Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb: Gegenstand und Reichweite betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen 9783161579226, 3161477677

In letzter Zeit mehren sich die Versuche, unternehmerische Entscheidungen durch Tarifverträge zu beeinflussen. Ansatzpun

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
I n h a l t s v e r z e i c h n i s
Einführung
Teil I Zur Entwicklung der betrieblichen und der betriebsverfassungsrechtlichen Tarifvorschriften
§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „Solidarnormen“ durch Hugo Sinzheimer Anfang des 20. Jahrhunderts
I. Zum historischen Hintergrund der Tarifnormenlehre Sinzheimers
1. Die ersten Ansätze kollektiver Vereinbarungen
2. Die Frage nach der Geltung von Tarifvertragsregelungen
a. Rechtsprechung: Verbindlichkeit von Tarifverträgen nur zwischen den Tarifvertragsparteien
aa. Verbindlichkeit zwischen den Tarifvertragsparteien
bb. Keine Verbindlichkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien
b. Lotmar: Vertretungsrechtlich begründete Verbindlichkeit des Tarifvertrags zwischen Arbeitsvertragsparteien
c. Sinzheimer: Rechtspolitische Forderung nach Verbindlichkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien
d. Die Diskussion um den theoretischen Geltungsgrund von Tarifverträgen
II. Sinzheimers „Solidarnormen“
1. Umschreibungen betriebsbezogener Tarifbestimmungen vor Sinzheimer
a. Lotmar: Tarifregelungen über das „Berufs- oder Klasseninteresse“
b. Rundstein: Tarifregelungen über „das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im allgemeinen“
c. Wölbling: Tarifregelungen über „die Rechtsbeziehung zur Gesamtheit“
2. Sinzheimers „Der korporative Arbeitsnormenvertrag“
3. Sinzheimers Tarifnormensystem
a. Die „Berufsnormen“
aa. „Soziale Berufsnormen“
bb. „Individuelle Berufsnormen“
b. Die „Arbeitsnormen“
aa. „Allgemeine Arbeitsnormen“ (Organisationsklauseln/Besetzungsregeln)
bb. Zu den „besonderen Arbeitsnormen“, insbesondere den „Solidarnormen“
aaa. Tatbestand der „Solidarnormen“
bbb. Rechtsfolgen der „Solidarnormen“
4. Außenseiter und Solidarnormen bei Sinzheimer
a. Tarifbindung von Außenseitern
b. „Faktische Fernwirkung“ von Solidarnormen
c. Eingriffe und Benachteiligungen durch Solidarnormen
aa. Benachteiligung der Arbeitnehmer durch Solidarnormen?
bb. Insbesondere: Benachteiligung durch „allgemeine Arbeitsnormen“
aaa. Organisationsklauseln
bbb. Qualitative und quantitative Besetzungsnormen
5. Überschneidungen von „Solidarnormen“ und anderen Normarten
a. „Solidarnormen“ und „allgemeine Arbeitsnormen“
b. „Solidarnormen“ und „Berufsnormen“
c. „Solidarnormen“ und „Individualnormen“
aa. Rechtsfolgenbezogene Sichtweise
bb. Gegenstandsbezogene Sichtweise
III. Zusammenfassung zur Entwicklung des Begriffs der „Solidarnormen“ durch Hugo Sinzheimer
§ 2. Die „Solidarnormen“ und die tarifvertragliche Regelung betrieblicher Sachverhalte in der Weimarer Zeit
I. Die Entwicklung bis zur Tarifvertragsverordnung
II. Regelung betrieblicher Sachverhalte in der Tarifvertragsverordnung
1. Die Grundzüge der Tarifvertragsverordnung 1918
2. Außenseiterbindung durch die Tarifvertragsverordnung
a. Grundsatz: Keine Außenseitergeltung von Tarifvertragsnormen
b. Ausnahme: Allgemeinverbindlicherklärung
3. Keine Erfassung der „Solidarnormen“ durch die Tarifvertragsverordnung
a. „Inhaltsnormen“ als ausschließlicher Regelungsgegenstand der Tarifvertragsverordnung
b. Die „Abschlußnormen“ als „Nicht-Inhaltsnormen“
aa. Der Begriff der „Abschlußnorm“
bb. Wiedereinstellungsklauseln als „Abschlußnormen“
c. Die „Solidarnormen“ und die Tarifvertragsverordnung
aa. Rechtsprechung: Einordnung als Nicht-„Inhaltsnormen“ ohne Benennung als „Solidarnormen“
bb. Die „Solidarnormen“ in der Literatur
aaa. Einordnung der Solidarnormen als Nicht-Inhaltsnormen
bbb. Mögliche Überschneidung von Solidar- und Inhaltsnormen (Jacobi)
ccc. Der Gegensatz von rechtsfolgen- und gegenstandsbezogener Sichtweise bei der Definition der Solidarnorm
cc. Sonderweg: die Unterscheidung von formellen und materiellen Arbeitsbedingungen (Schuldt)
III. Tarifvertragliche Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Sachverhalte
1. Tarifvertrag und Betriebsverfassung im Betriebsrätegesetz von 1920
2. Tarifvertragliche Sondervertretungen nach §§ 62–65 Betriebsrätegesetz
a. Ausweitung des Tarifvertragsgegenstandes auf „Solidarnormen“
b. Erfassung der Außenseiter im Betrieb durch Allgemeinverbindlicherklärung
3. Tarifvertragliche Erweiterung von Betriebsratsbefugnissen
a. Betriebsratsbefugnisse obligatorischer Natur
b. Betriebsratsbefugnisse bei der Ausgestaltung normativer Tarifvertragsregelungen
4. Zusammenfassung zur tarifvertraglichen Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Sachverhalte
IV. Erfassung von „Solidarnormen“ im Arbeitsgerichtsgesetz und in der Arbeitszeitverordnung?
1. Schiedsrechtliche Tarifvertragsregelungen im Arbeitsgerichtsgesetz 1926
2. Zulassungsnormen nach der Arbeitszeitverordnung 1923
V. Die Solidarnormen in der Weimarer rechtspolitischen Diskussion
1. Der Entwurf eines Arbeitstarifgesetzes von 1921
2. Weitere rechtspolitische Konzepte zur Stärkung der Solidarnormen
a. Ausweitung der normativen Wirkung (Sinzheimer, Kahn-Freund)
b. Unmittelbare schuldrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers (Nipperdey, Lautner, Potthoff)
c. Regelung der Betriebsverfassung durch normative Tarifvertragsvorschriften (Potthoff)
3. Der Entwurf für ein deutsch-österreichisches Tarifvertragsgesetz (1931)
a. Beschränkung der normativen Geltung auf die „Inhaltsnormen“
b. Schuldrechtliche Verpflichtung von Tarifgebundenen durch Solidarnormen
aa. Gesetzliche Ermöglichung schuldrechtlicher Tarifverpflichtungen
bb. Erfassung der Solidarnormen
cc. Verpflichtung von Arbeitnehmern?
dd. Freie Auswahl der Berechtigten
c. Schuldrechtliche Tarifwirkung für Außenseiter bei Beschäftigten tarifgebundener Arbeitgeber
d. Zusammenfassung: Solidarnormen und Außenseiterbindung im deutsch-österreichischen Gesetzentwurf von 1931
VI. Zusammenfassung zur tarifvertraglichen Regelung betrieblicher Sachverhalte in der Weimarer Zeit
§ 3. Die „Solidarnormen“ in der Zeit des Nationalsozialismus
I. Entwicklung zur diktatorischen Bestimmung der Arbeitsbedingungen
II. „Solidarnormen“ unter Geltung des AOG
1. Einordnung der „Solidarnormen“ als Unterart der „Inhaltsnormen“
2. „Solidarnormen“ als Gegenstand von Tarifordnungen
3. Bedeutungslosigkeit des Begriffs der „Solidarnorm“
§ 4. Der Weg zu den betriebsbezogenen Regelungen im Tarifvertragsgesetz
I. Die Zeit von 1945 bis zu den Vorentwürfen des TVG
1. Das Tarifvertragsrecht bis zu den Vorentwürfen des TVG
2. Die Betriebsverfassung nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22
3. Das Problem der landesrechtlichen Betriebsverfassungsgesetze
a. Betriebsverfassungsrecht neben dem Kontrollratsgesetz Nr. 22
b. Zulässigkeit landesrechtlicher Betriebsverfassungsgesetze
4. Zum Verhältnis von Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht
II. Die Entstehungsbedingungen des Tarifvertragsgesetzes
III. Die vorparlamentarischen Entwürfe und der Weg zu den „betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen“
1. Entwürfe des Zentralamtes für Arbeit der britischen Zone in Lemgo
a. Erweiterung des Regelungsgegenstandes über die „Inhaltsnormen“ hinaus auch auf „betriebliche Fragen“
b. Keine Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher Fragen
2. Nipperdeys Vorschlag zur Aufnahme betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Regelungen
a. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen“
b. Keine Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen
3. Die Entwürfe des Länderrates in Stuttgart 1948
a. Vorarbeiten in der amerikanischen Besatzungszone
b. Der Arbeitsentwurf für den Länderrat vom 16.4.1948
aa. Die „Betriebsverfassung“ als Regelungsgegenstand
bb. Außenseitergeltung bei der Regelung der Betriebsverfassung?
c. Der „Zusmarshausener Entwurf“ vom Juli 1948
aa. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen“
bb. Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen?
d. Entwurf der Verwaltung für Arbeit in Frankfurt vom 9.10.1948
4. Arbeitgeberentwurf vom 22.6.1948: Beschränkung auf die „Inhaltsnormen“
IV. Die parlamentarischen Gesetzentwürfe und der Weg zur verbindlichen Regelung betrieblicher Sachverhalte
1. Von Nipperdey verfaßte Gewerkschaftsvorschläge und SPD-Entwurf
a. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen“
b. Keine Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen
2. Die Entwürfe der Redaktionskommission vom 26.10.1948 und des Ausschusses für Arbeit vom 3.11.1948
a. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen“, § 1 TVG
b. Erste Ansätze zur Außenseitererfassung durch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen
c. Die Formulierung des heutigen § 3 Abs. 2 TVG
d. Die Formulierung des heutigen § 4 Abs. 1 S. 2 TVG
e. Keine Veränderungen hinsichtlich der betriebsbezogenen Tarifnormen im Tarifvertragsgesetz vom 9.4.1949
3. Betriebsbezogene Tarifnormen im rheinland-pfälzischen Tarifvertragsgesetz
V. Motive und Konzeption des historischen Gesetzgebers
1. Zum erweiterten Regelungsgegenstand der Tarifvertragsvorschriften
a. Regelung betrieblicher Fragen – Gleichstellung mit den „Solidarnormen“?
aa. Nachträgliche Bewertung Herschels: Gleichstellung mit den „Solidarnormen“
bb. Begriffliche Abkoppelung von den „Solidarnormen“
cc. Wechsel von der rechtsfolgenbezogenen zur gegenstandsbezogenen Definition betriebsbezogener Tarifvorschriften
b. Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen
aa. Die rechtspolitische Diskussion um die tarifvertragliche Regelung des Betriebsverfassungsrechts
bb. Tarifvertragliche Gestaltung der Betriebsverfassung in den gesetzlichen Grenzen
2. Erfassung von Außenseitern durch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifregelungen
3. Normative Wirkung der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifregelungen
4. Die Motive der Sozialpartner und der Einfluß der Berater
a. Herschels Bericht
b. Positionen und Interessen der Sozialpartner
c. Einfluß der Berater
5. Offene Fragen: Benachteiligung von Arbeitnehmern und Adressatenstellung von Außenseitern
a. Betriebsbezogene Tarifnormen als reine Berechtigungstatbestände für Arbeitnehmer
b. Adressatenstellung von Außenseitern
VI. Zusammenfassende Würdigung zur Nachkriegsentwicklung bis zu den betriebsbezogenen Regelungen im TVG
Teil II Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen
§ 5. Vorfragen zur tarifvertraglichen Normsetzung
I. Normcharakter von Tarifvertragsvorschriften
1. Rechtsnormcharakter nach dem Tarifvertragsgesetz
2. Historische Erklärungsmodelle zur nicht-normativen Wirkung des Tarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis
a. „Vertretungstheorie“ und „kombinierte Theorie“
b. Theorie des „kollektiven Schuldvertrags“ (Jacobi)
3. Alternative Erklärungsmodelle zur nicht-normativen Wirkung des Tarifvertrags unter Geltung des TVG
a. Vertretungsrechtliche Tarifvertragsdeutung aufgrund der „Differenzierungstheorie“ (Ramm)
b. Gesetzliche Zulassung eines schuldrechtlichen Vertrags zu Lasten Dritter
c. Leistungsbestimmung durch Dritte nach § 317 BGB
4. Insbesondere: Normcharakter betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifvorschriften
II. Privatrechtscharakter von Tarifvertragsnormen
III. Möglichkeit der Normsetzung durch Private
1. Historische Argumente für die private Normsetzung
2. Private Normsetzung und Grundgesetz
3. Private Normsetzung und einfaches Gesetzesrecht
§ 6. Private Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung für Verbandsmitglieder
I. Delegationstheorie
1. Die alte BAG-Rechtsprechung: Delegation durch Tarifvertragsgesetz
2. Delegation durch Art. 9 Abs. 3 GG?
a. Zum Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG
aa. Adressaten und Ausprägungen der Koalitionsfreiheit
bb. Zur früheren „Kernbereichstheorie“
b. Normsetzungsbefugnis innerhalb des Schutzbereiches?
3. Delegation durch Art. 80 GG?
4. Delegation durch einfaches Gesetzesrecht
II. Autonomietheorie
1. Vertrags- und vertretungsrechtliche Autonomiekonzepte
2. Die neue BAG-Rechtsprechung: verbandsrechtliche autonome Normsetzung
3. Verbandsrechtliche Autonomiemodelle ohne Rückgriff auf flankierendes Gesetzesrecht
a. „Tarifgemeinschaft“
b. „Vereinbarung“
4. Verbandsrechtliche Autonomiemodelle mit Rückgriff auf flankierendes Gesetzesrecht
a. Notwendigkeit flankierender Gesetzesregelungen für private Tarifnormsetzung
b. Gesetzliche Regelung der Tarifnormsetzung – Indiz für staatliche Delegation?
aa. Unterscheidung von Delegation staatlicher Macht und staatlicher Ausgestaltung privater Autonomie
bb. Die Lehre von der staatlichen Rechtsanerkennung als Variante der Autonomielehre (F. Kirchhof, Waltermann)
cc. Die Lehre von der staatlichen Rechtsanerkennung als Variante der Delegationslehre (Belling, Hartmann)
c. Rückführung vertraglicher Tarifnormsetzung auf die Verbände
III. Private Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung beim Firmentarifvertrag
IV. Zusammenfassung zur privaten Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung für Verbandsmitglieder
§ 7. Staatliche Rechtsetzungsdelegation als Grundlage der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung
I. Die Bewertung der Allgemeinverbindlicherklärung durch das BVerfG
1. Allgemeinverbindlicherklärung als eigener staatlicher Rechtsetzungsakt mit Grundrechtsbindung
2. Allgemeinverbindlicherklärung und Koalitionsfreiheit
II. Mögliche Rechtsgrundlagen der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung
1. Autonomie als mögliche Grundlage für Tarifvertragsnormen mit Außenseitergeltung?
a. Keine verbandsautonome Außenseitergeltung von Tarifnormen
b. Extensive Auslegung der Regelungsbefugnisse nach Art. 9 Abs. 3 GG – „erweiterte Autonomie“
c. „Legitimationslehre“ und Notwendigkeit der Rechtsgrundlage für Tarifnormen mit Außenseitergeltung
aa. Die „Legitimationslehre“
bb. Unschärfe des Begriffs der „Legitimation“
2. Staatliche Delegation als mögliche Grundlage außenseitergerichteter Tarifvertragsnormen
a. Außenseitergeltung nach TVG aufgrund vorkonstitutioneller oder konstitutionell konsentierter Delegation?
b. Staatliche Delegation durch Art. 9 Abs. 3 GG
3. Verzichtbarkeit einer Rechtsgrundlage für die Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung?
a. Die Kritik an der „Legitimationslehre“ und ihr Bestreiten der Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage
b. Möglicher Verbandsbeitritt der Außenseiter – das Problem der negativen Koalitionsfreiheit
c. Hinweis auf andere Fremdbestimmungstatbestände im Arbeitsrecht
d. Normsetzung über Außenseiter aufgrund möglicher schuldrechtlicher Regelungen (Weyand, Schmidt-Eriksen)
e. Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung aufgrund struktureller Erwägungen
aa. Ordnungsfunktion des Tarifvertrags und Tarifgeltung für Außenseiter
bb. „Richtigkeitsgewähr“ des Tarifvertrags und Tarifgeltung für Außenseiter
cc. Gleichbehandlungsgebot und Tarifgeltung für Außenseiter
dd. Kompensation von Vor- und Nachteilen der Tarifgeltung für Außenseiter
ee. Zulassung nur nicht-belastender Normen; Orientierung am Direktionsrecht
III. Anforderungen an die Delegation der Normsetzung mit Außenseitergeltung
1. Möglichkeiten nichtparlamentarischer staatlicher Normsetzung
a. Normsetzung kraft Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt
b. Normsetzung kraft verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums
c. Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen
d. Normsetzung kraft verliehener Satzungsautonomie
2. Grundlagen und Grenzen der Normsetzung kraft verliehener Satzungsautonomie
a. Der „Facharzt“-Beschluß des BVerfG
aa. Sachnähe und Interessengerechtigkeit von Verbandsregelungen
bb. Delegierte Normsetzung durch Verbände – staatlich-institutioneller Rahmen und Gesetzesvorbehalt
cc. Bestätigung des „Facharzt“-Beschlusses
dd. Kritik an der Normsetzung kraft verliehener Satzungsautonomie nach dem „Facharzt“-Beschluß
b. Unterwerfung von Außenseitern unter staatlich delegiertes Satzungsrecht
3. Staatliche Verleihung von Satzungsautonomie und Tarifnormgeltung für Außenseiter
a. Zulässigkeit der Satzungsnormsetzung nach dem „Facharzt“-Beschluß und Tarifgeltung für Außenseiter
aa. Vergleichbarkeit der delegierten Rechtsetzung durch Berufsverbände und durch Tarifvertragsparteien
bb. Fehlende staatliche Integration der Tarifvertragsparteien
b. Der „Bergmannsversorgungsschein“-Beschluß als Zulässigkeitsmaßstab für Tarifnormen mit Außenseitergeltung
aa. BVerfG „Bergmannsversorgungsschein“: zur dynamischen Verweisung von Gesetzen auf Tarifnormen
bb. Vergleichbarkeit von dynamischer Verweisung und Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnisse
cc. Zur möglichen Reichweite der staatlichen Normsetzungsdelegation an die Tarifparteien
IV. Zusammenfassung zur staatlichen Rechtsetzungsdelegation als Grundlage der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung
§ 8. Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen mit Geltung für Verbandsmitglieder
I. Drittbezug in Normen
II. Außenseiterbezug in Tarifnormen
III. Außenseiterbezug in schuldrechtlichen Tarifvorschriften
§ 9. Grundrechtsbindung und staatliche Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung
I. Staatliche grundrechtsbezogene Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung mit Geltung für Verbandsmitglieder
1. Wandel der BAG-Rechtsprechung von der Grundrechtsgeltung zum Konzept der Schutzpflichten
2. Keine Grundrechtsgeltung beim Erlaß von Tarifnormen für Verbandsmitglieder
3. Grundrechtsbezogene staatliche Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung
a. Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte und grundrechtsbezogene staatliche Schutzpflichten
aa. Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte
bb. Grundrechtsbezogene staatliche Schutzpflichten
aaa. Das BVerfG zu grundrechtsbezogenen Schutzpflichten, insbesondere bei gestörter Vertragsparität
bbb. Zur generellen Tragfähigkeit des Konzepts der Schutzpflichten
ccc. Fehlende Rechtssicherheit bei der richterlichen Konkretisierung von Schutzpflichten
b. Tarifnormsetzung und gestörte Vertragsparität
aa. Unterschiedliche Ebenen gestörter Vertragsparität bei der Tarifnormsetzung
aaa. Gestörte Vertragsparität zwischen den Tarifparteien
bbb. Gestörte Vertragsparität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
ccc. Tarifvertrag und gestörte Vertragsparität zwischen Verbandsmitglied und Verband
bb. Staatliche Schutzpflichten gegenüber dem Arbeitnehmer
cc. Staatliche Schutzpflichten gegenüber dem Arbeitgeber
4. Zusammenfassung zu den staatlichen Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung mit Geltung für Verbandsmitglieder
II. Grundrechtsbindung bei der Tarifnormsetzung mit Geltung für Außenseiter
III. Schutzpflichten bei der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen mit Geltung für Verbandsmitglieder
1. Keine Grundrechtsgeltung bei der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen für Verbandsmitglieder
2. Schutzpflichtenlehre und Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen für Verbandsmitglieder
a. Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen für Verbandsmitglieder und gestörte Vertragsparität
b. Insbesondere: Ungleichbehandlung nach dem Kriterium der Verbandszugehörigkeit
aa. Erlaubte Nichtgeltung von Tarifvertragsvorschriften für Außenseiter
bb. Das BAG zur Unzulässigkeit von Differenzierungsklauseln
cc. Die Diskussion über die Differenzierungsklauseln
IV. Allgemeiner Gesetzesvorbehalt und Wesentlichkeitsvorbehalt bei der Tarifnormsetzung
V. Zusammenfassung zur Grundrechtsbindung und zu den staatlichen Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung
VI. Zusammenfassung Teil II
Teil III Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 TVG
§ 10. Rechtsprechung zu den betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen
I. Das BAG zu den im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifvertragsregelungen
II. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei der Arbeitszeitfestsetzung
1. Festsetzung der individuellen Wochenarbeitszeit – das BAG zum „Leber/Rüthers-Kompromiß“
2. Das BAG zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei der Festsetzung von Samstagsarbeit
III. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
1. Das BAG zur tariflichen Verlängerung der Mitteilungsfrist nach § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG
2. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei Einstellungen
a. Die „Spielbank“-Entscheidung – Erweiterung der Betriebsratsmitbestimmung bei Einstellungen
b. Die „Berufsförderungswerk“-Entscheidung – Betriebsratsmitbestimmung bei Einstellungen im Tendenzbetrieb
3. Tarifvorschriften über Auskunftspflichten gegenüber dem Betriebsrat
IV. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei der Ausgestaltung von Inhalts- und Beendigungsnormen
1. Mitbestimmung bei der Festsetzung von Akkordsätzen
2. Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung
3. Mitbestimmung bei der Verminderung von Entgeltsätzen bei Leistungsstörungen
4. Mitbestimmung bei der Festsetzung von Arbeitsausfällen an Feiertagen – „Rosenmontag“-Entscheidung
5. Mitbestimmung beim Übergang von barer zu bargeldloser Lohnzahlung
6. Freiwillige Mitbestimmung bei der Leistung tariflicher Erschwerniszulagen
7. Bewertung der Rechtsprechung
V. Das BAG zur tariflichen Regelung der betrieblichen Altersversorgung
§ 11. Im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Tarifvertragsregelungen
I. Tarifvertragliche Regelungen über fehlenden Tarifvorrang
II. Die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifvertragsregelungen im einzelnen
III. Wirkungsweise der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen
1. Normative Geltung
2. Geltung für die (Außenseiter-)Arbeitnehmer im Betrieb des tarifgebundenen Arbeitgebers
a. Überblick über die Diskussion
b. Wortlaut von § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 TVG
c. Geltung im „Betriebsverhältnis“?
d. Historische Auslegung
e. Wortlaut und systematische Stellung der BetrVG-Vorschriften über die Tarifvertragsregelungen
3. Betriebsverfassungsrechtliche Normen als reine Berechtigungstatbestände für Arbeitnehmer?
IV. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen
1. Rechtliche Betroffenheit der Außenseiter-Arbeitnehmer durch die im BetrVG vorgesehenen Tarifnormen
a. Betroffenheit bei Normen über die Erweiterung von Mitbestimmungsrechten nach Schwarze
b. Betroffenheit bei Normen, durch die in Freiheitsrechte eingegriffen wird oder eingegriffen werden kann
2. Die Regelungsinhalte der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen
a. Tarifnormen über die Schaffung neuer betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen, § 3 BetrVG
aa. Tarifnormen zur betriebsverfassungsrechtlichen Ersetzung des „Betriebs“ durch andere Einheiten, § 3 Abs. 1 Nrn. 1–3 BetrVG
bb. Tarifnormen über die Schaffung zusätzlicher Interessenvertretungen, § 3 Abs. 1 Nrn. 4, 5 BetrVG
b. Tarifnormen über die Verlängerung des Übergangsmandats des Betriebsrats, § 21a Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 BetrVG
c. Tarifnormen über die Größe von Betriebsvertretungen, § 38 Abs. 1 S. 5, § 47 Abs. 4, § 55 Abs. 4, § 72 Abs. 4, § 73a Abs. 4 i.V.m. § 72 Abs. 4 BetrVG
d. Tarifnormen über die Stimmgewichtung in Betriebsverfassungsorganen, § 47 Abs. 9, § 55 Abs. 4, § 72 Abs. 8, § 73a Abs. 4 i.V.m. § 72 Abs. 8 § 73a BetrVG
e. Tarifnormen über das Einigungsstellenverfahren, § 76a Abs. 5, § 76 Abs. 8 BetrVG
aa. Ersetzung betriebsverfassungsrechtlicher durch tarifliche Schlichtungsstellen, § 76 Abs. 8 BetrVG
aaa. Fehlende Konkretheit der gesetzlichen Regelungen über die tarifliche Schlichtungsstelle
bbb. Keine verfassungskonforme Auslegung von § 76 Abs. 8 BetrVG
bb. Tarifvertragsnormen über die Vergütung von Einigungsstellenmitgliedern, § 76a Abs. 5 BetrVG
aaa. Zur Regelung des § 76a Abs. 5 BetrVG
bbb. Fehlende rechtliche Betroffenheit von Außenseitern durch Tarifnormen nach § 76a Abs. 5 BetrVG
f. Tarifnormen über das Beschwerdewesen, § 86 BetrVG
aa. Sonderregelungen über die Einzelheiten des Beschwerde verfahr ens, § 86 S. 1 BetrVG
bb. Ersetzung der Einigungsstelle durch eine betriebliche Beschwerdestelle, § 86 S. 2 BetrVG
g. Tarifvorschriften über Betriebsvertretungen von Arbeitnehmern im Flugbetrieb, § 117 Abs. 2 BetrVG
h. Tarifnormen über die Betriebsverfassung bei der Umwandlung, § 325 Abs. 2 S. 1 UmwG
i. § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG – Ermächtigung zur „ergänzenden“ Tarifnormsetzung?
3. Grundrechte, Gesetzes- und Wesentlichkeitsvorbehalt beim Erlaß im BetrVG vorgesehener Tarifnormen
V. Zusammenfassung zu den im BetrVG vorgesehenen Tarifvertragsregelungen
§ 12. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen außerhalb des im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rahmens
I. „Betrieb“ und „Betriebsverfassung“ als arbeitsrechtliche Begriffe
1. „Betrieb“
2. „Verfassung“ des Betriebs
II. Auslegung des Begriffs der „betriebsverfassungsrechtlichen“ Tarifnormen mit Hilfe des BetrVG
1. Begrifflicher Zusammenhang mit den im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen
2. Begrifflicher Zusammenhang mit dem Mitbestimmungssystem des Betriebsverfassungsgesetzes
a. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen und Mitbestimmungsrechte nach dem BetrVG
b. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen und das Organisationsrechtdes BetrVG
III. Der Regelungsgegenstand „betriebsverfassungsrechtlicher“ Tarifnormen in der Gesetzgebungsgeschichte
1. Zur Tarifrechtsentwicklung vor dem TVG
2. Entstehung des TVG
3. Entstehung und Entwicklung des BetrVG
a. BetrVG 1952
b. BetrVG 1972
IV. Autonom-tarifvertragsrechtliche Auslegung des Begriffs „betriebsverfassungsrechtlich“ i.S.d. TVG
1. Übersicht über die Formulierungen des BAG bis 1997
2. Die Formel von der „Rechtsstellung der Arbeitnehmerschaft im Betrieb und der Organe“
3. Betriebsverfassungsrechtliche Normen als Kompetenzregelungen für Arbeitnehmervertretungen?
a. BAG „Leber/Rüthers-Kompromiß“: Betriebsverfassungsrechtliche Norm aufgrund des Entscheidungsmodus
b. Das Problem der verfahrensrechtlichen Umgehung des materiellen Regelungsrahmens für Tarifnormen
4. Bestimmung „betriebsverfassungsrechtlicher“ Tarifnormen durch Sachgruppen und Beispiele
5. Unterscheidung von Inhalt und Form betriebsleitender Entscheidungen (Dieterich)
V. Beschränkung auf die im Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehenen Tarifnormen
1. Einfach-rechtliche Bestimmung betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
2. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Bestimmung betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
a. Vorgaben für die Bestimmtheit der Rechtsgrundlagen betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
b. Materielle verfassungsrechtliche Vorgaben für den Erlaß betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
VI. Zusammenfassung zu den betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen außerhalb des im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rahmens
§ 13. Tarifliche Erweiterung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats
I. Keine Erweiterung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte durch betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen
1. Zur Billigung der tariflichen Erweiterung von Mitbestimmungsrechten durch BAG und Literatur
2. Inanspruchnahme betrieblicher Normsetzungsbefugnis für die tarifliche Erweiterung von Mitbestimmungsrechten?
II. Tarifliche Mitbestimmung des Betriebsrats bei Inhalts-, Abschluß- und Beendigungsnormen
1. Qualifizierung der Mitbestimmungsregelungen als Abschluß-, Inhalts- und Beendigungsnormen
a. Das BAG zur tariflichen Mitbestimmung des Betriebsrats bei Inhalts-, Abschluß- und Beendigungsnormen
b. Einordnung als „betriebsverfassungsrechtliche“ Normen wegen Begründung von Rechten des Betriebsrats
c. Tarifliche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zur Weimarer Zeit
d. Wechsel der Rechtsnatur durch Indienstnahme des Betriebsrats?
e. Geltungserstreckung auf Außenseiter als Grund für die Annahme „betriebsverfassungsrechtlicher“ Tarifnormen?
2. Beschränkung der Geltung auf Tarifgebundene nach § 3 Abs. 1 TVG
3. Grenzen der tariflichen Mitbestimmung des Betriebsrats bei Inhalts-, Abschluß- und Beendigungsnormen
a. Tarifvertragsrechtliche Grenzen
b. Betriebsverfassungsrechtliche Grenzen
III. Zusammenfassung zur tariflichen Erweiterung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats
§ 14. Konsequenzen für die vom BAG entschiedenen Fälle
I. Zu den vom BAG entschiedenen Fällen
II. Zusammenfassung Teil III
Teil IV Betriebliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 TVG
§ 15. Rechtsprechung zu den betrieblichen Tarifnormen
I. Rechtsprechung zur tariflichen Festsetzung der Arbeitszeit
1. Das BAG zur Festsetzung der individuellen Wochenarbeitszeit durch betriebliche Tarifnormen
2. Das BAG zum tariflich festgesetzen Arbeitszeitende im Einzelhandel
3. Das BAG zum tariflichen freien Silvestertag im Bankgewerbe
II. Tarifliche Regelungen zur Arbeitsgestaltung: das BAG zur Personalbemessung bei der Deutschen Bundespost
III. Entscheidungen zu qualitativen und quantitativen Besetzungsregeln
1. Qualitative Besetzungsregeln in der Druckindustrie
a. Qualitative Besetzungsregeln verfassungsgemäß, BAG 13.9.1983
b. Einordnung qualitativer Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen, BAG 26.4.1990 und 22.1.1991
2. Einordnung quantitativer Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen
a. Lehrlingsskalen, LAG Düsseldorf 19.9.1960
b. Quantitative Besetzungsregeln in der Druckindustrie als betriebliche Tarifnormen, BAG 17.6.1999
IV. Rechtsprechung zu Vorruhestand, betrieblicher Altersversorgung und Befristungsregelungen
1. Prozentuale Festsetzung vorruhestandsberechtigter Arbeitnehmer keine betriebliche Tarifnorm, BAG 21.1.1987
2. Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung keine betrieblichen Tarifnormen, BAG 23.2.1988
3. Befristungsregel keine betriebliche Tarifnorm, BAG 27.4.1988
§ 16. Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht
I. Regelungsgegenstand betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht
1. Grammatische und historische Auslegung
a. „Betrieb“ und betriebliche Tarifnorm
b. Historische Entwicklung der betrieblichen Tarifnormen und Anknüpfung an die „Solidarnormen“ Sinzheimers
aa. Zur Tarifrechtsentwicklung vor dem TVG
aaa. Anknüpfung an die „Solidarnormen“ Sinzheimers
bbb. Abweichende Ansätze bei der Umschreibung von „Solidarnormen“
ccc. Inhaltliche Bestimmung von „Solidarnormen“ zur Weimarer Zeit
bb. Entstehung des TVG
cc. Zusammenfassende Bewertung der Vorgeschichte betrieblicher Tarifnormen
2. Aufteilung der betrieblichen Normen in Sachgruppen
a. Aufteilung der betrieblichen Normen in Solidar-, Ordnungs- und Zulassungsnormen
aa. „Solidarnormen“ als Teilgruppe der betrieblichen Normen
bb. „Ordnungsnormen“ als Teilgruppe der betrieblichen Normen
cc. „Zulassungsnormen“ als Teilgruppe der betrieblichen Normen
b. Unterscheidung von Normen über Betriebsmittel, Mitarbeiterkreis und Betriebsorganisation (Dieterich)
c. Sachgruppenbildung am Maßstab der Eingriffsintensität betrieblicher Tarifnormen (Ingelfinger)
d. Weitere Modifizierungen der Aufteilung betrieblicher Normen in Sachgruppen
aa. Verweis auf die „Betriebsgestaltung“ bei Ausschluß von Leistungs- und Entgeltregelungen (Hentschel)
bb. Unterscheidung von Betriebsmitteln, Mitarbeiterkreis und organisatorischer Zusammenfassung (Schulz)
cc. Betriebliche Normen als eigene Form direktionsrechtlicher „Ordnungsnormen“ (Weidner)
3. Auslegung am Maßstab der einheitlichen Geltung aufgrund sachlogischer Zweckmäßigkeit durch das BAG
a. Die Entwicklung des Standpunkts der Rechtsprechung
aa. BAG-Rechtsprechung Ende der 80er Jahre: Orientierung an der „Organisationsgewalt des Arbeitgebers“
bb. Ab 1990: Orientierung des BAG am Zwang einheitlicher Geltung aufgrund sachlogischer Zweckmäßigkeit
b. Zur Tragfähigkeit der Definition betrieblicher Tarifnormen durch das BAG
aa. Die verfassungsrechtliche Argumentation des BAG
bb. Sachliche Unschärfe des vom BAG vertretenen Definitionsansatzes
cc. Rechtsfolgenorientierung des BAG
dd. Fehlende systematische Abgrenzung der betrieblichen Tarifnormen von anderen Tarifnormarten
c. (Teilweise) übereinstimmende Äußerungen zum Standpunkt des BAG
aa. Zusätzliche Orientierung am Direktionsrecht (Schliemann)
bb. Zulassung betrieblicher Tarifnormen zur „sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens“ (Schleusener)
cc. Zulassung betrieblicher Tarifnormen bei unmittelbarer Auswirkung auf Belegschaftsinteressen (Kreßel)
dd. Zulassung betrieblicher Normen unter Berücksichtigung von Betriebsverfassung und Wettbewerbsordnung (Rieble)
ee. Säcker und Oetker, „Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie“
4. Bestimmung des Regelungsgegenstandes betrieblicher Tarifnormen mit Hilfe des § 87 BetrVG
a. Anknüpfung an die Unterscheidung formeller und materieller Arbeitsbedingungen zu Zeiten des BetrVG 1952
aa. Nipperdey: Deckungsgleichheit von § 56 Abs. 1 BetrVG und betrieblichen Normen nach § 3 Abs. 2 TVG
bb. „Formelle“ Arbeitsbedingungen als Regelungsgegenstand des § 56 BetrVG 1952
b. Anknüpfung an die nach § 87 BetrVG erzwingbare Mitbestimmung bei der Bestimmung betrieblicher Normen
c. Die Argumente für die Anknüpfung an § 87 Abs. 1 BetrVG im einzelnen
aa. Abstellen auf den Tarifvorrang nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG
bb. Das Gleichbehandlungsargument
cc. Unterscheidung „formeller“ und „materieller“ Arbeitsbedingungen
dd. Systematische Parallelen zwischen § 87 BetrVG und § 3 Abs. 2 TVG
5. § 87 Abs. 1 Eingangssatz, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG als Rechtsgrundlagen betrieblicher Tarifnormen (H. Hanau)
6. Zusammenfassung zum Regelungsgegenstand betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht
II. Wirkungsweise der betrieblichen Tarifnormen nach einfachem Recht
1. Normative Geltung
2. Persönlicher Geltungsbereich
a. Geltung für organisierte Arbeitgeber und die bei ihnen errichteten Betriebsräte
b. Geltung für Arbeitnehmer
aa. Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte
bb. Geltung jedenfalls für organisierte Arbeitnehmer
cc. Geltung im „Betriebsverhältnis“?
3. Betriebliche Normen als reine Berechtigungstatbestände für Arbeitnehmer?
III. Zusammenfassung zu Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht
§ 17. Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des BetrVG
I. Verfassungsrechtliche Vorgaben für Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen
1. Verfassungsrechtliche Anforderungen an betriebliche Tarifnormen mit Geltung für Außenseiter
a. Keine Außenseitergeltung betrieblicher Tarifnormen
b. Unwirksamkeit betrieblicher Tarifnormen wegen fehlender Außenseitergeltung?
2. Verfassungsrechtliche Anforderungen an betriebliche Tarifnormen mit Geltung für Verbandsmitglieder
II. Bestimmung des Regelungsgegenstandes betrieblicher Tarifnormen anhand des BetrVG
1. Vorüberlegungen zur Bestimmung des Regelungsgegenstandes betrieblicher Tarifnormen anhand des BetrVG
2. Parallelen und Unterschiede betrieblicher Tarifnormsetzung und erzwingbarer Mitbestimmung nach BetrVG
a. Der Betriebsbezug als sachlich-gegenständliche Parallele
b. Abwägung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen im betrieblichen Kontext
c. Unterschiede zwischen betrieblicher Tarifnormsetzung und Mitbestimmung nach BetrVG
aa. Grundrechtsschutz und Vorrang für die tarifliche Gestaltung
bb. Betriebsverband als Zwangsverband
3. Nähere Ausgestaltung der Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand des BetrVG
a. Anknüpfung an die Erzwingbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmung
aa. Parallelität von zwingender Tarifnormsetzung und erzwingbarer Mitbestimmung nach dem BetrVG
bb. Einfach-rechtliche Vorgaben erzwingbarer Mitbestimmung im BetrVG
b. Keine Beschränkung auf die Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarung
c. Beschränkung auf den Regelungsgegenstand und die Reichweite erzwingbarer Mitbestimmung
d. Erschöpfende Erfassung „betrieblicher“ Gestaltung im BetrVG
aa. Beschränkung auf das im BetrVG vorgesehene Maß erzwingbarer Mitbestimmung
bb. Erzwingbare Mitbestimmung des Betriebsrats außerhalb des BetrVG – § 9 Abs. 3 ASiG
4. Beachtung materieller verfassungsrechtlicher Vorgaben beim Erlaß betrieblicher Tarifnormen
III. Zusammenfassung zur Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des BetrVG
§ 18. Konsequenzen für die in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fälle möglicher betrieblicher Tarifnormen
I. Konsequenzen für die vom BAG entschiedenen Fälle
1. Festsetzung der Arbeitszeit durch betriebliche Tarifnormen
a. Festsetzung der individuellen Wochenarbeitszeit
b. Arbeitszeitende im Einzelhandel
c. Freier Silvestertag im Bankgewerbe
2. Personalbemessung bei der Deutschen Bundespost durch betriebliche Tarifnormen
3. Qualitative Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen
a. Beschränkung auf Betriebe mit mehr als 500 Arbeitnehmern
b. Materielle Grenzen für den zulässigen Inhalt von qualitativen Besetzungsregeln
aa. Fachliche und persönliche Voraussetzungen (BAG 26.4.1990)
bb. Arbeitslosigkeit als sozialer Auswahlgesichtspunkt (BAG 13.9.1983 und 22.1.1991)
aaa. Zur Arbeitsmarktpolitik im Tarifvertrag
bbb. Arbeitsmarktpolitik und „soziale Gesichtspunkte“ i.S.d. § 95 Abs. 2 S. 1 BetrVG
ccc. Die qualitativen Besetzungsregeln in BAG 13.9.1983 und BAG 22.1.1991
c. Zusammenfassung zu den qualitativen Besetzungsregeln
4. Quantitative Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen
a. Lehrlingsskalen
b. Quantitative Besetzungsregeln der Druckindustrie
5. Vorruhestand, betriebliche Altersversorgung und Befristungsregelungen als betriebliche Tarifnormen
a. Vorruhestand und betriebliche Altersversorgung
b. Befristungsregelungen
II. Weitere, in der Literatur diskutierte Fälle möglicher betrieblicher Tarifnormen
1. Anordnung von Kurzarbeit aufgrund betrieblicher Tarifnormen
a. Anordnung von Kurzarbeit aufgrund Sozialrechts
b. Anordnung von Kurzarbeit aufgrund kollektiven Arbeitsrechts
c. Anordnung von Kurzarbeit bei betriebsverfassungsrechtlicher Ausformung betrieblicher Tarifnormen
2. Regelungen über Torkontrollen als betriebliche Tarifnormen (Fragen der Ordnung des Betriebs)
3. Vorschriften zur Unternehmensverfassung als betriebliche Tarifnormen
a. Zulässigkeitsgrenzen für betriebliche Tarifnormen über die Unternehmensverfassung
aa. Keine Unternehmensverfassung durch Normen mit Geltung für Außenseiter
bb. Verbot der Ungleichbehandlung von Organisierten und Außenseitern
cc. Grundrechtliche Unternehmerfreiheiten und einfach-rechtliche Grenzen tariflicher Unternehmensverfassung
b. Mitbestimmungsrechte für Vertrauensleute
III. Zusammenfassung zu den in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fällen betrieblicher Tarifnormen
IV. Zusammenfassung Teil IV
Teil V Schluß- und Abgrenzungsfragen
§ 19. Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften
I. Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen voneinander
II. Abgrenzung zu Inhalts-, Abschluß- und Beendigungsnormen
III. Abgrenzung zu den „Zulassungsnormen“
IV. Überschneidung mit Tarifnormen über gemeinsame Einrichtungen
1. Überblick zum Meinungsstand
2. Normen über gemeinsame Einrichtungen und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen
3. Normen über gemeinsame Einrichtungen und betriebliche Tarifnormen
V. Abgrenzung zu schuldrechtlichen Tarifvertragsvorschriften
1. Unterscheidung normativer und schuldrechtlicher Tarifvorschriften
2. Zulässigkeit schuldrechtlicher Tarifvertragsvorschriften anstelle unzulässiger normativer Regelungen?
VI. Zusammenfassung zur Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften
§ 20. Einzelfragen zur Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
I. Erfordernis der Tarifbindung eines Arbeitnehmers im Betrieb
II. Fortgeltung und Nachwirkung, § 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 5 TVG
1. Fortgeltung gemäß § 3 Abs. 3 TVG
2. Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG
a. Gründe für die Nachwirkung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
b. Gründe gegen die Nachwirkung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
c. Nachwirkung betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
aa. Tarifnormen über die Konstituierung der Betriebsvertretung
bb. Nachwirkung sonstiger betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
d. Nachwirkung betrieblicher Tarifnormen
III. Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips auf betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen
1. Keine Anwendung des Günstigkeitsprinzips auf betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen
2. Anwendung des Günstigkeitsprinzips auf betriebliche Tarifnormen
IV. Tarifkollisionsrecht und die Anwendung betrieblicher sowie betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
1. Tarifeinheit und Spezialitätsprinzip als Grundregeln des Tarifkollisionsrechts
2. Tarifpluralität: Können mehrere Tarifverträge im Betrieb eines Arbeitgebers gelten?
3. Tarifkollisionsrecht der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen
a. Kollision betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
b. Kollision betrieblicher Tarifnormen
4. Sonderfragen zum Tarifkollisionsrecht der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen
a. Kollisionsrecht der fortgeltenden, der nachwirkenden und der allgemeinverbindlichen Tarifnormen
aa. Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 TVG
bb. Fortgeltung, § 3 Abs. 3 TVG
cc. Nachwirkung, § 4 Abs. 5 TVG
b. Bezugnahme auf einen Tarifvertrag
c. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen im Gemeinschaftsbetrieb
5. Zusammenfassung zum Tarifkollisionsrecht der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen
V. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen bei Betriebsübergang und Umwandlung
1. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen beim Betriebsübergang
a. Keine Anwendung von § 613a BGB auf betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen
b. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen beim Wechsel des Betriebsinhabers
c. Betriebliche Tarifnormen beim Wechsel des Betriebsinhabers
2. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen bei der Umwandlung
a. Umwandlung eines verbandstariflich gebundenen Arbeitgebers
b. Umwandlung eines firmentariflich gebundenen Arbeitgebers
c. Sonderregeln für Tarifnormen über die Konstituierung der Betriebsvertretung
VI. Zusammenfassung zu Einzelfragen der Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
§ 21. Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
I. Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen nach § 5 TVG
1. Grundsätzliche Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung
2. Erweiterter Gegenstand betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen bei Allgemeinverbindlichkeit?
II. Erweiterung des Geltungsbereichs allgemeinverbindlicher Tarifverträge nach § 1 AEntG
III. Regelungen nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Mindestarbeitsbedingungen und nach § 1 Abs. 3a AEntG
§ 22. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen als Arbeitskampfziele
I. Kein Arbeitskampfverbot für betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen
1. Kein Arbeitskampfverbot für betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nach § 74 Abs. 2 BetrVG
2. Kein spezielles Arbeitskampfverbot für bestimmte Tarifnormen nach dem BetrVG
II. Kein Arbeitskampfverbot für betriebliche Tarifnormen
§ 23. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen im öffentlichen Dienst
I. Verbot tariflicher Regelungen zur Personalverfassung, §§ 3, 97 BPersVG
II. Rechtsprechung und Literatur zu §§ 3, 97 BPersVG
III. Unzulässigkeit betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen im öffentlichen Dienst
IV. Zusammenfassung Teil V
(1) Zur Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften:
(2) Zu Einzelfragen der Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen:
(3) Zur Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen:
(4) Zu den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen als Arbeitskampfzielen:
(5) Zu den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen im öffentlichen Dienst:
§ 24. Zusammenfassung der Ergebnisse
1. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen (Teil II)
2. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 TVG (Teil III)
3. Betriebliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 TVG (Teil IV)
4. Schluß- und Abgrenzungsfragen (Teil IV)
Literatur
Sachregister
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Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb: Gegenstand und Reichweite betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen
 9783161579226, 3161477677

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 64

Richard Giesen

Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb Gegenstand und Reichweite betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen

Mohr Siebeck

Riebard Giesen, geboren 1964; 1983-1984 Wehrdienst; 1984-1988 Studium der Rechtswissenschaften in Bonn und Freiburg i.Br.; 1989-1993 Referendar beim Landgericht Bonn; Unterbrechung der Referendariats zur Fertigung der Promotion; 1994 Rechtsanwalt in Bonn; 1995-2001 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn; 2001 Habilitation; im Wintersemester 2001/2002 Lehrstuhlvertretung für Bürgerliches Recht an der Universität zu Köln.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die Deutsehe

Bibliothek

-

CIP-Einkeitsaufnahme

Giesen, Richard: Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb : Gegenstand und Reichweite betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen / Richard Giesen. - Tübingen : Mohr Siebeck, 2002 (Jus privatum ; Bd. 64) 978-3-16-157922-6 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 3-16-147767-7

© 2002 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Garamond-Antiqua belichtet, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-9610

Vorwort Mit den betriebsbezogenen Tarifvorschriften normieren die Tarifvertragsparteien eine Materie, die über die reine Regelung von Arbeitsvertragsbedingungen hinausreicht. Zum einen betreffen solche Tarifvorschriften die unternehmerische Betätigung des Arbeitgebers. Zum anderen beeinflussen sie auch die Position der gewerkschaftlich nicht organisierten Arbeitnehmer im Betrieb, also der sogenannten Außenseiter. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat den Erlaß betriebsbezogener Tarifvorschriften meist gebilligt, und zwar als „Rechtsnormen des Tarifvertrages über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen" nach § 3 Abs. 2 TVG. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, Zulässigkeit und Grenzen der tarifvertraglichen Rechtsgestaltung für den Betrieb zu bestimmen. Die Arbeit ist im Sommersemster 2001 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Habilitationsschrift angenommen worden. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur sind auf dem Stand des 1. Januar 2002. Meinem verehrten Lehrer, Professor Dr. Meinhard Heinze, möchte ich herzlich danken für die mir gelassene wissenschaftliche Freiheit sowie für seine stetige und großzügige Förderung. Dem inzwischen leider verstorbenen Professor Dr. Herbert Fenn danke ich für die Erstattung des Zweitgutachtens. Außerdem danke ich meinem Kollegen Dr. Oliver Ricken, der die Arbeit an diesem Buch immer freundschaftlich und kompetent begleitet hat. Dank für kritisches Korrekturlesen gilt meiner Mutter, Erika Giesen, Dr. Iris Müller-Limbach, Dr. Nicolai Besgen und Michael Werner. Vor allem danke ich meiner Frau Elke für ihre liebevolle Unterstützung. Ihr ist die Arbeit gewidmet. Bonn, im Januar 2002

Richard

Giesen

Inhaltsübersicht Teil I. § 1. §2. §3. §4.

Zur Entwicklung der betrieblichen und der betriebsverfassungsrechtlichen Tarifvorschriften

Die Entwicklung des Begriffs der „Solidarnormen" durch Hugo Sinzheimer Anfang des 20. Jahrhunderts Die „Solidarnormen" und die tarifvertragliche Regelung betrieblicher Sachverhalte in der Weimarer Zeit Die „Solidarnormen" in der Zeit des Nationalsozialismus Der Weg zu den betriebsbezogenen Regelungen im Tarifvertragsgesetz . . . .

Teil II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen §5. §6. § 7. § 8. §9.

Vorfragen zur tarifvertraglichen Normsetzung Private Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung für Verbandsmitglieder Staatliche Rechtsetzungsdelegation als Grundlage der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen mit Geltung für Verbandsmitglieder Grundrechtsbindung und staatliche Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung

5 7 39 82 86

125 127 143 176 224 231

Teil III. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 T V G .

275

§10. Rechtsprechung zu den betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen §11. Im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Tarifvertragsregelungen § 12. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen außerhalb des im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rahmens §13. Tarifliche Erweiterung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats § 14. Konsequenzen für die vom BAG entschiedenen Fälle

277 290

Teil IV. Betriebliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 T V G

379

§15. Rechtsprechung zu den betrieblichen Tarifnormen §16. Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht §17. Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des BetrVG §18. Konsequenzen für die in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fälle möglicher betrieblicher Tarifnormen

381

Teil V.

Schluß- und Abgrenzungsfragen

§19. Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften

334 364 376

399 449 471 503 505

VIII

Inhaltsübersicht

§ 20. Einzelfragen zur Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen §21. Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen §22. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen als Arbeitskampfziele §23. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen im öffentlichen Dienst § 24. Zusammenfassung der Ergebnisse

518 556 560 565 572

Literaturverzeichnis

577

Sachregister

609

Inhaltsverzeichnis Einführung

1

Teil I Z u r Entwicklung der betrieblichen u n d der betriebsverfassungsrechtlichen Tarifvorschriften § 1.

D i e E n t w i c k l u n g des Begriffs d e r „ S o l i d a r n o r m e n " d u r c h H u g o S i n z h e i m e r A n f a n g des 20. J a h r h u n d e r t s

I. Z u m historischen H i n t e r g r u n d d e r Tarif n o r m e n l e h r e S i n z h e i m e r s . . 1. D i e ersten A n s ä t z e kollektiver V e r e i n b a r u n g e n 2. D i e F r a g e n a c h d e r G e l t u n g v o n Tarifvertragsregelungen a. Rechtsprechung: Verbindlichkeit von Tarifverträgen nur zwischen den Tarifvertragsparteien aa. Verbindlichkeit zwischen den Tarifvertragsparteien bb. Keine Verbindlichkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien . . . . b. Lotmar: Vertretungsrechtlich begründete Verbindlichkeit des Tarifvertrags zwischen Arbeitsvertragsparteien c. Sinzheimer: Rechtspolitische Forderung nach Verbindlichkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien d. Die Diskussion um den theoretischen Geltungsgrund von Tarifverträgen II. Sinzheimers „ S o l i d a r n o r m e n " 1. U m s c h r e i b u n g e n b e t r i e b s b e z o g e n e r T a r i f b e s t i m m u n g e n v o r Sinzheimer a. Lotmar: Tarifregelungen über das „Berufs-oder Klasseninteresse" . . . b. Rundstein: Tarifregelungen über „das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im allgemeinen" c. Wölbling: Tarifregelungen über „die Rechtsbeziehung zur Gesamtheit" 2. Sinzheimers „ D e r k o r p o r a t i v e A r b e i t s n o r m e n v e r t r a g " 3. Sinzheimers T a r i f n o r m e n s y s t e m a. Die „Berufsnormen" aa. „Soziale Berufsnormen" bb. „Individuelle Berufsnormen" b. Die „Arbeitsnormen" aa. „Allgemeine Arbeitsnormen" (Organisationsklauseln/Besetzungsregeln) bb. Zu den „besonderen Arbeitsnormen", insbesondere den „Solidarnormen" aaa. Tatbestand der „Solidarnormen" bbb. Rechtsfolgen der „Solidarnormen"

7 7 7 11 11 11 12 14 14 15 17 18 18 19 20 22 23 25 25 25 26 26 27 28 29

X

Inhaltsverzeichnis 4. A u ß e n s e i t e r u n d S o l i d a r n o r m e n bei S i n z h e i m e r a. Tarifbindung von Außenseitern b. „Faktische Fernwirkung" von Solidarnormen c. Eingriffe und Benachteiligungen durch Solidarnormen aa. Benachteiligung der Arbeitnehmer durch Solidarnormen? bb. Insbesondere: Benachteiligung durch „allgemeine Arbeitsnormen" aaa. Organisationsklauseln bbb. Qualitative und quantitative Besetzungsnormen

29 31 33 34 34 35 35 36

5. Ü b e r s c h n e i d u n g e n v o n „ S o l i d a r n o r m e n " u n d a n d e r e n Normarten

37

a. „Solidarnormen" und „allgemeine Arbeitsnormen" b. „Solidarnormen" und „Berufsnormen" c. „Solidarnormen" und „Individualnormen" aa. Rechtsfolgenbezogene Sichtweise bb. Gegenstandsbezogene Sichtweise

37 37 37 37 38

I I I . Z u s a m m e n f a s s u n g z u r E n t w i c k l u n g des B e g r i f f s der „Solidarnormen" durch H u g o Sinzheimer §2.

39

D i e „ S o l i d a r n o r m e n " u n d die t a r i f v e r t r a g l i c h e R e g e l u n g b e t r i e b l i c h e r S a c h v e r h a l t e in der W e i m a r e r Z e i t

39

I. D i e E n t w i c k l u n g bis z u r T a r i f v e r t r a g s v e r o r d n u n g

39

I I . R e g e l u n g b e t r i e b l i c h e r S a c h v e r h a l t e in der Tarifvertragsverordnung

41

1. D i e G r u n d z ü g e der T a r i f v e r t r a g s v e r o r d n u n g 1 9 1 8

41

2 . A u ß e n s e i t e r b i n d u n g d u r c h die T a r i f v e r t r a g s v e r o r d n u n g

43

a. Grundsatz: Keine Außenseitergeltung von Tarifvertragsnormen

43

b. Ausnahme: Allgemeinverbindlicherklärung

45

3. K e i n e E r f a s s u n g der „ S o l i d a r n o r m e n " d u r c h die Tarifvertragsverordnung a. „Inhaltsnormen" als ausschließlicher Regelungsgegenstand der Tarifvertragsverordnung b. Die „Abschlußnormen" als „Nicht-Inhaltsnormen" aa. Der Begriff der „Abschlußnorm" bb. Wiedereinstellungsklauseln als „Abschlußnormen" c. Die „Solidarnormen" und die Tarifvertragsverordnung aa. Rechtsprechung: Einordnung als Nicht-„Inhaltsnormen" ohne Benennung als „Solidarnormen" bb. Die „Solidarnormen" in der Literatur aaa. Einordnung der Solidarnormen als Nicht-Inhaltsnormen . . bbb. Mögliche Uberschneidung von Solidar- und Inhaltsnormen (Jacobi) ccc. Der Gegensatz von rechtsfolgen- und gegenstandsbezogener Sichtweise bei der Definition der Solidarnorm cc. Sonderweg: die Unterscheidung von formellen und materiellen Arbeitsbedingungen (Schuldt)

46 46 48 48 49 50 50 52 52 54

56 57

Inhaltsverzeichnis

XI

III. Tarifvertragliche Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Sachverhalte 1. Tarifvertrag und Betriebsverfassung im Betriebsrätegesetz von 1920 2. Tarifvertragliche Sondervertretungen nach §§62-65 Betriebsrätegesetz a. Ausweitung des Tarifvertragsgegenstandes auf „Solidarnormen" b. Erfassung der Außenseiter im Betrieb durch Allgemeinverbindlicherklärung

....

3. Tarifvertragliche Erweiterung von Betriebsratsbefugnissen a. Betriebsratsbefugnisse obligatorischer N a t u r b. Betriebsratsbefugnisse bei der Ausgestaltung normativer Tarifvertragsregelungen

4. Zusammenfassung zur tarifvertraglichen Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Sachverhalte IV. Erfassung von „Solidarnormen" im Arbeitsgerichtsgesetz und in der Arbeitszeitverordnung? 1. Schiedsrechtliche Tarifvertragsregelungen im Arbeitsgerichtsgesetz 1926 2. Zulassungsnormen nach der Arbeitszeitverordnung 1923

58 58 59 59 60

61 61 62

63 64 64 65

V. Die Solidarnormen in der Weimarer rechtspolitischen Diskussion .. 1. Der Entwurf eines Arbeitstarifgesetzes von 1921 2. Weitere rechtspolitische Konzepte zur Stärkung der Solidarnormen

66 66

a. Ausweitung der normativen Wirkung (Sinzheimer, Kahn-Freund) . . . b. Unmittelbare schuldrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers (Nipperdey, Lautner, Potthoff) c. Regelung der Betriebsverfassung durch normative Tarifvertragsvorschriften (Potthoff)

69

3. Der Entwurf für ein deutsch-österreichisches Tarifvertragsgesetz (1931) a. Beschränkung der normativen Geltung auf die „Inhaltsnormen" . . . . b. Schuldrechtliche Verpflichtung von Tarifgebundenen durch Solidarnormen aa. Gesetzliche Ermöglichung schuldrechtlicher Tarifverpflichtungen bb. Erfassung der Solidarnormen cc. Verpflichtung von Arbeitnehmern? dd. Freie Auswahl der Berechtigten c. Schuldrechtliche Tarifwirkung für Außenseiter bei Beschäftigten tarifgebundener Arbeitgeber d. Zusammenfassung: Solidarnormen und Außenseiterbindung im deutsch-österreichischen Gesetzentwurf von 1931

VI. Zusammenfassung zur tarifvertraglichen Regelung betrieblicher Sachverhalte in der Weimarer Zeit

68

70 71

72 73 74 74 76 77 77 77 79

80

XII

§3.

Inhaltsverzeichnis

Die „Solidarnormen" in der Zeit des Nationalsozialismus

82

I. Entwicklung zur diktatorischen Bestimmung der Arbeitsbedingungen II. „Solidarnormen" unter Geltung des A O G 1. Einordnung der „Solidarnormen" als Unterart der „Inhaltsnormen" 2. „Solidarnormen" als Gegenstand von Tarifordnungen 3. Bedeutungslosigkeit des Begriffs der „Solidarnorm" § 4.

82 84 84 85 86

Der Weg zu den betriebsbezogenen Regelungen im Tarifvertragsgesetz

86

I. Die Zeit von 1945 bis zu den Vorentwürfen des TVG 1. Das Tarifvertragsrecht bis zu den Vorentwürfen des TVG 2. Die Betriebsverfassung nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 3. Das Problem der landesrechtlichen Betriebsverfassungsgesetze ..

86 86 89 90

a. Betriebsverfassungsrecht neben dem Kontrollratsgesetz Nr. 22

90

b. Zulässigkeit landesrechtlicher Betriebsverfassungsgesetze

91

4. Zum Verhältnis von Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht II. Die Entstehungsbedingungen des Tarifvertragsgesetzes III. Die vorparlamentarischen Entwürfe und der Weg zu den „betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen" 1. Entwürfe des Zentralamtes für Arbeit der britischen Zone in Lemgo

92 94 95 95

a. Erweiterung des Regelungsgegenstandes über die „Inhaltsnormen" hinaus auch auf „betriebliche Fragen" b. Keine Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher Fragen

96 ..

2. Nipperdeys Vorschlag zur Aufnahme betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Regelungen a. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen" . b. Keine Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen

3. Die Entwürfe des Länderrates in Stuttgart 1948 a. Vorarbeiten in der amerikanischen Besatzungszone b. Der Arbeitsentwurf für den Länderrat vom 16.4. 1948 aa. Die „Betriebsverfassung" als Regelungsgegenstand bb. Außenseitergeltung bei der Regelung der Betriebsverfassung? . . . c. Der „Zusmarshausener Entwurf" vom Juli 1948 aa. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen" bb. Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen? d. Entwurf der Verwaltung für Arbeit in Frankfurt vom 9.10. 1948 . . . .

98

98 98 99

99 99 100 100 100 101 101 101 102

Inhaltsverzeichnis

XIII

4. A r b e i t g e b e r e n t w u r f v o m 2 2 . 6 . 1948: B e s c h r ä n k u n g auf d i e „Inhaltsnormen"

102

IV. D i e p a r l a m e n t a r i s c h e n G e s e t z e n t w ü r f e u n d d e r W e g z u r verbindlichen Regelung betrieblicher Sachverhalte

103

1. V o n N i p p e r d e y v e r f a ß t e G e w e r k s c h a f t s v o r s c h l ä g e u n d SPD-Entwurf

103

a. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen" . b. Keine Außenseitererfassung bei der Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen

103 104

2. D i e E n t w ü r f e d e r R e d a k t i o n s k o m m i s s i o n v o m 2 6 . 1 0 . 1948 u n d d e s A u s s c h u s s e s f ü r A r b e i t v o m 3 . 1 1 . 1948 a. Erfassung „betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen", §1 T V G b. Erste Ansätze zur Außenseitererfassung durch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche N o r m e n c. Die Formulierung des heutigen § 3 Abs. 2 T V G d. Die Formulierung des heutigen §4 Abs. 1 S. 2 T V G e. Keine Veränderungen hinsichtlich der betriebsbezogenen Tarifnormen im Tarifvertragsgesetz vom 9.4. 1949 3. B e t r i e b s b e z o g e n e Tarif n o r m e n i m r h e i n l a n d - p f ä l z i s c h e n Tarifvertragsgesetz V. M o t i v e u n d K o n z e p t i o n d e s h i s t o r i s c h e n G e s e t z g e b e r s

105 105 106 106 107 107 108 109

1. Z u m e r w e i t e r t e n R e g e l u n g s g e g e n s t a n d d e r Tarifvertragsvorschriften a. Regelung betrieblicher Fragen - Gleichstellung mit den „Solidarnormen"? aa. Nachträgliche Bewertung Herschels: Gleichstellung mit den „Solidarnormen" bb. Begriffliche Abkoppelung von den „Solidarnormen" cc. Wechsel von der rechtsfolgenbezogenen zur gegenstandsbezogenen Definition betriebsbezogener Tarifvorschriften b. Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen aa. Die rechtspolitische Diskussion um die tarifvertragliche Regelung des Betriebsverfassungsrechts bb. Tarifvertragliche Gestaltung der Betriebsverfassung in den gesetzlichen Grenzen

109 109 109 110

111 112 112 113

2. E r f a s s u n g v o n A u ß e n s e i t e r n d u r c h b e t r i e b l i c h e u n d betriebsverfassungsrechtliche Tarifregelungen

115

3. N o r m a t i v e W i r k u n g d e r b e t r i e b l i c h e n u n d betriebsverfassungsrechtlichen Tarifregelungen

116

4. D i e M o t i v e d e r S o z i a l p a r t n e r u n d d e r E i n f l u ß d e r B e r a t e r a. Herschels Bericht b. Positionen und Interessen der Sozialpartner c. Einfluß der Berater

118 118 118 119

XIV

Inhaltsverzeichnis

5. Offene Fragen: Benachteiligung von Arbeitnehmern und Adressatenstellung von Außenseitern a. Betriebsbezogene Tarifnormen als reine Berechtigungstatbestände für Arbeitnehmer b. Adressatenstellung von Außenseitern

VI. Zusammenfassende Würdigung zur Nachkriegsentwicklung bis zu den betriebsbezogenen Regelungen im TVG

120 120 121

121

Teil II

Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen §5.

Vorfragen zur tarifvertraglichen Normsetzung

I. Normcharakter von Tarifvertragsvorschriften 1. Rechtsnormcharakter nach dem Tarifvertragsgesetz 2. Historische Erklärungsmodelle zur nicht-normativen Wirkung des Tarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis

127 127 127 129

a. „Vertretungstheorie" und „kombinierte Theorie"

129

b. Theorie des „kollektiven Schuldvertrags" (Jacobi)

130

3. Alternative Erklärungsmodelle zur nicht-normativen Wirkung des Tarifvertrags unter Geltung des TVG a. Vertretungsrechtliche Tarifvertragsdeutung aufgrund der „Differenzierungstheorie" (Ramm) b. Gesetzliche Zulassung eines schuldrechtlichen Vertrags zu Lasten Dritter c. Leistungsbestimmung durch Dritte nach §317 BGB

131 131 132 132

4. Insbesondere: Normcharakter betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifvorschriften

133

II. Privatrechtscharakter von Tarifvertragsnormen III. Möglichkeit der Normsetzung durch Private 1. Historische Argumente für die private Normsetzung 2. Private Normsetzung und Grundgesetz 3. Private Normsetzung und einfaches Gesetzesrecht

134 137 137 138 142

§ 6.

Private Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung für Verbandsmitglieder

I. Delegationstheorie 1. Die alte BAG-Rechtsprechung: Delegation durch Tarifvertragsgesetz 2. Delegation durch Art.9 Abs.3 GG? a. Z u m Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 G G aa. Adressaten und Ausprägungen der Koalitionsfreiheit

143 146 146 147 148 148

Inhaltsverzeichnis bb. Zur früheren „Kernbereichstheorie" b. Normsetzungsbefugnis innerhalb des Schutzbereiches?

3. Delegation durch Art. 80 GG? 4. Delegation durch einfaches Gesetzesrecht II. Autonomietheorie 1. Vertrags-und vertretungsrechtliche Autonomiekonzepte 2. Die neue BAG-Rechtsprechung: verbandsrechtliche autonome Normsetzung 3. Verbandsrechtliche Autonomiemodelle ohne Rückgriff auf flankierendes Gesetzesrecht

XV 152 154

156 157 158 158 159 161

a. „Tarifgemeinschaft"

162

b. „Vereinbarung"

164

4. Verbandsrechtliche Autonomiemodelle mit Rückgriff auf flankierendes Gesetzesrecht a. Notwendigkeit flankierender Gesetzesregelungen für private Tarifnormsetzung b. Gesetzliche Regelung der Tarifnormsetzung - Indiz für staatliche Delegation? aa. Unterscheidung von Delegation staatlicher Macht und staatlicher Ausgestaltung privater Autonomie bb. Die Lehre von der staatlichen Rechtsanerkennung als Variante der Autonomielehre (F. Kirchhof, Waltermann) cc. Die Lehre von der staatlichen Rechtsanerkennung als Variante der Delegationslehre (Belling, Hartmann) c. Rückführung vertraglicher Tarifnormsetzung auf die Verbände

III. Private Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung beim Firmentarifvertrag IV. Zusammenfassung zur privaten Verbandsautonomie als Grundlage der Tarifnormsetzung für Verbandsmitglieder

§ 7. Staatliche Rechtsetzungsdelegation als Grundlage der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung I. Die Bewertung der Allgemeinverbindlicherklärung durch das BVerfG 1. Allgemeinverbindlicherklärung als eigener staatlicher Rechtsetzungsakt mit Grundrechtsbindung 2. Allgemeinverbindlicherklärung und Koalitionsfreiheit II. Mögliche Rechtsgrundlagen der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung 1. Autonomie als mögliche Grundlage für Tarifvertragsnormen mit Außenseitergeltung? a. Keine verbandsautonome Außenseitergeltung von Tarifnormen b. Extensive Auslegung der Regelungsbefugnisse nach Art. 9 Abs. 3 G G - „erweiterte Autonomie"

166 166 167 167 168 169 170

173 175

176 176 176 178 180 181 181 184

XVI

Inhaltsverzeichnis c. „Legitimationslehre" und Notwendigkeit der Rechtsgrundlage für Tarifnormen mit Außenseitergeltung aa. Die „Legitimationslehre" bb. Unscharfe des Begriffs der „Legitimation"

185 185 186

2. Staatliche D e l e g a t i o n als m ö g l i c h e G r u n d l a g e außenseitergerichteter Tarifvertragsnormen a. Außenseitergeltung nach T V G aufgrund vorkonstitutioneller oder konstitutionell konsentierter Delegation? b. Staatliche Delegation durch Art.9 Abs.3 G G

189 189 191

3. V e r z i c h t b a r k e i t e i n e r R e c h t s g r u n d l a g e f ü r d i e T a r i f n o r m s e t z u n g mit Außenseitergeltung? a. Die Kritik an der „Legitimationslehre" und ihr Bestreiten der Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage b. Möglicher Verbandsbeitritt der Außenseiter - das Problem der negativen Koalitionsfreiheit c. Hinweis auf andere Fremdbestimmungstatbestände im Arbeitsrecht . d. N o r m s e t z u n g über Außenseiter aufgrund möglicher schuldrechtlicher Regelungen (Weyand, Schmidt-Eriksen) e. Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung aufgrund struktureller Erwägungen aa. Ordnungsfunktion des Tarifvertrags und Tarifgeltung für Außenseiter bb. „Richtigkeitsgewähr" des Tarifvertrags und Tarifgeltung für Außenseiter cc. Gleichbehandlungsgebot und Tarifgeltung für Außenseiter dd. Kompensation von Vor- und Nachteilen der Tarifgeltung für Außenseiter ee. Zulassung nur nicht-belastender N o r m e n ; Orientierung am Direktionsrecht

192 192 193 196 198 199 199 202 203 204 205

I I I . A n f o r d e r u n g e n an d i e D e l e g a t i o n d e r N o r m s e t z u n g m i t Außenseitergeltung

207

1. M ö g l i c h k e i t e n n i c h t p a r l a m e n t a r i s c h e r s t a a t l i c h e r N o r m s e t z u n g .

207

a. b. c. d.

Normsetzung Normsetzung Ermächtigung Normsetzung

kraft Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt . . . . kraft verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums . . . zum Erlaß von Rechtsverordnungen kraft verliehener Satzungsautonomie

207 208 209 209

2. G r u n d l a g e n u n d G r e n z e n d e r N o r m s e t z u n g k r a f t v e r l i e h e n e r Satzungsautonomie a. Der „Facharzt"-Beschluß des BVerfG aa. Sachnähe und Interessengerechtigkeit von Verbandsregelungen . . bb. Delegierte N o r m s e t z u n g durch Verbände staatlich-institutioneller Rahmen und Gesetzesvorbehalt cc. Bestätigung des „Facharzt"-Beschlusses dd. Kritik an der N o r m s e t z u n g kraft verliehener Satzungsautonomie nach dem „Facharzt"-Beschluß b. Unterwerfung von Außenseitern unter staatlich delegiertes Satzungsrecht

209 209 210 210 213 213 215

Inhaltsverzeichnis

XVII

3. Staatliche V e r l e i h u n g v o n S a t z u n g s a u t o n o m i e u n d Tarifnormgeltung für Außenseiter a. Zulässigkeit der Satzungsnormsetzung nach dem „Facharzt"-Beschluß u n d Tarifgeltung für Außenseiter aa. Vergleichbarkeit der delegierten Rechtsetzung durch Berufsverbände u n d durch Tarifvertragsparteien bb. Fehlende staatliche Integration der Tarifvertragsparteien b. Der „Bergmannsversorgungsschein"-Beschluß als Zulässigkeitsmaßstab für Tarifnormen mit Außenseitergeltung aa. BVerfG „Bergmannsversorgungsschein": zur dynamischen Verweisung von Gesetzen auf Tarifnormen bb. Vergleichbarkeit von dynamischer Verweisung und Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnisse cc. Zur möglichen Reichweite der staatlichen Normsetzungsdelegation an die Tarifparteien

217 217 217 217 219 220 221 222

IV. Z u s a m m e n f a s s u n g z u r s t a a t l i c h e n R e c h t s e t z u n g s d e l e g a t i o n als Grundlage der Tarifnormsetzung mit Außenseitergeltung

§ 8.

E i n b e z i e h u n g v o n A u ß e n s e i t e r n in T a r i f n o r m e n m i t G e l t u n g f ü r Verbandsmitglieder

I. D r i t t b e z u g in N o r m e n II. A u ß e n s e i t e r b e z u g in T a r i f n o r m e n I I I . A u ß e n s e i t e r b e z u g in s c h u l d r e c h t l i c h e n T a r i f v o r s c h r i f t e n

§ 9.

223

224 225 226 229

G r u n d r e c h t s b i n d u n g u n d s t a a t l i c h e S c h u t z p f l i c h t e n bei d e r Tarifnormsetzung

231

I. Staatliche g r u n d r e c h t s b e z o g e n e S c h u t z p f l i c h t e n bei d e r Tarifnormsetzung mit Geltung für Verbandsmitglieder

231

1. W a n d e l d e r B A G - R e c h t s p r e c h u n g v o n d e r G r u n d r e c h t s g e l t u n g z u m Konzept der Schutzpflichten

232

2. K e i n e G r u n d r e c h t s g e l t u n g b e i m E r l a ß v o n Tarif n o r m e n f ü r Verbandsmitglieder

235

3. G r u n d r e c h t s b e z o g e n e s t a a t l i c h e S c h u t z p f l i c h t e n bei d e r Tarifnormsetzung

237

a. Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte und grundrechtsbezogene staatliche Schutzpflichten aa. Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte bb. Grundrechtsbezogene staatliche Schutzpflichten aaa. Das BVerfG zu grundrechtsbezogenen Schutzpflichten, insbesondere bei gestörter Vertragsparität bbb. Zur generellen Tragfähigkeit des Konzepts der Schutzpflichten ccc. Fehlende Rechtssicherheit bei der richterlichen Konkretisierung von Schutzpflichten b. Tarifnormsetzung und gestörte Vertragsparität

237 237 239 239 242 244 246

XVIII

Inhaltsverzeichnis aa. Unterschiedliche Ebenen gestörter Vertragsparität bei der Tarifnormsetzung aaa. Gestörte Vertragsparität zwischen den Tarifparteien bbb. Gestörte Vertragsparität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ccc. Tarifvertrag und gestörte Vertragsparität zwischen Verbandsmitglied und Verband bb. Staatliche Schutzpflichten gegenüber dem Arbeitnehmer cc. Staatliche Schutzpflichten gegenüber dem Arbeitgeber

4. Zusammenfassung zu den staatlichen Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung mit Geltung für Verbandsmitglieder II. Grundrechtsbindung bei der Tarifnormsetzung mit Geltung für Außenseiter III. Schutzpflichten bei der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen mit Geltung für Verbandsmitglieder 1. Keine Grundrechtsgeltung bei der Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen für Verbandsmitglieder 2. Schutzpflichtenlehre und Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen für Verbandsmitglieder a. Einbeziehung von Außenseitern in Tarifnormen für Verbandsmitglieder und gestörte Vertragsparität b. Insbesondere: Ungleichbehandlung nach dem Kriterium der Verbandszugehörigkeit aa. Erlaubte Nichtgeltung von Tarifvertragsvorschriften für Außenseiter bb. Das B A G zur Unzulässigkeit von Differenzierungsklauseln cc. Die Diskussion über die Differenzierungsklauseln

IV. Allgemeiner Gesetzesvorbehalt und Wesentlichkeitsvorbehalt bei der Tarifnormsetzung V. Zusammenfassung zur Grundrechtsbindung und zu den staatlichen Schutzpflichten bei der Tarifnormsetzung VI. Zusammenfassung Teil II

246 247 248 249 250 253

255 256 258 259 259 260 262 263 264 266

268 270 271

Teil III

Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nach § 3 Abs. 2 T V G §10. Rechtsprechung zu den betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen I. Das BAG zu den im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifvertragsregelungen II. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei der Arbeitszeitfestsetzung 1. Festsetzung der individuellen Wochenarbeitszeit - das BAG zum „Leber/Rüthers-Kompromiß"

277 277 277 277

Inhaltsverzeichnis

2. Das BAG zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei der Festsetzung von Samstagsarbeit III. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen 1. Das BAG zur tariflichen Verlängerung der Mitteilungsfrist nach §99 Abs. 3 S.l BetrVG 2. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei Einstellungen a. Die „Spielbank"-Entscheidung - Erweiterung der Betriebsratsmitbestimmung bei Einstellungen

XIX

279 280 280 281 281

b. Die „Berufsförderungswerk"-Entscheidung Betriebsratsmitbestimmung bei Einstellungen im Tendenzbetrieb . . . .

3. Tarifvorschriften über Auskunftspflichten gegenüber dem Betriebsrat IV. Entscheidungen zur tariflichen Betriebsratsmitbestimmung bei der Ausgestaltung von Inhalts- und Beendigungsnormen 1. Mitbestimmung bei der Festsetzung von Akkordsätzen 2. Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung 3. Mitbestimmung bei der Verminderung von Entgeltsätzen bei Leistungsstörungen 4. Mitbestimmung bei der Festsetzung von Arbeitsausfällen an Feiertagen - „Rosenmontag"-Entscheidung 5. Mitbestimmung beim Übergang von barer zu bargeldloser Lohnzahlung 6. Freiwillige Mitbestimmung bei der Leistung tariflicher Erschwerniszulagen 7. Bewertung der Rechtsprechung V. Das BAG zur tariflichen Regelung der betrieblichen Altersversorgung §11. Im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Tarifvertragsregelungen . I. Tarifvertragliche Regelungen über fehlenden Tarifvorrang II. Die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifvertragsregelungen im einzelnen III. Wirkungsweise der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen 1. Normative Geltung 2. Geltung für die (Außenseiter-)Arbeitnehmer im Betrieb des tarifgebundenen Arbeitgebers a. b. c. d.

Uberblick über die Diskussion Wortlaut von § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 T V G Geltung im „Betriebsverhältnis"? Historische Auslegung

283

285 285 285 286 287 287 288 288 289 289 290 290 292 294 294 295 295 297 298 299

XX

Inhaltsverzeichnis e. Wortlaut und systematische Stellung der BetrVG-Vorschriften über die Tarifvertragsregelungen

300

3. B e t r i e b s v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e N o r m e n als r e i n e Berechtigungstatbestände für Arbeitnehmer?

301

IV. V e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e A n f o r d e r u n g e n a n d i e i m Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen

303

1. R e c h t l i c h e B e t r o f f e n h e i t d e r A u ß e n s e i t e r - A r b e i t n e h m e r d u r c h die im B e t r V G vorgesehenen T a r i f n o r m e n a. Betroffenheit bei N o r m e n über die Erweiterung von Mitbestimmungsrechten nach Schwarze b. Betroffenheit bei N o r m e n , durch die in Freiheitsrechte eingegriffen wird oder eingegriffen werden kann

303 304 306

2. D i e R e g e l u n g s i n h a l t e d e r i m B e t r i e b s v e r f a s s u n g s g e s e t z vorgesehenen Tarifnormen a. Tarifnormen über die Schaffung neuer betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen, § 3 BetrVG aa. Tarifnormen zur betriebsverfassungsrechtlichen Ersetzung des „Betriebs" durch andere Einheiten, §3 Abs. 1 N r n . 1 - 3 BetrVG . bb. Tarifnormen über die Schaffung zusätzlicher Interessenvertretungen, §3 Abs. 1 N r n . 4, 5 BetrVG b. Tarifnormen über die Verlängerung des Ubergangsmandats des Betriebsrats, §21a Abs. 1 S.4, Abs.2 S.2, Abs.3 BetrVG c. Tarifnormen über die Größe von Betriebsvertretungen, §38 Abs. 1 S. 5, § 47 Abs. 4, § 55 Abs. 4, § 72 Abs. 4, § 73a Abs. 4 i.V.m. § 72 Abs. 4 BetrVG d. Tarifnormen über die Stimmgewichtung in Betriebsverfassungsorganen, §47 Abs. 9, §55 Abs. 4, §72 Abs. 8, §73a Abs.4 i.V.m. §72 Abs. 8 §73a BetrVG e. Tarifnormen über das Einigungsstellenverfahren, §76a Abs. 5, §76 Abs. 8 BetrVG aa. Ersetzung betriebsverfassungsrechtlicher durch tarifliche Schlichtungsstellen, § 76 Abs. 8 BetrVG aaa. Fehlende Konkretheit der gesetzlichen Regelungen über die tarifliche Schlichtungsstelle bbb. Keine verfassungskonforme Auslegung von § 76 Abs. 8 BetrVG bb. Tarifvertragsnormen über die Vergütung von Einigungsstellenmitgliedern, § 76a Abs. 5 BetrVG aaa. Zur Regelung des § 76a Abs. 5 BetrVG bbb. Fehlende rechtliche Betroffenheit von Außenseitern durch Tarifnormen nach § 76a Abs. 5 BetrVG f. Tarifnormen über das Beschwerdewesen, § 86 BetrVG aa. Sonderregelungen über die Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens, § 86 S. 1 BetrVG bb. Ersetzung der Einigungsstelle durch eine betriebliche Beschwerdestelle, § 86 S. 2 BetrVG g. Tarifvorschriften über Betriebsvertretungen von Arbeitnehmern im Flugbetrieb, § 117 Abs. 2 BetrVG

307 307 308 310 311

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Inhaltsverzeichnis h. Tarifnormen über die Betriebsverfassung bei der Umwandlung, §325 Abs. 2 S. 1 U m w G i. §77 Abs. 3 S.2 BetrVG - Ermächtigung zur „ergänzenden" Tarifnormsetzung?

3. Grundrechte, Gesetzes- und Wesentlichkeitsvorbehalt beim Erlaß im BetrVG vorgesehener Tarifnormen V. Zusammenfassung zu den im BetrVG vorgesehenen Tarifvertragsregelungen § 12. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen außerhalb des im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rahmens I. „Betrieb" und „Betriebsverfassung" als arbeitsrechtliche Begriffe . . . 1. „Betrieb" 2. „Verfassung" des Betriebs II. Auslegung des Begriffs der „betriebsverfassungsrechtlichen" Tarifnormen mit Hilfe des BetrVG 1. Begrifflicher Zusammenhang mit den im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Tarifnormen 2. Begrifflicher Zusammenhang mit dem Mitbestimmungssystem des Betriebsverfassungsgesetzes a. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen und Mitbestimmungsrechte nach dem BetrVG b. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen und das Organisationsrechtdes BetrVG

III. Der Regelungsgegenstand „betriebsverfassungsrechtlicher" Tarifnormen in der Gesetzgebungsgeschichte 1. Zur Tarifrechtsentwicklung vor dem TVG 2. Entstehung des TVG 3. Entstehung und Entwicklung des BetrVG

XXI

329 331

332 333

334 335 335 338 340 340 342 342 343

345 345 346 347

a. BetrVG 1952

347

b. BetrVG 1972

351

IV. Autonom-tarifvertragsrechtliche Auslegung des Begriffs „betriebsverfassungsrechtlich" i.S.d. TVG 1. Ubersicht über die Formulierungen des BAG bis 1997 2. Die Formel von der „Rechtsstellung der Arbeitnehmerschaft im Betrieb und der Organe" 3. Betriebsverfassungsrechtliche Normen als Kompetenzregelungen für Arbeitnehmervertretungen? a. B A G „Leber/Rüthers-Kompromiß": Betriebsverfassungsrechtliche N o r m aufgrund des Entscheidungsmodus b. Das Problem der verfahrensrechtlichen Umgehung des materiellen Regelungsrahmens für Tarifnormen

4. Bestimmung „betriebsverfassungsrechtlicher" Tarifnormen durch Sachgruppen und Beispiele

352 352 354 356 356 356

357

XXII

Inhaltsverzeichnis

5. Unterscheidung von Inhalt und Form betriebsleitender Entscheidungen (Dieterich) V. Beschränkung auf die im Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehenen Tarifnormen 1. Einfach-rechtliche Bestimmung betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen 2. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Bestimmung betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen a. Vorgaben für die Bestimmtheit der Rechtsgrundlagen betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen b. Materielle verfassungsrechtliche Vorgaben für den Erlaß betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen

VI. Zusammenfassung zu den betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen außerhalb des im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Rahmens § 13. Tarifliche Erweiterung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats I. Keine Erweiterung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte durch betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen 1. Zur Billigung der tariflichen Erweiterung von Mitbestimmungsrechten durch BAG und Literatur 2. Inanspruchnahme betrieblicher Normsetzungsbefugnis für die tarifliche Erweiterung von Mitbestimmungsrechten? II. Tarifliche Mitbestimmung des Betriebsrats bei Inhalts-, Abschlußund Beendigungsnormen 1. Qualifizierung der Mitbestimmungsregelungen als Abschluß-, Inhalts- und Beendigungsnormen a. Das B A G zur tariflichen Mitbestimmung des Betriebsrats bei Inhalts-, Abschluß- u n d Beendigungsnormen b. Einordnung als „betriebsverfassungsrechtliche" N o r m e n wegen Begründung von Rechten des Betriebsrats c. Tarifliche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zur Weimarer Zeit . d. Wechsel der Rechtsnatur durch Indienstnahme des Betriebsrats? . . . . e. Geltungserstreckung auf Außenseiter als G r u n d für die Annahme „betriebsverfassungsrechtlicher" Tarifnormen?

2. Beschränkung der Geltung auf Tarifgebundene nach §3 Abs. 1 TVG 3. Grenzen der tariflichen Mitbestimmung des Betriebsrats bei Inhalts-, Abschluß- und Beendigungsnormen

358 360 360 361 361 362

363 364

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a. Tarifvertragsrechtliche Grenzen

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b. Betriebsverfassungsrechtliche Grenzen

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III. Zusammenfassung zur tariflichen Erweiterung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats

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Inhaltsverzeichnis

§14. Konsequenzen für die vom BAG entschiedenen Fälle I. Zu den vom BAG entschiedenen Fällen II. Zusammenfassung Teil III

XXIII 376 376 377

Teil IV

Betriebliche Tarifnormen nach §3 Abs. 2 T V G § 15. Rechtsprechung zu den betrieblichen Tarifnormen I. Rechtsprechung zur tariflichen Festsetzung der Arbeitszeit 1. Das BAG zur Festsetzung der individuellen Wochenarbeitszeit durch betriebliche Tarifnormen 2. Das BAG zum tariflich festgesetzen Arbeitszeitende im Einzelhandel 3. Das BAG zum tariflichen freien Silvestertag im Bankgewerbe . . . II. Tarifliche Regelungen zur Arbeitsgestaltung: das BAG zur Personalbemessung bei der Deutschen Bundespost III. Entscheidungen zu qualitativen und quantitativen Besetzungsregeln 1. Qualitative Besetzungsregeln in der Druckindustrie a. Qualitative Besetzungsregeln verfassungsgemäß, B A G 13.9. 1983 . . . b. Einordnung qualitativer Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen, B A G 26.4. 1990 und 22.1. 1991

2. Einordnung quantitativer Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen a. Lehrlingsskalen, L A G Düsseldorf 19.9. 1960 b. Quantitative Besetzungsregeln in der Druckindustrie als betriebliche Tarifnormen, B A G 17.6. 1999

IV. Rechtsprechung zu Vorruhestand, betrieblicher Altersversorgung und Befristungsregelungen 1. Prozentuale Festsetzung vorruhestandsberechtigter Arbeitnehmer keine betriebliche Tarifnorm, BAG 21.1. 1987 . . . . 2. Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung keine betrieblichen Tarifnormen, BAG 23.2. 1988 3. Befristungsregel keine betriebliche Tarifnorm, BAG 27.4. 1988 .. §16. Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht I. Regelungsgegenstand betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht 1. Grammatische und historische Auslegung a. „Betrieb" und betriebliche Tarifnorm

381 381 381 382 384 385 387 387 388 389

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396 396 397 397

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XXIV

Inhaltsverzeichnis b. Historische Entwicklung der betrieblichen Tarifnormen und A n k n ü p f u n g an die „Solidarnormen" Sinzheimers aa. Zur Tarifrechtsentwicklung vor dem T V G aaa. A n k n ü p f u n g an die „Solidarnormen" Sinzheimers bbb. Abweichende Ansätze bei der Umschreibung von „Solidarnormen" ccc. Inhaltliche Bestimmung von „Solidarnormen" zur Weimarer Zeit bb. Entstehung des T V G cc. Zusammenfassende Bewertung der Vorgeschichte betrieblicher Tarifnormen

2. Aufteilung der betrieblichen Normen in Sachgruppen a. Aufteilung der betrieblichen N o r m e n in Solidar-, O r d n u n g s - und Zulassungsnormen aa. „Solidarnormen" als Teilgruppe der betrieblichen N o r m e n bb. „Ordnungsnormen" als Teilgruppe der betrieblichen N o r m e n . . . cc. „Zulassungsnormen" als Teilgruppe der betrieblichen N o r m e n . . b. Unterscheidung von N o r m e n über Betriebsmittel, Mitarbeiterkreis und Betriebsorganisation (Dieterich) c. Sachgruppenbildung am Maßstab der Eingriffsintensität betrieblicher Tarifnormen (Ingelfinger) d. Weitere Modifizierungen der Aufteilung betrieblicher N o r m e n in Sachgruppen aa. Verweis auf die „Betriebsgestaltung" bei Ausschluß von Leistungs- und Entgeltregelungen (Hentschel) bb. Unterscheidung von Betriebsmitteln, Mitarbeiterkreis und organisatorischer Zusammenfassung (Schulz) cc. Betriebliche N o r m e n als eigene F o r m direktionsrechtlicher „ O r d n u n g s n o r m e n " (Weidner)

3. Auslegung am Maßstab der einheitlichen Geltung aufgrund sachlogischer Zweckmäßigkeit durch das BAG a. Die Entwicklung des Standpunkts der Rechtsprechung aa. BAG-Rechtsprechung Ende der 80er Jahre: Orientierung an der „Organisationsgewalt des Arbeitgebers" bb. A b 1990: Orientierung des B A G am Zwang einheitlicher Geltung aufgrund sachlogischer Zweckmäßigkeit b. Zur Tragfähigkeit der Definition betrieblicher Tarifnormen durch das BAG aa. Die verfassungsrechtliche Argumentation des B A G bb. Sachliche Unschärfe des vom B A G vertretenen Definitionsansatzes cc. Rechtsfolgenorientierung des B A G dd. Fehlende systematische Abgrenzung der betrieblichen Tarifnormen von anderen Tarifnormarten c. (Teilweise) übereinstimmende Äußerungen zum Standpunkt des BAG aa. Zusätzliche Orientierung am Direktionsrecht (Schliemann) bb. Zulassung betrieblicher Tarifnormen zur „sinnvollen O r d n u n g des Arbeitslebens" (Schleusener)

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Inhaltsverzeichnis cc. Zulassung betrieblicher Tarifnormen bei unmittelbarer Auswirkung auf Belegschaftsinteressen (Kreßel) dd. Zulassung betrieblicher Normen unter Berücksichtigung von Betriebsverfassung und Wettbewerbsordnung (Rieble) ee. Säcker und Oetker, „Grundlagen und Grenzen der Tarifautonomie"

XXV

426 426 428

4. Bestimmung des Regelungsgegenstandes betrieblicher Tarifnormen mit Hilfe des § 87 B e t r V G a. Anknüpfung an die Unterscheidung formeller und materieller Arbeitsbedingungen zu Zeiten des BetrVG 1952 aa. Nipperdey: Deckungsgleichheit von §56 Abs. 1 BetrVG und betrieblichen Normen nach §3 Abs. 2 T V G bb. „Formelle" Arbeitsbedingungen als Regelungsgegenstand des §56 BetrVG 1952 b. Anknüpfung an die nach § 87 BetrVG erzwingbare Mitbestimmung bei der Bestimmung betrieblicher Normen c. Die Argumente für die Anknüpfung an § 87 Abs. 1 BetrVG im einzelnen aa. Abstellen auf den Tarifvorrang nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG bb. Das Gleichbehandlungsargument cc. Unterscheidung „formeller" und „materieller" Arbeitsbedingungen dd. Systematische Parallelen zwischen §87 BetrVG und §3 Abs. 2 TVG

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5. § 8 7 Abs. 1 Eingangssatz, § 9 9 Abs. 2 Nr. 1 B e t r V G als Rechtsgrundlagen betrieblicher Tarifnormen ( H . Hanau)

441

6. Zusammenfassung zum Regelungsgegenstand betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht

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II. Wirkungsweise der betrieblichen Tarifnormen nach einfachem Recht

445

1. Normative Geltung

445

2. Persönlicher Geltungsbereich

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a. Geltung für organisierte Arbeitgeber und die bei ihnen errichteten Betriebsräte b. Geltung für Arbeitnehmer aa. Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte bb. Geltung jedenfalls für organisierte Arbeitnehmer cc. Geltung im „Betriebsverhältnis"? 3. Betriebliche N o r m e n als reine Berechtigungstatbestände für Arbeitnehmer?

445 446 446 446 447 447

III. Zusammenfassung zu Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen nach einfachem Recht

449

XXVI

Inhaltsverzeichnis

§17. Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des BetrVG

449

I. Verfassungsrechtliche Vorgaben für Regelungsgegenstand und Wirkungsweise betrieblicher Tarifnormen 1. Verfassungsrechtliche Anforderungen an betriebliche Tarifnormen mit Geltung für Außenseiter

449 450

a. Keine Außenseitergeltung betrieblicher Tarifnormen b. Unwirksamkeit betrieblicher Tarifnormen wegen fehlender Außenseitergeltung?

450 452

2. Verfassungsrechtliche Anforderungen an betriebliche Tarifnormen mit Geltung für Verbandsmitglieder

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II. Bestimmung des Regelungsgegenstandes betrieblicher Tarifnormen anhand des BetrVG 1. Vorüberlegungen zur Bestimmung des Regelungsgegenstandes betrieblicher Tarifnormen anhand des BetrVG 2. Parallelen und Unterschiede betrieblicher Tarifnormsetzung und erzwingbarer Mitbestimmung nach BetrVG a. Der Betriebsbezug als sachlich-gegenständliche Parallele b. Abwägung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen im betrieblichen Kontext c. Unterschiede zwischen betrieblicher Tarifnormsetzung und Mitbestimmung nach BetrVG aa. Grundrechtsschutz u n d Vorrang für die tarifliche Gestaltung bb. Betriebsverband als Zwangsverband

456

457

...

a. A n k n ü p f u n g an die Erzwingbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmung aa. Parallelität von zwingender Tarifnormsetzung und erzwingbarer Mitbestimmung nach dem BetrVG bb. Einfach-rechtliche Vorgaben erzwingbarer Mitbestimmung im BetrVG b. Keine Beschränkung auf die Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarung c. Beschränkung auf den Regelungsgegenstand und die Reichweite erzwingbarer Mitbestimmung d. Erschöpfende Erfassung „betrieblicher" Gestaltung im BetrVG aa. Beschränkung auf das im BetrVG vorgesehene Maß erzwingbarer Mitbestimmung bb. Erzwingbare Mitbestimmung des Betriebsrats außerhalb des BetrVG - § 9 Abs. 3 ASiG

III. Zusammenfassung zur Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des BetrVG

454

457

3. Nähere Ausgestaltung der Bestimmung betrieblicher Tarifnormen anhand des BetrVG

4. Beachtung materieller verfassungsrechtlicher Vorgaben beim Erlaß betrieblicher Tarifnormen

454

458 459 460

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468 469

Inhaltsverzeichnis

XXVII

§18. Konsequenzen für die in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fälle möglicher betrieblicher Tarifnormen I. Konsequenzen für die vom BAG entschiedenen Fälle 1. Festsetzung der Arbeitszeit durch betriebliche Tarifnormen a. Festsetzung der individuellen Wochenarbeitszeit b. Arbeitszeitende im Einzelhandel c. Freier Silvestertag im Bankgewerbe

2. Personalbemessung bei der Deutschen Bundespost durch betriebliche Tarifnormen 3. Qualitative Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen a. Beschränkung auf Betriebe mit mehr als 500 Arbeitnehmern b. Materielle Grenzen für den zulässigen Inhalt von qualitativen Besetzungsregeln aa. Fachliche und persönliche Voraussetzungen (BAG 26.4. 1990) . . bb. Arbeitslosigkeit als sozialer Auswahlgesichtspunkt (BAG 13.9. 1983 und 22.1. 1991) aaa. Zur Arbeitsmarktpolitik im Tarifvertrag bbb. Arbeitsmarktpolitik und „soziale Gesichtspunkte" i.S.d. §95 Abs. 2 S. 1 BetrVG ccc. Die qualitativen Besetzungsregeln in B A G 13.9. 1983 und B A G 22.1.1991 c. Zusammenfassung zu den qualitativen Besetzungsregeln

4. Quantitative Besetzungsregeln als betriebliche Tarifnormen

471 471 471 471 472 474

475 477 478 478 479 479 480 481 481 482

483

a. Lehrlingsskalen b. Quantitative Besetzungsregeln der Druckindustrie

483 484

5. Vorruhestand, betriebliche Altersversorgung und Befristungsregelungen als betriebliche Tarifnormen

486

a. Vorruhestand und betriebliche Altersversorgung b. Befristungsregelungen

II. Weitere, in der Literatur diskutierte Fälle möglicher betrieblicher Tarifnormen 1. Anordnung von Kurzarbeit aufgrund betrieblicher Tarifnormen . a. A n o r d n u n g von Kurzarbeit aufgrund Sozialrechts b. Anordnung von Kurzarbeit aufgrund kollektiven Arbeitsrechts c. A n o r d n u n g von Kurzarbeit bei betriebsverfassungsrechtlicher Ausformung betrieblicher Tarifnormen

2. Regelungen über Torkontrollen als betriebliche Tarifnormen (Fragen der Ordnung des Betriebs) 3. Vorschriften zur Unternehmensverfassung als betriebliche Tarifnormen a. Zulässigkeitsgrenzen für betriebliche Tarifnormen über die Unternehmensverfassung aa. Keine Unternehmensverfassung durch N o r m e n mit Geltung für Außenseiter bb. Verbot der Ungleichbehandlung von Organisierten und Außenseitern

486 487

488 488 488 489 491

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XXVIII

Inhaltsverzeichnis cc. Grundrechtliche Unternehmerfreiheiten und einfach-rechtliche Grenzen tariflicher Unternehmensverfassung b. Mitbestimmungsrechte für Vertrauensleute

III. Zusammenfassung zu den in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fällen betrieblicher Tarifnormen IV. Zusammenfassung Teil IV

495 497

499 501

Teil V

Schluß- u n d Abgrenzungsfragen §19. Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften I. Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen voneinander II. Abgrenzung zu Inhalts-, Abschluß- und Beendigungsnormen III. Abgrenzung zu den „Zulassungsnormen" IV. Uberschneidung mit Tarifnormen über gemeinsame Einrichtungen . 1. Uberblick zum Meinungsstand 2. Normen über gemeinsame Einrichtungen und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen 3. Normen über gemeinsame Einrichtungen und betriebliche Tarifnormen V. Abgrenzung zu schuldrechtlichen Tarifvertragsvorschriften 1. Unterscheidung normativer und schuldrechtlicher Tarifvorschriften 2. Zulässigkeit schuldrechtlicher Tarifvertragsvorschriften anstelle unzulässiger normativer Regelungen? VI. Zusammenfassung zur Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften §20. Einzelfragen zur Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen I. Erfordernis der Tarifbindung eines Arbeitnehmers im Betrieb II. Fortgeltung und Nachwirkung, § 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 5 TVG 1. Fortgeltung gemäß § 3 Abs. 3 TVG 2. Nachwirkung gemäß §4 Abs. 5 TVG a. Gründe für die Nachwirkung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen b. Gründe gegen die Nachwirkung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen

505 505 506 508 509 509 511 511 513 513 514

518

518 518 521 521 521 523 523

Inhaltsverzeichnis c. Nachwirkung betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen aa. Tarifnormen über die Konstituierung der Betriebsvertretung . . . . bb. Nachwirkung sonstiger betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen d. Nachwirkung betrieblicher Tarifnormen

III. Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips auf betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen 1. Keine Anwendung des Günstigkeitsprinzips auf betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen 2. Anwendung des Günstigkeitsprinzips auf betriebliche Tarifnormen IV. Tarifkollisionsrecht und die Anwendung betrieblicher sowie betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen 1. Tarifeinheit und Spezialitätsprinzip als Grundregeln des Tarifkollisionsrechts 2. Tarifpluralität: Können mehrere Tarifverträge im Betrieb eines Arbeitgebers gelten? 3. Tarifkollisionsrecht der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen

XXIX 525 526 528 528

529 529 530 533 533 534 536

a. Kollision betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen

537

b. Kollision betrieblicher Tarifnormen

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4. Sonderfragen zum Tarifkollisionsrecht der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen a. Kollisionsrecht der fortgeltenden, der nachwirkenden und der allgemeinverbindlichen Tarifnormen aa. Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 T V G bb. Fortgeltung, §3 Abs. 3 T V G cc. Nachwirkung, §4 Abs. 5 T V G b. Bezugnahme auf einen Tarifvertrag c. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen im Gemeinschaftsbetrieb

5. Zusammenfassung zum Tarifkollisionsrecht der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen V. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen bei Betriebsübergang und Umwandlung 1. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen beim Betriebsübergang a. Keine Anwendung von §613a BGB auf betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen b. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen beim Wechsel des Betriebsinhabers c. Betriebliche Tarifnormen beim Wechsel des Betriebsinhabers

538 538 539 539 540 541 542

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2. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen bei der Umwandlung

552

a. Umwandlung eines verbandstariflich gebundenen Arbeitgebers

552

XXX

Inhaltsverzeichnis b. Umwandlung eines firmentariflich gebundenen Arbeitgebers c. Sonderregeln für Tarifnormen über die Konstituierung der Betriebsvertretung

VI. Zusammenfassung zu Einzelfragen der Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen §21. Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen I. Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen nach § 5 TVG 1. Grundsätzliche Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung . 2. Erweiterter Gegenstand betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen bei Allgemeinverbindlichkeit? II. Erweiterung des Geltungsbereichs allgemeinverbindlicher Tarifverträge nach § 1 AEntG III. Regelungen nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Mindestarbeitsbedingungen und nach § 1 Abs. 3a AEntG §22. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen als Arbeitskampfziele I. Kein Arbeitskampfverbot für betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen 1. Kein Arbeitskampfverbot für betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nach §74 Abs. 2 BetrVG 2. Kein spezielles Arbeitskampfverbot für bestimmte Tarifnormen nach dem BetrVG II. Kein Arbeitskampfverbot für betriebliche Tarifnormen §23. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen im öffentlichen Dienst I. Verbot tariflicher Regelungen zur Personalverfassung, §§3, 97 BPersVG II. Rechtsprechung und Literatur zu §§ 3, 97 BPersVG III. Unzulässigkeit betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen im öffentlichen Dienst IV. Zusammenfassung Teil V (1) Zur Abgrenzung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen von anderen Tarifvorschriften: (2) Zu Einzelfragen der Anwendung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen: (3) Zur Allgemeinverbindlicherklärung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen:

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Inhaltsverzeichnis (4) Zu den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen als Arbeitskampfzielen: (5) Zu den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen im öffentlichen Dienst: §24. Z u s a m m e n f a s s u n g der Ergebnisse 1. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der E i n b e z i e h u n g v o n A u ß e n s e i t e r n in T a r i f n o r m e n (Teil II) 2. Betriebsverfassungsrechtliche T a r i f n o r m e n nach § 3 A b s . 2 T V G

(Teil III) 3. Betriebliche T a r i f n o r m e n nach § 3 Abs. 2 T V G (Teil IV) 4. Schluß- u n d A b g r e n z u n g s f r a g e n (Teil IV)

XXXI 571 571 572 572

573 574 574

Literatur

577

Sachregister

609

Wegen der verwendeten Abkürzungen wird verwiesen auf Hildebert Kirchner; Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Aufl. Berlin, New York 1992.

Einführung Tarifverträge haben die Funktion, einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Diese gelten auf Arbeitnehmerseite für die Mitglieder der tarifschließenden G e werkschaft. Auf Arbeitgeberseite gelten sie für die Mitglieder des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes oder - beim Firmentarifvertrag - für den tarifschließenden Arbeitgeber. Deswegen bestimmt §3 A b s . 1 T V G die Tarifbindung nur für die „Mitglieder der Tarifvertragsparteien" und für „die Arbeitgeber, die selbst Partei des Tarifvertrages" sind. Wer Tarifvertragsregeln anwenden möchte, obwohl er selbst nicht Verbandsmitglied ist, kann dies im Arbeitsvertrag - etwa durch entsprechende Bezugnahmeklauseln - vereinbaren. All diese Möglichkeiten der Tarifgeltung beruhen auf der freiwilligen Entscheidung der Arbeitsvertragsparteien, einem tarifschließenden Verband beizutreten oder die Anwendung des Tarifvertrags unmittelbar zu vereinbaren. Soweit dagegen ein soziales Bedürfnis zur zwangsweisen Anwendung von Tarifnormen angenommen wird, muß dies durch einen entsprechenden staatlichen A k t erfolgen, insbesondere durch die Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 T V G . Dennoch wird die Grundregel, daß Tarifvertragsregelungen nur die von den Tarifvertragsparteien repräsentierten Verbandsmitglieder erfassen, im Tarifvertragsrecht durchbrochen. N a c h § 3 A b s . 2 T V G gelten tarifvertragliche Rechtsnormen „über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist". O b w o h l hier lediglich von der Geltung von Tarifnormen „für ... Betriebe" die Rede ist, zieht die Rechtsprechung des B A G daraus den Schluß, es bestünde eine unmittelbare N o r m g e l t u n g für sämtliche Arbeitnehmer in diesen Betrieben, und zwar auch für die sogenannten Außenseiter, also die gewerkschaftlich nicht organisierten Arbeitnehmer. Eine weite Sichtweise vertritt das B A G auch bei der Feststellung des Regelungsgegenstandes betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen. Betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen nimmt das Gericht bei Vorschriften an, die „das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat" regeln. 1 N a c h seiner Ansicht sind betriebsverfassungsrechtliche Fragen i.S.d. § 3 A b s . 2 T V G all diejenigen, „die sich mit der Rechtsstellung der Arbeitnehmerschaft im Betrieb und der Organe beschäftigen". 2 Diese Formulierungen ermöglichen es dem Gericht, auch solche Tarifnormen als „betriebsverfassungsrechtlich" einzustufen, deren Auswirkungen weit in die einzelnen Arbeitsverhältnisse hineinreichen. Ein Beispiel ist die Entscheidung des B A G z u m sogenannten „ L e b e r / R ü t hers-Kompromiß". D o r t war für sämtliche Arbeitnehmer - einschließlich der Außenseiter - tarifvertraglich eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden vereinbart worden. Die im Einzelfall von diesem Durchschnittwert ab1 2

BAG 18.8. 1987, AP Nr.23 zu §77 BetrVG, III 2 b = BAGE 56, 18ff.

B A G 18.12. 1997, AP Nr.46 zu §2 KSchG 1969, II 2 a.

2

Einführung

weichende Arbeitszeitfestsetzung mußte unter Beteiligung des Betriebsrats erfolgen. Hier hat das B A G die - auch die Außenseiter einbeziehende - Verbindlichkeit der gesamten Regelung als „betriebsverfassungsrechtliche" Tarifnorm nur deshalb angenommen, weil der Betriebsrat in die Arbeitszeitverteilung einbezogen worden war. 3 Hinsichtlich der betrieblichen Tarifnormen ergeben sich ähnliche Weiterungen bei der Gesetzesauslegung. Das B A G stellt hier die von ihm angenommene Außenseitergeltung an den Beginn seiner Überlegungen und meint, es dürften nur solche Tarifvorschriften als „betrieblich" eingestuft werden, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nur einheitlich gelten könnten. Dabei sei das Nichtkönnen nicht im Sinne einer naturwissenschaftlichen Unmöglichkeit zu verstehen. Es genüge, daß eine individualvertragliche Regelung „wegen evident sachlogischer Unzweckmäßigkeit" ausscheide. 4 Auf der Grundlage dieser Überlegungen kommt das Gericht zur Annahme „betrieblicher" Tarifnormen auch dort, wo ein Betriebsbezug nur schwer zu erkennen ist. Beispiele sind wieder die betriebseinheitliche Festlegung der individuellen Wochenarbeitszeit, 5 die Festsetzung des täglichen Arbeitszeitendes im Einzelhandel 6 sowie die qualitativen und quantitativen Besetzungsregeln in der Druckindustrie. 7 Es ist angesichts der unklaren Gesetzesregelung nicht leicht, zu eindeutigen Aussagen über die personelle Reichweite betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Tarifnormen zu kommen. U n d auch eine handhabbare Umschreibung der Regelungsgegenstände der betreffenden Tarifvorschriften kann kaum gelingen, weil ein Bezug zum Betrieb oder zur Betriebsverfassung bei fast allen Regelungen des Arbeitsrechts angenommen werden kann. Deshalb gilt auch über fünfzig Jahre nach Erlaß des Tarifvertragsgesetzes die Aussage Gamillschegs: „Was unter den Betriebsnormen zu verstehen ist, ist alles andere als klar". 8 Die Gesetzesauslegung muß bei alledem berücksichtigen, daß mit der betriebsbezogenen Tarifnormsetzung auch verfassungsrechtliche Probleme aufgeworfen werden. Hier ist zunächst die grundsätzliche Frage angesprochen, ob und inwieweit Verbänden Normsetzungsbefugnisse eingeräumt werden können, die über den eigenen Mitgliederkreis hinausreichen. Weiter ist zu beachten, daß die nicht organisierten Arbeitnehmer in ihrer Entscheidung, keinem Verband beizutreten, von ihrer in Art. 9 Abs. 3 G G geschützten negativen Koalitionsfreiheit Gebrauch machen. Hinzu kommt, daß mit der tarifvertraglichen Gestaltung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen auf Seiten des Arbeitgebers stets auch die Sphäre unternehmerischer Freiheiten berührt wird. Diese steht unter dem

BAG 18.8. 1987, AP Nr. 23 zu §77 BetrVG, III 2 b. = B A G E 56, 18ff. BAG 26.4. 1990, AP Nr.57 zu Art.9 GG, B V 2 b = B A G E 64, 368ff. 5 BAG 17.6. 1997, AP Nr. 2 zu § 3 TVG Betriebsnormen. 6 BAG 27.6. 1989, AP Nr. 113 zu Art.9 GG Arbeitskampf. 7 BAG 26.4. 1990, AP Nr. 57 zu Art. 9 GG = B A G E 64,368ff.; B A G 22.1.1991, AP Nr. 67 zu Art. 12 GG; BAG 17.6. 1999, AP Nr. 103 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 8 Gamillscheg, Festschrift Kehrmann, S.247 (248). 3 4

Einführung

3

Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 GG. Im folgenden ist als Teil I dieser Untersuchung eine Betrachtung zur geschichtlichen Entwicklung der betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen vorauszuschicken. Damit sollen die historischen Grundlagen für die Auslegung der „Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen" geliefert werden. Daran anschließend wird in Teil II der verfassungsrechtliche Hintergrund einer tarifvertraglichen Normsetzung für Außenseiter beleuchtet. In Teil III und Teil IV sind dann die einfach-rechtlichen Fragen zu beantworten, die durch die betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen aufgeworfen werden. Dabei werden zuerst die betriebsverfassungsrechtlichen (Teil III) und dann die betrieblichen Normen (Teil IV) behandelt. Die Schwerpunkte dieser einfach-rechtlichen Untersuchungen müssen darin liegen, trotz der unklaren Gesetzesregelung den Betriebsbezug beider Normgruppen herauszuarbeiten. Hierbei wird vor allem das Betriebsverfassungsgesetz in den Blickpunkt rücken, das mit seinen bis in die Einzelheiten gehenden Aussagen zur Arbeitnehmerbeteiligung bei der Betriebsgestaltung einige Hilfestellung bietet. Am Ende der Teile III und IV werden die jeweiligen Ergebnisse anhand der wichtigsten Problemfälle erprobt und konkretisiert. Das geschieht vor allem anhand der Rechtsprechung, die aufgrund der großen Unterschiedlichkeit der bisherigen Fallkonstellationen ein weites Spektrum an Anschauungsmöglichkeiten bietet. In Teil V werden noch einige Sonderprobleme geklärt, die mit den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen zusammenhängen. Hierzu gehören ihre Abgrenzung von anderen Tarifnormen, ihre Fortgeltung und Nachwirkung (§3 Abs. 3 und §4 Abs. 5 TVG), das Tarifkollisionsrecht, die Geltung bei Betriebsübergang und Umwandlung, ihre Allgemeinverbindlicherklärung, arbeitskampfrechtliche Fragen sowie ihre Vereinbarung im Bereich des öffentlichen Dienstes. Eine Klarstellung terminologischer Art ist im Vorfeld erforderlich. Das Tarifvertragsgesetz spricht in § 3 Abs. 2 von „Rechtsnormen des Tarifvertrages über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen", während in Rechtsprechung und Literatur meist von „Betriebsnormen" die Rede ist. Bei dieser Begriffswahl werden betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Tarifnormen wohl meist zusammengefaßt. Teilweise sind aber auch nur die Tarifnormen über betriebliche Fragen gemeint, zumal man gelegentlich zusätzlich von „Betriebsverfassungsnormen" spricht - hier sind dann die betriebsverfassungsrechtlichen Tarifvorschriften gemeint. In der vorliegenden Untersuchung wird ausschließlich von betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen die Rede sein.

Teill

Zur Entwicklung der betrieblichen und der betriebsverfassungsrechtlichen Tarifvorschriften

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „Solidarnormen" durch Hugo Sinzheimer Anfang des 20. Jahrhunderts Die Entdeckung, daß bestimmte Tarifvertragsnormen spezifisch auf die Regelung betrieblicher Sachverhalte zielen, stammt von H u g o Sinzheimer. Sein 1907/1908 in dem Werk „Der korporative Arbeitsnormenvertrag" vorgestelltes System der Tarifnormen enthält unter anderem die Kategorie der „Solidarnormen", die bis heute von vielen mit den „Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen" nach § 3 Abs. 2 T V G gleichgesetzt wird. Im folgenden ist Sinzheimers Theorie der Tarifnormen im einzelnen darzustellen; Ausgangspunkt sind die historischen Rahmenbedingungen seiner Lehre. I. Zum historischen

Hintergrund

der Tarifnormenlehre

Sinzheimers

1. D i e ersten A n s ä t z e k o l l e k t i v e r V e r e i n b a r u n g e n Kollektive Vereinbarungen über die Bedingungen abhängiger Beschäftigung erscheinen in der Rechtsgeschichte seit dem Mittelalter. A b dem 14. Jahrhundert w u r d e n Zusammenschlüsse von Bergarbeitern und in deutschen Städten erste (manchmal mit den Zünften verbundene) Gesellenbünde gegründet, denen es teilweise gelang, einheitliche Arbeitsbedingungen mit Arbeitgebern durchzusetzen. Auch gemeinsame Arbeitsniederlegungen und Boykotts waren bereits im Mittelalter auf Arbeitnehmer- und auch auf Arbeitgeberseite bekannt. Hierauf w u r d e meist mit harten Strafandrohungen und sonstigen obrigkeitlichen Gegenmaßnahmen reagiert, die entsprechende Vereinbarungen und vor allem den Zusammenschluß in Koalitionen verboten. Damit w a r auch die rechtliche Durchsetzbarkeit der getroffenen Tarifabreden aussichtslos. Im Zuge der Industrialisierung, des Bevölkerungswachstums und der starken Verelendung der Arbeiterschaft entstand im 19. Jahrhundert die Arbeiterbewegung mit der Bildung von Arbeiterverbänden und Gewerkschaften. Damit verbunden waren auch in Deutschland erste umfassende Arbeitskämpfe mit Streiks und Aussperrungen, die zunehmend zum Abschluß von Tarifverträgen führten. 9 Der rechtlichen Geltung und Durchsetzbarkeit der Tarifverträge waren allerdings von Beginn an Schranken gesetzt. Diese lagen zunächst in der Gesetzge-

9 Vgl. zum Ganzen die historischen Überblicke bei Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bandl, §2, S.79ff.; Löwisch/Rieble in: Münchener Handbuch für Arbeitsrecht, §242, Rz.lff., §252, Rz.lff.; Wochenheim, Die deutsche Arbeiterbewegung 1844 bis 1914, S.277f. (insb. 386ff.); Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 16ff., 22ff.; Mamroth, Gewerblicher Konstitutionalismus, S. 9ff.; Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 142ff.; Ettinger, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 4, S. 83 (130ff., 160ff.); Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S.48f.

Teil I. Zur Entwicklung der

8

Tarifvorschriften

bung der Gewerbeordnung. D i e preußische Gewerbeordnung von 1845 1 0 hatte mit § 134 die Vertragsfreiheit für Arbeitsverträge garantiert, verbot aber in ihren § § 1 8 1 - 1 8 3 unter Strafe Verabredungen von Gewerbetreibenden und gewerblichen sowie industriellen Arbeitern zu Arbeitseinstellungen. E b e n s o wurden Verbindungen von Arbeitern der polizeilichen Erlaubnispflicht unterworfen und Arbeitsvertragsbrüche (also insbesondere Arbeitsniederlegungen) unter Strafe gestellt. Vergleichbare Regelungen galten neben Preußen auch in den übrigen deutschen Staaten. 1 1 D i e Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869, 1 2 ab 1871 G e w e r beordnung des Reichs, lockerte diese Restriktionen nur teilweise. D i e Kernvorschriften waren hierbei § § 1 5 2 f . Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes, später Gewerbeordnung des Reichs. § 1 5 2 A b s . l Gewerbeordnung ermöglichte zwar für die Gewerbetreibenden und die meisten Arbeitnehmer den Zusammenschluß in Koalitionen. 1 3 J e d o c h ordnete § 152 Abs. 2 Gewerbeordnung die fehlende Durchsetzbarkeit der Vereinbarungen und Vereinigungen an, die der Koalitionsbildung dienten. § 1 5 3 Gewerbeordnung erklärte zudem die Anwendung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der in R e d e stehenden Vereinigungen und Verabredungen für strafbar. 1 4 Diese Vorschrift wurde von den Strafsenaten des Reichsgerichts nicht nur in der Weise ausgelegt, daß Druckausübung innerhalb der Verbände strafbar war. 1 5 A u c h die Ausübung von D r u c k zwischen den Verbänden, insbesondere durch Streik oder Aussperrung, wurde noch um die Jahrhundertwende unter § 1 5 3 Gewerbeordnung subsumiert. 1 6 D a m i t unterlag jede Arbeitskampfmaßnahme dem Risiko harter Bestrafung, o b w o h l Streik und Aussperrung als massenhafte ordentliche Kündigungen des Arbeitsvertrags zivilPreußische Gewerbeordnung vom 17.1. 1845, preuß. GS, S.41. Vgl. E.R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd.4, S.1135ff.; Tennstedt, Vom Proleten zum Industriearbeiter, S. 156ff.; Schüren, Die Legitimation der tariflichen Normsetzung, S.95ff.; Tenfelde in: Borsdorf/Weiden, Geschichte der deutschen Gewerkschaften von den Anfängen bis 1945, S. 15 (107ff.); Syrup/Neuloh, Hundert Jahre staatliche Sozialpolitik 18391939, S. 143 ff. 12 Gewerbeordnung vom 21.6. 1869, GBl. des Norddeutschen Bundes 1869, 245ff. 13 § 152 Abs. 1 hob alle Verbote und Strafbestimmungen auf „gegen Gewerbetreibende, gewerbliche Gehülfen, Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Verabredungen und Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittels Einstellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter". Damit wurde zwar für diese Personen (also nicht für die gesamte Arbeitnehmerschaft) die Möglichkeit des Zusammenschlusses geduldet. Soweit Vereinigungen über den Rahmen des § 152 Abs. 1 GewO hinausgingen, galten die alten Strafbestimmungen aber weiter und wurden vom Reichsgericht auch streng angewandt, s. RG 10.11. 1887, RGSt 16, 383ff. 14 Vgl. E.R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd.4, S.1139ff.; Tennstedt, Vom Proleten zum Industriearbeiter, S. 159ff.; Baum, Das Recht des Arbeitsvertrages, S. 118, faßte §§ 152f. GewO 1911 wie folgt zusammen: „ 1. Koalitionen, d.h., Vereinbarungen und Verabredungen zum Zwecke der Erzielung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen sind erlaubt. 2. Irgendwelche Ansprüche aus der Koalition können gegen die Mitglieder nicht geltend gemacht werden. 3. Der Zwang zum Beitritt und die Abhaltung vom Rücktritt ist strafbar." 15 RG 23.11. 1897, RGSt 30, 359ff.; bestätigt in RG 30.4. 1903, RGSt 36, 236 (238ff.). 16 RG 30.4. 1903, RGSt 36, 236 (238ff.). 10 11

§ 1. Die Entwicklung

des B e g r i f f s der „ Solidarnormen

" Anfang des 20. Jahrhunderts

rechtlich nicht angreifbar waren. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen die Zivilsenate (zunächst im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung der Strafsenate) 1 7 und später dann auch die Strafsenate 1 8 des Reichsgerichts, Arbeitskampfmaßnahmen nicht als deliktsrechtlich unzulässig oder strafbar anzusehen. Dennoch w a r damit die Position der Gewerkschaften weiterhin schwer belastet, zumal das Reichsgericht 1 9 die volle Haftung der Gewerkschaftsmitglieder f ü r die Verbindlichkeiten der Gewerkschaften nach § 54 B G B annahm. 20 17 Das Reichsgericht entschied in RG 29.5.1902, RGZ 51, 369ff., daß Arbeitskampfmaßnahmen deliktsrechtlich zulässig seien, sofern durch sie nicht die dauernde gewerbliche Existenz des Gegners untergraben werden soll. Dabei wurde deutlich begründet, daß man Streik und Aussperrung als solche billigte (a.a.O., S. 384): „Die in den heutigen gewerblichen Lohnkämpfen von der einen wie von der anderen Seite zur Anwendung gebrachten Maßregeln, wie Streik und Aussperrung, werden gewöhnlich nicht die Bedeutung eines auf den anderen Teil geübten Druckes oder Willenszwanges haben und auf die materielle Schädigung des Gegners, soweit solche mit der zeitweiligen Beeinträchtigung seiner Erwerbslage verknüpft ist, abzielen, ohne daß man deshalb solchen Maßregeln immer den Charakter einer sittlich verwerflichen Handlung beilegen dürfte. Es wird auch hier von der Rechtsordnung wie von der herrschenden sittlichen Anschauung in weitem Maße dem Selbstschutz und den gewerblichen Bestrebungen, das,freie Spiel wirtschaftlicher Kräfte' und ihre Betätigung durch genossenschaftliche Selbsthilfe zu regeln, Rechnung getragen, wie dies auf der anderen Seite gegenüber Organisationen geschieht, welche die eigenen Gewerbsgenossen einer Beschränkung der Erwerbsfreiheit im Interesse gemeinschaftlichen Vorgehens mittels gewerblicher Kartelle u. dgl. unterwerfen wollen." Die Legalität der Arbeitskämpfe wurde von den Zivilsenaten des Reichsgerichts danach noch mehrfach bestätigt, RG 26.3. 1903, RGZ 54, 255 (258ff.); RG 12.7. 1906, Soziale Praxis 15 (1906), Sp.l221f.; RG 20.1. 1910, RGZ 73, 92ff.; RG 22.3. 1911, RGZ 76, 25 (28); ebenso Neukamp, Die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, §152, Anm.3; Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S.339ff.; Sinzheimer, Gewerbe- und Kaufmannsgericht 15 (1910), Sp. 172ff.; Zimmermann, Soziale Praxis 16 (1907), Sp. 1081ff.;£. Hernie, Die Tarifgemeinschaft als Verein, S. 30 ff. S. zur Zulässigkeit von Boykottmaßnahmen RG 12.7. 1906, RGZ 64, 52 (55ff.); RG 14.10. 1907, RGZ 66, 379 (383ff.); vgl. auch RG 17.3. 1904, RGZ 57, 418 (424ff.); RG 4.10. 1906, RGZ 64, 155ff.; Pape, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 4, S.246ff.); Ettinger, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 4, S. 83 (185ff.); s. zur Zulässigkeit schwarzer Listen der Arbeitgeber, in denen ungeeignete und unliebsame Arbeitnehmer geführt wurden, RG 17.3. 1904 a.a.O.; RG 4.4. 1907, RGZ 65, 423ff. 18 RG 18.6.1907, RGSt 40,226ff.; klarstellend bestätigt in RG 26.6.1908, RGSt 41,365ff. (betr. dasselbe Strafverfahren wie RGSt 40,226ff.). In RGSt 40,226 (229) wird behauptet, die Entscheidung RGSt 36, 236ff. hätte lediglich den Druck innerhalb des Verbandes für strafbar erklärt. 19 RG 20.1.1910, RGZ 73, 92 (103 f.), s. hierzu Sinzheimer, Gewerbe- und Kaufmannsgericht 15 (1910), Sp. 172ff.; vgl. auch RG 22.3. 1911, RGZ 76, 25 (27). Eine Garantenstellung der Verbände für die Durchführung der Tarifverträge durch ihre Mitglieder verneinte es aber in RG 13.10.1911, JW 1911,1014; vgl. zur damaligen Diskussion um die Haftung und die Garantiestellung der Verbände Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 308ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 45 ff. 20 Vgl. zum gesamten Vorstehenden Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bandl, §2, 2 e, S. 92ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 36ff.; Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, S.67ff.; Kögler, Arbeiterbewegung und Vereinsrecht, S. 120ff.; E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 4, S. 1236ff., 1252ff.; Tennstedt, Vom Proleten zum Industriearbeiter, S. 154ff.; van der Borght, Grundzüge der Sozialpolitik, S. 251 ff., 320ff. S. zur damaligen Auslegung von §152 GewO insbesondere Landmann/Rohmer, Kommentar zur Gewerbeordnung, 4. Aufl., zu § 152 GewO; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 41 ff. (letzterer auch mit eingehenden Hinweisen auf die Gesetzgebungsgeschichte).

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Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

Gleichzeitig war das Arbeitsrecht auch unabhängig v o n kollektivrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in seiner individualrechtlichen Komponente nur rudimentär ausgestaltet. Hier waren kaum mehr Dinge aufgearbeitet w o r d e n als die gegenseitigen Hauptpflichten der Dienst- und der Entgeltleistung sowie einige Abgrenzungsfragen. 2 1 Erst die Vorschriften über das Handlungsgehilfenverhältnis in § § 5 9 f f . H G B 2 2 und die Schutzregeln der § § 6 1 6 f f . B G B 2 3 brachten ab 1900 diesbezügliche Konkretisierungen. Hinzu kam die sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland langsam entwickelnde öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzgesetzgebung, etwa in den §§ 120a ff. Gewerbeordnung. 2 4 Im übrigen blieb es dabei, daß die Arbeitsbedingungen Gegenstand praktisch einseitiger Direktionsbestimmung des Arbeitgebers waren, die allenfalls in den von ihm erlassenen sogenannten Arbeitsordnungen nach § § 1 3 4 a ff. Gewerbeordnung zum A u s druck kamen. 2 5 Trotz all dieser Schwierigkeiten wurden gegen Ende des 19. Jahr-

21 Nach römischem Recht war die Erbringung von Diensten in abhängiger Beschäftigung von dem umfassenden schuldrechtlichen Vertragstypus der locatio conductio erfaßt, die jegliche Form der Gebrauchsüberlassung regelte (Zurverfügungstellen fremder Sachen durch Miete oder Pacht, und auch Zurverfügungstellen der eigenen Dienste in Form der locatio conductio operarum), vgl. Institutionen, 3.24; s. näher Bernert, Arbeitsverhältnisse im 19. Jahrhundert, S.26ff.; Käser, Römisches Privatrecht, §42 I, III; Puchta/Krüger, Cursus der Institutionen, Bd. 2, §275, S. 360; s. dort auch zur Erfassung des Werkvertrags durch die locatio conductio. 22 Handelsgesetzbuch vom 10.5. 1897, RGBl. 1897, 219ff. 23 Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8. 1896, RGBl. 1896, 195ff. 24 Vgl. eingehend zum Arbeitsschutzrecht um die Jahrhundertwende (einschließlich Kinder-, Jugend- und Frauenschutz sowie Arbeitszeitrecht) Lipinsky, Das Recht im gewerblichen Arbeits-Verhältnis, S.65ff., 88ff., 113ff., 266ff. 25 Nach § 134a GewO (Fassung vom26.7.1900, RGBl. 1900, 871) mußte in Fabriken mit mindestens 20 Arbeitern eine Arbeitsordnung erlassen werden. Diese mußte nach § 134b Abs. 1 GewO Bestimmungen enthalten „1. über Anfang und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit sowie der für die erwachsenen Arbeiter vorgesehenen Pausen; 2. über Zeit und Art der Abrechnung und Lohnzahlung mit der Maßgabe, daß die regelmäßige Lohnzahlung nicht am Sonntage stattfinden darf. Ausnahmen können von der unteren Verwaltungsbehörde zugelassen werden; 3. sofern es nicht bei den gesetzlichen Bestimmungen bewenden soll, über die Frist der zulässigen Aufkündigung sowie über die Gründe, aus welchen die Entlassung und der Austritt aus der Arbeit ohne Aufkündigung erfolgen darf; 4. sofern Strafen vorgesehen werden, über die Art und Höhe derselben, über die Art ihrer Festsetzung und, wenn sie in Geld bestehen, über deren Einziehung und über den Zweck, für welchen sie verwendet werden sollen; 5. sofern die Verwirkung von Lohnbeträgen nach Maßgabe der Bestimmung des § 134 Abs. 2 durch die Arbeitsordnung oder Arbeitsvertrag ausbedungen wird, über die Verwendung der verwirkten Beträge." Vgl. zu den „Arbeitsordnungen" Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.l, S. 18 ff.; Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 231 ff.; ders., Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), S.l (112ff.); O. von Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd.3, §199 III, S.605f.; Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S.377ff.; Lipinsky, Das Recht im gewerblichen Arbeits-Verhältnis, S. 180ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S.313ff.

§1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

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hunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts große Zahlen von Tarifverträgen verzeichnet.26 2. Die Frage nach der Geltung von Tarifvertragsregelungen Nachdem sich die Zahl der Tarifverträge immer weiter erhöhte, begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts neben der politischen auch eine intensive rechtswissenschaftliche Diskussion über den Tarifvertrag. Diese war allerdings meist auf die damals drängendsten kollektivarbeitsrechtlichen Fragen fixiert, nämlich die Probleme der Koalitionsbildung, der Rechtmäßigkeit von Arbeitskämpfen sowie der straf- und zivilrechtlichen Haftung für Arbeitskampfmaßnahmen. Dennoch existierten rechtliche und rechtspolitische Analysen auch zur Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit von Tarifverträgen. a. Rechtsprechung: Verbindlichkeit Tarifvertragsparteien

von Tarifverträgen

aa. Verbindlichkeit

Tarifvertragsparteien

zwischen den

nur zwischen

den

Nach vorherrschender Meinung stand §152 Abs. 2 Gewerbeordnung der Wirksamkeit von Tarifverträgen nicht entgegen. Die Vorschrift bezog sich auf die in §152 Abs. 1 Gewerbeordnung genannten „Verabredungen und Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen". Für diese Verabredungen und Vereinigungen erklärte §152 Abs. 2 Gewerbeordnung das folgende: „Jedem Teilnehmer steht der Rücktritt von solchen Vereinigungen und Verabredungen frei, und es findet aus letzteren weder Klage noch Einrede statt." 27 Das wurde in der Weise ausgelegt, daß zwar alle Vereinbarungen über die Bildung von Koalitionen, soweit sie „der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen" dienten, rechtsverbindlich seien, aber nicht die Vereinbarungen zwischen den Koalitionen über den Inhalt dieser Lohn- und Arbeitsbedingungen. Diese Vereinbarungen sah man nicht als Koalitionen an und erklärte sie für wirksam - jedoch nur im Verhältnis zwischen den vertragsschließenden Parteien, nicht in Bezug auf deren Verbandsmitglieder.28 Ausdrückliche gesetzliche Aner26 So waren im Jahre 1913 in Deutschland den 12.369 Tarifverträgen in 193.760 Betrieben 1.845.454 Personen unterworfen, Kaiserliches Statistisches Amt, Die Tarifverträge im Deutschen Reiche am Ende des Jahres 1913, S. 14ff.; Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, 1916, S. 30; vgl. für die Zeit um die Jahrhundertwende die Angaben bei Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S. 182f.; Mamroth, Gewerblicher Konstitutionalismus, S.28ff.; van der Borght, Grundzüge der Sozialpolitik, S. 266ff., dort (S. 262ff.) auch die Zahlen für England, das Land mit dem damals höchsten Organisationsgrad; vgl. zur damaligen Auseinandersetzung über die tatsächliche Bedeutung der Tarifverträge in den verschiedenen Branchen und die Richtigkeit der diversen empirischen Angaben Mamroth a.a.O., S.66ff. 27 S. oben Fn.12. 28 Das Reichsgericht hatte zunächst in einem Strafurteil vom 30.4. 1903 (RGSt 36,236ff.) die Ansicht vertreten, die Tarifverträge seien Koalitionen i.S.d. §5152f. GewO. Das Gegenteil hat es dann in Zivilsachen am 20.1. 1910 entschieden, RGZ 73, 92 (99ff.); bestätigt in RG 22.3. 1911,

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Teil I. Zur Entwicklung der

Tarifvorschriften

kennung erhielten die Tarifverträge erstmals 1910 durch das Gesetz über den A b satz von Kalisalzen. 29 bb. Keine Verbindlichkeit

zwischen den

Arbeitsvertragsparteien

Die Differenzierung zwischen unverbindlicher Verbandsverfassung und verbindlicher Koalitionsvereinbarung half allerdings bei der Schaffung durchsetzbaren Tarifvertragsrechts kaum weiter. Denn die fehlende Verbindlichkeit verbandsrechtlicher N o r m e n machte es den Koalitionen rechtlich unmöglich, bei ihren Mitgliedern Tariftreue zu erzwingen; es konnte nur „moralisch" etwa mit dem Verbandsausschluß gedroht werden. 3 0 Mittelbare Akzeptanz erlangte das tarifvertragliche Entgelt lediglich als „übliche Vergütung" nach § 6 1 2 Abs. 2 B G B . 3 1 RGZ 76,25 (27f.); RG 19.11.1912, RGZ 81,4 (7); s. hierzu Baum, Das Recht des Arbeitsvertrages, S. 131; E.R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 4, S.1255f.; Neukamp, Die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, § 152, Anm. 4; Sinzheimer, Gewerbe- und Kaufmannsgericht 15 (1910), Sp.l72ff. Im Sinne der letzteren Entscheidung hatte sich schon vorher die herrschende Ansicht geäußert: OLG Kiel 29.8. 1905, Gewerbe- und Kaufmannsgericht, Bd. 11, Sp. 134f.; Prenner, Seufferts Blätter für Rechtsanwendung, 72 (1907), S.178ff., 222ff. (S.182f.); Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Bandl, S.771 f.; ders., Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), 1 (48ff., 88ff.); Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 43f.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 29ff., 170ff.; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 60ff.; Böhm, Die rechtliche Bedeutung des Tarifvertrages, S. 12ff.; Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S.27f., 213ff.; Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S.56f.; Ettinger, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 4, S. 83 (187f.); Oertmann, Zur Lehre vom Tarifvertrag, Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Band 10,1. Heft 1907, S. 1 (12ff.); a. A. Schmelzer, Tarifgemeinschaften, ihre wirtschaftliche, sozialpolitische und juristische Bedeutung mit besonderer Berücksichtigung des Arbeitgeberstandpunktes, S. 120ff. 29 Gesetz über den Absatz von Kalisalzen vom 25.5. 1910, RGBl. 1910, S.775ff. In dem Gesetz war die Produktion von Kali in Deutschland quotal aufgeteilt worden. Diese Quoten („Beteiligungsziffern") sanken nach § 13f. des Gesetzes, wenn in dem betreffenden Kaliwerk Lohnkürzungen stattfanden. Nach § 16 wiederum wurden von dieser Quotensenkung diejenigen Werke ausgenommen, bei denen die Lohn- und Arbeitsbedingungen durch Firmentarifvertrag festgesetzt wurden, wörtlich: „durch besondere zwischen den Kaliwerksbesitzern und der durch geheime Stimmabgabe festgestellten Mehrheit der beteiligten Arbeiter abgeschlossene Verträge". Die Vorschrift privilegierte also den Tarifabschluß, vgl. Sinzheimer, Gewerbe- und Kaufmannsgericht 15 (1910), Heft 12, Sp. 411 (415f.). Ein weiteres Gesetz, das die Tarifverträge wenig später als förderungswürdig anerkannte, war das Hausarbeitsgesetz (§19 Nr. 4), Gesetz vom 20.12. 1911, RGBl. 1911, S.976ff. 30 RG 27.11. 1901, RGZ 50, 28ff.; E.R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 4, S. 1255f.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 46ff.; Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S.247ff.; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 80f.; Huth, Der gewerbliche Tarifvertrag, S. 14ff.; Sinzheimer, Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S.29,33 ff., s. dort auch zu den zusätzlichen materiell-rechtlichen und prozessualen Problemen, die aus der Erfassung der Gewerkschaften durch § 54 BGB folgten; vgl. auch RG 13.10. 1911, JW 1911, 1014. 31 Das galt freilich nur bei fehlender vertraglicher Bestimmung über die Vergütungshöhe und auch lediglich insoweit, als die entsprechenden Tarifbedingungen - wegen entsprechender tatsächlicher Verbreitung - als „üblich" angesehen werden konnten, GG Rixdorf 2.5. 1905, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1905, Sp.363f.; GG Augsburg 19.8. 1908, Das Gewerbe- und

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

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Die mangelnde Verbindlichkeit der Tarifvertragsvorschriften für die Verbandsmitglieder wurde außerdem damit begründet, daß die Arbeitsvertragsparteien die Tarifverträge nicht selbst abgeschlossen hätten und ein diesbezügliches Vertretungsverhältnis der Verbände fehlte. 32 Allerdings nahm das Reichsgericht 1910 Verbindlichkeit insofern an, als der Tarifvertrag einen Vertrag zugunsten Dritter nach § 3 2 8 B G B darstellte. 33 Dieser Standpunkt wurde ganz überwiegend ebenso in der Literatur vertreten. 3 4 Die durch O t t o von Gierke begründete genossenschaftsrechtliche Theorie 3 5 hätte eine unmittelbare Wirkung der Tarifvorschriften Kaufmannsgericht 1909, Sp. 191 f.; GG Mannheim 26.8.1908, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1909, Sp. 337f.; Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 772,794; Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 54, 174ff.; ders., Tarifrechtliche Streitfragen, S. 66ff.; Lipinsky, Das Recht im gewerblichen Arbeits-Verhältnis, S. 193 f.; in diesem Sinne auch von Schulz, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 2, S.201 (293); Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 75, 169; Sigel, Der gewerbliche Arbeitsvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, S.22; Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S..105, Bd.2, S.24f., 37f.; ders., Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 18f.; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 62,129; unklar Böhm, Die rechtliche Bedeutung des Tarifvertrages, S.40ff. Auch in der Weimarer Zeit und heute wird bei der Anwendung von §612 Abs.2 BGB bei entsprechender Verbreitung auf die tariflichen Entgeltsätze abgestellt, RAG 5.12.1931, Bensheimer Slg. 14, Nr.34, S. 165 (169f.); Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S. 166, 179; BAG 27.10. 1960, AP Nr.21 zu §611, Ärzte, Gehaltsansprüche; BAG 24.6.1965, AP Nr.23 zu §612 BGB, 3; LAG Düsseldorf 23.8. 1977, DB 1978, 165f.; Putzo in: Palandt, §612 BGB, Rz.8; Schaub in: Münchener Kommentar, §612 BGB, Rz.206; Richardi in: Staudinger, §612 BGB, Rz.46; von Hoyningen-Huene, BB 1988, 264 (268). 32 RG 27.11.1901, RGZ 50,28ff.; GG Hamburg 11.12.1908, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1909, Sp.261f.; GG Berlin 30.12. 1908, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1909, Sp.338ff.; GG Berlin 10.12. 1908, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1909, Sp.239ff., das aber davon ausging, bei Vertragsschluß sei im Zweifel der Tarifvertragsinhalt gewollt; vgl. auch RG 13.10.1911, JW 1911,1014. Sinzheimer, Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, zählt in den Fn. 14, 15 (m.w.N.) folgende Gerichte mit Entscheidungen auf, die für eine Verbindlichkeit der Tarifvertragsnormen sprechen: Gewerbegericht Hannover, Gewerbegericht Köln, Gewerbegericht Berlin. Gegen eine Verbindlichkeit sprechen nach Sinzheimer Entscheidungen der folgenden Gerichte: Gewerbegericht Berlin, Hamburg, Augsburg, Gewerbegericht der Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt, Gewerbegericht Bremen, Gewerbegericht Köln, Gewerbegericht Rathenow, Gewerbegericht Mainz, Landgericht Mainz, Landgericht und Gewerbegericht Köln, Gewerbegericht Dortmund, Gewerbegericht Düsseldorf, Gewerbegericht Essen, Landgericht III Berlin, Gewerbegericht Plauen; differenzierend Gewerbegericht München. Die Aufzählung zeigt, daß auch innerhalb der Gerichte wechselnde Auffassungen vertreten wurden. 33 RG 20.1.1910, RGZ 73,92 (104f.); vgl. Sinzheimer, Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 14f.). 34 Baum, Das Recht des Arbeitsvertrages, S. 133 f.; Sigel, Der gewerbliche Arbeitsvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 21 f., 33; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 118ff.; Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 92ff. m.w.N. zur Diskussion, die zum Teil im einzelnen unterschied. 35 Mit der Genossenschaftstheorie wandte sich von Gierke insbesondere gegen die von der sog. „Fiktionstheorie" vertretene Sichtweise, nach der die Rechtspersönlichkeit von Personengemeinschaften ausschließlich auf einer juristischen Konstruktion („Fiktion") beruhe. Von Gierke wollte statt dessen die Genossenschaften aufgrund ihres rechtshistorischen Herkommens und ihrer sozialen Struktur als „reale Gesammtpersönlichkeit", d. h. als geborene Rechtsträger anerkennen, s. hierzu insbesondere O. von Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S.5ff.; ders., Das Wesen der menschlichen Verbände, Rektoratsrede vor der Universität

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Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

noch am ehesten begründen können. Denn von Gierkes Theorie befürwortete nachdrücklich die Möglichkeit der Rechtsetzung durch freiwillige private Verbände. 36 Solche Vereinigungen waren die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände. Jedoch lehnte von Gierke wegen des fehlenden Verbundes der beiden Kontrahenten eine über die Verbandsgrenzen übergreifende Tarifwirkung ausdrücklich ab. 37 b. Lotmar: Vertretungsrechtlich begründete Verbindlichkeit des Tarifvertrags zwischen Arbeitsvertragsparteien Trotzdem wurde bereits nach der Jahrhundertwende in der arbeitsrechtlichen Literatur der Gedanke aufgebracht, das Tarifvertragsrecht müsse als solches auch unmittelbar zwischen den Arbeitsvertragsparteien gelten. Vor allem Lotmar äußerte die Ansicht, bereits nach dem damals geltenden Rechtszustand seien Tarifvereinbarungen nicht nur für die Tarifvertragsparteien, sondern auch für die Arbeitsvertragsparteien verbindlich. Er begründete dies mit der rechtsgeschäftlichen Vertretung der Arbeitnehmer durch die Gewerkschaften und (soweit kein Firmentarif vorlag) der Arbeitgeber durch die Arbeitgeberverbände. 38 Dieser Standpunkt konnte sich damals und bis zum Erlaß der Tarifvertragsverordnung 1918 aber nicht durchsetzen. c. Sinzheimer: Rechtspolitische Forderung nach Verbindlichkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien Ebenso wie die Rechtsprechung wandte sich auch Sinzheimer gegen die von Lotmar vertretene Verbindlichkeit des Tarifvertrags zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Sinzheimer, der mit seinen Untersuchungen über das Tarifvertragsrecht zum Vordenker der Tarifvertragsgesetzgebung in der Weimarer Zeit und auch des heutigen Tarifrechts werden sollte,39 gründete seine Überlegungen über die Rechtsnormsetzung durch die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände unter Berlin am 15. Oktober 1902. Vertreter der „Fiktionstheorie" waren von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 2, § 85, S. 236; Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, § 49, S. 191 ff.; Bierling, Juristische Prinzipienlehre, Bd. 4, S. 220ff.; s. zu alledem Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, S. 11 ff. 36 O. von Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. 1, § 19, S. 142 ff.; ders., Das Wesen der menschlichen Verbände, Rektoratsrede vor der Universität Berlin am 15. Oktober 1902, S.28ff.; ähnlich Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, S. 9ff., 129ff., s. unten §6 II 4 a, S. 166ff. 37 O. von Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. 3, § 199 III, S. 604f.; ders., Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 42 (1916/17), 815 (820ff., 832). 38 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 780ff., 797f.; ders., Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), S. 1 (68ff., 77ff.); ebenso unter Berufung auf Lotmar das G G Hannover 23.9. 1908, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1909, Sp. 173ff.; vgl. zum Konzept der „Vertretungstheorie" als Grundlage für die Tarifgeltung unten §5 I 2 a, S. 129. 39 Die wichtigsten tarifvertragsrechtlichen Untersuchungen Sinzheimers sind: Der korporative Arbeitsnormenvertrag, 1907/1908; Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, 1913; Ein Arbeitstarifgesetz, 1916; Grundzüge des Arbeitsrechts, 1927; hinzu kommt Sinzheimers weitgehende Urheberschaft am Entwurf eines Arbeitstarifgesetzes im RAB1. 1921 (Amtl. Teil), S. 491 ff.

§1. Die Entwicklung

des B e g r i f f s der „Solidarnormen"

Anfang des 20. Jahrhunderts

15

anderem auch auf von Gierkes genossenschaftsrechtliche Theorie. 4 0 U n d so wie diese vertrat er (allerdings bevor sich v o n Gierke entsprechend zum Tarifvertrag geäußert hatte 4 1 ) die Ansicht, daß der Tarifvertrag nach damals geltendem Recht nicht auf die Befugnis der Verbände zur Normsetzung gestützt werden könnte. Zur Begründung stützte er sich ebenfalls auf den fehlenden verbandsübergreifenden Zusammenhalt v o n Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie auf die fehlenden Vertretungsbefugnisse der Verbände. 4 2 Sinzheimers Ansatz w a r vielmehr rechtspolitischer Art. 4 3 Er analysierte eingehend die bestehenden Tarifvertragswerke. Hieraus entwickelte er dann ein eigenes und neues Vorschriftensystem, f ü r das er eine gesetzliche Regelung forderte, welche die normative Geltung eines Tarifvertrags anordnete. 4 4 Daß er mit dieser Forderung Erfolg haben sollte, zeigte elf Jahre später die Tarifvertragsverordnung v o n 1918. 4 5

d. Die Diskussion um den theoretischen

Geltungsgrund

von

Tarifverträgen

O b w o h l - wie soeben geschildert - dem bindenden Tarifvertrag die rechtliche Anerkennung versagt war, w u r d e bereits um die Jahrhundertwende das „Wie" einer Tarifgeltung diskutiert, wobei man allerdings nicht immer deutlich zwischen rechtlicher und rechtspolitischer Sichtweise unterschied. Die wichtigsten Theorien zur Tarifgeltung wurden von Sinzheimer 4 6 eingeteilt und benannt als „Verbandstheorie", 47 „Vertretungstheorie" 4 8 und „kombinierte Theorie". 4 9 Die zwei 40 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 102ff.; s. auch Bd. 2, Fn.2. Vgl. zum Verhältnis Sinzheimers zu von Gierke bei der Entwicklung des Prinzips der verbandsautonomen Tarifnormsetzung Kilian, Soziale Selbstbestimmung und Tarifvertrag, S.51ff., 86ff. 41 S. oben 2 a bb, S. 14. 42 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.63ff., 101 ff., Bd. 2, S. 81 ff.; ders., Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 21 f., 43 ff. 43 Ein Bekenntnis zum rechtspolitischen Charakter seiner Forschung gibt Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, S. 3ff.; s. auch Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S. 31 f., 39f. 44 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.2, S.4ff., 31ff., 282ff.; die Forderung nach normativer Wirkung des Tarifvertrags wiederholt er in ders., Hessisch-Nassauischer Zweigverein der Gesellschaft für Soziale Reform, Bd. 1, Heft 1, 1908, S. 30ff.; ders., Uber den Grundgedanken und die Möglichkeit eines einheitlichen Arbeitsrechts für Deutschland, S. 37; ders.: Ein Arbeitstarifgesetz, S. 105ff., 127ff., s. dort S. 88ff. auch zur verbandsrechtlichen Legitimation der normativen Wirkung durch Unterwerfung seitens der Verbandsmitglieder; s. auch die generellen Überlegungen zur Schaffung eines gesetzlichen Tarifvertragsrechts in ders., Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 21 ff., 46ff. 45 Tarifvertragsverordnung vom 23.12. 1918, RGBl. 1918, 1456. 46 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 63 ff. Vgl. die Überblicke bei Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 41 ff., sowie bei von Schulz, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, S.201 (287ff.). 47 Oertmann, Zur Lehre vom Tarifvertrag, Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Band 10,1. Heft 1907, 1 (9f.); Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S. 88ff.; in diesem Sinne bereits Rosner, Das Recht 1903, S. 3ff. 48 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 780ff., 797f.; ders., Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), S. 1 (68ff., 77ff.); leitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S.32ff., 121 ff. 49 Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 124 ff., vgl. dort auch

16

Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

ersten Begriffe spiegelten die prinzipiellen Möglichkeiten der Rechtsbindung durch Tarifvertrag wider, nämlich diejenige kraft Mitgliedschaft („Verbandstheorie") oder diejenige kraft Vertretung durch den Verband („Vertretungstheorie"). Mit dem dritten Begriff der „kombinierten Theorie" beschrieb Sinzheimer 50 Konzepte, nach denen die Verbandsmitglieder an den Tarifvertrag gebunden sein sollten und bei denen zusätzlich die Verbände als „Garanten der Vertragserfüllung" für die Befolgung des Tarifvertragsrechts durch ihre Mitglieder einzustehen hatten 51 . Das Instrument des Vertrags zugunsten Dritter wurde als Mittel zur Tarifdurchsetzung mehrheitlich verworfen. Bereits damals wurde eingewandt, daß Verpflichteter des Vertrags zugunsten Dritter nur eine Tarifvertragspartei sein könne und nicht das einzelne Verbandsmitglied, und daß der Vertrag zugunsten Dritter lediglich zur Berechtigung, aber nicht zur Verpflichtung der Arbeitsvertragsparteien als Verbandsmitglieder führen könne. Das bedeutete, daß die einzelnen Arbeitsvertragsparteien solche Tarifbedingungen gegenüber den Verbänden (und beim Firmentarif: gegenüber dem kontrahierenden Arbeitgeber) geltend machen konnten, die ihnen unmittelbar eine Gläubigerstellung einräumten und durch die sie begünstigt wurden. 52 Sinzheimer selbst schloß sich der Verbandstheorie an. Ein Vorteil der Verbandstheorie gegenüber der Vertretungstheorie war für ihn, daß die Arbeitsvertragsparteien die Tarifgeltung nicht wahlweise (etwa durch Widerruf der „Vollmacht" des Verbandes im Innenverhältnis) rückgängig machen konnten. Es sollte vielmehr für alle Verbandsmitglieder eine generelle Tarifgeltung herbeigeführt werden, die - abgesehen von der Beitrittsentscheidung - unabhängig vom Willen der jeweiligen Verbandsmitglieder greift. 53 Zusätzlich betonte Sinzheimer die S.46ff., 96ff., 200ff.; ders., Tarifrechtliche Streitfragen, S.43ff.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 119ff., 138ff. 144f.; in diesem Sinne auch Zimmermann, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 3, S. 187 (209ff.), der für eine „Kumulationstheorie" eintritt; Baum, Das Recht des Arbeitsvertrages, S. 132, entscheidet sich ausdrücklich gegen die Verbandstheorie und hält nur die Vertretungs- oder die kombinierte Theorie für veretretbar. 50 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 68 f. 51 Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 117ff., insbesondere S. 119; ebenso Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 115. Eine Garantenstellung der Verbände für die Durchführung der Tarifverträge durch ihre Mitglieder verneinte RG 13.10. 1911, J W 1911, 1014. 52 Für die Annahme eines Vertrags zugunsten Dritter Wölbling, Der Akkordvertrag und der Tarifvertrag, S.314f.; Prenner, Seufferts Blätter für Rechtsanwendung, 72 (1907), S. 178ff., 222ff. (S. 183ff.). Gegen diese Einordnung Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 130ff.; ders., Tarifrechtliche Streitfragen, S.57ff.; Böhm, Die rechtliche Bedeutung des Tarifvertrages, S. 9ff.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 141 ff.; Köppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 122; differenzierend etwa Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 63 ff. Das Reichsgericht wandte sich 1910 ausdrücklich gegen die Annahme einer rechtsgeschäftlichen Vertretung der Verbandsmitglieder durch die Verbände, sah aber in manchen tarifvertraglichen Regelungen Verträge zugunsten Dritter nach § 328 BGB. RG 20.1.1910, RGZ 73,92 (104f.), s. hierzu Sinzheimer, Gewerbe- und Kaufmannsgericht 15 (1910), Sp. 172ff.; offen RG 22.3. 1911, RGZ 76, 25 (27f.). 53 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 73 f.; ders., Rechtsfragen des

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

17

nicht nur individualistisch, sondern auch gemeinschaftlich geprägte Normbildung und Normdurchsetzung im Tarifvertrag. 54 Damit legte er gleichzeitig den Grundstein für das 1918 in § 1 Tarifvertragsverordnung und heute in § 2, § 3 Abs. 1 und § 9 T V G niedergelegte Tarifverständnis, das von der Verbandstheorie ausgeht. 55

II. Sinzheimers „ Solidarnormen " Die bisher referierte Diskussion um Geltung und Geltungsgrund von Tarifvertragsregelungen stellt den Hintergrund dar, vor dem H u g o Sinzheimer Anfang dieses Jahrhunderts ein eigenes System von Tarifnormen entwickelte. 56 In dieser Tarifnormenlehre definierte er nicht zuletzt auch die sogenannten „Solidarnormen". Diese wurden danach immer wieder als wichtigste Teilgruppe der Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen nach § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1 S.2 T V G angesehen. 57 Bis heute wird der Begriff der Solidarnorm zum Ausgangspunkt der Überlegungen zu den betrieblichen Tarifnormen gemacht. 5 8 Ausgangspunkt der Herleitung von „Solidarnormen" war für Sinzheimer die Existenz - und die Notwendigkeit - tarifvertraglicher Regelungen, die keine sumArbeitstarifvertrages, S. 13ff., 27,40ff.; ders., Ein Arbeitstarifgesetz, S. 52ff., 87ff., s. dort S. 55ff. auch zu den Voraussetzungen der Tariffähigkeit. 54 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 73f.; ders., Ein Arbeitstarifgesetz, S.24ff., 81 ff., 130ff. 55 Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, §1 TVG, Rz. 149ff.; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Band 1, § 13 12, S. 514; Löwisch/Riehle, Kommentar zum TVG, § 1 TVG, Rz. 339; Hueck/ Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. II, §21 I 1, S.448ff. Die Verbandstheorie war auch bereits zur Weimarer Zeit (unter Geltung der Tarifvertragsverordnung) herrschend, RAG 14.11. 1931, Bensheimer Slg. 13, Nr. 131, S.555 (559);Jacobi, Grundlehren des Arbeitsrechts, S. 179ff.; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 1. und 2. Aufl., Band2, §15 12 e; Nipperdey, NZfA 1926, Sp. 193ff., 273ff., 333ff. (285ff., 335ff.); Simson, in: Kaskel, Hauptfragen des Tarifrechts - Arbeitsrechtliche Seminarvorträge, S. 15 (20). Mit der „Differenzierungstheorie" vertritt in neuerer Zeit Ramm die Ansicht, daß die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite unterschiedlich zu behandeln seien. Dabei erfaßt er die Beziehungen der Arbeitgeber zu ihrem Verband nach der kombinierten Theorie und die Beziehungen der Arbeitnehmer zu ihrem Verband nach der Verbandstheorie, Ramm, Die Parteien des Tarifvertrags, S. 69ff.; Ramm, JZ 1962, 78ff. (vgl. hierzu Wiedemann a.a.O. sowie unten §5 I 3 a, S. 131 f.). 56 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte von den „Solidarnormen" zu den „Betriebsnormen" des TVG Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S. 26ff.; Dieterich, Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9.4.1949, S. 2 ff.; Schulz, Umfang und Wirkung tariflicher Betriebsnormen, S.3ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 307ff.; Wagenitz, Die personellen Grenzen der Tarifmacht, S. 50f. 57 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. II, 7. Aufl., §15 IV 2, S.291; Nikisch, Arbeitsrecht, 2. Aufl. Bd. 2, S. 299; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, S.228f. 58 So bei Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, Einl. Rz. 387, § 1 TVG, Rz. 555ff.; Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S. 30ff.; Löwisch /Riehle, Kommentar zum TVG, §1 TVG, Rz. 76ff.; Löwisch/Riehle in: Münchener Handbuch für Arbeitsrecht, § 261, Rz. 2ff.; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 202 V 1, Rz. 17, S. 1974; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, § 35 II.; Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht, Band2, §13, Rz.23ff.; Wollenschläger, Arbeitsrecht, Rz.323.

18

Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

mierten Einzelinteressen, sondern das „Gesamtinteresse der Arbeiter im Betrieb" betrafen. Hierbei ging es vor allem um die betrieblichen Rahmenbedingungen der Arbeitstätigkeit, wobei die „Solidarnormen" nach Sinzheimer nicht den Einzelnen, sondern die Gesamtheit der Arbeitnehmer berechtigten.59 1. Umschreibungen betriebsbezogener Tarifbestimmungen vor Sinzheimer Den „Solidarnormen" Sinzheimers waren bereits entsprechende Überlegungen von Lotmar, Rundstein und Wölbling vorausgegangen. a. Lotmar: Tarifregelungen

über das „Berufs- oder Klasseninteresse "

Lotmar hatte sich im Jahr 1900 über das Tarifvertragsrecht geäußert;60 die hier angestellten Überlegungen entwickelte er dann weiter und arbeitete sie 1902 in seine umfassende Untersuchung des Arbeitsrechts ein.61 Er unterschied drei Arten tarifvertraglicher Regelungen, „die transitorischen", die „den Tarifvertrag selbst betreffenden Bestimmungen" und „die Bestimmungen, die sich auf das Arbeitsverhältnis selbst beziehen". Die „transitorischen" würde man heute dem Arbeitskampfrecht zuordnen; hier ging es um Vereinbarungen über die Beendigung des Arbeitskampfes, über Friedenspflichten und über die Wiedereinstellung von Arbeitnehmern nach Arbeitskämpfen. Die „den Tarifvertrag selbst betreffenden Bestimmungen" bezogen sich auf den Geltungsbereich, die Geltungsdauer und die nähere Vertragsumsetzung, aber auch auf Vorschriften über die Schlichtung. Die „Bestimmungen, die sich auf das Arbeitsverhältnis selbst beziehen", regelten die Arbeitsvertragsbeziehung.62 Dabei erklärte Lotmar, die tarifvertraglichen Bestimmungen, welche sich auf das Arbeitsverhältnis selbst beziehen, würden nicht immer nur Punkte betreffen, die auch Gegenstand eines Arbeitsvertrags sein könnten. Vielmehr gab es seiner Ansicht nach auch Bestimmungen, „welche auf die kollektive Methode angewiesen sind, weil der Raum des individuellen Vertrags für ein Interesse zu eng ist, das nur Interesse einer Mehrheit sein und daher nur durch eine kontrahierende Mehrheit vertreten werden kann". 63 Als Beispiele nannte er die „Einschränkung der Lehrlingshaltung",64 die Benutzung von Arbeitsnachweisen und die „Anerken59 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.2ff., 48ff., Bd.2, S. 50f.; s. im einzelnen unten II 3 b, bb, S.27ff. 60 Lotmar, Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), S. 1 ff., vgl. hierzu näher Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S.48ff. 61 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, 1902, Band2, 1908. 62 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 760ff.; ähnlich bereits ders., Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), 1 (21ff.). 63 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 763, Hervorhebung im Original. Mit der „kollektiven Methode" ist die Vereinbarung im Tarifvertrag (und nicht im individuelllen Arbeitsvertrag) gemeint, s. Dieterich, Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9.4. 1949, S.2ff., Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S.51. 6 4 Die tarifvertraglich vereinbarten sogenannten „Lehrlingsskalen" regelten den prozentualen Anteil der Lehrlinge im Betrieb. Damit sollte verhindert werden, daß die Arbeitgeber ein Über-

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

19

nung von Organisationen" (also die Anerkennung spezieller Arbeitnehmerverbände als Tarifvertragspartner). L o t m a r sprach davon, daß solche Vorschriften „als in den Bereich des Berufs- oder des Klasseninteresses hineinragend ... der individuellen Regelung entrückt" seien. 6 5 Allerdings zog er aus diesen Aussagen im J a h r 1902 noch keine rechtlichen Konsequenzen. D i e besondere Einordnung der angesprochenen Regelungen als „Solidarnormen" und die Analyse ihrer spezifischen Wirkung (als Vorschriften, die zwingend die Gemeinschaft betreffen und nur von einer Gemeinschaft geltend gemacht werden können) sollte erst fünf J a h re später durch Sinzheimer erfolgen. 6 6 b. Rundstein:

Tarifregelungen

und Arbeitnehmern

im

über „ das Verhältnis

zwischen

Arbeitgebern

allgemeinen"

Rundstein entwickelte 1906 ein Klassifizierungssystem für Tarifvorschriften, das sich teilweise an demjenigen Lotmars orientierte. E r unterschied zwischen „wesentlichen" und „unwesentlichen" Tarifvorschriften. 6 7 Die „wesentlichen" Tarifvorschriften betrafen die L o h n h ö h e , die Lohnmodalitäten und die Vertragszeit (Kündigungsfristen, Kündigungsgründe), aber auch den „Arbeitsprozeß im allgemeinen". Zu den Regelungen über den „Arbeitsprozeß im allgemeinen" zählte er als Beispiele Tarifvereinbarungen über hygienische Einrichtungen und die „Vorschriften über das Verhalten und die Behandlung der Arbeitnehmer im allgemeinen und in ihrem Verhältnis z u m höheren Personal". 6 8 D i e „unwesentlichen" Tarifvorschriften unterteilte Rundstein in mehrere Gruppen. Zur ersten Gruppe, so schrieb er unter Berufung auf Lotmar, gehörten maß ungelernter Kinder beschäftigten, s. Lotmar a.a.O., S. 263; Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 34-36; Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S. 88 Weyand, Die tarifvertragliche Mitbestimmung unternehmerischer Personal- und Sachentscheidungen, S. 35f.; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 19; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland S. 294f. Ettinger, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 4, S. 83 (123f.), wies darauf hin, daß die Quoten in dem Moment ihre Rechtfertigung verlieren, in dem für alle, also auch für die Lehrlinge, Mindestlöhne („Standard wages") durchgesetzt sind. Dies, der inzwischen durchgesetzte Jugendarbeitsschutz und die Beschränkung der Einrichtung von Ausbildungsplätzen nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 BBiG erklärt, warum die „Lehrlingsskalen" heute praktisch unbekannt sind. 65 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 763f.; s. ebenfalls (bereits 1900) ders., Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), 1, (21 ff., 24); ebenso (im Anschluß an Lotmar) Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 19f., 85; ähnlich Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 15ff.; Köppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S.48ff.; s. auch die Systematisierung bei Mamroth, Gewerblicher Konstitutionalismus, S.31 ff. Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S. 50ff., wendet sich zwar gegen eine Systematisierung, nennt aber auf S. 56 Besetzungsregelungen und Regelungen zur Produktion als Tarifvertragsregelungen, die „weder den Inhalt der abzuschließenden Arbeitsverträge noch den Tarifvertrag selber betreffen". Vgl. zur Lotmarschen Analyse Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S.48ff.; Schulz, Umfang und Wirkung tariflicher Betriebsnormen, S. 4; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 307ff. 66 Vgl. Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S. 49ff. 67 Rundstein, Die Tarifverträge im Französischen Privatrecht, S.29ff. 68 Rundstein a.a.O., S.35f.

20

Teil I. Zur Entwicklung der

Tarifvorschriften

diejenigen Bestimmungen, die „auf kollektive Methode angewiesen sind"; sie beträfen „den individuellen Arbeitsvertrag ,an sich' n i c h t " . Zu ihnen zählte er Vorschriften über die „Anerkennung der Arbeitnehmerorganisation", die „Regelung des Lehrlingswesens" und die „Benutzung eines bestimmten Arbeitsnachweises". 6 9 D i e zweite Gruppe waren die „transitorischen B e s t i m m u n g e n " , welche (wie bei L o t m a r ) die Beendigung des Arbeitskampfes, Friedenspflichten und die Wiedereinstellung von Arbeitnehmern nach Arbeitskämpfen regelten. 7 0 D i e dritte Gruppe erfaßte den „Tarifvertrag als solchen", insbesondere seine Dauer. 7 1 D a m i t hatte sich Rundstein zwar prinzipiell dem Phänomen der nicht individual-, sondern gruppenbezogenen Tarifvorschriften angenähert. Allerdings bezog er den Begriff der „kollektiven M e t h o d e " offenbar nicht auf die Beziehung zwischen Arbeitgeber und betrieblicher Arbeitnehmergemeinschaft, sondern ausschließlich auf die Beziehung zwischen den Tarifvertragsparteien. 7 2 I m B e reich der Arbeitsbeziehungen unterschied Rundstein nicht zwischen dem individuellen Arbeitsverhältnis und einer kollektiven, betriebsbezogenen Beziehung des Arbeitgebers zur Gemeinschaft der Arbeitnehmer oder zur Gewerkschaft. Insbesondere zog er keine näheren Konsequenzen aus seiner Erkenntnis, daß es Vorschriften über den „Arbeitsprozeß im allgemeinen" gibt, die sich von denjenigen über L o h n und Arbeitszeit unterscheiden. 7 3 I m G a n z e n fehlte damit bei Rundstein - ebenso wie bei L o t m a r - eine Analyse der spezifischen Wirkung „kollektiver" Bestimmungen als Vorschriften, die zwingend eine Arbeitnehmergemeinschaft betreffen und nur von dieser Gemeinschaft (nicht vom einzelnen Arbeitnehmer) geltend gemacht werden können. c. Wölbling:

Tarifregelungen

über „ die Rechtsbeziehung

zur

Gesamtheit"

Wölbling legte 1908 und 1909 zwei eingehende Untersuchungen des Tarifvertrags vor, in denen er (ebenfalls in Orientierung am Ordnungssystem von L o t m a r ) folgende fünf N o r m g r u p p e n des Tarifvertrags unterschied: „ l . D i e Friedenspflicht" (Streik, Sperre, B o y k o t t ) . 2. Regelung der allgemeinen Beziehungen zwischen den Parteien, die Tarifgemeinschaft mit ihren Organen, Arbeitsnachweise, Lehrlingswesen, Verbandszwang. 3. Regelung der Dienstverträge. 4. Transitorische Bestimmungen. 5. Vertragstechnische Bestimmungen, Dauer des Tarifvertrages, Erneuerung, räumliches G e b i e t . " 7 4

Rundstein a.a.O., S.37ff. Rundstein a.a.O., S.41f. 71 Rundstein a.a.O., S.42ff. 72 Dieterich, Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9.4. 1949, S. 3. 73 Rundstein, Die Tarifverträge im Französischen Privatrecht, S.35f. 74 Wölbling, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29 (1909), S. 481 ff., 869ff. (484); ähnlich bereits Wölbling, Der Akkordvertrag und der Tarifvertrag, S. 315ff. 69

70

§ 1. Die Entwicklung

des B e g r i f f s der „ Solidarnormen

" Anfang

des 20. Jahrhunderts

21

Vorliegend sind vor allem die „Regelung der allgemeinen Beziehungen" und die „Regelung der Dienstverträge" von Interesse. Als Tarifregelungen über Dienstverträge beschrieb Wölbling diejenigen Tarifbestimmungen, „welche zum Inhalte der einzelnen Arbeitsverträge werden sollen". Die Regelungen der „allgemeinen Beziehungen" umschrieb er mit „allgemeinen Beziehungen zwischen den Parteien, die Tarifgemeinschaft mit ihren Organen, Arbeitsnachweise, Lehrlingswesen, Verbandszwang". 75 Diese Aufzählung ergänzte er mit weiteren Beispielen, nämlich Vorschriften über die „Abschaffung der Akkordarbeit", über „maschinelle Einrichtungen", insbesondere über „Arbeitsschutzbestimmungen aller Art". 76 Im übrigen unterschied Wölbling nicht immer klar zwischen den Normen über „allgemeine Beziehungen" und den Normen über den Inhalt des Dienstvertrags. So nannte er etwa Vorschriften über Akkorde in beiden Zusammenhängen. 77 Die aufgezählten Beispiele zeigen, daß Wölbling bei den „allgemeinen" Vorschriften die verschiedenen Gläubigerpositionen noch nicht im einzelnen aufschlüsselte. Mit den „Beziehungen zwischen den Parteien" war das Verhältnis zwischen den Tarifvertragsparteien gemeint, während die Regelungen über „maschinelle Einrichtungen" und die Arbeitsschutzbestimmungen eher das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betrafen. Die Regelungen über Arbeitsnachweise, Lehrlingswesen und Verbandszwang konnten sowohl die Ebene der Tarifvertragsparteien als auch die individuellen Arbeitsbeziehungen erfassen. Dennoch gab es bereits bei Wölbling deutliche Ansätze einer Zuordnung von Normgruppe und Aktiv- bzw. Passivlegitimation. So schrieb er 1908 zu den von ihm so genannten Normen über „allgemeine Beziehungen", hier trete „die Rechtsbeziehung zur Gesamtheit in den Vordergrund". Es könne bei ihnen „im allgemeinen nicht Absicht der Vertragschließenden sein, jedem einzelnen Arbeiter eine Kontrolle über das Gewerbe, auch nicht über den einzelnen Betrieb zu geben." Ein Klagerecht auf Abstellung diesbezüglicher Mißstände könne ihm nicht zustehen. 78 1909 nahm Wölbling diese Zuordnungen aber wieder weitgehend zurück, indem er in Bezug auf alle Normarten erklärte, es hänge „von der Natur der Sache ab, ob nur die Einzelnen oder nur die Verbände, oder ob beide zugleich berechtigt und verpflichtet sind". Außerdem könnten im Tarifvertrag Rechte auch „für mehr oder minder bestimmte Dritte" begründet werden. 79 Trotz dieser Unsicherheiten war Wölbling damit der sinzheimerschen Dogmatik schon relativ nahe gekommen, die in den „Solidarnormen" die rechtliche Wahrnehmung des „Gesamtinteresses der Arbeiter im Betrieb" sah und damit die Aktivlegitimation nicht beim Einzelnen, sondern ausschließlich bei der Gemein75 Wölbling, Der Akkordvertrag und der Tarifvertrag, S.315ff.; Wölbling, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29 (1909), S.481ff., 869ff. (483ff.). 76 Wölbling, Der Akkordvertrag und der Tarifvertrag, S. 318 ff. 77 Wölbling a.a.O., S. 318, 321. 78 Wölbling a.a.O., S. 365. 79 Wölbling, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29 (1909), S. 481 ff., 869ff. (484f.), vgl. dort auch S. 510.

22

Teil I. Zur Entwicklung der

Tarifvorschriften

schaft der Arbeitnehmer ansiedelte. 8 0 Diese Annäherung an Sinzheimer dürfte allerdings nicht zuletzt auch darauf beruhen, daß Sinzheimers Untersuchung „ D e r korporative Arbeitsnormenvertrag" Wölbling beim Verfassen seiner Werke jedenfalls im ersten Band bereits vorlag. E s ist daher keineswegs sicher, daß W ö l b ling mit seinem Klassifizierungssystem einen ganz eigenen Ansatz entwickelte. D a ß Wölbling v o m sinzheimerschen System beeinflußt war, zeigt sich schon daran, daß er die Unterscheidung von „Individualnormen" und „Solidarnormen" allerdings an anderer Stelle - in sein Werk übernahm. 8 1 Insgesamt haben damit Lotmar, Rundstein und Wölbling in ihren Klassifizierungssystemen erkannt, daß Tarifverträge unter anderem auch Vorschriften enthalten können, welche eine spezifisch betriebsbezogene Gestaltung der Arbeitsbedingungen zum Gegenstand haben. D e n n o c h sind die diesbezüglichen Aussagen noch unklar, und es fehlt an konkreten Abgrenzungskriterien. H i n z u k o m m t , daß bei L o t m a r und Rundstein noch keine deutlichen Konsequenzen hinsichtlich der Personen gezogen werden, welche im einzelnen durch betriebsbezogene Tarifvorschriften berechtigt oder verpflichtet werden. D e r Gedanke, daß die G e meinschaft der Arbeitnehmer im Betrieb R e c h t e gegenüber dem Arbeitgeber erhalten soll, klingt erst bei Wölbling an - dabei dürfte sich jedoch bereits der E i n fluß Sinzheimers niedergeschlagen haben. 2. S i n z h e i m e r s „ D e r k o r p o r a t i v e A r b e i t s n o r m e n v e r t r a g " In seinem 1 9 0 7 / 1 9 0 8 in zwei Bänden erschienenen Werk „ D e r korporative A r beitsnormenvertrag" stellte Sinzheimer den damaligen Bestand an Tarifvertragsregelungen vor und erfaßte ihn in einer eigenen Kategorienordnung. Gleichzeitig machte er umfassende Vorschläge für eine mögliche - und von ihm dringend geforderte - gesetzgeberische Gestaltung des Tarifvertragsrechts. Sein Hauptanliegen war die Uberwindung des damaligen Rechtszustandes, nach dem die meisten Arbeitsbedingungen im gestalterischen Belieben des Arbeitgebers standen. Sinzheimer stellte dieser Einseitigkeit die vielgestaltigen Einflüsse und Beziehungen gegenüber, in die der Arbeitnehmer durch die Zurverfügungstellung seiner Person eintrat. 8 2 D i e Aufgabe des von ihm geforderten Arbeitstarifgesetzes sah er in 80 S. die Auswertungen der Thesen Wölblings bei Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, S.227f.; Dieterich, Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9.4. 1949, S.5; Schulz, Umfang und Wirkung tariflicher Betriebsnormen, S. 7f. 81 Wölbling, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29 (1909), S.481ff., 869ff. (490), unter ausdrücklichem Hinweis auf Sinzheimer. 82 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.5. Besonders anschaulich machte er dies durch ein wiederholtes (a.a.O. sowie in „Grundzüge des Arbeitsrechts", 1927, S. 110) Zitat von Göhre, der 1891 den Fabrikalltag geschildert hatte. Sinzheimer zitiert Göhre wie folgt: „Nicht eigentlich die meist schweren Handgriffe und Arbeitsleistungen, sondern dies Zusammenleben, Zusammenatmen, Zusammenschwitzen vieler Menschen, diese dadurch entstehende ermüdende Druckluft, das nie verstummende, nervenabstumpfende, gewaltige, quitschende, dröhnende, ratschende Geräusch ... dies alles zusammen macht unsere Fabrikarbeit

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

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der Schaffung eines privatrechtlichen Rahmens zur „Ersetzung oder Beschränkung der absoluten Rechte des Arbeitgebers durch vertragsmäßige Regelung des Arbeitsverhältnisses". Sein Ziel war die „Umbildung des herrschaftlichen A r beitsverhältnisses in ein genossenschaftlich geregeltes Arbeitsverhältnis ... unabhängig von der Gesetzgebung des Staates". 8 3 Diese Forderung wurde später mit der Tarifvertragsverordnung und dem Tarifvertragsgesetz durchgesetzt, womit Sinzheimer bis heute bestimmenden Einfluß auf das deutsche Arbeitsrecht genommen hat. 8 4 3. S i n z h e i m e r s T a r i f n o r m e n s y s t e m Methodischer Ausgangspunkt Sinzheimers war bei alledem die Analyse des IstZustandes der damals existierenden Tarifvertragsregelungen. 8 5 Diese Analyse erstellte er mit Hilfe einer umfangreichen Tarifsammlung, aus der er ausgiebig zitierte. So führte er den Leser in die Vielfältigkeit der bestehenden Vertragsnormen ein und entwickelte ein Klassifizierungssystem, das er der rechtlichen und rechtspolitischen Aufarbeitung des Tarifvertragssystems zugrundelegte. Gleichzeitig stellte er unter Beweis, wie geeignet das Tarifvertragssystem war für die Regelung der von ihm festgestellten „vielgestaltigen Einflüsse und Beziehungen" im A r beitsverhältnis. Das Klassifizierungssystem, das Sinzheimer auf diese Weise entworfen hat, ist aufgrund der Bildung vieler O b e r - sowie Unterkategorien äußerst filigran geraten. 8 6 D i e weit ausdifferenzierte Aufteilung in zahlreiche Normengruppen und -Untergruppen dürfte der G r u n d dafür sein, daß sich die Klassifizierungen nicht aus". Die Hervorhebung stammt von Sinzheimer. Im Werk von Göhre heißt es (abweichend): „Nicht eigentlich die meist schweren Handgriffe und Arbeitsleistungen, sondern dieses Zusammenleben, Zusammenatmen, Zusammenschwitzen vieler Menschen, diese dadurch entstehende ermüdende Druckluft, das nie verstummende, nervenabstumpfende, gewaltige, quitschende, dröhnende, ratschende Geräusch, und das unausgesetzte elfstündige Stehen in ewigem Einerlei, oft an ein und derselben Stelle - dies alles zusammen macht unsere Fabrikarbeit zu einer alle Kräfte anspannenden, aufreibenden Thätigkeit, die wenn auch nicht über, so doch gleichwertig neben jede anstrengende geistige Arbeit gestellt werden darf", Göhre, „Drei Monate als Fabrikarbeiter und Handwerksbursche", S. 74. 83 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 274, 292. 84 S. zur Person und zum Wirken Hugo Sinzheimers Benöhr, in: Heinrichs u.a., Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, S. 615ff.; Fraenkel, J Z 1958, S.457ff.; Göppinger, Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich", S. 318; Kuho, Hugo Sinzheimer - Vater des deutschen Arbeitsrechts. 85 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 30ff.; ähnlich deskriptiv waren vorgegangen Rundstein, Die Tarifverträge im Französischen Privatrecht, S.23ff.; Wölbling, Der Akkordvertrag und der Tarifvertrag, S.315ff., s. oben II 1 b, c, S. 19ff. 86 Die für die Schaffung eines Tarifvertragssystems plädierenden Juristen mußten sich zu Beginn des Jahrhunderts einiges an Kritik an ihren Analysen gefallen lassen. So zitiert von Schulz, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 2, S.201 (218) die Deutsche Arheitgeherzeitung vom Januar 1907 mit der ironischen Bemerkung: „Wer an juristischen Streitigkeiten und an scharfsinnigen, spitzfindigen Unterscheidungen Gefallen findet, für den muß der Tarifvertrag geradezu ein Paradies sein ...".

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Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

voll durchgesetzt haben. T r o t z des grundlegenden Einflusses Sinzheimers haben w e d e r die Weimarer Tarifvertragsverordnung n o c h das heutige Tarifvertragsgesetz S i n z h e i m e r s N o r m e n a u f t e i l u n g ü b e r n o m m e n . S i n z h e i m e r hat d a s v o n i h m e n t w i c k e l t e S y s t e m in s e i n e n s p ä t e r e n G e s e t z e n t w ü r f e n a u c h s e l b s t n i c h t n a c h vollzogen.87 In der Systematisierung der Tarifvertragsregelungen unterscheidet Sinzheimer zunächst generell z w i s c h e n „ A r b e i t s n o r m e n " u n d „ B e r u f s n o r m e n " . 8 8 D i e A r beitsnormen regeln die R e c h t s b e z i e h u n g e n v o n A r b e i t g e b e r n u n d Arbeitnehmern zueinander im Arbeitsverhältnis. D i e Berufsnormen betreffen das Recht der Koalitionen. Schematisch ergibt sich dabei das T a r i f n o r m e n s y s t e m Sinzheimers nach Hugo

Sinzheimer,

Der korporative

Arheitsnormenvertrags9

Arbeitsnormen

Berufsnormen

(Tarifvertragliche Regelung der Arbeitsbeziehungen)

(Tarifvertragliche Regelung der Verbandsbeziehungen)

Allgemeine Arbeitsnormen - Organisationsklauseln; - Besetzungsregeln (entsprechen in etwa den heutigen „Abschlußnormen")

Besondere Arbeitsnormen (Regelung des Arbeitsverhältnisses in individueller und betrieblicher Hinsicht)

Individuelle Berufsnormen (Regelung der Rechte u. Pflichten des Einzelnen im Hinblick auf seine BeziehunIndiviSolidarnormen gen zu den Verdualnor(Regelung des Solidarmen verhältnisses des Arbeit- bänden) (Regelung gebers zur Gruppe der des indivi- Arbeitnehmer im Beduellen Ar- trieb) beitsverhältnisses; Organisa- Betriebsentspretionsnornormen chen in et- men (Regelung (Regelung wa den der sachliheutigen der perso- chen Kom„Inhaltsnellen ponente und Been- Kompodes Solidigungsnente des darverhältnormen") Solidarver- nisses im hältnisses Betrieb) im Betrieb)

Soziale Berufsnormen (Regelung der Rechte u. Pflichten von Arbeitnehmer- u. Arbeitgeberverbänden)

8 7 Vgl. Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, 1916; Entwurf eines Tarifvertragsgesetzes im RAB1. 1921 (Amtl. Teil), S.491ff.; hinzuzählen läßt sich auch Tarifvertragsverordnung vom 23.12. 1918, R G B l . 1918,1456, die unter Sinzheimers maßgebender Beteiligung zustandekam. 88 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.33ff., 52ff., vgl. SchmidtEriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S.43. 8 9 S. auch die weitergehende Untergliederung der sinzheimerschen Normen bei SchmidtEriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S.46.

§1. Die Entwicklung des Begriffs der „Solidamormen"

Anfang des 20. Jahrhunderts

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a. Die „ Berufsnormen "

Die Rechtsbeziehungen, die in den „Berufsnormen" durch das Recht der Koalitionen geregelt sind, teilen sich bei Sinzheimer auf in die „sozialen Berufsnormen" und die „individuellen Berufsnormen". Erstere betreffen die Beziehungen der Koalitionen untereinander, letztere die hiermit korrespondierenden Verpflichtungen von Verbandsmitgliedern, die unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses greifen. aa. „ Soziale Berufsnormen "

Beispiele für soziale Berufsnormen sind nach Sinzheimer: die Anerkennung einer Gewerkschaft als Koalitionspartner; Vereinbarungen von Friedenspflichten und Regeln über das Verhalten bei Arbeitskämpfen; Verpflichtung der Arbeitnehmer, keine untertariflich bezahlte Arbeit anzunehmen; Vereinbarungen über von den Gewerkschaften ausgestellte sogenannte „Arbeitsnachweise", die den Zweck haben, nur „tariftreue Arbeiter" einzustellen; 90 Mitwirkungspflichten der Arbeitgeber bei der gewerkschaftlichen Unterstützung von arbeitslosen Gewerkschaftsmitgliedern; Mitwirkungs- und Anerkennungspflichten der Tarifvertragsparteien und ihrer Mitglieder in Bezug auf Urteile von Schiedsinstanzen. 91 Von Interesse sind zudem die nach Sinzheimer ebenfalls zu den sozialen Berufsnormen zählenden „Vorschriften, die ein Mitbestimmungsrecht des Arbeiterberufsvereins bei der Betriebs-, Produktions- und kaufmännischen Leitung des Unternehmens anerkennen". Als Beispiele werden genannt: Informationsrechte der Gewerkschaften bei Kündigungen; Vorschlagsrechte der Gewerkschaften bei Einstellungen; die Bildung von „Ortsausschüssen", welche bei flauem Geschäftsgang die Arbeitszeiten regeln; die Bildung von „Tarifkommissionen" zur Festsetzung von Produktpreisen. 92 Abgesehen von den letztgenannten Vorschriften wurden hier Regelungen vorgestellt, die heute entweder dem Betriebsverfassungsrecht zuzuordnen wären oder (soweit es sich um Tarifvertragsrecht handelt) den „Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen" nach §3 Abs. 2 TVG. bb. „Individuelle

Berufsnormen"

Als „individuelle Berufsnormen" bezeichnet Sinzheimer solche, die das Verhalten der Mitglieder von Arbeiterorganisationen regeln, ohne daß es hierbei auf die Tatsache des Abschlusses eines Arbeitsvertrags ankommt. Beispiele sind Ver90 S. zum Arbeitsnachweis Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 55; Mamroth, Gewerblicher Konstitutionalismus, S. 42f.; Geßler, Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht 1910, Sp. 3ff. Zum Teil wurden auch von den Arbeitgeberverbänden Arbeitsnachweise ausgestellt, um so ungeeignete oder unliebsame Arbeitnehmer von einer Beschäftigung bei den Verbandsmitgliedern auszuschließen, vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens die Nachweise oben Fn. 17. 91 Sinzheimer a.a.O., S. 52-59. 92 Sinzheimer a.a.O., S. 57f.

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Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

pflichtungen, nicht bei Außenseiterarbeitgebern zu arbeiten oder keine Arbeitsverträge mit untertariflicher Bezahlung zu akzeptieren. 93 b. Die

„Arbeitsnormen"

Die „Arbeitsnormen" bestimmen nach Sinzheimer „entweder die Personen, mit denen Arbeitsverträge abgeschlossen bzw. nicht abgeschlossen werden dürfen oder sie geben den Inhalt an, den die Arbeitsverträge haben sollen". 94 Die erstere Normengruppe über die Personen, mit denen Arbeitsverträge geschlossen werden sollen, nennt Sinzheimer (mißverständlich) „allgemeine Arbeitsnormen", letztere Normengruppe nennt er (ebenfalls mißverständlich) „besondere Arbeitsnormen". aa. „Allgemeine Arbeitsnormen "

(Organisationsklauseln/Besetzungsregeln)

Die „allgemeinen Arbeitsnormen" lassen sich weitgehend mit den heutigen „Abschlußnormen" (vgl. § 1 Abs. 1 TVG) gleichsetzen. Hierunter subsumiert Sinzheimer beispielsweise Regelungen, die die Arbeitgeber verpflichten, nur Gewerkschaftsmitglieder oder nur „tariftreue Arbeiter" einzustellen, also (heute unzulässige95) Organisationsklauseln. 96 Weiter werden hierdurch auch Vorschriften er93

Sinzheimer a.a.O., S. 59-61, mit zahlreichen weiteren Beispielen. Sinzheimer, a.a.O., S.33. Däubler, Tarifvertragsrecht, Rz. 1211; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Band 1, § 8,6, S.388ff.; Löwisch/Rieble, Kommentar zum TVG, §1, Rz. 159; Löwisch/Rieble in: Münchener Handbuch für Arbeitsrecht, §245, Rz.56; Scholz in: Maunz/Diirig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 9 G G , Rz.231. Anderer Ansicht (mit Einschränkungen) Kempen/Zachert, Tarifvertragsgesetz, §3 TVG, Rz. 126. S.a.a.Oen. auch zur Unterscheidung zwischen allgemeinen und beschränkten Organisationsklauseln. Die allgemeinen Organisationsklauseln verbieten die Beschäftigung unorganisierter Arbeitnehmer; die beschränkten Organisationsklauseln („closed shop"-Regelungen) verbieten die Beschäftigung sämtlicher Arbeitnehmer, die nicht in einer speziellen Gewerkschaft organisiert sind. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat 1981 die damals in Großbritannien praktizierten „closed shop"-Regelungen wegen Verstoßes gegen die Vereinsfreiheit nach Art. 11 EMRK für unzulässig erklärt, Urteil vom 26.6. 1981 (Young, James, Webster / U.K.), RdA 1982, 190ff., s. hierzu Eichenhofer, Der Thatcherismus und die Sozialpolitik, S.41, 44f. In der Weimarer Zeit wurden Organisationsklauseln von der Rechtsprechung für zulässig angesehen, R A G 20.2. 1932, Bensheimer Slg. 14, Nr.98, S.444ff.; Biensfeld, N Z f A 1923, Sp.533ff.; Baum, N Z f A 1922, Sp.22ff. Anderer Ansicht Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S. 62; Molitor, Kommentar zur Tarifvertragsverordnung, Anh. III zu § 1, Anm. 5; Nipperdey, Anmerkung zu R A G 20.2. 1932, Bensheimer Slg. 14, Nr. 98; differenzierend aber Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 1. und 2. Aufl., Band 2, §13 I 1 c; Potthoff, Die Einwirkung der Reichsverfassung auf das Arbeitsrecht, S. 12ff.; vgl. zur historischen Entwicklung der Organisationsklauseln Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S.357ff.; s. zum „closed shop" im Ausland auch BVerfG 10.1. 1995, BVerfGE 92, 26 (40f.). 96 Sinzheimer sprach hier von „Absperrungsklauseln". Gleiche Wirkung hatten Vorschriften, nach denen nur „tariftreue Arbeiter" eingestellt werden durften mit (von den Gewerkschaften ausgestellten) sogenannten „Arbeitsnachweisen", da diese Nachweise meist nur Gewerkschaftsmitgliedern ausgestellt wurden, s. Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.34f„ Bd.2, S. 130ff. 94 95

§1. Die Entwicklung

des Begriffs der „Solidarnormen"

Anfang des 20. Jahrhunderts

T1

faßt, die man heute als qualitative oder quantitative Besetzungsnormen bezeichnen würde. Beispiele sind die sogenannten „Lehrlingsskalen", die das Zahlenverhältnis von Ausgelernten und Lehrlingen im Betrieb festsetzen (zur Vermeidung der übermäßigen Einstellung von Lehrlingen, die damals bevorzugt als billige Arbeitskräfte eingesetzt wurden). Als weitere Beispiele nennt Sinzheimer Verbote, Ungelernte einzustellen oder Gelernte durch Ungelernte zu ersetzen. 97 bb. 7.u den „ besonderen Arbeitsnormen

insbesondere den „Solidarnormen"

Den eigentlichen Schwerpunkt Sinzheimers Darstellung der Tarifvorschriften enthält seine Dokumentation der „besonderen Arbeitsnormen". Die „besonderen Arbeitsnormen" regeln das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis. Vor allem sie bewirken nach Sinzheimer, daß das vom Arbeitgeber einseitig gestaltete „herrschaftliche" Arbeitsverhältnis in eine Beziehung umgebildet wird, in der die Menge der hierfür relevanten kleineren und größeren Einflußfaktoren genossenschaftlich geregelt wird. 98 Die „besonderen Arbeitsnormen" sind es auch, die von maßgeblicher Bedeutung für die vorliegende Untersuchung sind, da sie von Sinzheimer aufgeteilt werden in „Individualnormen" und „Solidarnormen". Diese Unterscheidung beruht auf seinen allgemeinen Überlegungen über die Individual- und Solidarbindungen im Arbeitsrecht, die beide zusammen den Inhalt des Arbeitsverhältnisses ausmachen. Nach seiner Erklärung betreffen die „Individualnormen" die privatrechtliche Einzelbeziehung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. 99 Die „Solidarnormen" dagegen regeln das „Gesamtinteresse der Arbeiter im Betrieb", betreffen also diejenigen „Beziehungen, die allen Arbeitern im ganzen oder in größeren Abteilungen gemeinsam sind, die deswegen den Arbeiter als Glied einer Gemeinschaft erfassen". 100

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Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 34-36. Sinzheimer a.a.O., S.2ff„ 36ff. 99 Die „Individualnormen" unterteilt Sinzheimer weiter in „Tarifnormen", „Direktionsnormen", „Fürsorgenormen", „Bestandsnormen" und „Ergänzungsnormen". „Tarifnormen" betreffen die Arbeitszeit (einschließlich Uberstunden- und Urlaubsbestimmungen), Betrag, Ort und Zeit der Entgeltzahlung, Regelungen über die Arbeitsausführung und die Arbeitsabnahme sowie Vorschriften zu Leistungsstörungen. „Direktionsnormen" regeln das Direktionsrecht des Arbeitgebers, etwa im Hinblick auf die zu leistende Arbeit und das Verhalten des Arbeiters im Betrieb (z.B. Rauchverbote). „Fürsorgenormen" sind vor allem Regelungen zur Arbeitssicherheit. „Bestandsnormen" regeln die Dauer des Arbeitsverhältnisses, vor allem das Kündigungsrecht (Grund, Frist und Form der Kündigung). „Ergänzungsnormen" betreffen u.a. die Versicherung von Arbeitsgerät oder Nebentätigkeitsregelungen, Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 37-48. 100 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.2, 6, sämtliche Hervorhebungen im Original; ebenso Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S.49f.; Zimmermann, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd.3, S. 187 (210); vgl. zur sinzheimerschen Unterscheidung von Individual- und Solidarverhältnis Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S. 40ff. 98

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Teil I. Zur Entwicklung

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Tarifvorschriften

Acta,. Tatbestand der „ Solidarnormen " Ausgangspunkt der Umschreibung von „Solidarnormen" ist für Sinzheimer die Regelung eines „Gesamtinteresses der Arbeiter im Betrieb". Hierbei geht es nicht um summierte (inhaltlich gleiche) Einzelbeziehungen, sondern um die Erfassung der Gemeinschaft, in welcher der Einzelne nur als Glied auftritt. 101 Die Solidarnormen teilt Sinzheimer auf in „Betriebsnormen" und „Organisationsnormen". Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß das Solidarverhältnis sachliche sowie persönliche Grundlagen hat. Soweit sich eine Norm auf die sachliche Komponente bezieht (Arbeitsmittel einschließlich Arbeitsraum, Arbeitsgegenstand), ist sie „Betriebsnorm", soweit die personelle Komponente betroffen ist (Regelung des Verhaltens der Arbeitnehmer), ist sie „Organisationsnorm". 102 Beispiele für „Betriebsnormen" sind Vorschriften zur Arbeitssicherheit und zur Arbeitshygiene, aber auch etwa Regelungen über die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten auf Baustellen. Sinzheimer zitiert hier u.a. folgende Bestimmungen aus der tarifvertraglichen Praxis: „Baubuden und Aborte sind den polizeilichen Bestimmungen gemäß herzustellen"; „Die Bleigesenke werden bis zum 1. September 1903 abgeschafft, dafür werden Zinngesenke eingeführt". 103 „Organisationsnormen" sind nach Sinzheimer insbesondere Vorschriften über „eine bestimmte Zusammensetzung der Arbeitenden, die Verteilung der Arbeit unter ihnen und die Arbeitsverfassung, d.i. das Verhältnis der Uber- und Unterordnung, der Mitwirkung der Arbeiter an Verwaltungsaufgaben des Betriebs, die Art und Stellung der Beamten u.s.w. festsetzen". 104 Damit sind zunächst wiederum Normen gemeint, die man heute als qualitative oder quantitative Besetzungsnormen bezeichnen würde, zum Beispiel: „Auf Werkstätten mit über 10 Arbeitern wird ein Maschinennäher angestellt", oder: „Das an Phönix- und Viktoriapressen beschäftigte Personal besteht mindestens zur Hälfte aus gelernten Pressern, zur Hälfte aus Mädchen". 105 Die Lehrlingsskalen und Organisationsklauseln zählt Sinzheimer ausdrücklich ebenfalls hierzu, wobei er klarstellt, daß sie nicht nur zu den „Organisationsnormen" gehören, sondern gleichzeitig den „allgemeinen Arbeitsnormen" zuzuordnen sind. 106

101 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.2ff., 48ff.; ebenso und unter Übernahme der im folgenden genannten Beispiele Sinzheimers Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 49f. 102 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.l, S.48f., vgl. Schmidt-Eriksen, Tarifvertragliche Betriebsnormen, S. 43 ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S.308f. 103 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.l, S.49f., weitere Beispiele (a.a.O.): „Für die im Geschäft arbeitenden Leute ist Badeeinrichtung zu beschaffen, wo nicht angängig, sind Badekarten zum Volksbade zu verabreichen"; „Der Arbeitgeber hat auf Neubauten un bei größeren Privatarbeiten für verschließbare Räume zum Aufbewahren der Kleidungsstükke des Arbeitnehmers zu sorgen; bei kleineren Privatarbeiten, soweit es in seiner Macht steht". 104 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 50. 105 Sinzheimer a.a.O., S.50f. 106 Sinzheimer, a.a.O., S. 52.

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

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Weiter nennt er aber auch Regelungen, die man heute dem Betriebsverfassungsrecht zuordnen würde, wie etwa: „Jeder Bahnhof hat einen Arbeiterausschuß, der 1/4-jährlich mit der Betriebsleitung konferiert"; „Es wird eine Fabrikkommission eingesetzt, welche alle Angelegenheiten in bezug auf Änderung der Arbeitszeit und des Fabrikpersonals (mit Ausschluß der Vorarbeiter) zu regeln hat. Die Kommission wird alle Jahre neu gewählt". 107 bbb. Rechtsfolgen der „ Solidarnormen " Im Hinblick auf die Rechtsfolgen von Solidarnormen zieht Sinzheimer in dem von ihm konzipierten Tarifvertragssystem zweierlei Konsequenzen. Zunächst begründen die Solidarnormen nach seinem Erachten gemäß §432 BGB Forderungen, deren Erfüllung die Arbeitnehmer als gemeinschaftliche Gläubiger verlangen können. Der Arbeitgeber kann aus Solidarnormen gemäß §432 Abs. 1 S. 1 BGB also nur an alle Arbeitnehmer gemeinschaftlich leisten und jeder Arbeitnehmer lediglich die Leistung an alle verlangen. Nur ausnahmsweise können sich aus Solidarnormen mittelbar individuelle Rechte ergeben. Wenn der Arbeitgeber beispielsweise Solidarnormen über die Arbeitssicherheit verletzt, entsteht hieraus ein Schadensersatzanspruch als Individualanspruch sowie u.U. ein individuelles Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitskraft nach §320 BGB. 1 0 8 Des weiteren fordert Sinzheimer neben der nach §432 B G B gemeinschaftlichen Berechtigung auch die Einführung des Amts von Bevollmächtigten, die die Solidaransprüche für die Gemeinschaft im eigenen Namen geltend machen können. Sinzheimers Vorbild ist dabei die Bildung des Amts von Vertrauensleuten in den damaligen Tarifverträgen der Druckindustrie, die für die Innehaltung des Tarifs zu sorgen hatten, aber erst bei Vorliegen „eines allgemeinen Interesses" auftreten sollten. 109 4. Außenseiter und Solidarnormen bei Sinzheimer Die rechtspolitische Konzeption des Tarifvertragsrechts, die Sinzheimer bereits in seiner 1907/1908 erschienenen Hauptuntersuchung zum Tarifvertrag110 entwickelte, sollte für das kommende Tarifvertragsrecht bestimmend bleiben.111 Das 107 Sinzheimer a.a.O., S. 50ff., weitere Beispiele (a.a.O.): „Der für alle geförderte Kohle an der Schachtmündung erlangte Nettopreis soll von zwei gehörig beglaubigten und zum Stillschweigen verpflichteten Rechnungsverständigen festgestellt werden, von denen der eine durch die Unternehmer, der andere durch die Arbeiter auf gemeinsame Kosten gewählt wird"; „Auf jeder Brauerei wird ein Arbeitsausschuß eingesetzt"; „Das Budenrecht soll jeden Montag abgehalten werden, wenn auch im Tagelohn gearbeitet wird". 108 Sinzheimer a.a.O., S. 50f. Anders 1907 noch Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S.96f., der die Anwendung von §432 BGB auf Tarifverträge prüft und verneint, ohne allerdings zwischen unterschiedlichen Normarten zu differenzieren. Sinzheimer bestätigt seine Sichtweise noch einmal 1927 in: Grundzüge des Arbeitsrechts, S.258. 109 Sinzheimer a.a.O., S.50f. 110 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, 2 Bände, 1907/1908. 111 Vgl. aber auch die - ebenfalls einflußreichen - Gesetzesentwürfe von Sulzer/Lotmar, So-

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Teil I. Zur Entwicklung der

Tarifvorschriften

gilt nicht nur im Hinblick auf die bereits wiedergegebene Aufschlüsselung der unterschiedlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien und ihren Verbänden, sondern auch für die gesetzliche Anordnung der normativen Wirkung von Tarifvertragsrecht 1 1 2 und das Günstigkeitsprinzip. 1 1 3 Auch die Fragen des Regelungsgegenstandes und des Geltungsbereichs von Tarifverträgen 1 1 4 , den Abschluß von Tarifverträgen auch durch Arbeitgeberverbände (und nicht nur durch einzelne Arbeitgeber) 1 1 5 , die schuldrechtlich ausgestalteten Auswirkungen des Tarifvertrags innerhalb der Koalitionen 1 1 6 und auf den Arbeitskampf (insbesondere Durchführungs- und Friedenspflicht) 1 1 7 sowie die Haftung aus der ziale Praxis 11 (1902), Sp.349ff.; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 131f.; Rosenthal, Festgabe Laband, Bd. 2, S. 137 (147ff.). Rechtspolitische Schwerpunkte setzten insbesondere auch Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 199ff.; Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S.9f., 185ff., 232ff., 342ff.; Böhm, Die rechtliche Bedeutung des Tarifvertrages, S.63ff.; Zimmermann, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 3, S. 187 (247ff.); Wölbling, Die gesetzliche Regelung des Tarifvertrages, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29 (1909), S. 481 ff., 869ff. (892ff.), s. dort auch S. 494ff. die synopsenartige Ubersicht über die einzelnen Gesetzesvorschläge. Insbesondere Sinzheimer, Köppe und Böhm geben - z.T. mit entsprechenden Ubersetzungen - Auskunft über ausländische Gesetzesvorhaben, ebenso Ettinger, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 4, S.83 (140ff.) sowie die Berichte von Claes u.a. über die Gesetzgebung in Belgien, Osterreich, Ungarn, den Niederlanden, Frankreich, Italien, Schweden, Norwegen, Osterreich, der Schweiz und Deutschland in: Gewerbe- und Kaufmannsgericht 15 (1910), Heft 12 (Verbandstagsschrift), Sp.374ff. Von Bedeutung waren nicht zuletzt auch die Vorschläge des 29. Deutschen Juristentages. Dieser forderte 1908 die volle Herstellung der Koalitionsfreiheit und der Rechtsfähigkeit der gewerblichen Berufsvereine sowie eine gesetzliche Regelung des Tarifvertragsrechts, welche die unmittelbare Rechtswirkung des Tarifvertrags festsetzte, Protokolle zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 5, S. 834. Einen Überblick über die rechtliche und - vor allem - politische Diskussion um die gesetzliche Regelung des Tarifvertrags gibt 1913 Huth, Der gewerbliche Tarifvertrag, S.34ff. 112 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 4ff., 31 ff.; ders., Ein Arbeitstarifgesetz, 1916, S. 88ff., 105ff., 127ff. 113 Mangels gesetzlicher Regelung führte für die herrschende Ansicht bereits um die Jahrhundertwende die Auslegung der Tarifvertragsregelungen zum Günstigkeitsgedanken, Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.2, S.54ff., 60ff.; ders., Ein Arbeitstarifgesetz, S. 114f.; Riezler, Archiv für Bürgerliches Recht, 27 (1906), S.217 (251); Lotmar, Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 15. Band (1900), 1 (27f., 101 f., 106); Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 158ff.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 78; Schmelzer; Tarifgemeinschaften, ihre wirtschaftliche, sozialpolitische und juristische Bedeutung mit besonderer Berücksichtigung des Arbeitgeberstandpunktes, S. 102. Gegen den Günstigkeitsgedanken äußerte sich aber Wölbling, Der Akkordvertrag und der Tarifvertrag, S.378. 114 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.2, S. 5ff.; ders., Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 13 ff. 115 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S.229ff., 246ff.; s. hierzu aber auch etwa Rosenthal, Festgabe Laband, Bd.2, S. 137 (155ff.); Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 83 ff.; Köppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 73 ff. 116 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.2, S.238ff.; ders., Ein Arbeitstarifgesetz, S. 140ff.; ders., Arbeitstarifverträge, in: Hessisch-Nassauischer Zweigverein der Gesellschaft für Soziale Reform, Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen über soziale Reformfragen, Bd. 1, Heft 1, Gießen 1908, S.30 (34ff.). 117 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 106ff.; ders., Arbeitstarifver-

§ 1. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

31

Verletzung tarifvertraglicher Pflichten bezog Sinzheimer bereits von Anfang an in seine Darstellungen ein. 1 1 8 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu den betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen N o r m e n nach § 1 Abs. 1, § 3 Abs.2, § 4 Abs. 1 S.2 T V G ist hierbei vor allem die Frage nach der Erfassung von Außenseitern durch Tarifvertragsregelungen von Bedeutung, insbesondere die Erfassung von Außenseitern durch Solidarnormen. a. Tarifbindung

von

Außenseitern

Sinzheimer hat die Außenseiterproblematik bereits früh aufgeworfen, ohne aber eindeutig zu ihr Stellung zu nehmen. Zwar vertrat er 1 9 0 7 / 1 9 0 8 in „Der korporative Arbeitsnormenvertrag" grundsätzlich die Ansicht, daß sich aus der Vertragsauslegung die gewollte Geltung des Tarifvertrags sowohl für Organisierte als auch für Nichtorganisierte ergebe. Hiervon unterschied er aber die Frage, inwieweit auch die normative Wirkung auf Nichtorganisierte erstreckt werden sollte. 1 1 9 Im Hinblick auf die Nichtorganisierten war man sich bereits damals darüber einig, daß dieser Personenkreis nach geltendem Recht keinesfalls den Tarifnormen unterworfen werden könnte; lediglich die aus § 6 1 2 Abs. 2 B G B folgende mittelbare Auswirkung der Tarifentgelte als „übliche Vergütungen" wurde akzeptiert. 1 2 0 Deshalb zeigte Sinzheimer lediglich im Rahmen seiner rechtspolitischen U b e r legungen die Möglichkeit auf, daß „man die zwingende Kraft der Arbeitsnormen träge, in: Hessisch-Nassauischer Zweigverein der Gesellschaft für Soziale Reform, Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen über soziale Reformfragen, Bd. 1, Heft 1, Gießen 1908, S.30 (36ff.); ders., Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S.25ff.; ders., Ein Arbeitstarifgesetz, S. 145ff. S. zum Schlichtungswesen ders., Ein Arbeitstarifgesetz, S.203f. Die Notwendigkeit der Regelung von Friedenspflichten war allerdings generell anerkannt, vgl. Rosenthal, Festgabe Laband, Bd. 2, S. 137 (192ff.); s. zur tarifvertraglichen Vereinbarung von Friedenspflichten Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Band 1, S. 760f. 118 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.2, S. 204ff.; ders., Arbeitstarifverträge, in: Hessisch-Nassauischer Zweigverein der Gesellschaft für Soziale Reform, Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen über soziale Reformfragen, Bd. 1, Heft 1, 1908, S.30 (37); ders., Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 26ff. Vgl. zur Haftung der Verbandsmitglieder insbesondere RG 20.1.1910, RGZ 73,92 (103f.), wo die harte Regelung des §54 BGB zur Anwendung gebracht wurde; s. auch RG 22.3.1911, RGZ 76,25 (28). Nach dem Ersten Weltkrieg mäßigte das RG seine Rechtsprechung zur Haftung der Verbände und ihrer Mitglieder für u.U. rechtswidrige Kampfmaßnahmen, vgl. etwa RG 9.6.1925, RGZ 111,105 (107ff.); RG 30.3.1926, RGZ 113,197 (198ff.); RAG 18.10.1930, Bensheimer Slg. 10, Nr.65, S.252 (261ff.); RAG 24.9.1932, Bensheimer Slg. 16, Nr. 39, S. 166ff.; s. im einzelnen Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S. 438ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S.45ff. 119 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd.2, S.45ff.; s. dort auch S. 19ff.; ebenso Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 84; Rosenthal, Festgabe Laband, Bd. 2, S. 137 (176ff.); Köpfe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 353f.; in diesem Sinne auch Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S. 181. 120 S. im einzelnen Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S.54, 174ff.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 74f., 169; Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S.62, 99ff., 129; vgl. oben Fn.31.

32

Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

sowohl auf Arbeitsverträge mit nichtorganisierten als auch auf solche mit organisierten Arbeitern erstrecken" könne. Allerdings äußerte er sich hierzu zunächst eher zurückhaltend. 1 2 1 Erst nachdem in der Diskussion um die Schaffung eines Tarifvertragsrechts die zwangsweise Einbeziehung von Außenseitern in die normative Tarifgeltung sehr viel stärker gefordert wurde, 1 2 2 gab Sinzheimer seine Zurückhaltung 1 9 1 6 auf und verlangte die Tarifbindung sämtlicher Arbeitnehmer, die bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind. 123 Auf der Arbeitgeberseite gingen seine Überlegungen weniger weit. Lediglich f ü r diejenigen Arbeitgeber, die den Verband nach Tarifvertragsschluß verlassen, verlangte er (entsprechend

121 Sinzheimer sah zwar eine Chance zur verstärkten Durchsetzung sozial wünschenswerter Normen, wollte aber lediglich weit verbreitete Einzelvorschriften zwangsweise auf die Allgemeinheit übertragen, „von denen man bereits sagen kann, daß sie bei der überwiegenden Mehrheit der Gewerbebeteiligten zur gewerblichen Sitte geworden sind", Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S.296f. Dabei verwies er als Beispiel auf die damalige Möglichkeit der gewerbeeinheitlichen Arbeitszeitregelung an Sonn- und Feiertagen nach § 41b Gewerbeordnung. Jedoch befürchtete er Schwierigkeiten, wenn Außenseiter zwar einerseits den Tarifvorschriften, andererseits aber nicht der Friedenspflicht unterworfen werden, Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 30,285. Vgl. ebenfalls zurückhaltend zur Außernseiterbindung Sinzheimer, Rechtsfragen des Arbeitstarifvertrages, S. 19ff.; s. dort auch zur Frage der möglicherweise konkludenten Einbeziehung des Tarifvertrags, wenn nur der Arbeitgeber tarifgebunden ist und sich beide Parteien in Kenntnis des Bestehens des Tarifvertrags nicht zu dessen Einbeziehung äußern. 122 S. die entsprechenden rechtspolitischen Überlegungen über die zwangsweise Einbeziehung von Außenseitern bei von Schulz, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 2, S.201 (291 ff.); Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S.84ff., 203ff.; Richard van der Borght, Grundzüge der Sozialpolitik, S. 155f.; Rundstein, Die Tarifverträge und die moderne Rechtswissenschaft, S. 187ff.; Hiiglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S. 87f.; Rosenthal, Festgabe Laband, Bd. 2, S. 137 (176ff.); zurückhaltend auch Koppe, Der Arbeitstarifvertrag als Gesetzgebungsproblem, S. 353ff; s. auch Zeitler, Die rechtliche Natur des Arbeitstarifvertrages, S. 131 f., der für gesetzliche Allgemeinverbindlichkeit bei einem Organisationsgrad der Arbeitnehmer von 2/3 plädierte; Zimmermann, Gutachten zum 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 3, S. 187 (221 f., Fn. 53) berichtet einen Fall aus dem Jahr 1909, in dem das Einigungsamt Essen diese 2/3-Regelung tatsächlich angewandt hat. Deutliche Worte im Sinne einer Allgemeinverbindlichkeit fand 1908 beispielsweise Zimmermann, Arbeitstarifverträge, in: Hessisch-Nassauischer Zweigverein der Gesellschaft für Soziale Reform, Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen über soziale Reformfragen, Bd. 1, Heft 1,1908, S.5 (19): „Aber ein allgemein gültiger Tarifvertrag erfordert nicht nur Geltung für die organisierten Arbeitgeber und Arbeiter, sondern auch für die Unorganisierten, damit nicht von diesem Lager aus die Schmutzkonkurrenz lieblich wieder das ganze Gewerbe durchwuchern kann". Vgl. generell den Uberblick über die tarifrechtspolitische Diskussion zu Beginn dieses Jahrhunderts bei Hainke, Vorgeschichte und Entstehung der Tarifvertragsverordnung vom 23. Dezember 1918, S. 10ff.; s. dort S. 137ff. auch die eingehende Dokumentation von Gesetzesentwürfen zum Tarifvertragsrecht. 123 Es sollte nun für die normative Wirkung des Tarifvertrags im Arbeitsverhältnis nicht mehr auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ankommen. Die Frage der Tarifkonkurrenz innerhalb eines Betriebes wollte Sinzheimer nach dem Prioritätsprinzip beantworten, von mehreren Tarifverträgen sollte also der zuerst abgeschlossene gelten. Weiter schlug er vor, für die Geltendmachung der Rechte aus den Tarifverträgen das Amt eines „Tarifanwalts" einzurichten, der die Interessen der Außenseiter-Arbeitnehmer besonders wahrnehmen sollte, Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, S.98ff., lOOff.

51. Die Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " Anfang des 20. Jahrhunderts

33

der tarifvertraglichen Fortgeltung nach dem heutigen §3 Abs. 3 TVG) die gesetzliche Tarifbindung bis zum Ende der Tarifvertragsgeltung.124 Vorschriften, aus denen sich die Außenseitergeltung nur für bestimmte Arten von Tarifvertragsregelungen wie etwa die Solidarnormen ergibt, hat Sinzheimer, soweit ersichtlich, nicht erwogen, auch nicht in seinen späteren Entwürfen.125 Das dürfte zum einen daran liegen, daß er sich erst relativ spät im einzelnen zur Außenseiterbindung geäußert hat. Zum anderen ist es auch damit zu erklären, daß er es unterließ, die von ihm beschriebenen unterschiedlichen Arten von Tarifvertragsregelungen in seinen Entwürfen auch gesetzlich zu definieren oder ihre Zulässigkeit differenzierend festzulegen.126 b. „Faktische Fernwirkung"

von

Solidarnormen

Dennoch befaßte sich Sinzheimer mit der mittelbaren Außenwirkung der Solidarnormen. Dies geschah allerdings an relativ versteckter Stelle und unabhängig von der generellen Frage der Ausweitung der Tarifgeltung auf Außenseiter, nämlich im Zusammenhang mit der Frage der Abdingbarkeit von Tarifvertragsvorschriften. Sinzheimer bejahte bei den Tarifvertragsvorschriften die Abdingbarkeit, allerdings unter Beachtung des aus der Tarifvertragsauslegung folgenden Günstigkeitsprinzips.127 Dabei machte er zu den Solidarnormen besondere Ausführungen. Die auf den Ausschluß einer Solidarnorm gerichtete Abrede eines Einzelnen sei von vornherein wirkungslos, da dieser Einzelne nicht über die Gemeinschaftsansprüche der übrigen im Solidarverhältnis stehenden Arbeitergläubiger verfügen könne. Lediglich für die eigene Person sei es ihm möglich, recht124 Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, S. 91 ff., in Anschluß an den Gesetzesentwurf von Rosenthal, Festgabe Laband, Bd. 2, S. 137(147ff.). Damals wurde darüber diskutiert, in einem Tarifvertragsgesetz eine Austrittsregelung zugunsten von Verbandsmitgliedern zu schaffen, welche mit einem Tarifabschluß nicht einverstanden sind. Hiernach sollte die Tarifbindung trotz Verbandsmitgliedschaft im Zeitpunkt des Tarifvertragsschlusses ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitgeber binnen einer bestimmten Frist (zwei Wochen) nach diesem Zeitpunkt aus dem Verband austritt, s. den entsprechenden Vorschlag bei Sulzer/Philipp, Soziale Praxis 11 (1902), Sp.349ff. (unter IV, letzter Satz); Gesetzesentwurf Rosenthal a.a.O. (§ 5 Abs. 1); ebenso die Forderung des Juristentages von 1908, in: Verhandlungen des 29. Deutschen Juristentages; Bd.5, S.19f., l l l f . Gegen diese Vorschläge wandte sich Sinzheimer (Ein Arbeitstarifgesetz, S. 89f.) mit der Befürchtung, dadurch werde die gesamte Tarifgeltung gefährdet. Zu den Möglichkeiten der Kündigung eines Tarifvertrags vgl. Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, S. 123 ff.; s. auch Wölbling, Die gesetzliche Regelung des Tarifvertrages, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29 (1909), S. 481 ff., 869ff. (870ff.). 125 Ebensowenig seine Zeitgenossen, die sich mit der gesetzlichen Anordnung der Allgemeinverbindlichkeit auseinandersetzten, s. die Zitate oben Fn. 122. 126 Sinzheimer, Ein Arbeitstarifgesetz, S. 121: „Was den Inhalt des Tarifvertrages anlangt, so ist die Hauptfrage, ob gesetzliche Vorschriften darüber bestehen sollen, was ein Tarifvertrag enthalten müsse und was er nicht enthalten dürfe. Wir halten jede gesetzliche Einschnürung und Bevormundung der inhaltlichen Entwicklung der Tarifverträge für bedenklich und lehnen sie ab. Das Bedeutsame der bisherigen Tarifentwicklung liegt gerade darin, daß sie sich frei nach ihren Bedürfnissen entfalten konnte, ohne an eine gesetzliche Schablone gebunden zu sein." 127 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S.54ff., 60ff.

34

Teil I. Zur Entwicklung der

Tarifvorschriften

lieh auf den Solidaranspruch zu verzichten, faktisch jedoch könne er sich damit der Einwirkung der Solidarnorm aber nicht entziehen. Trotz individueller A b dingbarkeit bestehe also eine „unechte normative Funktion, die auf der Fernwirkung des Arbeitsnormenvertrags" (d.h. des Tarifvertrags) beruhe. „Denn das ist die regelmäßige Natur solcher unteilbaren Gemeinschaftsleistungen, daß sie ohne weiteres, wenn vollzogen, allen zugute kommen ... Wenn demnach in Solidarverhältnissen die entgegenstehende Abrede des Einzelnen wirkungslos bleiben muß, so beruht dies nicht auf einer zwingenden Natur der in Betracht kommenden Arbeitsnorm, sondern auf der besonderen rechtlichen Eigenschaft dieser N o r m , die nicht Einzelverhältnisse und Einzelansprüche, sondern Gemeinschaftsverhältnisse und Gemeinschaftsansprüche hervorzurufen bestimmt ist." 1 2 8 Mit diesen Worten hat Sinzheimer die Miterfassung von Außenseitern durch die Solidarnormen zwar nicht ausdrücklich problematisiert. Dennoch hat er dadurch festgestellt, daß sämtliche Arbeitnehmer - egal ob Organisierte oder Außenseiter - von der „faktischen Fernwirkung" der Solidarnormen erfaßt sein müssen. So war nach seinem rechtspolitischen Konzept klar, daß von der Einforderung der Solidarnormen durch organisierte Arbeitnehmer (oder durch tarifvertraglich ermächtigte Vertrauensleute) auch die nicht-organisierten Arbeitnehmer profitieren würden.

c. Eingriffe und Benachteiligungen durch Solidarnormen Ein Fragenkreis, den Sinzheimer bei der Darstellung seines Konzepts der Solidarnormen wenig angesprochen hat, ist deren möglicherweise auch für die Arbeiterschaft verpflichtende oder auf sonstige Weise benachteiligende Wirkung. In seinen Augen begründen die Solidarnormen in Ergänzung zum Einzelarbeitsverhältnis zusätzliche Rechte der Arbeitnehmer. Ihre mögliche Belastung durch Verpflichtungen oder sonstige Benachteiligungen hat er als solche nicht thematisiert. Hierfür gibt es wohl mehrere Gründe.

aa. Benachteiligung der Arbeitnehmer durch Solidarnormen? Zunächst ging Sinzheimer wie selbstverständlich davon aus, daß „Solidarnormen" für die Arbeitnehmer ausschließlich begünstigenden Charakter haben. Deswegen hat er sie der Kategorie gemeinschaftlich berechtigender Regelungen nach § 432 B G B zugeordnet. 1 2 9 Die damals tatsächlich existierenden Vorschriften, die er seiner Untersuchung zugrundelegte, mußten ihn hierin bestärken. Sowohl die „Betriebsnormen" als auch die „Organisationsnormen" begründeten auf Arbeitnehmerseite ausschließlich Rechte, aber keine Pflichten. 1 3 0 Bei den „Betriebsnormen" stand ihr für die Arbeitnehmer rein vorteilhafter Charakter allgemein 128 Sinzheimer a.a.O., S. 63ff. Als Beispiel nennt Sinzheimer die Situation, daß in der Solidarnorm die tägliche Reinigung des Betriebsraums vereinbart sei. Hiervon profitiere auch derjenige Arbeiter, der in seinem Arbeitsvertrag die Geltung der Solidarnorm ausgeschlossen habe. 129 Sinzheimer a.a.O., S. 50f. 130 S. im einzelnen oben §1 II 3 b, bb, bbb, S.29.

§ 1. Die Entwicklung

des Begriffs der „ Solidarnormen

" Anfang des 20. Jahrhunderts

35

außer Frage. Sie verpflichteten den Arbeitgeber zur Beachtung von Arbeitssicherheit, Arbeitshygiene und zur Bereitstellung von Einrichtungen zur Verbesserung der Arbeitsumwelt. 1 3 1 Durch die „Organisationsnormen" wurde lediglich das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt, und zwar ebenfalls zugunsten der Arbeitnehmer. Einzig problematisch erscheinen aus heutiger Sicht die Vorschriften über arbeitstechnische Sachverhalte, nach Sinzheimer Normen über „die Verteilung der Arbeit". 132 bb. Insbesondere: Benachteiligung

durch „allgemeine

Arbeitsnormen"

Eine spezielle Form der Benachteiligung durch Solidarnormen hat Sinzheimer allerdings diskutiert, nämlich die Schlechterstellung durch die von „allgemeinen Arbeitsnormen" (Besetzungsregelungen im weitesten Sinne) betroffenen potentiellen Arbeitnehmer. Daß sich deren Chance auf Erlangung eines Arbeitsplatzes durch diese Normen zumindest verschlechterte, mußte auffallen. Allerdings wurden die durch Besetzungsvorschriften Ausgeschlossenen, weil sie (noch) keine Arbeitnehmer waren, auch nach Sinzheimers Konzept keinen normativen Vorschriften unterworfen. Sie wurden durch die Beeinträchtigung der arbeitgeberseitigen Vertragsfreiheit lediglich mittelbar benachteiligt. aaa.

Organisationsklauseln

Sinzheimer verteidigte vor allem die Organisationsklauseln („closed shop"-Regelungen) eingehend gegen die schon damals geäußerte Kritik. 1 3 3 Dabei betonte er die hiervon ausgehende Gewährleistung tariftreuen Verhaltens durch die organi131 Vgl. Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S.49f.; s. oben § 1 II 3 b, bb, aaa, S.28. 132 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 50f., s. die entsprechenden Beispielsklauseln oben Fn. 105. Ein weiterer G r u n d für die fehlende Problematisierung der Benachteiligung der Arbeitnehmer durch Tarifvertragsrecht könnte auch in der damals noch diskutierten Frage gelegen haben, ob der Tarifvertrag als Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 3 2 8 B G B anzusehen sei, so Prenner, Zur volkswirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung der Tarifverträge, Seufferts Blätter f ü r Rechtsanwendung, 72 (1907), S. 178ff., 222ff. (S. 183ff.); differenzierend etwa Zeitler, Die rechtliche N a t u r des Arbeitstarifvertrages, S. 63 ff. Gegen diese Einordnung Rundstein, Die Tarifverträge u n d die moderne Rechtswissenschaft, S. 130ff.; ders., Tarifrechtliche Streitfragen, S. 57ff. Für das auf der „Verbandstheorie" basierende Konzept Sinzheimers k a m das Modell des Vertrags zugunsten Dritter nicht in Betracht, s. oben § 1 I 2 c, d, S. 14ff. 133 Für die Unzulässigkeit von Organisationsklauseln plädierten Fischer, Soziale Praxis 15 (1906), Sp. 852ff.; Tischendörfer, Soziale Praxis 14 (1905), Sp. 735ff. F ü r die Zulässigkeit von O r ganisationsklauseln Hanseatisches O L G , Soziale Praxis 14 (1905), S p . l 2 f . , 382 (die Entscheidung dürfte von 1904 stammen); Schliebs, Soziale Praxis 14 (1905), Sp. 920ff.; Schall, Das Privatrecht der Arbeitstarifverträge, S. 122f.; von Schulz, Gutachten z u m 29. Deutschen Juristentag 1908, Bd. 2, S.201 (229ff.); Hüglin, Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, S. 46ff.; offen R G 2.2. 1905, R G Z 60, 94 (104f.), w o n a c h jedenfalls der unternehmerseitige Einsatz von Organisationsklauseln z u m Z w e c k der Ausschaltung von K o n k u r r e n z u n t e r n e h m e n f ü r unzulässig erklärt wurde; differenzierend Brogsitter, Der Tarifvertrag unter besonderer B e r ü c k sichtigung der Entwicklung in England sowie der deutschen Buchdrucker-Tarifgemeinschaft, S.28; s. z u r heutigen Rechtslage oben F n . 9 5 .

36

Teil I. Zur Entwicklung der

Tarifvorschriften

sierten Arbeitnehmer im Betrieb sowie den Gedanken des Kostenausgleichs für den Aufwand der Verbandsmitglieder im Arbeitskampf. Gegen die Kritiker von Organisationsklauseln wandte er die Vertragsfreiheit ein, die - soweit keine sittenwidrige Knebelung bestehe - grundsätzlich auch arbeitgeberseitige Selbstbindungen in Bezug auf Arbeitnehmerverbände beinhalten könne. E r verwies darauf, daß sich die ausgeschlossenen Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz durch G e werkschaftsbeitritt verschaffen könnten. 1 3 4 D i e Bedenken, die man dem „closed s h o p " heute in erster Linie entgegenstellt, insbesondere die Verletzung der negativen Koalitionsfreiheit, konnten sich in einer Zeit kaum stellen, in der nicht einmal die positive Koalitionsfreiheit verwirklicht war. 1 3 5 Allerdings setzten sich die O r ganisationsklauseln in Deutschland ohnehin nicht durch, so daß das T h e m a hierzulande eher theoretisch diskutiert wurde. 1 3 6 bbb.

Qualitative

und quantitative

Besetzungsnormen

Anders als beim „closed s h o p " der Organisationsklauseln äußerte sich Sinzheimer über die Zulässigkeit von qualitativen und quantitativen Besetzungsnormen nicht ausdrücklich. Das mag zunächst verwundern, da seine Rechtfertigungsargumente für Organisationsklauseln für die qualitativen und quantitativen Besetzungsnormen nicht weitergeholfen hätten. D a ß sie von Sinzheimer nicht in Frage gestellt wurden, dürfte zum einen daran liegen, daß er in den Besetzungsnormen wichtige soziale Funktionen des Tarifvertragsrechts sah. Bereits in den einleitenden Ausführungen zu seinem „korporativen Arbeitsnormenvertrag" betonte er, daß die Qualität der Arbeitsumwelt vor allem auch durch die Qualität der A r beitskollegen bedingt werde. So dürfe beispielsweise der Hilfsarbeiter, der dem Hauptarbeiter das Material zur Stelle schaffe, nicht etwa „ein schwacher Lehrling" oder „ein unachtsames F r a u e n z i m m e r " sein. 1 3 7 Diese Aussagen mögen uns heute vielleicht befremdlich anmuten. Sie hatten ihren Hintergrund aber in den großen körperlichen sowie seelischen Arbeitsbelastungen, denen die zu äußerst niedrigen L ö h n e n beschäftigten Frauen und vor allem die Kinder nicht gewachSinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 130ff. Soweit durch die Tarifvertragsregelungen im übrigen die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und insbesondere die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers betroffen war, hat Sinzheimer dies ebenfalls eingehend diskutiert. Nach seiner Ansicht lag es im Wesen jeder (auch der tarif-) vertraglichen Bindung, daß sich der Vertragspartner seiner Dispositionsbefugnis begibt. Daher hat Sinzheimer erst bei übermäßigen Beschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit Nichtigkeit wegen Sittenverstoßes für möglich gehalten, z.B. bei unbefristeter Tarifvertragsgeltung, Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 123 ff. 136 Im Buchdruck, wo um die Jahrhundertwende der höchste Organisationsgrad herrschte, war eine solche Vorschrift 1904 mit einer Ubergangsfrist bis 1909 eingeführt worden, sie wurde aber nach massiven Protesten bereits 1907 wieder aufgehoben, vgl. im einzelnen E. Heinze, Die Tarifgemeinschaft als Verein, Eine juristische Untersuchung des Buchdruckertarifs, S. 56f. 137 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 4; s. dort auch S. 34f., 52. Daß Sinzheimer keine Benachteiligung von Frauen oder Ausländern wollte, zeigt sich nicht zuletzt in seiner Forderung nach Gleichbehandlung der Geschlechter und Nationalitäten durch die Tarifvertragsnormen, s. Sinzheimer a.a.O., Bd. 2, S. 18f. 134

135

§1. Die Entwicklung des Begriffs der „Solidarnormen"

Anfang des 20. Jahrhunderts

37

sen waren. Die „Lehrlingsskalen", die das Zahlenverhältnis von Ausgelernten und Lehrlingen im Betrieb festsetzten, und die entsprechenden Vorschriften über die Frauenbeschäftigung sollten dem entgegenwirken.138 5. Überschneidungen von „Solidarnormen" und anderen Normarten Im Hinblick auf die Solidarnormen weist Sinzheimer darauf hin, daß sich diese Normart mit den anderen Normarten seines Systems überschneiden kann. a. „ Solidarnormen

" und „ allgemeine Arbeitsnormen

"

Eine Uberschneidungsmöglichkeit mit den „Solidarnormen" nimmt er bei den „allgemeinen Arbeitsnormen" an. Denn nach seinem Ordnungssystem setzt die „allgemeine Arbeitsnorm" (nach heutigem Sprachgebrauch: Organisationsklausel bzw. „closed shop" -Vorschrift) nicht nur die Voraussetzungen für den Abschluß eines Arbeitsvertrags fest. Sie berechtigt gleichzeitig auch die Gemeinschaft der Arbeitnehmer, ihre Einhaltung zu fordern. Damit erhält sie einen Doppelcharakter als „allgemeine Arbeitsnorm" und als „Solidarnorm". 139 b. „ Solidarnormen

" und „ Berufsnormen

"

Im Hinblick auf die „Berufsnormen" erscheint eine Uberschneidung mit den „Solidarnormen" möglich, auch wenn sich Sinzheimer hierzu nicht ausdrücklich äußert. Denkbar sind beispielsweise Regelungen, durch die Gewerkschaften Beteiligungsrechte im Betrieb erhalten. Dadurch sind Solidarnormen - in der Variante der „Organisationsnormen" - gegeben, weil die „Mitwirkung der Arbeitnehmer an Verwaltungsaufgaben des Betriebs" geregelt wird.140 Soweit zusätzlich die diesbezüglichen Beziehungen des Arbeitgebers oder der Arbeitnehmervertreter zu ihren Verbänden geregelt werden, dürften auch Berufsnormen vorliegen.141 c. „ Solidarnormen

" und „ Individualnormen

"

Allerdings scheint es in Sinzheimers System nicht möglich zu sein, daß mit der „Solidarnorm" gleichzeitig auch eine „Individualnorm" vorliegt. aa. Rechtsfolgenbezogene

Sichtweise

Das ergibt sich nicht nur aus dem Gegensatzpaar „Solidar ..." und „Individual ...", sondern auch aus den Rechtsfolgen beider Normarten. Denn nach Sinzheimer kann die Solidarnorm - anders als die Individualnorm - den einzelnen nicht zur Forderung einer Leistung an seine Person berechtigen, sondern nur zur Lei138 139 140 141

Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 34-36. Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 1, S. 52. S. oben § 1 II 3 b, bb, aaa, S.28f. S. oben § 1 II 3 a, aa, S.25.

38

Teil I. Zur Entwicklung der Tarifvorschriften

stung an die Gemeinschaft.142 Gegen eine Überschneidung von Individual- und Solidarnormen sprechen auch Sinzheimers Überlegungen darüber, daß aus Solidarnormen mittelbar individuelle Rechte folgen können.143 Dies läßt den Schluß zu, daß sich nach Sinzheimer Individual- und Solidarnormen gegenseitig ausschlössen. bb. Gegenstandsbezogene

Sichtweise

Andererseits kann man seinen Ausführungen indirekt entnehmen, daß prinzipiell die Möglichkeit besteht, den Inhalt von Solidarnormen auch in Individualnormen zu regeln. So heißt es hinsichtlich des Regelungsgegenstandes der Solidarnormen bei Sinzheimer: „Die Einzelabrede zwischen Arbeiter und Arbeitgeber könnte solche Solidarverhältnisse kaum schaffen, weil die Machtposition des einzelnen Arbeiters zu schwach ist, auch gemeinschaftliche Arbeitsinteressen zur vertraglichen Regelung zu bringen".144 Diese Begründung stellt nicht auf rechtstechnische, sondern auf tatsächliche Hindernisse bei der individuellen Vereinbarung von Solidarnormen ab. Sie könnte auf denkbare Abreden über Solidarnormen hinweisen, die so geschlossen werden, daß hieraus individuelle Ansprüche entstehen. Beispiel wäre eine ausdrückliche Vertragsregelung, nach der ein einzelner Arbeitnehmer einen Anspruch betreffend die Arbeitsplatzgestaltung hat, etwa einen Anspruch auf Beschaffung einer Baubude oder von Waschgelegenheiten am Arbeitsplatz. Gegen eine solche Vertragsgestaltung dürfte sich technisch nichts einwenden lassen, auch wenn sie in der Praxis sicher selten ist. Das bedeutet, daß eine tarifvertragliche Regelung möglich ist, welche die individuelle Gläubigerschaft des Arbeitnehmers bei bestimmten „Solidaransprüchen" anordnet. Damit zeigt sich, daß sich bei Sinzheimer der Begriff der Solidaransprüche in zweifacher Weise definieren läßt, entweder durch Betrachtung des Regelungsgegenstandes oder durch Betrachtung der Rechtsfolgen. Die - zuletzt wiedergegebene - Orientierung am Regelungsgegenstand entspricht dem empirisch-soziologischen Ansatz Sinzheimers, der hier diejenigen tatsächlichen Sachverhalte als Solidarbeziehungen geregelt sieht, welche „alle Arbeiter im ganzen oder in größeren 142 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 50f., s. oben § 1 II 3 b, bb, bbb, S.29. 143 Ein Beispiel ist die Verletzung von Solidarnormen über die Arbeitssicherheit durch den Arbeitgeber mit der Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs oder eines Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers an seiner Arbeitskraft, s. oben § 1 II 3 b, bb, bbb, S. 29; Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 50f. Zwanzig Jahre später, 1927, spricht Sinzheimer konkretisierend davon, Solidarnormen könnten in einer solchen Konstellation der (in der Tarifvertragsverordnung von 1918 angeordneten normativen) Funktion von Inhaltsnormen „teilhaftig sein, soweit sie Individualansprüche hervorrufen", Sinzheimer, Grundzüge des Arbeitsrechts, S.258. 144 Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Bd. 2, S. 50. Ahnlich die Andeutung in Bd. 1, S. 6: „An sich könnte der Vertrag das fehlende Gesetz ersetzen. Es wäre denkbar, daß ein Arbeitgeber mit der Arbeiterschaft seines Betriebs gemeinschaftliche Angelegenheiten vertragsmäßig regelte." Hier wird allerdings nicht klar, ob der Vertrag nicht auch als gemeinschaftliche Regelung gelten kann.

§ 2. Die „ Solidarnormen " in der Weimarer Zeit

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Abteilungen gemeinsam" betreffen. Die Orientierung an den Rechtsfolgen dagegen trennt nach der Gläubigerstellung des Arbeitnehmers, der im einen Fall die Erfüllung an seine Person und im anderen Fall die Erfüllung nur an die Arbeitnehmergemeinschaft fordern kann. Sinzheimer hat dieses Spannungsverhältnis nicht aufgelöst und sich weder deutlich für die eine noch für die andere Sichtweise entschieden.

III. Zusammenfassung zur Entwicklung des Begriffs der „ Solidarnormen " durch Hugo Sinzheimer Sinzheimers Tarifnormenlehre geht Anfang des 20. Jahrhunderts von dem damaligen Bestand tatsächlicher Tarifvertragsregelungen aus. Sein Anliegen ist dabei der Nachweis, daß die aufgrund des Arbeitsverhältnisses geschaffene Arbeitsumwelt für den Arbeitnehmer sehr viel mehr ist als die Konstituierung einer im Gegenseitigkeitsverhältnis mit dem Entgeltanspruch stehenden Arbeitspflicht. Deshalb sieht er gerade in der Gestaltung auch der Lebensverhältnisse am Arbeitsplatz eine besondere Aufgabe des Tarifvertragsrechts. Letztere erfolgt nach der empirischen Beobachtung Sinzheimers vor allem durch tarifliche Vorschriften zur Arbeitssicherheit und zur Hygiene, durch Vorschriften über besondere Einrichtungen zugunsten der Arbeitnehmer (Baubuden, Bade- und Waschmöglichkeiten am Arbeitsplatz), durch Vorschriften über die Mitwirkung der Arbeitnehmer an Verwaltungsaufgaben im Betrieb und über die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft. Die sich hierüber verhaltenden Vorschriften nennt er „Solidarnormen". Ihren Inhalt umschreibt er aber nicht nur empirisch. Er definiert auch die Regelungsfunktion der „Solidarnormen". Nach Sinzheimer können „Solidarnormen" deswegen, weil sie lediglich generell wirken, nur als Vorschriften über gemeinschaftliche Forderungen nach §432 B G B angesehen werden. Deshalb verlangt er auch die gesetzlich geregelte Möglichkeit ihrer Geltendmachung durch besondere Vertrauensleute. Damit läßt Sinzheimer letztendlich offen, ob er die Solidarnormen nach ihrem Regelungsgegenstand oder nach ihren Rechtsfolgen charakterisieren will.

§2. Die „Solidarnormen" und die tarifvertragliche Regelung betrieblicher Sachverhalte in der Weimarer Zeit I. Die Entwicklung bis zur

Tarifvertragsverordnung

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde 1914 die bis dahin lebhafte Diskussion um die Einführung einer gesetzlichen Regelung des Tarifvertragsrechts abgebrochen. Das galt nicht nur für die Rechts- und Wirtschaftswissenschaft, sondern auch für die Politik. Mit dem Abschluß des sogenannten „Burgfriedens" legte man die tarifvertragsrechtlichen Konzepte beiseite. Die Gewerkschaften verzichteten auf Streiks; die Koalitionsbildung wurde staatlicherseits nicht mehr be-

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Teil I. Zur Entwicklung

der

Tarifvorschriften

kämpft. 1 4 5 Die Berufsvereine der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer wurden am 26.6. 1 9 1 6 gesetzlich anerkannt. 1 4 6 Mit Gesetz v o m 22.5. 1 9 1 8 w u r d e § 1 5 3 Gewerbeordnung aufgehoben. 1 4 7 Innerhalb der Betriebe w a r die Situation während des Krieges zunehmend geprägt durch die Bildung von militärischen oder sonstigen freiwilligen (auch tarifvertraglich konstituierten) Schlichtungsstellen, über welche die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften an Einfluß gewinnen konnten. 1 4 8 Dennoch blieben die sozialen Spannungen im Ersten Weltkrieg weiter bestehen. Abhängigkeiten wurden v o r allem dadurch geschaffen, daß die Arbeitgeber die Arbeitnehmer am Arbeitsplatzwechsel hindern und Einfluß auf die Einziehung zum Kriegsdienst nehmen konnten. 1 4 9 Mit dem v o n den Gewerkschaften mitgetragenen „Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst" vom 5 . 1 2 . 1 9 1 6 1 5 0 w u r d e dann eine kriegswirtschaftliche Hilfsdienstpflicht f ü r alle Männer zwischen 17 und 60 Jahren eingeführt. Für die Durchführung des Gesetzes in den Betrieben w u r d e in §§4f., § § 9 f . des Gesetzes die Bildung unterschiedlicher A u s schüsse angeordnet, die aus Staatsvertretern (Offizieren, Beamten) sowie paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern bestanden. 151 Außerdem w u r d e f ü r die v o m Gesetz erfaßten Betriebe mit in der Regel mehr als 50 Arbeitnehmern die Bildung von Arbeiterausschüssen angeordnet (§§11 ff., 15). Damit w a r eine A r t gesetzlicher Betriebsvertretung entstanden; die Wahl der Arbeiterausschüsse wurde freilich oft verzögert oder verhindert. 1 5 2

145 prelleTi Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S. 71 ff., 79f.; Schönhoven in: Borsdorf/ Weiden, Geschichte der deutschen Gewerkschaften von den Anfängen bis 1945, S. 167 (249ff.); Hainke, Vorgeschichte und Entstehung der Tarifvertragsverordnung vom 23. Dezember 1918, S.20ff.; Miller, Burgfrieden und Klassenkampf, S. 31 ff. 146 Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 19.4. 1908 (RGBl. 1908, 151) vom 26.6. 1916, RGBl. 1916, 635ff. Mit dem Änderungsgesetz wurden die Vorschriften der §§3, 17 VereinsG über die polizeiliche Prüfung von Satzungen und über die Unzulässigkeit der Mitgliedschaft Jugendlicher in politischen Vereinen auf die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände für unanwendbar erklärt. 147 Gesetz betreffend Aufhebung des §153 der Gewerbeordnung vom 22.5. 1918, RGBl. 1918, 423; s. zu §153 GewO o b e n § l I l,S.7ff. 148 Nach der Darstellung von Preller geschah dies meist gegen den Widerstand der Unternehmen, aber mit teilweiser Unterstützung seitens des Militärs, das an der möglichst spannungs- und unterbrechungslosen Arbeit der (Rüstungs-)Industrie interessiert war, Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S. 72ff. 149 Im Zuge der Einführung kriegswirtschaftlicher Verwaltungsstrukturen wurde zunächst durch die sogenannten „Abkehrscheine" ein System hergestellt, in dem Arbeitnehmer nicht mehr ohne Einverständnis des Arbeitgebers den Arbeitsplatz wechseln konnten; durch die „Reklamationen" hatten die Arbeitgeber Einfluß auf die Einziehung der Arbeitnehmer zum Kriegsdienst, s. Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S.73f. 150 Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5.12.1916, RGBl. 1916,1333ff.;s. hierzu auch die Ausführungsverordnung vom 21.12. 1916, RGBl. 1916,1411 ff 151 Diese Ausschüsse konnten unter anderem arbeitgeberseitige Abkehrverbote aufheben. 152 In vielen Fällen wurden die Ausschüsse erst Ende 1917 oder im Laufe des Jahres 1918 gebildet, s. im einzelnen Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S. 75ff.; Schönhoven, in: Borsdorf/Weiden, Geschichte der deutschen Gewerkschaften von den Anfängen bis 1945, S. 167

§2. Die „ Solidarnormen " in der Weimarer Zeit

41

Mit der Kapitulation und der Ausrufung der Republik am 9.11.1918 kam dann nach dem Ersten Weltkrieg eine Regierung aus SPD und USPD zustande; gleichzeitig bildete sich der „Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte", der aber bald an Macht verlor. In einem Aufruf vom 12.11. 1918 wurden sämtliche Beschränkungen des Versammlungs- und Vereinsrechts aufgehoben, so daß nunmehr die Koalitionsfreiheit unbeschränkt gewährleistet war. 153 Im November und im Dezember 1918, also noch vor dem Zusammentritt der Verfassunggebenden Nationalversammlung am 19.1. 1919, verabschiedete die neue Reichsregierung ein Paket mit wichtigen arbeits- und sozialpolitischen Regelungen, welche unter anderem die Koalitionsbetätigung sicherten. 154 Erst später wurden durch Art. 159 und 165 der Weimarer Reichsverfassung Koalitionsfreiheit und Tarifau tonomie festgeschrieben.

II. Regelung betrieblicher Sachverhalte in der

Tarifvertragsverordnung

1. Die Grundzüge der Tarifvertragsverordnung 1918 Ein Teil der im Dezember 1918 erlassenen neuen Regelungen war die Tarifvertragsverordnung vom 23.12.1918 ( T W O ) , deren wichtigster Mitverfasser Hugo Sinzheimer war. 155 Dieses Regelwerk war zunächst lediglich als Provisorium gedacht gewesen. Es wurden auch einige Anläufe zu seiner Ersetzung durch ein „Arbeitstarifgesetz" gemacht, insbesondere seitens des „Arbeitsausschusses für ein einheitliches Arbeitsrecht", der 1921 einen Entwurf vorlegte, welcher ebenfalls wesentlich auf Vorarbeiten Sinzheimers beruhte. 156 Dennoch konnte sich in der Weimarer Zeit kein Reformvorhaben durchsetzen, so daß die Tarifvertragsverordnung für das Tarifrecht bis 1933 allein bestimmend blieb. Die Tarifvertragsverordnung statuierte für Deutschland damit erstmals ein System, in dem Tarifverträge rechtsverbindlich und durchsetzbar waren. 157 (257ff.); Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bandl, §2, 4 a, S.109f.; Nörr, ZfA 1986, 403 (411 ff.). 153 RGBl. 1918, S. 1303; vgl. Schneider, Höhen, Krisen und Tiefen: Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik 1918 bis 1933, in: Borsdorf/Weiden, Geschichte der deutschen Gewerkschaften von den Anfängen bis 1945, S.279 (288ff.); Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bandl, §2, 5 b (3), S. 114; Nörr, Zwischen den Mühlsteinen, S. 177ff. 154 S. die Zusammenstellung des Reichsarbeitsministers Bauer, Arbeitsrecht und Arbeitsschutz - Sozialpolitische Maßnahmen der Reichsregierung seit 9. November 1911; vgl. Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S.230ff.; Nörr, ZfA 1986, 403ff. 155 Tarifvertragsverordnung vom 23.12. 1918, RGBl. 1918, 1456; vgl. Hainke, Vorgeschichte und Entstehung der Tarifvertragsverordnung vom 23. Dezember 1918, S. 91 ff.; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 73 ff. 156 Entwurf eines Arbeitstarifgesetzes im RAB1. 1921 (Amtl. Teil), S.491ff.; vgl. Hainke a.a.O., S. 119ff.; Dreschers a.a.O., S. 77ff., 310ff.; s. dazu näher unten §2 V 1, S.66ff. 157 Mit dieser gesetzlichen Festigung des Tarifvertrags steigerte sich auch die praktische Relevanz des Tarifvertragsrechts. Bereits 1920 unterlagen in Deutschland 9,5 Mio. Arbeitsverhältnisse einem Tarifvertrag; 1919 waren es (noch vor Einführung der Allgemeinverbindlicherklärung) 6 Mio. Arbeitsverhältnisse gewesen, s. Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S.246f.; vgl. auch die Zahlen oben Fn. 26.

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Teil I. Zur Entwicklung der Tarifvorschriften

D i e Tarifvertragsverordnung ordnete in ihrem § 1 die normative Wirkung des schriftlich abzuschließenden Tarifvertrags an, der zwischen Arbeitervereinigungen einerseits und Arbeitgebern oder Arbeitgebervereinigungen andererseits geschlossen wurde. 1 5 8 Gleichzeitig wurde auch das Günstigkeitsprinzip ausdrücklich statuiert (§ 1 Abs. 1 S. 2 T W O ) . §§ 2ff. T W O ermöglichten auf Antrag eines Verbandes die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen durch das Reichsarbeitsamt. Ursprünglich waren in der Tarifvertragsverordnung mit den § § 7 - 3 0 T W O auch Regelungen über die Arbeiter- und Angestelltenausschüsse ( § § 7 - 1 4 T W O ) sowie über die Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten ( § § 1 5 - 3 0 T W O ) enthalten; die dort geregelten Materien wurden aber bald in das Betriebsrätegesetz v o m 4 . 2 . 1920 1 5 9 und die Schlichtungsverordnung v o m 3 0 . 1 0 . 1923 1 6 0 übertragen. In § 7 0 Betriebsrätegesetz sowie im 1922 erlassenen Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat waren außerdem erstmals Regelungen enthalten, welche eine Arbeitnehmervertretung auf U n t e r nehmensebene normierten. 1 6 1 In der Praxis wurde das Tarifvertragsrecht vor allem durch die Besonderheiten des Arbeitskampfrechts beeinflußt. D i e Freiheit der Ergreifung von Arbeitskampfmaßnahmen war zwar grundsätzlich gewährleistet und wurde auch in h o hem Maße wahrgenommen, 1 6 2 jedoch waren die Tarifabschlüsse wesentlich durch die staatliche Zwangsschlichtung geprägt. N a c h § 5 der Schlichtungsverordnung 1 6 3 konnte eine Tarifvertragspartei, soweit eine eigenständige Regelung nicht zustande kam, Schlichtungsausschüsse bzw. Schlichter anrufen. Bei Scheitern des Schlichtungsverfahrens kam es gemäß § 6 Schlichtungsverordnung zur Zwangsschlichtung durch den Schlichter bzw. den Reichsarbeitsminister. Diese Zwangsschlichtung erfolgte in der Weise, daß der Schiedsspruch einer staatlich gebildeten Schlichtungskommission für verbindlich erklärt wurde. Materielle

158 Die Gegenüberstellung von normativer und obligatorischer Wirkung erfolgte bereits unter Geltung der Tarifvertragsverordnung nach den gleichen Grundprinzipien wie heute, s. etwa R A G 11.1. 1928, R A G E 1, 132 (134ff.); R A G 22.2. 1928, R A G E 1, 207 (208ff.); R A G 17.10. 1928, Bensheimer Slg. 4, Nr. 50, S. 177 (180f.); Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S. 86ff., 104ff.; Sinzheimer, Grundzüge des Arbeitsrechts, S.257ff., 264ff.; Nipperdey, Kontrahierungszwang und diktierter Vertrag, S. 11; Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 232ff., 261 ff.; s. zur dogmatischen Grundlegung der normativen Wirkung zur Weimarer Zeit im einzelnen Nipperdey, Beiträge zum Tarifrecht, S. 138 ff. 159 Betriebsrätegesetz vom 4.2. 1920, RGBl. 1920, 147ff. 160 Verordnung über das Schlichtungswesen vom 30.10. 1923, RGBl. 1 1923,1043ff.; Rechtsgrundlage für die Verordnung war das Ermächtigungsgesetz vom 13.10. 1923, RGBl. I 1923, 1043. 161 Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat vom 15.2. 1922, RGBl. 1922, 209ff.; s. hierzu Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 1. und 2. Aufl., Band 2, §69 III; Göppert, Das Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat; Gürteler, Betriebsrätegesetz, Kommentierung zu § 70. 162 Vgl Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S.430ff.; s. zu den sonderrechtlichen Arbeitskampfverboten in der Weimarer Zeit in der Versorgungswirtschaft und für die Beamten Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S.259f. 163 S. oben Fn. 160.

§ 2. Die „ Solidarnormen

" in der Weimarer

Zeit

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Voraussetzung w a r die „Billigkeit" der Entscheidung „bei gerechter Abwägung der Interessen beider Teile" und ihre Erforderlichkeit „aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen" (§6 Abs. 1 Schlichtungsverordnung). Das alles führte im Ergebnis zu einer staatlichen Festsetzung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, welche eine Tarifvertragspartei auch gegen den Willen der anderen durchsetzen konnte. 1 6 4 2. A u ß e n s e i t e r b i n d u n g d u r c h die T a r i f v e r t r a g s v e r o r d n u n g a. Grundsatz:

Keine Außenseitergeltung

von

Tarifvertragsnormen

Eine Erfassung von Außenseitern durch Tarifvertragsregelungen sah die Tarifvertragsverordnung - abgesehen v o m Fall der arbeitsvertraglichen Bezugnahme grundsätzlich nicht vor. Die normative Wirkung der Tarifvertragsvorschriften war gemäß § 1 Abs. 1 T W O vielmehr auf die „beteiligten Personen" beschränkt. Dies waren nach der näheren Bestimmung des § 1 Abs. 2 T W O auf Arbeitgeberseite die Verbandsmitglieder des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes oder bei den Firmentarifverträgen der tarifschließende Arbeitgeber selbst. Auf Arbeitnehmerseite unterlagen ausschließlich die Verbandsmitglieder der Tarifgeltung. 1 6 5 Die Erfassung von Außenseitern w u r d e mangels entsprechender normativer Wirkung abgelehnt. 166 Das galt beispielsweise auch f ü r sogenannte „Außen164 Vgl. Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 1. und 2. Aufl., Band2, § § 3 9 ^ 4 , insbesondere 43 II; Kaskel/Dersch, Arbeitsrecht, S. 58ff., 399ff., 409ff.; Bahr, Staatliche Schlichtung in der Weimarer Republik, S. 72ff.; Besgen, Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband ohne Tarifbindung, S . 2 0 f , ; N ö r r , ZfA 1986, 403 (417ff.); Dreschers, Die Entwicklung des Rechts des Tarifvertrages in Deutschland, S. 81 ff., 90f.; Kahn-Freund, in: Ramm, Arbeitsrecht und Politik, Quellentexte 1918-1933, S.211 (224ff.). S. zur damaligen Diskussion der Frage, ob sich ein Arbeitgeberverband durch „gewollte Tarifunfähigkeit" der Zwangsschlichtung entziehen konnte, Besgen a.a.O.; Nörr a.a.O., S. 416; Hueck/Nipperdey a.a.O., § 14 III 7 b; Kaskel/Dersch a.a.O., S. 59f.;/