayer-Verfahren weiter verarbeitet wurde. D a der Bauxit vor der Entkieselung auf 1000° C erhitzt worden war, muß man dabei mit höherer Aufschlußtemperatur bzw. konzentrierteren Laugen arbeiten. Es ließen sich jedoch Aufschlußausbeuten von 90 — 95 °/o erreichen. Die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens ist weitgehend abhängig von den Einstandskosten des Bauxits und den Kosten des Alkalis. Wenn man für den bei der Regeneration der kieselsäurehaltigen Laugen anfallenden Wollastonir') einen preisgünstigen Absatz hätte, würde das Verfahren wahrscheinlich tragbar sein. In Deutschland ist es im großen und ganzen nicht angewendet worden. Unseres Wissens wurde es in Spanien zumindest vorübergehend im technischen Maßstab zur Verarbeitung von Pyrenäen-Bauxiten benutzt.
5 Wirtschaftliche Betrachtungen zum Bayer-Verfahren Ohne Zweifel ist zur Zeit der Bayer-Prozeß das wirtschaftlichste Verfahren zur Erzeugung von Aluminiumoxid. Es bestehen für die nächsten Jahrzehnte keine Bedenken bezüglich geeigneter Rohstoffe, da in den Jahren nach dem zweiten Weltkriege die bekannten Vorräte an brauchbaren Bauxiten sich vervielfacht haben. Darüber hinaus werden zusätzlich neue Lagerstätten abbauwürdiger Bauxite erschlossen. Andererseits kann man durch geeignete Varianten des Verfahrens für alle Arten von Bauxiten die optimalen Aufschlußbedingungen ausnutzen und dabei auch mit den geringsten Kosten arbeiten. Außerdem ist der Kreisprozeß der Laugenführung so weitgehend automatisiert worden, daß nur noch verhältnismäßig wenig Arbeitskräfte gebraucht werden. Allerdings sind für die Zukunft auch keine besonderen Erfolge in der Rationalisierung mehr zu erwarten. Vor allem aber gestattet die Apparatur des Bayer-Verfahrens eine Auslegung der Fabriken in einer Größenordnung, wie wir sie sonst nur in der Eisenindustrie gewohnt sind. Bei einer Kapazität von 1—2 Mio Tonnen A l 2 O s / J a h r ist der Lohnstundenaufwand so gering, daß auch die dauernd steigenden Löhne für diese Werke keine wesentliche Gefahr bedeuten.
5.1
Marktsituation
Einen eigentlichen Markt für Aluminiumoxid gibt es erstaunlicherweise nicht. Infolgedessen gibt es auch keine sichere Preisnotierung, die einen Gradmesser für die Gesamtherstellungskosten einzelner Werke abgeben könnte. Nahezu alle Oxidfabriken befinden sich im Besitz von Aluminiumerzeugern und dienen damit in erster Linie der Versorgung der gesellschaftseigenen Hütten. Große Hüttenwerke ohne eigene Oxiderzeugung (z. B. die norwegischen und österreichischen Hütten) haben ihre Lieferabkommen auf Grund eines *) Wollastonit wird in der keramischen Industrie bei der Herstellung von Wandfliesen mit Vorteil eingesetzt.
80
Wirtschaftliche Betrachtungen z u m B a y e r - V e r f a h r e n
bestimmten Umtauschverhältnisses Aluminiumoxid : Aluminium abgeschlossen, so daß auch hier keine direkten Preise für das Oxid festgelegt sind. Wenn schließlich kleinere Partien Aluminiumoxid gelegentlich frei gehandelt werden, so können die dafür gezahlten Preise nicht einmal immer als kostengerecht für die Gesamterzeugung des Oxids angesehen werden. Es handelt sich nämlich in diesen Fällen fast ausschließlich um den Absatz von Spitzenproduktionen, deren Preis nach den Bedürfnissen des besonderen Falles manipuliert werden kann. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen kann man heute wohl Preise zwischen 250,— und 320,— D M als kostengeredit für die Großerzeuger annehmen.
5.2
Bewertung der Betriebskosten
Angaben über die Betriebskosten der Erzeugung von Aluminiumoxid nach dem BayerVerfahren sind im Rahmen dieses Buches heute nicht mehr zu machen. Einmal ist es sehr schwer, wirklich zuverlässige Angaben zu erhalten, da die Erzeugergesellsdiaften aus verständlichen Gründen solche Zahlen nicht veröffentlichen. Isolierte Betriebsdaten, die der Öffentlichkeit gelegentlich mitgeteilt werden, können für einen objektiven Vergleich nur mit Vorsicht benutzt werden. Es ist bei der erheblichen Variationsfähigkeit des Bayer-Verfahrens und bei der Verschiedenheit der wirtschaftlichen Voraussetzungen wirklich fast unmöglich, Kostenvergleiche auf neutraler Ebene anzustellen. Wie in der vorhergehenden Darstellung des Verfahrens gezeigt wurde, drückt sich ein Unterschied im Rohstoff sowohl in den Investitionskosten als auch in den Verbrauchszahlen für Energie und Hilfsstoffe aus. Hinzu kommen noch die erheblichen Unterschiede in den Lohnkosten, die in den Stundensätzen bis zum Verhältnis 25 : 1 variieren können, andererseits aber stark von der Kapazität der Anlage abhängig sind. Wenn man zusätzlich berücksichtigt, daß die Aufteilung der Kosten bei den einzelnen Gesellschaften noch verschieden gehandhabt wird, so ist es einleuchtend, daß eine Angabe von Einzelwerten keinen Sinn hat.
5.3
Entwicklung der Verbrauchszahlen
Einfacher — und für eine Beurteilung der Entwicklung des Bayer-Verfahrens auch sicherlich aufschlußreicher — ist die Gegenüberstellung der Verbrauchszahlen. Auch hier gelten natürlich die Vorbehalte, die bei der Behandlung der Betriebskosten gemacht wurden, jedoch genügen die Mittelwerte aus einer verhältnismäßig großen Zahl von Angaben einzelner Werke. Auf Grund der vorhin genannten Überlegungen ist auf Angabe von Optimalzahlen grundsätzlich verzichtet worden. D a im übrigen alle in der Zusammenstellung genannten Verbrauchszahlen mit der gleichen Unsicherheit behaftet sind, ist ein Vergleich wohl zulässig. Auch sind durch die Mittelbildung die verschiedenen wirtschaftlichen Voraussetzungen wenigstens zum Teil ausgeglichen. Außer den Verbrauchszahlen sind auch die Analysendaten des erzeugten Oxids mit in die Zusammenstellung aufgenommen worden, weil auch aus diesen Angaben die Fortschritte des BayerVerfahrens besonders deutlich werden. Auch für den späteren Vergleich mit anderen Verfahren zur Oxidgewinnung ist gerade die Angabe der Verunreinigungen von besonderer Bedeutung, da die Ansprüche der Elektrolyse laufend wachsen.
Überlegungen zu einer Optimationsrechnung
81
Tab. 10 Verbrauchszahlen (für 1 t AI2O3) a Alkali (Na a O) kg
Bauxit (trocken) kg
Dampf
Strom
t
kWh
Lohnstunden
Wärme Mio WE
Betrieb
gesamt
1939/44
2400
80—120
6—9
300—400
2—3
10—14
20—30
1962
2300
60—100
3—5
250—400
1.2—1.4
2—4
4—10
Die verhältnismäßig weite Streuung der Verbraudiszahlen hängt mit der unterschiedlichen Kapazität und dem verschiedenen Alter der Anlagen zusammen. Aluminiumoxid-Analysen (alle Gehalte in Gew.°/o • 10"3) b Glühverl.
Si02
Fe203
TiOz
V2O5
P2O5
1939/44
500
4 + 4 C Na 2 S + 4 CO oder N a 2 S 0 4 + 2 C — Na 2 S + 2 C 0 2 ; 4 AI2O3 + Na 2 S + 3 Na2SC>4 8 NaA10 2 + 4 S 0 2 . D e r fertige Sinter darf nicht dunkel aussehen, die Abgase dürfen nicht nach Schwefelwasserstoff riechen. D e r wirtschaftliche Vorteil dieses Aufschlusses gegenüber dem mit Soda ist sehr umstritten. Zunächst k o m m t es auf das Verhältnis des Sodapreises z u dem des Natriumsulfates an. Entspricht dieses der R e l a t i o n 1,6 : 1 oder liegt es ungünstiger, d. h. ist der Preisunterschied kleiner, so rechnet sich kein Vorteil bei V e r w e n d u n g v o n Sulfat heraus. D a n e b e n hat m a n noch folgendes zu beachten: D i e Aufschlußöfen müssen länger sein als beim Aufschluß mit Soda. A u ß e r d e m ist der Durdisatz beim Arbeiten mit Sulfat e t w a nur % so groß w i e bei dem mit Soda. D i e Herstellung der Mischung ist komplizierter, die O f e n f ü h r u n g bei erhöhter Temperatur (ca. 1200° C) schwieriger und der Aufschluß des Bauxits i n f o l g e Bildung schwer löslicher basischer A l u m i n i u m s u l f a t e etwas schlechter. Bei nicht richtiger O f e n f ü h r u n g hat man tagelang z u tun, bis man wieder einwandfreie
-
Bauxit-
»• Kalkstein+Natriumsulfat
Kalkstein +Soda Sintern im Drehrohrnfen bei 900°C
Sintern
im Drehrohrofen •&M. bei 1100 -m°C t I KllnkeT] T -Rotschlamm —• Mahlen u. Laugen —
I Klin ker } • Mähten u Laugen - Rotschlamm Aluminatlauge Aufschlußlm/ge
Entkieseln — - Silikatschlamm (Sodalifh) Sodo-u. Vanadin- Aluminotlouge Salz-Abscheidung {indampfen
!
ROcklauge
Aluminatlauge AufschluBlouge
Aus rühren (Srobent kiesein)
Aluminiumhvdroxid (cat%SiO! )
Soda-u. VanadinSolz-Abscheidung Aluminatlauge Feinentkieseln - -Silikatschlamm Eindampfen im Autoklaven (Soda/ith) \ Aluminatlauge Rückiauge
- Ausrühren oder Fällen mit CO,
Fällen mit CO, • Aluminiumhydroxid • Caicinieren 1 Aluminiumoxid
Abb. 30
—«.
Sinteraufschluß-Verfahren (gekürzte Fassung).
Allgemeines
89
Aluminatlaugen bekommt. Die neben der Kristallsoda zwangsweise anfallende calcinierte Soda kann, wenn nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden, wegen ihrer Verunreinigungen nicht verkauft werden. Im ganzen kann man zur Anwendung von Natriumsulfat als Aufschlußmittel nur zuraten, wenn der Preisunterschied zwischen Soda und Sulfat erheblich größer ist als oben angegeben. 6.22
Apparatur und Verfahrensgang
Im Drehrohrofen, in dem der Prozeß durchgeführt wird, muß bei der Einlaufseite des Materials eine reduzierende Atmosphäre herrschen, während beim Auslauf schwach oxydierend gearbeitet wird. Das intermediär entstehende N a 2 S darf im Auslaufgut nicht mehr vorhanden sein. Man erhält sonst schwarze, FeS-enthaltende Lösungen beim Auslaugen des Sinters und später ein mit Eisen(II)-Sulfid verunreinigtes Hydroxid. Am besten arbeitet man in 100 m langen Drehrohröfen. Bei einem 60 m langen Ofen wurden keine einwandfreien Sinter erhalten, obwohl alle Erfahrungen berücksichtigt wurden, die sich bei einem jahrelangen Betrieb mit einem 100 m-Ofen ergeben hatten. Der Arbeitsgang ist im einzelnen der Abbildung 28 bzw. der verkürzten Fassung der Sinter-Verfahren — Abbildung 30 — zu entnehmen. Er entspricht im wesentlichen der Aufbereitung des Sinters nach dem Kalksoda-Verfahren.
7 Kombination des Bayer-Verfahrens mit dem Sinter-Verfahren 7.1
Allgemeines
Wie schon bei der Beschreibung des Sinter-Aufschlusses mit Soda (S. 82) betont wurde, wird dieser Prozeß heute als selbständiges Produktionsverfahren praktisch nicht mehr angewendet. In manchen Fällen ist es jedoch vorteilhaft, einen solchen Aufschluß in Kombination mit dem Bayer-Verfahren zu betreiben. Das Sinter-Verfahren benötigt — nach der neueren Arbeitsweise (S. 87) — zum Lösen des Sinters ausgerührte Lauge. Es erzeugt andererseits einen Überschuß an Natronlauge, die im Bayer-Prozeß als Ersatz für die Alkaliverluste benutzt werden kann (S. 25). Außerdem ergibt sich bei einer solchen Kombination die Möglichkeit, die Abfallsoda des Bayer-Prozesses auf dem Wege des Sinter-Aufschlusses wieder als Natronlauge nutzbar zu machen. Und schließlich bietet sich die Möglichkeit, Anteile von weniger vorteilhaften Bauxiten (z. B. diasporhaltige Vorkommen) im Sinter-Aufschluß zu verarbeiten und damit einen Hochdruckaufschluß zu vermeiden. Gerade bei der in Deutschland nicht zu umgehenden Verarbeitung vieler Bauxitsorten nebeneinander ist eine derartige Kombination der beiden Aufschluß verfahren sehr interessant. Dabei sollte man das Sinter-Verfahren in seiner Kapazität auf den zur Deckung des Alkaliverlustes notwendigen Umfang beschränken.
7.2
Betriebliche Durchführung
Die Betriebsapparatur für den kombinierten Sinter-Aufschluß ist naturgemäß die gleiche, wie sie bei der Besprechung des Sinter-Verfahrens beschrieben wurde (S. 83). In modernen Anlagen werden aber vielfach anstelle der Drehrohröfen Sinterpfannen oder Dwight-
90
Kombination des Bayer-Verfahrens mit dem Sinter-Verfahren
Lloyd-Sinterbänder verwendet. Eine Temperatur von 1100° C soll mit Rücksicht auf eine gute Löslichkeit des Sinterproduktes nicht überschritten werden. Der Mischung wird etwas Kohle zugesetzt. Die Reaktionsmischung auf dem Sinterrost wird etwa 40 cm stark gehalten. Der Wärmeverbrauch des Aufschlusses soll 1,25 MioWE/t Al 2 O s betragen, während er im Drehrohrofen etwa 1 5 % höher ist. Der Betriebsablauf ist der gleiche wie beim Sinter-Verfahren, nur wählt man die Konzentration der Rücklauge zum Lösen des Sinters so, daß die von Rotschlamm und Kieselsäure befreite Lauge unmittelbar mit der Aluminatlauge des Bayer-Verfahrens vermischt werden kann. Die Entkieselung erfolgt bei einer Konzentration von 100 g Na a O/Ltr. und einem Mol-Verhältnis von etwa 1,75. Es wird dabei mit Kalk, Rotschlamm oder Sodalith geimpft (etwa 10—15 g/Ltr.). Die vereinigten Laugen werden nach den Vorschriften des Bayer-Prozesses ausgerührt, wobei ein einwandfreies Oxid erhalten wird. Bei den heute verarbeiteten Bauxiten wird normalerweise nur 10—15% der Produktion durch den Sinteraufschluß erzeugt, da man
Sieb - und Brechanlage
Bauxit \Ü0%) Sieb- und Brechanlage
Trocknerei
Mahltrocknung
Bauxit
Anrührerei
Aufschlußofen
Aluminatlauge
SiOr Abscheidung Z U ,Waschlauge
Schlamm
Nochfilter
I Lauge-
\/ Naßmühle
.Dünnlauge A
KlärEindicker
IL
I. WaschEindicker
h
-Waschlauge
KlörEindicker Wasch Eindicker
Wasser
Trommelfilter
Dünnlauge'
kühler
Wasser
I
VanadinAbscheidung
Ausrühr e rei
I
X
i
Mahitrocknung Mischerei
Verdünner
Hyfìl°te'rd~
i
*
Dick lauge -
Kalkstein Sieb- und Brechanlage
Vermahlung
Aufschluß
H
Soda
|-HEindampferei]
¡.Wasch Eindicker Ke/Iyfilter
KS-Rotschlämm -WaschWasser
BaverRotschlomm
| Calcinierung | Aluminiumoxid Abb. 31
Kombiniertes Bayer-Sinter-Verfahren.
'Waschwasser
91
Pedersen-Verfahren
sich nach dem Alkaliverlust des Gesamtprozesses richten m u ß (S. 81). Das Kombinationsv e r f a h r e n ist aus diesem G r u n d e f ü r kleine Anlagen nicht wirtschaftlich, weil die Sinteraufschlußapparatur d a n n nicht ausgenutzt werden k a n n . Ein zusätzlicher Vorteil ergibt sich, wenn m a n den Rotschlamm des Sinter-Aufschlusses getrennt e r f a ß t . E r ist als Gasreinigungsmasse sehr gefragt. Es gibt k a u m einen vollwertigen Ersatz d a f ü r . In der Prinzipskizze ist das Fließbild f ü r ein solches kombiniertes V e r f a h r e n dargestellt. (Abb. 31)
8 Schlacken-Schmelzverfahren 8.1 8.11
Pedersen-Verfahren
Die diemisdien Grundlagen
Die V e r w e n d u n g von K a l k als Aufschlußmittel bei der G e w i n n u n g von Aluminiumoxid aus Bauxit über Calciumaluminat-Verbindungen ist schon sehr frühzeitig vorgeschlagen worden. D e r Aufschluß mit K a l k h a t sich aber gegenüber dem Aufschluß mit Alkalien zunächst nicht durchsetzen können, denn der Kalkzuschlag belastet mengenmäßig den P r o z e ß sehr stark. D a s Erschmelzen von Calciumaluminatschlacken verlangt die A n w e n dung verhältnismäßig hoher Temperaturen, um den sogenannten Aufschluß zu erzwingen. Er soll nach folgenden Formeln verlaufen: AI2O3 + C a O ^
Ca(A102)2
Ca(A10 2 )2 + N a 2 C 0 3 — 2 NaAlOs + CaCO.t.
CaO-SiOz 50/50/1/PseudomHastonit; Rankinitji
y^siotot.
3Co0-ZSi02
Rohstoffe
'Anorthih.
K-3Ca0-Si02 30/70; 3Co0-Si02
p
,
N
Gehlenit ~ = - ^
?
ZCo0-Ai203
A
Si02
20/8O/ 3CaO-SiO?
Kallit.
Rohstoffe
3Ca0SM203 ß • 2 '.oO'SiOp
E
10
~ TJO
30
\W 3Ca0-A!203
Abb. 32
-X-12CO0-7A/203
X k o ü ^
CaO-M 50JA
M
C
30 .
501
SO
I
70
üCa0-7AI203
%AI203
Ca0-Al203
Ternäres System CaO-Al2C>3-SiC)2 nach Rankin (von uns überarbeitet).
92
Schlacken-Schmelzverfahren
Beim Kalkaufschluß haben wir es mit drei Hauptkomponenten zu tun. Es sind dieses Kalk (CaO), Aluminiumoxid (A1 2 0 3 ) und Kieselsäure (Si0 2 ). Das Dreistoffsystem CaO—A1 2 0 3 —SiO a ist schon frühzeitig von RANKIN [25] untersucht worden; die Zementindustrie und diejenigen Industrien, die zementartige Produkte erzeugen, haben daraus praktischen Nutzen ziehen können. Das Gebiet des RANKiNschen Diagramms, welches für den Aufschluß von kieselsäurehaltigen Rohstoffen mit Kalk für die Aluminiumoxiderzeugung von Interesse ist, ist in der Abbildung 32 wiedergegeben. Das Dreieck ABC stellt das Gebiet dar, in dem nach Erreichen des völligen Gleichgewichtes als Endprodukt der Kristallisation die drei Verbindungen CaO • AI2O3, 12 CaO • 7 AI2O3 und 2 CaO • S1O2 möglich sind. Die Calciumaluminate haben bekanntlich die Eigenschaft, unter Wasseraufnahme abzubinden. Das Dicalciumsilikat ist in wässriger Lösung und in verdünnten alkalischen Lösungen praktisch unlöslich. Das Monocalciumaluminat und das 12/7-Calciumaluminat sind in wäßriger Lösung sehr wenig löslich, in alkalischer Lösung nur unvollkommen. Beide vorgenannten Calciumaluminate lassen sich aber mit verdünnter Sodalösung so weit zerlegen, daß darauf eine brauchbare technische Extraktionsmethode aufgebaut werden konnte. Auf Grund dieses verschiedenen chemischen Verhaltens der oben genannten Verbindungen besteht für den Aufschluß des Bauxits mit Kalk das Ziel, beim Elektroofenoder Sinterprozeß auch nur diese Verbindungen zu erhalten. Aus den R A N K i N s c h e n Untersuchungen geht aber hervor, daß im Gebiet des Dreiecks ABC (Abb. 32) auch noch die Verbindung Gehlenit (2 CaO • A1 2 0 3 • SiO ä ) sich bilden kann. Diese Verbindung ist mit Sodalösung nicht umsetzbar. Ihre Bildung bzw. ihr Vorhandensein kann man nur verhindern, wenn man Sorge trägt, daß die Schlacke oder das Sinterprodukt unter einer gewissen Verzögerung abgekühlt wird. Hierbei zerlegt sich der Gehlenit aus der festen Phase, indem er überschüssigen Kalk aus der Schmelze aufnimmt in die beiden gewünschten Verbindungen: 2 CaO • AI2O3 • Si0 2 + CaO -> 2 CaO • SiO2 + CaO • AI2O3. Unter Aufschluß des Bauxits mit Kalk versteht man also hier die Erzeugung von solchen CaO-haltigen Aluminium-Verbindungen, die bei der Extraktion mit Sodalauge die Bildung von löslichem Natriumaluminat ermöglichen, während die Verunreinigungen, hier also in der Hauptsache Kieselsäure, ungelöst zurückbleiben. Dieses wird erreicht, indem man die Rohstoffe entweder bei mäßiger Temperatur (etwa 1400° C) teilweise zum Schmelzen bringt, sintert, oder Bauxit und Kalk bei erhöhter Temperatur (etwa 1800° C) vollkommen durchschmilzt. Untersuchungen haben nämlich ergeben, daß schon beim Sintern die gleichen chemischen Umsetzungen erreicht werden können wie beim Schmelzen im Elektroofen. Beim Elektroofenprozeß werden die anderen Hauptverunreinigungen wie Eisen und Titan, dazu auch ein Teil des Siliziums aus ihren Verbindungen reduziert und als metallische Legierung gewonnen. Der Sinterprozeß kann so durchgeführt werden, daß das Eisen mit verschlackt (s. S. 100) oder auch, daß es teilweise oder ganz reduziert wird. Calciumaluminatschlacken sind gewöhnlich außerordentlich hart. Auch dies war ein Grund, weshalb man lange Zeit zögerte, sie für die Aluminiumoxidgewinnung zu ver-
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Pedersen-Verfahren
wenden, denn zu einer wirksamen Auslaugung ist eine sehr weitgehende Zerkleinerung erforderlich. Diese ist schwierig u n d kostspielig. Es w a r bekannt, d a ß das Dicalciumsilikat drei verschiedene Modifikationen bildet, nämlich a-2CaO • SiOo mit dem Schmelzpunkt 1920° C ß-2CaO • SiO'? mit dem Schmelzpunkt 1420° C und y-2CaO • S i 0 2 mit dem Schmelzpunkt
675° C.
Die U m w a n d l u n g der /9-Form in die y-Form erfolgt unter einer V o l u m e n z u n a h m e von etwa 1 0 % (Mol. Volumina 52,4 cm 3 u n d 57,9 cm 3 !) Diese U m w a n d l u n g wird gleichzeitig überlagert von einer a-/5-UmWandlung unter Auslösung innerer Spannungen der glasartigen Grundmasse. Durch diese Vorgänge findet eine Sprengung des Gefüges statt. D i e Schlacke „zerrieselt". U m nicht zuviel Kieselsäure bei gegebener Laugenkonzentration zu lösen, m u ß m a n den Kieselsäuregehalt in der Schlacke so niedrig wie möglich halten. Andererseits h a t sich überraschenderweise gezeigt, d a ß ein verhältnismäßig niedriger Gehalt an Dicalciumsilikat ausreichend ist, um einen Zerfall der Schlacke zu feinem Pulver bis über 70 °/o zu erreichen. O p t i m a l e Verhältnisse zeigen Schlacken, deren Kieselsäuregehalt zwischen 4 u n d 8 »/o liegt. Beim Abkühlen der Schlacke kristallisiert erst das Monocalciumaluminat ( C a O • A l 2 O s ) in großen, harten, durchsichtigen Kristallen. Beim vorsichtigen Zerdrücken einer teilweise zerrieselten Schlacke k a n n m a n nahezu reines M o n o a l u m i n a t absieben. Das Dicalciumsilikat u n d das 12-7-Calciumaluminat kristallisieren teilweise in eutektischer Mischung u n d sind leichter zu zerdrücken als das Monoaluminat. U n t e r „Zerdrücken" ist hier vorsichtiges Zerkleinern im Vergleich z u m M a h l v o r g a n g verstanden. Bei einer so zerkleinerten Schlacke h a t m a n es also mit einer heterogenen Mischung v o n Kristallen verschiedener chemischer Zusammensetzung, G r ö ß e u n d H ä r t e zu tun u n d natürlich auch mit verschiedener Reaktionsfähigkeit gegenüber Sodalauge. U m eine möglichst hohe Löseausbeute zu erzielen, w i r d die Schlacke nachgemahlen. Hierdurch w i r d der U n t e r schied zwischen den einzelnen K ö r n u n g e n der Bestandteile weitgehend ausgeglichen. Aber selbst bei einem Feingut kleiner als 6400 Maschen/cm 2 lassen sich noch Unterschiede in der Zusammensetzung der allerfeinsten u n d gröberen Anteile feststellen. A u ß e r den genannten H a u p t b e s t a n d t e i l e n S i 0 2 , A l 2 O s u n d C a O enthält die Schlacke stets noch in wesentlichen Mengen T i 0 2 , FeO, M g O , S u n d C. Das T i t a n o x i d tritt als Kalkverbraucher a u f : C a O • T i O a . Magnesiumoxid u n d Eisen(II)-Oxid ersetzen äquivalent K a l k . Schwefel bildet Calciumsulfid, CaS. Diese Verhältnisse sind bei der Berechnung des Kalkzuschlages zu berücksichtigen. Röntgenographisch k o n n t e Spinellbildung festgestellt werden. Spinell ist durch Sodalauge praktisch nicht aufschließbar. Ein M g O - G e h a l t in der Schlacke setzt hiernach die Oxidausbeute herab. Bei 6 % M g O w u r d e in einigen Fällen nur noch eine Ausbeute von 58 o/o des in der Schlacke enthaltenen Aluminiumoxids erzielt. Dolomitische K a l k e dürfen daher als Zuschlagmittel bei diesem Bauxitaufschluß nicht verwendet werden. Mit Rücksicht auf die Laugbarkeit der Schlacke oder des Sinters ist ein gewisser K a l k überschuß notwendig. Hierdurch wird die G e w ä h r gegeben, d a ß bei der Laugung immer
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Schlacken-Schmelz verfahren
ein Anteil an freiem Alkali vorhanden ist. Das freie Alkali nimmt zwar an der Reaktion zwischen Calciumaluminat und Soda nicht teil, solange ein Sodaüberschuß vorliegt: CaO • A1 2 O s + N a 2 C 0 3 C a C 0 3 + 2 N a AI 0 2 . Im Betrieb hat sich aber gezeigt, daß das Hydroxid sich nur dann körnig und gut filtrierbar abscheidet, wenn freies Alkali während der Fällung zugegen ist. Andernfalls bekommt man kolloidale oder hochdisperse Ausscheidungen, die den Filtrations- und Waschvorgang sehr erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Ein Kalküberschuß führt mehr oder weniger zur Bildung der Verbindung 12 CaO • 7 A1 2 0 3 . Diese bildet bei der Laugung Natronlauge gemäß folgender Gleichung: 12 C a 0 2 • A1 2 O s + 12 N a 2 C O a + 5 H 2 0
14 N a AI 0 2 + 12 C a C 0 3 + 10 N a O H .
In der Praxis rechnet man mit einem Mol-Verhältnis C a O : A1 2 0 3 = 1,1—1,4. Bei der Laugung werden anfangs gleichzeitig Aluminiumoxid und Kieselsäure aus der Schlacke gelöst. Der Kieselsäuregehalt erreicht während der ersten Lösungszeit ein Maximum, sinkt zunädist schnell, dann langsamer ab und nähert sich einem konstanten Wert. Der Aluminiumgehalt in der Lösung, angegeben als Oxid, steigt zunächst ebenfalls rasch, nachher langsamer an und hält sich unter normalem Verlauf schließlich annähernd konstant (vgl. Kurven in Abbildung 33). Das Absinken des Si0 2 -Gehaltes beruht auf einer Ausfällung in Gegenwart überschüssiger Schlacke.
Abb. 33
Unterschiedliches Verhalten von S1O2 und AI2O3 beim Laugungsvorgang mit überschüssiger Schlacke
Infolge dieser Verhältnisse führt man in der Praxis die sogenannte Extraktion in zwei Stufen durch unter Verwendung eines Gegenstromverfahrens. In der ersten Stufe arbeitet man mit einem Laugenüberschuß und nimmt einen hohen Si0 2 -Gehalt in Kauf. Durch Zuführung überschüssigen frischen Schlackenmehles wird diese Lauge dann an Aluminat gesättigt und dabei die Kieselsäure weitgehend ausgefällt. Man rechnet mit einem Schlackenüberschuß von etwa 8—10%>, alles bezogen auf das aus der Schlacke herauslösbare Aluminiumoxid.
Pedersen-Verfahren
95
Bei dieser Arbeitsweise ist das Verhalten des zurückbleibenden Schlammes von besonderer Wichtigkeit. Im Betrieb wird häufig eine sprunghafte Änderung der Schlammeigenschaften beobachtet. Der Schlamm setzt sich plötzlich schneller ab, obwohl sich sein Volumen wesentlich vergrößert. Es ist interessant, daß diese Erscheinung sehr häufig mit dem Abschluß der Entkieselung zusammenfällt. Findet diese sogenannte „Schlammumwandlung" innerhalb einer gewissen Zeit nicht statt, so kann man mit einiger Sicherheit annehmen, daß der Schlackenzusatz zu gering gewesen ist. Findet sie zu frühzeitig statt, so ist das Umgekehrte anzunehmen. Verringert sich die Absitzgeschwindigkeit nach der Schlammumwandlung stark und steigt das Schlammvolumen, so ist ebenfalls der Schlackenzusatz zu groß gewesen. Oft wird sogar eine doppelte Umwandlung beobachtet: der Schlamm nimmt nach der ersten Umwandlung wieder seine alten Eigenschaften an, und im Verlaufe einer weiteren Zeit ändert er diese noch einmal. Die erste Erscheinung wurde häufig nach 4 0 — 6 0 Minuten, die zweite nach 3 — 4 Stunden beobachtet. Ist eine zweite Umwandlung festzustellen, kann man mit einiger Sicherheit annehmen, daß der Kieselsäuregehalt in der Lauge hinterher außerordentlich niedrig ist. Abgesehen von der Entkieselung sind diese Beobachtungen auch allgemein für den Betrieb von Wichtigkeit, weil die Eindickapparate auf eine bestimmte Absitzgeschwindigkeit eingestellt werden müssen. Plötzliche Änderungen der Absitzgeschwindigkeit der Feststoffe führen zu Betriebsstörungen. Entweder wird der Überlauf trübe oder der Schlamm setzt sich zu fest auf den Boden des Behälters, so daß er vom Krählwerk nicht mehr ordentlich gefördert werden kann. H a t man aber einmal alle diese Verhältnisse gut beobachtet und den Schlacken- und Aufbereitungsbetrieb auf eine gleichmäßige Schlackenbeschaffenheit eingestellt, so lassen sich die Schlammumwandlungen absolut beherrschen, ohne daß der Betrieb sie ängstlich überwachen muß. Es ist auch möglich, sie gänzlich zu umgehen, d. h. den Betrieb so zu führen, daß überhaupt keine merkliche Schlammumwandlung eintritt. Eine wissenschaftlich befriedigende Klärung haben diese Erscheinungen, die offensichtlich auf kolloidchemischen Reaktionen beruhen, noch nicht gefunden. Bei dem Aufschluß des Bauxits mit Kalk können auch schwer aufschließbare Bauxite, die für das Bayer-Verfahren nicht brauchbar sind, Verwendung finden. Dies sind sehr häufig die sogenannten harten und stückigen Bauxite, die sich gut für eine direkte Aufgabe auf einen Elektroofen eignen. Auch bezüglidi des Kieselsäuregehaltes im'Bauxit stellt der Kalkaufschluß nicht die Anforderungen wie der Aufschluß mit Natronlauge. Es lassen sich nach dieser Arbeitsweise Bauxite mit jedem beliebigen Kieselsäuregehalt verarbeiten. Aus wirtschaftlichen Gründen geht man jedoch beim Elektroofenprozeß nicht gern über 7 °/o S i 0 2 hinaus. An den Kalkstein werden keine besonderen Anforderungen gestellt. E r soll hochprozentig sein und einen möglichst geringen Gehalt an Magnesiumoxid haben (siehe oben!). Wird Eisenerz zusätzlich zugeschlagen, so soll dieses möglichst wenig Kieselsäure enthalten, da andernfalls Kalkverbrauch, Schlackenmenge und Energieverbrauch ansteigen. Als Reduktionsmittel kann jeder Koks Verwendung finden, jedoch ist die Anwendung von Gaskoks zu empfehlen, da dieser infolge seiner Porosität leichter reagiert. Sein Aschegehalt soll weniger als 10 %> betragen, auch soll der Koks möglichst wenig Schwefel enthalten.
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Schlacken-Schmelzverfahren
Eine sehr gleichmäßige Schlacke ist wichtig für eine günstige Aufbereitung. Es ist ein großer Vorteil, wenn die Rohmaterialien in möglichst gleich großen Stücken dem Ofen aufgegeben werden können. Feines Gut führt zu unregelmäßigem Ofengang. Für einen gleichmäßigen Ofengang ist auch von Bedeutung, daß der Feuchtigkeitsgehalt in den Rohmaterialien nicht wesentlich schwankt. Obwohl zwar die Sinterung, um auch das feine Gut stückig zu machen, f ü r den Prozeß selbst keine unbedingte Voraussetzung ist, ist sie aber wesentlich für die Wirtschaftlichkeit und Standortfrage des Verfahrens [26], 8.12 Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke Für die Erschmelzung der Calciumaluminatschlacke findet der normale, moderne Elektroofentyp — Dreiphasenöfen mit Söderbergelektrode — wie er etwa f ü r die Erzeugung von Roheisen und Ferrosilizium gebraucht wird, Verwendung. D a es sich hierbei jedoch um einen typischen Schlackenprozeß handelt, d. h. um einen Prozeß, bei dem mengenund volumenmäßig nicht das Metall, sondern die Schlacke überwiegt, müssen bei der Zustellung und Dimensionierung der Ofenwanne einige Änderungen vorgenommen werden. Audi sind besondere Spannungsverhältnisse zu berücksichtigen. Der Elektroofen kann unter verschiedenen Voraussetzungen betrieben werden, die abhängig sind von dem Zustand des Aufgabegutes: 1. Betrieb unter Verwendung von rohem, stückigem Aufgabegut. Dieser ist bezüglich der Betriebseinriditung die einfachste Arbeitsweise. Das Rohmaterial geht direkt vom Lager zum Ofenbetrieb, nachdem es evtl. vorher nur eine einfache Brecheranlage passiert hat. 2. Betrieb nach Vorsinterung einer feingebrochenen Mischung von Bauxit und Kalkstein Das vorgesinterte Gut f ü h r t zu einem sehr ruhigen Ofengang und gewährt eine gleichmäßige, gute Mischung. Diese Betriebsweise setzt aber die Einrichtung einer Sinteranlage voraus. 3. Betrieb wie 1, doch unter Zuschlag von gesintertem Bauxitstaub. Diese Arbeitsweise hat den Vorteil, daß der Bauxitabrieb ohne weiteres mit verarbeitet werden kann, und ferner, daß man unabhängiger ist bezüglich des Bauxiteinkaufs. Sie hat wieder die Voraussetzung, daß eine Sinteranlage vorhanden ist, die in diesem Falle nicht so groß zu sein braucht oder aber nur mehr oder weniger ausgenutzt wird, je nachdem, wie groß der Anteil an feinem Gut ist. 4. Variationen von 1, 2 und 3 mit gebranntem Kalk. Die Zuführung von gebranntem Kalk erleichtert den Ofengang. In den meisten Fällen läßt sich der Kalk nicht stückig brennen; er zerfällt und muß mit dem übrigen Rohstoff gesintert werden. In Hoyanger (Norwegen), der ersten Aluminiumoxidfabrik nach dem Calciumaluminatschlacken-Verfahren im Elektroofen, dem Pedersen-Verfahren, arbeitete man mit 3000 k W - ö f e n , deren Spannung von 70—140 V regelbar war. Der Ofen arbeitete normalerweise an der oberen Spannungsgrenze. Der Elektrodendurchmesser betrug 700 mm. Der äußere Ofenmantel hatte ungefähr einen Durchmesser von 6 m und eine Tiefe von 3 m; der Innenraum der zugestellten Wanne hatte einen Durchmesser von 4 m und eine Tiefe von 1,8 m. Sie war mit einer etwa 100 mm starken Schicht aus Schamottemehl oder
Pedersen-Verfahren
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Schlackenwolle isoliert, ferner ausgefüttert mit feuerfestem Stein (500 mm) u n d Kohlenmasse bzw. Kohlesteinen (400 mm). Ein solcher O f e n gibt stündlich etwa IV2—2 t Schlacke. Jeder O f e n h a t t e drei wassergekühlte Ö l - E i n p h a s e n - T r a n s f o r m a t o r e n von je 1500 k V A in Dreieck-Dreieck geschaltet. W ä h r e n d des letzten Krieges w u r d e in Sauda (Norwegen) etwa ein J a h r lang f ü r eine neue Anlage zur Erzeugung v o n Aluminiumoxid nach dem Pedersen-Verfahren die Aluminatschlacke in einem der O x i d f a b r i k benachbarten Ferrolegierungswerk erzeugt, u n d z w a r in einem 10 000 k V A - O f e n . Es handelte sich dabei um eine sogenannte halbgeschlossene Art, d. h. die O f e n w a n n e w a r durch einen 1 m hohen Blechmantel erhöht. Dieser Blechmantel w a r innen durch feuerfestes M a u e r w e r k geschützt. Nach oben w a r der ganze O f e n durch einen doppelwandigen Eisenblechdeckel mit eingebauter Wasserk ü h l u n g abgedeckt. U m jede Elektrode herum w a r ein kreisrundes Loch ausgespart, auf das ein Trichter zur E i n f ü h r u n g des Aufgabegutes gesetzt wurde. D e r Trichter w u r d e gefüllt gehalten, so d a ß das Aufgabegut den Abschluß bildete. A n der Seite des a u f gesetzten Mantels waren Türen angeordnet, durch die der O f e n g a n g beobachtet werden konnte. Das Ofengas k o n n t e seitlich durch ein wassergekühltes R o h r abgezogen werden. Mit diesem O f e n w u r d e n E r f a h r u n g e n f ü r einen ganz geschlossenen O f e n t y p gewonnen, wie er sich heute an vielen Stellen in Betrieb befindet. Die praktische Betriebsbelastung betrug 8000—8500 k W . Die durchschnittliche Tagesproduktion an Aluminatschlacke schwankte zwischen 120 u n d 130 t. Die Erzeugung an Roheisen lag bei etwa 16 t/Tag. In S ü d r u ß l a n d am D n j e p r w a r bis z u m zweiten Weltkrieg eine Aluminiumoxidfabrik in Betrieb, die Calciumaluminat in drei einanodigen M i g u e t - Ö f e n v o n je 11 500 k V A erzeugte. D e r Durchmesser der Elektrode betrug 4 m. Diese Ö f e n sollen sich f ü r die Aluminatschlackenherstellung nicht sonderlich b e w ä h r t haben. R o h - u n d Hilfsstoffe werden gewogen, gemischt u n d mittels entsprechender T r a n s p o r t einrichtungen l a u f e n d dem O f e n aufgegeben. D e r O f e n w i r d möglichst gedeckt gefahren. Arbeitet m a n mit stückigem Bauxit, so ist — wie e r w ä h n t — eine Sinteranlage nicht nötig. D e r Bauxit w i r d auf möglichst gleichgroße Stücke gebracht, das Feine abgesiebt u n d nur in einer solchen Menge zugeführt, wie sie der O f e n g a n g verträgt. D i e Mischanlage ist deshalb nur mit Grobbrecher, Siebanlage, automatischen Waagen u n d Transportelementen ausgerüstet. D i e Zusammensetzung einer Charge geht z. B. aus folgendem hervor: Einsatz: Bauxit Kalkstein Koks
2,71 1,71 240 kg
3500 kWh
Strom Ausbringen: Schlacke Eisen Abgas "etwa
2,2t (entsprechend 1 t AI2O3) 260 kg 1,5 Mio WE.
Alle 4 — 6 Stunden w i r d die Schlacke abgestochen u n d ebenfalls das Eisen. M a n sticht die Schlacke gewöhnlich in große Kübel ab. Sie w i r d langsam abgekühlt, damit eine solche 7
Fulda-Ginsberg, Tonerde
98
Schlacken-Schmelzverfahren
Ausbildung der Schlackenbestandteile erreicht wird, wie sie für die Aufbereitung erforderlich ist (S. 102). Eine typische Schlackenzusammensetzung zeigt die nachstehende Tabelle. T a b . 13 Schlackenanalyse:
4,0 °/o 51,0 °/o 42,0 °/o 1,5 °/o 1,0 °/o 0,4 °/o 0,1 °/o
Si02
AI 2 O 3 CaO TiOa
FeO MgO S
Verarbeitet man Bauxit mit etwa 18 °/o F e 2 O s und schlägt kein Eisenerz hinzu, so fallen je t O x i d etwa 250 kg Roheisen an. Dieses enthält beispielsweise folgende Verunreinigungen: T a b . 14 A n a l y s e des Eisens:
c Si Mn V
Ti AI P Cr S
;
4,0 —4,7°/o 0,7 —1,1 °/o 0,1 — 0,2%> 0,2 —0,6°/o 0,1 —0,4°/o 0,0 —0,1 °/o 0,02—0,2 »/o 0,0 — 0,2 °/o 0,0 —0,1 °/o
Bauxit enthält immer etwas Phosphor; dieser geht vollständig ins Eisen. D a s Eisen ist für Gießereizwecke gut geeignet, die Güsse sind dicht, leicht bearbeitbar und zeigen gute mechanische Eigenschaften. Die langsam abgekühlte Schlacke zerfällt nach einiger Lagerzeit, hervorgerufen durch die Umwandlung der in ihr enthaltenen Dicalciumsilikate (S. 93). Die Zerrieselung geht normalerweise so weit, daß 75—80 °/o des Gutes ein Sieb mit 5000 Maschen/cm 2 passieren. Trotzdem lohnt es sich, die Schlacken — Feines und Grobes — noch durch die Mahlanlage zu geben, weil dadurch ein größerer Extraktionsgewinn erzielt wird. Durch den Selbstzerfall wird ein großer Teil der Mahlarbeit eingespart. Eine Variante des Pedersen-Verfahrens, von den Lonza-Werken [58], Waldshut, entwickelt, besteht darin, daß im elektrischen Ofen zuerst ein niedrigprozentiges Karbid mit Kalküberschuß hergestellt und in die Karbidschmelze getrockneter Bauxit eingetragen wird. Bei der hohen Temperatur verläuft die Reduktion des Eisenoxids und der Kieselsäure des Bauxits sehr rasch und besonders bezüglich der schwer zu reduzierenden
Hochofen-Schlackenverfahren
99
Kieselsäure verhältnismäßig vollständig, sogar vollständiger als nach dem PedersenVerfahren. Es resultiert ein je nach Art des Bauxites z. B. ein Calciumaluminat von ungefähr folgender Zusammensetzung: Tab. 15 Schlackenanalyse:
3°/o
Si02
1,5 °/o
Fe 2 O a
T;O 2 AI 2 O 3 Ca O
|
etwa
0,5—1,0 °/o
etwa 53 °/o etwa 40 °/o
und ein 20°/'oiges Ferrosilizium (weitere Angaben s. u. 8, 42, insbesondere die Seiten 107 bis 112). 8.2
Hochofen-Schlackenverfahren
8.21 Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke Audi im Hochofen ist aus Bauxit Calciumaluminatschlacke zur Gewinnung von Aluminiumoxid erzeugt worden. Für das oben erwähnte südrussische Oxidwerk sind große Mengen in einem Hochofen des Stahlwerkes von Dnjepropetrowsk erschmolzen worden [27]. Der Betrieb soll wiederholt zu unangenehmen Schlackendurchbrüchen geführt haben. Die erschmolzene Schlacke selbst war sehr hart und zerrieselte nicht. Im Hodiofenwerk Lübeck sind versuchsweise ebenfalls etwa 3000 t Schlacke erschmolzen worden. Diese wurden im zweiten Weltkrieg in der Oxidfabrik in Hoyanger (Norwegen) aufbereitet. Aus etwa 25001 Schlacke sind hier etwa 7001 Aluminiumoxid mit 0,07 o/o SiO a erhalten worden. Die Betriebsausbeute betrug nur 62 °/o, während die Laboratoriumsausbeute der gleichen Schlacke 80 °/o betragen hatte. Die Hauptschwierigkeit bereitete die Schlacke bei der Schlammextraktion; diese erforderte einen besonders hohen Schlackenüberschuß. Wenn man annimmt, daß dieses f ü r die Hochofenschlacke charakteristisch ist, so würde ein erhöhter Raumbedarf in der Extraktion erforderlich sein, um mit der im Laboratorium erreichten Ausbeute auch im Betrieb rechnen zu können. Als unangenehm hat sich bei der Verarbeitung der Hochofenschlacke auch ein hoher Schwefelgehalt erwiesen, Es fand in der Umlauflauge eine Anreicherung an Sulfat von normal 2 g/Ltr. auf 3,8 g/Ltr. statt. Hierdurch entstanden wiederholt Selbstausfällungen von Hydroxid, die zu großen Filtrationssdiwierigkeiten führten. Beim Erschmelzen einer Calciumaluminatschlacke im Hochofen sind drei Arbeitsweisen zu unterscheiden: 1. Die Verhüttung von Bauxit ohne Zuschläge, 2. die Verhüttung von Bauxit unter Zuschlag von hochwertigem Eisenerz, 3. die Verhüttung von Bauxit unter Zuschlag von Schrott.
Z» 1: Bauxit ist ein bezüglich seines Eisengehaltes minderwertiges Eisen. Es erfordert infolgedessen, auch besonders im Hinblick Schlackenführung, einen abnorm hohen Kokszuschlag. Auf gewinnbares Aluminiumoxid kämen etwa 3—3 Vi t Koks. 7
Eisenerz mit nur etwa 15 %> auf eine notwendige basische eine Tonne aus der Schlacke Das ist wirtschaftlich nicht
100
Schlacken-Schmelzverfahren
tragbar, auch wenn man die Gichtgase gut ausnutzen könnte. Die Verhüttung von Bauxit allein im Hochofen kommt daher praktisch nicht in Frage. Man wird immer mit besonderen Zuschlägen arbeiten müssen. Zu 2: Der Zuschlag von hochwertigem Eisenerz bei der Verhüttung von Bauxit erlaubt, mit einer geringeren Schlackenmenge zu arbeiten und bringt infolge einer nunmehr wesentlichen Eisenerzeugung eine günstige Verteilung der Kosten, besonders der f ü r den Koks. Aber auch dieser Prozeß fand für die Aluminiumoxiderzeugung im laufenden Betrieb noch keine Anwendung. Zu 3: Die Kombination des Schlackenprozesses mit einer Schrottveredlung bringt gegenüber 1 Vorteile, die im wesentlichen in der gleichen Richtung liegen, wie sie zu 2 angeführt wurden. Zwar ist die Verarbeitung von Schrott im Hochofen technisch nicht sehr befriedigend. Im Siemens-Martin-Ofen erfolgt der Schrottdurchsatz bekanntlich ohne Koksbedarf und bringt auch keinen Manganverlust. Immerhin gibt es Fälle und Verhältnisse, unter denen es zweckmäßig erscheint, Schrott auch im Hochofen zu verarbeiten. So ist ein solches Vorgehen auch bei der Calciumaluminatschlackenerzeugung von Interesse. Im Großversuch bestand die Charge aus: 2.3 t Bauxit mit rd. 0,5 t Eisenoxid, 2,5 t Kalkstein, 2,0 t Schrott mit 1,8 t Eisen, 0,2 t Eisenoxid, 3.4 t Koks.
Das erschmolzene Eisen konnte von den Kosten f ü r den Koks 62 °/o tragen, der Rest, entsprechend 1,3 t Koks, entfiel auf 1 t Al 2 O a , das aus der Schlacke erzeugt wurde. Die kostenmäßige Belastung der Erzeugungsgüter erfährt eine weitere Erleichterung, wenn es gelingt, die nebenher anfallendenden Gichtgasmengen, etwa 7000—9000 m 3 , nutzbar unterzubringen. 8.3
Niederschachtofen-Verfahren
8.31 Apparatur und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke Der Niederschachtofen mit Wassermantel eignet sich besonders für die Verarbeitung kieselsäurereicher Bauxite mit 10—15 °/o SiO a . Die Eisenverbindungen werden bis zur FeO-Stufe reduziert. Es entsteht die Verbindung 2 FeO • S i 0 2 (Fayalit). Fayalit schmilzt kongruent bei 1205° C [28]. Er gibt mit dem Dicalciumsilikat eine dünnflüssige Schlacke, die einen Vorteil f ü r das Verfahren bedeutet. Kalk und Reduktionskohle werden entsprechend eingespart. Bei einigen großtechnischen Versuchen wurden Bauxit und Kalkstein teils stückig, teils brikettiert aufgegeben. Es wurden nur 15 °/o an festem Koks, bezogen auf das Chargengut, gebraucht. Das war etwa die H ä l f t e von dem Kohlenstoffverbrauch beim Stürzelberger-Ofen (vgl. 8.41). Die an den wassergekühlten Wandungen erstarrte Schlacke bildete das Ofenfutter. Die Abgase hatten eine Temperatur von 300° C und einen Gehalt von 25 °/o Kohlensäure und 5 °/o Kohlenoxid. Die erzeugte Schlacke mit etwa 27°/o A l 2 O s
Trommelofen-Verfahren
101
zerrieselte bis zu 60 %> und ließ sich bis etwa 85 °/o auslaugen. Auffallend war, daß der Kalküberschuß in der Schlacke geringer sein oder auch ganz fortfallen konnte. Es ist anzunehmen, daß der Gehalt der Schlacke an Eisenoxiden auch den sonst erforderlichen Kalküberschuß ersetzt. Bei 80 % Ausbeute war folgender Einsatz nötig: Bauxit mit 1 2 % S i 0 2 2,5 t Kalkstein 3,71 Koks 1,11 Für eine t A 1 2 0 3 waren 4,3 t Schlacke notwendig. Es ist vorgeschlagen, den Schachtofen mit Luft zu betreiben, die mit Sauerstoff angereichert ist. Nach einem Vorschlag der Pechiney Compagnie de Produits Chimiques et Electrométallurgiques [ 5 6 ] läßt sich bevorzugt im Niederschachtofen in einem Temperaturbereich von 1750—1900° C eine Calciumaluminatschlacke erschmelzen, deren A 1 2 0 3 CaO-Verhältnis zwischen 2,45 bis 3,65 : 1 liegt. Röntgenographische Untersuchungen haben ergeben, daß in dieser Schlacke im wesentlichen ein Calciumaluminat des Typs 2 A 1 2 0 3 • C a O (Monocalciumbialuminat) vorliegt. Der A l 2 0 3 - G e h a l t dieser Schlacke ist also bemerkenswert hoch. Es wird folgende Analyse angegeben: Gew.-°/o etwa AI 2 O 3 CaO FeO Ti02 Si02
73,5 23,0 1,3—2,1 2,2 1,1—2,2
Die Schlacke soll sich in Natronlauge (Konzentration etwa 150—200 g/Ltr. N a 2 0 ) mit einer Ausbeute von 90 °/o bei 100° C gut auslaugen lassen, sofern die Lauge einen Anteil von 20 % N a 2 C 0 3 aufweist. D i e Kieselsäure liegt in der Schlacke in Form von Gehlenit vor, der von der Lauge praktisch nicht angegriffen wird, aber einen Verlust an Aluminiumoxid bedeutet. Ungünstig bei dieser Schlackenführung ist, daß in der Schlacke die Dicalciumsilikate fehlen und infolgedessen die Schlacke nicht zerrieselt, sondern gemahlen werden muß. 8.4 8.41
Trommelofen -Verfahren
A p p a r a t u r und Verfahrensgang bis zur Calciumaluminatschlacke
Ein kurzgebauter Trommelofen, in dem Calciumaluminatschlacke erzeugt wurde, ist der sogenannte Stürzelberger-Ofen. Ein solcher Ofen hatte 3,8 m Durchmesser und war 11,5 m lang. Der Ofen war mit korundhaltigen Steinen ausgekleidet; die Heizung erfolgte durch Kohlenstaub. U m eine gleichmäßige Beheizung zu erzielen, war der Ofen auf einer Drehscheibe angeordnet. Der Feuerkopf stand fest. Die Abgase aus diesem Ofen sind naturgemäß sehr heiß; sie hatten eine Temperatur von 1400° C. Der Wärmeinhalt der Abgase muß also in jedem Falle weiter ausgenutzt werden. Dieses ist im Rahmen des Calciumaluminat-Verfahrens möglich, und zwar zum Vorwärmen der
102
Schlacken-Schmelzverfahren Schachtofenverfahren
Hochofenverfohren mit gezielter Schlackenführung
Bauxit
+ Koks + Kalk/
reich) SiOi-reic
* +j. Koks *"*!• in Rechnung zu setzen. Die Summe dieser Einzelverluste, 5,3 o/o, ist von der Extrahierbarkeit, 95 % , in Abzug zu bringen. Hinzu kommt ein Al 2 0 3 -Gewinn aus Reduktionskohlenasche und Zuschlägen von etwa 1,3 °/o, so daß die Endausbeute des Verfahrens im Mittel bei etwa 91 °/o liegt. Verwertung
des anfallenden
Schlammes:
Der nach der Wäsche anfallende Rückstand wird aus dem letzten Wascheindicker mit einer durchschnittlichen Konsistenz von 600 g Feststoff/Ltr. abgestoßen. Aus 1 t eingeführter Schlacke fallen rd. 1,1 t Schlamm an. Dieser besteht in der Hauptsache aus rückgebildetem Calciumcarbonat. Infolge des hohen Wassergehaltes und des geringen Wertes seiner Bestandteile fand der Rückstand bisher keine nennenswerte Verwendung. Man kann ihn trocknen und infolge seines Kalkgehaltes bei entsprechenden Bodenverhältnissen als Düngemittel verwenden. Die Trockenkosten sind aber so hoch, daß Transportkosten f ü r größere Entfernungen zusätzlich nicht tragbar sind. Auch als Zementzusatzstoff bestehen einige Verwendungsaussichten, aber auch nur dann, wenn billige Abgase zum Trocknen vorhanden oder eine Zementfabrik in unmittelbarer Nähe der Oxidfabrik gelegen ist. Als dritte Verwendungsmöglichkeit wurde vorgeschlagen, den Schlamm in den Prozeß wieder zurückzuführen und dadurch einen Teil des normal notwendigen Kalksteines einzusparen. Dies ist die interessanteste Verwendungsmöglichkeit. Sie würde vor allen Dingen erlauben, gewisse Vereinfachungen in der Extraktion und der Wäscherei einzuführen, weil ein Rückstand mit höherem Al 2 0 3 -Gehalt keinen zusätzlichen Verlust bedeuten würde, wenn man den Schlamm in einem zweiten Arbeitsgang sowohl bezüglich seines Kalkgehaltes als auch bezüglich des Aluminiumoxidgehaltes ausnutzte. Diese Verwendungsmöglichkeit ist im Versuchsmaßstab erfolgreich durchgeführt worden. Aber auch sie stößt auf die große Schwierigkeit, daß Kosten für Trocknen und Binden des anfallenden Staubes kaum durch die Vorteile der Ausbeutung des Schlammes aufgewogen werden dürften. Die Hauptbestandteile eines solchen Schlammes sind beispielsweise folgende: CaCOä + MgC0 3 SiOa Ti0 2 AI 2 O 3 H2O Rohstoffverbrauch,
Energiebedarf
und
51,0 %> 5,0 °/o 3.3 °/o 2.4 °/o 32,7 %>
Kosten:
Der mittlere Verbrauch an Rohstoffen, Energie und Hilfsmitteln für das PedersenVerfahren, bezogen auf die Tonne Oxid, ist in Tabelle 16 angegeben:
109
Pedersen-Verfahren Tab. 16 R o h s t o f f - und Energieverbrauch je t / O x i d Bauxit mit 57%> A 1 2 0 3 , 7 °/o S i 0 2 , 12 °/o Glühverlust Kalkstein, etwa 90°/oig
2,3 t 2,1 t
Hüttenkoks
0,251
Elektrodenmasse Ofenstrom
0,031 3700 kWh
Soda (Ersatz für Sodaverluste)
0,05 t
ö l für Calcinierung
0,190 t
Strom für Betrieb, einschl. Dampferzeugung
800 kWh
Weitere Einzelheiten über R o h s t o f f - , H i l f s s t o f f - , E n e r g i e b e d a r f und Betriebsdaten enthalten die T a b e l l e n 17a bis d. H i e r b e i ist in den S p a l t e n 5 und 6 ein teil weiser E r s a t z des B a u x i t s durch ein Aluminiumsilikatgestein berücksichtigt (vgl. hierzu S. 166 ff.).
9130 Kw
E
Bauxit Kalkstein Koks Elektr.Mosse
t/ltAi203 t/h 5,000 2,000 if,250 1,700 0,625 0,250 0,063 0,025 9,938 3,975
Réductions-Anlage dOfen)
Reduktionsgas (
0 100
90 10
65 35
kg/t AI2O3
0 0 1770 9 45
190 1 2100 10 47
770 4 3000 15 51
1810 145
1730 138
1430 115
3
2
«
« u
n
„
»
Gebr. Kohlen für Ofenerneuerung (4 Jahre) Nußkoks für Schmelzprozeß Kohle für Gaserzeugung Kohle für Fabrikationsdampf Kohle für Heizung, Waschkaue, Verluste usw
6
25,0 1,0
28,2 1,1
36,8 1,5
„
0,3
0,3
0,5
1,7
1,9
2,5
»
„
240,0 290,0 60,0
265,0 290,0 60,0
325,0 290,0 60,0
»
80,0
90,0
115,0
698,0
736,5
831,3
n
n
Kohle und Kohleerzeugnisse usw. . . . Kohle und Kohleerzeugnisse usw. . . . 5 °/o Feuchtigkeit
»
35,0
37,0
41,8
Zusammen:
»
733,0
773,5
873,1
n
0,5 1,2 9,0
0,5 1,3 10,0
0,7 1,5 13,0
»
14,5
15,6
17,7
Filtertuch Schmierstoffe ( ö l + Fett) Eisen (Stab-, Form-, Blech) Sonstige Magazin- und ReparaturStoffe
„
d) Analysendaten AI2O3 Bauxit Tonerdesilikat Kalkstein . . . Nußkoks . . . Koksgrus . . .
% % /o /o /O
59,18 29,50 0,50 2,30
s;o2
CaO
Fe 2 O s
3,16 50,50 1,50 3,70
13,15 53,50 0,20
21,87 1,30 0,30 1,30
Ti02 2,80 0,08 0,02 0,09
MgO 0,66 0,60 0,20
Asche
8,0 15,0
112
Schlacken-Schmelzverfahren
J e Tonne Oxid werden 2,2—2,6 t Schlacke mit 4—8 °/o S i 0 2 erzeugt. Als Nebenprodukt fallen 300—350 kg Eisen an. Das Eisen hatte in diesem Falle die in Tabelle 18 angegebene Zusammensetzung : Tab. 18
Analyse des Pedersen-Eisens
Si
0,60 °/o
Cr
0,40 °/o
Mn
0,03 o/o
Ni
0,25 °/o
V
0,30 Vo
Al
0,10 °/o
C
4,60 %>
Fe
92,97 °/o
Ti
0,60 °/o
Ca
Spuren
P
0,15%>
S
Spuren
Unter den Verhältnissen von 1938 hätte in einer soldien Pedersen-Anlage für eine Jahresproduktion von 50 0 0 0 1 das Oxid bei günstigen Stromverhältnissen, 0,6 Pfg./kWh, ohne Berücksichtigung einer Gutschrift für Eisen zu einem Preis von rd. 3 0 0 , — Mark erzeugt werden können.
8.5 8.51
Haglund-Verfahren
Die chemischen Grundlagen
Der Haglund-Prozeß wurde von Ende 1929 bis 1936 in Marghera/Venezia (Italien) fabrikatorisch durchgeführt. Es wurden dabei jährlich etwa 10—13 000 t Aluminiumoxid hergestellt. Das Verfahren ist von HAGLUND [29] vorgeschlagen und seinerzeit von der Vereinigte Aluminium-Werke Aktiengesellschaft (VAW) für Europa erworben worden. Außer in Marghera wurde noch eine Fabrik für die Ausübung des Haglund-Verfahrens in den Vereinigten Staaten errichtet. Hier wurde das anfallende grobkristalline a-Oxid zur Schleifmittelherstellung benutzt. Wenn man Aluminiumoxid aus Bauxit gewinnen will, sind prinzipiell drei Wege möglich. Der erste ist dadurch gegeben, daß man das im Bauxit enthaltene Aluminiumoxid mitsamt den Nebenbestandteilen aufschließt, also chemisch umwandelt. Bei dem zweiten werden selektiv die Aluminiumverbindungen aus dem Bauxit herausgelöst und der verbleibende Rest möglichst in der Form belassen, wie er im Bauxit vorliegt. Der dritte Weg ist der, daß die Aluminiumverbindung möglichst in der Form bleibt, in der sie im Erz vorliegt. Die Nebenbestandteile des Bauxits sollen in diesem Falle aber chemisch verändert und vom Aluminiumoxid getrennt werden.
Haglund-Verfahren
113
Der erste Weg ist z. B. beim Sintern mit Soda beschritten worden. Der Bayer-Prozeß gehört zu der Gruppe der zweiten Verfahren. Dem Haglund-Prozeß liegt die dritte Möglichkeit zugrunde. An sich hat diese Art, den Bauxit aufzuschließen, größtes Interesse, denn wenn man das Aluminiumoxid erst in Lösung bringen und wieder fällen und glühen muß, so ist dies ganz sicher komplizierter, als wenn man die Aluminiumverbindung aus dem Bauxit direkt in das Endprodukt überführt. Dabei liegt beim HaglundProzeß der Fall so, daß die Nebenbestandteile des Bauxits in einer verwertbaren Form anfallen, nämlich als Roheisen bzw. Eisenlegierung. Gerade diese vollkommene Ausnutzung des Bauxits war es, die für das Haglund-Verfahren spradi. Dies ist auch der Grund, warum das Verfahren hier ausführlich beschrieben wird. Es soll damit verhütet werden, daß es ganz der Vergessenheit anheimfällt, denn es ist durchaus möglich, daß die eindeutigen Vorzüge der Verfahrensweise auch noch einmal praktische Bedeutung bekommen. Bei der Benutzung des hergestellten Aluminiumoxids für Schleifmittelzwecke ist es ohne weiteres mit Vorteil anzuwenden. Auch für schwer aufschließbare, insbesondere korundhaltige Rohmaterialien hat das Verfahren Vorteile vor anderen Aufschlußmethoden. Der Bauxit wird mit Koks und Eisensulfid im Elektroofen bei etwa 1800—1900° C niedergeschmolzen. Der größte Teil der Aluminiumverbindungen wird dabei diemisch nicht angegriffen. Die Eisenverbindungen des Bauxits werden reduziert, ebenso z. T. die Titanverbindungen und die Kieselsäure; diese werden zu Legierungsbestandteilen des Eisens. Außerdem entsteht durch Reaktion des Eisensulfids ein gewisser Prozentsatz Aluminiumsulfid. Dies hat zur Folge, daß der Schmelzpunkt der Korundschlacke erheblich herabgesetzt wird. Durch die Gegenwart der Sulfide werden die Nebenbestandteile des Bauxits leichter aus dem Oxid entfernt als ohne sie. Schließlich hat der Gehalt an Aluminiumsulfid eine Bedeutung bei der Weiterverarbeitung des Oxids, worauf noch zurückzukommen ist (Abb. 37).
Abb. 37 8
Fulda-Ginsberg, Tonerde
Korundkristall aus dem Schmelzfluß einer Haglund-Schlacke.
Schlacken-Schmelzverfahren
114
Die Kieselsäure w i r d nicht vollständig zu Silizium reduziert, sondern teilweise zu SiS 2 umgesetzt. Diese Verbindung ist leicht flüchtig. Deshalb enthält das H a g l u n d - O x i d sehr wenig Kieselsäure. Auch das T i t a n wird, soweit es in der Schlacke bleibt, in TiS 2 verwandelt, was unter den gegebenen Verhältnissen leichter löslich ist als T i O a . Die Schlacke ist in Gegenwart von Aluminiumsulfid leichtflüssig. Dadurch scheiden sich das Eisen u n d seine Legierungsbestandteile gut ab.
Für den H a g l u n d - P r o z e ß gelten folgende Umsetzungen: F e 2 0 3 + 3C
2Fe + 3CO
Si0 2
+ 2C
Si
+ 2CO
Ti02
+ 2C
Ti
+ 2 CO
Si0 2
+ 2FeS + 2C
2Fe + SiS2
+ 2CO
Ti02
+ 2FeS + 2C
2Fe + TiS 2
+ 2CO
A1 2 0 3 + 3FeS + 3C
3Fe + A12S3 + 3CO
Bei normalem Bauxit gehen v o m Silizium etwa 75 %> in das Eisen u n d 25 °/o v e r d a m p f e n als Sulfid. Dieser Prozentsatz ist abhängig davon, wieviel Kieselsäure im Bauxit v o r handen ist. Bei kieselsäurereichem Bauxit geht mehr in die Abgase als bei kieselsäurearmem Bauxit. Das Eisenoxid w i r d fast q u a n t i t a t i v reduziert; am schwersten zu reduzieren sind die Titanverbindungen. I m allgemeinen verhält es sich so, d a ß 85 °/o in das Eisen gehen u n d 15 % als TiS 2 in der Oxidschlacke bleiben. Es scheint ein Gleichgewicht zu bestehen zwischen dem Titangehalt des Eisens u n d dem der Korundschlacke. I m großen u n d ganzen ist der H a g l u n d - P r o z e ß von der Beschaffenheit des H a u p t r o h stoffes Bauxit weitgehend unabhängig, wenn, wie das f ü r die Fabrik in Marghera z u t r a f , eine Sinteranlage zur V e r f ü g u n g steht. Das Niederschmelzen im Elektroofen erfordert bekanntlich stückiges Material mittlerer K o r n g r ö ß e . D a die Bauxite oft feinkörnig, teils erdig, teils staubig sind, ist eine Sinterung oder Brikettierung erforderlich. Bei dem Brikettieren bleiben das gebundene Wasser u n d das Wasser, das zugesetzt werden muß, größtenteils im Brikett. Die V e r d a m p f u n g erfordert im Elektroofen zusätzlichen Strom. A u ß e r d e m reagiert das Wasser mit Reduktionskohle u n d f ü h r t so zu einem erhöhten Kohleverbrauch. Die Sinterung feiner oder erdiger Anteile v o m Rohstoff sind aus diesen G r ü n d e n vorzuziehen. Für den H a g l u n d - P r o z e ß k o m m t als Rohstoff nur Bauxit in Frage. Es k a n n aber im Gegensatz zu den nassen Aufschlußverfahren hier praktisch jede Bauxitart verarbeitet werden, gleichgültig, in welcher Modifikation die A l u m i n i u m v e r b i n d u n g vorliegt. Lediglich der Kieselsäuregehalt bedingt gewisse Einschränkungen bei der Verarbeitung. Die Kieselsäure setzt sich z. T. mit dem Schwefel zu Sulfid um, das flüchtig ist u n d somit zu Schwefelverlusten f ü h r t (s. o.!). Neben gesintertem Bauxit werden dem H a g l u n d - O f e n noch Schwefeleisen u n d K o k s zugeführt. Anstelle von stückigem Koks w u r d e mit gutem Erfolg z. T. auch A n t h r a z i t verwendet.
Haglund-Verfahren
115
Viel häufiger als Schwefeleisen (FeS) kommt Pyrit (FeS 2 ) in der Natur vor. Deshalb wurde in der Hauptsache auch Pyrit verarbeitet. Verwendet man diesen ohne weitere Vorbehandlung, so zeigt es sich, daß die H ä l f t e des Schwefelgehaltes im Pyrit durch Sublimation verlorengeht. Um diesen Schwefel nutzbar zu machen, wurden Briketts mit Eisenspänen hergestellt; diese Briketts hatten etwa folgende Zusammensetzung: 50 o/o Pyrit, 30 °/o Eisenspäne, 20 °/o Bauxit (0—3 mm).
Für die Briketts eignet sich nur feinkörniger Pyrit. Grobkörniger Pyrit mußte, da ein Zerkleinern sich nicht lohnte, direkt auf den Ofen aufgegeben werden.
8.52 Apparatur und Verfahrensgang Der Bauxit wurde als grob- und feinkörniges Material angeliefert. Der grobe Bauxit ging durch einen Backenbrecher und dann zusammen mit dem feinkörnigen Bauxit durch Walzenbrecher auf eine Siebtrommel (Abb. 38). Der Bauxitanteil, der in der Siebtrommel zurückblieb, lief nochmals durch einen Walzenbrecher. Von dem durchfallenden Material wurde das feine über ein Vibrationssieb geführt. Bauxit von 0—3 mm Korn wurde für die Brikettherstellung abgetrennt. Die größte Menge des Bauxits, 3—12 mm Korn, ging in einen Mischer, das gröbste von 12—20 mm in einen besonderen Behälter. Der Bauxit von 3—12 mm wurde mit feinem Koks und eventuellem Retourgut gemischt und wanderte dann in die Sinterei. Es waren sechs Sinterpfannen nach dem System von Almänna, Stockholm, aufgestellt worden. Die Sinterpfannen wurden mit grobem Bauxit 12—20 mm als Bettmaterial beschickt und anschließend mit der Mischung aus feinem Bauxit und trockenem Koks. Die Menge des Kokses betrug im allgemeinen etwa 9 kg auf 100 kg Rohbauxit. Um die Sinterpfannen zu zünden, wurde eine Zündschicht aus Sägespänen und Koks auf die Sinterpfannen gegeben. Durch einen kräftigen Unterdruck wurde eine sehr gleichmäßige Sinterung des Materials erreicht. Die Anlage hat sich bewährt. Es wurden bei der Projektierung auch andere Sinterverfahren in Erwägung gezogen, hauptsächlich die Dwight-Lloyd-Apparate; aber diese sind im allgemeinen für sehr viel größeren Durchsatz berechnet und kamen deshalb nicht in Betracht. Für diese kleinen Mengen war die Anlage der Almänna auch billiger als die Dwight-Lloyd-Apparate. Es waren 4 Einphasen-Lichtbogenöfen mit je 2 Elektroden aufgestellt. Die Spannungsstufen waren 85, 95, 105 und 115 V. Die Öfen waren für je 2000—2500 kVA ausgelegt. Die höchste Strombelastung betrug 25 000 A. Diese relativ kleinen Öfen wurden gewählt, weil man annahm, daß bei größeren Öfen hohe Verdampfungsverluste an Al 2 S g entstehen würden. Ob diese Befürchtung berechtigt war oder nicht, ist zweifelhaft. Bei der Siluminherstellung hatte man beobachtet, daß die Verdampfung bei größeren Öfen sehr viel stärker ist als bei kleinen Öfen. Jedenfalls ist es zu bedauern, daß man damals nicht mit einem größeren Ofen einen Versuch gemacht hat. Elektrisch waren zwei Öfen in Scott geschaltet. Zwei Öfen hatten 750-mm-Elektroden, ein Ofen 800-mm-Elektroden. Im Jahre 1932 wurde ein Ofen mit Söderberg-Elektroden ausgerüstet. 8
Schladcen-Schmelz verfahren
116
grober Bauxit i
feiner Bauxit
Brecher
X Walzenbrecher Siebtrommel ]—Walzenbrecher
Eisenspäne
Wasser
Verbrenn.Ofen AI,0,-Sand
1 SO?-Abgas
Gasometer
Wasser
j
A Magnet, Kpolig I
X
Klaus-Ofen
Magnet, 2 pol ig
{
Kipp-Nutschen •
Schwefel
Eisen
Sandbunker
X
Eindicker
X
Trommelfilter
-H2S0^HN03
Wäscher
X
Nutschen (verbleit)
X
Trockenofen
X
Vibrationssieb
X
Rema-Mühle I)
Aluminiumoxid Abb. 38
Erschmelzen der Haglund-Schlacke und ihre Aufbereitung.
[—^
117
Haglund-Verfahren
Im Anfang traten Schwierigkeiten bei der Sdilackenherstellung auf. Sie bestanden zunächst darin, daß der Kohleboden des Ofens durch das Eisen aufgezehrt wurde. Durch höheren Zusatz von Kohle zur Mischung konnte man diesen Schwierigkeiten begegnen. Auf der anderen Seite kam es vor, daß zwischen den beiden Elektroden sich eine feste Kruste ansetzte, die den gemeinsamen Herd in zwei Teile teilte. Durch näheres Heranrücken der beiden Elektroden zueinander wurde auch diese Schwierigkeit behoben. Der lichte Abstand von Elektrode zu Elektrode betrug ursprünglich 1000 mm; er wurde auf etwa 800 mm reduziert. Die Innenmaße der Öfen betrugen 2100 x3900 mm, die Tiefe 1500 mm. Auch die Seiten bestanden innen, wie die Böden, aus Kohleblöcken. Diese lagerten auf einer hoch aluminiumoxidhaltigen Schamotteausmauerung. Um diese und den Boden waren Blechmäntel gelegt, die durch Schienen gehalten wurden. Die stark abfallenden Abstichschnauzen für den Schlackenabstich bestanden aus Gußeisen (Hämatit), die nur schwach geneigten Abstichschnauzen für Eisen waren aus Kohlemasse. Es wurde am Tage sechsmal abgestochen. Vor dem Abstich wurde der Ofen V2—% Stunde klar geschmolzen, d. h. es wurde kein neues Material mehr zugegeben. Mit der Belastung des Ofens wurde zurückgegangen. Die Ofenwannen hatten auf der einen Seite zwei Abstichlöcher für Schlacke in der Nähe der Elektroden, auf der anderen Seite in der Mitte ein Abstichloch für Eisen. Dieses Abstichloch war unmittelbar über dem Boden angeordnet, während die Abstichlöcher der Schlacke höher angebracht waren. Das Eisen wurde nur zweimal am Tage abgestochen, und zwar im unmittelbaren Anschluß an einen Schlackenabstich. Die Abstiche wurden in üblicher Weise durch Brennen mit einer Hilfselektrode aus Graphit zum „Laufen" gebracht. Es kam vor, daß der Ofen eine Tendenz zum Aufbauen dadurch zeigte, daß sich sehr schwer schmelzbare Krusten im Innern des Ofens ansetzten. Sie bestanden hauptsächlich aus Titankarbid. Durch Ausschlacken mit Eisenoxid konnte man die Krusten teilweise beseitigen. Mit Hilfe einer guten analytischen Kontrolle gelang es, das Entstehen solcher Krusten zu vermindern. Es wurde dafür gesorgt, daß möglichst wenig Karbid in der Korundschlacke enthalten war. Der Karbidgehalt wurde dadurch gefunden, daß das in Säure lösliche Aluminium einerseits und der Schwefelgehalt der Schlacke andererseits bestimmt wurden. Wenn erheblich mehr lösliches Aluminium gefunden wurde als der Formel A12S3 entspricht, wurde mit der Zugabe von Koks zurückgegangen. Wenn andererseits das A12S3 an sich sehr zurückging, wurde die Kokszugabe erhöht. Der Gehalt an Schwefel in der Korundschlacke wurde zwischen 5 und 7 °/o gehalten. Es zeigte sich, daß bei der Verarbeitung von Schlacke mit weniger als 5 % Schwefel der Gehalt an TiO» im fertigen Al 2 O s sehr in die Höhe ging, wie die folgende Aufstellung zeigt: Schwefelgehalt der Sdilacke
T1O2 im fertigen AI2O3
0,58 °/o
0,85 °/o
3.8 °/o
0,68 %>
4.9 °/o
0,31 °/o
5,46 °/o
0,09 °/o
6,33 °/o
0,12 °/o
7,97 °/o
0,09 °/o
118
Schlacken-Schmelzverfahren
Der Verbrauch an festen Elektroden betrug etwa 18 kg, in besonderen Fällen 29 kg je Tonne Schlacke. Im Söderberg-Ofen wurden 23 kg Elektrodenmasse je t Schlacke verbraucht. Die Söderberg-Elektroden haben sich bei dem Prozeß sehr gut bewährt. Die Staubverluste im Ofenhaus waren sehr erheblich. Wie die beigefügte Aufstellung zeigt, betrugen sie 12 °/o der eingeführten Aluminiumverbindungen; später gingen sie auf etwa 10 °/o zurück. Aber auch diese Staubverluste sind noch sehr hoch. Man hatte mit ihnen bei der Projektierung des Verfahrens nicht geredinet (s. Tab. 20). Beim Bayer-Verfahren und bei anderen Prozessen zur Herstellung von Aluminiumoxid ist der Gehalt des Bauxits an Kieselsäure von ausschlaggebender Bedeutung. Man verliert etwa das 1,1- bis l,2fache des im Bauxit vorhandenen S i 0 2 an A l 2 O s . Bei den K a l k verfahren muß man auf 1 °/o S i 0 2 2 °/o C a O zusetzen, d. h. auf 60 Gew.-Teile Kieselsäure 200 Gew.-Teile Calciumcarbonat. In beiden Fällen bedeutet der Gehalt an Kieselsäure im Bauxit also eine erhebliche Verteuerung des Verfahrens. Das Haglund-Verfahren zeichnet sich dadurch aus, daß die Kieselsäure im Bauxit keine so große Rolle spielt wie bei den obigen Verfahren. Es geht dadurch kein A 1 2 0 2 verloren, es wird nur etwas mehr Schwefeleisen gebraucht. Durch den hohen Staubverlust wird aber dieser Vorteil des Haglund-Verfahrens praktisch aufgehoben. Hinzu kommt noch, daß man auch dann, wenn man den Staub auffangen würde, wie es zeitweise beabsichtigt war, zu keinem sehr günstigen Resultat kommen würde. Denn noch mehr als die Aluminiumverbindungen verflüchtigt sich die Kieselsäure. Es fällt ein Staub an, der etwa 20 °/o Kieselsäure enthält. Diesen zu verarbeiten ist natürlich nicht sehr vorteilhaft. Oft wurden sogar noch höhere S i 0 2 - G e h a l t e im Staub gefunden. Bei Wiederaufnahme dieses Verfahrens müßte man gerade auf diesen Punkt besonders achten. Wahrscheinlich ist, daß nicht A l 2 O s verstaubt, sondern A1 2 S 3 verdampft. Vielleicht könnte man dadurch eine erhebliche Verminderung der Staubverluste an A 1 2 0 3 herbeiführen, daß man zunächst den Bauxit mit wenig Schwefelkies schmilzt und die Restmenge des Schwefelkieses erst zuletzt aufgibt, wenn fertig geschmolzen wird. Dieser Versuch ist in Marghera nicht mehr durchgeführt worden. Die Schlacke wurde sechsmal am Tage von jedem Ofen abgestochen. D a ein Ofen etwa 15 bis höchstens 20 t Schlacke am Tage erbrachte, waren also je Abstich nicht ganz 3 t Schlacke unterzubringen. Diese wurden in etwa 7 — 1 0 Hängebahnwannen aufgefangen. Die Hängebahnwannen waren aus hochfeuerfestem Gußeisen hergestellt und bestanden aus mehreren Teilen, damit Spannungen im Eisen vermieden wurden. Trotzdem glühten sie relativ schnell durch und zerrissen, so daß der Verschleiß an diesen Kübelwannen groß war. Die Schlacke kühlte in den Wannen ab und wurde dann durch Umkippen aus den Wannen entfernt. Anschließend kam sie auf ein bedecktes Schlackenlager, wo sie in der Regel 1—2 Tage liegenblieb. Nach dem Aussehen der Schlacke konnte man gut beurteilen, ob ihre Zusammensetzung die gewünschte war, oder ob gewisse Änderungen in der Aufgabe des Ofens nötig waren. Durch das Lagern wurde die Schlacke mürbe und ließ sich besser zerkleinern. Die Backenbrecher, hinter denen Magnetscheider angeordnet waren, liefen gewöhnlich nur in der Tagschicht, so daß sich Schlacke in der übrigen Zeit sammelte. Diese ging dann durch eine Walzenmühle und über ein Vibrationssieb. Das das Vibrationssieb nicht passierende Gut lief nochmals über eine zweite kleinere Walzenmühle. Die auf 0—3 mm zerkleinerte Schlacke wurde in einem Silo gesammelt.
Haglund-Verfahren
119
Sämtliche Apparate waren gut entstaubt. Die Schlacke wurde nunmehr in einem Drehrohrnaßzersetzer zersetzt unter Zusatz von Wasser und etwas Dampf. Die Abdiditung an den beiden Seiten der Trommel war sehr gut, so daß mit dem Schwefelwasserstoff keine Schwierigkeiten entstanden. Im Innern der Trommel befanden sich Schaufeln und Leitbleche, die die zersetzte Schlacke allmählich nach vorn brachten. Der entwickelte Schwefelwasserstoff wurde über einen Kühler geleitet und dann dem Claus-Ofen zugeführt. Dieser bestand aus einem Ventilator, einem Gasbehälter für Schwefelwasserstoff, dem eigentlichen Claus-Ofen, einer Staubkammer für mitgerissenen Schwefel und einem Auffangvorherd für geschmolzenen Schwefel. Die Verbrennungsluft wurde mit Hilfe eines Jägergebläses dem Schwefelwasserstoff zugeführt. Der erhaltene Schwefel war sehr rein, über 99,9 °/o. Der Verbrennungsofen war mit grobem Bauxit als Kontaktmasse beschickt, die mehrere Jahre ohne Auswechslung wirksam blieb. Das aus der Trommel zusammen mit Wasser ausfließende zersetzte Gut gelangte durch ein Eintauchrohr in ein Rührwerk, das direkt unter dem Drehrohrnaßzersetzer stand. Dadurch wurde verhindert, daß der Schwefelwasserstoff in die nachfolgende Apparatur eindringen konnte. Von dort gelangte das Gut in einen Dorr-Klassierer, der es in den sogenannten Oxid-Sand (größtenteils aus Korund bestehend) und in den überfließenden Schlamm (zum großen Teil aus Aluminiumhydroxid bestehend) trennte. Der Schlamm wurde eingedickt, ging über ein kleines Imperialtrommelfilter, wurde etwas getrocknet und dann als Retourgüt in der Sinteranlage wieder verwendet. Der Sand wanderte darauf über einen Bunker in die sogenannten Säurewäscher, verbleite und ausgemauerte Rührgefäße, die mit einer Mischung von Schwefel- und Salpetersäure beschickt wurden. Durch diese Behandlung mit Säure wurden die Reste vom Hydroxid, daneben auch Eisen- und Titanverbindungen, weitgehend gelöst. Nachdem die Säure einige Stunden gewirkt hatte, wurde die Mischung in verbleite Nutschen abgelassen, dort ausgewaschen und das Oxid in einen rotierenden kleinen Trockenofen gebracht, der mit ö l beheizt war. Das Oxid lief nun über ein Vibrationssieb, auf dem das Überkorn zurückgehalten wurde, in eine Remamühle, d. h. eine Ringwalzenmühle, in der das Oxid auf eine größere Kornfeinheit gebracht wurde. Schließlich gelangte es über einen Elevator auf ein Transportband mit Bandwaage und dann in das Vorratssilo. Von dort wurde das Oxid in einem Spezialwagen zur Aluminiumhütte geschickt. Im großen und ganzen wurde die Aufbereitung audi nach dem Einlaufen der Anlage in der beschriebenen Weise durchgeführt, doch ergaben sich im einzelnen Abweichungen. So fand man, daß im Hydroxidschlamm noch ziemlich viel feinkörniger Korund vorlag. Infolgedessen wurden Schüttelherde aufgestellt, wie sie seit langem in den Hüttenwerken üblich sind, um die Erze von dem tauben Gestein zu trennen. Man gewann auf den Schüttelherden aber nur 50 %> des im Schlamm enthaltenen Korunds. Später verzichtete man deshalb auf diese Einrichtung. Ein großer Nachteil war, daß der erhaltene „Oxid-Sand" zu grob ausfiel; es gingen nur 25 %> durch das 10 000-Maschensieb. Man mußte ihn sehr intensiv in der Remamühle mahlen, was viel Energie beanspruchte und außerdem Anlaß gab zu neuer Verunreinigung mit Eisen. Von Januar 1933 ab wurden deshalb flache Schlackenkübel eingeführt, die gegenüber den bisher benutzten Kübeln sehr viel weniger, etwa nur die Hälfte der Schlacke aufnehmen konnten, in denen sich aber die Schlacke sehr viel rascher abkühlte. Durch
120
Schlacken-Schmelzverfahren
die raschere Abkühlung trat eine erhebliche Kornverfeinung der Korundkristalle ein. Der „Korund-Sand" ging zu 41 °/o durch das 10 000-Maschensieb, 65 °/o gingen durch das 4900-Maschensieb und 92 °/o durch das 2500-Maschensieb. Man brauchte also einen viel geringeren Teil feinzumahlen; besonders das sogenannte Uberkorn fiel praktisch weg. Durch diese Arbeitsweise wurde aber die Trennung von Schlamm und Sand in dem DorrKlassierer noch weniger vollständig. Man verzichtete schließlich auf den Dorr-Klassierer und die Schüttelherde und pumpte den dünnen Schlamm direkt in den Eindicker. Der eingedickte Schlamm ging nun über die Magnetscheider auf die Kippnutschen. Bei dieser Arbeitsweise hatte man einen Ausbeuteverlust und auch einen größeren Verbrauch an Säure, weil sämtliches Aluminiumhydroxid von der Säure gelöst werden mußte. Um dieses zu vermindern, nahm man zwei, in einigen Fällen sogar drei Säurewaschungen vor, wobei man die erste Wäsche mit schon einmal gebrauchter Säure durchführte. — Die Salpetersäure wurde zugegeben, um das Titansulfid zu oxydieren. Angewendet wurden: 800 kg Schwefelsäure
62,5°/oig
24 kg Salpetersäure
38,0°/oig
auf 1000 kg A1 2 O s . Es wurde versucht, die Oxydation mit Natriumchlorat durchzuführen, doch zeigte sich, daß die Salpetersäure günstiger war. Beim Verarbeiten des im Vergleich mit Bayer-Oxid grobkristallinen Haglund-Oxides zeigte sich, daß der Stromverbrauch bei der Schmelzfluß-Elektrolyse je kg Aluminium etwa 1—2 kWh höher war. Dies hängt damit zusammen, daß das sehr feinkörnige Bayer-Oxid eine zusammenhängende Deckschicht bildet und dadurch die Wärmestrahlung des Ofens vermindert, während das grobkörnige Haglund-Oxid nur eine ungenügende Deckschicht auf dem Bad bildet. Bei zwei Elektrolyseöfen, die sonst unter ganz gleichen Bedingungen arbeiteten, wurden Messungen durchgeführt, bei denen der eine mit Haglund-Oxid und der andere mit Bayer-Oxid beschickt war. In gewissem Abstand über den Bädern wurde die Lufttemperatur gemessen und dabei festgestellt, daß die Temperaturen über dem „Haglund"Ofen stets 10—20° C höher lagen als die über dem „Bayer"-Ofen. Das spricht eindeutig für die größere Wärmeausstrahlung bei Haglund-Öfen, die ihrerseits wieder nur durch einen erhöhten Stromverbrauch ausgeglichen werden kann. Audi die Tatsache, daß die Spannung des Ofens sofort etwas zurückgeht, wenn man von Haglund-Oxid auf Bayer-Oxid übergeht, spricht für obige Erklärung. Das Haglund-Oxid weist weder einen Wasser- noch Na a O-Gehalt auf im Gegensatz zum Bayer-Oxid. Die Elektrolyseöfen neigen infolgedessen weniger zum „Alkalisch"Werden, d. h. man brauchte weniger Aluminiumfluorid als Aushilfsmittel zur Aufrechterhaltung der Badzusammensetzung. Auch Verunreinigungen an Zink fallen bei dem Haglund-Oxid weg, dagegen besitzt das Oxid einen nicht unerheblichen Gehalt an Titan, durchschnittlich 0,13 °/o TiO,. Die Verunreinigungen an SiO ä + F e 2 0 3 sind zusammen meist nicht höher als 0,1 °/o. Das Titan geht bei der Elektrolyse quantitativ in das Aluminium. Es bewirkt eine Kornverfeinerung, die sowohl beim Guß als auch beim gepreßten Material vorteilhaft ist und die man sonst durch Zusatz von Titan oder anderen Kornverfeinerungsmitteln oft künstlich herbeiführt. Für Leitfähigkeitszwecke ist ein Gehalt an Ti im Aluminium aber sehr schädlich. Der Gehalt von 0,1 °/o Ti setzt die Leitfähigkeit um etwa 10 °/o herunter.
121
Haglund-Verfahren
In normaler Oxid-Sulfid-Schlacke ist der Gehalt an TiS 2 (als T i 0 2 beredinet) 0,4 bis 0,5 o/o, der beim Zersetzen der Schlacke und Waschen mit Säure auf 0,13 °/o heruntergeht. Der Gehalt an Ti in der Schlacke steht offenbar im Gleichgewicht mit dem Gehalt des Ti im Eisen. Es wurde deshalb versucht, den Titangehalt dadurch herabzusetzen, daß man den Eisengehalt in der Charge erhöhte. Versuchsweise wurden 450 kg Eisen/t Oxid dem Ofen direkt hinzugefügt, d. h. die im Ofen anfallende Eisenmenge wurde etwa verdoppelt. Man erhielt dadurch ein Oxid mit 0,08 °/o TiO z . Dies war eine Verbesserung, aber immer noch keine genügende. Die einzige Methode, um ein Oxid zu gewinnen, aus dem man Aluminium f ü r elektrische Leitungen herstellen konnte, war ein zweifacher Schmelzprozeß [ 3 0 , 3 1 ] . Man erhält dann bei der Aufbereitung ein Oxid, dessen Gehalt an T i O a unter 0,03 °/o liegt. Diese sogenannte Raffinationsschmelze wurde dann mit einem Teil der Produktion regelmäßig durchgeführt. Tab. 19 Verbrauchszahlen je t raffinierter Schlacke Normalschlacke
1150,00 kg 96.4
kg
Grobpyrit
9,8
kg
Feinkoks
35,8
kg
Anthrazit
13.5
kg
106,7
kg
Gußabfälle
35,7
kg
Kohleelektroden
15,0
kg
Spezialbrikett
Hammersdilag
Graphitelektroden Strom
0,59 kg 2209,5
kWh
Die Spezialbriketts f ü r das Raffinationsschmelzen bestanden aus 55 Teilen Pyrit, 35 Teilen Hammersdilag und 10 Teilen Koks. Schon aus dem hohen Stromverbrauch geht hervor, daß das Oxid, welches auf diesem Wege hergestellt wurde, sehr teuer kam. Später gelang es, im Rahmen dieses Raffinationsschmelzens einige Verbilligungen zu erreichen. Das Eingießen der flüssigen Schlacke in Wasser. Wie man Hochofenschlacke durch Wasser granulieren kann, so sollte auch die Oxid-Sulfid-Schlacke aus dem Elektroofen der Haglund-Anlage granuliert werden. Es war daran gedacht worden, jeden Abstich in einem großen Kübel zu sammeln und langsam in ein geschlossenes Granulationsgefäß einfließen zu lassen. Schwierig war dabei, daß sich Schwefelwasserstoff entwickelte. Man hoffte aber, durch die Benutzung von Schutzgas (z. B. der Abgase des Claus-Ofens) diese Schwierigkeit zu beheben. Wenn diese Umstellung gelingen würde, hätte man verschiedene Vorteile. Das Oxid, das dabei entsteht, entspricht nämlich in seiner physikalischen Beschaffenheit weitgehend dem des Bayer-Oxids. So sind z. B. die Kornfeinheiten etwa die gleichen ( 1 5 % Rückstand auf dem 10 000-Maschensieb). Das Mahlen der Schlacke entfällt und der Reinheitsgrad nimmt zu. Außerdem geht, wie Versuchsgranulationen gezeigt haben, auch der Gehalt ah Ti sehr erheblich herunter, so daß möglicherweise die Raffination durch doppelte Schmelzung wegfallen kann.
Schlacken-Schmelzverfahren
122
Nachteilig bei diesem Verfahren war die schlechte Ausbeute an O x i d , nicht über 75 °/o. Dies lag in erster Linie daran, daß man das H y d r o x i d , das aus dem A1 2 S 3 entsteht und einen Anteil des feinen Korundes nicht verwertet, sondern durch Schwefelsäure löst. Es wurde versucht, die Aluminiumsulfatlösung, die neben Aluminiumverbindungen noch Eisen-, Titan-, K a l k - und Magnesiumverbindungen enthält, zu reinigen. Doch wurde dieses Verfahren als zu umständlich verlassen. Dagegen wurde eine Behandlung des sogenannten Rohsandes mit schwefliger Säure, Abscheiden des herausgelösten H y d r o x i d e s als eisenfreies, hochbasisches Aluminiumsulfit und Umsetzen dieses zu reinem Aluminiumhydroxid mit gutem E r f o l g durchgeführt. Durch diese Behandlung des sogenannten Rohsandes wird der Verlust an Schwefelsäure in der Aufbereitung bis auf die H ä l f t e seiner bisherigen Menge reduziert. D a dieser Posten eine große Rolle in der K a l k u l a t i o n des Oxides spielt, ist diese Umstellung des Verfahrens besonders wichtig f ü r die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Prozesses. M a n würde ungefähr halb soviel Aluminiumsulfat mit 15°/o A l 2 O g erhalten, wie man Aluminiumoxid erzeugt. Die N e b e n p r o d u k t e . N e b e n der Oxid-Sulfid-Schlacke fällt Eisen an, u n d zwar aus Bauxit, aus Pyrit und Eisenspänen. Nehmen wir den Bauxitverbrauch von 2340 kg/t O x i d an, so kommen zu diesen nach der auf S. 123/4 angegebenen Aufstellung 434 k g Pyrit und 151 k g Eisenspäne. Dies ergibt: 2340 k g B a u x i t
mit 15,4 °/o Fe = 362 kg Fe
434 kg P y r i t
mit 4 2 , 0 % Fe = 182 kg Fe
151 k g Eisenspäne
mit 92,0 %
Fe = 139 kg Fe
zusammen:
683 kg Fe
Diese Zahlen werden bei verbessertem Ausbringen geringer. Aber immerhin muß man rechnen, daß auf 1 t O x i d 500 k g Fe anfallen. D a s Eisen wurde mit einer Temperatur von etwa 1 7 0 0 ° C mit H i l f e einer eisernen Hilfselektrode aus dem O f e n abgestochen, in einem ausgemauerten Tiegel gesammelt und dann vergossen oder raffiniert. Der Tiegel befand sich auf einem fahrbaren Schwenkkran. Bei der K a l k u l a t i o n hatte man angenommen, daß man aus dem Erlös dieses Eisens etwa ein Viertel der Kosten für das O x i d decken könnte. Es w a r eine weitere Enttäuschung, die das Verfahren brachte, daß das Eisen zunächst unverkäuflich war, und z w a r lag es an seiner Zusammensetzung: Haglundeisen 3—4 %
C
3—4 %
AI
4—6 %
Si
2—4°/o Ti 0,6 %
S
0,1—0,2%
P
Dieses Eisen in Italien zu verkaufen, erwies sich als unmöglich, obwohl Italien ein L a n d mit wenig Eisenerzen ist. Einige Bestandteile im Eisen schreckten die italienischen Verbraucher a b : das Alumnium, weil es teilweise oxydiert wird und so eine Zähflüssigkeit des Eisens hervorruft, der hohe Schwefelgehalt und schließlich der hohe Ti-Gehalt. Es wurde schließlich nach Deutschland verschifft. Deutsche Hütten haben das P r o d u k t im Hochofen mit verarbeitet.
Haglund-Verfahren
123
Tab. 20 Verbrauchszahlen zum Haglund-Prozeß Für 1 t AI2O3 wurden benötigt:
kg
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
Bauxit (trocken) Sintergut Bauxit/Sintergut AI2O3 im Schlamm (Rückgut) AI2O3 im Sintergut und in den Briketts Das gesamte verarbeitete AI2O3 im Ofenhaus Ausbringen an AI2O3 im Ofenhaus Verlust an AI2O3 im Eisen Staubverluste im Ofenhaus Korundausbringen im Ofenhaus Erzeugung von Normalsand Erzeugung von Schüttelsand Korund im Normalsand Korund im Schüttelsand 13 + 14 Gesamtkorund
16. 17. 18. 19. 20.
Korundverlust in der Zersetzerei Oxidverlust in der Wäscherei und Mahlanlage Ausbringen an Oxid aus Bauxit + Schlamm + Koksasche Ausbringen an Oxid auf Bauxit + Koksasche bezogen Ausbringen an Oxid auf Bauxit bezogen
2340 2160 1,17 47 1433 1480 1265 36 178 1139 1116 49 1039 45 1084 55 87 997
%>
100 86 2 12 77 75 3 70 3 73 4 6 67 70 71
Die Verbrauchszahlen je Tonne Schlacke enthält die Tab. 21. Tab. 21 Verbrauchszahlen zum Haglund-Prozeß Sinter Normalbrikett Pyrit Koks (Stückgröße 10—20 mm) Anthrazit Strom
September 1634 t 405 t 142,7 t 187,3 t 95,4 t 3637,9 kWh
Oktober 1556 t 461 t 142 t 190 t 103 t 3712 kWh
In den Normalbriketts waren 50 % Pyrit enthalten, so daß im ganzen also im September 345,2 t Pyrit verbraucht worden sind; daneben noch 121,5 t Eisenspäne und 8 1 t Bauxit (im Brikett). Dabei betrug in diesem Monat das Schwefelausbringen 35,4 % des eingebrachten Schwefels. Dieses niedrige Ausbringen erklärt sich daraus, daß relativ viel Pyrit verwendet wurde, der nicht brikettiert war. Der Stromverbrauch kann als normal angesehen werden.
124
Schlacken-Schmelz verfahren
Weitere Beispiele für Verbrauchszahlen je 1 t Oxid: Tab. 22 Verbrauchszahlen auf Basis Bauxit Bauxit
2372,0 kg
Pyrit
415,0 kg
Eisenspäne
152,0 kg
Koks Elektroden Graphit-Elektroden
469,0 kg
Schwefelsäure
291,0 kg
27,6 kg 1,8 kg
Salpetersäure
24,0 kg
öl
16,0 kg
Strom
4980 kWh Tab. 23 Verbrauchszahlen auf Basis Sinter
Sinter Normalbrikett Pyrit Koks (nur für Schmelze) Anthrazit Strom
2040 t
1940 t
507 t
577 t
178 t 234 t
177 t 237 t
119 t 4540 kWh
129 t 4640 kWh
Durch Verbesserungen im Betrieb stieg das Ausbringen um einige Prozente, so daß der Stromverbrauch je Tonne Oxid zwischen 4 0 0 0 und 4 5 0 0 kWh lag. Tab. 24 Kosten zum Haglund-Prozeß Die Gestehungskosten verteilten sich wie folgt: 45 °/o 27 "k 25 °/o 3 %>
Rohstoffe Strom Betriebskosten (außer Strom) Werksunkosten.
Die Stromkosten setzten sich zusammen aus: 2,8 5,0 1,0 91,2
8.6
°/o °/o °/o °/o
Trafoverlust Kraftstrom Lichtstrom Ofenstrom.
Hall-Verfahren
Ein Verfahren, das im Gegensatz zum Haglund-Verfahren ohne Schwefel arbeitet und nur den Bauxit mit Kohle im elektrischen Ofen reduziert, ist das Hall-Verfahren, das eine Zeitlang an den Niagarafällen durchgeführt wurde. Wenn man nach diesem Verfahren arbeiten will, muß man in der Sdilacke neben dem Aluminiumoxid noch eine
Hall-Verfahren
125
besondere Verbindung erzeugen, um die Nebenbestandteile wirksam zu entfernen, z. B. Aluminiumkarbid, A1 4 C 3 , bzw. Oxikarbid, A1 4 0 4 C. Im Gegensatz zu A12S3 ist A1 4 C 3 ein sehr schwer schmelzbarer Körper, der die Aluminiumoxidschmelze zähflüssig macht. Infolgedessen arbeitet dieses Verfahren bei einer um mehrere 100° C höher liegenden Temperatur als der Haglund-Prozeß. Dadurch werden die Verdampfungsverluste an Al 2 O g erheblich. Die Beseitigung der das Oxid verunreinigenden Nebenbestandteile ist mit Hilfe von Karbiden viel schwieriger zu bewerkstelligen als mit Aluminiumsulfid. Das von HALL [32] ursprünglich vorgeschlagene Verfahren wurde in Amerika von der Alcoa [33] weiterentwickelt und praktisch ausgeführt. HALL wollte in zwei Etappen arbeiten: nämlidi zunächst die Charge in einem Ofen vorerhitzen und sie dann in einem zweiten reduzierend niederschmelzen [34]. Um eine leichtere Löslichkeit des auf diesem Wege erzeugten Korundes für die Elektrolyse zu erhalten, muß das Oxid zuvor fein gemahlen werden (10 000 Maschen/cm 2 ) [35]. Die Schwierigkeit, dieses Oxid in Lösung zu bringen, hat man auch dadurch zu umgehen versucht, daß man die Korundschmelze Verblasen hat, wobei ein Teil des restlichen Eisens verflüchtigt wird (Alcoa) [33]. Audi die Säurewäsche soll zur weiteren Reinigung des Korundes angewendet sein. Soviel wir wissen, ist das Hall-Verfahren schon vor dem letzten Krieg wieder verlassen worden. Eigene Erfahrungen der Verfasser liegen nicht vor. Es sei auf die kurze Beschreibung von FRARY [36] verwiesen (Abb. 35).
9 Kalksinter-Verfahren Es wurde bereits erwähnt, daß im Prinzip sowohl der Schmelzprozeß als auch der Sinterprozeß zu Calciumaluminatschlacken führen, die sich in günstigen Fällen nahezu gleichgut auf Aluminiumoxid aufbereiten lassen. Nach dem Kalksinter-Verfahren sind hochwertige Bauxite und Bauxite mittlerer Qualität noch nicht im laufenden großtechnischen Betrieb verarbeitet worden. Diese Prozeßart hat aber wiederholt interessiert, und es sind sehr umfangreiche großtechnische Versuche von den Oxidfabriken allein, aber auch in Gemeinschaft mit interessierten Ofenbaufirmen durchgeführt worden. Das Schmelzverfahren, im besonderen der Elektroofenprozeß, hat den Vorteil, daß die metallischen Verunreinigungen von der Schlacke in einem Arbeitsgang getrennt werden. Reduziert man beim Sinter-Verfahren die metallischen Bestandteile nicht aus, so hat die Verarbeitung des Sinters den Nachteil, daß die Schlammenge wesentlich erhöht und damit der Aufbereitungsprozeß entsprechend belastet wird. Die Anwendung des einen oder anderen Aufschluß-Verfahrens hängt auch von Erwägungen bezüglich der Standortfrage ab. Eine Kombination beider Verfahren ist ebenfalls möglich. Die Sinter-Verfahren lassen sich in zwei Gruppen behandeln: 1. die Verfahren, die außer einer laugungsfähigen Schlacke metallisches Eisen gewinnen lassen (Trommelofen [S. 101], Renn-Prozeß);
126
Kalksinter-Verfahren 2.
Verfahren, die auf die Eisenerzeugung verzichten, bei denen also in der Schlacke neben dem Calciumaluminat das Eisen in oxydischer Form vorliegt (Wassermantelofen-, Zement-, Sinterpfanne-,
Sinterband-Prozeß).
Die erste Gruppe der Sinter-Verfahren hat den Vorteil, daß der Sinter in der Zusammensetzung und auch mengenmäßig ungefähr der Elektroofenschlacke entspricht, ferner, daß die Eisenverbindungen als Metall ausgenutzt werden und dem Verfahren wie bei dem Elektroofenprozeß eine wesentliche Gutschrift bringen. Der Niederschachtofenprozeß als reiner Schlackenschmelzprozeß, also ohne Metallerzeugung, wurde bereits behandelt. Die Sinterung ohne Eisengewinnung kommt nur dann in Frage, wenn der Bauxit wenig Eisen enthält oder wenn örtlich bedingt an Reduktionsmitteln sehr gespart werden muß. Die Sinter-Verfahren sind bezüglich der Rohstoffbeschaffenheit sehr elastisch. Das Material kann feinstückig bis staubig sein. Soll mit der Sinterung gleichzeitig ein Aufschluß, d. h. eine chemische Umsetzung erzielt werden, wie hier bei der Erzeugung von Calciumaluminat, so ist eine Feinvermahlung bzw. eine Feinmahlung und innige Mischung der Chargenbestandteile erforderlich. Als Reduktionsmittel kann minderwertige Kohle Verwendung finden.
9.1
Im Drehrohrofen
Die Durchführung des Calciumaluminatprozesses im Drehrohrofen hat den Vorteil, daß die Reaktionstemperatur verhältnismäßig genau eingehalten werden kann, damit ein gleichmäßiges Sintergut und hohe Ausbeuten gewonnen werden. Die Hauptschwierigkeit besteht beim Drehrohrofen jedoch darin, daß die erforderliche Reaktionstemperatur, etwa 1300° C, schon nahe der Temperatur liegt, bei der das Aufgabegut zum Zusammenbacken neigt und infolgedessen große Brocken im Drehrohrofen entstehen oder daß der Sinter mit der Ofenausfütterung verschmilzt. Der Drehrohrofenprozeß kann so geführt werden, daß als Nebenprodukt Metall gewonnen wird (z.B. Renn-Verfahren"")) oder auch, daß reiner Sinter entsteht (Zement-Verfahren). Für die Gewinnung von Calciumaluminat nach dem Renn-Verfahren fand ein Drehrohrofen von 60 m Länge und 3,6 m Durchmesser Verwendung. Die Leistung betrug 300 t/Tag. Bauxit und Kalkstein wurden ungetrocknet auf 1—2 mm Korngröße vorgebrochen. Der Kokszuschlag betrug an Koksgrus 25 °/o der trockenen Rohmischung. Rohmischung und Reduktionsmittel, evtl. auch Rückgut und Flugstaub, passierten einen Knetmischer, in dem Wasser zugegeben wurde. Das so vorbereitete Gut wurde dem Drehrohrofen zugeführt, der mit Kohlenstaub beheizt war. Der Ofen arbeitete im Gegenstrom. Das Eisen wurde als Eisenschwamm ausreduziert. Am Ende des Ofens wurde das Eisen von der Schlacke dadurch getrennt, daß Luft zugeführt wurde, wodurch eine Oxydation an der Oberfläche eintrat. Die Schlacke wurde dünnflüssig; die Eisenkörner schweißten zu sogenannten Luppen zusammen. Diese Eisenluppen hatten eine Größe von 50 mm Durchmesser und mehr. Die Schlacke selbst verließ zähflüssig den Ofen. Sie wurde gekühlt, auf etwa 1 mm Korngröße vermählen und das Eisen durch einen Magnetscheider ausgeschieden, und zwar bis auf etwa 2 % . Es hatte einen Kohlenstoffgehalt von 1 o/o. Außerdem fiel noch Eisenstaub unter 1 mm Korngröße an, sogenanntes „magnetisches Konzentrat" mit etwa 70 % Fe-Gehalt. Dieses Konzentrat *) Krupp-Renn-Verfahren; Johannsen, F. [ 5 2 ] .
auf der Sinterpfanne / auf dem Sinterband
127
wanderte wieder in den Ofen zurück, weil es offensichtlich im Ofen die Luppenbildung begünstigte. Bei dem Zement-Verfahren, bei dem also kein metallisches Eisen abgeschieden wird, fand ein Drehrohrofen gleicher Dimensionen, wie oben beschrieben, Verwendung. In diesem Falle brauchte dem Rohmaterial kein Kohlenstaub zugeschlagen zu werden. Es wurden Auslauge-Ausbeuten bis zu etwa 85 % des Oxidgehaltes erzielt.
9.2
Auf der Sinterpfanne
Bei der Anwendung der Sinterpfanne handelt es sich im Prinzip um ein diskontinuierliches Verfahren, das a p p a r a t i v im L a u f e der J a h r e weitgehend kontinuierlich entwickelt worden ist. So hat man z. B. die Sinterpfannen kreisförmig angeordnet und arbeitet auf dem sogenannten Sinterrad. Für die Herstellung von Calciumaluminatschlacke hat die Sinterpfanne bisher nur im Versuchsbetrieb Verwendung gefunden. Normalerweise wurde das in richtiger Stückgröße vorbereitete Material bereits im erforderlichen Mischungsverhältnis aus dem Bunker abgezogen und in einem Trommelmischer mit abgesiebtem Staub und Rückgut unter Zugabe von Wasser gemischt. Nach Durchgang durch einen Zwischenbunker gelangte das Material in einen Füllwagen und wurde von hier aus auf die P f a n n e bis zu 3 0 — 4 0 cm aufgeschichtet. D e r Betrieb einer Sinterpfanne im einzelnen ist von anderen Prozessen her gut bekannt und soll deshalb hier nicht beschrieben werden. Bei der Herstellung von Calciumaluminat wurde 2 0 — 2 5 Minuten „geblasen".
Jede
Charge benötigte insgesamt etwa 2 5 — 3 0 Minuten. Im Sinterkuchen wurde eine M a x i m a l temperatur von 1 2 0 0 — 1 3 0 0 ° C gemessen. Der Sinterkuchen w u r d e in der Brech- und Siebanlage wie üblich aufbereitet. D i e Größe der Sinterpfanne betrug 10 qm, die Leistung 15—20 t / T a g und qm. Der Kraftbedarf lag bei etwa 25 kWh/t Fertiggut. Befriedigende Resultate sind mit der Sinterpfanne nicht erzielt worden. D i e Oxidausbeuten lagen bei der Aufbereitung wesentlich unter denjenigen, die mit der Schlacke v o m Elektroofenprozeß erzielt werden. Diese Angaben beziehen sich auf den Durchschnitt des Sinters. Der Sinter war nämlich sehr ungleichmäßig in seiner Zusammensetzung, d. h. die Calciumaluminatbildung war im Material nicht überall gleichmäßig weit fortgeschritten.
9.3
Auf dem Sinterband
D a s Sinterband wurde u. W. für die Herstellung von aufbereitbarem Calciumaluminatsinter bisher nicht angewendet. Gegenüber der Sinterpfanne hat das Sinterband den Vorteil, daß es vollkommen kontinuierlich arbeitet. Es gelingt aber noch viel weniger als bei der Sinterpfanne, gleichmäßiges Reaktionsgut zu erhalten. Deshalb hat das Sinterband im Calciumaluminatprozeß für die Aluminiumoxidgewinnung, ausgehend vom Bauxit, nur in Kombination mit anderen Arbeitsgängen Verwendung gefunden, und z w a r als Mittel zur Vorbereitung des Aufschlußgutes für den Elektroofen oder für den Drehrohrofen.
128
Gewinnung und Verwertung von Nebenprodukten und Abfallstoffen
10 Gewinnung und Verwertung von Nebenprodukten und AbfallstofTen 10.1
Gewinnung der Nebenprodukte 10.11
Kristallsoda
Die Kristallsodaherstellung w u r d e seinerzeit im L a u t a w e r k vorwiegend mit H a n d b e t r i e b durchgeführt. H i e r soll k u r z eine weitgehend mechanisierte Herstellungsweise beschrieben werden, die sich im großen in jahrelangem Betrieb gut b e w ä h r t hat. Die etwa 60° C w a r m e gesättigte Sodalösung (35° Be, spez. Gewicht 1,320) w u r d e von einem hochstehenden heizbaren Sammelbehälter durch R i n n e n in Kristallisierwannen abgelassen. Diese W a n n e n hatten zwei nach außen schwach gebogene Seiten u n d einen schwach gebogenen Boden, in welchem sich eine mit einem Stopfen verschließbare Ö f f n u n g f ü r das Ablassen der Restlauge b e f a n d . Über den in Reihen angeordneten W a n n e n w a r eine L a u f k a t z e montiert, die eine W a n n e mit I n h a l t heben u n d über die anderen W a n n e n fortbewegen konnte. U n t e r den W a n n e n w a r eine zweite R i n n e angeordnet f ü r die A u f n a h m e der Restlauge. Sie f ü h r t e zu einem Sammelbehälter. D i e G r ö ß e der W a n n e n richtete sich nach der P r o d u k t i o n . W a n n e n mit einem bis zwei K u b i k m e t e r N u t z i n h a l t waren am zweckmäßigsten. Nach beendeter Kristallisation u n d nach dem Ablassen der Restlauge w u r d e die mit Kristallen gefüllte W a n n e von der K a t z e aufgenommen und in einen flachen Kasten mit w a r m e m Wasser gesetzt. H i e r i n blieb die W a n n e einige Minuten, wodurch die am Boden u n d an den Seiten hängenden Kristalle gelockert w u r den. Die W a n n e w u r d e wieder gehoben u n d in ein Gestell gesetzt, in dem sie um 180° gewendet werden konnte. D i e Kristalle fielen n u n beim Wenden in einen Trichter, unter dem ein Backenbrecher angeordnet war. D i e etwas zerkleinerte Soda w u r d e darauf über ein T r a n s p o r t b a n d zu einer A b f ü l l - u n d W i e g e a p p a r a t u r g e f ü h r t . Die damals auf dem M a r k t befindliche Kristallsoda w u r d e in V2- u n d 1 kg-Päckchen angeliefert. Grobstückige Soda läßt sich nicht in gleicher Weise verpacken. Deshalb w u r d e auch eine feinkristalline Soda im L a u t a w e r k hergestellt u n d besonders nach Berlin geliefert. Z u r G e w i n n u n g feinkristalliner Soda w u r d e die Lauge in einen Behälter mit R ü h r werk u n d äußerer Wasserberieselung gepumpt. D a s R ü h r w e r k w a r mit Schabern ausgerüstet, die die Kristalle l a u f e n d von den Behälterwänden entfernten. Wenn die T e m p e r a t u r im R ü h r w e r k unter 20° C gefallen w a r , w u r d e der Inhalt auf eine sogen a n n t e „Lecke" gebracht, auf der die H a u p t m e n g e der Restlauge wegfloß. D i e Kristallmassen w u r d e n d a n n in Z e n t r i f u g e n trocken geschleudert. B e w ä h r t haben sich besonders hängende Zentrifugen mit Austrag am Boden. Die feinkristalline Soda w u r d e in Säcken gestapelt, um sie noch etwas nachtrocknen zu lassen u n d d a n n in automatischen Füllmaschinen in Päckchen gefüllt. Gegenüber der aus Solvaysoda direkt hergestellten feinkristallinen Soda zeigte diese Soda eine unangenehme Eigenschaft: sie backte bei längerem Lagern zu einem mehr oder weniger harten K l u m p e n zusammen. Erst als m a n in die Zentrifugen ein wenig Kochsalzlösung einspritzte, w a r diese Schwierigkeit ü b e r w u n d e n . 10.12
Chromoxid
Beim Sinteraufschluß des Bauxits mit Soda werden, wie schon oben e r w ä h n t (S. 84), auch die im Bauxit enthaltenen C h r o m v e r b i n d u n g e n mit aufgeschlossen u n d finden sich dann
129
Gewinnung der Nebenprodukte
als Natriumchromat in den Aluminatlaugen, die dadurch eine gelbe Färbung annehmen. Man kann das Chromat entweder durch Zugabe von Eisen(II)-Sulfatlösung oder durch Natriumsulfidlösung ausfällen. Legt man auf die Gewinnung von Chromoxid keinen Wert, so reduziert man das Chromat mit Eisensulfatlösung, die man am besten in der Naßmühle dem Lösegemisch zusetzt. Die Chromverbindungen gelangen so in den Rotschlamm und sind damit verloren. Will man dagegen Chromhydroxid gewinnen, so behandelt man die Laugen in der Eindampferei mit Schwefelnatriumlösung. Die Behandlung braucht nur dann durchgeführt zu werden, wenn sich die Laugen an Chrom angereichert haben. Die Fällung des C r ( O H ) 3 geschieht in der Hitze in einem Rührbehälter. Das Abfiltrieren wird in einer Filterpresse vorgenommen. Man erhält Chromschlämme mit etwa 4 0 ° / o C r 2 0 3 . Diese können zur Herstellung von grünem Farbpigment oder von Natriumchromat verwendet werden. Will man aus den Laugen der Eindampferei Kristallsoda abscheiden, so ist die vorherige Behandlung dieser Laugen mit Natriumsulfidlösung nicht durchführbar. Spuren von Natriumsulfid bleiben immer an den Sodakristallen hängen und geben der Soda einen Geruch nach Schwefelwasserstoff, so daß sie von der Hausfrau abgelehnt wird. Enthalten die Kohlensäuregase der Karbonisierer Schwefeldioxid, so wird das Chrom in den Laugen teilweise reduziert. Die Soda wird grünlich gefärbt und dadurch meist unansehnlich. 10.13 Vanadinsalz Wenn die Aluminatlaugen oder beim Sinter-Verfahren die Sodalaugen etwa 0,5 g V 2 O g und etwa 1,0 g P 2 O s /Ltr. enthalten, soll man mit der Abscheidung des Vanadinsalzes beginnen. Man benutzt dazu Lauge, die auf 220 g N a 2 0 / L t r . Gewicht eingedickt ist. Wenn man höher eingedickte Lauge verwendet, fällt wohl noch etwas mehr Vanadinsalz aus, aber auch Soda und evtl. Sulfat. Man sollte deshalb mit der Konzentration der Lauge nur höher gehen, wenn nur wenig von diesen Salzen in der Lauge vorhanden ist. Die eingedampfte Lauge wird in Kühlschlangen oder in einem von außen mit kaltem Wasser berieselten Behälter oder auch in einer Vakuumverdampferanlage auf etwa 40° C abgekühlt und dann in einen Ein dicker gebracht. Bei einer Produktion von 100 000 t A1 2 0 3 im Jahr braucht man z. B. einen Einkammer-Eindicker von 9 m Durchmesser. Welcher Anteil von der gesamten Lauge zur Vanadinabscheidung benutzt wird, hängt davon ab, wieviel Vanadium täglich mit dem Aufschluß des Bauxits in die Laugen eingeführt wird. Man sollte sich darauf einrichten, daß etwa ein Viertel der Lauge gekühlt werden kann. Das im Eindicker angesammelte Salz wird auf Zentrifugen entwässert. Die Zusammensetzung des Salzes ist wechselnd, da je nach der Bauxitsorte der PhosphorTab. 25 Analyse des Vanadinsalzes Kristallwasser As205
45,72 °/o
Kristallwasser 1
45,72 °/o
v2o5
1,82 °/o
Na3AsC>4
3,38 °/o
5,20 °/o
Na3V04
10,51 °/o
P2O5
12,00 %>
Na3P04
F
co2
9
;
Fulda-Ginsberg, Tonerde
|
27,72 »/o
1,88 %>
NaF
4,16 °/o
3,53 %>
Na2C03
8,51 °/o
130
Gewinnung und Verwertung von Nebenprodukten und Abfallstoffen
und Vanadiumgehalt ein anderer ist. Die oben a n g e f ü h r t e Analyse hat sich bei der Verarbeitung von ungarischem Bauxit ergeben. Beim Bayer-Auf Schluß w i r d nicht mehr als ein Drittel des im Bauxit vorhandenen Vanadiums aufgeschlossen, beim Sinter-Aufschluß über die H ä l f t e . Ein Kalkzusatz zu den Aufschlußlaugen (mit Rücksicht auf eine gute K l ä r u n g oder zur Stabilisierung) vermindert die Ausbeute etwas. M a n gewinnt je Tonne A l 2 O a selten mehr als 0,35 kg V. Arsen, Phosphor und V a n a d i u m können sich im Salz gegenseitig isomorph vertreten. Auch der Gehalt an Fluor wechselt. Die Weiterverarbeitung des Salzes auf A m m o n i u m v a n a d a t geschieht in der Weise, d a ß das Salz in einer gewichtsgleichen Menge Wasser gelöst u n d mit Schwefelsäure bis zur schwach sauren R e a k t i o n versetzt wird. D a n n w i r d zum Sieden erhitzt u n d danach A m m o n i a k zugegeben. Den ausfallenden Niederschlag läßt man absitzen. Die abgeheberte, klare, abgekühlte Lösung w i r d portionsweise mit Ammonchlorid versetzt, bis eine filtrierte P r o b e nur noch eine schwache V - R e a k t i o n ergibt. Das A m m o n i u m v a n a d a t w i r d abgenutscht u n d mit ammonchloridhaltigem Wasser gewaschen. Die Ausbeute beträgt etwa 95 °/o. 10.14 Galliumhydroxid bzw. metallisches Gallium Die zur Erzeugung v o n Aluminiumoxid eingesetzten Bauxite enthalten sämtlich wechselnde Mengen von Galliumverbindungen, da dieses Element infolge seiner weitgehenden chemischen Verwandtschaft das Aluminium überall begleitet. Die Gehalte schwanken zwischen 0,0025 u n d 0,01 % Galliumoxid. Dieser verhältnismäßig geringe Gehalt w ü r d e eine wirtschaftliche G e w i n n u n g des Galliums nicht erlauben, wenn nicht beim BayerProzeß eine erhebliche Anreicherung in den Laugen stattfände. D a s im Bauxit enthaltene G a l l i u m h y d r o x i d geht mit dem Aluminium zusammen bei der Behandlung mit N a t r o n lauge in Lösung, scheidet sich jedoch beim Ausrühren des Aluminiumhydroxids wegen seines etwas saureren C h a r a k t e r s nicht im gleichen U m f a n g ab wie das Aluminium. Infolgedessen reichert es sich in den u m l a u f e n d e n Laugen an u n d erreicht hier Gehalte von 0,15 bis 0,35 g G a 2 O a / L t r . Das bedeutet eine Anreicherung auf das Fünfzig- bis H u n d e r t f a c h e gegenüber den Gehalten im Bauxit. Das Gleichgewicht, das sich in den umlaufenden Laugen einstellt, ist lediglich durch den Gehalt des verarbeiteten Bauxits an G a l l i u m h y d r o x i d bestimmt. Bei einer W e l t p r o d u k t i o n von etwa 4 Mio t Aluminium u n d einem G e h a l t von 0,005 °/o G a 2 O a im Bauxit k ö n n t e m a n theoretisch eine Menge von etwa 650 t G a l l i u m / J a h r erzeugen. Z u r G e w i n n u n g dieser verhältnismäßig großen Mengen an Gallium sind nach dem 2. Weltkrieg verschiedene V e r f a h r e n entwickelt w o r d e n . D i e Schwierigkeiten der A u f g a b e liegen einmal in der großen chemischen Verwandtschaft der beiden Elemente u n d z u m anderen in der Notwendigkeit, den Alkaligehalt der Laugen in nutzbarer Form zu erhalten. Grundsätzlich sind folgende Wege möglich u n d auch angewendet w o r d e n : 1. Fällung des Aluminiumhydroxids mit Salzsäure bis zu einer Anreicherung des Galliums in den Laugen auf etwa 20 °/o GagOß im Aluminiumoxid. 2. Fällung des Aluminiumhydroxids mit Kohlendioxid bis zur gleichen Anreicherungsstufe. 3. Ausfällung des Aluminiumhydroxids als Calciumaluminat. 4. Direkte elektrolytische Abscheidung des Galliums aus der Natriumaluminatlauge. 5. Abscheidung des Galliums durch Umsetzung der Aluminatlauge mit Natriumamalgam.
Gewinnung der Nebenprodukte
131
Die ersten drei Verfahren haben heute lediglich historisches Interesse. Es soll deshalb nur das Prinzip der Anreicherung am Salzsäure-Verfahren dargestellt werden. Durch Zusatz von Salzsäure wird das kaustische Verhältnis in der Aluminatlauge so weit erniedrigt, daß nach Rühren mit einem Impfstoff ein großer Teil des Aluminiumhydroxids ausfällt. Hierbei wird nur ein geringer Teil an Galliumhydroxid mitgefällt (etwa 3 °/o). Dieses Ansäuern mit Salzsäure und Ausrühren von Aluminiumhydroxid wird so lange wiederholt, bis in der Restlauge das Gallium bis zu 20 °/o des Aluminiumoxids angereichert ist. Diese Restlauge wird dann mit Salzsäure bis auf 5,5 n übersäuert. Die Abtrennung des Galliumchlorids wird durch Extraktion mit Äther vorgenommen. Durch Behandlung mit Wasser kann das Galliumchlorid aus dem Äther abgestreift werden. In der wässrigen Lösung werden die Schwermetalle mit Schwefelwasserstoff gefällt. Dann wird die Lösung alkalisch gemadit und das Gallium elektrolytisdi abgeschieden. Das Kohlensäure-Verfahren bzw. das Kalk-Verfahren arbeiten in ähnlicher Weise. In beiden Fällen wird das Gallium aus der Natriumgallatlösung elektrolytisch abgeschieden. Auch aus der Natriumaluminatlauge des Bayer-Prozesses kann das Gallium elektrolytisdi unmittelbar abgeschieden werden, wenn man eine Anode aus Nickel und eine bewegte Quecksilberkathode verwendet. Auch der Elektrolyt muß in bestimmter Weise bewegt werden. Das Gallium wird im Quecksilber nicht gelöst, aber von ihm amalgamiert und in dieser Form bis zu einem Gehalt von etwa 1 °/o festgehalten. Aus dem Quecksilber kann das Gallium durch Natronlauge wieder herausgelöst werden. Diese Laugen werden dann nach der Reinigung und eventueller Galliumchloridextraktion der Elektrolyse unterworfen. Auf diese Weise erhält man Gallium von einer Reinheit bis zu 99,999 °/o. In gleicher Weise kann man aus den gereinigten Laugen des Bayer-Prozesses das Gallium durch einen Austausch mit Natriumamalgam abscheiden. Zu diesem Zweck wird die Lauge durch eine Natriumamalgamsäule gepreßt, die etwa 0,2 °/o Natrium enthält. Es bildet sich dann ebenfalls eine Suspension von Galliumamalgam in Quecksilber. Dabei kann das Galliumamalgam durch Filtrieren aus dem Quecksilber abgetrennt werden. Der Filterkuchen enthält bis zu 2,5 % Gallium. Dieses ist durch eine n / j - N a O H leicht herauszulösen, wobei allerdings ein Teil der Verunreinigungen mit in Lösung geht. Zur elektrolytischen Reindarstellung des Galliums werden die Verunreinigungen der Gallatlösung durch Fällung mit Natriumsulfid in alkalischer und anschließend mit Schwefelwasserstoff in salzsaurer Lösung abgetrennt und das Gallium aus der alkalischen Lösung mit Kohlensäure als grob kristallines Galliumhydroxid ausgefällt. Zur vollständigen Reinigung wird die vorbeschriebene Abtrennung der Verunreinigungen zweimal durchgeführt. Das Galliumhydroxid wird in Natronlauge gelöst und bei 4 V und 70° C an Platinelektroden elektrolytisch abgeschieden. Auch dieses Gallium hat bei vorsichtigem Arbeiten eine Reinheit von 99,999 ®/o. Anstelle der Reinigung durch Sulfidfällung kann man das Gallium auch durch mehrfache Extraktion einer 7,2 n salzsauren Lösung mit Isopropyläther reinigen. Durch die Extraktion werden über 99 °/o des Galliums gewonnen und praktisch alle Verunreinigungen abgetrennt. Der Austausch mit Natriumamalgam und die anschließende Extraktion mit Isopropyläther können, da es sich um eine Reaktion flüssig/flüssig handelt, voll kontinuierlich 9»
132
Gewinnung und Verwertung von Nebenprodukten und Abfallstoffen
durchgeführt werden, so daß auf diese Weise eine verhältnismäßig wirtschaftliche Gewinnung des Galliums möglich ist. Die tatsächliche Erzeugung von Gallium ist trotz der sehr gut ausgearbeiteten Verfahren noch gering, da kaum ein Bedarf für Gallium besteht. Lediglich in der Halbleiterindustrie werden verhältnismäßig kleine Mengen von Gallium sehr hoher Reinheit verarbeitet. [37] 10.15
Natrium-Aluminiumsilikat
Als Nebenprodukt kann auch noch ein Natrium-Aluminiumsilikat aus den Laugen des Bayer- bzw. des Sinter-Aufschlusses abgeschieden werden. Es handelt sich hierbei um Hydroxylsodalith (3 A 1 2 0 3 • 6 S i 0 2 • 3 N a a O • 2 N a O H ) (vgl. auch S. 9 u. [17]). Die Zusammensetzung des Salzes schwankt etwas, je nach der Laugekonzentration, aus der das Salz ausgefällt wird. Man kann es sammeln, mit Kalk mischen und einen SinterAufschluß mit ihm durchführen. Man benötigt auf 1 S i 0 2 zwei Mole C a C O j . Es hat sich gezeigt, daß es günstig ist, noch einige Prozente Soda zuzusetzen. Beim Sintern erhält man C a 2 S i 0 4 und N a A 1 0 2 und verbessert mit letzterem die Aluminiumoxidausbeute. Will man das Aluminiumsilikat zu anderen Zwecken verwenden, so muß es meist eisenfrei sein, was bei der älteren Arbeitsweise zur Aufbereitung des Sinters (s. S. 36) der Fall ist; bei der neueren muß man evtl. eine Filtration der Laugen, die in die Autoklaven gehen, einschieben. Man kann dieses Salz dann auch da einsetzen, wo sonst Aluminiumhydroxid gebraucht wird. So läßt es sich nur mit Schwefelsäure umgesetzt anstelle von Aluminiumsulfat verwenden. Auch ist vorgeschlagen, Kryolith daraus herzustellen. Wenn man es sehr sorgfältig mit Säure behandelt, löst sich nur das Natrium heraus. Das zurückbleibende Aluminiumsilikat wurde damals auch als Rohstoff für die Siluminfabrikation verwendet. Schließlich findet das Salz noch für pharmazeutische Zwecke Verwendung (zur Beseitigung überschüssiger Magensäure).
10.2
Verwertung der Abfallstoffe
Die beim Sinter- und beim Bayer-Verfahren anfallenden Rückstände haben nicht ganz die gleiche Zusammensestzung. Besonders der Hauptbestandteil, die Eisenverbindungen, zeigen in beiden Rotschlämmen verschiedene Reaktionsfähigkeit. Der Rotsdilamm aus dem Sinter-Verfahren enthält das Eisen in Form von Eisenoxidhydroxid, das sich beim Lösen des Sinters aus dem Natriumferrat des Sinters bildet, während beim Bayer-Verfahren die oxidischen Eisenverbindungen des Bauxits von der Natronlauge nicht angegriffen werden. Sie befinden sich in diesem Falle im Rotschlamm noch im Zustand, wie sie im Bauxit vorhanden waren, also als wasserarmes, reaktionsträges Eisenoxid. Deshalb eignet sich nur der Rotschlamm aus dem Sinter-Verfahren für die Reinigung des Stadtgases von Cyan und Schwefelwasserstoff. Hierzu wurden seinerzeit sehr große Mengen Rotschlamm verwendet, die etwa zwei Jahre auf der Halde gelegen hatten. Der frisch aus der Fabrikation kommende Rotschlamm enthält noch etwas Alkali, ist deshalb „schmierig" und für Gase schwer durchlässig. Beim Lagern im Freien wird das Alkalihydroxid in Soda verwandelt oder durch Regen ausgewaschen, so daß der Rotschlamm eine mulmige Beschaffenheit annimmt und auch etwas an Wassergehalt verliert. Er hat dann etwa 48 % anhaftendes Wasser.
133
V e r w e r t u n g der Abfallstofíe
Früher verwendete man zur Schwefelwasserstoffbeseitigung aus Leucht- und Heizgas Raseneisenerz. Diese Reinigungsmasse wird erst wirksam, insbesondere für H C N - A u f nahme, wenn sie alkalische Reaktion besitzt. Das trifft erst zu, wenn das in den Gasen der Gasfabrikation enthaltene Ammoniak sich niedergeschlagen hat. Der Rotschlamm ist infolge seines Alkaligehaltes sofort wirksam. D a außerdem das Raseneisenerz oft knollig und mit Humus oder Lehm versetzt ist, wird die Rotschlammasse, früher als „Lautamasse" bezeichnet, vorgezogen. Den Sinterrotschlamm benutzen außer städtischen Gaswerken noch die Kokereien und die Benzinfabriken, die nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren arbeiten. Die Nachfrage war im letzten Krieg so groß, daß es nicht nötig war, für andere Zwecke noch Absatz zu suchen. Für diesen Rotschlamm erzielte man einen verhältnismäßig hohen Preis. Die ausgebrauchte, mit Schwefel bis zu 50 Gew.-°/o angereicherte Masse wurde als Rohstoff für die Schwefelsäurefabrikation weiterverwendet oder in neuerer Zeit auch auf elementaren Schwefel verarbeitet, indem man den Schwefel mit organischen Lösungsmitteln extrahierte. Für die Verwendung von Sinterrotschlamm in einer Leuchtgasfabrik Arbeitsweise:
gilt
folgende
Das von Schwefelwasserstoff zu reinigende Gas tritt mit etwa 20° C, mit Wasserdampf gesättigt (etwa 19 g H a O je m 3 Gas) in das Reinigersystem ein. Man setzt dem Gas etwas Luft zu, um das zunächst gebildete Fe 2 S 3 kontinuierlich in Eisenoxid und Schwefel umzusetzen. Ein Reinigersystem besteht jeweils aus vier Reinigerkästen. Davon werden drei Kästen alle 3 — 4 Tage durch Umschalten in der Reihenfolge gewechselt. Ebenso wird die Strömungsrichtung des durchgeleiteten Gases in ähnlichen Zeitabschnitten geändert. Der vierte Kasten, der frische Masse enthält, wird als letzter geschaltet. Zur Reinigung von 100 000 m 3 Gas in 24 Stunden werden 500 m 3 , entsprechend 400 t Reinigungsmasse, benötigt. Die Reinigerkästen haben beispielsweise eine Länge von 10 m, eine Breite von 6 m und eine Höhe von 2 m. Das Gas hat in den Kästen eine Strömungsgeschwindigkeit von 5 — 7 mm/Sek. In den Kästen dieser Höhe befinden sich zwei Lagen Reinigungsmasse mit je 40 cm Schütthöhe, in Kästen von 4 m Höhe fünf solcher Lagen. Der Luftzusatz zum Gas beträgt 1,5—2 Vol%>. 100 m 3 Gas enthalten vor der-Reinigung etwa 6 0 0 — 8 0 0 g H 2 S , nach der Reinigung sind in 100 m 3 Gas höchstens 2 g H 2 S enthalten. Ein mit Bleiacetat getränktes Fließpapier darf nicht angefärbt werden, wenn es eine Minute der Einwirkung des gereinigten Gases ausgesetzt wird. J e nach Belastung bleibt die Füllung eines Kastens % — 1 Jahr wirksam. Der Rotschlamm aus dem Bayer-Verfahren. Der Rotschlamm aus dem Bayer-Verfahren sammelt sich auf großen Halden bei den Aluminiumoxidfabriken an. Aus diesem Grunde ist die Verwendung des Rotschlammes für die Oxidfabrik eine wichtige Frage. Die Verwertungsmöglichkeiten sollen hier daher kurz besprochen werden: Man kann den Rotschlamm verwenden a) im Baugewerbe, b) in der chemischen Industrie, c ) in der Eisenindustrie.
134
Gewinnung und Verwertung von Nebenprodukten und Abfallstoffen
a) Nach dem ersten Weltkrieg wurde in Behelfsbetrieben Rotschlamm auf Farbpigment verarbeitet. Es handelte sich um Anlagen, die täglich einige Tonnen Rotfarbe erzeugen konnten. Der Rotschlamm wurde in einer Anmaischschnecke mit viel heißem Wasser versetzt und in zwei oder drei hintereinander geschaltete Rührbehälter gebracht. Die feineren Teile des Rotschlammes flössen mit dem Wasser oben aus den Rührbehältern ab, während die gröberen Bestandteile sich in den unteren Teilen der Rührgefäße sammelten und von dort von Zeit zu Zeit abgelassen wurden. Diese Schlämmung des Rotschlammes ist für die Qualität des Farbpigments von großer Bedeutung, weil keine Körner von fühlbarer Größe im Pigment sein dürfen. Man brauchte für eine Tonne Farbstoff 15—20 m 3 Wasser. Die Schlämmung wurde am besten in einem Dorr-Eindicker durchgeführt. Das abgeschlämmte und filtrierte Feingut wurde in einem Herdofen so hoch erhitzt, bis es 2 o/o Glühverlust hatte. Schließlich wurde das Gut in einer Farbmühle noch nachvermahlen. Man brauchte für eine Tonne Rotfarbstoff etwa 3 Tonnen Rotschlamm. Bestimmte, besonders leuchtende Farbnuancen lassen sich erzielen, wenn man die Wäsche und Schlämmung des Rotschlammes mit verdünnten Säuren, namentlich Salzsäure, durchführt. Eine spezielle Anwendung des Rotschlammfarbstoffes ist die zur Herstellung von roten Dachziegeln und von farbigem Zementputz. Auch für sogenannte „Eisenklinker" eignet sich das Rotschlammpigment. Die Bauindustrie verwendete derartige Klinker mit ganz dichter Oberfläche zeitweise in ausgedehntem Maße. Für diese Anwendungsgebiete ist es wichtig, die Schlämmung, Mahlung und Sichtung soweit wie möglich zu treiben, um ein hochdisperses Pigment zu gewinnen. Schließlich kann der Rotschlamm als Zusatz zum Zementrohmehl benutzt werden, um einen Qualitätszement — „Ferrari"-Zement — herzustellen. Gewöhnlich hat man dazu Pyritabbrände benutzt. Vielfach wurden die Rückstände von den Gasreinigungsmassen aus Sinterrotschlamm verwendet, die nach dem Abrösten des Schwefels zurückbleiben. b) Sehr große Mengen Bayer-Rotschlamm wurden seinerzeit bei der Synthese des Benzins nach dem Hochdruckverfahren als Kontaktmasse gebraucht. Im zweiten Weltkrieg waren es je Tag einige Hundert Tonnen vorgetrockneter Rotschlamm mit 13 o/o H 2 0 . Abbildung 39 zeigt in großen Zügen die Verarbeitung des Rotschlammes. Als Trockner für den Schlamm hat sich ein Turbinentrockner auf das beste bewährt. Der Trockner wurde zweckmäßig in der Oxidfabrik angeordnet, um bei dem Versand von Rotschlamm an Fracht zu sparen. Das Material wurde nicht über 13 °/o hinaus getrocknet, da andernfalls der Rotschlamm sehr staubig wird. Später wurde er zusammen mit der Rohbraunkohle nochmals nachgetrocknet, wie das Schema der Abbildung 39 zeigt. Die gesamte Masse wird dabei auf 4—5 % Feuchtigkeit abgetrocknet. In der trockenen Mischung soll 2,5 °/o Fe enthalten sein. Infolgedessen ist die Zugabe an Rotschlamm je nach dem Fe-Gehalt variabel. c) Die an sich naheliegende Verwendung des Rotschlammes als künstliches Eisenerz ist erst in den letzten Jahren erfolgreich durchgeführt worden, obwohl die ersten Versuchsergebnisse hierzu schon im ersten Weltkrieg vorlagen. Auch für diesen Zweck wird der Rotschlamm in der Oxidfabrik auf 13—15 °/o Glühverlust vorgetrocknet. Diese Vor-
Verwertung der Abfallstofie
Abb. 39
135
Die Verwertung des Rotschlammes bei der Herstellung von Benzin nach dem Hochdruck-Verfahren.
trocknung ist nicht billig. Der Rotschlamm muß mit normalen Eisenerzen konkurrieren. Es lohnt sich also nur, Rotschlamm mit einem möglichst hohen Eisengehalt zu verarbeiten. Die Menge des auf Eisen verschmolzenen Rotschlammes stieg im letzten Weltkrieg auf etwa 15 000 t/Monat. Die im Jahre 1943 gesammelten Ergebnisse der Rotschlammverhüttung auf der Friedrich-Alfred-Hütte in Rheinhausen waren die folgenden: Schon im Jahre 1939 hatte man sich entschlossen zu versuchen, den Rotschlamm im Hochofen niederzuschmelzen. Besondere Veranlassung hierzu hatte auch die Tatsache gegeben, daß der Mangel an phosphorarmen Erzen immer größer wurde. Der Rotschlamm wurde der H ü t t e in angetrocknetem Zustand als Knorpel geliefert und hatte etwa die Zusammensetzung der Tab. 26. Der erste Großversuch wurde mit einem Ofen durchgeführt, der auf Stammeisen ging. Von diesem Roheisen wird ein möglichst geringer Schwefelgehalt bei einem Silizium-
136
Gewinnung und Verwertung von Nebenprodukten und Abfallstoffen Tab. 26 Zusammensetzung eines angetrockneten Rotschlammes 28
Fe
—29
°/o
0 , 1 7 — 0,25 0/0
Mn P
0 , 0 5 — 0,08 °/o
S
0 , 1 4 — 0,15 °/o
Si02
AI 2 O 3
6 — 7
Vo
13,5 —15
°/o
CaO
1,7 — 2,5 °/o
MgO
0,4 — 0,6 Vo
TiO, •2 Alkalien
5,5 — 6
Vo
6 — 7
Vo
5
geb.H20
15
Feuchtigkeit
— 5,5 Vo —17
Vo
gehalt v o n unter 1 °/o v e r l a n g t . D e r R o t s c h l a m m w u r d e o h n e weitere
Vorbehandlung
im A n l i e f e r u n g s z u s t a n d aufgegeben. D a b e i t r a t e n k e i n e Schwierigkeiten a u f , solange der A l u m i n i u m o x i d g e h a l t der Schlacke 6 — 8 °/o nicht überschritt. D i e V e r s t a u b u n g hielt sich in üblichen G r e n z e n ; sie b e w e g t e sich zwischen 1 , 3 8 u n d 3 , 0 5 °/o a u f E r z , zwischen 0 , 5 6 und 1 , 2 7 Vo a u f den M ö l l e r bezogen. U b e r s c h r i t t der A l 2 O s - G e h a l t der Schlacke indessen 1 0 — 1 2 0/0, so w u r d e die Schlacke steif, n a h m Eisen in F o r m v o n G r a n a l i e n m i t u n d f ü h r t e zu beträchtlichen O f e n s t ö r u n g e n . E s gelang aber, die hier u n d d a a u f t r e t e n d e n Schlackenschwierigkeiten im l a u f e n d e n B e t r i e b zu meistern. Versuche m i t R o t s c h l a m m ergaben, d a ß es möglich ist, R o t s c h l a m m zu v e r h ü t t e n , w e n n er angetrocknet in F o r m v o n Pellets angeliefert w i r d . E s gelang sogar, einige V o r t e i l e zu erzielen. D a s aus M ö l l e r n u n t e r Z u s a t z v o n R o t s c h l a m m erblasene Eisen ist nämlich schwefelarm, die M a n g a n r e d u k t i o n ist wesentlich g r ö ß e r u n d der K o k s v e r b r a u c h geringer. W i r d der R o t s d i l a m m i m Gemisch m i t a n d e r e n F e i n e r z e n gesintert, so steigt, w i e die E r f a h r u n g e n zeigen, die L e i s t u n g der S i n t e r - A n l a g e , weil der R o t s c h l a m m die C h a r g e auflockert. N i c h t z u l e t z t ist eine a l u m i n i u m o x i d r e i c h e Hochofenschlacke ein w e r t v o l l e r E i n s a t z s t o f f f ü r die E r z e u g u n g hochwertigen H o c h o f e n z e m e n t s . D i e v o r s t e h e n d geschilderten Ergebnisse h a b e n in der v e r g a n g e n e n N a c h k r i e g s z e i t
im
wesentlichen ihre B e s t ä t i g u n g gefunden. S o w a r pelletisierter R o t s c h l a m m zeitweilig ein b e g e h r t e r eisenoxidhaltiger
Zuschlag, u m eine gezielte Schlackenzusammensetzung
zu
erreichen. E i n e v o r h a n d e n e S i n t e r - A n l a g e erleichterte den E i n s a t z . E i n e Z e i t l a n g f a n d n a h e z u der gesamte R o t s c h l a m m a n f a l l einer unserer westdeutschen O x i d f a b r i k e n A b s a t z in der R o h e i s e n e r z e u g u n g . U n t e r b r e c h u n g e n t r a t e n a b e r i m m e r wieder a u f , s o b a l d die Hütten
eisenreichere
lateritische
Eisenerze
mit
ähnlichen
Al203-Gehalten
angeliefert
bekamen. I m z w e i t e n W e l t k r i e g w u r d e zeitweilig der a u f H a l d e liegende R o t s c h l a m m wieder im B e t r i e b eingesetzt, u m ihn noch a u f A l k a l i u n d A l u m i n i u m o x i d auszubeuten. Auch die G e w i n n u n g v o n T i t a n o x i d und V e r b i n d u n g e n der S e l t e n e r d m e t a l l e aus R o t schlamm ist versucht w o r d e n [ 5 3 , 5 4 , 5 5 ] ,
B Die Aufschluß-Verfahren für Aluminiumsilikate
139
1 D i e Rohstoffe 1.1
Tone (und Kaoline)
Intensive chemische Verwitterung magmatischer oder metamorpher Gesteine führt zu Sedimenten, in welchen Silizium und Aluminium als Hydroxide oder Oxide im Kristallverband vorherrschen. Diese Sedimente, die vorwiegend aus Verwitterungsneubildungen, zu einem geringeren Teil aus Rückstandsmineralen der Ausgangsgesteine bestehen, faßt man unter dem Begriff Tone zusammen. Die wichtigsten bei der Verwitterung neugebildeten Tonminerale lassen sich in zwei Gruppen einordnen: in die Montmorin-Gruppe und in die Kaolin-Gruppe. Die zuerst genannte Mineralfamilie ist nach dem häufigsten ihrer Minerale benannt, dem Montmorillonit Al 2 (OH) 2 Si 4 O I 0 • n H 2 0 . Die Minerale dieser Gruppe besitzen eine sogenannte Dreischichtstruktur, d. h. ihr Kristallgitter baut sich aus zwei Schichten auf, welche aus je einer Al(OH) 3 -Lage bestehen, die mit zwei Si0 2 -Lagen verknüpft ist. Die Minerale bauen sich also, schematisch gesehen, aus zweidimensionalen Netzwerken von Si0 2 und Al(OH) 3 in der Reihenfolge Si0 2 : Al(OH) 3 : Si0 2 -Si0 2 : Al(OH)„ : Si0 2 -Si0 2 . . . usw. auf. Aluminium kann bei den Mineralen der Montmorin-Gruppe durch Mgoder Fe-Ionen ersetzt werden. Das Mol-Verhältnis Si0 2 : A l 2 0 3 entspricht im günstigsten Falle 4 : 1 , meist ist es ungünstiger. Als Rohstoffe für die Erzeugung von Aluminiumoxid kommen auch die „aluminiumreichen" Montmorin-Minerale trotz ihrer großen Häufigkeit wegen des erwähnten Mol-Verhältnisses nicht in Frage. Bei den Mineralen der Kaolin-Gruppe liegt das Verhältnis Si0 2 : Al 2 O s bei 2 : 1 . Die Minerale haben eine sogenannte Zweisdiicht-Struktur, im Gitter liegen jeweils eine Si0 2 und eine Al(OH) 3 -Schicht abwechselnd übereinander. Die wichtigsten Kaolinminerale sind: Kaolinit Halloysit Meta-Halloysit Fireclay-Mineral
A l 2 0 3 • 2SiQ 2 • 2 H 2 0
Die vier Minerale unterscheiden sich im wesentlichen durch ihren kristallinen Ordnungsgrad, der vom Kaolinit zum Fireclay-Mineral hin abnimmt. Für die Gewinnung von Aluminiumoxid sind kaolinitreiche Tone von Interesse, sehr reine „Kaoline" kommen als begehrter Porzellanrohstoff hierfür weniger in Frage. Brauchbare Kaolinittone enthalten in der Regel neben den vorher genannten Mineralen der Kaolingruppe noch eine Reihe mehr oder weniger störender Beimengungen: freies Si0 2 als Quarz, unterschiedlich stark verwitterte Feldspatreste, Eisenoxidhydroxid, Titan-
140
Der Rohstoff
dioxid als Rutil, Glimmer in verschiedenen Verwitterungsstadien, etwas Kalk, Alkalien sowie Pyrit oder Sulfate. Dazu kommen Spuren von Chrom-, Vanadin-, Zink- u. a. Verbindungen. Während die Aufbereitung von Bauxit f ü r die Aluminiumoxidgewinnung die Abtrennung der Eisenverbindungen als unlöslichen Bestandteil in der ersten Arbeitsstufe zur Aufgabe hat, muß bei der Aufbereitung der Tone zunächst die Kieselsäure aus dem Prozeß entfernt werden. Dies geschieht im allgemeienn durch Behandlung mit Säuren. Gute Tone enthalten 35—40 °/o A l 2 O s und etwa 50 °/o S i 0 2 . Bauxit mit einem Al 2 O g Gehalt von etwa 55 °/o muß, verglichen mit Eisenerzen, schon als armes Erz bezeichnet werden. Hiergegen sind die Tone also äußerst geringwertig, und es ist klar, daß es sich kaum lohnen wird, Rohstoffe dieser Art zu verarbeiten, die noch wesentlich geringere Aluminiumoxidgehalte aufweisen. Das mitteleuropäische Gebiet, also auch Deutschland, ist besonders reich an Tonen. Ein umfangreiches Vorkommen sehr hochwertiger Tone liegt in Sachsen, im Gebiet der Mulde von Koldiz bis Würzen, östlich der Mulde bei Kamenz und Mügeln, ferner in der Gegend von Meißen und schließlich östlich von Kamenz bei Tonberg, Kaminau und Guttau. Es handelt sich hier entweder um Pechstein- oder Granit-Kaoline bzw. -Tone. Andere Tonvorkommen sind im nördlichen Bayern, in der N ä h e von Schwandorf, ferner in der N ä h e vom Westerwald, als Schieferton am Rhein und westlich des Niederrheins bis zur holländischen Grenze anzutreffen. Uber besonders hochwertige Kaoline verfügt auch das Sudetengebiet. Die Abtrennung der Kieselsäure auf saurem Wege bereitet im großen und ganzen keine besondere Schwierigkeit. Verglichen mit dem aus Bauxit auf alkalischem Wege gewonnenen Oxid liegt jedoch der Kieselsäuregehalt in dem aus Silikaten gewonnenen Oxid oft etwa 2—3mal so hoch, wenn man nicht ganz besondere Arbeitsgänge anwendet, auf die aber im Hinblick auf die Kosten meist verzichtet werden muß. Je niedriger der Gehalt an Eisenverbindungen ist, um so vorteilhafter ist der Rohstoff. Die Abscheidung des Eisens erfordert meist einen besonderen Arbeitsgang. Der Fe 2 O a Gehalt des aus Ton durch Behandlung mit Säuren gewonnenen Aluminiumoxides liegt etwas höher als bei den aus Bauxit gewonnenen Aluminiumoxiden Die Verbindungen des Titans, Chroms und Vanadins im Ton werden beim sauren A u f schluß teilweise angegriffen und verunreinigen je nach der Art der Säure und des angewendeten Verfahrens das Aluminiumoxid. Die Alkali- und Schwefelverbindungen stören im allgemeinen nicht. Sie bringen aber gewisse Verluste an Aufschlußsäure. Die Tone der obengenannten Lagerstätten zeigen beim Säureaufschluß fast durchweg ein gleiches Verhalten. Dies ist verständlich, weil die aufzuschließende Aluminiumverbindung nach der thermischen Vorbehandlung in allen Fällen praktisch die gleiche ist. Nachstehend die Analyse eines Tones, der f ü r die Aluminiumoxidgewinnung günstig zu beurteilen ist:
141
Aschen T a b . 27 Durdischnittsanalyse eines G u t t a u e r Tones Glühverlust
13,0 °/o
Si02
45,0 %
AI 2 O 3
34,0 °/o
Fe203
2,6 °/o
TiOa
2,4 %
CaO
0,08 %
1.2
Aschen und Waschberge
K u r z vor und während des letzten Krieges hat man sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland mit der Aufbereitung von Aschen auf Aluminiumoxid beschäftigt und sie auch praktisch in kleinerem und größerem Maßstab durchgeführt. Es handelt sich hier um Aschenrückstände aus Kesselhäusern, die Braun- oder Steinkohle verarbeiten, oder um die sogenannten Waschberge, die beim Auswaschen der Rohkohle anfallen. Durchweg sind es silikatische Bestandteile, die beim Verbrennen der Kohle hohen Temperaturen unterworfen und dabei totgebrannt sind. Infolgedessen sind sie durch Säure nicht mehr angreifbar, sondern müssen thermisch aufbereitet werden. Als Zuschlag und Aufschlußmittel wird gewöhnlich K a l k zugegeben. Der Aluminiumoxidgehalt liegt bei Aschen, die hier von Interesse sind, bei 20—30 °/o. T a b . 28 A n a l y s e der Kesselasdien Si02
36,83 %
44,23 °/o
AI 2 O 3
20,79 %
24,90 °/o
Fe203
12,61%
15,10%
Ti02
0,60 %
0,72 %
CaO MgO
3,25 %
3,85 %
so3
Trockenverlust
1,85%
2,15%
1,20%
j
1,42%
19,50 %
|
8,00 %
Die Kesselaschen sind staubig, pulvrig, die Waschberge mehr oder weniger schlammig. Aus den bereits erwähnten Gründen kann die Aufschließbarkeit durch eine Vorbehanlung nicht mehr beeinflußt werden. Diese Rohstoffe werden daher gleich, wie bei der Zementindustrie üblich, mit dem Aufschlußmittel zu einem Brei angerührt und so dem Aufschlußofen zugeführt. Der anfallende Sinter wird alkalisch aufbereitet. Infolgedessen zeichnet sich das hieraus gewonnene Aluminiumoxid durch sehr niedrige Eisengehalte aus. Von den Nebenbestandteilen bereitet nur die Kieselsäure Schwierigkeiten bei der Abtrennung. Doch können derartige Schwierigkeiten jetzt grundsätzlich als überwunden angesehen werden.
142
Der Rohstoff
1.3
Nephelin, Leucit, Andalusit, Labradorit
Zu den Aluminiumsilikaten, die für die Oxidgewinnung ein gewisses Interesse erlangt haben, gehören noch Nephelin, Leucit, Andalusit und Labradorit. N e p h e l i n , ein Na-K-Al-Silikat mit 34 °/o A1 2 0 3 , kommt auf der Halbinsel Kola vor und wird als Nebenprodukt bei der Aufbereitung von Apatit gewonnen. L e u c i t , ein K-Al-Silikat mit etwa 24 °/o Al 2 O s und etwa 20 °/o K a O, wird in Italien in den Basalten und Laven der Vulkane gefunden. A n d a l u s i t , ein Aluminiumsilikat mit 63 °/o A1 2 0 3 , wird sehr rein, aber nur begrenzt in Schweden gefunden. Diese drei Mineralien sind in kleinerem oder größerem technischen Maßstabe auf Oxid verarbeitet worden bzw. werden auch heute noch verarbeitet. Am bemerkenswertesten ist wohl die Andalusitaufbereitung in Schweden, die jedoch heute im Hinblick auf die Aluminiumoxidmarktlage wieder stillgelegt ist. Eigene Erfahrungen mit diesen Rohstoffen liegen nicht vor, wohl aber mit L a b r a d o r i t . L a b r a d o r i t findet man in größeren Mengen in Mittel- und Südnorwegen, und zwar im inneren Sognefjord bis südlich gegen den Hardangerfjord, in der Umgebung von Egersund und schließlich auch in der Umgebung von Lillehammer. Es handelt sich hier um große Eruptivmassive, die aus schmelzflüssigem Magma entstanden sind. Mineralisch gehört der Labradorit zur Gruppe der Feldspate, und zwar zu der Gruppe der Plagioklase. Der Labradorit ist ein Kalk-Natron-Feldspat, also ein Gemisch von Anorthit (CaAl 2 Si 2 0 8 ) und Albit (NaAlSi 3 O s ). Je nach dem Vorkommen bewegt sich der Si0 2 -Gehalt im Labradorit zwischen 46 und 52 %>, der Al 2 0 3 -Gehalt zwischen 22 und 30 % ; außerdem sind vorhanden 6 — 8 % CaO, 5 — 7 % Na a O, 0 , 5 — 2 % K a O und ferner in kleineren Mengen Verunreinigungen an Oxiden bzw. Oxidhydroxiden des Eisens, Titans, Magnesiums und Mangans, sowie Schwefel und nur selten Phosphor. Die Art und Größe dieser Beimengungen beeinflußt wesentlich die Farbe des Labradorits, die von rein weiß (Sognefjord) über grau bis hellbraun (Egersund) nach rötlich, grün und violett variieren kann. Tab. 29 Labradoritanalyse Si02
51,0 °/o
A1 2 O S
27,0 °/o
CaO
7,0 °/o
Na20
6,0 °/o
KäO
0,8 °/o
Ti02
2,0 °/o
MgO + MnO
1,2 °/o
S
0,1 °/o
Die äußere Struktur des Labradorits ist normal- bis grobkörnig. Das spezifische Gewicht beträgt im Mittel 2,828. In jedem Fall muß der Labradorit vor der Aufbereitung gebrochen werden. Feinmahlung ist weder für den sauren Prozeß noch für den thermischen
143
Aufsdiluß mit Säuren
Elektroofenprozeß erforderlich. J e nach Anwendung des Aufschluß Verfahrens spielen die obengenannten Verunreinigungen eine größere oder kleinere Rolle.
2 Die Verfahren 2.1 2.11
Aufschluß mit Säuren
Allgemeine chemische Grundlagen
In den Tonen Mitteldeutschlands liegt häufig ein molares Verhältnis zwischen Al 2 O s und S i 0 2 vor, das dem Kaolinit (Al 2 O s • 2 S i 0 2 • 2 H 2 0 ) entspricht. Der Aufschluß dieses Kaolinits mit Säuren ist insofern besonders bemerkenswert, als dem Säureaufschluß eine Calcination des Kaolinits vorausgehen muß. Beim Calcinieren geht der Kaolinit in den wasserfreien sogenannten Metakaolin über. Dieser ist bis etwa 900° C beständig. Erst bei noch höheren Temperaturen findet ein Zerfall in die Komponenten Al 2 O s und S i 0 2 statt. Diesem Zerfall wurde früher vielfach die gute Aufschließbarkeit des calcinierten Produktes zugeschrieben. Das ist nicht zutreffend, wie Abbildung 40 zeigt.
-
i i 1
//
, 60
1 J
-
«
1
30 -
eo
WO
500
600
700
800
900
°C
Colcinafionstemperatur Abb. 40
Aufschließbarkeit von Guttauer Ton in Abhängigkeit von der Calcinationstemperatur K u r v e 1 : unter Betriebsverhältnissen K u r v e 2: im Labor aufgenommen.
Beim Calcinieren des Kaolinits werden folgende Aufspaltungen als sehr wahrscheinlich angenommen: 1. A l 2 0 3 • 2 Si0 2 • 2 H 2 0 > A1 2 0 3 • 2 Si0 2 + 2 H ä O (endotherm bei 4 5 0 — 6 0 0 ° C
2. A l 2 0 3 • 2 Si0 2
^ Metakaolin)
> A1 2 0 3 + 2 Si0 2
(exothern bei 9 0 0 — 1 0 5 0 ° C
3. 3 y-Al 2 0 3 + 6 SiOg (exotherm 1200° C
* y-Oxid)
* 3 A1 2 0 3 • 2 Si0 2 + 4 Si0 2 Mullit)
144
Die Verfahren
Wie aus dem Verlauf der Temperaturaufschlußkurve (Abb. 40) hervorgeht, muß f ü r den Säureaufschluß möglichst der erste Vorgang erfaßt werden. Die besten Ausbeuten werden nach einer thermischen Vorbehandlung zwischen 600 und 800° C erzielt. Dies gilt f ü r alle starken und mittelstarken Säuren, die bisher f ü r den Aufschluß technische Anwendung gefunden haben. Auf Grund der vorstehenden Reaktionsformeln sollte man erwarten, daß Kaolinit im geglühten Ton nicht mehr nachweisbar ist. Glüht man Ton aber vorsichtig, so daß man etwa 750° C nicht überschreitet, und setzt man den Ton nicht zu lange der Glühtemperatur aus, so ist wohl der Hauptteil des Kaolinits gemäß der obigen Gleichung zerfallen. Es sind aber immer noch Reste des Kaolinitgitters im Röntgendiagramm nachweisbar. Um die Aufschlußfähigkeit von Tonkomponenten — auch der normale Ton ist ein Gemenge verschiedener Mineralien — zu untersuchen, hat man einige im reinen Zustand calciniert und danach den Aufschlußbedingungen unterworfen. Hierbei zeigte sich, daß reiner Kaolinit gegen kleine Schwankungen der Glühtemperatur nicht so empfindlich ist, während Bentonit und Sarospatit schlecht aufschließbar sind und bei Temperaturen über 800° C an Aufschlußfähigkeit schnell abnehmen. Im Temperaturgebiet von etwa 800° C wurden mit Salzsäure mittlerer Konzentration folgende Aufschlußwerte gefunden: Kaolinit
90 °/o
Bentonit
45 °/o
Sarospatit (Illit)
30°/o.
Eine Vorcalcination des Tones ist in jedem Falle erforderlich, gleichgültig, welche Säure man f ü r den Aufschluß anwendet. Vorausgesetzt ist hierbei, daß man die Behandlung bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen durchführt, was aus technischen und wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Für die Calcination formt man die Tonmasse vor der thermischen Behandlung praktischerweise zu Schnitzeln oder besonderen Formlingen und brennt diese in einem Etagen- oder Drehrohrofen. Es ist nicht einfach, die Tonformlinge durch und durch auf eine gleichmäßige Temperatur zu bringen. Die äußeren Schichten können leicht überbrannt werden oder sie sind infolge eines Alkaligehaltes oberflächlich lasiert, so daß — wenn man keine Zerkleinerung vornimmt — die Säure nur schwer die inneren Teile angreifen kann. Die chemischen Vorgänge sind — soweit sie den Aufschluß betreffen — bei Anwendung der verschiedenen Säuren die gleichen. In der Hauptsache wird der Metakaolin von der betreffenden Säure angegriffen. Es bildet sich das entsprechende Aluminiumsalz unter Zurücklassung von Kieselsäure. Insofern sind die sauren Aufschlußverfahren denjenigen mit Kalk überlegen, denn die großen Mengen an Kieselsäure bleiben von vornherein zurück und können aus dem Prozeß bereits im ersten Arbeitsgang ausgeschieden werden, während beim Aufschluß mit Kalk die entsprechenden Calciumverbindungen entstehen, die erst wieder zerlegt werden müssen und die Mengen an Rüdestand wesentlich erhöhen. Ungünstig ist f ü r die sauren Aufschlußverfahren, daß auch das Eisen mit in Lösung geht. In der Art der Abscheidung des gelösten Eisens unterscheiden sich die Verfahren grundsätzlich.
Aufschluß mit Säuren
145
Audi die Verunreinigungen an Titan-, Chrom- und Vanadin-Verbindungen bereiten Schwierigkeiten, weil diese von der Säure angegriffen werden. Bei einigen der Aufschlußverfahren dieser Gruppe ist man daher dazu übergegangen, nur ein Rohoxid herzustellen, das dann noch einer alkalischen Umlösung nach dem Bayer-Verfahren unterworfen wird. 2.12 Anforderungen der Verfahren an R o h - und Hilfsstoffe Die Anforderungen, die man an die Rohstoffe stellen muß, sind zunächst: gute Aufschließbarkeit in Säuren, was z. B. bei der Verwendung von Kohleaschen, die ja bereits überglüht sind, nicht der Fall ist. Ferner soll das Aufschlußmaterial, z. B. der Ton, möglidist wenig aufschließbare Eisenoxide, Alkalien oder Erdalkalien enthalten. Diese verursachen einen Verlust an Säure. Beim Eisen kommt noch hinzu, daß es mit dem Aluminiumhydroxid leicht zusammen ausfällt. Man muß dieses durch mehr oder weniger komplizierte Operationen verhindern. Besondere Anforderungen stellen die sauren Aufschlußverfahren an die physikalische Beschaffenheit des Rohstoffes im großen und ganzen nicht. Sie sind in dieser Beziehung wesentlich anspruchsloser als die alkalischen Aufschlußverfahren. Der Ton muß in jedem Falle geformt und calciniert werden. Etwas mehr oder weniger anhaftende Feuchtigkeit spielt hierbei keine Rolle. Im nachfolgenden sollen nur die sauren Aufschlußverfahren besprochen werden, die eine gewisse technische Bedeutung erlangt haben. Es handelt sich hier um Aufschlüsse mit Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure und schwefliger Säure. Es sind auch schwache organische Säuren zum Aufschluß vorgeschlagen worden, die aber so hohe Temperaturen und Drucke erfordern, daß dadurch allerlei Nebenerscheinungen auftreten, die derartige Verfahren nicht reizvoll erscheinen lassen. Der Gang der einzelnen Verfahren ist am übersichtlichsten aus dem jedem Prozeß beigefügten Schema über die Arbeitsgänge zu entnehmen. In den einzelnen Abschnitten soll textmäßig in der Hauptsache nur auf die besonderen Eigenheiten des betreffenden Verfahrens hingewiesen und einige Angaben zur Apparaturfrage gemacht werden. Hierbei haben wir Uns teils an die Darstellung einer früheren Arbeit gehalten [ 3 8 ] . 2.13 Die einzelnen Verfahren 2.131 A u f s c h l u ß m i t S a l z s ä u r e " ' ) Eine 5 0 — 8 0 ° C warme Salzsäure mittlerer Konzentration ist ein recht wirksames Aufschlußmittel für calcinierten Ton. Es wird nach etwa 15—20 Minuten ein Aufschluß von annähernd 90 °/o der im Ton vorliegenden Aluminiumverbindung erzielt. Die Reaktionswärme ist positiv, so daß die Temperatur der Lösung bis zum Siedepunkt ansteigen kann. Dieser Teil des Prozesses verlangt wie alle Säureaufschlüsse säurefestes Behältermaterial, am besten mit Stein ausgekleidete Gefäße, ist aber sonst ohne besondere Schwierigkeit durchzuführen. Die Kieselsäure wird praktisch vollkommen abgetrennt, Titanverbindungen werden nur wenig gelöst. In der Lösung befinden sich Aluminium und Eisen als Chloride. Ihre Trennung kann entweder durch Fällung mit Ammoniak und anschließende Behandlung mit Natronlauge erfolgen oder auch dadurch, daß man das Gemisch beider Chloride abscheidet und thermisch zersetzt. Die dabei anfallenden Oxide werden dann *) Griesheim-Verfahren. 10
Fulda-Ginsberg, Tonerde
146
Die Verfahren
durch eine Behandlung mit Natronlauge voneinander getrennt. Eine dritte Trennungsmethode beruht auf der verschiedenen Löslichkeit des Aluminium- und Eisenchlorids in konzentrierter Salzsäure. In dieser wird Aluminiumchlorid ausgesalzen, während Eisenchlorid in Lösung bleibt. Schließlich kann man auch durch Eindampfen der salzsauren Lösung zunächst Aluminiumchlorid abscheiden und dieses durch Auswaschen mit Salzsäure von dem noch anhaftenden Eisenchlorid befreien. Das auf einem dieser Wege gewonnene Aluminiumchlorid wird dann in Wasserdampfatmosphäre thermisch in Aluminiumoxid und Salzsäure gespalten (Abb. 41). Die beiden zuletzt erwähnten Trennungen sind am einfachsten, aber die Verluste an Salzsäure sind hoch, weil man beim Entfernen des FeCl 3 zwangsweise AlCl 3 und HCl verliert. Deshalb haben die I.G. Farben [39] und HIXSON [40] vorgeschlagen, das Eisen(III)-Chlorid mit organischen Lösungsmitteln abzutrennen. Robton Calcinieren u. Mahlen | 750-800°C Solzsäure oder ZOOgll 50-80% Unidlos)
Aufschließen mit Salpetersäure X0g/l J50°C(ca.7atü) •
oder schweflige Säure mg/l 60°C(co.8otä) . Si-Rückstand für Bauindustrie
• Filtrieren •
Chlorid-Lsg. / \ Eindampfen u. Aussalzen Calcinieren
—
3
T
, Z
Nitrat-Lsg.
-
Eindampfen u. Kristallisieren
\Fe20j +AI!03\ | AI-Chlorid
I
| einbasisches Sulfit
Behandeln mit Na OH Eisen-—Filtrieren schlämm { Aluminatlauge
Sulfit-Lsg. Ausrühren unter Druck
|
Zersetzen des einbasischen Salzes auf nassem Wege Filtrieren
FUtreren
Filtrieren desHvdroxids
Ausfällen von AI (0H)} Calcinieren cg,im°C
Calcinieren ca. 900°C
schrittweises Calcinieren chlorierendes Calcinieren (7o-M-m-wggX) 900-1000°C (Feinreinigung) ^ Aluminiumoxid "
Abb. 41
Aufschluß-Verfahren für Ton mit Säuren.
Auf cjie besonderen Vorteile des Aufschlusses mit Salzsäure wurde schon hingewiesen. Auch die Filtrationen der salzsauren Lösungen sind recht einfach. Schleimige, schwer filtrierbare Rückstände, wie sie vielfach bei den anderen Prozessen Schwierigkeiten bereiten, lassen sich hier leicht vermeiden. Die thermische Spaltung des Chlorids ist insofern günstig, als sie bei verhältnismäßig niedriger Temperatur durchführbar ist (300—350° C) und die Salzsäuregase leicht absorbierbar sind. Irgend welche Verlustreaktionen treten nicht auf. Das bei der erwähnten Temperatur erhaltene Oxid muß
Aufschluß mit Säuren
147
dann zwar noch auf etwa 1 0 0 0 — 1 1 0 0 ° C erhitzt und hinterher gemahlen werden, um für die Elektrolyse brauchbar zu sein. Ein grundsätzlicher Nachteil dieses Verfahrens ist jedoch, daß die Salzsäuregase sehr aggressiv sind. Heute aber kann man sich z. B . die Erfahrungen bei der Holzverzuckerung nach B E R G I U S zunutze machen. Die früheren Materialschwierigkeiten sind durch die Entwicklung der Kunststoffe überwunden. Audi hat die Gummierung von Eisen weitere Fortschritte gemacht. Größere Anlagen sind in den zwanziger Jahren von B L A N C in Italien und der I.G. Farben in Deutschland (Bitterfeld) und in den dreißiger Jahren von H I X S O N in den Vereinigten Staaten errichtet worden. Keine dieser Anlagen ist noch in Betrieb. 2.132
Aufschluß 2.1321
mit
Schwefelsäure
Normales Verfahren
Bekannt ist, daß Aluminiumsulfatfabriken, ausgehend von eisenarmen Tonen, den Schwefelsäureaufschluß für die Herstellung von Aluminiumsulfat für die Papier- und Textilindustrie benutzen. Es sind immer wieder neue Vorschläge gemacht worden, im Rahmen dieses Produktionsganges auch Aluminiumoxid für die Aluminiumgewinnung zu erzeugen. Die Schwierigkeiten, die diesem Wege entgegenstehen, beruhen in der Hauptsache wieder auf der Abtrennung der letzten Spuren an Eisen-, Titan-, Chromund Vanadinverbindungen und der Spaltung des Sulfates. Die Haupttrennung von diesen Begleitstoffen wird in Gegenwart von überschüssigem Ton erreicht. Die letzten Spuren der Verunreinigungen müssen durch besondere Verfahrensmaßnahmen entfernt werden. So wird z . B . nach K R E T Z S C H M A R [ 4 1 , 4 2 ] die Aluminiumsulfatlösung bei Unterdruck einer sogenannten gestörten Kristallisation unterzogen. Hierdurch wird erreicht, daß die beim Eindampfen ausflockenden Ausscheidungen aus kolloiden Eisenverbindungen ferngehalten werden, so daß sich sehr reine Aluminiumsulfatkristalle bilden. Beim Abschleudern der Kristalle in Spezialzentrifugen bleiben also noch vorhandene Verunreinigungen an Eisen in der Mutterlauge, die bereits in einer ersten Enteisenungsstufe, die basisch unter Zugabe von überschüssigem Ton arbeitet, vorenteisenet war. Die gewonnenen Aluminiumsulfatkristalle werden vom Kristallwasser durch Trocknung befreit und anschließend dem Röstprozeß unterworfen. Nebenher wird im G a n g e des gleichen Verfahrens der abfiltrierte unlösliche Rückstand zu einem Baustoffbindemittel verarbeitet. Es hat sich nämlich gezeigt, daß die darin enthaltene Kieselsäure bei schwacher Röstung gegenüber K a l k hoch reaktionsfähig wird und mit K a l k zusammen ein Calciumhydrosilikat zu bilden vermag. Durch Zusatz zu Kalkmörtel tritt ein ausgesprochen hydraulischer Effekt ein, der an einer Festigkeitsverbesserung der damit versetzten Baukörper gegenüber unversetzten Mörteln erkennbar ist. Dieser Effekt kann durch Dampfhärtung noch gesteigert werden. Ferner kann durch Zusatz des Si-Stoffes die an sich nicht plastische Mörtelmasse plastisch werden, so daß sie auf dem Rütteltisch und in der Strangpresse verformt werden kann, wie es praktisch schon durchgeführt 10'
148
Die Verfahren
worden ist. Schließlich können nadi K R E T Z S C H M A R Einsparungen an energieteuren Bindemitteln durch sinnvoll gewählte Mischungsverhältnisse erzielt werden. Der Druckaufsdiluß von calciniertem Ton mit Schwefelsäure führte bei einigen Versuchen zu den Resultaten der Tabelle 30. Tab. 30 Druckaufschluß bei verschiedenen Temperaturen H2S04/A1203
2 atü 130° C
j
3 atü 135° C
5 atü 160° C
10 atü 180° C
20 atü 205° C 39 %>
2
1
65 °/o
70 °/o
58 %
53 °/o
3
1
88 %>
93 %>
83 °/o
77 Vo
4,5
1
—
—
—
77°/»
5
1
—
—
—
99 °/o
71 °/o
Man erkennt, daß die günstigsten Bedingungen bei etwa 3 atü und 135° C liegen. Bei einem Verhältnis von Säure zu Aluminiumoxid wie 3 : 1 wurde eine Ausbeute von 93 °/o erreicht. Mit steigender Temperatur geht die Ausbeute offensichtlich unter dem Einfluß beginnender Hydrolyse (Bildung basischer Salze) zurück. Es ist nicht besonders verwunderlich, daß bei starkem Säureüberschuß schließlich doch noch ein vollständiger Aufschluß erzwungen wird. H a t man auf dem einen oder anderen Wege reines Aluminiumsulfat hergestellt, so muß dieses calciniert werden. Hierzu ist eine verhältnismäßig hohe Temperatur, etwa 1100 bis 1300° C, erforderlich. Diese Calcination ist nicht einfach. Es bilden sich leicht sehr schwer zersetzbare basische Sulfate. Außerdem bedeutet die wirtschaftliche Rüdegewinnung und Verarbeitbarkeit der S0 2 /S0 3 -Gase eine zusätzliche Belastung. Es ist also eine Schwefelsäurefabrik im Anschluß an den Calcinierofen aufzubauen. Um konzentrierte Schwefelsäure zu erhalten, muß man am besten in zwei Etappen die Erhitzung vornehmen. Da das A1 2 (S0 4 ) 3 • 18 H a O bei höherer Temperatur im eigenen Kristallwasser schmilzt und sich beim Erhitzen störend aufbläht, wird der Wärmebedarf sehr erhöht. Dieser ist theoretisch schon beträchtlich, nämlich nach den oben mitgeteilten Zahlen 4500 kcal je kg A1 2 0 3 , das sind etwa 3—4 Kubikmeter Generatorgas. Für Norwegen, das nur über wenige brauchbare Tonvorkommen verfügt, ist der Labrador«, der dort in riesigen Mengen ansteht, ein interessanter, tonerdehaltiger Rohstoff. Man hat die Aufschließbarkeit von Labradorit mit Schwefelsäure untersucht. Optimale Aufschlußbedingungen wurden erreicht bei feinzerkleinertem Labradorit durch Einwirkung von 33°/oiger Schwefelsäure, unter Anwendung eines 10°/oigen Säureüberschusses, bei 100° C etwa eine Stunde lang. Hierbei wurde eine Ausbeute von 75 °/o erreicht. Ähnlich wie beim Salpetersäureaufschluß zeigt der Labradorit auch beim Schwefelsäureaufschluß von Probe zu Probe ein sehr unterschiedliches Verhalten. Dem Aussehen und der Analyse nach nahezu identische Proben differieren oft um 10 °/o in der Ausbeute. Schmilzt man diese Proben und schreckt sie ab, d. h. bringt man sie auf diese Weise auf einheitliche Strukturverhältnisse, so werden die Ausbeuten gleich hoch. In einigen Fällen lagen sie sogar noch wesentlich höher als die vorerwähnte Ausbeute des Labradorits ohne
Aufschluß mit Säuren
149
Vorbehandlung. Es wurden jetzt 87 °/o erreicht. Tempert man Labradorit 40 Stunden und mehr bei 1000° C, so geht die Säurelöslichkeit zurück. Bei einer so behandelten Probe betrug sie nur nodi 66 °/'o. Eine zusätzliches Schmelzbehandlung dürfte aber für die Praxis nicht in Frage kommen. Man wird zweckmäßig gut säurelösliche Partien des Gesteins auswählen und sich mit einer Ausbeute von etwa 7 5 — 8 0 °/o begnügen (vgl. hierzu den SalpetersäureaufSchluß des Labradorits). Eine großtechnische Anwendung hat der direkte Schwefelsäureaufschluß bisher noch nicht erlangt. Eine Variante scheint aber doch neuerdings Aussicht auf eine praktische Verwirklichung zu haben (vgl. 2.1323 — Basische Sulfat-Verfahren). 2.1322
A m m o n i u m - H y d r o g e n s u l f a t - Aufschluss
Eines der schwefelsauren Aufschlußverfahren, das ebenfalls untersucht ist, ist dasjenige, welches Ammoniumhydrogensulfat als Aufschlußmittel für Ton verwendet. Es ist unter dem Namen „Aloton"-Verfahren von M A X BUCHNER entwickelt worden. Der calcinierte Ton wird im Gange dieses Verfahrens mit konzentrierter Ammoniumhydrogensulfat-Lösung im Autoklaven bei einer Temperatur von 200° C aufgeschlossen und das Aufschlußgut vom Rückstand, der in der Hauptsache aus Kieselsäure besteht, durch Filtration getrennt. Die Aufschlußlösung, welche die Hauptmenge des Aluminiumoxids (über 90 %>), etwa die Hälfte des Eisenoxids, ein Drittel des im Ton vorliegenden Titanoxids, ferner kleinere Mengen von den übrigen Bestandteilen des Ausgangsstoffes enthält, wird mit Ammonsulfat konzentriert, wobei sich noch in Lösung befindliche Kieselsäure ausscheidet, die abfiltriert wird. Aus der filtrierten Aufschlußlösung wird durch Abkühlen Ammoniakalaun ausgeschieden. Der Alaun wird umkristallisiert und durch Eintragen des so gewonnenen Alauns in konzentrierte Ammoniaklösung Aluminiumhydroxid abgeschieden, das abfiltriert und calciniert wird. Die Alaun-Mutterlösungen werden vereinigt, durch Einblasen von Luft und Zugeben von Ammoniak vom Eisen befreit und aus diesen wieder das Aufschlußmittel und das Fällreagens, Ammonsulfat bzw. Ammoniumhydrogensulfat und Ammoniak, zurückgewonnen. Dieser Prozeß ist also wie alle derartigen Verfahren weitgehend zu einem Kreisprozeß gestaltet (Abb. 42). Es werden etwa 80 °/o des im Ton enthaltenen Aluminiumoxids in Lösung gebracht. Wie aus der vorstehenden kurzen Skizzierung des Verfahrens hervorgeht, ist die Kieselsäureabtrennung nicht so weitgehend wie bei den anderen Verfahren. Durch Zugabe von Ammonsulfat zur sauren Aufschlußlösung wird aber eine vollständigere Abtrennung der Kieselsäure nachträglich erreicht. Eine weitere Befreiung von verunreinigenden Bestandteilen erfolgt durch die Abscheidung des Alauns und dessen nochmalige Umkristallisation. In diesem Salz sind allerdings nur rd. 11 °/o Aluminiumoxid enthalten. Technisch gesehen ist der Alaun hiernach ein verhältnismäßig geringwertiges Zwischenprodukt. Der Weg über den Alaun hat aber den Vorteil, daß man einerseits die erwähnte Abtrennung von den Verunreinigungen glatt durchführen kann, andererseits gute Filtrationseigenschaften gegeben sind. Interessant ist die Zerlegung des Alauns durch Eintragen in konzentrierte Ammoniaklösung. Erfolgt dies in der richtigen Weise, so scheidet sich ein Aluminiumhydroxid ab, das in seiner Struktur dem Alaun weitgehend isomorph
Die Verfahren
150
Rohion Colcinieren u. Mahlen I 750-800 °C Aufschließen mit • Ammoniumhydrogensulfat im Autoklaven
Ammoniumhydrogensuifat
I
Filtrieren
Ammoniak • — Zersetzen (380t) \ Ammonium sulfat \
t.
Alaunlösung k Konzentrieren der Lösung durch Ammoniumsulfat -Zusatz
X
Eindampfen Eisenschlämm
t
t
Filtrieren
nitrieren
1
Kieselsäure
Abkühlen
Einblasen von Luft Mutterlauge
». Si-Rückstand
~
-
r
Alaun I
Umkristallisieren \ Alaun E
Mutterlauge —-
Zersetzen in konz. Ammoniaklösung Filtrieren
Mutterlauge
Aluminiumhydroxid Colcinieren Aluminiumoxid Abb. 42
Aufschluß mit Ammoniumhydrogensulfat
ist. Diese Erscheinung ist im Hinblick auf die damit gegebenen günstigen Abscheidungsund Filtrationseigenschaften eine wesentliche Stütze des Verfahrens. Besonders zu erwähnen ist auch die Eisenabscheidung aus den Alaun-Mutterlösungen. Eine einfache Ammoniakfällung in verdünnter Lösung führt zu schleimigen, schwer filtrierbaren und vor allen Dingen schlecht auswaschfähigen Schlämmen. Durch Einleiten von Luft und Ammoniak in die noch unverdünnten Mutterlösungen fällt zunächst, wie die Untersuchungen gezeigt haben, ein % basisches Eisensulfat / O H Fe Fe
OH
\so4
¿ _ O H \ O H
aus. Dieses lagert sich allmählich unter Beibehaltung einer gewissen kristallinen Struktur in normales Hydroxid um, welches infolgedessen gut filtriert ist.
151
Aufschluß mit Säuren
Die bisher erwähnten Arbeitsgänge sind hiernach verhältnismäßig einfach und sicher durchzuführen. Die Hauptschwierigkeit bei dem Verfahren, soweit es den chemischen Ablauf betrifft, liegt bei der Rückgewinnung des Ammoniaks. Ammonsulfat läßt sich bei etwa 380° C in Hydrogensulfat unter Abgabe von Ammoniak umsetzen. Dieser Teil des Verfahrens wurde daher bei der Ausarbeitung von uns einer besonders sorgfältigen Überprüfung unterworfen. Hierbei gelang es uns nicht, das Ammonsulfat selbst bei sorgfältigster Arbeitsführung verlustfrei in Hydrogensulfat umzuwandeln. Die folgende Tabelle gibt hierzu einige Versuchsresultate wieder: Tab. 31 Umsetzung von Ammonsulfat zu Hydrogensulfat (bei trockenem Erhitzen in einer Kali-Natron-Salpeter-Schmelze) Angewandte Substanzmenge*) g
Lfd.
Nr.
Umgesetzt in Hydrogensulfat °/o
Arbeitstemperatur ansteigend °C
Ausbeute an Ammoniak %>
normalem Druck im Luftstrom: 66,00
68,8
390
99,0
66,00
69,1
395
99,0
66,00
73,8
390
98,9
66,00
54,3
375
99,2
66,00
70,9
400
98,8
vermindertem Druck: 66,00
59,3
315
98,9
!
66,00
38,2
310
99,3
|
66,00
65,8
330
99,1
83,0
400
98,9
91,0
405
99,0
Im Kohlensäurestrom: 9 10
66,00 1
66,00
i
*) Bezüglich N H 3 - G e h a l t 99,5°/oig.
Hiernach geht rund 1 % Ammoniak bei einer 90°/oigen Umsetzung in Hydrogensulfat verloren. Als Zersetzungsprodukte konnten einwandfrei Schwefeldioxid, Schwefel, Stickstoff und Stickoxydul festgestellt werden. Die Umsetzung zu Stickoxydul ist nach folgenden Reaktionsgleichungen möglich: 1. 2 NH4HSO4 2. 4 NH4HSO4
N 2 0 + S + S 0 2 + 5 H 2 0 oder N a O + 4 S 0 2 + 2 NH 3 + 7 H a O.
Bei dem verhältnismäßig großen Umlauf an Ammoniak je Einheit erzeugter Aluminiumoxidmenge ist schon ein Verlust von 1 °/o im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens nicht mehr tragbar. Die im Gange des Verfahrens einzudampfenden Wassermengen sind bei diesem Prozeß beachtlich. Ursprünglich waren auf 1 t erzeugten Oxids 34 cbm Wasser zu verdampfen.
152
Die Verfahren
Diese Menge k o n n t e später bei der Weiterentwicklung des Prozesses auf 25 cbm ermäßigt werden. Verglichen mit den anderen Verfahren ist diese Wassermenge immer noch enorm hoch. D a auch im übrigen das A l o t o n - V e r f a h r e n recht schwerfällig ist, w u r d e es v o n B U C H N E R selbst wieder verlassen. Er w a n d t e sich später dem Salpetersäureaufschluß zu. Doch ist der Aufschluß mit A m m o n i u m h y d r o g e n s u l f a t im zweiten Weltkrieg in Salem/USA in einer Anlage, die mit modernen A p p a r a t e n ausgerüstet war, betriebstechnisch durchgeführt w o r d e n . Eine Beschreibung dieser Anlage findet sich in der Literatur [ 4 3 ] . 2.1323
Verfahren über basische Sulfate
Naheliegend u n d zweckmäßig ist der Schwefelsäureaufschluß f ü r die Verarbeitung von Alunit, dessen Zusammensetzung die folgende ist: K 2 S 0 4 • A1 2 (S0 4 ) 3 • 4 Al(OH) 3 . Fabrikanlagen auf Alunitgrundlage w u r d e n in Mandschukuo, in den Vereinigten Staaten u n d in R u ß l a n d gebaut. D i e Fabrik in U S A w u r d e von der Kalunit-Gesellschaft in Salt Lake City, U t a h , errichtet. Es existieren v o n dieser Gesellschaft eine große Reihe Patente, von denen hier nur zwei a n g e f ü h r t werden sollen [44], Z u r Zeit noch in Betrieb ist u. W. nur eine Fabrik in R u ß l a n d im östlichen Kaukasus. D e r Alunit w i r d mit Schwefelsäure aufgeschlossen u n d zur Aufschlußlösung Kaliumsulfat gegeben. M a n läßt Kalialaun auskristallisieren u n d zersetzt diesen durch Erhitzen auf 800° C. Die entstehenden S O a - G a s e werden zu S O s oxydiert. Aus dem Rückstand w i r d Kaliumsulfat mit heißem Wasser herausgelöst. Das zurückbleibende noch hydroxilhaltige Aluminiumoxid w i r d geglüht, dabei wasser- u n d schwefelfrei gemacht u n d in a - A l 2 0 3 umgewandelt. Statt dieser teuren Zersetzungsweise des Alauns h a t die Kalunit-Gesellschaft in Philadelphia, die sich schon vor dem 2. Weltkrieg mit dem Problem beschäftigt hat, folgendes Verfahren angegeben: Die Alaunlösung w i r d auf 185—200° C erhitzt. Es scheidet sich dann ein basisches Salz von der Formel K2S04 • 3 A1203 • 4 S 0 3 • 9 H 2 0
ab. Bei der A u f b e r e i t u n g dieses basischen Salzes werden gegenüber dem normalen Alaun, bezogen auf den A l , 0 , - I n h a l t , wesentliche Vereinfachungen erzielt (vgl. Tab. 32 S. 165). Bei Zugabe v o n K j S O ^ zur Lösung ist die Ausfällung des basischen Aluminiumsalzes nahezu q u a n t i t a t i v . Eine weitere Vereinfachung u n d d a m i t wirtschaftliche Verbesserung stellt der sogenannte C S I R O * ) - P r o z e ß dar. (Abb. 43) [45] I m G a n g dieser Arbeitsweise w i r d ebenfalls ein basisches Salz, diesmal ein basisches Aluminiumsulfat, als Zwischenprodukt aus der Aufschlußlösung abgeschieden, u n d z w a r gemäß folgender Zusammensetzung: 3 A1203 • 4 S 0 3 • 7 H 2 0 .
Gegenüber dem kristallisierten Aluminiumsulfat, welches 56 °/o Wasser enthält, u n d dem Kalialaun mit 45 °/o Wasser h a t dieses Salz nur einen Gehalt v o n 20 °/o Wasser. D e r Gehalt an Schwefelsäure beträgt weniger als die H ä l f t e v o n dem des Alauns, bezogen *) Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization, Melbourne, Australia.
153
Aufschluß mit Säuren
Bauxit +Schwefelsäure
\m
[ 1-TeilefyOj
TeilaufschluB bei 130 C
Rückstand
(Verh.S0,:AI,0,~1,9)
i
Filtration
Filtration
^ RUckstandslougung
r
Reduktion
[«]{
SO,
Fe3+-~Fe2*
\m
SO-,-Absorption
hydroiyt. Abscheidung eines bos. AI-Sulfates
SO, Catcination
unfertig calciniert [«] als,Impfstoff"
Aluminiumoxid Abb. 43
Aufschluß mit Schwefelsäure (sogen. SCIRO-Prozeß).
auf A 1 2 0 3 . Diese Verhältnisse sind für die Weiterverarbeitung außerordentlich vorteilhaft. D e r Rohstoff, eisenarmer Bauxit oder Ton, wird beispielsweise bei 130° C aufgeschlossen, wobei ein Mol-Verhältnis von S O s zu A 1 2 0 3 von etwa 1,9 eingehalten wird. In der Aufschlußlösung wird das Eisen durch schweflige Säure reduziert und danach die Lösung bei etwa 2 0 0 ° C der Hydrolyse unterworfen, wobei aus der Calcination rückgeführtes A l 2 0 3 als Impfstoff dient. Das basische Salz fällt in sehr reinem Zustand aus und soll sich im Temperaturbereich von 9 0 0 — 1 3 0 0 ° C ohne Schwierigkeit calcinieren lassen. Bezüglich der Ausbeute werden 8 0 — 9 0 °/o angegeben je nach der Aufschließbarkeit des Rohstoffes. N u r schwer aufschließbare Tone müssen vorher bei 8 0 0 bis 9 0 0 ° C calciniert werden. Andere Rohstoffe lassen sich direkt in den Prozeß einsetzen. 2.133
Aufschluß
mit
Salpetersäure
2 . 1 3 3 1 . Nuvalon-Verfahren. Bei Behandlung des A l o t o n - V e r f a h r e n s wurde schon darauf hingewiesen, daß der Aufschluß des Tones mittels Ammonhydrogensulfat von dem Erfinder selbst aus den besprochenen Gründen verlassen worden ist und er sich dem Aufschluß mittels Salpetersäure zuwandte. So wurde von BUCHNER und GEWECKE das Nuvalon-Verfahren entwickelt und von uns im Lautawerk technisch durchgeprüft. D e r Gang des Verfahrens ist kurz folgender: Das calcinierte Aufschlußgut wird mit Salpetersäure ( 3 0 0 g/Ltr.) im Autoklaven aus V 2 A - S t a h l unter Rühren bei einem Druck von 6 — 8 atü und einer Temperatur von etwa 150° C 6 Stunden lang behandelt. Zur Herstellung von 1 t Aluminiumoxid
sollen
4—4 j /2 t calcinierter T o n und 12,3 t Salpetersäure (300 g/Ltr.) erforderlich sein. Nach Beendigung des Aufschlusses wird die Lösung mit dem Ungelösten zusammen in K l ä r behälter aus V 2 A - S t a h l abgezogen, nachdem die Temperatur im Autoklaven durch Abblasen des Überdruckes und Abkühlen mit Wasser auf 5 0 ° C erniedrigt wurde. In den Klärbottichen bleibt das Aufschlußgut 1 2 — 1 4 Stunden. Während dieser Zeit tritt eine
154
Die Verfahren
Klärung ein, wobei gleichzeitig die Beendigung der Eisenfällung erreicht wird. Anschließend wird filtriert und der Rückstand gründlich ausgewaschen. Aufschlußlösung und Waschwasser werden bis auf ein spezifisches Gewicht von 1,42—1,45 eingedampft. Die eingedampfte Lösung läßt man in V 2 A-Wannen unter Rühren auskristallisieren. Die ausgeschiedenen Aluminiumnitratkristalle werden abgeschleudert. Bei der ersten Kristallisation scheiden sich etwa 70 °/o des Nitrates aus. Die Mutterlauge dieser ersten Kristallisation geht in die Eindampferei zurück. Das ausgeschiedene Aluminiumnitrat wird mit Salpetersäure abgedeckt, kurz nachgewaschen und auf einer Schleuder trockengeschleudert. Bei 70° C wird nunmehr das Aluminiumnitrat zum Schmelzen gebracht und die Schmelze etappenweise auf 140° C erhitzt. Dies erfolgt unter normalem Druck oder zweckmäßiger unter geringem Unterdruck. Bei dieser Behandlungsweise verliert das Aluminiumnitrat bereits den größten Teil der Salpetersäure. Es hinterbleibt ein basisches N i t r a t , welches nur die H ä l f t e an Wasser enthält. Dieses basische N i t r a t läßt sich dann in einer Drehtrommel, die ebenfalls wieder aus V 2 A-Metall sein muß, bei etwa 400° C unter Überleiten von Dampf in ein Aluminiumoxidhydroxid mit ~ 92 % A 1 2 0 3 unter Abdestillieren der restlichen Salpetersäure umsetzen (Abb. 41). Die Salpetersäure ist auch schon früher von anderer Seite zur Extraktion von aluminiumoxidhaltigen Stoffen verwendet worden, ohne daß diese Arbeitsweise einen technischen, fabrikatorischen und wirtschaftlichen Erfolg gehabt hat. Dies ist darauf zurückzuführen, daß es den betreffenden Bearbeitern nicht gelungen ist, eine glatte Eisentrennung durchzuführen. Auch scheinen sie an einer zu verlustreichen Zersetzung des Nitrats gescheitert zu sein. Die Verluste an Salpetersäure müssen naturgemäß unbedingt so niedrig wie möglich gehalten werden, weil die Salpetersäure auch heute noch ein verhältnismäßig teures Aufschlußmittel darstellt. Im Gange des Nuvalon-Verfahrens wird eine Eisen- und Titanabscheidung dadurch erreicht, daß der Ton beim Aufschluß im Überschuß zur Anwendung gelangt. Man arbeitet also so, daß basische Salze entstehen (vgl. S. 147). Infolgedessen braucht man zum Aufschluß nur etwa 85 °/o der theoretisch f ü r die Bildung des Nitrats erforderlichen Säure. Diese Maßnahme aber genügt nicht allein, um das Problem einer glatten Eisentrennung zu lösen. Es findet noch eine sogenannte Selbstreinigung der Aufschlußlösungen statt, wenn sie eine Zeitlang bei bestimmter Temperatur in Klärbehältern belassen werden. Schließlich kann man noch restliches Eisen durch Abdecken des Nitrates mit konzentrierter Salpetersäure entfernen. Die thermische Zerlegung des Aluminiumnitrates wird dadurch erleichtert, daß das N i t r a t schon im eigenen Kristallwasser bei 70° C unter Abgabe von 50 °/o der Salpetersäure schmilzt. Aber auch diese Zersetzung verläuft, wie genaue Untersuchungen von uns ergeben haben, nicht annähernd quantitativ, es gehen noch etwa 1—2 °/o nitrose Gase dem Prozeß verloren, wobei berücksichtigt ist, daß der Prozeß so geführt wird, daß der größte Teil des Stickstoff (Il)-Oxides — N O — Gelegenheit hat, sich mit Luftsauerstoff wieder zu oxydieren. Der erwähnte Verlust spielt im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens keine unbedeutende Rolle. Ein weiterer Verlust entsteht durch die Bindung der Salpetersäure an den Rückstand. Hier kann man mit etwa 1 °/o der umlaufen-
Aufschluß mit Säuren
155
den Salpetersäure rechnen. Ein Nachteil des Verfahrens ist ferner, daß sich in der Mutterlauge Nitrate anreichern, die nicht verlorengegeben werden dürfen. Sie müssen also in einem Nebenprozeß aufbereitet werden. — Ein diesbezüglicher Vorschlag geht dahin, in einem parallelen Prozeß Ammonnitrate für Düngemittel zu erzeugen. Dies hat aber wieder den Nachteil, daß das eine Erzeugnis vom Absatz des anderen abhängig wird. Die Verwendung von V 2 A-Stahl als Behälterbaustoff bereitet heute technisch und konstruktiv nicht mehr die geringsten Schwierigkeiten, belastet aber das Verfahren im Hinblick auf die Kosten für die Investitionen. Der Strombedarf beim Aufschluß mit Salpetersäure liegt etwa so hoch wie bei den alkalischen Verfahren. BUCHNER rechnete bei der Verarbeitung von Ton mit 450 bis 500 kWh/t A 1 2 0 3 . Der Dampfbedarf wurde von ihm für den Aufschluß mit 2,9 t, für das Eindampfen mit 5,1 t, also insgesamt mit 8 t je Tonne Aluminiumoxid angegeben. An Arbeitskräften wird eine Nuvalon-Anlage nicht mehr als eine solche nach dem diskontinuierlichen Bayer-Verfahren beanspruchen. 2.1332. Blanc-Verfahren. Mit dem Salpetersäureaufschluß hat sich auch BLANC ausführlich beschäftigt und diesen auf die Verarbeitung von Leucit angewendet. Die Summenformel für reinen Leucit ist: K a O • N a 2 0 • 2 A1 2 0 3 • 8 S i 0 2 ; er enthält also rd. 24 °/o A l 2 O S neben 57 °/o SiO a . BLANC hatte vorher Aufschlußversuche des Leucits mit Salzsäure durchgeführt. Die dabei gewonnenen Erfahrungen wurden von ihm z. Teil für den Salpetersäureaufschluß übernommen. Bemerkenswert ist, daß BLANC das Mineral nicht fein vermählen, sondern in körniger Beschaffenheit zur Anwendung bringt und dieses stufenweise auslaugt. Die Durchlässigkeit der Aufschlußmasse bleibt unter diesen Verhältnissen auch bis zum Ende der Auslaugung erhalten. Auf diese Weise erreicht BLANC ohne Filtration praktisch kieselsäurefreie Lösungen, was er auf besondere Adsorptionseigenschaften des Kieselsäurerückstandes zurückführt. — Ein derartiger Effekt wurde von uns nicht beobachtet! BLANC nutzt bei seinen Verfahren die Wärmeentwicklung des Aufschlusses aus. Er bekommt zum Schluß eine 70° C heiße Lösung, die Aluminiumnitrat, Kaliumnitrat und wenig Eisennitrat enthält. Diese Lösung wird der Abkühlung überlassen. Es kristallisiert Aluminiumnitrat aus, während die übrigen Nitrate in Lösung bleiben. Über die Löslichkeitsverhältnisse der genannten Nitrate in Abhängigkeit von der Salpetersäurekonzentration gibt das beigefügte Diagramm der Abbildung 44 Aufschluß, welches mit den Angaben v o n BLANC g u t
übereinstimmt.
Die wesentlichen Merkmale des Blanc-Verfahrens sind also die kontinuierliche Auslaugung des körnigen Rohstoffes und die fraktionierte Kristallisation der Nitrate. Im übrigen unterscheidet sich das Verfahren nicht wesentlich von den anderen bekannten Salpetersäureaufschlußverfahren (vgl. Abb. 41). Es ist dort am Platze, wo neben einem Aluminiumoxidbedarf eine Verwendung für Kalisalze, speziell für Kalisalpeter, besteht. Während des letzten Weltkrieges hat man in Norwegen eine Aluminiumoxidanlage errichtet, in der der Labradorit mit Salpetersäure aufbereitet werden sollte. Die Anlage ist nicht mehr in Betrieb gekommen. Das Verfahren beruht auf Untersuchungen der Norsk-Hydro, Norwegen, und der damaligen I. G. Farbenindustrie. Die Vorbereitungen
156
Die Verfahren
0
10
20
30
W
50 HN03
SO -
TO
80
Vb!% 100
Abb. 44 Löslichkeit von A l ( N 0 3 ) 3 • 9 H 2 0 ( I ) , A l ( N 0 3 ) s ( I I ) , K N 0 3 ( I I I ) und F e ( N 0 3 ) 3 • 9 H 2 0 ( I V ) in H N 0 3 verschiedener Konzentration bei 1 5 ° C.
für die Errichtung der Anlage und vor allem die Voruntersuchungen für den Prozeß selbst waren so weit vorgeschritten, daß der Arbeitsgang des Verfahrens von Interesse ist. Er ist aus dem Arbeitsschema der Abbildung 45 zu entnehmen. Wie bereits beim Nuvalon-Verfahren erwähnt, ist die Salpetersäure für einen derartigen minderwertigen Rohstoff, wie ihn der Labradorit darstellt, aus wirtschaftlichen Gründen kein besonders geeignetes Aufschlußmittel. Bei der Anlage in Norwegen war insofern eine besonders günstige Situation gegeben, als die Aluminiumoxidfabrik in Kombination mit der Salpeterfabrik arbeiten sollte. Andererseits war aber auch dadurch mit Rücksicht auf die Marktlage für Düngemittel die Jahreskapazität auf 10—20 000 t Aluminiumoxid beschränkt. Die Salpetersäurelöslichkeit des Labradorits ist recht unterschiedlich. Für diesen Prozeß konnten nur die Partien des Gesteins ausgewählt werden, die eine besonders gute Salpetersäurelöslichkeit hatten. Von den 28—30 °/o A1 2 0 3 im Labradorit sind unter den Bedingungen des Verfahrens nur 22—25 °/o löslich. Auf 1 t Aluminiumoxid braucht man daher ungefähr 4,5 t Labradorit. Auch hier sollte nach dem Blancschen Vorgehen aufgeschlossen, d. h. 0,3—2 mm körniges Gut in einem Turme kontinuierlich ausgelaugt werden. 2.134
Aufschluß mit schwefliger
Säure
Der Aufschluß mit schwefliger Säure, der vielfach versucht worden ist, hat erst technisch« Bedeutung erlangt nach Auffinden eines definierten, einbasischen Aluminiumsulfits, das auch als zweibasisches Hydrogensulfit aufgefaßt werden kann (vgl. die Formel weiter unten). Die Darstellung dieses Salzes im Gange des Verfahrens ermöglichte erst eine glatte Kieselsäure/Aluminiumoxid-Trennung. Das Salz ist somatoid-kristallin (Abb. 46), daher gut filtrierbar.
Aufschluß mit
45/
Labradoril 6t HNO,,
5,5 t Kolk (CoCO}) [aufgeschlämmt)
157
Säuren
ig
Mahlen (OJ-Z mm Korngr)
\ / Gewichte — X bezogen auf Auslaugen in Türmen ItOxid
-$¡0?-Rückstand
»
ShStoff
saure AI-nilrat-Läsung Ausfällen
•Ca-nitral-Lauge
Filtrieren
bas.AI- Carbonat f*überschM03+F^-Verbindungen) Auslaugen
AluminatMutterlauge
Schwarzschlamm
Filtrieren
I
Aluminatlauge Ausrühren
Filtrieren
Calcinieren } Aluminiumoxid Abb. 45
Aufschluß von Labradorit
mit Salpetersäure
in
Türmen.
Die schweflige Säure hat allgemein den Vorteil, daß sie billig ist, daß sich aus ihr Salze herstellen lassen, die gut spaltbar sind, und daß das gasförmige S 0 2 sich leicht nahezu quantitativ absorbieren läßt. Die chemischen Vorgänge sind hier in großen Zügen die gleichen wie bei den vorbeschriebenen Verfahren. Aus dem calcinierten Ton werden Aluminium und Eisen herausgelöst. Kieselsäure bleibt in der Hauptsache zurück und wird abgetrennt. Leider gehen auch bei diesem Prozeß Titan-, Vanadin- und Chromverbindungen so weit mit in Lösung, daß sie die Qualität des Endproduktes ernstlich gefährden. Im weiteren Gange des Verfahrens wird die klare Aluminiumeisensulfitlösung erhitzt; S 0 2 entweicht gasförmig. Gleichzeitig fällt ein ziemlich eisenfreies, hochbasisches Aluminiumsalz aus. Dieses wird umgelöst, um restliche Kieselsäure abzuscheiden, die Lösung filtriert und jetzt ein einbasisches Salz unter Aufrediterhaltung eines geringen S0 2 -Überdruckes in der Wärme
158
Die Verfahren
Abb. 46
Somatoide von einbasischem Aluminiumsulfit.
ausgefällt. Es wird unter weiterer Rückgewinnung von schwefliger Säure und Gewinnung von Aluminiumoxid calciniert. Dies ist in großen Zügen das Prinzip des Verfahrens. Da die verhältnismäßig schwache schweflige Säure unter ursprünglichen normalen Temperaturverhältnissen eine lange Aufschlußzeit erfordert, wendet man auch hier wieder erhöhte Temperaturen und — da die schweflige Säure leicht flüchtig ist — entsprechende Drücke an. Die Abbildung 47*) zeigt, wie allein durch Temperatursteigerung die Aufschlußgeschwindigkeit erhöht werden kann. Gleichzeitig aber zeigen die Kurvenverläufe, daß bei Temperaturen über 60° C bereits Zersetzungen der in Lösung befindlichen Sulfite auftreten.
$o°c
70° 8CP 90° 0 Abb. 47
•
8
ß 16 Stunden
20
2H
28
Aufschluß von Kaolin mit schwefliger Säure bei verschiedenen Temperaturen ( S 0 2 - K o n z . : 100 g/Ltr.).
Bei niedrigprozentigen SO a -Lösungen kann eine Reaktionsbeschleunigung durch Temperatursteigerung nur dann erreicht werden, wenn man nicht mehr als etwa 10 g Al 2 O s /Ltr. in Lösung bringen will. Will man etwa 20 g A l 2 0 3 / L t r . erreichen, so darf man nicht über eine Temperatur von 60° C hinausgehen und muß sich mit einer langsameren Re*) Entnommen aus internen Berichten von WIEDBRAUCK und BUCHE. Beide Verfasser gaben die ersten Anregungen zum Verfahren und nahmen an der Weiterentwicklung regen Anteil.
Aufschluß mit Säuren
159
aktion begnügen. Diese Verhältnisse, entweder niedere Konzentration oder sehr lange Reaktionszeiten in Kauf nehmen zu müssen, sind f ü r technische Zwecke unerwünscht. Wählt man höhere Temperatur, z. B. 70° C, und wendet gleichzeitig Druck an, z. B. 8 atü, so kann man mit 20°/oiger Säure arbeiten und bekommt über 30 g A l 2 0 3 / L t r . gelöst. Konzentrationen dieser H ö h e müssen unbedingt angestrebt werden, weil man anderenfalls nicht genügend kieselsäurefreies Aluminiumoxid gewinnen kann. Die Abhängigkeit des Si0 2 -Gehaltes der A u f schlußsäure vom A l 2 0 3 - G e h a l t ist aus dem Kurvenverlauf der Abbildung 48 zu entnehmen. — Für den technischen Aufschluß ergibt sich zweckmäßig eine Arbeitstemperatur von 50—60 °C, 20°/oige Säure und ein Druck von 8 atü. Die hochbasischen Aluminiumsulfite, die aus Aluminiumsulfitlösungen beim Erhitzen bis 100° C unter Abgabe von SO a ausfallen, entsprechen keinem genauen stöchiometrischen Verhältnis. Sie enthalten je Mol A l 2 0 3 0,2—1 Mol SO a . Niederschläge dieser Art haben nach dem Abnutschen nur etwa 10—12°/o Al 2 O a . Sie setzen sich schnell ab, können also gut eingedickt werden und sind auch filtrierbar. Eisenfrei sind diese basischen Sulfite nur, wenn man sie unter Luftabschluß abfiltrieren kann. Die beim Aufschluß mit in Lösung gegangene Kieselsäure fällt restlos mit dem hochbasischen Salz aus. Scheidet man ein Salz unter Aufrechterhaltung des S0 2 -Gehaltes aus der Aufschlußlösung ab, und zwar derart, daß während der Fällung etwa 2 Mol S 0 2 je Mol A l 2 O s vorhanden sind, so fällt ein kristallines, sehr gut filtrierbares einbasisches Sulfit aus. Seine Zusammensetzung ist z. B.: 31,85»/« A 1 2 0 3 40,00% S 0 2 28,15 °/o H 2 0 .
Dieses Salz ist erstmalig worden.
1932
von
WIEDBRAUCK
und
BUCHE
dargestellt und definiert
Beim Abscheiden unter Atmosphärendruck lassen sich die vorgenannten Fällbedingungen oberhalb etwa 60—80° C nicht mehr einhalten. Aber unter SO a -Druck kann einbasisches Sulfit auch bei höheren Temperaturen abgeschieden werden. Man kann dann auf Temperaturen bis zu 110° C gehen. Der Verlauf der Ausfällung bzw. die Instabilität der Aufschlußlösungen geht aus Abbildung 49 hervor. Bei der Abscheidung des einbasischen Salzes wird auch eine gewisse Eisenabtrennung erzielt. Sie ist nicht so vollständig wie beim hochbasischen Salz, jedoch so weitgehend, daß
160
Die Verfahren
Abb. 4 9
Verlauf der Ausfällung von einbasischem Auminiumsulfit.
man bei der Weiterentwicklung des Verfahrens auf die Umlösung und Vorabscheidung des hochbasischen Salzes verzichtet hat. Die thermische Spaltung des einbasischen Sulfits läßt sich bei ziemlich niedriger Temperatur durchführen. Bei etwa 5 0 0 — 6 0 0 ° C lassen sicii die Sulfite weitgehend von S 0 2 und H 2 0 befreien, ohne dabei zu sintern oder zu schmelzen. Das Produkt — rohes Aluminiumoxid — enthält etwa 8 0 — 9 0 °/o A 1 2 0 3 , 3 — 6 °/o S als S 0 2 und S O a und außerdem restliches Wasser. Man hat später gefunden, daß das einbasische Sulfit auch hydrothermal zerlegt werden kann. Diese Möglichkeit hat dem Verfahren bei seiner Anwendung im technischen Maßstab besonders vorwärtsgeholfen. Leider ist es nicht gelungen, geringe Beimengungen an P 2 O s , T i 0 2 , C r 2 0 3 und V 2 O s im Gange des Verfahrens selbst abzutrennen. Um eine Anreicherung dieser Verunreinigungen zu vermeiden, wird ein Teil der im Kreislauf zirkulierenden Säure ausgeschieden und abgestoßen. Beim Auskochen wird S 0 2 und restliches Aluminiumoxid gewonnen. Die Nebenbestandteile werden mit der Lösung aus dem Prozeß entfernt. Aber diese Maßnahme allein ist noch nicht ausreichend. Das Aluminiumoxid enthält dann immer noch etwa 0,1—0,5 % F e 2 0 3 , 0,02—0,03 %> S i 0 2 , 0,03—0,1 % T i 0 2 + C r 2 O a + V 2 O s . Diese Angaben beziehen sich auf Aluminiumoxid, das aus Ton gewonnen wurde. Aluminiumoxid aus Kaolin ist reiner, aber dieser kommt — wie erwähnt — als Rohstoff weniger in Frage. Die einzige Lösung, um nach diesem Verfahren bezüglich der Qualität zu einem konkurrenzfähigen Aluminiumoxid zu kommen, ist ein nochmaliges alkalisches Lösen des nach hydrothermaler Spaltung gewonnenen Aluminiumhydroxids. Dieses ist infolge seiner Strukturverhältnisse (siehe weiter unten!) reaktionsfähig, es löst sich spielend in Natronlauge und kann dann nach BAYER als reines Aluminiumhydroxid ausgerührt werden. Der ausgelaugte, säurefrei gewaschene Kieselsäurerückstand, der in der Anlage anfiel, die im Lautawerk während des Krieges für eine Kapazität von 8000 t/a erstellt war, fand damals keine Verwendung. Auf 1 t Aluminiumoxid fielen rund 3 t Rückstand an. Dieser Rückstand zeigt eine bemerkenswerte Aktivität, so daß er als Ersatz für Bleicherden, als Zuschlag für Zement, zu hydraulischen Kalken oder auch ganz allgemein als Absorptionsmittel Verwendung finden könnte.
Aufschluß mit Säuren
161
Ober den Arbeitsgang im einzelnen und die Stadien der Entwicklung des Verfahrens wird folgende Ubersicht gegeben: Ton wird bei etwa 800° C calciniert, gemahlen und im Rührautoklaven bei 50—60° C unter etwa 6 atü Druck mit einer schwefligen Säure von etwa 200 g S0 2 /Ltr. aufgeschlossen. Nach dem Aufschluß wird abgekühlt, entspannt und die Aufschlußlösung filtriert. Der dabei anfallende kieselsäurereiche Rückstand wird gut ausgewaschen und evtl. Sonderverwendungszwecken zugeführt (s. o.). Die Aufschlußlösung, die etwa 20—40 g Al 2 0 3 /Ltr. enthält, wird durch Einleiten von Dampf zerlegt, wobei S 0 2 Gas entweicht, und hochbasisches Aluminiumsulfit ausgeschieden wird. Letzteres wird filtriert und in schwefliger Säure umgelöst. Aus dieser Lösung wird nunmehr unter bestimmten Temperatur- und S0 2 -Verhältnissen (s. o.) einbasisches Sulfit ausgefällt. Dies ist eine wohldefinierte Verbindung, die der chemischen Summen-Formel 1A12OS • 2SO a • 5 H 2 0 entspricht; Diese Verbindung kann aufgefaßt werden: 1. als einbasisches Sulfit oder 2. als zweibasisches Hydrogensulfit
/OH AI
o