Tammuz: Der Unsterblichkeitsglaube in der altorientalischen Bildkunst [Reprint 2021 ed.] 9783112415986, 9783112415979


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German Pages 154 [240] Year 1949

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Tammuz: Der Unsterblichkeitsglaube in der altorientalischen Bildkunst [Reprint 2021 ed.]
 9783112415986, 9783112415979

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A n t o n Moortgat / Tammuz

TAMMUZ DER

U N S T E R B L I C H K E I T S G L A U B E IN DER ALTORIENTALISCHEN BILDKUNST

VON

ANTON

WALTER

MOORTGAT

DE GRUYTER

& CO.

/

BERLIN

1949

vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.

Mit 64 Tafeln u n d 60 Abbildungen im Text

Alle R e c h t e 5 b e s o n d e r s das d e r Übersetzung, v o r b e h a l t e n P r i n t e d in Germany D r u c k g e n e h m i g u n g s n u m m e r 11533 d e r N a c h r i c h t e n k o n t r o l l e d e r Amerikanischen Militärregierung D r u c k . Achilles & S c h w u l e r a , Berlin S W 6 1 R e g . - N r . 5406 — 4; 1949

VORWORT Die Hauptgedanken zur vorliegenden Abhandlung habe ich bereits in Vorlesungen während der letjten Kriegsjahre vorgetragen. Ihre Ausarbeitung in Buchform geschah unter den schwierigsten Verhältnissen, im Winter 1946/47. September 1947 war das Manuskript abgeschlossen. Dies nur zur Erklärung und Entschuldigung mancher Lücke in der angeführten einschlägigen Literatur. Vor allem die endgültige Publikation der Bildwerke aus Chafadschi, Teil Asmar und Teil Agrab in der Reihe der Oriental Institute Publications der Chicagoer Universität habe ich bis auf den heutigen Tag nicht zu Gesicht bekommen. Der Besitzer dieser Bücher wird die hier nach vorläufigen Veröffentlichungen besprochenen Denkmäler dort leicht nachschlagen können. Eine genaue Transkription vieler Fremdwörter war aus drucktechnischen Gründen leider nicht durchzuführen. Wichtiger als diese Entschuldigungen ist mir der Dank an alle freundlichen Helfer. Unter ihnen steht vornean der Inhaber des Verlages W. de Gruyter u. Co., Herr D. theol. h. c. Herbert Cram, dessen gütige Ermunterung und tätige Unterstütjung die Arbeit an dem Manuskript auch in der dunkelsten Notzeit nicht erlahmen ließen. Mrs. E. Douglas Van Buren hat auch diesmal bei der Überwindung technischer Schwierigkeiten ihre Hilfe nicht versagt. P. Alfred Pohl hat mir die ausländische Fachliteratur der Kriegs- und Nachkriegszeit, wenn auch großenteils nur in Zitaten, vermittelt. Manchen nämlichen Hinweis auf sumerische, akkadische und hethitische Texte haben A. Falkenstein, W. von Soden und Η. O tt e η nach Durchsicht des Manuskriptes beigesteuert. Die Vorlagen zu den Textabbildungen waren nur mit vieler Mühe herzustellen, für die ich meiner Frau herzlich danke. Sie wollen unter Wahrung des allgemeinen Stilcharakters und unter Fortlassung nebensächlicher Einzelheiten lediglich die behandelten Bildgedanken in ihrem Zusammenhang skizzieren. Anton Berlin,

im Februar

1949

M o or t g at

Archiv N r . 41 4449

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S Seite

Vorwort Einleitung und Fragestellung I. Uberzeitliche Bildgedanken als Problem vorderasiatischer Archäologie a) „Lebensbaum" zwischen zwei Tieren. — b) Held als Tierbezwingen — c) Stier und Löwe im Kampf. — d) Symposion. — e) Tierkapelle. — f) Umwandlung und Erweiterung der Motive a) bis d) seit etwa 1500 v. Chr. (Wagenjagd, Flügelsonne mit Trägern, geflügelte Genien und Tiere, Mischwesen).

1 3

II. Sumerertum und Tammuz-Glaube A. Die Bildkunst als Spiegel des Tammuz - M y t h u s (Frühgeschichte) 1. Der königliche Hirte 2. Der heldische Herdenbeschütjer und Löwenbezwinger . . . . B. Die Bildkunst als Spiegel des Tammuz - K u l t e s (Mesilimzeit) . . C. Verstärkte Abstraktion und Symbolisierung des Tammuz-Gedankens (Mesilim- und Ur I-Zeit) D. Spuren von mimischer Agierung E. Sumerischer Totenglaube Gräber der Mesilimzeit in Kisch — Schachtgräber der Ur I-Zeit in Ur — Königsgräber der III. Dynastie von Ur. F. Zusammenfassung

27 27

III. Der Unsterblichkeitsglaube in der Bildkunst der Semiten A. Akkad a) Ablehnung des Tammuz-Glaubens b) Fortleben in alten und neuen Bildern c) Schamasch und Tammuz . B. Babylon Marduk als Synthese des Tammuz, des Schamasch und des Ellil. Fortleben des einfachen Tammuzglaubens auf Denkmälern, der Volkskunst

81 81 81 85 90 93

IV. Der Unsterblichkeitsglaube in der Bildkunst der Bergvölker A. Churrischer Kreis Seine Bildgedanken als Fortführung und Erweiterung des TammuzMarduk-Gedankens 1. „Kerkuk"-Glyptik 2. Spätere Monumentalkunst auf churrisch-mitannischem Boden . . a) Wagenkampf b) Die Teil Halaf-Bildwerke c) Nordsyrische Kleinfürstentümer d) Kleinasien und Phönikien

99 100

B. Assyrien a) Die Fragestellung für Assyrien b) Einfacher Tammuz-Glaube in der assyrischen Bildkunst . . . . c) Assur als Herr über Tod und Leben d) Der König als Stellvertreter im chthonischen Kult . . . . . . Nachwort. Überzeitliche Motive im späteren Orient und im Abendland . Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Tafeln Abkürzungen

35 44 50 53 79

100 100 105 106 108 117 122 122 122 124 126 134

.

143 149 151 155

EINLEITUNG

UND

FRAGESTELLUNG

Kein Zweig der Archäologie hat so mit Schwierigkeiten bei der Deutung der Bildwerke zu kämpfen wie der vorderasiatische. Nach hundert Jahren der Bemühung gibt es weder eine allgemeingültige Erklärung f ü r das tausendfach wiederkehrende Motiv des sogenannten „Figuienbandes", des verflochtenen Tierkampfbildes zahlloser Rollsiegel (vgl. die Abbildungen 23 bis 2 6 ) , noch etwa f ü r die assyrischen Monumentalreliefs im Palaste Assurnasirpals, die einen stilisierten Baum oder auch den König zwischen zwei geflügelten Genien zeigen (Abb. 5 8 u. Tf. 5 4 ) . Kein Zweig der Archäologie ist so auf sich gestellt wie der vorderasiatische, da es hier kaum möglich ist, wie An Ägypten und Griechenland, in erheblichem Maße schriftliche Angaben f ü r die Erklärung der Denkmäler zu Hilfe zu nehmen. Nirgends hat die Archäologie so sehr ihren Eigenwert als Mittel zur Erkenntnis geistiger Zusammenhänge zu erweisen. Die stilgeschichtliche Betrachtung der Denkmäler, die lange Zeit die herrschende Methode dieser Wissenschaft war, hat uns zweifellos manches von dem Geist ihrer Urheber erkennen lassen, zu dem Kern der Weltanschauunog jedoch, die hinter jedem Bildwerk steht; gelangt man erst, wenn man sein Motiv inhaltlich begriffen hat. So muß die Deutung der noch zahllosen unverstandenen altvorderasiatischen Bildwerke wieder unsere Hauptsorge sein. Versucht man zu diesem Zweck zunächst einen Uberblick zu gewinnen über den Gesamtbestand an Bildgedanken der altvorderasiatischen Welt, so fällt bald eine Zweiteilung auf: Neben einer großen Anzahl von Bildwerken, deren Themen durchweg gedeutet sind und die mit ihrem z e i t g e b u n d e n e n Motiv einer bestimmten historischen Periode zugehören, steht eine Fülle großer und kleiner aus dem verschiedensten Material gefertigter Denkmäler'der verschiedensten Technik (Relief, Glyptik, Malerei, Einlagen), deren gemeinsame, nicht allzu zahlreidieBildgedanken sich durch alle Zeitalter hindurchziehen, deren sozusagen z e i t l o s e Motive aber bisher kaum verständlich waren. Auf der einen Seite finden wir eine lange Reihe von Denkmälern wie die sogenannte Geierstele des Eannatum und die Siegesstele des Naramsin, Werke, die dank dem beigeschriebenen Text in ihrem Inhalt so gut wie völlig geklärt sind, auf der anderen Seite Werke wie etwa die Kette von. kleinen Orthostaten an der Außenwand des sogenannten Hilanis auf dem Teil Halaf, deren Motive meist durch viele Jahrhunderte hinauf verfolgt werden können, ohne daß jemals ein beigegebenes Wort Μ o o r t g a t ,

Tammuz

>

2

Einleitung

und

Fragestellung

ihren genauen Sinn erkennen ließe. Die Lebenszähigkeit und nahezu ungestörte Continuität dieser zweiten Art von Motiven müßte uns allein schon verraten, daß wir es in ihnen mit überzeitlichen, übervölkischen Dingen zu tun haben, die eine dauernde Grundlage altorientalisdien Denkens und Empfindens bilden. Gelänge es( diese zweite Gruppe von Motiven zu erklären, so kämen wir nicht nur einen entscheidenden Sdiritt in der vorderasiatischen Archäologie voran, sondern gewännen zugleich ein neues Mittel für die Erkenntnis altorientalischer Weltanschauung überhaupt. Wie sehen diese zeitlosen Motive aus?

I. Ü B E R Z E I T L I C H E ALS

B I L D G E D A N K E N

P R O B L E M

V O R D E R A S I A T I S C H E R a)

„L e b e η s b a u m " m i t

ARCHÄOLOGIE

zwei

Haustieren

Das Musterbeispiel eines alle Perioden überdauernden Bildgedankens ist der sogenannte Lebensbaum, der allerdings zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden stilisiert, von zwei Schafen, zwei Ziegen oder zwei Rindern flankiert wird. Auch die Haltung der beiden Tiere, die einander zugewendet sind, kann wechseln. Sie stehen entweder ruhig auf vier Füßen oder springen den Baum an, um an seinen Blüten und Blättern zu fressen.

Abb. 1

Uber den sogenannten Lebensbaum liegen bereits Monographien 1 ) vor, in denen auch das hier erwähnte Sondermotiv berücksichtigt wird. Hier sei lediglich an einigen schlagenden Beispielen gezeigt, wie der Baum zwischen zwei Tieren allen Perioden der vorderasiatischen Geschichte treu bleibt. Schon auf einer Siegelabrollung aus Susa, die der Frühgeschichte angehört, begegnet uns ein Baum auf einem Berg, redits und links von einer Ziege eingefaßt 2 ) (Abb. 1 ) . Unmittelbar darauf taucht das Motiv in etwas anderer Form auf bei einem Rollsiegel der l ) Umfassend: H. Danthine, Le palmier dattier et les arbres sacrés, Paris 1937. wo alle weitere Literatur zu finden ist. — Neil Perrot, Les représentations de l'arbre sacré sur les monuments de Mésopotamie et d'Elam, Paris 1937. 2 ) L. Delaporte, Catalogue des Cylindres orientaux du Musée du Louvre, Tafel 39, 12.



4

I. Überzeitliche

Bildgedanken

Djemdet Nasr-Zeit in der Sammlung Newell1) (Abb. 2). Zwei Schafe stehen auf beiden Seiten einer buschartigen Pflanze mit hängenden Rosettenblüten. Am Ende der vorderasiatischen Geschichte finden wir das Motiv immer noch am Leben, u. a. auf einem kultischen Eimer aus Ton, der mit Glasurmalerei überzogen ist 8 ) (Abb. 3). Wie in alter Zeit

springen zwei Ziegen ein strauchartiges Gewächs an. Das Gefäß gehört in die Zeit Sargons II. von Assyrien (um 700 v. Chr.). Zwischen der sumerischen Frühgeschichte und der spätassyrischen Zeit liegen die verschiedenen Abschnitte altvorderasiatischer Entwicklung, an der Sumerer, Ost- und Westsemiten, Kassiten und Churri den *) H. H. von der Osten, Ancient Oriental Seals in the Collection of Mr. Ε. T. Newell Nr. 690 (OIP XXII). 2 ) W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Tafel 21 und 23.

a)

„Lebensbaum"

Hauptanteil haben. Keinem dieser Abschnitte dürfte das Motiv des Lebens-baumes mit zwei T i e r e n fremd geblieben sein. D a ist zum Beispiel ein bekanntes für die Geschichte der Goldschmiedekunst wichtiges Stüde aus dem sogenannten Königsfriedhof von Ur, das in die Zeit der ersten Dynastie von U r zu setjen ist: ein rundplastisch gearbeiteter Bock

Abb. 4

j

1

Abb. 5

[

'

aus Silber, Elektron und Lapislázuli steht ganz hoch aufgerichtet

auf

den Hinterbeinen um mit den Vorderbeinen und dem Maul an die Rosettenblüten eines silbernen Baumes zu reichen 1 )

(Abb. 4 ) .

Gleichaltrig

sind die Intarsien eines Spielbrettes aus demselben Friedhof, die öfters das Motiv verwenden 2 )

2)

(Abb. 5 ) .

C. L . Woolley, Ur Excavations II. Ur. E x c a v . II, Tafel 9 7 .

The royal cemetery, Textband,

Titelblatt

6

I. Überzeitliche

Bildgedanken

Wiederum einige Jahrhunderte jünger ist die Tonform aus dem Palaste in Mari 1 ) (Abb. 6 ) , die die gleiche Formel eines Baumes mit anspringenden Ziegen verwendet, den Baum aber auf einen hohen Berg stellt. Diesmal ist es dm Gegensat} zu den prunkvollen Stücken der UrlZeit ein Erzeugnis des kleinen Handwerks, der Volkskunst — ein Ge-

gensatj, der, wie wir später sehen werden, seinen besonderen Grund haben dürfte. Aus der Blütezeit der assyrischen Kultur stammen einige Beispiele unseres Motivs auf Rollsiegeln der Tukulti - Ninurta - Periode um 1200 v. Chr. Während viele dieser Siegel die Verbindung von Tier und Pflanze in einer Weise bringen, die wie eine Wiedererstehung der Djemdet-Nasr-Kunst anmutet (Abb. 7 ) , erinnern andere Stücke mehr an die Abrollung aus Susa (Abb. 8), andere wieder weisen mehr in die spätassyrische Zeit, wo manchmal die gleichen Elemente in derselben Syria XVIII Tafel XII 1.

a) „Lebensbaum"

7

heftigen Bewegung dargestellt werden : ein niedriger Hügel, ein knorriger Baum mit geringem Laubwerk und die gleichen Ziegen im Sprung 1 ). Während diese assyrischen Stücke nach einer Lockerung des „Wappenstils" zu streben scheinen, ist die Komposition desselben Bildgedankens auf drei Orthostaten aus Karkemisch, Sendschirli und vom Teil Halaf strenger gebunden. Sie geben uns den uralten Gedanken in der Form, die er in den kleinen, syrischen Fürstentümern angenommen hat, die das große ältere churrische Erbe am Anfang des ersten Jahrtausends weiterführen. Die Karkemischer Reliefplatte 2 ) (Abb. 9) zeigt zwei spiegelbildlich angeordnete Stiere, die sich mit den Köpfen begegnen und die in Aufsicht gegebenen Hörner mit den Spitjen sich berühren lassen. Die Tiere knien beiderseits eines Baumes, der in seiner Stilisierung stark syrisch-phönizisch beeinflußt ist 3 ). Zwei Wandsockelblöcke vom Burgtor in Sendschirli 4 ) (Abb. 10) dagegen tragen zwei ganz aufrecht stehende Böcke, die ein etwas naturnäher gebildetes, buschiges Gewächs *) A. Moortgat, Assyrische Glyptik des 13. Jahrhunderts ZA, Neue Folge 13 Seite 50 ff.: a) Djemdet Nasr-Form des Motivs (Schreitendes Tier und Baum) Abb. 38 bis 46. b) ) 3) Tash, 4» 2

Wappenform des Motivs (Baum auf Berg und zwei Tiere) Abb. 47 bis 52. C. L. Woolley, Carchemish I Preliminary Report Tafel B, 13 b. Vgl. Phönizische Elfenbeine aus Arslan Tash: Fr. Thureau-Dangin, Arslan Tafel XLV, 97 bis 98. Ausgrabungen in Sendschirli Bd. III, Tafel XXXVIII (VA 2651).

δ

I. Überzeitliche

Bildgedanken.

flankieren, während auf einem Orthostat vom Teil Halaf 1 ) (Abb. 11) der Baum wieder sehr die abstrakte Form eines Symbols angenommen bat.

Abb. 11

Diese Auswahl möge genügen, um die weitgedehnte Verbreitung des Bildgedankens zu beweisen, die nahezu alle Völker und Perioden alt*) M.V.Oppenheim, Der Teil Halaf, Leipzig 1931, Tafel 24, b.

b) Held

als

Tierbezwinger

9

vorderasiatischer Geschichte umfaßt. Die geringen äußeren Formabwandlungen können keinen Zweifel aufkommen lassen über den gemeinsamen Kerngedanken, der allen Einzelstücken zugrunde liegt. Bei ihrer Bearbeitung des Motivs des heiligen Baumes ist H. Danthine bereits die häufige Verbindung des sogenannten Lebensbaumes mit Jagddarstellungen und Tierkämpfen auf den verschiedensten Denkmälern aufgefallen 1 ). Diese Verbindung hat — das wird sich später erweisen — ihren einfachen und guten Grund. Sie ist keine äußere Zusammenstellung, sondern entspringt einem inneren Zusammenhang. Darum betrachten wir unmittelbar im Anschluß an den Lebensbaum zwischen zwei Tieren eine Gruppe von Bildgedanken, die zu dem Zählebigsten gehört, was vorderasiatischer Geist überhaupt hervorgebracht hat. Ihren Kern bildet der heldische Tierbezwinger. b) H e l d a l s

Tierbezwinger

1. Dem Grundgedanken, dem alle Motive und Teilmotive dieser Gruppe entspringen, Sehut} des Rindes,.des Haustieres, vor dem Raubtier, dem, Löwen, durch einen heldischen Hirten, hat die altorientalische Bildkunst nur gelegentlich in einigermaßen naturnaher Form dargestellt, so einmal auf einem Rollsiegel der Frühgeschichte 2 ) (Abb. 12) und ein

Abb. 12

andermal ein halbes Jahrtausend später in der Akkad-Zeit, auf dem sogenannten Danniii-Siegel in Wien 3 ) (A'bb. 1 3 ) . Auf dem ersten dieser beiden Stücke stürzt ein nackter Mann herbei, um eine kalbende Kuh 1) H. Danthine, a. a. 0 . , S. 159 bis 160. Verfasserin will sowohl dem Baum wie den Kampf- und Jagdszenen übelabwehrenden Charakter zuschreiben und darin den Grund für ihre Zusammenstellung sehen. Dabei geht sie aber noch von einer Deutung der heldischen Kampfszenen als Taten des Gilgamesch und seines Freundes Enkidu aus, die nicht mehr aufrecht zu erhalten ist 2) Newell Nr. 6 9 5 . 3) E . Unger, Sumerische und akkadische Kunst Abb. 31.

10

1. Überzeitliche

Bildgedanken

vor einem sie überfallenden Löwen zu bewahren. Auf dem zweiten hat ein Löwe bereits seine Kralle in die Schulter des Rindes geschlagen; da wollen ihn zwei Männer nodi abhalten. Der eine greift den Löwen von vorne mit dem Speer, der andere mit der Axt von rückwärts an, während er ihn beim Schwänze packt.

2. Alle übrigen Bildgedanken, die mit dem Tierbezwinger zusammenhängen, sind schon nicht mehr Abbild, sondern Sinnbild, als solches bereits an ihrer abstrakten Formgebung zu erkennen.

Der Wirklichkeit nodi am nächsten steht das ganz einfache Motiv eines Helden oder Königs, der mit dem Speer oder Schwert einen Löwen tötet. Es geht durch alle Zeiten: Auf der sogenannten Jagdstele aus Uruk 1 ) (Abb. 14) ersticht ein König einen Löwen mit dem Speer wie UVB V, Tafel 12 a und b.

b)

Held

als

Tierbezwinger

H

es mehr als zweitausend Jahre später Assurbanipal ebenso tut auf einem kleinen Wandrelief aus dem Nordpalast in Ninive 1 ) (Abb. 1 5 ) . Auf einem Orthostaten vom Teil Halaf 2 ) (Abb. 16) durdibohrt ein Held

einen Löwen mit dem Schwert wie es in genau gleicher Weise auf einem assyrischen Stempelsiegel aus der Zeit Sargons II. 3 ) (Abb. 17) darge' ) Meißner-Opitj, Studien zum Bît-Hilâni im Nordpalast Assurbanaplis Ninive. Tafel III Platte 8 Mitte. 2) Μ. v. Oppenheim, Der Teil Halaf. Leipzig 1 9 3 1 . Tafel 21 b. 3

) L. Delaporte, Louvre, Tafel 57, 14.

zu

12

/. Überzeitliche

Bildgedanken

stellt ist und wie es schließlich auch Assurbanipal in einer zweiten Darstellung aus dem Nordpalast 1 ) vollführt (Abb. 18). 3. Rein symbolisch wirkt die Idee des Tierbezwingers erst in der wappenartigen Fassung, die auch in die griechische Welt übergangen ist bei der sogenannten πότ/ιχ θ η ρ ώ ν : ein Held umarmt entweder schulend zwei an ihm hochspringende Rinder, oder er stemmt zwei Löwen siegreich von sich. Wir finden ihn ohne große Abweichung im gleichen Schema sowohl am Anfang wie am Ende altvorderasiatischer Geschichte.

Abb. 18

Schon auf einem reliefgeschmückten Steingefäß der Djemdet-Nasr-Zeit 2 ) umfaßt ein nackter Held mit beiden Armen je ein Rind (Abb. 19). Auf assyrischen Rollsiegeln der Spätzeit hält ein Genius die aufbäumenden Rinder an einem Vorderbein 3 ) (Abb. 2 0 ) . Und ebenso begegnet uns der Tierbezwinger in Wappenform sowohl an einem frühgeschichtlichen Steingefäß aus Teil Agrab 4 ) (Abb. 21) wie etwa auf Rollsiegeln der Tukulti-Ninurta-Zeit 5 ) (Abb. 22). Es wäre ein Leichtes, diese Bildformel für nahezu alle Abschnitte der altvorderasiatischen Kunst nachzuweisen, sie gehört zu den wichtigsten unter den „zeitlosen" Gedanken, ja, sie ist geradezu unsterblich zu nennen. Wir sehen sie in den archämenidischen, den parthischen und den sassanidi,sehen Zweig der iranischen Kunst eindringen, wie auch in die griechische, byzantinische und romanisch-mittelalterliche Bildnerei (vgl. unten Kapitel V). 4. Beide Teilmotive, der Tierbezwinger als Beschützer der Haustiere und als Besieger der Raubtiere, gehören selbstverständlich gedanklich zusammen, wie es auch der Fall war bei den nichtwappenartigen Dar*) 2 ) Tafel 3 ) 4 ) 5 )

Meißner-Opig, a . a . O . , Tafel III, Platte 13 oben. R. Hall, La sculpture babyl. et assyr. au British Museum, Ars Asiatica Bd. XI II, 3. L. Delaporte, Louvre, Tafel 87, 2. ILN 12. 9. 1936, S. 134, Abb. 16. A. Moortgat, Assyrische Glyptik des 13. Jahrhunderts, ZA NF 13, Abb. 57—61.

b) Held

als

Tierbezwinger

13

Stellungen Abb. 12 und 13 (s. Kapitel I, Abschnitt b 1), wo Schutj und Kampf gleichzeitig vorkommen müssen. Bei der Verschmelzung der

Motive und der Verdopplung einzelner Figuren aus Symmetrie-Gründen, ferner durch den Raumzwang der Bildfläche und die enge Verflechtung

Abb. 20

der Figuren sowie schließlich durch die Kontraktion der Einzelgestalten zu Mischwesen (Stiermensch, löwenköpfiger Adler) und Bildsigeln, entsteht seit der Mesilim-Zeit (1. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr.) das

14

1. Überzeitliche

Bildgedanken

sogenannte Figurenband 1 ), das sich aus formalen Gründen in der Glyptik besonderer Beliebtheit erfreut. Es ist für die bandförmige Bildfläche des

Abb. 21

Rollsiegels wie geschaffen. Es bestreitet den Löwenanteil aller Steinschneiderei während der altsumerischen Zeit. Erst seit der Akkad-Periode

ist seine Vorherrschaft in der Steinschneidekunst gebrochen, wenn es audi noch in der Hammurabi-Zeit öfters wieder auftaucht (Abb. 2 3 — 2 6 ) . c) S t i e r

und

Löwe

im

Kampf

Aber audi das dritte Teilmotiv des „Figurenbandes", der Kampf zwischen Stier und Löwe ohne Hinzutritt eines Helden, läuft neben den anderen Teilmotiven durch alle Zeitalter des Alten Orients her. Ganz am Anfang dieser Reihe steht ein Stempelsiegel aus Uruk, noch an der ' ) Vgl. hierzu A. Moortgat, Vorderasiatische Rollsiegel, S. 9 ff.

c) Stier

und Löwe

Abb. 23

Abb. 24

im.

Kampf

15

16

/. Überzeitliche

Bildgedanken

Grenze zwischen Vor- und Frühgeschichte. Stier und Löwe sind in das kreisende Rund der Stempelfläche hineinkomponiert. Die Gegner halten sich im Kampf die Waage 1 ). In die. Frühgeschichte (Djemdet-NasrZeit) führt uns dann ζ. B. ein Rollsiegel der Bibliothèque Nationale in Paris (Abb. 27), das den Bildgedanken in. der Form vorführt, wie

Abb. 27

er sie meist in späteren Jahrhunderten beibehält: ein Löwe springt einen Stier rücklings an 2 ). Genau so sieht er auf einem kassitischen Rollsiegel im Louvre aus 3 ) (Abb. 2 8 ) , und nicht viel andere finden wir dasselbe

Abb. 28

Motiv ganz am Schluß der altorientalischen Entwicklung, an der großen Treppe zum Apadana in PersepoLis4) (Abb. 29). Zwischen dem kassitischen Siegel und dem achämenidischen Wandrelief schlagen verschiedene Orthostaten vom Teil Halaf 5 ) mit demselben >) 2 ) ) 4 ) 5 ) 3

UVB IX, Tafel 29 d. Bibliothèque Nationale, Tafel I, 2. Delaporte, Louvre, Tafel 85,' 10. F. Sarre, Kunst des Alten Persiens, Tafel 21. M.V.Oppenheim, Der Teil Halaf, Leipzig 1931, A 26 a und b, Tafel 27 a und b.

c) Stier

und Löuie im, Kampf

17

Bildegedanken eine zeitliche Brücke, wenn sie auch kompositionell andere, teilweise selbständige Wege gehen (Abb. 3 0 — 3 1 ) . Bei den bisher behandelten Motiven haben wir den Überlieferungsfaden verfolgt, indem wir ihr Vorkommen ü b e r h a u p t in den ver-

schiedenen Perioden nachwiesen, ohne auf die Frage einzugehen, w i e h ä u f i g sie denn in jeder Periode zu belegen sind. Die genaue Beantwortung dieser Frage, die übrigens nicht nur statistischen Wert hat,

würde eine langwierige Vorarbeit erfordern. Schon bei einem flüchtigen Überschlag aber über das Material wird jedem deutlich, daß der ganze Bildgedankenkomplex „Lebensbaum mit Tieren" und „Tierbezwinger Μ oo r t g a t ,

Tammuz

3

18

I. Überzeitliche

Bildgedanken

Abb. 32

und Tierkampf" seinen Ursprung nimmt in der sumerischen Frühgeschichte (Uruk IV bis Djemdet-Nasr-Zeit), daß er bald seine erste Blüte in der Mesilim- und Ur I-Periode erlebt, wo er die Bildkunst vollkommen beherrscht, um darauf in der ersten großen Semiten-Zeit, der Akkadperiode, von anderen Dingen zurückgedrängt zu werden. Nur in spärlichen Beispielen, gleichsam im Hintergrund, lebt der Komplex dann weiter in der neusumerischen Zeit (Gudea und III. Dynastie von U r ) , sowie in dem Zeitalter der Westsemiten (Isin/Larsa- und HammurabiZeit). Nach dem großen Umbruch in der vorderasiatischen Geschichte, den die Bergvölker verursachen, tritt er dann aber wieder stark hervor, vor allem in dem churrischen Gebiet von Syrien bis Assyrien. Auf die Umwandlungen und Bereicherungen der alten Motive in diesem Zeitalter wird noch zurückzukommen sein. Der Faden reißt jedenfalls bei den genannten Bildgedanken niemals ab, wenn er auch merklich dünner wird in der Zeit von Sargon I von Akkad bis Hammurabi. Eine wirkliche Lücke in der Tradition findet sich dagegen bei einem Motiv, das wir ebenfalls zu den „zeitlosen" rechnen dürfen, ohne daß es dieselbe Verbreitung gefunden hätte wie die vorher betrachteten, nämlich bei dem sogenannten „Symposion" oder Trinkszene.

d)

d)

Symposion

19

„Symposion'

Das sogenannte Symposion (Trinkszene) besteht aus folgenden Elementen: 1. Mann und Frau einander zugewandt, sitjend, mit Becher in der Hand, oder ein Mischkessel in ihrer Mitte, aus dem sie durch Saugrohre gemeinsam trinken. 2. Ein oder zwei Mundschenke. 3. Musikanten. 4. Tänzerinnen. Wie alle anderen kann audi dieser Bildgedanke in ausführlicher Weise alle ihm eignen Elemente zugleich verwenden oder in der Abkürzung auf einen mehr oder minder großen Teil verzichten.

Abb. 33

Zum erstenmal begegnet uns das Motiv, noch, nicht in seiner vollständigen Form, auf einem großen schwarzrot bemalten Vorratsgefäß aus Chafadschi 1 ) (Abb. 32), ganz ausgebildet dagegen auf mehreren Steinplatten aus Teil Asmar (Eschnunnak), Chafadschi und Ur. In die Mesilimzeit gehört das beste Beispiel unseres Motivs 2 ) (Abb. 33) : Mann und Frau trinken einander mit dem Becher zu. Während der sitzende Mann von einem Mundschenk und einem Leierspieler bei der feierlichen Handlung bedient wird, steht der eilenden Frau außer dem Mundschenk eine Dienerin mit Spiegel und Gefäß bei. In der nächsten Periode treffen wir das Motiv wieder an auf Rollsiegeln, u. a. auf dem berühmten Siegel der Schubad 3 ), die in einem der Gräber des Königsfriedhofs in Ur beigesetjt wurde. In der Akkad- und Ur HI-Zeit dagegen ist es nicht mehr zu belegen, wenn audi Andeutungen dafür vorhanden sind, daß der Gedanke nicht ganz ausgestorben sein kann 4 ). In der Isin/Larsa- und Hammurabi-Periode aber können wir das Symposion-Motiv bisher mit keinem einzigen Beispiel belegen und audi f ü r OIC 20, S. 64 f., Abb. 50 f.; BMQ VIII, Tafel VIII. ) Steinplatte aus Chafadschi, OIC 13, Abb. 44. ) Ur Excav. II, Tafel 193, Nr. 16. 4 ) Akkad-Zeit: Rollsiegel mit trinkendem Löwen und Esel. H. Frankfort, Cylinder Seals, Text-Figur 30. UrHI-Zeit: Weihplatte aus Lagasch mit Göttin auf den Knien eines Gottes. Découvertes en Chaldée, Tafel 25, 5. 2 3

3

20

/· Überzeitliche

Bildgedanken,

den churrisch-mittelassyrischen Kreis des 2. Jahrtausends dürfen wir sein einstiges Vorhandensein nur annehmen, indem, wir Rückschlüsse ziehen aus seinem Wiederauftauchen in der Plastik der späteren syrisch-nordmesopotamischen Kleinfürstentümer und des spätassyrischen Reiches. Beispiele für den syrischen Kreis kennen wir aus Malatia (Tf. 37 b ) , Sendschirli und Karaburdschlu sowie im Stambuler Museum 1 ). Und schließlich ist es nicht schwer, in dem berühmten Bild des „Assurbanipal in der Gartenlaube" aus dem Oberstode seines Nordpalastes in Ninive eine üppigentwickelte Form des sogenannten Symposions als Kern der Darstellung wiederzuerkennen 2 ) (Abb. 6 0 ) . Audi demjenigen, der sich um den Sinn des Symposions nicht kümmert, müssen diese Beispiele aus sehr verschiedenen Zeiten und Gebieten zeigen, daß die Trinkszene, ebenso wie der Lebensbaumkomplex zu den „zeitlosen" Motiven zu zählen ist. Gehört sie etwa audi innerlich mit ihm und mit den Tierbezwingerszenen zusammen? Uber den inneren Zusammenhang wollen wir hier, noch vor jeder Deutung, nichts aussagen. Für eine Verbindung irgendwelcher Art aber sprechen folgende Beobachtungen: Schon auf dem bereits erwähnten bunten Gefäß aus dem Übergang zwischen Djemdet-Nasr- und Mesilimzeit (Abb. 32) steht die Symposionszene neben einer Tierbezwingerszene. Auf vielen Rollsiegeln der Ur I-Zeit mit doppelstreifigem Bild finden wir oben das Symposion, unten das Figurenband 3 ), und eine Weihplatte aus Susa 4 ) bringt, allerdings in äußerst verrotteter Ausführung, eine abgekürzte Trinkszene im oberen Bildfries, im unteren einen Kampf zwischen Held und Löwen (Tf. 16 b ) . Sogar ein so barbarisches Stüde wie das kleinasiatische Rollsiegel aus der Sammlung J. F. Dodd 5 ) verbindet eine Trinkszene mit einem Löwenkampf und setjt dazwischen einen Baum (Tf. 50 a). Aber auch in späteren Zeiten stehen Symposion und Kampfszene, hier allerdings ein Wagenkampf, zumindest äußerlich im Bilde nebeneinander auf dem obengenannten Orthostaten aus Malatia 6 ) (Tf. 37 b ) . Nach alledem sieht es so aus, als ob die Trinkszene wenigstens nicht einem ganz anderen Gedankenkomplex angehöre als etwa der Lebensbaum und der Bilderkreis des Tierbezwingers, vielmehr als ob ') Malatia: MVAeG V 1900, Tafel XVI = Moortgat, Bergvölker, Tafel L V I I I . — Sendschirli: Ausgrabungen in Sendschirli III, Tafel XXXVII links = Moortgat ebenda Tafel LX. — Karaburdschlu: Ausgrabungen in Sendschirli IV, Abb. 237 = Moortgat ebenda Tafel LXI. — Stambul Museum Nr. 7785 = Reali, d. Vorgeschichte VII, Tafel CLXIV f. V 2 ) Meißner-Opitj, Bît-Hilâni, Tafel XVII. 3 ) L. Delaporte, Cyl. orient, de la Bibl. Nat. Nr. 51. 4 ) Mèm. Dèi. en Perse, XIII, Tafel 40, 9. 5 ) O. Weber, Altoriental. Siegelbilder, AO 17/18, Nr. 418. 6 ) A. Moortgat, Bergvölker, Tafel LVIII.

e)

Tierkapelle

21

sie einer und derselben Gruppe von überzeitlichen Bildgedanken entstamme. Die Problemstellung wird dadurch einfacher, insofern die Frage der Uberzeitlichkeit für alle Motive die gleiche wird, wiederum aber verwickelter, weil wir die zahlreichen überzeitlichen Einzelmotive anscheinend als Einheit zu deuten haben werden. e)

Tierkapelle

Wenn dem so ist, dann werden wir noch ein weiteres allerdings viel selteneres Motiv hierherziehen müssen: die sogenannte Tierkapelle. Sie ist bisher nur spärlich zu belegen, und zwar bezeich-

nenderweise einerseits in der sumerischen Kunst, andererseits in dem nachchurrischen Kreis, d. h. in den beiden Perioden, in denen die „zeitlosen" Motive ihre Blüte erleben. Auf der mit Intarsien verzierten Stirnseite einer großen Leier aus dem Königsfriedhof in Ur vollführen Tiere eine Handlung, wie sie sonst bei der „Symposion"-Feier üblich ist 1 ) (Tf. 2 4 ) . Tiere oder in Tiere verkleidete Menschen benehmen siich wie die Diener und die Musikanten in der obenerwähnten Trinkszene. Musizierende Tiere finden wir auch auf einigen Abrollungen derselben Zeit aus Ur 2 ) (Abb. 3 4 ) und F a r a 3 ) . Auf eitler Siegelabrollung der Akkad-Zeit, die in Teil Asmar gefunden wurde, gibt es zwar keine Musikanten, aber hier sind' Löwe und Esel sogar die Hauptpersonen des Symposions! Sie trinken durch Saugrohre aus einem Mischkessel 4 ) (Abb. 3 5 ) . f)

Ur Excav. II, Tafel 105. L. Legrain, Ur Excavations III, Archaic Seal-impressions, Nr. 3 8 4 . a ) E. Heinrich, Fara, Tafel 65 d bis g. *) H. Frankfort, Cylinder Seals, Abb. 30.

2)

22

/. Überzeitliche

Bildgedanken

Nach einer großen Zeitlücke taucht das Motiv der sogenannten Tierkapelle wieder auf in dem Gebiet und der Periode, in denen wir audi die anderen überzeitlichen Bildgedanken ihre zweite Blüte nach dem sumerischen Zeitalter erleben sehen, in dem nach-churrischen Bereich der nordsyrisch-nordmesopotamischen Kleinfürstentümer. Zwei Orthostaten des Teil Halaf tragen eine Tierkapelle 1 ) (Tf. 47 ). Den Versuch, sie zu verstehen, können wir erst später, im Zusammenhang mit der ganzen, nun immer größer werdenden Gruppe von überzeitlichen Bildgedanken wagen.

Abb. 35

f) U m w a n d l u n g u n d E r w e i t e r u n g d e r M o t i v e a ) b i s d ) s e i t e t w a 1500 v. C h r . (Wagenjagd, Flügelsonne mit Trägern, Geflügelte Genien, Tiere und Misch wesen) Bevor wir uns an diese Hauptaufgabe begeben, ist es aber nötig, nodi auf einige schon dem Äußeren nach erkennbare Umwandlungen und Bereicherungen der bisher genannten Motive hinzuweisen, wie sie im churrisch-assyrischen Gebiet seit dem 2. Jahrtausend vorkommen. Sie lassen uns ahnen, daß audi der Sinn der Motive durch alle Jahrhunderte nicht unwandelbar der gleiche geblieben ist. Die auffälligste Neuerung bei dem Motiv des Lebensbaumes ist seine Verbindung mit der geflügelten Sonnenscheibe. Neu ist auch die Flankierung des Baumes durch zwei Sphingen oder zwei vogel- bzw. löwenköpfige Menschen, auch durch zwei rein menschliche Adoranten, die dann vielfach die Gestalt des Königs oder des nackten, sechslockigen Tierbezwingers der frühsumerischen Denkmäler zeigen. Unter der Flügelsonne kann der Baum auch wegfallen, und die nackten Männer oder Vogelmenschen können mit den Armen die Flügelsonne über dem Baum (oder auch ohne Baum) tragen. Als solch ein Sonnenträger tritt auch Μ. v. Oppenheim, Der Teil Halaf, S. 158 ff., Tafel 38.

f ) Umwandlung

und

Erweiterung

23

das uralte Mischwesen aus Mensch und Stier auf, der Bundesgenosse des nackten Tierbezwingers der Frühzeit 1 ). Der Baum selber wird einer natürlichen Pflanze immer unähnlicher, ist allmählich nur nodi das stilisierte Symbol eines Baumes. Wenn dennoch die Motive gelegentlich dem alten Lebensbaumgedanken fernzurücken scheinen, so ist der Zusammenhang doch schon rein formal durch einzelne Elemente, wie den Stier menschen, gewahrt. Alle diese Umwandlungen des Lebensbaum-Motivs im churrischassyrischen Gebiet wird jeder erkennen, der etwa die Darstellung der

Abb. 36

Flügelsonne mit allen Nebenelementen auf dem Siegel des mitannischen Königs Saussatar 2 ) (Tf. 37 b) vergleicht mit verwandten Bildern auf einem Siegel des Eriba-Adad 3 ) (Abb. 36), einem Relief des assyrischen Königs Assurnasirpal aus Nimrud (Kalach) 4 ) (Tf. 54), sowie auf Orthostaten vom Teil Halaf 5 ) (Tf.39a) und aus Saktschegözü") (Tf.50b). Ebenso wie das Motiv des heiligen Baumes nimmt auch der Kampf des Helden gegen das feindliche, wilde Tier im churrisch-assyrischen Gebiet eine wesentlich andere Form an als beim Tierbezwinger der alten Zeit. Eine der wichtigsten Formen dieses Gedankens ist nunmehr d e r K a m p f zu W a g e n . Im churrisch-assyrischen Kreis des 2. und 1. Jahrtausends ist er häufig mit dem Palmettbaum unter der Flügelsonne und gelegentlich auch mit der Trinkszene verbunden. Wenn ihm auch ein Vorbild in der sumerischen Zeit (Standarte aus Ur Tf. 36) vor') a) Rollsiegel, Bibl. Nat., Nr. 435; Sammig. Southesk, Nr. Qd 5; VA 2707 ( = Weber Nr. 483); Louvre, Tafel 96, 14 und A 951 ( = Tafel 97); VA 4241 = VR 568. b) Orthostat vom Teil Halaf: von Oppenheim, a.a.O., Tafel 8. 2 ) Saussatar-Siegel: Götje, Hethiter, Churriter und Assyrer, Tafel 49 und Starr, Nuzi, Tafel 118, I. 3 ) O.Weber, AO 17/18, Abb. 316 a. 4 ) E. A. W. Budge, Assyrian Sculptures in the British Museum, Tafel XI (Baum und zwei Könige und zwei Genien). 5 ) S. o. Anm. 1 b. 6 ) Saktschegözü-Orthostat, AAA I, Tafel 41, Abb. 2.

I. Überzeitliche

24

Bildgedanken

angegangen sein mag, so bleibt er doch ein Charakteristikum des nordmesopotamisch-nordsyrischen Bereiches.

Auch ist der W a g e n nicht mehr

der vierrädrige, von Maultieren gezogene, sondern der pferdebespannte, schnelle,

zweirädrige

Kampfwagen1).

Das

Motiv

des

Wagenkampfes

reicht von R a s Schamra nach Ninive, zeitlich von der Mitte des 2 . Jahrtausends bis zu den Achämeniden.

Aber

noch

eine

zweite Art

des

Abb. 38

Kampfes gegen das wilde T i e r hat einen für das

churrisdi-assyrische

Gebiet bezeichnenden Bildgedanken abgegeben: der stehende oder knieende Bogenschütze, der rpitten im Jagdrevier Mischwesen zielt.

Wir

finden

tausends auf syrischen Siegeln 2 ) der Zeit des Tukulti-Ninurta 3 )

auf

wildes Getier

ihn in der zweiten Hälfte des 2 . (Abb. 3 7 ) (Abb. 3 8 ) .

und auf Abrollungen

aus

Auf

das

den letzteren

Motiv schon ebenso abgekürzt wie im 1. Jahrtausend auf staten in Sendschirli 4 ) und auf dem Teil H a l a f 5 )

) 3) 4) 5) 2

Vgl. OLZ 1930, S. 841 ff. L. Delaporte, Louvre, Tafel 97, 23. ZA, Neue Folge 13, S. 58 ff., Abb. 11 ff. A. Moortgat, Bergvölker, Tafel 37, 1 und 2. Μ. v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Tafel 8 a.

und Jahr-

ist

Wandortho-

( T f . 3 9 b ) , sowie auf

i ) Umwandlung

und

Erweiterung

25

vielen assyrischen Rollsiegeln der Spätzeit 1 ) (Abb. 39), wo es nur nodi aus einem Bogenschütjen und einem gejagten Tier (oder Mischwesen) besteht. Dagegen erreichen beide Motive, die Wagenjagd und der Bogenschütje als Jäger ihre reichste und formal höchste Entwicklung in den Reliefs im Nordpalast Assurbanipals in Ninive 2 ). Diese geschichtliche Überschau nach rein ikonographischen Gesichtspunkten, zunächst ohne den Versuch einer inhaltlichen Deutung, hat uns das Dasein einer großen Anzahl von überzeitlichen Bildthemen erwiesen, die den Stoff für einen übergroßen Teil der altorientalischen Kunst geliefert haben. Warum bleiben diese Bildgedanken, abgesehen von begreiflichen organischen Weiterbildungen, in ihren Grundzügen konstant durch alle Zeiten und trot} allem völkischen Wechsel der altvorderasiatischen Geschichte? Warum ziehen sie sich wie ein roter Faden durch die Bildkunst des Alten Orients, während neben ihnen die anderen Bildthemen dem Wandel der Zeiten und Menschen folgen? Wir sahen, wie öfters mehrere der zeitlosen Motive auf einem Denkmal kombiniert werden. Auf der rotschwarzen Vase aus Teil Asmar (Abb. 32) finden wir schon während des Überganges von der Djemdet Nasr- zur Mesilimzeit mehrere Felder mit einer Trinkszene, einem Tierbezwinger, einem Wagen, einem Lebensbaum verziert. Gehören diese zeitlosen Motive hier etwa auch inhaltlich zusammen? Bleibt ihr Sinn auf völlig verschiedenen Bildwerken im Wesentlichen konstant durch die Jahrhunderte? Oder entspricht vielleicht sogar ihrer formalen Abwandlung eine innere sinnvolle Entwicklung? Warum spricht keine Beischrift von ihrer Bedeutung, wie es bei vielen der zeitgebundenen Motive der Fall ist? Warum stehen sie in manchen Epochen und Gegenden übergroß an der Zahl im Vordergrund aller Bildkunst und führen wiederum zu anderen Zeiten nur ein spärliches, gleichsam unterirdisches Dasein? Wo tauchen unsere zeitlosen Motive zum ersten Mal auf? Wie sehen sie damals aus? Welche Themata, die später wegfallen oder von anderen erseht werden, hängen mit ihnen zusammen? Alle diese, sich von selber aufdrängenden Fragen, werden nur eine Antwort finden, wenn es gelingt, irgendwo einmal den Sinn einer Trinkszene, eines Wagenkampfes, eines Lebensbaumes mit Sicherheit zu erfassen, sie alle als zusammengehörige oder disparate Glieder eines höheren geistigen Gebildes, vielleicht sogar als Elemente einer eigenen Weltanschauung zu erkennen. *) VR, Nr. 624, 625, 627, 639 bis 641, 689 bis 698. ) Meißner-Opit;, Bît-Hilâni, Tafel 3.

2

26

/. Überzeitliche

Bildgedanken

Um diesen Schlüssel zu gewinnen, müssen wir alle großen Abschnitte der alt vorderasiatischen Bildkunst durchgehen auf unsere zeitlosen Motive hin, deren Zusammenhänge mit anderen Bildgedanken beobachten, Erweiterungen, Schrumpfungen und Wandlungen des Motivkreises verfolgen und mit Hilfe aller, audi literarischer Mittel, versuchen, eine gesicherte Deutung zu erreichen.

II. S U M E R E R T U M A. B i l d k u n s t

UND

als Spiegel

TAMMUZ-GLAUBE desTammuz-Mythus

(Frühgeschichte) 1. D e r k ö n i g l i c h e

Hirte

Sieht man sich unter den Denkmälern der vorderasiatischen Vorgeschichte, des sogenannten Chalkolithikums, nach etwaigen Vorstufen zu den eingangs zusammengestellten „zeitlosen" Motiven um, so ist das Ergebnis so gut wie völlig negativ. Unter den zahllosen figürlichen Darstellungen der drei großen Gruppen vorgeschichtlicher bemalter Keramik des Teil Halaf-, des Samarra- und des Iran-Kreises findet sich zwar gelegentlich eine Pflanze zwischen zwei Vögeln oder etwas, was man so deuten könnte 1 ), dodi trägt der Bildervorrat der prähistorischen Buntkeramik im Allgemeinen eine viel zu eigne Prägung, als daß er sich mit der Welt unserer zeitlosen Motive in Verbindung bringen ließe. Während die iranische Buntkeramik aus Persepolis, Tepe Hissar, Sialk und Susa ebensowenig wie die Keramik des Samarra-Kreises, einen Keim zur späteren, vorderasiatischen Bildkunst zu erkennen gibt, besteht zwischen der Tel HalafKultur mit ihrer Vorliebe für den Stier, das Bukranion und die nackte Muttergottheit 2 ) und der sumerischen Hochkultur der Frühgeschichte (Uruk IV- und Djemdet-Nasr-Zeit) mit ihrer Betonung der Haustierwelt und des Inninglaubens eine Verwandtschaft wie sie zwei Bauernkulturen mit einem Kult der Muttergottheit eigen sein muß. Im Einzelnen jedoch sind auch hier keine engeren Beziehungen mehr zu erkennen. Eine auffällige Übereinstimmung besteht zwar zwischen dem Kopfschmuck vieler vorgeschichtlicher Terrakottafiguren der Obed-Kultur und einem steinernen Kopf der Djemdet-Nasr-Zeit aus Teil Brak 3 ), doch sucht man auch in der Vorgeschichte des s ü d 1 i c h ei η Zweistromlandes vergeblich nach Vorläufern für die oben aufgeführten Dauermotive der altorientalischen Kunst. Auch die Glyptik, mehr noch als die Buntkeramik, die älteste Trägerin einer Bildkunst im Alten Orient, hat in vorgeschichtlicher Zeit kein geschnittenes Bild aufzuweisen, das als früheste Stufe eines unserer zeit') E. Herzfeld, Die vorgeschichtliche Töpferei von Samarra, Tafel 37, 2. ) Μ. v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Bd. I, Die vorgeschichltiche Keramik von H. Schmidt, Berlin 1945. 3 ) A. Moortgat, Entstehung der sumerischen Hochkultur, AO 43, 1945, S. 90. ä

28

11. Sumerertum

und

Τammuz-Glaube

losen Motive gelten könnte. Ihr ganzes Bildrepertorium entstammt, hinab bis an die Grenze der Frühgeschichte, der Welt des Jägers. Es kennt lediglieli die Jagd auf wildes Getier sowie Szenen aus dem Leben der Jagdtiere 1 ). So tief der Einschnitt zwischen Vorgeschichte und Frühgeschichte auch sein möge in der Uruk IV-Zeit — man denke nur an die Entwicklung der Tempelstadt mit all ihren kulturellen Folgen 2 ) — so läuft zunächst in der Bildkunst, wenigstens auf den allein erhaltenen Rollsiegeln und den zugehörigen Siegelabrollungen, doch der Bilderschatj des vorgeschichtlichen Jägertum-s weiter 3 ). Umso auffälliger ist es, wenn in dem zweiten Abschnitt der vorderasiatischen Frühgeschichte, der sogenannten Djemdet-Nasr-Zeit, am Anfang des dritten vorchristlichen Jahrtausends, mit einem Male die wichtigsten der sogenannten zeitlosen Motive in der Glyptik sowohl wie in der Plastik auftaudien: der Lebensbaum mit zwei Schafen oder Ziegen, der Tierbezwinger als Löwenüberwinder und Rinderbesdiü^er, der Kampf zwischen Löwe und Rind. Jeder, der weiß, wie Bildmotive sich im Laufe der Geschichte verschleifen, und gewissermaßen zu einer abgekürzten Kursivschrift werden können, wird gerade ihr Anfangsstadium, in dem nodi viele Einzelheiten lebendig sind, die später absterben oder sich umformen, für geeignet halten zu einer Deutung aus dem Bilde selbst. Sammelt man sorgfältig das gesamte Bildmaterial an Denkmälern der Djemdet-Nasr-Zeit, vor allem an plastisch verzierten Kultgefäßen aus Stein und auf Rollsiegeln, so bekommt man rasch den Eindruck eines völlig geschlossenen Gedankenkreises, innerhalb dessen die vorhin erwähnten zeitlosen Motive zwar einen wichtigen aber doch nur beschränkten Platj einnehmen. Vor allem aber sind die zeitlosen Motive „Lebensbaum zwisdien zwei Tieren", „Tierbezwinger zwischen zwei Rindern oder zwei Löwen", „Löwe und Stier im Kampf" noch nicht durchweg zu abstrakten kultischen Symbolen erstarrt, die nur noch dem Eingeweihten ihren Sinn verraten, vielmehr sind sie erst im Begriff, sich aus einem weiteren Kreis von erzählenden, noch mythischen Motiven herauszubilden. Ihre Bildersprache ist großenteils noch jedem ohne weiteres verständlich 4 ). a. a. O., S. 42 f., 52, 57 f. ) a. a. O., S. 59 bis 73. 3 ) a. a. O., S. 70 bis 71. 4 ) Die in diesem Abschnitt A. Die Bildkunst als Spiegel des Tammuz-Mythus, vorgebrachten Gedanken habe idi bereits ausführlicher dargelegt in einer früheren Arbeit „Die Entstehung der sumerischen Hochkultur" = AO Bd. 43, S. 81 ff. Sie können deshalb hier in Kürze behandelt werden. 2

Α. 1. Der königliche

Η irte

29

So ist das Motiv des L e b e n s b a u m e s zwischen zwei Schafen oder Ziegen in der Djemdet-Naer-Zeit noch gerade als formelhafte Abkürzung eines ausführlicheren Bildthemas zu erkennen. Die Schafe, die auf einem Siegel der Sammlung Newell 1 ) (Tf. l a ) in spiegelbildlicher Anordnung rechts und links einem stilisierten Pflanzengebilde zugewendet stehen, die Köpfe in der Nähe der beiden achtblättrigen Rosettenblüten, bieten eins der frühesten Beispiele dieses nahezu unvergänglichen symbolischen Zeichens. Was es aber für eine Bewandtnis mit diesen Schalen und den rosettengeschmückten Zweigen hat, geht wenigstens teilweise aus der Darstellung auf zwei weiteren Rollsiegeln im Britischen und im Bagdader Museum 2 ) hervor (Tf. 1 b u. c). Auf dem Siegel im Britischen Museum (Tf. 1 b) bekommen zwei ganz gleiche Schafe je einen rosettenbeseiten Zweig hingereicht von einem Manne, der mit einem merkwürdigen, durchsichtigen, aus einem weitmaschigen, neuartigen Stoff gefertigten Rode bekleidet ist. Er trägt die Haartracht und die Kopfbinde, die beide in dieser Zeit für einen König bezeichnend sind Keine Frage, ein königlicher Hirte füttert in feierlicher Weise zwei Schafe. Die Schafe sind aber auch noch näher bestimmt: .zwischen ihnen und zwei weiteren herbeikommenden Schafen stehen zwei Standarten, vielleicht zwei schlanke Bündel aus dem Schilf, wie er heute noch in den Euphrat- und Tigrissümpfen wächst, an der Spitje volutenartig eingerollt und mit einem herabhängenden Wimpel versehen. Wir können diese Standarte jedenfalls durch einen glücklichen Zufall mit Sicherheit als das Zeichen der großen Muttergöttin Inanna (Ischtar) von Uruk deuten, weil es in der Keilschrift als Zeichen für Ischtar übernommen worden ist 3 ). Es wird also in dem Bilde gezeigt, wie ein König als Hirte die Schafe der Göttin Inanna füttert. Auf dem zweiten Siegel in Bagdad, das in Uruk selbst ausgegraben wurde (Tf. 1 c), wird dieselbe Handlung mit zwei Rindern vorgenommen. Sie bekommen eine Gerstenähre dargereicht. Eine zweite Ähre steht noch in der Erde. Der Hirt ist hier von einem Diener in kurzem Rock begleitet. Wenn auch den beiden legten Darstellungen deutlich anzusehen ist, daß es sich nicht um die Wiedergabe eines alltäglichen Erlebnisses aus dem Hirtenleben handelt, so erscheint der gleiche Bildgedanke dodi erst bei einem weiteren Rollsiegel, diesmal in der Berliner Sammlung 4 ) (Tf. 2 b) Η. H. von der Osten, Ancient oriental Seals in the collection Newell. Nr. 690. ) E. Heinrich, Ausgrabungen in Uruk-Warka. Kleinfunde aus den archaischen Tempelschichten, Tafel 17, c bzw. b. 3 ) A. Deimel, Orientalia 15 (1925) S. 43; ders., Liste der archaischen Keilsdiriftzeichen von Fara, Nr. 462. 4 ) VA 10 537 = A. Moortgat, Vorderasiatische Rollsiegel, Nr. 29. 2

30

11. Sumerertum

und

Tammuz-Glaube

zu einer mythischen Idee überhöht durch die wirklichkeitsfremde, abstrakte Bildgliederung. Derselbe König steht mit dem Oberkörper in Vorderansicht, in beiden Händen zwei große, mit mehreren achtblättrigen Rosetlen beseite Zweige. Zusammen mit zwei anspringenden Mähnenschafen, die ebenso wie die Zweige sich im Spiegelbild entsprechen, schließt sich das Ganze zu einer symmetrisch wappenartigen Komposition zusammen, die sicher nichts mit der erzählenden Wiedergabe einer noch so feierlichen Begebenheit zu tun hat. Es muß sich um den Mythus eines einzigartigen Hirten handeln, der die Schafe der Innin pflegt und füttert, um einen königlichen Hirten, der zugleich so eng mit der Welt der Pflanzen verwachsen ist, daß er im Bilde durch sie vertreten werden kann, wie ζ. B. auf dem Siegel in der Sammlung Newell (Tf. l a ) Die engste Nähe zur Muttergöttin ist audi auf dem Berliner Siegel'(Tf. 2 b ) deutlich zum Ausdruck gebracht durch die Nebenszene: ein Lamm und zwei große Fußbecher werden eingerahmt von zwei sogenannten Schilfbündeln, den Zeichen der Innin. Wer der mythische Hirte ist, der im Mittelpunkt dieses Bildgedankenkreises steht, kann keinem Zweifel mehr unterliegen, wenn wir in spätsumerischen Liedern der Isin/Larsa-Zedt, von einem Hirten, Herrn der Hirtenwohnung, Herrn der Viehhürde, hören, dem Gottmenschen und König von Uruk Dumuzi (später Tammuz genannt), der auch im Gilgameschepos als Jugendgeliebter der Innin genannt wird 1 ). Er ist der sumerische Prototyp aller vorderasiatischen Vegetationsgötter, die Personifizierung des Naturlebens, das im Sommer dahinstirbt, um im Frühjahr wieder zu erstehen 2 ). Tod und Auferstehung des Gottmenschen werden von Innin und ihrer Schwester Gestinanna, „dem himmlischen Weinstock", mit Klage- und Freudegesängen begleitet. Er ist zusammen mit der religionsgeschichtlich wahrscheinlich älteren Muttergöttin Innin, dem Prinzip des Löbens überhaupt, der Hauptträger des sumerischen chthonischen Glaubens an einen Kreislauf von Leben und Tod. In der entscheidenden Periode der sumerischen Frühgeschichte, in der die Grundlagen der ersten Hochkultur Vorderasiens gelegt werden, bildet er den Mittelpunkt aller Bildkunst 3 ). Nahezu sämtliche Bilddenkmäler der Djemdet Nasr-Zeit hängen mit dem Innin-Tammuz-Mythus zusammen. So steht denn auch das Motiv der Herdenfütterung, in freier wie in gebundener Form, in dieser Periode nicht, wie später in der Kunst Vorderasiens, gesondert, sondern in einem Kreise vieler verwandter Motive aus dem Leben der heiligen Herden. Zahllos sind die Bilder der 1 ) H. Zimmern, Sumerisch-babylonische Tamuz-Lieder. Ber. d. Königl. Sachs. Ges. d. Wissensch. Juli 1907. — A. Schott, Das Gilgamesch-Epos, 6. Tafel Zeile 46. 2 ) H. Zimmern, Der babylonische Gott Tamuz. Abhandlungen d. Königl. Sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1909. 3 ) Zusammenfassend A. Moortgat, Entstehung der sumerischen Hochkultur, S. 81.

Α. 1. Der königliche

Η irte

31

Hürden oder des· Viehhofes, als dessen Herr Tammuz bezeichnet wird 1 ) (Tf. 3 ). Im Rund- und Reliefbild begegnen uns auf Schritt und Tritt Bilder von Haustieren, Rind und Schaf mit oder ohne das Symbol der Göttin Innin, mit oder ohne Ähre, die ihnen Tammuz in den Füterungsszenen darreicht (Tf. 2 a). Die eigenartige, sonst nirgends mehr wiederkehrende Tracht dieses königlichen Hirten, der lange Ne^rock und die Kopfbinde mit Nackenschöpf und Bart, gibt uns das beste Mittel an die Hand, den Bildgedankenkreis des „Lebensbaumes" mit zwei Tieren zu erweitern. Derselbe Fürst im gleichen Netjrock, der auf Tf. 2 b den „Lebensbaum" in Händen hält, tritt auch als Hauptperson in mehreren anderen kultischen Szenen auf, die deutlich mit der Göttin Innin in Verbindung stehen. Zwei Denkmäler, ein Rollsiegel in Dresden 2 ) und ein großes Alabastergefäß aus Uruk 3 ) ergänzen sich in glücklicher Weise in ihren im wesentlichen gleichen Darstellungen (Tf. 4 a und 4 b u. 5 ). Auf dem Siegel (Tf. 4 a) ist das Heiligtum der Innin, das bereits mit Körben und großen Gefäßen voll Gaben besetjt ist, durch zwei „Schilfbündel-Standarten" symbolisiert. Der Mann im Netjrock, gefolgt von dem Diener im kurzen Rode, der ihm auch bei der Fütterung der Rinder behilflich ist (Tf. l c ) , bringt eigenhändig ein großes Gefäß in Tierform herbei. Daß es sich um ein bedeutsames kultisches Fest handelt, geht aus dem viel ausführlicheren, dreistreifigen Relief auf dem großen Alabastergefäß (Tf. 4 b u. 5) hervor. Der Hauptstreifen, der oberste, ist zwar stark zerstört, aber da noch ein kleiner Teil des Net^rockes über dem linken Fuß des sonst weggebrochenen Fürsten erhalten ist, läßt sich die Hauptszene sofort als eine leicht erweiterte Variante des Dresdener Siegels erkennen. Vor den Inninstandarten steht hier die Göttin selber, in menschlicher Gestalt, mit eng anliegendem Mantel bekleidet, die Hörnerkrone auf dem Haupt. Sie empfängt den gabenbringenden Fürsten, dem ein nackter Diener voranschreitet, während der erste Diener im kurzen Rock ihm ein dickes Stoffbündel nachträgt. Hinter den Schilfbündeln steht eine Art von Stufenaltar mit kleinerem Schilfbündel und zwei menschlichen Gestalten, alles auf einem hohen Sockel in Form zweier Schafe. Der mittlere Bildstreifen besteht lediglich aus einer Reihe nackter Männer, die weitere Gefäße mit Früchten und Getränken herbeibringen. Der dritte, unterste Streifen ist in sich wieder dreigeteilt und besteht aus einer Reihe Schafe 1 ) Z.B. Wanne in Berlin und London: W. Andrae, Amtl. Ber. der Beri. Museen. Bd. 51, 1930, S. 2, Abb. 1 und 22. — Steinschale aus Chafadschi ILN 14. 9. 193a S. 430, Abb. 9. — Rollsiegel VA 612 = VR 6. 2 ) Heidenreich, ZA Neue Folge 7, S. 200. 3 ) E. Heinrich, Kleinfunde aus Uruk, Tafel 38.

32

II. Sumerertum

und

Tammuz-Glaube

über einer Reihe Ähren, die mit jungen Palmen ( ? ) abwechseln, und diese schließlich wieder über einem Wasserstreifen, dem Sinnbild des Urelements des Lebens, dem Abzu des Gottes Ea, des Vaters des Tarnmuz. In seiner Jugend liegt dieser im Wasser, heißt es in den Tammuzliedern und als Jüngling verbirgt er sich im Getreide. Die nackten Hirten tragen die. Früchte des Feldes und führen die Herdentiere herbei, um sie im Gefolge des Gottmenschen der großen Mutter darzubringen. So haben wir es denn bei diesem ausführlichen Relief so gut wie sicher mit der Wiedergabe des uns aus Texten 1 ) bekannten Neujahrs- und Frühlingsfestes zu tun, der Hochzeitsfeier der Innin und des aus der Unterwelt, dem Totenreich wiedererstandenen Tammuz, einem in Vorderasien in vielen Varianten wiederkehrenden kultischen Symbol für die kosmische Erneuerung. Auf dem Alabastergefäß aus der Frühgeschichte können wir die sumerische Urform dieses religiösen Gedankens, wie er in Uruk, der Stadt der großen Muttergöttin, zuhause war, fassen. Hier, und zwar nur hier, ist die erzählende Bildersprache der noch sehr wirklichkeitsnahen Motive deutlich genug, um allein schon mit archäologischen Mitteln sowie mit Hilfe des späteren Keilschriftzeichens der Innin und der Tammuzlieder eine gesicherte Interpretierung zu ermöglichen. Der Kreis der Bildgedanken zieht sich aber noch weiter um den Mann im Netjrock. Auf einem schönen Rollsiegel der Sammlung Newell 2 ) trägt er als opfernder Priester einen getöteten und gehäuteten Löwen herbei und tritt zusammen mit einem Ministranten zu einem Tempel; auf einem anderen wieder 3 ) ist er die Hauptperson bei einer kultischen Fahrt in einem Boot, das außerdem noch eine Art Truhe und einen Stufenaltar mit Schilfbündel mitführt. Alle diese Bildgedanken, die sich in der sumerischen Frühgeschichte zu einem sinnvollen Ganzen um die Person des als Tammuz erkannten Mannes im Netjrock zusammenschließen, lassen das zeitlose Motiv des Baumes zwischen zwei Haustieren hier lediglich als ein Glied in einer langer Kette von Gedanken erkennen. Diese alle werden im Laufe der späteren Jahrhunderte wegfallen, der „Lebensbaum" aber wird sie gewissermaßen als pars pro toto vertreten. Der „Lebensbaum" erhält dann die Funktion, die in der christlichen Symbolik etwa das Kruzifix erfüllt, oder besser noch das Kreuz schlechthin, in dem für den Gläubigen alle Begebenheiten der Passion sinnbildlich zusammengefaßt sind. *) Zusammenfassend behandelt von S. A. Pallis, The Babylonian akîtu Festival. Kopenhagen 1926. -) H. H. von der Osten, Oriental Seals in the Collection Newell, Nr. 669. 3

) E. Heinrich, Kleinfunde aus Uruk, Tafel 17 a. — VR 30.

Α. 2. Herdenbeschüger

und

Löwenbezwinger

33

2. D e r h e l d i s c h e H e r d e n b e s c h ü t z e r und Löwenbezwinger Bei der vorstehenden Betrachtung hat sich herausgestellt, daß das Motiv des „Lebensbaumes" einem Kreis entstammt, der sich um einen mythischen Hirten, einen Heger und Pfleger der Haustiere, gebildet hat. Dadurch erweist sich der Lebensbaum als von vornherein gedanklich verknüpft mit den weiteren zeitlosen Motiven des Tierbezwingers und des Kampfes zwischen Stier und Löwe. Die für alle Jahrhunderte gültige wappenartig abstrakte Form des Tierbezwingermotives begegnet uns denn auch schon in der Djemdet-Nasr-Zeit selbst. Das Fragment eines reich skulpierten Kultgefäßes im Britischen Museum 1 ) (Tf. 6 b) läßt uns einen nackten, nur mit Gürtel angetanen Helden mit starkem Bart- und Haarwuchs erkennen, der in Vorderansicht gesehen, mit beiden Armen je ein Rind schulend umarmt. Ein Bruchstück aus den Grabungen in Teil Agrab dagegen bietet das passende Seitenmotiv des Löwenbändigers dazu in gleicher symmetrischer Anordnung 2 ) (Tf. 7 b). Derselbe nackte Held hat mit jeder Hand einen Löwen beim Schwanz gepackt, der seinerseits jeweils einem Rind die Krallen in den Rücken schlägt. Ein formales Prinzip des späteren sogenannten Figurenbandes, die Verdopplung aus Symmetriegründen, ist hier bereits voll angewandt. Während aber in späteren Zeiten das Motiv des Tierbezwingers so gut wie nur noch in Wappenform vorkommt, steht in der Frühgeschichte neben der symbolischen Gestalt des Gedankens außerdem noch die mythisch-erzählende, die der Wirklichkeit der Begebenheit näher kommt, und deshalb audi leichter verständlich ist. So ist auf einem Rollsiegel der Sammlung Newell 3 ) (Abb. 12) deutlich zu erkennen, worum es bei der Idee des Tierbezwingers geht; eine kalbende Kuh wird in ihrer wehrlosen Lage von einem Löwen angegriffen. Um sie zu retten, stürzt ein nackter Hirte herbei, bereit, dem Löwen mit beiden Händen eine Lanze ins Herz zu bohren. Wie das geheiligte Herden- und Haustier vor den Angriffen des Wildtieres, wie der Lebenspender vor dem zerstörerischen Dämon von einem Hirten gerettet, in einem besonderen Fall gerettet wird, ist der Inhalt der bildlichen Erzählung. Iii den vorher erwähnten Darstellungen hatte der gleiche Gedanke des Schuhes heiliger Herdentiere vor dem Raubtier die Form einer abstrakten Idee angenommen. Hier Erzählung einer mythischen Einzelbegebenheit, dort religiöses Symbol. Dem Löwenbezwinger steht der Rinderbeschü^er zur Seite und auch für diesen Gedanken, den wir schon in Wappenform an 2 3

R. Hall, Ars Asiatica XI, Tafel II, 3. ) ILN 12. 9. 1936, S. 134, Abb. 16. ) Newell Nr. 695.

Μo o r t £ a t

lanimiiz

34

II. Sumerertum

und

Τammuz-Glaube

dem Steingefäß im Britischen Museum (Tf. 6 b) kennen lernten, b e s t e n wir zufällig das erzählende Gegenstück in einem leider unveröffentlichten Rollsiegel desselben Museums 1 ). Zwei nádete Männer bezwingen einen Stier. Der eine hat sich an den Hals des Tieres gehängt und dessen Hörner gepackt, während der zweite ihm ein Seil um die Stirn schlingt, um es zu bändigen. Wer ist der Hirte, der nackte gegürtete Held mit wallendem Bart und Haar, der die Löwen tötet, um die Rinder zu schüfen? Muß sich nicht der Gedanke von selber aufdrängen, daß er derselbe ist, den wir im Netjrock die Herde füttern sahen, derselbe „Herr der Hürden und des Viehhoies", den wir aus den kultliedern späterer Zeit als Geliebten der Innin kennen? Wird er dodi in den gleichen Liedern der Held, der Kraftvolle, der Mannhafte genannt 2 ). Und was uns zu seiner bildlichen Identifikation in der Frühgeschichte fehlt, ein sicherer Hinweis auf seine enge Verbindung mit der Göttin Innin, etwa wie es mit dem Schilfbündel für den Mann im Ne^rock der Fall ist, dieser Hinweis wird uns von einem späteren, akkadiech-neusumerischen Rollsiegel nachgeliefert: Auf dem Berliner Stück VA 36 05 3 ) (Tf. 6 a) erschlägt derselbe nádete Held mit der Kampfaxt einen Löwen, den die Innin (Ischtar), erkenntlich an ihren Schultersymbolen, beim Schwänze gepackt hat, um ihrem Schübling und Geliebten zu Hilfe zu kommen 4 ). Es kann demnach kaum ein Zweifel daran bestehen, daß wir es bei dem Mann im ¡Xeljiock und dem nackten Tierbezwinger mit zwei Aspekten derselben mythischen Gestalt, des sagenhaften Königs von Uruk, des Gottmenschen Tammuz, des Geliebten der großen Mutlergottheit Innin, zu tun haben. In der Frühgeschichte Sumers scheint er noch ganz frei im Vordergrund des öffentlichen kultischen Lebens zu stehen und demnach auch die noch teilweise sehr verständlich erzählende Bildkunst zu beherrschen. Ihm haftet noch nicht der stark geheimnisvolle Charakter an, wie es in späteren cbthonischen Mysterienglauben der Fall zu sein pflegt. Nahezu alles, was wir aus der Frühgeschichte der Sumerer, vor allem aus ihrem damaligen Zentrum Uruk, an Bildwerk besitzen mit seinen zahllosen Herden- und Hürdenszenen, mit seiner großen thematischen Gruppe um den Mann im Netjrock und den Tierbezwinger berichtet in offener, teilweise noch der Wirklichkeit naher Form von den ') Mir aus einer Photographie bekannt, die mir Dr. C. J. Gadd im Jahre 1938 freundlicherweise zur Verfügung stellte. 2 ) H. Zimmern, Der babylonische Gott Tamuz, S. 9 Nr. 9. 3 ) VR 243. 4 ) Bei dieser Szene wird es besonders klar, daß die Deutung des nackten Helden als Gilgamesch sinnlos ist, wo doch Innin-Ischtar die große Feindin des Gilgamesch ist.

Β. Bildkunst

und Tammuz

Kult

35

Kämpfen des Gottmenschen für die lebenspendenden Haustiere gegen den todbringenden Dämon, den Löwen, von seiner Pflege der Herdentiere und seiner Teilnahme am Kult der Innin, der großen Göttin des Lebens. Im überwiegenden Teil aller Darstellungen ist er der Hauptträger der mythischen Geschehnisse und Taten, wird nebenbei aber auch bereits in der Form des Lebensbaumes oder des Tierbezwingers zum abstrakten Symbol des Kreislaufes von Leben und Tod. Während die spätere Bildkunst Vorderasiens die mythisch-epischen Motive der sumerischen Frühgeschichte um den Mann im Netjrock fallen läßt, werden die nur dem Eingeweihten durchsichtigen abgekürzt-abstrakten Bildformeln zu den wichtigsten zeitlosen Motiven der kommenden Perioden. So geben uns durch einen besonders glücklichen Zufall die noch wirklichkeitsgetreuen, leichtfaßbaren mythisch-erzählenden Motive der Djemdet Nasr-Zeit ein Mittel an die Hand, den Sinn ihrer dem Laien nur schwer oder gar nicht verständlichen abstrakt-symbolischen Gegenstücke zu erschließen.

B. D i e

Bildkunst

als

Spiegel

des

Tammuz-Kultes

(Mesilimzeit) Nur selten in der Geschichte ist ein so völliger innerer und äußerer Umbruch zu beobachten, wie in der ersten Hälfte des dritten vorchristlichen Jahrausends zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Zeit 1 ). Erst nach einer Übergangsperiode, in der um das Neue gerungen wird, findet die sumerische Welt wieder eine eigne Auedrucksform. Doch soll uns hier weniger die Formsprache als vielmehr der Wandel des Gedankenbestandes, des Motivenkreises der Bildkunst beschäftigen. Wir konnten im vorhergehenden Abschnitt feststellen, wie die ganze Bilderwelt der sumerischen Frühgeschichte sich um die mythische Gestalt des Gottmenschen Tammuz zusammenfindet, und zwar in ihrem doppelten Aspekt des guten Hirten (Mann im Netjrock) und des Tierbezwingers (nackter Held), wobei der eine Aspekt seinen bezeichnenden Ausdruck in der Darstellung der Begegnung zwischen Innin und Tammuz mit Gefolge findet, der zweite dagegen in der wappenartigen Komposition des nackten Helden zwischen zwei Stieren oder Löwen. In der Mesilimzeit ist nicht nur die Ausdrucksform in der Bildkunst, der Stil ein anderer geworden, abgesehen vom weiterlebenden Rollsiegel ist auch der bedeutsamste Bildträger, die wichtigste Denkmälergattung ') Valentin Müller, Journal Amer. Orient. Soc., Bd. 58, S. 142 ff. — vgl. A. Moortgat, Frühe Bildkunst in Sumer (MVAeG., Bd. 40,3), S. 24 ff. und Vorderasiatische Rollsiegel, S. 8 f. 4'

36

II. Sumerertum

und

Tammuz-Glaube

neu: Nicht mehr reliefgeschmückte Kultgefäße aus Stein sind die bestimmende Gattung, sondern eine Gruppe von annähernd quadratischen Steinplatten. Sie weisen in ihrer Mitte durchweg ein großes Lodi auf,, das mit ihrer noch nicht geklärten Verwendung zusammenhängen muß. Sie sind meist mit drei Streifen Reliefs verziert. Noch bevor wir aber zu ihrer Behandlung übergehen, betrachten wir ein seltenes Stück der Übergangszeit zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Zeit, ein allerdings nur bruchstückhaft erhaltenes, großes Tongefäß aus Chafadschi 1 ) (Tf. 7 a u. Abb. 32), bemalt mit mehreren Szenen, die ein kleines Kompendium, inhaltlich und formal, der Bildkunst der Mesilimzeit darstellen, in ihrer Technik dagegen an die schwarzrote Bemalung der Djemdet Nasr-Keramik erinnern. Typisch für diese Zeit ist auch die Form des Gefäßes selber mit seinem scharfen Schulterknick. Das gemalte Bildwerk zieht sich: um den ganzen Körper des Gefäßes herum zwischen Schulterknick und Standring und zerfällt in mehrere Fächer, die sorgfältig durch Rahmen voneinander getrennt sind. Die auffälligste Darstellung ist eine Wagenszene, die von der Schulter bis zum Standring reichend, ein Drittel der gesamten Bildfläche einnimmt: Links oben im Feld steht ein großer Krieger, in der für die Mesilimzeit typischen sanduhrförmigen Silhouette gemalt, auf dem Kasten eines zweirädrigen Wagens und hält in der Rechten einen Wurfspeer, während die Linke nach der Brüstung des Wagens greift. Sein Kopf hat nur nodi zur Hälfte im Bildrahmen PlaÇ gefunden. Hinter ihm steht, viel kleiner, weil weniger bedeutungsvoll, d^r Wagenlenker. Er müßte die Zügel halten, die über die Brüstung zu den Nasen (Nasenringen?) der drei obersten Maultiere führen. Von einem Maultier ist nur noch der Hinterkörper erhalten. Sie sind in „vorstelliger" Weise übereinander dargestellt, ganz wie tausend Jahre später noch auf kappadokischen Rollsiegeln. Unter dem Wagen ist noch der Hinterteil eines weiteren Vierfüßlers zu sehen, der nicht zum Gespann gehören kann; er berührt mit seinem Schwanz, der vielleicht auf ein Rind schließen läßt, einen Baum oder einen Busch. Nicht alle Einzelheiten sind mit Sicherheit zu verstehen, weder die Wellenlinien unter dem Gewandsaum der Hauptperson, vielleicht eine fellartige Decke, die der Wagensitj bedeckt (vgl. die Wagenszene Tf. 8 b), noch das, was zwischen Brüstung, Speerköcher und DeichselansaÇ als Silhouette eines Raubvogels ( ? ) erscheint, noch schließlich der halbweggebrochene Gegenstand über dem Rücken des obersten Maultieres, der wie ein Fischschwanz aussieht. ') OIC 20, S. 64 f. Abb. 50 f. (BMQ VII 1933/34, Tafel VIII).

Β. Bildkunst

und

Tammuz-Kult

37

Wenn der Vierfüßler links unten wirklich ein Rind ist, könnte man an eine Wildstierjagd denken, dann die älteste Vorstufe eines seit etwa 1500 v. Chr. in Vorderasien so häufigen Themas der Bildkunst. Falls es sich um einen Jäger zu Wagen handelt, könnte der Vogel ein Jagdfalke sein. Fest steht jedenfalls, daß uns hier zum erstenmal ein Motiv entgegentritt, das in der vorhergehenden Zeit bisher wenigstens keinen Vorläufer hat. Ob und inwieweit die Wagenszene mit dem Bildgedankenkreis des Tammuz in gedanklichem Zusammenhang steht, wird sich erst im Laufe unserer weiteren Betrachtungen zeigen. Auf den ersten Blick erkennen wir unter den übrigen Szenen dieses Gefäßes Einiges, was dem Bilderkreis um den Mann im Netjrock und den Tierbezwinger entstammt. Redits an die Wagenszene anschließend steht ein schmales Bilderfeld, das in zwei Teile übereinander zerfällt: oben ein Flechtornament, unten, leider stark zerstört, eine Art von Baum oder Busch, wohl eine neue Stilisierung des „Lebensbaumes", den wir in der Djemdet Nasr-Zeit als Symbol des Tammuz verstehen lernten. Weiter rechts in den unteren Bildfeldern ein Wildesel ( ? ) und ein Rind, auf deren Rücken sich ein Vogel gesetjt hat, ähnlich wie das bei den Rindern des Tierbezwingers auf Tf. 6 b der Fall ist. Und schließlich steht noch weiter rechts ein Mann zwischen zwei Ziegen, die ihn anspringen, und von denen die linke ihr saugendes Zicklein mit sich hat. Damit steht aber außer Zweifel: die Bilder dieses einzigartigen Gefäßes, die doch sehr wahrscheinlich ein Ganzes bilden und nicht wahllos nebeneinandergestellt sind, gehören dem Gedankenkreis, den wir in der vorigen Periode als den des Innin-Tammuz-GIaubens erkannt haben, an. Wenn dem aber so ist, dann müßte auch die Wagenszene und die drei nodi übrig bleibenden Szenen in den oberen Bildfeldern damit zusammenhängen. Sehen wir zu, was dort noch dargestellt ist und ob ähnliches auch sonst im gleichen Zusammenhang vorkommt. Im rechteckigen Feld über dem Esel mit Vogel auf dem Rücken liegt ein ornamentales Feld, darüber eine leider stark zerstörte Darstellung; ganz links erkennt man noch die steckenförmigen Beine unter dem Rock einer menschlichen Figur, ihr zugewandt steht eine ähnliche, ganz erhaltene Gestalt. Zwischen ihnen am Boden ein Skorpion 1 ) und darüber ein nicht mehr zu rekonstruierender Gegenstand. Redits davon si^t ein Mann auf einem Höcker. Was er in Händen hält, ist nicht verständlich, vor ihm ein Eber, in dessen Rückenborsten zwei Vögel ') Vgl. den Skorpion in einer Trinkszene auf einem Rollsiegel VA 3978 = VR 136, das stilistisch dem bemalten Gefäß aus Chafadschi nahesteht. Man beachte die gleiche Nasenbildung.

li. Sumerertum

38 herumpicken.

und

Tammuz-Glaube

Hieran schließt das zweite breit-rechteckige Bild über dem

R i n d mit Vogel,

diese beiden Szenen übereinander wieder von einem

ornamentalen Bildfeld getrennt.

V o n links nach rechts erkennen

Einen sitjenden Mann auf Hocker, Blüte oder einen Zweig, einem Hocker.

in der einen H a n d

ferner einen Teil

vielleicht

einer sitjenden F i g u r

wir: eine auf

Neben ihrer Achsel ist wohl nodi die eine Brust erhalten,

demnach haben wir es mit einer F r a u zu tun.

V o r ihr m u ß ein Gegen-

stand sich befunden haben, von dem nur noch das redite Ende am Fußboden erhalten b l i e b :

ein Rinderkopf

und ein darüber schräg hodi-

gehender B a l k e n ; unter dem Maul des Rindes ein Dreieck, das man vielleicht als B a r t des Tieres verstehen darf.

Dieser Gegenstand kann nach

späteren Darstellungen und Originalen der Ur I-Zeit nur eine Harfe sein (vgl. die Harfen Ur E x c . I I T f . 1 0 5 und 1 1 1 ) . eine Harfenspielerin.

E s handelt sich also um

V o r ihr stand noch eine weitere F i g u r , sicher eine

Tänzerin. Schließlich

finden

wir weiter rechts in einem schmaleren Feld

zwei

einander gegenübersitzende Gestalten, die mit j e einem langen S a u g r o h r aus einem großen zwischen ihnen stehenden Mischkrug trinken, einem Gefäß wie das Original, das wir hier vor uns haben.

So

bekommen

wir im oberen breiten und niedrigen Bildfeld ein Festgelage mit Musik und Tanz, zu dem auch die Szene mit E b e r und Skorpion gehört.

Was

diese beiden T i e r e in diesem Zusammenhang zu bedeuten haben, wird vielleicht später deutlich werden. Wenn

wir

auch solche Einzelheiten

vorläufig

nicht mit

Sicherheit

deuten können, so \vird uns doch der Sinn des „ S y m p o s i o n s " und der Wagenszene

durch die Betrachtung der Weihtafeln, der

Hauptgattung

bildlicher Denkmäler der Mesilim-Zeit, um Einiges klarer werden. Eins der bestgearbeiteten fadschi 1 )

(Tf. 8 a ) .

Stücke

dieser

Gattung stammt

uns von einem Fragment, das in Ur entdeckt wurde 2 ) deutlicht.

aus Cha-

W a s von ihm links unten weggebrochen ist, wird (Tf. 8 b ) ,

ver-

Beide Stücke ergänzen sich beinahe vollständig und sind auch

stilistisch kaum zu unterscheiden. Die Platte ist in drei ungefähr gleich breite Bildstreifen

aufgeteilt,

die, wie das Ganze, sorgfältig von einer Rahmenlèiste umgeben Im obersten Streifen ist, im Gleichgewicht, Symmetrie

der Bildgliederung,

Sie besteht aus sechs Figuren,

die eigentliche

aber nicht

in

Trinkszene

rechts der thronende Mann,

sind.

strenger

dargestellt. vor

ihm

Mundschenk und Leierspieler, links die thronende F r a u , wie ihr Partner ') O I C . 1 3 , Abb. 44 Ur Exc. II, Tafel 189 unten.

Β. Bildkimst

und

Tammuz-Kult

39

mit Becher in der erhobenen Rechten, diesmal aber zwischen einem Mundschenk und einer Dienerin mit Spiegel und Henkelgefäß. Der mittlere Streifen, der notgedrungen von dem zentralen Loch unterbrochen wird, zeigt uns Diener, die die notwendigen Gaben zum Fest herbeibringen: redits geht voran ein Mann mit einem Eimer auf dem Kopfe und Spitjflasche in der Rechten; er treibt eine Opferziege vor sich her, die an einem Stengel mit Knospe und Rosette vorbeischreitet, wie die Tiere auf mehreren Djemdet Nasr-Rollsiegeln (Tf. 2 a ) ; links folgen zwei weitere Diener, die ein schweres Vorratsgefäß an einer gemeinsamen Schulterstange herbeitragen. Der zweite hält den Standring zum Absetzen des Gefäßes in der rechten Hand. Die Darstellung im dritten untersten Bildstreifen Iäßt sich inhaltlich von den oberen Bildern nicht trennen: Aus beiden Stücken zusammen können wir erkennen, wie ein zweirädriger Wagen, der mit vier Maultieren bespannt und dessen Wagenkasten mit einem Fell belegt ist, von einem abgestiegenen Wagenlenker herbeigeführt wird. Der Köcher mit Wurfspeeren hängt an der Wagenbrüstung. Der Lenker hält den Stachel in der Rechten, die Zügel in der Linken. Dem Gespann voraus schreitet ein zweiter Diener mit Stab. Da der Wagen leer ist, kann der Inhaber nur die Hauptperson sein, der Trinkende im obersten Bildstreifen. Er ist zu Wagen, zusammen mit den Gabenbringern des Mittelstreifens zum Fest gekommen, um Opfertiere und kostbare Flüssigkeiten der thronenden Frau zu überbringen. Hinter seinem Wagen folgt nodi ein Diener, der den Zug der Gabenträger fortsetjt. Er schultert mit einem Stab ein Vorratsgefäß. Wer daran nodi zweifeln sollte, daß alle Bilder der drei Streifen übereinander ein Ganzes sind, daß also der Wagen mit der Trinkszene inhaltlich. zusammenhängt, möge bedenken, daß beide Weihtafeln aus Chafadschi und Ur genau die gleichen; Darstellungen tragen. Es müßte also ein Bildhauer, oder audi zwei verschiedene, zufälligerweise genau die gleichen nicht zusammengehörigen Szenen gewählt haben, um seine Platte zu verzieren. Nun gibt es aber nodi mehr Bruchstücke solcher Steinplatten, wenn auch nur in stark zerbrochenem Zustand, und sie verwenden in drei -übereinander liegenden Bildstreifen im Grunde wieder genau die gleiche Kombination von Motiven. Auf einem Stück aus Chafadschi 1 ) (Tf. 9 a), das bis auf einen kleinen Rest nur in seiner rechten Hälfte erhalten ist, erkennen wir oben die Hauptperson, den sitjenden Mann mit Becher in der Rechten, vor ihm Mundschenk und Leierspieler. Im Mittelstreifen steht die Ziege vor einem Busch, genau wie bei dem Relief Tf. 8 a. *) OIC 20, Figur 21.

11. Sumerer tum und

40

Tammuz-Olaube

Nur fehlen hier die gabenbringenden Diener; denn von der linken Hälfte blieb uns noch ein Bruchstück mit einer zweiten entgegengesetjt gerichteten Ziege. Im dritten untersten Bildstreifen war der Wagen dargestellt, hier allerdings nur mit zwei Maultieren bespannt. Ihm voran schreitet ein Mann mit Stab. Alles ist etwas einfacher gehalten, vor allem aucii schlechter gearbeitet. Ferner finden wir auf einem weiteren Fragment aus dem Sin-Tempel in Chafadschi 1 ) Teile der beiden unteren Streifen wieder : links unten den abgestiegenen Wagenlenker, Kasten und Rad des Wagens, darüber ein liegendes Rind (Tf. 9 b). Es gibt also eine ständige Motivenkombination: „Symposion", Opfertiere und sonstige Gaben, die von Dienern herbeigebracht werden können, und Wagenszene. Die ständige Wiederkehr dieser Kombination beweist, daß diese Motive einem geschlossenen Ideenkomplex angehören und nicht zufällig nebeneinander gestellt sind. Zwar ist der Charakter der Wagenszene auf dem schwarzrot bemalten Gefäß aus Chafadschi (Tf. 7 u. Abb. 32) und auf den steinernen Weihtafeln inhaltlich verschieden, dodi wird man von den letjteren ausgehend auch bei dem bunten · Gefäß auf Zusammengehörigkeit zwischen Trinkszene und Wagenszene schließen dürfen. Aber der Kreis der Motive reicht viel weiter. Aus Fara gelangten zwei stark verwitterte Bruchstücke in die Sammlung Hilprecht'2) (Tf. l O a / b ) . Sie zeigen untereinander einen solchen Grad der Übereinstimmung im Stil sowohl wie rein äußerlich in der Art der Verwitterung, daß sie nur als Teile einer einzigen1 Steinplatte aufgefaßt werden können, wenn sie auch, nicht Bruch auf Bruch zusammenzusetjen sind. Aus beiden Fragmenten ergibt sich dann eine dreistreifige Komposition, bei der wie bei den vorherbetrachteten die beiden oberen Streifen von einer Trinkszene und zwei liegenden Opfertieren eingenommen werden. Von der Trinkszene ist nur nodi der sitzende Mann zu erkennen, von den Opfertieren ein liegendes Rind. Was jedoch das besondere Interesse dieser Platte ausmacht, ist die Szene im unteren Streifen, die wir uns mit Hilfe eines weiteren Fragmentes aus Fara 3 ) (Tf. 11), das etwas besser erhalten ist, leichter verdeutlichen können: Mehrere Männer steuern ein Boot durch ein fischreiches Gewässer. Die Wagenszene kann also durch eine Bootfahrt ersetjt werden. Daß aber die Kombination von Symposion und Bootsszene eine ebenso fest1

) OIC 19, S. 51, Abb. 59. ) E. Heinrich, Fara, Tafel 21 b und c. Ι E. Heinrich, ebenda, Tafel 21 a.

2

Β. Bildkunst

und

Tammuz-Kult

41

stehende und sinngemäße ist, wie die von Symposion und Wagenszene, beweisen uns die kümmerlichen Überreste einer weiteren Weihplatte aus Chafadschi 1 ) (Tf. 12 a/b). Während der obere Bildstreifen mit der Tnnkszene hier völlig fehlt, erkennen wir nodi ein liegendes Rind des Mittelstreifens, darunter zwei bärtige Männer, die nach Analogie der vorhergehenden Stücke aus Fara nur als Ruderer zu ergänzen sind; ein kleines Bruchstück vom rechten Rand des unteren Bildstreifens trägt denn auch noch den Vorderteil des Bootes mit hohem Steven und darin, nur teilweise erhalten, einen Mann im Zottenrock, dessen redite Hand ein Ruder gefaßt hat. Wenn wir nach der Deutung der Szenen auf der bemalten Vase aus Chafadschi und auf den soeben betrachteten Steinplatten suchen, so können wir jedenfalls, da es sich zweifellos um kultische Gegenstände, die vielfach in Tempeln gefunden wurden, handelt, nidit mehr ein beliebiges Fest, etwa ein Siegesfest mit Tributbringern in Betracht ziehen, müssen vielmehr nach einer bedeutsamen, immer wieder dargestellten Kultfeier fragen, bei der Opfergaben dargebracht wurden und sowohl ein Wagen wie ein Boot eine wichtige Funktion zu erfüllen hatten. Dieses kultische Fest ist uns aus allerdings sehr viel späterer Überlieferung bekannt, es ist dasselbe Fest, aus dem bereits auf der großen Alabastervase aus Uruk (s. o. S. 31 f., Tf. 4 b u. 5) eine andere Episode dargestellt war, das zentrale Ereignis im altorientalischen Kultjahr, das Frühlings- oder Osterfest, an dem Tammuz aus der Unterwelt wieder aufersteht und durch seine Hochzeit mit der großen Mutter symbolisch die Erneuerung des Lebens und des Staates vollzieht. Auf der Vase aus Uruk war der Augenblick der Begegnung zwischen beiden Partnern abgebildet, und zwar zwischen der Göttin selber — sie ist an ihrer Hörnerkrone zu erkennen — und dem Gottmenschen Tammuz. Auf den Weihtafeln der Mesilimzeit dagegen ist nicht nur eine etwas spätere Episode der Feierlichkeit, das Hochzeitsgelage selber, gewählt, es handelt sich bei der Trmkszene außerdem wohl nicht um eine Hochzeit der Gottin und des Tammuz, vielmehr um die symbolische Kulthandlung ihrer beiden Vertreter, des Königs und der Hohenpriesterin 8 ). Während das Alabastergefäß aus Uruk eine Episode aus dem Mythus wiedergibt, stellen die Weihtafeln der Mesilimzeit eher eine Kulthandlung dar. Wenn bei dieser Hochzeitsfeier Wagen und Boot auftaudien, kann es nicht wundernehmen, wo wir gerade aus der Keilschriftüberlieferung wiederholt von großen Kultwagen und dem heiligen Boot der Götter hören, die beide M OIC 19, S. 51, Abb. 60. -) So für den Köng Iddin-Dagan der Isin-Larsa-Zeit, der als Tammuz die Hochzeit mit der Ischtar feiert, in einer Hymne belegt Ghiera, Sumerian Religious Texts, Nr. 1, Tafel I bis VIII. St. Langdon, JRAS 1926, S. 15 bis 42.

42

II. Sumerer lam und

Tammuz-Glaube

bei der Neujahrsprozession Verwendung finden1). Vielmehr sind gerade sie es, die den besten Beweis für die Richtigkeit unserer Deutung der Trinkszene als Neujahrsfest liefern. Der Vollständigkeit halber verweise icii hier noch kurz auf eine Reihe mehr oder weniger gut erhaltener Weihtafeln, die inhaltlich nichts grundlegend Neues bieten, aber immerhin den Beweis für den feststehenden Charakter des Motivkreises dieser Denkmäler liefern. Wenn sich irgendeine kleine inhaltliche Variante zeigt, so läßt sie sich mühelos in den Rahmen unserer Gesamtdeutung einfügen. Ein Bruchstück im Louvre 2 ) wirkt wie eine weitere Dublette zu dem Exemplar aus Chafadschi (Tf. 8), nur hat die weibliche Dienerin den Platj gewechselt. Sie muß vor statt hinter der sitjenden Frau gestanden haben. Ein Fragment aus Susa 3 ) dagegen bietet zutnindest in der Ausführung der Einzelheiten eigne Züge (Tf. 12 c). Während im obersten Bildstreifen nur noch der Hocker und die Beine der männlichen Hauptperson sowie die Füße eines Dieners erhalten 1 sind, beschäftigen sich im mittleren Streifen drei Diener mit der Zubereitung der Getränke. Einer hält zwei Becher, die ein zweiter mit der Schöpfkelle aus einem Mischkrug füllt. Em dritter hebt mit der Rechten eine Flasche hoch. Hier war also lediglich etwas mehr als sonst der Nachdruck auf die Vorbereitungen zum eigentlichen Trinkakt gelegt. Gerne wüßten wir, ob dem Getränk im Kult eine übernatürliche Bedeutung zukam, da doch stets der Akt des Trinkens als kennzeichnende Episode der ganzen Kulthandlung dargestellt wird. Oder ist das Getränk wie alle übrigen Gaben zu den Hochzeitsgeschenken zu rechnen? Diese Frage dürfte kaum zu beantworten sein. Den allerkürzesten Atem der Erzählung hat ein Exemplar aus Teil Asmar 4 ) (Tf. 13 a). Es läßt von dem ganzen weitgedehnten Bilderkreis nur die beiden Hauptpersonen mit je einem Diener, zwei liegende Ziegen und zwei liegende Rinder übrig. Hätten wir nur solch abgekürzte Bilder, wie wenig könnte es einem Nichteingeweihten noch aussagen über seine wahre Bedeutung! Etwas mitteilsamer ist dagegen der Bildhauer einer weiteren Platte aus Chafadschi 5 ) (Tf. 14 a), die stilistisch einen etwas jüngeren Eindruck als die übrigen Stücke macht. Die Bildgliederung der einzelnen Streifen geschieht denn auch nicht mehr im Gleichgewicht. Doch dürfte die Tafel ') Vgl. Zusammenstellung der Texte bei S. V. Pallis, The Babylonian Festival, S. 154 bis 159. -1 G Contenau, Monuments mésopotamiens, Tafel IX b. ") Mémoires de la Délégation en Perse XIII, Tafel 40, 3. 4 ) OlC 19, Abb. 6. r> ) ILM 1 9 . 6 . 1 9 3 4 , S. 913, Abb. 22.

akîtu

Β. Bildkunst

und

Τammuz-Kidt

43

erst in die Übergangszeit zur folgenden Periode der 1. Dynastie von Ur gehören. Die beiden unteren Streifen werden von Gabenbringern und Musikanten eingenommen. Sie bieten inhaltlich nichts Neues. Dafür weist das kleine, mehr geriete als gehauene Fragment aus Chafadschi 1 ), das ebenfalls zeitlich schon an der Grenze der 1. Dynastie von Ur liegen dürfte, eine völlig ungewohnte Reihenfolge der Szenen und im Mittelstreifen eine neue Figur auf (Tf. 14 b). Die Trinkszene verteilt sich hier ausnahmsweise auf den oberen und unteren Bildstreifen, während die Gabenbringer dazwischen, im Mittelstreifen angebracht sind; denn als solchen müssen wir den kleinen Fischer mit Behälter und Net¡ auf dem Kopf und Fisch an einem geschulterten Stab in der Rechten wohl verstehen. Tammuz ist, wie wir wissen, nicht nur der Hirte, er ist auch der Fischer. Auch der nackte Held, der sonst die Tiere bezwingt, der heldische Tammuz tritt gelegentlich als Fischer mit seiner Beute auf, so auf einem etwas späteren akkadischen Siegel 2 ) (s. u. Abb. 4 6 ) . Wenn demnach ein Fischer beim großen Fest der Auferstehung auftritt, ist dabei nichts Verwunderliches. Nirgends ist uns auf diesen ergänzenden Stücken der Wagen oder das Boot wieder begegnet. Nur bei einer schlecht erhaltenen, schlecht gearbeiteten Platte 3 ) aus dem Square Temple in Teil Asmar (Tf. 13 b) könnte man etwas derartiges vermuten: Im Mittelstreifen treiben zwei Diener je einen Stier am Halfter herbei. Auf dem Rücken des linken Tieres hockt ein Vogel, wie wir es bei früheren Denkmälern schon mehrfach beobachten konnten. Von der eigentlichen Trinkszene darüber ist so gut wie nichts erhalten. Rechts erkennt man zur Not die Beine eines Hockers und zwei Füße davor. Auch der unterste Bildstreifen ist stark zerstört. Seine einzige vollständig erhaltene Figur ist ein Mann im langen Zottenrock mit der üblichen Haar- und Barttracht der Mesilimzeit. Das Profil wirkt wie ein Vogelschnabel, weil Nase und fliehende Stirn noch viel stärker betont sind als sonst. Noch vier weitere ähnliche Gestalten müssen den Bildstreifen gefüllt haben. Nur liegt bei ihnen Schulter- und Taillenlinie etwas höher als bei der nach rechts voranschreitenden. Vielleicht stehen sie also etwas höher, oder etwa in einem flachen Boot; denn möglicherweise ist der schwer verständliche Gegenstand, der am Boden zwischen erster und zweiter Figur zu erkennen ist, als Vordersteven eines solchen Bootes aufzufassen. Es dürfte bei dieser Betrachtung deutlich geworden sein, daß die Bildkunst der Mesilimzeit zumindest zu einem sehr großen Teil ihren ') OIC 16, S. 78, Abb. 49. -) W. H. Ward, The Seal Cylinders of Western Asia, Nr. 199 = O. Weber, Alt orientalische Siegelbilder, Nr. 266. 3 ) OIC 19, S. 23, Abb. 23.

44

11. Sumerertum

und

Tammuz-Glaube

Inhalt dem zentralen kultischen Ereignis des Innin-Tammuz-Kultes entnimmt, dem Hochzeitsgelage des Neujahrfestes nämlich, an dem Göttin und Gottmensch, oder ihre irdischen Vertreter, das Leben und seine O r d n u n g erneuern. Durch sie wurde zugleich die Lebenserneuerung auf den ganzen Staat, auf alle Angehörige der Gemeinschaft ausgedehnt 1 ). In der Djemdet Nasr-Zeit kreiste die Bildkunst, wie wir sahen, um den Mann im Netjrock, um seine Erlebnisse und Taten als Hirte, Priester und Held. Die Motive waren Illustrationen des Mythus, vergleichb a r etwa den Stationsbildern der christlichen Passion. In der Mesilimzeit dagegen verschiebt sich der Akzent auf das mystische Mahl, wie es jährlich vom K ö n i g symbolisch vollzogen wird in seinem Amt als Vertreter des Gottmenschen Tammuz. Seine Kulthandlung ist demnach in gewissem Sinne eine mimische Agierung des Mythus. Die Bildkunst stellt jetjt mehr den Kult, weniger den Mythus dar. So wurde aus dem Bilderbestand um den „ M a n n im Netjrock" der Motivkomplex dtfs sogepannten Symposions. Das abstrakte Symbol des Tammuz, der sogenannje Lebensbaum zwischen zwei Haustieren, das die Djemdet Nasr-Zeit bereits ausgebildet hatte, tritt dabei vielleicht eine Zeit lang etwas in den Hintergrund, geht jedoch nicht verloren, wie aus Siegelabrollungen aus Fara hervorgeht 2 ). Was wird aber aus dem zweiten Aspekt des Tammuz, den wir während der Djemdet-Nasr-Zeit in dem nackten Helden, der die Tiere s c h ü f t und bezwingt, erkannt h a b e n ?

C. V e r s t ä r k t e und

Symbolisierung

des

Abstraktion Tammuz-Gedankens

(Mesilim- u n d Ur I-Zeit) Schon in der Djemdet-Nasr-Zeit waren die Bildgedanken des einfachen Kampfes zwischen Löwe und Rind, des Tierbezwingers und -beschü^ers aus ihrer ursprünglichen Form eines bildlichen Berichtes über ein mythisches Geschehnis in die abstrakte Gestalt eines Symbols hinübergewechselt. Nicht mehr die Tat als solche wird erzählt, sondern *) Daß der Kreis d e r Teilnehmer an dem göttlichen Mahl nicht bloß auf ganz wenige Personen beschränkt, sondern ziemlich weit gezogen war, scheint aus einem Fund in der sogenannten Sakristei des Abu-Tempels in Teil Asmar (OIC 20 S. 6 Abb. 5) hervorzugehen. Dort lagen Hunderte von Bechern, die beim Trinkfest benut;t, und dann zerschlagen wurden. 2 ) Heinrich, Fara, Tafel 60 g, h. k, η und q.

C. Abstraktion

und

Symbolisierung

45

fast ausschließlich wird die Idee des Helden, der die bösen Mächte im Kampf um die Erhaltung des Lebens besiegt, dargestellt (s. o. S. 33). Ebenso wie beim Lebensbaummotiv wurde audi bei dem Gedanken des Tierbçzwingers diese symbolisch-abstrakte Form erreicht durch Verdoppelung der einzelnen Bildelemente und wappenartig-symmetrischen Aufbau der Figuren. Die Tiere werden dabei, ebenso wie beim Lebensbaumgedanken schon in der Frühgeschichte meist schräg in die Höhe gehoben (s. o. Tf. 2 b). Der weitere Wandel dieser Held- und Tierkampfmotive wird während der Mesilimzeit bewirkt durch eine Verstärkung derselben Tendenz zum abstrakten Symbol. Schon an dem skulptierten Gefäß aus Teil Agrab 1 ) (Tf. 7 b) war kein wirklicher Kampf mehr dargestellt, vielmehr bildet schon damals der nackte Held mit den zwei gegenständig angeordneten Löwen, die er redits und links beim Schwänze packt und die ihrerseits wieder je ein Rind rücklings anspringen, eine statische Gruppe, ein der Wirklichkeit entrücktes wappenartiges Ganzes, zugleich Ausdruck einer abstrakten Idee. Die Einzelfiguren jedoch, aus denen die Gruppe besteht, sowohl Mensch wie Tier, stehen der Natur durchaus noch nahe, wenn sie auch in naturwidriger Weise spiegelbildlich verdoppelt erscheinen. Auch ihre Haltung ist im großen ganzen nodi der Wirklichkeit getreu. Dies wird ganz anders bei der Ausbildung des sogenannten Figurenbandes während der Mesilimzeit, die besonders durch die gegebene Walzenform des Rollsiegels gefördert worden ist. Die Einzelfiguren werden nunmehr zu spindeldürren Schemen, mit der Natur im Widerspruch senkrecht auf die Hinter- oder Vorderbeine gestellt, Hals und Kopf zurückgelegt, um eine S-Linie zu gewinnen, gekreuzt und zu einem Band stets gleicher Breite verflochten 2 ). Die begriffliche Abstraktion geht aber noch viel weiter, wenn aus dem Gedanken der Bundesgenossenschaft zwischen Held und "Stier ein Mischwesen, der sogenannte Stiermensch mit Oberkörper eines Menschen und Hinterleib des Rindes, entsteht 3 ) (Abb. 2 3 ) . Hier scheint die Bildkunst selbst zum erstenmal nicht nur form-, sondern gewissermaßen auch inhaltbildend zu werden. Sie führt zum reinen Symbolismus, wo sie den fünfgliedrigen Bildgedanken eines Helden, der zwei Stiere gegen zwei angreifende Löwen schütjt, kontrahiert zu einem Sigel, einem phantastischen Gebilde aus einem Stierkopf en face, einem menschlichen Oberkörper und zwei von der Seite gesehenen Hinterleibern eines Löwen 4 ). Die menschlichen Arme ergreifen die hochaufgerichteten Löwenschwänze (Tf. 16 a). Diese Art von symbolischer Ge») 2 ) 3 ) 4 )

ILN 12. 9. 1936, S. 134, Abb. 16. Vgl. hierzu VR, S. 9 ff. Siegelabrollung aus Fara : E. Heinrich, Fara, Tafel 46 f. Rollsiegel VA 3959: Heinrich, Fara, Tafel 50, h.

46

II. Sumerertum

und

Τammuz-Glaube

heimschrift bleibt auf die Mesilimzeit beschränkt 1 ). Etwas Ähnliches in der Methode der Symbolik bieten vielleicht in manchen mittelalterlichchristlichen Gemälden die Darstellungen dei: heiligen Dreifaltigkeit, wo Gottvater mit dem gekreuzigten Sohn und der Taube des heiligen Geistes zu einer bildlichen Einheit verschmolzen werden 2 ). Wenn auch, wie bereits erwähnt, gerade diese Bildkontraktionen der Mesilimzeit in der späteren Bildkunst Vorderasiens fallen gelassen werden, so bleibt doch das nun mühsam geschaffene Figurenband eines der bezeichnendsten Bildformeln altorientalischer Kunst überhaupt, ein Gebilde, das etwa ein Jahrtausend am Leben bleibt und so zu der Gruppe zeitloser Motive gerechnet werden muß, deren Deutung gerade hier versucht wird. Es kann niemandem, der unserer Betrachtung gefolgt ist, zweifelhaft sein, daß das Figurenband der Mesilimzeit eine Weiterbildung des Tierbezwingermotivs der Djemdet Nasr-Zeit ist. Der Kerngedanke ist hier wie dort ein Held, der die Haustiere, vor allem das Rind, gegen das Raubtier, den Löwen, in Schutj nimmt. Der nackte Held mit dem lockigen Haar von Tf. 6 b und 7 b ist auch die Zentralgestalt des Figurenbandes (Tf. 17 a), wenn ihm auch andere Gestalten im Kampf zur Seite stehen. Ja, seine en face-Maske ist deutlich nodi in manchen stark stilisierten Heldenfiguren und Siegeln der Mesilimzeit wiederzuerkennen 3 ). Die wichtigsten Neuerungen im Figurenband gegenüber den Tierbezwingermotiven der vorhergehenden Epoche, der Stiermensch und die Sigel, erklären sich aus der allgemeinen Wendung zur begrifflichen Abstraktion. Der Gedanke eines Zusammenstehens von Mensch und Rind führt zur wirklichkeitsfremden Abstraktion eines Mischwesens, des Stiermenschen, dem übrigens bereits in viel früherer Zeit das Gegenstück, die Verbindung der beiden bösen Kräfte Löwe und Adler, in dem sogenannten Imdugud, dem löwenköpfigen Adler, voraufgegangen war 4 ). Auf gleichem Wege wird der nádete Held, der zwei Löwen bezwingt oder zwei Rinder beschult, oder sogar der Held, der zwei Rinder gegen zwei Löwen verteidigt, zu einer Art von bilderschriftlichem Monogramm, in dem das Gleichgewicht zwischen Lebens- und Todeskräften versinnbildlicht ist. ') Nur in viel späterer Zeit gibt es> Ähnliches unter den sogenannten Luristanbronzen: Vgl. z . B . A.Godard, Les bronzes du Luristan, Tafel LI/LII. '-) Fr. Winkler, Die Altniederländische Malerei, Abb. 6: Burgundischer Meister, Triptychon mit der Dreifaltigkeit und den vier Evangelisten. ') Siegelabrollungen, VA 6431 = Heinrich, Fara, Tafel 51, 1 und VA 8 6 5 4 = ebenda, Tafel 51, m. 4 ) Z . B . auf einem Rollsiegel der Frühgeschichte aus Susa: L. Delaporte, Cat. ryl. or. du Musée du Louvre, Tafel 64, 9.

C

Abstraktion

und

Symbolisierung

47

Dies alles würde geniigen, um mit gutem Recht einen Zusammenhang anzunehmen zwischen dem Figurenband und dem Gedankenkreis des Innin-Tammuz-Glaubens, zu dem wir aus inneren Gründen gezwungen waren, auch die Tierbezwingerdarstellungen der älteren Djemdet NasrZeit zu rechnen. Dieser Schluß wird nun aber nodi durch folgende Beobachtungen bestätigt: Der inhaltliche Zusammenhang zwischen „Figurenband" und „Symposion" wird erstens durch die rein örtliche Zusammenstellung beider Bildgedanken auf einem und defnselben Denkmal nahegelegt. Schon auf dem mehrfach erwähnten bunt bemalten Gefäß aus Chafadsehi (Tf. 7 a und Abb. 32) fanden wir auch ein Bildfeld, das mit der Wiedergabe eines Tierbesch timers gefüllt ist. Die Betrachtung der Weihtafeln mit Symposionszene hat uns erwiesen, daß alle Motive auf dem bemalten Gefäß (Trinkszene, Wagenszene, Baum, Tier und Pflanze) einheitlich zusammenzufassen sind. Es wäre demnach verwunderlich, wenn nur das eine Feld mit dem Hirten und zwei Tieren (Tierbezwinger), ein im Vergleich zum Ganzen verhältnismäßig kleines Bild, aus diesem Rahmen herausfallen sollte. Wenn aber in der Tat das Figurenband und seine Einzelmotive thematisch verbunden sind mit dem Symposion, dann müßte es sich erst recht bei derjenigen Denkmalsgattung zeigen, mit der das Symposion geradezu verwachsen ist, bei den steinernen Weihtafeln nämlich. Nun gibt es zwei Bruchstücke aus Fara, die zwar nicht Bruch auf Bruch zusammenzusetzen sind, die aber sicher zu einer Weihtafel gehört haben 1 ) (Tf. 1 5 a / b ) . Das größere Fragment b läßt links nodi die zentrale Durchbohrung, die typisch ist für diese Denkmälergruppe, erkennen. Im übrigen sehen wir nur nodi den größten Teil des Bildfrieses rechts von dieser Durchbohrung: zwei gekreuzt aufgestellte Löwen in der für die Mesilimzeit charakteristischen Stilisierung, vor allem an den Mähnen erkenntlich, und einen Mann, ebenfalls in der Aufmachung dieser Periode (Röckchen, Bart und Perücke), der mit einem langen Dolch einen der beiden Löwen ersticht. Kein Zweifel, daß wir es mit einem Teil des sogenannten Figurenbandes zu tun haben. Sieht man genau zu, so erkennt man noch über dem Friestrennungsstreifen zwei Rinderfüße nach rechts und einen menschlichen Fuß nach links, audi sie sicher Überreste einer Tierkampfszene. Das zweite Fragment a hat nichts Zusammenhängendes erhalten. Es bietet Reste von zwei übereinander gelegenen Bildstreifen: In dem oberen den Hinterleib eines Stieres, der schräg aufgerichtet gestanden haben muß. Unten dagegen ist ein Mann dargestellt mit dem Bart der Mesilimzeit und kahlem Schädel, auf dem jedoch zwei weit auseinanderstrebende Locken hochE.Heinrich, Fara, Tafel 20 f. ( = VA 5 2 7 1 ) .

48

II. Sumerertiim

und

Τammuz-Glaube

ragen (oder DoppelzipfelmûÇe?). Auch dies ist eine Merkwürdigkeit, die nur noch auf Siegeln der Mesilimzeit zu belegen ist 1 ). Wenn es auch, nur kümmerliche Überbleibsel sind, sie lassen keinen Zweifel darüber, daß diese Weihtafel mit Szenen verziert war, die dem Figurenband der Glyptik vollkommen entsprechen. Ein Beweis für einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Symposion wäre das aber nodi nicht: Es wäre immerhin möglich, daß manche Weihtafeln, wie es audi später sicher der Fall ist, mit Bildgedanken versehen waren, die nicht dem Innin-Tammuz-Kreis entstammen. Die bildmäßige Vereinigung von Symposion und Tierkampf können wir bisher nur auf einer Weihtafel nachweisen, die einen stark barbarischen Charakter trägt 2 ) (Tf. 16 b). Sie wurde in der elamischen Grenzstadt S usa ausgegraben und zeigt in stilistischer Hinsicht viele fremde Züge bei einer handwerklichen Verrottung, die keine ganz exakte Datierung erlaubt. Zeitlich dürfte sie jedoch der Mesilimperiode nicht sehr fern stehen. Wichtig für uns ist aber in diesem Falle nur das Inhaltliche, das hier allerdings auf seinen legten Kern reduziert ist. Die Platte hat nur zwei kurze Bildstreifen übereinander aufzuweisen. Im oberen ist die Hauptszene des Symposions dargestellt, allerdings in einer Weise, die dem Betrachter zunächst einige Schwierigkeiten bereitet. Deutlich zu erkennen sind zwar die einander gegenübersitjenden Hauptgestalten: rechts sicher der Mann mit Becher in der erhobenen Rechten. Mit den übrigen Einzelheiten kommt man nicht ganz zu Rande. Es sieht so aus als ob sich der Bildhauer verzeichnet hätte, oder als ob links im Bilde zwei Figuren ineinander geschoben wären. Vielleicht liegt auch eine Überarbeitung vor. Zu erkennen ist jedenfalls ganz links eine sitjende Gestalt im glatten Rock, die eine zweite auf die Knie genommen hat. Diese zweite hält in der linken Hand den Becher, während sie den rechten Arm um den Hals ihres Partners legt. In der Mitte zwei nackte Diener, der linke knieend. Wenn unsere Deutung der linken Gruppe richtig ist, könnte man sie vergleichen mit einer Doppelstatuette aus Chafadschi 3 ) (Tf. 17c) und einer späteren aus Mari 4 ) (Tf. 17 d), die Mann und Frau eng umschlungen siÇend darstellen. Auf einer Weihtafel viel späterer Zeit kommt übrigens noch einmal etwas Ähnliches vor (s. oben S. 19 Anm. 4 : Weihtafel der Gudea-Zeit aus Lagasch DC Tf. 25, Fig. 5). Wie dem auch sein mag, sicher ist irgendwie auf dem oberen Bildstreifen der Weihtafel aus Susa das Symposionmotiv in seiner knappsten Fassung verwendet. ') Vgl. z. B. Rollsiegel VA 3963 = Fara Tafel 50, g = VR 87 (erste Figur links). ) Mémoires de la Délégation en Perse XIII, Tafel 40, 9. 3 ) OIC 19, Figur 87, rechts. 4 ) Syria XVI, Tafel XX, 2. 2

C. Abstraktion

und

Symbolisierung

49

Im unteren Streifen dagegen ist gleichfalls in Kurzform der Grundgedanke des Figurenbandes wiedergegeben: Rechts steht ein Mann, der mit einem Speer einen Löwen ersticht im Augenblick wo dieser einen bereits in die Vorderbeine zusammengebrochenen Stier zerfleischen will1) In ähnlicher Weise wie der Bildhauer der Susaer Weihtafel verfahren übrigens auch die Steinschneider, vor allem die der unmittelbar folgenden Ur I-Zeit, indem sie zweistreifige Bilderfriese auf ihren Rollsiegeln anbringen, die dann häufig die Trinkszene im oberen Streifen mit dem Figurenband oder irgendeinem seiner Einzelmotive im unteren oder umgekehrt 2 ) (Tf. 17 b) zusammenfügen. Nun wäre es auch hier wieder denkbar, daß ein Steinschneider einmal auf den Gedanken gekommen wäre, eine doppelfriesige Darstellung mit inhaltlich völlig disparaten Themen herzustellen. Wenn aber die Kombination von Trinkszene und Figurenband nicht nur auf der Susaer Weihtafel, sondern auf einer großen Anzahl von Rollsiegeln verschiedener Zeit und Herkunft immer wiederkehrt, so müssen wir schließen, daß beide Motive einem und demselben Gedankenkreis angehören und nur deshalb von den Steinschneidern so häufig in Zusammenhang miteinander gebracht? worden sind. Da aber, wie wir oben nachweisen konnten, das Symposion sich aus dem Bilderkreis um den Mann im Netjrock, das Figurenband dagegen aus dem Bilderkreis des nackten Tierbezwingers der Djemdet-Nasr-Zeit herausentwickelt haben, so kann es keine Frage mehr sein, welchem Gedankenkomplex sie beide entstammen, welcher religiösen Idee sie Ausdruck verleihen sollen. Diese Idee kann nur der Tammuz-Glauben sein. Ja, durch die erwiesene innere und äußere Zusammengehörigkeit von Figurenband und Symposion ist uns zugleich eine Bestätigung gegeben für unsere Deutung des nackten Tierbezwingers schon in der Djemdet Nasr-Periode als heldischen Aspekt des Tammuz. Wenn das Symposion, d. h. die Darstellung der heiligen Hochzeit, als Symbol des erneuerten Lebens in der Bildkunst mit dem Figurenband, d. h. mit der Darstellung der Abwehr jener Dämonen, die das Leben bedrohen, zusammengestellt wird, so handelt es sich dabei doch wohl nicht um beliebige Kämpfe des Hirten Tammuz gegen das schlimmste Raubtier, vielmehr um diejenigen Kämpfe, die zum Tode des Gottmenschen und zugleich nach seinem Siege zu seiner Wiedergeburt geführt haben. Das Figurenband ist dann als Symbol für die Idee des Sieges über Chaos und Tod aufzu') Erst während der Drucklegung wurde mir eine weitere Weihtafel aus Agrab bekannt, die das b.este Beispiel einer kompositorischen Verbindung „Symposion" und „Figurenband" bietet: H. Frankfort, More sculpture from Diyala Region = OIP LX Tf. 63. 2 ) Bibl. Nat. Nr. 51. — Louvre, Tafel 70, 6 (119). — Ur Excav. II Tafel Nr. 33, Tafel 195, Nr. 34 bis 39, Tafel 200, Nr. 105. Μ o o r t g a t . Tammuz 5

Teil von the 194,

50

Il

Sumerertum

und

Tammuz-Glaube

fassen. Nirgends kann knapper der Gedanke des Kreislaufes von Leben und Tod, dessen Träger der sterbende und auferstehende Gottmensdi Tammuz ist, zum Ausdruck kommen als in den „Sigeln", den Bildkontraktionen der Glyptik dieser Zeit; in der Tat wird weder der Sieg des Helden (oder des Stiermenschen) über den Löwen noch umgekehrt des Löwen über den Helden dargestellt, vielmehr scheinen sie sich stets die Waage zu halten. Es ist ein ewiges „Stirb und werde", das in diesen tausendfach wiederholten Figurenbändern der Mesilim- und Ur IZeit zum Ausdruck kommt, ein religiöser Gedanke, der denn audi besonders geeignet ist für eine Denkmalsgattung, die wie das Rollsiegel mit dem Leben des einzelnen Menschen besonders eng verbunden war; hat dodi das Rollsiegel nie ganz die Züge des übelabwehrenden Anhängers, aus dem das Siegel entstanden ist, abgelegt.

D. S p u r e n v o n m i m i s c h e r A g i e r u n g d e s in d e r B i l d k u n s t

Mythus

Wenn die heilige Hochzeit beim Neujahrfest für Gott und Göttin vertretungsweise von Fürst und Hoherpriesterin vollzogen wird 1 ), so liegt darin bereits eine Art mimischer Aufführung der ursprünglich rein mythischen Geschehnisse. Von einer wirklichen dramatischen Agierung des gesamten Neujahrsfestes aber, vergleidibar dem mittelalterlichen Mysterienspiel, gibt uns ganz deutliche Kunde ein assyrischer Text 2 ), der die jeweiligen Parallelen zwischen mythischem Ereignis und mimisch-symbolischem Akt erklärt, dies allerdings für die ganz späte Zeit altorientalischer Geschichte. Außerdem wissen wir, daß mit dem Neujahrsfest überhaupt, audi in ganz anderen Kulturkreisen, im griechischen, römischen, im hethitischen Kreis, Wettkämpfe im Ringen, Laufen, Reiten und Fahren verbunden waren 3 ). Etwas Ähnliches muß es schon im sumerischen Gebiet am Anfang des 3. Jahrtausends gegeben haben; denn ein Bruchstück einer der uns nunmehr bekannten Weihtafeln, die durchweg mit Szenen des Neujahrsfestes und des Figurenbandes verziert waren, trägt die Darstellung eines dreifachen Ringkampfes 4 ) (Tf. 18 b ) . Es kann sich demnach nur um die Wiedergabe eines Wettstreites anläßlich der Feierlichkeit, die auch sonst Gegenstand der Reliefs dieser Weihtafeln ist, um einen sogenannten kultischen Agon handeln. Dann bekommt auch die Doppelfigur zweier ') Vgl. Anm. 2 auf S. 41. 2 ) H. Zimmern, Das babylonische Neujahrsfest II, S. 3 ff. (VAT 9555). 3 ) H. Ehelolf, Wettlauf und szenisches Spiel im hethitischen Ritual. Sißungsberichte der preußischen Akademie der Wissenschaften. 1925 S. 267 ff. 4 ) ILN 10. 12. 1938, S. 1092, Fig. 6.

D Mimische

Agieriing

51

Ringer aus Bronze 1 ) (Tf. 18 a) einen Sinn, die einen figürlichen Träger für ein Doppelgefäß bilden. Beide Ringer, den Vorderkörper weit vorgebeugt, das linke Bein weit ausschreitend, haben sich gegenseitig bei der kurzen, wulstartigen Hose gefaßt. Diese kultischen Agone müssen im allgemeinen ebenfalls als symbolische Agierungen des Mythus, als kultische Darstellungen der Heldentaten und Kämpfe eines Gottes aufgefaßt werden. Sie liefern wahrscheinlich auch die Erklärung für ein Nebenmotiv des Figurenbandes, das uns vor allem während der Ur I-Zeit begegnet, durchweg nur als Füllsel, das neben dem eigentlichen Figurenband auftaucht: vier menschliche Gestalten vom Typus des nackten Tierbezwingers ergreifen einander nach Art der Ringer, und zwar so, daß ihre Körper eine radoder swastika-artige Figur bilden 2 ) (Tf. 19 c). Dies würde aber voraussetzen, daß das Figurenband nicht mehr den Mythus, auch nicht mehr eine abstrakte Symbolisierung des Mythus darstellt, vielmehr kultischmimische Agierungen dieses Mythus wiedergibt. Da eine solche Auffassung jedoch äußerst unwahrscheinlich ist, müssen wir die swastika-artigen Ringergruppen auf den Siegeln wohl als die mythischen Vorbilder für die kultischen Ringer auf den Tff. 18 a/b betrachten. Was dort eine uns im Einzelnen unbekannte Episode des Mythus 3 ) ist, wird hier zu einem kultischen Spiel. Wir hatten es bisher während der Mesilim- und Ur I-Zeit in der Hauptsache nur mit zwei Denkmalsgattungen zu tun: Steinerne Weihplatten und Rollsiegel. Die Weihplatten verlieren während der Ur IZeit für unsere Frage ihre Bedeutung, da sie nicht mehr Träger des Bildgedankenkreises um das Symposion und das Figurenband bleiben, vielmehr andere Motive, die uns hier nicht beschäftigen, aufnehmen. Das Rollsiegel dagegen wird auch während der Ur I-Zeit in seiner Verzierung völlig beherrscht von den Motiven des Innin-Tammuz-Glaubens. Vor allem Tierbezwingerszenen und, viel weniger zahlreich, Trinkszenen sind und bleiben audi je^t die beinahe ausschließlichen Darstellungen der Steinschneider Eine differenzierte Stilentwicklung wird von dem Anfang der Mesilimzeit bis zur Akkadzeit von dem Figurenband durchlaufen, inhaltlich ändert sich jedoch so gut wie nichts. Nur die Kontrak') ILN 10. 12. 1938, S. 1094, Fig. 11. -) Gelegentlich kommen auch lediglich zwei ringende Männer vor: Delaporte, Louvre, Tafel 68, 2 (obere Füllszene). Wie die vier Löwen, die ebenso wie die vier Männer verschlungen werden, können, zu deuten sind, ist schwer zu sagen: VA 6680 = Heinrich, Fara Tafel 43, 1 (untere Füllszene). :! ) Diese Episode lebt wahrscheinlich weiter auf einem akkadischen Rollsiegel Bibl. Nat. Nr. 26. 5*

II. Sumerertum

52

und

Tam.muz-Glau.be

tionsformeln, die Sigel, werden in der Ur I-Zeit fallen gelassen. Dafür treten aber wieder andere Abweidlungen in den Vordergrund: Eine Eigentümlichkeit der Ur I-Zeit ist zum Beispiel der Stier mit bärtigem Menschenkopf, dessen Vorderansicht ganz der sechslockigen, bärtigen Maske des nackten Tierbezwingers, des heldischen Tammuz, angeglichen werden kann. Er ist eine Variante des Stiermenschen und kommt oft in Verbindung mit dem sogenannten Imdugud, dem löwenköpfigen Adler, vor 1 ) (Tf. 19 a). So finden wir ihn auch außerhalb der Glyptik auf einer Kalksteinplatte aus El Obed 2 ) (Tf. 19 b). Der zerstörerische Unhold, der löwenköpfige Adler, der Tod, hockt dem Leben, symbolisiert durch die Verbindung von Stier und Mensch (Tammuz), auf dem Rücken. Ein Kampf scheint nicht stattzufinden. Sie halten sich beide die Waage. Es kann nur eine etwas andere Fassung sein für den gleichen Gedanken, den wir schon durch die Sigel der Mesilimzeit versinnbildlicht fanden. Wenn aber die Weihtafeln während der Ur I-Zeit f ü r unsere Frage ausfallen, so finden wir einen reichlichen Ersatj dafür in zahlreichen anderen Denkmälern der Bildhauerei und des hochentwickelten Kunsthandwerks. Die wichtigsten darunter werden im folgenden Abschnitt über den sumerischen Totenglauben behandelt. Vorher werfen wir nur noch kurz einen Blick auf einige Einzelstücke, die zwar gedanklich nichts Neues bringen, die uns aber die weite Verbreitung und die ungeheure Bedeutung dieses Gedankenkreises erweisen. Dem monumentalen Bildhauer sowohl wie dem Kunsthandwerker wird der löwenköpfige Adler, der über zwei Vierfüßlern, schwebt, zum Thema etwa gleichzeitiger Werke: Am Tempel der Göttin Ninhursag in El-Obed, den der zweite König der ersten Dynastie von Ur, Aannipadda, erbaut hat, befindet sich ein Riesenbild des „Imdugud", aus Bronze getrieben, wie er beide Krallen in den Rücken je eines Hirsches schlägt 3 ) (Tf. 2 0 ) . Wenn es auch äußerlich unseren heutigen Wappen ähnlich sieht, so hat seine Bedeutung doch nichts mit einem Stadtwappen zu tun, wie man wohl gelegentlich vermutet hat 4 ). Vielmehr symbolisiert es auch hier, ebenso wie die wundervolle Gravierung, die ein Silberschmied in Lagasch mit denselben Elementen des Figurenbandes auf einer Silbervase des Entemena 5 ) hinzeichnete (Tf. 2 1 ) , die Idee des Kreislaufes von Tod und Leben. Am Tempel von El-Obed ist dieser Gedanke um so mehr am Platje, als er einer Göttin geweiht ist, einer Herrin des großen Berges, die im Grunde nur eine Abwandlung der Muttergottheit Innin darstellt. M ) 3 ) 4 ) 5 ) 2

Rollsiegel 'Al-Ubaid 'Al-Ubaid 0 . Weber, DC Tafel

aus Ur: Ur Excav. II, Tafel 192 Nr. 12. Tafel 35. Tafel 6. Altorientalische Siegelbilder. AO 17 S. 63. 43l»s.

E. Sumerischer

Totenglaube

53

Deshalb begegnen uns bei ihm auch Einlagefriese aus Kalkstein, Asphalt und Bronze, die in der Ur Γ-Zeit wie eine Reaktion, wie eine Wiedergeburt der Herden- und Hürdenszenen der Djemdet Nasr-Zeit anmuten: Reihen von schireitenden Rindern und Tauben, in Bändern gefaßt wie an den skulptierten Steingefäßen der Frühgeschichte 1 ) (Tf. 22 a). Ein Hürdentor mit redits und links zwei zur Hälfte noch verdeckten, heraustretenden Kälbern, ganz wie auf Rollsiegeln der Djemdet Nasr-Zeit, bildet hier den Kern einer Melkerszene. Rechts werden die Kühe gemolken, links wird die Milch geseiht und und zu Butter verarbeitet 2 ) (Tf. 22 b). Die Überlieferung dieses Motivs kann aber auch vorher nicht völlig abgerissen sein; denn einige Teile von einem Einlagefries aus weißem Kalkstein, die aus dem sogenannten Palast in Kisch stammen 3 ) und demnach etwas älter sein müssen als der Tempel in El-Obed, bieten verwandte Darstellungen, darunter vor allem einen hockenden Mann, der ein Mutterschaf melkt. Andere pinlageplättchen wiederum aus demselben Palast zeigen sowohl in der Tracht der Personen wie im Motiv die größte Ähnlichkeit mit den Symposionszenen auf den Weihplatten der Mesilimzeit: vor allem eine Frau im Spreizröckchen 4 ), die zwei Schlaginstrumente in Händen hält, kann nur als Musikantin, als Teil einer Trink szene aufgefaßt werden. Hier in Kisch müssen also beide Stufen der Motivgeschichte, die Wiedergabe des Innin-Tammuz-Mythus und die Darstellung des Innin-Tammuz-Kultes, noch nebeneinander hergelaufen sein.

E. S u m e r i s c h e r

Totenglaube

(Mesilim-, Ur I- und Ur HI-Zeit) Viel bedeutsamer als die Funde einiger Einlagen sind in Kisch die Beobachtungen Watelins im sogenannten Friedhof Y5) gewesen, der in die Mesilimzeit gehört. Hier wurden Gräber festgestellt, die neben dem Hauptbestatteten mit seinem Wagengespann und seinen verschiedenartigen Beigaben auch die Leichen mehrerer Gefolgsleute enthielten 6 ). Sie sind die ältesten Beispiele ihrer Art. Die Tatsache, daß sich unter den Beigaben auch kupferne Sägen befunden haben 7 ), und daß neben J

) ) ) 4 ) 5 )

'Al-Ubaid, Tafel 32, 3 und 33. 'Al-Ubaid, Tafel 31. St. Langdon, Excavations at Kish I, Tafel 13, 1 und 42. St. Langdon, Excavations at Kish I, Tafel 38. Excavations at Kish IV (Watelin) S. 15 ff. Ebenda, S. 19 Mitte. 7 ) Ebenda, S. 24. 2

3

54

II. Sumerertum

und

Tammuz-Glaube

den Sägen in den Gräbern auch Meißel vorkommen, ist eine Einzelheit mehr, die diese Bestattungen in Kisch zu den unmittelbaren Vorläufern der berühmt gewordenen Schachtgräber im sogenannten Königsfriedhof in Ur machen. Dort begegnet uns die Sitte des gemeinsamen Todes von Fürst und Gefolge in einem Maße, das sie zu einem Hauptproblem der sumerischen Archäologie hat werden lassen. Weit außerhalb des Hauptheiligtums des sumerischen Mondgottes Nannar in Ur, südöstlich der Zi,kurrat, lag zur Zeit der 1. Dynastie von Ur ein' Friedhof, der lange in Gebrauch gewesen sein muß. Die Gräber, die zu den großartigsten Funden der englisch-amerikanischen Ausgräber gehören, waren in ihrer übergroßen Mehrheit einfache Erd- oder Sarggräber mit bescheidenen Beigaben, etwa 1850 an der Zahl. Mitten unter ihnen jedoch, in verschiedener Höhenlage, wurden 16 völlig abweichende Schachtgräber festgestellt, die stets eine gemauerte, mit Tonnen- oder Kuppelgewölbe eingedeckte Kammer aufzuweisen haben 1 ). Nur diese 16 Sdiachtgräber sind es, die uns in diesem Zusammenhang beschäftigen werden, nicht nur weil ihre Beigaben zu den wichtigsten Trägern von Bildern aus dem Innin-Tammuz-Kreis gehören, sondern ebenso sehr weil ihre Gesamtanlage und die in ihnen festgestellten Massenbestaltungen nur aus einem mit dem Tammuz-Mysterium zusammenhängenden Totenglauben zu begreifen sind. Die Anlage einer solchen Gruft nahm ihren Anfang mit dem Auswerfen eines Schachtes, der bis zu 10 m tief sein kann. Die Wände des Schachtes sind geböscht, um ihren Einsturz zu vermeiden, jedoch möglichst steil gehalten. Der Abstieg in den Schacht wurde durch eine Rampe, einen Dromos, bewerkstelligt. Auf dem sorgfältig geebneten Boden des Schachtes wurde die eigentliche Gruft, die manchmal eine, manchmal mehrere Kammarn enthielt, erbaut. Die Wände wurden meist aus Kalkstein errichtet, die Decke gewölbt, um dem Druck der später aufgeschütteten Erdmassen standzuhalten. Der Hauptbestattete lag in der inneren Kammer, das Gefolge entweder in dieser Kammer, einem Vorraum oder im Dromos. Als jedoch die Kammer mit dem Hauptbestatteten geschlossen war und die Leichen im Vorraum und Dromos mit Erde zugeschüttet wurden, war die Beise^ungszeremonie nodi nicht beendet. Hatte man den Schacht bis zu einer gewissen Höhe wieder aufgefüllt, so legte man einen Lehmestrich darüber und vollzog neue Riten, wobei u. a. Trankopfer gespendet wurden durch ein tiefes Loch, das man über dem Dromos freiließ. Feuer wurde angezündet und eine Art von Totenmahl gefeiert. Auf einer Strohmatte wurden Tongefäße mit Eßwaren hingestellt und mit einer umgestülpten Schale zugedeckt. *) Ur E x c a v a t i o n s II, T h e Royal Cemetery S. 3 3 ff.

E. Sumerischer

Totenglaube

D a r a u f wurde der Schacht weiter gefüllt.

55 Auf

einem

etwas

höheren

Niveau konnte eine Lehmziegelkammer erbaut werden, in der wieder Estriche

übereinander

hergestellt,

Opfer

wieder Gefolgsleute beigesetzt wurden.

dargebracht

und

schließlich

Zum Schluß wurde der ganze

Schacht zugefüllt und, wie der Ausgräber Woolley meint, eine oberirdische

Abb. 40

Kapelle errichtet.

W i e dieses oberirdische G r a b , das zum Schachtgrab

gehört, äusgesehen hat, und was es wohl zu bedeuten gehabt hat, werden wir später erschließen können aus den großen Gräbern der Könige der 3. Dynastie von Ur, die in ihrem Grundcharakter mit den älteren Schachtgräbern

der 1. Dynastie eng verwandt

gewesen

sein

müssen

(vgl. u n t e n ) . Von

den

hier

geschilderten

Grundzügen

eines

Schachlgrabes

der

1. Dynastie von U r weichen alle Anlagen in Einzelheiten selbstverständ-

11. Sumerertum

56

und

Τammuz-Glaube

lieh ab. Vor allem gibt es neben den Einzelgrüften auch Doppelgrüfte. Wir sehen uns gleich eine solche Doppelgruft, die die Ausgrabungsbezeichnung PG 7 8 9 / 8 0 0 trägt, näher an. Um ihren Sinn zu verstehen, ist es wichtig, sich ihren Werdegang klarzumachen. Sie ist nicht von Anfang an als Doppelgruft angelegt worden, vielmehr in zwei Etappen gewachsen. Zunächst entstand die Gruft PG 789, das sogenannte Königsgrab. Sie steht etwa 10 m tief in einem Schacht von rund 10 X 5 m Grundfläche1) (Abb. 4 0 ) , in den man von Nordwesten auf einer Rampe hinabstieg. Die eigentliche Grabkammer, im Nordosten des Schachtes gelegen, maß 4 X 2 m Grundfläche. Ihre Wände waren aus Kalkbruchsteinen in Mörtel errichtet. In die Kammer führte eine Tür im Süden des Schachtes. Die Decke der Kammer war aus Ziegeln gewölbt, im Innern jedoch flach. Die Wände des Schachtes waren mit Matten ausgelegt. Halbwegs im Dromos war ein 2,50 m tiefes Lodi von 0,75 m Durchmesser, wahrscheinlich um den Toten Trankopfer darzubringen. In der Südwestecke der Kammer war eine Vertiefung, wahrscheinlich zur Aufnahme des Bestatteten. Die Leiche war aber nicht mehr vorhanden. Rechts davon lag das wertvolle Silbermodell eines Bootes, daneben völlig zerfallen ein zweites Boot aus Kupfer. Das Silberboot, 65 cm lang und 20 cm hoch, erstaunlich gut erhalten, mit Sitjen, Kabine und Rudern 2 ) (Tf. 23 a ) , müßte den Räubern entgangen sein, ebenso ein immerhin ganz wertvolles Spielbrett aus Silber, ein wunderbares Beispiel der in dieser Periode hochentwickelten Einlegetechnik. Seine Verzierung besteht aus 20 quadratischen Feldern, die aus Muscheln und Lapis eingelegte Ornamente oder figürliche Darstellungen tragen. Im Innern des Spielbrettes, besser Spielkastens, befanden sich sieben Spielsteine aus Muschel mit eingeritten Zeichnungen3) (Tf. 23 b ) , Diese Verzierungen sind uns motivisch keine unbekannten mehr: Unter den Ornamenten ragt die gleiche achtblättrige Rosette hervor, die schon in der Djemdet Nasr-Zeit die Pflanze bekrönte, mit der Tammuz die Herden fütterte (s. o. Tf. 1 b u. 2 b) und die figürlichen Darstellungen benutjen im Grunde nur zwei Einzelmotive, den sogenannten Lebensbaum zwischen zwei Ziegen bzw. Rindern und den Kampf zwischen einem bzw. zwei Löwen und einem Rind bzw. Hirsch. Den Baum zwischen zwei Ziegen oder Rindern aber haben wir schon in der Djemdet Nasr-Zeit als Abkürzung für den Hirten Tammuz, der den Haustieren das Leben spendet und damit als Symbol des sich erneuernden Lebens überhaupt verstehen gelernt. Der Kampf zwischen Löwe und zahmem Vierfüßler erkannten *) Ur Excav. II Tafel 29. 2 ) Ur Excav. II Tafel 169. t Ur Excav. II, Tafel 96 und Tafel 221.

s

E

Sumerischer

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wir als das Zeichen für den Kampf zwischen Leben und Tod, in den gerade Tammuz entscheidend eingreift. Ob das Spielbrett wirklich nur ein Spielgerät in unserm modernen Sinne gewesen ist, das dann dem Toten mit ins Grab gegeben worden ist, oder ob es nicht dodi auch irgendwie religiöse Bedeutung gehabt hat, ist schwerlich zu entscheiden. Doch kommen seine eingelegten Darstellungen, die mit den sumerischen Vorstellungen von Tod und Leben eng verknüpft sind, wohl nicht zufällig auf einen Gegenstand, der als Grabbeigabe Verwendung gefunden hat. Ebenso hängt das Silberboot sicher zusammen mit der Vorstellung des unterirdischen Gewässers, das der Tote zu überqueren hat um in das Jenseits zu gelangen. Festzuhalten ist ferner, daß bei ihrer Auffindung durch die Ausgräber die Grabkammer der Gruft 789 von oben aufgebrochen war, daß die Leiche des Hauptbestatteten fehlte, während Gegenstände wie das Silberboot und das Spielbrett, die für einen Räuber immerhin einen rein materiellen Wert gehabt hätten, im Grabe liegen gelassen wurden. Die Eingangstür an der Südwand der Kammer war intakt. Bei der Ausgrabung wurde auch der Schach träum im Gegensatj zur eigentlichen gemauerten Grabkammer in völlig unberührtem Zustand aufgedeckt 1 ). Die Leichen der mit in den Tod gegangenen Gefolgschaft waren vollzählig nodi vorhanden. Auf dem Boden des eigentlichen Schachtes lagen deren 57, am Eingang zum Dromos außerdem noch sechs Krieger mit großen Kupferhelmen und je zwei Speeren 2 ). Hinter ihnen, schon im Grabschacht selber hatten zwei vierrädrige Wagen 3 ) gestanden, die mit je drei Ochsen bespannt waren. Deren Gerippe lagen noch vor den Wagen hingestreckt, dem Eingang des Grabes zugewendet, denn man hatte begreiflicherweise die schweren Gespanne rückwärts die Rampe hinuntergeführt. Die Leichen der Wagenlenker wurden in oder über den Wagen, die der Ochsenknechte bei den Tieren festgestellt. Gegen die Westwand der Grabkammer lagen neun Frauen, jede mit goldenem Haarschmuck, goldenen Ohrringen, einem Haarkranz aus Lapis, Karneol und Goldblättern, einer silbernen Haarnadel, einem kammartigen Schmuck auf dem Hinterkopf, Halsschmuck und einer großen Gewandnadel. Wichtiger als all dieser Schmuck sind uns die Teile von Saiteninstrumenten, vor allem ein goldgetriebener Stierkopf und die Einlege-Verzierung von der Stirnseite einer großen Leier. Diese Frauen waren demnach die Musikantinnen im Gefolge des Fürsten. Am ') Für die genaue Beschreibung aller Einzelheiten: Ur Excav. II, Textband S. 62 ff. 2 ) Ur Excav. II, Tafel 153. 3 ) Kästen und Räder nur noch in Abdrücken zu erkennen, Zügelring mit Rind ebenda, Tafel 167.

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bedeutsamsten für unsere Untersuchung sind aber die Darstellungen auf der eingelegten Stirnseite einer Leier, die längst berühmt gewordene sogenannte Tierkapelle 1 ) (Tf. 24). Die ganze Bildfläche ist in vier Bildfelder übereinander eingeteilt, die sich von oben nach unten etwas verjüngen. Die Bezeichnung Tierkapelle kann sich nur auf die drei unteren Bildfelder beziehen; denn das größte, oberste Feld ist mit dem Bilde eines Rinderbeschütjers gefüllt und zwar in der Form, die seit der Ur I-Zeit geläufig geworden ist: Der nackte Held mit lockigen Kopf- und Barthaaren, genau wie schon in der Djemdet Nasr-Zeit, nur mit einem Gürtel versehen, umarmt zwei rechts und links an ihm hochspringende Stiere, die die Köpfe en face herausdrehen. Diese "Köpfe sind bis auf Ohren und Hörner nahezu eine Kopie des Kopfes des nackten Mannes, den wir in der Frühgeschichte als heldischen Tammuz verstehen gelernt haben. Es sind also wohl keine Stiere, sondern Stiermenschen in der Form, wie sie seit der Ur I-Zeit häufig vorkommt' ). Da, wie wir nun schon oft festgestellt haben, die Einzelbildfelder auf einem und demselben Denkmal durchweg mit Motiven verziert werden, die inhaltlich zusammenhängen, so dürfen wir von vornherein · vermuten, daß die drei unteren Darstellungen dieser Leiervorderseite in denselben Kreis des Tammuz-Glaubens gehören wie das oberste Bild. Was hat aber eine Tierkapelle, was haben tanzende und musizierende Tiere mit Tammuz zu tun? Sehen wir uns die Darstellungen genauer an: Im zweiten Feld von oben schreiten ein hundeartiges Tier, wohl ein Schakal, und ein Löwe aufrecht auf den Hinterbeinen in der Haltung eines Menschen nach links. Der Schakal hält mit den Vorderbeinen, die mit Händen versehen sind, ein Speisetischchen, auf dem ein Eberkopf, eine Keule und Lammskopf liegen; der Löwe trägt ein großes Vorratsgefäß in einem Korbflechtgehänge und eine Schale in der Form einer halbierten Muschel, wie sie uns im Original auch in Gold aus Ur überkommen sind 3 ). Im Feld darunter sitjt, in der Haltung eines Menschen, ein Esel, der eine große achtsaitige Leier spielt. Dem Esel zugewandt steht ein Bär, der beim Spiel zu helfen scheint. Zwischen ihnen hockt auf einem Fuß des Bären ein kleiner Fuchs ( ? ) , der das Saitenspiel mit Trommel und Sistrum begleitet. Im untersten Feld kommt ein Mensch mit Skorpionleib und -Schwanz tanzend herbei, in der erhobenen Linken einen nicht deutbaren Gegenstand; ihm folgt eine Gazelle, auch sie aufrecht schreitend wie ein Mensch, in beiden Händen je einen Becher, die sie sicher aus dem großen Vorratsgefäß hinter ihr gefüllt hat. Ur Exc., Tafel 105. '-) Vgl. oben S. 52 und Tafel 19 b: Kalksteintafel aus El Obed. 3 ) Ur Excav. II, Tafel 163 oben.

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So befremdend diese ganzen Darstellungen zunächst sein mögen, alles, was uns hier begegnet, gabenbringende, musizierende und tanzende Tiere, erinnern auf den ersten Blick an immer wiederkehrende Teile des „Symposions". Haben wir es aber mit einem Mummenschanz, mit einer Travestierung des Neujahrfestes zu tun, dann müßte m a n auch die Hauptszene des Symposions, die eigentliche Trinkszene, von Tieren ausgeführt, erwarten. W a r u m das hier nicht der Fall ist, wo doch im obersten Feld der beste Platj d a f ü r gewesen wäre, warum statt dessen der Rinderbeschütjer hingestellt worden ist, können wir nicht sagen. Jedenfalls finden wir die Trinkszene, von zwei Tieren vollzogen, in der Tat auf einem anderen, etwas jüngeren Denkmal wieder, auf einem Rollsiegel 1 ) der Akkad-Zeit (Abb. 3 5 ) . Dort trinken Löwe und Esel gemeinsam aus einem Mischkrug mit Hilfe von Saugrohren, genau wie wir das sonst von den Symposionszenen her kennen. Und noch einmal auf einer Siegelabrollung der Ur I-Zeit 2 ) (Abb. 34) schreiten musizierende und tanzende Vierfüßler in Menschenart auf einen trinkenden Löwen zu. Das Motiv der „Tierkapelle" ist meist als Illustration einer Tierfabel aufgefaßt worden. Nachdem wir nun aber das Symposion und alles was damit motivisch zusammenhängt als die bildliche Wiedergabe der wichtigsten sumerischen Kultfeier, des Neujahrsfestes, erkannt haben und außerdem die Tierkapelle nur eine Travestierung der Neujahrs-Kulthandlungen sein kann, müssen wir ihre Deutung auch in dieser Richtung suchen. Wir wissen aus späteren Keilschriftentexten 3 ), daß d a s Neujahrsfest teils der Wiedergeburt von Gott und Natur galt, teils die Erschaffung der Welt symbolisch jährlich erneuern sollte. Der Gott stirbt im Kampf mit den chaotischen Mächten der Unterwelt; der Kosmos, die gesamte Welt- und Gesellschaftsordnung wird dadurch aufgehoben. Die Schicksalstafeln, das Symbol der Weltordnung, werden von einem Unhold geraubt. Der sterbende Gott m u ß sie im Kampf gegen die Mächte des Chaos wiedererobern. Als Ausdruck für die aufgehobene Gesellschaftsordnung legt der König seine Gewalt nieder und tut Buße wie ein S ü n d e r ; ein Ersatjkönig, ein einfacher Mann wird auf den T h r o n gehoben. Herr und Gesinde vertauschen die Rollen. Bis der Gott nicht seinen Kampf bestanden hat und wieder auferstanden ist herrscht das Chaos. Es ist die Zeit der „Saturnalien", des Karneval 4 ). Was wäre be') '-) 3 ) 4 ) Die thek

H. Frankfort, Cylinder Seals Fig. 30. L. Legrain, Ur Exc. Archaic Seal Impressions Nr. 384. H. Zimmern, Das babylonische Neujahrsfest I, II. Vgl. hierzu die Inschriften des Gudea von Lagasch bei Fr. Thureau-Dangin, sumerischen und akkadischen Königsinschriften ( = Vorderasiatische BiblioI, 1 ) : Statue Β 7, 26—46 = Cylinder Β 17, 18—18, 9.

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greiflicher, als daß zu dieser Zeit Tiere oder Menschen in Tiermasken das höchste Kultfest des Jahres nachahmen zum Zeichen der Umkehrung aller Werte? Nur dies kann der Sinn der sogenannten Tierkapellen sein: Bezeichnenderweise treten in ihnen nur „böse" Tiere an bedeutsamer Stelle auf. Wenn ein Herdentier, wie ζ. B. die Ziege auftaucht, übernimmt sie die Rolle einer Dienerin. Wie könnte der Sinn des Neujahrsfestes audi deutlicher in sein Gegenteil verkehrt werden, als dadurch, daß man den Löwen, den Träger des Todesgedankens zusammen mit dem Esel das mystische Getränk genießen läßt? Fassen wir die Tierkapelle in dieser Weise auf, so wird auch der Sinn der Gesamtkomposition auf der Leiervorderseite aus dem Grabe 789 deutlich: Im obersten Feld steht das Symbol des Lebens und seiner Ordnung, der Gottmensch mit den zwei Stiermenschen im Arm; in den drei Feldern darunter sehen wir ein Bild der Aufhebung dieser Ordnung zur Zeit des Todes des Tammuz. Schon bei den Ringerszenen auf Weihplatten und auf Rollsiegeln haben wir uns die Frage vorgelegt, ob der Künstler noch eine Illustration des Mythus bringt, oder ob er die Menschen wiedergibt, die den Mythus am Neujahrsfest symbolisch agieren. Vor derselben Frage stehen wir auch hier. Sind auf der Leier mythische Tiere dargestellt, die das Neujahrsfest feiern oder Menschen in Tiermasken, die in ihrer Travestierung beim höchsten Kultfest die Rollen von Gott und Göttin übernehmen? Manches spricht für die zweite Möglichkeit. So, wenn der Löwe, der Schale und Mischkrug herbeibringt, nicht nur menschliche Hände hat, sondern wenn das Löwenfell ganz deutlich bis auf die linke Hand hängt; so auch der Skorpionmensch, der gar nicht wie ein Mischwesen aus Skorpion und Mensch wirkt, vielmehr wie ein Mensch, dem man ein Skorpionsgewand übergezogen hat 1 ). Dann wäre die sogenannte Tierkapelle das Bild eines fastnachtartigen Mummenschanzes des sonst von König, Königin und Priesterschaft mimisch dargestellten Neujahrsfestes. Bei einer solchen Deutung der Tierkapelle begreift man auch viel eher, wie eine derartige Szene auf die Leier einer Person kommt, die freiwillig im Gefolge des Fürsten in den Tod gegangen ist. Ihr Sinn hängt gerade mit dem Verbleib des Tammuz in der Unterwelt, mit seinem Tode zusammen. Bei einer Interpretierung des Ganzen als Fabelillustration dagegen sieht man kaum einen Zusammenhang zwischen der Tierfabel und dem feierlichen Totenritus, der bei diesen Bestattungen geherrscht haben muß. ') C. J. Gadd, History and monuments of Ur, S, 35 f.

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Als man die zweite Grabkammer PG 8 0 0 , die Gruft, in der die Leiche einer vornehmen Frau namens Schubad bestattet war, anlegen wollte, grub man von neuem an genau derselben Stelle wie bei dem Grab PG 7 8 9 einen Schacht, bis man die Höhe der Decke der Grabkammer 7 8 9 erreicht hatte. Die Eingangsrampe legte man diesmal im Süden an 1 ). Der Grabschacht ging also diesmal bloß etwa 7 m tief. Die Stelle für die eigentliche Kammer des Grabes PG 8 0 0 hub man dagegen tiefer aus, so daß die Kammer in gleicher Höhe neben der von PG 7 8 9 errichtet werden konnte und zwar unmittelbar anschließend an deren Nordostwand (vgl. Abb. 4 0 ) . Bei PG 8 0 0 haben also Schachtboden und Kammerboden verschieden hohes Niveau. Schacht und Kammer wurden bei der Ausgrabung in unberührtem Zustand wiederaufgefunden. Ihr Inhalt ist so überwältigend reich, daß es hier untunlich ist, darauf im Einzelnen einzugehen. Dazu sei wieder verwiesen auf den ausführlichen Ausgrabungsbericht 2 ). Ich hebe hier lediglich hervor, was für unsere Betrachtung sowohl der überzeitlichen Motive wie für die Deutung der Gräber im Zusammenhang mit diesen Motiven von Wichtigkeit ist. Am Ausgang des Dromos in den Schacht lagen vier Leibwachen mit Dolchklingen, Rasiermessern und tönernen Gefäßen. An der Südwestseite des Schachtes lag an der Wand des Schachtes eine Harfe (diesmal keine L e i e r ) , deren Klangkasten vorn mit einem Stierkopf verziert war, kunstvoll aus Goldblech über einem Kern getrieben und mit angese^tem langen Bart aus Lapis lazuli. Rund herum um das Instrument lagen neun Frauen, nach ihrem reichen Haarschmuck aus Goldreif und Perlendiadem zu urteilen sicher Priesterinnen: Die Harfenspielerin hatte nodi die Hand an den Saiten. Sie muß bis zum letjten Augenblick gespielt haben. Uns interessiert aber wieder vor allem die bildliche Verzierung der Stirnseite des Klangkastens (Tf. 2 6 a ) . Bildverteilung und Technik sind genau die gleichen wie bei der Tierkapelle auf der Leier des Grabes 7 8 9 . Vier Felder übereinander mit Einlagen aus Kalkstein in Asphalt. Die Darstellungen entstammen alle dem Kanon des Tammuz-Glaubens. Von oben nach unten: Löwenköpfiger Adler über zwei Ziegen als Symbol des Todes, des Sieges des Dämons über das Herdentier. Darunter zwei Stiere aufrecht einander abgewandt mit zweigeteiltem Baum als Sinnbild des Lebens. Drittes Bild von oben: ein Stiermensch bezwingt zwei Panther, ein Gleichnis für den Sieg des Lebens über den Tod und M 2) 3) 4)

Plan: Ur Excav. II, Tafel 36. Ur Excav. II, S. 73 ff. Ur Excav. II, Tafel 108 bis 110. Ebenda, Tafel 104.

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schließlich im untersten Feld Löwe und Stier verschlungen im Kampf, ein Zeichen für den ewigen Streit zwischen Tod und Leben. Kein Motiv ist darunter, das wir nicht mühelos dem Gedankenkreis des Tammuzglaubens einordnen könnten. Von besonderer Wichtigkeit für unsere Betrachtung ist ein völlig verwester Gegenstand aus Holz, der im nordöstlichen Teil des Grabschachtes, genau über dem Loch im Gewölbe der Grabkammer PG 789 gefunden wurde. Woolley, der ihn wegen seiner Zerstörung nicht rekonstruieren konnte, vermutet darin eine große Kleidertruhe, von Stoffen ist aber keine Spur entdeckt worden. Arbeiter, die den Schacht zum Grab PG 800 anlegten, hätten die Gelegenheit benutzt, um ein Lodi in die Kammer PG 789 zu schlagen und sie auszurauben. Sie hätten, um ihren Raub zu verheimlichen, die große Truhe auf das Loch in der Decke des Grabes 789 gesetzt, so meint der Ausgräber Woolley. Daß das Grab PG 789 gerade während der feierlichen zweiten Beisetjung beraubt worden sein soll, ist von vornherein eine nicht gerade wahrscheinliche Annahme, abgesehen von mancher Einzelheit, die gegen eine solche Hypothese spricht. Wir beobachteten schon früher, daß in der Grabkammer PG 789 gerade die Leiche des Hauptbestatteten fehlte, während alle anderen Bestatteten vorhanden waren. Räuber hätten aber wohl doch kein Interesse an der Leiche gehabt, während sie wertvolle Gegenstände wie das Silberboot (Tf. 23 a) in der Kammer zurückließen. Es ist also mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß der Tote nicht geraubt, sondern absichtlich aus seiner Kammer befreit worden ist und zwar nicht durch Offnen der Grabtür, sondern indem man von oben ein Loch durch die Decke schlug. Möglicherweise steht der verweste Holzgegenstand über dem Loch in Verbindung mit den zahlreichen Gegenständen, die um ihn herum gefunden wurden. Aus der beinahe unübersehbaren Menge seien nur, weil besonders wichtig, genannt: an der Südostecke des Holzgegenstandes ein Silbergefäß U. 10 462 mit im Innern einem zweiten Silbergefäß. Darin liegend ein langes Silbersaugrohr U. 10 450, verziert mit Ringen aus Gold und Lapis und an seinem oberen Ende versehen mit einem silbernen Mundstück, das Ganze ein prunkvolles Kultgerät, wie wir es bei den Symposionszenen im Relief wiedergegeben finden. Auf der Nordseite des Holzgegenstandes eine große Anzahl von Gefäßen aus kostbarem Metall oder Gestein, darunter ein ganzer Sat} von Silberbechern, wie sie die Teilnehmer am Symposion verwenden (U. 10 4 6 0 ) , eine Libationskanne, vier Silberschalen und ein großer Kupferkessel. Dazu ein Satj merkwürdiger Goldgefäße, ein Napf mit Tülle, ein Sieb ( ? ) , und wieder ein geriefter Becher wie er beim Neujahrsfest gebraucht wird. Außerdem lagen zwei Löwenköpfe in der

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Nähe des Holzgegenstandes, die Woolley mit einem Holzsessel zu sammenbringen möchte. Damit kommt also ungefähr alles an Gerät zusammen, was bei einem sogenannten Symposion gebraucht wird. Ja, es sieht so aus, als ob hier nach der Öffnung der Kammer PG 789 und nach der Befreiung des Toten ein Gastmahl gefeiert worden wäre, wie es sonst nur zum neuen Jahr, beim Fest der Auferstehung, stattfand. Das Merkwürdigste von allem aber, an der Südostecke des Holzgegenstandes lagen ein sehr großes Steatitgefäß (U. 10 506), aus dem noch Kupfergeräte wie Bohrer, Sägen und Meißel heraushingen und in unmittelbarer Nähe eine goldene Säge sowie goldene Meißel (Tf. 25 a). Was · haben Bohrer, Säge und Meißel in einem solch prunkvollen Grabe zu suchen, von dem man nicht annehmen kann, daß es das Grab eines Handwerkers ist. Vor allem müssen eine Säge und ein Meißel aus Gold nur symbolische Bedeutung gehabt haben. Sie können aber audi nicht bloß zufällig in die Gruft gelangt sein; denn sie kommen auch in anderen Gräbern desselben Friedhofes vor 1 ). Ja, Säge und Meißel aus Bronze waren schon auffällige Beigaben der älteren Gräber in Kisch, in denen das Gefolge mit dem Hauptbestatteten gleichzeitig beigese^t worden ist (s. oben S. 53 f.). Wenn sie aber einen Sinn im Totenritus haben, und wenn die Kammer des Hauptbestatteten in PG 789 nicht von Räubern geöffnet wurde, was liegt dann näher, als daß diese Instrumente die symbolischen Geräte sind, die bei der Befreiung des Toten Verwendung fanden. Von welchem Toten im altorientalischen Bereich wissen wir aber, daß er aus seinem Grabe befreit wird und wo finden wir etwa ein Gerät, das mit dem Meißel oder der Säge zu vergleichen wäre und symbolische Bedeutung hätte? In dem schon wiederholt erwähnten spätassyrischen Text 2 ), der eine Konkordanz herzustellen sucht zwischen den mythischen Ereignissen des Sterbens und Auferstehens des Gottes Marduk-Assur und gewissen mimischen Agierungen des Neujahrsfestes, gibt es eine Stelle, die davon spricht, wie die Grabestür des Gottes von seinen Helfern durchbohrt wird zum Zwecke seiner Befreiung. Marduk ist aber in diesem Falle, wie wir später noch, erkennen werden, der Nachfolger des sumerischen Tammuz. Nun kennen wir eine Säge genau gleicher Form, wie sie in Gold über der Kammer PG 789 gefunden wurde, als geläufiges Symbol in der Hand eines Gottes, der häufig auf Rollsiegeln der Akkad- und der Hammurabi-Periode vorkommt. Er steigt meist herauf aus den Bergen, die rechts und links von ihm als zwei Kegel dargestellt sind, manchmal Ur Excav. II, S. 303 (u. a. Meskalamdug-Grab PG 580). -) H. Zimmern, Zum babylonischen Neujahrsfest II, S. 9.

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öffnen ihm zwei untergeordnete Götter die beiden Flügel einer Tür, manchmal auch nur einer. Ein andermal wieder se^t er nur den einen Fuß auf einen Berg 1 ) (Abb. 4 1 ) . Da er vielfach Strahlen als Abzeichen auf den Schultern trägt, hat man ihn durchweg und wohl mit Redit als den Sonnengott Schamasch gedeutet. Gerade der Sonnengott aber übernimmt, wie wir in einem späteren Abschnitt nodi näher nachweisen werden, bei den Semiten Babyloniens eine Reihe der Funktionen des chthonischen Gottes Tammuz. Die Berge, aus denen er aufsteigt, sind

die Unterwelt, sein Grab, und die Säge in seiner Hand wäre dann das symbolische Zeichen der Befreiung aus seinem Grabe, das auf den Siegeln in Berggestalt angedeutet wird. Lange hat man darüber gestritten, ob das Symbol in der Hand des Gottes ein Schlüssel, der Schlüssel, mit dem er die Himmelstür geöffnet hätte, oder eine Säge sei 2 ). Dombart hat vor Jahren bereits das Richtige erkannt 3 ) und legt sich auch die Frage vor, wieso die Säge in die Hand eines Sonnengottes kommt. Von der Befreiung aus dem Grabe konnte er noch nichts ahnen, gibt jedoch den besonders wichtigen Hinweis auf die ägyptische Parallelgestalt des sumerischen Tammuz, auf den „großen Säger" Osiris 4 ). Dabei muß übrigens auffallen, daß Tammuz neben vielen anderen Epitheta auch dasjenige eines Zimmermanns (nagar) trägt 5 ). So führen uns alle Beobachtungen sowohl über die bildlichen Darstellungen auf den eingelegten Beigaben, über die absichtliche Öffnung des Grabes PG 789 wie über die merkwürdige Beigabe einer goldenen Säge auf einen sterbenden und auferstehenden Gott, legten Endes also ') Vgl. die Zusammenstellung bei Th. Dombart, Das babylonische Sonnentor und die „Säge" des Schamasch. In: Journal of the Society of Oriental Research 1928, S. 1—24. 2 ) Verschiedene ältere Ansichten ebenda, S. 7 ff. 3 ) Ebenda. 4 ) Der Hinweis stammt von Hommel, Ethnologie und Geographie des Alten Orients, S. 786 Anm. 2 und S. 826. 6 ) H. Zimmern, Der babylonische Gott Tamuz, S. 707 Nr. 14.

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auf Tammuz. Was hat aber Tammuz, dessen mythischer Welt wir in dem Bilderkreis der Grabbeigaben auf Schritt und Tritt begegneten, mit dem Toten der Grabkammer PG 789 zu tun? Wie ist außerdem die Beisetjung des Gefolges von etwa 80 Menschen in der Doppelgruft zu verstehen? Es kann bei unserem Deutungsversuch auf die nähere Beschreibung der verblüffend reichen Funde in der eigentlichen Grabkammer 800, dem Grabe der durch ihr Rollsiegel identifizierten Nin - Schubad ( = Herrin Schubad) verzichtet werden, auf die zahllosen Beigaben sowohl wie auf den geradezu überwältigenden Schmuck, der den ganzen Körper der Fürstin mit Edelmetall und -Gestein bedeckte. Es kann darauf verzichtet werden, weil dieser ganze Reichtum keine bedeutsamen bildlichen Darstellungen aufzuweisen hat, und weil er für das Verständnis der Gesamtanlage nichts Neues beisteuert. Festzuhalten ist aber, daß das Grab der Fürstin bei seiner Freilegung während der Ausgrabung noch vollkommen unberührt war. Die Art der Beigaben der beiden Grüfte deutet darauf, daß beide Grabinhaber zu Lebzeiten Persönlichkeiten waren, wie wir sie in den Darstellungen des Neujahrsfestes auf den Weihplatten der Mesilimzeit als Hauptfiguren kennen gelernt haben. Alle bildlichen Verzierungen der einzelnen Gegenstände weisen auf den religiösen Gedankenkreis des Innin-Tammuz-Glaubens (Spielbrett, Tierkapelle, Harfenvorderseite), der in der Frühgeschichte und audi noch in der Mesilimzeit die gesamte Bilderwelt beherrschte. Seit der Ur I-Zeit verschwindet er so gut wie ganz aus der offiziellen Staatskunst, tritt dafür aber umso mehr in der Gräberkunst und in der Glyptik hervor. PG 789 muß das Grab eines Königs sein, der bei Neujahrsfesten der Vertreter des Tammuz war, der bei seinem Tode nicht als König, sondern als Gott Tammuz sein gesamtes Gefolge mit in die Unterwelt nahm. Er stirbt nicht endgültig, wird vielmehr wie der Gott seine Auferstehung feiern. Diese wird symbolisch vollzogen durch Aufbrechung seiner Gruft und Entfernung seines Sarges und seiner Leiche. Möglicherweise ist seine Partnerin im Leben, sei sie nun eine Hohepriesterin oder die Königin selber gewesen, bald nach ihm gestorben. Sie hatte im Leben die Innin, die Muttergottheit zu vertreten. Ihr Tod mag als diejenige Episode im Tammuz-Mythus empfunden worden sein, die wir aus den spätsumeriischen Liedern als Höllenfahrt der Ischtar kennen 1 ). Die tote Königin fährt zu ihrem Gatten in die Unterwelt; auch sie nimmt als Vertreterin der Innin ihr gesamtes Gefolge mit in das Jenseits. Vielleicht feiert sie mit ihm dort noch einmal symbolisch A. F a l k e n s t e i n , A f O XIV S. 113 ff. M u o r t fr a t ,

Tammu/

b

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die Hochzeit, bleibt dann aber beigesetjt in ihrer Gruft 800, ebenso wie audi sämtliche Gefolgsleute in der Unterwelt bleiben. Sie feiern keine Wiedergeburt. Wenigstens werden sie nicht symbolisch in das Leben heraufgeholt. Alles wird verständlich mit Hilfe dessen, was wir über den TammuzGlauben und seinen Kult, vor allem die Feier der heiligen Hochzeit wissen. Auch versteht man, warum so viele Menschen ohne Bedenken in den Tod gehen konnten; sie alle gehen nicht in einen Tod, der ein Endzustand ist, sondern Ubergang zu neuem Leben, so wie es ihr König und Gott Tammuz verkörpert. Wir braudien also bei der Deutung der Schachtgräber nicht mehr an ein barbarisches Menschenopfer zu denken, das in seiner Primitivität zu einer so hohen Kulturstufe wie sie die Ur I-Zeit erreicht hatte, nicht mehr passen will. Das Ganze findet aber auch keine ,Erklärung in der Hochzeit einer Hohenpriesterin mit einem chthonischen Gott, die auf Grund eines Fruchtbarkeitsritus gelegentlich bei Hungersnöten hätte -stattfinden müssen 1 ) ; denn eine solche Hypothese ergibt keine Deutung für die Mehrzahl der Schachtgräber, in denen lediglich ein Mann beigesetjt war. Die Massenbeise^ungen der Gefolgsleute werden uns nur begreiflich, wenn wir den sumerischen Totenglauben dieser Zeit als die letjte Entwicklung eines Gedankens verstehen, der, ausgegangen in der Frühgeschichte von der Erkenntnis des Kreislaufs von Tod und Leben, immer mehr den Akzent auf das Jenseits legt und schließlich zur Entwertung des Dieseits führen mußte. Gegen eine solche Weltanschauung mußte denn auch bald eine Reaktion von Staatswegen einsetjen. Bevor wir jedoch zu diesem neuen Abschnitt der geistigen Entwicklung im Alten Orient übergehen, müssen wir vorher unsere Deutung an dem Befund der übrigen Schachtgräber des großen Friedhofs der Ur I-Zeit überprüfen und, unter vorläufiger Ubergehung der AkkadPeriode, audi die Königsgräber der neusumerischen Zeit in Ur daraufhin untersuchen, weil sie äußerlich sowohl wie innerlich mit den älteren Gräbern zusammenhängen. Bei unsrer Deutung des Doppelgrabes PG 789/800 war die Ansicht von ausschlaggebendem Gewicht, daß die Grabkammer 789, die den Hauptbestatteten enthalten hatte, nicht von Räubern ausgeleert sein kann, sondern absichtlich im Verlauf einer großen rituellen Handlung geöffnet worden ist, — auf ihr beruht die Erklärung der Schachtgräber als Dokumente des Innin-Tammuz-Mysteriums : der König wurde nicht nur bei seinem Tode bestattet, sondern wie Tammuz aus seinem Grabe *) Die Literatur über Deutungen der Schachtgräber mit ihren Massenbeisetjungen findet man in Ur Excav. II Text S. 37 ff. zusammengestellt.

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wieder befreit. Dann muß aber die absichtliche Öffnung der Grüfte, wenigstens sofern sie einen männlichen Toten enthielten, auch sonst nachzuweisen sein an den 14 übrigen Schachtgräbern. Dazu ist folgendes zu sagen: Nur wenige unter den Schachtgräberanlagen der Ur I-Zeit sind Doppelgräber wie PG 789/800 und auch

Sit" ¡HIN ÍVÍ Nt THROUGH

ΓΓ, 1050

Sccliím through ptv/icjt; ¡rom ) Z. B. VR 153 = VA 3 0 4 7 . 2) VR 188 = VA 638. 3) Coli, de Clercq Nr. 46. 4) Beiträge zur Geschichte der Vorderasiatischen Steinschneidekunst, Kap. I „Gilgamesch", S. 7 ff. 5) Vgl. E . D. Van Buren, The flowing vase and the god with streams, S. 60 f.

A

Akkad.

b)

Fortleben

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Recht eine Darstellung des Kampfes vermutet, in dem der Gottmensch, ähnlich Osiris, von einem Bruder umgebracht wurde. Doch liegt darüber keine schriftliche Überlieferung vor 1 ). Als weiteren schlagenden Beweis f ü r die Gleichsetyung von nacktem, gegürtetem Helden u n d J a m m u a konnten wir oben schon das Berliner akkadische Rollsiegel VR 2 4 3 = VA 3 6 0 5 (Tf. 6 a) heranziehen. Sein Bild f ü h r t uns einen Helden vor, der mit einer Pickaxt einen Löwen zu töten sucht. Bei seinem Kampf steht ihm eine Göttin bei —sie greift mit einer Hand den Schwanz des Ungeheuers — , die wir auf Grund der Symbole Keule, Axt und Krummholz auf ihren Schultern mit Sicherheit als die kriegerische Ischtar, d. h. als. eine Form der Muttergottheit deuten können. Bundesgenossen im Kampf gegen den Löwen können nur Ischtar und Tammuz, nicht Ischtar und Gilgamesch sein. Das gleiche P a a r Tammuz und Innin, diesmal in einem anderen Aspekt ihres Wesens, müssen wir erkennen auf einem weiteren akkadischen Rollsiegel, Ball, Light f r o m the East, Abb. 15 (Tf. 27 b) und zwar in dem linken Teil der Abrollung. Dort steht ein nackter Held mit Keule und Bogen, ein Löwenfell um den Körper geschlungen, einer Göttin im Falbelkleid nach rechts zugewandt. Beide Gestalten sind als Vegetationsgottheiten gekennzeichnet durch die den Schultern entsprießenden Zweige. Wer der Held ist, wird noch verdeutlicht durch die ihn anspringende Ziege. Es kann niemand anders sein als der Mann im Ne^rock der Djemdet-Nasr-Zeit, der zwei Zweige hält, um die Schafe zu füttern, Tammuz, der Geliebte der Innin. W ä h r e n d er auf dem vorhergehenden Rollsiegel VA 3 6 0 5 (Tf. 6 a) im Kampf gegen den Löwen vorgeführt wird, sehen wir ihn hier nach glücklich bestandenem K a m p f , angetan wie Herakles mit dem Fell des erlegten Feindes. Möglich, daß man diesen Aspekt des Gottmenschen als Ninurta zu verstehen hat, wie es F r a n k f o r t Iraq I S. 14 tut. Möglich audi, daß die Göttin mit den Zweigen auf den Schultern eine besondere Variation der Muttergöttin darstellt, im ganzen gesehen jedoch haben wir es sicher mit einem Bildgedanken aus dem Kreise des Innjn-Tammuz-Mysteriums zu tun. H. Frankfort hat sich in seinem Werk über Rollsiegel 2 ) ausführlich geäußert zur Figur des nackten Helden in der akkadischen Glyptik. Am Schluß seiner Betrachtung lehnt er die Heidenreichsche Deutung als Tammuz ab, indem er folgende sechs Eigenschaften a u f f ü h r t , in denen der nackte Held auf akkadischen Rollsiegeln auftreten k a n n : Ί Vgl. hierzu auch die Siegelbilder Bibl. Nat. Nr. 26 und Louvre T a f e l 7, 2 — Τ 34 Heidenreich, a. a. 0 . , S. 20. '-) Η Frankfort, Cvlinder Seals. S 86 ff

88

III.

Bildkunst

der

Semiten

1.

Diener des Ea. die Tore.

Er hält vielfach den Bügelschaft und bewacht

2.

Tierbezwinger. Als solcher ringt er mit Rind und Löwe.

3.

Fischer.

4.

Träger des Gefäßes mit sprudelndem Lebenswasser.

5.

Ringend oder kämpfend mit seinem Doppelgänger.

6. Personifizierung des Wassers. Frankfort mögen diese Funktionen begreiflicherweise so verschiedenartig vorgekommen sein, daß er es für unmöglich hielt, sie alle einem und demselben Wesen zuzuschreiben. Nachdem wir aber den Typus des nackten, lockigen Helden nicht nur in seiner uralten Herkunft, sondern auch in seinen vielfältigen Zusammenhängen während des 3. Jahrtausends verfolgt haben, können wir manches zusammenbringen, was in der Tat zunächst disparat erscheinen mag. Diener des Ea ist Tammuz von Geburt, da er sein Sohn ist. Auch für sein Amt eines Torwächters haben wir einen schriftlichen Beleg: Im Adapa-Mythus wird Tammuz zusammen mit seinem Bruder Ningischzida zum Türhüter des Himmels 1 ). Daß er seit der Akkad-Zeit das Gefäß mit dem Lebenswasser hält, kann ebenso wenig verwundern, da es vielfach audi sein Vater Ea in Händen hält 2 ). Es ist auch nicht unbegreiflich, wenn er das Rind jet^t tränkt, während er es in der Djemdet Nasr-Zeit fütterte; denn gerade dem je^t neu auftauchenden Büffel ist das Wasser ein Lebenselement. Der „Fischer" ist eine seiner Erscheinungen 3 ), die bei seiner Wesensverwandtschaft mit dem Wasser ebensowenig Auffälliges an sich hat wie wenn er gelegentlich als anthropomorphe Verkörperung des Wassers selbst begegnet. Uber die Identität dieses dem Wasser verbundenen, leberispendenden Genius mit dem Tderbezwinger, dem Hirten und Gottmenschen, brauchen wir kein Wort mehr zu verlieren nach allem, was in den vorhergehenden Abschnitten dargelegt wurde. Nur seine Funktion als Ringer mit seinem Doppelgänger macht vorläufig Schwierigketen, weil uns keine Episode seines Mythus bekannt ist, in der er als solcher auftritt. Es hat aber eine solche gegeben. Das dürfen wir aus der Tat' ) H. Zimmern, Der babylonische Gott Tamuz, S. 18 und S. 32. Hieraus erklärt sich vielleicht auch die Bezeichnung „ T a l i m " = Zwillinge, die auf spätassyrischen magischen Terrakotten ganz gleicher Gestalt häufig vorkommt. In gegenständiger Form, oft mit Biigelsdiaft in Händen, dienen sie als Türhüter gegen das Böse (E. Ebeling, AfO V, S. 2 1 8 f.). Sie gehören zu den legten Ausläufern des uralteR Tammuz-Gedankens. Siehe unten Kapitel Assyrien, S. 126. 2) Vgl. E . Douglas S. 6 0 f.

Van Buren,

The flowing vase and the god with streams,

3) R. Heidenreich, a. a. 0 . , S. 21 f. u. B. Meißner, Babylonien und Assyrien II S. 168 u. I S. 226.

A

Akkad.

b)

Fortleben

89

sache erschließen, daß es schon seit der Mesilim-Zeit im Bildgedankenkreis des Symposions und des Figurenbandes ringende Figuren gibt, die entweder ein Ereignis aus dem Tammuz-Mythus oder damit zuzusammenhängende kultische Agone wiedergeben (s. o. S. 50 f.). Diese Gattung von Rollsiegelbildern ist ein untrüglicher Beweis für den Weiterbestand des Tammuz-Glaubens während der Akkad-Zeit. Einige Einzelheiten jedoch lassen uns die veränderte Stellung dieses Glaubens im religiösen Bewußtsein der Zeit deutlich erkennen. Wenn die Funktionen des Tammuz als Diener des· Ea, als Torwächter und audi als Träger des Wassergefäßes dauernd betont werden, so beweist das allein schon, daß er seine Vorrangstellung hat abgeben müssen unter dem Zwange anderer Ideen. Er hat seinen führenden Rang im Kult verloren, dafür eine Stellung gewonnen etwa einem christlichen Heiligen vergleichbar. Die oben erwähnten neuen Geistesströmungen haben ihn zwar nicht tilgen können, sie haben ihn jedoch in den Hintergrund zu drängen vermocht. Ja, gelegentlich äußert sich auch in der Bildkunst derselbe feindliche Gegensatj gegen den Tammuz-Glauben wie auf literarischem Gebiet im Gilgamesch-Epos. So tritt jetjt vereinzelt der Stiermensch, d. h. die symbolische Kontraktion des Tammuz und seines wichtigsten Herdentieres, nicht mehr wie üblich als Löwenbezwinger auf, sondern in ganz anderem Zusammenhang, im Kampfe nämlich mit einem Gott, dem Strahlen aus den Schultern schlagen, sicher Schamasch oder einem verwandten Gott 1 ). Während der Stiermensch durchweg ein gutes Prinzip versinnbildlicht, auch in späterer Zeit noch, wird er hier in der Akkad-Zeit ausnahmsweise als ien Feind dargestellt, der nach seiner Besiegung zum Diener des Sonnengottes wird. Eine solche Darstellung kann nur von einem Manne stammen, der dem Tammuz-Kult gegenübersteht wie der Dichter des Gilgamesch-Epos, ebenfalls ein Scham aschverehrer. Aus den Kreisen der Schamaschverehrer muß denn auch ein zweiter Versuch stammen, mit der Innin-Tammuz-Religion fertig zu werden. Völlig unterdrücken ließ sich dieser mystische Glaube, der den Menschen den Trost der Unsterblichkeit gewährte, wie wir sahen, nicht. Wie so oft in der Geschichte geistiger Dinge wird daraufhin auch in diesem Falle das zunächst bekämpfte, feindliche Prinzip in den eigenen Gedankenkreis aufgenommen. Der gehaßte Feind wird in assimilierter Form zum Freund und Bundesgenossen. Tammuz als solcher wird zwar abgelehnt, dafür gewinnt der eigne geliebte Gott Schamasch aber alle Merkmale eines sterbenden und auferstehenden Gottes. ') Frankfort, Cylinder Seals, S. 86. — Delaporte, Louvre, Tafel 71 Nr. 10.

90

III

c)

Bildkunst

Schamasch

der

und

Semiten

Tammuz

Alles was wir über eine solche Entwicklung des akkadischen Schamasch-KuItes wissen, entnehmen wir der Bildkunst, und zwar durchweg der Glyptik: Unter den Themen der Steinschneidekunst der akkadischen Zeit nimmt ein Gott eine wichtige Stelle ein, der entweder den eigenen Fuß auf einen Berg stellt, um hinaufzusteigen oder zwischen zwei Bergen emportaucht. Aus seinen Schultern ragen Strahlenbündel auf, die ihn so gut wie sicher als den Sonnengott charakterisieren. Er hält mit einer Hand sieghaft einen messerförmigen, gezahnten Gegenstand hochgestreckt (Tf. 27 c), den man eine Zeitlang als Schlüssel zu den Himmelstoren auffassen wollte, der jedoch nach Analogie erhaltener Originale aus Bronze und Gold jetjt mit Sicherheit als Säge aufzufassen ist 1 ). Diese Gruppe von Rollsiegeln der Akkad-Zeit wurde bereits oben herangezogen bei der Deutung der Sägen, die als Beigaben in den Schachtgräbern in Ur entdeckt wurden. Es ergab sich dort der Schluß, daß die goldene Säge nur als symbolisches Zeichen verstanden werden kann für die Befreiung des Tammuz-Königs aus seinem Grabe, seiner Wiederauferstehung aus der Unterwelt. Die Türen, die manchmal die Berge, aus denen der Gott auf den betreffenden akkadischen Rollsiegeln aufsteigt, einrahmen, sind also nicht die Himmelstüren, sondern die von ihm aufgebrochenen Türen seines Grabes, die Tore der Unterwelt, die er sieghaft verläßt. Es handelt sich demnach bei dem Gott mit der Säge um einen Gott, der wie Tammuz in die Unterwelt hinabfährt, um daraus wieder zu erstehen, der aber doch nicht selbst Tammuz sein kann 2 ), weil er erstens das Attribut des Sonnengottes auf den Schultern trägt, und weil er zweitens ein reiner Gott — nicht ein Gottmensch — ist, zu erkennen an seiner Hörnermüt^e. Dieser Gott mit der Säge muß der akkadische Sonnengott sein, nicht nur wegen der Strahlen auf seinen Schultern, sondern ebenso aus inneren Gründen: Wenn die Akkader unter ihren eigensten Gottheiten nach einer Gestalt suchten, die die Funktion des Tammmuz übernehmen könnte, so mußten sie noch am ehesten an den Sonnengott denken, der wie jener regelmäßig in die Unterwelt hinab') Vgl. zu den hier in Frage k o m m e n d e n S i e g e l n : H. Frankfort, Cylinder Seals, S. 98 ff. ; A. Moortgat, VR S. 23, wo noch irrtümlich die Deutung „Himmelsschliissel" angegeben ist; Ward, Seal Cylinders, S. 88. Zur Deutung der Säge, s . o . S. 63 f. Über die S ä g e s. Bruno Meißner, MVAeG IX, S. 234. -) T a m m u z steht als Gottmensch im R a n g e dem großen Gott Schamasch weit nach. Es ist bezeichnend für die religiöse Entwicklung, wenn T a m m u z in der theologischen Spekulation später gelegentlich aus dem Ea- in den Schamasch-Kreis hinüberwechselt. In einer Götterliste K. 171 (II R 59) erscheint Tammuz sogar gelegentlich als S o h n des Schamasch anstatt des Ea. Vgl. H. Zimmern, Der Baby nische Gott Tamuz, S. 12, 13 u. 17.

A. Akkad.

c) Schamasch

und

Tammuz

91

tauchte, um von dort wieder seine Himmelsbahn anzutreten. Hieß es ja doch, der Sonnengott steige abends im Westen in den Ozean, um während der Nacht in seinem Schiff die Gewässer der Unterwelt zu überqueren. Am Morgen, nach Überwindung der Gefahren, tritt er seine Siegesfahrt am Himmel zu Wagen an, nachdem er aus den Bergen des Ostens, seinem Grabe, wieder auferstanden ist. Mit seinem Jahreskreislauf hing überdies Tod und Leben aller Vegetation engstens zusammen. Auf diese Weise ist wahrscheinlich allmählich auf bewußtem und unbewußtem Wege ein Synkretismus vor sich gegangen, der den astralen Gott der Sonne immer mehr Züge eines chthonischen Vegetationsgottes annehmen ließ. Diesen Synkretismus von himmlischem Sonnengott und chthonischem Vegetationsgott, zu dem wir die engste Parallele in Ägypten wiederfinden1), von akkadischem Schamasch und sumerischem Tammuz können wir für die Akkad-Zeit deutlich verfolgen auf einer Gruppe von Rollsiegeln, die H. Frankfort seiner Zeit bereits zusammengefaßt und erklärt hat 2 ). Sie gehören in die akkadische Periode und das ihr unmittelbar vorangehende Ende der Ur I-Zeit 3 ). Es handelt sich um etwa zehn Rollsiegel mit gleichem Bildgedanken, der uns am deutlichsten vorgeführt wird von einem Stück aus Teil Asmar (Eschnunnak) 4 ) (Tf. 28 a). Derselbe Gott, den wir auf anderen Rollsiegeln der Akkad-Zeit mit der Säge in der Hand aus der Unterwelt emporsteigen sahen, sitjt hier, deutlich erkenntlich an den Strahlenbündeln auf seinen Schultern, in einem Boot, das er selber mit einem Ruder steuert. Das Boot ist ein göttlich-dämonisches Wesen. Sein Vordersteven ist verwachsen mit dem niederen Gott, der es vorwärtsstakt, sein Achtersteven endet in den Kopf einer Schlange. Vor dem Gott befindet sich außerdem in dem Boot ein menschenköpfiger Löwe (auf anderen Stücken ein Drache = Mushus), drei Gefäße und vor allem ein Pflug. Außerhalb des Bootes steht noch ein viel kleiner gebildeter Vegetationsgott, als solcher gekennzeichnet durch Zweige, die ihm aus dem Körper sprießen. Er hält außerdem in der Hand etwas Pflanzliches. Nicht alle Stücke sind so vollständig, neben dem Gott im Boot sind aber stets vorhanden: der Pflug und das Mischwesen. Beide deuten auf Beziehungen zur Erde. Es sind Attribute eines chthonischen Vegetationsgottes, auf den auch der kleinere niedere Gott mit den Zweigen hinweist. Während also die Strahlen auf den Schultern den Gott im Boote als Sonnengott zu erkennen geben, steht er hier unverkennM -) 3 ) *)

Vgl. M. Th. Böhl, Het Gilgamesj-epos, S. 138. H. Frankfort, Gods and Myths on sargonid seals, Iraq I, S. 19 ff. Frankfort, ebenda : Zusammenstellung in Tabelle auf S. 3, Abtlg. V. Ebenda, Tafel III, f.

92

III. Bildkunst

der

Semiten

bar im Zusammenhang, nicht mit dem Himmel, sondern mit dem Reich der Erde und ihres Wachstums. Dann kann aber das Boot nichts anderes sein als das göttliche Gefährt, in dem die Sonne der Nacht die Gewässer der Unterwelt überquert. Am Ende seiner unterweltlichen Bootsfahrt wird er aus den Bergen des Jenseits wieder ans Licht aufsteigen. Hier kommt also die Verschmelzung zwischen dem Sonnengott und dem Vegetationsgott auch in der Bildersprache klar zum Ausdrude. Eine „Sonne der Erde" gibt es auch bei den Hethitern 1 ) und es ist nicht unmöglich, daß auch die Sumerer schon ihren Sonnengott mehr als die Sonne der Nacht, d. h. mehr als eine vegetative Macht, verehrt haben denn als Himmelsgott: Die Sonne, die Gudea, der Neusumerer, in seinem Traumbilde aufgehen sieht, wird ihm jedenfalls als sein Schutjgott Ningischzida, der Gott der Tiefe und Bruder des Tammuz, der aus der Erde emporsteigt, gedeutet 2 ). Der Gott im Boot mit Pflug und Drache erscheint denn auch schon auf Rollsiegeln der unmittelbar vorsargonischen Zeit (z.B. Frankfort, Iraq I, Tf. III g), ja, ein Rollsiegel des Berliner Museums 3 ) (Tf. 28 b ) , das ebenfalls noch in die späte Ur I-Zeit zu setjen ist, scheint in seinem doppelstreifigen Bild den Sonnengott in seinen beiden Aspekten, als Sonne der Erde und Sonne des Himmels, vorzuführen: Im oberen Streifen sehen wir dieselbe Szene wie auf dem soeben betrachteten Siegel aus Teil Asmar (Tf. 28 a). Der Gott hält hier offenbar bereits in seinem Boot die Säge in der Hand, das Symbol seiner späteren Befreiung. Im unteren Streifen dagegen scheint ein Gott mit Geleit eine Wagenfahrt anzutreten. Um eine profane Darstellung, wie ich VR S. 96, noch annahm, dürfte es sich neben der Szene des oberen Streifens doch wohl nicht handeln. So wird es der Sonnengott sein, der im Begriff ist, im Wagen seine Himmelsbahn zu beginnen. Wie vielfältig die Elemente auch gewesen sein mögen, die Sumerer und Akkader zu dieser Göttergestalt des in die Unterwelt hinabsteigenden und wiedererstehenden Sonnengottes beigesteuert haben, wie undurchsichtig im Einzelnen die Wege der Verschmelzung auch gewesen sind, das Resultat ist ganz eindeutig: an die Stelle des sumerischen Tammuz, des Gottmenschen, ist der akkadische Sonnengott getreten, unter gleichzeitiger Annahme der wichtigsten Züge eines sterbenden und wiedererstehenden chthonischen Gottes. Der ganze Vorgang ist bezeichnend für die geschichtliche Auseinandersetjung zwischen Sumerer- und Akkadertum. Während von außen gesehen das akkadische Element den • ') Tenner, ZA NF. IV 1929, S. 186 ff. ä ) Gudea-Cylinder A, 5, Zeile 19 ff. bei Fr. Thureau-Dangin, akkadische Königsinschriften, S. 94/95. 3 ) VR 145 = VA 2952 = Weber, AO 17/18, Nr. 406.

Sumerische und

Β.

Babylon

93

Sieg davonträgt und alles sumerische in den Hintergrund drängt, unterliegt es selber innerlich einer Umbildung seines eigenen Wesens in sumerischem Sinne. B. B a b y l o n Die Auseinandersetzung zwischen dem Sumerertum und der ersten politisch bedeutungsvollen Semitenschicht im Zweistromland führt, wie wir sahen, zu einer Vermengung von chthonischer und astraler Religion. Die Aufsaugung des Tammuz-Mysteriums durch die lichte Staatsreligion ist damit aber noch nicht beendet. Unter den sumerischen Staatsgöttern muß bereits früh derjenige von Nippur, Ellil, der Herr der Luft, des Windes, später der Gebirge und Länder 1 ), eine Vorrangstellung erlangt haben. Nach dem Weltschöpfungsepos 2 ), neben dem Gilgameschepos dem wichtigsten epischen Erzeugnis der sumerisch-babylonischen Literatur, steht ihm die Herrschaft über die Götter zu, weil er nach Überwindung der chaotischen Mächte der Unterwelt die in den Schicksalstafeln festgelegte Weltordnung, den Kosmos, geschaffen hat. Wie er die Herrschaft über die Götter führt, die Ellilutu, so verleiht er audi einem König die Herrschaft über alle anderen Könige. Wenn auch Schamasch, der große Gott der Akkader, als streitender Held gefeiert wird, so ist doch der sumerische Ellil auch in akkadischer Zeit immer noch derjenige unter den Göttern, der die Herrschaft über die vier Weltteile vergibt. Erst als es gelang, den Mysteriumsglauben des Innin-Tammuz-Kreises zugleich mit dem astralen Glauben des Sonnengottes und dem Weltschöpfertum des Ellil zu verbinden, war ein Gott entstanden, der die wichtigsten religiösen Gedanken des Zweistromlandes in sich vereinigte. Diese Vereinigung scheint erst die zweite politisch und völkisch bedeutsame Schicht in Mesopotamien, die der Westsemiten, durchgeführt zu haben, indem sie dem Gott ihrer Hauptstadt, Marduk, ursprünglich wohl einem Sonnengott, zugleich die Merkmale eines sterbenden und auferstehenden Gottes und die Rolle eines Götterherrschers zuschrieb. Leider ist Marduk, trotzdem er das letjte anderthalb Jahrtausend der mesopotamischen Geistesgeschichte beherrscht, eine von den Gestalten, über die die Bildkunst am wenigstens aussagt. Sichere Darstellungen des Gottes, geschweige denn solche, die in größerem Bildzusammenhang etwas von seinem Kult und seinem Wesen erzählen, gibt es kaum. Frankfort hat die Vermutung ausgesprochen, daß Marduks Größe im Pantheon des Zweistromlandes nicht erst seit dem Aufstieg Babylons >) F. Nötscher, Der Gott Ellil. ) Ebenda, S. 56.

2

94

Π1

BUdkunst

der

Semiten

unter den Westsemiten datiere, sondern bereits in der akkadischen Periode bestanden hätte. Er stilate sich dabei auf einige Darstellungen auf akkadischen Rollsiegeln, vor allem auf das öfters in seiner Echtheit angezweifelte Β. M. 8 9 1 1 5 i(Tf. 2 8 c ) 1 ) : Der Gott mit !der Säge, den wir als den erlösten Sonnengott kennen lernten, steigt hier aus den Bergen der Unterwelt wieder hoch; erst sein Oberkörper wird sichtbar. Rechts und links stehen die Götter, die ihm bei seiner Wiederauferstehung behilflich sind. Rechts Ea, an den Wasserstrahlen mit Fischen zu erkennen, hinter ihm sein janusköpfiger Vezier Usumia. Links eine Göttin mit nicht ganz deutlichen Attributen auf den Schultern, am ehesten noch denen der kriegerischen Ischtar. Ungewöhnlich in akkadischer Zeit sind ihre beiden Flügel; ganz links ein Gott mit Bogen und Kodier, vielleicht Ninurta. Bei ihm steht der besiegte Löwe, bei Ea liegt das Rind, die beiden alten Symbole des Lebens und des Todes. Wäre der Gott mit der Säge Tammuz oder ein ähnlicher chthonischer Gott, so wäre die Darstellung völlig durchsichtig. Er trägt aber, wie stets in der AkkadZeit, Strahlen auf seiner Schulter, die ihn als Sonnengott charakterisieren. Wie aber Ea dazukommt, Schamasch bei seiner Befreiung zu helfen, verstehen wir nicht ganz, und ebenso ist der Raubvogel kein Attribut des Gottes Ea, auch der Vogel Zu, der mythische Räuber der Schicksalstafeln, hat mit ihm nichts zu tun. Frankforts Vermutung, daß der Gott mit der Säge Marduk ist, wäre ein Ausweg, insofern Marduk ein Sonnengott ist, zugleich aber als Sohn des Ea gilt. Dann müßte dieser Göttertyp jedoch überall auf Rollsiêgeln der Akkad-Zeit Marduk genannt werden. Damit stößt man aber wieder, wie mir scheint, auf Schwierigkeiten, wenn man nicht annehmen will, daß Schamasch und Marduk nur verschiedene Namen sind für zwei Erscheinungsformen des gleichen Gottes: Audi auf dem akkadischen Siegel Ur Exc. II T f . 2 1 5 Nr. 3 6 4 (Tf. 2 9 a) steht der Gott mit der Säge, diesmal auf dem Rücken eines geflügelten Löwen, eng zusammen mit dem in seinem Wohnhaus thronenden Ea. W ä r e er Marduk, so müßte er doch auf dem Mushus, dem Schlangendrachen stehen. Und1 auf einem späteren Rollsiegel der Hammurabi-Zeit ( V R Nr. 3 9 6 = VA 4 2 3 7 ) , sind Marduk mit Mushus und der Gott mit der Säge nebeneinander abgebildet. Zumindest müssen sie sich also damals unterschieden haben. Wir wissen, daß Marduk allgemein als Sohn des Ea gilt. Er ist also in der theologischen Systematik ebenso wie Ningischzida ein Bruder des 1 ) Guide to the Babylonian and Assyrian Antiquities: British Museum 1922, S. 235, Abb. im Text. — E. D. Van Buren, The flowing vase and the god with streams, S. 27, Tafel II, Fig. 6, glaubt ebenfalls, Marduk bereits auf diesem Siegel abgebildet zu finden, jedoch in dem linken Bogenschiigen. Vgl. dort auch die Frage der Echtheit und des Verhältnisses zwischen diesem Siegel und einer Dublette aus der Sammlung Offord.

Β.

Babylon

95

Tammuz. Dazu stimmt auch, daß sein attributives Tier der Schlangendrache Mushus ist, genau derselbe, der auch Ningischzida, den SchuÇgott Gudeas, begleitet. In dem Ideogramm des Namens Marduk steckt aber zumindest das Zeichen utu = Sonne, so daß wir annehmen dürfen, daß er irgendeine Erscheinungsform der Sonne ist 1 ). Audi bei Ningischzida ist das vielleicht der Fall, wie wir oben S. 92 schon sahen (Traumdeutung des Gudea). Daß aber Marduk außerdem die Weltschöpferfunktionen Ellils und die eines Bewahrers der Schicksalstafeln übernommen hat, geht u. a. schon aus den einführenden Zeilen des Prooemiums zu Hammurabis Gesetj hervor 2 ). Die Texte, die uns überliefert sind zum Neujahrsfest späterer Zeiten in Babylon 3 ), charakterisieren Marduk denn auch zur Genüge: sie erzählen von seinem Tod und seiner Befreiung, seinem Kampf mit den bösen Mächten der Unterwelt, seinem Sieg und seiner EinseÇung als Herrscher über die Götter und das Weltall. Von all dem jedoch ist in dem gesamten Bereich babylonischer Bildkunst nur wenig wiederzufinden. Sie scheint in dieser Hinsicht der Kunst der III. Dynastie von Ur zu folgen, die sich vor allem der Welt der lichten Staatsgötter zuwandte, und alles, was mit einem Mysteriumskult zusammenhängt, möglichst vermied. Wenn es den beiden Semitenschichten der Akkader und Westsemiten auch gelang, die religiösen Gedanken des sumerischen Innin-TammuzMysteriums auf den Staatskult des Schamasch und Marduk zu übertragen, ohne daß davon allzu viel in der Bildkunst zum Ausdruck gekommen ist, so war der alte einfache Tammuz-Glaube doch auch in der Hammurabi-Zeit nicht ganz zu tilgen, wie dies auch in der Akkad-Zeit nicht ganz möglich war. Das zeigt sich noch an einigen Denkmälern, die nicht der großen Staatskunst entstammen, sondern privaten Kreisen oder der Volkskunst: Unter den Rollsiegeln der Hammurabi-Periode, die nun immer mehr zu einem Gerät des einfachen Mannes und des täglichen Gebrauchs werden, findet sich eine verhältnismäßig geringe Gruppe mit dem Figurenband als einziger Verzierung (Tf. 29 b). Diese Stücke wechseln sehr in der Qualität ihrer Arbeit, führen aber in unverkennbarer Weise das Tammuz-Thema des dritten Jahrtausends weiter 4 ). Alle uns bekannte Elemente: nackter Held, Stiermensch, Stier und Löwe, kehren hier in der üblichen Anordnung zu einem Band von Figuren wieder. Es kann sich nur um eine Tradition handeln, die sich im Stillen im Volke, abseits vom offiziellen staatlichen religiösen Leben, erhalten ') s ) ) Wiss. 4 ) :i

Deimel, Pantheon s. v. Marduk. Zulegt W. Eilers, Die Gesetjesstele Chammurabis, AO 31 Heft 3/4, S. 12. H. Zimmern, Zum babylonischen Neujahrsfest I. II. Sitjber. d. Sachs. Ges. d. 1903, S. 126, und Verh. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1918, Heft 5. Vgl. die Zusammenstellung in VR, Tafel 56 und 57.

Hl

96 hat.

Bilikunst

der Cerniteti

Manche Einzelheiten, darunter der Held, der den Stier mehr zu

bezwingen als zu schüfen scheint, schließen sich mehr an akkadische Fassungen als an altsumerische an1 ) .

Audi

der geflügelte L ö w e

mit

Hinterbeinen und Schwanz eines Raubvogels, der häufig auf Rollsiegeln der Hammurabi-Zeit gebildet 3

).

erscheint 2 ),

ist bereits in

akkadischer

Zeit

vor-

Er ist im Grunde nichts anderes als das ältere sumerische

Mischwesen, das wir uns gewöhnt haben, mit dem Namen Imdugud zu belegen, die Verbindung

der beiden großen Feinde L ö w e und Adler,

die wir als Zeichen des Todes im Gegensat} zum Stiermenschen zu verstehen haben.

Der

Kampf

gegen den geflügelten Löwendradien

paßt

also durchaus in den Bilderschatj des Figurenbandes, dem Symbol des ständigen Ringens zwischen Leben und T o d . Daß der alte sumerische Mysteriumsglaube, wenn auch nur im Stillen, weiter am Leben ist, beweist außerdem eine zweite Gruppe von Rollsiegeln der Hammurabi-Periode : Sie verwenden wie die meisten Stücke dieser Zeit Motive aus der Staatsreligon, Göttergestalen aus dem Kreise des lichten überirdischen Pantheons für ihre Hauptdarstellung. Als Nebenszene jedoch sehen wir auch bei ihnen Elemente aus der Bilderwelt des Innin-Tammuz-Glaubens.

Hier sei nur auf ein paar Beispiele an Hand

der Berliner Rollsiegelsammlung hingewiesen. zu verlängern.

Ihre Reihe wäre beliebig

Neben einer Einführungsszene auf dem Siegel V R

290

steht der nackte Held mit dem sprudelnden Wassergefäß, eine akkadische Tammuz-Formel (s. o. S . 8 8 ) ( T f . 2 9 d ) , neben einer anderen a u f V R 2 9 7 der Stiermensch mit dem Bügelschaft, ebenfalls bereits ein akkadisches Motiv i(Tf. 29 c ) .

VR

305

( T f . 29 e ) , ein gut gearbeitetes Stück mit

Einführungsszene, zeigt als Nebenszene den ebenfalls typisch akkadischen Tammuz im Knielauf, der einen Löwen waagerecht über seinem K o p f e schwingt.

Andere Rollsiegel verbinden, beinahe gleichwertig im Bilde,

ein Motiv aus dem Kreise der Staatsgötter mit einem aus dem Mysteriumsglauben, meist mehr oder weniger große Teile des Figurejibandes, ζ. Β : V R 382, 391 und 394 ( T f . 29 f.). Neu ist in der Bildersprache der Hammurabi-Zeit der Typus der nackten Göttin en face; sie ist in der älteren Zeit des Zweistromlandes

nur

als Idol, meist

Terrakottenbei-

gaben in Gräbern, einmal als Kultbild im archaischen Ischtartempel in Assur verwandt worden. Innin-Ischtar-Form, deutlich

von

Es kann sich nur um die große Mutter, die

handeln, die

sich als älteres Symbol

der spezifisch akkadischen

Ischtar

eötttin des Morgen- und Abendsternes

und

Unterscheidet.

Hammurabi-Zeit

Auf

den Rollsiegeln

der

Z . B . ebenda, Tafel 56 Nr. 460. Ebenda, Tafel 57. 3 ) Vgl. ζ. B. ebenda, Tafel 33 Nr. 240 =

der

Anunitu,

')

2)

V A 242.

des

Lebens

der

Astral-

kriegerischen Göttin erscheint

die

Β

Babylon

97

nackte Göttin en face, mit oder ohne Postament, zumeist als eine Nebendarstellung neben anderen Anbetungs- oder Ednführungsszenen aus der Welt der Staatsreligion (Tf. 29 g ) 1 ) · Einen weiteren Beweis des Nebeneinanderhergehens von offizieller Staatsreligion und Volksglauben zur Hammurabi-Zeit bieten einige Terrakottaformen, die bei den französischen Ausgrabungen in Mari entdeckt wurden. Es sind einfache Geräte des täglichen Lebens, die in einem bestimmten Teil des großen Palastes des Königs Zimrilim, eines Gegners Hammurabis, gefunden wurden. Dieser Palastteil, der sich deutlich im Grundriß unterscheidet von den repräsentativen Höfen und Sälen, wird von den Ausgräbern mit den Wirtschaftsräumen und der Küche in Verbindung gebracht. Es ist demnach nicht unmöglich, in den runden Tonformen in der Tat Modeln für Brotfladen oder Käse zu erkennen. Dazu würden auch die figürlichen Darstellungen der Formen stimmen, die in vollem Gegensat; stehen zu denjenigen der repräsentativen Wandmalereien im großen Hof, Wiedergaben des offiziellen kultischen Lebens: einmal Teilen eines kultischen Opferzuges 2 ), ein andermal dem großen Bild der Inthronisation des Königs Zimrilim durch seine Schu^göttin, die kriegerische Isditar 3 ). Hier dagegen bei den Kuchenformen tauchen wieder die uralten Bilder auf, die zu den überzeitlichen Motiven des Zweistromlandes, später des ganzen Vorderen Orients, gehören: Der Baum zwischen zwei hochspringenden Ziegen, Stier und Löwe im Kampf und schließlich die nádete Göttin en f^ce 4 ), der wir als neuem, aber in denselben Kreis gehörigen Element der Hammurabi-Zeit bereits auf Rollsiegeln begegneten (Tf. 30 a, b). Es ist bezeichnend, wenn auf diesen bescheidenen Dingen, die dem Alltag gehören, die Bildgedanken des Tammuz-Glaubens, an dem das Volk hing, weiterleben. Zählen wir noch einige wenige Terrakottareliefs 5 ), ebenfalls anspruchslose Erzeugnisse der Volkskunst und eine kreisrunde Steinplatte 8 ) aus Babylon dazu, so haben wir den Bestand an Bildern erschöpft, der bei der Frage nach dem Fortleben des Tammuz-Mysteriums während der Hammurabi-Dynastie in Betracht zu ziehen ist. ') Vgl. u . a . VR 3 4 5 — 3 5 1 , 363, 365, 384, 388, 4 0 3 — 4 0 5 u . a . m . -) Syria XVIII Tafel 38. 3 ) Ebenda Tafel 39. 4 ) ILN 31. Okt. 1936, S. 761, Fig. 4, 6, 7 = Syria XVIII, S. 75, Fig. 11, S. 76, Fig. 12, Tafel XV, 1 und 2. 5 ) E. Herzfeld, Archäologische Mitteilungen aus Iran II, Tafel XV. — E. Douglas Van Buren, Clay figurines of Babylonia and Assyria, Fig. 139, 196, 240. ") W Andrae, Berliner Museen: Amtl. Ber. aus den preußischen Kunstsammlungen 1937, S. 34. Μ o o r t ç a t . Tuiumuz S

98

III. Bildkunst

der

Semiten

Die Steinplatte aus Babylon (Tf. 31 b), mit vertieft geschnittener Darstellung, vielleicht eine Gußform, verwendet das Thema ringender Helden vom Typ des nackten Tammuz, und zwar sind es diesmal nicht vier in swastika-artiger Anordnung, wie wir sie einmal auf der Abrollung des Meschannipadda von Ur kennenlernten und wie sie auf einer der Tonformen aus Mari weiterlebt (Tf. 31 a), sondern fünf zu einem Kranz verschlungene Gestalten. Daß es kultische Wettkämpfe auch noch in der Hammurabi-Zeit gegeben hat, beweist die Darstellung auf einem Terrakottarelief aus Larsa 1 ) : Hier stehen sich zwei Boxer im Kampf gegenüber, während neben ihnen redits ein sit¡ender Mann die große Kesselpauke schlägt (Tf. 32 a). Doch ist hier der Zusammenhang mit dem Tammuzkreis nicht gesichert. Es kann sich ebenso gut um einen anderen Kult handeln. Auf einer weiteren Tonplatte greift ein Held einen Löwen mit der Keule an, der bereits ein Buckelrind erlegt hat 2 ), seit der Frühgeschichte eines der wenigen Beispiele für eine naturnahe Fassung des Herdenschütjer-Motivs. Es dürfte zeitlich zwischen den beiden semitischen Perioden der Akkad- und Hammurabi-Zeit anzusehen sein. Schließlich dürfte auch das Bild eines Tänzers und einer Musiikantin auf einiem Tonrelief in Berlin 3 ) mit dem Tammuz-Kult zusammenhängen. Trotjdem die Hammurabi-Zeit für die weitere Ausgestaltung des vorderasiatischen Jenseitsglaubens um ihre zentrale religiöse Gestalt des Marduk von großer Bedeutung war, hat dieser Glaube damals ebensowenig wie in der voraufgehenden Zeit sumerischer Restauration, einen Ausdruck in der großen Bildkunst gefunden. Lediglich die Volkskunst tradiert den alten einfachen Tammuz-Kult weiter, während die offizielle Staatskunst nur den lichten Saaatsgöttem Raum läßt. Die Aufsaugung des chthonischen Glaubens sumerischer Herkunft durch den Hauptgott des Pantheons, Marduk, wird erst in einer späteren Entwicklung in der Bildkunst zur Geltung kommen.

') E. Douglas Van Buren, a. a. O., S. 103, Abb. 139. 2 ) E. Douglas Van Buren, a. a. O., S. 149, Abb. 196. 3 ) E. Herzfeld, Archäol. Mitt. aus Iran II, Tafel XV.

IV. IN

DER DER

U N S T E R B L I C H K E I T S G L A U B E BILDKUNST

DER

BERGVÖLKER

Die Geschichte der Umwandlung Vorderasiens von einem Weltreich unter Führung der Semiten (Akkad und Babylon) in ein Konglomerat von völkischen Einzelstaaten (Kassiten in Babylonien, Assyrien, ChurriMitanni, Hethiter) ist um vieles deutlicher geworden, vor allem was den Ablauf der Ereignisse angeht, seitdem durch die neue assyrische Königsliste aus Chorsabad 1 ) und den Syndironismus Hammurabi-SchamschiAdad I. in einem Text aus Mari 2 ) die Chronologie der HammurabiDynastie und der Völkerwanderungszeit völlig verwandelt wurde. Dadurch, daß die 1. Dynastie von Babylon noch einmal heruntergerückt werden mußte, ihr Ende somit kurz vor die Mitte des Jahrtausends (1530 v. Chr.) zu liegen kommt, fällt nun endlich die völlig leere Ubergangszeit zwischen dem Ende der Hammurabi-Dynastie und der Errichtung der neuen Bergvölkerherrschaften so gut wie ganz weg 3 ). Nicht nur liegt nun der Zug des Hethiterkönigs Murschil I. gegen Babylon kurz vor 1500 v. Chr. und erübrigt sich damit beinahe völlig das hypothetische Interregnum zwischen Altem und Neuem hethitischen Reith, nicht nur schrumpft jetjt die ereignislose Zeit der ersten Kassitenkönige in Babylon auf eine begreiflich kurze Periode zusammen, wir können je^t auch den zeitlichen Anschluß der ersten churrisch-mitannischen Denkmäler sowie derjenigen des langsam wieder zur Macht strebenden Assyrerreiches an den Ausgang der ersten Babylon-Dynastie herstellen. Zwischen dem Ende der Hammurabi-Zeit und dem Siegel des Königs Schauschatar von Mitanni auf einer Tontafel aus Nuzi 4 ) (Tf. 32 b) bleibt nur noch eine geringe Zeitspanne, die neuerdings noch überbrückt worden ist durch ein Siegel eines noch etwas älteren Königs, Schuttarna von Mitanni, auf einer Tontafel vom entgegengesetzten Ende des ChurriGebietes in Teil Atchana ( = Alalach) 5 ). Es hat nun nichts Verwunderliches mehr an sich, wenn auf einem und demselben Rollsiegel zwei Szenen nebeneinanderstehen, die eine im Stile der Samsuditana-Zeit, die *) A. Poebel, Journal of Near Eastern Studies I 1942, S. 247—306; II 1943, S. 56—90. — E. F. Weidner, AfO XIV, S. 362 ff. 2) Fr. Thureau-Dangin, Jasmah-Adad. In: Revue d'Assyriologie 1934, S. 135. 3) Vgl. noch VR, Seite 60. 4) A. Goetje, Hethiter, Churriter und Assyrer, Tafel 49 ; Starr, Nuzi II, Tafel 118, J. 5) Antiquaries Journal XIX 1939, Tafel XVIII, 4 u. S. 42 f. 8

100

IV. Bergvölker.

A. Churrischer

Kreis

andere churrischen Charakters 1 ) iTf. 33 a ) . Wenn es auch schwer einzusehen ist, wie ein und derselbe Steinschneider beide stilistisch so verschiedene Darstellungen geschnitten haben soll, so ist doch klar, daß beide Stile etwa gleichzeitig gewesen sein müssen. Daraus dürfen wir dann aber auch schließen, daß die Abrollungen auf den sogenannten Xerkuk-Tafeln und die stilverwandten Siegel und Siegelabrollungen aus Nuzi, Teil Atchana und Assur zeitlich unmittelbar an die ausgehende Hammurabi-Dynastie anschließen. Denn sie alle sind stilistisch verwandt mit der zweiten Szene auf Tf. 33 a.

A. C h u r r i s c h e r

Kreis

Seine Bildgedanken als Fortführung und Erweiterung des Tammuz-Marduk-Gedankens 1. ,,K e r k u k " - G l y p t i k Solange uns die Ruinen des oberen Mesopotamien noph die Überreste der churrisch-mitannischen Großkunst vorenthalten, müssen wir versuchen, uns ein Bild von dem churrischen Wesen mit Hilfe der genannten Glyptik zu verschaffen, sowohl was Bildgedanken wie Formgebung angeht. Erst eine Übersicht über die Bildgedanken dieser churrischen Kleinkunst wird uns zeigen, inwiefern die religiösen Gedanken der sumerischen Frühgeschichte auch nach der Überrumpelung Vorderasiens durch ganz neue Völkerstämme seit der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends ihre Herrschaft über die Geister behaupten konnten, wenn auch unter gleichzeitiger Anpassung und Weiterentwicklung. In der Tabelle zu Seite 100 findet man eine Zusammenstellung der Motive auf den wichtigsten Abrollungen und Originalrollsiegeln im sogenannten Kerkukstil, d. h. im Stil der Abrollungen auf den Tontafeln des 15. Jahrhunderts aus dem churrischen Arrapcha ( = K e r k u k ) 2 ) . Sie stammen, abgesehen von Kerkuk selber aus zwei Ortschaften jeweils am östlichen und westlichen Ende des churrischen Herrschaftsbereiches, Nuzi ( = Jolchan Tepe) 3 ), am Fuße des iranischen Grenzgebirges, und Ala') VR Nr. 583 und Furtwängler, Antike Gemmen I, Tafel I, 7; H. Frankfort, Cylinder Seals, Tafel XXXI a ( = BM. 89 315). Vgl. erste Bearbeitung von G. Conteneau, Les tablettes de Kerkuk ( = Babyloniaca IX, Heft 1/2). 3 ) Die Gesamtveröffentlichung der Nuzi-Abrollungen von E. Porada, Seal Impressions of Nuzi ( = Annual of the American Schools of Oriental Research, Bd. 24) N e w Haven 1947 wurde mir erst während der Drucklegung bekannt.

Ü b e r s i c h t

über

Β i 1d g e d a η k e

1 Baum (bzw. Standarte) + Tier (bzw. Adorant bzw. Mischwesen), meist wappenförmig 1. ChanigalbatSiegel (BittelGüterbock, Bogazköy. Abh. d. Akad. Berlin 1935, Tf.28,5 2. VR 565 3. VR 569 4. VR 572 5. VR 575 6. Weber 267 ~ ( Ion tena u 97 8. Contenau 99 '). Contenau 102 10. Contenau 104 11. Contenau 106 12. Contenau 107 13. Contenau 108 14. Contenau 126 15. Louvre A, 951 16. Louvre A, 495 17. Ward 1003 IH. Β ibi. Nat. 419 19. AT/8/92 20. AT/8/170 21. Nuzi, Tf. 119 C 22. Nuzi, Tf. 118 G 23. Nuzi, Tf. 118 F.

Motiv wie Spalte 1 unter Flügelsonne I Standarte)

1. SaussatarSiegel 2. Ward 956 3. Tiryns-Siegel Ath. Mitt. XLV. Tf. II, 6 = Frankfort, Tf. 42. 0 4. VR 568 5. Weber 268 a 6. Contenau 92 7. Contenau 93 8. Contenau 94 Contenau 95 10. Contenau 101 11. Contenau 130 12. Bibl. Nat. 468 13. Bibl. Nat. 419 14. AT 8'39, Ant. Journ. XIX, Tf. 13 15. AT/8/83 16. AT/8/170 (Flügelsonne von einem Mann mit beiden Händen gestütjt)

Figurenband (oder Einzelteile)

1. Suttarna-Siegel (Atchana) : Ant. Journ. XIX Tf. 18, 4 2. Saussatar-Siegel 3. Bibl. Nat. 440 •4. Louvre A, 951 5. Louvre A, 495 6. Coll.de Clerq 397

Löwe (bzw. S bzw. Greif im Kampf mit (bzw. Zieg


Und

im

JagdVor-

Saktschegözü

O b e r k ö r p e r , h i e r sicher als

die J a g d s / e n e von P a l m e n

eingefaßt

H . S . N y b e r g , D i e R e l i g i o n e n d e s A l l e n I r a n ( =- M V A e G B d . 4 3 ) S . 3 5 5 f f . W von S o d e n , R e l i g i o n und S i t t l i c h k e i t nach den A n s c h a u u n g e n d e r B a b y Z D M G X I V , 1 9 3 5 , S . 1 4 3 .bis 1 6 9 Κ S a r r » , D i e K u n s t des Alten P e r s i e n , T a f e l I L. D e l a p o r t e . L o u v r e , T a f e l 5 7 . 14 S a r r e , a . a . O . , T a f e l 16/17 Β M 89 132 A F u r t w ä n g l e r , A n t i k e G e m m e n 1. T a f e l 1/11

Μ ο ο r t ga t .

1 dumm/ 11

] 46

hachuorl

ist, so hat das gewiß nichts mit Landschaftsandeutung zu tun, beweist vielmehr, daß die Motive durchaus noch immer richtig verstanden werden. Beide Motive, der König mit dem Heiligen Baum unter der Flügelsonne und der König als Wagenkämpfer, die an den Wänden des AssurnasirpalPalastes in Nimrud noch getrennt waren, scheinen hier vereinigt zu sein. Der mythische Charakter der Wagenkampfszene, den wir schon für die assyrische Zeit nachgewiesen haben, wird ferner bei einem achämenidischen Stück wie dem Bostoner Rollsiegel 1 ) (Tf. 6 2 d) besonders deutlich; denn hier schwebt nicht bloß die Flügelsonne, das Gotteszeichen, über dem Ganzen, der Kampf gilt selber einem mythischen Wesen, dem oben erwähnten Unterweltsdrachen, dem gehörnten Löwengreifen. Zahlreich sind außerdem die achämenidischen Darstellungen des Königs, als solcher an Krone und Kleid deutlich zu erkennen, in dem uralten Schema des Drachen- und Tierbezwingers 2 ). Der König steht dabei gelegentlich unter der Flügelsonne (Tf. 6 2 b ) , wie es auch schon Assurnasirpal tat, allerdings nur bei der Verehrung des Heiligen Baumes. Bei diesen achämenidischen Stücken wird es also noch deutlicher als in der assyrischen Plastik, daß der König an die Stelle des Gottes tritt. Um welche Art von Gott es sich handelt, zeigen achämenidische Siegelbilder, die den heldischen Gottmenschen, der die Mächte des Todes besiegt, mit dem Baum, dem Zeichen des Lebens, meist in Gestalt einer Palme, aber gelegentlich auch einer stilisierten rein symbolischen Pflanze zusammenstellen 3 ) (Tf. 6 2 e ) . Wenn der achämenidische Steinschneider gerade die beiden Kernmotive des vorderasiatischen Unsterblichkeitsglaubens, den Baum und den Tierbezwinger zusammenfugt, liefert er den Beweis, daß er durchaus nicht etwa bloß alte entleerte Bildformeln tradiert und willkürlich als Ornamente verwendet, sondern sich ihres tieferen Gehaltes bewußt ist 4 ). Dieses Bewußtsein muß sich noch viele Jahrhunderte erhalten haben. Soviel wird jeder erkennen, der auch nur flüchtig den Blick über die Bildkunst der späteren Jahrhunderte in Vorderasien schweifen läßt. Es würde eine besondere Untersuchung erfordern, die den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, das Nachleben der hier betrachteten überzeitlichen ) H. Frankfort, Cylinder Seals, Tafel 37, n. ) Ζ. Β · VR, Tafel 89, Nr. 756 bis 762. :t ) VR Nr 756, 758 und 7 6 2 , 757 4) Auch die Gesamtkomposition der Wandreliefs in den Königspalästen zu Persepolis, die das sogenannte Symplegma, den Löwen, der einen Stier überfällt, verbindet mit Her ausführlichen Darstellung eines königlichen Festmahles zur Frühlingsfeier, ist ein Beweis für die ungebrochene Tradition in der Bildkunst. Sie bestätigt zugleich die Richtigkeit unserer Deutung der assyrischen Wandreliefs, in denen ebenfalls Kampf und Neujahrsfest vereinigt sind. Zu den Reliefs in Persepolis vgl. E. Herzfeld, Iranische Felsreliefs, S. 136 ff. und F. Sarre, in Berliner Museen, Amtl. Ber aus den preuß. Kunstsamml. 1929, S. 8 8 ff. 1

3

Nachwort

147

Motive und ihre Bedeutung bis in die romanische Zeit unseres Abendlandes zu prüfen. Ihr Weg führt über parthische, sassanidische, syrischhellenistische und byzantinische Denkmäler. Verweilen wir noch einen Augenblick an wenigen Punkten dieser langen Bahn. Die Reliefs ζ. B. an den berühmten Sarkophagen aus der Nekropole in Sidon 1 ) sehen wir nun mit anderen Augen als der Betrachter, der aus dem klassisch-griechischen Bereich kommt. Er bezieht die Kampfszenen auf die Kriege und Jagderlebnisse der beigesetjten Fürsten oder des großen makddonischen Eroberers und erkennt in einer Festmahlsszene, einem Sphinxpaar, in liegenden Löwen oder zwei geflügelten Löwengreifen neben einem stilisierten Akroter lediglich zufällige Genre· szenen oder geläufige ornamentale Einzelheiten. Wer die lange Entwicklung der Bildmotive des vorderasiatischen Jenseitsglaubens verfolgt hat, dem kann es nicht Zufall sein, wenn an einem Sarkophag, einem Denkmal, dessen Verzierung sicher auf das Jenseits zu beziehen ist, gerade zwei Sphinxe in wappenartiger Anordnung einander gegenüberliegen, wie sie seit der Kerkuk-Glyptik den Heiligen Baum, das Symbol des Lebens, flankieren. Vor allem kann es nicht von ungefähr sein, wenn Symposion und Kampfszenen an einem Denkmal thematisch gekoppelt werden oder wenn der Baum und zwei Löwengreifen an einem und demselben Denkmal zusammengestellt wird mit den heldischen Kämpfen des Alexander gegen Feind und Tier, den gleichen Kämpfen, wie sie die assyrischen Könige als Vertreter des Gottes gegen die Mächte des Bösen und des Todes führten. Ebensowenig Zufall kann es sein, wenn in parthischen Wandgemälden in Dura Darstellungen eines Trinkgelages mit Jagdkämpfen vereinigt werden 2 ). Die ständige Verbindung eines Symposions und einer Jagdszene, zweier Motive, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang zu haben scheinen, und zwar stets in Wohnungen oder Gräbern, d. h. an Denkmälern, die unmittelbar mit Leben und Tod, nicht mit dem Kult der Staatsgötter zu tun haben, kann nur verstehen, wer sie in der Entwicklung vorderasiatischer Religion und Bildkunst als Elemente eines umfassenden Bilderkomplexes kennengelernt hat 3 ). Die Bildersymbolik des vorderasiatischen Unsterblichkeitsglaubens wurde audi von verwandten Kulten, u. a. von dem Adonis- und Attiskult *) Vor allem Alexandersarkophag, Satrapensarkophag und Lykischer Sarkophag. Hamdi-bey et Théodore Reinach, Une nécroproie royale à Sidon, Paris 1892. 2 ) M. I. Rostovtzeff, Dura and the problem of Parthian Art. Yale Classical Studies V, 1935 S. 274 f. Abb. 71—73. 3 ) Daß Tammuz-Adonis in diesen Zeiten weiter verehrt wurde, beweist einerseits der Adonis-Tempel in Dura, der einzige seiner Art (The excavations at Dura, Preliminary report VII/VIII edited by P. V. C. Baur, M. I. Rostovtzeff etc., fig. 42, S. 150) neben zwei unveröffentlichten Tesserae aus Palmyra andererseits (Seyrig, Syria XV, S. 164). 11 ·

148

Nachwort

übernommen und gelangte damit zugleich ,in den Bereich der spätantiken Erlösungsmysterien 1 ), aus dem das Christentum dank seiner Beelischen und geistigen Tiefe sowie dem unvergleichlichen Ethos der Jesusgestalt am Ende sich siegreich erhebt. Die Zeiten sind vorbei, in denen eine übersteigerte Entdeckerfreude manchen Gelehrten dazu verführte, im alten Zweistromland den Urquell aller geistigen Dinge, vor allem audi des Christentums zu suchen. Niemand wird heute mehr Christus-Religion und Marduk-Kult bis in Einzelzüge der Passion in Parallele stellen 2 ). Eine andere Frage ist es jedoch — sie würde gewiß eine eigne Untersuchung rechtfertigen —· inwieweit der ursprünglich vom 'sumerischen Tammuzglauben geschaffene Bilderschat} vom frühen Christentum als Ausdrucksmittel für seine eignen, in vielen Einzelzügen verwandten Ideen übernommen worden ist. Die Tatsache, daß mehrere unserer überzeitlichen Motive sich durch das Frühchristentum der Spätantike und durch die byzantinische Kultur bis in die romanische Plastik gerettet haben, wäre dabei leicht festzustellen. Die inhaltlche Ähnlichkeit mehrerer Darstellungen in der romanischen Plastik mit frühen sumerischen Bildgedanken ist längst beobachtet worden 3 ). Wichtiger wäre es, den Sinn dieser heidnischen Bilder gerade an den heiligsten Denkmälern des mittelalterlichen Christentums zu fassen. Wenn diese letjte Frage auch nach unserer Feststellung des Ursprungs und der Bedeutung der Sinnbilder weiterhin schwer in eindeutiger Weise zu beantworten sein mag, so wissen wir nun doch, daß die Motive zwar heidnischer Herkunft sind, aber trotjdem alle mit einer Art von Glauben zusammenhängen, die zumindest aus ähnlichen seelischen Bedürfnissen gewachsen war wie das Christentum selber. Dieser überzeitliche Bilderschatj ist der Ausdruck für ein religiöses Weltbild, über das das Christentum zwar weit hinausgestiegen ist, das aber gleichsam der geistige Nährboden war, aus dem es selber erst hervorkeimen konnte. So ließe sich schließlich auch begreifen, daß ursprünglich sumerische Bildformeln in der romanischen Kunst als Ornamente an Kapitellen, Säulenbasen und anderen untergeordneten architektonischen Gliedern, an Stellen also weiterleben, wo sie gewissermaßen nur den Hintergrund für die Bilder des wahren Glaubens abgeben. ') Fr. Cumont, Die orientalischen Religionen im spätrömischen Reich. — R eigenstem, Die hellenistischen Erlösungsmysterien. — W. Schubart, Die religiöse Haltung des frühen Hellenismus. Der Alte Orient, Bd. 35, Heft 2. Ders., Hellenismus und Weltreligion. Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung, Jahrgang 2, Heft 5. 2 ) So tut es noch der um die Religionsgeschichte hochverdiente H. Zimmern in seiner Abhandlung zum babylonischen Neujahrsfest II, Sitjungsber. d. Sachs. Ges. d. Wissensch., Bd. 70, 1918, Heft 5, S. 12 f. 3 ) R. Bernheimer, Romanische Tierplastik und die Ursprünge ihrer Motive. —M. Baltrusaitis, Art sumérien, art roman. *

V E R Z E I C H N I S DER ABBILDUNGEN Abb. 1. Siegelabrollung auf Krugverschluß aus Susa. Nach Delaporte, Louvre, Tf. 39, 12. Abb. 2. Rollsiegel. Nach Newell, Nr. 690. Abb. 3. Glasurmalerei auf Toneimer aus Assur. Nach W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Tf. 23. Abb. 4. Bock aus Silber, Elektron und Lapis mit Baum aus Silber. Nach Ur Excav. II, Textband, Titelblatt. Abb. 5. Einlage eines Spielbrettes aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 97. Abb. 6. Tonform aus Mari. Nach Syria XVIII, Tf. XII 1. Abb. 7. Abrollung auf mittelassyrischer Tontafel VAT 8899. Nach ZA N. F. XIII, S. 72, Abb. 43. Abb. 8. Rollsiegel der Sammlung Southesk. Nach Catalogue II, Tf. VII Qc 11 = ZA N. F. XIII, S. 75 Abb. 52. Abb. 9. Orthostat aus Karkemisch. Nach Carchemish I, Preliminary report, Tf. Β 13 b. Abb. 10. Orthostaten vom Burgtor in Sendschirli. Nach Ausgrabungen in Sendschirli, III, Tf. XXXVIII. Abb. 11. Orthostat vom Teil Halaf. Nach M. von Oppenheim, Der Teil Halaf. Leipzig 1931, Tf. 24 b. Abb. 12. Rollsiegel. Nach Newell, Nr. 695. Abb. 13. Rollsiegel in Wien. Nach E. Unger, Sumerische und Akkadische Kunst, Abb. 31. Abb. 14. Basaltstele aus Uruk. Nach UVB V, Tf. 12 a und b. Abb. 15. Wandrelief aus dem Nordpalast in Kujundschik. Nach Meißner-Opig, Studien zum Bît-Hilâni, Tf. III, Platte 8 Mitte. Abb. 16. Orthostat vom Teil Halaf. Nach v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Leipzig 1931, Tf. 21 b. Abb. 17. Stempelsiegel. Nach L. Delaporte, Louvre, Tf. 57, 14 ( = K 5 ) . Abb. 18. Wandrelief aus dem Nordpalast in Kujundschik. Nach Meißner-Opitj, Studien zum Bît-Hilâni, Tf. III, Platte 13 oben. Abb. 19. Bruchstück eines Steingefäßes. Nach R. Hall, La sculpture babylonienne et assyrienne au British Museum. Ars Asiatica XI, Tf. II, 3. Abb. 20. Rollsiegel. Nach L. Delaporte, Louvre, Tf. 87, 2. Abb. 21. Steingefäß aus Teil Agrab. Nach ILN, 12. 9. 1936, S. 134, Abb. 16. Abb. 22. Abrollung auf mittelassyrischer Tontafel, VAT 8609. Nach ZA N. F. XIII, S. 78, Abb. 57. Abb. 23. Siegelabrollung aus Fara. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 46 f. Abb. 24. Rollsiegel. Nach VR Nr. 116. Abb. 25. Rollsiegel. Nach VR Nr. 154. Abb. 26. Rollsiegel. Nach VR Nr. 466. Abb. 27. Rollsiegel. Nach Delaporte, Bibl. Nat., Tf. I, 2. Abb. 28. Rollsiegel. Nach Delaporte, Louvre, Tf. 85, 10. Abb. 29. Wandrelief vom Apadana in Persepolis. Nach F. Sarre, Die Kunst des Alten Persien, Tf. 20. Abb. 30. Orthostat vom Teil Halaf. Nach v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Leipzig 1931, Tf. 26 a. Abb. 31. Orthostat vom Teil Halaf. Ebenda, Tf. 27 b. Abb. 32. Bemaltes Gefäß aus Chafadschi. Nach OIC 20, S. 64 f., Abb. 50 f. Abb. 33. Steinplatte aus Chafadschi (oberer Streifen). Nach OIC 13, Abb. 44.

150 Abb. 34. Siegelabrollung aus Ur. Nach Ur Excavations III, L. Legrain, Archaic Seal impressions, No. 384 ( = H. Frankfort, Cylinder Seals, Abb. 28). Abb. 35. Siegelabrollung aus Tell Asmar. Nach H. Frankfort, Cylinder Seals, Abb. 30. Abb. 36. Siegelabrollung aus der Zeit des Königs Eriba-Adad. Nach Weber, Altorientalisdie Siegelbilder, 316 a. Abb. 37. Rollsiegel. Nach L. Delaporte, Louvre, Tafel 97, 23. Abb. 38. Siegelabrollung aus der Zeit des Tukulti-Ninurta. Nach ZA N. F. XIII, Abb. 12. Abb. 39. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 642. Abb. 40. Plan des Schaditgrabes P G 789 in Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 29. Abb. 41. Rollsiegel. Nach Delaporte, Louvre, Tf. 71, 3. Abb. 42. Schnitt durch das Doppelschachtgrab P G 1050 in Ur. Nach Ur Excav. II, S. 95, Abb. 14. Abb. 43. Schnitt durch das Doppelschachtgrab P G 1054 in Ur. Nach Ur Excav. II, S. 103, Abb. 16. Abb. 44. Plan der Königsgräber der III. Dynastie in Ur. Nach Antiquaries Journal XI, Tf. XLV. Abb. 45. Plan des Schachtes der Königsgräber der III. Dynastie in Ur. Ausgezogen nach den punktierten Linien auf Antiquaries Journal XI, Tf. XLV. Abb. 46. Rollsiegel. Nach J. H. Ward, Seal cylinders of Western Asia, Nr. 199. Abb. 47. „Chanigalbat-Siegel" aus Bogazköy. Nach Bittel-Giiterbock, Bogazköy. Abh. d. Ak. d. Wiss. Berlin 1935, Tf. 28, 5. Abb. 48. Siegelabrollung aus Nuzi. Nach Starr, Nuzi, Tf. 119 B. Abb. 49. Rollsiegel. Nach Ward, Seal cylinders, Nr. 1003. Abb. 50. Siegelabrollung. Nach Weber, Altorientalische Siegelbilder, 268 a. Abb. 51. Siegelabrollung. Nach Weber, Altorientalische Siegelbilder, 254. Abb. 52. Siegelabrollung. Ebenda, 364 a. Abb. 53. Siegelabrollung. Ebenda, 56. Abb. 54. Wandmalerei in Kar-Tukulti-Ninurta. Nach W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Tf. 2. Abb. 55 u. 56. Wandmalerei aus Kar-Tukulti-Ninurta. Ebenda, Tf. 3. Abb. 57. Zeichnung nach den Wandreliefs in Nimrud, Budge, Assyrian Sculptures, Tff. XXX—XXXII. Abb. 58. Zeichnung nach den Wandreliefs in Nimrud, Budge, ebenda, Tf. XXXIII—XXXIV. Abb. 59. Planskizze des Saales Β im Palaste Assurnasirpals in Nimrud. Nach Layard, Niniveh and its remains, Plan III. Abb. 60. Wandrelief aus dem Nordpalast des Assurbanipal in Ninive. Nach Meißner-Opiß, Studien zum Bît-Hilâni, Tf. XVII.

VERZEICHNIS D E R

TAFELN Tf. 1 a. Rollsiegel. Nach Newell, Nr. 690. Tf. I b . Rollsiegel Β. M. 116 722. Nach E. Heinrich, Kleinfunde aus den archaischen Schichten in Uruk, Tf. 17 c. Tf. 1 c. Rollsiegel. Nach Heinrich, ebenda, Tf. 17 b. Tf. 2 a. Rollsiegel. Nach Delaporte, Louvre, Tf. 63, 4. Tf. 2 b. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 29. Tf. 3. Alabasterwanne. Nach Berliner Museen, Amtliche Berichte, Bd. 51, 1930, S. 2, Abb. 1 und 2. Tf. 4 a. Rollsiegel. Nach ZA N. F. VII, S. 20Ó. Tf. 4 b/5. Alabastergefäß aus Uruk. Nach E. Heinrich, Kleinfunde aus den archaischen Schichten in Uruk, Tf. 2/3 u. 38. Tf. 6 a. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 243. Tf. 6 b. Alabastergefäß. Nach R. Hall, La sculpture babylonienne et assyrienne au British Museum, Tf. II, 3. Tf. 7 a. gemaltes Gefäß aus Chafadschi. Nach OIC 20, S. 64 f., Abb. 50 f. Tf. 7 b. Steingefäß aus Teil Agrab. Nach ILN 12, 12. 9. 1936, S. 134, Abb. 16. Tf. 8 a. Steinerne Weihtafel aus Chafadschi. Nach OIC 13, Abb. 44. Tf. 8 b. Steinerne Weihtafel aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 181 unten. Tf 9 a. Steinerne Weihtafel aus Chafadschi. Nach OIC 20, Abb. 21. Tf. 9 b. Steinerne Weihtafel. Bruchstück aus Chafadschi. Nach OIC 19, Abb. 59. Tf. 10 a. Steinerne Weihtafel. Bruchstück aus Fara. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 21 b. Tf. 10 b. Steinerne Weihtafel. Bruchstück aus Fara. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 21 c. Tf. 11. Steinerne Weihtafel. Bruchstück aus Fara. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 21 a. Tf. 12 a/b. Steinerne Weihtafel. Fragmente aus Chafadschi. Nach OIC 19, S. 51, Abb. 60. Tf. 12 c. Steinerne Weihtafel aus Susa. Nach Mémoires de la Délégation en Perse XIII, Tf. 40, 3. Tf. 13 a. Steinerne Weihtafel aus Tell Asmar. Nach OIC 19, Abb. 6. Tf. 13 b. Steinerne Weihtafel aus Chafadschi. Nach ILN 1934, 19. 6., S. 913, Abb. 22. Tf. 14 a. Steinerne Weihtafel. Bruchstücke aus Teil Asmar. Nach OIC 19, S. 23, Abb. 23. Tf. 14 b. Steinerne Weihtafel. Bruchstück aus Chafadschi. Nach OIC 16, S. 78, Abb. 49. Tf. 15 a. Steinerne Weihtafel aus Fara. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 20 f. Tf. 15 b. Steinerne Weihtafel aus Fara. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 22 a. Tf. 16 a. Rollsiegel. Nach E. Heinrich, Fara, Tf. 50 a. Tf. 16 b. Steinerne Weihtafel aus Susa. Nach Mémoires de la Délégation en Perse XIII, Tf. 40, 9. Tf. 17 a. Rollsiegel Β. M. 89 538. Nach Photographie. Tf. 17 b. Rollsiegel. Nach Delaporte, Bibl. Nat. No. 51. Tf. 17 c. Statuette aus Chafadschi. Nach OIC 19, Abb. 87 rechts. Tf. 17 d. Statuette aus Mari. Nach Syria XVI, Tf. XX, 2. Tf. 18 a. Doppelgefäß mit Ständer in Form zweier Ringer. Nach ILN, 10. 12. 1938, S. 1094, Abb. 11. Tf. 18 b. Steinerne Weihtafel. Bruchstücke aus Chafadschi. Nach ILN 10. 12. 1938, S. 1092, Abb. 6.

152 Tf. 19 a. Rollsiegel. Nach Ur Excav. II, Tf. 192, 12. Tf. 19 b. Kalksteinrelief. Nach Ur Excav. I, Al-Ubaid, Tf. 35. Tf. 19 c. Siegelabrollung des Meschannipadda aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 207, Nr. 214. Tf. 20. Bronzerelief aus El Obed. Nach Ur Excav. I, Al-Ubaid, Tf. 6. Tf. 21. Silbervase des Entemena. Nach DC, Tf. 43b-s. Tf. 22 a. Einlagefries aus El Obed. Nach Ur Excav. I, Al-Ubaid, Tf. 32, 3. Tf. 22 b. Einlagefries aus El Obed. Nach Ur Excav. I, Al-Ubaid, Tf. 31. Tf. 23 a. Silberboot aus der Grabkammer Pg 789 in Ur. Nach Ur Excav. II. Tf. 169 a. Tf. 23 b. Spielbrett mit Spielsteinen aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 96. Tf. 24. Stirnseite einer eingelegten Leier aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 105. Tf. 25 a. Säge und Meißel aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 158 b. Tf. 25 b. Bock mit Baum aus Ur (Photographie). Nach Ur Excav. II, Textband. Titelblatt. Tf. 26 a. Stirnseite einer Harfe aus Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 110. Tf. 26 b. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 153. Tf. 27 a. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 179. Tf. 27 b. Rollsiegel. Nach Ball, Light from the East, Abb. 15. Tf. 27 c. Rollsiegel. Nach Delaporte, Louvre, Tf. 71, 4. Tf. 28 a. Rollsiegel. Nach Iraq I, Tf. III f. Tf. 28 b. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 145. Tf. 28 c. Rollsiegel Β. M. 89 115. Nach E. D. Van Buren, The flowing vase and the God with streams. Tf. II, fig. 6. Tf. 29 a. Rollsiegel. Nach Ur Excav. II, Tf. 215, Nr. 364. Tf. 29 b. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 467. Tf. 29 c. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 297. Tf. 29 d. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 290. Tf. 29 e. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 305. Tf. 29 f. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 382. Tf. 29 g. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 345. Tf. 30 a. Tonform aus Mari. Nach Syria XVIII, Tf. XII, 4. Tf. 30 b. Tonform aus Mari. Nach Syrip XVIII, Tf. XII, 1. Tf. 31 a. Tonform aus Mari. Nach Syria XVIII, Tf. XII, 2. Tf. 31 b. Steinplatte aus Babylon, Gußform. Nach W. Andrae, Berliner Museen, Amtliche Berichte 1937, S. 34. Tf. 32 a. Terrakottarelief aus Larsa. Nach E. D. Van Buren, Clay figurines of Babylonia and Assyria, S. 103, Abb. 139. Tf. 32 b. Siegel des Königs Saussatar. Nach Starr, Nuzi II, Tf. 118 J. Tf. 33 a. Rollsiegel B. M. 89 315. Nach H. Frankfort, Cylinder Seals, Tf. XXXI a. Tf. 33 b. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 575. Tf. 33 c. Rollsiegel aus Teil Atchana. Nach, Antiquaries Journal XIX, Tf. 13, AT 8/92. Tf. 33 d. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 565. Tf. 34 a. Tiryns-Siegel. Nach Athenische Mitteilungen XLV, Tf. II, 6 = Frankfort, Cylinder Seals, Tf. 42 o. Tf. 34 b. Rollsiegel aus Teil Atchana. Nach Antiquaries Journal XIX, Tf. 13, AT 8/170. Tf. 34 c. Schuttarna-Siegel aus Teil Atchana. Nach Antiquaries Journal XIX, Tf. 18, 4. Tf. 34 d. Rollsiegel. Nach Delaporté, Louvre, Tf. 97, 24 A 951. Tf. 34 e. Rollsiegel aus Teil Atchana. Nach Antiquaries Journal XIX, Tf. 13, AT 8/39. Tf. 35. Goldschale aus Ras Schamra. Nach Cl. F. A. Schaeffer, Syria XV, S. 130, Tf. XVI. Tf. 36. „Standarte" aus dem Königsfriedhof in Ur. Nach Ur Excav. II, Tf. 91/92 Tf. 37 a. Kleiner Orthostat vom Teil Halaf. Nach v. Oppenheim, Der Teil Halaf, 1931, Tf. 19 a.

153 Tf. 37 b. " Tf. 38. Tf. 39 a.

Fragment eines Reliefs aus Malatia. Nach A. Moortgat, Bergvölker, Tf. LVIII. Löwenjagdrelief aus Saktschegözii. Nach Photographie. Großer Orthostat vom Teil Halaf. Nach v. Oppenheim, Der Teil Halaf, 1931, Tf. 8 b. Tf. 39 b. Großer Orthostat vom Teil Halaf. Ebenda, Tf. 8 a. Tf. 40 a. Großer Orthostat vom Teil Halaf. Ebenda, Tf. 9 b. Tf. 40 b. Großer Orthostat vom Teil Halaf. Ebenda, Tf. 9 a. Tf. 41 a. Große Orthostaten vom Teil Halaf, Rekonstruktion. Ebenda, Tf. 10 b. Tf. 41 b. Kleiner Orthostat vom Teil Halaf. Ebenda, Tf. 24 b. Tf. 42 a. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 23 a. Tf. 42 b. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 31 b. Tf. 43 a. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 35 a. Tf. 43 b. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 23 b. Tf. 44 a. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 37 a. Tf. 44 b. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 26 a. Tf. 45 a. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 28 a. Tf. 45 b. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 26 b. Tf. 45 c. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 27 a. Tf. 46 a. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 21 b. Tf. 46 b. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 36 b. Tf. 47. Kleiner Orthostat, ebenda, Tf. 38. Tf. 48 a. Orthostat aus Sendschirli. Nach Ausgrabungen in Sendschirli, III, Tf. XXXXVI. Tf. 48 b. Orthostat aus Karkemisch. Nach Cardiemish, Preliminary report I, Tf. Β 13 b. Tf. 49. Orthostat aus Sendschirli. Nach Photographie. Tf. 50 a. Rollsiegel. Nach Weber, Altorientalische Siegelbilder, Nr. 418. Tf. 50 b. Orthostat aus Saktschegözii. Photographie ( = Bossert, Altanatolien, Nr. 885). Tf. 50 c. Metallplakette aus Alaca Hüyük. Nach AfO XIV, S. 96, Abb. 8. Tf. 51. Kultrelief aus Assur. Nach W. Andrae, WVDOG 53, Tf. 1. Tf. 52 a. Rollsiegel aus der Sammlung Southesk. Nach Catalogue III, Tf. VII Qc 11. Tf. 52 b. Rollsiegel. Naih Delaporte, Bibl. Nat., Nr. 307. Tf. 52 c. Rollsiegel. Nach Delaporte, Louvre, Tf. 89, 19. Tf. 52 d. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 676. Tf. 52 e. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 606. Tf. 53. Tf. 54. Tf. 55. Tf. 56. Tf. 57. Tf. 58. Tf. 59. Tf. 60 a. Tf. 60 b. Tf. 60 c. Tf. 61 a. Tf. 61 b.

Reliefplatte aus Chorsabad. Nach Musée du Louvre. Catalogue des Antiquités assyriennes, No. 16/17, Tf. VIII. Wandrelief aus dem Palast des Assurnasirpal in Nimrud. Nach E. A. Wallis Budge, Assyrian Sculptures in the British Museum, Tf. XI. Wandrelief, ebenda, Tf. XXVII. Kleines Basaltrelief. Nach A. Moortgat, Bergvölker, Tf. 27. Wandrelief aus dem Palast des Assurnasirpal in Nimrud. Nach Budge, Assyrian Sculptures, Tf. XII u. XIX. Wandrelief, ebendaher. Nach Meißner-Opig, a. a. O., Tf. X. Wandrelief aus dem Nordpalast des Assurbanipal in Ninive (Kujundschik). Nach Meißner-Opig, Studien zum Bît-Hilâni, Tf. X. Rollsiegel. Nach VR, Nr. 732. Rollsiegel B. M. 89 135. Nach Frankfort, Cylinder Seals. Tf. XXXIII a. Wandrelief (Fragment) aus dem Nordpalast des Assurbanipal in Ninive (Kujundschik). Nach C. J. Gadd, The stones of Assyria, Tf. 46 b. Phönikisches Elfenbein. Nach R. D. Barnett, Iraq II, Tf. XXVI 2. Stein aus Altintasch in Phrygien. Nach H. Bossert, Altanatolien, Abb. 1107.

154 Tf. 62 a. Rollsiegel Tf. I, 11. Tf. 62 b. Rollsiegel. Tf. 62 c. Relief am des Alten Tf. 62 d. Rollsiegel. Tf. 62 e. Rollsiegel.

Β. M. 89 132.

Nach A. Furtwängler, Antike Geramen I,

Nach VR, Nr. 758. Palaste des Darius in Persepolis. Nach F. Sarre, Die Kunst Persien, Tf. 11. Nach Frankfort, Cylinder Seals, Tf. XXXVII n. Nach VR, Nr. 762. *

V Κ R Ζ Κ I (. Η \

I S

D K K Α Β Κ U R Ζ AAA AfO AJ AO

AT/8 + Nr. Bergvölker BMQ Contenau + Nr 1)C Delaporte, B i b l . Nat. Delaporte.

Louvre

ILN JRAS Louvre + Nr MVAeC Newell

N. F .Nuzi OIC OIP OI.Z L r F.\ca\ II IVB

VAT VR

Ward + Nr Weber + Nr WVDOG ZA ZDMG

V Ν G Κ Ν

= Annals of Archeology and Anthropology University of Liverpool. = Archiv für Orientforschung. = Antiquaries J o u r n a l . = Der Alte Orient. Gemeinverständliche Darstellungen, herausgegeben von der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft. = C. L . Woolley, Antiquaries J o u r n a l X I X , 1 9 3 9 . = Anton Moortgat, Die Kunst des Alten Orients und die Bergvölker. Berlin 1 9 3 2 . = British Museum Quarterly. = G. Contenau, Les tablettes de K e r k u k ( = Babyloniaca I X . 1-2). = Découvertes en Chaldée par L . de Sarzec et L . Heuzey. = L . Delaporte, Catalogue des cylindres orientaux de la Bibliothèque Nationale. = L . Delaporte, Catalogue des cylindres orientaux du Musée du Louvre. = Illustrated London News. = J o u r n a l of the Royal Asiatic Society. = L. Delaporte, Catalogue des cylindres orientaux du Musée du Louvre. = Mitteilungen der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft. = H. H. von der Osten, Ancient Oriental Seals in the Collection of Mr. Ε . Τ Newell ( = Oriental Institute Publications, B d . X X I I ) . = Neue Folge. = Starr, Nuzi. = Oriental Institute Communications. University of Chicago. = Oriental Institute Publications. University of Chicago. = Orientalistische Literatürzeitung. = C. L . Woolley, U r Excavations II. T h e royal cemetery. T e x t und T a f e l b a n d . = Vorläufige Berichte über die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Uruk W a r k a unternommenen Aus grabungen (Abhandlungen der preußischen Akademie der Wissenschaften). = Vorderasiatische Abteilung der Staatlichen Museen zu Berlin, T o n t a f e l . = Anton Moortgat, Vorderasiatische Rollsiegel. Ein Beitrag zur Geschichte der Steinschneidekunst. Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatische Abteilung. Berlin 1 9 4 0 . = Ward. Seal Cylinders of Western Asia. = O. Weber, Altorientalische Siegelbilder. Der Alte Orient, Bd. 17/18. = Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen OrientGesellschaft. = Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie. = Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.

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