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German Pages 180 [151] Year 1978
STURMGESANG
WERNER MÖLLER KRIEG UND KAMPF
TEXTAUSGABEN ZUR FRÜHEN SOZIALISTISCHEN LITERATUR IN DEUTSCHLAND Herausgegeben vom Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der D D R durch Dr. URSULA MÜNCHOW
BAND XVI!
WERNER MÖLLER STURMGESANG KRIEG UND KAMPF Gedichte
Herausgegeben und eingeleitet von
MATHILDE D A U
AKADEMIE-VERLAG 1977
BERLIN
Erschienen im Akademie-Verlag 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1977 Lizenznummer: 202 • 100/362/77 Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer", 582 Bad Langensalza Bestellnummer: 7529489 (2119/XVI1) • LSV 7109 Printed in G D R D D R 12,50 M
INHALT
IX
EINLEITUNG
1
TEXTE
3
STURMGESANG
5
Geleitwort
5
Kampfruf!
6
Wir!
7
Du giltst als Lump, t ' o t z alledem!
9
Das Wahlrecht her!
9
Demonstration!
10
Wacht auf!
12
Das alte und das neue Jahr
13
Ausnahmegesetze ?
14
Ihr habt das Recht verstoßen!
15
Karl Marx
16
Sedan!
17
Der Proletarier
18
Der Mai
19
Ein Straßenbild
21
Bilder aus einer Gießerei
22
Proletarierkind!
23
Der Greis
24
Ein kleines, dummes Lied
25
Zarenreise
26
Die Marseillaise
27
Das Mägdlein und der Sonnenstrahl
28
An die Kriegshetzer
29
August Bebel tot
30
Der Sturmwind und der Eichenbaum
V
30
Die Bergarbeiter (1911)
31
Der alte Schmied
32
Ein Loblied auf Preußen
33
Das Feuer im Walde
34
An einen Verzagten
35
Proletarierwerbung
35
Gassenbüblein
36
Der Schmied
37
D e r Selbstmörder
37
Verboten!
38
Die Dirne
39
D a s Lied der Dirne
39
Der Krieg
40
Walzbruderlied
42
Sterben!
42
Nachruf!
45
KRIEG UND KAMPF
47
Motto
47
Wort und T a t !
48
Weltenbrand
48
Das ist der Krieg
49
Gebrüder Tod
51
Siegestaumel
52
Krieg und Christentum
53
Soldatenabschied
54
Vision!
56
Was die Geschichte raunt
56
Eule und Zeisig
56
Der Baum
58
Der Perpendikel
59
An den Reichstag!
59
Die Parlamentarier!
VI
61
Die Mutigen
61
Kampfruf!
61
W i r schreiten!
63
Die Revolution
63
D i e Revolution
64
D i e deutsche Revolution
65
D e r Kommunismus
67
Klassenjustiz
68
Proletarierherzen
68
Die Mutter!
69
H o c h klingt das Lied v o m braven M a n n !
70
„Liebe"
71
A n die sinkende Sonne!
71
In jeder A d e r trotzig Blut
73
NACHLESE
75
Der mutige T y r a s !
76
D i e Tribunen
77
Siegfried und der Drachen!
81
A N H A N G
83
Dokumente
94
Anmerkungen zur Einleitung
99
Anmerkung zu den Texten und Dokumenten
100
Bibliographie
VII
EINLEITUNG
An jenem historisch denkwürdigen Tag des 25. Januars 1919, als das Berliner Proletariat mit einer seiner mächtigsten Demonstrationen einunddreißig gefallenen und ermordeten Kämpfern der revolutionären Arbeiterbewegung im damaligen Deutschland das letzte Geleit gab, war unter den Toten nicht nur ihr bedeutendster Führer, Karl Liebknecht, sondern auch ein proletarischer Dichter: Werner Möller. Er hatte nicht irgendwo „auf einer höheren Warte, als auf den Zinnen der Partei" 1 gestanden, auch nicht nur sein Wort in den Dienst der revolutionären Sache des Proletariats gestellt, sondern — wie es der Titel eines seiner Gedichte sagt — mit „Wort und Tat" an jener im weitesten Sinn des Wortes „letzten Schlacht" teilgenommen, die bis heute noch nicht beendet ist. Den Teilnehmern am Trauerzug, der sich vom Alexanderplatz über die Frankfurter Allee bis nach Friedrichsfelde bewegte2, war die Größe der Tat noch bewußt, die zum Tode des Dichters geführt hatte. Heute werden es nur noch wenige wissen, daß auch er in dem Massengrab ruht, das nun zur Gedenkstätte der Sozialisten geworden ist, immer noch Ziel unserer Demonstrationen zur Ehrung der gefallenen Revolutionäre: Vermächtnis, das seine revolutionierende Kraft nicht verlieren wird. Sich ein Bild von der Persönlichkeit Werner Möllers zu machen ist für den Nachforschenden nicht einfach. Sein tragischer Tod deutet auf ein bewegtes, arbeits- und kampfreiches Leben. Aber sein hinterlassenes lyrisches Werk ist schmal, seine Biographie fast stumm. Die Erinnerungen seiner Zeitgenossen sagen nichts über ihn aus. Von seiner Frau gibt es nur einige spärliche Auskünfte über die XI
Umstände seines Todes. 3 Weder seine Frau noch sein einziger Sohn, einst in Worpswede lebend, waren bisher aufzufinden. Auch in offiziellen sozialdemokratischen Zeitschriften und Anthologien — nach 1910 schon tief im Sog des Revisionismus und Opportunismus der rechten Parteiführung — sucht man vergeblich nach Spuren seines Schaffens. Nur in drei Zeitschriften der Linken, der Bremer „Arbeiterpolitik" 4 , den Berliner „Lichtstrahlen" 5 und der „Jungen Garde" 6 (in der in den zwanziger Jahren noch einige Gedichte Möllers nachgedruckt wurden), finden sich einige Gedichte und politisch-theoretische Beiträge. 7 Was vielleicht mehr zu denken gibt: Auch heute, angesichts einer ganzen Welle sozialdemokratischer Aktivitäten in der BRD, sich durch die Berufung auf proletarische Traditionen eine Art historischer Legitimation zu sichern, wird Werner Möller verschwiegen. 8 Doch selbst in unseren Anthologien politischer Dichtung ist er kaum vertreten, sofern es sich nicht um spezielle Sammlungen proletarisch-revolutionärer Literatur handelt. 9 Die spärlichen literatur-historischen Würdigungen, die er in wissenschaftlichen Standardwerken erfuhr, etwa im Band 9 der „Geschichte der deutschen Literatur" 1 0 und — etwas ausführlicher — in Alfred Kleins verdienstvollem B u c h " , das sich speziell dem Beitrag der deutschen Arbeiterschriftsteller zur Entwicklung einer sozialistischen deutschen Nationalliteratur widmet, konnten wesentliche Forschungslücken noch nicht schließen. In beiden Werken ist die Tendenz nicht überwunden, den historischen Wert der Gedichte Werner Möllers zu gering anzusetzen, da man zu sehr von der an sich richtigen Beobachtung ausgeht, daß ihm der eigentliche Durchbruch zu einer sozialistischen Lyrik neuer Qualität und der ihr entsprechenden modernen Formensprache noch nicht gelang. Dabei werden zwar erste Ansätze in dieser Richtung wahrgenommen, die sich vor allem in den um 1917/1918 entstehenden Gedichten entwickeln, aber sie konnten dort noch nicht differenziert analysiert werden. Eine gründliche Analyse hätte Möllers Versuche, politisch zu dichten, aus ihrem unmittelbaren Zusammenhang mit seinem Wirken in den linken Presseorganen der Partei erschließen und werten müssen. Erst im Kontext der damals XII
geführten komplizierten Debatten um Strategie und Taktik der Arbeiterpartei sind die neuen Elemente operativpolitischer Ansätze in Möllers Gedichten zu erkennen, die in die spätere Phase der proletarisch-revolutionären Lyrik hinüberreichen. Diese Leistung ist um so mehr zu würdigen, als sie auf beinahe „einzelgängerische" Weise unter Bedingungen erworben wurde, die für eine breite Entfaltung sozialistischer politischer Dichtung ungünstig waren. Zuallererst ist es der politische Dichter, der auf die alle kulturellen revolutionären Potenzen der Arbeiterbewegung mobilisierende Kraft, auf eine Leninistische Partei neuen Typus, angewiesen ist. Diese Bedingung aber war in den Jahren zwischen 1910 und 1916 nicht gegeben. 12 Andererseits findet man in den eben genannten literaturwissenschaftlichen Werken eine weitaus differenziertere Behandlung der verbürgerlichten Arbeiterdichter vor — nicht zuletzt auch deshalb, weil hier schon gründlichere Forschungsmaterialien genutzt werden konnten. Insgesamt aber entsteht doch der Eindruck einer Disproportion, vergleicht man die Abschnitte, die den Lersch, Bröger, Bartheis und anderen gewidmet sind, mit der Intensität der Ausführungen zum Werk der den revolutionären Idealen der Arbeiterbewegung treu gebliebenen eigentlichen Arbeiterdichter. Um der Kompliziertheit der widerspruchsvollen Entwicklung des politischen Gedichts unter den für dieses Genre besonders ungünstigen Literaturverhältnissen ohne auswählende Beschönigung nachzugehen, wurde für die Reihe der „Textausgaben zur frühen sozialistischen Literatur" erstmalig der edito: ische Weg gewählt, alle bisher gesammelten und neu aufgefundenen Gedichte zu veröffentlichen, einschließlich der wenigen bisher schon zugänglich gewordenen. Angesichts mangelnder Forschung gilt es nun um so mehr für uns, das Leben und Schaffen dieses politischen Dichters aus der Anonymität der großen historischen Prozesse ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, so weit das auch anhand der wenigen Tatsachen möglich ist, die uns allein durch Friedrich Harjes, den Herausgeber der Nachlaßgedichte Werner Möllers, übermittelt wurden. 13 Es scheint gerade die umgekehrte Chronologie geeignet zu XIII
sein, die Entwicklung einer revolutionären Persönlichkeit zu ermessen, die sich in den komplizierten Jahren zwischen der Jahrhundertwende und dem Epochenumbruch des Roten Oktober von 1917 vollzog. Und ohne den Begriff über Gebühr zu beanspruchen, wird sich dabei ein Menschenschicksal von einer gewissen Epochenrepräsentanz sichtbar machen lassen. Wir sehen den Dichter am Ende seiner Laufbahn als Schriftleiter des „roten" Vorwärts. 14 Er war nach Berlin gegangen, sobald sich dort die ersten Zeichen der revolutionären Ereignisse ankündigten, und nicht nach Chemnitz, wo man ihm die Stelle eines Redakteurs im „Kämpfer", einem Zeitungsorgan linksgerichteter Parteikräfte innerhalb der SPD, angeboten hatte. 15 Er gehörte zu der Gruppe von Spartakisten, die die Redaktion des „Vorwärts" besetzt und in die eigenen Hände genommen hatten. Nachdem konterrevolutionäre Noske-Truppen das „Vorwärts"-Gebäude in einem zweistündigen Bombardement mit Artillerie beschossen hatten, trat Möller mit der weißen Fahne an die Spitze einer Delegation von Parlamentären, um angesichts der Übermacht des Gegners weiteres Blutvergießen zu verhindern. Wie die übrigen Parlamentäre von den fanatisierten Noske-Soldaten gequält, verstümmelt und ermordet, sollte er zur Abschreckung für die gesamte „Vorwärts"-Besatzung dienen, für die dreihundert Männer, die kurz nach der Übergabe in eine Kaserne geschleppt wurden und nur durch Zufall dem Tod entgingen. 16 Möllers Tod gehört zu jenen grausigen Schandmalen, die die Konterrevolution sich immer wieder gesetzt hat. Sein selbstloser Einsatz für die revolutionäre Sache und das Leben der Mitstreiter ist die Konsequenz eines Lebenslaufs, der mit den entscheidenden politischen und sozialen Tendenzen jener Jahre eng verknüpft war. Von frühester Jugend an war der am 6. Februar 1888 in Barmen geborene Sohn eines Schuhmachers in der politischen Bewegung der revolutionären Sozialdemokratie tätig. Seine ersten publizistischen Arbeiten — veröffentlicht in der Barmer „Freien Presse" 17 — waren „flammende Aufrufe an die Arbeiterbrüder" 18 . Bereits 1913 gab er unter dem Titel „Sturmgesang" im Selbstverlag seinen ersten Gedichtband heraus. Weitere Gedichte erschienen dann zwischen 1915 und 1918 im 2. bis 4. Jahrgang der „Lichtstrahlen", in einer Zeitschrift, über XIV
die Lenin 1915 schrieb:„Die offizielle deutsche Sozialdemokratie, die in der II. Internationale die stärkste und die führende Partei gewesen ist, hat der internationalen Arbeiterorganisation auch den empfindlichsten Schlag versetzt. Zugleich aber damit regte sich in der deutschen Sozialdemokratie auch die stärkste Opposition. Unter den großen europäischen Parteien war es die deutsche, in welcher die Genossen, die der Fahne des Sozialismus treu geblieben waren, zuerst die laute Stimme des Protestes erhoben. Mit Freuden lasen wir Zeitschriften wie die .Lichtstrahlen' und ,Die Internationale'... Das zeugte davon, daß unter den deutschen Arbeitern der Geist des Sozialismus lebendig ist, daß es in Deutschland noch Männer und Frauen gibt, fähig, den revolutionären Marxismus zu verteidigen." 19 Zu diesen Männern gehörte Werner Möller. Verbürgt ist seine Auseinandersetzung mit der Rechtfertigung der Kriegspolitik durch Friedrich Ebert, der damals Reichstagsabgeordneter für Barmen-Elberfeld war. Sicher ist weiterhin, daß Möller wegen Verbreitung von f lugblättern Liebknechts im Jahr 1916 zu zwölfeinhalb Monaten Festungshaft 20 verurteilt wurde. Auf den Einfluß, den diese politische Tätigkeit und die Mitarbeit in Zeitschriften — später vor allem auch in der „Arbeiterpolitik" — auf Inhalt und Struktur seiner politischen Dichtung gehabt hat, wird noch zurückzukommen sein. Möller lebte mit seiner Frau und seinem Sohn, der zur Zeit seiner Ermordung sieben Jahre alt war, in Worpswede. Heinrich Vogeler, der bekannte Maler und Grafiker, war mit ihm befreundet und gestaltete auch die Titelblattvignette und das Porträt des Autors für den postum herausgegebenen zweiten Band „Krieg und K a m p f , der Möllers Gedichte aus der Zeit des I. Weltkrieges und der Novemberrevolution enthält. In jenen Jahren nahm er an den Aktivitäten der Bremer Linken teil, die einen Zusammenschluß aller linken Kräfte gegen die rechte SPDFührung und gegen die Zentristen zu organisieren suchten.21 In diesem Sinne sprach Möller im Herbst 1918 auf einer illegalen Konferenz von seiner Hoffnung auf ein „künftiges freies Menschentum" durch den Sieg des Sozialismus.22 Es muß vorerst offen bleiben, ob und in welchem Maße er im Verlauf seiner politischen Entwicklung von gewissen anarcho-syndikalistischen Vorstellungen23 Abstand nahm, XV
durch die anfangs seine Opposition gegen die SPD-Führung sehr stark bestimmt war. Noch im Sommer 1918 forderte er in der „Arbeiterpolitik" eine proletarische „Einheitsorganisation", die sowohl eine Führungspartei als auch spezielle Gewerkschaften überflüssig machen sollte.24 Das hinderte ihn aber nicht daran, in den entscheidenden Monaten vom November 1918 bis zum Januar 1919 an der Seite Kai' Liebknechts mit den Spartakisten zusammenzugehen und sich dem revolutionären „Vorwärts" als Schriftleiter zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt war Möller jedenfalls alles andere als ein spontan reagierender und ebenso schnell resignierender radikaler „Linker". Seine Grundhaltung richtete sich immer darauf, dem Proletariat einen revolutionären Weg zur Veränderung der Gesellschaft zu eröffnen, wenn es ihm auch sicher nicht gelang, bis zu wirklich leninistischen Auffassungen von der Rolle der Partei im revolutionären Prozeß — eingeschlossen die komplizierten Probleme der Bündnispolitik unter imperialistischen Bedingungen — vorzudringen. Diese Problematik teilte er jedoch mit vielen kampfbereiten Genossen in der deutschen Arbeiterbewegung. Im praktischen Kampf gegen Kapitalismus und Krieg, gegen Opportunismus und jede arbeiterfeindliche Politik hat Werner Möller stets auf der richtigen Seite der Barrikade gestanden. Wie weit er dabei in seinen Gedichten zu einer realistischen Analyse der Epoche und zu einer ihr angemessenen ästhetisch-weltanschaulichen Haltung gegenüber der Wirklichkeit gelangte, läßt sich nur konkret — anhand der Gedichttexte und der künstlerischen Entwicklung des Autors — beantworten. Hier sei zunächst nur dem Nachruf der „Arbeiterpolitik" für ihren Mitarbeiter zugestimmt: „Erst 30 Jahre alt, hätte Werner Möller noch großes leisten können. Seine rastlose Tätigkeit, seine Besonnenheit, sein zielklarer Wille werden uns ein Vorbild und unvergeßlich sein." 2: „Sturmgesang" nannte Möller seinen ersten Gedichtband von 1913. In diesem Motiv liegt schon etwas von der drohenden Ankündigung des „Weltenbrandes", den die imperialistischen Mächte bald entfacht hatten; zugleich wird in ihm die Erhebung der Arbeitermassen vorweggenommen, mit der eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte eröffXVI
net werden sollte. Aber die Zeit war noch nicht reif für den Ausbruch der Revolution. Werner Möller wandte sich in seinen frühen Gedichten daher vor allem jener Welt zu, in der die Arbeiterklasse das Höchstmaß an Ausbeutung und Unterdrückung zu erdulden hat, in der aber auch die Wurzeln ihrer Kraft und ihrer in die Zukunft weisenden geschichtlichen Rolle liegen: der Welt der Arbeit und der Stellung des arbeitenden Menschen in und zu ihr. Aus der Reihe einiger Gedichte zu diesem Thema ragt eines besonders hervor: „Bilder aus einer Gießerei". 2 6 Die erste Strophe lautet: Kein Donnerkrachen, kein Hammergedröhn, Kein Sausen und Stampfen und Rädergestöhn; — Wie ein Ameisenhaufen in kribbelnder Hast, So eilt's durcheinander ohne Ruhe und Rast. Die tragen Formen mit eilendem Fuß, Die schleppen von dannen den fertigen G u ß ; Die sieben und schaufeln, der Staub wallt empor, Er dringt in das Auge, füllt Nase und Ohr, Und lagert schwarze Wolken im Raum, Daß einer erkennt den anderen kaum. — Doch die Arbeit geht weiter, ohne Ruhe und Rast, Das eilt durcheinander in kribbelnder Hast, Die Stunden sind kostbar, ist lang auch die Fron, Denn schwer sind die Zeiten, und karg ist der Lohn. Und der Sklave von heute front nur im Akkord; Zwar trieft der Fabrikherr von christlichem Wort, Doch drückt er die Löhne mit christlichem Fleiß Und prägt Dukaten aus Menschenschweiß. Drum, hurtig, hurtig; die Zeit verrinnt, Das Eisen brodelt, der Guß beginnt. Das sind Bilder, in denen die Arbeitenden nicht mit stolzer „schwieliger Faust" 2 7 und innig-gemütvoller Freude auf den Sonntag erscheinen. Sie sind funktionierende Teile im Akkordsystem der Ausbeutung durch den Fabrikherrn. Im Mittelpunkt steht nicht die körperliche Schwere der Arbeit — obwohl auch sie den ihr gebührenden Raum einnimmt —, sondern ihr innerer Widerspruch, der aus dem ungleichen Verhältnis von Verkauf und Kauf der Arbeits2
Möller/Sturmgesang
XVII
kraft erwächst. Daraus ergibt sich die Entfremdung des Arbeiters gegenüber den Arbeitsgegenständen und den Produkten seiner Arbeit. Dieses Fremdsein wird als Bedrohung des Arbeiters durch das von ihm zu zügelnde Naturelement, die Glut des Eisens, ins Bild geholt. Zugleich wird aber im weiteren Verlauf des Gedichts — ohne aufgesetzte Rhetorik — die schöpferische Kraft des Arbeitenden erkennbar, der in der Beherrschung des Arbeitsprozesses das Naturelement bezwingt, wenn auch noch unter Qualen, „unter dem Joch". Die letzte Strophe geht zur direkten Polemik mit abstrakten Vorstellungen von der Arbeit als „himmlischer Lust" und „göttlicher Frucht" über. Sie mündet in den Aufruf, die Ketten der Ausbeutung abzuwerfen, um auf revolutionärem Wege die Arbeit, d. h. den Menschen zu befreien. Die innere Berechtigung zu dieser polemischen Wendung im Gedicht beruht darauf, daß Möller ein realistisches Bild von der Arbeit zeichnete, das sich wohltuend von dem abstrakt-hymnischen Pathos der Lersch und Bröger abhebt. Vor allem bei Karl Bröger läßt sich verfolgen — wie das Alfred Klein in seiner differenzierten Analyse der reformistischen Arbeiterdichtung nachgewiesen hat 28 —, welche problematischen Konsequenzen die Loslösung von der Praxis des proletarischen Klassenkampfes für die inhaltliche Qualität proletarischer Dichtung haben kann. Liest man zum Vergleich Brögers etwa zur gleichen Zeit entstandenes Gedicht „Lied der Arbeit" 29 , so wird man hier vergebens die revolutionären Impulse suchen, die aus einer realistischen Spiegelung des Klassencharakters kapitalistischer Arbeit als einer Profitquelle für die Ausbeuterklasse vermittelt werden können: Ungezählte Hände sind bereit, stützen, heben, tragen unsre Zeit. Jeder Arm, der seinen Amboß schlägt, ist ein Atlas, der die Erde trägt. Was da surrt und schnurrt und klirrt und stampft, aus den Essen glühend loht und dampft, Räderrasseln und Maschinen klang ist der Arbeit mächtiger Gesang. Tausend Räder müssen sausend gehn, tausend Spindeln sich im Kreise drehn, XVIII
Hämmer dröhnend fallen, Schlag um Schlag, Daß die Welt nur erst bestehen mag. Tausend Schläfen müssen fiebernd glühn, abertausend Hirne Funken sprühn, daß die ewige Flamme sich erhält, Licht und Wärme spendend aller Welt. Nicht der Aufruf zum Sturz des historischen Gegenspielers des Proletariats ist die Konsequenz, sondern die aus der hymnisch feiernden Bejahung der Arbeit schlechthin suggerierte Beruhigung des Arbeiters, der sich mit dem nur in seinem Innern „in der Stille"-10 wachsenden Selbstbewußtsein bescheiden soll. Möller bedient sich — im Bildaufbau, in der kraftvollen Sprache, im rhythmisch-metrischen Gestus und bis ins Detail der Wortwahl hinein — der Traditionen des sozialen Gedichts, wie sie sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts in der revolutionär-demokratischen und kritisch-realistischen bürgerlichen Lyrik einerseits und in der frühsozialistischen Dichtung andererseits ausgeprägt hatten. Wie alle revolutionär-sozialdemokratischen Lyriker ist auch er bei Herwegh und Freiligrath, bei Georg Weerth, den Naturalisten und nicht zuletzt auch bei Friedrich Schiller in die Lehre gegangen. Unverkennbar ist der Bezug der „Bilder aus einer Gießerei" auf Schillers „Lied von der Glocke", dessen Darstellung des Arbeitsprozesses aus dem Illusionär-Bürgerlichen, Abstrakt-Humanistischen ins Plebejisch-Proletarische und Revolutionäre gewendet und zum Teil direkt polemisch umgekehrt ist. Auch das unterscheidet ihn vom epigonalen Anknüpfen an das Erbe, wie es bei den verbürgerlichten Arbeiterdichtern erfolgte. Auch Brögers „Lied der Arbeit" bezieht sich auf Schillers Gedicht, verbleibt aber in den Grenzen einer idealistischen Abstraktion, da jede historische Konkretheit im Aufweisen des Klassencharakters der Arbeit aufgegeben wurde. Erinnert ist man bei Möller auch an Adolph Menzels bekanntes Bild „Die Eisengießerei". Die starke Bindung des poetischen Ausdrucks eines neuen proletarischen Selbstbewußtseins nicht nur an frühsozialistische, sondern — ganz unmittelbar in die Diktion, in den 2»
XIX
lyrischen Gestus hineingenommen — auch an progressivbürgerliche Traditionen, ist nicht zufallig. Sie ist auch nicht allein damit zu erklären, daß ein belesener, in der poetischen Produktion aber noch unerfahrener junger Autodidakt ganz natürlich nach allen verfügbaren Mustern greift, um sein Anliegen zu formulieren. Bei allem Gewinn an proletarisch-revolutionärem Impetus und genauerer Kenntnis des Arbeitsalltags läßt sich nicht verhehlen, daß die produktive Aufarbeitung eines großen Erbes, mit dessen Hilfe Möller kleinbürgerlich-idyllische wie spätbürgerlich-pessimistische Züge vermeiden konnte, auch mit Verlusten verbunden war. Zwar bewahrt ihn der Bezug auf progressive politische Elemente bürgerlicher Dichtungstraditionen sowohl vor dem Absinken in unpolitische, gesellschaftlich unverbindliche Ersatzräume einer Wald- und Wanderlyrik als auch vor der Hoffnungslosigkeit des Verharrens in der Empfindung entfremdeter Weltbeziehungen. Aber es ist schließlich doch nicht zu übersehen, daß dabei auch Hemmnisse und Schwierigkeiten entstanden, den Zugang zur neuen Wirklichkeit zu finden, deren Wesen in den ihr entsprechenden neuen Formen der Dichter zu entdecken hat. Vor allem gegenüber Georg Weerth, Heinrich Heine — und auf andere Weise selbst gegenüber Friedrich Schiller — fallt ins Auge, daß der Bezug auf die großen Zusammenhänge der Epoche bei Möller verflacht: Das gilt nicht nur für das hier näher betrachtete Gedicht von Möller, sondern für seine frühe Lyrik insgesamt. Natürlich konnte es nicht darum gehen, die Epochenverhältnisse des späten 18. oder des mittleren 19. Jahrhunderts auf die Gegenwart zu übertragen; das war Möller wohl bewußt. Und mit der Orientierung auf die Kraft des Proletariats als Träger der materiellen Produktion und als revolutionäre Potenz für die endgültige Befreiung der Menschheit war er schon auf dem richtigen Weg, der objektiv auch mit den Traditionen verbunden ist, auf die er sich in seiner Dichtung bezog. Der nun herangereifte Vorabend der proletarischen Revolution kündigte sich aber in der Ära der entfalteten imperialistischen Gesellschaft an, der mit den Formen der Kapitalismuskritik, wie sie sich in der (auch in der sozialistisch fundierten) Literatur des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatten, allein nicht mehr beizukommen war. XX
Gemeint ist hier das leninistische Element der Epochenanalyse, das in der deutschen Arbeiterbewegung — also in einem Land, "das gerade erst zur „Weltspitze" des imperialistischen Standards in der Ausbildung sozial-ökonomischer Strukturen und im Entwicklungsstand der Produktivkräfte aufgerückt ist und eben dadurch weltweite Konflikte auslösen sollte — noch zu wenig entwickelt war. So kam es zu der eigenartigen, aber charakteristischen und dem Autor nicht subjektiv anzulastenden Erscheinung, daß ein hochentwickeltes proletarisch-revolutionäres Selbstbewußtsein und ein unbeugsamer Wille zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, wie sie in Möllers Gedichten ihren poetischen Ausdruck fanden, einhergehen mit zu blaß und unverbindlich bleibenden oder gar nicht mit ins Bild hineingenommenen Konturen der geschichtlich neuen Epoche. So fehlt bei Möller die konkrete sozial-ökonomische und auch die politisch-geschichtliche Analyse der seit Weerth, Herwegh, Audorf oder Kegel vor sich gegangenen Veränderungen in den gesellschaftlichen Bedingungen des proletarischen Klassenkampfes. Das ist nicht nur ein politisches und weltanschauliches, sondern für den künstlerischen Schaffensprozeß auch ein ästhetisches Problem. Möller kommt zwar ohne solche mythologischen oder ausgeprägt symbolischen Figurationen aus, wie sie bei Schiller und — auf andere Weise auch bei Weerth („Die Industrie") oder Freiligrath („Von unten a u f ) — den Gedichtaufbau tragen. Sein Vorzug ist die Konkretheit in der Erschließung der Arbeitswelt, die schon auf die späteren Leistungen Wilhelm Tkaczyks, Emil Ginkels und Kurt Huhns in den zwanziger Jahren vorausdeutet. Während bei Huhn Originelles in der poetisch außerordentlich prägnanten Darstellung der Beziehungen zwischen Arbeitsleben und Freiheitskampf entstand (z. B. im „Lied der Kohlenhäuer"), bei Ginkel die Realität der Arbeitswelt von der Rolle der modernen Technik im Arbeitsprozeß her ihre poetische Verallgemeinerung erfuhr (z. B. in dem Gedicht „Der Förderturm im Morgenlicht"), war es bei Tkaczyk vor allem die Entdeckung der sozialen Repräsentanz der eigenen Individualität im Bereich der Arbeit (z. B. „Prometheus in der Fabrik" und „Fron oder Sport"). Deren konkrete proletarische Selbstgestaltung steht aber XXI
insgesamt im Kontext einer neuen Qualität proletarischrevolutionärer Lyrik, die — denken wir nur an Weinert und Brecht — ein deutliches analytisches Bild von der Epoche und auch vom Klassengegner, der Monopolbourgeoisie und den politischen Verflechtungen ihres Herrschaftssystems, zeichnen konnte. Bei Möller dagegen figuriert noch ein fast patriarchalisch anmutender „Fabrikherr" als entscheidender Bezugspunkt der Kapitalismuskritik. Das deutet — wie auch das Vorherrschen natursymbolischer Verfahren der poetischen Verallgemeinerung politisch-geschichtlicher Zusammenhänge — auf Möllers Verhaftetbleiben in den Traditionen des Vormärz. Am auffalligsten wirkt sich dieses Verhaftetsein in der etwas konventionell anmutenden Sprache und in der Versgestaltung aus. In den benannten Grenzen gelangen Möller jedoch wichtige neue Ansätze im poetischen Aufschließen grundlegender Fragen des proletarischen Klassenkampfes. Deutlich in der Tradition der politischen und sozialen Vormärz-Dichtung steht etwa das Gedicht „Die Bergarbeiter (1911)" 31 . Im Unterschied zu Freiligraths Webergedichten ist bei Möller der politische Gegensatz der Arbeiter zur herrschenden Klasse und zu ihren militärischen Stützen präziser erfaßt. Nicht ein vom Hungertod bedrohtes Kind (wie in der Ballade „Aus dem schlesischen Gebirge") steht hier im Mittelpunkt, sondern der dumpfe Klassenhaß der Masse von Bergarbeitern, die in den gefahrlichen Schacht fahren und denen das Produkt ihrer schweren Arbeit nicht gehört. Wie bei dem refrainhaft wiederkehrenden Motiv des „Glücka u f mit wechselnden inhaltlichen Bezügen gearbeitet wird, beweist das Vermögen des Autors zu poetischer Verdichtung und Geschlossenheit. Im Bild der dann „von unten a u f nach oben fahrenden „Gnomen der Tiefe", die ihre Ketten zerreißen und ihr „ G l ü c k a u f mit realem Leben erfüllen werden, gelingt eine Aussage von echt symbolhafter Bedeutung. Besseres — gleichfalls an die offensichtlich besonders tragfahige poetische „Gelegenheit" der Bergarbeiterwelt gebunden — gelang in der Dichtung der Arbeiterbewegung dieser Zeit nur noch Heinrich Kämpchen. Klassenversöhnung und Klassenharmonie waren zu keiner Zeit in Möllers poetischer Produktion anzutreffen, sondern stets ein vorwärtsdrängender „Sturmgesang", der das WolXXII
len einer neuen, die alte Welt umstürzenden Klasse zum Ausdruck brachte. Von diesem Standort aus versuchte Möller — über den Kern des industriellen Proletariats hinaus —, Lebensschicksale aus verschiedensten sozialen Schichten der Klassengesellschaft ins Gedicht hineinzunehmen. Da fallt eine relativ große Anzahl von Gedichten auf, die sich in balladesker Form dem Schicksal von Deklassierten zuwenden, Gestalten des „Lumpenproletariats". Da gibt es die „Dirne", für deren Lebensbedingungen Verständnis geweckt werden soll; da finden wir das bekannte Schwefelholzmädchen an der Straßenecke, den verzweifelten Selbstmörder und den Vagabunden mit seinem eigentümlichen Selbstbewußtsein. Aber auch hier wird nicht immer deutlich, daß und wie es sich dabei um Folgen der imperialistisch deformierten sozialen Verhältnisse handelt. Vieles wird zu sehr von einer allgemeinen menschlich-moralischen Ebene her beleuchtet und bleibt so im Sentimentalen oder in einem mitleidheischenden Gestus stecken. Daneben findet man aber auch den alten, verkrüppelten Arbeiter, das Fabrikmädchen, das Arbeiterkind in Gedichten, die sich von bürgerlich-sozialer Mitleidspoesie wesentlich abheben. Man spürt die Intention, dem Zusammenhang von sozialer Stellung und moralischem Profil des Proletariers nachzuforschen. Möllers Hauptanliegen ist dabei die politisch-moralische Erziehung zum Selbstbewußtsein, zum Stolz auf die proletarische Klassenzugehörigkeit. Die Skala der Hinwendung zu verschiedenen Lebensbereichen erstreckt sich vom einfachen Trost, dem Mutmachen bis zur Forderung nach kämpferischer Selbstbehauptung, von der Sehnsucht des Fabrikmädchens im betäubenden Maschinenlärm nach der Schönheit und der Ruhe der Natur bis zur philosophischen Reflexion über den Tod. Aber auch hier dringt immer wieder eine Mitleidshaltung durch, z. B. im „ N a c h r u f 3 2 auf die achtzig Arbeitslosen, die sich an einem Weihnachtsabend in einem Obdachlosenasyl mit Methylalkohol vergifteten; ein wichtiges Gedicht, weil es aus einer wirklichen Begebenheit entstanden ist, anknüpfend an die „Hundert Männer von Haswell" Georg Weerths. Möller vermag aber die Sprengkraft und poetische Geschlossenheit seines Vorbildes nicht zu erreichen. Sein beachtenswerter Versuch, mit dem Gedicht in die indiXXIII
viduelle Sphäre des Arbeiters und der ihm nahestehenden sozialen Schichten vorzudringen — und damit zugleich erste, noch zaghafte Bemühungen um Bundesgenossen im proletarischen Klassenkampf zu unternehmen —, war mit Schwierigkeiten verbunden, in denen sich der Entwicklungsstand der Arbeiterbewegung in Deutschland spiegelt. Es handelt sich darum, sozialistische Individualität als neuen „Wesensinhalt" der Arbeiterklasse (Zetkin)3-1 lebendig werden zu lassen, um von hier aus den Anspruch zu erhärten, die sozialen Probleme der gesamten Gesellschaft unter der Führung des Proletariats zu meistern. Dafür fehlten sowohl bestimmte Einsichten in die neuen, teilweise komplizierter, komplexer und vielschichtiger gewordenen Wirkungsbedingungen des modernen Klassenkampfes im 20. Jahrhundert als auch die Möglichkeit, an eine dementsprechende neuartige und völlig eigenständige Dichtungstradition anknüpfen zu können, wie sie sich erst in den zwanziger und dreißiger Jahren entfalten sollte. Zwischen 1900 und 1920 kann man dort, wo in der Arbeiterdichtung der unmittelbare proletarische Lebens- und Arbeitsbereich durchbrochen wird, immer wieder die Beobachtung machen, daß die politische und die individuellpersönliche Sphäre auseinanderfallen. Natur- und Liebesgedichte scheinen den Dichter besonders stark zu epigonalem Nachahmen bürgerlicher Leistungen auf diesem Gebiet zu verleiten. Dabei entstanden Gedichte, die in der künstlerischen Qualität ihren bürgerlichen Vorbildern gegenüber notwendig zurückstehen müssen. Der neue „Wesensinhalt" der Arbeiterklasse wurde zunächst im Bereich des unmittelbaren kollektiven politischen Kampfes und in der Sphäre der Arbeit entdeckt. Leben und Kampf der Klasse als Massenschicksal stand im Vordergrund auch solcher literarischer Versuche, die sich stärker den Problemen der Existenz des einzelnen Proletariers zuwandten. Das Erlebnis der Natur und der Liebe, die „innere" Welt proletarischer Individualität wurde in dieser Zeit noch aus der Gestaltung der großen politischen Bewegung der revolutionären Klasse ausgeklammert, als dem Klassenkampf wesensfremd, oft sogar als bürgerliches „Relikt" empfunden. Es war durchaus üblich, solche Gedichte schamhaft an das Ende einer Sammlung in einem gesonderten Teil als eigentlich überflüssig zu plaXXIV
zieren. Und tatsächlich — nur ganz selten in dieser Zeit ist in Natur- und Liebesgedichten aus der Feder von Arbeitern der neue Wesensinhalt der Klasse zu spüren, der alle Sphären des Menschen, auch die seiner intimsten Lebensbeziehungen, revolutioniert. Die Einbeziehung der Psyche des ganzen Menschen in seiner unverkürzten einmaligen Individualität in die künstlerische Gestaltung der großen revolutionären Kämpfe war mit komplizierten Prozessen verbunden. Die deutsche sozialistische Literatur erreichte in dieser Hinsicht erst nach der durch die Oktoberrevolution eingeleiteten Epochenwende ihren wesentlichen Durchbruch. Trotz dieser auch in Möllers Schaffen auftretenden Widersprüche bleibt seine Leistung bestehen, in kraftvoller dichterischer Sprache dem Selbstbewußtsein der revolutionären Vorhut der Arbeiterklasse in einer Zeit Ausdruck gegeben zu haben, da die rechte Führung der deutschen Sozialdemokratie längst wichtige Positionen des Marxismus preisgegeben hatte. Sphäre der Arbeit und moralisches Profil des Proletariers — damit ist die poetische Welt der frühen Gedichte Möllers noch nicht ausgeschritten. Es fehlt der Bereich der direkten politischen Aktion, der revolutionären Tat — die eigentliche Substanz politischer Dichtung. Hierher gehört eine Reihe von Programmgedichten aus Möllers erstem Band, in denen sich der Dichter seinen Klassenbrüdern und Kampfgefährten erklärt. Aufruf- und Losungsgedichte setzen diese Linie fort. Sie zeichnen sich durch ein kraftvolles Pathos, durch revolutionäres Temperament aus. Hier spricht ein Dichter, der sich als Tribun seiner Klasse verstand. Das Fehlen einer breiten politischen Massenbewegung, in deren Kontakt eine solche Tribünenlyrik erst zum Tragen gekommen wäre, mußte sich jedoch nicht nur in dem oft zu allgemein bleibenden Gehalt, sondern auch in der Struktur der Gedichte äußern. „Brause wie Sturmwind, Lied der Arbeit", heißt es im Prologgedicht 34 . Der Dichter möchte seine Klassenbrüder „trösten", „aufrichten", „werben", „entzünden". Nicht zu übersehen aber ist die Kluft, die Dichter und Massen noch voneinander scheidet. Nicht die Klassengenossen selbst werden angesprochen, sondern der Dichter führt ein Selbstgespräch XXV
mit seinem Lied, dessen beabsichtigte Wirkung mehr beschworen, mit einer Fülle von schmückenden Beiworten umschrieben als von der ganzen poetischen Anlage her als reale Möglichkeit vorausgesetzt wird. Etwas mit der zündenden Tribünenlyrik Weinerts oder dem politischen Song Brechts Vergleichbares wird man kaum finden können. Ganz deutlich wird das bei Möllers einzigem Versuch, ein Kampflied zu schreiben. Der deklarative Appellcharakter von „Wacht a u f ' 3 5 ist nicht dazu geeignet, unmittelbar die Stimmung und die Forderungen der Massen zu artikulieren. Zum Teil findet sich hier sogar die Ich-Form, in der der Dichter sich den Arbeitern zuwendet. Das Fehlen des „Wir" — Ausdruck der Kollektivität der Massen — erschwert die gemeinschaftliche Identifikation und damit das gemeinsame Singen des Liedes durch die Massen. Hier wie in anderen Gedichten verweist die Sprechsituation eher auf eine feierliche Rezitation in einem Fest- oder Versammlungssaal als auf einen mitreißenden Vortrag auf einer wirklichen Massenveranstaltung oder auf einen gemeinsamen Gesang beim Marsch durch die Straßen. Das entsprach durchaus dem realen Stand der politischen Aktivität der Partei in den Jahren zwischen 1910 und 1914. Die Abstraktheit des politischen Pathos in Möllers Gedichten reduzierte sich erst in dem Maße, wie sich später der Massenkampf gegen die Auswirkungen des ersten Weltkrieges und für revolutionäre Veränderungen im Lande in organisierteren, politisch bestimmteren Formen breiter entfaltet. Das erst gab Werner Möller reale Gelegenheiten, die ein wirksames Motivzentrum für seine politischen Aufrufe boten, wenn er auch dann — wie wir noch sehen werden — nur vereinzelt den Typus eines politischen Gelegenheitsgedichts ausbildete und auch weiterhin an den Möglichkeiten eines politischen Massenliedes vorbeiging. In einigen Aufrufgedichten — „Das Wahlrecht her!", „Wir!", „Demonstration" 3 6 — wird mehr von der realen Klassenkampfsituation spürbar. Aber das leidenschaftliche Pathos ergibt sich kaum aus der gestalteten Aktion, sondern aus dem Anrufen elementarer Naturkräfte, d. h. durch die Anstrengungen tradierter poetischer Bilder und Metaphern vor allem aus dem Arsenal der revolutionär-demokratischen XXVI
Vormärzdichtung. Das ist eine Tendenz, die der sozialistischen Lyrik des späten 19. Jahrhunderts bereits eigen war. Zündende Kampflieder der revolutionären Sozialdemokratie, wie sie besonders sinnfällig in der „Internationale" von Pottier, aber auch im massenwirksamen Liedschaffen der Herwegh, Audorf oder Kegel eine Blütezeit erlebt hatten, entstanden in diesen Jahren nicht mehr. Angesichts dieser Situation ist jedoch hoch anzuerkennen, mit welcher Intensität unser Autor um eine neue revolutionäre Qualität seiner Dichtung rang und in jedem Falle eines erreichte: Reformismus und Opportunismus haben in seinem Schaffen keinen Platz. Auf der anderen Seite wirkte sich aber sicher auch seine relativ isolierte Position als Vertreter der linken Opposition innerhalb der Sozialdemokratie darin aus, daß sein weit vorauseilendes, von einem hochgespannten subjektiven Willen getragenes revolutionäres Bewußtsein den zwar begrenzten, dafür aber realen und entwicklungsfähigen Boden des politischen Tageskampfes unter den Füßen verlor. Aus ganz anderen Motiven als bei den zum Opportunismus neigenden sozialdemokratischen Lyrikern, die im Naturraum eine Ersatzsphäre für die von ihnen aufgegebene Welt des Klassenkampfes suchten, trat in Möllers Gedicht daher die Natur an die Stelle geschichtlicher Gesetzmäßigkeiten. Sturm, Meer, Glut, Himmel, Blitz, Eisen, Lawine und Stern sind nicht die Metaphern für den Bau einer Welt ohne Klassenkampf, sondern die noch unsicher eingesetzten „gängigen" poetischen Mittel natursymbolischer Gestaltung, wobei eine realistische Zeichnung des gewandelten Klassengegners und der tatsächlich objektiv gewachsenen proletarischen Mächtigkeit in ihren neuen Formen noch nicht bewältigt wurde. Nur in wenigen Gedichten mit satirischem Einschlag — z. B. in „Ausnahmegesetze?" 37 — wird die Gedichtsituation nicht in eine natursymbolisch-fiktive Perspektive gerückt, sondern von einem wirklichen politischen Zusammenstoß zwischen preußischem Militär und demonstrierenden Arbeitern bestimmt. Aber auch im satirisch akzentuierten Gedicht steht im Zentrum des Angriffs nicht etwa die Monopolbourgeoisie, sondern die feudale Reaktion (vgl. „Verboten", „Ein Loblied auf Preußen", „Zarenreise") 38 . Dabei wird nicht einmal aufgedeckt, auf welche Weise die feudalen XXVII
Dynasten als Statthalter oder Vollstreckungsgehilfen der Interessen des Monopolkapitals fungieren. Noch einmal zeigt sich hierin, wie der großartige rebellisch-proletarische Gestus in Möllers Gedichten teilweise ins Leere stieß, weil die Grund Widersprüche einer neuen Epoche noch mit dem alten, bis ins 18. Jahrhundert zurückverweisenden Vokabular von „Tyrann" und „Knecht" gefaßt und damit in ihrem Kern verfehlt wurden. Das geschah auch in einem insgesamt gelungenen und wirkungsvollen Gedicht wie „Du giltst als Lump, trotz alledem" 39 , dessen letzte Strophe lautet: Ein Lump noch heut! Wie lange noch? — Der Hammer klingt, die Esse qualmt; — Wann hebst du deine Faust empor, Die diese morsche Welt zermalmt? O, laß ihn grollen durch die Welt, Den Schrei, den glutdurchbebten Schrei: „Genug des Leids, genug der Schmach. Seht her, Tyrannen, ich bin frei!" Laß eine neue Welt erstehn, Wo alle Knechtschaft ist verbannt; Wach auf, Prolet, dann bist du frei, Bist Herr in deinem Vaterland. Noch weniger glücklich fallt Möllers Umgang mit der Allegorie aus. Gedichte wie „Der Sturmwind und der Eichenbaum", „Das Feuer im Walde" oder „Der Mai" 4 0 gehören zu den schwächsten des Bandes. Der Aufwand an mehr oder weniger kunstvollen Mitteln steht in keinem Verhältnis zum poetischen und weltanschaulichen Ergebnis. Vieles wirkt banal, der Bildaufbau ist in sich selbst nicht immer stimmig, mancher Vergleich schief oder überzogen. Die Mischung von balladesken und hymnisch-rhetorischen Zügen, die dabei ins Spiel kommt, wird selten zu einer gestalterischen Einheit gebracht. Doch auch diese Brüchigkeit im Poetischen spiegelt reale Probleme. Das balladeske Handlungsmoment hat eine so weitgespannte Perspektive zu tragen, daß die Aussagemöglichkeiten balladesker Gegenständlichkeit stark überzogen werden müssen. Wenn z. B. in dem Gedicht „Der Mai" in Anlehnung an Goethes „Osterspaziergang" ein Vergleich des Frühlings im MittelXXVIII
alter mit der Maifeier der Arbeitermassen in der Gegenwart versucht wird, erscheint die historische Bilanz verzerrt. Das Auftreten eines stolzen Jünglings als personifizierter Völkermai und Träger der welthistorischen Perspektive verträgt sich kaum mit den ins gleiche Bild kommenden demonstrierenden realen Arbeitermassen, die den Achtstundentag fordern. So wirkt das hymnische Pathos oft überspannt oder unangemessen, weil die Kluft zwischen Wirklichkeit und Vorgriff auf eine in der Ferne liegende Perspektive, die aber von Möller so dicht wie irgend möglich herangeholt wird, poetisch nicht überbrückt werden kann. Auch hier äußern sich die beiden entgegengesetzten Seiten einer zu unvermittelten Rezeption klassisch-bürgerlicher und demokratischer Vormärztraditionen in Möllers politischer Lyrik. Einerseits bietet die konsequente Hervorhebung dieser Traditionslinie bestimmte Möglichkeiten der Abgrenzung vom Sumpf des politischen Opportunismus; andererseits besteht die Gefahr — und sie wird von Möller nicht immer vermieden —, daß die aus jenem Erbe geschöpften revolutionären Impulse das Moment der dort vorhandenen utopischen Illusionen, zumindest aber den inzwischen eingetretenen politisch-geschichtlichen Anachronismus, mit übernehmen. Der Weg von der bürgerlichen zur sozialistischen Revolutionsdichtung verläuft nicht so gradlinig, daß es ausreichen würde, lediglich die in ihr figurierenden sozialen Antipoden auszuwechseln. Möllers Wunsch nach Erhebung aus der Dumpfheit des geknechteten Lebens der arbeitenden Klasse war aber so stark, daß er sich rigoros über solche poetisch-weltanschaulichen Diskrepanzen hinwegsetzte und unermüdlich auch dort seine Stimme zum Pathos einer ungebrochenen Zukunftsgewißheit erhob, wo er nicht in der Lage war, es an konkrete politischen Aktionen zu binden und damit erst wirklich tragfahig zu machen. So konnte es dann geschehen, daß ein Dichter sein Lied schon im Sturm zu singen vermeinte, obwohl in der gesellschaftlichen Wirklichkeit erst noch Ruhe vor dem Sturm war. Als der imperialistische Krieg begann, wurde er anfangs von vielen deutschen Schriftstellern als ein Aufbruch aus Stagnation und Endzeitstimmung begrüßt. Auch die sozialdemokratische Führung entschloß sich, auf die heuchlerische XXIX
Burgfriedenspolitik einzugehen. Noch schwerer wog, daß es der imperialistischen Propaganda mit dieser Schützenhilfe gelang, große Teile des Volkes — unter ihnen viele Sozialdemokraten — in einen „patriotischen" Begeisterungstaumel hineinzureißen. Werner Möller dagegen hat diesem Krieg niemals seinen Tribut gezollt. Der Kampf gegen den imperialistischen Krieg wurde zum wichtigsten Gegenstand seiner weiteren Dichtung, zum Ausgangspunkt für eine höhere Stufe seiner politischen und weltanschaulichen Einsichten als proletarischer Revolutionär. Die bisher am Beispiel des Bandes „Sturmgesang" behandelten Themen treten fast völlig zurück zugunsten des Zusammenhangs von „Krieg und K a m p f , von imperialistischer Politik und politischer Aktion der Arbeiterklasse gegen die Monopolbourgeoisie. Vorstufen dazu finden sich schon in Möllers erstem Gedichtband. Ein Gedicht wie „Sedan" 4 1 gehörte schon dort zu den stärksten Leistungen der Sammlung. Es erwächst aus einer konkreten Gelegenheit: Die preußische Reaktion feiert einen Jahrestag ihres Sieges über Frankreich, ein „Volksfest" ist im Gange. Aber — darin liegt die bittere Ironie der Verse — die laut feiernden Krieger sind gar keine Helden, die „ihr Blut für den Herrscher vergossen". Das „Ruhmesblatt" deutscher Geschichte wird als Bruderkrieg der Proletarier zweier Länder enthüllt, als Massenmord im Dienste der kapitalistischen Kriegsgewinnler. Offensichtlich kommt dem Gedicht hier eine Tradition entgegen, die sich zum Thema der Sedan-Feiern schon im frühen Gedichtschaffen der revolutionären Sozialdemokratie relativ kräftig ausgebildet hatte und die Möller für sich nutzen konnte. Das Gedicht ist nicht nur von einer eindringlichen politischen Klarheit in der Analyse des Zusammenhangs von imperialistischem Raubkrieg und proletarischem Klassenkampf, es ist auch von einer erstaunlichen motivischen Geschlossenheit und sprachlichen Treffsicherheit. In anderen Gedichten des Bandes zum Problem des herannahenden Weltkrieges hatte Möller noch die allegorisierende Form gewählt: Der Krieg erschien als schweres Streitroß, als dämonische Gestalt. Der Klassencharakter des Krieges wurde noch nicht recht deutlich. Im Vordergrund stand die moralische Seite seiner barbarischen Wirkung, die allgemeine Bedrohung der XXX
Menschheit durch Elend, Zerstörung und Tod. Einen Schritt weiter ging schon das Gedicht „ A n die Kriegshetzer" 42 , das sich mit den Argumenten der Kriegsbegeisterten auseinandersetzt und ihnen das „ N e i n " der II. Internationale entgegenhält. Im „ K a m p f r u f 4 3 schließlich werden die angesprochenen Berg- und Fabrikarbeiter von ihrer Tätigkeit her ins Bild gebracht. Der proletarische Klassenkampf ist als ein Weltenkampf gekennzeichnet, der nichts zu tun hat mit imperialistischem Völkermord. Nicht angstvolle, gespenstische Bilder erfüllen diese Gedichte ; die Betroffenen, die Drahtzieher und die Nutznießer der Kriegspolitik werden beim Namen genannt. Die Profitsucht erscheint als die treibende Kraft, der schöpferischen Arbeit als inhumanes, unschöpferisches Prinzip entgegenstehend. Diese Aspekte einer realistischen Darstellung des Wesens imperialistischer Kriege verstärken sich in den nach 1914 entstehenden Gedichten, die im Band „Krieg und K a m p f gesammelt wurden. Möllers Versuche zu diesem Thema nehmen den ganzen ersten Teil des Bandes ein. Ursachen, Auswirkungen und politische Konsequenzen des weltweiten Ereignisses von katastrophalen Ausmaßen werden in visionären, aber deutlich in der Realität angesiedelten Bildern zu einer vernichtenden Abrechnung mit dem Klassengegner. „Gebrüder T o d " 4 4 ist der Versuch einer größeren weltanschaulich-philosophischen Bilanz. Die poetische Idee ergibt sich aus der Gegenüberstellung von natürlichem Tod und Sterben durch die Kriegsmaschinerie. Die personifizierte Gestalt des lyrisch beschworenen „ M a schinentods" — Symbol für Naturschändung und Zerstörung der Menschlichkeit — nimmt jedoch keine mystifizierten Züge an45, wie das in den Kriegsgedichten der reformistischen Arbeiterdichter zur bestimmenden Tendenz wurde. Auch wird die kriegerische Auseinandersetzung nicht schlechthin verworfen:
Für Freiheit und Rechte, Im Kampf gegen Knechte, Wird Sterben und Bluten zur heiligen Lust, Wenn sklavische Banden Werden zu Schanden, Bietet der Freie im Kampf gern die Brust.
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Doch Freiheit kommt nimmer, Verglüht ist ihr Schimmer, Und drückender nur wird der Völker Qual, An Leichenhügeln, Mit blutigen Flügeln, Sitzt lauernd ein Geier, das Kapital! In diesem Vergleich nennt Möller den wirklichen Gegner, nicht nur den Gegner des Proletariats, sondern auch des Glücks der ganzen Menschheit: den „Geier Kapital". „Mit gierigen Krallen,/Rafft er Schätze", und noch ist er „der Herrscher der Welt", wie es in der folgenden Strophe heißt. Man spürt, wie hier Zeiterfahrungen Eingang in die poetische Welt Möllers gefunden haben. Zum ersten Mal wird etwas von der großen Macht, der Raffinesse und internationalen Verflochtenheit des modernen monopolkapitalistischen Systems erahnbar. Da gibt es keine vorschnelle Hoffnung mehr auf den Weltsieg des Proletariats, ohne daß pessimistischen Stimmungen Vorschub geleistet würde. Auch dieses Gedicht bildet keine bruchlose Einheit. Revolutionäres, in sich aber recht allgemein bleibendes Freiheitspathos und expressiv-dämonische Allegorik, hohe Symbolik und balladeske Sujetelemente (in der letzten Strophe wird als konkretes Handlungsmoment noch ein sterbender Soldat eingeführt) befinden sich gestalterisch in einem unaufgelösten Widerstreit. Prägnanter und schlüssiger hingegen wirkt das bittersatirisch akzentuierte Gedicht „Siegestaumel" 46 , das die Reihe polemischer „Kriegsfeier" — Gedichte des ersten Bandes fortsetzt. Wie „Sedan" bekommt es seinen „prägnanten Punkt" durch den krassen Widerspruch zwischen fröhlicher Feier und der Aufrechnung dessen, was der „Sieg" eigentlich gekostet hat. Im Mitfühlen mit den sozial Betroffenen wird jede Art bloßer Elendsgestaltung, aber auch jeder Ausdruck pazifistischer Stimmungen vermieden. Die Bettler und Dirnen, die im ersten Band eine große Rolle gespielt hatten — trotz aller Eingliederung in soziale Zusammenhänge doch auch Konzessionen an kleinbürgerlichen Zeitgeschmack und naturalistische Zustandsmalerei —, gibt es hier nicht mehr. Im genaueren Hinzielen auf die wechselseitigen ZusammenXXXII
hänge von Klassenkampf, Kapitalismus und Krieg und in der Suche nach der geschichtlichen Relevanz moralischer Werte werden in Möllers Gedicht zunehmend zu oft benutzte, abgegriffene natursymbolische Bilder vermieden, bekommt das moralisch-kritische Pathos konkretere, agitatorisch wirksamere politische Konturen. Menschen der verschiedensten sozialen Schichten werden angesprochen, mit greifbaren gesellschaftlichen Ereignissen konfrontiert, und so müssen nicht mehr poetisierte Naturkräfte an die Stelle geschichtlicher Prozesse und ihrer menschheitlichen Perspektiven treten. Das direkt politische Thema wird zum zentralen Anliegen in Möllers Lyrik. Anhand seines Gedichtschaffens bis zum Jahre 1918 läßt sich genau verfolgen, wie sehr Möllers politische und poetische Entwicklung von den sich in den Kriegsjahren verschärfenden Widersprüchen des Monopolkapitals und den gleichzeitig sich verstärkenden revolutionären Aktionen der Volksmassen geprägt wird. Ein Gedicht wie „Die Parlamentarier" 4 7 unterscheidet sich bereits deutlich von den wenigen Versuchen zu satirischer Gestaltung im Band „Sturmgesang". Ebert und Scheidemann werden mit Namen und Adresse als Vertreter der Burgfriedenspolitik benannt, als verräterische Anpasser an die imperialistische Kriegsstrategie entlarvt. Argumente aus den Parlamentsreden dieser „Führer" werden aufgegriffen, um den Umschlag von Proklamation der Klassenharmonie in chauvinistische Kriegshetze vorzuführen. Damit kommt ein realanalytisches Moment in das Gedicht, das zusammen mit den satirischen Gestaltungsmitteln echte operative, politische eingreifende Funktion gewinnt. Die Diktion eines Agitators ist nicht zu verkennen, eines politischen Funktionärs und Publizisten, als der Möller zu dieser Zeit bereits in mehreren Presseorganen der Bremer Linken wirkte. Als Korrespondent stand er mitten in den komplizierten Auseinandersetzungen und Kämpfen um das strategische und taktische Konzept der Arbeiterpartei. Offensichtlich hatte sich in dieser Zeit der deutlicheren Polarisierung der Kräfte innerhalb der Partei und der gesamten Klassenstruktur der Gesellschaft sein Sinn für die politische Realität geschärft, war sein Vermögen zur 3
Möller Sturmgesang
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realistischen Einschätzung der Möglichkeiten des Klassenkampfes gewachsen. Die „Lichtstrahlen" und auch die „Arbeiterpolitik" führten scharfe Attacken gegen die Politik der rechten Parteiführung, gegen die „Sozialpatrioten", vor allem aber gegen die liberalen Zentristen, die die größte Verwirrung in den Reihen der Partei und der Arbeiterklasse stifteten. Möller beteiligte sich daran nicht nur mit Gedichten, sondern auch (z. T. unter dem Pseudonym Stauffacher) mit politisch-programmatischen Artikeln. Dieses aktive Wirken an einer politischen Institution, wie sie die sozialistische Presse darstellt, war für ihn eine wesentliche Voraussetzung, seine revolutionäre Position in einer neuen, höhere und schwierigere Aufgaben stellenden Etappe des Klassenkampfes weiter zu festigen. Möllers publizistische Möglichkeiten als Propagandist des linken Flügels der sozialdemokratischen Partei waren indessen begrenzt. In Zeitungen mit den größten Auflagen, also in den „rechten" Führungsorganen wie z. B. dem „Vorwärts", der mit Regelmäßigkeit die Gedichte von Bröger, Lersch und Barthel druckte, war kein Platz für ihn. Was sollte dort auch ein Gedicht wie „An den Reichstag" 48 , in dem die Folgen der Kompromißbereitschaft der „systemintegrierten" Parteispitze bis in innen- und wirtschaftspolitische Entscheidungen hinein enthüllt wurde? Die Kontinuität der politischen Entwicklung Möllers war der verhängnisvollen Politik des Verrats im „Vorwärts", die von der Verkündung des Burgfriedens über fortwährende Aufrufe zum Streikbruch bis zur Warnung vor der Beteiligung an den revolutionären Ereignissen im November 1918 führte, genau entgegengesetzt. In den „Lichtstrahlen" finden wir die größte Anzahl von Gedichten, die Möller je veröffentlichen konnte: ganze neun Titel 49 , zwei von ihnen — „Der mutige Tyras" und „Die Tribunen" — sind in die Sammlung „Krieg und K a m p f nicht aufgenommen worden. Nimmt man noch das einzige von Möller in der „Arbeiterpolitik" gedruckte Gedicht „Wort und Tat" 5 0 hinzu und das einzige in der „Jungen Garde" erschienene „Siegfried und der Drache", so hat man wahrscheinlich schon alle Gedichte beisammen, die in den Jahren des Krieges erscheinen konnten. 51 In die Monate der Revolution fallt offenbar nur „Der KommuXXXIV
nismus", veröffentlicht im November 1918, sofort nach Aufhebung des Verbots der „Lichtstrahlen". Die Gedichte des Jahrgangs 1915 stehen vor allem im Zusammenhang mit den Diskussionen um den Parlamentarismus und das opportunistische Verhalten der Zentristen. In diesem Jahr brachte die Zeitschrift auch den großen Aufsatz „Parlament und Sozialdemokratie" von Franz Mehring 52 , der eine differenzierte Position zum Problem der parlamentarischen Betätigung einer Arbeiterpartei bezog: „Sie ist ein unbedingt notwendiges, ein ganz unentbehrliches Werkzeug des Klassenkampfes, aber weder seine schärfste noch seine wirksamste Waffe. Den Schwerpunkt des Kampfes in sie verlegen, hieße einen verhängnisvollen Irrweg beschreiten." Immer auf der letzten Seite der Zeitschrift finden sich nach entsprechenden theoretischen Erörterungen auch Gedichte, die meist in Beziehung zu den voranstehenden Beiträgen stehen. So ist Möllers Gedicht „Eule und Zeisig" ein eindeutiger Diskussionsbeitrag im allegorischen Gewand zum Generalthema jenes Jahres, satirisch gerichtet gegen Leisetreterei, Tatenlosigkeit und Wankelmut als die entscheidenden Hemmnisse für die revolutionäre Bewegung. Tierfabelmotive bieten dem politischen Dichter die Chance, relativ unabhängig von realen Gelegenheiten politischmoralische Erziehungsaufgaben mit poetischen Mitteln anzugehen. Weinert hat sie in den zwanziger Jahren auch erfolgreich genutzt. Die Stärke der Allegorie ist aber zugleich auch ihre Schwäche. Die Schwierigkeiten, die beim Vorherrschen allegorischer Tierfabelmotive für die politischsatirische Dichtung eintreten müssen, liegen auf der Hand. Die politische Aussage muß sehr allgemein bleiben, gewinnt aber eben dadurch einen solchen Grad an Allgemeingültigkeit des Urteils, daß sie der historischen Konkretheit ihrer Gegenstände, deren Beurteilung in verschiedenen Situationen wechseln kann, nicht immer voll gerecht wird. So geschieht es auch bei Möller, wenn parlamentarisches Lavieren (der Eule) und agile Kühnheit (des Zeisigs) einander undifferenziert gegenübergestellt werden. Allerdings spiegeln sich hier nicht nur künstlerische Schwächen, sondern politisch-weltanschauliche Probleme der Einschät3'
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zung unterschiedlicher Kampfformen der Arbeiterklasse und ihrer Partei. In Möllers Gedichten wie in seinen Artikeln werden die widerspruchsvollen Debatten um das Verhältnis von Partei, Masse und Klasse sowie das Problem der Führung innerhalb der Partei — also um Fragen des demokratischen Zentralismus und der Rolle des aus „Berufsrevolutionären" bestehenden Kerns der Partei — deutlich sichtbar. So spielt das Gedicht „Der Perpendikel" auf die Spaltung der Partei an (Gefahr oder Notwendigkeit?), auf die Unentschiedenheit und Wirrnis der zwischen Rechts und Links Schwankenden. In dem programmatischen Gedicht „Der Baum" versuchte Möller mit balladesk-allegorischen Mitteln die Geschichte der Sozialdemokratie zu skizzieren: ein stolzer Baum, noch prächtig anzuschauen, an den Wurzeln aber immer mehr von Würmern zernagt, dadurch widerstandslos geworden und vom Strom gefallt, steckengeblieben im Sumpf, wo der morsche Stamm frisches Grün treibt, aus dem schließlich ein neuer, gesunder Stamm heranwächst. Deutlich und für jeden ablesbar wird hier gesagt: Die alte Partei ist am Ende, eine neue wird aus ihren noch lebensfähigen Teilen entstehen. Uber Weg und Ziel der proklamierten neuen Bewegung wird auf diese Weise allerdings wenig ausgesagt. Die Frage nach der neuen Qualität einer modernen revolutionären Arbeiterpartei, wie sie sich in Rußland bereits ausgebildet hatte, bleibt offen. Genau an diesem Punkt, der entscheidenden Schwäche der gesamten Linken in der damaligen deutschen Sozialdemokratie, mußte Möller unvermeidlich wieder zum Natursymbol greifen. Erst im Zusammentreffen von breiter politischer Massenbewegung und straff organisierter Partei neuen Typus — in Deutschland also erst im Verlauf der zwanziger Jahre — erreichte die proletarischrevolutionäre Lyrik jenen Grad an Konkretheit, Öffentlichkeit und operativer Direktheit der Massenwirkung, wie Johannes R. Becher ihn am Beispiel des Weinertschen Typus einer „Sprechdichtung" charakterisierte: „Seine Gedichte, in Versammlungen gesprochen, traten zusammen auf mit der politischen Rede, wetteiferten mit ihr und ergänzten sie aufs wirkungsvollste vom Poetischen her. Auf diese Weise wurden nicht nur die Dichtungen Erich XXXVI
Weinerts von Hunderttausenden von Menschen aufgenommen, sondern die Dichtung selbst wurde wieder zu einer Sache des Volkes, der werktätigen Massen vor allem." 53 Wenn wir hier den politischen und poetisch-typologischen Abstand der Gedichte Möllers von denen Weinerts betonen, dann darf dabei nicht vergessen werden: Weinert, nur zwei Jahre jünger als Möller, macht in der Zeit vor und nach der deutschen Revolution erst seine ersten lyrischen Gehversuche. In den nachrevolutionären Jahren schloß er sich dem bürgerlichen Kabarett an, und erst Jahre später entstehen Gedichte von echter operativ-politischer Qualität. Möller ist ihm um 1918 also voraus. Das gilt es erst einmal zu konstatieren, bevor man die dann später von Weinert — mit seinem ohne Zweifel größeren Talent — erreichte neue Qualität proletarisch-revolutionärer Lyrik würdigt. Die Prozesse von heute her betrachtet — befindet sich Möller zwischen 1915 und 1918 mit seinen besten Gedichten durchaus „auf dem Wege" zum späteren „Sprechdichter" Weinert hin, indem er darum bemüht ist, sein Gedicht zumindest in der Presse mit der politischen Publizistik vom Poetischen her wetteifern zu lassen. Und nicht vergessen werden darf der Ernst und die Intensität, mit denen der Dichter an den Auseinandersetzungen um eben diese alles entscheidende Grundfrage nach der Rolle der Partei als revolutionärer Vorhut des kämpfenden Proletariats teilnahm. Möllers Gedichte „Der Baum", „Wir schreiten" und „ K a m p f r u f entstanden als poetische „Ergänzungen" unter anderem zu theoretischen Beiträgen von Julian Borchardt, dem Leiter der „Lichtstrahlen", der sich rigoros von der „parlamentarischen Koalition" zwischen Rechten und Zentristen in der Sozialdemokratie absetzte und die Neugründung einer Partei forderte, die alle linken Gruppierungen — eingeschlossen die Gruppe „Internationale" um Mehring und Luxemburg — vereinigen sollte. In der Allgemeinheit dieser an sich völlig legitimen Forderung lag noch nicht das Problem, sondern — insofern ist das „Baum"-Gedicht von Möller bezeichnend — in den oft XXXVII
noch diffus bleibenden Vorstellungen darüber, wie sich eine neue Partei konkret zu entwickeln und aufzubauen hat. In den „Lichtstrahlen", dann aber auch in der „Arbeiterpolitik", entwickelten sich seit 1915 Tendenzen, im berechtigten Kampf gegen die rechten, verräterischen Führer jegliches Führertum in der Partei schlechthin abzulehnen. 5 4 Das war verbunden mit dem Bestreben, im Affront gegen die parlamentarische Hinhaltepolitik alle Hoffnungen auf spontane Aktionen der Massen zu setzen. Dabei waren sich die Teilnehmer an der Debatte nicht immer dessen bewußt, daß sie objektiv die historisch notwendige Rolle einer organisierten, disziplinierten politischen und weltanschaulichen Avantgarde der Massenbewegung überhaupt negierten. An die Stelle einer solchen leninistischen Orientierung trat in den Berliner „Lichtstrahlen" und in der Bremer „Arbeiterpolitik" die Konzeption einer proletarisch-revolutionären „Einheitsorganisation". Die Akzente waren im einzelnen etwas unterschiedlich gesetzt, es dominierte jedoch die Forderung nach „reiner Demokratie" in der revolutionären Bewegung, nach Beseitigung jeglichen Zentralismus in der zu schaffenden neuen Partei. 5 5 Im Unterschied zum Kreis um Julian Borchardt orientierten die Bremer Linken sich stärker auf die G r u p p e „Internationale", aus der später der Spartakusbund hervorging. 5 6 Trotzdem verfolgte man auch hier einen radikalen Kurs mit sektiererischen Tendenzen, der jeden Versuch zum Zusammengehen — auch mit noch schwankenden Zentristen — ausschloß. In dieser Hinsicht wurde nicht nur das Zentrum, sondern auch die Gruppe „Internationale" angegriffen, der man im zeitweiligen Zusammengehen mit der U S P D Kompromißlertum und Verwirrung der Arbeitermassen vorwarf. 5 7 Aus dieser verständlichen, partiell — wie die Folgen zeigten — auch berechtigten Kritik ergab sich jedoch noch kein klares Konzept, das auf die G r ü n d u n g einer Partei neuen Typus orientiert hätte. Vielmehr wurde immer stärker das anarcho-syndikalistische Programm der „Einheitsorganisation" in die Debatte geworfen, je mehr sich die Unfähigkeit der Sozialdemokratie herausstellte, ihre innerparteilichen Probleme zu lösen — ganz zu schweigen von den objektiven Aufgaben der Zeit. Unter dem 2. Juni 1917 lesen wir in der XXXVIII
„Arbeiterpolitik" diese Forderung nach Auflösung von Partei und Gewerkschaften zugunsten einer einheitlichen Massenorganisation des Proletariats, in der es weder eine straff organisierte Vorhut noch verschiedene Körperschaften zur Vertretung unterschiedlicher sozialer Interessen der einzelnen Gruppen von Werktätigen geben sollte. Interessant ist die Begründung dafür: „Der Arbeiter hat nicht zwei Seelen, eine Gewerkschaftsseele und eine Parteiseele . . ., er kennt nur ein Interesse, für welches er unablässig wirkt, die gerechte Verteilung der von der Gesamtheit der Arbeiter geschaffenen Güter . . . Der alte Apparat mit seinen vielen Gewerkschaften und neuerdings die Partei mit all ihren Schattierungen scheint uns wenig geeignet, die Arbeiterschaft auf die Dauer zu befriedigen . . . Wirtschaftliche und politische Fragen greifen überdies so innig ineinander, daß sie in vielen Fällen gar nicht getrennt werden können . . . Unser Ziel ist die Einheitsorganisation, die sowohl die gewerkschaftlich wie politisch organisierte Arbeiterschaft umfaßt." 5 8 Aus dem richtigen Ansatz vom objektiven Zusammenhang aller Seiten des gesellschaftlichen Lebens und der unteilbaren Einheit proletarischer Grundinteressen werden verhängnisvolle Schlüsse gezogen, die nur zur politischen Entmachtung des Proletariats führen, das Gegenteil also der angestrebten Wirkung erreichen können. Charakteristisch, wie die soziale Zielstellung der Revolution nur auf der Ebene der Distribution formuliert wurde, ohne Rücksicht auf die Organisation der Produktion, die j a auch Konsequenzen für die Organisation des revolutionären Kampfes und die Organisierung der künftigen sozialistischen Gesellschaft hat. In der nächstfolgenden Nummer der „Arbeiterpolitik" kam dann noch deutlicher zum Ausdruck, daß es einer Organisation nur für den offenen Kampf bedürfe, daß die Massenaktion aber auch hierbei keine zentralistisch organisierte Führung nötig habe, weil sie sich aus der Aktion heraus ganz organisch von selbst organisieren müsse. 59 Diese Zusammenhänge wurden hier deshalb relativ ausführlich dargestellt, weil bestimmte Einseitigkeiten und Schwächen auch der späteren, weiter fortgeschrittenen politischen Lyrik Werner Möllers offensichtlich ursächlich
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mit ihnen verknüpft sind. Auch Möller hatte jenen einseitigen „linksradikalen" Auffassungen, in denen sich die Überschätzungen der spontanen revolutionierenden Rolle der Volksmassen mit einer Unterschätzung der Rolle der Partei verband, seinen Tribut gezollt. Unter dem Pseudonym Stauffacher erschien sogar ein Artikel von ihm zu dieser Frage. 6 0 Das geschah übrigens in einem Heft, das sich mit den internationalen Lehren der russischen Oktoberrevolution befaßte und in diesem Zusammenhang antibolschewistische Verleumdungen und Ausfalle gegen Liebknecht und den seit 1916 bestehenden Spartakusbund entschieden zurückwies. Die Kompliziertheit der Debatten wird gerade bei Möller besonders deutlich. Die Erfahrungen mit der gegenwärtigen Führung der sozialdemokratischen Partei erschwerten es auch ihm, bei der Forderung nach einer disziplinierten und geschlossenen Parteiorganisation und nach ihren Führern nicht sofort an Erscheinungen wie Arbeiteraristokratie, politische und ökonomische Korruption, Anbiederung an das monopolkapitalistische Herrschaftssystem und ähnliches zu denken. So vernachlässigte Möller die vielfaltigen Vermittlungen zwischen unmittelbaren sozialen und übergreifenden politischen Interessen und Zielen, zwischen organisiertem Kern und breiter Massenbewegung und setzte — mit dem Anwachsen der revolutionären Stimmung im deutschen Proletariat — in seinen Gedichten wieder zunehmend auf die politische Eigenständigkeit der Massen gegenüber allen, wie auch immer gearteten Führern. „Die Masse wird dann selbst den Wächterposten übernehmen", schrieb er in seinem Beitrag zum Thema „Einheitsorganisation" 6 1 . Es blieb unklar, auf welche Weise ein solches Maß an Bewußtheit in die Masse der Werktätigen gelangen sollte, wie die hochentwickelte wissenschaftliche Weltanschauung des Marxismus mit der täglichen politischen Aktion und ihrer langfristigen Programmierung verbunden werden könnte. Diese Lücke ist symptomatisch für die Gesamtsituation der deutschen Arbeiterbewegung um 1918 und hatte einschneidende Konsequenzen für Möllers politische Dichtung, die in dieser Zeit auf ihren Höhepunkt gelangte. Große, bedeutsame Gegenstände, Leidenschaftlichkeit des revoXL
lutionären Pathos, Schärfe der aggressiven Satire — das alles ist jetzt vorhanden. Zum wirksamen „Eingreifen" in die gesellschaftlichen Prozesse konnten die Gedichte aber kaum gelangen, weil jene Lücke nur zu schließen ist, wenn hier auch die Partei neuen Typus den ihr gebührenden Platz bekommt. Das ist für die politische Dichtung der marxistischen Arbeiterbewegung auch dort von poetisch strukturbildender Bedeutung, wo die Partei selbst und ihr Wirken nicht direkter Gegenstand der künstlerischen Darstellung ist, weil es hier nicht um diese oder jene Organisationsform, sondern um das Grundkonzept politischen Handelns und ideologischer Überzeugungsarbeit schlechthin geht. Erst mit der Gründung der K P D wurden neue Bedingungen geschaffen, die — in einem nach wie vor widerspruchsvollen und schwierigen Prozeß — im Verlauf der zwanziger und dreißiger Jahre auch für die Literaturprozesse zu angemessenen Voraussetzungen wurden. Zur Ehre der Bremer Linken ist zu sagen, daß mit Ausbruch der Novemberrevolution die Debatte zur „Einheitsorganisation" schlagartig aufhörte. Man wandte sich den dringenden politischen Forderungen des Tages zu — ohne daß allerdings die programmatischen Auseinandersetzungen zur Organisationsfrage konsequent zu Ende geführt worden wären. Eine Annäherung an leninistische Positionen ist jedoch unverkennbar. Weitaus öfter als je zuvor druckte ihre Zeitschrift jetzt Arbeiten von Lenin ab, z. B. Ausschnitte aus „Staat und Revolution"; aber auch den Text der Verfassung der russischen Sowjetrepublik und den letzten Artikel, den Liebknecht in der „Roten Fahne" 6 2 veröffentlicht hatte. Komplizierter verlief die Entwicklung der Zeitschrift „Lichtstrahlen", mit der Möller gleichfalls bis zum Schluß eng verbunden blieb. Glühende Bekenntnisse zur Oktoberrevolution und glänzende publizistische Attacken gegen den rechten „Vorwärts", Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Weltrevolution, die alle Probleme schlagartig lösen würde, gingen einher mit der Distanzierung von der neugegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands, der „Führerkult" und die Befürwortung der Wahlbeteiligung kritisch angelastet wurden. Einseitig hervorgehoben wird die Rolle der Arbeiterräte, die spontan und dezentralisiert XLI
die Leitung der Betriebe in die eigenen Hände nehmen sollten; die unmittelbare Arbeit an der ökonomischen Basis wurde den Fragen des politischen und ideologischen Überbaus undialektisch gegenübergestellt. 63 Entscheidend jedoch für die politisch-revolutionäre Haltung unseres Autors: ohne zu zögern ging er nach Berlin, um im Brennpunkt des Geschehens aktiv mitzuwirken. An der Seite der Spartakisten setzte er mit ihnen sein Leben dafür ein, der Revolution die entscheidende Wende in Richtung auf die sozialistisch-kommunistische Gesellschaft zu geben. Im November 1918 druckten die „Lichtstrahlen" — nach einer Zeit des Verbots soeben wieder erschienen — Möllers Gedicht „Der Kommunismus". Obwohl die historisch zurückschauenden Passagen des Textes eine dialektische Geschichtsbetrachtung noch weitgehend vermissen lassen, moralisierende Momente der Urteilsbildung über harte geschichtliche Notwendigkeiten nicht zu übersehen sind, verbindet sich für den Leser doch mit dem uneingeschränkten Bekenntnis zum Kommunismus die Wahrnehmung einer einschneidenden Epochenwende, die durch die revolutionären Ereignisse seit 1917 in der Welt eingeleitet wurden. Die letzte Strophe lautet:
Nun bin ich da; — nun klopf ich dröhnend an: Menschheit herbei, die Pforte aufgetan. O zögre nicht, mißtrauend meinem Ruf, Ich heil die Wunden, die der Wahnwitz schuf. Ich bring das Glück nicht wenigen allein, Vom tiefsten Leid will ich die Welt befrein. O zaudre nicht, bedenk nicht her und hin, Erkenne, daß ich dein Befreier bin. Empfange neue Kraft aus meiner Hand, Zieh an ein neues, prächtiges Gewand: Schönheit soll dich umgeben, goldenes Licht, Aus tausend Quellen neues Leben bricht. Es ruht das Schwert, es stampft kein Krieg durchs Land, Die Völker reichen sich die Bruderhand; Dann erst herrscht wahres Menschentum auf Erden, Die Welt ist schön, das Leben wird es werden. XLII
Die grundsätzliche Möglichkeit sozialistischer Kunst, ihre Ideale nicht aus der Vergangenheit, sondern — bezogen auf die realen, greifbaren Schritte praktisch-gesellschaftlichen Handelns — aus der Zukunft zu beziehen, wird hier gewiß noch nicht poetisch gemeistert. Aber mit dem Hinweis auf die Einheit von proletarischer Macht, Menschenglück und Völkerfrieden, von Kampf und Schönheit werden die richtigen, weiterweisenden Fragen gestellt, wird die einzige mögliche Richtung gewiesen. Es spannt sich noch einmal der thematische Bogen zu den Gedichten aus den ersten Kriegsjahren. Das stärkste Gedicht des Bandes, ein Höhepunkt des lyrischen Schaffens von Werner Möller, ist „Die deutsche Revolution". 6 4 Hier läßt sich erst eigentlich ermessen, welche Bedeutung die große politische „Gelegenheit" für die Ausprägung eines eigenständigen künstlerischen Profils sozialistischer Dichtung hat. Wurde in einem früheren Gedicht „Die Revolution" 6 5 noch in allgemein-symbolischer Manier, in personifizierter, aber gerade dadurch weitgehend abstrakt bleibender Gestalt als titanenhaft wirkende Gesetzmäßigkeit vorgeführt, so ist nun die — in Hinblick auf ihre proletarische Zielstellung mißlingende — Revolution selbst Gegenstand einer scharfen sozial-politischen Analyse. In der kritisch-ironischen Brechung des leidenschaftlichen revolutionären Pathos gemahnt der Gestus des Gedichts an Heines „Enfant perdu".
Noch warst Du's nicht! Ob auch auf allen Zinnen Drei Tage lang die rote Fahne stand; Noch warst Du's nicht! Ob auch der biedrige Bürger Ins Knopfloch sich das rote Bändchen band. Ob auch das Herrchen und der Modestutzer Die rote Farbe prunkend trug zur Schau; Ob auch die roten Blümchen nickten Vom Busen und vom Pelz der gnädgen Frau. Noch warst Du's nicht! Und schon der Michel wieder Sich nach der Zipfelmütze sehnt. Noch warst Du's nicht!! Und schon mit den Bedrückten Hat prächtig sich das Führerpack versöhnt. Noch warst Du's nicht!! Und schon wirst Du betrogen, XLIII
Geschmäht, besudelt und zur Dirn gedingt! Es macht sich breit um Deinen hehren Namen Ein Lügensumpf, der auf zum Himmel stinkt. In den nächsten Strophen fallt die genaue Einschätzung des Erreichten auf. Nicht nur eine negative Bilanz wird gezogen, sondern der Sturz der Monarchie als ein wesentliches Ergebnis gesehen. Beibehalten wird in dem suggestiv sich wiederholenden „Noch warst Du's nicht!" die über die bürgerliche Demokratie hinausreichende Perspektive, die Forderung nach der erst eigentlich herbeizuführenden sozialistischen Revolution, „der letzten Schlacht": Noch warst Du's nicht! Doch nah und immer näher Schon dröhnt dein Tritt! Schon schmettert Dein Signal! Nun gilt es, Volk, die letzte Schlacht zu schlagen, Dem Erbfeind gilt's, dem Riesen Kapital. Stürz ihn, der stets das Mark Dir ausgesogen; — Herbei zum Kampf, — das rote Banner steigt, Die Revolution — sie kommt geflogen, Und weh dem Schuldgen, den ihr Arm erreicht. Für enttäuschende Resignation bleibt trotz der Bitterkeit der Satire kein Raum, obwohl die Tatsache der vorerst zu konstatierenden Niederlage nicht kaschiert wird. In diesem Sinne ist der Einschätzung, die Alfred Klein in seinem Buch „Im Auftrag ihrer Klasse" über Möller trifft, nur zuzustimmen: „Seine Revolutionshymne setzt den Schlußpunkt hinter den Versuch, die Idee der proletarischen Revolution während des politischen Zerfalls der Sozialdemokratie lebendig zu erhalten. Freilich konnte dies auf die Dauer nur gelingen, weil sich Möller von den rechten Führern trennte und Anschluß an die Kräfte suchte, die zur Erneuerung der revolutionären Arbeiterbewegung fähig waren. In diesem Sinne stellt auch seine Dichtung trotz ihrer unverkennbaren inhaltlichen und formalen Schwächen eine Brücke zwischen der Arbeiterdichtung des 19. Jahrhunderts und dem Neubeginn in den zwanziger Jahren dar. Sie erhebt sich am Ende zu den menschheits- und nationalgeschichtlichen Fragestellungen, die der Ausbruch des ersten XLIV
Weltkrieges aufgeworfen hatte, ohne sich dabei aber in ein nichtssagendes abstraktes Menschheitspathos aufzulösen, sondern gerade unter Berufung auf diese weitgespannten Aspekte ergreift sie Partei für den Sturz des Kapitals durch die proletarische Revolution." 6 6 Kaum ein anderes Gedicht aus der Zeit der Novemberrevolution hat diese Vorzüge aufzuweisen, und kaum ein anderes Gedicht macht so deutlich, welche Entwicklungsmöglichkeiten der Dichter Werner Möller noch vor sich hatte, als die brutale Bluttat seiner Gegner ihn zum Verstummen brachte. Fast schien es, als wäre es gelungen, auch seine hinterlassenen Gedichte zum Verstummen zu bringen. Noch ist aber nicht ausreichend untersucht, welche Rolle die Leistungen auch solcher Schriftsteller wie die Werner Möllers — direkt oder indirekt, bewußt oder unbewußt — für das Weiterkommen der ihnen nachfolgenden sozialistischen Schriftstellergenerationen gespielt haben. Auch das vorliegende Buch kann nur einen kleinen Beitrag dazu leisten, indem es das Werk des Dichters umfassend darzustellen und in seinen historischen, politischen und ideologischen Wurzeln aufzuschließen sucht. Möllers Lyrik ist nicht nur politisches Bekenntnis einer unverwechselbaren revolutionären Persönlichkeit. Sie stellt ein interessantes und lehrreiches Zeitdokument von mehr als nur historisch-beschreibendem Wert dar. Plastischer, handgreiflicher als aus jeder historiographischen Schilderung läßt sich aus ihr ablesen, welchen schwierigen Weg die Arbeiter bei der künstlerischen Ausformung des ihr eigenen Menschenbildes bis zur vollen Ausbildung ihrer kulturschöpferischen Fähigkeiten zurückzulegen hatten. Clara Zetkin hat das schon 1910 in folgende Wort gefaßt: „Je bewußter und kraftvoller ihr Kampf wider die kapitalistische Ordnung wird, um so schärfer tritt auch ihr geistiger Lebensinhalt in Gegensatz zu dem geistigen Leben der bürgerlichen Welt. Der proletarische Klassenkampf wird zum Träger neuer geistiger und sittlicher Ideale, ein neues eigenes kulturelles Leben beginnt unter den Enterbten emporzublühen." 6 7 Auch und vor allem Möller gehört zu denen, die „oft mit noch unbeholfener Hand, aber mit heißer, zukkender Seele zu gestalten versuchen", „deren Schöpfungen XLV
Symptome sind, mit denen sich eine Weltwende ankündigt, die eine Renaissance der Kunst in ihrem Schoß trägt." 6 8 Sozialistische Kunst von weltliterarischem Rang, aufgestiegen aus dem internationalen Befreiungskampf der Arbeiterklasse, erscheint uns heute allzu leicht als Selbstverständlichkeit. Wir wollen aber nicht vergessen, was sie an Opfern, Anstrengungen und immer wieder neuen Mühen gekostet hat. Ebensowenig können wir daran vorbeigehen, daß viele Probleme, mit denen Werner Möller gerungen hat, heute noch unmittelbar auf der Tagesordnung stehen. Das gilt ebenso für die Auseinandersetzung mit der rechten Sozialdemokratie wie für die politischen Entwicklungsprobleme jener sich unserer sozialistischen Welt schon zuneigenden „linken Rebellen", denen es schwer fiel, die den Kampf der Arbeiterklasse entscheidende Rolle einer politisch bewußten, straff organisierten und disziplinierten marxistischleninistischen Partei zu begreifen. All das macht das literarische Werk Werner Möllers zum fruchtbaren Gegenstand einer neu zu schließenden Bekanntschaft. Der Herausgeber dankt an dieser Stelle Frau Dr. Ursula Münchow und Herrn Prof. Dr. Alfred Klein für Unterstützung und wertvolle Anregung.
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STURMGESANG 1913
Geleitwort Brause wie Sturmwind, Lied der Arbeit, Wirf in die Herzen zündende Gluten; Richte die auf, die zagen, verbluten, Tröste die, die verzweifeln im Kampf. Fliege wie Sturmwind, trotziges Lied; — Hart ist dein Klang, weil Kampf dich geboren, Weil du im Wirbel des Lebens gegoren Ist so scharf, so ehern dein Laut. Hart wie die Arbeit, hart wie das Leben; — Du kannst nicht girrn, nicht kosen und scherzen, Rufe zum Kampfe Proletenherzen, R u f sie mit heißem, zornigem Schrei. Für die Geknechteten für die Entrechteten Sollst du klingen, sollst trösten und werben; Weher Zorn soll dich glühend färben; — Flieg wie der Sturmwind, Lied der Arbeit.
Kampfruf! Herbei zu uns, wer noch nicht ganz verknechtet, Wer knirschend nur die Sklavenkette trägt; Herbei zu uns, wem in der Brust noch schlägt Ein trotzig Herz, ist er auch selbst geächtet. Herbei zu uns, wer in den Hütten kauert, Die Wangen von dem Hauch der Not gebleicht; 4»
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Herbei, wer in die dunklen Schächte steigt, Wo das Verderben, das Entsetzen lauert. Herbei, wer formt mit schwielger Hand das Eisen, Die Stirne triefend von des Feuers Glut; Herbei, wer steht in schlichtem Heldenmut, Wo zornig wild im Saal die Räder kreisen. Herbei ihr alle, denn es gilt zu wagen Den letzten Kampf; schon gellt's von Pol zu Pol, Von Meer zu Meer; hört ihr den Schlachtruf wohl? „Ihr Sklaven, auf, die Ketten zu zerschlagen!" Kein Schlachthorn dröhnt und keine Rosse schnobern, Kein Blutstrom färbt rings die Gefilde rot; Nicht heißt das Losungswort: Sieg oder Tod! — Und dennoch gilt's, das Weltall zu erobern. Die Freiheit gilt's; — wer zagt, wer steht zur Seite? Schon glüht des jungen Tages Purpurschein. — Herbei, herbei! Wer will der letzte sein, Der letzte in dem heiigen Völkerstreite?
Wir! Wir sind der Zorn, wir sind die Kraft, Wir sind der Rache heiige Glut, Wir stehen fest, an unserm Schaft Zersplittert eure blöde Wut. Die Wut, die eure Angst gebiert, Die Wut der Schwachen und der Feigen, Denn ihr erblaßt, ihr bebt und stiert, Wenn wir die trotzge Stirn euch zeigen. Wir sind der Donner! Hört, er grollt! Ins Mark fahrt euch die Eisenstimme, Ihr kauft ihn nicht für Krön und Gold, Ihr haltet stand nicht seinem Grimme. Wir sind der Blitz, der zuckend fahrt, Zerschmetternd aus der Wolkennacht, Ein leuchtend, scharf geschliffnes Schwert Und zitternd seht ihr seine Pracht. 6
Wir gellen euch ein Wort ins Ohr, Daß laut aufheulend ihr euch krümmt, Daß euch der Schweiß aus jeder Por Wie Tropfen Blut vom Leibe rinnt. Ein Wort, das euch kein Spielmann geigt, Das klingt aus keiner Harfe Ton, Blutrot es sich am Himmel zeigt, Das Wörtchen Revolution! Ein Klirren steigt zu eurem Thron Aus tiefster Tiefe, geisterhaft; Die Kette, die zerrissen schon, Zu Boden fiel durch unsre Kraft. Ein letztes — letztes Bäumen noch, Dann brechen wir in eure Hut, Zerschmettert liegt der Knechtschaft Joch; — Wir sind der Rache heiige Glut!
Du giltst als Lump, trotz alledem! Flammt Geist von Deiner hohen Stirn Und Geist aus deinem Auge klar, Du giltst als Lump trotz alledem, Weil du ein armer Proletar. Geht auch dein Streben himmelan, Dem Flug des stolzen Adlers gleich, Und küßte auch, den Not gebar, Der Genius die Wangen bleich. Schaffst du auch Gold und Goldeswert Mit deiner harten, schwielgen Hand, Du giltst als Lump trotz alledem, Als Lump in deinem Vaterland. Wer schafft den Reichtum? Du, nur du, Mit deiner Kraft, mit Schweiß und Blut; Du zeugest ohne Rast und Ruh Für fremde Menschen Gold und Gut. Der Hammer dröhnt, der Webstuhl fliegt Und die Maschine stampft und braust; Von morgens früh,bis abends spät Stehst du vom Räderwerk umsaust. 7
Du holst den Schatz aus Bergesnacht, Du fronst im heißen Sonnenbrand Und giltst als Lump trotz alledem, Als Lump in deinem Vaterland. Du schaffst den Reichen Glanz und Pracht Und dennoch bleicht dein Haar die Not. Es führt dein Weg durch dunkle Nacht Und dein Erlöser ist der Tod. Du nennst kaum einen Augenblick Dein eigen, der die Stirn dir kühlt, Kämpfst ewig mit des Lebens Flut, Die wild um deine Füße spült. Und baust Paläste du den Herrn, Auf Bergeshöhn, im glühnden Sand, Du giltst als Lump trotz alledem, Als Lump in deinem Vaterland. Du bist der Herr der ganzen Welt, Prolet, bedeckt mit Staub und Ruß; Ein König ist ein Bettler nur, Den deine Kraft erhalten muß. Ein Spielzeug, das ein Hauch zur Frist, Ein Hauch von dir in Stücke bricht; Sein Leben schlürft aus deiner Hand Ein jeder hochgeborne Wicht. Und dennoch, o, daß lodern möcht Aus deinem Aug der Zornesbrand, Du giltst als Lump trotz alledem, Als Lump in deinem Vaterland. Ein Lump noch heut! Wie lange noch? — Der Hammer klingt, die Esse qualmt; — Wann hebst du deine Faust empor, Die diese morsche Welt zermalmt? O, laß ihn grollen durch die Welt, Den Schrei, den glutdurchbebten Schrei: „Genug des Leids, genug der Schmach, Seht her, Tyrannen, ich bin frei!" Laß eine neue Welt entstehn, Wo alle Knechtschaft ist verbannt; Wach auf, Prolet, dann bist du frei, Bist Herr in deinem Vaterland. 8
Das Wahlrecht her! Es braust unser Ruf durch das weite Land; Ein Ruf so zornig und schwer. Er dringt in die Herzen wie glühender Brand Und lautet: Das Wahlrecht her! Mag bitten und flehen in Demut der Knecht, Wir heben das trotzige Haupt, Wir bitten nicht länger, wir fordern das Recht, Gebt wieder, was ihr uns geraubt. Laut heult der Sturmwind, wild brandet das Meer, Doch lauter noch tönt unser Fluch! Das Wahlrecht her, gebt das Wahlrecht her, Des müßigen Spiels ist's genug. So grollt es wie Donner! Hei, wie ihr erblaßt, Schon ruft ihr nach Pulver und Blei; Doch wenn ihr euch bergt auch im tiefsten Palast, Ihr hört doch den trotzigen Schrei. „Das Wahlrecht her; gebt das Wahlrecht her!" Zum Himmel lodert die Glut. Den Schrei, den wilden, erstickt ihr nicht mehr, In Tränen nicht, noch in Blut. Und wenn ihr den Boden mit Leichen besät, Im frevelhaft blutigen Spiel; Und werden auch Hunderte niedergemäht, Wir stürmen doch vorwärts zum Ziel. Wohlan! Es gilt! Unser Schlachtruf hallt Und glüht durch die feigeste Brust. O merkt's, im Kampfe gegen Gewalt Wird selber das Sterben zur Lust. Der Zorn des Volkes, so lange gezäumt, Bricht jäh aus der Tiefe herauf. Die Flut, die rasche, sie zischt und schäumt, Und keiner hemmt ihren Lauf.
Demonstration! Dumpf hallen die Tritte! In ihren Klang Mischt sich brausend der Massengesang: 9
„Das freie Wahlrecht ist das Zeichen!" Ha! bergt nur eure bleichen Gesichter, todesbang. Sie ziehn vorüber in endlosen Reih'n, Umglüht, umwoben vom Sonnenschein; Und das Lied der Freiheit schwingt sich empor, Ihr bebt und neigt doch lauschend das Ohr Und werdet so klein. Und werdet so klein vor der zornigen Kraft Des Volkes, die sich der Fessel entrafft; Der Riese, den ihr bezwungen geglaubt, Reckt empor sein Titanenhaupt, Bricht seine Haft. Sie ziehen vorüber, nicht zagend und scheu; Ihre Stirnen sind hoch, ihre Blicke sind frei! Ein wogendes, wallendes, brausendes Meer, Ein waffenloses, doch furchtbares Heer; So ziehn sie vorbei! Alte und Junge, Männer und Fraun, Das Auge kann sie nicht überschaun, Dicht wie am Meere der Dünensand, Dicht wie das Kraut auf dem Heideland; Und ihr fühlt ein Graun! O Volk, wie bist du im Zorne so groß, Zuckende Blitze gebiert dein Schoß! Erhebst du die Stimme, sie donnert und grollt Wie die Lawine, die talwärts rollt, Furchtbar und groß! Jetzt bist du vom Schlummer, vom dumpfen erwacht, Jetzt flammt dein Stern, jetzt flieht die Nacht; Und es kommt der Tag, wo die Welt du bezwingst, Wo du das Glück und die Freiheit erringst, Erkennst deine Macht. Wacht auf! Wacht auf! Wacht auf! Ich möcht es gellend rufen, Daß meine Stimm den Erdenball umspannt. 10
Ich möcht euch schleudern in des Herzens Tiefen Der Wahrheit, der Erkenntnis Loderbrand. Euch, die ihr träumt im dichten Schlachtgetümmel, Von Not und Tod umrast, von Brand und Mord, Schaut aufwärts, Träumer, in den Sternenhimmel, So hell und klar steht es geschrieben dort: Die Welt ist euer, strebt zum Sonnenlicht, Dem Adler gleich, mit mächtgem Flügelschlag. Die Gluten walln, die Sklavenkette bricht; Ihr seid die Rache, seid das Weltgericht. Wacht auf! Wacht auf! Ich möcht es gellend rufen Hinein in der Maschinen Donnerlaut. Ihr qualzerrissene Sklaven in den Tiefen, Hebt trotzig hoch das blasse, müde Haupt. Ihr, die ihr kniet noch vor des Altars Stufen, Die ihr noch fleht zu einem falschen Gott: Wacht auf! Wacht auf! Ich möcht es gellend rufen; Herbei zu uns; wir streiten für die Not! Die Welt ist unser, auf zum Sonnenlicht, Dem Adler gleich, mit mächtgem Flügelschlag. Die Gluten walln, die Sklavenkette bricht; Wir sind die Rache, sind das Weltgericht. Wir stehn, das Steuer in den Eisenhänden, Vom Gischt der Brandung gierig, wild umleckt. Das Schwert des Geistes blitzt um unsere Lenden, Ein lichter Strahl, mit Rosen nur bedcckt. Nach Osten hin, dem Morgenrot entgegen. Fliegt unser Kiel, durch Sturm und Wogendrang. Wir fragen nicht nach blödem Pfaffensegen, Zum Himmel auf jauchzt unser Siegessang: Die Welt ist unser, auf zum Sonnenlicht, Dem Adler gleich, mit mächtgem Flügelschlag. Die Gluten walln, die Sklavenkette bricht; Wir sind die Rache, sind das Weltgericht. Wir stehn, ein trotzig Heer von Millionen, Dicht wie die Blätter hoch am Eichenbaum; Und unser Schlachtruf braust durch alle Zonen, Und wo wir schreiten, bebt der Erde Saum. Ihr gramgebeugte Sklaven finstrer Mächte, 11
Das Haar gebleicht, die Wangen sorgenfahl: Wacht auf! Wacht auf! Dann bricht durch Wolkennächte Der Freiheitssonne junger Morgenstrahl. Die Welt ist unser, auf zum Sonnenlicht, Dem Adler gleich, mit mächtgem Flügelschlag. Die Gluten walin, die Sklavenkette bricht; Wir sind die Rache, sind das Weltgericht.
Das alte und das neue Jahr Es war am Scheideweg; die Glocken dröhnten, Zwölf dumpfe Schläge hallten durch die Nacht. Der Nordwind seufzte über stille Fluren, Und weiße Flocken fielen nieder, leis und sacht. Da trafen sich am Scheideweg zwei Wandrer; Ein hoher Greis, mit silberweißem Haar, Ein kühner Jüngling, blühenden Angesichtes; — Es war das alte und das neue Jahr. „Reich mir das Zepter", tönend sprach's der Junge, „Wirf um die Schultern mir das Herrscherkleid; Sprich, welche Kunde bringst du von der Erde, Steigst fröhlich du hinab zur Ewigkeit? Hast du das große, heiige Werk vollendet? Ist frei die Welt von Not und Schmach und Schand? Zerbrach das Volk des Kerkers morsche Pforte? Zerriß die Ketten es mit starker Hand? Sprich, Alter, sprich, beherrsch ich freie Menschen, So tret mit Lust ich meine Herrschaft an." — Dumpf sprach der Alte:„Es durchmißt die Erde Noch ihre alte, ewig gleiche Bahn, Und immer noch trägt sie auf ihrem Rücken Die alte Last: Lug, Schmach und Barbarei; Noch beugt das Volk vor blutgen Despoten Den Nacken, noch ist es nicht frei. Doch zerrt es trotzig wild an seinen Ketten; Hier zuckt ein Funke, dort glüht heller Schein, Hier stürzt ein Bollwerk, dort klafft eine Bresche, Und bald, bald wird der Knechtschaft Ende sein; 12
Ich sah noch nicht den Freiheitstag erglühen." — „So seh ich ihn!" — der Junge rief s mit Macht, „Wenn tausend Funken auf zum Himmel sprühen, So blas ich in die Glut, daß sie entfacht. Daß Daß Und Von
sie entfacht zur wilden Loderflamme, sie empor bis an den Himmel leckt, unbezwingbar wie ein Sturmgewitter, Pol zu Pol die goldnen Zungen streckt.
Ich will die Welt, die alte Welt, verjüngen, Der Freiheit rotes Banner pflanz ich auf, Hell soll mein Lied, mein Freiheitslied, erklingen, Und kein Tyrann hemmt meinen Siegeslauf!" Der Junge sprach's, der Alte hob die Hände: „So stürze dich hinein in Kampf und Sieg, Peitsch auf die Völker, auf zum wilden Grimme, Und führ sie in den großen, heiigen Krieg. Gieß Kraft und Mut hinein in jede Ader, In jede Hütte wirf den Feuerbrand, Und schling um alle, die im Elend darben, Der wahren Liebe unzerreißbar Band. Hauch deinen Odem glühend durch die Lande, Bis daß der morsche Bau in Staub zerfällt, Und stehst du wieder hier am Scheidewege, So schenk dem neuen Jahr die neue Welt!" Der letzte Glockenschlag war längst verklungen, Da trennte schweigend sich das ernste Paar; Ins Land hinein, mit wuchtgen Männertritten Schritt stark und kühn — das neue Jahr! Ausnahmegesetze ? Wohlan, herbei mit eurem stumpfen Schwerte, Zückt nur die Lanze, die der Spitze bar, Schützt die Waffen, die einst Bismarck ehrte, Nun wiederum den flügellahmen Aar. Heran, heran, wir weichen nicht im Kampfe, Schnellt von der schlaffen Sehne nur den Pfeil; 13
Ein Wort von uns — ihr zuckt im Todeskampfe, Denn dieses Wort ist wie ein Donnerkeil. Der Keule gleicht es, in Titanenhänden, Die niedersaust auf euer schuldig Haupt; Ihr könnt nicht fliehn, mögt ihr euch drehn und wenden, Sie zuckt hernieder, eh ihr es geglaubt. Es ist ein Blitz, der grell fahrt aus dem Dunkel Und der euch trifft bis tief ins Mark hinein; Aus eurer Kronen strahlendem Gefunkel Reißt er die Perle und den Edelstein. Das eine Wort — wie Sturm fegt's durch die Lande, Doch Totenstille folgt ihm auf dem Fuß; Zerrissen sind der weisen Ordnung Bande, Es weht euch an wie eisger Todesgruß. Wenn all die Hände ließen ab vom Werke, Weil: „Auf, zum Massenstreik!" der Ruf erscholl, Dann glaubet endlich an des Volkes Stärke, Glaubt, daß zum Leben es erstehen soll. Dann fahrt euch an die weingetränkte Kehle, Indes das Auge aus den Höhlen quillt; Indes ein Graurt euch steigt aus tiefster Seele, Ein Graun, das nicht mal der Champagner stillt. Wohlan, herbei drum mit dem stumpfen Schwerte, Zückt nur die Lanze, die der Spitze bar; „Schützt" mit den Waffen, die einst Bismarck ehrte, Nun wiederum den flügellahmen Aar!
Ihr habt das Recht verstoßen! Ihr habt das Recht verstoßen, Das heilige, freie Recht! Sein Henker ist geworden Jedweder Schergenknecht, Ihr habt mit Schmach und Schande Bedeckt sein Angesicht Und wollt es gerne töten, Doch töten könnt ihr's nicht. 14
Mit seinem hehren Namen Treibt ihr ein Gaukelspiel, Ihr führt ihn stets im Munde Und nennt ihn mit Gefühl; Und stellt's doch an den Pranger, Verhöhnt von jedem Wicht; Ihr wollt es gerne töten, Doch töten könnt ihr's nicht. Und irrt es durch die Lande, Gepreßt zu Dienst und Fron, Und trägt's auf seinem Haupte Die blutge Dornenkron: Aus seinen blutgen Wunden Ein Strom des Lebens bricht! Ihr wollt es gerne töten, Doch töten könnt ihr's nicht. Aus seinen Wunden trinken Wir neuen Heldenmut, Aus seinen Leiden schöpfen Wir neue Kampfesglut; Bis daß sein Tag erscheinet, Sein Tag, sein Strafgericht! Ihr wollt es gerne töten, Doch töten könnt ihr's nicht.
Karl Marx Du hast uns erweckt aus dem Dunkel der Nacht, Dein Donnerruf erscholl mit Macht; Er flog im Sturm um den Erdenball, Und die Wichte erbebten vor seinem Schall; Wir aber lauschten mit zitternder Lust, Wie schwoll es empor in der Sklaven Brust, Wie grollte es auf in den tiefsten Tiefen, Wo wir so lang, ach so lange schliefen. Du herrlich Gestirne, wie flammt deine Bahn; Du rißt aus dem Abgrund von Irrung und Wahn Die Menschheit mit unerschrockenem Mut, 15
Du trugst von der Götter Feuer die Glut Und gabst sie uns, daß zum ewigen Licht Sie werden sollt' und verlöschen nicht. Du brachst des Mammons eiserne Schranken, Du brachst sie, du, mit deinen Gedanken. Dein Geist war ein Blitz, ein Schwert war dein Wort, Hoch flog es über die andern fort; Kein Kerker bezwang es, kein hartes Exil, Nicht Tyrannei, noch Despotenspiel. Es brach sich Bahn durch der Feinde Reihn, Wie ein Feuerbrand, wie ein Flammenschein, Zu jeder Hütte, zu jedem Herde Bracht es ein göttliches: „Macht, nun werde!" Du hast uns erweckt aus dem Dunkel der Nacht, Karl Marx, dir sei unser Gruß gebracht. Wohl gingst du längst zu den Toten ein, Doch dein Leib nur ist tot, dein Leib allein. Dein Wort noch lebt und zeugt Männer von Stahl, Die die Not vertilgen, vertilgen die Qual, Die die Gluten zu loderndem Feuer entfacht; Karl Marx — wir kämpfen die letzte Schlacht.
Sedan! Still liegen die Felder vom Blute getränkt, Die Flamme des Kriegs ist verlodert; Die Toten, die einst man zur Ruhe gesenkt, Sind längst wohl zerfallen, vermodert. Das Auge verglast und die Brust zerfetzt, Mit schmerzzerrissener Gebärde; So hat man sie hier zur Ruhe gesetzt, Verscharret hier in der Erde. Still liegen die Felder! Das Blut ist verraucht, Das Schmerzengestöhn ist verklungen; Nur leis der Wind durch die Gräser noch haucht, Der den Toten zur Ruhe gesungen. Die Zeit strich eilend vorüber und sacht, Oft wechselt die Nacht mit dem Tage, 16
Und heute gedenkt man der blutigen Schlacht Bei prunkendem Festgelage. Mit Böllergeknall und mit Hurrageschrei, Mit Redegeschwall und mit Possen, So feiert man die, die zerrissen vom Blei, Die ihr Blut für den Herrscher vergossen. Mit Sang und mit Klang, ein Fest voller Pracht, Ein Fest für die Schreier und Wichte! O Tag von Sedan, o blutige Schlacht, O „Ruhmesblatt" deutscher Geschichte. Die Söhne des Volkes die färbten den Ort, So blutig die Gräser und Ranken; Wild aufgestachelt zum Brudermord, Proleten, die Deutschen und Franken. O Tage von siebzig, o Tag von Sedan, In Blut getaucht und in Schande, Es feiern euch heut mit Sang und mit Klang Die tapferen „Helden" im Lande. Still liegen die Felder! Es blinket kein Stern, Schwarz jagen die Wolken vorüber; Nur flimmernd winket aus weiter Fern Ein Freudenfeuer herüber!
Der Proletarier Tag für Tag die gleichen Sorgen, Gleichen Lasten, gleichen Plagen, Doch nicht klagen, nur nicht klagen. Einmal tagt ja doch der Morgen. Heißes Weh im heißen Herzen, Trotz in jedem Tropfen Blut; Nimmer schwindet mir der Mut, Zuckt das Herz auch unter Schmerzen. Brause, Lebenssturm, mit Macht; Magst die Kräfte mir erproben. — Nur der Schwache schaut nach oben, Doch der Starke ringt und lacht. 17
Ringt und lacht und zaget nicht, Labt sich an der Zukunft Sonne, Die ins Herz ihm Lust und Wonne Gießt und neue Zuversicht. Brause, Lebenssturm, dein Groll Schäum heran wie wilde Fluten; — Will das Herze auch verbluten, Dennoch schlägt es hoffnungsvoll.
Der Mai Im Lockenhaar den Blütenkranz, Wie junger Morgen schön, So stiegst du einst, im Sonnenglanz, Hernieder von den Höhn. Und bräutlich schmückt sich die Welt, Vom Wintertraum erwacht, In Wies und Busch, in Wald und Feld Ersproß des Frühlings Pracht. Die junge Knospe schwellend sprang, Ein bunter Blumenflor Bedeckte leuchtend Wies und Hang, Froh jauchzt' der Vöglein Chor, Die Lerche sang, der Finke schlug Am grünen Waldesrand; So schrittest du im Siegeszug Durchs frühlingstrunkne Land. Und auch der Mensch wollt säumen nicht, Er zog hinaus vors Tor, Auf blumgem Anger streckte sich Der Maibaum empor, Es eilte froh zu Spiel und Tanz Der Jugend froher Schwärm, Im Auge Frühlingssonnenglanz, Die Herzen licht und warm. Der Jüngling drückt an sich die Maid, In seiger Lieb entbrannt; — So scholl es jauchzend weit und breit: Es zog der Mai ins Land. 18
So war es einst! . . . Ein starker Held, Steigst heute du zu Tal, Die jungen Glieder kraftgeschwellt, Im Aug des Zornes Strahl. Dein Lockenhaar im Winde weht, Ein Schwert umspannt die Faust, Dein Odem durch die Lüfte geht Wild wie der Sturmwind braust. Du rufst zum Kampf! Du rufst die Not. Des Elends düstern Bann, Und sieh und sieh, auf dein Gebot Schon ziehen sie heran. Aus Nacht und Grauen steigt's empor, Begrüßend froh das Licht, Aus allen Toren strömt's hervor, Wie Sand am Meere dicht. Heut ist der Feiertag der Welt. Kein Pochen tönt, kein Schlag, Ein wilder Schrei nur trotzig gellt: „Gebt den Achtstundentag!" Vom Massentritt die Erde dröhnt, Im Wind die Banner wehn, Vom Sonnenstrahl umflammt, verschönt, Die trotzgen Scharen gehn, Du aber schreitest kühn voran, Du junger Riese, du, Dein Adlerblick fliegt himmelan, Dem Licht der Sonne zu. Ob dich auch Schergenmacht bedräut, Du schreitest stark und frei; Verkünder einer neuen Zeit, — Du junger Völkermai.
Ein Straßenbild Ein kleines Bild im Vorübergehn, Hab ich einmal auf der Straße gesehn; Ein kleines Bild, 's ist lange her, Doch vergessen kann ich es nimmermehr. 5
Möller/Sturmgesang
An einer Straßenecke stand fröstelnd ein Kind, Ein kleines Mädchen, vielleicht acht Jahr, Um die blassen Wangen spielte der Wind, Sein Kleid war zerrissen, verwirrt sein Haar. Doch in dem schmalen, verhärmten Gesicht Standen wie große, traurige Sterne Zwei braune Augen, und wer sie sah, Ich glaube, der hatte die Kleine gerne. Sie bot Wachshölzer feil! Rings brauste und toste der Großstadtlärm, Automobile und Equipagen Rollten vorüber in langen Reihn, Omnibusse und Tramwaywagen. Auch feine Herrchen schritten vorbei Und Damen rauschten in Samt und Seide; Wer sah das blasse Proletenkind, Das fröstelnd stand im zerrissnen Kleide? Da rollte eine prächtige Kutsche Leuchtend und blitzend die Straße hinab; Zwei feurige Rosse schäumten im Zügel Und schlugen den Boden im schlanken Trab. Im Wagen saß eine vornehme Dame, An ihrer Seite ein Mädchen dicht, Mit rosigen Wangen und wehenden Locken, Tief in die weichen Polster geschmiegt. — Ein glückliches Kind; im Reichtum geboren. Von sorgenden Eltern behütet, bewacht, Kennt nur Sonnenschein seine Kindheit, Nur Lust und Freude, Glanz und Pracht. Kein Schatten trübt seines Lebens Frühling, Fern blieben ihm Sorge, Elend und Not; — An der Straßenecke steht zitternd ein Mädchen In Wind und Wetter — für's karge Brot. Der Wagen enteilte; im Straßenlärme Verklang der Hufe hallender Schlag; Zwei große, traurige Augen schauten Noch lange, lange dem Wagen nach; Und der heiße Wunsch einer Kinderseele, Lag in dem feuchten, wehmütigen Blick: 20
Ach könntest du auch so im Wagen fahren, Ein einziges Mal, — das wäre ein Glück. Es war ein Bild aus dem Großstadtleben, Und dennoch wurd mir das Herz so schwer; Es grub sich mir tief in die Seele ein Und vergessen kann ich es nimmermehr.
Bilder aus einer Gießerei I. Kein Donnerkrachen, kein Hämmergedröhn, Kein Sausen und Stampfen und Rädergestöhn; — Wie ein Ameisenhaufen in kribbelnder Hast, So eilt's durcheinander ohne Ruhe und Rast. Die tragen Formen mit eilendem Fuß, Die schleppen von dannen den fertigen G u ß ; Die sieben und schaufeln, der Staub wallt empor. Er dringt in das Auge, füllt Nase und Ohr, Und lagert schwarze Wolken im Raum, Daß einer erkennt den anderen kaum. — Doch die Arbeit geht weiter, ohne Ruhe und Rast, Das eilt durcheinander in kribbelnder Hast, Die Stunden sind kostbar, ist lang auch die Fron, Denn schwer sind die Zeiten, und karg ist der Lohn Und der Sklave von heute front nur im Akkord; Zwar trieft der Fabrikherr von christlichem Wort, Doch drückt er die Löhne mit christlichem Fleiß Und prägt Dukaten aus Menschenschweiß. Drum, hurtig, hurtig; die Zeit verrinnt. Das Eisen brodelt, der G u ß beginnt. II. Im ehernen Ofen noch eingedämmt, Brodelt des Eisens Flut und stemmt Sich gegen die Wandung in wilder Wut, Und möcht sie zersprengen und Höllenglut Gießen über die Sklaven aus, Die sie gesperrt in das enge Haus; Und möchte tauchen in Höllenflammen, Die Werke, die ihren Händen entstammen. —
Jetzt weicht der Stöpsel; — sie stürzt hinaus; Doch nicht zerstörend, in wildem Graus, Aus enger Rinne und goldig hell Springt sie hervor als gezähmter Quell, Hinein in die Pfanne; — jetzt, Sklaven, herbei Und schleppt zu den Formen den glühenden Brei. Und die Sklaven eilen; es rinnet der Schweiß Von den glühenden Stirnen; die Luft ist heiß Und gespenstisch züngeln rings an den Wänden Die Gluten mit tausend Feuerbränden. Und die Stirnen glühen, die Ader schwillt. Aus jeder Pore es beißend quillt. Mit wankenden Knien, den Rücken gebogen. Schleppen die Männer die Eisenwogen. Es rinnt herab von der rußigen Brust. — III. O Arbeit, wer nennt dich himmlische Lust? Wer kann dich preisen als köstliches G u t ? Als Frucht, gesegnet in göttlicher Hut? Nur der, der nicht kennt deinen gräßlichen Fluch, Der die Hacke nie schwang, der das Eisen nie trug, Der nie die gespenstische Sorge gekannt, Der nie ins Joch seinen Nacken gespannt. Nur der kann dich preisen; — ich rufe: werd frei, Zerspreng deine Ketten mit jauchzendem Schrei; Dann wirst du zum Segen, wenn selber du baust Den Tempel des Glücks dir mit eigener Faust. Wenn selber du leitest des Schicksals Lauf! Titanen der Arbeit, wacht auf, wacht auf! Proletarierkind! Die Kinderaugen von Tränen schon naß, Die jungen Wangen verhärmt schon und blaß; Du bist wie ein Blümchen im wehenden Wind, O armes Proletarierkind! Keine Muttersorge, kein Mutterarm, Kein Kinderlachen, noch frei von H a r m ; Die dunklen Augen, wie ernst sie sind; O armes Proletarierkind! 22
In dumpfer Stube, kein Sonnenlicht, Nur Mauern ragen rings, schwarz und dicht. Und draußen kosen die Lüfte so lind . . . O armes Proletarierkind! Dein Blick, wie schaut er so weit, so weit, Als sähst du dein Leben, voll Sorg und Leid; Ein Leben, das trübe im Sande verrinnt. — O armes Proletarierkind! Vielleicht im Spitale einsj; endet dein Lauf, Vielleicht nimmt die Straße, die breite, dich auf; Vielleicht auch holt dich der Tod geschwind! O armes Proletarierkind! Ach, hättest die Welt du nimmer gesehn, Im Sturm des Lebens wirst du verwehn. Du bist wie ein Blümchen im rauhen Wind; O armes Proletarierkind!
Der Greis Tagtäglich seh ich den alten Greis, Den Nacken gebeugt, das Haar schneeweiß, Die Wangen verwelkt, die Lider rot, Auf seinen Fersen schon schleicht der Tod. Tagtäglich . . . ich seh ihn von weitem schon, Er geht zur Fabrik, ihn ruft die Fron, Er kämpft noch ums Sein, ums karge Brot; — Auf seinen Fersen schon schleicht der Tod. O dieser Greis klagt euch furchtbar an, Mit Mühe und Not wohl sein Leben begann, Mit Sorge er endet, mit Müh und Not; — Auf seinen Fersen schon schleicht der Tod. Schaffen, schaffen; — für wenig Geld, Bis daß der morsche Körper zerfällt; Bis des Blutes letzter Tropfen verbraucht, Bis der letzte Seufzer im Winde verhaucht. 23
Proleten-Los und Proleten-Sein, Wenig Freuden, doch viele Pein; Schaffen, schaffen; erst dann ist Ruh, Drückt uns der Tod die Augen zu.
Ein kleines, dummes Lied Sie hatte ohne Zagen und Beben Ihm Ehre und Jugend gegeben, Im heißen, seligen Trieb; Sie hatte ihn lieb, ach, so lieb. Die Tage sind eilend vergangen, Verblichen sind ihre Wangen; Er hat sich von ihr gewandt — So kam sie in „Sünd und Schand". Die Mutter weinte und klagte, Der Vater aber, der jagte Im blinden Zorne hinaus Die „Mißratne", in Nacht und Graus. Dort irgendwo vor den Toren Hat sie einen Knaben geboren; Und trauernd umspielt der Wind Die jammernde Mutter, das Kind. Dann bracht man ins Spittel die Armen Und pflegte sie voller Erbarmen; Mit Mühe entriß man und Not Die Beute dem harrenden Tod. Man sprach noch von „bessern" und „Sünde" Und entließ sie dann mit dem Kinde. Sie ging, in trostlosem Schmerz, Und drückte den Knaben ans Herz. Nun, Tugend, runzle die Stirne; Das Mädel wurd eine Dirne, Verkaufte um Geld ihre Lieb. — Der Knabe wurde ein Dieb! 24
Zarenreise
Es braust der Zug durch das weite Land, Durch Wälder, Felder und Heidesand, Er braust wie der Sturmwind über das Meer, Als hetze die Hölle ihn vor sich her. An Städten und Dörfern vorüberfegt Der Eisenkoloß, der den Zaren trägt. Es ist, als hörte selber der Zug, Des Russenvolkes gellenden Fluch; Als trieb ihn vorwärts zur rasenden Flucht Der Schrei: „Sei, Mörder, verflucht, verflucht." Es stampft die Maschine, das Rad knirscht leis. Zu beiden Seiten, entlang dem Geleis Jagen Kosaken, die kreuz und quer, Die Flinte geladen, gezückt den Speer. Gezückt den Speer, die Flinte geladen, Sie schützen den Kaiser von Gottesgnaden. Dort sitzt er, der Herrscher vom Russenreich Und stiert durch das Fenster so wild und bleich; Der Cäsar, den tausend Lippen verdammen, Der zuckt bei jedem Stoße zusammen, Als hörte die rächende Bombe er krachen, Als säh er des Todes gähnenden Rachen. „Die Grenze, ist denn die Grenze noch weit? In Deutschland bin ich in Sicherheit. Dort bin ich geschützt vor der Bombe und Blei, Auf deutschem Boden erst atme ich frei." So jagt er dahin durch Wald und Feld, Doch hört er den Schrei, der so trotzig gellt, Er hört ihn noch auf der rasenden Flucht: „Du Geißel des Volks, sei verflucht, verflucht." Ihn heult der Wind durch Busch und Baum, Er hört ihn ächzen des Nachts im Traum; Er lallt ihn selber mit bebenden Lippen Und träumt von Blut und von Totengerippen. Tief aus der Erde klingt es hervor, Wie Sterbeseufzer und Geisterchor; Wie Kettengeklirr und Kindergejammer, Wie schrilles Schrein aus der Folterkammer. 25
Der Zug jagt weiter; mit fieberndem Hirn Sitzt der Cäsar und trocknet die Stirn!
Die Marseillaise Hat dich ein Gott erschaffen? Getaucht in Flammenglut? Schrieb dich ein irdscher Dichter Mit seinem Herzensblut? Hat dich ein Volk geboren? Ein Volk, das seinen Groll In dich hineingegossen, Als die Trompete scholl? Als die Trompete jauchzte, Die's rief zum Freiheitskampf? Sang sterbend dich ein Kämpfer, Umwallt vom Pulverdampf? O Lied, wie bebt mein Herze, Braust du zum Himmelszelt; Mir ist's, als ging ein Schauern Dann durch die ganze Welt; Mir ist's als würd zur Stunde Die ganze Menschheit frei; Als brächen alle Ketten Mit einem Schlag entzwei. Als müßt in jeder Ader Das Blut wie Feuer glühn, Und sich der Sklave recken So trotzig und so kühn. Du singst nicht von des Volkes Allmächtgem, heiigem Schmerz; Du klagst nicht um die Toten Und rührst doch jedes Herz. Aus deinen Klängen lodert's Hervor wie Feuersglut Und gießt in unsere Herzen Der Toten Heldenmut. O, flieg uns, Lied der Lieder, Voran in Kampf und Not; 26
Wir folgen dir und gehen Mit Jauchzen in den Tod.
Das Mägdlein und der Sonnenstrahl Dumpf rattert die Maschine; Mit stiller, ernster Miene Ein Mägdlein steht so müd, so müd, Und lauscht dem ewiggleichen Lied — Dumpf rattert die Maschine. Rack, rack, rack, rack, — durchs Fensterlein Hüpft flink ein Sonnenstrahl herein Und flimmernd, goldig helle, Eilt er zum Mägdlein schnelle; Dumpf rattert die Maschine. Und übermütig huscht der Wicht Dem Mägdelein ums Angesicht, Und küßt mit keckem Kosen Die blassen Wangenrosen; — Dumpf rattert die Maschine „O komm mit mir, du blasses Kind, Da draußen weht so lau der Wind. Am Bach, im Wiesengrün, Die schönsten Veilchen blühn." — Dumpf rattert die Maschine. „O komm mit mir, du junges Ding, So mancher schöne Schmetterling Möcht von den Veilchen naschen; Du sollst den schönsten haschen." — Dumpf rattert die Maschine. „Hier drinnen ist's so dumpf und schwül, O komm zum Wald, dort ist's so kühl, Die Vöglein jubelnd singen. Dort kannst du tolln und springen." — Dumpf rattert die Maschine. Der Sonnenstrahl, er lockt und winkt, Und küßt und kost, und lacht und blinkt; 27
Dem Mägdlein fiel aufs Mieder Heiß eine Träne nieder. — Dumpf rattert die Maschine. Erschrocken flog der Sonnenstrahl Und huscht davon durch Berg und Tal, Das Mägdlein wieder trauernd stand Und hielt den Blick aufs Garn gebannt; — Dumpf rattert die Maschine.
An die Kriegshetzer Ihr sehnt des Krieges blutge Greul herbei? Ihr ruft nach Graun und Schrecken; nach Schwert und Blei? Ihr wollt entfesselt sehen der Hölle grimmge Wut, Wollt Feld und Fluren tränken mit rotem Menschenblut? Die Saaten, die der Fleiß des Landmanns schuf, Soll rauh zertreten wilder Rosse Huf? Wo blühnde Dörfer jetzt im Sonnenschein, Da soll Verderben und Vernichtung sein, Soll blutrot glühn des Mörders Krieg Fanal? Verruchte, hört, es ruft ein donnernd „Nein" Die Internationale! Krieg! Krieg! Das Wort klingt fürchterlich; Schon sieht im Geist man endlos dehnen sich Verbrannte Stätten, wo die Sorgen brüten Und Leichenfelder, wo Bestien wüten, Wo sich zerfleischen, wild, mit Tigerkrallen Des Volkes Söhne, wo sie sterbend fallen; Wo grausig mischt sich Fluch und Wehgeschrei Von jenen die zerriß das Todesblei; In Strömen rinnt das Menschenblut zu Tale, — Der Mord soll herrschen? Donnernd klingt das Nein Der Internationale. Krieg! Krieg! Auf seinen Fährten schleicht die N o t ; Durch Schlachtendonner gellt der Schrei nach Brot; Gellt schrill der Schrei der Weiber und der kleinen, Der Kinder, die nach ihrem Vater weinen. — Gar unbarmherzig würgt der Tod die Beute, 28
Kanonendonner ist das Grabgeläute. Ein Meer von Tränen rings, von Blut und Leid, Als wär die Welt dem Untergang geweiht. — O Krieg, hebst du das Haupt, das blutig fahle? Hört, Frevler, hört, wie Sturmwind braust das Nein Der Internationale. Um euern Golddurst, eure Gier zu stillen, Um eurer Raubsucht, eures Wahnsinns willen Soll nimmermehr das Blut in Strömen fließen, Soll nicht der Bruder Bruderblut vergießen. Das Werk der Arbeit soll der Frieden krönen, Bis daß die Freiheit, alles zu versöhnen, Aus Wolkenhöhen auf die Erde steigt; Und aller Haß und alles Niedre schweigt, Und golden liegt die Welt im Sonnenstrahle. — O hüt den Frieden bis an jenem Tag, Du Internationale.
August Bebel tot Nun ist er gefallen, der greise Aar, Die knorrige Eiche, sie ist zerschellt; War er ein Kämpfer? Er war ein Held. Er war ein Held noch im weißen Haar. Er hob die Freiheitsfackel empor, Ein Pionier auf dornigem Pfad; Er säte rastlos die Freiheitssaat, Ein Sämann, der nie sich zweifelnd verlor. Der Der Der Des
nie verlor den Rebellentrotz, nie verzagend zusammensank, mit Gedanken, leuchtend und blank, Mammons Macht traf, des mächtigen Gotts.
Im schmächtigen Körper ein Feuergeist, Ein stählerner Wille, ein glühendes Herz, Das schlug für des Volkes allmächtigen Schmerz, — Das war es, was August Bebel heißt. Dazu der feurigen Rede Macht, Die rauschte wie Flut, die den Damm durchbricht, 29
Die die Schuldigen schlug wuchtig ins Angesicht Und in Sklaven lodernde Glut entfacht. Nun ist er gefallen, der stolze Aar; — Die rinnende Träne, sie ist zu klein. Um Zeichen des heiligen Schmerzes zu sein. Denn Völker trauern an seiner Bahr. Ein Lorbeerreis um die bleiche Stirn, So äschert den toten Rebellen ein; Er setzte sich einen Marmelstein In jedes freien Mannes Gehirn.
Der Sturmwind und der Eichenbaum Der Sturmwind sprach zum Eichenbaum: „Du sollst dich vor mir beugen! Ich fege durch den weiten Raum, Daß sich die Berge neigen. Ich peitsch das Meer, ich knick das Korn. Ist all mein Grimm entfacht, Dann kracht es hinten, stürzt es vorn; Auch du, erbeb vor meinem Zorn, Und beug dich meiner Macht." Der Eichenbaum lachte: „Eitler Wicht. Nie beugst du meinen Schaft; Braus noch so wild, ich fürcht dich nicht, Ich trotze deiner Kraft. Spar deine Kraft, spar deine Müh, Du kannst mich brechen, beugen nie." Die Bergarbeiter (1911) Nun wandert wieder durchs Kohlenbecken Die Sorge und schwingt den dürren Stecken; Und zu der Sorge gesellt sich die Not, — Und der Schrei tönt wieder nach Recht und Brot. — Glück auf! Nun fahren sie wieder beim Lampenschein In den gähnenden Höllenschlund hinein. 30
Und mit hinab fahrt der schwarze Tod; Was flackern die Lampen so blutigrot! Glück auf! Nun rinnt von den Stirnen wieder der Schweiß, Und die Fäuste pochen in emsigem Fleiß Den Reichen zu zeugen das blinkende Gold; Sie pochen und pochen für Bettelsold. — Glück auf! Und wieder geht durch die düstern Stollen Ein heimlich Knirschen, ein dumpfes Grollen. Es klingt wie des Donners zürnender Klang, Und der Haß, der Haß schlürft die Gänge entlang. Glück auf! Man löscht nicht Vulkane mit Menschenblut, Erstickt nicht mit Asche die züngelnde Glut; Und kann die sinkenden Türme nicht retten Mit Karabinern und Bajonetten! Glück auf! Und habt ihr gesiegt, ihr Herren, habt acht, Die Gnomen der Tiefe, die Sklaven der Nacht Sie steigen empor und die Ketten zerklirrn, Dann flammt es leuchtend von jeder Stirn: Glück auf!
Der alte Schmied Es fällt der Hammer Schlag auf Schlag, Er singt ein helles Lied; Am Amboß steht den langen Tag Der Schmied, der alte Schmied. Den Hammer in der nervgen Faust, Formt er das Eisen rot; Der Hammer klingt, der Blasbalg stöhnt, Die Flamme zuckt und loht. So stand er schon als junger Wicht, Als blühender Gesell. Jetzt ist getrübt sein Augenlicht,
Das einst so scharf und hell. Er stand am Amboß Tag für Tag, In Freude und in N o t ; — Der Hammer klingt, der Blasbalg stöhnt, Die Flamme zuckt und loht. „He, Alter, in dem weißen Haar, Dich beugt der Jahre Last; Du schwangst den Hammer Jahr für Jahr, Nun gönn Dir endlich Rast." Ich schwing den Hammer Jahr für Jahr, Er gibt den Meinen Brot. — Der Hammer klingt, der Blasbalg stöhnt, Die Flamme zuckt und loht. „Die Sonne sinkt, bald deckt die Nacht Die müde Wandrin zu. Auch Du hast längst Dein Werk vollbracht, Nun, Alter, geh zur Ruh." Ei, laß die Sonn zur Ruhe gehn, Mir bringt nur Ruh der Tod. — Der Hammer klingt, der Blasbalg stöhnt, Die Flamme zuckt und loht.
Ein Loblied auf Preußen Preußen ist das Land der Treue, Preußen ist das Land des Glücks, Preußen hat die dicksten Säue, Drum von Not weiß Preußen nix; Und der Preuße, das weiß jeder, Ist ein freier, freier Mann, Denn von allen, allen Ländern Marschiert Preußen stets voran. Preußen hat ein Heer Beamte, Keiner ist borniert und dumm, Nörgeln tut nur das verdammte, Unverschämte Publikum. Jeder preußsche Staatsbeamte Ist gemütlich und human, 32
Denn von allen, allen Ländern Marschiert Preußen stets voran. Töricht Volk, wie kannst du sagen, Bei der Wahl würdst du geprellt? Preußen hat das beste Wahlrecht, Ja, das beste von der Welt. Nicht mal, Preuße, solchen Wahlrechts Sich der Russe rühmen kann; Denn von allen, allen Ländern Marschiert Preußen stets voran. Preuße, du bist zu beneiden, Schlaf in Frieden, Preuße, schlaf, Denn für Preußens Wohl und Wehe Wacht der Junker und der Pfaflf; Wachen soviel Polizisten, Daß kein Gott sie zählen kann; Drum von allen, allen Ländern Marschiert Preußen stets voran.
Das Feuer im Walde Melodie von G. Ad. Uthmann
Es steht ein Tempel im Walde In tiefster Einsamkeit; Dort, wo nur die Wölfe heulen Und nächtlich das Käuzchen schreit. Seine Mauern sind grau und verwittert, Umsponnen von wildem Wein, Und rings durch die Wipfel der Eichen Dringt nimmer der Sonnenschein. Es steht schon seit uralten Zeiten Der düstere Tempel im Wald, Und nie ist in seiner Nähe Der Tritt eines Menschen erschallt. Nie hörten die grauen Mauern Den Lärm einer wilden Schlacht, Nur brausend fuhr wohl der Sturmwind Durch die Eichenwipfel bei Nacht. 33
Im Marmorhofe des Tempels, Auf mächtigen Säulen ruht Eine goldgetriebene Schale, Dort brennt in düsterer Glut Und schweigend ein heiliges Feuer, Erschaffen durch Göttermund; Es brannt schon vor tausend Jahren Und brennt noch zur heutigen Stund. Der Erde Schmerz strömt zusammen In diese heilige G l u t ; Es werden zu lodernden Flammen Der Völker Tränen und Blut. Es wird zu lodernden Flammen Was jedes Herze erträgt, Das für die Wahrheit leidet, Das für die Freiheit schlägt. Und ist im Kampf für die Freiheit Verblutet ein Männerherz, So schlagen die Flammen im Tempel Hoch auf vor zuckendem Schmerz. — Doch wenn einst die Freiheitsstunde Anbricht für die ganze Welt, Dann ist das Feuer erloschen Und der düstere Tempel zerfallt.
A n einen Verzagten Wenn dich der Buben feige Rotte schmäht. Mit frecher Faust an deiner Ehre rüttelt, Daß heißer Zorn in deinem Herzen brennt Und dich zugleich der tielsle Ekel schüttelt: Wenn gierig sie mit schmutzigen Fingern tasten. Um zu besudeln deinen Ehrenschild, Wenn sie dein Liebstes selbst voll Haß begeifern, Im Kot zertreten was dir heilig gilt: Dann denk daran, daß du ein Kämpfer bist, Ein Kämpfer für des Volkes heiige Rechte; Heb hoch die Stirn und schau verachtungsvoll 34
Ins Angesicht dem Chor der feigen Knechte. Dich haßt die Welt, weil sie die Wahrheit haßt; Dem Freiheitskämpfer wird kein Kranz gewoben; Du bist ein Mann, drum trotz auf deine Kraft; Vorwärts den Blick, — und laß die Buben toben.
Proletarierwerbung Ich bettle nicht um Lieb und Gunst, Mein Herz ist stolz und frei mein Sinn. Ich üb nicht fader Schmeichler Kunst Und trete trotzig vor dich hin. Ich schmück dich nicht mit güldnem Tand, Mit Flitterkram und Perlenzier, Reich dir nur meine schwielge Hand Und biet mein ganzes Herze dir; Und frag: Willst du mein alles sein, In Glück und Schmerz, in Freud und Leid? So schau mir grad ins Aug hinein Und sag nur leis: „In Ewigkeit." Doch willst du nicht, ei nun, ich geh, Denn flehen, Kind, ist nicht mein Brauch, Im Herzen stumm trag ich mein Weh, Doch keine Trän entströmt dem Aug.
Gassenbüblein Hoho, hoho! mein Büblein keck, Wie du verwegen schaust; Der ganze Kerl voll Dreck und Speck, Die Haare wild zerzaust. Das Höschen schaut mich an voll Qual, Die Mutter als Chirurg, Hat es geflickt wohl dutzendmal, Sonst hing das Hemd hindurch. Die blauen Augen blitzeblank, Die Wangen sonnverbrannt; — 6
Möller/Sturmgesang
Komm, leg dein Händchen frei und frank In meine breite Hand. Und schau mich nicht so trotzig an, Ich tu dir nichts zu leid; Ich weiß, du bist ein ganzer Mann, Bist tapfer und gescheit. Und bist du groß, du kleiner Wicht, Trittst du in unsre Reihn, Und wirst für Freiheit und für Licht Ein wackrer Kämpfer sein.
Der Schmied Horch, horch, was klingt so silberhell In der Schmiede dort am Hage? Das ist der junge Schmiedgesell, Er singt so froh, er singt so hell Bei jedem Hammerschlage. Es lauschen rings die Blümelein, Die Amsel schweigt im Flieder; Es lauscht der blanke Sonnenschein, Des Meisters lieblich Töchterlein Preßt fest die Hand ans Mieder. Und helle singt das junge Blut Am Amboß in der Schmiede, Von Liebesweh und Liebesglut; Der Jungfrau wird so trüb zu Mut Bei diesem Minneliede. Und wie sie vor die Türe tritt, Errötend und verlegen, Verstummt so jäh das süße Lied, Aufs Eisen beugt sich tief der Schmied Und haut drauf los verwegen. „Wem galt das Lied so süß und fein", So fragt die Jungfrau leise; „Galt es der fernen Liebsten dein?" Er sah ihr tief ins Aug hinein Und hell erklang die Weise. 36
Der Selbstmörder Nennt ihn nicht feige, schmäht den Toten nicht, Weil er sein Leben nahm mit eigner Hand; Ein Menschenleben ist ein flackernd Licht, Manch Licht verlöscht, noch eh es ausgebrannt. Manch Blume welkt, noch eh sie recht erblüht, Getroffen von dem rauhen Reif der Nacht; Am Himmel droben mancher Stern verglüht, Noch eh ein Aug gesehn seine Pracht. Nennt ihn nicht feig, sprecht nicht von Schmach und Schande, Weil er verließ die kalte, gierge Welt; Schon mancher Quell verrann im dürren Sande, Und manches Schifflein wird vom Sturm zerschellt. Er war ein Mensch; er hat wohl heiß gestritten, Bis ihn das rauhe Leben dann besiegt; Er hat gedarbt, geduldet und gelitten, Drum schmäht ihn nicht, der bleich im Sarge liegt. Kann jeder nicht ein rasches Ende machen, Wenn die Verzweiflung wild sein Herz zerreißt? Kann jeder nicht mit einem trotzgen Lachen Dem Kampf entfliehen, der das Leben heißt? Kann jedem nicht der Tod, wenn ihn das Leben Zu Boden drückt, einmal willkommen sein? O, schmäht ihn nicht, den Toten, dem im Leben Wohl kaum geglüht ein wenig Sonnenschein. Verboten! Drei Silben nenn ich euch inhaltschwer, Zu einem Wörtchen gefüget. Willst du sie suchen, o schau nur umher, Ein einziger Blick dir genüget. Du siehst es prangen an jedem Ort Im Sonnenscheine das stolze Wort: Verboten! Verboten hat man in Deutschland so viel, Man kann es gar nimmer behalten; Sogar dem ruhigen Bürger wird's schwül, Sieht er seine Obrigkeit walten. 6*
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Ist etwas nicht koscher, in einem Juchei Hat es die göttliche Po —Polizei: Verboten. Gehst du gemächlich des Weges daher, Verweilend im Lande der Träume, Fliegt dein Blick wohl gedankenleer, Hinauf zu dem Wipfel der Bäume, Schreit plötzlich ein Wächter: „Sie Dusseltier, Könn'n se nicht lesen, der Weg ist hier: Verboten!" Schreibst du ein Buch mit Sinn und Verstand Und schreibst du nicht ganz untertänig, Bekrittelst vielleicht unser Vaterland Und nennst manche Einrichtung spleenig, Dann naht wie ein Wetter der Staatsanwalt, Da nützt kein Jammern, das Buch wird halt: Verboten. So geht es weiter, es nimmt kein End, Verboten wird alles, verboten; — Das erste Wort, das der Deutsche kennt, Das ist das Wörtchen: Verboten. O herrsche, gepriesene Obrigkeit, Mit deinem Wörtchen in Ewigkeit; Verboten! Verboten! Verboten! Die Dirne Sie streicht durch Straßen und durch Gassen, Geschminkt, geputzt, im seidnen Kleid; Sie sitzt beim schäumenden Champagner Voll wilder, toller Lustigkeit. Heut liegt sie in des Grafen Arme Und morgen an des Bettlers Brust; Sie lacht und scherzt, als wär ihr Herze Erfüllt von lauter Lebenslust. Doch, ob sie in dem wilden Taumel Das eigne Elend je vergißt? Ob nicht am Ende gar die Dirne Im Herzen tief unglücklich ist? 38
Ich glaub, sie schluchzt, ist sie allein, Oft trostlos in die seidnen Kissen, Und ihre Seel ist todeswund, Wenn heiß auch ihre Lippen küssen.
D a s Lied der Dirne In meinen Ohren summt ein Lied Wie ferne Glocken klingen, Ich hört es einst um Mitternacht Von einer Dirne singen. Es war in einem Nachtlokal, Ich saß, in Leid versunken; Rings tobt der Großstadt nächtlich Heer Zuhälter und Halunken. Doch als die blasse Dirne sang, Da schwieg die wüste Sippe; So wunderlich klang dieses Lied Von einer Dirnenlippe. Die Dirne sang ein schlichtes Lied Von Mutterglück und Schmerzen, Mir war's, als quoll ein zitternd Weh Empor aus ihrem Herzen. Mir war's, als müßt mein brennend Haupt Ich an das ihre legen, Es stieg so heiß in mir empor, — Ich hätte weinen mögen. Und immer hör ich dieses Lied Von heißem Schmerz durchdrungen. Von Mutterglück und Mutterschmerz Die Dirne hat gesungen.
Der Krieg Auf schwarzem Rosse jagt der Krieg durchs Land, An warmem Menschenblut will er sich laben; 39
Um nicht zu sehen all den Mord und Brand, Hat er das blutge Antlitz in der Hand vergraben. So jagt er hin! Und um den wilden Reiter Gierge Rabenschwärme hungrig krächzen; Beute witternd, — treuliche Begleiter. — Ihr Schrei verschlingt des Windes grausig Ächzen. Gar treue Knechte sind dem Krieg zur Seite, Das Elend links und rechts die bleiche Not. Mit scharfer Sense mähend seine Beute, Hohnlachend jagt den Drein voran der Tod. Aus düstern Wolken flammt ein fahler Schein. Die Erde zittert von der Rosse Hufe. Rings deckt den Boden modernd Totenbein Und Sterbeseufzer schallen, Weherufe. Des Krieges Fährte ist ein schaurig Grab, Und Trümmerstätte liegt an Trümmerstätte; Das Elend schwingt den dürren Bettelstab, Mit ihm der Tod die Sense um die Wette. Des Friedens Werke sind zerstört, zertreten, Von blutger Faust zerrissen jedes Band. Der Haß, die Zwietracht ihre Nüstern blähten, — Auf schwarzem Rosse jagt der Krieg durchs Land.
Walzbruderlied Seht her, ich bin ein Vagabund Vom allerreinsten Wasser; Rümpft nur die Nasen, habt ja Grund Dazu, ihr reichen Prasser. Ich lebe wie der Frosch im Sumpf, Und werd im Sumpf verrecken: Ich schleich, zerrissen Schuh und Strumpf, Verstohlen um die Ecken. Hoho, hoho, verstohlen um die Ecken. Die Mutter hab ich nie gekannt, Ein Erzschelm war mein Vater; — Ich walzte schon als Kind durchs Land, 40
Den Schnapspott als Berater; — Drum, grämt sich auch der Tugendbold, Ich schwör's bei meiner Seele, Hätt ich die Taschen voller Gold, Ich goß es durch die Kehle. — Hoho, hoho, ich goß es durch die Kehle. Im Sommer schlaf bei Mutter Grün Ich mollig unter Bäumen, Wenn weich und lind die Lüfte ziehn, Kann man so selig träumen. Im Winter sorgt ein Vagabund Für Freilogis im Kittchen; Der Landgendarm brüllt „Lumpenhund", Faßt er mich beim Schlafittchen. Hohoh, hoho, faßt er mich beim Schlafittchen. Ja, brülle nur, es macht mir Spaß, Und stört nicht meinen Frieden; Ich glaub der größte Teufelsfraß Bin ich noch nicht hienieden. Ich stahl zwar wie ein Rabe, galt Den Hunger es zu stillen; Doch stahl ich nie, um mit Gewalt Die Taschen mir zu füllen. Hoho, hoho, die Taschen mir zu füllen. Die Arbeit, hm, das geb ich zu, Die hab ich nicht erfunden, Ich lieb die Philosophenruh Wie alle echten Kunden. Von Branntewein und Himmelsluft Ich mich in Ehren mäste; Doch faulenzt nicht so mancher Schuft In Frack und weißer Weste? Hoho, hoho, in Frack und weißer Weste? Geht, Narren, aus dem Wege mir, Rümpft nur die Nase, Toren; Was kann ich armer Strolch dafür, Daß ich als Strolch geboren? Ich fühle mich, ich Lumpenhund, Verwandt mit jedem Prasser. 41
Seht her, ich bin ein Vagabund Vom allerreinsten Wasser. Hoho, ho, vom allerreinsten Wasser. Sterben! Wenn einst der Tod dein starres Auge bricht, Sein kalter Hauch verlöscht dein Lebenslicht, Dann scheide nicht, von Angst und Not zerrissen, Mit bang verzerrtem, fahlem Angesicht. Wenn dir des Lebens letztes Sternlein blinkt, Zur Ruhe dir die kühle Erde winkt, Dann denk im Todesröcheln, daß dein Körper Zu Staub zerfallen in die Erde dringt. Die Hände ringt und auf zum Himmel fleht, Der Schwache, wenn ihn Todesluft umweht: Du aber, der das Leben überwunden, O, lächle du, wenn es zum Tode geht. O, lächle, ob der Toren Wahnideen, Vom Auferstehen und vom Wiedersehn. Dein Leib zerfallt, um neue Kraft zu bilden. Denn Sterben heißt nur Werden und Vergehn! Nachruf!* Man scharrte euch wie Hunde ein, Kein Lied an eurer Bahre, Auf eurem Grab kein Leichenstein, Dies Lied soll euer Denkmal sein, Ihr toten Proletare. Am Armensarg im Totenhaus Ist keine Trän geflossen, Ihr zogt ja sonst tagein, tagaus, In Regen und in Sturmgebraus Herum durch alle Gossen. * Dieses Gedicht ist den durch Methylalkohol vergifteten Berliner Obdachlosen gewidmet, die, ca. 80 an der Zahl, Weihnachten 1911 im Obdachlosenasyl verstarben unter gräßlichen Qualen.
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Der Großstadt allerärmster Schwärm, Du Heer der Obdachlosen; Kein eigenes Heim, kein Bett so warm, Das Leben gab nur Sorg und Harm, Nur Dornen euch, statt Rosen. Ihr klopftet Tür um Türe an, Doch Arbeit heischten viele. Wenn hoffnungsfroh ein Tag begann, Des Abends doch zog Mann für Mann Todmüde zum Asyle. Den Schädel dumpf, die Tritte schwer, Zerschlagen alle Glieder; Die Blicke stier, der Magen leer; — Doch still, ihr fühlt die Qual nicht mehr; Schlaft wohl, ihr toten Brüder. Schlaft wohl! Hat auch die schnöde Welt, Euch allzurasch vergessen; Die euch um jedes Glück geprellt, Die euer Lebensschiff zerschellt Kalt, frevelnd und vermessen. Schlaft wohl! Erlöst hat euch der Tod; Ruht aus die müden Glieder; Um euren Hügel leuchtend loht Der Zukunft helles Morgenrot! — Schlaft wohl! ihr toten Brüder. Man scharrte euch wie Hunde ein, Kein Lied an eurer Bahre, Auf eurem Grab kein Leichenstein, Dies Lied soll euer Denkmal sein, Ihr toten Proletare.
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KRIEG UND KAMPF 1919
MOTTO Wort und T a t ! Ich lieb das stolze, freie Wort, Das stürmend reißt die Herzen fort, Das Feuer zündend in die Herzen schlägt, Und selbst den Feigling hin zur Höhe trägt. Das den Verzagten füllt mit neuer Kraft, Die Gegner trifft wie wuchtger Lanzenschaft, Das weibsche Männer hämmert zu Titanen, Sie dorthin treibt, wo wehn die Freiheitsfahnen. Dich preise ich, Du goldener Freiheitshort, Dich preise ich, Du freies Wort. Doch höher als das Wort noch steht die Tat. Die rastlos treibt das Weltenrad, Die feilt und hämmert an dem Bau der Welt, Voll ewger Kraft, — nur auf sich selbst gestellt, Die Throne stürzte, Reiche neu erschuf, Die Völker weckte auf, mit hellem Ruf; Die kühn voran den Arbeitsheeren ging, Als dunkle Nacht die Geister noch umfing. Die, Kerkern trotzend, warf die Freiheitssaat, Sie steht noch höher als das Wort — die Tat. Wo beide sich vereinen, Tat und Wort, Da blüht der Freiheitsbaum, der jetzt verdorrt; Und wie hervor die Morgenröte bricht, So strahlt dann neu des Sozialismus Licht. Herbei drum, auf, reißt es aus Staub und Kot, Hebt empor das Banner leuchtend rot, Es fliegt voran, es soll den Weg uns weisen, In dieser Zeit voll Brand und Tod und Eisen. Schreibt nichts darauf von Schande und Verrat, In goldenen Lettern drauf, nur: Wort und T a t ! 47
WELTENBRAND Das ist der Krieg Ein Dörfchen liegt sanft hingegossen Im Talesgrund; vom Sonnenschein Ist Haus und Hütte goldumflossen Und Efeu säumt die Fenster ein. Im Felde goldschwer winkt die Ähre Und harrt des Schnitters fleißger Hand, Auf daß ihr Korn gemahlen werde, Um Brot zu spenden Stadt und Land. Im Laub der Bäume schwellen Früchte, Schwer beugt sich nieder Zweig und Ast. Geküßt vom goldnen Sonnenlichte Zur Reife geht die süße Last. Und jedes Haus vom Glück umsponnen, Die Menschen drückt nicht Last und Fron, Das Tagwerk wird mit Lust begonnen, Dem Schweiß und Schwielen winkt der Lohn. So liegt das Dörflein still im Tal Und golden blitzt der Sonnenstrahl. Die zerwühlten, zertretenen Äcker dampfen, Die zermalmten Ähren sind rot von Blut, Was nicht die rasenden Rosse zerstampften, Steht grau und versengt in der Sonnenglut. Grau von Pulver! Zerborstene Mauern Und Trümmerhaufen statt Hof und Haus. Hört man den Tod nicht lachen? Singt er Ein Lied nicht höhnend von Grimm und Graus? Wie hat er gemäht! Wie hat er getrunken Das rote, rauschende Menschenblut; 48
In Bächen floß es; in Strömen floß es; O Menschenwahnsinn, o Menschenwut. Wie prallten sie aufeinander! Im Auge Glüht ein toller, ein rasender Haß. Sie kannten sich nicht, sie sehen sich nie, Doch sie stachen und schössen ohn Unterlaß. Es war ja Krieg; es galt zu vernichten; Die Menschenbrüder dort hießen ja „Feind". Und der Kolben sauste, die Klinge blitzte, Die Gefallenen nur hat der Tod vereint. Und das Dorf ist zerstört und sein Glück liegt begraben; Und die jungen Leichen zerhacken die Raben.
Gebrüder Tod Der eine zieht von Haus zu Haus Und schwingt den blanken Stahl, Der Andere zieht ins Feld hinaus Und mordet ohne Wahl; In dunkler Nacht, beim Morgenrot, Ist tückisch er zur Stell, Maschinentod, Maschinentod, Wie mähst Du furchtbar schnell. Wer fraget nach dem alten Greis, Der durch die Straßen zieht? Er holt nur aus dem engsten Kreis Ein einzig, winzig Glied. Doch, wenn der Tod von Eisen droht, Dann sinket Schar auf Schar; — Maschinentod, Maschinentod, Ob Wahnsinn Dich gebar? Ein Regiment im offnen Feld, Zum Sturme tritt es an, Das Bajonett zum Stoß gefallt, Wie Sturmflut wogt's heran. Doch im Gebüsch der blanke Tod Hält tückisch Beutewacht; Maschinentod, Maschinentod, Reibt sich die Faust und lacht. 49
Es surrt und surrt, es pfeift und pfeift, Aufheult und brüllt der Schwärm, Hei, wie das um sich haut — und greift, Zerschossen Bein und Arm. Die Erde liegt im Blut so rot, Vom Blut dampft Halm und Flur; Maschinentod, Maschinentod, Du Schänder der Kultur. — O blinder Wahn, o blinder H a ß ; — Wann wirst Du Menschheit frei? Solang sich Völker mähn wie Gras, Herrscht Schmach und Barbarei. — Im blutgen Glanz der Himmel loht, Vom Berge steigt das Graun; Maschinentod, Maschinentod, Zieht grinsend durch die Aun. Jetzt gellt's aus dem Blutstrom wie dumpfer Gesang, Im Winde verweht der gespenstische Klang; Bald schwillt es empor zur grimmigen Wut, Arme recken sich wild aus der Flut, Bald in Seufzern erstirbt es bang: Ihr Mütter und Frauen, Die nie wir mehr schauen, Laßt fließen die Tränen bei Tag und Nacht, Der Tod ohn Erbarmen, Mit eiskalten Armen, Umschloß uns, die wahren Sieger der Schlacht. Hart ist es zu sterben, So jung zu verderben, Und nie mehr zu schauen das goldene Licht, Geopfert dem Wahne, Auf blutigem Plane, Warum wir starben, wir wissen es nicht. Für Freiheit und Rechte, Im Kampf gegen Knechte, Wird Sterben und Bluten zur heiligen Lust, Wenn sklavische Banden, Werden zu Schanden, Bietet der Freie im Kampf gern die Brust. 50
Doch Freiheit kommt nimmer, Verglüht ist ihr Schimmer, Und drückender nur wird der Völker Qual, An Leichenhügeln, Mit blutigen Flügeln, Sitzt lauernd ein Geier, das Kapital! Der Sterbenden Ächzen, Sein heiseres Krächzen, Im wilden Triumphe laut übergellt, Ob Tausende fallen, Mit gierigen Krallen, Rafft er Schätze, der Herrscher der Welt. So scholls durch die Lüfte, so schwoll es empor, So schlug es dumpf an des Kriegers Ohr; Das Grauen erfaßt und zerstört seinen Sinn, Am Fuße der Eiche sank ächzend er hin; Tot fanden die Kameraden ihn vor.
Siegestaumel Herbei, herbei, den großen Sieg zu feiern, Heraus die bunten Fahnen, laßt sie wehn; Das Vaterland befreit von Ungeheuern, Welch Herze feiert da kein Auferstehn? Zwar dreißigtausend mußten drob erblassen, Die nimmermehr die Heimat wiedersehn; Jedoch herbei und jauchzt es durch die Gassen: Heraus die bunten Fahnen, laßt sie wehn. Hei, wie so fröhlich heut die Glocken singen, Empor zum Himmel fliegt ihr Jubelschall. Die „Wacht am Rhein" hör schmetternd ich erklingen Und Lust und Freude, Freude überall. Im Freudenlärm verklingt das stille Weinen, Der Kinder, die verwaist durchs Leben gehn; Sie sehn des Glückes Sonne nicht mehr scheinen. — Heraus die bunten Fahnen, laßt sie wehn. Was starrst Du Weib? Was beben Deine Lippen? Du trauerst heut, wo Freude nur erlaubt? Willst Du nicht auch vom Freudenkelche nippen? 7
Möller/Sturmgesang
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Warum verbirgst Du tränenschwer Dein Haupt? Dein Gatte fiel? — Er starb im Feld der Ehren, Ich hörte sagen, dieser Tag sei schön; Die Helden schwängen sich zu Himmelssphären; — Zu ihrem Ruhm die bunten Fahnen wehn. Du, tapfrer Krieger, teilst Du nicht die Freuden? Dein Auge blicket trübe und gedankenschwer. Dein Antlitz ist zerfurcht von jungen Leiden; An Stöcken humpelst Du gebückt umher. Ich fühl wie Du! Ich seh wie Ebb und Fluten, In Deinem Herzen die Gefühle gehn, Du sahst da draußen Menschenleiber bluten, Und siehst hier bunte Fahnen lustig wehn. Ha, auf dem Marktplatz, fröhliches Gedränge, Ein Pfaffe predigt nieder vom Altan, Und Kirmestrubel unten; wie die Menge Zum neuen Schauspiel jubelnd drängt heran. Lehrst, Gottesstreiter, Du statt hassen, lieben? Willst Du von Menschlichkeit ein Körnlein sän? Ach nein, ich hör von mächtgen deutschen Hieben, Und daß die Fahnen siegverkündend wehn. Das gleiche Bild, wohin ich immer schaue; Herzlosigkeit verbrämt im Narrenkleid. Dort Kriegesgreul und Mord und Todesgrauen, Hier eitel Freude und Glückseligkeit. Und jedem Siege ist vorausgegangen, Des Todes Erntefest, ein blutig Mähn. Solange nicht die Friedensglocken klangen, Laßt schwarze Fahnen aus den Fenstern wehn. Krieg und Christentum Ich sing ein Lied, ein hartes Lied, Von heiigem Zorne sei's durchglüht, O mags in die Ohren Euch gellen. Ich wollte, es flog mit des Lichtes Schein, Kläng tausendfach wieder im Sturmesschrein, Wenn es rast über Klippen und Wellen. Wo Räder brausen und Öfen glühn, Maschinen stampfen und Eisen sprühn, 52
Ich wollt, da täte es klingen; Wie Satansgelächter und Höllenchor, Aus jeder zuckenden Flamme hervor Mit knisternden Funken springen. — Die Greul sind vorüber; der Krieg ist vorbei, Der letzte Donner, der letzte Schrei, Sie sind verklungen im Winde, Nun wandelt wieder im alten Trott, Nun beugt Eure Knie und danket Gott, Dem Rächer der menschlichen Sünde. Der Gott der Liebe, der Gott der Geduld, Er rächte ja nur unsere Sündenschuld, Sein Strafgericht ließ er kommen. Dem Herrn des Himmels Ehr und Preis, Er würgte den Säugling, er würgte den Greis, Den Sünder sowohl wie den Frommen.
Soldatenabschied Ich muß ins Feld! Ich muß ins Feld! Ade, mein Lieb, ade; Mir ist's, als müßt ich aus der Welt, Mein Herz wird nicht von Lust geschwellt, Ach, nur von lauter Weh. Ich muß hinaus! Ich muß hinaus! Vielleicht schießt man mich tot; Dann wirft ein fremdes Grab man aus Und drüber geht der Schlachtenbraus, Scheint still das Morgenrot. Dies Blümlein, dies Blümlein schenk ich Dir, purpurrot, Es wird wohl blühn tagaus, tagein, Und wenn es wird verwelket sein, Dann, Liebste, bin ich tot. Und sterb ich nicht, und sterb ich nicht, Töt ich manch Mutter Kind, Dann seh ich wohl manch bleich Gesicht, Hör seufzen, „Mutter weine nicht",
Im stillen Abend wind. Dann seh bei Nacht, dann seh bei Nacht Ich trauern manche Braut; Die um den Liebsten weint und wacht, Den Liebsten hab ich umgebracht. Er schläft in Gras und Kraut. Ich muß ins Feld, ich muß ins Feld, Ade, mein Lieb, ade; Dein Mund ist kalt, dein Tränlein fällt, Mein Herz wird nicht von Lust geschwellt, Ach, nur von lauter Weh.
Vision! Ein Krieger steht auf einsamer Wacht. Am Waldesrande um Mitternacht; Der Wind brüllt hohl vom Meeresstrand, Schwarz und öde dehnt sich das Land, Nur hie und da ein Sternlcin wacht. Der Krieger lehnt sich halb im Traum, An einen zerschossenen Eichenbaum, Er hört, wie fernher die Brandung kracht Und wieder glaubt er den Donner der Schlacht Zu hören, die tobte am Waldessaum. Er sieht sie wieder, die stürmenden Reihn, Hört Fluchen und Toben und gellendes Schrein, Sieht Gurgeln umklammern, eisenfest, In blutgen Gesichtern hineingepreßt, Den Wahnsinnsstempel zu höllischer Pein. „O Mutter", „Mein armes Weib, mein Kind"; Das Blut aus zerhauenen Schädeln rinnt, Und über dem rasenden Menschengewühl, Ein nervenzerreißendes, graunvolles Spiel, Schrapnells und Granaten pfeifender Wind. Der Sturmwind heult und die Brandung kracht, Der Krieger starrt in die dunkle Nacht, Jetzt bricht der Mond durch die Wolken klar, 54
D a sträubt sich empor des Einsamen Haar, Er sieht, wie ein Blutstrom die Felder durchrinnt. Blut, Blut, dampfendes Blut, Gespenstisch wogt es in endloser Flut; Ein graunhafter See bedeckt den Sand V o m Horizont bis zum Meeresstrand; — Blut, dampfendes Menschenblut. Und drinnen treiben Schicht auf Schicht, Menschenleiber so dicht, so dicht. Fahle Gesichter drängen vorbei, Entstellt, zerrissen vom mordenden Blei, — Der Mond gießt drüber sein bleiches Gesicht.
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WAS DIE GESCHICHTE R A U N T Eule und Zeisig Ich hört eine Eule zum Zeisig sagen: „Nur immer bedächtig — nicht frevelnd wagen, Ein Schrittlein vorwärts und dann noch einen, So geht man sicher, will mir scheinen. Demütig wünschen und nicht zuviel Mit Diplomatie gelangt man zum Ziel. Die Stürmer und Dränger sind Narren und Toren; Wer Unmögliches will, hat alles verloren." Der Zeisig war ein muntrer Gesell, Er wetzte den Schnabel und lachte hell, Und schrie:„Frau Eule, Ihr seid so weise, Ich wünsch Euch Glück zu der weiten Reise. Ihr habt einen wohlgefüllten Magen Und könnt das Reisen drum gut ertragen. Drum wandelt fürbaß nur, Schritt für Schritt, Doch glaubt's — nur Eulen wandern mit."
Der Baum Es stand ein Baum im finstern Wald, Der war von Laubwerk dicht umwallt Und trotzte jedem Wetter; Wie Sonnenglanz und Edelstein, Wie Märchengold und Zauberschein Hell glänzten seine Blätter. O Baum, in Deiner Wunderpracht, Durchstrahl des Waldes finstre Nacht; O blühe und gedeihe. 56
Sein Wipfel wiegte sich im Blau Des Äthers und trank Himmelstau, Und rauschend aus den Zweigen Ein Lied sich in die Lüfte schwang, Das hatte wunderbaren Klang, Das klang so süß, so eigen. O Baum, in Deiner Wunderpracht, O rausch Dein Sehnsuchtslied mit Macht; O blühe und gedeihe. Und rollt der Donner Schlag auf Schlag, Und ob der Blitz manch Zweiglein brach, Den Baum könnt nichts erschüttern; Und ob heran der Sturmwind schnob Und durch die Blätter zornig stob, Den Stamm macht er nicht zittern. O Baum, in Deiner Wunderpracht, O halt im finstern Walde Wacht, O blühe und gedeihe. So stand der Baum schon manches Jahr, Und trotzte jeglicher Gefahr, Durchnarbt war seine Rinde; Und immer aus den Zweigen drang Das Lied mit wunderbarem Klang, fort trugen es die Winde. O Baum, in Deiner Wunderpracht, Wirst Du nicht stürzen über Nacht? O blühe und gedeihe. Wohl schien der Baum noch riesenstark, Doch nagt der Tod an seinem Mark, Mit Schwelgen und mit Prassen. Bohrwürmer schlürfen seinen Saft, Verzehrten seine Lebenskraft, Da mußt sein Glanz erblassen. O Baum in finstrer Waldesnacht, Der Parasiten habe acht, Sonst muß der Sturm Dich fallen. Und wieder brauste ein Orkan, Mit wilder Wut und Kraft heran, Mit Höllenlärm und -lachen; 57
Der Baum, der innern Kraft beraubt, E r hielt nicht Stand, er neigt sein Haupt, Und stürzte um mit Krachen. Da wurd es finster ringsumher; Im Wald kein Glanz, kein Leuchten mehr, Da weinte selbst der Himmel. Doch war nur tot der morsche Rumpf, Unbeugsam blieb der Wuzelstumpf, Mit Wurzeln zäh und feste: Der dehnte sich und streckte sich, Voll neuer Kraft, er reckte sich, Und bildet Zweig und Äste. Und wieder strebt im Waldesraum, Empor ein neuer Wunderbaum, Den wird kein Wurm zernagen.
D e r Perpendikel O weh, was ist das für ein Wicht, Schämt denn der Jammerkerl sich nicht? Er geht nach rechts, er geht nach links, Macht ein Gesicht wie eine Sphinx Und kann sich nicht entschließen. Es zieht ihn wohl zur Linken hin, Jedoch bedrückt es seinen Sinn, D a ß ihm die Rechte tödlich gram, Drum wendet er voll Angst und Scham Und baumelt hin zur Rechten. D o c h ist er dort, so fällt's ihm bei, D a ß doch sein Platz die Linke sei. Drum macht er wieder schleunigst kehrt, Denn sein Gewissen ist beschwert, E r baumelt hin zur Linken. So schwankt er hin, so schwankt er her, Und macht sich selbst das Leben schwer. Er geht nach rechts, er geht nach links, Macht ein Gesicht wie eine Sphinx Und kann sich nicht entschließen. 58
A n den Reichstag! Nur weiter, immer weiter, „Volksvertreter", Häuft Schand auf Schande, Schmach auf Schmach; Erwürgt das Recht, erdrosselt jede Freiheit, Ich sag euch doch: Es kommt der Tag, Da wird das Volk, das zu geduldge, Richter; Da blickt's auf Euch, zornsprühnden Angesichts, Da steht Ihr vor ihm scheu und schuldbeladen Und dumpf ertönt die Trommel des Gerichts. Das M a ß ist voll! Zuerst die Last der Steuern Und dann Entrechtung, um das Werk zu krönen. Erst Wucherzoll, der Armut Brot zu teuern, Und dann Verknechtung, um sie zu verhöhnen. Nur weiter, weiter, würdge Volksvertreter, Preist Euer Tun dazu mit frecher Miene; Es fügt ein Werk sich prächtig an das andere, Der Stein, er rollt, es wächst draus die Lawine!
Die Parlamentarier! Wie sprachen sie so löwenkühn, Von lichtem Schein umschienen, Im Aug ein heilig Zornesglühn, Vom Zorn bewegt die Mienen. Wie rollte manches stolze Wort, Im Reichstagssaal, im sichern Port, Herab von den Tribünen, Wie schworen sie dem Kriege Krieg, Ja Krieg bis an das Messer; Und wenn der eine grollend schwieg, Der Nächste machts noch besser. „Jetzt leiten wir den Friedenskahn, Wir morden uns nicht mehr im Wahn, Wie wilde Menschenfresser. Kein Bruderblut soll fließen mehr, Die Zeiten sind gewesen; Ja Brüder wohnen um uns her. Auch jenseits der Vogesen. Und einer brüllte: Vive la France! 59
Und freute sich, das Wörtchen klang, Als wollt's die Welt erlösen. Doch als der wilde Lenz brach an, Die Träume fortgeschwommen, Da sahn sie still einander an, Bekümmert und beklommen. Und einer murmelt: Es ist klar, Das Vaterland ist in Gefahr, Die Knüppelrussen kommen. Die Feinde nehmen wutentbrannt, Rief Ebert mit Ekstase Und Vaterland bleibt Vaterland, Und alles andere Phrase. „Verschieben wir den Klassenkampf, Bis daß verraucht der Pulverdampf," So rief er in Ekstase. Und dann der Philipp Scheidemann: Deutschland, Deutschland muß siegen, O Ruß, Franzos und Englischmann, Sie müssen unterliegen, Von Freiheit, Bildung und Kultur, Hat ja die Bande keine Spur. Der Krieg ist ein Vergnügen. Der Wendel, außer Rand und Band Rief: „Hol sie all der Geier, Hoch leb das deutsche Vaterland, Es sei uns wert und teuer." Es zog darauf der France-Mann, Den Harnisch und die Stiefel an Und zog hinaus voll Feuer.
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DIE M U T I G E N Kampfruf! Und wollt ihr, Brüder, verzagen? Empor die Stirne und haltet Stand; Im Wettersturm, in den schwersten Tagen, Laßt hoch das herrlichste Banner ragen, Schlingt fester das Bruderband. Und ragen wir einsam zur Stunde, Scheinen ein Häuflein wir klein und schwach, Gähnt auch die Finsternis rings in der Runde, Wir werfen den Anker in festem Grunde, Und einmal wird's doch Tag! Und muß die blühende Welt verderben, In Blut und Feuer, in Graus und Kampf, Zerbrach manch Glück, manche Hoffnung in Scherben, Die Freiheit, ihr Kämpfer, die kann nicht sterben, Auch nicht im Pulverdampf. Ihr leuchtender Stern kann nimmer versinken, Die Nacht der Bedrängnis durchflammt seine Glut; O seht ihn, zukunftsverheißend, blinken; O eilt, aus ewigen Quellen zu trinken Neuen, trotzigen Kämpfermut.
Wir schreiten! So wollen wir Schulter an Schulter stehn Und für die Menschheit streiten; Ob Blitze fallen, ob Stürme wehn, 61
Wir schreiten vorwärts, wir schreiten. Die Muskeln gespannt, die Herzen geschwellt, Und stürmt uns entgegen die feindliche Welt: Wir schreiten! O heiliger Kampf für Freiheit und Recht, O Kampf gegen Memmen und Knechte, Um unsre Fahne schart sich, was echt, Hoch fliegt sie voran im Gefechte. Wir schreiten im steigenden Morgenrot, Und ob die Gefahr uns umlauert, umdroht: Wir schreiten! Du herrlicher Kampf um das höchste Gut, O schweiß unsre Herzen zusammen; Steigt höher die Not, so laß wachsen den Mut, Die Funken blase zu Flammen. Wir schreiten getrost, laut dröhnt unser Tritt, Die heute noch zaudern, wir reißen sie mit, Wir schreiten! Und mit uns zieht das schweigende Heer Der Brüder, der toten Genossen; Und um uns rinnt das dampfende Meer Das Blutes, das nutzlos verflossen. Und Flüche verzittern verzweifelt im Chor, Das reißt die Müden aufs neue empor; — Wir schreiten! So schreiten wir siegend, bis daß die Welt Versinket in nächtlichem Grauen; — Bis vor uns dehnt sich das Himmelszelt Und lachende Fluren und Auen. — War es ein Traum, ein Wahngebild? Zerfleischten einst Menschen sich rasend und wild? Wir schreiten . . .
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DIE REVOLUTION Die Revolution Ob Ihr sie auch gestorben glaubt, Ich sag Euch doch, sie lebt; Und reckt einst ihr Titanenhaupt, Daß Erd und Himmel bebt. Und geht einst klirrend durch die Welt, Mit Blitz und Eisengruß, Bis daß die letzte Kette fällt Vom letzten Sklavenfuß. Verderben könnt sie kein Exil Und keines Kerkers Nacht; Sie hat bei jedem Schurkenspiel Verächtlich nur gelacht. Kein feiger Diplomatentrug Nicht Schmach und Spott und Haft, Kein Schergenhaß noch Fürstenfluch, Zerbrach der Stolzen Kraft. Und wenn ihr Blut in Strömen rann. Nie hat sie ganz verhaucht; Sie lebt solang noch ein Tyrann Am Mark des Volkes saugt; Sie lebt solang die grimme Not Des Volkes Blüte fällt, Solang der Schrei nach Recht und Brot, Durch deutsche Gaue gellt. Sie lebt solang der Geierschwarm, Das Gut des Volkes frißt, Solang der Reiche dem, der arm 63
Das Korn zum Brote mißt.. Sie lebt und wacht einst jauchzend auf Mit hellem Falkenschrei, Dann hemmt nicht ihren Siegeslauf, Der Schergen Mörderblei. Sie lebt! O, irrt Euch nicht, sie lebt Zum Trotz der Reaktion; Und Erd und Himmel wankt und bebt, Wenn ihre Brände lohn.
Die deutsche Revolution Noch warst Du's nicht! Ob auch auf allen Zinnen Drei Tage lang die rote Fahne stand; Noch warst Du's nicht! Ob auch der biedrige Bürger Ins Knopfloch sich das rote Bändchen band. Ob auch das Herrchen und der Modestutzer Die rote Farbe prunkend trug zur Schau; Ob auch die roten Blümchen nickten Vom Busen und vom Pelz der gnädgen Frau. Noch warst Du's nicht! Und schon der Michel wieder Sich nach der Zipfelmütze sehnt. Noch warst Du's nicht! ! Und schon mit den Bedrückten Hat prächtig sich das Führerpack versöhnt. Noch warst Du's nicht! ! Und schon wirst Du betrogen, Geschmäht, besudelt und zur Dirn gedingt! Es macht sich breit um Deine hehren Namen Ein Lügensumpf, der auf zum Himmel stinkt. Noch warst Du's nicht! Ob auch in Treu ersterbend Sich der Lakaienschwarm vor Dir gebeugt; Noch warst Du's nicht, ob auch die heisern Raben Schon ängstlich kreischten, aus der Ruh gescheucht, Noch warst Du's nicht! Ob auch die Krämerseele Dem neuen Kurs in Eile Rechnung trug; Ob heute „Republik" schrie, der noch gestern Schrie „Monarchie" — es war nur Trug, nur Trug. Noch warst Du's nicht! Es flog durch Deutschlands Gauen Dein Odem nur und blies den Staub hinaus. 64
Es fegt die Kronen von durchlauchten Häuptern! — Zusammenstürzte wie ein Kartenhaus Was vordem schien so, stolz und unerschüttert. Bis in den Tiefen schwankt der morsche Bau. Der Freiheitssonne goldne Strahlen blinkten Schüchtern hervor aus düsterm Nebelgrau. Noch warst Du's nicht! Doch als um unsre Stirnen Dein Odem blies, hat unser Herz gebebt. Vor Freud gebebt; — uns, die wir für Dich stritten, Verzweifelnd oft, wurd Mut und Kraft belebt. Dein Hauch schon sprengte auf die Kerkerpforten, Gab Licht und Freiheit manchem Kampfgenoss; Von hinnen flohen fluch- und schuldbeladen Die Hohenzollern und ihr Schergentroß. Noch warst Du's nicht! Doch nah und immer näher Schon dröhnt Dein Tritt! Schon schmettert Dein Signal! Nun gilt es, Volk, die letzte Schlacht zu schlagen, Dem Erbfeind gilt's, dem Riesen Kapital. Stürz ihn, der stets das Mark Dir ausgesogen; — Herbei zum Kampf, — das rote Banner steigt, Die Revolution — sie kommt geflogen, Und weh dem Schuldgen, den ihr Arm erreicht.
Der K o m m u n i s m u s Nun ist er da, nun pocht er dröhnend an: Ich, Menschheit, bin's, — die Pforte aufgetan; Den Du verstoßen einst, er kehrt zu Dir zurück Und bringt Dir Freiheit, bringt Dir Frohsinn, Glück. — Ich war es, der in altersgrauer Zeit, Von Deinem Herde bannte Not und Leid; Als noch Gemeinbesitz war Wald und Feld, Gemeinsam wurd das Ackerland bestellt, Da wüßt man nichts vom „heiligen Eigentum", Von Gier nach Schätzen, Habsucht, eitlem Ruhm. Nicht saß der Götze Gold auf seinem Thron, Frei warst Du, Mensch, nicht Herrschsucht gab's noch Fron. Kein Darben kanntest Du, Gier nach Gewinnst Erfüllt Dich nicht mit niedrem Hirngespinst, 65
In Freud und Lust konntst Du den Tag genießen, Doch Du verließest mich und mußtest büßen. Dein Weg hat Dich geführt durch Tränen, Blut; Zerfleischt hast Du Dich selbst in blinder Wut. Von tierschen Leidenschaften, Zwietracht, Haß, Durchwühlt, zerrissen ohne Unterlaß, So suchtest Du, doch fandest nie zurück Den Weg zu jenem längstversunknen Glück. Jahrhunderte verfolgte Dich ein Fluch Und immer war's des Leidens nicht genug. Der Moloch wachte auf, das Kapital, Und unterjochte Dich, schuf neue Qual. Wild über Leichenhaufen stapft sein plumper Tritt, Und sein Geheul durchtobt die Welt: Profit, Profit! Da wurd das Leben erst zur Höllenpein, Brutal die Jagd nach Gold, der Kampf ums Sein. Und immer gräßlicher ließ sein Geheul erschallen Das Kapital, schlug Dir ins Fleisch die Krallen. Nun bin ich da; — nun klopf ich dröhnend an: Menschheit herbei, die Pforte aufgetan. O zögre nicht, mißtrauend meinem Ruf, Ich heil die Wunden, die der Wahnwitz schuf. Ich bring das Glück nicht wenigen allein, Vom tiefsten Leid will ich die Welt befrein. O zaudre nicht, bedenk nicht her und hin, Erkenne, daß ich Dein Befreier bin. Empfange neue Kraft aus meiner Hand, Zieh an ein neues, prächtiges Gewand: Schönheit soll Dich umgeben, goldenes Licht, Aus tausend Quellen neues Leben bricht. Es ruht das Schwert, es stampft kein Krieg durchs Land, Die Völker reichen sich die Bruderhand; Dann erst herrscht wahres Menschentum auf Erden, Die Welt ist schön, das Leben wird es werden.
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Klassenjustiz O preß Dich, Zorn, in einen einzigen Schrei Und spreng die Kettenlast der Tyrannei! O werde zur lodernden Flamme, Du Haß Und leuchte, leucht ohne Unterlaß! Du wilder Schmerz, der die Kehle uns schnürt, Zum Tambour werd, der die Trommel rührt, Die Werbetrommel! Ihr prasselnder Klang, Fliege stürmend die Reihen entlang! Ihr Männer heraus! Ihr Herzen empor! Du dumpfer Groll, brich brausend hervor. Schieß auf, Du Saat, die sie selber gesät, Wir wollen Dich hegen früh und spät. Empor ihr Herzen! Ein hartes Wort Scheuche das letzte Zagen fort. Die Hirne d u r c h f a h r t wie zündender Blitz: Du Fluch des Heute — Du Klassenjustiz! Dich brachte die bleiche Furcht ans Licht, Die Klassenfurcht vor dem Weltgericht. Die Furcht vor dem Riesen, der aufgeschreckt Empor die düstere Stirne reckt. Gezeugt bist Du vom Klasseninstinkt, Der Klassenkampf hat Dein Feld gedüngt. Nun schlägst Du die gierigen Krallen ein, Wie die tückische Sphinx mit dem Herzen von Stein. Drum werbe Du Trommel, werbe gut, Erfülle die Herzen mit zornigem Mut. Drum jauchze, Kampfruf, jauchze mit Macht, D a ß der Klassenstaat in den Fugen kracht. Her, Geisteskämpfer, Söhne der Not! Wir recken hoch unser Banner rot Und lassen es trotzig im Winde wehen, Die Freiheit, die Freiheit will auferstehen!
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Möller/Sturmgesang
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PROLETARIERHERZEN Die M u t t e r ! Nun ist Dein Du wischtest Nun ist Dein Die Liebe ist
Auge tränenleer, hart die Tränen fort, Herze liebeleer, darin verdorrt.
Dein Sohn ist tot, Dein Glück und Stolz, Das Herze, das Dir schlug, ist kalt, Der Sturmwind brach so manches Holz Im jungen, frühlingstrunknen Wald. Warum? Warum? Wohl tausendmal Hast Du die Frage Dir gestellt; Und hast, zerwühlt von Seelenqual, Verflucht die mitleidlose Welt. Warum? Warum? Du weißt es nicht, Weißt nur, daß Dich zerfrißt das Leid, Und daß Dein Glück gestorben ist, Dein Glück in alle Ewigkeit. Wie hohl Dir diese Phrase klingt Vom Heldentod fürs Vaterland, Dein Sohn ist tot, Dein Glück, Dein Stolz, Er liegt verscharrt im fremden Sand. O könntest Du ihn einmal sehn, Nur einmal drücken seine Hand, Für diesen einzgen Augenblick Gäbst Du das ganze Vaterland. 68
H o c h klingt das Lied v o m braven M a n n !
M ö g laut des Helden L o b erschallen, Der auf dem Feld der Ehre ficht; Ich preise einen mir vor allen, Vergeßt des größten Helden nicht, In unsern sturmbewegten Tagen, W o blutrot Kriegesflammen schlagen, Starb er für höchste Menschenpflicht. Der Held trug Waffen nicht noch Wehre, Er pflückte nicht das Ruhmesblatt, Beim K ä m p f e n auf dem „Feld der Ehre", A u f blutgedüngter Losungsstatt. Ihn peitschten nicht Kommandorufe, Jedoch des Ruhmes höchste Stufe Der schlichte Held erstiegen hat. In Belgien war's, im Feindeslande, Deckt Schnee die Wege silberweiß. Wild rast ein F l u ß ; am Uferrande Hoch türmen sich die Schollen Eis. Es heult und schnaubt der Wind vom Norden, Verhindert selbst das blutge M o r d e n ; — Her zieht die Nacht schon still und leis. D o c h sieh, wer kämpft dort mit den Wellen? Wen reißt's hinab zur kalten G r u f t ? Gewirbelt von des Stromes Schnellen, Zerreißt sein Hilferuf die Luft. Ein deutscher Krieger ist's, zur Beute Will ihn der Wellen tücksche Meute, Er ruft und ringt und ringt und ruft. Und siehe, wie vom Wind getragen, Herstürzt ein Proletarier kühn, Das Werk der Rettung will er wagen, Den Feind zu retten gilt sein Mühn. Schon stürzt er sich dem T o d entgegen, Und schwimmt zum Feinde hin verwegen, Mit starkem A r m umfangt er ihn. 8*
Wohl hat er Weib und Kind zu Hause, Das schreckt den Wackeren nicht zurück, Der Tod umfangt ihn mit Gebrause, Doch der Gefahr gilt nicht sein Blick. Vergeblich aber ist sein Ringen, Die wilden Fluten beid verschlingen; — Ein Leichentuch wob das Geschick! Muß nicht der Lärm der Schlachten schweigen? Fliegt nicht ein Staunen himmelan? Muß dieses Helden Tat nicht zeigen, Des Krieges schreckensvollen Wahn? Die Völker mögen sich nicht hassen! O kling du Lied durch alle Gassen, Du Lied vom braven, braven Mann.
„Liebe" Unerschöpflich ist der Liebe Brunnen, Unaufhörlich rinnen ihre Quellen, Selbst die finstre Kriegeszeit erhellen Ihre Sterne, die so prächtig strahlen. Schlägt der Krieg in seine Banden, Häuft er Leid und Jammer, Greuel und Schrecken, In der Hand den immergrünen Stecken, Leisen Schritts kommt die Liebe doch gegangen. Milde streicht sie über Wunden und sie heilen, Haucht in Herzen, die im Gram erstarrten. Wo sie schreitet, wird die Welt zum Garten, Drin die schönsten roten Rosen blühen. Furcht der Krieg die düstre Eisenstirne, Schaut sie ihm ins Angesicht mit Lächeln, Übers Schlachtfeld selbst, wo Todesröcheln Dumpferschallt, geht sie und spendet Segen. O Du Liebe, heiige Menschenliebe, Nimmer wird Dein hehrer Glanz vergehen, Über allem Haß und Hader wirst Du stehen, Auf dem Haupt die Diamantenkrone. Und Du wirst empor die Menschheit heben 70
Aus dem Abgrund, drin sie sich verloren, Siegreich stehst Du an den goldenen Toren Die zum Paradies die Menschheit führen.
An die sinkende Sonne! Sonne, Du willst versinken, Blutrot verglüht Dein Strahl, Ein letztes Leuchten und Blinken, Gleitet ersterbend durchs Tal; Umflammt noch einmal die Höhen Und taucht sie in Purpurpracht, Bespiegelt die Flüsse und Seen, Dann sinkst Du hinunter zur Nacht. Sonne, Du willst versinken, Willst schauen die Welt nicht mehr; Du läßt Deinen Schmerz ertrinken, Im tiefen, tiefen Meer. Du siehst viel Jammer und Grauen An jedem neuen Tag. Mußt Tod und Verderben schauen, In Wiesen, in Feld und Hag. Soviel des Blutes siehst Du rauchen, Drum blutet am Abend Dein Schein, Drum möchtest Du ewig tauchen Ins tiefste Meer hinein. Und doch kommt der Tag, o Sonne, Wo Du strahlst vom blauesten Zelt, Und schaust voll Lust und Wonne Auf eine befreite Welt.
In jeder Ader trotzig Blut In jeder Ader trotzig Blut, Und einen Nacken von Eisen, Voll markger Kraft und festem Mut Dem Feind die Stirn zu weisen; Nicht Ehre suchen, noch Gewinn, 71
Und gilt es selbst zu sterben Fürs Volk, so soll den Männersinn Doch Feigheit nicht verderben. — So muß ein Freiheitskämpfer sein, Doch wie wart Ihr beschaffen? O Gott, wie schwach und klein. Das Feilschen steht dem Krämer an, Das Schachern und das Handeln. Doch unbeirrt muß seine Bahn Der Freiheitskämpfer wandeln. Und wen das Volk erkoren hat, Der muß sein Rückgrat steifen, Der muß in des Geschickes Rad Mit starken Fäusten greifen. Der Beutegier ein donnernd Nein, Doch wie wart Ihr beschaffen'? O Gott, wie schwach und klein. Ihr gabt das Volk den Geiern preis, Den Geiern und den Raben; Ihr botet selbst die Hand mit Fleiß Und halft das Recht begraben. Der Worte viel im Parlament, So viel bedacht, beraten, Der schönen Reden ohne End, Nur fehlten Eure Taten. O weh der Schmach und bittern Pein, Ihr, die wir auserkoren, O Gott, wie wart Ihr klein. Doch ist zerronnen mancher Traum In diesen eisernen Tagen, Trotz alledem, der Freiheitsbaum Wird dennoch Früchte tragen. Wir wanken nicht, wir zagen nicht, Uns kann kein Dräun erschrecken.
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NACHLESE
Der mutige Tyras! Der Tyras war ein scharfer Hund, Er kläffte manche liebe Stund; Naht jemand seinem Hundehaus, So fuhr er wütend gleich heraus Und kläffte. Wie war im Zorn der Tyras schön, Wie majestätisch anzusehn; Sein Schwanz peitscht wild das eigne Fell, Und fürchterlich klang sein Gebell. Er kläffte, kläffte, kläffte. So hielt der brave Tyras Wacht; Da kamen Diebe einst bei Nacht, Die trugen Stöcke dick und schwer, Da ängstigt sich der Tyras sehr Und duckt sich. Und dacht bei sich: „ N u r still jetzt, Damit es keine Keile setzt; Die Kerle sind für mich zu stark, Die schlagen schließlich mich zu Quark, Drum Vorsicht!" Und schließlich kroch, o Hundesinn, Der Tyras zu den Dieben hin, Und leckt ihnen Hand und Schuh Und wedelt mit dem Schwanz dazu Gar hündisch. Der Tyras war vor Angst ganz weg; Wie wurden da die Diebe frech. 75
Sie banden ihm die Schnauze zu, Und dreschten ihn in aller R u h ; O Tyras! Und die Moral für Groß und Klein? Das Kläffen tut es nicht allein; Und Lorbeerkränze erntet nicht, Dem es an Mut zur Tat gebricht Wie Tyras!
Die Tribunen Durchs heilige Rom schritt ein Gespenst! Zwar schwelgten die Reichen in den Palästen, Reichbesetzte Tafeln winkten den Gästen, Reichbesetzt mit Speise und Trank. Schlanke Sklaven füllten mit Wein die Pokale, Üppige Weiber schlürften aus goldener Schale Berauschenden, köstlichen Saft. Prassen und Sinnesgetaumel! Doch während schlemmten die Herren der Erde, Hockt vor den Toren die Bettlerherde Und flehte um Bissen vom Mahl. Und hungernde Haufen durchzogen die Gassen, Krieger, die Blut und Gesundheit gelassen Für das weltbeherrschende R o m ; Sie spürten des Hungers nagenden Schmerz — Und Bauern, von der Scholle vertrieben, Deren Hab und Gut durch Lasten zerrieben, Durchzogen die Straßen zu Häuf. „Freie Römer sind wir, doch ärmer wie Knechte, Gebt Fleisch uns und Brot, gebt Land uns und Rechte", So scholl ihr drohend Geschrei. Da sprachen die Reichen voll Angst: „Das niedre Volk bringt Gefahren dem Staate, Gebt schnell ihm Stimmen und Sitz im Senate, Und gebt seinen Wünschen Gehör." Und also geschah's. — Erwählt und erkoren, Zogen ein zu den Senatoren Die Tribunen und stritten für's Volk. 76
Und was geschah nun in R o m ? O rechtloses römisches Volk triumphiere, Es gab gar prächtige Rednerturniere, Manch Wort klang verwegen und wild. Mit Worten könnt man die Ärmsten beglücken, Das Volk, es lauschte stets mit Entzücken, Es hoffte und — hungerte weiter.
Siegfried und der Drachen! Ei, geht mir doch mit dem alten Kohl, Siegfried hätt den Drachen erschlagen; Ich weiß es, die Geschichte hat Ganz anders sich zugetragen. Mir hat sie meine Muhme erzählt, Die war gar klug und gescheute Und weil die Geschichte so lehrreich ist, Bring ich sie unter die Leute. — Als Siegfried vernahm von dem Ungetüm, Da blies er gewaltig die Backen Und rief mit zornigem Ungestüm: „Den Burschen werd ich schon packen." Er wetzte Notung, sein starkes Schwert Und kämmte sich sorgsam die Locken, Und machte gestiefelt und gespornt Sich eiligst auf die Socken. Er stapfte fürbaß durch den finstern Wald Und ist zu der Höhle gekommen; Doch als er den grimmigen Drachen sah, Da wurd ihm sehr beklommen. Herr Fafner lag zusammengerollt Und harrte der Beute wie immer; Aus der Höhle blitzte das gleißende Gold Und hüllt ihn in fahlen Schimmer. Gebleichte Knochen lagen umher, Die stammten von mutigen Rittern; Und als Held Siegfried die Knochen sah, Da fing er an zu zittern. Herr Fafner brüllte: „Hei, her du Wicht, 77
Dich habe ich bald zerrissen"; — Da hat Held Siegfried vor lauter Angst Schier in die Hose ; Er setzt sich eilig auf einen Stein, Ihm schwankten zu sehr die Beine; Dann hat er gestottert: „Ach, nicht so barsch, Ich bin nicht so schlimm wie ich scheine. Ich hab mir die Locken so sorgsam frisiert, Die würden zerzaust bei den Fehden, Drum schlösse ich gern ein Kompromiß, — Um parlamentarisch zu reden. Stell, Fafner, als Kammerdiener mich ein, Ich bin gar fügsam und willig, Bin schmiegsam und biegsam, behende und klug Und außerdem auch billig. Der Kunststücke kann ich mancherlei, Bist du mal schlechter Laune, So tanze ich Tango und pfeife dazu, Auch blas ich die Posaune. Und Notung hier, mein gutes Schwert, Schafft Dir gar manchen Nutzen, Willst schlafen du, so halt ich Wacht, Auch kann ich die Stiefel dir putzen." So hat Held Siegfried noch manches gesagt, Meine Muhme wüßt es, indessen, Meine Muhme ist schon lange tot Und ich hab manches vergessen. Doch wurde der Held zuguterletzt Der Kammerdiener des Drachen; Er hat ihm die großen Stiefel geputzt Und die Zähne in seinem Rachen. Und weil er den Posten so gut versah, Gab Fafner ihm einen Orden; — Doch eines Tages der Lindwurm starb, Er war zu alt geworden. Da zog der Held aus dem dustern Wald Ins Land hinaus, ins weite; Er war so dick, wie ein Butterfaß, Als er Krimhilden freite. Im ganzen weiten, deutschen Reich 78
Hat's nicht solchen Helden gegeben, Er zeugte ein Dutzend Siegfriedlein In seinem ferneren Leben. Die Söhne erbten des Vaters Kraft Und erbten auch seine Kurage; Erhalten hat sich das Siegfriedsgeschlecht Wohl bis zum heutigen Tage. Noch heute wimmelt's im deutschen Land Von kühnen Drachenrittern, Die haben von ihrem Ahnen geerbt Die bleiche Furcht und das Zittern. Sie erbten von ihm auch die schöne Kunst, Mit leeren Worten zu gleißen, Sie erbten die Furcht vor der Drachenbrut Und das I n - d i e - H o s e — ! !
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ANHANG
Dokumente
ZUR FRAGE DER EINHEITSORGANISATION Von Stauffacher Daß die kommende Organisation gleich dem Phönix aus der Asche erstehen muß, daß sie unmöglich aus dem jetzigen Partei- und Gewerkschaftssumpf hervorgehen kann, wird mit der Zeit jedem denkenden Arbeiter klar werden. Diejenigen, die sich jetzt noch nicht- zu dieser Einsicht durchringen können, die immer noch hoffen, von „innen heraus" reformieren zu können, werden die unüberwindlichen Schwierigkeiten, die diese Reformtätigkeit mit sich bringt, noch kennen lernen, und wenn sie erst das Wesen der neuen Organisation erfaßt, in hellen Scharen den verflossenen Verbänden den Rücken kehren. Die Entwicklung dieser Dinge können wir ruhig abwarten. — Zunächst müssen wir uns einmal mit den Fragen näher befassen: Wie sieht die kommende Organisation aus? Wie ist ihr inneres Wesen, ihr Aufbau? Und da, fürchte ich, weichen nicht nur die Ansichten weit voneinander ab, sondern die Organisation spiegelt sich in manchen Köpfen etwas sonderbar wieder. Z. B. taucht die Ansicht auf, daß die in den alten Gewerkschaften absolvierten Mitgliedschaftsjahre in der neuen Organisation angerechnet werden müßten. Die Genossen, die diese Anschauung vertreten, gehen also von dem Standpunkt aus, daß das Unterstützungswesen wieder in der Neuorganisation eingeführt werden müßte. Diese Anschauung muß mit aller Entschiedenheit bekämpft werden. Die Neuorganisation kennt keine Unterstützungseinrichtungen, die hauptsächlich mitschuldig an den jetzigen gewerkschaftlichen Zuständen sind. Sie fördern den Bürokratismus und lähmen den Kampfgeist. 9
Möller/Sturmgesang
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Aber eine Streikunterstützung müssen wir doch haben, wird mancher einwenden. — Nein, auch die brauchen wir nicht. Dem Kapital gegenüber waren schon im Frieden die Gewerkschaften, trotz ihrer gefüllten Kassen, ohnmächtig. Aus dieser Ohnmacht entsprang das Unwesen der langfristigen Tarifverträge. War damals schon die Macht des Geldsacks nicht zu überwinden, wie soll sie es nach dem Kriege sein, wo das Kapital eine so rasende Entwicklung durchmacht, wie nie zuvor? Ungeheure Zusammenballung des Kapitals, durch gesteigerte Konzentrationen und die überaus günstige Kriegskonjunktur hervorgerufen, haben uns diese Jahre beschert. Was sollen dieser ungeheuren Geldmacht gegenüber Gewerkschaftskassen bedeuten, mögen sie noch so wohlgefüllt sein! Allenfalls wäre darüber zu reden, einen Fonds zu schaffen, um die größte Not, z. B. in kinderreichen Familien zu lindern bei kommenden Streiks. Daß es auch ohne Unterstützungen gehen kann, sah man ja bei Ausbruch des Krieges. Der Unternehmer machte einfach die Bude zu und Bruder Prolet konnte sehen, wie er fertig wurde. Der deutsche Arbeiter ist leider zu sehr an das Unterstützungswesen gewöhnt, und sein Wesen hierin zu ändern, wird eine schwere Aufgabe sein. Doch können wir gewiß sein, daß die nach dem Kriege unfehlbar einsetzende gewaltige Wirtschaftskrisis unser bester Helfer sein wird. Der Umfang der Kämpfe wird auch die Unterstützungsgewerkschaften zwingen, die während des Krieges vorgenommenen Einschätzungen der Unterstützung beizubehalten. Die Kämpfe der Zukunft werden sich von denen der Vergangenheit vornehmlich dadurch unterscheiden, daß in ihnen der gewerkschaftliche und der politische Charakter nicht mehr voneinander getrennt werden können, daß beide in eins verschmelzen. Und das bedingt, daß der Arbeiter von einem kuriert wird: von der politischen Kurzsichtigkeit! Kurzsichtigkeit und Kleinigkeitskrämerei liegen ja im Wesen der Masse und sind durch die „erzieherische" Tätigkeit der Gewerkschaften sorgsam gepflegt worden; zudem wurde durch die Neutralitätsduselei letzterer (ein Produkt ihrer Ohnmacht) ein ganzes Heer von Arbeitern plötzlich von der Politik festgehalten. — Eine unserer Hauptaufgaben in der Zukunft wird sein. 84
dem Arbeiter klar zu machen, daß die politischen Aktionen mit dem Hinblick auf die Herbeiführung des Sozialismus die Kampfmittel sind, die angewandt werden müssen, um die Lage der Arbeiterschaft, die trostlos sein wird, zu verbessern. Das große Ziel, die Umwandlung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in eine sozialistische, muß uns bei allen Handlungen die Triebfeder sein, m u ß uns als leuchtendes Banner voranschweben. Nun wird mancher Genosse einwenden: Wir haben in unserem Zeitalter keine Idealmenschen. Der G e d a n k e einer Einheitsorganisation ist gut und schön, jedoch wird in derselben über kurz oder lang derselbe Schlamassel einreißen, wie in den alten Organisationen auch. Ohne Angestellte kann es nicht gehen. Sobald die Bewegung größeren Umfang annimmt, müssen die Genossen fest angestellt werden. Es wird wieder eine Drängelei, Streberei und Kriecherei um die Futterkrippe entstehen, die Interessenpolitik der Angestellten wird wieder die Trennungslinie zwischen ihnen und den Proletariern erzeugen, bürokratisches Schema wird wieder den Geist in spanische Stiefel einschnüren, und das Ende vom Lied: Wir sind im Kreis herumgelaufen, und stehen wieder auf demselben Punkt, wovon wir ausgegangen sind. — Die Genossen, die so skeptisch die Dinge betrachten, haben gewiß nicht so ganz unrecht. Aber woran hat es letzten Endes gelegen, daß die traurigen Zustände vornehmlich in den Gewerkschaften einreißen konnten? Lag es nicht am Unverstand der Massen, an ihrer Denkfaulheit und Energielosigkeit? Haben sie sich nicht, statt das heilige Gut der Demokratie zu bewahren und auszubauen, das Heft von den Führern völlig entwinden lassen? Haben sie nicht die Führerschaft, die sie verdienen? Unzweifelhaft verhält es sich doch so, und hier wiederum gilt es für die Zukunft ein tüchtiges Stück Arbeit zu leisten: Die Masse zum selbständigen Denken und Handeln zu erziehen. Es haben Genossen ganze Systeme ausgeklügelt, wie die Demokratie, d. h. die wahre Demokratie in der zukünftigen Organisation gewahrt bleiben könnte. Aber alles ist vergebens, wenn kein anderer Geist in die Massen fährt. Vor allem muß in den Organen, in Tageszeitungen sowohl wie in Zeitschriften auf volkstümliche Schreibweise 85
geachtet werden. Die höchste Kunst, fürs Volk zu schreiben, liegt wohl darin, selbst schwierige Fragen und Probleme gemeinverständlich, leicht faßlich klarzulegen. Der Arbeiter, der abends müde und abgerackert nach Hause kommt, kann seinen Geist nicht mehr zergrübeln, er verlangt nach leichterer Geisteskost. Daß in dieser Beziehung in der gesamten Arbeiterbewegung sehr gesündigt worden ist, ist wohl jedem Genossen bekannt, und darum sind die sozialistischen Lehren noch gar nicht in die Masse eingedrungen. Wir aber wollen aus vergangenen Fehlern lernen! Ist aber erst der Geist ein anderer geworden, dann ist ein natürlicher Schutz gegeben, um das Einreißen undemokratischer, degenerierender Zustände zu verhindern. Die Masse wird dann selbst den Wächterposten übernehmen! Artikel von Werner Möller. In: Arbeiterpolitik. Nr. 34 vom 24. August 1918. 3. Jg., S. 206f.
FRITZ FRENKEN t Von Werner Stauffacher Es ist nicht unsere Aufgabe, Menschen zu verherrlichen. Kein Kommunist, und wenn er auch sein ganzes Ich in den Dienst der Sache stellt, hat Anspruch darauf, seine Verdienste besonders gewürdigt zu sehen. Mag der eine für die Sache mit der kühnen Feder werben, der andere mit schlichten Worten, nach seinem Können und Vermögen, sie tun beide ihr Bestes und sollen gleich stehen in unserer Achtung. Wenn wir darum unserem Fritz Frenken einen besonderen Nachruf zollen, so geschieht es nicht, um seine Verdienste noch einer besonderen Würdigung zu unterziehen. Nein, seine rastlose Tätigkeit für unsere Sache hat ihn allen Lesern der „Arbeiterpolitik" und darüber hinaus ein bleibendes Gedenken gesichert, so daß es wahrlich nicht eines Nachrufes bedürfte, um ihn unvergessen zu machen. Wenn wir seiner besonders gedenken, so geschieht es einerseits, um die Genossen mit einer jener Kämpfertragödien bekannt 86
zu machen, die wahrlich jetzt im Kriege, unter der Geißel des verfluchten Belagerungszustandes keine Seltenheiten bilden; zum zweiten, um ihnen ein Vorbild treuester Hingabe für die Sache des Proletariats zu zeigen. Ein Vorbild, das auf jeden anfeuernd wirken muß. Fritz Frenken gehörte, ehe er der Gruppe I.S.D. beitrat, zur Spartakusgruppe. Den Zusammenschluß dieser Gruppe mit den Unabhängigen konnte er nicht mitmachen. Als im April 1917 der Hungerstreik ausbrach, wurde er, der politisch Anrüchige, in seiner Heimatstadt Nowawes bei Potsdam plötzlich aufs Rathaus zitiert. Im Hausrock ging er hin und wurde gleich festgehalten, um zur Front geschickt zu werden. Zwar war er nur G. V. wegen eines geringen Nervenübels, doch was scherte das die Gewalthaber, er war doch verdächtig, die Masse drohte rebellisch zu werden, da mußte jeder Unliebsame unschädlich gemacht werden. Auf dem Wege nach Rußland brach Fritz Frenkens Gesundheit zusammen. Die Strapazen und vor allem wohl der verzehrende, ohnmächtige Zorn über die schreiende Ungerechtigkeit und den verhaßten militärischen Zwang fraßen an seinen letzten Nervenkräften. In Ostrowo brach er zum erstenmal zusammen. Aber er kam nicht ins Lazarett. „Ich habe strikten Befehl, Sie nach Brest-Litowsk zu bringen", sagte ihm der Zugführer. — Erst als er ganz auf dem Hund war, kam er ins Lazarett. Da man ihn dort nicht mehr kurieren konnte, schickte man ihn in die Heilanstalt Taupitz, von wo er nach 3 Monaten entlassen wurde als ein gesundheitlich ruinierter Mann. — Entlassen ohne Rente natürlich, — nach alter Übung. Weil seine Nerven schon früher nicht mehr intakt gewesen, wurde von den Gewalthabern jeder Antrag auf Gewährung einer Rente brüsk abgelehnt. Daß er früher arbeitsfähig war, während er jetzt vollkommen arbeitsunfähig war, daß er jetzt nur mühsam am Stock sich vorwärts bewegen konnte, das genierte Militaria nicht. — So stand Fritz Frenken mit Frau und zwei Kindern hilflos dem Lebenskampf gegenüber, der noch verschärfte wurde, als auch die Heimatbehörde ihr Scherflein dazu beitragen wollte, seine Drangsale zu vermehren. Sie entzog ihm die Gemeindeunterstützung, die sie ihm in anbetracht seiner Notlage bisher gezahlt 87
hatte. — Unser Kämpfer verzagte nicht. Alle Hebel setzte er in Bewegung, um durchzusetzen, daß ihm die Unterstützung wieder gezahlt wurde; aber er mußte jedesmal persönlich und recht energisch vorstellig werden. Seine Tätigkeit für die Arbeiterbewegung gab er trotz alledem und alledem nicht auf. Rastlos und scharf war seine Feder. Mancher Artikel in der „Arbeiterpolitik" legt Zeugnis ab von seiner Hingabe und seinem Mut. Konnte er sonst nicht den Macht- und Gewalthabern zu Leibe, mit scharfen Wahrheiten und Gedanken hat er alles Unrecht quittiert, das ihm geschehen. Das ist in kurzen Umrissen das Schicksal eines unserer Kämpfer, er hätte noch vieles leisten können fürs Proletariat. Auch ihn haben die Machthaber auf dem Gewissen — wie die Hekatomben anderer. Nachruf von Werner Möller. In: Arbeiterpolitik. Nr. 44 vom 2. November 1918. 3 Jg.
Vorwort des Herausgebers der Gedichtsammlung „Krieg und K a m p f von Werner Möller Es war Herbst 1918, als ich Werner Möller, dessen Aufsätze und Gedichte mir längst vertraut waren, persönlich kennen lernte. Auf einer illegalen Konferenz wurde der Zusammenschluß der verschiedenen linksradikalen Gruppen besprochen. Es gab, wie es nun einmal bei Revolutionären nicht anders ist, recht hitzige Auseinandersetzungen, und mehrfach drohte die Konferenz auseinanderzugehen. Da war es jedesmal Werner Möller, der voll Herzlichkeit und Zukunftsglauben in die Versammlungen hineinrief: Bedenkt, Genossen, daß wir Brüder sind! War auch durch die elende Haltung der Sozialdemokraten in der Kriegszeit und durch eine unerfreuliche, schwere Aufklärungsarbeit bei den sich letzten Endes immer wieder von den Partei- und Gewerkschaftspäpsten einfangen lassenden Arbeitskollegen mein Glauben an die sittliche Kraft des Sozialismus mehr und mehr erschüttert und hatte allmählich der Gedanke bei mir wie bei manchen anderen Genossen Platz gegriffen, der Sozialismus sei geradeso wie Kapitalismus und Feudalismus nur eine Machtfrage, so war es Werner Möller, der in dieser Zeit durch seine 88
unerschütterliche Überzeugung von einem zukünftigen freien Menschentum und von dem Siege des Sozialismus und der Wahrheit auch mich wieder glauben machte. Er war eben Dichter, ein Mensch mit warmem, feurigem Herzen. Nicht zahlenmäßig, statistisch begründete er in erster Linie den Sozialismus, sondern gefühlsmäßig, das Wollen und die Kraft des Proletariats erkennend und berücksichtigend. Davon zeugen die Briefe, die er mir schrieb, davon zeugen seine Gedichte, seine Handlungen. Ihm und den Seinen war der Kommunismus nicht nur ein erstrebenswertes Ziel, sondern Voraussetzung, Selbstverständlichkeit. Wohl mancher Genosse, der nach Berlin, oder früher nach Barmen kam, wird sich der gastfreundlichen Aufnahme in Werner Möllers Familie erinnern; wie er, der meist selbst mit den Seinen darbte, sein Letztes mit dem Gaste teilte. Und mancher Verfolgte, mancher Deserteur ist durch Werners Hilfe seinen Häschern entgangen. So konnte es denn auch gar nicht anders kommen: er, der Kämpfer für Menschentum und Freiheit, der entschiedene Kriegsgegner, der u. a. in Barmen manches Sträußchen mit dem damaligen Reichstagsabgeordneten für Barmen-Elberfeld und jetzigem Reichspräsidenten Ebert ausfocht, wenn dieser die Kriegspolitik der Sozialdemokratischen Partei zu rechtfertigen suchte, er mußte während des Krieges 2 Monate im Gefängnis wegen Verbreitung von Liebknecht-Flugblättern usw. verbringen. So konnte es aber weiter auch gar nicht anders sein: Er, der die Revolution schmählich verraten sah, der die Arbeiterschaft von ihren Führern getäuscht und betrogen wußte, er stellte sich in die Reihen der Kämpfer, die, durch Provokation der Offiziere und Nosketruppen zum Aufstand gedrängt, im Januar 1919 noch einmal der Arbeiterschaft ihre Freiheit zu sichern, das Joch des Kapitalismus und eines neuen Militarismus abzuschütteln versuchten. In Chemnitz war ihm die Stelle eines Redakteurs am „Kämpfer" angeboten, die er bereits angenommen hatte. Trotz Bitten seiner Freunde aber blieb er in Berlin, — wo gerade in der Zeit, als der Antritt erfolgen sollte, der Aufstand ausbrach, um hier Seite an Seite mit seinen proletarischen Brüdern zu kämpfen — und zu fallen. Die Arbeiterschaft setzte ihn zum Schriftleiter des „Roten 89
Vorwärts" ein. Der Kampf vor dem „Vorwärts"-Gebäude entbrannte. Stundenlang stand die Besatzung im heftigsten, aussichtslosen Gefecht, mit weit besser bewaffneten Angreifern. Dann wurde Werner Möller als Parlamentär mit der weißen Flagge hinausgeschickt, ergriffen und mit noch sechs anderen Genossen von der entmenschten Soldateska erschlagen. In der Blüte seines Lebens, mit 31 Jahren wurde dieser edle Kämpfer dem internationalen Proletariat, seinen Freunden, seiner tapferen Weggenossin und seinem siebenjährigen Sohne entrissen. Werner Möller, der am 6. Februar 1888 zu Barmen als Sohn eines Schuhmachers geboren ward, stand von frühester Jugend an in der proletarischen Bewegung. Manch flammenden Aufruf von ihm an seine Arbeitsbrüder druckte die Barmer „Freie Presse" und manch wohldurchdachte, aufklärende und von weitem Blick zeugende Arbeit brachte in den Kriegsjahren die „Arbeiterpolitik" in Bremen von „Werner Stauffacher", wie sein Pseudonym hieß. Im Jahre 1913 erschien der „Sturmgesang", eine Sammlung revolutionärer Gedichte, und jetzt ist es seinen Freunden gelungen, die letzten Dichtungen dieses Märtyrers für die Sache des Proletariats herauszugeben. Mögen sie hinausfliegen und wirken, wie einst ihr Erzeuger, mögen sie das arbeitende Volk begeistern zu neuen revolutionären Taten und beitragen zum baldigen Siege der sozialen Revolution. Worpswede, im Dezember 1919 Friedrich Harjes Werner Möller: Krieg und Kampf. Herausgegeben von Friedrich Harjes. Chemnitz 1919.
Werner Möller f Abermals hat die Berliner Gruppe der Internationalen Kommunisten Deutschlands einen schweren Verlust erlitten. Werner Möller, einer unserer besten Mitkämpfer für die Ideale des Kommunismus ist den Schergen der Ebert-Scheidemann-Regierung zum Opfer gefallen. Am Sonntag, dem 5. Januar, wurde der „Vorwärts" von der 90
revolutionären Arbeiterschaft besetzt und dem Genossen Möller die Redaktion übertragen. Nach achttägiger tapferer Verteidigung gelang es der Übermacht der Regierungstruppen, mit den rücksichtslosen Kriegsmitteln das Gebäude zu nehmen. Genosse Möller wurde als Parlamentär mit sechs anderen Genossen zur Verhandlung herausgeschickt. Die unmenschlichen Soldaten ließen sich auf keine Verhandlungen ein, sondern sie wurden alle auf dem Hof der Garde-Dragoner hingemordet. Genosse Möller ist schrecklich zugerichtet. Die linke Gesichtshälfte ist mit einem Kolben vollständig eingeschlagen. Das Ohr hängt nur ein wenig am Kopfe. Dann weist der Körper große Wunden von Bajonettstichen auf. Außerdem sind noch Schußwunden da. Nicht nur vorsätzlich gemordet hat man wehrlose Gefangene, sondern man hat unseren Genossen Möller noch beraubt. Es fehlt alles Geld, Uhr und Kette und Stiefel. Hut und Kneifer können verlorengegangen sein. Das Leben Werner Möllers war im wahrsten Sinne ein Kämpferleben. In Barmen war er seit dem 18. Lebensjahr im Kampfe für den Sozialismus tätig. Sein edler, aufrichtiger Charakter machte ihn im Wuppertale unter den Genossen allgemein beliebt. Wegen Verbreitung von LiebknechtFlugblättern wurde er am 26. Juli 1916 verhaftet. Nach einem Monat Schutz- und fünfeinhalb Monaten Untersuchungshaft wurde er zu neun Monaten Gefängnis in Leipzig verurteilt. Er büßte die Strafe in Kottbus ab und siedelte dann nach Berlin über. Hier schloß er sich der Gruppe I.K.D. an, mit welcher er schon in Barmen während der Kriegszeit in Verbindung stand. Von dieser Zeit an hat er uns als ein Vorbild treuester Hingabe und zäher Ausdauer für die Befreiung des Proletariats gewirkt. Den Lesern der „Arbeiterpolitik" war Genosse Möller kein Fremder. Besonders seine Artikel, „Werner Stauffacher" gezeichnet, in welcher er zu der Frage der Einheitsorganisation Stellung nahm. Aber auch als Dichter hat sich Werner Möller ein Verdienst erworben. Seine proletarischen Kampfgedichte, die in den „Lichtstrahlen" und der „Arbeiterpolitik" zum Abdruck kamen, dürften den Genossen nicht unbekannt sein. Bereits vor dem Kriege erschien ein Gedichtsbändchen „Sturmgesang" im Verlage der „Elberfelder Freien Presse".
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Möller/Sturmgesang
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Erst 30 Jahre alt, hätte Werner Möller noch Großes leisten können. Seine rastlose Tätigkeit, seine Besonnenheit, sein zielklarer Wille werden uns ein Vorbild und unvergeßlich sein. Der Blut-Regierung, die unseren jungen Kämpfer so schmachvoll hingemordet, schwören wir, weiter zu kämpfen, und nicht eher zu ruhen, bis unser großes Ziel erreicht ist, die Befreiung des Proletariats. Internationale Kommunisten Deutschlands, Gruppe Berlin. Dieser Nachruf auf Werner Möller erschien in: Arbeiterpolitik, Nr. 5 vom 1. Februar 1919, 4. Jg.
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Anmerkungen zur Einleitung 1 Das Zitat bezieht sich auf die berühmte politisch-literarische Kontroverse zwischen Georg Herwegh und Ferdinand Freiligrath. In Freiligraths Gedicht auf den Tod des konterrevolutionären spanischen Generals Diego Leon aus dem Jahre 1841 standen die Verse : „Der Dichter steht auf einer höhern Warte Als auf den Zinnen der Partei." Herwegh antwortete 1842 mit dem Gedicht „Die Partei", das mit den Versen schließt: „Ich hab gewählt, ich hebe mich entschieden. Und meinen Lorbeer flechte die Partei!" Vgl. Morgenruf. Vormärzlyrik 1840—1850. Herausgegeben von Werner Feudel. Leipzig 1974, S. 101 f. 2 Heinz Schmidt-Alfred Loesdau: Die Januarkämpfe 1919 in Berlin. Schriftenreihe zur Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung. Berlin. Januar 1960, S. 35 u. 41 f.; Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution. Internationaler Arbeiter-Verlag Berlin. 1929, S. 304 (Abbildung „Karl Liebknechts letzte Fahrt"). 3 Vgl. Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution, a. a. O., S. 288. 4 Arbeiterpolitik. Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus Bremen (erschien: Juni 1916 bis Februar 1919. Leitung: Johann Knief). 5 Lichtstrahlen. Monatliches Bildungsorgan für denkende Arbeiter. Berlin (erschien: Februar 1914 bis Mai 1921, Leitung: Julian Borchardt). 6 Die Junge Garde. Zentralorgan der Sozialistischen Jugend Deutschlands. Berlin. Die Nr. 1 des 1. Jg. erschien am 27. November 1918. 7 Auch in der Barmer „Freien Presse" sollen politische Artikel von Werner Möller erschienen sein, die nicht eingesehen werden konnten. 8 Die Gedichte Werner Möllers wurden z. B. auch in die sehr umfangreiche, relativ viele Autoren repräsentierende Anthologie „Anklage und Botschaft. Die lyrische Aussage der Arbeiter seit 1900". Hannover 1969, nicht aufgenommen. Auch in der kürzlich erst erschienenen Anthologie „Deutsche Arbeiterdichtung 1910—1933". Stuttgart 1974, fehlt Werner Möller. 9 Werner Möller ist zwar im „Lexikon sozialistischer deutscher Li-
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teratur". Halle 1963, vertreten, aber im „Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller von den Anfangen bis zur Gegenwart". Leipzig 1967, gibt es diesen Autor nicht. In den spezielleren Anthologien ist die Auswahl der Gedichte nicht immer überzeugend. Bevorzugt wurden meist die abstrakt-deklamativen, die satirisch-konkreter gerichteten Gedichte mit ihren modernen operativen Strukturen wurden Icaum aufgenommen (vgl. z. B. die Auswahl in: Wir sind die rote Garde. Proletarisch-revolutionäre Literatur von 1914—1933. Herausgegeben von Dr. Edith Zenker. Leipzig 1959). 10 Geschichte der Deutschen Literatur, Bd. 9. Berlin 1974, S. 403f. 11 Alfred Klein: Im Auftrag ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller. Berlin und Weimar 1972, S. 51—59. 12 Vgl. zu diesem Problem die Ausführungen in: Geschichte der deutschen Literatur, a. a. O., S. 31 ff., S. 295ff., S. 342ff. 13 Vgl. das Vorwort des Herausgebers Friedrich Harjes zu „Krieg und Kampf". Gedichte von Werner Möller. Chemnitz 1919, S. 5f. 14 Am 26. Dezember 1918 erfolgte die spontane Besetzung des Berliner „Vorwärts" (vgl. Anmerkung 9) durch die revolutionären Arbeitermassen. Das Gebäude wurde schon am nächsten Tag wieder geräumt. Am 6. Januar 1919 erfolgte die erneute Besetzung durch Spartakisten. Seit diesem Tag stand der „Vorwärts" (nun mit dem Untertitel „Organ der revolutionären Arbeiterschaft Groß-Berlins") bis zum Überfall der Noske-Truppen am 11. Januar 1919 im Dienst der Revolution. U m eventuellen Irrtümern hinsichtlich der politischen Haltung Werner Möllers vorzubeugen, sollte man im „Lexikon sozialistischer deutscher Literatur" den Fakt, daß er Schriftleiter des „Vorwärts" war, präziser fassen. Möller war nie Schriftleiter des offiziellen Zentralorgans der rechten SPD-Führung, sondern nur für wenige Tage Schriftleiter des „Organs der revolutionären Arbeiterschaft Groß-Berlins". 15 Nach Friedrich Harjes, Vorwort zu „Krieg und K a m p f , a. a. O. 16 Vgl. den Nachruf auf Werner Möller in: Arbeiterpolitik. Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus. Nr. 5 vom 1. Februar 1919. 4 Jg. (enthalten im Anhang des vorliegenden Bandes). Dazu ein authentisches Zeugnis, einen Brief aus der Hand Frau Möllers, in: Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution, a. a. O., S. 288 und andere Augenzeugen, in: ebenda S. 288f. 17 Die Barmer „Freie Presse" war eine Tageszeitung, die im Umkreis von Barmen und Elberfeld gelesen wurde. Sie stand zeitweilig unter starkem Einfluß der linksgerichteten Zeitschrift „Arbeiterpolitik" (vgl. Anmerkung 2). 18 Nach Friedrich Harjes, Vorwort zu „Krieg und K a m p f , a. a. O. 19 W. I. Lenin: Werke, Bd. 21. Berlin 1960, S. 327f. Lenin konnte diese Zeitschrift in seinem 1915 veröffentlichten Aufsatz „Sozialismus und Krieg" noch in dieser Weise würdigen. Erst in den näch-
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sten Jahren erlangten sektiererische Tendenzen profilbestimmende Bedeutung für die Zeitschrift (vgl. vorliegende Einleitung, S. XL). Nach Friedrich Harjes, Vorwort zu „Krieg und K a m p f , a. a. O. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 3 (von 1917—1923). Berlin 1966, S. 54 f. Nach Friedrich Harjes, Vorwort zu ..Krieg und K;impf". a. a. O. Vgl. dazu auch die in der Einleitung folgenden Ausführungen auf S. XLII. Werner Möller (Pseudonym Werner Stauffacher): Zur Frage der Einheitsorganisation, In: Arbeiterpolitik, Nr. 34 vom 24. August 1919. 3. Jg., S. 206f. Nachruf auf Werner Möller. In: Arbeiterpolitik, a. a. O. Werner Möller: Bilder aus einer Gießerei. In: Sturmgesang. Proletarische Gedichte, Elberfeld 1913. Im vorliegenden Band S. 21. Vgl. dazu einen der Theoretiker der sogenannten Arbeiterdichter: K. H. Döscher: Die Ästhetik der schweligen Faust. In: Vorwärts. Nr. 96 vom 25. 4. 1912. 29. Jg. Alfred Klein: Im Auftrag ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller, a. a. O., S. 44 ff. Karl Bröger: Lied der Arbeit. In: Die singende Stadt. Nürnberg 1914, S. 10. Karl Bröger: Lied der Befreiten, a. a. O., S. 30. Werner Möller: Die Bergarbeiter 1911. In: Sturmgesang. Proletarische Gedichte, a. a. O. Im vorliegenden Band S. 30. Werner Möller: Nachruf. Ebenda S. 42. Clara Zetkin: Kunst und Proletariat..In: Über Kunst und Literatur. Berlin 1955, S. 109. Erstmalig erschienen in: Die Gleichheit. Beilage in Nr. 8. 21. Jg., 1910/11.
34 Werner Möller: Die Bergarbeiter 1911. In: Sturmgesang. Proletarische Gedichte, a. a. O., Im vorliegenden Band S. 30. 35 Werner Möller: Wacht auf! Ebenda S. 10. 36 Werner Möller: Das Wahlrecht her!; Wir!; Demonstration! Ebenda S. 9, S. 6, S. 9. 37 Werner Möller: Ausnahmegesetze? Ebenda S. 13. 38 Werner Möller: Verboten; Ein Loblied auf Preußen; Zarenreise. Ebenda S. 37, S. 32, S. 25. 39 Werner Möller: Du giltst als Lump, trotz alledem! Ebenda S. 7. 40 Werner Möller: Der Sturmwind und der Eichenbaum; Das Feuer im Walde; Der Mai. Ebenda S. 30, S. 33, S. 18. 41 Werner Möller: Sedan. Ebenda S. 16. 42 Werner Möller: An die Kriegshetzer. Ebenda S. 28. 43 Werner Möller: Kampfruf! Ebenda S. 5. 44 Werner Möller: Gebrüder Tod. In: Krieg und Kampf, a. a. O. Im vorliegenden Band S. 49.
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45 Vgl. dazu die Untersuchung von Alfred Klein: Im Auftrag ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller, a. a. O., S. 81 ff. 46 Werner Möller: Siegestaumel. In: Krieg und Kampf, a. a. O. Im vorliegenden Band S. 51. 47 Werner Möller: Die Parlamentarier. Ebenda S. 59. 48 Werner Möller: An den Reichstag. Ebenda S. 59. 49 In den „Lichtstrahlen" erschienen folgende Gedichte von Möller: „An die sinkende Sonne" und „Eule und Zeisig" (Nr. 12 vom 6. Juni 1915. 2. Jg., S. 2 5 5 0 ; „ K a m p f r u f (Nr. 14. 2. Jg., S. 280); „Der mutige Tyras" (Nr. 14. 2. Jg., S. 302Q; „Der Baum" (Nr. 1 vom 3. Oktober 1915. 3. Jg., S. 22); „Wir schreiten" (Nr. 2. 3. Ig., S. 47f); „Der Perpendikel" (Nr. 3. 3. Jg., S. 72); „Der Kommunismus" (Nr. 1, November 1918. 4. Jg., S. 23f); „Die Tribunen" (Nr. 2. 4. Jg., S. Ali). 50 In der „Arbeiterpolitik" erschien von Möller nur das Gedicht „Wort und Tat" (Nr. 52 vom 28. Dezember 1918. 3. Jg., S. 316). 51 Beide Zeitschriften, die „Lichtstrahlen" und die „Arbeiterpolitik", in verschiedenen Bibliotheken jeweils nur bruchstückhaft vorhanden, konnten insgesamt vollständig durchgesehen werden. 52 Franz Mehring: Parlament und Sozialdemokratie. In: Lichtstrahlen (Nr. 4. 1. Jg., S. 3). 53 Johannes R. Becher. Das poetische Prinzip. Berlin 1957, S. 178. 54 Julian Borchardt: Ein Sieg des Linksradikalismus. In: Lichtstrahlen (Nr. 7 vom 2. April 1916. 3. Jg., S. 148). 55 Julian Borchardt schrieb z. B„ „daß der Gedanke, durch die Tätigkeit der Führer die Geschichte der Massen zu lenken, ein rein bürgerlicher Gedanke i s t . . . " In: Lichtstrahlen. Nr. 2. 3. Jg., S. 36. Oder an anderer Stelle: „Worauf es ankommt, ist die Beseitigung jeglichen Führertums in der Arbeiterbewegung. Was wir brauchen, um je zum Sozialismus zu gelangen, ist reine Demokratie unter den Genossen, das heißt Gleichberechtigung, Selbständigkeit, Wille und Kraft zur eigenen Tat bei jedem Einzelnen." In: Arbeiterpolitik. Nr. 10. 2. Jg., S. 77. 56 Vgl. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bd. 2, a. a. O., S. 274 f. 57 Vgl. dazu den Aufruf der Bremer Linken in der „Arbeiterpolitik" Nr. 18 vom 5. Mai 1917, 2. Jg., und weiterhin die folgende Kritik zum Anschluß der Gruppe Internationale an die U S P D : „Aber wie wirkt, fragen wir, die Angehörigkeit Linksradikaler zu einer Partei, die sich dieser Verwirrung schuldig macht? Das wird die nächste Zeit lehren. Sie wird zeigen, daß, wenn sich revolutionäre Demokraten mit grundsatzlosen Opportunisten vereinigen, die zwischen Rechts und Links schwanken, die revolutionären Demokraten Haare lassen oder schnell das Bündnis auflösen müssen. In
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beiden Fällen leidet die Arbeiterbewegung. Sie wird verwirrt und geschwächt. Und dazu beigetragen zu haben, ist die große Schuld der Internationalen Gruppe." (Aus dem Artikel „Die ersten Schritte der Unabhängigen". In: Arbeiterpolitik, a. a. O. Nr. 20, 2. Jg., S. 154f.). Vgl. dazu auch: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, a. a. O., Bd. 3, S. 54f, S. 172, S. 312f. Arbeiterpolitik, a. a. O., Nr. 22 vom 2. Juni 1917. 2. Jg., S. 168. In diesem Sinne schrieb Julian Borchardt in seinem Artikel „Über die Bedeutung einer linksradikalen Partei": „Für uns sind Partei und Bewegung ein und dasselbe." In: Arbeiterpolitik, a . a . O . , Nr. 23 vom 9. Juni 1917. 2. Jg., S. 174. Werner Möller (Stauffacher): „Zur Frage der Einheitsorganisation". In: Arbeiterpolitik, a. a. O. Werner Möller (Stauffacher): „Zur Frage der Einheitsorganisation". In: Arbeiterpolitik, a. a. O., S. 207. Der Berliner Lokal-Anzeiger erschien seit seiner 2. Abendausgabe am 9. November 1918 mit dem Titel „Die Rote Fahne". Nach der am 31. Dezember erfolgten Konstituierung der Kommunistischen Partei Deutschlands wurde diese Zeitung ihr Zentralorgan. In diesem Sinne heißt es dort: „Denn schließlich war alle Welt, bis zu den reichsten Kommerzienräten, des Krieges und der Einschnürung der persönlichen Freiheit übersatt. Daher der überraschend schnelle Erfolg der Revolution. Aber dabei wird es nicht bleiben. Auf den Niederbruch folgt der Aufbau, und hierbei werden die Meinungen gar bald weit auseinandergehen . . ." Es wird dann in der sofortigen Orientierung auf den Aufbau des Kommunismus die Auffassung vertreten, „daß allein das kommunistische Wirtschaftssystem, d. h. das planmäßige, brüderliche Zusammenarbeiten aller, die Rettung aus den gegenwärtigen Nöten gewährleistet, während jedes Steckenbleiben in kapitalistischen Formen, wozu schon heute die liberalen Vertreter des Kapitals ihre Kräfte sammeln, neues Elend und neue grauenhafte Kriege über uns bringen muß." In: Lichtstrahlen, a. a. O., Nr. I. 4. Jg., S. 2f. In der Hoffnung auf einen Zusammenbruch des Wirtschaftslebens und darauf, daß die „herrschenden Gewalten sich abwirtschaften lassen" (Lichtstrahlen. Nr. 1 vom Oktober 1919. 5. Jg., S. 3), werden die Arbeiter aufgefordert, sich nicht an den Wahlen zu beteiligen und auch nicht im Kampf gegen Kapp auf die Straße zu gehen, sondern die Wirtschaft in ihre Hände zu nehmen. Die Politik wird als eine „Überbauerscheinung" für sekundär gehalten (vgl. Lichtstrahlen. a. a. O., Nr. 7. 5. Jg.). Die Distanzierung von der K P D erfolgte schon früher, indem betont wurde, daß die „Lichtstrahlen" kein Organ der Kommunistischen Partei sei, „in keiner Verbindung mit der Partei, wie wir auch umgekehrt für das, was die KP tut,
keine V e r a n t w o r t u n g t r a g e n . " (Lichtstrahlen, a. a. O., N r . 10 vom August 1919. 4. Jg.). 64 Werner M ö l l e r : Die deutsche Revolution. I n : Krieg u n d K a m p f , a. a. O. Im vorliegenden Band S. 64. 65 Werner M ö l l e r : Die Revolution. Ebenda S. 63. 66 Alfred Klein: Im A u f t r a g ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller, a. a. O., S. 59. 67 Clara Z e t k i n : K u n s t und Proletariat, a . a . O . , S. 109. 68 Ebenda, S. 111.
Anmerkung zu den Texten und Dokumenten
D e r vorliegende Band vereinigt alle bisher a u f g e f u n d e n e n Gedichte Werner Möllers. Ein N a c h l a ß existiert o f f e n b a r nicht. Den Hauptteil der S a m m l u n g bildet der vollständige A b d r u c k der beiden Gedichtb ä n d e „ S t u r m g e s a n g " u n d „ K r i e g und K a m p f . D a z u k o m m e n einige in die beiden S a m m l u n g e n nicht a u f g e n o m m e n e Gedichte, die in verschiedenen Zeitschriften neu a u f g e f u n d e n wurden. Z u r Lyrik Möllers liegt damit praktisch eine G e s a m t a u s g a b e vor. Der Band „ S t u r m g e s a n g " erschien 1913 mit d e m Untertitel „Proletarische Gedichte von W e r n e r Möller, B a r m e n " im Selbstverlag des Verfassers, in K o m m i s s i o n bei der sozialdemokratischen
Buchhand-
lung „Freie Presse", Elberfeld. „Krieg und K a m p f w u r d e 1919 von der „Chemitzer D r u c k - u n d Verlagsanstalt" h e r a u s g e b r a c h t ; der Innentitel verweist auf „ H a n d z e i c h n u n g e n von Heinrich Vogeler, W o r p s wede". Diese S a m m l u n g ist nach dem T o d e des Dichters von Friedrich H a r j e s zusammengestellt u n d mit einem Vorwort versehen w o r d e n ; die Zwischentitel Harjes
s t a m m e n also nicht vom A u t o r . D a s V o r w o r t
von
die bislang wichtigste Quelle zur Biographie des Dichters —
ist in die D o k u m e n t e a n h a n d des vorliegenden Bandes a u f g e n o m m e n worden. N ä h e r e A n g a b e n zu d e n Texten der Nachlese finden sich in den A n m e r k u n g e n zur Einleitung und im Quellenverzeichnis. Alle im A n h a n g a b g e d r u c k t e n D o k u m e n t e wurden ungekürzt Bei den Texten von
übernommen.
Möller handelt es sich u m die einzigen
in
den Zeitschriften „ L i c h t s t r a h l e n " und „ A r b e i t e r p o l i t i k " veröffentlichten publizistischen Arbeiten des Autors. Er sei jedoch
darauf
hingewiesen, d a ß mit Sicherheit weitere politische Artikel von W e r n e r Möller in der Barmer „ F r e i e n Presse", die nicht eingesehen werden konnte, a u f z u f i n d e n sein werden.
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Bibliographie Quellenangaben für die Werke von Werner Möller 1 Werner Möller: Sturmgesang. Proletarische Gedichte. Elberfeld 1913. 2 Werner Möller: Krieg und Kampf. Herausgegeben von Friedrich Harjes. Chemnitz 1919. 3 Lichtstrahlen. Monatliches Bildungsorgan für denkende Arbeiter. Berlin, mit folgenden Gedichten von Werner Möller, die bis auf zwei („Der mutige Tyras" und „Die Tribunen") in die Sammlungen „Sturmgesang. Proletarische Gedichte". Elberfeld 1913 und „Krieg und K a m p f . Cheihnitz 1919, aufgenommen wurden: „An die sinkende Sonne" und „Eule und Zeisig" (Nr. 12, 6. Juni 1915. 2. Jg., S. 2 5 5 0 ; „ K a m p f r u f " (Nr. 14. 2 Jg., S. 280); „Der mutige Tyras" (Nr. 14.2. Jg., S. 3 0 2 0 ; „Der Baum" (Nr. 1,3. Oktober 1915. 3. Jg., S. 22); „Wir schreiten" (Nr. 2. 3. Jg., S. 4 7 0 ; - D e r Perpendikel" (Nr. 3. 3. Jg., S. 72); „Der Kommunismus" (Nr. 1, November 1918. 4. Jg., S. 2 3 0 ; ..Die Tribunen" Nr. 2. 4. Jg., S. 4704 Arbeiterpolitik. Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus. Bremen, mit dem Gedicht „Wort und T a t " in: Nr. 52 vom 28. Dezember 1918, 3. Jg., 316. 5 Die Junge Garde. Zentralorgan der Sozialistischen Jugend Deutschlands. Berlin, mit dem Gedicht „Siegfried und der Drachen" in: Nr. 1, 27. November 1918. 1. Jg. In weiteren Jahrgängen dieser Zeitschrift finden sich noch Nachdrucke einiger Gedichte Werner Möllers. 6 Arbeiterpolitik. Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus, a. a. O., Nr. 34 vom 24. August 1918, 3. Jg., S. 206f. Zur Frage der Einheitsorganisation. Von Stauffacher (Werner Möller). 7 Arbeiterpolitik. Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus, a. a. O., Nr. 44 vom 2. November 1918. 3. Jg. Nachruf auf Fritz Frenken. Von Werner Stauffacher (Werner Möller). 8 Wir sind die rote Garde. Proletarisch-revolutionäre Literatur 1914—1933. Herausgegeben von Dr. Edith Zenker. Leipzig 1959. Literatur über Leben und Werk Werner
Möllers
1 Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution. Berlin 1929, S. 215 -311. 2 Heinz Schmidt — Alfred Loesdau: Die Januarkämpfe 1919 in Berlin. Schriftenreihe zur Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung, Berlin i960. 3 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bd. 2 und 3, Berlin 1966.
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4 Heinz Wohlgemuth: Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung von der Jahrhundertwende bis 1917. Berlin 1963. 5 Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Halle 1963, S. 363 f. 6 Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 9. Vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis 1917. Von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Hans Kaufmann unter Mitarbeit von Silvia Schlenstedt. Berlin 1974, S. 4 0 3 - 4 0 6 . 7 Alfred Klein: Im Auftrage ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller. Berlin und Weimar 1972, S. 13 bis 126. 8 Wolfgang Büttner: Hart ist dein Klang, weil Kampf dich geboren. In: Neues Deutschland. Nr. 15, 1969, S. 4.
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ALS NÄCHSTE BÄNDE FOLGEN
Frühe sozialistische satirische Lyrik aus den Zeitschriften „Der wahre Jakob" und „Süddeutscher Postillon" Herausgegeben von Norbert Rothe G. M. Scaevola. Gedichte und Stücke Herausgegeben von Gudrun und Hans Heinrich Klatt Aus dem Klassenkampf (Gedichtsammlung, München 1893) Herausgegeben von Klaus Völkerling Lyrisches Feuilleton im „ Volksstaat" Herausgegeben von Reinhard Weisbach
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In der Reihe
„Textausgaben zur frühen sozialistischen Literatur in Deutschland' 4 sind bisher erschienen:
Band I Gedichte über Marx und Engels Herausgegeben von M A N F R E D HÄCKEL (vergriffen) Band II Robert SchweicheI — Erzältlungen (vergriffen) Band I i i Aus den Anfängen der sozialistischen Dramatik I Herausgegeben von URSULA MÜNCHOW (vergriffen) Band IV Minna Kautsky Auswahl aus ihrem Werk Herausgegeben von CÄCILIA FRIEDRICH Band V Aus den Anfängen der sozialistischen Dramatik II Herausgegeben von URSULA MÜNCHOW (vergriffen) Band VI Rudolf Lavant — Gedichte Herausgegeben von HANS UHLIG Band VII August Otto-Walster — Leben und Werk Eine Auswahl mit unveröffentlichten Briefen an Karl Marx Herausgegeben von W O L F G A N G FRIEDRICH Band~VIII Aus dem Schaffen früher sozialistischer Schriftstellerinnen Herausgegeben von CÄCILIA FRIEDRICH Band IX Ernst Preczang Auswahl aus seinem Werk Herausgegeben von HELGA HERTING Band X Leopold Jacoby Auswahl abs seinem Werk Herausgegeben von M A N F R E D HÄCKEL
Band XI Aus den Anfängen der sozialistischen Dramatik III Herausgegeben von U R S U L A M Ü N C H O W Band XII Frühes Leipziger Arbeitertheater — Friedrich Bosse Herausgegeben von GUSTAV S C H R Ö D E R (vergriffen) Band XIII Max Kegel Auswahl aus seinem Werk Herausgegeben von KLAUS VÖLKERLI MG iBandXlV Kalendergeschichten und kleine Erzählstücke Herausgegeben von CÄCIL1A F R I E D R I C H (vergriffen) Band XV Otto Krille — Unter dem Joch Die Geschichte einer Jugend Herausgegeben von URSULA M Ü N C H O W Band XVI Ein deutscher Chansonnier Aus dem Schaffen Adolf Lepps Herausgegeben von URSULA M Ü N C H O W und K U R T LAUBE
AKADEMIE-VERLAG
BERLIN