Strömungsmesstechnik [2 ed.] 3540209905, 9783540209904

Die Meßverfahren werden erläutert sowie deren praktische Anwendung, den Stärken und Grenzen der Meßverfahren, beschriebe

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German Pages 238 [235] Year 2006

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Strömungsmesstechnik [2 ed.]
 3540209905, 9783540209904

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Wolfgang Nitsche · André Brunn Strömungsmesstechnik

Wolfgang Nitsche · André Brunn

Strömungsmesstechnik 2., aktualisierte und bearbeitete Auflage mit 270 Abbildungen

13

Professor Dr.-Ing. Wolfgang Nitsche Dr.-Ing. André Brunn Technische Universität Berlin Institut für Luft- und Raumfahrt Fachgebiet Aerodynamik Marchstraße 12–14 10587 Berlin [email protected] andré[email protected]

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN–10 3-540-20990-5 Berlin Heidelberg New York ISBN–13 978-3-540-20990-4 Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. din, vdi, vde) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Umschlaggestaltung: medionet AG, Berlin Satz: Digitale Druckvorlage des Autors Gedruckt auf säurefreiem Papier

68/3020/m

-543210

Vorwort zur zweiten Auflage

¨ Uber zehn Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage legen wir nun eine erweiterte Zweitauflage der Str¨omungsmesstechnik” vor. Bew¨ahrtes wurde dabei belassen, ” neu hinzugenommen wurden insbesondere einige aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der bildgebenden Messverfahren, wie z.B. der Particle Image Velocimetry (PIV), der drucksensitiven Farben oder der Infrarot-Thermografie. Die Hauptzielrichtung des Buches bleibt aber unver¨andert, n¨amlich Studierenden und Anwendern ¨ einen schnellen Uberblick u ¨ber die g¨angigen Versuchstechniken und Messverfahren der Aerodynamik und Str¨omungstechnik zu geben, der dann u ¨ber Spezialliteratur gegebenenfalls zu vertiefen ist. Der Ausbau speziell der laseroptischen Kapitel einschließlich PIV, Bildauswertung und Signalanalyse war nur m¨oglich, weil ich in meinem langj¨ahrigen Mitarbeiter Dr. Andr´e Brunn einen hochkompetenten Co-Autor gefunden habe, der diese Kapitel maßgeblich gepr¨agt hat. Daf¨ ur sei Herrn Dr. Brunn an dieser Stelle ganz herzlich gedankt. Auch andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen meiner Aerodynamik-Arbeitsgruppe an der TU Berlin haben bei der Gestaltung des Buches maßgeblich mitgewirkt. Zu nennen sind hier in vorderster Reihe Frau Dr. Inken Peltzer auf dem Gebiet der Flugmesstechnik, Herr Dr. Matthias Reyer auf dem Sektor der Infrarot-Thermografie und Herr Dr. Oliver Burkhardt auf dem Feld der thermoelektrischen Oberfl¨achenmessverfahren. Der Springer Verlag in Gestalt von Herrn Thomas Lehnert war wie immer freundlich und nachsichtig, auch wenn es wieder um eine Terminverschiebung ging. F¨ ur seine gute Unterst¨ utzung sei auch ihm daher herzlich gedankt.

Wolfgang Nitsche

Berlin, Oktober 2005

Vorwort zur ersten Auflage

Dieses Buch entstand auf der Basis von Vorlesungen am Institut f¨ ur Luft- und Raumfahrt der Technischen Universit¨at Berlin, die ich, beginnend mit dem Wintersemester 84/85, unter den Titeln Aerodynamische Messtechnik”, Aerothermodynamik (Ex” ” perimentelle Methoden)” und Aerodynamik” gehalten habe. Es wendet sich daher ” auch vorzugsweise an Studenten und Ingenieure der Fachrichtungen Aerodynamik und Str¨omungstechnik und versteht sich sowohl als vertiefende Einf¨ uhrung in die Materie der Str¨omungsmesstechnik als auch als einfaches Nachschlagewerk. Nach einigen einf¨ uhrenden Bemerkungen zu den prim¨aren Aufgaben der Str¨omungsmesstechnik gliedert sich das Buch zun¨achst in f¨ unf methodenorientierte Kapitel u ¨ber die Messung von Druck, Geschwindigkeit, Wandschubspannung und Temperatur sowie zum Thema Str¨omungsvisualisierung. Diese Kapitel konzentrieren sich inhaltlich kurz auf die erforderlichen Definitionen zu den jeweils behandelten Messgr¨oßen und dann schwerpunktm¨aßig auf die physikalischen Grundlagen daf¨ ur geeigneter Messverfahren einschließlich deren Umsetzung in Form von Sensoren, Sonden oder Messger¨aten. Insbesondere werden auch Fragen der Kalibrierung und der praktischen Anwendung bei Str¨omungsexperimenten angesprochen. Daran anschließend findet sich dann ein anwendungsorientiertes Kapitel u ¨ber spezielle messtechnische Probleme bei Grenzschichtmessungen, und am Ende des Buches wird in dem Kapitel Versuchsanlagen ein kurzer Abriss u ¨ber existierende Versuchsanlagen, d. h. im wesentlichen u ¨ber Windkan¨ale, gegeben. Bei der Zusammenstellung und Abfassung dieses Buches haben mich sowohl meine Wissenschaftlichen Mitarbeiter als auch zahlreiche Studenten tatkr¨aftig unterst¨ utzt. F¨ ur diese Unterst¨ utzung bedanke ich mich bei allen Beteiligten sehr herzlich. Ganz besonderer Dank gilt meinem langj¨ahrigen Assistenten, Herrn Dr. Ing. Marius Swoboda, dem ich neben seiner allgemeinen Unterst¨ utzung bei der Erstellung des Buches insbesondere auch das Kapitel Str¨omungsvisualisierung” verdanke. Zu großem Dank ” verpflichtet bin ich ferner Frau Claudia Jacobs, die den Großteil der Textverarbeitung u ¨bernommen hat, und auch Frau Gabriele Schwarzer, die einen Teil der Zeichnungen erstellt und bei der graphischen Gestaltung des Buches mitgewirkt hat. Last not least danke ich den Herren Dr. H. Riedesel und Th. Lehnert vom Springer-Verlag f¨ ur die gute und geduldige Zusammenarbeit.

Wolfgang Nitsche

Berlin, November 1993

Inhaltsverzeichnis Bezeichnungen

xii

1 Einf¨ uhrung

1

2 Druckmessung

7

2.1

Bezeichnungen und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.2

Messung des Wanddruckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.3

Druckmesssonden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4

8

2.3.1

Gesamtdrucksonden

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.3.2

Sonden f¨ ur den statischen Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.3.3

Differenzdrucksonden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Druckmessger¨ate und -aufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4.1

Fl¨ ussigkeitsmanometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.4.2

Elektromechanische Druckaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . 24

2.5

Drucksensitive Farben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

2.6

Messung von Wanddruckschwankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.6.1

Wandmikrofone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

2.6.2

Polymer-Sensor-Folien (Piezo-Folien) . . . . . . . . . . . . . . 35

3 Geschwindigkeitsmessung

41

3.1

Bezeichnungen und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

3.2

Geschwindigkeitsmessung mit Drucksonden . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.3

Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren . . . . . . . . . . . 48

3.4

3.3.1

Hitzdrahtanemometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.3.2

Pulsdrahtanemometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Optische Geschwindigkeitsmessverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 59

x

Inhaltsverzeichnis 3.4.1

Laser-Doppler-Anemometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

3.4.2

Laser-2 Fokus-Anemometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

3.4.3

Particle-Image-Velocimetry . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

3.4.4

Laser-Speckle-Anemometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

3.4.5

Teilchenfolgeverm¨ogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

4 Wandreibungsmessung

79

4.1

Bezeichnungen und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

4.2

Mechanische Verfahren (Wandschubspannungswaagen) . . . . . . . . 84

4.3

Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren . . . . . . . . . . . . 87

4.4

4.5

4.3.1

Oberfl¨achenheißfilmtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

4.3.2

Ober߬achenhitzdraht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

4.3.3

Wandpulsdraht- und Wandhitzdrahttechnik . . . . . . . . . . 94

4.3.4

Mikrotechnologie, Mikrosensorik . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

4.3.5

Vergleich der thermoelektrischen Verfahren . . . . . . . . . . . 101

Wandreibungsmessung mit Drucksonden . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.4.1

Preston-Rohr-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

4.4.2

Ober߬achenzaun, Stantonsonde und Ober߬achendraht . . . . . 111

Optische Wandreibungsmessverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4.5.1

¨ Olfilm-Laserinterferometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

4.5.2

Wandgradienten-LDA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

5 Temperaturmessung

124

5.1

Bezeichnungen und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

5.2

Thermoelektrische Temperaturmessverfahren . . . . . . . . . . . . . . 129

5.3

5.2.1

Thermoelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

5.2.2

Widerstandsthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

Messung von Ober߬achentemperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 5.3.1

Infrarot-Thermografie

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

5.3.2

Fl¨ ussigkristalltechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Inhaltsverzeichnis 6 Str¨ omungssichtbarmachung 6.1

6.2

6.3

xi 154

Ober߬achenvisualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 6.1.1

Woll- oder Textilf¨aden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

6.1.2

Anstrichverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

Visualisierung durch Partikelzugabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 6.2.1

Laserlichtschnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

6.2.2

Farbfadenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

6.2.3

Elektrochemische Visualisierungsverfahren . . . . . . . . . . . 163

Optische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 6.3.1

Schlieren-/ Schattenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

6.3.2

Interferometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

7 Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik

177

7.1

Wandinterferenzen bei Geschwindigkeits- und Druckmessung . . . . . 177

7.2

Messtechnische Probleme bei Abl¨osungen . . . . . . . . . . . . . . . . 181 7.2.1

Geschwindigkeitsmessungen in Str¨omungen mit Abl¨osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

7.2.2

Wandschubspannungsmessungen in Str¨omungen mit Abl¨osung 184

8 Signalanalyse

189

8.1

Messwertaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

8.2

Analyse von Messwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

8.3

8.2.1

Statistische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

8.2.2

Fourier-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

8.2.3

Simultan-Signalanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

8.2.4

Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

Visualisierung von Str¨omungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

9 Versuchsanlagen

203

9.1

Allgemeine Windkanalkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

9.2

Unterschallkan¨ale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

9.3

¨ Transsonik- und Uberschallkan¨ ale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

9.4

Hochdruck und Kryokan¨ale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

Farbtafeln

215

Index

219

Bezeichnungen Symbol

Einheit

Bezeichnung

Arabische Buchstaben a a A A, A0 B, B0 cp cp

[m/s] [m2 /s] [N] [-] [-] [-] [J/kg K]

cv

[J/kg K]

cf C C0 , Ci d, D df D3i f F FT g h i I k l, L M n n0 NT N OHR p p0 q

[-] [F] [-] [m] [m] [-] [Hz] [m2 ] [-] [m/s2 ] [m] [◦ ] [A] [m2 /s2 ] [m] [g/mol] [-] [-] [-] [W] [-] [Pa] [Pa] [Pa]

Schallgeschwindigkeit Temperaturleitzahl Auftrieb Konstanten Konstanten Druckbeiwert spezifische W¨armekapazit¨at bei konstantem Druck spezifische W¨armekapazit¨at bei konstantem Volumen Reibungsbeiwert Kapazit¨at Konstanten Durchmesser Streifenabstand piezoelektrische Konstanten Frequenz Fl¨ache Korrekturfaktor Erdbeschleunigung H¨ohe, Dicke Einfallswinkel des Lasers Stromst¨arke turbulente kinetische Energie L¨ange Molmasse Kontraktionsverh¨altnis Brechungsindex Taktzahl Leistung ¨ Uberhitzungsverh¨ altnis Druck, statischer Gesamtdruck dynamischer Druck

Bezeichnungen

xiii

q˙ Q Q˙ k Q˙ e Q˙ l r r RMS R R R R0 RB RS s t T T0 Tu u

[W/m2 ] [C] [W] [W] [W] [◦ ] [-] [-] [N] [J/kg K] [Ω] [Ω] [Ω] [Ω] [m] [s] [K] [K] [%] [m/s]

uτ U UB Uk v

[m/s] [V] [V] [V] [m/s]

w

[m/s]

W WD WR x, y, z

[N] [N] [N] [-]

W¨armestromdichte elektrische Ladung konvektive W¨arme elektrische W¨arme Leitungsw¨arme Brechungswinkel Recoveryfaktor Root-Mean-Square-Wert resultierende Kraft Gaskonstante elektrischer Widerstand Operationswiderstand Br¨ uckenwiderstand Abgleichwiderstand Abstand Zeit Temperatur, statische Gesamttemperatur Turbulenzgrad Str¨omungsgeschwindigkeit in Hauptstr¨omungsrichtung Schubspannungsgeschwindigkeit Spannung Br¨ uckenspannung Kompensationsspannung Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Hauptstr¨omungsrichtung Geschwindigkeitskomponente quer zur Hauptstr¨omungsrichtung Str¨omungswiderstand Druckwiderstand Reibungswiderstand Koordinaten

Griechische Buchstaben α α α β βq δ δ x h p  ϕ

[◦ ] [◦ ] [W/m2 K] [◦ ] [W/mK] [m] [◦ ] [m] [m] [Pa] [-] [◦ ]

Anstellwinkel Stoßwinkel W¨arme¨ ubergangskoeffizient Str¨omungswinkel W¨armestromparameter Grenzschichtdicke Drehwinkel Verschiebung geometrischer Fehler Druckdifferenz Emissionsgrad Schiebewinkel, Pfeilungswinkel

xiv

Bezeichnungen κ λ λ µ ν ρ θ T ζ τ

[-] [m] [W/mK] [kg/ms] [m2 /s] [kg/m3 ] [◦ ] [-] [-] [N/m2 ]

Adiabatenexponent Wellenl¨ange W¨armeleitf¨ahigkeit dynamische Viskosit¨at kinematische Viskosit¨at Dichte Kreuzungswinkel Spannungstensor Verlustfaktor Schubspannung

Kennzahlen N u = α · λl M = ua P r = νa Re = u · νl Nu St = Re·P r

Nußelt-Zahl Mach-Zahl Prandtl-Zahl Reynolds-Zahl Stanton-Zahl

Indizes 0 a BN E eff i m N P S t t, T T w ∞ ˆ 

+

Basis, Gesamtwert ¨außere Gr¨oße Binormalen - Gr¨oße Equilibrium Effektivwert innere Gr¨oße molekulare Gr¨oße Normalen - Gr¨oße bez. auf Preston-Rohr bez. auf Stanton-Sonde turbulente Gr¨oße tangentiale Gr¨oße bez. auf Temperatur bez. auf Wand bez. auf die ungest¨orte Anstr¨omung Gr¨oßen hinter dem Stoß Schwankungsgr¨oßen dimensionslose Gr¨oßen

1. Einfu ¨ hrung Die experimentelle Str¨omungmechanik hat in den zur¨ uckliegenden Jahren ganz erhebliche Fortschritte gemacht, die sowohl aus Entwicklungen auf dem Gebiet der Messphysik - z.B. der verbreiteten Einf¨ uhrung ber¨ uhrungsloser und auch bildgebender Messverfahren - als auch der zunehmenden Automatisierung von Signalerfassung, Versuchssteuerung und Auswertung durch immer leistungsf¨ahigere Messrechner resultieren. Letzterer Aspekt ist dabei von erheblichem Einfluss auf die allgemeine Versuchstechnik, auf das Einsatzspektrum von Messverfahren und teilweise auch auf die Messtechniken selbst. Beispielsweise ist es durch diese Entwicklung m¨oglich geworden, eine Vielzahl von Str¨omungsparametern bzw. ein ganzes Str¨omungsfeld simultan zu erfassen, was f¨ ur die Beurteilung von komplexen Str¨omungsvorg¨angen von großer Bedeutung sein kann. In Hinblick auf das Einsatzspektrum sowie auf die Messtechniken selbst ist durch die mittlerweile standardm¨aßige Einbindung schneller Mikroprozessoren in die Messwerterfassung ebenfalls ein großer Entwicklungssprung erfolgt. Das gilt sowohl ganz allgemein in Hinblick auf die Entwicklung und den Einsatz interaktiver, rechnerunterst¨ utzter Messverfahren als auch speziell f¨ ur Messaufgaben, die eine besonders hohe zeitliche Aufl¨osung erfordern, z.B. die Erfassung instation¨arer/zeitabh¨angiger Str¨omungsgr¨oßen, durch die z.B. auf dem Gebiet der turbulenten Str¨omungen ein vertiefter Einblick in die Str¨omungsstrukturen m¨oglich geworden ist. Unter Einbeziehung dieser Entwicklungen, die ihren angemessenen Raum in der experimentellen Str¨omungsforschung weiter ausbauen werden, konzentriert sich die Str¨omungsmesstechnik aber weiterhin prim¨ar auf ihre klassischen Aufgabenstellungen, d.h. auf die versuchstechnische Ermittlung der gesamten Str¨omungsparameter, die zur Beschreibung oder Interpretation von komplexen Str¨omungsfeldern bekannt sein m¨ ussen. Zu den Aufgaben geh¨ort dabei insbesondere auch, praktikable Messverfahren und Methoden bereitzustellen bzw. zu entwickeln, mit denen sich z.B. sowohl die resultierenden Kr¨afte, die eine Str¨omung auf einen Str¨omungsk¨orper aus¨ ubt (Druck- und Reibungskr¨afte), als auch das Str¨omungsfeld selbst (Geschwindigkeitsfeld nach Betrag und Richtung, Temperaturfeld, Turbulenzgr¨oßen) einschließlich der str¨omungsmechanischen bzw. thermodynamischen Randbedingungen (Druckverteiubergang) zuverl¨assig bestimmen lassen. lung, Wandschubspannung, W¨arme¨

2

1. Einf¨ uhrung

Am Beispiel der Kr¨aftebilanz an einem Tragfl¨ ugelprofil, Bild 1.1, k¨onnen diese elementaren Aufgabenstellungen sehr einfach umrissen werden: Gesucht sind in erster Linie die Kraftkomponenten Auftrieb, Druckwiderstand und Reibungswiderstand, die in ihrer Summe die auf das Tragfl¨ ugelprofil wirkende resultierende Kraft-nach Betrag und Richtung-in Abh¨angigkeit von der Anstr¨omgeschwindigkeit und dem Anstellwinkel des Profils liefern. WD

WR WD Druckwiderstand WR Reibungswiderstand

A

R

A

Auftrieb

R Resultierende Kraft

u

Bild 1.1: Integrale Kr¨aftebilanz um ein Tragfl¨ ugelprofil

Diese Kr¨afte greifen nat¨ urlich nicht punktuell im Schwerpunkt des Profils an, sondern wirken verteilt u ¨ber die gesamte Profiloberfl¨ache entweder als Normalkr¨afte (Druck) oder Tangentialkr¨afte (Reibung). Erst durch Integration dieser Verteilungen u ¨ber die Profiloberfl¨ache lassen sich die vektoriellen Gesamtkr¨afte einschließlich des Kraftangriffspunktes definieren. Um nun die charakteristischen Eigenschaften eines Str¨omungsprofils detailliert beurteilen zu k¨onnen, gen¨ ugt es meist nicht, diese Kr¨afte von vornherein nur integral zu betrachten, sondern es werden in der Regel Versuche erforderlich, mit denen die Verteilung der Druck- und Reibungskr¨afte u ¨ber das Profil bestimmt werden kann. Als typisches Beispiel f¨ ur derartige Experimente im Bereich der klassischen Flugzeugaerodynamik sind in Bild 1.2 die gemessene Druckverteilung und die Wandschubspannungsverteilung an einem Tragfl¨ ugelschnitt eines Windkanalmodells dargestellt (M 1:l0 - Modell eines AIRBUS A 310). Aus den Versuchsergebnissen lassen sich zun¨achst Aussagen u ¨ber die lokalen Druck- und Reibungskr¨afte entlang der Profiloberfl¨ache treffen, durch Summation u ¨ber das Profil insgesamt dann aber auch wieder die integralen Gr¨oßen wie Auftrieb, Druckwiderstand und Reibungswiderstand bestimmen. Diese Versuchsergebnisse k¨onnen dann in Relation zu den Versuchsparametern gesetzt werden (Anstellwinkel, Schiebewinkel, Mach-Zahl, Reynolds-Zahl) und erm¨oglichen eine systematische Klassifizierung der Profileigenschaften bei unterschiedlichen Str¨omungsrandbedingungen. Ein weiterer elementarer Anwendungsschwerpunkt der praktischen Str¨omungsmesstechnik liegt zweifelsohne in der Bestimmung des zeitlich gemittelten Str¨omungsfeldes an umstr¨omten bzw. in durchstr¨omten K¨orpern, Bild 1.3. Prim¨ares Ziel derartiger Versuche ist es, das Geschwindigkeitsfeld um einen K¨orper experimentell zu analysieren, um dar¨ uber u.a. Aussagen u ¨ber die Wechselwirkung zwischen Str¨omungsk¨orper und Str¨omung treffen zu k¨onnen. Derartige Feldvermessungen k¨onnen bereits einen sehr detaillierten Einsatz geeigneter Geschwindigkeitsmessverfahren erfordern (Messung der einzelnen Geschwindigkeitskomponenten nach Betrag und Richtung) und erfolgen sinnvollerweise in Kombination mit Experimenten zur Str¨omungssichtbarmachung.

4600

3

A 310 / DNW x/c a

h=0.59

Bild 1.2: Wandreibungs- und Druckverteilung an einem Tragfl¨ ugelprofil eines Windkanalmodells (AIRBUS A 310) y x

u

c

v

Stromlinien Geschwindigkeitskomponenten - u,v

Bild 1.3: Mittleres Str¨omungsfeld und Geschwindigkeitskomponenten Im Sinne einer Erweiterung der in Bild 1.3 skizzierten Aufgabenstellung konzentrieren sich Experimente zur Bestimmung des mittleren Str¨omungsfeldes verst¨arkt auch auf wandnahe Messungen der lokalen Geschwindigkeit und gegebenenfalls auch der Temperatur, da in unmittelbarer N¨ahe fester W¨ande die st¨arkste Wechselwirkung zwischen Str¨omung und Str¨omungsk¨orper besteht, die zu ausgepr¨agten Grenzschichtbereichen mit großen Geschwindigkeits- respektive Temperaturgradienten f¨ uhrt (Bild 1.4). Dieser wandnahe Bereich ist auf der Str¨omungsseite durch das Außenfeld der Str¨omung und auf der Wandseite durch die Wandhaftbedingung (Geschwindigkeitsfeld mit uw = 0) charakterisiert. Er ist bei Str¨omungsexperimenten insofern von besonderem Interesse, als dass diese Randbedingungen gleichzeitig die entsprechend Bild 1.1 und 1.2 auf den K¨orper wirkenden Kr¨afte widerspiegeln, z.B. die auf die K¨orperoberfl¨ache wirkende Wandschubspannung mit dem Schubspannungsansatz τw = µ( du ) . dy w

4

1. Einf¨ uhrung

Vergleichbar damit sind die Randbedingungen des - falls vorhanden - u ¨berlagerten Temperaturfeldes der Str¨omung mit T = Tw und der resultierenden W¨armestromdichte q˙w = λ( dT ) (Bild 1.4). dy w Temperaturgrenzschicht

Geschwindigkeitsgrenzschicht

y

u:

Heizung

Kühlung

y

y

T:

T:

FLUID

u(y)

T(y)

T(y)

TWand

tWand

WAND

qWand

qWand

Randbedingungen: Wandreibung

Wärmestrom

du tWand = m. dy

qWand = lWand. dT dy

Wand

Wand

Bild 1.4: Randbedingungen an der Wand Den experimentellen Untersuchungen zu den Randbedingungen eines Str¨omungsfeldes und zu den wandnahen Geschwindigkeits- und Temperaturverteilungen kommt noch eine erweiterte Bedeutung zu, da durch derartige Experimente auch semiempirische Ans¨atze zu den Grenzschichtgesetzm¨aßigkeiten u uft oder auch ver¨berpr¨ vollst¨andigt werden k¨onnen, wie in Bild 1.5 f¨ ur das Beispiel einer ebenen, turbulenten Plattengrenzschicht mit aufgepr¨agtem W¨armestrom gezeigt ist (βq , Wandw¨armestromparameter). Aus derartigen Messungen lassen sich insbesondere freie Konstanten in den theoretischen Ans¨atzen zu den Wandgesetzen fixieren. In einem weiteren Schritt lassen sich aus gezielten Grenzschichtmessreihen dann auch systematische Abh¨angigkeiten wandnaher Geschwindigkeitsverteilungen von zus¨atzlichen Einflussparametern, z.B. vom Wandw¨armestrom oder auch Druckgradienten, formulieren.

30

0,06429

Van Driest

u u+ = u t Dimensionslose Geschwindigkeit

0,03508

Rotta (asymptotisch) q× W bq = ¾ (r× cp× T)W× ut

0,00275 bq=0

20

-0,02072

10

0

10

0

101

TF [K]

TF / TW

ud [m/s]

q× [W/m2]

628,7 472,9 301,1 316,2

2,08 1,59 1,05 0,67

9,3 9,51 9,48 10,17

7940 4845 435 -4064

102

Dimensionsloser Wandabstand

103 +

yW =

104

u t .y n

Bild 1.5: Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetz stark nichtadiabater, turbulenter Wandgrenzschichten

5 Im Zuge der großen Fortschritte auf dem Gebiet der numerischen Str¨omungsmechanik ist auch f¨ ur die Messtechnik neben den vorstehend skizzierten Standardaufgaben insofern eine erweiterte Aufgabenstellung hinzugekommen, als dass f¨ ur eine vollst¨andige Verifikation der Berechnungen eine Vielzahl experimenteller Daten erforderlich sind. Die Komplexit¨at derartiger Messaufgaben ergibt sich dabei aus der Notwendigkeit, sowohl die globalen Str¨omungsparameter, z.B. das Druck-, Geschwindigkeitsund Temperaturfeld, als auch besonders relevante Details einer Str¨omung zu vergleichen, beispielsweise die numerische Simulation turbulenter Transportvorg¨ange durch ein bestimmtes Turbulenzmodell. In Bild 1.6 sind als typisches Beispiel f¨ ur derartige vergleichende Untersuchungen experimentelle und numerische Ergebnisse gezeigt, ¨ die eine Diffusorstr¨omung mit ver¨anderlichem Offnungswinkel behandeln. 18°-Diffusor

Axialgeschwindigkeit u

Normalspannung u’u’

90°-Diffusor

Axialgeschwindigkeit u

Normalspannung u’u’ Experiment Simulation

Bild 1.6: Str¨omungsfeldmessungen im Vergleich zu numerischen Ergebnissen (LESRechnungen nach S. Schmidt) f¨ ur zwei axialsymmetrische Diffusorkonfigurationen Die Zusammenstellung zeigt f¨ ur einen 18◦ - und einen 90◦ -Diffusor (¨ uberkritische Diffusoren mit Str¨omungsabl¨osung) jeweils die Geschwindigkeitskomponenten in Hauptstr¨omungsrichtung (Axialgeschwindigkeit u) und die Verteilung der Reynolds’schen Normalspannungen (u u ) an mehreren Schnitten des Str¨omungsfeldes. Die Messdaten sind jeweils verglichen mit numerischen Ergebnissen aus einer GrobstrukturSimulation (LES), die mit Hilfe eines Finite-Volumen-Verfahrens gewonnen wurden. Derartige Feldmessungen, die zu einem festen Bestandteil der experimentellen Str¨omungforschung geworden sind, stellen bereits hohe Anspr¨ uche an die Messtechnik, da hierbei eine große Zahl von unterschiedlichen Str¨omungsparametern sowohl als absolute Gr¨oßen als auch als zeitlich gemittelte Schwankungsgr¨oßen (z.B. Reynoldsspannungen) gemessen werden m¨ ussen. Dar¨ uber hinaus erfordern solche Untersuchungen den Einsatz von sowohl zeitlich als auch ¨ortlich hochaufl¨osenden Messverfahren, um der Komplexit¨at und der Dynamik des Str¨omungsfeldes Rechnung zu tragen.

6

1. Einf¨ uhrung

Aus diesen Anforderungen haben sich die leistungsf¨ahigen bildgebenden Messverfahren, wie beispielsweise die Particle-Image-Velocimetry (PIV, Bild 1.7) oder die drucksensitiven Farben (Bild 1.8) entwickelt und sich bereits zum großen Teil in der Forschung und Entwicklung etabliert.

Bild 1.7: Instation¨ares Geschwindigkeitsfeld (Momentaufnahme) einer axialsymmetrischen Diffusorstr¨omung mit der Particle-Image-Velocimetry (PIV) gemessen ¨ Die vorstehenden Bemerkungen k¨onnen nat¨ urlich nur einen ersten groben Uberblick u ¨ber die vielf¨altigen Aufgabenstellungen in der experimentellen Str¨omungstechnik geben. Aus der F¨ ulle der Problemstellungen auf den Gebieten der angewandten Str¨omungsforschung als auch der Grundlagenforschung ergeben sich dar¨ uber hinaus st¨andig neuartige Anforderungen an Str¨omungsmessverfahren, f¨ ur die auch die Messphysik Antworten bereitstellen muss. Als Beispiele seien hier Untersuchungen auf dem Gebiet der instation¨aren oder instabilen Str¨omungen genannt, die neue Anforderungen hinsichtlich des zeitlichen Aufl¨osungsverm¨ogens der einzusetzenden Messverfahren stellen.

Bild 1.8: Vergleich eines bildgebenden Messverfahrens (hier drucksensitive Farben, linke Modellh¨alfte) mit einer numerischen Simulation der Wanddruckverteilung (rechts) in transsonischer Str¨omung (M. Sellers, AEDC) Diese einf¨ uhrenden Bemerkungen zu den schwerpunktm¨aßigen Aufgabenstellungen der experimentellen Str¨omungstechnik seien noch durch folgende kritische Bemerkung zu den jeweils einzusetzenden Methoden erg¨anzt. Bei all den genannten Problemstellungen und Anwendungen kommt es f¨ ur den Experimentator sicherlich darauf an, die gew¨ unschte Str¨omungsinformation so pr¨azise wie m¨oglich zu ermitteln. Gleichermaßen gilt aber die Aufforderung, den experimentellen Aufwand auf das notwendige Maß zu beschr¨anken, d.h. auf den Einsatz m¨oglichst einfacher und damit auch praktikabler Messverfahren. Nur damit l¨asst sich sicherstellen, dass der Versuch (Zweck) nicht durch die eingesetzten Verfahren (Mittel) geheiligt wird.

2. Druckmessung Die Bedeutung der Druckmesstechnik f¨ ur die experimentelle Str¨omungsmechanik folgt bereits aus der Tatsache, dass der Druck eine thermodynamische Zustandsgr¨oße ist, die z.B. zur Dichtebestimmung eines gasf¨ormigen Fluids mit Hilfe der idealen Gasgleichung p=ρ·R·T

(2.1)

bekannt sein muss. Dar¨ uber hinaus spielt die Messung des Druckes insofern eine zentrale Rolle, als sich aus der Druckverteilung um einen Str¨omungsk¨orper sowohl der Druckwiderstand als auch der Auftrieb bestimmen lassen, die beide, z.B. bei Tragfl¨ ugel- oder Profiluntersuchungen, eine entscheidende Rolle spielen, Bild 2.1 und ¨ auch Bild 1.1. Ahnliches gilt f¨ ur die messtechnische Bestimmung von Druckverl¨aufen bzw. Druckverlusten in str¨omungstechnischen Anlagen oder Apparaten, beispielsweise in Rohrleitungssystemen oder in Windkan¨alen. Neben dieser Bestimmung von Wanddruckverteilungen an umstr¨omten oder durchstr¨omten K¨orpern lassen sich aus Druckmessungen jedoch auch Informationen u ¨ber das Str¨omungsfeld selbst gewinnen, z.B. Aussagen u ¨ber die mittleren Str¨omungsgeschwindigkeiten nach Betrag und Richtung (siehe Abschnitt 3.2) oder auch u ¨ber lokale Wandreibungskr¨afte (siehe Abschnitt 4.4)

+

+

NACA 0012 +

Bild 2.1: Druckverteilung um ein NACA-0012-Profil bei Re=2,7·106 (nach Riegels)

8

2. Druckmessung EINHEIT 1 Pa 1 Torr 1 kp/m2 1 bar 1 psi

N/m2 1 1.333 · 102 9.81 · 100 1.0 · 105 6.893 · 103

mm Hg 7.506 · 10−3 1 7.358 · 10−2 7.5006 · 102 5.170 · 101

mm Ws 1.0197·10−1 1.359 · 101 1 1.0197 · 104 7.031 · 102

bar 1.0 · 10−5 1.333 · 10−3 9.81 · 10−5 1 6.893 · 10−2

psi 1.45 · 10−4 1.934 · 10−2 1.422 · 10−3 1.45 · 101 1

1 at = 1kp/cm2 , 1 atm = 760 Torr Die internationale Maßeinheit f¨ ur den Druck ist Pascal” (1 Pa = 1N/m2 ), eine ” Umrechnung in andere noch gebr¨auchliche Maßeinheiten ergibt sich aus der obigen Tabelle.

2.1

Bezeichnungen und Definitionen

Die elementaren Druckbezeichnungen k¨onnen anhand der einfachen Bernoulli-Gleichung veranschaulicht werden:



Gesamtdruck





ρ p + u2 + ρgh = const. 2

(2.2)

p − statischer Druck ρ 2 u − dynamischer Druck 2 ρgh − hydrostatischer Druck p

Bild 2.2: Statischer Druck an einem Str¨omungsk¨orper Als statischen Druck bezeichnet man die Normalkraft pro Fl¨acheneinheit, die das Str¨omungsmedium auf ein stromlinienparalleles Wandelement aus¨ ubt, Bild 2.2. Die Verteilung des statischen Druckes um einen Str¨omungsk¨orper, Bild 2.1, liefert Informationen u ¨ber seinen Druckwiderstand und - gegebenenfalls - auch seinen Auftrieb. Der statische Druck ist weiterhin maßgeblich f¨ ur den thermodynamischen Zustand des Mediums und muss in die Zustandsgleichung, beispielsweise bei der Dichtebestimmung eines Arbeitsgases u ¨ber (2.1) eingesetzt werden. Unter hydrostatischem Druck versteht man den Druck im Inneren bzw. an Grenzfl¨achen (z.B. Bodendruck in Gef¨aßen) eines Fluids, Bild 2.3. Infolge der auf das Fluid wirkenden Schwerkraft nimmt der hydrostatische Druck proportional mit der Tiefe und der Dichte des Mediums zu. Wie der Name bereits sagt, ist der hydrostatische Druck speziell f¨ ur Fl¨ ussigkeiten von Bedeutung, f¨ ur Gase spielt er aufgrund der

2.1. Bezeichnungen und Definitionen

9 p

rFluid

h p0 = p + rgh

Bild 2.3: Definition des hydrostatischen Druckes geringeren Dichte eine untergeordnete Rolle. Dieses ergibt sich aus einer einfachen ¨ Uberschlagsrechnung f¨ ur einen Str¨omungskanal mit einer angenommenen H¨ohe von 1 m. Unter Standardbedingungen (Atmosph¨arendruck p = 1020 hP a, Erdbeschleunigung g = 9, 81m/s2 ) ergibt sich in einem Wasserkanal (mit ρW asser = 103 kg/m3 ) ein hydrostatischer Bodendruck von 9810 P a, der etwa 10 % des atmosph¨arischen Druckes ausmacht. F¨ ur einen Windkanal (ρLuf t = 1, 2kg/m3 ) ergibt sich dagegen nur ein hydrostatischer Bodendruck von 11, 7 P a, der weniger als 0,01 % vom atmosph¨arischen Druck betr¨agt und damit praktisch vernachl¨assigbar ist. Als Gesamtdruck bezeichnet man den Druck, der sich unmittelbar im Staupunkt an einem Str¨omungsk¨orper oder auch einer Messsonde aufbaut. In diesem Bereich wird das Str¨omungsmedium zum Stillstand gebracht, und die gesamte kinetische Energie wird im Falle eines umkehrbaren Prozesses in Druck umgewandelt, Bild 2.4. p0 u:

Staustromlinie

Bild 2.4: Gesamtdruck an einem Str¨omungsk¨orper F¨ ur eine inkompressible Str¨omung ergibt sich der Gesamtdruck gem¨aß (2.2) als Summe des statischen, dynamischen und hydrostatischen Druckes und reduziert sich bei Gasstr¨omungen auf ρ p0 = p + u2 2

(2.3)

Im Falle einer kompressiblen Unterschallstr¨omung (Mach-Zahl < 1) wird die Geschwindigkeit durch die Mach-Zahl ersetzt, und 2.3 wird zu

p0 = p(1 +

κ κ − 1 2 κ−1 M ) 2

(2.4)

Durch Umformung erh¨alt man einen mit 2.3 vergleichbaren Ausdruck 2 p0 = p + κM 2



κ−1 2 M 1+ 2



κ κ−1



−1

ρ 2 u 2

(2.5)

10

2. Druckmessung

bei dem der Vorfaktor des dynamischen Druckanteils den von der Mach-Zahl abh¨angigen Einfluss der Kompressibilit¨at des Mediums beschreibt und daher als Kompressibilit¨atsfaktor bezeichnet werden kann. Dieser Faktor ist gleichzeitig ein Maß daf¨ ur, bei welchen Str¨omungsgeschwindigkeiten der Kompressibilit¨atseinfluss auf eine Gesamtdruckmessung noch vernachl¨assigbar ist. Wie aus Bild 2.5 deutlich wird, bleibt dieser Einfluss f¨ ur das Str¨omungsmedium Luft (unter atmosph¨arischen Standardbedingungen) f¨ ur Mach-Zahlen M < 0, 2 auf weniger als 2 % und M < 0, 4 (u ≈ 130 m/s) auf weniger als 5 % beschr¨ankt. F¨ ur hohe Unterschall-Machzahlen muss dieser Korrekturfaktor jedoch unbedingt ber¨ ucksichtigt werden.

Bild 2.5: Kompressibilit¨atsfaktor f¨ ur den Gesamtdruck Der dynamische Druck ist gem¨aß 2.2 die Differenz zwischen dem Gesamtdruck und dem statischen Druck (bei vernachl¨assigtem hydrostatischen Druck) und wird u ¨blicherweise mit q bezeichnet ρ q = p0 − p = u2 2

(2.6)

Daraus ergibt sich die einfache M¨oglichkeit, aus einer Messung des dynamischen Druckes beziehungsweise der Druckdifferenz zwischen Gesamtdruck und statischem Druck die Str¨omungsgeschwindigkeit zu bestimmen (siehe Abschnitt 3.2). ¨ Im Falle von Uberschallstr¨ omungen bildet sich vor dem Str¨omungsk¨orper ein Verdichtungsstoß aus, Bild 2.6, der sowohl den statischen Druck als auch den Gesamtdruck beeinflusst. Der Gesamtdruckverlust im Staupunkt der Str¨omung ist (unter Annahme eines geraden Verdichtungsstoßes) im Verh¨altnis zum Gesamtdruck der ungest¨orten Str¨omung als Funktion der Mach-Zahl u ¨ber

pˆ0 2κ 2 = 1+ M −1 p0 κ+1



1 κ−1



1−



2 1 1− 2 κ+1 M



κ κ−1

(2.7)

beschrieben, w¨ahrend der Anstieg des statischen Druckes u ¨ber den geraden Stoß durch 2κ 2 pˆ =1+ M −1 p κ+1

gegeben ist (ˆ kennzeichnet die Gr¨oßen hinter dem Stoß).

(2.8)

2.1. Bezeichnungen und Definitionen

11

p0 p

p

M:

Verdichtungsstoß

¨ Bild 2.6: Gesamtdruck in einer Uberschallstr¨ omung Neben der Messung von zeitlich gemittelten Dr¨ ucken k¨onnen auch die zeitabh¨angigen Druckschwankungen von Interesse sein. Der momentane zeitabh¨angige Druck p(t) setzt sich zusammen aus dem Mittelwert p und der Druckschwankung p (t)

p(t) = p + p (t)

(2.9)

p(t) − Momentandruck p − mittlerer Druck p (t) − Druckschwankung Der mittlere Druck wird durch Integration des zeitabh¨angigen Momentandruckes u ¨ber ein Zeitintervall T

p=

1 T p(t)dt T 0

(2.10)

gebildet, wobei das Intervall groß gegen¨ uber der typischen Periodendauer der Druckschwankung sein muss. Da per Definition der zeitliche Mittelwert der Druckschwankung p (t) null ist, wird zu dessen Beschreibung der Effektivwert (RMS-Wert) 

RM Sp =

1 T  2 p (t) dt T 0

(2.11)

betrachtet. Derartige Druckschwankungen k¨onnen sowohl bei instation¨aren als auch ¨ instabilen Str¨omungsvorg¨angen eine signifikante Rolle spielen. Ublicherweise werden bei Str¨omungsexperimenten nur die Schwankungen des Wanddruckes analysiert, z.B. bei aeroelastischen Untersuchungen oder bei Untersuchungen zur Dynamik von Verdichtungsst¨oßen an einem Profil. Die Messung von Druckschwankungen in einer Str¨omung ist dagegen - abgesehen von Untersuchungen zu relativ niederfrequenten Schwankungen, z.B. periodischen Str¨omungsvorg¨angen - nur eingeschr¨ankt m¨oglich, da Str¨omungssonden selbst Druckschwankungen induzieren und damit eine sichere Interpretation der Messsignale stark erschweren.

12

2.2

2. Druckmessung

Messung des Wanddruckes

Die gebr¨auchlichste Methode zur experimentellen Bestimmung des statischen Wanddruckes an Str¨omungsk¨orpern bzw. an Versuchsmodellen besteht darin, am gew¨ unschten Messort eine kleine Wandbohrung einzubringen (Bild 2.7) die u unnen ¨ber einen d¨ Verbindungsschlauch mit einem geeigneten Druckaufnehmer verbunden wird. Der Durchmesser derartiger Bohrungen betr¨agt u ¨blicherweise 0, 3 − 1 mm. Da der statische Druck praktisch konstant u ¨ber die Wandgrenzschicht ist (Prandtl’sche Grenzschichthypothese), entspricht dieser Messwert auch dem lokalen statischen Druck der Außenstr¨omung und ist damit maßgeblich f¨ ur die Zustandsgr¨oßen (Dichte, spezifische W¨arme etc.) des Str¨omungsmediums am Ort der Messung.

u: p

Wanddruckbohrung

Wand Druckschlauch

Bild 2.7: Druckmessbohrung zur Bestimmung des Wanddruckes Die G¨ ute derartiger Druckmessungen h¨angt in erheblichem Maße sowohl von der herstellungsbedingten Genauigkeit der Wandbohrungen als auch von der Geometrie der Bohrung einschließlich ihrer Weiterf¨ uhrung in dem Messk¨orper ab. Zun¨achst ist leicht einsichtig, dass Fertigungsungenauigkeiten der Bohrl¨ocher, z.B. in Form eines Grates, zu St¨orungen des Str¨omungsfeldes und damit zu einer deutlichen Verf¨alschung des Messwertes f¨ uhren k¨onnen. In Bild 2.8 sind derartige Messfehler f¨ ur eine Wanddruckbohrung mit einem L¨angen-/Durchmesserverh¨altnis von l/d = 4 f¨ ur verschiedene bezogene Grath¨ohen zusammengefasst. Der Druckmessfehler p ist dabei auf die lokale Wandschubspannung τw bezogen und u ¨ber dem dimensionslosen Durchmesser 

uτ d τw ; uτ = ν ρ − Schubspannungsgeschwindigkeit

d+ = uτ

(2.12)

aufgetragen. Aus dieser Darstellung geht deutlich hervor, dass mit zunehmender Str¨omungsgeschwindigkeit (und damit zunehmender Wandreibung) erh¨ohte Anforderungen an die Oberfl¨acheng¨ ute von Druckmessbohrungen gestellt werden m¨ ussen. Auch eine Verkleinerung der Bohrungen selbst kann dieses Problem nur begrenzt vermindern, da eine Durchmesserreduktion unter d = 0, 3 mm sowohl fertigungstechnische Probleme bereitet als auch zu verl¨angerten Einstellzeiten der angeschlossenen Druckaufnehmer f¨ uhren kann (Drosseleffekt).

13

Dp / tW

e

2.2. Messung des Wanddruckes

d = ut.d / n +

Bild 2.8: Einfluss der Grath¨ohe bei Wanddruckmessungen (nach Shaw) ¨ Ahnlich wie durch M¨angel in der Oberfl¨acheng¨ ute kann die Messung des statischen Wanddruckes auch durch andere Fertigungsungenauigkeiten nicht unerheblich beeinflusst werden. Hierzu geh¨oren beispielsweise Ausrundungen der Bohrl¨ocher, Anbringung von Fasen oder auch Abweichungen in der Bohrlochachse von der Fl¨achennormalen. In Bild 2.9 sind einige Beispiele zum Einfluss derartiger Einbaufehler zusammengefasst. Die resultierenden Messfehler sind als prozentuale Abweichungen zu dem jeweils gemessenen statischen Druck der Referenzform angegeben, die Bezugsgr¨oße ist hierbei der dynamische Druck der Außenstr¨omung. u: +0,3 %

0%

d

30°

30°

Referenz-Form

82°

82° R

/6

d

+0,9 %

/4

+0,2 %

1/8 d

=1

=1

d

-0,1 %

1/2 d

R

-0,3 %

Bild 2.9: Messfehler statischer Druckbohrungen bei ver¨anderter Geometrie (nach Rayle) Neben den obengenannten Messwertverf¨alschungen infolge von Einbaufehlern k¨onnen bei statischen Druckmessungen mit Hilfe von Wandbohrungen auch prinzipielle Fehler auftreten, da selbst bei sehr kleinen Bohrlochdurchmessern unmittelbar u ¨ber der Messbohrung eine lokale Str¨omungsablenkung stattfinden kann, die das Str¨omungsfeld und damit auch den ¨ortlichen statischen Druck ver¨andert. Maßgebend f¨ ur diesen prinzipiellen Messfehler ist nicht nur der Durchmesser der Druckbohrung, sondern auch deren Tiefe. In Bild 2.10 sind die zu ber¨ ucksichtigenden Abweichungen f¨ ur eine praktische Konfiguration mit variiertem L¨angen-/Durchmesserverh¨altnis der Bohrung zusammengefasst. Wie bereits in Bild 2.8 ist der Messfehler ∆p wieder auf die lokale Wandschubspannung bezogen und u ¨ber den dimensionslosen Durchmesser der Bohrung

14

2. Druckmessung

aufgetragen, der den Charakter einer lokalen Reynoldszahl hat (allerdings gebildet mit der Schubspannungsgeschwindigkeit uτ (2.12) anstelle der Str¨omungsgeschwindigkeit). Mit wachsendem dimensionslosen Durchmesser und zunehmendem l/d-Verh¨altnis w¨achst dieser Messfehler betr¨achtlich an, nimmt jedoch f¨ ur l/d > 6 und d+ > 800 kaum noch zu. F¨ ur praktische Windkanalversuche im Unterschall ist ¨ der in Bild 2.10 gezeigte Effekt noch relativ unbedeutend, wie eine einfache Uberschlagsrechnung verdeutlicht: F¨ ur eine turbulente Str¨omung mit u = 10 m/s an einer Druckbohrung von d = 1 mm betr¨agt der Wert des dimensionslosen Durchmessers unter atmosph¨arischen Standardbedingungen lediglich d+ ≈ 50, und der resultierende Messfehler ist vernachl¨assigbar klein. F¨ ur eine Geschwindigkeit von u = 300 m/s w¨ urde der entsprechende Wert dagegen auf d+ ≈ 500 anwachsen und damit einen Druckmessfehler in der Gr¨oßenordnung von 200 P a (bei einer Wandschubspannung von ca. 100 N/m2 ) nach sich ziehen. In der Windkanalpraxis versucht man daher, diesen Einfluss immer dadurch zu minimieren, dass die Druckbohrungen und das l/d-Verh¨altnis so klein wie m¨oglich gew¨ahlt werden.

Bild 2.10: Messfehler statischer Druckbohrungen abh¨angig von Geometrie und charakteristischer Reynoldszahl (nach Shaw) F¨ ur den Fall, dass in den Str¨omungsk¨orper keine Druckbohrungen eingebracht werden k¨onnen, kann der statische Wanddruck auch hilfsweise mit einer Scheibensonde ermittelt werden, die auf den Str¨omungsk¨orper platziert wird, Bild 2.11. Infolge der Verdr¨angungswirkung der Sonde ist diese Messmethode nicht st¨orungsfrei, und der auf der Oberseite abgegriffene statische Druck ist Abh¨angig von der Dicke des Messk¨orpers gegen¨ uber dem Wert der ungest¨orten Str¨omung reduziert. Dieser Effekt kann jedoch kalibriert werden und erweist sich bezogen auf den dynamischen Druck der Anstr¨omung als nahezu konstant u ¨ber einen weiten Bereich der Str¨omungsgeschwindigkeit. Durch die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte bei der Miniaturisierung von Drucktransmittern ist die punktuelle Messung von statischen Wanddr¨ ucken nat¨ urlich auch mit Hilfe elektromechanischer Wandler m¨oglich geworden. Bei dem Einsatz solcher Messf¨ uhler kommt es vergleichbar zu den Ausf¨ uhrungen bez¨ uglich der Einbaufehler von Druckmessbohrungen in erster Linie darauf an, den Sensor st¨orungsfrei in die K¨orperoberfl¨ache zu integrieren. Da dies speziell bei kleinen Versuchsmodellen Schwierigkeiten bereiten kann, wird in der Praxis eine Kombination von herk¨ommlicher Druckmessbohrung und Miniaturdrucktransmitter gew¨ahlt, wobei der Aufnehmer m¨oglichst nahe der Messbohrung platziert und u ¨ber die Einlassbohrung

2.3. Druckmesssonden

15

Bild 2.11: Messung des statischen Wanddruckes mit Hilfe aufgesetzter Scheibensonden (nach Schwarz) mit dem zu messenden Druck beaufschlagt wird, Bild 2.12. Die hierf¨ ur einsetzbaren Aufnehmer erm¨oglichen sowohl eine Messung des zeitlich gemittelten als auch des zeitabh¨angigen Druckes (instation¨are Dr¨ ucke, Wanddruckschwankungen) und werden im Abschnitt 2.6 diskutiert. Wandsensoreinsatz

p

p Wanddruckbohrung

Drucksensor

Bild 2.12: Montage von Miniaturdrucktransmittern zur Erfassung des lokalen Wanddruckes

2.3

Druckmesssonden

Zur Messung des Gesamtdruckes, des dynamischen und des statischen Druckes in einem Str¨omungsfeld werden sehr unterschiedliche Sondentypen eingesetzt, die in Hinblick auf die jeweilige Messaufgabe optimiert sind. Neben den allgemeinen sondenspezifischen Eigenschaften ist bei einem Einsatz dieser Messsonden insbesondere auch auf deren Winkelempfindlichkeit zu achten, d.h. auf die Abh¨angigkeit des gemessenen Druckes von der Orientierung der Sonde in dem untersuchten Str¨omungsfeld.

2.3.1

Gesamtdrucksonden

Die einfachste und daher auch sehr gebr¨auchliche Gesamtdrucksonde ist das PitotRohr, Bild 2.13. Diese Sonde besteht lediglich aus einem in Str¨omungsrichtung offenen, d¨ unnwandigen Metallr¨ohrchen, das in die Str¨omung eingebracht wird und ¨ den am Sondenkopf herrschenden Gesamtdruck der Str¨omung messen kann. Ublicherweise werden f¨ ur die Herstellung von Pitot-Rohren gezogene Stahlkan¨ ulen mit Außendurchmessern in der Gr¨oßenordnung von etwa 1 mm mit einem Durchmesserverh¨altnis dinnen /daussen ≈ 0, 6 verwendet. In Verbindung mit einer statischen Druckbohrung in H¨ohe der Sondenm¨ undung kann mit Hilfe eines Pitot-Rohres (durch Differenzbildung entsprechend (2.6) auch der dynamische Druck und daraus die Str¨omungsgeschwindigkeit bestimmt werden.

16

2. Druckmessung p0 p u: Pitot-Rohr d

Bild 2.13: Pitot-Rohr in einer ebenen Str¨omung W¨ahrend das Durchmesserverh¨altnis eines Pitot-Rohres f¨ ur die Messung des Gesamtdruckes praktisch ohne Einfluss ist, spielt es bei der Winkelabh¨angigkeit des Drucksignals eine sehr viel st¨arkere Rolle. Bild 2.14, links zeigt dazu die zu ber¨ ucksichtigenden prozentualen Messfehler im Gesamtdruck (∆p0 = p0,α=0◦ − p0,α ) in Abh¨angigkeit von dem Verh¨altnis Innendurchmesser zu Außendurchmesser. Aus dieser Darstellung folgt, dass f¨ ur das u ¨bliche Durchmesserverh¨altnis d/D ≈ 0, 6 nur f¨ ur Anstr¨omwinkel von α = ±8◦ mit einer korrekten Gesamtdruckmessung gerechnet werden kann. Eine Verbesserung kann z.B. durch Modifikationen des Sondenkopfes erzielt werden, wobei insbesondere eine konische Abflachung der Sondenspitze und noch wirkungsvoller die Verringerung der Wandst¨arke im Bereich des Sondenkopfes zu dem gew¨ unschten Effekt f¨ uhrt. Das Bild 2.14, rechts zeigt einige Beispiele f¨ ur den Einfluss der Sondengeometrie auf die Winkelcharakteristik. 30

5

3 618°

611° d = 0,6 D

D

d

0,2

20

d = 0,96 am Messkopf D

0,5

Dp

15

10

5

0,74

65°

612°

623° 0,4

635°

6

4

2

0,3

r/2.u2

Dp [%] r/2.u2

1 d

25

D

0,125 d D

d = 0,3 D

5

0

0.2

4

0.4

6

0





10°

15°

Anströmwinkel a

20°

25°

1 3

0.6 1,0

2

0.8 -40° -30° -20° -10° 0°

10° 20° 30° 40°

Anströmwinkel a

Bild 2.14: Winkelcharakteristik von Pitot-Sonden (links, nach Huston) und von Gesamtdrucksonden (rechts, nach Chue) Die in Bild 2.14 gezeigte Winkelabh¨angigkeit kann nat¨ urlich auch gezielt zur Richtungsbestimmung des Str¨omungsvektors eingesetzt werden. F¨ ur solche Untersuchungen verwendet man jedoch Sonden, die eine m¨oglichst sichere Zuordnung zwischen Druckmesswert und Anstr¨omrichtung erlauben, d.h. sowohl eine hohe Winkelaufl¨osung als auch einen eindeutigen Verlauf des Messwertes als Funktion der Anstr¨omrichtung aufweisen. Normale” Pitot-Sonden kommen daf¨ ur nicht in Betracht, da ” der flache Verlauf der Winkelcharakteristik im Bereich von α ≈ 0◦ (Bild 2.14) zu

2.3. Druckmesssonden

17

einer unsicheren Aussage f¨ uhren muss. F¨ ur diese Messaufgabe werden daher spezielle Mehrlochsonden eingesetzt, bei denen die gemessenen Druckdifferenzen zwischen den einzelnen Druckmessbohrungen als Maß f¨ ur den Anstr¨omwinkel verwendet werden. F¨ ur ebene Str¨omungen reichen dazu zwei Druckwerte aus, f¨ ur r¨aumliche Str¨omungen werden sogenannte F¨ unflochsonden eingesetzt, die eine Bestimmung des gesuchten Str¨omungsvektors mit Hilfe von Eichkorrelationen f¨ ur die Druckdifferenzen zwischen den einzelnen Druckbohrungen erm¨oglichen. 1.0

Zuspitzung

Q = 100°

Zuspitzung Q

Q

0.6

Q = 70°

R1 + R 2 2

R1 - R 2

Q = 70° 0.4

Q = 100° 0.2

1mm

u

a

-10°



-5°

10°

a

15°

-0.2

p1 - p R 1= r 2 2 u

p p

1 2

p2 - p R 2= r 2 2 u

-0.4

-0.6

Bild 2.15: Winkelcharakteristiken einer Conrad-Sonde (nach O. Conrad) Bild 2.15 zeigt zun¨achst eine f¨ ur ebene Str¨omungen einsetzbare Conrad-Sonde, die sich durch eine nahezu lineare Winkelcharakteristik des Differenzdruckes zwischen den beiden abgeschr¨agten Pitot-Sonden (¨ uber einen Winkelbereich von ±15◦ ) bei gleichzeitiger Winkelunabh¨angigkeit der Summe beider Kammerdr¨ ucke (¨ uber ±7.5◦ ) auszeichnet und damit gleichzeitig f¨ ur eine Anstr¨omwinkelbestimmung und eine Gesamtdruck- und Geschwindigkeitsmessung eingesetzt werden kann. F¨ ur den dreidimensionalen Str¨omungsfall werden Kugelsonden oder Mehrfingersonden (F¨ unflochsonden) eingesetzt, Bild 2.16, mit denen sich alle drei Komponenten u, v und w eines Str¨omungsvektors bzw. der Betrag der Anstr¨omgeschwindigkeit und der r¨aumliche Str¨omungswinkel ermitteln lassen. Diese Mehrlochsonden erfordern eine sorgf¨altige Kalibrierung der Gesamtdr¨ ucke der einzelnen Druckbohrungen als Funktion des Str¨omungswinkels, wie in Bild 2.17 f¨ ur das Beispiel einer F¨ unflochKugelsonde gezeigt ist. In dieser Abbildung sind f¨ ur das Beispiel einer Drehung der Sonde um ihre Querachse die winkelabh¨angigen Beiwerte Ki = f (δ) des dynamischen Druckanteils, die sich u ¨ber ρ p0,i = p + Ki u2 2 ur α = 0 Grad) (i = 1 bis 5 ; K4 = K5 f¨

(2.13)

definieren, als Funktion des Anstr¨omwinkels aufgetragen. Aus diesen einzelnen Beiwerten kann der Gesamtbeiwert

18

2. Druckmessung

Kδ =

K3 − K 1 K2 − K 4

(2.14)

gebildet werden, der im Gegensatz zu den einzelnen Ki Beiwerten eine eindeutige Zuordnung zwischen den gemessenen Gesamtdr¨ ucken und dem Anstr¨omwinkel liefert. Bei Kenntnis des Winkels kann dann aus (2.13) mit Hilfe der jeweiligen Ki -Funktion, vorzugsweise f¨ ur die Zentralbohrung, der absolute Betrag des Gesamtdruckes und damit bei Kenntnis des statischen Druckes auch die Geschwindigkeit ermittelt werden. Fünfloch-Kugelsonde

Fünffingersonde 1

3 u

2

4

5

5

u

3 3

Schwenkachse

Schwenkachse p3

p5

p1

p5

p1

p2

p4

4

5

2

1

p2

2

1

3 2 1

p3

p2

p3

p5

p1

p5

p1

p4

p2

p4

p3

p4

Bild 2.16: Kugel- und F¨ unffingersonde f¨ ur dreidimensionale Str¨omungen

1,0

K1

K3 4

0,6

3

Kd =

0,4

K3-K1 K2-K4

2

6 mm

0,2

1

-0,0

0

-0,2

-1

Kd

K1, K2, K3, K4

5

K2

0,8

K4

-0,4

-2

-0,6

-3

-0,8

-4

-1,0

-5

a u

60°

50°

40° 30° +d

20°

10°



10°

20°

30° -d

40°

50°

d

5

3 2 4 1

R 6 mm

60°

Bild 2.17: F¨ unfloch-Kugelsonde und Kalibrationskurven f¨ ur den Str¨omungswinkel δ (nach van der Hegge-Zijnen)

2.3. Druckmesssonden

2.3.2

19

Sonden fu ¨ r den statischen Druck

F¨ ur den Fall, dass die Bestimmung des statischen Druckes nicht – wie im Abschnitt 2.2 beschrieben – mit Hilfe von Wandbohrungen m¨oglich ist oder diese Messinformation innerhalb eines Str¨omungsfeldes bekannt sein muss, kann auf statische Druckmesssonden zur¨ uckgegriffen werden. Da jedoch jeder Str¨omungsk¨orper bzw. jede Messsonde das Str¨omungsfeld und damit auch das Druckfeld beeinflussen, ist speziell bei statischen Drucksonden der Aspekt einer minimierten Str¨omungsst¨orung z.B. durch sorgf¨altiges Ausrichten im Str¨omungsfeld zu beachten. Dar¨ uber hinaus muss die Position der statischen Druckbohrung auf dem Sondenk¨orper so gew¨ahlt werden, dass die St¨oreinfl¨ usse durch die Verdr¨angungswirkung des Sondenk¨orpers minimiert werden oder durch andere Einfl¨ usse wie etwa den Schafteinfluss (Sondenhalterung) kompensiert werden, Bild 2.18. Nur durch derartige Maßnahmen kann vermieden werden, dass eine statische Druckmessung durch den Sondenk¨orper selbst verf¨alscht oder die Druckbohrung mit dynamischen Druckanteilen beaufschlagt wird.

- 0,4 - 0,3 Schafteinfluss

- 0,1 0

p0 - p r/2 u2

- 0,2

+ 0,1 Sondenkörpereinfluss + 0,2

Bild 2.18: Positionierung einer statischen Druckbohrung auf einer Messsonde. Kompensation von Verdr¨angungs- und Schafteinfluss

Zwei typische Bauformen f¨ ur statische Drucksonden zeigt Bild 2.19, und zwar sowohl ¨ f¨ ur Unterschallstr¨omungen (abgerundeter Sondenkopf) als auch f¨ ur Uberschallstr¨ omungen (scharfkantiger Sondenkopf). In beiden Ausf¨ uhrungen sind in einem Abstand von sechs bis neun Sondendurchmessern hinter dem geschlossenen Sondenkopf mehrere statische Druckbohrungen verteilt u ¨ber den Umfang des Sondenk¨orpers angebracht. Diese Druckbohrungen, deren Lage empirisch optimiert ist, liefern einen integralen Wert des statischen Druckes u ¨ber den Sondenumfang und reduzieren damit in gewissem Maße das Problem der Winkelempfindlichkeit dieser Sonden. Alternativ zu diesen zylindrischen Sonden kann auch mit Scheibensonden gearbeitet werden, z.B. in Unterschallstr¨omungen mit der Serschen Scheibe, Bild 2.20, oder in ¨ Uberschallstr¨ omungen mit scharfkantigen Scheibensonden. Bei derartigen Sonden ist jedoch zu ber¨ ucksichtigen, dass der gemessene statische Druck auf dem Scheibenk¨orper aufgrund der Verdr¨angungswirkung des Sondenk¨orpers gegen¨ uber dem tats¨achlichen statischen Druck p um etwa 10 % kleiner ist (siehe auch Bild 2.20.

20

2. Druckmessung 40° 4 x &1,1 mm

&0,25 mm

60°

4 x &1,1 mm 3 x &1,3 mm

3.D

76 mm

b & 0,25 mm

D=1,9 mm

3.D

D=9,5 mm

a

8,7.D

& 0,2 mm 66°

27.D

¨ a Unterschall (nach Kettle),  b UberBild 2.19: Sonden f¨ ur den statischen Druck  schall (nach Pankhurst & Holder) Diese Verdr¨angungswirkung h¨angt nat¨ urlich in hohem Maße von der jeweiligen Bauform ab und macht daher eine sorgf¨altige Kalibrierung dieser Abweichungen erfor¨ derlich. Speziell f¨ ur die Uberschallsonden gilt ferner zu beachten, dass der gemessene statische Druck nicht dem statischen Druck der ungest¨orten Str¨omung entsprechen kann, da dieser Druck durch den Verdichtungsstoß am Sondenkopf stark angehoben wird. Die R¨ uckrechnung auf den Druck der ungest¨orten Str¨omung erfolgt f¨ ur den ebenen Fall u ¨ber pˆ 2κ 2 2 = 1+ M sin α − 1 p κ+1 α − Stoßwinkel ˆ − hinter dem Stoß

(2.15)

Z 5:1

Z

u:

0,14.D

D

=

6,4

mm

0,035.D

Bild 2.20: Sersche Scheibensonde. Geometrie und Korrektur des statischen Druckes (nach Bryer et al.)

2.3. Druckmesssonden

2.3.3

21

Differenzdrucksonden

Immer dann, wenn eine Druckmessung in einem Str¨omungsmedium speziell auf die Bestimmung der Str¨omungsgeschwindigkeit zielt, bietet sich eine direkte Messung der Differenz zwischen Gesamtdruck und statischem Druck, dem dynamischen Druck oder auch Staudruck q, unter unmittelbarer Anwendung der Beziehung (2.6) an. Sondentechnisch stellt eine Differenzdrucksonde nur eine Kombination von Gesamtdruck und statischer Drucksonde dar, wobei beide Dr¨ ucke separat am Sondenkopf bzw. am Sondenk¨orper gemessen und durch getrennte Druckmessleitungen zum Anzeigeger¨at gef¨ uhrt werden. Der Vorteil dieser Messanordnung besteht im wesentlichen darin, dass beide Messinformationen praktisch am gleichen Ort gewonnen werden und dar¨ uber hinaus die Optimierung der Sondenform speziell unter dem Aspekt einer m¨oglichst genauen Differenzdruck-/Geschwindigkeitsmessung erfolgen kann. Typische Bauempfehlungen f¨ ur derartige als Prandtl-Rohr bezeichnete Differenzdrucksonden zeigen die Bilder 2.21 und 2.22. A 0,3 D

D

0,1 D

(8-10) t

3D

B C

F C-F

d

D

t

A-B

Zahl der stat. Bohr. nst

a

r

b

AVA

ASMA

a

20 D

25 D

b d

5D 0,3 D

8D 0,5 D

r nst

5D 4

3D 8

Bild 2.21: Typische Bauformen f¨ ur Differenzdrucksonden (Prandtl-Rohre): AVAund ASMA-Empfehlungen (nach E. Ower & R.C. Pankhurst und W. Wuest) Vergleichbar mit den Ausf¨ uhrungen zu den Gesamtdrucksonden (Abschnitt 2.3.1) weisen auch die Differenzdrucksonden eine deutliche Winkelcharakteristik abh¨angig von der Anstr¨omrichtung auf. Diese Charakteristik h¨angt entscheidend von der Bauform der Sonde ab und ist f¨ ur drei Beispiele (konischer, halbkugelf¨ormiger sowie elliptischer Sondenkopf) in Bild 2.23 zusammengefasst. W¨ahrend Differenzdrucksonden mit konischer Nase eine ausgepr¨agte Zunahme des gemessenen Differenzdruckes bis hin zu Anstr¨omwinkeln von etwa 30◦ aufweisen, zeigen Sonden mit elliptischer Nase f¨ ur Str¨omungswinkel bis zu 15◦ eine sehr schwache Abh¨angigkeit des Messwertes von der Anstr¨omrichtung. Messsonden mit halbkugelf¨ormiger Nase verhalten sich f¨ ur kleinere Anstellwinkel ¨ahnlich wie konische Sonden, f¨ ur Winkel gr¨oßer 15◦ folgt jedoch eine Trendumkehr mit erneutem Gleichdruck bei etwa 25◦ .

7 Löcher je Reihe (Durchmesser 0,13 D)

7 Löcher (Durchmesser ~0,12 D)

5,37 D

D/2

2. Druckmessung D

22

8D 14 D

0,57 D

D

Detail des Sondenkopfes

0,52 D

0,87 D 0,66 D

8,1 D

3,25 D

0,66 D

~40 D

46 D

D

1,3 D 1,63 D

4,23 D

Bild 2.22: Differenzdrucksonden mit abgerundetem und scharfkantigem Kopf (nach E. Ower & R.C. Pankhurst) 1.15

1.10 konische Nase

pa / p 0

1.05 halbkugelförmige Nase

1.00

0.95

0.90

0.85 0°

p a = Differenzdruck bei a p 0 = Differenzdruck bei a = 0°



10° 15° 20° Anströmwinkel a

elliptische Nase

25°

30°

Bild 2.23: Winkelcharakteristik von Differenzdrucksonden (nach G. Salter et al.)

2.4

Druckmessger¨ ate und -aufnehmer

Die in den Abschnitten 2.2 und 2.3 erl¨auterten Sonden zur Erfassung von statischen und dynamischen Dr¨ ucken sowie von Differenzdr¨ ucken k¨onnen die gew¨ unschten Messinformationen zwar bereitstellen, f¨ ur die betragsm¨aßige Erfassung der Dr¨ ucke m¨ ussen die Messsonden jedoch u ¨ber Druckmessschl¨auche an geeignete Druckmessger¨ate beziehungsweise elektrische Druckaufnehmer angeschlossen werden. Nachstehend sollen einige der gebr¨auchlichsten Messger¨ate und Aufnehmertypen in ihrer Funktionsweise und Anwendung beschrieben werden.

2.4. Druckmessger¨ate und -aufnehmer

2.4.1

23

Flu ¨ ssigkeitsmanometer

Die einfachsten Druckmessger¨ate sind Fl¨ ussigkeitsmanometer, bei denen die Verschiebung einer Fl¨ ussigkeitss¨aule infolge unterschiedlicher Druckbeaufschlagung als Maß f¨ ur den anliegenden Druck dient. p2

p2

p1

a

b

f

p1

h0 h1

h1

h0

h2

h2

F

p1 Druckanschlüsse c p2

Dx

F

a

f

a Zweischenkel-  b und Schr¨agrohrmanometer  c Bild 2.24: U-Rohr- , Die anspruchsloseste Ausf¨ uhrung ist das U-Rohr, Bild 2.24a, das die Druckdifferenz p = p1 − p2 u ¨ber die gemessene H¨ohendifferenz der bei Druckbeaufschlagung gegeneinander verschobenen Fl¨ ussigkeitsspiegel misst. p ρ g h1 , h2

= − − −

ρg (h2 − h1 ) Dichte der Sperrfl¨ ussigkeit Erdbeschleunigung H¨ohen der Fl¨ ussigkeitsspiegel

(2.16)

Als Sperrfl¨ ussigkeiten werden u ¨blicherweise Wasser oder Alkohol und bei hohen Druckdifferenzen auch Quecksilber verwendet. Vergleichbar mit dem U-Rohr ist das Zweischenkel-Manometer, Bild 2.24 b, das jedoch unterschiedliche Querschnitte in den Schenkeln aufweist. Durch Einbeziehung des Fl¨achenverh¨altnisses f /F kann die Druckdifferenz hier u ¨ber 

p = ρg (h2 − h0 ) f F



f +1 F

− Fl¨achenverh¨altnis

(2.17)

24

2. Druckmessung

bestimmt werden. Im Falle von f /F  1 ist dieses in (2.17) vernachl¨assigbar, und die H¨ohendifferenzmessung kann nun von der konstanten Bezugsh¨ohe h0 erfolgen. Zur Verbesserung des Aufl¨osungsverm¨ogens kann der Messschenkel auch schr¨ag gestellt werden, Bild 2.24c, und die Druckmessung erfolgt bei dieser als Schr¨agrohrmanometer bezeichneten Bauweise u ¨ber die Beziehung

p = ρg sin αx α − Neigungswinkel des Schr¨agrohres x − Verschiebung der Sperrfl¨ ussigkeit

(2.18)

Neben dem wegen seines beachtlichen Aufl¨osungsverm¨ogens h¨aufig noch eingesetzten Schr¨agrohrmanometer ist insbesondere das in Bild 2.25 schematisch gezeigte Betz-Manometer weit verbreitet. Dieses Messger¨at basiert im Prinzip auf der Funktionsweise des Zweischenkel-Manometers. Das Ablesen des zu messenden Druckes ist jedoch durch einen skalierten Messstab, der an dem Schwimmer im Messschenkel montiert ist und an einer beleuchteten Messoptik vorbeigef¨ uhrt wird, gegen¨ uber der in Bild 2.24b gezeigten Ausf¨ uhrung wesentlich erleichtert. In Verbindung mit dem in die Messskala integrierten Nonius lassen sich mit diesem Fl¨ ussigkeitsmanometer Aufl¨osungen bis etwa 1 N/m2 erreichen, und das Ger¨at wird wegen seines direkten Messprinzips und seiner St¨orunempfindlichkeit in vielen F¨allen als Kalibrations-Standard eingesetzt. p2

F>>f f p1

Schwimmer mit Glas - Skala

F Lampe

AbleseSchirm

Vergrößerung des Ablese-Schirmes 28 28 28

Bild 2.25: Schematischer Aufbau eines Betz-Manometers

2.4.2

Elektromechanische Druckaufnehmer

Neben den vorstehend beschriebenen Fl¨ ussigkeitsmanometern werden zur Druckmessung zunehmend elektromechanische Aufnehmer eingesetzt, die insbesondere den Vorteil besitzen, unmittelbar ein druckproportionales elektrisches Messsignal zu liefern. Damit entf¨allt das bei Fl¨ ussigkeitsmanometern noch erforderliche Ablesen einer

2.4. Druckmessger¨ate und -aufnehmer

25

Messskala, und der Messwert kann dar¨ uber hinaus direkt u ¨ber Datenerfassungsanlagen aufgezeichnet und verarbeitet werden. Bei den elektromechanischen Transmittern unterscheidet man zwischen drei unter¨ schiedlichen Aufnehmertypen, und zwar zwischen Absolutdruck-, Uberdruckund Differenzdrucktransmittern. Wie in Bild 2.26 schematisch gezeigt ist, wird in allen F¨allen die mechanische Verformung einer Membran bzw. das elektrische Signal eines drucksensitiven Membranelements bei einseitiger Druckbeaufschlagung (Abso¨ lutdruck p1 gegen¨ uber dem Vakuum, Uberdruck p1 gegen¨ uber einem Referenzdruck) oder bei zweiseitiger Druckbeaufschlagung (Differenzdruck p2 − p1 ) als Maß f¨ ur die gesuchte Druckinformation verwendet. Vakuum p1

Membran p1

Absolutdruck

pRef

p1

Überdruck

p2

Differenzdruck

¨ Bild 2.26: Schematischer Aufbau von Drucktransmittern (Absolut-, Uberund Differenzdruck) Als unmittelbare Sensoren f¨ ur die druckinduzierte Verformung der Membran oder f¨ ur die an der Membran herrschenden Dr¨ ucke kommen sowohl Dehnmessstreifen (DMS) als auch piezoelektrische Messelemente (Piezoquarze) zum Einsatz. Bei letzteren unterscheidet man zwischen piezoresistiven und piezokapazitiven Sensoren. W¨ahrend bei piezoresistiven Messelementen die u uckenschaltung gemessene Wider¨ber eine Br¨ stands¨anderung des Messf¨ uhlers als Maß f¨ ur den Druck verwendet wird, kann diese Information bei piezokapazitiven unmittelbar u ¨ber die mit Hilfe eines Ladungsver¨ st¨arkers erfassbare, druckabh¨angige Anderung der elektrischen Oberfl¨achenladung gewonnen werden. Die Bilder 2.27 und 2.28 zeigen einige Beispiele f¨ ur die praktischen Ausf¨ uhrungen derartiger elektromechanischer Druckwandler: Bild 2.27 zeigt einen DMS-Druckaufnehmer, bei dem die Durchbiegung der Membran u ¨ber einen Stempel auf einen kleinen Biegebalken u ¨bertragen wird, dessen druckinduzierte Durchbiegung u ¨ber einen Dehnmessstreifen erfasst wird. Dehnmessstreifen (DMS)

e

p

Bild 2.27: Aufbau eines DMS-Druckaufnehmers Bild 2.28 veranschaulicht die Bauweise von zwei piezoresistiven Transmittern f¨ ur die Messung von Differenz- bzw. von Absolutdr¨ ucken. In beiden F¨allen wird der auf die Membran einwirkende Druck u ¨ber ein Transfermedium (Silikon¨ol) auf das piezoresistive Messelement u ¨bertragen, das in Verbindung mit den in die Druckaufnehmer integrierten Messbr¨ ucken und Verst¨arkern die gesuchte Messinformation liefert. Ne-

26

2. Druckmessung

ben derartigen DMS- oder Piezo-Druckaufnehmern werden speziell bei industriellen Eins¨atzen verbreitet auch induktive Aufnehmer eingesetzt, die sich durch eine große Robustheit auszeichnen. Bild 2.29 zeigt das Schema eines induktiven Differenzdrucktransmitters, bei dem die Durchbiegung der Messmembran infolge Druckbeaufschlagung und damit auch die Druckdifferenz selbst u ¨ber induktive Aufnehmer (elektromagnetische Spulen) registriert wird. p1

p1

Verbindungsdrähte

Stahlmembran Piezoquarz

Silikonöl

p1

p2 Verstärker Gehäuse elektr. Anschlüsse Differenzdruck

py0 Absolutdruck

Bild 2.28: Piezoresistive Aufnehmer f¨ ur die Messung von Differenz- bzw. Absolutdr¨ ucken (nach Kistler) p1

elektr. Anschlüsse

p2

Membran Ölbad Achse Magnetspulen Justagefedern

Bild 2.29: Schematischer Aufbau eines induktiven Differenzdrucktransmitters Elektromechanische Druckaufnehmer sind f¨ ur alle g¨angigen Druckmessbereiche in verschiedensten Ausf¨ uhrungen verf¨ ugbar. Die Auswahl des geeignetsten Gebers richtet sich dabei stark nach der jeweiligen Messaufgabe (z.B. Druckniveau, Messbereich, Differenzdruck oder Absolutdruck, Medium) und den speziellen Anforderungen an das Experiment (z.B. Aufl¨osung, Robustheit). F¨ ur alle Drucktransmitter gilt jedoch einheitlich, dass sie f¨ ur die Messung von Dr¨ ucken vorab kalibriert werden m¨ ussen. Durch diese Kalibration wird das elektrische Ausgangssignal eines Gebers auf einen bekannten Druck oder eine bekannte Druckdifferenz bezogen und tabellarisch, grafisch oder in Form einer analytischen Funktion, wie in (2.19) f¨ ur die praktischen Messungen bereitgestellt.

2.4. Druckmessger¨ate und -aufnehmer

27

2 pMess = C0 + C1 UMess + C2 UMess

(2.19)

Ci − Kalibrationskonstanten

40

400

30

300

3000 0

10

100

20

200

2000 1000

Q [pC]

4000

F¨ ur einen piezokapazitiven Druckaufnehmer sind in Bild 2.30 f¨ ur drei verschiedene Messbereiche derartige Kalibrationskurven zusammengestellt. Aufgrund der Linearit¨at der Korrelationen und des Nulldurchgangs ist hier nur die Kalibrationskonstante C1 zu bestimmen, um den Zusammenhang zwischen Ausgangssignal des Druckaufnehmers (hier die elektrische Ladung Q) und dem anliegenden Druck festzulegen.

0

0

50

5

0

100

10

150

0.5

1

15

200 1.5

20

250 2

25

300 2.5

p [Pa . 105]

Bild 2.30: Kalibrationsfunktionen (nach Martini/Kistler)

eines

piezokapazitiven

Druckaufnehmers

Bei praktischen Str¨omungsexperimenten, so zum Beispiel in der Tragfl¨ ugelaerodynamik, ist es h¨aufig erforderlich, die gew¨ unschte Druckinformation nicht nur an einem speziellen Messort, sondern auch als Verteilung u ¨ber den Str¨omungsk¨orper zu bestimmen, um dar¨ uber die resultierenden Druckkr¨afte (z.B. Auftrieb eines Tragfl¨ ugels, Bilder 1.2 oder 2.1) ermitteln zu k¨onnen. Bei einer derartigen Aufgabenstellung werden die einzelnen Druckbohrungen entsprechend Bild 2.7 u ¨ber Druckmessschl¨auche mit einem zentralen Druckmesssystem verbunden. Generell sind dabei zwei Vorgehensweisen gebr¨auchlich: Entweder wird ein Mehrfachdruckaufnehmer-System eingesetzt, Bild 2.31a, bei dem jede Druckmessstelle u ¨ber einen separaten Druckaufnehmer aufgezeichnet wird, oder es wird zwischen den Druckmessschl¨auchen und einem zentralen Druckaufnehmer ein elektromechanischer Messstellenumschalter gesetzt, der die einzelnen Messdr¨ ucke sukzessiv u ¨ber einen schrittmotorgesteuerten Rotationsumschalter auf den Druckaufnehmer schaltet, Bild 2.31b. Der Vorteil des Mehrfach-Druckaufnehmersystems liegt in der M¨oglichkeit, die Messinformationen parallel und damit auch schnell gewinnen zu k¨onnen und diese auch gleichzeitig in eine Datenerfassungsanlage u ¨bertragen zu k¨onnen. Die Anwendung eines Messstellenumschalters verz¨ogert dagegen den Messablauf etwas, allerdings ist der instrumentelle Aufwand infolge der Verwendung nur eines zentralen Druckaufnehmers vergleichsweise gering.

28

2. Druckmessung

Drucksensoren

Verbindungsschläuche

Ventil

p8

p1 pRef

pRef Schnittstelle (PC)

a

p3

pRef

Druckanschlüsse

pi pKalibration

p3

pRef

Sensor Stator Rotor

b

Lager

Gehäuse

Sensor Antriebswelle (Schrittmotor)

a (nach PSI) und Bild 2.31: Aufbau eines Mehrfach-Druckaufnehmer-Systems  b (nach Scanivalve) Elektromechanischer Druck-Messstellenumschalter 

2.5

Drucksensitive Farben

Die M¨oglichkeit, den statischen Druck durch Wanddruckbohrungen an vielen Positionen parallel erfassen zu k¨onnen, ist oft durch die realisierbare Anzahl dieser Druckbohrungen begrenzt. Zum anderen ist diese Methode der Druckerfassung an sehr d¨ unnen K¨orpern und scharfen Kanten kaum oder gar nicht einsetzbar. Dieses Problem kann durch die Verwendung spezieller drucksensitiver Farbschichten gel¨ost werden, die direkt auf die Modelloberfl¨ache aufgebracht werden. Die optochemischen Eigenschaften dieser drucksensitiven Farben (Pressure Sensitive Paint - PSP) h¨angen vom lokalen Druck ab, basierend auf der Lumineszenz organischer Molek¨ ule bei Bestrahlung mit Licht. In der d¨ unnen Farbschicht sind fluoreszierende Molek¨ ule dispers verteilt und durch eine sauerstoffdurchl¨assige Substanz gebunden (Bild 2.32). Eine Anregung dieser Molek¨ ule durch Licht einer definierten Wellenl¨ange (Farbe) f¨ uhrt zur Emission von Fluoreszenzlicht, das z.B. durch geeignete Kameras erfasst werden kann. Eine Erh¨ohung des lokalen Druckes ist mit einer Konzentrationserh¨ohung des molekularen Sauerstoffs in der Farbschicht verbunden und f¨ uhrt daher zu vermehrten Zusammenst¨oßen zwischen den angeregten Farbmolek¨ ulen und dem Sauerstoff (Sauerstoff-Quenching). Die Aktivierungsenergie wird dadurch absorbiert, so dass die Lumineszenzstrahlung unterbunden wird. Da die Sauerstoffkonzentration eine Funktion des lokalen Oberfl¨achendruckes ist, ergibt sich eine Intensit¨at

2.5. Drucksensitive Farben

29

Anregung

Emission

~10 mm ~15 mm

Schichtdicken

O2 Angeregtes Stadium Grundstadium Binder Reflexschicht Modellwand

y

Bild 2.32: Prinzip des Sauerstoff-Quenchings der Lumineszenzmolek¨ ule des Streulichtes umgekehrt proportional zum lokalen Druck. Es ergeben sich also druckabh¨angig unterschiedliche Helligkeiten auf der Modelloberfl¨ache und somit eine fl¨achige Druckverteilung mit sehr hoher r¨aumlicher Aufl¨osung. Die Intensit¨at der Lumineszenz in Abh¨angigkeit von der lokalen Sauerstoffkonzentration CO2 l¨asst sich in mathematischer Form wie folgt darstellen:

I0 = 1 + KP · CO2 I

(2.20)

Dabei ist I die momentane Lumineszenzintensit¨at, I0 ist die Intensit¨at in Abwesenheit von molekularem Sauerstoff und K ist die molek¨ ulspezifische Stern-VolmerQuenching-Konstante. Sowohl I0 als auch K sind zudem temperatursensitiv. In der Stern-Volmer-Gleichung wird die Tatsache ber¨ ucksichtigt, dass die Sauerstoffkonzentration proportional dem Partialdruck an der Oberfl¨ache ist. Da es sehr schwierig ist, die exakte maximale Intensit¨at I0 zu messen, wird in der Praxis die Lumineszenz in einem definierten Referenzzustand (Iref , pref ) ermittelt und zu den Messwerten unter Versuchsbedingungen in Relation gesetzt:

Iref I

= A(T ) + B(T ) ·

p pref

(2.21)

Die temperaturabh¨angigen Koeffizienten A(T ) und B(T ) sind vom Typ der PSPBeschichtung abh¨angig und werden durch einen Kalibrationsversuch (Bild 2.33) bestimmt. Dabei kann die Kalibration in situ” w¨ahrend der Messung erfolgen, wenn ” entsprechende Informationen zur betrachteten Fl¨ache vorliegen, wie z.B. Referenzdruckwerte aus einzelnen statischen Druckbohrungen. Eine weitere M¨oglichkeit ist die a priori” Kalibration der Farbschicht unter wohldefinierten Umgebungsbedin” gungen, wie z.B. in einer Druckkammer, wobei die Stern-Volmer-Koeffizienten vor oder nach der eigentlichen Messung ermittelt werden. Bei der Herstellung der drucksensitiven Farben wird der lumineszente Farbstoff in einem Binder aus Polymer (z.B. auf Silikonbasis) gel¨ost und somit homogen verteilt. Die Variation und Kombination verschiedener Materialien f¨ uhrt dabei zu differenzierten Eigenschaften der Farbschicht. Im Allgemeinen spricht man bei einem Stern-Volmer-Koeffizienten mit B(T ) > 0, 5 von einer guten Druckempfindlichkeit.

30

2. Druckmessung

Bild 2.33: Ermittlung der Stern-Volmer-Koeffizienten aus der Kalibration f¨ ur drei typische drucksensitive Farben (nach Engler) Lumineszenter Farbstoff Platin-Porphyrine (z.B. PtTFPP)

Absorption Emission Besonderheiten 390 / 530 nm (UV / gr¨ un)

650 nm (rot)

Ruthemium337 / 457 nm Komplexe (UV / blau) (z.B. Ru(ph2 -phen)) Pyrene 360 / 390 nm (UV)

620 nm (rot) 470 nm (blau)

Sehr O2 -sensitiv, hohe Lebensdauer, geringe Intensit¨at unter atmosph¨arischen Bedingungen Komplizierte Implementierung in Polymer-Binder, sehr photostabil Geringe Temperatursensitivit¨at, starke Photodegradation (Abbildungsungenauigkeiten), Sublimation

Tabelle 2.1: Vergleich der drei wichtigsten drucksensitiven Farben In der Praxis haben sich drei besonders g¨ unstige Farbschichtkombinationen herauskristallisiert, die in Tabelle 2.1 gegen¨ ubergestellt sind. Ein typischer Anwendungsfall f¨ ur PSP in der Hochgeschwindigkeitsaerodynamik (Ma = 0,74, Rec = 3, 8 · 106 ) ist in Bild 2.34 (auch in Farbtafel 6) dargestellt. Das hier untersuchte superkritische Dash8-100-Fl¨ ugelmodell wurde mit einer porphyrinbasierten Farbe (FIB) bestrichen. Die Referenzdaten f¨ ur die Kalibration ( in situ”) ” als auch f¨ ur die Validierung stammen aus 32 Wanddruckbohrungen an der Oberseite des Fl¨ ugels. Ein Vergleich zwischen den Druckbeiwerten aus den PSP-Messungen und den Referenzdruckwerten (Symbole) f¨ ur unterschiedliche Anstellwinkel zeigt das Bild 2.34 rechts. Die mittleren Abweichungen der Druckbeiwerte betragen in dem hier gezeigten Fall ∆cP = 0, 02 bzw. 1,4% u ¨ber dem gesamten Druckbereich. Die Anwendung drucksensitiver Farben bei mittleren bis kleinen Str¨omungsgeschwindigkeiten erfordert sowohl eine Bildoptimierung seitens der eingesetzten Kameratechnik (minimale Bildverzerrungen und Hintergrundrauschen) als auch eine Kompensation der Temperatureinfl¨ usse, da der aufzul¨osende Druckbereich sehr klein ist und die druckproportionalen Lichtsignale demzufolge sehr schwach sind. Pyren-basierte

2.5. Drucksensitive Farben

31

u: a=0°

1.6 -0.2

Druckbohrungen

1.4

a = 5° a = 3° a = 1° a = 0°

1.2

a=1°

cP

1

a=3°

0.8 0.6 0.4 PSP-Werte

a=5°

0.2 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x/c

-1.6

Bild 2.34: Druckverteilung an der Oberseite eines Dash8-100-Fl¨ ugelmodells bei Ma = 0,74 und in einem Fl¨ ugelschnitt bei 35% Fl¨ ugelspannweite (nach Engler) Farben, wie die G¨ottingen Dyes” GD146 und GD147 (Bild 2.33), haben auch bei ” kleinen Dr¨ ucken noch hohe Signalintensit¨aten und sind vergleichsweise nur gering temperatursensitiv. F¨ ur die Anregung der Lumineszenz sind jedoch sehr energiestarke UV-Lampen notwendig. In Bild 2.35 (auch in Farbtafel 5) ist ein Airbus A340-Fl¨ ugelmodell dargestellt, das u.a. mit GD146 beschichtet wurde (markierter Bereich). Neben der fl¨achigen Druckverteilung (Bild 2.35, links) sind hier auch die PSP-Druckwerte mit den Referenzdruckwerten aus den Messungen der diskret verteilten Wanddruckbohrungen (Symbole) gegen¨ ubergestellt (Bild 2.35, rechts). Der absolute Fehler liegt im gesamten Druckbereich f¨ ur Anstr¨omgeschwindigkeiten von u∞ = 60 m/s bei ∆cP = 0, 02. u:

p [mbar]

1000

u: = 60 m/s, a = 16°

950

900

850

PSP Druckbohrungen

0

100

200 300 x [mm]

400

Bild 2.35: Airbus A340 Fl¨ ugelmodell mit Pyren-basierter PSP im markierten Bereich und die fl¨achige Druckverteilung (links, unten). Im rechten Bild sind die Dr¨ ucke aus den PSP-Messungen mit Daten der Referenzdruckmessungen verglichen (nach Engler) Durch intensivierte Kameras, optimierte Bildanalysesoftware sowie eine Weiterentwicklung lumineszenter, drucksensitiver Farbstoffe kann der Einsatzbereich der PSP auf nahezu alle Geschwindigkeitsbereiche ausgedehnt werden.

32

2.6

2. Druckmessung

Messung von Wanddruckschwankungen

Wie bereits in Kapitel 2.1 erl¨autert wurde, ist neben der Messung von zeitlich gemittelten Wanddr¨ ucken auch die Messung von Wanddruckschwankungen f¨ ur eine experimentelle Str¨omungsanalyse von Bedeutung, so zum Beispiel bei einer Untersuchung instabiler Str¨omungen wie etwa dem laminar-turbulenten Grenzschichtumschlag oder ganz allgemein bei der Untersuchung instation¨arer Str¨omungsvorg¨ange einschließlich hochfrequenter Turbulenzeffekte. Nachstehend sollen daf¨ ur geeignete Messmethoden diskutiert werden.

2.6.1

Wandmikrofone

Die u ur Wanddruckmessungen eingesetzten Messketten– bestehend aus ¨blicherweise f¨ Druckbohrung, Druckmessschlauch und Druckaufnehmer– sind f¨ ur Druckschwankungsmessungen nur sehr begrenzt einsetzbar, da sie sowohl D¨ampfungseigenschaf¨ ten als auch ein nichtlineares Ubertragungsverhalten aufweisen k¨onnen und damit die tats¨achlichen Druckschwankungen sowohl hinsichtlich ihrer Amplitude als auch Phasenlage (zeitliche Zuordnung von Druckschwankung und Messsignal) verf¨alschen. Aus diesen Gr¨ unden werden Druckschwankungsmessungen an Str¨omungsk¨orpern mit Hilfe wandb¨ undig montierter Drucktransmitter oder auch mit Wandmikrofonen durchgef¨ uhrt (Bild 2.38 oder auch Bild 2.12), die in ihrer Bauart prinzipiell den im Abschnitt 2.4.2 diskutierten Aufnehmern entsprechen. Gehäusekapsel

Aufhängung Wechselspannung

Druckänderungen

Membran

Impendanzwandler R

Gegenelektrode Vorspannung

Bild 2.36: Prinzipieller Aufbau eines Kondensatormikrofons Mikrofone werden entsprechend ihrem Wandlerprinzip in Kondensatormikrofone (elektrostatische Wandler), elektrodynamische und piezoelektrische Mikrofone eingeteilt. Bild 2.36 zeigt schematisch den Aufbau und die Funktionsweise eines Kondensatormikrofons. In einer Geh¨ausekapsel sind eine frei bewegliche Membran als Elektrode und eine fixierte Membran als Gegenelektrode in einem bestimmten Abstand d zueinander angeordnet. Beide sind elektrisch geladen und folgen damit dem Prinzip eines Plattenkondensators. Es gilt: E = U/d. Das elektrische Feld E ist von der Vorelektrisierung abh¨angig, welche durch die Gleichspannungsquelle erreicht ¨ wird. Druck¨anderungen an der Membran bewirken eine Anderung des Abstandes der ¨ Membranen und damit eine Anderung der Spannung U . Diese Spannungs¨anderungen sind proportional zu den Druckschwankungen an der Mikrofonmembran. Eine spezielle Ausf¨ uhrung des Kondensatormikrofons ist ein Elektretmikrofon. Diese Mikrofone besitzen ein elektrisch polarisiertes Membranmaterial, das Elektret. Ein

2.6. Messung von Wanddruckschwankungen

33

solches Membranmaterial kann beispielsweise eine Teflonfolie sein, die durch Elektronenbeschuss permanent elektrisch geladen wurde. Dadurch kann auf die Gleichspannungsquelle zur Vorelektrisierung verzichtet werden. Exemplarisch ist in Bild 2.37a ein solches Mikrofon von zwei Seiten fotografiert. Die sehr kleine Geh¨ausekapsel hat einen Durchmesser von 6, 3 mm und erm¨oglicht damit eine Feldanordnung dieser Mikrofone in einem Abstand von 7, 0 mm. Zur Messung von Druckschwankungen an Str¨omungsk¨orpern werden die Mikrofone m¨oglichst nah unter der Oberfl¨ache des ¨ umstr¨omten K¨orpers platziert (Bild 2.37b). Die eigentliche Ubertragung der Druckschwankungen erfolgt durch kleine Bohrungen (Ø 0, 3 mm) in der Oberfl¨ache. Die Grenzfrequenzen dieser Mikrofone liegen bei 20 Hz bis 12000 Hz. Um auch in eingebautem Zustand noch m¨oglichst hohe Grenzfrequenzen zu erzielen, m¨ ussen sie mit geringstm¨oglichem Totvolumen (Volumen zwischen K¨orperoberfl¨ache und Mikrofonmembran) eingebaut werden. Außerdem muss beim Einsatz der Mikrofone als Sensorarray u ¨ber jedem Mikrofon das gleiche Totvolumen vorhanden sein, damit der gleiche Frequenzgang gew¨ahrleistet werden kann.

a

b

0.3 mm

Reihe 3

7 mm

14 mm

4.3

Bohrungsloch Flügeloberfläche

Reihe 2

Mikrofon

6.3 Reihe 1

u:

a sowie Einbau und Anordnung Bild 2.37: Elektretmikrofon in zwei Ansichten , b von Mikrofonen (schematisch, )

d

Wand Aufnehmer Mikrofondurchmesser 1mm d=18mm 9

4

2,1

Bild 2.38: Wanddruckschwankungen in einer turbulenten Grenzschicht. Normierte Schalldruckleistung als Funktion der Frequenz abh¨angig vom Mikrofondurchmesser (nach Schewe)

34

2. Druckmessung

Wie Bild 2.38 zeigt, besteht insbesondere f¨ ur die h¨oherfrequenten Anteile von Wanddruckschwankungen eine deutliche Abh¨angigkeit von dem Durchmesser des Druckaufnehmers/Mikrofons, die bei einer Bewertung von Druckschwankungsmessungen ber¨ ucksichtigt werden muss. Diese Darstellung verdeutlicht dar¨ uber hinaus die u ¨bliche Auswertung derartiger Messungen in Form von normierter Schalldruckleistung aufgetragen u ¨ber der Frequenz (Leistungsspektrum) oder auch in Form der Effektivwerte (RMS-Werte, (2.11)) als Funktion der Frequenz (Amplitudenspektrum). Derartige Auswertungen werden sinnvollerweise mit Hilfe von schnellen FFTSignalanalysatoren oder mit Rechnerunterst¨ utzung (FFT-Analyse) durchgef¨ uhrt. Dabei werden die Zeitsignale p(t) mit Hilfe einer Fast-Fourier-Transformation (FFT) in ihre Frequenzanteile zerlegt und lassen damit die Verteilung der Wanddruckschwankungsanteile u uber hinaus auch besonders signifi¨ber der Frequenz und dar¨ kante Signalanteile z.B. im Falle einer Str¨omungsinstabilit¨at mit ausgepr¨agter Eigenfrequenz erkennen. Nachfolgend soll ein Beispiel f¨ ur den Einsatz von Mikrofonen als Sensorarray gegeben werden. Bild 2.37b zeigt eine praktisch realisierte Arrayanordnung, die z.B. auf einem Tragfl¨ ugel angewendet werden kann. Im folgenden Beispiel werden Mikrofone in drei spannweitigen Reihen mit jeweils 16 Mikrofonen auf einem Messhandschuh (siehe dazu auch Bild 2.44) zur Untersuchung der Instabilit¨aten einer Fl¨ ugelgrenzschicht bei Flugmessungen eingesetzt. Ein Ergebnis dieser Messungen ist in Bild 2.39 festgehalten. Die Messung wurde im Freiflug bei einer Geschwindigkeit von u∞ = 23.6 m/s durchgef¨ uhrt. Alle drei Frequenzspektren der hintereinander liegenden Sensoren zeigen die typische frequenzbandselektive Anfachung von St¨orungen in der laminaren Grenzschicht. a

b Reihe

7mm

-40

ERMS [dB]

3 x/c=48.5% -60

3

7mm

2 x/c=47.4%

-80

2 -100

1 0

500

1000 1500 f [Hz]

1 x/c=46.3% 2000

0

10

20 t [ms]

30

40

u:

Bild 2.39: Mikrofonsignale aus Flugmessungen bei u∞ = 23, 6 m/s als Frequenza und Bandpassspektrum von jeweils einem Sensors einer Reihe  b gefiltertes Zeitsignal desselben Sensors  Das Spektrum des Sensors der ersten Reihe bei 46,3% Fl¨ ugeltiefe zeigt im Bereich von 550 Hz bis 1000 Hz erh¨ohte Amplituden. Diese Frequenzen sind auch als Wellenpakete in dem dazugeh¨origen Zeitschrieb zu erkennen. Der weiter stromab angeordnete Sensor erfasst ebenfalls diese Wellenpakete. Sie haben eine gr¨oßere Amplitude, das heißt die St¨orungen wurden angefacht und sie treten zeitlich gesehen sp¨ater auf (1 ms). In dem Spektrum der zweiten Reihe liegt demzufolge der Frequenz-Buckel der Tollmien-Schlichting-Instabilit¨aten bei 550 Hz bis 1000 Hz u ¨ber dem der ersten Reihe. Der zeitliche Versatz der Phase eines Wellenpaketes ist ebenfalls bei den Zeitschrieben von der zweiten zur dritten Sensorreihe zu beobachten und verdeutlicht den konvektiven Transport der St¨orungen in der Grenzschicht. Außerdem haben die

2.6. Messung von Wanddruckschwankungen

35

Wellenpakete noch gr¨oßere Amplituden. Der Frequenzbuckel im Bereich von 550 Hz bis 1000 Hz des Sensors der dritten Reihe liegt also wieder u ¨ber dem der zweiten Reihe. Außerdem sieht man im Spektrum des Sensors der dritten Reihe eine weitere Erhebung bei 1100 Hz bis 1600 Hz, die auch sehr schwach schon im Spektrum des Sensors der zweiten Reihe zu finden ist. Diese Erhebung deutet auf die Anfachung von St¨orungen der h¨oherharmonischen Frequenzen des instabilen Frequenzbereichs der Grenzschicht hin, die mit zunehmender Fl¨ ugeltiefe immer mehr verst¨arkt werden ¨ und schließlich auch zum Ubergang in die turbulente Grenzschicht f¨ uhren.

2.6.2

Polymer-Sensor-Folien (Piezo-Folien)

Neben Miniatur-Druckaufnehmern bzw. Wandmikrofonen k¨onnen f¨ ur die Messung von Wanddruckschwankungen auch piezoelektrische Folien eingesetzt werden, die aus metallbeschichteten, teilkristallinen Polymeren (z.B. Polyvinylidenfluorid-PVDF) gefertigt sind. Bei einer Druckbeaufschlagung reagieren die Piezofolien mit kraftproportionalen Ladungsverschiebungen, die mit Hilfe eines Ladungsverst¨arkers registriert werden k¨onnen und unter Ber¨ ucksichtigung der Sensorfl¨ache die Druckschwankung liefern. Der Zusammenhang zwischen elektrischer Ladung Q und dem Druck p ist durch die piezoelektrischen Konstanten d3i (i = 1 − 3) und der aktiven Sensorfl¨ache F nach Gl. 2.22 gegeben (Bild 2.40).

Qi = d3i · p · F i − Belastungsrichtung piezoelektrische Konstanten

1 mm

Basisfolie

(2.22)

d33

10-100 mm

Polyvinylidenfluorid (PVDF) Beschichtung

Einzelsensor

d31

passiv

aktiv

d32

Bild 2.40: Typische Abmessungen und Eigenschaften piezoelektrischer Folien, Aufbau eines Einzelsensors p a

b

Qkonvektiv ~ tW

T > TFluid Q = dT . DT . FSensor dT = -30.10 C/(m K) (Pyrokonstante) -6

2

Ladungsverschiebung

Q = d33 . p .FSensor d33 = -33.10-12 C/N (Piezokonstante)

a und Bild 2.41: Ladungsverschiebung bei der PVDF-Folie durch den Pyroeffekt  b durch den Piezoeffekt 

36

2. Druckmessung

Dieser rein mechanische Effekt der elektrischen Polarisation aufgrund mechanischer Deformation wird Piezoeffekt genannt. Neuere Untersuchungen zeigen, dass sich neben diesem mechanisch-elektrischen Zusammenhang auch der thermisch-elektrischer Zusammenhang (Pyroeffekt) f¨ ur eine Analyse dynamischer Wandkr¨afte nutzen l¨asst. Dieser Effekt bewirkt Ladungsverschiebungen aufgrund von Temperatur¨anderungen (Bild 2.41a). Die pyroelektrische Eigenschaft der PVDF-Folie wird durch die Pyrokonstante dT quantifiziert. Eine gezielte Ausnutzung der Pyroeffektes kann bei speziellen Anwendungen zu einer Verbesserung des Signal-Rausch-Verh¨altnisses beitragen (s. Kap. 8). Dabei wird die Struktur unter den Sensoren geringf¨ ugig aber konstant beheizt und damit letztlich str¨omungsinduzierte Temperaturschwankungen gemessen. In erster N¨aherung kann davon ausgegangen werden, dass diese Temperaturschwankungen an der Wand mit den W¨arme¨ ubergangsschwankungen, d.h. auch mit den Wandschubspannungsschwankungen (s. Kap. 4.3) korrelieren. Bild 2.40 verdeutlicht die typischen Abmessungen einer Piezofolie (Foliendicke zwischen 10 µm < h 1) bildet sich vor der Messsonde ein Verdichtungsstoß aus (siehe Bild 2.6), u ¨ber den die Geschwindigkeit auf M < 1 reduziert wird. Damit sinkt der dynamische Druck im Staupunkt gegen¨ uber dem Wert der ungest¨orten Str¨omung, w¨ahrend der statische Druck u ¨ber den Stoß steigt. Auch der gemessene Gesamtdruck reduziert sich aufgrund von Gesamtdruckverlusten u ¨ber einen Stoß. Unter Annahme eines geraden Verdichtungsstoßes sowie unter Zuhilfenahme der entsprechenden gasdynamischen Zusammenh¨ange kann die Mach-Zahl der ungest¨orten Str¨omung f¨ ur den Fall, dass der statische Druck vor dem Verdichtungsstoß gemessen wurde, iterativ u ¨ber die Rayleigh-Pitot-Formel 

(κ + 1)2 · M 2 pˆ0 = p 4κ · M 2 − 2(κ − 1)



κ κ−1



·

1 − κ + 2κ · M 2 κ+1



(3.21)

und f¨ ur den Fall, dass der statische Druck hinter dem Verdichtungsstoß ermittelt wurde, u ¨ber 

pˆ0 (κ + 1)2 · M 2 = pˆ 4κ · M 2 − 2(κ − 1)



κ κ−1

(3.22)

bestimmt werden (ˆkennzeichnet die Gr¨oßen hinter dem Stoß). Hinsichtlich der Winkelempfindlichkeit von Geschwindigkeitsmessungen mit Drucksonden sowie hinsichtlich einer Messung r¨aumlicher Geschwindigkeitsvektoren mit Hilfe von Mehrlochsonden sei auf die entsprechenden Ausf¨ uhrungen zu den einzelnen Sondentypen in den Abschnitten 2.3.1 und 2.3.3 verwiesen. Generell ist zu dieser Methode der Geschwindigkeitsmessung festzuhalten, dass Drucksonden zwar ausschließlich zur Bestimmung von zeitlich gemittelten Str¨omungsgeschwindigkeiten geeignet sind, dabei aber infolge des direkten Messprinzips eine sehr hohe Genauigkeit aufweisen und daher auch standardm¨aßig zur Kalibrierung indirekter Geschwindigkeitsmessverfahren (z. B. bei der Hitzdrahtanemometrie, siehe nachfolgender Abschnitt 3.3.1) eingesetzt werden.

3.3

Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren

Zur Gruppe der thermoelektrischen Geschwindigkeitsmessverfahren geh¨oren insbesondere die seit vielen Jahren sehr verbreitete Hitzdrahtanemometrie und auch die wesentlich j¨ ungere Pulsdrahttechnik. W¨ahrend die Hitzdrahtmethode ein klassisches Analogieverfahren und damit indirektes Geschwindigkeitsmessverfahren ist, basiert die Pulsdrahttechnik auf einer direkten Laufzeitmessung eines mit der Str¨omung mitschwimmenden thermischen Pulses. Beide Verfahren werden nachstehend im einzelnen erl¨autert.

3.3. Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren

3.3.1

49

Hitzdrahtanemometrie

Die Hitzdrahtanemometrie geh¨ort zu den klassischen Geschwindigkeitsmessverfahren in der experimentellen Str¨omungsmechanik und erlaubt sowohl die Messung von zeitlich gemittelten Geschwindigkeiten als auch von Schwankungsgeschwindigkeiten. Insbesondere letztere Eigenschaft hat zu der großen Verbreitung dieser Messtechnik beigetragen, da hiermit erstmalig ein Instrumentarium bereitstand, die Turbulenz eines Str¨omungsvorganges quantitativ zu erfassen. Das Funktionsprinzip der Hitzdrahtanemometrie besteht darin, einen d¨ unnen Metalldraht, der zwischen zwei Zinken der Hitzdrahtsonde gespannt ist, mit Hilfe einer elektrischen Br¨ uckenschaltung auf eine Temperatur aufzuheizen, die deutlich u ¨ber der Str¨omungstemperatur liegt, und die daf¨ ur erforderliche elektrische Heizspannung als Maß f¨ ur die Geschwindigkeit zu verwenden, Bild 3.8. Dieses Ersatzschaltbild beschreibt die Konstant-Temperatur-Anemometrie (Constant-Temperature-Anemome¨ try – CTA), bei der die Ubertemperatur des Sensors durch Wahl des Operationswiderstandes R0 gesteuert und u uckenschaltung konstant gehalten werden ¨ber die Br¨ kann.

R0

u, TF TS > TF

+

-

UB R1

R2

Bild 3.8: Schematischer Aufbau eines Konstant-Temperatur-Anemometers (CTA) Diese Konstant-Temperatur-Regelung erfolgt unter Ausnutzung der ausgepr¨agten Temperaturabh¨angigkeit des Sensorwiderstandes, Bild 3.9, der einen nahezu linearen Zusammenhang zwischen elektrischem Widerstand und Sensortemperatur aufweist. Durch Vorgabe von R0 ist damit eindeutig die mittlere Sensortemperatur festgelegt. In der Praxis wird dieser Widerstand u ¨blicherweise so eingestellt, dass das Temperaturverh¨altnis T-Sensor/T-Fluid in der Gr¨oßenordnung von TS /TF  1,5 liegt.

Bild 3.9: Widerstandscharakteristik eines Hitzdrahtes

50

3. Geschwindigkeitsmessung QK QL

QL QE

d

Sensorhalter

Bild 3.10: W¨armebilanz eines Hitzdrahtes Das thermoelektrische Messprinzip des Hitzdrahtes und damit auch der auszunutzende Zusammenhang zwischen Str¨omungsgeschwindigkeit und elektrischer Heizspannung ergibt sich aus einer W¨armebilanz eines elektrisch geheizten und konvektiv gek¨ uhlten Drahtes, Bild 3.10. Unter Vernachl¨assigung von Strahlungsverlusten, die bei Hitzdr¨ahten typischerweise kleiner 1% der Konvektion sind, und zun¨achst auch unter Vernachl¨assigung der W¨armeleitungsverluste Q˙ L des Hitzdrahtes in seine Halterungen (Idealisierung als unendlich langer Draht), stellt sich ein integrales Gleichgewicht zwischen der im Hitzdraht selbst erzeugten elektrischen bzw. Ohmschen W¨arme Q˙ E und der konvektiv an die Str¨omung abgegebenen W¨arme Q˙ K ein. Dieses Gleichgewicht kann als U2 = F α (TS − TF ) R0

(3.23)

geschrieben werden, womit das auf den Arbeitswiderstand R0 des Hitzdrahtes bezogene Quadrat der elektrischen Heizspannung U mit dem W¨arme¨ ubergangskoeffizienten α, der Sensorfl¨ache F und der treibenden Temperaturdifferenz zwischen Sensor und Fluid verkn¨ upft ist. Im CTA-Messmodus sind nun in (3.23) -bei zus¨atzlich angenommener Konstanz der Str¨omungstemperatur TF - alle Gr¨oßen mit Ausnahme der Heizspannung U und des W¨arme¨ ubergangskoeffizienten α konstant. Da die konvektive W¨armeabgabe vom Hitzdraht an das Fluid durch eine W¨arme¨ ubergangsbeziehung f¨ ur die Nußelt-Zahl in Abh¨angigkeit von der Reynolds-Zahl

N u = A0 + B0 Rend αd Nu − λ A0 , B0 − Konstanten

(3.24)

beschrieben ist, ergibt sich aus (3.23) und (3.24) unter Annahme konstanter Stoffwerte und L¨angen auch in der Nußelt und Reynolds-Zahl der einfache Zusammenhang zwischen Heizspannung U und Str¨omungsgeschwindigkeit u

U 2 = A + Bun A, B − Kalibrierkonstanten

(3.25)

der als Kingsches Gesetz bezeichnet wird. Der Geschwindigkeitsexponent kann dabei n¨aherungsweise zu n = 0, 5 gesetzt werden, da die konvektive W¨armeabgabe des

3.3. Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren

51

Hitzdrahtes infolge der kleinen Reynolds-Zahl der Drahtumstr¨omung (Red ≈ 5 f¨ ur d = 5 µm und u = 15 m/s) als laminare Zylinderumstr¨omung anzusehen ist und damit dieser Exponent aus der W¨arme¨ ubergangsfunktion (3.24) resultiert. Generell ist durch (3.25) eine sehr einfache Kalibrationsvorschrift f¨ ur Hitzdr¨ahte vorgegeben, die jedoch aufgrund der getroffenen Vereinfachungen zu leichten Abweichungen vom Experiment f¨ uhren kann.

Bild 3.11: Kalibrierung eines Hitzdrahtes In Bild 3.11a ist dazu eine derartige Kalibration gezeigt, bei der zwei Wertepaare zur Fixierung der Konstanten A und B verwendet wurden. Als Referenzverfahren f¨ ur die Str¨omungsgeschwindigkeit wird bei Hitzdraht-Kalibrierungen u ¨blicherweise ein Pitot oder Prandtl-Rohr eingesetzt. In Bild 3.11 ist nun allerdings nicht die Heizspannung U des Sensors entsprechend (3.25), sondern die unmittelbar als Messwert des Hitzdraht-Anemometers anfallende Br¨ uckenspannung UB aufgetragen. Diese beiden Spannungen stehen jedoch in direktem Zusammenhang, und zwar bezugnehmend auf das in Bild 3.8 gezeigte Ersatzschaltbild u ¨ber

U=

UB R0 R0 + R1

(3.26)

Da die Widerst¨ande R0 und R1 konstant sind, ist die Spannung U mit UB durch einen konstanten Faktor verkn¨ upft, so dass auch die Transformation des Kingschen Gesetzes auf die Br¨ uckenspannung m¨oglich ist. Wie aus Bild 3.11 deutlich erkennbar ist, wird der charakteristische Verlauf der gemessenen Br¨ uckenspannungen u ¨ber der Geschwindigkeit durch (3.25) gut wiedergegeben, allerdings h¨angt die G¨ ute dieser ¨ Ubereinstimmung etwas von der Wahl der verwendeten Wertepaare ab und zeigt auch im vorliegenden Beispiel deutlichere Abweichungen bei kleinen Str¨omungsgeschwindigkeiten. Da die Genauigkeit der Hitzdrahtkalibration in der Praxis nat¨ urlich sehr wichtig ist, werden derartige Kalibrationskurven bevorzugt in Form von Polynomapproximationen (z.B. durch kubische Spline-Funktionen) abgebildet, Bild 3.11b, die u ¨ber den gesamten Messbereich eine gleichbleibend gute Genauigkeit liefern. 3.3.1.1

Einflussgr¨ oßen auf Hitzdrahtmessungen

Wie bereits aus der einfachen Bilanzgleichung (3.23) ersichtlich wurde, weisen Hitzdr¨ahte aufgrund ihres Messprinzips eine starke Abh¨angigkeit von allen Str¨omungsparametern auf, die ihren W¨armehaushalt beeinflussen. Dazu geh¨ort in erster Linie

52

3. Geschwindigkeitsmessung

die Temperatur des Str¨omungsmediums als Bestandteil der treibenden Temperaturdifferenz, ferner ergeben sich Einfl¨ usse aus der Anstr¨omrichtung des Hitzdrahtes durch Ver¨anderung der effektiven Oberfl¨ache des Hitzdrahtes und speziell f¨ ur hochturbulente Str¨omungen auch aus dem Turbulenzgrad der Anstr¨omung (siehe dazu Kapitel 7). Den sehr ausgepr¨agten Einfluss der Str¨omungstemperatur auf die Kalibrierung eines Hitzdrahtes zeigt Bild 3.12 f¨ ur −22◦ C < TF < 150◦ C (Sensortemperatur TS = 250◦ C). Zur Kompensation dieses Temperatureinflusses kann in erster N¨aherung von (3.23) ausgegangen werden, womit sich unter Bezug auf eine Basiskalibrierung UB,0 = f (u) bei einer Ausgangstemperatur TF,0 - die einfache Korrekturformel f¨ ur die jeweils aktuelle Temperatur TF 2 UB2 = UB,0

TS − TF TS − TF,0

(3.27)

ergibt. Speziell f¨ ur gr¨oßere Temperaturunterschiede, bei denen sich diese Korrektur als nicht mehr ausreichend genau erweist, empfiehlt sich die Erweiterung auf 

2 UB2 = UB,0

TS − TF 1 + m (TS − TF ) TS − TF,0 1 + m (TS − TF0 )



(3.28)

Die empirische Konstante m kann durch einen zus¨atzlichen Kalibrationspunkt bei der Temperatur TF ermittelt werden. TFluid [°C]

Brückenspannung UB [V]

Kalibration Hitzdraht Messung 1210-T1.5

-22 35 UB,0

99 150

U2B = U2B,0.

TS-TF TS-TF,0

Geschwindigkeit [m/s]

Bild 3.12: Einfluss der Str¨omungstemperatur auf die Kalibrierung eines Hitzdrahtes Eine weitere und speziell bei rechnerunterst¨ utzten Hitzdrahtmessungen gut anwendbare Methode zur Kompensation des Temperatureinflusses ergibt sich aus der um die W¨armeleitungsverluste Q˙ L in die Sensorhalterungen vervollst¨andigten W¨armebilanz eines Hitzdrahtsensors. Entsprechend Bild 3.10 gilt die integrale Bilanzgleichung

Q˙ E = Q˙ K + 2Q˙ L oder

Q˙ L Q˙ E = Q˙ K 1 + 2 Q˙ K

(3.29) 

¨ Aufgrund von ¨ahnlichkeitsmechanischen Uberlegungen kann postuliert werden, dass ebenso wie die konvektive W¨armeabgabe des Hitzdrahtes selbst gem¨aß (3.23) und

3.3. Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren

53

(3.24) auch das Verh¨altnis von W¨armeleitung und Konvektion Q˙ L /Q˙ K allein durch die Reynolds-Zahl der Hitzdrahtumstr¨omung beschrieben ist. Damit kann eine praktische Hitzdrahtmessung prinzipiell auch derart ausgef¨ uhrt werden, dass u ¨ber (3.29) die jeweilige Reynolds-Zahl und damit auch die Str¨omungsgeschwindigkeit bestimmt wird, mit der diese Bilanzgleichung erf¨ ullt ist. Das Kalibrationsproblem verlagert sich daher jetzt von der Zuordnung von Str¨omungsgeschwindigkeit und Br¨ uckenspannung auf die Ermittlung des funktionalen Zusammenhanges

2

Q˙ L = f (Red ) Q˙ K

(3.30)

Eine derartige Kalibration zeigt Bild 3.13 f¨ ur die gleichen Messwerte, die bereits in Bild 3.12 verwendet wurden. Zun¨achst geht aus dieser Darstellung hervor, dass das Verh¨altnis von Leitungsverlusten zur konvektiven W¨armeabgabe f¨ ur Hitzdrahtsonden nur schwach von der Reynolds-Zahl abh¨angt, zus¨atzlich macht Bild 3.13 deutlich, dass der Temperatureinfluss auf eine Hitzdrahtmessung bei dieser Kalibrationsmethode jetzt automatisch erfasst wird, d.h. keine weiteren Korrekturfunktionen ben¨otigt werden. Dar¨ uber hinaus handelt es sich bei der Kalibrationsfunktion (3.30) um eine sondentypische Korrelation, die bei Kenntnis ihrer generellen Reynolds-Zahl-Abh¨angigkeit (Basiseichung) bereits durch einen einzelnen Kalibrationspunkt bei beliebiger Temperatur zur Festlegung der Konstante C0 f¨ ur die Funkti¨ on (3.30) bestimmbar ist. Eine mit Bild 3.12 direkt vergleichbare Uberpr¨ ufung dieser Einzelpunkt-Kalibrierung ist in Bild 3.14 gezeigt und verdeutlicht die Wirksamkeit dieser Methode. TFluid [°C]

2QL / QK

Hitzdraht 1210-T1.5 TS = 250°C l/d = 333

-22 35 59 100 150

c0 = 0,007.Red

u.d Reynolds-Zahl Red = n

Bild 3.13: W¨armebilanzkalibrierung eines Hitzdrahtes Kalibration Hitzdraht Messung 1210-T1.5

TFluid [°C]

Brückenspannung UB [V]

-22 35 99 150 2QL/QK = 0.2 2QL/QK = 0.207-0.007 Red

Geschwindigkeit [m/s]

¨ Bild 3.14: Uberpr¨ ufung der Einzelpunkt-Kalibrierung

54

3. Geschwindigkeitsmessung

Neben der Str¨omungstemperatur kann bei einer Geschwindigkeitsmessung mit Hitzdr¨ahten auch die Anstr¨omrichtung des Drahtes eine große Rolle spielen. Weicht die Richtung des resultierenden Geschwindigkeitsvektors u von der Mittelachse der Sonde ab, Bild 3.15, so reduziert sich die effektive K¨ uhlgeschwindigkeit des Sensors und f¨ uhrt zu kleineren Heizspannungen. F¨ ur einen unendlich langen Hitzdraht gilt bei einer Anstr¨omung in der Ebene des Drahtes der einfache Zusammenhang uef f = u cos α

(3.31)

z

x

Y

a u

Bild 3.15: Schr¨aganstr¨omung eines Hitzdrahtes Zur Ber¨ ucksichtigung des Einflusses der Hitzdrahthalterungen bei einem endlich langen Draht wird der erweiterte Ansatz unter Einf¨ uhrung eines empirischen Korrekturfaktors kT f¨ ur den tangentialen Anteil 

uef f = u cos2 α + kT2 sin2 α

(3.32)

gemacht. Der Faktor kT kann f¨ ur große Bereiche selbst noch von der Geschwindigkeit abh¨angig sein. F¨ ur den ebenen Str¨omungsfall sind in Bild 3.16 sowohl Messergebnisse in Form von Kalibrationskurven f¨ ur verschiedene Anstr¨omwinkel als auch Approximationen u ¨ber eine Abbildungsfunktion entsprechend (3.32) gezeigt. Die Geschwindigkeitsabh¨angigkeit von kT wird hierbei u ¨ber einen Ansatz kT = C1 + C2 un

(3.33)

ucksichtigt. F¨ ur den Fall, dass der mit den empirischen Gr¨oßen C1 , C2 und n ber¨ resultierende Str¨omungsvektor in Abweichung von Bild 3.15 nicht nur in der Sensorebene von der Sondenachse abweicht, sondern auch eine z-Komponente unter einem Winkel β aufweist, muss (3.32) zu 

ueff uT uBN

= uN + kT uT + KBN uBN mit = u sin α = u cos α sin β

(3.34) (3.35)

erweitert werden, worin die Korrekturfaktoren kT f¨ ur den tangentialen Anteil in yur den binormalen Anteil in z-Richtung wiederum empirisch zu Richtung und kBN f¨ bestimmen sind.

55

Brückenspannung UB [V]

3.3. Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren

Geschwindigkeit u [m/s]

Bild 3.16: Einfluss des Anstr¨omwinkels auf Hitzdrahtmessungen 3.3.1.2

Hitzdrahtsonden

Eine handels¨ ubliche Ausf¨ uhrung einer einfachen Hitzdrahtsonde zeigt Bild 3.17. Als Detail sind Einzelheiten des eigentlichen Sensors abgebildet, und zwar sowohl f¨ ur den klassischen Hitzdraht mit einer Drahtst¨arke von d ≈ 5 µm als auch f¨ ur eine Filmsonde mit d ≈ 50 µm, die aus einem metallbeschichteten Glaszylinder besteht, der aufgrund seines gr¨oßeren Durchmessers eine h¨ohere mechanische Robustheit im Vergleich zu einer Drahtsonde aufweist. 38 mm

a

Sensor

3.2 mm

elektr. Anschlüsse

9.5 mm (Hitzdraht) 12.7 mm (Heißfilm) platinbeschichteter Wolfram-Draht Ø 0.0038 mm

b

l= 1.25 mm Haltestifte

aluminiumbeschichteter Platin-Film auf Glaszylinder Ø 0.051 mm

l= 1.0 mm

c

Haltestifte

a und Sondenk¨opfe einer Drahtsonde  b und Bild 3.17: Standard-Hitzdrahtsonde  c (nach TSI) einer Filmsonde  F¨ ur spezielle Anwendungsf¨alle sind neben der Standard-Ausf¨ uhrung auch spezielle Sondenformen gebr¨auchlich, Bild 3.18. Diese Zusammenstellung zeigt beispielsweise eine Grenzschichtsonde f¨ ur Messungen in unmittelbarer Wandn¨ahe, bei der ein Abstandshalter den unmittelbaren Kontakt des Sensors mit der Wand und damit seine Zerst¨orung verhindern soll. Gezeigt sind ferner Kegel bzw. Keilsonden f¨ ur Messungen in Hochgeschwindigkeitsstr¨omungen, die eine mechanische Unterst¨ utzung des Sensors zur Vermeidung eines Sensorbruchs infolge starker Str¨omungskr¨afte aufweisen, und Mehrdrahtsonden, die f¨ ur r¨aumliche Str¨omungsuntersuchungen unter Ausnutzung der durch (3.32) f¨ ur den ebenen Str¨omungsfall und durch (3.34) f¨ ur den dreidimensionalen Fall gegebenen Zusammenh¨ange f¨ ur die Winkelabh¨angigkeit von Hitzdrahtsignalen eingesetzt werden k¨onnen.

56

3. Geschwindigkeitsmessung Kegelsonde

Keilsonde

Grenzschichtsonde Abstandshalter

1.5 mm 1.5 mm Quarz Quarz 40°

X-Draht (90°)

Dreidraht-Sonde

Bild 3.18: Hitzdrahtsonden f¨ ur spezielle Anwendungen (nach TSI)

3.3.2

Pulsdrahtanemometrie

Bei der Pulsdrahtanemometrie erfolgt die Messung der Geschwindigkeit unmittelbar durch eine Laufzeitmessung von kurzen, durch getaktetes Anlegen einer elektrischen Heizspannung erzeugten thermischen Pulsen, die von dem Sendedraht einer Pulsdrahtsonde, Bild 3.19, mit der Str¨omungsgeschwindigkeit zu dem je nach Str¨omungsrichtung stromab liegenden Empfangsdraht transportiert werden und dort als kurzfristige elektrische Widerstands¨anderungen zeitversetzt registriert werden k¨onnen.

Empfangsdrähte Sondenhalter

s Pulsdraht

u

Bild 3.19: Aufbau einer Pulsdrahtsonde nach Bradbury und Castro) Im Prinzip handelt es sich bei der Pulsdrahtanemometrie damit um ein klassisches Weg-Zeit-Messverfahren, bei dem bei Anstr¨omung der Sonde senkrecht zu den Empfangsdr¨ahten und zum Sendedraht der einfache Zusammenhang zwischen dem Betrag der Geschwindigkeit u, dem Abstand s zwischen Sende- und Empfangsdraht, der Flugzeit t und im Falle einer Schr¨aganstr¨omung in der Ebene des Sendedrahtes senkrecht zu den Empfangsdr¨ahten dem Schiebewinkel ϕ |u| =

s t cos ϕ

(3.36)

gilt. Je nach dem, ob der vor oder hinter dem Sendedraht liegende Empfangsdraht den thermischen Puls empf¨angt, ergibt sich auch das Vorzeichen der Geschwindigkeit. Der jeweilige Anstr¨omwinkel, der zun¨achst nicht als bekannt vorausgesetzt werden kann, ist durch Drehung der Sonde in der Str¨omungsebene durch eine Minimumbestimmung der Flugzeit bzw. Maximumbestimmung der resultierenden Geschwindigkeit zu ermitteln.

3.3. Thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren

57

Anzahl der Messwerte N

u

4

0

8

u [m/s]

12

Bild 3.20: H¨aufigkeitsverteilung einer Pulsdrahtmessung Die Taktfrequenz des Sendedrahtes wird u ¨blicherweise im Bereich von 5-10 Hz gew¨ahlt, wobei die Pulsdauer zwischen 0,5 und 50 µs liegen sollte. Da die Pulsdauer damit um einige Gr¨oßenordnungen unter der Taktfrequenz liegt, ist eine Abk¨ uhlung des Sendedrahtes zwischen den einzelnen Pulsen gew¨ahrleistet und auch mit der Einschr¨ankung auf kleinere Str¨omungsgeschwindigkeiten - eine eindeutige Signalzuordnung zwischen Sende- und Empfangssignalen m¨oglich. Die Auswertung der Signale bei Pulsdrahtmessungen erfolgt konsequenterweise nicht von Puls zu Puls, sondern u ur die Auswertung der H¨au¨ber statistische Methoden, wie z.B. Bild 3.20 f¨ figkeitsverteilung einer Pulsdraht-Geschwindigkeitsmessung zeigt. F¨ ur eine sichere Messaussage werden je nach Turbulenzgrad der Str¨omung - ca. 500 bis 5000 Einzelmessungen ben¨otigt. Unter Annahme einer Normalverteilung der Messwerte kann die mittlere Geschwindigkeit auch u ¨ber den arithmetischen Mittelwert der Einzelwerte ui eines Messzyklus mit einer Messwertanzahl N

u=

1 N

N

ui

(3.37)

i=1

und ebenso der Effektivwert der Geschwindigkeitsschwankung u u ¨ber eine Auswertung der Differenzen zwischen dem Mittelwert u und den Einzelwerten ui 

u2

=

   

1 N

N

(u − ui )2

(3.38)

i=1

bestimmt werden. Neben dieser direkten Signalauswertung kann auch eine Kalibrationskurve zur Geschwindigkeitsmessung herangezogen werden, Bild 3.21, in der die Str¨omungsgeschwindigkeit u mit der Taktzahl NT korreliert ist. Diese Taktzahl beschreibt die Flugzeit eines thermischen Pulses von dem Sendedraht bis zum Empfangsdraht ausgedr¨ uckt in den gez¨ahlten Takten eines digitalen Z¨ahlers. Mit zunehmender Str¨omungsgeschwindigkeit nimmt die Flugzeit und damit auch die Taktzahl ab. Dieser Zusammenhang kann gut durch Polynome entweder bezogen auf die Flugzeit T u=

B A + 2 T T

(3.39)

58

3. Geschwindigkeitsmessung

oder auch die Taktzahl NT anstelle der Flugzeit T beschrieben werden, Bild 3.21. Die leichten Abweichungen zwischen den beiden Kalibrationskurven bei Vorw¨arts bzw. R¨ uckw¨artsanstr¨omung der Pulsdrahtsonde ergeben sich dabei aus unvermeidbaren geometrischen Bauungenauigkeiten, z.B. hinsichtlich des Abstandes zwischen Sende- und Empfangsdr¨ahten. Aus dieser Darstellung wird auch besonders deutlich, dass der Einsatzbereich von Pulsdraht-Anemometern auf relativ kleine Str¨omungsgeschwindigkeiten von u < 15 m/s beschr¨ankt bleiben muss, da das zeitliche Aufl¨osungsverm¨ogen bei h¨oheren Geschwindigkeiten drastisch abnimmt und keine sicheren Messungen mehr erlaubt.

Geschwindigkeit u [m/s]

10 8

Pulsdraht 1

6

2

4 1

2 2

0

500

1000

1500 Taktzahl NT

2000

Bild 3.21: Kalibrierung einer Pulsdrahtsonde in Abh¨angigkeit von der Taktzahl (Zahl der Zeitinkremente pro Flugzeit), NT ·1, 8·106 = 1s (nach F. Feyzi) Speziell bei Messungen in Str¨omungen mit variabler Str¨omungsrichtung ist neben einer Betrags- auch eine Winkelkalibrierung der Pulsdrahtsonde von Bedeutung, die theoretisch entsprechend (3.36) einer einfachen Cosinus-Beziehung gehorcht. Aufgrund von Bauungenauigkeiten der Sonde kann es aber auch hier zu Abweichungen von der Theorie kommen. Eine derartige Winkelkalibrierung zeigt Bild 3.22 f¨ ur eine konstante Str¨omungsgeschwindigkeit von u = 5 m/s sowohl f¨ ur den Fall der vorw¨arts als auch r¨ uckw¨arts angestr¨omten Pulsdrahtsonde f¨ ur Anstr¨omwinkel von −80◦ < ϕ < 80◦ . Deutlich erkennbar zeigen die Messergebnisse eine leichte Unsymmetrie und damit auch Abweichungen von der theoretischen Charakteristik, die bei praktischen Messungen zu ber¨ ucksichtigen sind.

Bild 3.22: Winkelcharakteristik einer Pulsdrahtsonde (nach F. Feyzi)

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

3.4

59

Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

Optische Geschwindigkeitsmessverfahren z¨ahlen zu den ber¨ uhrungslosen und damit auch st¨orungsfreien Str¨omungsmessverfahren. Sie werden vorzugsweise dann eingesetzt, wenn entweder die Str¨omung sehr empfindlich auf Messsonden, wie beispielsweise auf Hitzdrahtsonden oder auch Drucksonden, reagiert, und damit das Messergebnis nicht mehr dem der ungest¨orten Str¨omung entsprechen w¨ urde, oder wenn das Einbringen einer Str¨omungsmesssonde nicht m¨oglich ist, z.B. bei Messungen in Str¨omungsmaschinen mit rotierenden Komponenten. Dar¨ uber hinaus haben sich optische Str¨omungsmessverfahren speziell bei komplexen Str¨omungsuntersuchungen mit hohen Turbulenzgraden stark durchgesetzt, da hier mit den vom instrumentellen Aufwand zwar einfacheren Sondenverfahren sehr schnell die messphysikalischen Einsatzgrenzen erreicht bzw. u ¨berschritten werden k¨onnen. Die in der Str¨omungsmesstechnik eingesetzten optischen Geschwindigkeitsmessverfahren arbeiten gr¨oßtenteils mit Hilfe von Lasern. Dabei wird entweder die geschwindigkeitsabh¨angige Frequenz der Lichtstreuung von mitschwimmenden Partikeln ausgenutzt (Laser-Doppler-Anemometer) oder aber die aus der zeitversetzten Lichtemission bestimmte Laufzeit von Partikeln zwischen zwei parallel fokussierten Laserstrahlen (Laser-2Fokus-Anemometer) als Maß f¨ ur die Geschwindigkeit verwendet. Hinzu kommen noch Verfahren, bei denen eine fl¨achenhafte Partikelverfolgung in einer optischen Bildebene, z.B. in einer durch Laser erzeugten Lichtebene, in Verbindung mit einer digitalen Bildverarbeitung zur Vermessung eines Str¨omungsfeldes dient (Particle-Image-Velocimetry). Nachstehend sollen speziell diese drei optischen Geschwindigkeitsmessverfahren erl¨autert werden.

3.4.1

Laser-Doppler-Anemometrie

Die Laser-Doppler-Anemometrie (LDA) beruht prinzipiell auf einer Messung der Lichtstreuung an Partikeln, die in einer Str¨omung mitschwimmen. Als Lichtquelle werden dabei u ¨blicherweise kontinuierlich arbeitende Gas- oder Halbleiterlaser eingesetzt, die monochromatisches und koh¨arentes Licht hoher Intensit¨at und B¨ undelung aussenden. Diese Laserstrahlen erfahren bei einer Streuung an bewegten Partikeln eine mit dem akustischen Doppler-Effekt prinzipiell vergleichbare Frequenzverschiebung, die von der Geschwindigkeit der Partikel abh¨angt. Aus diesem Signal kann eine charakteristische Frequenz ermittelt werden, die die gesuchte Geschwindigkeitsinformationen enth¨alt. Um eine diskrete Aufl¨osung dieser Frequenzen (in der Gr¨oßenordnung der Lichfrequenz) zu umgehen, wird der Laserstrahl in zwei Partialstrahlen aufgespalten und anschließend zu einem Schnittvolumen (Messvolumen) u ¨berlagert. Im Detektor werden die zwei Doppler-verschobenen Lichtwellen, die aus den zwei unterschiedlichen Richtungsvektoren des einfallenden Lichtes resultieren, ¨ gleichzeitig erfasst. Aus der Uberlagerung der beiden Lichtwellen resultiert eine niederfrequent modulierte Signalwelle. Diese Modulations- oder Schwebungsfrequenz (im Folgenden als Doppler-Frequenz bezeichnet) liegt in einem wesentlich einfacher aufl¨osbaren Frequenzbereich. Die am h¨aufigsten angewandte Methode in der Laser-Doppler-Anemometrie ist das in Bild 3.23 dargestellte Zweistrahl- oder Differenzialverfahren. Dabei wird das von dem Laser erzeugte Lichtb¨ undel zun¨achst u ¨ber eine Sendeoptik in zwei Strahlen geteilt und in einem Brennpunkt, dem eigentlichen Messpunkt, fokussiert. Das von den Partikeln beim Durchgang durch diesen Messpunkt emittierte Streulicht wird

60

3. Geschwindigkeitsmessung

u uhrt, u ¨ber eine Empfangsoptik auf einen Photodetektor gef¨ ¨ber den in Verbindung mit einer Signalverarbeitungseinheit die Doppler-Frequenz und damit auch die Str¨omungsgeschwindigkeit bestimmt wird. Bragg-Zelle

Sendeoptik

Strömung TracerPartikel

Vorwärtsstreuung

Laser

Messvolumen

ts är g itw un Se treu s

Strahlteiler Rückwärtsstreuung

Signalverarbeitung

Photodetektor

Bild 3.23: Prinzipieller Aufbau eines Laser-Doppler-Anemometers Die Funktionsweise der LDA-Technik kann besonders anschaulich mit Hilfe des Interferenzstreifenmodells in Bild 3.24 verdeutlicht werden. In dieser vereinfachenden Darstellung sind jeweils die ebenen Wellenfronten zweier sich kreuzender Laserstrahlen gleicher Frequenz gezeigt. Der Abstand der Wellenfronten entspricht dabei der Wellenl¨ange des Laserlichts. Im Schnittpunkt dieser beiden monochromatischen und ¨ koh¨arenten Laserstrahlen bilden sich dann durch Uberlagerung der Wellenfronten, wie aus Bild 3.24 bereits optisch hervorgeht, Interferenzstreifenmuster in Richtung der mittleren Strahlachse mit einem definierten Streifenabstand, der nat¨ urlich von der Wellenl¨ange des Laserlichts und auch dem Schnittwinkel der beiden Strahlen abh¨angt. Diese Interferenzstreifen bilden sich als relativ scharf abgegrenzte und sich abwechselnde Bereiche hoher und schw¨acherer Lichtintensit¨at aus, d.h. ein durch dieses Streifenmuster hindurchfliegendes Partikel emittiert Streulicht mit einer Frequenz, die umgekehrt proportional zum charakteristischen Streifenabstand und proportional zur Str¨omungsgeschwindigkeit ist.

1

2

u

Bild 3.24: Interferenzstreifenmodell zweier sich kreuzender Laserstrahlen Die aus diesem Interferenzstreifenmodell resultierenden messphysikalischen Zusammenh¨ange ergeben sich im Detail aus Bild 3.25: Zun¨achst gilt f¨ ur den Streifenabstand d zweier unter dem Winkel θ gekreuzter Laserstrahlen der Wellenl¨ange λ die Beziehung d=

λ 2 sin

θ 2

(3.40)

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

61

Der empfangende Photodetektor registriert damit bei orthogonalem Durchgang eines Partikels mit der Geschwindigkeit u⊥ durch dieses Interferenzstreifenmuster eine Lichtstreuung mit der Frequenz fD =

u⊥ d

(3.41)

Die eigentliche Geschwindigkeitsmessung mit einem LDA reduziert sich daher gem¨aß dem aus (3.40) und (3.41) folgenden Zusammenhang

u⊥ =

fD · λ 2 sin



(3.42)

θ 2

ausschließlich auf die Bestimmung dieser als Doppler-Frequenz bezeichneten Signalfrequenz des Photodetektors, da die Wellenl¨ange des Laserlichts und der Kreuzungswinkel der beiden Laserstrahlen bekannt sind. 1 q/2 q/2 2 u

1

q

d

0.32 mm

2 u 4.6 mm

Bild 3.25: Geometrie des Interferenzstreifenmodells: Kreuzungswinkel (links) und die Abmessungen des Messvolumens, sowie der Streifenanabstand (rechts) Das im rechten Teil von Bild 3.25 zur Verdeutlichung des Interferenzstreifenmodells geometrisch stark verzerrte und dar¨ uber hinaus auch nur in einer Schnittebene abgebildete Messvolumen eines LDA-Systems bildet sich als r¨aumliches Ellipsoid mit einem L¨angen- zu Dickenverh¨altnis von etwa 10:1 aus, wobei die typische L¨ange abh¨angig von der Auslegung des optischen Systems, insbesondere von dem als Brennweite bezeichneten Abstand zwischen Sendelinse und Mitte des Messvolumens im Bereich von 0,5 bis 5 mm liegt. Die in Bild 3.25 angegebenen L¨angenmaße gelten f¨ ur einen Helium-Neon-Laser mit einer Brennweite von 250 mm. Die Ermittlung der Doppler-Frequenz und damit auch der Geschwindigkeit gem¨aß (3.42) kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. In Bild 3.26 ist dazu das Auswerteschema eines typischen LDA-Signals, eines sogenannten burst”, mit einem ” LDA-Counter gezeigt, der die vom Photodetektor gelieferten Streulichtsignale in ein digitales Geschwindigkeitssignal wandelt. Die Signalaufbereitung und der Messab¨ lauf im Counter beginnt mit der Ubergabe des Rohsignals vom Photodetektor an a Dieses Signal gibt die typischen Intensit¨atsschwankungen die Auswerteelektronik . des emittierten Lichtes wieder, die ein mit der Str¨omung mitschwimmendes Partikel beim Durchgang durch ein Interferenzstreifenmuster entsprechend Bild 3.25 erzeugt. b und Dieses Rohsignal wird zun¨achst einer Gleichspannungs-Filterung unterzogen  dann mit Hilfe eines Triggers in eine Folge von einfachen Rechtecksignalen u uhrt ¨berf¨ c Die Bestimmung der Doppler-Frequenz kann aus dem getriggerten Signal dann .

62

3. Geschwindigkeitsmessung

a

DT

b

T

c n=

1 2 3 4 5 6 7

a EingangsBild 3.26: Auswertung eines LDA-Signals mit Hilfe eines Counters:  b gefiltertes Signal und  c getriggertes Signal signal,  sehr einfach aus der Anzahl n der Rechteckimpulse innerhalb der Messzeit T u ¨ber (3.43) bestimmt werden, womit u ¨ber (3.42) auch die Geschwindigkeit bestimmt ist. fD =

1 n = T T

(3.43)

Neben dieser klassischen Auswertemethode mit Hilfe eines LDA-Counters kann die Bestimmung der Doppler-Frequenz auch auf direkterem Wege u ¨ber eine Frequenzanalyse des LDA-Signals erfolgen. Dieses geschieht z.B. durch die direkte Auswertung des Messsignals mit Hilfe eines schnellen Frequenzanalysators. Bei dieser Signalanalyse, die u ¨blicherweise mit Hilfe der Fast-Fourier-Transformation (FFT) erfolgt, werden die Signalanteile nach der Frequenz sortiert. Dadurch treten im Amplitudenspektrum des LDA-Signals die besonders ausgepr¨agten Signalanteile im Bereich der Doppler-Frequenz sehr deutlich hervor. Sinnvollerweise werden f¨ ur diesen Messvorgang sogenannte FFT-Analysatoren bzw. burst”-Spektrum-Analysatoren (BSA) ” eingesetzt. In Bild 3.27 ist zur Verdeutlichung dieser direkten Signal-Auswertung a aus einer Geschwindigkeitsmessung in einem Wasserein typischer LDA- burst”  ” b dieses einen burst” gezeigt, aus kanal und die dazugeh¨orige Frequenzanalyse  ” der die große Amplituden¨ uberh¨ohung im Bereich der sehr dominanten DopplerFrequenz bei 229,5 kHz klar erkennbar wird. Bei einer Wellenl¨ange des verwendeten Infrarot-Lasers von λ = 830 nm und einem Kreuzungswinkel der Laserstrahlen von θ = 9, 165◦ ergibt sich aus dieser Frequenz u ¨ber (3.42) direkt die gemessene Geschwindigkeit von u = 1, 19 m/s. Bei einem derartigen Messwert handelt es sich nat¨ urlich nur um den Momentanwert der Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Durchgangs eines Partikels durch das Messvolumen. In der Praxis wiederholt sich dieser Messvorgang entsprechend der Teilchenrate st¨andig, so dass neben einer Mittelwertbildung auch Aussagen u ¨ber

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

63

a und Auswertung des bursts” als Amplitudenspektrum Bild 3.27: LDA-Signal  ” b mit ausgepr¨agter Doppler-Frequenz  turbulente Geschwindigkeitsschwankungen getroffen werden k¨onnen, und zwar bei hohen Datenraten unmittelbar aus den Zeitschrieben u(t) entsprechend den Bildern 3.4 und 3.5, bei geringeren Datenraten durch statistische Auswertungen, z.B. u ¨ber die Beziehungen (3.37) und (3.38). Da die Doppler-Frequenz durch die Differenzbildung (Zweistrahlmethode) neben den optischen Randbedingungen lediglich vom Betrag der Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Winkelhalbierenden der beiden Partialstrahlen abh¨angt, ist nach diesem Prinzip keine Bestimmung des Vorzeichens m¨oglich. Erst durch die Verwendung eines akusto-optischen Modulators (Bragg-Zelle) im Strahlengang eines oder beider Partialstrahlen (Bild 3.23) kann dieses Problem gel¨ost werden. Dabei wird zun¨achst eine im Vergleich zur Lichtfrequenz kleine Differenzfrequenz ∆fBragg zwischen beiden Partialstrahlen erzeugt, die deutlich kleiner als die Lichtfrequenz des verwendeten Lasers ist. Die Bragg-Zelle erzeugt so ein mit definierter Geschwindigkeit laufendes Interferenzstreifenmuster. Diese Maßnahme wirkt auf LDA-Messungen praktisch wie eine Nullpunktverschiebung der Geschwindigkeitsskala, da die tats¨achliche Str¨omungsgeschwindigkeit nun von einer scheinbaren, durch die laufenden Interferenzstreifen bewirkten Zusatzgeschwindigkeit u ¨berlagert ist. Das LDA misst z.B. in einer abgel¨osten Grenzschichtstr¨omung (Bild 3.28a) zun¨achst das in Bild 3.28b gezeigte eindeutige - aber zun¨achst noch falsche - Geschwindigkeitsprofil mit ausschließlich positiven Geschwindigkeiten. Das tats¨achliche Profil l¨asst sich dann sehr einfach durch Subtraktion der durch die Braggzelle bewirkten Superpositionsgeschwindigkeit ermitteln.

r se La y

y u(y)

a

u Laser mit

b

Bragg-Zelle

Du Bragg-Zelle

Bild 3.28: LDA-Messungen in einer abgel¨osten Grenzschicht: Tats¨achliches Gea und Messung mit Bragg-Zelle  b schwindigkeitsprofil 

64

3. Geschwindigkeitsmessung

Die korrigierte Geschwindigkeitskomponente ergibt sich nach 3.44, wobei das Minuszeichen genau dann im Z¨ahler steht, wenn gegen die Haupstr¨omungsrichtung geshiftet” wird, um R¨ uckstr¨omung (z.B. in Abl¨osegebieten) messen zu k¨onnen. ”

u⊥ = λ ·

fD − ∆fBragg 2 sin



(3.44)

θ 2

Die erforderliche Shift”-Frequenz ∆fBragg kann dabei aus der maximal auftretenden ” R¨ uckstr¨omgeschwindigkeit | u max | ermittelt werden:

∆fBragg ≥ |

u max



2 sin



λ

θ 2

.

(3.45)

In Bild 3.29 ist dieser Aspekt noch einmal anschaulich dargestellt. Die Kurve f¨ ur u = f (∆f ) (durchgezogene Linie) muss soweit nach rechts verschoben werden, dass sie f¨ ur u ≥ |u max | eindeutig beschrieben werden kann (Strichlinie). Nach der Auswertung der Geschwindigkeitsdaten wird der Geschwindigkeitsbetrag entsprechend der festen Shift-Frequenz wieder vom Ergebnis abgezogen.

u+ u = f(fD) u = f(fD-DfBragg)

fD umax

DfBragg

u-

Bild 3.29: Frequenz-Shift zur eindeutigen Bestimmung der Geschwindigkeitsrichtung mit der LDA

Die vorstehenden Ausf¨ uhrungen zur prinzipiellen Funktionsweise eines LDA haben sich zun¨achst nur auf eindimensionale Str¨omungen beschr¨ankt, und es wurde vorausgesetzt, dass der Str¨omungsvektor orthogonal zur Achse des LDA-Systems und zum Interferenzstreifenmuster steht. In der Praxis gilt diese Annahme h¨aufig nur beschr¨ankt, und der Vektor setzt sich entsprechend Bild 3.3 aus mehreren Komponenten zusammen. Generell kann ein LDA-System mit fixierter Optik immer nur eine Geschwindigkeitskomponente erfassen, und zwar jeweils die Orthogonalkomponente zum Interferenzstreifenmuster.

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

65

F¨ ur den Fall, dass neben der u-Komponente auch die v-Komponente einer Str¨omung gemessen werden soll, muss entweder die gesamte Optik um ihre L¨angsachse gedreht werden (sukzessive Erfassung von u und v) oder eine zweite LDA-Komponente, Bild 3.30, mit einer anderen Wellenl¨ange und senkrecht zur ersten Komponente ausgerichteten Interferenzstreifenanordnung (simultane Messung von u und v) eingesetzt werden. F¨ ur den dreidimensionalen Fall ergibt sich dann sinngem¨aß die weitere Einf¨ uhrung einer dritten LDA-Komponente. Da jede dieser Komponenten auch eine komplette Auswerteelektronik erfordert, steigt der instrumentelle Aufwand damit sehr stark an. l2

l1

Messvolumen u

v

Linse

Bild 3.30: Prinzip eines 2-Farben-LDA zur Messung von zwei Geschwindigkeitskomponenten Aus dem in Bild 3.23 gezeigten LDA-Standardaufbau mit fixierter Anordnung der einzelnen Systemkomponenten sowohl gegeneinander als auch in Bezug auf den Messort k¨onnen gewisse Einschr¨ankungen bei praktischen Str¨omungsexperimenten resultieren, z.B. bei Messungen in Innenstr¨omungen mit reduzierten optischen Zugangsm¨oglichkeiten. Es besteht jedoch die M¨oglichkeit, bei LDA Systemen eine Trennung von Sende- und Empfangselektronik einerseits und der Messoptik andererseits vorzunehmen, wie in Bild 3.31 f¨ ur ein faseroptisches Halbleiter-LDA gezeigt ist. Bei derartigen Ger¨aten wird eine vergleichsweise kleine und freitraversierbare Messsonde (d ≈ 20 mm) u ¨ber Glasfaserkabel mit dem eigentlichen LDA-System verbunden und kann unabh¨angig vom Grundsystem in die zu untersuchende Str¨omung eingebracht werden. Durch diese Sondenauskopplung wird die LDA-Technik ¨ahnlich flexibel einsetzbar wie andere Sondenmessverfahren, beispielsweise die Hitzdrahtanemometrie.

Photodetektor l1 Bandpassfilter

Empfangsfaser l1

Prisma Laser l1 BraggZelle

l2

Photodetektor l2

l2

Fasereinkopplung

Sendefasern

LDA-Sondenkopf

Bild 3.31: Schema eines faseroptischen Halbleiter-LDA mit Glasfasersonde (nach M. Stieglmeier)

66

3.4.2

3. Geschwindigkeitsmessung

Laser-2 Fokus-Anemometrie

Das Laser-2Fokus-Verfahren (L2F), Bild 3.32, basiert auf einer Messung des Streulichtes, das die in einer Str¨omung mitschwimmenden Partikel beim Durchgang durch zwei parallel angeordnete Laserstrahlen emittieren. Die zwei Laserstrahlen gleicher Intensit¨at werden dabei durch ein Rochon-Prisma (Ausschnitt A in Bild 3.32) erzeugt und entsprechend der Brennweite des Systems in einem Messpunkt mit einem festen Abstand parallel zueinander fokussiert (Ausschnitt B). Die beiden Laserstrahlen bilden in ihrer Messebene praktisch eine Lichtschranke, und das L2F-Verfahren besteht im Prinzip nun darin, die Geschwindigkeit der Partikel zwischen diesen beiden optischen Schranken zu ermitteln, da diese Partikelgeschwindigkeit bei Ausschluss eines Schlupfes zwischen Partikel und Str¨omungsmedium mit der Str¨omungsgeschwindigkeit identisch ist. Diese Messung der Partikelgeschwindigkeit erfolgt unmittelbar u ¨ber die Messung des Zeitversatzes zwischen den zwei Streulichtimpulsen, die von den Partikeln beim Durchgang durch die zwei Laserstrahlen emittiert und u ¨ber die Empfangsoptik mit zwei Photodetektoren aufgezeichnet werden. Detektor 1 Analysator

MikroskopOptik

B

Detektor 2 Ausblendeeinrichtung

Zählkarte

Messvolumen

PC

B Glasfaserkabel

s

A

Laser

A Rochon-Prisma

Bild 3.32: Schematischer (nach R. Schodl)

Aufbau

eines

Laser-2Fokus-Anemometers

F¨ ur den Durchgang eines einzelnen Partikels ist dieser Messvorgang in Bild 3.33 schematisch veranschaulicht: Bei bekanntem Abstand der Parallelstrahlen, der bei verf¨ ugbaren L2F-Ger¨aten in der Gr¨oßenordnung von s = 500 µm liegt, kann die Geschwindigkeit f¨ ur den Fall, dass die Flugrichtung des Partikels exakt in der Ebene zwischen den beiden Strahlen und auch senkrecht zu deren Strahlachsen verl¨auft, sehr einfach aus der Laufzeit t = t2 − t1

u ¨ber u =

s t

(3.46)

ermittelt werden. Allerdings wird bei praktischen L2F-Anwendungen immer eine Messwertmittelung u ¨ber ca. 5000 Einzelmessungen erforderlich, um eine gute Messgenauigkeit zu erzielen. Die effektive L2F-Messzeit pro Messpunkt liegt damit in der Regel deutlich u ¨ber der einer LDA-Messung. Da bei praktischen L2F-Messungen normalerweise nicht davon ausgegangen werden kann, dass die von den beiden Laserstrahlen aufgespannte Messebene mit der Flugrichtung der Partikel bzw. mit der Str¨omungsrichtung u ¨bereinstimmt, kann diese Messebene durch Drehung des Rochon-Prismas ver¨andert werden. Durch Auswertung der H¨aufigkeitsverteilung einer Messreihe mit systematisch variierter Winkelstellung des Laserpaares, Bild 3.34, ist dann die Hauptstr¨omungsrichtung f¨ ur den

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

67

ebenen Str¨omungsfall nach Betrag und Richtung durch den Maximalwert in der Anzahl der Messereignisse festgelegt. Bei dreidimensionalen Messungen muss entweder die gesamte Messanordnung zus¨atzlich um ihre Hochachse gedreht werden und die H¨aufigkeitsbetrachtung auch f¨ ur diese Winkelvariation durchgef¨ uhrt werden, oder aber es muss prinzipiell vergleichbar mit einem Zweifarben-LDA entsprechend Bild 3.30 ein Messsystem bestehend aus zwei L2F-Strahlanordnungen mit unterschiedlichen Wellenl¨angen eingesetzt werden, mit dem sich zwei Str¨omungskomponenten simultan erfassen lassen. Allerdings steigt auch hier, wie schon beim Mehrfarben-LDA-Verfahren angemerkt, der instrumentelle Aufwand stark an, da jedes Teilsystem eine spezielle Auswerteeinheit – angepasst an die jeweilige Wellenl¨ange – erfordert. Strahl 2

u

Strahl 1

s Abstand s ~ 500 mm

Dt

Lichtimpuls J2(t2)

Lichtimpuls J1(t1)

Bild 3.33: Laufzeitmessung der L2F-Streulichtmessung

Häufigkeit

800

y 600

s

Fokus1 400

200 150 0 262

155

264

Stra

hlw 266 in f [° kel ]

268 165

f

PartikelFlugbahn

eit

igk

d win sch ] 160 lge [m/s e u rtik Pa

Fokus2 x

Bild 3.34: H¨aufigkeitsverteilung einer L2F-Messung (nach O. Meyer) Da es sich bei der L2F-Anemometrie um ein direktes Geschwindigkeitsmessverfahren handelt, kann die mittlere Str¨omungsgeschwindigkeit unmittelbar, d.h. ohne Kalibration des Systems, durch Auswertung der H¨aufigkeitsverteilung einer gen¨ ugend großen Zahl von Einzelmessungen entsprechend Bild 3.34 bestimmt werden. Anders verh¨alt es sich bei der Messung von turbulenten Schwankungsgr¨oßen: Beim L2FVerfahren treten speziell in turbulenten Str¨omungen und zwar zunehmend mit dem

68

3. Geschwindigkeitsmessung

Turbulenzgrad teilweise fehlerhafte Einzelmessungen auf, da infolge der turbulenten Mischvorg¨ange im Bereich der Messebene verst¨arkt auch nichtzusammenh¨angende Streulichtimpulse als Messereignisse registriert werden. Zeitversetzte Impulse von zwei verschiedenen Partikeln werden dabei f¨alschlicherweise als zusammenh¨angende Impulse eines einzelnen Partikels interpretiert (Bild 3.35a und b). Mit zunehmendem Turbulenzgrad einer Str¨omung ¨andert sich daher die charakteristische Form der H¨aufigkeitsverteilung eines Messwertensembles, wie in Bild 3.35c f¨ ur den vereinfachten Fall bei bekannter Str¨omungsrichtung gezeigt ist. Aufgrund der anteilig hohen Fehlmessungen weist die Verteilung einer turbulenten Str¨omung im Gegensatz zum laminaren Fall eine hohe und nicht so eindeutig mit der Partikellaufzeit bzw. der Str¨omungsgeschwindigkeit korrelierte Grundh¨aufigkeit wie im turbulenzarmen Fall auf. Dar¨ uber hinaus ist das Maximum im turbulenten Fall weniger klar ausgepr¨agt, und die H¨aufigkeitsverteilung weist infolge der u ¨berlagerten Schwankungsgeschwindigkeiten eine breitere Verteilung auf. Damit kann die Form dieser Verteilung als indirektes Maß f¨ ur die Turbulenzintensit¨at einer Str¨omung herangezogen werden, eine direkte Auswertung von L2F-Messungen in Hinblick auf Turbulenzgr¨oßen erfordert allerdings den Einsatz statistischer Methoden. a

Z1

J1

Z2

J2

Z1

J1

START

c

b

STOP START

Häufigkeit

Uhr

turbulent

Uhr Z2

J2

STOP

laminar Laufzeit

a und nicht zusammenh¨angende Impulse , b und Bild 3.35: Zusammenh¨angende  c (nach Schodl) charakteristische H¨aufigkeitsverteilungen 

3.4.3

Particle-Image-Velocimetry

Die Particle-Image-Velocimetry (PIV) geh¨ort zu den modernen bildgebenden Messverfahren. Mit der PIV kann ein betrachtetes Str¨omungsfeld zum Messzeitpunkt in einer Ebene vollst¨andig erfasst und analysiert werden. Zur Ermittlung des Geschwindigkeitsfeldes werden wie bei der LDA und der L2F dem Str¨omungsmedium Tracer-Partikel zugef¨ uhrt. Mit einer Lichtquelle hoher Intensit¨at (Laser) k¨onnen die Tracer sichtbar gemacht werden, wobei die PIV im Gegensatz zu den oben genannten Verfahren die Lichstreuung seitw¨arts zur Einstrahlrichtung der Lichtquelle ausnutzt. Wird der Lichtstrahl zu einer Ebene aufgeweitet, so k¨onnen die Tracer in dieser Ebene mit einem geeigneten Aufnahmemedium (Kamera) optisch abgebildet werden. Nach einer Zeit ∆t wird die gleiche Ebene ein zweites mal beleuchtet und das Streulicht der Tracer abgebildet. Beide Abbildungen k¨onnen anschließend miteinander verglichen werden. Aus der Korrelation der beiden Abbildungen l¨asst sich die Verschiebung der einzelnen Partikelabbilder in der Ebene (x,y) ermitteln, und

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

69

mit dem bekannten Zeitabstand der Lichtpulse ergibt sich daraus der Geschwindigkeitsvektor. Bei hinreichend kleinem ∆t ist die Trajektorie der Tracer ann¨ahernd linear und die Geschwindigkeit auf dieser Strecke konstant. Strömung mit Tracer CCD-Kamera

(x,y)=f(t2)

Lichtschnittoptik

x2 - x1 Dx = lim t2 - t1 Dt®0 Dt y2 - y1 Dy v = lim = lim t2 - t1 Dt®0 Dt t ®t

Dy u = lim

(x,y)=f(t1)

t2®t1

Dx

2

1

Pulslaser

Bild 3.36: Komponenten und Gundprinzip der PIV Die Geschwindigkeitsmessung nach der PIV-Methode gliedert sich in zwei Prozesse: • Bildaufnahme der Tracer im Str¨omungsfeld (Imaging) • Analyse der Bilddaten mit Korrelationsverfahren (Analysis) Bildaufnahme (Imaging) Die Hauptkomponenten eines PIV-Systems sind die Lichtquelle (Laser), der Abbildungsspeicher (Kamera) und eine (meist PC-gesteuerte) Synchronisiereinheit f¨ ur Laser und Kamera. Ausgehend von den zwei m¨oglichen Betriebsarten von Lasern (Dauerstrichlaser oder Pulslaser) gibt es dabei unterschiedliche M¨oglichkeiten, einen gepulsten Laserlichtschnitt zu erzeugen. Bei Pulslasern werden zwei koaxiale Laserpulse im Zeitabstand ∆t erzeugt und mit einer Zylinderlinse in ein und derselben Ebene aufgeweitet (Bild 3.37). In der x-y-Ebene fokussiert die Zylinderlinse den Laserstrahl wie eine Konvexlinse, w¨ahrend in der x-z-Ebene der Divergenzwinkel des Laserstrahls nicht durch die Linse ver¨andert wird. Die Dicke des Lichtschnittes divergiert um so weniger, je gr¨oßer der Strahldurchmesser s0 gew¨ahlt wird. Im Allgemeinen liegen die Strahldurchmesser von Lasern im Bereich von 0,1 bis 2 Millimetern, wobei der Millimeterbereich f¨ ur die PIV-Anwendung relevant ist. Werden Dauerstrichlaser verwendet, muss neben der Strahlaufweitung auch eine Vorrichtung zum tempor¨aren Ausblenden des Laserlichtes vorhanden sein (Shutter), damit einzelne Beleuchtungsintervalle im Streulicht der Tracer erkennbar sind. Die Strahlunterbrechung erfolgt hierbei meist durch akustooptische Modulatoren (Bragg-Zellen). Der Laserstrahl kann aber auch mit periodischen Abtastbewegungen durch die Messebene gef¨ uhrt werden, so dass ein so genannter Pseudolichtschnitt entsteht. Dieser Pseudolichtschnitt ist f¨ ur PIV nur dann zul¨assig, wenn die Abtastgeschwindigkeit hoch gegen¨ uber der Str¨omungsgeschwindigkeit des Fluids ist. Die technische Umsetzung kann z.B. durch einen rotierenden Polygonspiegel erfolgen.

70

3. Geschwindigkeitsmessung z y x

sphärische Linse Zylinderlinse

kollimierter Laserstrahl

Laserlichtschnitt

Bild 3.37: Strahlaufweitung zum Lichtschnitt durch eine Zylinderlinse Die Frequenz und damit das Beleuchtungsintervall ist sehr einfach u ¨ber die Rotationsgeschwindigkeit des Polygons regulierbar. Der ausleuchtbare Bereich (Breite des Lichtschnitts) ist eine Funktion der Facettenzahl. Moderne PIV-Systeme nutzen jedoch ausschließlich Pulslaser. Das Streulicht der beleuchteten Tracer wird in einer Optik gesammelt und auf einem lichtsensitiven Medium abgebildet. Hierf¨ ur ist eine Spiegelreflexkamera ausreichend und bietet eine sehr hohe Bildaufl¨osung. Um die Bilder mit einem Bildbearbeitungsprogramm auswerten zu k¨onnen, m¨ ussen die Fotos digitalisiert werden (Scanner oder Diascanner). Dieser Zwischenschritt kann mit einer Digitalkamera (CCD-Kamera) umgangen werden, jedoch auf Kosten einer geringeren Aufl¨osung. Der haupts¨achliche Vorteil der Digitalkamera ist die elektronische Ansteuerung, wodurch die Synchronisation mit dem Laser und die Aufnahme großer Bildsequenzen erheblich vereinfacht wird (Digital PIV). 1.Laserpuls

2.Laserpuls

1.Laserpuls

2.Laserpuls

t DtBild

t DtBild1

DtBild2

Bild 3.38: Doppelpulsbild auf einer Kameraaufnahme (links), getrennte Doppelpulsaufnahme (rechts) F¨ ur die Analyse der Bilddaten ist der Aufnahmemodus der Kamera entscheidend. Wurde das Streulicht der Tracer w¨ahrend der beiden Laserpulse auf einem einzigen Bild aufgenommen (Bild 3.38, links), wird dieses durch die Autokorrelationsmethode ausgewertet. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass fast jede Fotokamera f¨ ur die Aufnahmen verwendet werden kann und keine hohen Anforderungen an die Kamera wie ultrakurze Einzelbildabst¨ande und hohe Bildwiederholraten erf¨ ullt werden m¨ ussen. Durch die Autokorrelation werden jedoch nur die Betr¨age der Partikelverschiebung innerhalb einer Belichtungszeit ermittelt, die Richtung bleibt unbestimmt. Wird synchron zu jedem Laserpuls ein Bild aufgenommen (Bild 3.38, rechts), werden diese miteinander verglichen (Kreuzkorrelation). Die Reihenfolge der Belichtung der

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

71

einzelnen Bilder und der zeitliche Abstand sind bekannt. Somit kann eine eindeutige Bestimmung von Betrag und Richtung der Geschwindigkeiten durchgef¨ uhrt werden. Die Einzelbild-Autokorrelation wird daher nur noch sehr selten eingesetzt. Aufgrund der raschen Entwicklung im Digitalkamerabereich und bei den Lasersystemen haben sich in den letzten Jahren Standardkomponenten bei PIV-Systemen etabliert: Digitale Kreuzkorrelationskameras sind heute in der Lage, bei hoher r¨aumlicher Aufl¨osung (mehr als 1 Million Pixel) Einzelbilder im Abstand von weniger als einer Mikrosekunde aufzunehmen und zu speichern. Je k¨ urzer diese Abst¨ande sind, desto gr¨oßere Geschwindigkeitsbetr¨age k¨onnen bei gleicher r¨aumlicher Aufl¨osung erfasst werden. Als Lichtquelle werden sehr h¨aufig frequenzverdoppelte Nd:YAGDoppelpulslaser eingesetzt. Diese Festk¨orperlaser sind kleiner und robuster als Edelgaslaser in der gleichen Leistungsklasse. Durch die Frequenzverdopplung des Laserlichtes erfolgt der Betrieb dieser Laser mit gr¨ unem, sichtbarem Licht (λ = 532 nm) in einem f¨ ur CCD-Kameras optimalen Wellenl¨angenbereich. Durch die Verwendung von Bandpassfiltern kann das Licht der Umgebung auch ohne Verdunkelungsmaßnahmen fast vollst¨andig unterdr¨ uckt werden. Mit der hochentwickelten Kameratechnik steigen auch die Anforderungen an die Synchronisiereinheit des PIV-Systems. Die Triggerung von Laser und Kamera erfolgt hierbei u ¨blicherweise mit einem Systemtakt von 10 MHz und h¨oher, wodurch Pulsabst¨ande von bis zu 100 ns m¨oglich sind. Je k¨ urzer der Pulsabstand des Lasers, desto gr¨oßere Geschwindigkeitsbetr¨age sind bei gleicher Ortsaufl¨osung messbar. Beispielsweise ist f¨ ur die Messung von Geschwindigkeiten um 100 m/s ein Pulsabstand von etwa 5 µs bei Betrachtung eines Str¨omungsfeldausschnitts von etwa 10 cm x 10 cm notwendig. Die geringe Zeitaufl¨osung der oben beschriebenen PIV-Systeme, basierend auf CCDKameras und Nd:YAG-Lasern (Doppelbildsequenzen bis etwa 15 Hz sind hier m¨oglich), kann durch den Einsatz neuer CMOS-Kameras und Dioden-gepumpter Festk¨orperlaser (Nd:YLF) mit der Time-Resolved-PIV (TR-PIV) drastisch gesteigert werden. Bei etwa gleicher r¨aumlicher Aufl¨osung k¨onnen Sequenzen von 2 kHz und mehr aufgenommen werden und damit auch hochfrequente Ereignisse, wie z.B. Scherschichtinstabilit¨aten, erfasst werden. Die deutlich h¨ohere Bildwiederholrate der Kameras resultiert aus den sehr viel schnelleren Auslesezeiten des Halbleitersensors (mit Metalloxid beschichtet) gegen¨ uber dem Kondensatorprinzip des CCD-Chips. Bildanalyse Die digitalen Bilder liegen in Form einer ebenen Grauwertverteilung (z.B. 8bit Graustufen = 256 Grauwerte von Schwarz bis Weiß) vor. Zun¨achst werden die aufgenommenen Bilder in kleine ¨aquidistante Analysefelder (M × N ) unterteilt (Bild 3.39). Aus der Grauwertverteilung g(i, j) f¨ ur jedes Pixel werden die Partikelpositionen in jedem der Analysefelder bestimmt, wobei vorab durch geeignete Filter das SignalRausch-Verh¨altnis und damit der Kontrast erh¨oht werden kann. Die Gr¨oße der Analysefelder wird empirisch anhand der Randbedingungen der Bildaufnahme ermittelt und h¨angt von der Anzahl der abgebildeten Partikel, dem Partikeldurchmesser und dem Laserpulsabstand ∆tP uls Puls ab. Je kleiner die Analysefeldgr¨oße gew¨ahlt wird, desto h¨oher ist die Ortsaufl¨osung des Geschwindigkeitsfeldes. Da statistische Verfahren f¨ ur die Analyse der Bilddaten verwendet werden, mus eine Mindestanzahl von Partikelabbildungen in jedem Analysefeld vorhanden sein.

72

3. Geschwindigkeitsmessung Partikelabbildung

Geschwindigkeitsvektorfeld 40

0

25

50

75

0

25

50

75

30 20 10 0 10 20 30 40

N

M

Kreuzkorrelation

Analysefeld

Geschwindigkeitsvektor

Bild 3.39: Methode der Doppelbild-Kreuzkorrelation bei der PIV Der Vergleich zweier Signale durch eine Korrelation geh¨ort zu den Standardanalysemethoden in der Messtechnik. Im Gegensatz zur Signalanalyse wird bei der PIV die zweidimensionale Korrelation der aufgenommenen Bilder zur Zeit t0 (1. Laserpuls) und t0 + ∆tP uls Puls (2. Laserpuls) durchgef¨ uhrt. In der Kreuzkorrelationsfunktion: M −1 N −1

ΦK (m, n) =

g1 (i, j) · g2 (i + m, j + n)

(3.47)

i=0 j=0

sind g1 und g2 die Grauwerte des ersten und des zweiten Bildes an der jeweiligen Pixelposition (i, j) in der Matrix des Analysefeldes. Die direkte Berechnung dieser Korrelationsfunktionen ist sehr rechenzeitaufwendig, daher wird hier auf das Korrelationstheorem zur¨ uckgegriffen. Nach diesem Theorem ist die Korrelation im Zeitbereich der Multiplikation im Frequenzbereich a¨quivalent. Bei der Anwendung dieses Theorems werden die Grauwerte g1 und g2 der beiden Bilder in den Frequenzbereich ! und G ! und transformiert, d.h. in Frequenzen mit orthogonaler Richtung zerlegt. G 1 2 Das erste Bild wird anschließend mit dem konjugiert Komplexen des zweiten Bildes multipliziert und das Resultat in den Zeitbereich zur¨ uck transformiert (Bild 3.40, oben).

G1.G2* FT

FT

-1

FT

-1

G.G* FT

Bild 3.40: Anwendung des Korrelationstheorem bei der zweidimensionalen AKF (unten) und KKF (oben)

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

73

Bedingung f¨ ur die Anwendung der FFT-Algorythmen ist jedoch, dass die Kantenl¨ange der Analysefelder genau 2n Pixel betr¨agt, also Felder der Gr¨oße 2n × 2n betrachtet werden. Da die Kreuzkorrelation nur anwendbar ist, wenn zu jedem Laserpuls eine Abbildung zugeordnet werden kann, wird f¨ ur den Fall der Doppelbelichtung auf einem Kamerabild die Autokorrelation (3.48) angewandt (Bild 3.40, unten). Die anschließende Auswertung der Kreuz- bzw. Autokorrelationsfunktion zeigt den mittleren Verschiebungsvektor im betrachteten Analysefeld, wie in den Konturdarstellungen in Bild 3.41, rechts gezeigt werden kann. M −1 N −1

ΦA (m, n) =

g(i, j) · g(i + m, j + n)

(3.48)

i=0 j=0

1

FA

1

FK

0,5

0,5

m

0

0

n

0 m

0 n

Bild 3.41: Resultat der Autokorrelationsfunktion (links) und der Kreuzkorrelationsfunktion (rechts) im Analysefeld der Gr¨oße M × N Bei der Kreuzkorrelation ist die mittlere Verschiebung durch den Maximalwert der Korrelationsfunktion in Betrag und Richtung eindeutig gegeben (Bild 3.41, rechts). Der Maximalwert bei der Autokorrelation (Bild 3.41, links) liegt immer im Ursprung (m = n = 0) des Koordinatenkreuzes und gibt somit eine Nullverschiebung an. Diese Verschiebung ergibt sich daraus, dass jeder Punkt des Analysefeldes mit sich selbst korreliert wird und das Resultat immer maximal ist. F¨ ur die Bestimmung des Verschiebungsvektors werden die Nebenmaxima verwendet. Diese treten zweimal mit dem gleichen Betrag auf und sind symmetrisch zum Hauptmaximum. Der Verschiebungsbetrag ist somit eindeutig bestimmbar, die Richtung jedoch nicht. Durch zus¨atzliche Maßnahmen (bei der Bildaufnahme) kann die Richtungseindeutigkeit hergestellt werden, ist jedoch mit hohem technischen Aufwand verbunden. Aufgrund der Standardisierung von Kreuzkorrelationssystemen f¨ ur PIV ist die Autokorrelation kaum noch notwendig. Nachdem die Korrelationsfunktionen f¨ ur jedes Analysefeld durchgef¨ uhrt und ausgewertet wurden, wird ein Vektorfeld generiert, das in jedem Feld einen gemittelten Verschiebungsvektor enth¨alt. Die Division durch den bekannten Laserpulsabstand ergibt ein entsprechendes ebenes Geschwindigkeitsvektorfeld (Bild 3.39, rechts). Aufgrund des nun vorhandenen ¨aquidistanten Gitters, das in jedem Gitterpunkt einen Geschwindigkeitsvektor besitzt, k¨onnen sehr einfach Validierungsmethoden (Filter, Interpolation) angewandt und r¨aumliche Geschwindigkeitsderivate (Wirbelst¨arke, Divergenz, Rotation, etc.) ermittelt werden. Grunds¨atzlich ist PIV in Versuchsanlagen dort anwendbar, wo zwei orthogonal zueinander liegende, optische Zug¨ange zum Fluid vorhanden sind.

74

3. Geschwindigkeitsmessung

In Bild 3.42 sind PIV-Geschwindigkeitsfelder im Nachlauf eines generischen Fahrzeugmodells (Ahmed-Body) abgebildet. In dem hier gezeigten Mittelschnitt sind sowohl das instation¨are Feld (Momentaufnahme) als auch ein zeitgemitteltes Vektorfeld aus 200 Einzelmessungen dargestellt.

Laser + Lichtschnittoptik

Ahmed Body 3D-Model

B L

u0

u0

H

Wand CCD-Cameras

Bild 3.42: Geschwindigkeitsfelder im Nachlauf eines generischen Fahrzeugmodells bei ReL = 0, 5 · 106 (unteres Bild Momentaufnahme, dar¨ uber zeitgemitteltes Feld aus 200 Einzelmessungen) Im zeitgemittelten Feld ist das f¨ ur den nahen Nachlauf stumpfer K¨orper typische gegensinnig rotierende Wirbelpaar zu erkennen, allerdings verdeckt die zeitliche Mittelung alle dynamischen Effekte. Erst das instation¨are Geschwindigkeitsfeld (darunter) zeigt detailliert und mit hoher r¨aumlicher Aufl¨osung die tats¨achlichen Str¨omungsstrukturen (abschwimmende Querwirbel) im Nachlauf. Wie diese Bilder sehr anschaulich verdeutlichen, eignet sich die PIV besonders zur Untersuchung von komplexen Str¨omungstopologien, wie sie z.B. in abgel¨osten Str¨omungen auftreten.

3.4. Optische Geschwindigkeitsmessverfahren

75

Zu erw¨ahnen ist noch, dass der Partikelzufuhr (seeding) des str¨omenden Fluids bei der PIV eine ganz besondere Bedeutung zukommt. In umlaufenden Fl¨ ussigkeitskan¨alen ist dieser Vorgang vergleichsweise einfach gegen¨ uber der Anwendung in Windkan¨alen, da in Luft oft Rauch oder Nebel eingesetzt wird, der nach kurzer Zeit an den Kanalw¨anden kondensiert, so dass st¨andig Partikel nachgef¨ uhrt werden m¨ ussen. Bei Fl¨ ussigkeiten reicht oft eine einmalige Zugabe der Partikel f¨ ur eine homogene Verteilung im Fluid. Die Partikeldichte bestimmt direkt die Ortsaufl¨osung von Geschwindigkeitsfeldern. Hierbei l¨asst sich die PIV in drei verschiedene Analyseverfahren unterteilen. Bei sehr geringer Partikeldichte (Bild 3.43, links) k¨onnen alle Partikelspuren (bei Mehrfachbelichtung) einzeln verfolgt und analysiert werden (Particle Tracking). Bei sehr hoher Partikeldichte (Bild 3.43, rechts) k¨onnen einzelne Partikelabbildungen kaum noch erfasst werden. In diesem Fall bedient man sich der Speckle-Analyse, bei der das aufgenommene Kamerabild (doppelbelichtet) mit einem Laser Punkt f¨ ur Punkt abgetastet wird (s. Kap. 3.4.4). Die PIV deckt somit den Bereich in der Partikeldichte zwischen Trackingmethode und Speckle-Analyse ab, wobei f¨ ur die Auswertung die oben beschriebenen numerisch-statistischen Verfahren (Korrelationen) zum Einsatz kommen.

Bild 3.43: Partikeldichte bei Tracking (links), Speckles (rechts) und typisch f¨ ur PIV (mitte)

3.4.4

Laser-Speckle-Anemometrie

Wie die Particle-Image-Velocimetry zielt auch die Laser-Speckle-Anemometrie nicht nur auf die Bestimmung eines lokalen Geschwindigkeitswertes, sondern auf die simultane Erfassung eines gesamten Geschwindigkeitsfeldes. Auch hier erfolgt die Geschwindigkeitsmessung in zwei getrennten Arbeitsschritten. Der erste Schritt ist die fl¨achige photographische Aufnahme der Partikelbewegungen in einer ausgew¨ahlten Bildebene und im zweiten Schritt wird eine von Schritt eins losgel¨oste, rechnergest¨ utzte Auswertung dieser photographischen Aufnahme in Hinblick auf das Geschwindigkeitsfeld durchgef¨ uhrt. Anders als bei der PIV wird in beiden Arbeitsschritten ein Laser als Lichtquelle bzw. als Arbeitsmittel eingesetzt. Die Bildaufnahme entspricht der Autokorrelationsmethode, wie sie bei der PIV angewendet wird, d.h. zwei Momentaufnahmen werden gemeinsam durch eine Kamera aufgezeichnet. Auf einem Kamerafilm sind damit jeweils Doppelaufnahmen der sich w¨ahrend des Messvorgangs im Bereich der Messebene bewegenden Partikel festgehalten, wobei die Richtungseindeutigkeit nur durch zus¨atzliche Maßnahmen, wie beispielsweise Farbkodierung o.¨a., gew¨ahrleistet werden kann. Der zweite LSA-Arbeitsschritt besteht in einer separaten Auswertung der erzeugten photographischen Doppelabbildungen der mitschwimmenden Partikel, den so-

76

3. Geschwindigkeitsmessung

genannten Speckles” (Bild 3.45). Dabei wird nun nicht der direkte Weg u ¨ber ei” ne unmittelbare Positionszuordnung gew¨ahlt, sondern die gesamte Aufnahme, das Specklegramm, wird mit einem Laserstrahl punktweise abgetastet, wobei von den jeweils beleuchteten Doppelabbildungen der Partikel Young’sche Interferenzstreifenmuster erzeugt werden, Bild 3.44. Diese Interferenzstreifen haben jeweils einen festen Abstand S zueinander, der von der Wellenl¨ange λ des hier verwendeten Laserlichtes, dem Abstand L zwischen Specklegramm und Bildschirm, dem photographischen urlich dem Abstand x der Vergr¨oßerungsmaßstab des Specklegramms Mf und nat¨ ¨ortlichen Verschiebung eines Partikels in dem Zeitintervall zwischen den zwei Belichtungen abh¨angt. Der Zusammenhang zwischen diesen Gr¨oßen ist u ¨ber x =

Lλ SMf

(3.49)

gegeben, womit bei bekannter Verschiebung und definierten Belichtungszeiten t1 und t2 auch die lokale Geschwindigkeit des analysierten Partikels einfach mit u=

x t2 − t1

(3.50)

bestimmt ist. Da die Interferenzstreifen senkrecht zur Bewegungsrichtung der Partikel stehen, Bild 3.45, erh¨alt man durch die punktweise Analyse eines Specklegramms nach Streifenabstand und Ausrichtung der Streifen ebenfalls punktweise Informationen u ¨ber das Geschwindigkeitsfeld nach Betrag und Richtung in der gesamten Bildebene. Die vektoriellen Anteile senkrecht zur Bildebene werden allerdings nicht erfasst. Laser

Blende

Ausschnitt: Dx

Specklegramm

Ds

Bildschirm L

Bild 3.44: Schematische Anordnung f¨ ur die Auswertung eines Specklegramms (nach Merzkirch)

Bild 3.45: Specklegramm mit Ausschnittsvergr¨oßerung (links) und Young’sches Interferenzstreifenmuster (rechts) eines Partikel-Doppelbildes

Weiterf¨ uhrende Literatur

77

Eine standardisierte Analyse von Specklegrammen ist relativ aufwendig und erfordert leistungsf¨ahige Bildverarbeitungsmethoden. Damit sind f¨ ur die Laser-SpeckleAnemometrie in Bezug auf ihre breite Anwendung im Vergleich zur Particle-ImageVelocimetry gewisse Einschr¨ankungen zu machen.

3.4.5

Teilchenfolgeverm¨ ogen

Wichtige Voraussetzung bei der Verwendung von Tracerpartikeln f¨ ur alle laseroptischen Geschwindigkeitsmessverfahren ist das Folgeverm¨ogen in der Str¨omung. Hierbei muss ein Kompromiss zwischen einer guten Streulichtcharakteristik (große Teilchendurchmesser) und dem Verm¨ogen der Teilchen, der Str¨omung auch bei großen Geschwindigkeitsgradienten schlupffrei zu folgen (kleine Durchmesser und Massendichte), gefunden werden. Die Bewegung eines kugelf¨ormigen Teilchens in einem viskosen Fluid kann mit der Basset-Boussinesq-Osseen-Gleichung (BBO) beschrieuber dem L¨angenmaßstab ben werden, wenn der Teilchendurchmesser dP klein gegen¨ energiereicher Wirbel ist, die Partikeldichte im Fluid und die Relativgeschwindigkeiten zwischen Fluid und Teilchen klein sind (Stokes’scher Reibungsansatz f¨ ur laminare Kugelumstr¨omung). Die L¨osung der BBO-Gleichung charakterisiert das Teilchenfolgeverm¨ogen durch das Amplitudenverh¨altnis η aus der Schwankung der Fluidteilchen zur Schwankung der Partikel und dem Phasenversatz dieser Schwankungsbewegung. Bei gegebener Teilchengr¨oße dP und Dichteverh¨altnis P /F l¨asst sich aus (3.51) iterativ eine Grenzfrequenz der erfassbaren Fluidschwankungen bestimmen. 

νF 2π · fG · d2P P AˆFluid = f ( , NS ) η = ˆ F APartikel

NS =

(3.51)

¨ werden h¨aufig beschichtete Glashohlk¨ F¨ ur Messungen in Wasser und in Ol ugelchen TM (Scotchlite ) benutzt. Der mittlere Teilchendurchmesser betr¨agt dP = 30 µm, bei ¨ P /F = 0, 7055 und einer Massendichte von  = 630 kg/m3 (Dichteverh¨altnis in Ol ur Teilchen dieser Gr¨oße ergibt sich bei 99 %-igem f¨ ur Wasser P /F = 0, 6287). F¨ ¨ eine Grenzfrequenz von u Nachzeichnen der Fluidstr¨omung in Ol ur ¨ber 11 kHz (f¨ Wasser fG ≈ 350Hz), die weit u ¨ber den charakteristischen Frequenzen typischer uhrt zur Str¨omungsph¨anomene liegt. Eine h¨oheres Folgeverm¨ogen (η −1 = 99, 9 %) f¨ Absenkung der Grenzfrequenz auf etwa 3 kHz (f¨ ur Wasser fG ≈ 70Hz).

Weiterfu ¨ hrende Literatur Albrecht, H.-E., Borys, M., Damaschke, N. & Tropea, C. (2003), Laser Doppler and Phase Doppler Measurement Techniques. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York. Bradshaw, P. (1971), An Introduction to Turbulence and its Measurement. Pergamon Press, Oxford/New York. Brunn, A. (2003), Aktive Beeinflussung abgel¨oster turbulenter Scherschichten in u ¨berkritischen Diffusoren mit Hilfe periodischer Anregung. Mensch & Buch Verlag.

78

3. Geschwindigkeitsmessung

Durst, F., Melling, A. & Whitelaw, J. (1981), Principles and Practice of Laser-Doppler-Anemometry. Academic Press, London. Fingerson, L. & Freymuth, P. (1983), Thermal Anemometers.” In: Fluid Me” chanics Measurements, herausgegeben von R. Goldstein, Hemisphere Publishing Corp., Washington/ New York/London. Gui, L., Merzkirch, W. & Fei, R. (2000), A Digital Mask Technique for Re” ducing the Bias Error of the Correlation-Based PIV Interrogation Algorithm.” In: Experiments in Fluids, 29: 30–35. Hinze, J. (1975), Turbulence. Mc Graw-Hill, New York. Lomas, C. (1986), Fundamentals of Hot Wire Anemometry. Cambridge University Press, Cambridge/London/New York/Melbourne. Mayinger, F. (2001), Optical Measurements - Techniques and Applications. Springer-Verlag, 2 Auflage. Meyer, O. (2003), Experimentelle Untersuchungen zur Wirksamkeit adaptiver Schlitze in Windkanalmessstrecken. Mensch & Buch Verlag. Perry, A. (1982), Hot-Wire-Anemometry. Oxford University Press, Oxford/New York. Raffel, M., Willert, C. & Kompenhans, J. (1998), Particle Image Velocimetry - A Practical Guide. Springer-Verlag. Ruck, B. (1990), Lasermethoden in der Str¨omungsmesstechnik. AT-Fachverlag, Stuttgart. Westerweel, J. (1997), Fundamentals of Digital Particle Image Velocimetry.” In: ” Measurement Science & Technology, Band 8, IOP Publishing Ltd., S. 1379–92. Wiedemann, J. (1984), Laser-Doppler-Anemometrie. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York.

4. Wandreibungsmessung Die experimentelle Ermittlung ¨ortlicher oder auch integraler Reibungskr¨afte, die ein Fluid infolge seiner Viskosit¨at auf einen Str¨omungsk¨orper aus¨ ubt, ist in der Str¨omungstechnik im wesentlichen aus zweierlei Gr¨ unden von Bedeutung: Zum einen geben die gemessenen Reibungskr¨afte Aufschluss u ¨ber die viskosit¨atsbedingten Widerstandsanteile eines Str¨omungsk¨orpers, wie bereits einleitend in Bild 1.1 gezeigt wurde. Da diese Reibungswiderst¨ande ebenso wie die Druckwiderst¨ande bei jedem technischen Str¨omungsprozess durch die Antriebsleistung aufgebracht werden m¨ ussen, spielen Reibungswiderst¨ande bei der Optimierung von Str¨omungsprozessen oder auch der Auslegung von umstr¨omten K¨orpern, z.B. von Flugzeugen, eine ganz wesentliche Rolle. Diese große Bedeutung kann besonders eindrucksvoll an der Gesamtwiderstandsbilanz eines Verkehrsflugzeugs veranschaulicht werden, Bild 4.1. Aus dieser Bilanz geht hervor, dass die von der umstr¨omenden Luft auf die Flugzeughaut insgesamt ausge¨ ubte Reibungskraft im Reiseflug nahezu 50% des Gesamtwiderstandes ausmacht, dementsprechend die halbe Antriebsleistung aufzehrt und damit letztlich auch den halben Kraftstoffverbrauch verursacht. Gemessene Verteilungen der Reibungskr¨afte auf einem Tragfl¨ ugel, wie in Bild 1.2 f¨ ur einen Windkanalversuch gezeigt wurde, spielen daher eine große Rolle bei der Auslegung moderner Tragfl¨ ugelprofile. sonstiges Rauhigkeit Wellenwiderstand Interferenzwiderstand

Reibung

Rumpfheck Auftriebsinduziert

Bild 4.1: Widerstandsanteile eines Verkehrsflugzeugs im Reiseflug bei M =0,8 (nach Lockheed)

80

4. Wandreibungsmessung

Neben diesen Widerstandsbetrachtungen spielt die lokale Wandreibung insbesondere auch eine Rolle bei der Beschreibung wandnaher Grenzschichtstr¨omungen, z.B. in Form von Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetzen, Bild 1.5, deren Formulierungen auf Parametern basieren, die auch von der lokalen Wandschubspannung bzw. der Schubspannungsgeschwindigkeit abh¨angen (siehe nachstehende Definitionen”). Die Be” deutung der ¨ortlichen Wandreibung f¨ ur wandnahe Str¨omungsbereiche spiegelt sich u.a. auch in der Formulierung von Kalibrationsparametern wider, z.B. bei der in Bild 2.9 gezeigten Fehlerbetrachtung f¨ ur statische Druckmessbohrungen in Abh¨angigkeit von einer charakteristischen Reynolds-Zahl, in diesem Fall gebildet mit der wandreibungsproportionalen Schubspannungsgeschwindigkeit uτ .

4.1

Bezeichnungen und Definitionen

Die lokale, fl¨achenbezogene Wandreibungskraft, die ein Fluid durch seine Viskosit¨at auf einen K¨orper aus¨ ubt, wird als Wandschubspannung τw mit der Einheit [N/m2 ] bezeichnet und ist u ¨ber den Newton’schen Reibungsansatz 

τw = µ

du dy



(4.1) W

durch den Geschwindigkeitsgradienten an der Wand multipliziert mit der dynamischen Viskosit¨at µ des Fluids definiert. Dieser Gradient verl¨auft im wandn¨achsten Bereich der Grenzschicht der sogenannten viskosen Unterschicht linear, Bild 4.2, da hier ausschließlich molekulare Viskosit¨atskr¨afte wirken. Unmittelbar an der Wand selbst ist die Geschwindigkeit aufgrund der Wandhaftbedingung null. Die viskose Unterschicht ist in der Regel sehr d¨ unn, so dass eine Reibungskraftbestimmung unmittelbar nach (4.1) u ¨ber eine experimentelle Bestimmung des linearen Geschwindigkeitsgradienten nur in Ausnahmef¨allen gelingt. y

Grenzschichtdicke

du

u: u(y) du ( dy (

W

tW [N/m ] 2

Bild 4.2: Schema einer Wandgrenzschicht: Geschwindigkeitsgradient an der Wand und resultierende Wandschubspannung Aus der Definitionsbeziehung (4.1) folgt unmittelbar, dass die lokale Wandschubspannung entscheidend vom jeweils herrschenden Geschwindigkeitsgradienten an der Wand diktiert wird. Damit hat neben der Außengeschwindigkeit insbesondere auch die Art der Grenzschichtstr¨omung einen pr¨agenden Einfluss auf die Wandreibung. Dieses ist in Bild 4.3 f¨ ur das Beispiel einer laminaren bzw. turbulenten Grenzschicht bei gleicher Außengeschwindigkeit u∞ und gleicher Grenzschichtdicke gezeigt. Da die laminare Grenzschicht einen sehr viel kleineren Geschwindigkeitsgradienten an der

4.1. Bezeichnungen und Definitionen y

81

u: u(y) laminar du ( dy (

W

turbulent

Bild 4.3: Geschwindigkeitsgradienten an der Wand bei laminarer und turbulenter Grenzschicht Wand besitzt, weist sie im Vergleich zur turbulenten Grenzschicht auch eine stark reduzierte Wandreibung auf. Als weiteres Beispiel sind in Bild 4.4 schematisch drei typische Geschwindigkeitsverteilungen f¨ ur eine klassische, anliegende Grenzschichta f¨ str¨omung , ur eine – verursacht z.B. durch einen starken Druckanstieg – kurz vor b sowie f¨ der Abl¨osung stehende  ur eine abgel¨oste Grenzschicht mit bereits eingetrec gezeigt. Unabh¨angig von der Außenstr¨omung ist die Wandtener R¨ uckstr¨omung schubspannung τw gem¨aß Definition (4.1) im ersten Fall positiv, im zweiten Fall null oder sehr nahe null (instabiler Zustand) und im Falle der Abl¨osung negativ, d.h. gegen die Str¨omungsrichtung gerichtet. a

u:

b

u:

c

u:

du ( dy (

W

tW > 0

tW = 0

tW < 0

a abl¨osenahen  b und abgel¨osten Bild 4.4: Wandschubspannung einer anliegenden , c (schematisch) Grenzschicht  Abgeleitet aus der Wandschubspannung τw ist der Begriff der Wandschubspannungsgeschwindigkeit uτ , die u ¨ber 

uτ =

τw ρ

(4.2)

als Wurzel aus der auf die Dichte ρ bezogenen Wandschubspannung definiert ist und von ihrer Dimension her wie der Name bereits sagt eine Geschwindigkeit ist. Diese Wandschubspannungsgeschwindigkeit ist eine charakteristische Gr¨oße wandnaher Str¨omungen und daher Bestandteil vieler Grenzschicht¨ahnlichkeitsparameter, z.B. der dimensionslosen Geschwindigkeit u+ und dem dimensionslosen Wandabstand y + in Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetzen, wobei u+ =

u ; uτ

y+ =

uτ y ν

(4.3)

¨ gilt. Mit Hilfe dieser Ahnlichkeitsparameter lassen sich die in Bild 4.5 gezeigten Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze turbulenter Gleichgewichtsgrenzschichten formulie-

82

4. Wandreibungsmessung

ren, und zwar f¨ ur das Wandgesetz der viskosen Unterschicht durch direkte Integration von (4.1) u ¨ber den Wandabstand y unter Annahme einer konstanten Schubspannung als lineare Beziehung dieser Variablen u+ = y +

(4.4)

F¨ ur den daran angrenzenden und immer noch relativ wandnahen Grenzschichtbereich gilt das sogenannte logarithmische Wandgesetz

1 ln y + + C1 κ = 5,24, κ = 0,4

u+ = C1

(4.5)

dessen Herleitung mit Hilfe einfacher Turbulenzhypothesen (Mischungswegansatz nach L. Prandtl) gelingt.

Rex = 4,0.103 Rex =2,3.10

4

Rex = 1,1.105

Experiment Nikuradse

1: Gesetz der zähen Unterschicht + + u =y 2: Logarithmisches Wandgesetz u+ = 1/k . lny+ + C1, mit C1 = 5,24 3: Van Driest’sches Wandgesetz u+ = f(y+)dy+, mit A+ = 26 10

0

Bild 4.5: Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze turbulenter Wandgrenzschichten Beide Grenzschichtbereiche lassen sich auch einheitlich in Form des sogenannten van Driestschen Wandgesetzes

u+ =

y+ 0

A+ = 26,



2dy +

1 + 1 + 4 (κy + )2 1 − exp



−y + A+

2 0,5

(4.6)

κ = 0,4

zusammenfassen, das allerdings numerisch integriert werden muss. Diese Wandgesetze haben in gewisser Weise universellen Charakter und spielen f¨ ur eine Reihe von Wandschubspannungsmessverfahren insofern eine ganz zentrale Rolle, als sie die wandnahe Geschwindigkeitsverteilung einer Grenzschicht mit der Wandschubspannung verkn¨ upfen.

4.1. Bezeichnungen und Definitionen

83

Neben der Wandschubspannung und der Wandschubspannungsgeschwindigkeit selbst sind nat¨ urlich auch die Reibungsbeiwerte von Interesse, mit denen die Wandreibung mit dem charakteristischen Staudruck einer Str¨omung ins Verh¨altnis gesetzt wird. Der ¨ortliche Reibungsbeiwert ist u ¨ber

cf =

τw ρ 2 u 2 ∞

(4.7)

definiert und kann f¨ ur einfache” Str¨omungen mit der Reynolds-Zahl korreliert wer” den. So gilt f¨ ur Plattenstr¨omungen ohne Druckgradient f¨ ur den laminaren Fall nach Blasius der Zusammenhang 0, 664 cf = √ Re

(4.8)

und f¨ ur turbulente Grenzschichten nach Schultz-Grunow

cf = 0, 37 · (lg Rex )−2,584

(4.9)

cf

x

turbulent

M 0,2 0,25

laminar Rex

Bild 4.6: Wandreibungsbeiwerte an einem Tragfl¨ ugelprofil mit laminar-turbulentem Umschlag Derartige Beziehungen bilden oft die Orientierungsbasis f¨ ur Wandschubspannungsmessungen an komplexeren Geometrien, wie Bild 4.6 f¨ ur die an einem Tragfl¨ ugelprofil bei zwei Mach-Zahlen gemessenen Reibungsbeiwerte auf der Profiloberseite als Funktion der lokalen Reynolds-Zahl zeigt. Durch den Vergleich mit den theoretischen Beziehungen (4.8) und (4.9) kann leicht festgestellt werden, dass die Profilgrenzschicht im Vorderkantenbereich zun¨achst laminar ist, dann im mittleren Profilbereich die Transition von laminar zu turbulent mit stark anwachsender Wandschubspannung durchl¨auft, um schließlich im hinteren Bereich voll turbulent zu werden.

84

4.2

4. Wandreibungsmessung

Mechanische Verfahren (Wandschubspannungswaagen)

Ein naheliegender Ansatz lokale Wandreibungskr¨afte zu messen, besteht in der wandb¨ undigen Einbringung kleiner mechanischer Waagen, Bild 4.7. Mit einer derartigen Anordnung wird die von der Str¨omung verursachte Reibungskraft direkt messbar, allerdings nicht im strengen Sinne als lokaler Wert, sondern nur als Integralwert u ¨ber die Oberfl¨ache des in der Regel runden Messtellers. Da dessen typischer Durchmesser u ¨blicherweise 10 bis 30 mm betr¨agt, spielt dieser Effekt immer dann eine Rolle, wenn die Wandreibung in hohem Maße ortsabh¨angig ist. Bei derartigen geometrischen Abmessungen k¨onnen sich allerdings grunds¨atzliche Probleme mit der Messgenauigkeit und/oder Aufl¨osung ergeben, da die Wandschubspannung bei Windkanalversuchen im Niedergeschwindigkeitsbereich relativ klein ist (die turbulente Wandschubspannung bei Str¨omungsgeschwindigkeiten von u = 20 m/s liegt in der Gr¨oßenordnung von nur 1 N/m2 ). In Hinblick auf die Messsicherheit kommt bei derartig kleinen Kr¨aften noch erschwerend hinzu, dass die internen mechanischen Reibungsverluste einer Waage das Messergebnis leicht verf¨alschen k¨onnen. Aus diesen Gr¨ unden werden mechanische Wandreibungswaagen vorzugsweise im Hochgeschwindigkeitsbereich eingesetzt, in denen diese prinzipiellen Probleme nicht mehr oder nicht mehr so gravierend auftauchen, da die turbulente Wandschubspannung bei M = 0, 8 f¨ ur eine ebene Str¨omung schon im Bereich von etwa 100 N/m2 liegt. y

u:

tW

tW Wand

Parallel-Lagerung

Wand

Kreuzfeder-Lagerung

Bild 4.7: Prinzipielle Bauformen direkter Wandreibungswaagen (nach Winter) Vorzugsweise werden mechanische Wandschubspannungswaagen in Parallel-Lagerung oder Kreuzfeder-Lagerung ausgef¨ uhrt, schematisch dargestellt in Bild 4.7. Praktische Ausf¨ uhrungen sind demgegen¨ uber sehr viel komplexer aufgebaut, insbesondere um die eingangs erw¨ahnten Probleme hinsichtlich der Messgenauigkeit klein zu halten. Als Beispiel dazu ist in Bild 4.8 der Aufbau einer kapazitiven Wandreibungswaage nach dem Kreuzfederprinzip gezeigt, deren Messprinzip auf der reibungskraftproportionalen Verschiebung von zwei kapazitiven Platten und der daraus resultierenden Kapazit¨ats¨anderung basiert. Zur Vermeidung von thermisch bedingten Dejustierungen bzw. von Reibungsverlusten ist die Waage mit einem W¨armeschutz und einem K¨ uhlmantel versehen. Ferner ist ein zus¨atzlicher Kraftaufnehmer zwischen Messelement und Geh¨ausemantel integriert, der zur in situ Kalibrierung der Waage dient. Eine mechanische Wandschubspannungswaage mit R¨ uckstellmotor (induktives Prinzip) ist in Bild 4.9 dargestellt. Durch die Wandschubspannung wird der Schwimmer

4.2. Mechanische Verfahren (Wandschubspannungswaagen)

85

tw &9mm Gehäuse Wärmeschutz

Kapazitive Platten

Magnetring Kraftaufnehmer (Kalibierung) Kreuzfeder

Permanentmagnet

Kühlmantel

Bild 4.8: Kapazitive Wandreibungswaage in Kreuzfederbauweise (nach Kistler) in tangentialer Richtung ausgelenkt. Der Schwimmer f¨ uhrt dabei eine virtuelle Auslenkung aus, die in einer Magnetspule im Inneren der Waage eine Spannungs¨anderung induziert. Diese Spannungs¨anderung ist proportional der auf dem Schwimmer angreifenden Kraft. Die Auslenkung des Schwimmers wird von einem linearen Wegaufnehmer in ein elektrisches Signal umgewandelt und an den Linearmotor weitergeleitet. Die Gegenkraft des Linearmotors f¨ uhrt zur R¨ uckf¨ uhrung des Schwimmers in die Neutrallage. Schwimmer Druckanschluß

o 50.8

Einsatz

Schwimmer ( o 10 mm)

Linearmotor

Wegaufnehmer Gehäuse

stat. Druckbohrungen Druckausgleichsbohrungen

Bild 4.9: Mechanische Wandschubspannungswaage (Fa. Selem) Eine Kalibration dieser Waage kann durch das Aufbringen mechanischer Kr¨afte erfolgen. So ist beispielsweise die Gewichtskraft des Schwimmers selbst durch horizontales Aufrichten der Waage der Ausgangspunkt f¨ ur die Kalibration (Bild 4.10, links). Die Masse des Schwimmers betrug hier mS = 2640 mg. Durch Anbringen weiterer Zusatzgewichte an der Schwimmeroberfl¨ache erh¨alt man weitere Messwerte f¨ ur die Kalibration. Das Beispiel in Bild 4.10 zeigt den linearen Zusammenhang zwischen der angreifenden Kraft und dem Spannungssignal und damit der Wandschubspannung. Eine sehr maßgebliche Fehlerquelle bei einem Einsatz von Wandschubspannungswaagen bilden Einbaufehler in den Str¨omungsk¨orper. Bereits ein leichtes Hervortreten des eigentlichen Messk¨orpers aus der Wand bzw. auch umgekehrt ein leichtes Absenken kann sehr schnell zu unerw¨ unschten Sekund¨arstr¨omungen einschließlich lokaler Str¨omungsabl¨osungen an den Messelementen f¨ uhren, Bild 4.11. Durch derartige Sekund¨arstr¨omungen werden zus¨atzliche St¨orkr¨afte sowohl in Form von Normal- als auch Tangentialkr¨aften an dem Messk¨orper induziert, die das Messergebnis stark verf¨alschen k¨onnen. Derartige Messfehler treten insbesondere auch bei Untersuchungen in Hochgeschwindigkeitsstr¨omungen mit ihren typisch kleinen Grenzschichtdicken

4. Wandreibungsmessung 3200

70

3100

60

3000

50

DtW [N/m2]

Waagensignal [mV]

86

2900 2800 2700 2600

40 30 20 10

2500

0 0

100

200 300 400 Zusatzgewicht [mg]

500

0

100

200 300 400 Zusatzgewicht [mg]

500

Bild 4.10: Kalibration der mechanischen Wandschubspannungswaage SM251: Spannungswerte (links) und Zusatzkraft-proportionale Wandschubspannungen (rechts, nach S.Bose) verst¨arkt auf. Als Beispiel dazu zeigt Bild 4.12 f¨ ur eine Versuchsreihe bei M = 2, 67 den prozentualen Messfehler in der Wandschubspannung τw /τw abh¨angig von dem geometrischen Einbaufehler h in vertikaler Richtung (entsprechend Bild 4.11). u

u

Wand

Normalkräfte Tangentialkräfte

Bild 4.11: Einfluss von Einbaufehlern auf Wandreibungswaagen schematisch (nach Winter) Es wird deutlich, dass bereits kleinste Einbauungenauigkeiten in der Gr¨oßenordnung von weniger als 1/10 mm zu signifikanten Messfehlern f¨ uhren k¨onnen. Derartige Probleme k¨onnen nat¨ urlich bei Untersuchungen an Str¨omungsk¨orpern mit komplexer Geometrie, z.B. mit stark gekr¨ ummten W¨anden, deutlich hervortreten, so dass bei solchen Anwendungen der zun¨achst bestehende Vorteil der Wandschubspannungswaagen, n¨amlich die lokale Wandreibung direkt und st¨orungsfrei messen zu k¨onnen, gegen¨ uber dem Nachteil einer erheblich reduzierten Messsicherheit h¨aufig zur¨ uckstehen muss.

Bild 4.12: Prozentualer Messfehler einer Wandreibungswaage bei vertikalen Einbaufehlern f¨ ur M =2,67 (nach O’Donnell)

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren

87

Da ferner der apparative Aufwand einschließlich der Einbaumaßnahmen in die Wand eines Str¨omungsk¨orpers nicht unerheblich und der gleichzeitige Einsatz von mehreren Wandschubspannungswaagen, z.B. zur Vermessung der kompletten Wandschubspannungsverteilung an einem Versuchsmodell, sehr aufwendig ist, wird dieses Messger¨at vorzugsweise als Kalibrationsstandard f¨ ur andere Verfahren in einfachen” Str¨omun” gen (z.B. ebene Platte) eingesetzt.

4.3

Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren

Zu den gebr¨auchlichen thermoelektrischen Verfahren zur Messung der Fluidreibung an umstr¨omten K¨orpern geh¨oren die Oberfl¨achenheißfilmtechnik, die Wandpulsdrahttechnik sowie die Wandhitzdrahttechnik. Grundprinzip aller drei Verfahren ist, die lokale Wandschubspannung u ¨ber eine Messung der erzwungenen Konvektion an einem thermo-elektrisch beheizten Wandsensor (Heißfilm) oder wandnahem Str¨omungssensor u ¨ber den Umweg der gemessenen wandnahen Geschwindigkeit (Wandpuls- und Wandhitzdraht) zu bestimmen. Da keines der Verfahren die Wandschubspannung direkt misst, kommt der jeweiligen Kalibration eine zentrale Bedeutung zu. Aus diesem Grunde werden nachstehend neben den Grundlagen dieser drei Verfahren ganz besonders auch Kalibrationsaspekte diskutiert.

4.3.1

Oberfl¨ achenheißfilmtechnik

Die Oberfl¨achenheißfilmtechnik basiert auf einer Messung der konvektiven W¨armeabgabe eines u uckenschaltung aufgeheizten, kleinen metalli¨ber eine elektrische Br¨ schen Wandelementes, Bild 4.13, unter Verwendung einer empirischen Korrelation zwischen dieser Konvektionsw¨arme einerseits und der herrschenden Wandschubspannung andererseits. y

u(y) tW=m.

du dy

R0 +

UB

-

R1

R2

Bild 4.13: Schema der Oberfl¨achenheißfilmtechnik (Konstant-Temperatur) ¨ Ahnlich wie bei der Hitzdrahtanemometrie sind prinzipiell zwei Messprinzipien gebr¨auchlich, und zwar die Konstant-Strom-Methode (CC – Constant Current), bei der der Sensor mit einem konstanten Messstrom beaufschlagt wird und die KonstantTemperatur-Methode (CT – Constant Temperature), bei der die Br¨ uckenschaltung f¨ ur eine konstante Sensortemperatur sorgt. In beiden F¨allen wird der Metallfilm mit Hilfe der Br¨ uckenschaltung elektrisch aufgeheizt und gibt W¨arme konvektiv an das Str¨omungsmedium ab, deren Betrag proportional zur jeweils herrschenden Wandschubspannung gesetzt wird. Da sich das CT-Verfahren weitgehend durchgesetzt hat, beziehen sich die nachstehenden Ausf¨ uhrungen nur auf diese Variante.

88

4. Wandreibungsmessung

Kleber

Oberflächenheißfilm

PVC

0.013

0.005

Bild 4.14 zeigt zun¨achst eine typische Bauform und die Montage eines v-f¨ormigen Oberfl¨achenheißfilms (zwei Sensoren A und B) auf einem Str¨omungsk¨orper. Die zwei schmalen, v-f¨ormig unter einem Winkel von 90◦ angeordneten Nickel-Sensoren und die sehr viel breiteren Anschlussleitungen zu der Messbr¨ ucke sind auf eine PVCTr¨agerfolie aufgedampft. Der gesamte Sensortr¨ager wird b¨ undig in die Wand eingeklebt, um keine k¨ unstlichen Oberfl¨achenrauhigkeiten zu erzeugen. Anschlussleitungen

0.

Wand

05

5. 90°

0 Sensor B

Sensor A

u:

Bild 4.14: Aufbau und Montage eines (nach H. U. Meier/Mc Croskey)

v-f¨ormigen

Oberfl¨achenheißfilms

Die Kalibration eines Oberfl¨achenheißfilms muss gegen ein geeignetes Referenzverfahren durchgef¨ uhrt werden und erfolgt im einfachsten Falle in Form einer empirischen Korrelation (Bild 4.15) zwischen der Br¨ uckenspannung UB und der Wandschubspannung τw u ¨ber:

UB2 = A + Bτwn

(4.10)

A, B − Kalibrationskonstanten n = 0,25 - 0,33

Bild 4.15: Kalibration eines Oberfl¨achenheißfilms: Einfluss der Fluidtemperatur Aus dem Bild 4.15 geht insbesondere auch hervor, dass die Fluidtemperatur (bei konstanter Sensortemperatur im CT-Modus) eine ganz maßgebliche Einflussgr¨oße bei einer Heißfilmkalibration beziehungsweise auch bei praktischen Messungen ist,

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren

89

da der Oberfl¨achenheißfilm als thermoelektrisches Verfahren besonders sensibel auf ¨ ver¨anderte thermische Randbedingungen reagiert. Uberschlagsweise kann dabei angesetzt werden, dass eine Temperatur¨anderung von nur 1◦ C einen Wandschubspan¨ nungsmessfehler von etwa 10% nach sich zieht, falls diese Anderung nicht ber¨ ucksichtigt wird. Diese ausgepr¨agte Abh¨angigkeit von den thermischen Randbedingungen resultiert letztlich aus dem Messprinzip eines Oberfl¨achenheißfilms. Dabei wird als messphysikalische Grundlage oft die so genannte Reynoldsanalogie zwischen konvektivem W¨arme¨ ubergang und Wandreibung, beschrieben durch die Proportionalit¨at von Stanton-Zahl St und dem halben Reibungsbeiwert mit St =

cf Nu = ReP r 2

(4.11)

angef¨ uhrt. Diese Erkl¨arung ist allerdings nur bedingt richtig, da diese Analogie strenggenommen nur f¨ ur Str¨omungen mit in etwa gleichen Grenzschichtdicken von Geschwindigkeit (δu ) und Temperatur (δT ) gilt, w¨ahrend sich im Falle eines Oberfl¨achenheißfilms die Temperaturgrenzschicht nur lokal u ¨ber dem Heißfilm mit sehr geringer Ausdehnung in Richtung der Wandnormalen ausbreitet, Bild 4.16. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine sehr spezielle Form dieser Analogie, die im Prinzip nur auf dem Zusammenhang zwischen W¨armetransport und Reibung im Bereich der viskosen Unterschicht einer Str¨omungsgrenzschicht beruht. Gerade diese zun¨achst einschr¨ankende Tatsache macht es aber m¨oglich, Oberfl¨achenheißfilme vielseitig ein¨ zusetzen, da lediglich f¨ ur den wandn¨achsten Grenzschichtbereich das einfache Ahnlichkeitsgesetz (4.4) und die Analogie vorausgesetzt werden muss.

y

du u(y)

QKonvektiv QElektrisch

x Wand

Träger

dT

QLeitung

Bild 4.16: Thermalhaushalt eines Oberfl¨achenheißfilms (schematisch) In Bild 4.16 ist bereits angedeutet, dass der Thermalhaushalt eines Oberfl¨achenheißfilms neben der im Sensor elektrisch erzeugten Ohmschen W¨arme Q˙ E und der Konvektionsw¨arme Q˙ K auch noch die W¨armeleitungsverluste des Sensors in die Tr¨agerstruktur und/oder die Wand des Str¨omungsk¨orpers umfaßt. Es ist leicht einsehbar, dass diese Verlustw¨arme in hohem Maße von den W¨armeleitungseigenschaften der Struktur abh¨angig ist. Damit ist auch die Kalibration eines Heißfilms a¨hnlich wie bei dem in Bild 4.15 gezeigten Beispiel f¨ ur ver¨anderte Str¨omungstemperaturen ganz erheblich von dem Wandmaterial abh¨angig. In Bild 4.17 ist dieser Effekt f¨ ur Kalibrationen auf einem homogenen Bakelit-Tr¨ager und einem Plexiglas-Tr¨ager (mit w¨armeisolierendem Hohlraum unter dem Heißfilm) verdeutlicht.

90

4. Wandreibungsmessung

Die resultierenden Konstanten AF und BF einer Kalibration in Form der Nußelt-Zahl N uF (gebildet aus der elektrischen Heizleistung des Sensors I 2 R, bezogen auf eine charakteristische Sensorl¨ange l, die W¨armeleitf¨ahigkeit der Luft λ und die Temperaturdifferenz zwischen Sensor und Fluid T ) als Funktion der Reynolds-Zahl ReF (gebildet mit Schubspannungsgeschwindigkeit uτ , der L¨ange l und der kinematischen Viskosit¨at ν) 2

N uF = AF + BF ReF3

(4.12)

spiegeln den erh¨ohten W¨armeleitungsanteil im Falle des homogenen K¨orpers wider. Aus dieser Darstellung folgt unmittelbar, dass Oberfl¨achenheißfilme bei praktischen Messungen thermisch gut gegen die K¨orperwand isoliert sein sollten, um den allein aus der wandschubspannungsproportionalen Konvektion resultierenden Nutzsignalanteil m¨oglichst hoch zu halten. Trägermaterial Bakelit AF = 6,25 BF = 1,47

NuF =

2

I .R l.l.DT

10 8 6

Plexiglas mit Luft-Hohlraum AF = 2,46 BF = 1,03

4 2 0

0

1

4 2 3 ReF2/3 = (ut.l/u)2/3

5

Bild 4.17: Einfluss des Wandmaterials auf die Kalibration eines Oberfl¨achenheißfilms (nach McCroskey/Durbin) St¨orende thermodynamische Wandeinfl¨ usse k¨onnen insbesondere auch bei einer engen Staffelung von mehreren Heißfilmsensoren in Form eines HF-Arrays auftreten, Bild 4.18. Bei geringen Abst¨ande der Sensoren zueinander k¨onnen sich sowohl thermische Interferenzen auf der Str¨omungsseite als auch zus¨atzliche thermodynamische Kopplungen auf der Strukturseite ergeben, die beide stark zu Lasten der Messgenauigkeit bei einer Array-Wandschubspannungsmessung gehen k¨onnen. Leiterbahnen

Strömung

Heißfilmsensoren aktiver Sensor Strömung

Bild 4.18: Oberfl¨achenheißfilm-Array bestehend aus 16 Einzelsensoren (links, Layout: TAO Systems) und an der Vorderkante eines Fl¨ ugels appliziert (rechts, nach Hausmann)

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren

91

291 293 295 297 299 301 303 305 T [K]

0,5

2,0

DtW » 47%

1,0

DtW » 42% QE-QE,0 .103 [W/K] DT

0 2,0

DtW » 32%

0,4

y [mm]

1,0 0 2,0 1,0

0,3

0 2,0 1,0 0 0,28

betrachteter Sensor (Nr.4) 0,2 0,29

0,30 x [m]

0,31

14

0,32

16

18

20

(rW.mW.tW)1/3.103

Bild 4.19: Temperaturverteilung u ¨ber einem Oberfl¨achenheißfilmarray mit 4 Sensoren (links) und die Kalibration des vierten Sensors bei Variation der Anzahl stromauf betriebener Sensoren (rechts, nach F. Haselbach) Die thermischen Interferenzen sind in Bild 4.19 (links) f¨ ur ein Oberfl¨achenheißfilmarray, bestehend aus 4 Einzelsensoren, veranschaulicht. Hier sind die gemessenen Temperaturfelder u ¨ber dem Oberfl¨achenheißfilmarray abgebildet. Das Array besteht aus vier Einzelsensoren mit einem Abstand von jeweils 8 mm. Die Erh¨ohung der ¨ aktiven Sensoranzahl f¨ uhrt zu einer deutlichen Uberlappung der Temperaturfahnen stromab und damit auch zu einer starken thermischen Interferenzwirkung. Dieser Effekt hat bei der Kalibration z.B. des letzten Sensors zur Folge, dass bei gleicher Wandschubspannung (hier τW = 0, 17 N/m2 , laminare Grenschicht) die Heizleistung im Vergleich zu einem Einzelsensor absinkt, je mehr Sensoren stromauf aktiv sind (Bild 4.19, rechts). Der m¨ogliche Messfehler (∆τW /τW ) kann in diesem Fall bis zu 47% betragen. Eine sehr effektive und an die in Bild 4.17 gezeigte Methode angelehnte Kalibrationstechnik f¨ ur Oberfl¨achenheißfilme – hier allerdings ohne explizite Ber¨ ucksichtigung der Wandeigenschaften – zeigt Bild 4.20. rb ul e tu

4 3

ar

2

m in

QE-QE,0 .104 [W/K] DT

nt

5

0

la

1

0

1

Freie Transition Erzwungene Transition 4 2 3 (r.m.tW)1/3 . 102

5

Bild 4.20: Vereinfachte W¨armebilanzkalibrierung eines Heißfilms (laminare und turbulente Str¨omung, nach Kreplin/ Haselbach) In dieser Darstellung ist die elektrische Nettow¨arme (Q˙ E − Q˙ E,0 ) (Index 0 elektrische W¨arme bei u∞ =0) bezogen auf die treibende Temperaturdifferenz zwischen Heißfilm und Fluid mit der Wandschubspannung korreliert. Auch diese Kalibrationsmethode

92

4. Wandreibungsmessung

kompensiert in guter N¨aherung den Einfluss ver¨anderlicher thermischer Randbedingungen. Aus dieser Abbildung geht dar¨ uber hinaus deutlich hervor, dass eine derartige Kalibrierung ebenso wie auch die vorstehend erl¨auterten Kalibrations-Schemata sowohl f¨ ur laminare als auch f¨ ur turbulente Str¨omungen g¨ ultig ist. a

a tW

Ua-U0 U90°-U0

1

(U12-U012) + (U22-U022)

(U12-U012) - (U22-U022)

2

b

2

a tW

-50

a[°]

a[°]

Bild 4.21: Richtungsbestimmung der Wandschubspannung mit Oberfl¨achenheißfila V-f¨ormiger Oberfl¨achenheißfilm (nach Kreplin/ Meier),  b l¨angsmen:  angestr¨omter Einzelheißfilm Sehr vorteilhaft lassen sich Oberfl¨achenheißfilme auch zur Richtungsbestimmung des resultierenden Wandreibungsvektors einsetzen, da die Richtungsabh¨angigkeit der Konvektion eines beheizten Wandelementes sehr ausgepr¨agt ist. Geeignet zur Richtungsbestimmung sind besonders v-f¨ormige Heißfilme entsprechend Bild 4.14, bei denen die Richtung aus dem Differenzsignal der Sensoren 1 und 2 bestimmt wird. Allerdings l¨asst sich die Wandreibungsrichtung auch mit einem Einzelheißfilm bestimmen, es empfiehlt sich jedoch in diesem Falle eine L¨angsanstr¨omung des Heißfilmelementes, da bei Queranstr¨omung keine zufriedenstellende Aufl¨osung im Bereich α ≈ 0◦ erzielt werden kann. Typische Kalibrationskurven f¨ ur die Richtungsbestimmung der Wandschubspannung sind in Bild 4.21 f¨ ur beide Sensortypen gezeigt.

4.3.2

Ober߬ achenhitzdraht

Der Oberfl¨achenhitzdraht basiert auf der in Kapitel 3.3.1 vorgestellten Hitzdrahtanemometrie. Der Sensor wird quer zur Haupstr¨omungsrichtung u ¨ber einen schmalen Hohlraum gespannt und an den Schlitzufern verschweißt (Bild 4.22). Das Luftvolumen zwischen Sensor und Wand dient als thermische Isolierung. Damit wird weniger W¨arme in die Wand abgef¨ uhrt als bei einem auf der Wand befestigten Oberfl¨achenheißfilm. Als Sensorsubstrat wird wird kupferbeschichtetes Platinenmaterial verwendet, wobei der Hohlraum durch ein Foto¨atzverfahren hergestellt wird. Die Schlitze in Str¨omungsrichtung dienen lediglich der galvanischen Trennung der Sensorkontakte. Um zus¨atzliche Rauhigkeiten zu vermeiden, k¨onnen diese Hohlr¨aume nach Kontaktierung der Sensoren verspachtelt werden. Als Hitzdrahtmaterial dienen platinbeschichtete Wolframdr¨ahte mit einem u ¨blichen Durchmesser von d = 5 µm. Mit einer Sensorl¨ange von l = 1, 5...2, 5 mm liegen die Kaltwiderst¨ande zwischen 5Ω und 7Ω.

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren Schnitt y

93

Draufsicht u(y) Hitzdraht & 5 µm u:

2.5 mm

35 µm Cu-Folie Schlitz

100 µm

GFK-Träger

Bild 4.22: Schema und Aufbau eines Oberfl¨achenhitzdrahtes In Bild 4.23 verdeutlicht eine numerische Simulation des Str¨omungsfeldes um einen Oberfl¨achenhitzdraht, dass die wandnahe Str¨omung leicht in den Hohlraum eindringt und daher der Sensor wie ein klassischer Hitzdrahtsensor umstr¨omt wird. Aufgrund der wandnahen Anordnung kann der Oberfl¨achenhitzdraht nach (4.10) hier direkt gegen die Wandschubspannung kalibriert werden, da die gemessene Geschwindigkeit bei einem Wandabstand der Staustromlinie (yH ) von typischerweise wenigen Mikrometern unmittelbar u ¨ber das Wandgesetz der z¨ahen Unterschicht mit der Wandschubspannung verkn¨ upft ist.

y u(y)

yH

Cu-Schicht GFK-Träger

Bild 4.23: Wandnahe Umstr¨omung eines Oberfl¨achenhitzdrahtes mit Temperaturverteilung (M. Reyer) Die Kalibrationskurve eines Oberfl¨achenhitzdrahtsensors in einer turbulenten Grenzschichtstr¨omung f¨ ur einen Wandschubspannungsbereich bis τW = 20 N/m2 ist in Bild 4.24 dargestellt. Die zunehmende Wandschubspannung f¨ uhrt – prinzipiell vergleichbar mit dem Oberfl¨achenheißfilm – zu einem Anstieg der Br¨ uckenspannung. Der Verlauf der Sensitivitat (dE 2 /dτW ) zeigt, dass die Messempfindlichkeit im Bereich kleiner Wandschubspannungen am h¨ochsten ist. Die aus der Sensoranordnung von Oberfl¨achenhitzdr¨ahten resultierende thermische Entkopplung des Sensors von der Wand erlaubt eine sehr hohe zeitliche Signalaufl¨osung, die mit konventionellen Hitzdrahtsonden vergleichbar ist und damit deutlich ¨ u ¨ber der von Oberfl¨achenheißfilmen liegt. Die Sensoren k¨onnen mit Uberhitzungsverh¨altnissen bis zu OHR = R/R0 = 1, 8 betrieben werden, wodurch sich obere Grenzfrequenzen bis zu fG = 80 kHz erzielen lassen. Bild 4.25 zeigt exemplarisch den Trend der dynamischen Signalantwort eines Oberfl¨achenhitzdrahtes in Abh¨an¨ gigkeit vom Uberhitzungsverh¨ altnis.

94

4. Wandreibungsmessung

Bild 4.24: Kalibrationskurve mit Referenzmesspunkten und Sensitivit¨at eines Oberfl¨achenhitzdrahtes

¨ Bild 4.25: Einfluss des Uberhitzungsverh¨ altnisses OHR auf die Grenzfrequenz eines Oberfl¨achenhitzdrahtes

4.3.3

Wandpulsdraht- und Wandhitzdrahttechnik

Die Wandschubspannungsbestimmung sowohl nach der Wandpulsdraht als auch nach der Wandhitzdrahtmethode basiert auf der Messung einer wandnahen Str¨omungsgeschwindigkeit mit Hilfe von wandfixierten Pulsdraht- oder Hitzdrahtsonden (zu den Basisverfahren siehe Kapitel 3.3.1 und 3.3.2) und einer Korrelation dieser lokalen Str¨omungsgeschwindigkeit mit der Wandschubspannung. Beide Verfahren nehmen damit prinzipiell die u ¨ber die Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze (4.4), (4.5) und (4.6) formulierten Zusammenh¨ange zwischen Geschwindigkeit u, Wandabstand y und Wandschubspannungsgeschwindigkeit uτ in Anspruch und die besonders einfach bei Geschwindigkeitsmessungen unmittelbar in der viskosen Unterschicht u ¨ber den einfachen Schubspannungsansatz (4.1) bzw. das daraus resultierende lineare Wandgesetz der z¨ahen Unterschicht (4.4) erst eine Verkn¨ upfung von gemessener wandnaher Geschwindigkeit und herrschender Wandschubspannung erm¨oglichen. Allerdings k¨onnen sich aus dieser indirekten Einbindung der Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze immer dann Probleme hinsichtlich der Messsicherheit f¨ ur beide Verfahren ergeben, wenn diese Grenzschicht¨ahnlichkeit bei einem Experiment nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Dieses gilt insbesondere f¨ ur Messungen außerhalb der viskosen Unterschicht (dimensionslose Wandabst¨ande y + > 5), da z.B. das logarithmische Wandgesetz (4.5) nur f¨ ur ’einfache’ turbulente Gleichgewichtsgrenzschichten zutrifft und daher in praktischen Str¨omungen h¨aufig nur sehr eingeschr¨ankt g¨ ultig ist.

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren 4.3.3.1

95

Wandpulsdrahttechnik

Die Wandpulsdrahttechnik basiert zun¨achst auf der bereits anhand von Bild 3.19 erl¨auterten Technik einer lokalen Geschwindigkeitsmessung nach dem einfachen WegZeit-Prinzip mit Hilfe einer Laufzeitbestimmung von thermischen Pulsen, die u ¨ber einen Sendedraht in die Str¨omung eingebracht werden, mit der Str¨omung mitschwimmen und u ¨ber zwei Empfangsdr¨ahte registriert werden. Im Unterschied zu frei traversierbaren Pulsdrahtsonden f¨ ur Str¨omungsfelduntersuchungen werden die drei Messdr¨ahte hier jedoch in einem festen Abstand zur Wand fixiert, Bild 4.26, indem die Zinken in einen wandb¨ undig zu montierenden Einsatz integriert werden. Eine Wandpulsdrahtsonde misst damit die Str¨omungsgeschwindigkeit in einem Wandabstand, und zwar durch die doppelte Empfangsdrahtanordnung sowohl f¨ ur Vorw¨arts- als auch R¨ uckw¨artsstr¨omungen. u Empfangsdrähte ( 5 mm)

Zinken (6)

Wandbündig

Gepulster Hitzdraht ( 12,5 mm) 1,8

mm

3,0

mm

0,1 < H < 10 mm

Bild 4.26: Aufbau einer Wandpulsdrahtsonde (nach Westphal) Die Zuordnung von Laufzeit der thermischen Pulse zur Geschwindigkeit und zus¨atzlich auch zur Wandschubspannung erfolgt bei der Wandpulsdrahttechnik u ¨ber eine individuelle Kalibration, Bild 4.27. In dieser Abbildung ist ¨ahnlich wie bereits in Bild 3.21 f¨ ur die Pulsdraht-Geschwindigkeitsmessung als eigentliche Messgr¨oße wieder die Taktzahl verwendet, hier jedoch die reziproke Taktzahl, als Kehrwert der gemessenen Anzahl NT von definierten Zeitinkrementen eines 1,8 MHz-Z¨ahlers pro gemessener Flugzeit. Dieser Reziprokwert ist sowohl mit der Geschwindigkeit uh (h Wandabstand) als auch der Wandschubspannung τw nichtlinear korreliert. Mit steigender Wandschubspannung nimmt die reziproke Taktzahl zu, da die Anzahl der gemessenen Zeitinkremente pro Flugzeit mit steigender Geschwindigkeit bzw. Wandschubspannung abnimmt. Eine Kalibrierung entsprechend Bild 4.27 kann keinen allgemeing¨ ultigen Charakter haben, sondern nur f¨ ur den jeweiligen Testfall gelten. Insbesondere bei ver¨anderten Wandabst¨anden des Pulsdrahtes und/oder ver¨anderten Str¨omungsrandbedingungen sind derartige Kalibrationen jeweils neu zu erstellen bzw. zu u ufen. ¨berpr¨ Aus dem oben beschriebenen Z¨ahl- bzw. Messprinzip der Wandpulsdrahttechnik folgt ferner, dass dieses Messverfahren aufgrund zunehmender Messunsicherheiten bei Str¨omungsgeschwindigkeiten von uh > 10 m/s vorzugsweise im Bereich kleinerer Wandschubspannungen (τw < 2 N/m2 ) einzusetzen ist. Auch hier erfordert das Verfahren u ¨blicherweise eine statistische Behandlung eines Messwertensembles bestehend aus mehreren hundert Einzelmesswerten, um den Mittelwert oder auch die Schwankungswerte der Wandschubspannung sicher angeben zu k¨onnen, Bild 4.28.

96

4. Wandreibungsmessung

Bild 4.27: Kalibrierung einer Wandpulsdrahtsonde zur Messung der Wandschubspannung in einer laminar-turbulenten Plattenstr¨omung: Lokale Geschwindigkeit und Wandschubspannung abh¨angig von der reziproken Taktzahl (NT · 1, 8 · 106 =1 s, nach Feyzi)

Bild 4.28: Histogramm einer Wandpulsdrahtmessung (nach Westphal) 4.3.3.2

Wandhitzdrahttechnik

Die Wandhitzdrahttechnik zur Bestimmung lokaler Wandschubspannungen basiert auf einer speziellen Anwendung der klassischen Hitzdrahtanemometrie, Kapitel 3.3.1. Die Hitzdrahtsonde wird dazu grunds¨atzlich ¨ahnlich wie bei der Wandpulsdrahttechnik in einem fixierten und m¨oglichst kleinen Wandabstand h zur K¨orperoberfl¨ache eingebracht, Bild 4.29, und misst zun¨achst eine lokale Str¨omungsgeschwindigkeit uH in der Grenzschicht. Diese Geschwindigkeit wird dann mit der Wandschubspannung mit Hilfe der Variablen u+ und y + der Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze (4.3) verkn¨ upft,

τH+ = f u+ H



(4.13)

und zwar u ¨ber eine Funktion mit τH+ als dimensionsloser Wandschubspannung und + uH als dimensionsloser Geschwindigkeit. Beide Parameter werden mit den charakteristischen Gr¨oßen der Wandhitzdrahtmessung aus den Variablen des Wandgesetzes gebildet und sind u ¨ber

τH+

=



2 y+ H



=

uτ h ν

2

=

τw h2 ρν 2

(4.14)

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren u+ H

1 + + 2 1 = u y = H 2 2



uH uτ h uτ ν

2

97 1 = 2



uH h ν

2

(4.15)

definiert. Die Funktion f(u+ ¨ber Kalibrationsversuche zu bestimmen H ) in (4.13) ist u und liefert f¨ ur die mit einem Wandhitzdraht gemessene Geschwindigkeit uH die gesuchte Wandschubspannung τw . y

u(y) Hitzdraht

uH

yH/d £ 20 %

Bild 4.29: Schema der Wandhitzdrahttechnik F¨ ur eine ebene turbulente Plattenstr¨omung sind derartige Kalibrationsmessungen f¨ ur unterschiedliche Geschwindigkeiten und auch variierte Wandabst¨ande des Wandhitzdrahtes in Bild 4.30 zusammengefasst.

Bild 4.30: Kalibration einer Wandhitzdrahtsonde in einer turbulenten Plattenstr¨omung Durch den ¨ahnlichkeitsmechanischen Ansatz ihrer Variablen besitzt diese Kalibrationskurve eine gewisse Allgemeing¨ ultigkeit, allerdings bleibt sie strenggenommen immer noch auf Str¨omungen beschr¨ankt, die ihrem Charakter nach der des Kalibrationsversuches entsprechen, im Falle von Bild 4.30 also dem Wandgesetz turbulenter Gleichgewichtsgrenzschichten nach (4.6). Allerdings muss bei Wandhitzdrahtmessungen nicht streng vorausgesetzt werden, dass die gesamte Str¨omungsgrenzschicht einem einheitlichen Gesetz folgt, sondern es reicht in der Regel aus, wenn dieses auf den wandnahen Grenzschichtbereich bis hin zum Wandhitzdraht zutrifft. Daraus

98

4. Wandreibungsmessung

folgt unmittelbar, dass es vom str¨omungsphysikalischen Standpunkt aus am vorteilhaftesten w¨are, Wandhitzdrahtmessungen grunds¨atzlich im Bereich der viskosen Unterschicht durchzuf¨ uhren, da hier das Wandgesetz (4.4) mit hoher Allgemeing¨ ultigkeit gilt. Dieser Bereich erstreckt sich in der Kalibrationskurve, Bild 4.30, theoretisch + + bis zu u+ H ≈ 300 entsprechend den Grenzwerten u = 5 und y = 5 der viskosen Unterschicht. Da es aber gerade in diesem wandn¨achsten Grenzschichtbereich leicht zu Verf¨alschungen der Hitzdrahtsignale durch thermische und fluiddynamische Interferenzen mit der nahen K¨orperwand kommen kann (siehe auch Kapitel 7.1), ist dieser Bereich vom messphysikalischen Standpunkt aus am unsichersten. Es sollte daher ein Wandabstand von maximal 20% der Grenzschichtdicke zur Positionierung des Wandhitzdrahtes gew¨ahlt werden.

4.3.4

Mikrotechnologie, Mikrosensorik

Die Entwicklungsfortschritte auf dem Sektor der Mikroelektronik in den letzten Jahren, insbesondere im Bereich der Miniaturisierung von elektronischen Systemen und der Automatisierung von Fertigungsprozessen, machen diese heute zu einem attraktiven Technologiezweig f¨ ur die Str¨omungsforschung. Die Mikrotechnologie hat in den letzten Jahren insbesondere auch die M¨oglichkeit er¨offnet, Mikro-ElektroMechanische Systeme (MEMS) zu fertigen. Hierzu z¨ahlen miniaturisierte Sensoren und Aktuatoren, aber auch elektronische Schaltkreise, beispielsweise auf Basis der SMD- oder CMOS-Technologie (Surface Mounted Device, Complementary MetalOxide-Silicon). Der Begriff MEMS beschreibt hierbei ein System, welches mechanische und elektrische Komponenten miteinander vereinigt. Der Zusatz Mikro besagt zudem, dass das ¨ betrachtete System geometrisch sehr klein ist (Bild 4.31). Ubliche Abmaße derartiger Systeme liegen im Mikrometerbereich. Durch das Zusammenfassen sehr vieler MEMS-Sensoren zu einem Array k¨onnten damit auch kleinste Str¨omungsstrukturen erfasst werden.

0

50

mm

u:

Bild 4.31: Mikromechanischer (MEMS) Oberfl¨achenheißfilm (nach BAE Systems) Als Basiswerkstoff f¨ ur MEMS-Sensoren dient Silizium, das sich durch seine Unempfindlichkeit gegen¨ uber Kriechen und mechanischer Hysterese als besonders geeignet herausstellt, da es unter ambienten Bedingungen mechanisch versagt noch bevor eine plastische Verformung eintritt. Dar¨ uber hinaus besitzt Silizium piezoresistive Eigenschaften, die sich gut f¨ ur Messzwecke ausnutzen lassen. Die mikromaschinelle Verarbeitung von Silizium erlaubt heute die Herstellung komplexer Geometrien, wobei f¨ ur die Bearbeitung unterschiedliche Technologien zur Anwendung gebracht werden k¨onnen. Hierzu z¨ahlen die Photolithografie, Verfahren der Materialaufbringung ¨ (Aufwachsen, Dotierung), die Strukturierung durch unterschiedliche Atzverfahren,

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren

99

die Metallisierung zur Kontaktierung einzelner Bauelementstrukturen und Elemente und die Passivierung zur elektrischen und chemischen Stabilisierung fertiger Bauelemente. Im Bereich der MEMS-Technologie unterscheidet man generell zwischen zwei Gruppen von Str¨omungssensoren. W¨ahrend eine Gruppe auf der mechanischen Deformation eines Sensorelementes basiert, die durch Fluidkr¨afte (Druck, Wandschubspannung) induziert wird, nutzt die zweite Gruppe den thermischen Effekt eines beheizten Elementes (Prinzip der W¨armekonvektion). Praktische Str¨omungsmessverfahren erfordern nicht nur kleine sondern auch robuste Oberfl¨achensensoren, die auch unter rauhen Messbedingungen (Staubpartikel, Feuchtigkeit) einsetzbar bleiben. Bild 4.32 zeigt zwei Beispiele f¨ ur den Aufbau eines MEMS-Oberfl¨achenheißfilmsensors als Hufeisenform bzw. in Form eines d¨ unnen Schlitzsensors (Bild 4.32, rechts). Der Sensor ist auf einem Silizumtr¨ager aufgebracht und besitzt eine Luftkammer, die direkt unterhalb des Sensorelementes angeordnet ist und zur Reduktion der W¨armeverluste des Sensorelements in die Struktur dient. Siliziumträger

SiO2

Titansensor Goldleiter Schutzschicht

Polymidschicht

u

tw 500 mm

< 1 mm 525 mm Luftkammer

500 mm

Bild 4.32: MEMS-Oberfl¨achenheißfilm in unterschiedlichen Ausf¨ uhrungen (nach BAE Systems) Bild 4.33 zeigt die Kalibrationskurve eines derartigen MEMS-Sensors als KonstantTemperatur-Anemometer (CTA, s. Kap. 3.3.1). Aufgetragen ist die Br¨ uckenspannung (E) u ¨ber der Wandschubspannung bis τw = 100 N/m2 . Die Kurve verdeutlicht den typisch nicht-linearen Verlauf thermoelektrischer Wandreibungssensoren, der in einer mit steigender Wandschubspannung abflachenden Br¨ uckenspannung resultiert. Der Betrag der Br¨ uckenspannung ist jetzt aber deutlich kleiner als bei klassischen Oberfl¨achenheißfilmen.

Bild 4.33: Kalibrationskurve und Sensitivit¨at eines MEMS-Oberfl¨achenheißfilms (nach O. Burkhardt)

100

4. Wandreibungsmessung

Zum Erreichen einer h¨oheren Robustheit des MEMS-Sensors kann die gesamte Oberfl¨ache mit einer d¨ unnen Siliziumdioxidschicht (t < 30 µm) u ¨berzogen werden. Diese f¨ uhrt gleichzeitig zu einer Minimierung von Oberfl¨achenrauhigkeiten, die beispielsweise durch die stromab angeordneten Kontaktleiter sowie dem Sensor selbst hervorgerufen werden k¨onnen. Bei der Materialauswahl der Beschichtung gewinnen dabei insbesondere solche Substanzen an Bedeutung, die sich leicht verarbeiten lassen und einen Schutz vor Abrasion und UV-Strahlung bieten. Allerdings haben diese Beschichtungen einen d¨ampfenden Einfluss auf das dynamische Signalverhalten der Sensoren in Abh¨angigkeit von der Schichtdicke. Bild 4.34 zeigt den Einfluss einer d¨ unnen Siliziumdioxid-Schutzschicht auf die Grenzfrequenz fc eines MEMS-Oberfl¨achenheißfilms in Abh¨angigkeit von der Anstr¨ommachzahl. W¨ahrend der d¨ampfende Einfluss auf die Grenzfrequenz im unteren Geschwindigkeitsbereich deutlich ausgepr¨agt ist, nimmt dieser Effekt mit steigender Fluidgeschwindigkeit ab.

Grenzfrequenz fG [kHz]

6 unbeschichtet 4 beschichtet

2

0

0,2

0,4 0,6 Machzahl M:

0,8

1,0

Bild 4.34: Einfluss der Beschichtung auf die Grenzfrequenz Typische Leistungsdichtespektren eines unbeschichteten im Vergleich mit einem beschichteten MEMS-Sensor sind in Bild 4.35 f¨ ur zwei Anstr¨ommachzahlen (M = 0,15, laminar und M = 0,55, turbulent) dargestellt. Die Spektren verdeutlichen, dass die Sensorbeschichtung im niederen Geschwindigkeitsbereich zu einer deutlichen Amplitudenreduktion der dynamischen Antwort des Sensors f¨ uhrt, w¨ahrend dieser Einfluss mit ansteigender Str¨omungsgeschwindigkeit im Frequenzbereich an Intensit¨at verliert und in einem nahezu gleichen Amplitudenlevel m¨ undet. Der Einfluss deutet auf einen D¨ampfungseffekt hin, hervorgerufen durch die W¨armekapazit¨at der Beschichtung.

unbeschichtet

M: = 0,55 tW = 75 N/m2

Amplitude E2RMS [dB]

Amplitude E2RMS [dB]

M: = 0,15 tW = 1,5 N/m2

unbeschichtet

beschichtet

beschichtet

Frequenz f [kHz]

Frequenz f [kHz]

Bild 4.35: Einfluss der Beschichtung auf die Grenzfrequenz von MEMSOberfl¨achenheißfilmen. Links: kleine Wandschubspannung, rechts: große Wandschubspannung

4.3. Thermoelektrische Wandreibungsmessverfahren

4.3.5

101

Vergleich der thermoelektrischen Verfahren

Die vorgestellten thermoelektrischen Methoden zur Messung von Wandschubspannungen weisen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf. Die Ausnutzung des konvektiven W¨armetransports in wandnahen Grenzschichten f¨ uhrt bei ihrer technischen Umsetzung jedoch zu unterschiedlichen Thermalhaushalten und damit auch zu verschiedenen Signalqualit¨aten. Diese bestimmen letztendlich zusammen mit der technischen Anwendbarkeit auch den Einsatzbereich dieser Messverfahren. Eine Voranalyse zur thermischen Interferenz von Oberfl¨achenhitzdrahtsensorarrays und eines konventionellen Oberfl¨achenheißfilmarrays mit der Wand ist in Bild 4.36 dargestellt. Das Bild zeigt zwei Infrarotaufnahmen, auf denen die W¨armestrahlung ¨ bzw. das resultierende Temperaturfeld im Nahfeld dieser Sensoren bei gleichen Uberhitzungsverh¨altnissen OHR = 1, 5 f¨ ur zwei Wandschubspannungen qualitativ gegenu ¨berstellt ist: freie (τW = 0, links) und erzwungene Konvektion (τW = 2 N/m2 , rechts). Der operative Wellenl¨angenbereich der Infrarotkamera betrug λ = 3, 4...5 µm bei einer Bildaufl¨osung von 256 × 256 Pixel. Aus Bild 4.36 geht hervor, dass die W¨armeabgabe von den Oberfl¨achenhitzdr¨ahten lokal sehr begrenzt ist. Im Vergleich dazu erfolgt aufgrund des direkten Kontakts der Heißfilme mit der Wand eine deutlich erh¨ohte W¨armeabgabe an die Struktur, so dass sich die Umgebung des gesamten Sensorarrays erw¨armt. Stromab des Heißfilmarrays zeigt sich daher auch eine stark ausgepr¨agte Temperaturfahne, die auch noch weit stromab der Sensoren erkennbar ist. Ein derartiger thermischer Nachlauf ist hinter dem Oberfl¨achenhitzdrahtarray nicht zu erkennen. Diese thermische Entkopplung des Oberfl¨achenhitzdrahtes von der Struktur f¨ uhrt im Vergleich mit dem Heißfilm zu einem deutlich verbesserten Signalverhalten, wie in Bild 4.37, links anhand der Grenzfrequenzen (OHR = 1, 55) f¨ ur verschiedene Mach-Zahlen und den damit zusammenh¨angenden Wandschubspannungen zu erkennen ist.

[°C]

freie Konvektion tW = 0

erzwungene Konvektion tW = 2 N/m2

40,0 35,0 30,0

OHD

HF OHD

HF

25,0 20,0 u:

Bild 4.36: Temperaturverteilung (Infrarot-Aufnahme) von Oberfl¨achenhitzdraht und -heißfilmarrays bei freier und erzwungener Konvektion (nach O. Burkhardt, siehe auch Farbtafel im Anhang) ¨ Der MEMS-Heißfilm hat in diesem Vergleich hingegen nur ein Uberhitzungsverh¨ alt¨ nis von OHR = 1, 2, da diese Sensoren konstruktiv bedingt nur sehr kleine Ubertemperaturen zulassen. Daher liegen die zul¨assigen oberen Grenzfrequenzen nur bei fG = 6 kHz. Dagegen lassen sich mit Oberfl¨achenhitzdr¨ahten und konventionellen Heißfilmen (hier Senflex) Grenzfrequenzen von mehr als 30 kHz erzielen.

102

4. Wandreibungsmessung

¨ Eine Variation der Uberhitzungsverh¨ altnisse bei gleicher Wandschubspannung zeigt einen linearen Anstieg der oberen Grenzfrequenzen, wobei die Steigerung des Oberfl¨achenhitzdrahtes deutlich u ¨ber denen der Heißfilme liegt (Bild 4.37, rechts). Eine ¨ weitere Erh¨ohung des Uberhitzungsverh¨ altnisses f¨ uhrt hier bei den MEMS-Heißfilmen ¨ aufgrund lokaler Ubertemperaturen am Sensorelement zu einem elektrischen Versagen. Str¨omungsbedingte Temperaturfluktuationen schlagen sich zudem in hohen lokalen thermischen Materialbelastungen nieder und k¨onnen leicht zu einem Sensordefekt f¨ uhren. Eine lineare Extrapolation potenziell erzielbarer Grenzfrequenzen f¨ ur einen MEMS-Heißfilm ist in dieser Darstellung mit eingearbeitet.

Bild 4.37: Grenzfrequenzen verschiedener thermoelektrischer Wandschubspan¨ nungssensoren (links) und Abh¨angigkeit der Grenzfrequenzen vom Uberhitzungsverh¨altnis der Sensoren (rechts)

In dem folgenden Anwendungsbeispiel sind diese typischen Charakteristika noch einmal veranschaulicht. Hier werden Messungen an zwei Statorschaufeln eines Niedergeschwindigkeits-Axialverdichters mit einerseits 16 Oberfl¨achenhitzdr¨ahten und andererseits 24 Oberfl¨achenheißfilmsensoren (Senflex) verglichen. Bild 4.38 zeigt eine Gegen¨ uberstellung der gemessenen Fluktuationen der Wandschubspannung (hier nur qualitativ in Form der elektrischen Signalspannungen) als Weg-Zeit-Darstellung (Campbell-Diagramm) f¨ ur eine Zeitsequenz von t = 2 ms, in der vier Passagen der stromab liegenden Rotorschaufeln zu sehen sind, die Nachl¨aufe sind durch Pfeile markiert. Die Transitionslage kann anhand der Schiefe-Verteilung (Bild 4.38, unten) detektiert werden (siehe auch Kapitel 8.2.1). Sie ist durch die Maxima der Amplituden in den Signalspannungen gekennzeichnet und wird von beiden Sensorarrays an den gleichen lokalen Positionen (x/c = 25...35 %) erfasst. Bei den Hitzdrahtsignalen ist eine ausgepr¨agte punktuelle Amplitudencharakteristik auff¨allig, die durch lokale Maxima bzw. Minima gekennzeichnet ist. Diese Abweichungen basieren vorwiegend auf dem unterschiedlichen Thermalhaushalt der zwei Sensorprinzipien. Bei den Hitzdr¨ahten f¨ uhrt dies zu einer ausgepr¨agten lokalen Signalaufl¨osung, w¨ahrend bei den Heißfilmen ein thermischer Verschmierungseffekt auftritt, der durch thermische Interferenzen zwischen benachbarten Einzelsensoren entsteht.

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden

103

Oberflächenhitzdraht

Oberflächenheißfilm

20

20

Passagen

18

0,3

16

18

0,15

16

0,2

0,1

14

14

0,1

8

10

0

8

-0,1

6

-0,05

6

-0,2

4

-0,1

4 -0,3

2 0

0,05

12 0

t [ms]

t [ms]

12 10

0

20

40

20

x/c

60

80

-0,15

2 0

E [V]

0

20

40

20

18

2

16

1,5

14

x/c

60

80

E [V]

18

2,5

16

2

14

1,5

1

12

Transitionslinie

10

0,5

t [ms]

t [ms]

12

1

Transitionslinie

10

0,5

8

0

8

0

6

-0,5

6

-0,5

4

-1

4

-1

2 0

-1,5

0

20

40

x/c

60

80

m3

-1,5

2 0

0

20

40

x/c

60

80

m3

Bild 4.38: Vergleich von Oberfl¨achenhitzdraht- und -heißfilmsensorsignalen an zwei Statorschaufeln eines Axialverdichters: Verteilung der Wandschubspannungsschwankungen (oben) und die Schiefe-Verteilung (unten) (nach O. Burkhardt, siehe auch Farbtafel im Anhang)

4.4

Wandreibungsmessung mit Drucksonden

Die experimentelle Wandreibungsbestimmung mit Hilfe von Drucksonden basiert auf einer Messung von geschwindigkeitsproportionalen Dr¨ ucken im wandnahen Grenzschichtbereich (z.B. Differenzdruck vor und hinter einem wandfixierten Hindernis, dynamischer Druck eines Wand-Pitot-Rohres) und einer Verkn¨ upfung der gemessenen Dr¨ ucke mit der lokalen Wandschubspannung u ¨ber ¨ahnlichkeitsmechanisch begr¨ undete Kalibrationen. Hinsichtlich ihrer str¨omungsmechanischen Grundlagen stehen diese Messmethoden damit den im vorstehenden Kapitel erl¨auterten Wandpulsdraht und Wandhitzdrahtverfahren durchaus nahe, da sie ebenfalls auf die in den Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetzen (4.4) bis (4.6) formulierten Zusammenh¨ange zwischen Geschwindigkeit respektive geschwindigkeitsproportionalen Dr¨ ucken, Wandabstand und der lokalen Wandschubspannung Bezug nehmen. Nachstehend sollen einige dieser in der Praxis aufgrund ihrer Robustheit und Einfachheit recht gebr¨auchlichen Verfahren in ihren Grundlagen und Anwendungen erl¨autert werden.

4.4.1

Preston-Rohr-Verfahren

Das Preston-Rohr-Verfahren z¨ahlt ohne Frage zu den verbreitetsten Wandschubspannungsmessmethoden, da Preston-Rohre außerordentlich einfach zu handhaben sind, einen geringen Messaufwand und praktisch keine baulichen Ver¨anderungen an dem Str¨omungsk¨orper erfordern. In seiner Grundversion besteht es lediglich aus einem wandb¨ undigen Pitot-Rohr mit typischen Durchmessern von 0, 5 mm < d < 2 mm bei einem Verh¨altnis von Innen- zu Außendurchmesser von di /da ≈ 0, 6, Bild 4.39.

104

4. Wandreibungsmessung u(y)

y

uP=

Preston-Rohr

2q r yeff=

q

d

d K 2

Bild 4.39: Schema des Preston-Rohr-Verfahrens Der in Wandn¨ahe (yeff /δ ≤ 20%) gemessene dynamische Druck q des Preston-Rohres ¨ kann dabei aufgrund folgender Uberlegung als Maß f¨ ur die Wandschubspannung verwendet werden: Der dynamische Druck korrespondiert zun¨achst mit der wandnahen Geschwindigkeitsverteilung im Bereich der Sondenm¨ undung des Preston-Rohres und per Definition mit der lokalen Geschwindigkeit 

up =

2q ρ

(4.16)

in H¨ohe des sogenannten effektiven Wandabstandes

yeff

d = K; 2



K=f

uτ d ν



≈ 1, 3

(4.17)

der infolge der unsymmetrischen Anstr¨omung oberhalb der Mittelachse des R¨ohrchens liegt. Da diese charakteristische Geschwindigkeit nun ihrerseits wieder u ¨ber die Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze entsprechend Bild 4.5 mit der Wandschubspannungsgeschwindigkeit uτ und damit auch mit der gesuchten Wandschubspannung upft werden kann, ist dar¨ uber auch der gesuchte Zusammenhang zwischen τw verkn¨ dem anliegenden dynamischen Druck q und der ¨ortlichen Wandschubspannung hergestellt. F¨ ur das Preston-Rohr-Verfahren kann damit eine Kalibrationskurve aufgestellt werden, mit der sich der gemessene dynamische Druck q des Preston-Rohres direkt auf die Wandschubspannung abbilden l¨asst, Bild 4.40. Als Kalibrationsparameter werden hier der dimensionslose dynamische Druck q + und die dimensionslose Wandschubspannung τP+ verwendet, die mit dem halben Durchmesser als charakteristischem L¨angenmaß des Preston-Rohres und dem Messwert q wieder in Anlehnung an die ¨ Ahnlichkeitsparameter u+ und y + des Wandgesetzes entsprechend (4.3) u ¨ber

τp+ = q

+



y+

2 p



=

uτ d2 ν

2

1 + + 2 1 = u y = p 2 2

= 

τw d2 4ρν 2

up uτ d2 uτ ν

(4.18)

2

=

qd2 4ρν 2

(4.19)

definiert sind. In Bild 4.40 sind neben einigen Messwerten aus Kalibrationsversuchen auch einige empirische Korrelationen angegeben, mit denen eine praktische

Dimensionslose Wandschubspannung tP+ =

tW.d2 4.r.y2

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden

105

106 +

+

(1) logtp = 0.5log q 0.0037 +

10

5

10

4

10

3

4

4

+

4

+ 2

(2) logtp = 6091.054×10 +292.714×10 log q +1014.867×10 (log q ) 24.804×10 4(log q+)3 (3) log q+ = log tp+2log(1.95log t+p+4.1)

(3)

Daten Weiser / Nitsche 0.5 < d [mm] < 2.4 (2) q

10

2

10

1

d

+

(1)

0 < log q < 2.9 (PATEL) +

(2) 2.9 < log q < 5.6

(1)

(3) 5.6 < log q+ < 7.6 (PATEL) 0

10 0 10

10

1

10

2

10

3

10

4

10

5

Dimensionsloser Staudruck q+ =

10

6

q.d

10

7

10

8

2

4.r.y

2

Bild 4.40: Kalibrationskurve eines Preston-Rohres f¨ ur turbulente Grenzschichtstr¨omungen (nach Patel) Wandschubspannungsbestimmung aus gemessenen Preston-Rohr-Staudr¨ ucken erfolgen kann. Die in Bild 4.40 gezeigte Kalibration f¨ ur Preston-Rohre gilt strenggenommen wieder nur f¨ ur turbulente Gleichgewichtsstr¨omungen und wurde zun¨achst auch nur f¨ ur derartige Str¨omungen bestimmt, z.B. in einer ausgebildeten turbulenten Rohrstr¨omung mit der einfachen Gleichgewichtsbedingung zwischen der Reibungskraft an einem Mantelsegment der L¨ange L mit dem Durchmesser D und dem resultierenden Druckabfall p u ¨ber L in Str¨omungsrichtung τw πDL = pπ

D2 4

(4.20)

Schon aus dieser Kalibrations-Randbedingung, aber st¨arker noch aus der durch (4.18) und (4.19) ausgedr¨ uckten unmittelbaren Kopplung zwischen klassischer Grenzschicht¨ahnlichkeit und Kalibrationskurve wird klar, dass die Anwendung der PrestonRohrtechnik in nichtklassischen Grenzschichtstr¨omungen erst m¨oglich wird, wenn die infolge ver¨anderter Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze auch ver¨anderten Kalibrationskurven ber¨ ucksichtigt werden. In Bild 4.41 ist dieses f¨ ur zwei Beispiele verdeutlicht, und zwar f¨ ur den Fall stark nichtadiabater turbulenter Grenzschichten (links) mit einer aus den erweiterten Wandgesetzen errechneten Schar von Kalibrationskurven abh¨angig von dem Grenzschicht W¨armestromparameter βq

τp+ = f q + , βq



(4.21)

und f¨ ur kompressible Grenzschichten (rechts) abh¨angig von der Wandschubspannungsmachzahl Mτ , gebildet aus der Wandschubspannungsgeschwindigkeit und der lokalen Machzahl, als

q+ = f τp+ , Mτ + τp

(4.22)

106

4. Wandreibungsmessung

Bild 4.41: Preston-Rohr-Kalibrationen in nichtadiabaten (links) und kompressiblen Grenzschichten (rechts) Auch f¨ ur andere Einflussparameter wie Druckgradient, Massenstrom (z.B. bei Grenzschichtabsaugung) oder auch Wandrauhigkeit m¨ ussen entsprechend modifizierte Kalibrationskurven angesetzt werden. Da die jeweiligen Grenzschicht¨ahnlichkeitsparameter wie auch schon βq und Mτ selbst mit der Wandschubspannungsgeschwindigkeit gebildet werden, ist die τw -Bestimmung damit nur noch iterativ m¨oglich. Gewissermaßen in Umkehrung des Messprinzips kann der Zusammenhang zwischen Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetzen und Preston-Rohr-Kalibrationen auch ausgenutzt werden, um die Kalibrationen f¨ ur bestimmte Grenzschichttypen zu verifizieren bzw. zu bestimmen. Bild 4.42 zeigt dieses am Beispiel von zwei numerisch bestimmten Kalibrationskurven im Vergleich mit experimentell gest¨ utzten Korrelationen.

Bild 4.42: Berechnete Preston-Rohr-Kalibrationskurven f¨ ur turbulente und laminare Grenzschichten im Vergleich zum Experiment Die Berechnungen basieren unmittelbar auf den Wandgesetzen (4.4) und (4.6) f¨ ur den wandnahen Bereich laminarer beziehungsweise turbulenter Grenzschichten, und zwar in beiden F¨allen in Verbindung mit den Definitionen f¨ ur den effektiven Wandabstand (4.17) und den Kalibrationsparametern q + und τP+ nach (4.18) respektive (4.18). Beide Rechnungen best¨atigen gut die empirischen Korrelationen einschließlich ¨ der aus dem Experiment bekannten Ubereinstimmung von laminarer und turbulenter Kalibration im Bereich kleinerer dimensionsloser Staudr¨ ucke q + < 800, da hier in beiden F¨allen das Wandgesetz der z¨ahen Unterschicht gilt.

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden u .y u = ut.f( nt ) ut= tW / rW

d = 0.9 mm

Wandabstand y [mm]

0.8

0.6

u: = 17.5 m/s uP ui Iterationsschritte

63 2

i=1

0.4 d yeff= 2 Ki

tW = 0.722 [N/m2]

0.2 tW = 1.0 [N/m ] 2

0

5 10 Geschwindigkeit u [m/s]

15

a b Dimensionslose Geschwindigkeit u+

1.0

107

28.0

21.0

14.0

7.0

0 0 10

tW

101 102 103 + Dimensionsloser Wandabstand y

a Schema der iterativen Bild 4.43: Grenzschichtiteration im CPM-Basisverfahren , b Abbildung des Messpunktes auf das Wandgesetz  Die obenstehend skizzierte M¨oglichkeit, die Preston-Rohr-Kalibration auch rechnerisch nachzuvollziehen, erm¨oglicht auch einen direkteren Messvorgang ausschließlich auf der Basis der Wandgesetze, d.h. ohne den Umweg u ¨ber eine Kalibrationskurve. Dieses rechnerunterst¨ utzte Verfahren (CPM-Computergest¨ utzte Preston-RohrMethode) verwendet in seiner einfachsten Basisversion als Eingabegr¨oßen den gemessenen Preston-Rohrstaudruck q und den Durchmesser d der Sonde, aus denen zun¨achst die Geschwindigkeit uP bei yeff gem¨aß Bild 4.40 berechnet wird. Mit Hilfe des Wandgesetzes (4.6) wird dann beginnend mit einem vorgegebenen Startwert von τw eine erste Geschwindigkeitsverteilung bis hinauf zu ui = 1 bei yeff berechnet, Bild 4.43a. In einem einfachen Iterationsvorgang wird daran anschließend die Wandschubspannung ermittelt, mit der die Grenzschichtrechnung die dem Staudruck entsprechende Geschwindigkeit uP bei yeff liefert. Dieser iterative Rechenvorgang entspricht der in Bild 4.43b schematisch dargestellten Zuordnung bzw. Abbildung der mit dem Preston-Rohr gemessenen lokalen Geschwindigkeit an bekanntem Messort auf dem Wandgesetz turbulenter Grenzschichten durch Variation der Wandschubspannung in den dimensionslosen Variablen u+ und y + . Die mit diesem Basisverfahren gemessenen Wandschubspannungen sind identisch mit Messwerten, die bei Anwendung der Kalibrationskurven entsprechend Bild 4.40 erzielt werden, da beide Auswertemethoden auf einer direkten beziehungsweise indirekten Anwendung des Wandgesetzes turbulenter Grenzschichten basieren. Daher gelten auch f¨ ur das rechnerunterst¨ utzte Basisverfahren die prinzipiellen Eigenschaften des Standardverfahrens, insbesondere dessen uneingeschr¨ankte Anwendbarkeit nur in einfachen” turbulenten Grenzschichten, die dem Wandgesetz ” (4.6) gehorchen. Wesentlich breitere Anwendungsm¨oglichkeiten bietet jedoch eine Erweiterung des CPM-Basisverfahrens um zwei zus¨atzliche Preston-Rohre unterschiedlichen Durchmessers, die in Form einer CPM3-Triplesonde zusammengefaßt werden, Bild 4.44. Die drei Preston-Rohre haben gestaffelte Durchmesser d1 < d2 < d3 mit di ≈ 1, 5di−1 und sind parallel auf der K¨orperwand montiert, wie in Bild 4.44 f¨ ur eine spezielle Ausf¨ uhrung mit schr¨ag angeordneten Sondenm¨ undungen f¨ ur Messungen auf einem gepfeilten Tragfl¨ ugel bei konstanter x/c-Position (Pfeilungswinkel ϕ = 18◦ ) gezeigt ist.

108

4. Wandreibungsmessung eingeklebt

o4

15

5

10

Wand

o6

18° o8

o8 o 20

Bild 4.44: Aufbau und Montage einer CPM3-Sonde f¨ ur Wandschubspannungsmessungen an einem gepfeilten Fl¨ ugel (ϕ =18◦ ) Die rechnerunterst¨ utzte Wandschubspannungsbestimmung nach dem CPM3-Verfahren besteht in ihrem ersten Schritt aus einer Anwendung des in Bild 4.43a erl¨auterten Basisverfahrens auf die drei Messwertpaare uP 1 /yef f 1 , uP 2 /yef f 2 und uP 3 /yef f 3 . F¨ ur den Fall, dass die drei resultierenden Wandschubspannungen u ¨bereinstimmen, liegt bereits das endg¨ ultige Messergebnis vor, da alle drei Messpunkte einheitlich durch das Wandgesetz (4.6) beschrieben sind. F¨ ur den Fall, dass dieses jedoch nicht eintritt und die drei Wertepaare damit nichteindeutige Wandschubspannungen liefern, trifft das angenommene Wandgesetz auf den untersuchten Str¨omungsfall offensichtlich nicht zu, und alle drei Einzelergebnisse sind nicht bewertbar bzw. falsch. In Bild 4.45 ist beispielhaft ein derartiger Messfall gezeigt, in dem das Basisverfahren f¨ ur die drei Messwertpaare ui /yi drei unterschiedliche Grenzschichtprofile und damit auch voneinander abweichende τw,i liefert. In einem zweiten Schritt des CPM3-Verfahrens werden nun bei derartigen Diskrepanzen systematische Variationsrechnungen mit Hilfe des gegen¨ uber (4.6) erweiterten Wandgesetzes

u+ = i

y+ i 0

yi+ 2 (1 + p+ y + ) dy +



1 + 1 + 4 (K1

y + )2



(1 +

p+ y + )

A+ = 26

1 − exp



−y +



1+p+ y + A+

2 0,5

(4.23)

durchgef¨ uhrt, um eine Geschwindigkeitsverteilung zu finden, die alle drei Messpunkte gleichermaßen erf¨ ullt und damit auch zu einem u ¨bereinstimmenden Wandschubspannungsmesswert f¨ ur alle drei Preston-Rohre f¨ uhrt. Der Variationsparameter K1 in (4.23) wird, ausgehend von seinem Standardwert κ = 0, 4 in (4.6), zwischen den Werten null und eins variiert, zus¨atzlich kann gegebenenfalls der dimensionslose lokale Druckgradient p+ =

ν dp · ρ · u3τ dx

(4.24)

direkt ber¨ ucksichtigt werden. Der Iterationslauf wird dabei durch eine Betrachtung der Betr¨age in den drei Wandschubspannungsdifferenzen τw gesteuert und hat als " Zielfunktion das Minimum f¨ ur τw . Das Ergebnis eines derartigen Iterationslaufes ist ebenfalls in Bild 4.45 verdeutlicht, und zwar als berechnetes Grenzschichtprofil auf der Basis von (4.23) mit einem Endwert von K1 = 0, 16, das alle drei Messwertpaare im Gegensatz zu den Basisrechnungen mit K1 = 0, 4 gleichermaßen gut

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden

109

2.5

K 1= 0.16

1 2 3

Wandabstand y [mm]

2.0

K 1= 0.4 1 2 3 1.5

u3

1.0

u2

q

q

1

2

q

3

u1 0.5

y1 0

0

1.2

y2

y3

4.8 2.4 3.6 Geschwindigkeit u [m/s]

6.0

d

1

d

2

d

3

Bild 4.45: Iterationsschema der Computerunterst¨ utzten Preston-Rohr-Methode (CPM3) beschreibt und damit auch zu einer eindeutigen Aussage hinsichtlich der lokalen Wandschubspannung f¨ uhrt. Bei dieser Iteration wird der in Gleichung 4.17 verwendete Verdr¨angungsfaktor im Falle einer turbulenten Grenzschicht zun¨achst konstant bei K = 1, 3 gehalten. In Bild 4.46 sind empirische Funktionen dargestellt, die die Beziehungen zwischen dem dimensionslosen Durchmesser und dem Verdr¨angungsfaktor aufzeigen und die in dem oben beschriebenen Iterationsverfahren zus¨atzlich ber¨ ucksichtigt werden k¨onnen.

Bild 4.46: Verdr¨angungsfaktor in Abh¨angigkeit vom dimensionslosen PrestonrohrDurchmesser Das stark erweiterte Einsatzspektrum des CPM3-Verfahrens gegen¨ uber der StandardPrestonrohr-Methode zeigt Bild 4.47 am Beispiel von Messungen mit einer CPM3 Sonde entsprechend Bild 4.44 in einer laminar-turbulenten Tragfl¨ ugelumstr¨omung: Im vorderen Profilbereich bis etwa x/c = 0, 6, in dem eine laminare Grenzschichtstr¨omung vorliegt, messen die drei Einzelsonden bei Anwendung des Standardverfahrens betragsm¨aßig sehr unterschiedliche Wandschubspannungen mit Abweichungen bis zu 100% untereinander, Bild 4.47a. Erst im hinteren Profilbereich, in dem die Profilgrenzschicht turbulent ist, ergibt sich f¨ ur alle drei Preston-Rohre die zu fordernde Eindeutigkeit in τw . Bei Anwendung des rechnerunterst¨ utzten Verfahrens auf die Staudruck-Messwerte der CPM3Triplesonde ergeben sich im vorderen Profilbereich Wandschubspannungen, die ganz

110

4. Wandreibungsmessung

x/c

25

tW

10-1 d1 = 0,5 mm d2 = 0,7 mm d3 = 1,0 mm

Standard Preston Rohr

20

cf 10

-2

15 turbulent 10 10-3

CPM 3

laminar

5

a 0

0,2

0,4

0,6

x/c

0,8

b 1

10-4 5 10

10

6

Rex

10

7

Bild 4.47: Wandschubspannungsmessungen an einem Tragfl¨ ugel: Vergleich von Standard- und Computergest¨ utztem Preston-Rohr (CPM3) f¨ ur eine transitionale Str¨omung erheblich unter denen des Standardverfahrens liegen, w¨ahrend im hinteren Profilbereich identische Werte gemessen werden. Insbesondere der in Bild 4.47b gezeigte Vergleich dieser Messergebnisse mit den theoretischen Beziehungen f¨ ur die Reibungsbeiwerte laminarer und turbulenter Grenzschichten als Funktion der Reynolds-Zahl (4.8) und (4.9) verdeutlicht, dass erst u ¨ber das CPM3-Verfahren die charakteristische Wandschubspannungsverteilung einer laminar-turbulenten Profilstr¨omung bestimmbar und damit auch erkennbar wird. Das Standardverfahren arbeitet dagegen nur im Bereich turbulenter Grenzschichten zuverl¨assig und liefert im Bereich der laminaren Grenzschicht nichteindeutige und stark fehlerbehaftete Ergebnisse.

Bild 4.48: Vergleich verschiedener Wandschubspannungsmessmethoden im Flugversuch auf einem Grob G-109b-Tragfl¨ ugel (nach M. Roth) Ein Vergleich unterschiedlicher Wandreibungsmessmethoden mit numerischen Simulationen ist in Bild 4.48 dargestellt. Hier sind die auf dem Laminarfl¨ ugelhandschuh eines Motorseglers (Grob G-109b) durchgef¨ uhrten CPM3-Messungen den Messwerten eines Heißfilm-Arrays sowie Daten aus einer direkten numerischen Simulation (U. Rist, Universit¨at Stuttgart) gegen¨ ubergestellt. Die CPM3-Ergebnisse zeigen bei freier Transition und unter gleichen Flugbedingun¨ gen an der Spannweitenposition z = 60 mm eine gute Ubereinstimmung mit den DNS- und Heißfilmwerten. Der Anstieg der Wandschubspannung erfolgt hier bei etwa 46% der Fl¨ ugeltiefe und kennzeichnet somit den Beginn der Transition.

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden

4.4.2

111

Ober߬ achenzaun, Stantonsonde und Ober߬ achendraht

Neben dem Prestonrohrverfahren z¨ahlen der Oberfl¨achenzaun, Bild 4.49a, die Stantonsonde, Bild 4.49b, und auch der Oberfl¨achendraht, Bild 4.49c, zu den Wandreibungsmessverfahren, die auf einer Druckmessung basieren. y

u(y) h Wand

h

a

d

c

b

Dp

Dp

q

a der Stantonsonde  b und des OberBild 4.49: Schema des Oberfl¨achenzaunes , c fl¨achendrahtes  Allen drei Messmethoden ist gemeinsam, dass sie auf einer Differenzdruckmessung bzw. Staudruckmessung an im Vergleich zum Preston-Rohr relativ kleinen Str¨omungshindernissen aufbauen. Diese St¨ork¨orper ragen geringf¨ ugig aus der K¨orperwand heraus, wobei die typischen Abmessungen h bzw. d dieser Hindernisse im Bereich von 0,1 bis 0,5 mm liegen. Auch das str¨omungsphysikalische Messprinzip der drei Verfahren ist nahezu identisch, da sie alle auf dem Grundgedanken basieren, dass die gemessenen Druckinformationen p oder q proportional zu einer charakteristischen Str¨omungsgeschwindigkeit in etwa halber Hindernish¨ohe bei h2 oder d2 sind. Ferner wird prinzipiell vergleichbar mit der Messphilosophie des Preston-Rohres wieder angenommen, dass diese Geschwindigkeitsinformation u ¨ber ein Wandgesetz, in diesem Falle wegen der geringen Bauh¨ohe der St¨ork¨orper das einfache Gesetz der z¨ahen Unterschicht (4.4), mit der Schubspannungsgeschwindigkeit uτ und damit auch upft ist. Diesem Ansatz zufolge wermit der lokalen Wandschubspannung τw verkn¨ den Kalibrationen f¨ ur Oberfl¨achenz¨aune und Oberfl¨achendr¨ahte in Form einer empirischen Verkn¨ upfung von gemessenem dimensionslosen Differenzdruck p+ mit der dimensionslosen Wandschubspannung τ +

p = F τ +



(4.25)

gebildet, f¨ ur die Stantonsonde entsprechend mit dem dimensionslosen Staudruck q + anstelle von p+ . Vergleichbar mit den Definitionen zu den Preston-Rohr Kalibrationsparametern (4.18) und (4.19) und damit auch wieder in Anlehnung an die Variablen der Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetze (4.3) werden diese Parameter mit den Messwerten p bzw. q sowie mit den jeweiligen charakteristischen L¨angenmaßen h2 bzw. d2 gebildet, und zwar im einzelnen f¨ ur den Oberfl¨achenzaun (Index F) als p+ F =

ph2 ; 4ρν 2

τF+ =

τw h2 4ρν 2

(4.26)

τO+ =

τw d2 4ρν 2

(4.27)

f¨ ur den Oberfl¨achendraht (Index O) als p+ O =

pd2 ; 4ρν 2

112

4. Wandreibungsmessung

und f¨ ur die Stanton-Sonde (Index S) p+ S =

qh2 ; 4ρν 2

τS+ =

τw h2 4ρν 2

(4.28)

Oberfl¨ achenzaun In Bild 4.50 ist als praktisches Beispiel f¨ ur die Anwendung dieser drei Messmethoden sowohl der Einbau eines Oberfl¨achenzaunes in die Wand eines Str¨omungsk¨orpers, Bild 4.50a, als auch die resultierende Kalibrationskurve gezeigt, Bild 4.50b. Derartige Kalibrationen m¨ ussen gegen ein Referenzverfahren (z.B. ein Preston-Rohr) durchgef¨ uhrt werden und gelten grunds¨atzlich nur individuell f¨ ur die jeweilige Sonde an dem jeweiligen Messort, da bereits kleinere Einbaufehler, verursacht beispielsweise durch einen Ortswechsel der Sonde, sehr schnell zu ver¨anderten p-Messwerten und damit auch zu Wandschubspannungsmessfehlern f¨ uhren k¨onnen. Das Messprinzip insgesamt wird dadurch allerdings nicht in Frage gestellt, sondern lediglich die Messsicherheit.

Druckschlitze

2

0,1

0,1

Zaun

Dp

Bild 4.50: Aufbau eines Oberfl¨achenzaunes (links) und Kalibrationskurve (rechts) Kalibrationskurven von Oberfl¨achenz¨aunen k¨onnen relativ stark von deren konstruktiver Auslegung abh¨angig sein (z.B. H¨ohe der Schneide, Breite der Druckmessschlitze etc.), so dass keine mit dem einfachen Preston-Rohr vergleichbare Standardisierung der Kalibrationskurven m¨oglich ist. Andererseits sind Oberfl¨achenz¨aune relativ unempfindlich gegen¨ uber ver¨anderten str¨omungsmechanischen Randbedingungen, Bild 4.51. Zusammengenfaßt sind hier Korrekturfunktionen f¨ ur einen Oberfl¨achenzaun entsprechend Bild 4.50 in Abh¨angigkeit von dem dimensionslosen Grenzschicht¨ahnlichkeitsparameter p+ (Druckgradient), βq (W¨armestrom) und Mτ (Schubspannungsmachzahl), die ausnahmslos zeigen, dass ein Oberfl¨achenzaun in seiner Messsicherheit nur sehr schwach durch derartige Grenzschicht-Zusatzparameter beeinflusst ist. Demzufolge lassen sich Oberfl¨achenz¨aune relativ problemlos und mit unver¨andert hoher Messgenauigkeit auch in komplexeren Str¨omungen einsetzen, die von den u ¨blicherweise einfachen Randbedingungen eines Kalibrationsversuches abweichen.

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden

113

1,2 p+ =

1,1

+

t p+,bq,Mt / t0+

1,0

Wandschubspannungsverhältnis

1,1

a

n dp 3 r.ut dx 0 0,025 0,05 0,075 0,1

0,9 0,8 1,2 bq =

b

qW (r.cp.T).ut

0,075 0,05 0,025 0 -0,025 -0,05 -0,075

1,0 0,9 0,8 1,2

c

u Mt = atW

1,1 1,0

0 0,1 0,15 0,2

0,9 0,8 10

0

10

1

10

2

Dimensionsloser Differenzdruck

10

3

Dp

+ F

a Druckgradient p+ , b Bild 4.51: Korrekturfunktionen f¨ ur Oberfl¨achenz¨aune:  c W¨armestrom βq und  Machzahl Mτ Eine um die Bestimmung auch der Richtung der resultierenden Wandschubspannung erweiterte Einsatzm¨oglichkeit ergibt sich f¨ ur die in Bild 4.49 gezeigten Oberfl¨achensonden, wenn sie um ihre Hochachse drehbar in die Wand eingelassen werden. Wiederum f¨ ur das Beispiel des Oberfl¨achenzaunes ist dazu in Bild 4.52 die Winkelcharakteristik der gemessenen Druckdifferenz p als pα = f (α) α=0

(4.29)

α − Richtung der Wandschubspannung gezeigt, u ¨ber die sich die Richtung des resultierenden Vektors der Wandschubspannung durch eine einfache Cosinus-Funktion bestimmen l¨asst. Allerdings geht aus dieser Abbildung auch deutlich hervor, dass die Winkelaufl¨osung f¨ ur −10◦ < α < 10◦ relativ schlecht ist, und damit in diesem Bereich keine hohe Messsicherheit in bezug auf die Richtung von τw zu erwarten ist. Diese bereichsweise geringe Winkelempfindlichkeit beinhaltet allerdings auch einen sehr positiven Aspekt, n¨amlich das der Betrag der Wandschubspannung mit einem Oberfl¨achenzaun auch bei leicht abweichender Anstr¨omrichtung noch aus der einfachen Kalibration zuverl¨assig bestimmt werden kann. Diese Aussage gilt auch f¨ ur die Stantonsonde und den Oberfl¨achendraht, die beide eine prinzipiell ¨ahnliche Winkelcharakteristik wie der Oberfl¨achenzaun aufweisen. Die bisher beschriebenen Wandreibungsmesstechniken lassen keine, bzw. nur eine sehr eingeschr¨ankte Erfassung von Wandschubspannungsfluktuationen zu. Ung¨ unstige Sondengeometrien mit großen Luftkammern und Abst¨anden zwischen der zu untersuchenden Grenzschichtstr¨omung und dem Druckaufnehmer (Drucktransmitter)

114

4. Wandreibungsmessung

Bild 4.52: Winkelcharakteristik eines Oberfl¨achenzaunes resultieren in deutlichen D¨ampfungen der Druckschwankungen durch Reibungsverluste. Die Mikrotechnologie bietet heute die M¨oglichkeit, kleine Sensorelemente unmittelbar in N¨ahe der zu untersuchenden Str¨omung zu plazieren, wodurch diese Reibungseffekte drastisch reduziert werden k¨onnen. So l¨asst sich das Totvolumen, also die Luftkammer zwischen K¨orperoberfl¨ache und Sensorelement, deutlich minimieren. Der Bedarf an Druckschl¨auchen zwischen dem implementierten Sensorelement und dem verbundenen Druckaufnehmer entf¨allt ebenfalls.

Abmessungen in [mm]

2

1,5

Zaun

0,1

Ein modifizierter Oberfl¨achenzaun mit einem integrierten Miniatur-Drucksensor ist in Bild 4.53 dargestellt. Der kleine piezoresistive Differenzdrucksensor ist dabei direkt unterhalb der Schneide angeordnet. Das Funktionsprinzip des modifizierten Oberfl¨achenzauns entspricht dabei dem der konventionellen Sonde, jedoch nun mit einem erweiterten Einsatzspektrum hinsichtlich der Erfassung von Wandschubspannungsfluktuationen.

Drucksensor

0,1

Kontaktpin

Gehäuse

Dichtung Andruckplatte

Bild 4.53: Oberfl¨achenzaun mit piezoresistivem Differenzdrucksensor Die Prinzipskizze (Bild 4.54, links) zeigt den integrierten piezoresistiven Drucksensor mit einem Siliziumelement, dessen Zentrum die Sensormembran bildet. Auf der Membran befinden sich vier Widerst¨ande, die zu einer Wheatstone’schen Br¨ uckenschaltung zusammengeschlossen sind (Bild 4.54, rechts). Wird die Membran mit Druck beaufschlagt, so deformiert sie sich, was in einer druckproportionalen Widerstands¨anderung aller vier Widerst¨ande (R ± ∆R) resultiert. Zwei Kalibrationskurven des modifizierten Oberfl¨achenzauns in Bild 4.55 beschreiben zun¨achst die F¨ahigkeit des piezoresistiven Sensorelementes bei positiver bzw.

4.4. Wandreibungsmessung mit Drucksonden

115

p1>p2 R-DR

Sensor Membran

R+DR +

E0 p1

Kontakt für Widerstand

p2 R+DR

R-DR

Membran

E Integrator

E

Filter

e

Piezowiderstand

Wheatstone-Brücke

Verstärker

Signal Conditioner

Bild 4.54: Sensorelement mit Siliziummembran (links) und deren Instrumentierung mit einer Widerstandsbr¨ ucke (rechts) negativer Druckdifferenzbelastung sowohl den Betrag als auch die Richtung der Wandschubspannung (Vorw¨arts- oder R¨ uckw¨artsstr¨omung). Die Str¨omungsrichtung ist dabei durch das Vorzeichen der druckproportionalen Spannungs¨anderung festgelegt. Damit eignet sich dieser Sensor besonders f¨ ur Untersuchungen in abgel¨osten Str¨omungen und Rezirkulationsgebieten sowie zur Detektion des Wiederanlegebereiches mit τW ≈ 0. Ausgangsspannung E [V]

0.8

Vorwärts

Vorwärts

0.4

0.0

-0.4

Rückwärts -0.8 0

20

40

60

80

100

Wandschubspannung tW [N/m2]

Bild 4.55: Vorw¨arts- und R¨ uckw¨artskalibration des Oberfl¨achenzauns Das gute Dynamikverhalten des piezoresistiven Oberfl¨achenzauns bis zu Frequenzen von etwa 10 kHz ist in Bild 4.56 anhand von Zeitsignalen und dazugeh¨origen Leistungsdichtespektren dargestellt. Oberfl¨ achendraht Wandschubspannungskalibrationen von Oberfl¨achensonden, wie etwa die eines Oberfl¨achenzaunes in Bild 4.50 rechts, haben generell nur individuellen Charakter. Eine gewisse Ausnahme bildet allerdings der Oberfl¨achendraht. Wie in Bild 4.57 rechts gezeigt ist, fallen die Kalibrationskurven aus Versuchen mit verschiedenen Drahtdurchmessern d zusammen, wenn eine standardisierte Messgeometrie mit d als Referenzmaß sowohl f¨ ur den Abstand als auch den Durchmesser der beiden Wandbohrungen eingehalten wird, Bild 4.57 links. Allerdings muss auch hier grunds¨atzlich gew¨ahrleistet sein, dass der halbe Durchmesser des Oberfl¨achendrahtes in etwa der Dicke der viskosen Unterschicht entspricht. Im Falle h¨oherer Str¨omungsgeschwindigkeiten sind daher u.U. sehr kleine Durchmesser zu w¨ahlen, wie z.B. in Bild 4.57 rechts auch f¨ ur die Messungen bei hohen Unterschall Mach-Zahlen mit Durchmessern von d = 0, 15 mm der Fall ist.

116

4. Wandreibungsmessung

0 m/s 100 m/s

5V

160 m/s

5V

260

-20

5V

Amplitude dB

Ausgangsspannung E [V]

0

160 100

-40 -60

0 m/s

260 m/s

5V

11kHz

-80 -100

0

5

10

15

20

0.1

1

10

20

40

Frequenz f [kHz]

Zeit t [ms]

Bild 4.56: Zeitsignale und typische Leistungsdichtespektren des Sensors f¨ ur verschiedene Fluid-Geschwindigkeiten

d 25 0,

1 2


0 K Energie abstrahlt und diese abgestrahlte Energie unmittelbar mit der Oberfl¨achentemperatur verkn¨ upft ist. Zum besseren Verst¨andnis der IR-Thermografie sollen zun¨achst die wichtigsten Grundlagen der W¨armestrahlung erl¨autert werden. W¨ armestrahlung Alle Stoffe emittieren an ihrer Oberfl¨ache kontinuierlich elektromagnetische Strahlung als Folge der nicht verschwindenden inneren Energie des Materials. Die Umwandlung von innerer Energie in Strahlung erfolgt aufgrund komplexer interatomarer Vorg¨ange. Diese Strahlungsenergie kann prinzipiell im Bereich der Radiowellen (mit Wellenl¨angen bis zu mehreren hundert Metern) bis hin zum Bereich der kosmischen und der Gamma-Strahlung (mit Wellenl¨angen von weniger als λ < 10−14 m) liegen. ¨ Ein Uberblick des Wellenl¨angenspektrums ist in Bild 5.23 gegeben. l [m]

400

450

500

550

600

650

700

750

Ultraviolett

Infrarot sichtbares Licht Mikrowellen Röntgenstrahlen

Gammastrahlen 1 pm

1 fm l [m]

f [Hz]

10-15 10-14 10-13 10-12 10-11 10-10 10

23

1022

10

21

10

20

10

19

10

18

UV



1 nm

10-9

10-8

10

17

10

1 mm 10-7

16

Radar

Infrarot

10

10-6 15

10

1 mm 1 cm 10-5

14

Rundfunk UHF UKW

10

10-4 13

10

10-3 12

10

10-2 11

10

10-1 10

KW

10

1 km

100 9

10

Wechselstrom

LW

1m 101 8

10

102 7

10

103 6

10

104 5

10

105 4

10

106 3

10

107 2

Bild 5.23: Spektrum der elektromagnetischen Strahlung mit typischen Anwendungsfeldern und dem Bereich des sichtbaren Lichtes In diesem Kapitel soll im Hinblick auf die Infrarot-Thermografie nur die Strahlung im Infrarotbereich behandelt werden. Diese wird als W¨arme- oder auch Temperaturstrahlung bezeichnet, liegt im Wellenl¨agenbereich von 7 · 10−7 m ≤ λ ≤ 1 · 10−3 m und teilt sich in die Bereiche nahes, mittleres und fernes Infrarot auf. Die Unterteilung der Strahlung in einzelne Bereiche, wie z. B. Licht, R¨ontgenstrahlung usw., ist prim¨ar durch unsere Sinneswahrnehmungen bzw. technische Anwendungen gegeben. Physikalisch handelt es sich dabei jedoch stets um den gleichen Vorgang, der denselben Gesetzm¨aßigkeiten unterliegt. Genau wie beim Licht treten also auch bei der W¨armestrahlung Absorption, Transmission und Reflexion sowie die geradlinige Fortpflanzung auf. Die elektromagnetische Strahlung wird in der klassischen

5.3. Messung von Ober߬achentemperaturen

143

Theorie mit den Gesetzen der transversalen Wellen beschrieben, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung oszillieren. Zur eindeutigen Charakterisierung einer elektromagnetischen Schwingung dient ihre Frequenz ν oder die Wellenl¨ange λ. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c = ν · λ entspricht im Vakuum der Lichtgeschwindigkeit c0 = 2, 99792458 · 108 m/s. Energiebilanz der W¨ armestrahlung Der auf einen K¨orper einfallende Strahlungsenergiestrom F˙ kann von diesem an der ˙ transmittiert (D) ˙ und reflektiert (R) ˙ werden. F˙ ergibt Oberfl¨ache absorbierte (A), sich demnach aus der Summe von reflektiertem, absorbiertem und transmittiertem Energiestrom: F˙ = R˙ + A˙ + D˙

(5.23)

Der K¨orper selbst kann, z. B. konvektiv, durch Leitung oder aus einer inneren Quelle, den W¨armestrom Q˙ aufnehmen und Strahlung E˙ emittieren. Fasst man den vom K¨orper ausgesendeten Strahlungsenergiestrom S˙ durch S˙ = R˙ + E˙ + D˙

(5.24)

zusammen, so erh¨alt man f¨ ur die Energiebilanz allgemein: Q˙ + F˙ − S˙ = 0

(5.25)

Q˙ = E˙ − A˙

(5.26)

oder

A Q

F

R E D

S

Bild 5.24: Energiebilanz an einem strahlungsaktiven K¨orper (nach Elsner) F¨ ur das so genannte Strahlungsgleichgewicht, in dem der K¨orper genau so viel Strahlungsenergie aus der Umgebung empf¨angt wie er aussendet, ist F˙ = S˙

(5.27)

A˙ = E˙

(5.28)

bzw.

144

5. Temperaturmessung

Im Strahlungsgleichgewicht ist der absorbierte Energiestrom A˙ gleich dem emittierten E˙ und damit nach Gleichung (5.26) der vom K¨orper aufgenommene W¨armestrom Q˙ = 0. Normiert man die Gleichung (5.23) mit F˙ , so erh¨alt man eine wichtige dimensionslose Form der Strahlungsbilanz:

1 = ρ + α + τ R˙ F˙ A˙ α = F˙ D˙ τ = F˙ ρ =

(5.29)

Reflektionsgrad Absorptionsgrad Transmissionsgrad

Diese Gr¨oßen m¨ ussen in der Regel experimentell bestimmt werden. Sie sind im Allgemeinen eine Funktion der Temperatur und der Oberfl¨achenbeschaffenheit des betrachteten Strahlers. Die Strahlungsbilanz nach Gleichung (5.29) gilt auch bezogen auf einen infinitisimalen Wellenl¨angenbereich λ. Derartig bezogene Gr¨oßen werden spektrale Gr¨oßen genannt und erhalten den Index λ. Die Energiebilanz gilt dann f¨ ur spektrale Gr¨oßen in der Form ρλ + αλ + τλ = 1

(5.30)

In Analogie zur Optik wird eine spektrale Gr¨oße oft auch als monochromatische Gr¨oße bezeichnet. K¨orper mit den Eigenschaften ρ = 1 (idealer Reflektor), τ = 1 (diathermanes Medium) und α = 1 (Schwarzer Strahler) stellen lediglich theoretische Grenzf¨alle dar, die in Wirklichkeit nicht vorhanden bzw. nur n¨aherungsweise reali¨ sierbar sind. F¨ ur theoretische Uberlegungen ist vor allem der s¨amtliche Strahlung absorbierende Schwarze Strahler von besonderer Bedeutung. Plancksches Gesetz Bei den bisherigen Bilanzierungen wurden keine Quantifizierungen bez¨ uglich der Strahlungsvorg¨ange angewandt. Die Emission eines Strahlers erh¨alt man nicht durch thermodynamische Betrachtungen, und auch die experimentelle Ermittlung bereitet f¨ ur den allgemeinen Fall Schwierigkeiten. Die L¨osung dieses Problems gelang im Jahre 1900 Max Planck und f¨ uhrte letztendlich zur Quantentheorie. Nach dieser erfolgt die Emission durch endliche Energiequanten, so genannte Photonen, mit der Energie e = hν =

hc0 λ

.

(5.31)

Die Konstante h = 6, 626 · 10−34 [Js] wird als Plancksches Wirkungsquantum bezeichnet. Planck konnte nachweisen, dass die in den Halbraum emittierte spektrale Energiestromdichte nur von der Wellenl¨ange λ und der absoluten Temperatur abh¨angt.

5.3. Messung von Ober߬achentemperaturen

145

Das Plancksche Gesetz lautet:

! e˙

=

λ,n

C1 dE˙ S %

& = C2 5 dλdA λ exp λT −1

(5.32)

C1 = 2πhc0 = 3, 74177 · 10−16 W m2 C2 = hc0 /k = 1, 4388 · 10−2 mK k = 1, 38066 · 10−23 J/K Hier sind C1 und C2 die erste bzw. zweite Plancksche Konstante, und k wird als Boltzmann Konstante bezeichnet. Stefan-Boltzmann Gesetz Aus der Integration der spektralen Energiestromdichte f¨ ur eine konstante Temperatur ergibt sich: ! e˙

S

=

∞ λ=0

! e˙

λ,S dλ

=

C1

%



λ5 exp

C2 λT



& dλ

−1

=

π 4 C1 4 T 15C24

(5.33)

wof¨ ur vereinfacht geschrieben werden kann: ! e˙

S

= σS T 4

(5.34)

Durch das Einsetzen der Konstanten ergibt sich der Wert f¨ ur die Stefan-Boltzmann Konstante eines Schwarzen Strahlers zu: W m4 K 4

σS = 5, 670 · 10−8

(5.35)

Dieser Zusammenhang wurde von Stefan experimentell gefunden und von Boltzmann theoretisch nachgewiesen, noch bevor das Plancksche Stahlungsgesetz bekannt war. Wiensches Verschiebungsgesetz Aus der Darstellung der emittierten spektralen Energiestromdichte des Schwarzen Strahlers in Bild 5.25 ist ersichtlich, dass die Maxima mit steigender Temperatur zu immer kleineren Wellenl¨angen verschoben werden. Die Lage dieser Maxima berechnet sich aus dem Planckschen Strahlungsgesetz, indem in bekannter Weise die erste Ableitung nach der Wellenl¨ange an der Stelle T = konstant gleich Null gesetzt wird. 

∂ !e˙ λ,S ∂T



=0 T

(5.36)

146

5. Temperaturmessung 1014 sichtbarer Bereich (0,4 £ l £ 0,7 mm)

1013 1012

el,s [W/m3]

10

11

1010 10

6000 K 3000 1600 800 500 400

9

108 10

Ort max. el,s

7

106 105 0

4

2

6

8

10

rot

violett

12

14

16

18

20

l [mm]

Bild 5.25: Darstellung des Wienschen und des Planckschen Verschiebungsgesetzes Mit dem Planckschen Gesetz erh¨alt man nach der Differentiation 

exp

C2 λT



−1−



C2 C2 exp λT λT



=0

(5.37)

als transzendente Bestimmungsgleichung f¨ ur die Lage der Maxima. Die L¨osung f¨ uhrt auf das Wiensche Gesetz λopt · T = C3

(5.38)

ur die H¨ ullkurve, mit der Wienschen Konstanten C3 = 2, 899·10−3 mK als Gleichung f¨ der auf einer Hyperbel liegenden Maxima (Bild 5.25). Das Wiensche Gesetz gestattet die Ermittlung der Temperaturen des Schwarzen Strahlers bei bekannter Wellenl¨ange f¨ ur das Maxima der spektralen Energiestromdichte. Berechnet man die spektrale Energiestromdichte an den Maxima, so folgt durch Einsetzen des Wienschen Gesetzes in das Plancksche Gesetz der Zusammenhang: ! e˙

λ,S,max

=

C3 T5

%

C1 exp



C2 C3

&

−1

≈ T5

(5.39)

d.h., die maximale spektrale Energiestromdichte des Schwarzen Strahlers nimmt mit der 5. Potenz der absoluten Temperatur zu. W¨ armetransport durch Strahlung W¨ahrend bei der W¨armeleitung und dem konvektiven W¨arme¨ ubergang die treibende Temperaturdifferenz linear mit dem W¨armefluss zusammen h¨angt, geht bei der Strahlung hingegen der Einfluss der Temperatur mit der 4. bis 5. Potenz ein. Somit ist es verst¨andlich, dass der Einfluss des anteiligen W¨armetransportes mittels Strahlung insbesondere bei hohen Temperaturen gr¨oßer wird. Die auf diese Weise von einem zum anderen K¨orper transportierte Energie h¨angt sowohl von der Wellenl¨ange als auch dem Absolutwert der Temperatur ab.

5.3. Messung von Ober߬achentemperaturen

147

Zwischen der W¨armeleitung bzw. dem W¨arme¨ ubergang und der W¨armestrahlung bestehen grunds¨atzliche Unterschiede. Der durch Leitung zustande kommende W¨armefluss kann in festen, fl¨ ussigen und gasf¨ormigen Stoffen existieren, d. h. er ben¨otigt ein Tr¨agermedium. Das Temperaturfeld ¨andert sich immer stetig, auch wenn die W¨arme von einem Tr¨ager (z.B. einem festen K¨orper) an einen anderen (etwa ein Gas) abgegeben wird. Die W¨arme tritt immer in der gleichen Energieform auf: als kinetische Energie der Molek¨ ule. Dagegen muss f¨ ur den W¨armestrahlungsaustausch zwischen zwei Orten kein Medium vorhanden sein. Die Strahlungsenergie durchdringt das Vakuum vollst¨andig. Temperaturmessung Zur Messung der Temperatur aus der W¨armestrahlung muss bestimmt werden, bei welcher Wellenl¨ange wieviel Energie von einem K¨orper abgestrahlt wird. Aus dieser Information l¨asst sich u ¨ber das Plancksche- und Wiensche Verschiebungs-Gesetz die Temperatur bestimmen. Bei derartigen Strahlungsmessungen spielt naturgem¨aß der Emissionsgrad  des K¨orpers eine ganz wesentliche Rolle. schwarzer Mattlack weiße Farbe

Schamotte Holz, Gummi

Alu-Bronze Eisen, Wolfram Silber

Bild 5.26: Spektraler Emissionsgrad unterschiedlicher Wandmaterialien (nach Ahlborn) Der Wert  = 1 charakterisiert damit den Schwarzen K¨orper selbst, der entsprechend dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz (Emissionsgrad gleich Absorptionsgrad) einerseits die einfallende Strahlung vollst¨andig absorbiert, andererseits aber auch wieder vollst¨andig emittiert. Technische Oberfl¨achen sind meist Graue Strahler mit Emissionsgraden von 0 <  < 0, d.h. sie reflektieren einen Teil der einfallenden Strahlung oder lassen diese durch. Bild 5.26 zeigt dazu den spektralen Emissionsgrad einiger fester Materialen abh¨angig von der Wellenl¨ange, der f¨ ur Metalle deutlich kleinere Werte als f¨ ur Nichtmetalle aufweist. Aus Bild 5.26 geht auch hervor, dass sich die von einem K¨orper ausgehende Strahlung aus einem breitbandigen Spektrum unterschiedlicher Wellenl¨angen zusammensetzt. Da sich das Intensit¨atsmaximum der Strahlung mit steigender Oberfl¨achentemperatur T zu kleineren Wellenl¨angen verschiebt, arbeiten Hochtemperatur-InfrarotMessger¨ate f¨ ur Temperaturen zwischen 1000 K und 3000 K vorzugsweise im Spektralbereich von λ ≈ 1µm, Messger¨ate f¨ ur niedrigere Temperaturen zwischen 300 K und 500 K dagegen im Bereich von λ ≈ 10 µm. Ferner spielt bei der praktischen Auslegung bzw. der Auswahl von Infrarot-Messger¨aten auch eine Rolle, in welchem Wellenl¨angenbereich das jeweilige K¨orpermaterial einen besonders hohen Emissionsgrad aufweist. Wie Bild 5.26 verdeutlicht, besitzen Metalle f¨ ur kleine Wellenl¨angen

148

5. Temperaturmessung

von λ < 1µm ihren h¨ochsten spektralen Emissionsgrad, der daher auch vorzugsweise f¨ ur die Messung der Oberfl¨achentemperaturen an metallischen K¨orpern verwendet wird. Nichtmetalle weisen im Bereich kleiner Wellenl¨angen dagegen einen geringen Emissionsgrad auf. Sie besitzen allerdings im Bereich von λ ≈ 7µm sehr hohe Werte nahe  = 1, d.h. dieser Bereich eignet sich ganz besonders f¨ ur optische Temperaturmessungen an nichtmetallischen Oberfl¨achen. Träger Einfallende Photonen

Silikonsubstrat OxidIsolationsschicht Elektroden

Bild 5.27: Schema eines CCD-Chips f¨ ur Infrarot-Kameras (nach Polytec) Infrarot-Temperaturmessger¨ate bestehen aus optischen Messk¨opfen, in denen die einfallenden Photonen in elektrische Signale umgewandelt werden. Eine nachgeschaltete Auswerteelektronik liefert unmittelbar die gesuchte Oberfl¨achentemperatur. F¨ ur fl¨achige Messungen werden spezielle, hochempfindliche Infrarot-CCD-Kameras (Charge Coupled Device) eingesetzt, die gerasterte Farb- oder Grauwertverteilungen von Temperaturfeldern liefern. CCD-Kameras sind dazu mit einer matrixf¨ormigen und sehr strahlungsempfindlichen Empfangsfl¨ache ausger¨ ustet, die entsprechend der Anzahl der Matrixpunkte Pixelbilder der Temperaturverteilung liefert. Den schematischen Aufbau eines CCD-Chips zeigt Bild 5.27. Die typische Pixelanzahl einer hochaufl¨osenden Infrarot-CCD-Kamera mit einer lichtempfindlichen Empfangsfl¨ache von ungef¨ahr 30 mm x 30 mm liegt etwa bei 106 , die Pixelgr¨oße, die f¨ ur die maximale ¨ortliche Aufl¨osung maßgeblich ist, bei etwa 20 µm x 20 µm. F¨ ur quantitative Temperaturmessungen muss die Farb- bzw. Grauwertskala der Pixelbilder allerdings kalibriert werden. Diese Kalibration wird u ¨blicherweise an einem Schwarzen Strahler vorgenommen. a M

x/c 0

0,3

0,6

1

Infrarotaufnahme M = 0,78, a = 0° Rec = 17 . 106

M

turbulent

Oberflächenheißfilm

laminar

Bild 5.28: Temperaturfeld im vorderen Bereich eines transsonischen Laminar߬ ugels. Infrarotaufnahme bei M=0,78 (DLR / Deutsche Airbus)

5.3. Messung von Ober߬achentemperaturen

149

Ein praktisches Messergebnis aus der Tragfl¨ ugel-Aerodynamik, das mit einer InfrarotCCD-Kamera gewonnen wurde, ist in Bild 5.28 gezeigt. Dargestellt ist die Messanordnung an einem transsonischen Laminarfl¨ ugel sowie als Detail eine Infrarotaufnahme des durch eine Kunststoffbeschichtung thermisch isolierten vorderen Tragfl¨ ugelbereichs. Bei einer Anstr¨om-Mach-Zahl von M = 0, 7 liegen deutlich erkennbar im Bereich der Fl¨ ugelvorderkante h¨ohere Wandtemperaturen (schwarz) vor als weiter stromab (grau). Diese beiden Bereiche k¨onnen nun eindeutig den laminaren bzw. turbulenten Str¨omungsbereichen zugeordnet werden, da der W¨arme¨ ubergang bei laminarer Str¨omung kleiner als bei turbulenter ist. Die Struktur k¨ uhlt daher in den laminaren Bereichen weniger stark ab und h¨alt eine h¨ohere Temperatur als in der turbulenten Str¨omung. Ferner sind, ausgehend von der Fl¨ ugelvorderkante, markante Turbulenzkeile erkennbar, die teilweise durch St¨orungen im Nasenbereich des Fl¨ ugels, teilweise aber auch durch ung¨ unstig installierte Wandsensoren (Oberfl¨achenheißfilme) ausgel¨ost werden k¨onnen. In der Infrarotaufnahme sind diese Heißfilme als kleine helle Flecken erkennbar. Neben der station¨aren Betrachtung des Temperaturfeldes k¨onnen mit der Infrarottechnik auch Aussagen zur zeitlichen Entwicklung der fl¨achigen Temperaturverteilung getroffen werden. Hierzu werden, ¨ahnlich wie bei der Str¨omungsvisualisierung, Bildsequenzen der Infrarotaufnahmen analysiert und anschließend mit einem Referenzzustand verglichen. Das Bild 5.29 zeigt ein solches Temperaturdifferenzbild, das die Temperatur¨anderungen im Zeitintervall von ∆t = 2 s wiedergibt. Dadurch werden Gebiete hoher Wandschubspannungen von denen kleinerer Wandschubspannungen aufgrund der schnelleren Abk¨ uhlung unterschieden. In diesem Versuch wurde ein Zylinderstumpf mit einem Verh¨altnis von K¨orperh¨ohe zu Durchmesser H/D = 2 auf einer beheizten Platte angestr¨omt (ReD = 2 · 104 ). Durch die Temperatur¨anderung ∆T in dem Zeitintervall von ∆t = 2 s k¨onnen verschiedene Str¨omungsstrukturen (Wirbel) detektiert werden, deren Fußabdr¨ ucke” sich direkt mit der Wandschub” spannung korrelieren lassen. Die im linken Bild skizzierten typischen L¨angs- und Querwirbel an diesem Zylinderstumpf sind in dem Temperaturdifferenzbild (rechts) anhand unterschiedlicher Grauwerte sehr gut zu erkennen. Neben der qualitativen Erfassung des Str¨omungsfeldes (Wandbereich) k¨onnen die gemessenen Temperaturdifferenzen - nach einer geeigneten Kalibration - auch als fl¨achige Verteilung der Wandschubspannung interpretiert werden.

Ablösung an der Oberkante Hufeisenwirbel am Boden

Freie Scherschicht Nachlauf

Bild 5.29: Temperaturdifferenzbild eines umstr¨omten Zylinderstumpfes mit sichtbaren Str¨omungsstrukturen (nach M. Reyer)

150

5.3.2

5. Temperaturmessung

Flu ¨ ssigkristalltechnik

Eine andere M¨oglichkeit, Oberfl¨achentemperaturen mit hoher r¨aumlicher Aufl¨osung zu erfassen, bieten thermochrome Fl¨ ussigkristalle. Bei dieser Methode wird die Eigenschaft von Fl¨ ussigkristallen ausgenutzt, Licht je nach Kristallstruktur verschiedenartig zu absorbieren oder zu reflektieren. Normalerweise schmilzt ein kristalliner Festk¨orper bei einer bestimmten Temperatur und geht in den Zustand einer isotropen Fl¨ ussigkeit u ¨ber. Manche Kristallarten bilden allerdings bei einer bestimmten Temperatur eine sogenannte Mesophase. Bei diesen Kristallen verl¨auft der Schmelzvorgang also nicht mehr schlagartig, sondern kontinuierlich u ¨ber einen gr¨oßeren Temperaturbereich. Die Molek¨ ulstruktur dieser Stoffe weist in der Mesophase sowohl kristalline als auch fl¨ ussige Eigenschaften auf. W¨ahrend der Mesophase k¨onnen die optischen Eigenschaften von Kristallen in Bezug auf Farb¨anderungen als Temperaturindikator ausgenutzt werden. Werden thermochrome Fl¨ ussigkristalle erw¨armt, so durchl¨auft die Substanz beim Schmelzprozess mehrere Mesophasen, in denen die Ausrichtung und Ordnung der Molek¨ ule durch intermolekulare Kr¨afte bestimmt werden (anisotrop), bis der Schmelzvorgang mit einer vollst¨andig isotropen Fl¨ ussigkeit abschließt. Die verschiedenen Mesophasen des Schmelzvorgangs sind in Bild 5.30 aufgef¨ uhrt. Unmittelbar an den festen Aggregatzustand schließt sich die smektische Phase an, bei der die Molek¨ ule in Schichten geordnet mit einer Achsenausrichtung (Molek¨ ulvektor) senkrecht zur Schichtebene vorliegen. Anschließend folgt die nematische Phase, in der die Molek¨ ule zwar noch die gleiche L¨angsausrichtung aufweisen, aber in ihrer r¨aumlichen Anordnung frei verschiebbar sind. Die nun folgende cholesterische Phase ist f¨ ur die technische Nutzung die interessanteste, da hier der Molek¨ ulvektor in der Schichtebene liegt und aufgrund der Spiegelasymmetrie der Molek¨ ule der Molek¨ ulvektor von Schicht zu Schicht in seiner Ausrichtung gegeneinander verdreht wird. Dieser Effekt ist kumulativ, so dass der Molek¨ ulvektor rotiert und eine Raumspirale bildet (Bild 5.31).

smektisch

nematisch

cholesterisch

Bild 5.30: Struktur von Fl¨ ussigkristallen in den drei Mesophasen des Schmelzvorgangs (nach F. Haselbach) Das Material ist optisch aktiv, wenn der Pitchabstand der Helix (360◦ -Drehung) im Bereich der Wellenl¨ange des sichtbaren Lichtes liegt. Hierbei wird die dem Pitchab¨ stand entsprechende Wellenl¨ange reflektiert. Eine Anderung des Pitchabstandes mit ¨ der Temperatur f¨ uhrt somit zu einer Anderung der Folienfarbe. Bei den meisten thermochromen Fl¨ ussigkristallen verringert sich der Pitchabstand mit zunehmender Temperatur, so dass sich die Oberfl¨achenfarbe mit zunehmender Folientemperatur von Rot nach Blau ver¨andert, um abschließend im ultravioletten Bereich die isotrope, optisch inaktive Phase zu erreichen.

151

halbe Pitchlänge

5.3. Messung von Ober߬achentemperaturen

Molekülausrichtung

Bild 5.31: Drehung des Molek¨ ulvektors (nach F. Haselbach)

innerhalb

der

Pitchl¨ange

Soll eine temperatursensitive Fl¨ ussigkristallfolie neben qualitativen auch quantitative Aussagen liefern, muss sie zuvor gegen die Temperaturverteilung an der zu untersuchenden Oberfl¨ache (z.B. mit Thermoelementen) kalibriert werden. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass das Absorptions- und Reflexionsverhalten der Folie und somit die Farb¨anderungen vom einfallenden Licht und vom Lichtwinkel abh¨angig sind. Das durch eine Videoaufnahme entstandene RGB-Bild kann nun unter Verwendung der ermittelten Referenz-Temperaturverteilung kalibriert werden. Hierbei ergibt sich beispielsweise eine Zuordnung des Rot-Wertes zur Temperatur. In den meisten F¨allen wird jedoch eine Kalibration der Farbwerte im HSI- (Hue, Saturation & Intensity) Farbsystem bevorzugt, weil dieses eher dem menschliche Farbempfinden entspricht. Hue ist hierbei der Farbwert als Winkelangabe im Farbkreis, Saturation steht f¨ ur die Farbs¨attigung und Intensity f¨ ur die Intensit¨at bzw. Helligkeit. Bild 5.32, links zeigt eine Darstellung des HSI-Farbsystems in Zylinderkoordinaten. Hierbei entspricht der Polarwinkel dem Hue-Wert, die L¨ange des Radiusvektors S der Farbs¨attigung, und der Abstand zur Basisebene entspricht der Farbintensit¨at. Im HSI-System k¨onnen die Farbwerte H unabh¨angig von der Beleuchtungsst¨arke gegen die Oberfl¨achentemperatur kalibriert werden, was einen wesentlichen Vorteil darstellt. Exemplarisch zeigt Bild 5.32, rechts eine Kalibration der verwendeten Fl¨ ussigkristalle unter Verwendung des HSI-Systems. 60,2°C

250

Intensität Hue Sättigung

Hue [°]

200 (H,S,I)

Kalibration A Kalibration B

150 100 50

Wertebereich 0...255

0 24

25

26

27

28

29

30

T [°C]

Bild 5.32: Die Zylinderkoordinaten des HSI-Farbsystems (links) und eine Farbkalibration der Fl¨ ussigkristallfolien (rechts) (nach F. Haselbach)

152

5. Temperaturmessung

Grunds¨atzlich unterscheidet man zwischen temperatur- und schubspannungssensitiven Fl¨ ussigkristallen. Beide Arten weisen jedoch mehr oder weniger beide Eigenschaften auf. Im praktischen Einsatz werden die Fl¨ ussigkristalle mit einem L¨osungsmittel verd¨ unnt, bis eine gew¨ unschte Konsistenz erreicht wird. Das Gemisch wird vor dem Versuch mit einer Rolle auf das schwarz lackierte Modell aufgetragen oder aufgespr¨ uht. Die Anwendung von Fl¨ ussigkristallen in ihrer fl¨ ussigen Form ist relativ aufwendig und daher wenig verbreitet. Seit einiger Zeit sind temperatursensitive Fl¨ ussigkristallfolien verf¨ ugbar, die f¨ ur einen bestimmten Temperaturbereich ausgelegt sind. Ihre Handhabung ist sehr einfach, da sie nur auf die zu untersuchende Oberfl¨ache aufgeklebt werden m¨ ussen. Bei aerodynamischen Anwendungen m¨ ussen die verwendeten Modelle w¨ahrend des Versuchs auf eine bestimmte Temperatur aufgeheizt werden. Dieses kann mit Hilfe einer unter der Folie angebrachten Heizmatte oder, bei offenen Messstrecken, durch einen Scheinwerfer geschehen. In Bild 5.33 ist als Beispiel die Transitionslagenbestimmung am Fl¨ ugel eines Segelflugzeuges im Freiflugversuch dargestellt. Die Fl¨ ugeloberfl¨ache wird in Bereichen turbulenter Str¨omung aufgrund des h¨oheren konvektiven W¨armeflusses st¨arker abgek¨ uhlt als im laminaren Bereich. Man erkennt daher eine diskrete Farbtrennlinie zwischen Bereichen laminarer und turbulenter Str¨omung, die mit steigender Fluggeschwindigkeit (kleiner werdendem Anstellwinkel) stromab verlagert wird. Eine quantitative Analyse mit Hilfe der digitalen Bildverarbeitung zeigt Bild 5.33, rechts: Durch die hier empirisch bestimmte Farbfunktion F kann ein scharfes Transitionskriterium definiert werden.

F = W e · H2 +

1 B

(5.40)

W − Winkel, H - Helligkeit, B - Blauwert 1.5

100 km/h 1.0

Laminar

Transitionsbereich

0.5

Turbulent 0.0

1.5

150 km/h 1.0

0.5

0.5

0.0 F [10-5] 0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

x/c

0.7

Bild 5.33: Detektion der Transitionslage mit einer Fl¨ ussigkristallfolie im Freiflugversuch auf einem Segelflugzeug Twin III G103 (siehe auch Farbtafel im Anhang, nach M. Reyer) Der bereits in Kapitel 4.3.5 erw¨ahnte Thermalhaushalt von Oberfl¨achenheißfilmen und Oberfl¨achenhitzdr¨ahten ist f¨ ur die Anwendung des thermolektrischen Prinzips ein besonders kritischer Faktor. Durch die direkte Verbindung von Sensor und Wand

Weiterf¨ uhrende Literatur

153

nimmt die Struktur einen betr¨achtlichen Teil der W¨arme auf. Die daraus resultierenden Temperaturfelder k¨onnen ebenfalls mit Fl¨ ussigkristallfolien sichtbar gemacht werden, wobei in diesem Fall keine Heizmatte, wie im oben beschriebenen Flugversuch notwendig ist, wenn der Heißfilm direkt auf der Folie montiert wird. In Bild 5.34 sind die Temperaturfelder um einen Oberfl¨achenheißfilm sowohl bei freier Konvektion als auch in laminarer und turbulenter Str¨omung dargestellt. Deutlich erkennt man bei der freien Konvektion die symmetrische Temperaturverteilung um den Heißfilm. Im Fall der laminaren Str¨omung ist die sich hinter dem Heißfilm bildende Temperaturfahne” signifikanter ausgepr¨agt als im Fall der turbulenten An” str¨omung, weil hier der konvektive W¨armefluss aus der Wand gr¨oßer ist (vgl. hierzu auch Kapitel 4.3.1, Bild 4.16). Oberflächenheißfilm auf Flüssigkristallfolie

Freie Konvektion

Laminare Grenzschicht 5 (Re = 3.10 ) bei freier Transition

Turbulente Grenzschicht 5 (Re = 3.10 ) mit fixierter Transition

Bild 5.34: Visualisierung der Oberfl¨achentemperatur um einen Oberfl¨achenheißfilm bei freier Konvektion sowie laminarer und turbulenter Str¨omung (nach F. Haselbach)

Weiterfu ¨ hrende Literatur Eckert, R. & Goldstein, R. (1970), Measuring Techniques in Heat Transfer.” ” In: AGARD Flight Test Instrumentation Series, (AGARDograph 130). Eder, F. (1981), Arbeitsmethoden der Thermodynamik: Band 1, Temperaturmessung. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York. Elsner, N. (1993), Grundlagen der Technischen Thermodynamik – Band 2: W¨ arme¨ ubertragung. Akademie Verlag GmbH Berlin. Grigull, U. (1988), W¨arme- und Stoff¨ ubertragung / W¨ arme¨ ubertragung durch Strahlung – Teil 1: Grundlagen und Materialeigenschaften. Springer-Verlag. Haselbach, F. (1997), Thermalhaushalt und Kalibration von Oberfl¨ achenheißfilmen und Heißfilmarrays, Band 326 der Fortschritt-Berichte, Reihe 7. VDI-Verlag D¨ usseldorf. Hennig, F. (1977), Temperaturmessung. 3.Auflage, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York. Nitsche, W. (1986), Zu den Gesetzm¨aßigkeiten nichtadiabater turbulenter Wand” grenzschichten.” In: VDI-Forschungsheft, 638/86: 1–40. Reyer, M. (2001), Ein Verfahren zur simultanen Berechnung gekoppelter transienter Temperaturfelder in Str¨omungen und Strukturen. Diss., TU Berlin.

6. Str¨ omungssichtbarmachung

Methoden zur Str¨omungssichtbarmachung werden vorwiegend dann eingesetzt, wenn die Topologie der Str¨omung qualitativ analysiert werden soll. Neben den grundlegenden Aussagen zu den jeweiligen Str¨omungsph¨anomenen k¨onnen auch wichtige Vorinformationen f¨ ur den gezielten Einsatz anderer Messtechnik gewonnen werden. Wird beispielsweise eine Str¨omungsabl¨osung sichtbar, sind Messverfahren wie der Hitzdraht oder Druckmesssonden nur bedingt einsetzbar (siehe auch Kapitel 7). Einige Visualisierungsverfahren lassen sich zus¨atzlich dahingehend erweitern, dass auch die quantitative Erfassung von Str¨omungsgr¨oßen m¨oglich ist. So ist es z.B. beim Einsatz temperatursensitiver Fl¨ ussigkristalle m¨oglich, nach einer Kalibration die Oberfl¨achentemperatur zu bestimmen oder mit Hilfe der digitalen Bildverarbeitung die genauen Abst¨ande von Partikelspuren zu quantifizieren, um daraus Geschwindigkeitsvektoren zu ermitteln. Die einfachsten Verfahren zur Str¨omungssichtbarmachung basieren auf der Visualisierung einzelner Partikel, die einer Str¨omung beigemischt werden. Dabei muss vorausgesetzt werden, dass diese Partikel der Str¨omung schlupffrei folgen k¨onnen. Man unterscheidet hierbei zwischen den Bahnlinien, den Stromlinien und den Streichlinien eines Str¨omungsteilchens. Die Bahnlinien zeigen die Bewegung eines einzelnen Fluidteilchens und k¨onnen durch eine Zeitaufnahme sichtbar gemacht werden. Stromlinien stellen ein Momentanbild der Str¨omung dar und k¨onnen daher nur durch sehr viele Fluidteilchen mit Hilfe einer Kurzzeitaufnahme dargestellt werden. Sie sind als Kurven in einem Raum definiert, die zu einem Zeitpunkt von den Geschwindigkeitsvektoren tangiert werden. Da in einem Punkt nicht gleichzeitig zwei Geschwindigkeiten auftreten k¨onnen, d¨ urfen sich Stromlinien nicht kreuzen. Eine Ausnahme bilden Staupunkte, in denen die Geschwindigkeit Null ist. Die Streichlinien verbinden alle Fl¨ ussigkeitsteilchen miteinander, die eine bestimmte Stelle im Str¨omungsraum passiert haben. Sie k¨onnen sichtbar gemacht werden, indem z.B. ein d¨ unner Rauchfaden in die Str¨omung eingebracht und von der Str¨omung eine Kurzzeitaufnahme gemacht wird.

6.1. Ober߬achenvisualisierung

155

Die Unterscheidung zwischen Bahn-, Strom und Streichlinien ist insbesondere in instation¨aren Str¨omungen wichtig. In einer station¨aren Str¨omung fallen alle drei Linienarten zusammen.

6.1 6.1.1

Oberfl¨ achenvisualisierung Woll- oder Textilf¨ aden

Die einfachste und daher noch h¨aufig angewandte Methode, Str¨omungsph¨anomene sichtbar zu machen, besteht im Aufkleben d¨ unner, an den Enden ausgefranster Wollf¨aden auf den zu untersuchenden Str¨omungsk¨orper. Damit k¨onnen sowohl der wandnahe Verlauf der Str¨omung als auch Wirbel und Abl¨osegebiete sichtbar gemacht werden. Die F¨aden richten sich in lokaler Str¨omungsrichtung aus, und ein chaotisches Flattern der F¨aden indiziert abgel¨oste Str¨omung. An fast allen Segelflugzeugen werden z.B. ca. 10 cm lange Wollf¨aden zur optischen Kontrolle der Anstr¨omungsrichtung verwendet. Die in der L¨angsachse des Gleiters an der Windschutzscheibe oder Nase angebrachten F¨aden zeigen unmittelbar die Richtung und damit auch vorhandene Asymmetrie in der Anstr¨omung. Bild 6.1 zeigt beispielsweise die Lage des Staupunktes im Nasenbereich eines Fl¨ ugels bei hohem Anstellwinkel.

Staupunkt

Bild 6.1: Bestimmung des Staupunktes an einem Fl¨ ugel mit hohem Anstellwinkel (VKI Lecture Series) Um einen m¨oglichst guten Kontrast zu erhalten, werden in der aerodynamischen Versuchstechnik helle Wollf¨aden (h¨aufig auch fluoreszierende F¨aden) auf eine schwarz lackierte Oberfl¨ache geklebt. Bild 6.2 zeigt dazu die Umstr¨omung zweier Fahrzeugmodelle (Maßstab 1:5) bei gleicher Geschwindigkeit.

Bild 6.2: Umstr¨omung zweier Fahrzeugmodelle mit Hilfe von Wollf¨aden (Foto: Forschungsinstitut f¨ ur Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren)

156

6. Str¨omungssichtbarmachung

Deutlich sichtbar sind die starken Verwirblungen aufgrund vieler lokaler Str¨omungsabl¨osungen auf dem Kamm-Wagen K1 (links), w¨ahrend das W 158-Modell von Mercedes-Benz (rechts) eine nahezu vollst¨andig anliegende Str¨omung aufweist. Ein noch besserer Kontrast kann erzielt werden, wenn die fluoreszierenden F¨aden mit ultraviolettem Licht bestrahlt werden. Lokale Str¨omungsph¨anomene, wie z.B. die Grenzschichttransition, lassen sich mit Hilfe der Wollfadentechnik ebenfalls sichtbar machen, wenn auch sehr eingeschr¨ankt in der ¨ortlichen Aufl¨osung. Dazu werden meist d¨ unne Textil- oder Nylonf¨aden verwendet, deren L¨ange den jeweiligen Str¨omungsbedingungen angepasst werden muss. Die F¨aden m¨ ussen noch vollst¨andig innerhalb der Grenzschicht liegen, damit nur die Str¨omungsinformation in der wandnahen Grenzschicht wiedergegeben wird. In einer laminaren Str¨omung verhalten sich die F¨aden v¨ollig ruhig, wogegen in stark turbulenter Str¨omung ein st¨arkeres Flattern beobachtet werden kann.

6.1.2

Anstrichverfahren

Unter den Anstrichverfahren hat die China-Film-Technik (Kaolin-Verfahren) weite Verbreitung gefunden. Hierbei wird ein Gemisch aus weißem Titanoxid, einem ¨ und Ols¨ ¨ aure auf die schwarz lackierte Oberfl¨ache des zu untersuchenden leichten Ol Str¨omungsk¨orpers in Form einer Suspension aufgespr¨ uht. Nach dem Trocknen die¨ ses Gemisches bleibt ein weißer Uberzug u ¨brig. Vor dem eigentlichen Versuch wird die so behandelte Oberfl¨ache mit einem Entwickler bespr¨ uht, worauf diese dann transparent ist. W¨ahrend des Versuchs trocknet der Entwickler in turbulenten oder Totwasserbereichen wegen des erh¨ohten Stoffaustausches schneller, und die weiße Farbe des Gemisches kommt zum Vorschein. Diese Technik eignet sich wegen der Konsistenz des Anstriches besonders f¨ ur Experimente, bei denen w¨ahrend des Versuchs kein optischer Zugang zum Modell m¨oglich ist. Von Nachteil ist jedoch die Tatsache, dass keine Wandschubspannungslinien beobachtet werden k¨onnen, da die Suspension w¨ahrend des Versuchs v¨ollig austrocknet. In Weiterf¨ uhrung dieser Technik hat es sich bew¨ahrt, Windkanalmodelle unmittelbar nach dem Auftragen des ¨ Kaolin der Str¨omung auszusetzen. Mit dieser Olfilmtechnik k¨onnen sowohl Gebiete erh¨ohter Turbulenz und Abl¨osebereiche als auch die Richtung der lokalen Wandschubspannung beobachtet werden. Das Gemisch fließt w¨ahrend des Versuchs in Richtung der Wandschubspannung. In Bild 6.3 ist als Beispiel f¨ ur die Visualisierung ¨ ¨ mit der Olfilmtechnik die Uberschallumstr¨ omung der Leeseite (Saugseite) eines Deltafl¨ ugelmodells bei einer Anstr¨ommachzahl von M∞ = 2, 5 und einem Anstellwinkel von α=10◦ dargestellt. Deutlich zu erkennen sind im Bereich der Mittelachse des Modells die Richtung der lokalen Wandschubspannungen sowie zwei diskrete weiße Ablagerungen, die den Prim¨ar- und Sekund¨arwirbel kennzeichnen. ¨ Von besonderer Wichtigkeit bei der Anwendung der Olfilmtechnik ist die sorgf¨altige ¨ Anpassung des Olgemisches an die jeweiligen Str¨omungsbedingungen. Das Gemisch muss beispielsweise dickfl¨ ussig genug sein, damit es nicht bereits beim Anfahrvorgang oder beim Abschalten des Windkanals abgetragen wird und so die Versuchsergebnisse verf¨alscht. Andererseits muss es d¨ unnfl¨ ussig genug sein, um lokale Str¨omungsstrukturen erkennen zu k¨onnen. Ist die optische Zug¨anglichkeit w¨ahrend des Versuchs gew¨ahrleistet, kann auch der laminar-turbulente Str¨omungsumschlag detektiert werden. Dazu zeigt Bild 6.4 die Visualisierung des Transitionsvorganges an

6.1. Ober߬achenvisualisierung

157

¨ Bild 6.3: Olfilmbild der Umstr¨omung der Leeseite eines angestellten Deltafl¨ ugels (nach R. Henke) einem angestellten Pfeilfl¨ ugel in Unterschallstr¨omung (u∞ =36 m/s, α=5◦ , ϕ=25◦ ) bei freier Transition (links) und bei erzwungener Transition (rechts). Die Transition wurde dabei hinter der Fl¨ ugelvorderkante durch einen aktiven St¨ork¨orper (siehe Bildmarkierung) mit einer H¨ohe von h=0.18 mm erzwungen. Deutlich zu erkennen sind hierbei die Bereiche laminarer (hell) und turbulenter Str¨omung (dunkel) sowie auch der von dem St¨ork¨orper verursachte Turbulenzkeil, deren Auswirkung umso gr¨oßer ist, je n¨aher der St¨ork¨orper an der Modellnase angebracht ist. Störkörper

Anströmung

Turbulenzkeil

¨ Bild 6.4: Detektion des Str¨omungsumschlages mit Hilfe der Olfilmtechnik an einem Pfeilfl¨ ugel bei freier Transition (links) und bei erzwungener Transition durch einen St¨ork¨orper (rechts) Der Nachlauf stumpfer K¨orper (Kraftfahreuge, Eisenbahnen, Geb¨aude u.a.) ist nachhaltig von Str¨omungsabl¨osungen und den daraus resultierenden komplexen Str¨omungsstrukturen (Wirbel und Wirbelsysteme) gepr¨agt. F¨ ur die Minimierung des aerodynamischen Widerstandes und des damit verbundenen Kraftstoffverbrauches ist eine genaue Kenntnis der auftretenden Ph¨anomene erforderlich. Bild 6.5 zeigt ein stark vereinfachtes, generisches Fahrzeugmodell (Ahmed-Body), an dem f¨ ur zwei ver¨ schiedene Heckrampenwinkel die Heckschr¨age mit einem Olanstrich versehen wurde, wodurch die Fußabdr¨ ucke der auftretenden Wirbelstrukturen sichtbar werden. Bei einem Winkel von ϕ = 25◦ ist die Str¨omung auf dem gr¨oßten Teil der Rampenfl¨ache zwar anliegend, die L¨angswirbel, deren Fußabdr¨ ucke deutlich sichtbar neben den Seitenkanten (C-S¨aule) verlaufen, f¨ uhren aber zu einem hohen Anstieg des Druckwiderstandes. Dagegen ist die Str¨omung bei ϕ = 35◦ v¨ollig abgel¨ost.

158

6. Str¨omungssichtbarmachung

Die Querwirbel, die hier einen nahezu zweidimensionalen Charakter aufweisen, senken den Basisdruck weit weniger ab als die L¨angswirbel. Daher ist f¨ ur diesen Fall der Druck- und damit auch der Gesamtwiderstand geringer.

Querwirbel (j = 35°)

u0

j

Längswirbel (j = 25°)

Bild 6.5: Fußabdr¨ ucke verschiedener Wirbelformen auf der Heckrampe eines ge¨ nerischen Fahrzeugmodells durch Olanstrich (nach Lienhart & Becker) sichtbar gemacht

6.2

Visualisierung durch Partikelzugabe

Die meisten Standardverfahren der Str¨omungsvisualisierung beruhen auf der Anreicherung der Str¨omung mit verschiedenartigen Partikeln. Die Partikel m¨ ussen dabei nicht zwangsl¨aufig aus festen Stoffen bestehen. Beispielsweise k¨onnen kleine Gasbl¨aschen gut zur Sichtbarmachung in Wasserstr¨omungen verwendet werden, wenn sie so klein sind, dass ihr Auftrieb vernachl¨assigt werden kann. Speziell Wasserkan¨ale bieten sehr gute M¨oglichkeiten zur Str¨omungsvisualisierung. Bild 6.6 zeigt die Visualisierung der Umstr¨omung eines Fl¨ ugelmodells bei hohem Anstellwinkel im Prandtl-Kanal des DLR G¨ottingen. In dieser Versuchsanlage erzeugt ein handbetriebenes Schaufelrad die Wasserstr¨omung um den Versuchsfl¨ ugel. Die ruhende Wasseroberfl¨ache wurde mit kleinen Teilchen, bestehend aus Aluminiumpulver bestreut. Hierzu k¨onnen ebenfalls Eisenglimmer oder sonstige schwimmende Teilchen (Ludwig Prandtl verwendete B¨arlapp-Sporen), die ein entsprechendes Reflexionsverhalten aufweisen, benutzt werden. Deutlich sind in dieser Zeitaufnahme die Bahnlinien der Teilchen zu erkennen, die einen ausgepr¨agten Querwirbel auf der Fl¨ ugeloberseite zeigen.

Bild 6.6: Visualisierung der Umstr¨omung eines Fl¨ ugelmodells mit hohem Anstellwinkel im Prandtl-Kanal des DLR G¨ottingen (DLR)

6.2. Visualisierung durch Partikelzugabe

159

Die Sichtbarmachung von Str¨omungsvorg¨angen an der Wasseroberfl¨ache findet Grenzen bei hohen Str¨omungsgeschwindigkeiten: Die lokale Geschwindigkeit darf die sog. Grundwellengeschwindigkeit nicht u ¨berschreiten, da sonst die Visualisierungsergebnisse durch Kapillarwellen verf¨alscht werden. Um h¨ohere Reynolds-Zahlen simulieren zu k¨onnen, m¨ ussen die Str¨omungsk¨orper vollst¨andig eingetaucht werden. In den n¨achsten Kapiteln werden verschiedene Techniken zur Sichtbarmachung von umstr¨omten K¨orpern sowohl in Wasser als auch in Luft beschrieben.

6.2.1

Laserlichtschnittverfahren

Bei der Sichtbarmachung der Str¨omung durch Beimischung von Partikeln (so genannte Tracer-Partikel) in Fl¨ ussigkeiten muss sichergestellt werden, dass diese Partikel eine langsame Sinkgeschwindigkeit besitzen und sich damit eine gen¨ ugend lange Zeit im Schwebezustand befinden. Dazu sollte ihr spezifisches Gewicht dem der Fl¨ ussigkeit entsprechen. Daher sind vergleichsweise große Polystyrolk¨ ugelchen (Durchmesser ca. 0,5 mm) oder relativ schwere Metallflitter als beigemischte oder aufgestreute Tracer geeignet. H¨aufig werden auch mit Spiritus entfettete Aluminiumflitter verwendet, um Wasserstr¨omungen sichtbar zu machen. Da sich die Flitter fortw¨ahrend zuf¨allig drehen, werden auf der Kamera Reflexionen unterschiedlicher Intensit¨at abgebildet. Gr¨oßere Geschwindigkeiten haben eine stabilisierende Wirkung, die Aufnahmen mit gleichm¨aßig reflektierenden Flittern erm¨oglicht. Als kleinere beigemischte Tracerpartikel kommen Lykopodiumsporen, Bimssteinpulver, Zaponlackk¨ ugelchen, Kunststoffk¨ ugelchen, Latexk¨ ugelchen, Glask¨ ugelchen und Gasbl¨aschen in Frage. Lykopodium ist eine Farnpflanzengattung. Die B¨arlappsporen mit Abmessungen zwischen 10 µm und 100 µm werden f¨ ur die verschiedensten technischen Anwendungen gesammelt. Infolge ihrer Gitternetzstruktur in Fußballform zeigen sie nur wenig Neigung zur Klumpenbildung. Zaponlackk¨ ugelchen k¨onnen dagegen selbst hergestellt werden. Sie bilden sich, wenn eine Emulsion von zwei Teilen Zaponlack und einem Teil Amylacetat in drei Teilen Wasser in ein Gef¨aß tropft, in dem ein scharfer Wasserstrahl Tropfen f¨ ur Tropfen extrahiert. Sehr gute Streulichteigenschaften haben Latex- und Glask¨ ugelchen (Durchmesser zwischen 0, 2 µm und 100 µm). Sie werden f¨ ur die Herstellung retrostreuender Projektionsw¨ande und Schilder in großen Mengen produziert und sind mit verschiedenen Beschichtungen versehen, so dass ein guter Reflexionsgrad und eine hohe Best¨andigkeit im Medium w¨ahlbar sind. F¨ ur Wasserstr¨omungen bieten sich Partikel an, die eine ¨ahnliche Dichte, wie Wasser besitzen, wie beispielsweise Polyamid-Pulver mit einer Dichte von 1,016 bis 1,06 g/cm3 bei einer Temperatur von 23◦ C. Als beigemischte Tracer-Partikel f¨ ur Luftstr¨omungen kommen vielerlei winzige Tr¨opf¨ opfchen kann man kalt durch Verspr¨ chen oder St¨aube in Frage. Oltr¨ uhen oder heiß durch Verdampfen und Rekondensieren des Dampfes im k¨alteren Gas erzeugen. Auch der durch Verschwelen entstehende Rauch besteht gr¨oßtenteils aus Tropfen von Rekondensation. Durch Verspr¨ uhen von w¨assrigen Salzl¨osungen k¨onnen feinste Kristalle erzeugt werden. Sie bilden sich, wenn das Wasser der Tr¨opfchen verdunstet. Feste Schwebeteilchen aus Metalloxyden entstehen, wenn Titan- oder Zinntetrachloriddampf in feuchte Luft geblasen wird. Da sie sich unter Abscheidung von Salzs¨aure bilden, kommt dieses Verfahren allerdings nur f¨ ur wenige Versuchsanlagen in Frage. Wenn Luft erst durch ein Gef¨aß mit Salzs¨aure und dann durch ein Gef¨aß mit Ammoniak gepumpt wird, bildet sich dichter weißer Ammoniumchloridrauch

160

6. Str¨omungssichtbarmachung

(N H3 + HCl −→ N H4 Cl). Alle bisher genannten Verfahren haben den Nachteil, dass eine genaue Dosierung der Partikelmenge schwer m¨oglich ist. In heißen Gasen m¨ ussen die Tracer einen ausreichend hohen Schmelzpunkt haben. Dabei ist darauf zu achten, dass das Reflexionsverhalten und der Teilchendurchmesser durch die Heißgase nicht ver¨andert werden, um ein gleichm¨aßiges Streusignal innerhalb der Messdauer zu erhalten. In reaktiven Str¨omungen, wie z.B. Triebwerksbrennkammern, m¨ ussen die Tracer zudem chemisch reaktionstr¨age sein. Typische Tracer-Matrialien sind daher T iO2 , Al2 O3 , SiC oder ZrO2 -Pulver, wobei sich die hohe Massendichte als sehr nachteilig erweisen kann. Um dennoch ein gutes Teilchenfolgeverm¨ogen zu gew¨ahrleisten, m¨ ussen sehr kleine Teilchendurchmesser verwendet werden, was sich wiederum nachteilig auf die emittierte Streulichtleistung auswirken kann. Um die Str¨omungsinformation an einem bestimmten Querschnitt zu erhalten, m¨ ussen das Str¨omungsfeld und die sich darin befindenden reflektierenden Partikel gut ausgeleuchtet werden. Der Hintergrund sollte mattschwarz gestaltet werden. Zur Ausleuchtung benutzt man h¨aufig Quecksilber- oder Halogenlampen, dessen Lichtstrahlen durch einen Spalt gef¨ uhrt eine Lichtebene senkrecht zur Aufnahmerichtung bilden. Das heute zur Ausleuchtung gebr¨auchlichste Verfahren stellt die Laserlichtschnitt-Technik dar. Dabei wird ein Laserstrahl im wesentlichen durch eine senkrechte Zylinderlinse in eine nahezu perfekte horizontale Lichtebene hoher Intensit¨at aufgespalten. Durch die Seitw¨artsstreueigenschaften der Tracer-Partikel lassen sich die Abbildungen der Teilchen mit einem geeigneten Aufnahmemedium (Kamera) erfassen.

Bild 6.7: Visualisierung einer Schlagbewegung mit Hilfe von Tracer-Partikeln in einem Laserlichtschnitt (nach K. Affeld) Als Beispiel der Visualisierung von Tracer-Partikeln mit dem Laserlichtschnittverfahren im Wasserkanal sind in Bild 6.7 die beiden Str¨omungszust¨ande zweier in ¨ einem Gelenk verbundener Platten beim Schließen (links) und beim Offnen (rechts) dargestellt. In diesem Versuch wurden die abgebildeten Wirbelstrukturen bei der Plattenbewegung untersucht, die dem Fortbewegungsmechanismus einer Muschel nachempfunden wurde. Man kann hier gut anhand der L¨ange der Partikelspuren qualitativ auf die ¨ortlich herrschende Geschwindigkeit schließen. Dies ist nat¨ urlich stark von der gew¨ahlten Belichtungszeit der Aufnahme und der Anzahl mehrfach belichteter Teilchenspuren abh¨angig (siehe auch Kap. 3.4.3). Durch eine Beschichtung der Teilchen mit einem fluoreszierenden Farbstoff l¨asst sich bei Verwendung geeigneter Laser der Kontrast der geimpften Str¨omung gegen¨ uber

6.2. Visualisierung durch Partikelzugabe

161

dem Hintergrund noch verst¨arken (Bild 6.8). Durch diese erh¨ohte Streulichtintensit¨at kann durch sehr kleine Blendenstufen am Kameraobjektiv die Tiefensch¨arfe erh¨oht und somit die Abbildungsgenauigkeit und die r¨aumliche Aufl¨osung verbessert werden.

Bild 6.8: Fluoreszierende Partikel im Laserlichtschnitt machen die Scherschichtwirbel in einem axialsymmetrischen Freistrahl sichtbar (Foto: J. Katz) Mit Hilfe der digitalen Kameratechnik ist eine sehr flexible Gestaltung der Aufnahmeparameter wie z.B. Belichtungsintervalle, Belichtungszeit und Mehrfachbelichtungen m¨oglich. Damit lassen sich sehr schnell (i.d.R. in Echtzeit) die optimalen Parameterkombinationen bestimmen, um Str¨omungsstrukturen wie in Bild 6.9 zu erfassen. Besonders bei der Sichtbarmachung von Scherschichten, in denen große Geschwindigkeitsgradienten auftreten, m¨ ussen bei Mehrfachbelichtungen hinsichtlich Belichtungszeiten und Intervalldauer oft Kompromisse eingegangen werden. Neben den Wirbelstrukturen lassen sich mit dieser Methode auch schon Geschwindigkeitsbetr¨age anhand der Partikelspuren im Bereich der Außenstr¨omung erfassen (Bild 6.9), die quantitative Erweiterung dieser Methode ist dann die Particle-Image-Velocimetry (PIV, Kap. 3.4.3). u0

Bild 6.9: Visualisierung der Str¨omungsabl¨osung mit typischen Querwirbeln in einem u ¨berkritischen ebenen Halbdiffusor

6.2.2

Farbfadenmethode

Bei der Farbfadenmethode werden Farbfl¨ ussigkeiten, z.B. in Form von Lebensmittelfarben, in ein Str¨omungsfeld eingeleitet. Der Turbulenzgrad des Kanals sollte dabei m¨oglichst gering sein, damit die einzelnen Farbtr¨opfchen nicht zerplatzen und durch Vermischungsvorg¨ange Informationen verloren gehen. Aus diesem Grunde werden h¨aufig Anfahrvorg¨ange visualisiert. Eingeleitet wird die Farbfl¨ ussigkeit, die sich in einem in der H¨ohe verstellbaren Farbreservoir befindet, meist durch eine d¨ unne, traversierbare Kan¨ ule mit einem Durchmesser von 0,5 bis 1,0 mm.

162

6. Str¨omungssichtbarmachung

Als Beispiel einer Visualisierung zeigt Bild 6.10 die Entwicklung von Scherschichtwirbeln in einer ebenen Mischungsschicht(Scherschichtparameter λ = 1, 15, konvektiv instabil). Hierbei wurde am Ende der Trennplatte zwischen beiden Plattengrenzschichten der Farbstoff eingeleitet. Das in den Wirbeln angereicherte Kontrastmittel (H-Milch) zeigt sehr deutlich das Aufrollen der Scherschicht zu Einzelwirbeln, das Anwachsen sowie auch das Verschmelzen der Wirbel. u1(y)

u2(y)

l0

2.l0

4.l0

Bild 6.10: Visualisierung der Scherschichtwirbel in einer ebenen Mischungsschicht durch Farbfaden (Negativbild) Eine andere Methode der Str¨omungsvisualisierung mit Farbf¨aden besteht darin, die meist in Versuchsmodellen vorhandenen Druckbohrungen f¨ ur die Einleitung von Farbfl¨ ussigkeiten zu nutzen. Bild 6.11 zeigt die sich einrollenden Wirbel auf der Oberseite des bereits in Bild 6.3 gezeigten Deltafl¨ ugels. Die Verwendung verschiedener Farben hebt die dreidimensionalen Effekte besonders hervor. Durch das Austreten der Farbe an verschiedenen Positionen des Modells lassen sich Position und Gr¨oße der von der Vorderkante abgehenden L¨angswirbel beobachten (s. auch Farbtafel 8 im Anhang).

Bild 6.11: Visualisierung von L¨angswirbeln an einem Deltafl¨ ugel mit zwei Fl¨ ussigkeiten unterschiedlicher Farbe (Foto: VKI) Die der Farbfadenmethode entsprechende Visualisierungsmethode f¨ ur Luftstr¨omungen besteht in der Einleitung von Rauch oder Nebel in das Str¨omungsfeld. Bekannteste Beispiele hierf¨ ur sind die Untersuchungen an Fahrzeugen, die meist mit einem traversierbaren Nebelrohr oder einer manuell gef¨ uhrten Rauchlanze durchgef¨ uhrt werden (Bild 6.12). Diese Untersuchungen sind wegen der o.g. Gr¨ unde nur in sehr turbulenzarmen Windkan¨alen m¨oglich. Bei sehr großen Kontraktionsverh¨altnissen von Windkanald¨ usen k¨onnen allerdings auch Nebelvisualisierungen bis in den supersonischen Bereich durchgef¨ uhrt werden.

6.2. Visualisierung durch Partikelzugabe

163

Bild 6.12: Rauchvisualisierung mit einer Rauchlanze an einem Rennwagen im Windkanal der Motor Industry Research Ass. (Foto: MIRA) ¨ Ahnlich wie bei der Farbfadenmethode in Fl¨ ussigkeiten kann auch der Rauch an verschiedenen Stellen des Modells oder aus einer speziellen Rauchsonde austreten, um mehr Informationen aus dem Str¨omungsfeld zu erhalten. In der Automobilindustrie hat sich dabei der Rauchrechen etabliert. Das Beispiel in Bild 6.13 zeigt einen Sportwagen (Mercedes-Benz, 1955) mit aktiver Luftbremse hinter dem Fahrer und das sich einstellende Str¨omungsfeld in Form von Streichlinien. Durch diese Bremsklappe wird der Widerstandsbeiwert von cW = 0, 44 auf cW = 1, 09 erh¨oht, was im Nachlauf durch eine massive Abl¨osung sichtbar wird.

Bild 6.13: Rauchvisualisierung mit einem Rauchrechen an einem MercedesSportwagen SLR im Windkanal (Foto: Mercedes-Benz)

6.2.3

Elektrochemische Visualisierungsverfahren

6.2.3.1

Wasserstoffblasentechnik in Wasserstr¨ omungen

Der Einsatz elektrochemischer Verfahren in Wasserstr¨omungen geht zur¨ uck auf die Tellur-Methode. Das zugrunde liegende Prinzip dieses Verfahrens ist die Elektrolyse, bei der das Wasser selbst als Elektrolyt dient. Dazu wird ein in Wasser gespannter Tellurdraht mit einem elektrischen Impuls von einigen Millisekunden Dauer beaufschlagt. Der Draht dient hierbei als Kathode, und eine beliebige andere Anode wird

164

6. Str¨omungssichtbarmachung

im Wasserkanal plaziert. Durch den Stromstoß werden Tellurionen aus dem Draht herausgel¨ost. Diese reagieren in einer weiteren Reaktion mit dem im Wasser vorhandenen Sauerstoff zu einer schwarzen Suspension (sogenanntes kolloidales Tellur), die mit der Str¨omung mitschwimmt und somit zur Sichtbarmachung verwendet werden kann. Die heute gebr¨auchlichste Methode der Wasserstoffblasentechnik ist die einfache Weiterentwicklung der Tellur-Methode und basiert auf der Elektrolyse des Wassers selbst (Autoprotolyse): Wenn eine Gleichspannung zwischen zwei Elektroden in Wasser angelegt wird, entstehen an der Kathode Wasserstoffbl¨aschen und an der Anode Sauerstoffbl¨aschen. Die Wasserstoffbl¨aschen sind sehr viel kleiner als die des Sauerstoffs und dienen in Wasserstr¨omungen als Tracer-Partikel. Die Gr¨oße der erzeugten Wasserstoffblasen ist dabei prim¨ar vom Durchmesser des Kathodendrahtes abh¨angig. Er sollte m¨oglichst klein gew¨ahlt werden, da einerseits kleine Bl¨aschen besser der Str¨omung folgen und langsamer nach oben steigen, andererseits bietet ein d¨ unner Draht f¨ ur die einzelnen Bl¨aschen nur eine kleine Adh¨asionsfl¨ache, so dass die Blasen fr¨ uhzeitig bei kleinem Blasenradius von der Str¨omung mitgerissen werden. Funktionsgenerator Anode (Cu)

Gleichspannungsquelle

Strömungskörper

u0 DtDauer Polwechselschalter Kathode (Platindraht)

DtAbstand

Bild 6.14: Prinzip der Wasserstoffblasentechnik Ein anderes wichtiges Kriterium f¨ ur die Auswahl des Drahtdurchmessers ist die Zeitspanne, nach der der Blasenfluss einsetzt. Der Kathodendraht wird meistens gepulst, um scharfe Zeitlinien zu erzeugen. Daher muss nach pl¨otzlichem Zu- oder Abschalten des Potentials der Blasenfluss sofort einsetzen bzw. stoppen. Bew¨ahrt haben sich Dr¨ahte mit einem Durchmesser von 10 bis 50 µm, die in einem Gleichspannungsbereich von ca. 20-60 V gepulst werden. Die Handhabung dieser d¨ unnen Dr¨ahte erfordert einige Erfahrung. Sie m¨ ussen regelm¨aßig gereinigt werden, was jedoch durch einfaches Umpolen geschehen kann. In diesem Fall arbeitet der Draht im Anodenbetrieb, wobei sich vom Draht Sauerstoffbl¨aschen abl¨osen, die jedoch wegen ihres gr¨oßeren Durchmessers und damit gr¨oßeren Auftriebs nur bedingt zur Visualisierung verwendet werden k¨onnen. Zur Erzeugung paralleler Blasenreihen (Bild 6.15, rechts) kann ein durch zwei Zahnr¨ader gezogener Draht verwendet werden. L¨angs des gesamten Drahtes entstehen Wasserstoffblasen, diese wandern jedoch zu den Schleifenenden und l¨osen sich dort ab. Eine andere Methode stellt die teilweise Isolierung des Kathodendrahtes dar. Es ist jedoch aufgrund der geringen Drahtdurchmesser schwierig, ¨aquidistante Abschnitte zu erzeugen, an denen die Blasen vom Draht abl¨osen. Mit Hilfe der Digitalisierung einzelner Bilder oder Bildsequenzen ist bei der Wasserstoffblasentechnik mit periodischer (gepulster) Elektrolysespannung auch eine quan-

6.2. Visualisierung durch Partikelzugabe

165

Bild 6.15: Wirbelstrukturen in einer abgel¨osten Str¨omung bei ReL = 5000 durch Wasserstoffblasen sichtbar gemacht: Gepulste Kathode (links) und kontinuierlicher Betrieb (rechts) titative Auswertung der Visualisierung m¨oglich. Bildgebende Messverfahren wie die Particle-Image-Velocimetry (PIV, Kap. 3.4.3) liefern hierf¨ ur die notwendigen Analysealgorithmen. Aus der Verschiebung der H2 -Blasen oder der Blasenfronten k¨onnen Geschwindigkeitsvektoren durch Korrelationsverfahren ermittelt werden (Hydrogen Bubble Image Velocimetry - HBIV). Dabei muss die zeitliche Pulsfolge mit den Kamerabildsequenzen genau abgestimmt werden. Ein vorhandenes PIV-System ist aufgrund der vorhandenen Synchronisiereinheit optimal als messtechnische Erweiterung ur die notwendigen f¨ ur diese Methode geeignet. Die H2 -Blasentechnik liefert hierf¨ Partikelabbildungen in der Str¨omung, ohne das Wasser zu verunreinigen (Bild 6.16).

Bild 6.16: Kombination der gepulsten H2 -Blasenmethode mit PIVAuswertealgorithmen zur Bestimmung von Geschwindigkeitsfeldern 6.2.3.2

Rauchdrahtmethode in Luftstr¨ omungen

Ein h¨aufig in Luftstr¨omungen angewandtes elektrochemisches Visualisierungsverfahren stellt die Rauchdrahtmethode dar. Bei dieser Methode wird, ¨ahnlich der Wasser¨ bestrichener Draht senkrecht stoffblasenmethode in Fl¨ ussigkeiten, ein d¨ unner, mit Ol ¨ in die Luftstr¨omung eingebracht und durch kurzzeitige Strompulse geheizt. Das Ol bildet auf dem Draht wegen seiner hohen Oberfl¨achenspannung kleine Tr¨opfchen, die infolge des Strompulses in ein Aerosol aus Gas und Rauch umgewandelt werden und mit der Str¨omung in Form d¨ unner Rauchf¨aden mitschwimmen. Die optimale Dicke des Rauchdrahtes ist bei dieser Visualisierungsmethode eine Funktion der Str¨omungsgeschwindigkeit. Bew¨ahrt haben sich Dr¨ahte aus Wolfram ¨ mit Durchmessern bis 0,1 mm bei Str¨omungsgeschwindigkeiten bis 15 m/s. Als Ol

166

6. Str¨omungssichtbarmachung

empfiehlt sich ein Gemisch aus Silikon¨ol und Petroleum, und beim Auftragen ist ei¨ nige Sorgfalt erforderlich. So muss der Olfilm gleichmm¨aßig aufgebracht werden, und ¨ opfchen d¨ die Oltr¨ urfen nicht zu groß sein, weil der daraus erzeugte Rauch sonst zum Aufplatzen neigt. Eine elegante L¨osung stellen kleine Dosierpumpen dar, die u ¨ber eine Zuleitung direkt mit dem Draht verbunden sind. Dadurch ist ein zeitlich genau gesteuertes Benetzen des Rauchdrahts m¨oglich. Die Herstellung farbigen Rauches ist ¨ durch Hinzuf¨ ugen verschiedener Zus¨atze in das Olgemisch ebenfalls m¨oglich.

Bild 6.17: Beispiele zur Rauchdrahtvisualisierung. Oben: Scherschichtinstabilit¨aten hinter einem Kegel, Unten: Sichtbarmachung von L¨angswirbeln an einem Deltafl¨ ugel (nach A. Leder) Als Beispiel zur Rauchdrahtvisualisierung ist in Bild 6.17 die Umstr¨omung eines 50◦ -Kegels (Re = 1 · 104 ) dargestellt. Im Nachlauf des K¨orpers sind die Instabilit¨atswellen der axialsymmetrischen Scherschicht sehr gut zu erkennen. Hier ist der Rauchdraht in Form einer runden Schleife ausgebildet, d.h. die Lage des Drahtes wurde der Str¨omungskonfiguration sinnvoll angepasst. In Bild 6.17, unten sind die L¨angswirbel eines angestellten Deltafl¨ ugels entsprechend den Bildern 6.3 und 6.11 durch zwei Rauchdr¨ahte visualisiert, die entlang der Vorderkante gespannt sind. Wie schon die beiden anderen L¨angswirbel-Visualisierungen gezeigt haben, sind die Wirbel u ugel sehr stabil und zerfallen erst stromab der Fl¨ ugelhinterkanten. ¨ber dem Fl¨ Der Wirbelzerfall ist durch sehr starke Impulsaustauschvorg¨ange mit der Außenstr¨omung charakterisiert, die durch eine großfl¨achige Verteilung der Rauchpartikel sichtbar werden.

6.3. Optische Verfahren

167

Bild 6.18 zeigt eine Rauchdrahtvisualisierung aus dem Bereich der Bionik. Anhand dieser Rauchdrahtvisualisierungen an einem Star (lat. Sturnus vulgaris) konnte die in Kraftmessungen ermittelte Verringerung des aerodynamischen Widerstandes des Modellk¨orpers gegen¨ uber dem Vogelk¨orper aufgekl¨art werden: Der Nachlauf des Star-Modells (Bild 6.18 rechts) und die Dicke der Grenzschicht ist deutlich schw¨acher ausgepr¨agt. Diese Untersuchungen zeigen also, dass es durch eine vereinfachte Modellbildung nicht immer m¨oglich ist, den originalen Str¨omungszustand nachzubilden.

Bild 6.18: Rauchdrahtvisualisierung der Umstr¨omung eines Vogels (Star, lat. Sturnus vulgaris) am Originalk¨orper (links) und am Modell (rechts) (nach Maybury)

6.3

Optische Verfahren

Das Grundprinzip der in der experimentellen Str¨omungsmechanik angewandten optischen Verfahren beruht darauf, dass Dichteunterschiede oder Dichtegradienten in ¨ einem Fluid eine Anderung des optischen Brechungsindex zur Folge haben. Wird ein paralleles Lichtstrahlenb¨ undel durch ein Str¨omungsfeld ver¨anderlicher Dichte gef¨ uhrt, so werden einzelne Lichtstrahlen abgelenkt und phasenverschoben. Die Ablenkung der Lichtstrahlen wird beim Schatten- und Schlierenverfahren zur Visualisierung genutzt. Durch die sich gleichzeitig ergebende Phasenverschiebung ist es m¨oglich, die gest¨orten Strahlen einer koh¨arenten, monochromatischen Lichtquelle (Laser) mit einem ungest¨orten Referenzstrahl zur Interferenz zu bringen. Dabei entstehende Interferenzmuster sind direkt proportional zur ¨ortlichen Dichte¨anderung. Nachfolgend werden beide Verfahren beschrieben und diskutiert.

6.3.1

Schlieren-/ Schattenverfahren

Der prinzipielle Aufbau einer Schlierenanlage ist in Bild 6.19 dargestellt. Dabei handelt es sich um die Toeplersche Z-Anordnung. Als Lichtquelle werden meist Hochdruckgasentladungslampen mit thermisch weißem Licht benutzt. Das Licht wird in einer Sammellinse geb¨ undelt und passiert dann eine Spaltblende mit beidseitiger ¨ Schneide. Uber einen Planspiegel wird der Strahl zu einem Konkavspiegel geleitet, der sich genau im Brennweitenabstand zur Lichtquelle befindet. Damit wird ein paralleles Lichtb¨ undel in der Gr¨oße des Konkavspiegels erzeugt. Dieses B¨ undel wird durch die Messstrecke gef¨ uhrt, wo die einzelnen Lichtstrahlen in Zonen unterschiedlicher Dichte verschieden gebrochen werden (hier angedeutet durch die gestrichelte

168

6. Str¨omungssichtbarmachung

Linie). Auf der anderen Seite der Messstrecke gelangt das Licht erneut in einen Konkavspiegel gleicher Brennweite, wird dann u ¨ber einen Planspiegel fokussiert und erzeugt ein Abbild der Lichtquelle in seiner Brennebene. Im Brennpunkt befindet sich dann eine Blende mit einseitiger Schneide, die eine H¨alfte des Lichtb¨ undels abdeckt. Dahinter folgt eine Sammellinse, die das Bild des Str¨omungsfeldes auf eine Mattscheibe projiziert oder direkt in eine Kamera leitet. Planspiegel Glasfenster Konkavspiegel

M:

Schneide

Sammellinse

Profil

Mattscheibe

Konkavspiegel

Hochdrucklampe

Prisma Sammellinse Spaltblende

Planspiegel

Messstrecke

Bild 6.19: Prinzipieller Aufbau einer Schlierenanlage in der Toeplerschen ZAnordnung Die Abbildung der Dichtegradienten ergibt sich nun dadurch, dass das ungebrochene Licht durch die zweite Blende abgeschnitten wird und nur die infolge von Dichteunterschieden im Fluid gebrochenen Strahlen die Schneide passieren k¨onnen. Damit werden Bereiche im Str¨omungsfeld mit positiven Dichtegradienten aufgehellt und solche mit negativen Gradienten verdunkelt. Wie man jedoch die Richtung des Gradienten definiert, h¨angt nat¨ urlich von der Stellung der Schlierenblende ab. Ist in der Messstrecke kein Dichtegradient vorhanden, so wird die Lichtintensit¨at durch die Schlierenblende lediglich geschw¨acht. Das Schattenverfahren stellt eine Untermenge des Schlierenverfahrens dar. Im Gegensatz zum Schlierenverfahren werden beim Schattenverfahren keine Blenden eingesetzt. Die Messstrecke wird lediglich mit parallelem Licht durchleuchtet, worauf sich dann auf der Mattscheibe sowohl das Abbild der ungebrochenen als auch der gebrochenen Strahlen wiederfindet. Damit ist das Schattenverfahren weitaus unempfindlicher als das Schlierenverfahren, das in der aerodynamischen Anwendung meist bevorzugt wird. Dichteunterschiede in Str¨omungsfeldern treten vor allem in kompressiblen Str¨omungen auf. Sie k¨onnen aber auch in stark temperaturbeaufschlagten Str¨omungen oder in Zweiphasenstr¨omungen durch Konzentrationsunterschiede auftreten. Insbesondere beim Auftreten von Verdichtungsst¨oßen in Hochgeschwindigkeitsstr¨omungen kommt es zu signifikanten Dichtespr¨ ungen, die bevorzugt mit der Schlierentechnik visualisiert werden. In Bild 6.20 ist ein 1:50-Modell eines Raumgleiters mit externen Treibstofftanks dargestellt, das im Windkanal der von Karman Gas Dynamic Faci¨ lity (VKF) des Arnold Engineering Development Centers bei Uberschallanstr¨ omung

6.3. Optische Verfahren

169

(M∞ > 3, 5) untersucht wurde. Das Schlierenbild zeigt die von der Orbiternase und von der Tankspitze ausgehenden Verdichtungsst¨oße und deren Ausbreitung. Eine Interaktion der St¨oße wird besonders im Bereich der Raumgleitercockpitscheibe und ¨ im Ubergangsbereich zwischen Orbiter und externem Tank sichtbar.

Bild 6.20: Stoßkonfiguration an einem Orbiter (Foto: NASA) ¨ Schlierenaufnahmen eignen sich besonders auch f¨ ur eine Analyse komplexer Uberschallstr¨omungen. Derartige Str¨omungsfelder treten z.B. durch die Wechselwirkung von Verdichtungsst¨oßen mit Abl¨osegebieten und den daraus resultierenden Scher¨ schichten auf. Bild 6.21 zeigt dazu zwei Beispiele, und zwar die Uberschallumstr¨ omung eines Prismas und die Flugaufnahme einer Kugel. Durch die Stoßwelle kommt es beim Passieren der Keilbasis des Prismas (nach der Machreflexion) in Bild 6.21 (links) zu einer Str¨omungsabl¨osung. Die sich aufrollende Scherschicht l¨ost dabei beim Zusammentreffen bizarre Stoßmuster im Nachlauf des K¨orpers aus. Bemerkenswert ist die ausgesprochen starke Symmetrie der Stoßwellen. Auf dem Bild 6.21 (rechts) ist das Bild einer Kugel zu sehen, die waagerecht u ¨ber eine Lochplatte geschossen wird. Der Verdichtungsstoß ist im Kopfbereich abgel¨ost und der Druck des Schr¨agstoßes erzeugt unter der Platte einen klassischen Mach’schen Kegel. Ein großer Teil des Schr¨agstoßes wird an der Platte reflektiert und interagiert mit dem Nachlauf der Kugel.

Bild 6.21: Interaktion von Verdichtungsst¨oßen mit den abgel¨osten Scherschichten an einem Prisma (links) und abgel¨oste Kopfwelle einer Kugel, die waagerecht u ¨ber eine Lochplatte geschossen wird (M∞ ≈ 3, rechts) (Foto: Schardin)

170

6. Str¨omungssichtbarmachung

In der oben beschriebenen Anordnung liefert die Toeplersche Schlierenanlage schwarzweiße Schlieren mit signifikanten Helligkeitsunterschieden. Meist sind jedoch Farbschlieren viel anschaulicher als Grauabstufungen. Ordnet man in den Strahlengang hinter der Spaltblende ein Prisma an, so wird das weiße Licht in seine Spektralfarben aufgespalten, und die schwarz-weißen Schlieren k¨onnen dann farbig wiedergegeben werden. Durch Drehen des Prismas in der Strahlachse kann die Farbe entsprechend der Spektralverteilung ge¨andert werden. Eine andere Methode, Farbschlieren zu erzeugen, besteht darin, anstatt der Schlierenblende ein Farbstreifenfilter bestehend aus einem gr¨ unen Streifen in der Mitte sowie roten und blauen Streifen außen zu verwenden. Derartige Farbstreifenfilter k¨onnen erzeugt werden, indem eine solche Konfiguration mit Hilfe eines Positiv-Films fotografiert wird. Die Methode der Schatten- und Schlierentechnik wird, wie an den obigen Beispielen gezeigt, fast ausschließlich in Laborversuchen (Windkanaluntersuchungen) angewendet, bei denen die Dichtegradienten des str¨omenden Mediums innerhalb der Schlierenoptik (Bild 6.19) sichtbar gemacht werden k¨onnen. Diese M¨oglichkeit bietet sich jedoch auch in der Luft der Atmosph¨are. Das bekannteste Ph¨anomen hierf¨ ur ist die Fatamorgana, bei der es infolge hoher Temperaturen in Bodenn¨ahe zu Dichteschwankungen in der Luft und damit zu optisch verzerrten Erscheinungen kommt. Diese Erscheinungen sind auch in den Abgasstrahlen von Triebwerken zu beobachten. Leonard Weinstein (NASA Langley) hat diese nat¨ urliche” Schlierentechnik in ” Verbindung mit einem Teleskop auch f¨ ur Anwendungen im Freien untersucht. Eines der wohl spektakul¨arsten Bilder (6.22) zeigt die Verdichtungsst¨oße am Flugzeug T-38 im freien Flug (M a∞ ≈ 1, 1 in 13.000 ft Flugh¨ohe). Der Bildbereich dieser Aufnahme erstreckt sich bis zu 80 m in der Breite.

Bild 6.22: Schlierenaufnahme einer T-38 im Freiflug bei M∞ ≈ 1.1 (Foto: Weinstein, NASA) Als weiteres Beispiel sind in Bild 6.23 sind die Verdichtungsst¨oße und Kompressionswellen an einem Maglev-Modell bei M∞ ≈ 1, 8 gezeigt. Diese Untersuchungen wurden mit einer zus¨atzlichen vertikalen Lichtquelle und einer daran angepassten Schlierenblende auf einem Raketenschlitten mit Linearbeschleunigern durchgef¨ uhrt. Die Stoßlagen im Nasenbereich sind hier ebenso deutlich zu erkennen, wie in Windkanalversuchen.

6.3. Optische Verfahren

171

Bild 6.23: Maglev-Modell auf dem Hochgeschwindigkeitspr¨ ufstand der Holloman AFB, M∞ ≈ 1.8 (Foto: Weinstein, NASA)

6.3.2

Interferometrie

Bei dem Mach-Zehnder-Interferenzverfahren wird im Gegensatz zum Schlierenverfahren der Lichtweg einer Lichtquelle verzweigt. Ein koh¨arenter Lichtstrahl wird durch die Messstrecke gef¨ uhrt, w¨ahrend der andere ungest¨ort an der Messstrecke vorbeigef¨ uhrt wird. Die beiden Strahlen werden dann im weiteren Verlauf wieder vereinigt, und dabei treten beim Vorhandensein von Dichtegradienten Gangunterschiede auf, die auf der Mattscheibe als Interferenzstreifen in Erscheinung treten. In Bild 6.24 ist der prinzipielle Aufbau eines Mach-Zehnder-Interferometers als Erweiterung einer Schlierenanlage dargestellt. Als Lichtquelle wurden fr¨ uher Hochdrucklampen verwendet. In der heutigen Zeit werden vorwiegend Laser eingesetzt, weil deren Licht eine weitaus h¨ohere Koh¨arenzl¨ange aufweist (Wegl¨ange, u ¨ber die die einzelnen Lichtstrahlen phasengleich sind) als das Licht von Hochdrucklampen. Durch die Verwendung von Lasern ist die Ausrichtung der Anlage auch wesentlich einfacher. Der Laserstrahl wird u ¨ber eine Sammellinse durch eine Lochblende (Pinhole) geleitet, deren Durchmesser abh¨angig vom Durchmesser des benutzten Laserstrahles und von seiner Divergenz ist. Typische Durchmesser f¨ ur einen He-Ne-Laser betragen ca. 20-30 µm. Die Lochblende liegt im Brennpunkt eines Konkavspiegels im vergleichbaren Schlierenaufbau (siehe Bild 6.19) und verl¨asst diesen als paralleles Strahlenb¨ undel. Im weiteren Verlauf passiert das Licht eine Teilerplatte (halbdurchl¨assiger Spiegel), wodurch es in zwei Teilstrahlen aufgespalten wird. Der eine Strahl wird (am Objekt vorbei) durch die Messstrecke in einen Planspiegel gef¨ uhrt und der andere an der Messstrecke vorbei ebenfalls in einen Planspiegel. In einer zweiten Teilerplatte werden die beiden Teilstrahlen wieder vereinigt und auf eine Mattscheibe projiziert. Manchmal ist es bei aerodynamischen Anwendungen von Vorteil, den ungest¨orten Strahl durch eine Referenzkammer einstellbarer Dichte oder, wie in Bild 6.24 angedeutet, durch Kompensatorplatten zu leiten. Sind in der oben beschriebenen Anordnung alle vier Spiegel exakt parallel ausgerichtet und ist das Dichtefeld homogen (ruhendes Gas in der Messstrecke), so haben die auf die Mattscheibe projizierten Lichtstrahlen alle den gleichen Gangunterschied, und es ergibt sich ein gleichm¨aßig beleuchtetes Bild. Ist in der Messstrecke ein Dichtegradient vorhanden, werden die durch die Messstrecke laufenden Strahlen gebrochen und interferieren mit den ungest¨orten Strahlen, worauf auf der Mattscheibe dunkle

172

6. Str¨omungssichtbarmachung

Bereiche gleichen Gangunterschiedes also gleicher Dichte erscheinen. Bei der praktischen Anwendung erzeugt man schon im ungest¨orten Fall ein k¨ unstliches, paralleles Interferenzstreifenmuster, indem man einen oder mehrere Spiegel um einen kleinen Winkel  aus der Interferometerebene kippt. Dabei erh¨alt man ein wesentlich leichter auswertbares Bild. Bei bekannter Wellenl¨ange λ des Lasers ist der sich ergebende Streifenabstand definiert durch α = λ/. Beim Durchgang der Strahlen durch ein Dichtefeld deformieren sich diese Interferenzstreifen, und ihre Ablenkung aus der parallelen Referenzlage ist der an dem Ort herrschenden Dichte proportional.

Planspiegel

Kompensatorplatten Strahlteiler

M:

Pinhole

Mattscheibe

Laser

Sammellinse

Strahlteiler

Planspiegel

Profil

Messstrecke

Bild 6.24: Prinzipieller Aufbau eines Mach-Zehnder-Interferometers als Erweiterung einer Schlierenanlage Ein ganz einfaches Anwendungsbeispiel ist in Bild 6.25 dargestellt. Der Docht einer brennenden Kerze befindet sich im Strahlengang eines Interferometers, das jeweils 10 bzw. 20 parallele Streifen in der Referenzlage aufweist. Die Ablenkung der Streifen, aufgrund der temperaturbedingten Dichtegradienten, wird in beiden Bildern deutlich. Je mehr Streifen vorhanden sind, desto kleiner wird jedoch die Ablenkung im Interferogramm. Auf der anderen Seite sind bei enger angeordneten Streifenmustern mehr Details der Str¨omung zu erkennen, wie z.B. die Kr¨ ummung der Streifen in der Dochtmitte (Bild 6.25, unten).

Bild 6.25: Interferogramm einer Kerze bei einer unterschiedlichen Anzahl von Referenzstreifen: links 10 Streifen, rechts: 20 Streifen

6.3. Optische Verfahren

173

Ein Problem bei der praktischen Anwendung der Interferometrie bei aerodynamischen Untersuchungen in Windkan¨alen besteht in der erforderlichen G¨ ute der verwendeten Windkanalscheiben. Diese m¨ ussen exakt planparallel angeordnet sein und eine sehr hohe optische Qualit¨at besitzen, damit eine interferometrische Aufnahme nicht die Inhomogenit¨aten der Scheiben selbst wiedergibt. Um eine Absorption des Lichtes auszugleichen, sind im zweiten Strahlengang h¨aufig Scheiben gleicher Dicke als Kompensator angeordnet. Bei aerodynamischen Anwendungen wird die Interferometrie vorwiegend in transsonischen, supersonischen bis hin zu hypersonischen Str¨omungen eingesetzt. Oftmals stellt die Interferometrie die einzige quantitative Messmethode in hypersonischen ¨ Str¨omungen dar. In Bild 6.26 sind zwei Beispiele zu Anwendungen in Uberschallstr¨omungen gezeigt. In beiden F¨allen sind die abgel¨osten Kopfwellen eines stumpfen K¨orpers bei M∞ = 2, 2 bzw. einer Kugel bei M∞ = 10 sehr gut zu erkennen. Im Fall des stumpfen K¨orpers wurden drei waagerechte Streifen in der Referenzlage eingestellt. Details der Str¨omung, verursacht durch die hohen Dichtegradienten u ¨ber den geraden Verdichtungsstoß im vorderen Teil der Kopfwelle im Unterschallgebiet, sind gut sichtbar, ebenso wie die Expansionswellen an den Ecken und der Hinterkante. Bei der Umstr¨omung der Kugel wurden f¨ ur die Aufnahme sehr viel mehr Streifen eingestellt, so dass die Dichtegradienten der Kopfwelle besonders deutlich hervortreten.

Bild 6.26: Anwendungsbeispiele zur Interferometrie in super- und hypersonischer Str¨omung; Kopfwellen eines stumpfen K¨orpers bei M∞ =2,2 und einer Kugel bei M∞ =10 (nach J. D. Trolinger) Wegen seines Aufbaus mit der Referenzstrahlf¨ uhrung um die Messstrecke herum ist das Mach-Zehnder-Interferometer außerordentlich empfindlich gegen¨ uber Ersch¨ utterungen oder Schwingungen. Das Gestell zur Aufnahme der Optik muss daher sehr stabil gebaut sein, und damit sind diese Anlagen relativ aufwendig. Beim Schliereninterferometer, auch Differentialinterferometer genannt, ist die Trennung der beiden Lichtwege entbehrlich. Stattdessen laufen zwei parallel gegeneinander versetzte Lichtstrahlen durch die Messstrecke und interferieren bei Vorhandensein von Dichtegradienten miteinander. Die Aufspaltung der Lichtstrahlen kann in der Toeplerschen Z-Anordnung einer Schlierenanlage (vgl. Bild 6.19) durch zwei Wollaston-Prismen vorgenommen werden. Anstelle einer Hochdrucklampe wird wieder ein Laserstrahl benutzt. Das erste Wollaston-Prisma befindet sich dann an der Position der Schlierenblende und spaltet den Laserstrahl in zwei Teilstrahlen. Das zweite Prisma ist

174

6. Str¨omungssichtbarmachung

im hinteren Teil der Anlage anstelle der Schneide angeordnet und vereinigt die zwei Teilstrahlen erneut. Da beide Teilstrahlen nicht die gleiche Position in der Messstrecke passieren, erfahren sie eine unterschiedliche Phasenverschiebung, und durch diese Differenz interferieren die Teilstrahlen miteinander. Diese Ausf¨ uhrung des Interferometers ist ¨ahnlich wie eine Schlierenanlage unempfindlich gegen¨ uber Ersch¨ utterungen, weil die beiden Strahlen nicht durch getrennte optische Komponenten sondern unmittelbar nebeneinander verlaufen. Als weitere typische Anwendungsf¨alle sind im Folgenden Interferogramme bei transsonischer Profilumstr¨omung dargestellt. Das Bild 6.27 zeigt die Umstr¨omung eines symmetrischen Profils bei einem Anstellwinkel von α ≈ 8◦ . Deutlich zu erkennen sind ¨ die hohen Dichtegradienten bei der Beschleunigung der Str¨omung in den Uberschall sowie der Verdichtungsstoß auf der Profiloberseite, der zu einer stoßinduzierten Str¨omungsabl¨osung f¨ uhrt. Die leichte Welligkeit in den Interferenzstreifen im Nachlauf kennzeichnet die abgel¨oste Scherschicht in diesem Bereich.

Bild 6.27: Interferogramm (Foto: NASA)

der

Umstr¨omung

eines

transsonischen

Profils

In Bild 6.28 ist das Interferogramm einer zweidimensionalen Turbinenkaskade bei transsonischer Durchstr¨omung dargestellt. Die Beschleunigung der Str¨omung vom vorderen Staupunkt bis zum Erreichen schallnaher Geschwindigkeiten im Bereich der Hinterkanten ist aufgrund der großen Dichtegradienten gut zu erkennen. In der N¨ahe der Hinterkanten wird auch die Lage der St¨oße anhand der der sprunghaften ¨ Anderungen im Streifenmuster sehr deutlich. Mit Laser-Interferogrammen k¨onnen aber nicht nur qualitative Aussagen u ¨ber die Dichtegradienten im Str¨omungsfeld gemacht werden, sondern es lassen sich auch quantitative Gr¨oßen, wie beispielsweise die Temperaturverteilung um einen Str¨omungsk¨orper erfassen. Grundlage hierf¨ ur ist die Abh¨angigkeit des Brechungsindex von der Wellenl¨ange des einfallenden Lichtes.

6.3. Optische Verfahren

175

Bild 6.28: Dichtegradienten an einer zweidimensionalen Turbinenkaskade (OEL, Warwick)

340 K

340 K

640 K 980 K 1320 K 2050 K 2300 K 2050 K 1320 K 980 K 640 K

Verwendet man f¨ ur das Interferometer einen zweiten Laser mit einer anderen Wellenl¨ange, der koaxial u ¨ber den Strahlengang des ersten gelegt wird, dann erh¨alt man zwei Interferogramme, die einen Phasenversatz aufweisen. Aus diesem Phasenversatz kann dann die Temperaturverteilung ermittelt werden, wie in Bild 6.29 f¨ ur den Fall eines por¨osen Zylinders, aus dem eine Hexanflamme austritt, dargestellt ist . Auf der linken Seite des Bildes sind die gleichzeitig aufgenommenen Interferogramme zu sehen, wobei links das Interferogramm eines blauen Lasers (λ = 457, 9 nm) und rechts das eines roten Lasers (λ = 632, 8 nm) gegen¨ ubergestellt ist. Da die Phasendifferenzen sehr klein sind, muss der Wellenl¨angenabstand groß gew¨ahlt werden. Auf der rechten Seite des Bildes ist das errechnete Temperaturfeld mit den Isothermen dargestellt.

5 mm

Bild 6.29: Zwei simultan aufgenommene Interferogramme mit unterschiedlicher Laserwellenl¨ange in einer Flamme (links) und die resultierende Temperaturverteilung (Isotherme, rechts) (nach F. Mayinger)

176

6. Str¨omungssichtbarmachung

Weiterfu ¨ hrende Literatur Carbonaro, M. (1994), Flow Visualizations.” In: Measurement Techniques in ” Fluid Dynamics – an Introduction, VKI Lecture Series. Hucho, W.-H. (1994), Aerodynamik des Automobils. Springer-Verlag, Berlin. Maltby, R. L. (1962), Flow Visualization in Wind Tunnels Using Indicators.” In: ” AGARD Flight Test Instrumentation Series, (AGARDograph 70). Mayinger, F. (2001), Optical Measurements - Techniques and Applications. Springer-Verlag, 2 Auflage. Merzkirch, W. (1987), Flow Visualization. Academic Press Inc. Merzkirch, W. & Gersten, K. (1987), Techniques of Flow Visualization.” In: ” AGARD Flight Test Instrumentation Series, (AGARDograph 302). Oertel sen., H. & Oertel jun., H. (1989), Optische Str¨ omungsmesstechnik. G. Braun, Karlsruhe. Trolinger, J. D. & Ginoux, J. J. (1988), Flow Diagnostics.” In: AGARD Flight ” Test Instrumentation Series, (AGARDograph 296). Van Dyke, M. (1982), An Album of Fluid Motion. The Parabolic Press, Stanford.

7. Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik Bei Grenzschichtmessungen, speziell bei Geschwindigkeits- oder Druckmessungen in unmittelbarer N¨ahe fester W¨ande, k¨onnen einige zus¨atzliche messtechnische Probleme auftreten, beispielsweise aus fluidmechanischen oder auch thermodynamischen Interferenzen zwischen den jeweiligen Messsonden und der K¨orperwand. Dar¨ uber hinaus k¨onnen sich auch aus dem str¨omungsmechanischen Zustand einer Wandgrenzschicht zus¨atzliche Messprobleme ergeben, zum Beispiel bei Geschwindigkeits- oder auch Wandschubspannungsmessungen in Str¨omungen mit Abl¨osung. Auf die damit verbundenen messtechnischen Probleme soll nachstehend eingegangen werden.

7.1

Wandinterferenzen bei Geschwindigkeits- und Druckmessung

Wie in den Kapiteln 3.2 bzw. 4.4 ausgef¨ uhrt wurde, ist das Pitot-Rohr sowohl eine sehr robuste Geschwindigkeitssonde als auch - in Form des wandb¨ undigen PrestonRohres - eine Wandschubspannungssonde. Bei den Herleitungen zum Preston-RohrVerfahren in Abschnitt 4.4.1 wurde bereits der Begriff des effektiven Wandabstandes eingef¨ uhrt, mit dem die Zuordnung des gemessenen Druckes zu einem bestimmten Wandabstand erfolgt, und u ¨ber den letztendlich schon der Wandeinfluss auf eine Druck- bzw. Geschwindigkeitsmessung mit einem aufliegenden Pitot-Rohr ber¨ ucksichtigt wird. In Verallgemeinerung von (4.17) gilt entsprechend Bild 7.1a f¨ ur den effektiven Wandabstand eines wandnahen Pitot-Rohres yef f = y0 + δ

(7.1)

wobei y0 der Abstand der Pitot-Rohr-Mittelachse von der Wand und d die Verschiebungsgr¨oße des effektiven Messortes weg von der Mittelachse der Sonde darstellt. Verursacht wird diese Verschiebung in erster Linie durch die ungleichf¨ormige und insbesondere auch nichtlineare Anstr¨omung der Sondenm¨ undung in einer Wand¨ grenzschicht, deren dynamisches Ubergewicht im wandferneren Bereich der Sondenm¨ undung liegt, wodurch auch der effektive Messort nach dorthin verschoben ist.

178

7. Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik

Die in Bild 7.1b gezeigten empirischen Werte der mit dem Durchmesser des PitotRohres einfach normierten Verschiebungsgr¨oße d h¨angen sowohl vom Kehrwert des mit dem Durchmesser der Sonde normierten relativen Wandabstandes D/y als auch vom dimensionslosen Sondendurchmesser D+ (in Anlehnung an die Wandabstandsvariable y + des Wandgesetzes (4.3) gebildet mit dem Pitot-Rohrdurchmesser D, der ur eine Schubspannungsgeschwindigkeit uτ und der kinematischen Viskosit¨at ν) ab. F¨ auf der Wand aufliegende Sonde gilt nach McMillan n¨aherungsweise d/D = 0, 15, und dieser Wert korrespondiert mit dem in (4.17) eingef¨ uhrten Verschiebungsfaktor K = 1, 3 f¨ ur das Preston-Rohr. 0.16

y

u(y)

d

mit

d/D

a

Viskositätseinfluss ohne

0.14

D

25 b

0.12

ut.D n 50

yeff

y0

0.10

yeff = y0 + d

0.08 0

0.5

1.0

100 200 300 1000 1.5 D/y0 2.0

Bild 7.1: Effektiver Wandabstand bei Geschwindigkeitsmessungen mit PitotRohren in Wandn¨ahe (nach McMillan) Nicht nur bei Pitotdruckmessungen in Grenzschichtstr¨omungen, sondern auch bei der Bestimmung des statischen Druckes in Wandn¨ahe muss mit einer str¨omungsmechanischen Wechselwirkung zwischen K¨orperwand und einer Messsonde gerechnet werden. F¨ ur eine spezielle Sonde (gekr¨opfte NLR-Statik-Sonde) zeigt Bild 7.2 ein Messergebnis in einer turbulenten Gleichgewichtsgrenzschicht (ebene Plattenstr¨omung) in Form des gegen einen Referenzdruck gemessenen und auf den Staudruck bezogenen statischen Druckes als Funktion des mit der Grenzschichtdicke d normierten Wandabstandes y. Deutlich erkennbar treten bereits kurz unterhalb des ¨außeren Grenzschichtrandes (y/d < 1) erste Messwertver¨anderungen auf, die mit abnehmendem Wandabstand zun¨achst zunehmen und ihr Maximum bei etwa halber Grenzschichtdicke (y/d = 0, 5) haben. In unmittelbarer Wandn¨ahe ergibt sich dann infolge der Aufstauwirkung zwischen Sondenk¨orper und Wand ein gegenl¨aufiger Trend. Messergebnisse, wie die in Bild 7.2 gezeigten, stellen eine sondenspezifische Korrekturfunktion f¨ ur die Messung des statischen Druckes in der N¨ahe fester W¨ande dar, die nicht auf andere Sondentypen u ¨bertragbar ist, sondern jeweils individuell ermittelt werden muss. Werden bei Grenzschichtmessungen thermoelektrische Geschwindigkeitsmessverfahren wie die Hitzdrahtanemometrie eingesetzt, k¨onnen neben den fluidmechanischen Interferenzen insbesondere auch thermodynamische Interferenzen zwischen Sensor und Wand auftreten. Die K¨orperwand wirkt dabei f¨ ur einen wandnahen Hitzdraht wie eine zus¨atzliche W¨armesenke und f¨ uhrt bei zunehmender Ann¨aherung zu einer ¨ messwertverf¨alschenden Uberh¨ ohung der elektrischen Heizspannung des Sensors, die ohne Wandabstandskorrektur f¨alschlicherweise als Geschwindigkeitszunahme interpretiert werden muss.

7.1. Wandinterferenzen bei Geschwindigkeits- und Druckmessung

179

NLR-Statik-Sonde Druckbohrungen y

u:

d=1 mm

u(y)

10 mm

d

Wand

Bild 7.2: Wandeinfluss auf die Messung des statischen Druckes mit einer gekr¨opften NLR-Statik-Sonde (nach Vagt & Fernholz) In Bild 7.3 ist dieser Effekt f¨ ur die wandnahen Ausschnitte zweier Grenzschichtmessungen mit einer Standard-Hitzdrahtsonde (siehe Bild 3.17) in einer turbulenten Plattenstr¨omung gezeigt, bei der jedoch im Bereich der Messsonde auch unterschiedliche Wandmaterialien (Kupfer und Aluminium) eingesetzt wurden. Zun¨achst ist in beiden F¨allen klar ersichtlich, dass nur f¨ ur dimensionslose Wandabst¨ande y + > 5 ¨ eine Ubereinstimmung zwischen den Messungen und dem Wandgesetz turbulenter Grenzschichten (4.6) vorliegt. Der Wert y + = 5 entspricht bei diesem Experiment einem Wandabstand von etwa 0,2 mm. F¨ ur kleinere Wandabst¨ande f¨ uhrt die zunehmende thermische Interferenz zwischen Hitzdraht und Wand zu sehr starken Messwertverf¨alschungen, die im Bereich von y + = 1 ein Mehrfaches der tats¨achlichen Geschwindigkeit ausmachen k¨onnen. Wie ein Vergleich der beiden Messreihen verdeutlicht, spielt dabei u.a. auch das Wandmaterial eine Rolle, d.h. unterschiedliche Wandmaterialien mit insbesondere unterschiedlicher W¨armeleitf¨ahigkeit k¨onnen auch unterschiedliche Korrekturen der Messwerte erforderlich machen. Dieser Sachverhalt ist entsprechend seiner Komplexit¨at in Bild 7.4 noch detaillierter dargestellt:

y

u(y) Hitzdraht

u y

Bild 7.3: Korrektur wandnaher Hitzdrahtmessungen f¨ ur unterschiedliche Wandmaterialien (nach M. Swoboda)

180

7. Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik

In Bild 7.4a sind in Erg¨anzung zu Bild 7.3 zun¨achst vier f¨ ur unterschiedliche Wandmaterialien gemessene wandnahe Geschwindigkeitsverteilungen u ¨ber dem Wandabstand y zusammengestellt.

a Einfluss des Bild 7.4: Korrekturen des Wandeinflusses auf Hitzdrahtmessungen:  b berechnete Korrekturfunktionen (nach Chew + ShengWandmaterials,  c Vergleich verschiedener Korrekturfunktionen (nach Bhatia, xi) und  Durst & Jovanovic) Dabei wird deutlich, dass Wandmaterialien mit geringer W¨armeleitf¨ahigkeit, wie z.B. Holz oder PVC, einen vergleichsweise geringen Einfluss auf einen Hitzdraht oder Heißfilm haben, dass andererseits metallische W¨ande aufgrund ihrer hohen W¨armeleitung wandnahe Messungen sehr stark verf¨alschen. Bild 7.4a unterstreicht ferner, dass eine generalisierende Korrekturfunktion f¨ ur den Wandeinfluss auf Hitzdr¨ahte ¨ kaum aufstellbar ist, da neben dem Wandmaterial auch noch das Uberhitzungsverh¨altnis der Sensoren und die Sondengeometrie (u.a. Durchmesser des Sensors, relative Sensorl¨ange oder Sondenanstellung) eine Rolle spielen k¨onnen. Dieses best¨atigen auch numerische Berechnungen, Bild 7.4b, die sehr deutliche Unterschiede in den Korrekturfunktionen f¨ ur den Fall einer w¨armeleitenden Wand bzw. einer adiabaten Wand ergeben. Im Falle der w¨armeleitenden Wand sind dabei wesentlich ¨ h¨ohere Ubergeschwindigkeiten zu korrigieren, ferner ist der korrekturbed¨ urftige Abstandsbereich nahezu doppelt so groß wie f¨ ur den adiabaten Fall. Die in Bild 7.4c zu dieser Problematik abschließend zusammengefassten Literaturangaben zur Korrektur wandnaher Hitzdrahtmessungen weisen einheitlich auf einen Korrekturbedarf im Bereich 0 < y + < 8 hin, sie k¨onnen aber aufgrund der in den Bildern 7.4a und b verdeutlichten Probleme streng genommen nur im Sinne einer N¨aherungsl¨osung eingesetzt werden und gelten dabei eher, wie ein Vergleich mit Bild 7.4b ergibt, f¨ ur den praxisnahen Fall einer w¨armeleitenden Wand.

7.2. Messtechnische Probleme bei Abl¨osungen

7.2

181

Messtechnische Probleme bei Grenzschichtabl¨ osung

Grenzschichtabl¨osungen k¨onnen sowohl infolge hohen Druckanstieges auftreten, z.B. in der N¨ahe von Verdichtungsst¨oßen oder Tragfl¨ ugelhinterkanten sowie in u ¨berkritischen Diffusoren, als auch infolge geometrischer Konturspr¨ unge, beispielsweise an Stufen oder Hindernissen. Bild 7.5 verdeutlicht dieses Str¨omungsph¨anomen f¨ ur den Fall einer druckinduzierten Abl¨osung im Druckanstiegsgebiet auf der Oberseite eines angestellten K¨orpers, Bild 7.5a, f¨ ur den Fall einer geometrieinduzierten Abl¨osung hinter einer u ur das Beispiel einer stoßinduzierten ¨berstr¨omten Stufe, Bild 7.5b, und f¨ Abl¨oseblase im Bereich eines Verdichtungsstoßes an einem transsonischen Tragfl¨ ugelprofil, Bild 7.5c. In allen drei F¨allen ist zun¨achst der charakteristische Stromlinienverlauf im Bereich der Abl¨osung gezeigt, dar¨ uber hinaus die vom jeweiligen Abl¨osepunkt der Str¨omung auf der K¨orperkontur ausgehende Trennstromlinie, die zwischen Außenstr¨omung und abgel¨oster Str¨omung des Rezirkulationsgebietes liegt. Diese Trennstromlinie verbindet den Abl¨osepunkt mit dem Wiederanlegepunkt, der allerdings nur bei ¨ortlich begrenzten Abl¨osegebieten vorhanden ist und bei vollst¨andiger Str¨omungsabl¨osung (z.B. bei abgerissener Tragfl¨ ugelstr¨omung) fehlen kann. Zus¨atzlich zu den Stromlinien sind in den drei Abbildungen einige charakteristische Grenzschichtprofile vor und hinter dem Abl¨osepunkt gezeigt. Diese Grenzschichtprofile verdeutlichen bereits insofern die messtechnische Grundproblematik in abgel¨osten Str¨omungen, als die Profile sowohl Bereiche mit positiver Geschwindigkeit (in Hauptstr¨omungsrichtung) als auch negativer Geschwindigkeit (im R¨ uckstr¨ombereich der Abl¨osung) aufweisen. Messverfahren zur Bestimmung der lokalen Str¨omungsgeschwindigkeit oder auch der u ¨ber den wandnahen Geschwindigkeitsgradienten nach (4.1) definierten Wandschubspannung m¨ ussen bei ihrem Einsatz in Str¨omungen mit Abl¨osungen folglich in der Lage sein, auch die Richtung bzw. bei wandparallelen Messungen mindestens das Vorzeichen dieser Gr¨oßen mit zu erfassen.

u(y)

u(y)

M100% annehmen. Einerseits sind die turbulenten Schwankungsgeschwindigkeiten aufgrund des hochgradigen Nichtgleichgewichtes abgel¨oster Str¨omungen sehr groß, gleichzeitig sind die lokalen Str¨omungsgeschwindigkeiten, z.B. im Bereich der freien Scherschicht zwischen Außenstr¨omung und dem Rezirkulationsgebiet, sehr klein, so dass der Turbulenzgrad stark anwachsen kann.

7.2. Messtechnische Probleme bei Abl¨osungen

183

W¨ahrend dieser Effekt auf die Messungen von mittleren Geschwindigkeiten nur einen vergleichsweise geringen Einfluss hat, spielt er bei der Bestimmung der turbulenten Geschwindigkeitsschwankungen und damit auch der u ¨ber (3.6) definierten turbulenten Spannungen eine sehr viel gr¨oßere Rolle. In Bild 7.7 sind dazu einige empirische Korrekturfaktoren FT f¨ ur Turbulenzgrade bis zu 50% angegeben, mit denen die mit einem Hitzdraht gemessenen Schwankungsgeschwindigkeiten u und v  in hochturbulenten Str¨omungen berichtigt werden k¨onnen. Der Parameter K ist dabei u ucksichtigt die lokale Anisotropie der Turbulenz. ¨ber 7.2 definiert und ber¨ 2,0 1.0

2

u’ Ist

FT=

u’2Mess

1,8 Bradbury

1,6

K

1,4 Tutu & Chevray

1,2

0.5 0.8

1,0

0

20 40 60 Turbulenzgrad [%]

80

Bild 7.7: Korrektur von Hitzdrahtmessungen bei hohen Turbulenzgraden

K2 =

v 2 ; (0, 5 < K < 1) u2

(7.2)

Geschwindigkeitsmessungen in abgel¨osten Str¨omungen mit der Laser Doppler Anemometrie (siehe auch Abschnitt 3.4.1) sind dagegen vergleichsweise problemlos. Zun¨achst ist allerdings festzustellen, dass ¨ahnlich wie der Hitzdraht, auch ein LDA nach seinem Grundprinzip entsprechend Bild 3.25 nicht in der Lage ist, zwischen Vorw¨arts- und R¨ uckw¨artsstr¨omung zu unterscheiden. Erst durch die Erweiterung mit einer Braggzelle (Bild 3.31) ist ein LDA-System in abgel¨osten Str¨omungen ohne weitere Einschr¨ankungen sowohl f¨ ur eine Bestimmung von mittleren Geschwindigkeiten als auch von turbulenten Schwankungsgeschwindigkeiten einsetzbar. Die LDA-Messungen der Axialgeschwindigkeiten (Hauptstr¨omungsrichtung) sind hier numerischen Simulationen gegen¨ ubergestellt (LES), die sowohl f¨ ur die Vor- als auch ¨ R¨ uckstr¨ombereiche in guter Ubereinstimmung liegen. Auch in Wandn¨ahe liegen Messung und Simulation sehr dicht beisammen. Speziell f¨ ur die LDA ergibt sich gerade hier ein weiteres Problem, das unbedingt ber¨ ucksichtigt werden muss. Die Genauigkeit der Messergebnisse ist mit der Anzahl von Einzelereignissen und damit der Anzahl von detektierten Teilchen im Messvolumen verkn¨ upft. Da die Messzeit in der Regel begrenzt ist und die Geschwindigkeiten in Richtung der Wand abnehmen, sind hier deutlich geringere Teilchenraten zu verzeichnen. Somit ist an der Wand eine schw¨achere Statistik vorhanden als in der freien Str¨omung. Zudem erfahren die Teilchen aufgrund des Geschwindigkeitsgradienten in Wandn¨ahe eine Auftriebskraft, die von der Wand weg f¨ uhrt und zus¨atzlich noch durch Teilchenrotation verst¨arkt wird. F¨ ur eine vergleichbare Statistik der Messdaten m¨ ussen daher die Messzeiten in Wandn¨ahe angepasst werden. Ein Beispiel f¨ ur eine derartige Messung zeigt Bild 7.8 f¨ ur den Fall einer laminaren Str¨omungsabl¨osung im Bereich einer weichen Rohrstufe.

184

7. Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik

Messung (LDA) Simulation (LES)

Bild 7.8: LDA-Messungen in einer weichen Stufenstr¨omung mit Abl¨osung. Vergleich von Messergebnissen (LDA) und Numerischer Simulation (LES) (nach Hoefener, Canarius & Thiele)

7.2.2

Wandschubspannungsmessungen in Str¨ omungen mit Ablo sung ¨

Auch f¨ ur Wandschubspannungsmessungen in abgel¨osten Str¨omungen gilt, ¨ahnlich wie f¨ ur den Einsatz von Geschwindigkeitsmessverfahren, als zus¨atzliches Kriterium, ob die Verfahren von ihrem zugrunde liegenden messphysikalischen Prinzip her in der Lage sind, neben dem Betrag der Wandschubspannung auch deren Vorzeichen zu erfassen. Bereits im Abschnitt 4.1 wurde anhand von Bild 4.4 prinzipiell erl¨autert, wie sich der wandnahe Geschwindigkeitsgradient und auch die damit unmittelbar u upfte Wandschubspannung τw in ihrem Vorzeichen bei einer ¨ber (4.1) verkn¨ Str¨omungsabl¨osung ¨andern. F¨ ur das konkrete Beispiel einer u ¨berkritischen Diffusorstr¨omung mit Abl¨osung (Diffusor¨offnungswinkel 18◦ ) ist der aus diesen Effekten resultierende Verlauf der Wandschubspannung in Bild 7.9 gezeigt: Die ankommende Str¨omung beschleunigt kurz vor Erreichen der Diffusoreintrittsebene, und die Wandschubspannung steigt bis zum Eintrittsquerschnitt an. Im Diffusor selbst erfolgt dann eine starke Verz¨ogerung mit drastisch abfallender Wandschubspannung. Da der Diffusor u ¨berkritisch ist, l¨ost die Str¨omung bereits kurz nach der Eintrittsebene ab, d.h. die Wandschubspannung erf¨ahrt im Abl¨osepunkt einen Nulldurchgang und wird stromab wegen der beginnenden R¨ uckstr¨omung negativ und ist gegen die Anstr¨omrichtung gerichtet. Das Maximum der negativen Wandschubspannung kennzeichnet in etwa die Mitte des Abl¨osegebietes. Im Wiederanlegepunkt, der das Ende der Abl¨osezone markiert, liegt ein zweiter Nulldurchgang. Stromabw¨arts steigt die Wandschubspannung wieder auf positive Werte an, infolge der durch den Diffusor stark reduzierten Str¨omungsgeschwindigkeit ist der Betrag jedoch wesentlich kleiner als im Eintrittsquerschnitt. Aus dem in Bild 7.9 gezeigten Beispiel wird deutlich, dass Wandschubspannungsmessverfahren in abgel¨osten Str¨omungen nur dann erfolgreich einsetzbar sind, wenn sie positive und negative Wandschubspannungen - und dieses mit hoher o¨rtlicher Aufl¨osung - erfassen k¨onnen. Von den in den Abschnitten 4.2 bis 4.5 erl¨auterten Verfahren kommen von ihrem Prinzip her zun¨achst nur die Wandpulsdrahttechnik und die mechanischen Waagen in Betracht, die beide vom Grundkonzept auf Vor- und R¨ uckstr¨omungen ausgerichtet sind. Ferner lassen der in Abschnitt 4.4.2 beschriebene

7.2. Messtechnische Probleme bei Abl¨osungen

185

18°

x Ablösegebiet

Wandschubspannung tW [N/m2]

1 Rechnung (RANS)

0,75

Messung Oberflächendraht

0,5 0,25 0 Wiederanlegepunkt -0,25 -50

0

50 100 Lauflänge x [mm]

150

200

Bild 7.9: Verlauf der lokalen Wandschubspannung im Bereich der abgel¨osten Str¨omung in einem 18◦ -Diffusor (nach N. Weiser) Oberfl¨achenzaun und auch der Oberfl¨achendraht wegen ihrer direkten M¨oglichkeit, das Vorzeichen der Wandschubspannung u ¨ber das Vorzeichen der gemessenen Druckdifferenz zu bestimmen, gute Ergebnisse erwarten. Zus¨atzlich setzen beide Verfahren nur die Existenz der z¨ahen Unterschicht (4.3) voraus, was ihrem Einsatz in nichtklassischen Grenzschichten, wie im Falle der Abl¨osung, sehr entgegenkommt. Bild 7.10 verdeutlicht die M¨oglichkeit, Oberfl¨achenz¨aune bei Vor- und R¨ uckstr¨omung einzusetzen, am Beispiel von Kalibrationsmessungen unter beiden Str¨omungsbedingungen. Bei Bildung des Druckparameters p+ F mit dem Betrag |p| des gemessenen Differenzdruckes anstelle des absoluten Messdruckes p fallen beide Kurven in etwa zusammen, d.h. der Zaun arbeitet unter Vor- oder R¨ uckstr¨omung nahezu gleich. Die kleineren Abweichungen ergeben sich dabei im wesentlichen aus fertigungstechnischen Gr¨ unden, z.B. aus leichten Abweichungen in der Symmetrie der Messschlitze. G¨anzlich ungeeignet f¨ ur Str¨omungen mit Abl¨osungen sind dagegen Wandschubspannungsmessverfahren, die u ¨ber die viskose Unterschicht hinaus auf der Existenz des kompletten Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetzes u+ = f (y + ), Bild 4.5, aufbauen, wie beispielsweise das klassische Preston-Rohr-Verfahren. Die in Abschnitt 4.5 angesprochenen optischen Wandschubspannungsmessverfahren sind wieder besser geeignet, unterliegen allerdings in ihren Grundversionen Beschr¨ankungen hinsichtlich der Richtungserfassung, ebenso wie die in Abschnitt 4.3.3 diskutierten thermoelektrischen Verfahren wie Oberfl¨achenheißfilm oder Wandhitzdraht. Speziell f¨ ur die Oberfl¨achenheißfilmtechnik besteht allerdings die M¨oglichkeit, durch Verwendung einer Doppelsonde, bestehend aus zwei quer zur Str¨omungsrichtung und parallel zueinander angeordneten Heißfilmen, das Vorzeichen der Wandschubspannung unter Ausnutzung des thermischen Nachlaufeffektes zu erfassen. Dieser Effekt ist in Bild 7.11 in Form von jeweils zwei Kalibrationskurven bei Vorw¨arts- bzw.

186

7. Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik

h=0.15 mm

tF+=

?tW?.h2 4.r.n2

Dp

DpF+=

?Dp?.h2 4.r.n2

Bild 7.10: Kalibration eines Oberfl¨achenzaunes bei Vorw¨arts- und R¨ uckw¨artsanstr¨omung R¨ uckw¨artsanstr¨omung einer derartigen Doppelsonde veranschaulicht: Bei Vorw¨artsanstr¨omung liefert der Sensor 1 gegen¨ uber dem Sensor 2 einen wesentlich steileren Anstieg der Heizspannung UB mit der Wandschubspannung, bei R¨ uckw¨artsanstr¨omung liegt Sensor 1 dagegen im thermischen Nachlauf von Sensor 2, und infolge der dadurch reduzierten Konvektion verl¨auft der Anstieg der Br¨ uckenspannung in diesem Falle flacher als der f¨ ur Sensor 2. Bei einer praktischen Heißfilmmessung in einer Str¨omung mit Abl¨osung werden nun die gemessenen Br¨ uckenspannungen beider Einzelheißfilme auf jeweils beide m¨oglichen Kalibrationskurven (vorw¨arts und r¨ uckw¨arts) abgebildet, so dass insgesamt f¨ ur jede Messposition vier potentielle Wandschubspannungsmesswerte vorliegen. Da nun in den Str¨omungsbereichen, in denen Vorw¨artsstr¨omung herrscht, beide Sensoren nur bei Verwendung der Vorw¨arts-Kalibrationen identische Wandschubspannungsmesswerte f¨ ur Sensor 1 und 2 - wie nat¨ urlich zu fordern ist - liefern k¨onnen und bei R¨ uckstr¨omung nur f¨ ur die R¨ uckw¨artskalibrationen, kann durch einen Vergleich innerhalb der Messwertquadrupel relativ klar zwischen diesen beiden F¨allen unterschieden werden.

52

Rückwärts Vorwärts

48

Sensor 1 Sensor 2

46 44 0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

50 48

1

Vorwärts

+ -

2 + -

10 mm

UB21,2 [V] (Rückwärts)

50

UB21,2 [V] (Vorwärts)

54

52

4 mm

R0,1 = 7,2 W 46 1,0

R0,2 = 7,7 W

tW1/4 [N/m2]1/4

Bild 7.11: Kalibration eines Doppel-Oberfl¨achenheißfilms bei Vorw¨arts- und R¨ uckw¨artsanstr¨omung Bild 7.12 zeigt eine zusammenfassende und vergleichende Darstellung der M¨oglichkeiten und auch Grenzen einiger der genannten Wandschubspannungsmessverfahren in Hinblick auf ihren Einsatz in abgel¨osten Str¨omungen. Im Bildteil 7.12a ist zun¨achst die Str¨omungskonfiguration an einer rotationssymmetrischen Innenstufe (90◦ -

7.2. Messtechnische Probleme bei Abl¨osungen

187

Diffusor) gezeigt, in der die Vergleichsmessungen durchgef¨ uhrt wurden. Bild 7.12b zeigt dann die Rohdaten der gemessenen Wandreibungskoeffizienten u ¨ber der relativen Laufl¨ange x/D2 , und zwar die Daten eines Oberfl¨achenzaunes (bereits unter Verwendung der Vorw¨arts-/R¨ uckw¨artskalibrierung nach Bild 7.10), die Ergebnisse eines einzelnen Oberfl¨achenheißfilms sowie die Resultate aus Messungen mit dem klassischen Preston-Rohr f¨ ur zwei unterschiedliche Sondendurchmesser. Der Oberfl¨achenzaun liefert bereits ein sehr aussagekr¨aftiges Ergebnis mit klarer Unterscheidung zwischen Vor- und R¨ uckstr¨omung, d.h. positiver bzw. negativer Wandschubspannung. Ferner liefert die Messung u ¨ber das Kriterium τw =0 die exakte Position des Wiederanlegepunktes und best¨atigt auch den kleinen Sekund¨arwirbel mit positiver Wandschubspannung unmittelbar hinter der Stufe. Der einzelne Oberfl¨achenheißfilm kann dagegen die R¨ uckstr¨omung nicht detektieren und liefert daher im Bereich der Abl¨osung zun¨achst vorzeichenverkehrte Ergebnisse. Dar¨ uber hinaus sind die Messergebnisse im Bereich des Wiederanlegepunktes stark u ¨berh¨oht, da hier lokal u ¨berh¨ohte konvektive W¨arme¨ uberg¨ange herrschen und daher die Kalibration des Heißfilms nicht mehr g¨ ultig ist. Das Standard-Preston-Rohr-Verfahren liefert ebenfalls unbefriedigende Werte, die ohnehin auf den Bereich mit positiver Wandschubspannung beschr¨ankt bleiben m¨ ussen, die aber zus¨atzlich im Betrag uneindeutig sind (unterschiedliche Messwerte f¨ ur unterschiedliche Sondendurchmesser) und dar¨ uber hinaus auch den Wiederanlegepunkt falsch bestimmen. Ablösegebiet

D2 = 80 mm

D1 = 50 mm

a

u=32 m/s

Wiederanlegepunkt

x/D2

Wiederanlegepunkt

Oberflächenheißfilm (einzeln) Oberflächenzaun Prestonrohre d = 1 mm d = 1,6 mm (konventionell)

Rückwärtskalibrierung

DoppelOberflächenheißfilm Oberflächenzaun

Sensor 1 Sensor 2 Messwerte p+-Korrektur + p - und Dp/DxKorrektur Vorwärtskalibrierung

Wiederanlegepunkt

Doppel-Oberflächenheißfilm Oberflächenzaun (korrigiert) Comp. Preston Tube (CPM)

Bild 7.12: Vergleichende Wandschubspannungsmessungen in einer Stufenstr¨omung mit Abl¨osung Im Bildteil 7.12c sind f¨ ur den Oberfl¨achenzaun die Auswirkungen von zwei erg¨anzenden Messwertkorrekturen gezeigt, und zwar sowohl hinsichtlich des ¨ortlich herrschenden dimensionslosen Druckgradienten p+ entsprechend Bild 4.51a (p+ -Korrektur) und auch in Hinblick auf die direkte Beeinflussung des an der Sonde u ¨ber den Ab-

188

7. Spezielle Probleme der Grenzschichtmesstechnik

stand x der Messschlitze gemessenen Differenzdruckes p durch den jeweils herrschenden lokalen Druckgradienten der Str¨omung selbst (p/x-Korrektur). Wie aus der Abbildung klar hervorgeht, haben beiden Korrekturen nur eine sehr schwache Auswirkung, so dass Oberfl¨achenzaunmessungen in abgel¨osten Str¨omungen eine sehr hohe Zuverl¨assigkeit zugesprochen werden kann. In Bild 7.12c ist zus¨atzlich noch die praktische Anwendung eines Doppel-Oberfl¨achenheißfilms unter Verwendung einer Vorw¨arts-/ R¨ uckw¨artskalibration entsprechend Bild 7.11 gezeigt. Wie bereits dort ausgef¨ uhrt, k¨onnen u ¨ber den Vergleich aller vier prinzipiell m¨oglichen Wandschubspannungswerte relativ klar die Vor- von den R¨ uckstr¨ombereichen unterschieden werden, allerdings bleiben die Messprobleme im Bereich des Wiederanlegepunktes bestehen. Im Bildteil 7.12d sind die letztendlichen Ergebnisse des Oberfl¨achenzaunes und des Doppel-Oberfl¨achenheißfilms noch mit Messungen nach dem computergest¨ utzten Preston-Rohr-Verfahren (siehe Abschnitt 4.4.1) verglichen. Das CPM-Verfahren liefert stromab vom Wiederanlegepunkt vergleichbare Werte wie die beiden anderen Verfahren, versagt allerdings unmittelbar im Bereich des Wiederanlegepunktes und ist im R¨ uckstr¨ombereich ohne Kenntnis der Str¨omungsrichtung nicht einsetzbar.

Weiterfu ¨ hrende Literatur Gersten, K. (1993), Physics of Separated Flows – Numerical, Experimental and Theoretical Aspects. Vieweg Verlag Braunschweig/Wiesbaden. Leder, A. (1992), Abgel¨oste Str¨omungen – Physikalische Grundlagen. Vieweg Verlag Braunschweig/Wiesbaden. Meier, H. & Bradshaw, P. (1987), Perspective in Turbulence Studies. SpringerVerlag Berlin/Heidelberg/New York. So, R., Speziale, C. & Launder, B. (1993), Near Wall Turbulent Flows. Elsevier Publ. Amsterdam/London/New York/Tokyo.

8. Signalanalyse Ein einzelner Messwert oder der Verlauf von Messwerten als Funktion der Zeit bzw. des Ortes wird als Signal bezeichnet. Die im Signal enthaltenen Informationen werden in der Str¨omungsmesstechnik durch geeignete Messwertaufnehmer erfasst und k¨onnen anschließend direkt (durch physikalische Gesetzm¨aßigkeiten) oder indirekt (durch Kalibrationen und Analogien) ausgewertet werden. Die Erfassung dieser Gr¨oßen ist daher die Basis f¨ ur alle beschriebenen Messverfahren.

8.1

Messwertaufnahme

Gibt es zu jedem Wert, in Abh¨angigkeit von der Zeit bzw. dem Ort, genau einen zugeh¨origen Amplitudenwert, so ist das Signal im Zeit- und Amplitudenverlauf kontinuierlich. Um ein solches Signal im Rahmen einer digitalen Verarbeitung zu nutzen, muss es zun¨achst mittels eines A/D-Wandlers (Analog/Digital) digitalisiert werden, wobei die analogen Amplitudensignale in bin¨are Zahlen zerlegt werden. Man spricht von der Amplitudendiskretisierung, bei der die Amplitudenwerte je nach Anzahl der Stellen (bits, n) in der bin¨aren Zahl mehr oder weniger genau umgesetzt werden. Die Quantisierung bei einem A/D-Wandler erfolgt deshalb u ¨ber 2n verschiedene Werte. Ein 12bit A/D-Wandler erlaubt somit die Diskretisierung in 212 = 4096 feste Amplitudenstufen. F¨ ur den angenommenen Fall eines 10 Volt Eingangssignals ergibt sich somit eine maximale Amplitudenaufl¨osung von 2, 44 mV . Je feiner die Diskretisierung gew¨ahlt wird, desto aufwendiger und langsamer wird das Datenerfassungssystem. Aber nicht nur die Aufl¨osung (Dynamik) der Amplitude ist bei einer Signaldiskretisierung entscheidend, sondern auch das Zeitintervall ∆t, in dem eine feste Anzahl von Messwerten aufgenommen wird. Dabei erfolgt eine Zerlegung der Zeit in eine feste Anzahl von ¨aquidistanten Abschnitten (Zeitdiskretisierung). Aus dem Kehrwert des Zeitintervalls errechnet sich die Abtastfrequenz f nach (8.1). F¨ ur eine eindeutige Frequenzerfassung entspricht die maximal erfassbare Frequenz gerade der halben Abtastfrequenz (Nyquist-Frequenz). H¨ohere Frequenzen k¨onnen nicht mehr richtig wiedergegeben werden, weshalb sich in der Praxis eine analoge Tiefpassfilterung (siehe Abschnitt Filter) mit einer Filtergrenzfrequenz fg kleiner der

190

8. Signalanalyse

Nyquist-Frequenz fN empfiehlt. Hierdurch wird eine selektive Begrenzung oberhalb dieser Frequenzen erzielt. Wird dies nicht ber¨ ucksichtigt, so werden die Amplitudenmaxima infolge einer unzureichenden Abtastung der hohen Frequenzen falsch wiedergegeben (Aliasingeffekt).

1 ∆t 1 = ·f 2

(8.1)

f = fN

8.2 8.2.1

Analyse von Messwerten Statistische Methoden

Die Darstellung von Messsignalen erfolgt in der Regel durch eine Reynoldszerlegung der transienten Gr¨oße in einen Mittelwert und einen Schwankungsanteil (siehe (8.2) und auch Kapitel 3.1). Der Mittelwert wird auch als das zentrale Moment erster Ordnung bezeichnet und ergibt sich aus einer Aufsummierung der Momentansignale in Abh¨angigkeit von der Anzahl der Samples N . Momente h¨oherer Ordnung beschreiben Standardabweichung, Schiefe und Kurtosis.

S(t) = s(t) + s (t) s(t) =

1 N

(8.2)

N

Sn (t) n=1

Im Nachfolgenden werden statistische Gr¨oßen beschrieben, die im Rahmen einer digitalen Signalanalyse n¨ utzliche Informationen u ¨ber das erfasste Signal geben k¨onnen. In der Str¨omungsmesstechnik k¨onnen deren Resultate herangezogen werden, um z.B. Informationen u ¨ber den vorliegenden Grenzschichtzustand (laminar, transitional, turbulent) zu erhalten. Zu diesen Gr¨oßen z¨ahlen der RMS-Wert, die Standardabweichung, der Intermittenzfaktor sowie Schiefe und Kurtosis. Der RMS-Wert (Root Mean Square) ergibt sich aus der Wurzel des quadratischaufsummierten Gesamtsignals und stellt dessen mittlere quadratische Abweichung dar (siehe auch Kap. 3.1). Durch die Quadrierung der Momentansignale ist der RMSWert, ebenso wie die Varianz und die Standardabweichung, immer positiv.

RM S(t) =

   

1 N

N

Sn (t)2

(8.3)

n=1

Die Varianz ist u ¨ber das zweite Moment definiert. Sie bildet sich u ¨ber die quadratischaufsummierten Differenzen von Momentansignal und Mittelwertanteil.

var(t) =

N 1 [Sn (t) − s(t)]2 N − 1 n=1

(8.4)

8.2. Analyse von Messwerten

191

Die Standardabweichung σ(t) ergibt sich aus der Wurzel der Varianz. Im Gegensatz zum RMS-Wert wird die Standardabweichung jedoch nicht durch den Mittelwertanteil gewichtet, sondern bezieht sich nur auf den Schwankungsanteil. Werden nur Schwankungsgr¨oßen gemessen, dann ist der RMS-Wert gleich der Standardabweichung.

sdev(t) = σ(t) =

   

N 1 [Sn (t) − s(t)]2 N − 1 n=1

(8.5)

Die Schiefe, die u ¨ber das zentrale Moment dritter Ordnung definiert wird, ist vorzeichenabh¨angig und beschreibt die Asymmetrie der Amplituden- bzw. H¨aufigkeitsverteilung bezogen auf eine Gauß’sche Verteilung. Die Betrachtung der Schiefe erm¨oglicht z.B. Aussagen u ¨ber intermittierende Grenzschichtph¨anomene. Der Intermittenzfaktor γi definiert die Wahrscheinlichkeit, an einem Ort (x, y) turbulente Str¨omung anzutreffen. Er gibt dabei den Bruchteil einer Zeit an, u ¨ber den an diesem Ort turbulente Str¨omung beobachtet wird. Die Schiefe nimmt, analog zum Intermittenzfaktor, in einer laminaren Grenzschicht den Wert Null an, steigt im laminar-transitionalen Bereich auf ein Maximum (γi = 0, 25) und erf¨ahrt einen Nulldurchgang im Transitionspunkt (γi = 0, 5). Im Bereich einer transitional-turbulenten ur eine voll Grenzschicht f¨allt die Schiefe auf ein Minimum (γi = 0, 75) und geht f¨ turbulente Grenzschicht gegen Null (γi = 1)

SK = µ3 (t) =

1 N

[Sn (t) − s(t)]3 σ3 n=1 N

(8.6)

Die Kurtosis (Flachheit, Flatness) wird u ¨ber das n¨achst h¨ohere zentrale Moment (4. Moment) definiert und ist demnach per Definition wieder vorzeichenunabh¨angig (positiv). Sie beschreibt die Breite der Amplitudenverteilung und wichtet demnach die Amplitudenasymmetrie, die u ¨ber die Schiefe beschrieben wird. Sie kann als ein Maß f¨ ur die Energiedispersion des betrachteten Systems angesehen werden.

KU = µ4 (t) =

1 N

[Sn (t) − s(t)]4 σ3 n=1 N

(8.7)

Als Beispiel f¨ ur die praktische Anwendung der statistischen Signalanalyse sollen hier Messungen zur Transitionslagenbestimmungen an einem Airbus A320-Seitenleitwerk im Flugversuch vorgestellt werden (vgl. auch Bild 2.46). F¨ ur diese Untersuchungen wurde ein PVDF-Sensorarray zusammen mit einem Mehrkanal-Digitalmesssystem f¨ ur die Erkennung der Transitionslage eingesetzt. Das Sensorarray bestand aus insgesamt 32 Sensoren, von denen 16 kontinuierlich abgetastet wurden. Die Lage der Transition konnte hier durch die Auswertung der Zeitschriebe (Bild 8.1, links) bzw. durch Mittelung der Signale und statistische Datenanalyse (Bild 8.1, rechts) bestimmt werden. Bei x/c = 0, 37 sind in den Zeitschrieben erste transitionale Ereignisse ( spikes” bzw. turbulent spots”) zu erkennen. Die hohen Signalamplituden bei ” ” x/c = 0, 39 zeigen die Transitionslage an, bei x/c = 0.41 nehmen die Signalamplituden wieder ab, ein Zeichen f¨ ur die beinahe abgeschlossene Transition.

192

8. Signalanalyse

Die statistische Datenanalyse f¨ ur diesen Messpunkt zeigt deutlich erkennbar hohe RMS-Werte im Bereich der Transition. Zusammen mit dem Nulldurchgang der Schiefe (Bild 8.1, mitte), die den 50%-Intermittenzpunkt wiedergibt, bzw. dem Verlauf der Kurtosis (Bild 8.1, unten) ist auch dieses ein hinreichendes Transitionskriterium.

3

4

5

6

1 2 Dx/c=1.97 %

7

8

10

9 x/c=23.0 %

11

13

12

PVDF-Sensorarray

16

14 15 x/c=52.6 % Sensor aktiv Sensor inaktiv

Zeitsignal

2.0

RMS [V]

“spikes”

Strömungsrichtung 800

1.5 1.0 0.5 0.0 2.0

Schiefe [1]

Zeit [ms]

Transitionslage (Intermittenzfaktor g = 0,5)

600

400

1.0 0.0 -1.0

Kurtosis [1]

4.0 200

0 0.20

0.30

0.40

x/c

0.50

2.0 0.0 -2.0 0.20

0.30

0.40

x/c

0.50

Bild 8.1: Bestimmung der Transitionslage am A320-Seitenleitwerk im Flugversuch anhand der Zeitschriebe (links) eines PVDF-Sensorarrays (oben) und mit Hilfe der statistischen Signalanalyse (rechts)

¨ In der Praxis ergeben sich gemessene Signale aus der Uberlagerung einer Vielzahl von Einzelph¨anomenen. So k¨onnen neben dem eigentlichen Str¨omungssignal sowohl Einfl¨ usse stochastischer Art (Rauschen) als auch periodischen Ursprungs (50Hz Netzspannungsbrummen) in Erscheinung treten. Mitunter u ¨berlagern solche St¨orungen das eigentlich interessierende Str¨omungssignal so stark, dass es ohne eine dem Anwendungsfall angepasste Signalanalyse nur schwer oder gar nicht identifiziert werden kann. Im Folgenden werden daher die in der Str¨omungsmesstechnik gebr¨auchlichen Funktionen der Signalanalyse beschrieben, die dazu genutzt werden, interessierende Signalanteile aus dem urspr¨ unglichen Signal (Rohsignal) zu gewinnen.

8.2. Analyse von Messwerten

8.2.2

193

Fourier-Analyse

Signale k¨onnen sowohl im Zeit- als auch im Frequenzbereich (Spektralbereich) betrachtet werden. Beide Signaldarstellungen sind gekoppelt und lassen sich u ¨ber geeignete Transformationsbeziehungen ineinander u uhren. Eine Fourier-Transforma¨berf¨ tion erm¨oglicht es, die in einem Zeitsignal enthaltenen Frequenzen zu ermitteln und in einem Spektrum darzustellen. Insbesondere bei der Identifikation periodischer Vorg¨ange gibt die Betrachtung des Signals im Frequenzbereich Aufschluss u ¨ber dominante Frequenzen. Die Analyse basiert dabei auf einer Approximation des Signals durch eine Fourier-Reihe, also einer Summierung von Cosinus- und Sinusfunktionen mit diskreten Frequenzen und entsprechend gewichteten Amplituden. Zu beachten ist hierbei, dass eine Fourier-Reihe nur f¨ ur periodische Signale aufgestellt werden kann. Eine Fourier-Transformation dagegen kann auf jedes beliebige Signal angewendet werden. Fourier-Reihe Betrachtet man zun¨achst einen diskretisierten periodischen Zeitschrieb mit K Wertepaaren (tk , yk ), durch den eine Kurve gelegt werden soll, so erh¨alt man bei der Bildung der entsprechenden Fourier-Reihe 2k+1 Fourier-Koeffizienten, bis einschließlich der k-ten Oberschwingung (8.8).

fR (t) =

K K a0 ak cos(kω0 t) + bk sin(kω0 t) + 2 k=1 k=1

(8.8)

Die Berechnung der Amplituden f¨ ur alle K Schritte liefert f¨ ur die Koeffienzienten ak und bk allgemeine Beziehungen der nachfolgenden Darstellung mit N ≥ 2K + 1, wobei f¨ ur N = 2K + 1 die gesuchte Kurve durch die Abtastwerte geht, Gl. 8.9.

ak =

N −1 2 yn cos(kω0 tn ) + N n=0

bk =

N −1 2 yn sin(kω0 tn ) + N n=0

(8.9)

k = 0, 1, ..., K f¨ ur alle ak k = 1, ..., K f¨ ur alle bk Hierbei entspricht der erste reelle Koeffizient (a0 ) gerade dem Mittelwert des Zeitschriebes. Sind die Koeffizienten bekannt, so ist die gesuchte Fourier-Reihe fR (t) definiert und ihr Verlauf kann f¨ ur jeden Zeitpunkt t angegeben werden. In der u ¨blicherweise gew¨ahlten komplexen Schreibweise wird die Fourier-Reihe aus (8.9) wie folgt dargestellt (8.10), wobei die resultierenden komplexen Amplituden ck die zuvor definierten Koeffizienten ak und bk enthalten. N −1

fR (t) =

ck e−j2ω0 nTa

(8.10)

n=0

ck =

ak − jbk 1 = 2 N

N −1 n=0

f (nTa )ejω0 nTa

(8.11)

194

8. Signalanalyse

Die Amplitude der maximal erfassbaren Frequenz (fmax = fa /2) wird durch den Koeffizienten cN/2 repr¨asentiert. Die Koeffizienten ck sowie die um N/2 gespiegelten Kour i = 1 . . . N/2 − 1), effizienten cN −i ergeben die Amplituden der Frequenzlinien fi (f¨ wobei sich der Frequenzlinienabstand aus der Abtastzeit und der Anzahl der Samples ergibt (∆f = 1/N ta ). Fourier-Transformation Betrachtet man nun ein zeitkontinuierliches, harmonisches Signal, so erm¨oglicht die Fourier-Transformation die Konvertierung einer zeitbegrenzten Funktion F (t) in ein Spektrum F (jω), w¨ahrend eine inverse Fourier-Transformation wiederum die R¨ uckgewinnung der Zeitfunktion aus diesem Spektrum erlaubt. Die Spektralfunktion ist dabei eine komplexe Funktion, bestehend aus Real- und Imagin¨arteil, bzw. Betrag und Phase: F (jω) =

+∞ −∞

f (t)e−jωt dt

⇐⇒

#

ϕ = arctan

F (t) =

Im(F (jω)) Re(F (jω))

+∞ −∞

f (jω)e−jωt dω

(8.12)

$

(8.13)

W¨ahrend die Integralgleichungen (8.12) f¨ ur kontinuierliche Zeitsignale F (jω), F (t) genutzt werden, wird f¨ ur ein transientes, diskretes (digitalisiertes) und periodisches Zeitsignal f (nT ) die Diskrete Fourier Transformation (DFT) Fd (jω) angewendet. Die u ¨bliche Schreibweise der DFT ergibt sich in der komplexen Darstellung zu: N

F = Fd (jωk ) =

f (nT )e−j2πkn/N

mit k=0, 1,... ,N-1

(8.14)

n=0

Diese Form der Fourier-Transformation ist in ihrer Berechnung mit einem erh¨ohten Zeitaufwand (Rechenzeit) verbunden, da viele Rechenschritte redundant sind, d.h. es werden mehrfach die selben Partialprodukte berechnet. Durch Elimination dieser Redundanz kann die erforderliche Rechenzeit bedeutend verk¨ urzt werden. Man spricht von der Fast Fourier Transformation (FFT). Die Anwendung einer FFT ist an die Voraussetzung gebunden, dass die Zahl der Messwerte einer 2er Potenz entspricht (also 512, 1024 oder 2048...). Allerdings gibt es inzwischen eine Vielzahl von kommerziell verf¨ ugbaren Auswerteprogrammen, die FFT-Routinen bereitstellen, mit denen auf schnellen Computern eine Fourier-Transformation unabh¨angig von der Anzahl der Messwerte m¨oglich ist. Bei einer Betrachtung von endlichen Zeitsignalen mit nichtharmonischen R¨andern kann es bei der Bildung der Fourierkoeffizienten zu Verschmierungseffekten (Leakage-Effekte) kommen. Zur Vermeidung dieser Effekte, die in einer Verf¨alschung der Amplitudenwerte resultieren, werden in der Praxis sogenannte Fensterfunktionen zur Anwendung gebracht, mit denen die R¨ander stetig zu Null gesetzt werden. Dadurch wird zwangsl¨aufig die Intensit¨at des Ausgangssignals reduziert und dementsprechend auch die Fourier-Koeffizienten.

8.2. Analyse von Messwerten

195

Bei den Fourierdarstellungen wird zwischen dem Amplitudenspektrum und dem Leistungsdichtespektrum sowie dem Autokorrelationsspektrum und einem Kreuzkorrelationsspektrum zweier Signale unterschieden. W¨ahrend sich das Amplitudenspektrum u ¨ber das lineare Spektrum eines Signals definiert (G = F ), wird das Leistungsdichtespektrum aus dem Produkt von linearem und komplex konjugiertem Spektrum (G = F F ∗ ) gebildet. Das Autokorrelationsspektrum definiert sich u ¨ber das Produkt von linearem und komplex konjugiertem Spektrum des gleichen Ausgansgssignals (G11 = F1 F1∗ bzw. G22 = F2 F2∗ ), w¨ahrend das Kreuzkorrelationsspektrum aus der Multiplikation des komplex konjugierten linearen Spektrums des ersten Signals mit dem linearen Spektrum des zweiten Signals gebildet wird (G21 = F2 F1∗ ). In Bild 8.2 ist als Beispiel das Autokorrelationsspektrum der Wanddruckschwankungen im Bereich des Wiederanlegepunktes einer abgel¨osten Str¨omung dargestellt. Diese Signale zeigen charakteristische Frequenzen im Band zwischen 30 Hz und 50 Hz, die dem Abschwimmen großskaliger Wirbelstrukturen aus dem Abl¨osegebiet zuzuorden sind. Die singul¨aren Peaks (bei 28,7 Hz, 32,5 Hz, 36,25 Hz und 43,5 Hz) in Abh¨angigkeit von der Reynolds-Zahl resultieren aus u ¨berlagerten Druckst¨orungen der verwendeten Kanalpumpe. 0

0

10 1 2

10

3

Guu

10

10

4

10

5

10

6

10 7

Position des Drucksensors

ReD = 6500 ReD = 7000 ReD = 7500 ReD = 9900

0

50

100

f [Hz]

150

200

Bild 8.2: Frequenzspektrum (Autokorrelationsspektrum) in der N¨ahe des Wiederanlegepunktes einer abgel¨osten Diffusorstr¨omung (Geschwindigkeitsfeld oben) f¨ ur unterschiedliche Reynoldszahlen

8.2.3

Simultan-Signalanalyse

Eine simultane Untersuchung von zumindest zwei Signalen erm¨oglicht in Erweiterung zur Einzelsignalbetrachtung die Untersuchung von str¨omungsphysikalischen Ph¨anomenen sowohl im Zeitbereich (Korrelation) als auch im Frequenzbereich (Koh¨arenz). Korrelation Um Signale im Zeitbereich miteinander vergleichen zu k¨onnen, nutzt man Korrelationsfunktionen, die u ufen, inwieweit die betrachteten Signale Gemeinsamkeiten ¨berpr¨ zueinander aufweisen. Prim¨ar wird zwischen der Auto- und der Kreuzkorrelation unterschieden. Die Autokorrelationsfunktion (AKF) eines periodischen Signals ist eine

196

8. Signalanalyse

periodische Funktion mit derselben Frequenz wie die Zeitfunktion und ist f¨ ur jede harmonische Schwingung, unabh¨angig von deren Phasenlage, stets eine Cosinusfunktion. Mit dem Argument t = 0 liefert die AKF das Quadrat des Effektivwertes. Bei der Autokorrelation wird ein Signal auf sich selbst abgebildet, um periodische Anteile innerhalb eines Messsignals zu detektieren. Dies erlaubt die Hervorhebung periodischer Signalanteile, w¨ahrend zuf¨allige Anteile (Rauschen) reduziert werden. Die Bildung der Autokorrelation erfolgt durch Multiplikation der Amplituden eines Signals mit den Amplituden desselben Signals, verz¨ogert um einen Zeitversatz τ , und einer anschließenden Integration der Produkte in Abh¨angigkeit der jeweiligen Verz¨ogerungszeit. +T 1 x(t)x(t − τ )dt T →∞ 2T

Φxx (τ ) = lim

(8.15)

−T

Anstelle der Autokorrelation wird die Kreuzkorrelation (KKF) angewendet, wenn Gemeinsamkeiten zweier unterschiedlicher Signale detektiert werden sollen. Analog zur Autokorrelation werden auch hier die Amplituden der zwei Signale unter Ber¨ ucksichtigung eines ansteigenden Zeitversatzes miteinander multipliziert und ihre Produkte aufintergriert. +T 1 x(t)y(t − τ )dt T →∞ 2T

Φxy (τ ) = lim

(8.16)

−T

Die Korrelationen von beliebig diskretisierten Signale werden u ¨ber die Summenfunktionen f¨ ur die Autokorrelation

Φxx =

1 N

N

xn xn−k

(8.17)

Φxy (k Ta ) = Φyx (−k Ta )

(8.18)

n=1

bzw. f¨ ur die Kreuzkorrelation

Φxy (k Ta ) =

1 N

N

xn yn−k n=1

abgebildet. Durch die Hervorhebung von gleichen Signalanteilen und die Reduzierung ungleicher Anteile kann zum Beispiel aus dem Zeitversatz einer charakteristischen Signaleigenschaft (z.B. Tollmien-Schlichting-Welle), die in beiden Signalen auftaucht, mit bekanntem Sensorabstand (hier s = 5 mm) eine Ausbreitungsgeschwindigkeit ermittelt werden. Der Zeitversatz von ∆t = 125 µs l¨asst sich einer Ausbreitungsgeschwindigkeit von uT S = 40 m/s zuordnen (Bild 8.3). Koh¨ arenz Die Koh¨arenz kann herangezogen werden, um die lineare Abh¨angigkeit zweier Signale als Funktion der Frequenz zu bestimmen. Sie wird zwischen 0 und 1 skaliert, wobei ein Wert von 1 eine perfekte Koh¨arenz kennzeichnet. Die Bestimmung der Koh¨arenz

8.2. Analyse von Messwerten

197

1 Dt

Fxy

0.5 0 0

0.5 0.5

0.25

0

0.25

t [s]

0.5

Bild 8.3: Kreuzkorrelationsfunktion zweier Sensorsignale mit charakteristischem Zeitversatz ∆t erfolgt durch die Verh¨altnisbildung zwischen den Kreuzkorrelationsspektren und den Autokorrelationsspektren der zwei zu vergleichenden Signale:

γ2 =

G12 G∗12 G11 G22

(8.19)

G12 − Kreuzkorrelationsspektrum zwischen Signal 1 und 2 G∗12 − konjugiert Komplexe des Kreuzkorrelationsspektrums G12 G11 , G22 − Autokorrelationsspektren der Signale 1 bzw. 2 Signal-Rausch-Verh¨ altnis (SNR) Ein Wert, der die G¨ ute eines Messsignals bzw. der gesamten Messkette angibt, ist das Signal-Rausch-Verh¨altnis (SNR). Es definiert sich u ¨ber das Verh¨altnis der Effektivwerte von Nutz- und Rauschsignal (SN , SR ) zu:

SN R =

γ2 1 − γ2

(8.20)

Definieren l¨asst sich das Signal-Rausch-Verh¨altnis auch u ¨ber die zuvor beschriebene Koh¨arenz. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Koh¨arenz die lineare Abh¨angigkeit zweier Signale als Funktion der Frequenz bestimmt. Als Referenzsignal kann z.B. ein weißes Rauschspektrum genutzt werden.

SN R =

SN SR

bzw.

SN RdB = 20 log10

SN SR

(8.21)

198

8.2.4

8. Signalanalyse

Filter

St¨orende Signalanteile lassen sich durch eine Einschr¨ankung des betrachteten Frequenzbandes eliminieren. Die Anwendung von Filtern erlaubt hierbei ein Unterdr¨ ucken von Frequenzen, um das Signal-Rausch-Verh¨altnis zu verbessern. Man unterteilt die Filter dabei prim¨ar in zwei Gruppen, die rekursiven und die nichtrekursiven Filter. W¨ahrend die nichtrekursiven Filter ausschließlich auf den Werten des Eingangssignals basieren, nutzen die rekursiven Filter zus¨atzlich noch eine R¨ uckkopplung durch zur¨ uckliegende Werte des Ausgangssignals. Aufgrund dieser fehlenden R¨ uckf¨ uhrung bei nichtrekursiven Filtern sind diese in ihrem Verhalten zwar stets stabil, jedoch nicht immer so effektiv wie ein rekursives Filter. Die prinzipielle Funktion des nichtrekursiven Filters l¨asst sich durch das Blockschaltbild in Bild 8.4 darstellen. Die Verkn¨ upfung des Eingangssignals xn−k mit den Filterkoeffizienten ak liefert ur ein Filter der Ordnung das Ausgangssignal yn . Die resultierende Rechenvorschrift f¨ 2N (−N bis N ) ergibt sich zu Gl. 8.22. Demnach kann das zum Eingangssignal xn geh¨orende Ausgangssignal erst bestimmt werden, wenn die zuk¨ unftigen Eingangssignale xn+k bekannt sind.

xn-k

yn

ak

Bild 8.4: Nichtrekursives Filter in Blockdarstellung N

yn =

ak xn−k

(8.22)

k=−N

Die Anregung eines nichtrekursiven Filters mit einem Einheitsimpuls liefert eine endliche Impulsantwort. Man bezeichnet ein solches Filter als finfite impulse response Filter (FIR-Filter). Das Blockschaltbild eines rekursiven Filters ist, resultierend aus der Ber¨ ucksichtigung der R¨ uckkopplung, komplexer in seiner Struktur (Bild 8.5). Die R¨ uckf¨ uhrung kann prinzipiell zu Instabilit¨aten des Filters f¨ uhren. Der entsprechende Algorithmus wird gegen¨ uber (8.22) um die Summe der Ausgangswerte der R¨ uckf¨ uhrung reduziert, man spricht von einem Feedback-Kontrollsystem. Dabei geben die Variablen M und N die Ordnung des Filters an.

xn-k

ak bk

yn xn-k

Bild 8.5: Rekursives Filter in Blockdarstellung N

M

ak xn−k −

yn = k=0

bk yn−k

(8.23)

k=1

Hinsichtlich der Frequenzbandbeeinflussung unterscheidet man zwischen vier Filtergruppen. Hierbei stellt sich die Aufgabe, die Koeffizienten so zu bestimmen, dass ¨ eine vorgegebene gew¨ unschte Ubertragungsfunktion m¨oglichst gut erreicht wird. Der

8.2. Analyse von Messwerten

199

¨ L¨osungsweg kann dabei u unschten Ubertragungsfunk¨ber die Approximation der gew¨ tion nach dem Prinzip der kleinsten Fehlerquadrate gehen. Als gew¨ unschte Funktion wird dabei das jeweils ideale Filter angesetzt. Beim Tiefpassfilter werden die Signale oberhalb einer Referenzfrequenz (fGO ) vermindert. Auf diese Weise lassen sich von einem niederfrequenten Nutzsignal hochfrequente St¨orsignale trennen. Das Hochpassfilter vermindert Frequenzen unterhalb des Referenzpunktes (fGU ). Bei einem Bandpassfilter wird ein Frequenzband zwischen zwei definierten Werten hindurchgelassen, w¨ahrend die Frequenzanteile ausserhalb dieses Bandes vermindert werden. Dagegen filtert das Bandsperrfilter, auch als Notch-Filter bezeichnet, s¨amtliche Frequenzen innerhalb zweier Grenzen. Zur Veranschaulichung dieser Filterdefinitionen ist das Frequenzspektrum aus Bild 8.2 f¨ ur eine Anstr¨omgeschwindigkeit (ReD = 6500) in Bild 8.6 bei der Anwendung der genannten vier Filter dargestellt. So l¨asst sich beispielsweise mit einem schmalen Bandsperrfilter eine nicht str¨omungsrelevante Frequenz, wie hier der Pumpenl¨arm, herausfiltern.

f > fGU fGU

Hochpassfilter

Bandbreite

fU > f < fO Bandpassfilter

Tiefpassfilter

fGO

Bandsperre

fU < f > fO Bandsperrfilter

Bild 8.6: Schematische Anwendung von Filtern im Frequenzspektrum Trigger Um bei einem Messvorgang den zeitlichen Verlauf mehrerer Messsignale gleichzeitig betrachten zu k¨onnen, ist die Anwendung eines zeitlich fixierten Ausl¨osesignals (Trigger) von Nutzen. Insbesondere bei Echtzeitabtastungen von periodischen Vorg¨angen, aber auch bei zuf¨alligen Abtastungen zu einer Zeit tx , ist ein Bezugszeitpunkt t0 erforderlich, um die Signale zeitlich zugeordnet analysieren bzw. mitteln zu k¨onnen. Zudem bietet die Phasenmittelung neben der Reynoldschen Zerlegung einer transienten Gr¨oße in Mittelwert und Schwankungsanteil auch die Extraktion streng periodischer Ereignisse. Eine Phasenkorrelation zu Ereignissen, die nicht mit der Periode u ¨bereinstimmen, ist jedoch nicht m¨oglich. Dadurch kommt es zu einer Signalfilterung der periodischen Anteile in der Messung. Triggersignale k¨onnen sowohl intern vorgegeben als auch extern an anderer Stelle des Messsystems abgegriffen werden. Der Triggermechanismus wird u ¨berlicherweise auf der positiven oder negativen Flanke des Signals bei einer festen Spannung, dem Triggerpegel, ausgel¨ost. Die periodisch getriggerte Form der Messdatenaufnahme eignet sich besonders bei der Untersuchung von Str¨omungsbeeinflussungen mit Hilfe periodischer St¨orgr¨oßen.

200

8.3

8. Signalanalyse

Visualisierung von Str¨ omungsdaten

Der Visualisierung von Str¨omungsdaten aus Feldmessungen und numerischen Simulationen kommt im Computerzeitalter eine immer gr¨oßere Bedeutung zu. Durch die Digitalisierung der Messtechnik und die zunehmend feinere Strukturierung der Berechnungsgitter fallen auch gr¨oßere Datenmengen an, und die Extrahierung wichtiger Str¨omungsinformationen kann daher sehr aufwendig werden. Die Bewertung einer komplexen Str¨omung erfolgt anhand typischer Merkmale und charakteristischer Strukturen, wie zum Beispiel großskalige Wirbel, Abl¨osegebiete, Verdichtungsst¨oße u.a. Diese Strukturen wiederum sind oft jedoch nicht direkt durch Feldmessungen (z.B. Geschwindigkeitskomponenten) erfassbar. Daher m¨ ussen die charakteristischen Strukturmerkmale, wie z.B. die Wirbelst¨arke oder einzelne Wirbelkerne, aus den Felddaten ermittelt werden. Die Werkzeuge f¨ ur solche merkmalsbasierten Analysemethoden sind in der Regel Softwarel¨osungen, die die Mess- und Simulationsdaten aufbereiten und hinsichtlich definierter Kriterien darstellen k¨onnen. Diese Programme gewinnen zudem durch den damit m¨oglichen direkten Vergleich von Experiment und Simulation zunehmend an Bedeutung. Ein Str¨omungsfeld, z.B. das instation¨are Geschwindigkeitsfeld des in Bild 6.5 gezeigten Fahrzeugmodells mit Heckrampenwinkel ϕ = 25◦ , kann direkt durch eine Vektordarstellung zweidimensional visualisiert werden. Die r¨aumliche Aufl¨osung ist dabei jedoch begrenzt, so dass man die Struktur des Feldes nur schwer erfassen kann (Bild 8.7, links). Dieser Nachteil wird durch die Stromliniendarstellung (Isokonturlinien der Stromfunktion, Bild 8.7, rechts) behoben, durch die nun auch die Str¨omungsstruktur voll sichtbar wird.

Bild 8.7: Visualisierung von Str¨omungsfelddaten: klassisches Vektorfeld (links) und Stromliniendarstellung eines instation¨aren Nachlaufs (rechts) Die Berechnung der Stromfunktion ist f¨ ur allgemeine Geometrien und Randbedingungen aber sehr aufwendig. Mit der ebenen LIC-Technik (Line Integral Convolution - Faltung des Linienintegrals) wird eine unkorrelierte Textur (z.B. weißes Rauschen) entlang der Elemente des Vektorfeldes durch Faltung st¨ uckweise aufintegriert (Bild 8.8). Durch diese Visualisierungsmethode kann sehr schnell festgestellt werden, wo sich Wirbel im Nachlauf des dargestellten Fahrzeugmodells bilden, ohne f¨ ur jeden Punkt die Stromfunktion zu berechnen. Diese Methode ist besonders gut geeignet f¨ ur die Visualisierung von zweidimensionalen Feldern, die auf einem uniformen Gitter (z.B. bei PIV-Messungen) definiert sind, sowie f¨ ur den Vergleich experimenteller und numerischer Daten, wie in Bild 8.8 gezeigt.

8.3. Visualisierung von Str¨omungsdaten

201

Bild 8.8: Vergleich des instation¨aren Str¨omungsfeldes im Nachlauf eines generischen Fahrzeugmodells zwischen Experiment (links) und Grobstruktursimulation (rechts, LES nach E. Wassen) Solche charakteristischen Wirbelstrukturen k¨onnen mit Hilfe der λ2 -Methode auch dreidimensional detektiert und sichtbar gemacht werden. Das λ2 -Kriterium stellt dabei den zweitgr¨oßten Eigenwert dar, der aus dem symmetrischen Tensor des Geschwindigkeitsgradientenfeldes ermittelt wird. Punkte im Raum, die zu einer Wirbelstruktur geh¨oren, besitzen einen negativen λ2 -Wert. Je kleiner λ2 ist, desto st¨arker ist auch der korrespondierende Wirbel. So lassen sich beispielsweise Str¨omungstopologien erfassen, die durch dominierende L¨angs- und Querwirbel gepr¨agt werden, wie Bild 8.9 zeigt. Hier ist das Ergebnis einer instation¨aren Grobstruktursimulation an dem gleichen Modell wie in den Bildern 8.7 und 8.8 dargestellt. Besonders deutlich treten hier Querwirbel am Kopf des Modells sowie am Beginn der Heckschr¨age auf, die durch die λ2 -Isofl¨achen eindrucksvoll indiziert werden. An den Seitenkanten der Heckschr¨age und an den Kanten l¨angs des Fahrzeugbodens treten dagegen sehr starke L¨angswirbelstrukturen auf.

Bild 8.9: Koh¨arente Strukturen an einem generischen Fahrzeugmodell durch die λ2 -Methode sichtbar gemacht (instation¨are Grobstruktursimulation, nach E. Wassen)

202

8. Signalanalyse

Weiterfu ¨ hrende Literatur Best, R. (1993), Digitale Signalverarbeitung und -simulation, Grundlagen der digitalen Signalverarbeitung, Band 1. VDE Verlag Berlin-Offenbach. Burkhardt, O., Dinata, U. & Nitsche, W. (2000), Surface fence with an ” integrated, piezoresistive pressure sensor for measurements of static and dynamic wall shear stresses.” In: Notes on Numerical Fluid Dynamics, Band 77, SpringerVerlag, S. 441–448. Elwenspoek, M. & Wiegerink, R. (2001), Mechanical Microsensors, Microtechnology and MEMS. Springer-Verlag. Hege, H.-C. & Polthier, K. (1997), Visualization and Mathematics. Experiments, Simulations and Environments. Springer-Verlag. Schruefer, E. (1992), Signalverarbeitung - Numerische Verarbeitung digitaler Signale. Karl Hanser-Verlag. Schwetlick, H. (1997), PC-Messtechnik, Grundlagen und Anwendungen der rechnergest¨ utzten Messtechnik. Vieweg-Verlag. Stalling, D. & Hege, H.-C. (1996), Fast and Resolution Independent Line In” tegral Convolution.” In: First Eurographics Workshop on Parallel Graphics and Visualization, S. 111–128, Bristol, U.K. Tr¨ ankler, H.-R. & Obermeier, E. (1998), Sensortechnik- Handbuch f¨ ur Praxis und Wissenschaft. Springer-Verlag.

9. Versuchsanlagen Die klassische Versuchsanlage f¨ ur Str¨omungsexperimente ist der Windkanal oder auch der Wasserkanal. In derartigen Versuchskan¨alen wird das Str¨omungsmedium u unschte Str¨omungsgeschwindigkeit gebracht und um¨ber einen Antrieb auf die gew¨ str¨omt den zu untersuchenden Versuchsk¨orper. Im Vergleich zur Realit¨at, z.B. der Umstr¨omung eines Flugzeugtragfl¨ ugels im Fluge, ist in einem Windkanal das Bezugssystem der Geschwindigkeit verschoben, da im Gegensatz zur realen Situation, bei der sich das Flugzeug durch die ruhende Luft bewegt, nunmehr die bewegte Luft um einen ruhenden Fl¨ ugel str¨omt. Hinsichtlich der auf den K¨orper wirkenden Kr¨afte ist dieser verschobene Bezugspunkt allerdings ohne große Bedeutung, es sei denn, dass die Str¨omungsqualit¨at des Windkanals (z.B. gleichf¨ormige Anstr¨omung, Turbulenzgrad) drastisch schlechter ist als die in der Realit¨at. Nachstehend sollen einige Ausf¨ uhrungen u ¨ber allgemeine Windkanalkonzepte sowie u ¨ber technisch realisierte ¨ Versuchsanlagen f¨ ur den Unterschall und Uberschall gemacht werden.

9.1

Allgemeine Windkanalkonzepte

Str¨omungskan¨ale lassen sich sehr unterschiedlich konzipieren. In Bild 9.1 ist zun¨achst der prinzipielle Aufbau von drei klassischen Windkanaltypen gegen¨ ubergestellt, und zwar von einem Freistrahlkanal, einem Eiffel-Kanal und einem Umlaufkanal G¨ottinger Bauweise. Ein Freistrahlkanal, Bild 9.1a, arbeitet als offener Kanal, d.h. ohne Str¨omungsr¨ uckf¨ uhrung, und die Str¨omungsgeschwindigkeit wird durch ein Frontgebl¨ase erzeugt. Stromab vom Gebl¨ase befindet sich in der sogenannten Beruhigungskammer ein Str¨omungs-Gleichrichter, der aus einer d¨ unnwandigen Wabenstruktur besteht und die Str¨omung gleichrichtet”, d.h. eine Reduktion von Quergeschwin” digkeiten und Drall bewirkt. Stromab vom Gleichrichter folgen dann feine Siebe, die einen zus¨atzlichen Ausgleich noch bestehender Ungleichf¨ormigkeiten in der Str¨omung bewirken, insbesondere auch hinsichtlich der Turbulenzstruktur. Die Str¨omung wird aus der Beruhigungskammer u use beschleunigt und bildet am D¨ u¨ber eine D¨ senaustritt einen Freistrahl, in dem die Str¨omungsexperimente bei der gew¨ unschten Str¨omungsgeschwindigkeit durchgef¨ uhrt werden k¨onnen.

204

9. Versuchsanlagen a

b

Freistrahl-Kanal Gleichrichter

Antrieb

Siebe

Eiffel-Kanal Gleichrichter

Siebe

Düse

Düse

Messstrecke

Diffusor

c

Antrieb

Umlauf-Kanal (Göttinger)

Antrieb Umlenkbleche Gleichrichter

Siebe

Messstrecke Düse (offen / geschlossen)

Diffusor

Bild 9.1: Schema unterschiedlicher Windkanaltypen Die Str¨omungsbeschleunigung von D¨ useneintritt zu D¨ usenaustritt ergibt sich aus dem Kontraktionsverh¨altnis n der D¨ use, das u ¨ber das charakteristische Fl¨achenverh¨altnis n=

FEintritt FAustritt

(9.1)

definiert ist. Die Kontraktion bzw. die daraus resultierende Beschleunigung der Str¨omung reduziert insbesondere auch den Turbulenzgrad im D¨ usenaustritt, und zwar gilt n¨aherungsweise, dass der Turbulenzgrad vom D¨ useneintritt hin zum Austritt ¨ mit dem Kehrwert des Quadrates vom Kontraktionsverh¨altnis abnimmt. Ahnlich wie der Freistrahl-Kanal ist auch der Eiffel-Kanal, Bild 9.1b, ein offener Str¨omungskanal ohne Windr¨ uckf¨ uhrung, allerdings befindet sich jetzt das Gebl¨ase am Ende des Kanals in einem Auslaufdiffusor. Wesentlicher Vorteil dieser Gebl¨aseanordnung ist, dass die vom Rotor verursachten Str¨omungsst¨orungen nicht mehr mit der Str¨omung durch den Windkanal laufen. Die Str¨omungsf¨ uhrung eines Eiffel-Kanals erfolgt wieder u use, daran ¨ber Beruhigungskammer (mit Gleichrichter und Sieben) und D¨ schliesst sich allerdings jetzt im Gegensatz zur offenen Messstrecke des Freistrahlkanals eine geschlossene Messstrecke an, die aufgrund des hier infolge der Gebl¨aseanordnung herrschenden Unterdruckes unabdingbar ist. Da Eiffel-Kan¨ale einen relativ geringen Bauaufwand erfordern, sind sie weit verbreitet. Insbesondere lassen sich bei dieser Bauart relativ unproblematisch sehr hohe Kontraktionsverh¨altnisse der Einlaufd¨ use von n > 100 realisieren, wodurch eine sehr hohe Str¨omungsqualit¨at, d.h. neben der Gleichf¨ormigkeit der Str¨omung haupts¨achlich auch ein ¨außerst niedriger Turbulenzgrad in der Gr¨oßenordnung von T u < 5 · 10−4 , erzielt werden kann. EiffelKan¨ale eignen sich daher ganz besonders f¨ ur Untersuchungen zur Laminarhaltung von Str¨omungen.

9.2. Unterschallkan¨ale

205

Neben dem Eiffelkanal stellt der in Bild 9.1c gezeigte Umlaufkanal G¨ottinger Bauweise die g¨angigste Windkanalart dar. Derartige Umlaufkan¨ale verf¨ ugen u ¨ber einen geschlossenen Kreislauf und k¨onnen je nach Anforderung wahlweise mit geschlossener oder auch offener Messstrecke betrieben werden. Durch die vergleichsweise große Entfernung zwischen Gebl¨ase und Messstrecke bleiben die gebl¨aseinduzierten St¨orungen trotz des geschlossenen Str¨omungskreislaufes klein. Ein wesentlicher Vorteil der geschlossenen Bauweise liegt in dem gegen¨ uber Freistrahl- und Eiffel-Kanal deutlich reduzierten Leistungsbedarf des Gebl¨ases. Die geschlossene Bauweise macht allerdings eine zus¨atzliche Str¨omungsk¨ uhlung durch einen W¨armetauscher erforderlich, um die st¨andige Energiezufuhr des Gebl¨ases, aus der ohne Zusatzk¨ uhlung eine Temperaturerh¨ohung der Str¨omung resultieren w¨ urde, zu kompensieren. Wind- und auch Wasserkan¨ale werden nat¨ urlich entsprechend den jeweiligen Anforderungen der Betreiber konzipiert und gebaut. Folglich gibt es eine Vielfalt von individuell unterschiedlichen Anlagen, die allerdings in der Regel die grunds¨atzlichen Auslegungsmerkmale des jeweiligen Kanaltyps entsprechend Bild 9.1 aufweisen.

9.2

Niedergeschwindigkeits- und Unterschallkan¨ ale

Windkan¨ale f¨ ur kleine Mach-Zahlen unter M = 0, 2 bezeichnet man als Niedergeschwindigkeitskan¨ale, und Kan¨ale, die im Bereich 0, 2 < M < 0, 9 arbeiten, als Unterschallkan¨ale. Das Kreislaufschema von zwei Umlaufkan¨alen G¨ottinger Bauart, die f¨ ur niedrige Geschwindigkeiten ausgelegt wurden, zeigt Bild 9.2. Im oberen Bild ist der Niedergeschwindigkeitskanal der DLR-G¨ottingen gezeigt, der u ¨ber eine offene Messstrecke mit einem 3m x 3m-Querschnitt am D¨ usenaustritt verf¨ ugt und eine Maximalgeschwindigkeit von 65 m/s aufweist. In Abweichung vom klassischen Konzept mit vier Umlenkecken wurden aus bautechnischen Gr¨ unden hier zwei kreisbogenf¨ormige Umlenkungen mit speziellen Umlenkblechen gew¨ahlt. In Bild 9.2, unten ist das Schema eines Windkanals am Institut f¨ ur Luft- und Raumfahrttechnik (ILR) der TU Berlin dargestellt, der ebenfalls als Umlaufkanal G¨ottinger Bauart konzipiert wurde. Bei unterschiedlichen D¨ usenkontraktionen (von 1:8 bis 1:16) k¨onnen in der Messstrecke Geschwindigkeiten bis 50 m/s erreicht werden. Durch den geringen Turbulenzgrad in der Messstrecke von 0,1% eignet sich diese Versuchsanlage besonders f¨ ur Untersuchungen von Grenzschichten und Grenzschichteffekten. In Bild 9.3 sind zwei Großausf¨ uhrungen von Niedergeschwindigkeits- bzw. schon Unterschallkan¨alen gezeigt, und zwar im Bildteil a die Str¨omungsf¨ uhrung in einem großen Automobilkanal (VW) mit einer offenen Messstrecke und im Bildteil b das Kreislaufschema des Deutsch-Niederl¨andischen Windkanals (DNW) mit einer geschlossenen Messstrecke. Beide Kan¨ale verf¨ ugen u ¨ber sehr große Messstreckenquerschnitte von 5 m x 7,5 m im VW-Kanal respektive maximal 9,5 m x 9,5 m und minimal 6 m x 6 m im DNW. Die maximale Str¨omungsgeschwindigkeit liegt beim VW-Kanal bei 42 m/s und im DNW je nach Messquerschnitt zwischen 65 und 145 m/s. In diesen Großanlagen k¨onnen aufgrund dieser Spezifikationen bereits Untersuchungen im Modellmaßstab 1:1 unter realistischen Str¨omungsrandbedingungen durchgef¨ uhrt werden, beispielsweise an Kraftfahrzeugen oder auch an kleineren Tragfl¨ ugeln. Allerdings ist auch der Leistungsbedarf der Antriebsgebl¨ase bei diesen Großwindkan¨alen erheblich und liegt beim VW-Kanal bei 2.600 kW und beim DNW bei 12.700 kW.

206

9. Versuchsanlagen

51,6 m

Leitbleche

Gebläse & 4,5 m

Leitbleche

7x7m

~6m

Siebe Gleichrichter

Umlenkung

Diffusor

Siebe 1, 2

Beruhigungskammer Gleichrichter Kühler Siebe 3,4

Düse

offene Messstrecke Auffangtrichter (F = 3 x 3 m)

Düse

Messstrecke

Umlenkung

Diffusor

Längenverstellung

Umlenkbleche

Gebläse mit Schalldämpfer

Sieb 5

Umlenkbleche

Bild 9.2: Umlaufkan¨ale G¨ottinger Bauart: Niedergeschwindigkeits-Windkanal der DLR-G¨ottingen (oben) und Grenzschichtkanal (TU Berlin, unten)

Str¨ omungskan¨ ale fu ¨ r Flu ¨ ssigkeiten Str¨omungskan¨ale werden nicht nur mit Luft betrieben, sondern als bewegtes Fluid k¨onnen auch unterschiedliche Fl¨ ussigkeiten zum Einsatz kommen. Da hierf¨ ur besonders hohe Anforderungen an die Dichtigkeit der Str¨omungskanalkomponenten zu stellen sind, werden an diese Anlagen ganz spezielle Anforderungen gestellt. Besonders f¨ ur Str¨omungsvisualisierungen bieten sich Wasserkan¨ale (Bild 9.4) an, da die Str¨omungsvorg¨ange in Wasser bei gleicher Reynolds-Zahl sehr viel langsamer ablaufen als in Luft und damit leichter zu beobachten sind. Dieser Effekt ergibt sich aus der unter Normalbedingungen um den Faktor 15 gr¨oßeren kinematischen Viskosit¨at von Luft gegen¨ uber Wasser. Bei gleicher charakteristischer L¨ange eines Versuchsk¨orpers und gleicher Reynolds-Zahl kann in Wasser somit eine um den Faktor 15 reduzierte Str¨omungsgeschwindigkeit gefahren werden. Bei diesen kleinen Geschwindigkeiten gelingt z.B. eine Str¨omungssichtbarmachung durch Farbeinleitungen besonders gut, dar¨ uber hinaus treten insbesondere instation¨are Str¨omungsvorg¨ange sehr viel besser visuell hervor. Der in Bild 9.4 als typisches Beispiel dargestellte kleine Wasserkanal wird als geschlossener Umlaufkanal betrieben. Die Messstrecke hat einen Querschnitt von 0,25 m x 0,33 m, ist etwa einen Meter lang und von drei Seiten her optisch zug¨anglich. Die Str¨omungsgeschwindigkeit im Kanal wird durch eine einstufige Axialpumpe u ¨ber einen Gleichstrommotor gesteuert, wobei in der Messstrecke eine maximale Str¨omungsgeschwindigkeit von etwa 2,5 m/s erreicht werden kann.

9.2. Unterschallkan¨ale

207

10 m

a 52 m Antrieb

20 m

&13.8 m

Gebläse

offene Messstrecke (F = 5 x 7.5 m)

&8 m

10m

b Schwert Waage

129 m

Siebe Messstrecke

Kühler

30 m

Gebläse

F1 = 9.5 x 9.5 m2 2 F2 = 8 x 6 m 2 F3 = 6 x 6 m

a und im Deutsch-Niederl¨andischen Bild 9.3: Str¨omungsf¨ uhrung im VW-Kanal  b Windkanal 

Die Wahl eines anderen Fluids als Luft kann auch aus rein optischen Gr¨ unden getroffen werden. Die Anwendung laseroptischer Geschwindigkeitsmessverfahren und auch Visualisierungsmethoden zur Untersuchung von Innenstr¨omungen, beispielsweise in Rohren, D¨ usen und Diffusoren f¨ uhrt aufgrund der kleinen Kr¨ ummungsradien der Rohre speziell in Wandn¨ahe zu sehr großen Brechungswinkel f¨ ur das einfallende Laserlicht. F¨ ur genaue Geschwindigkeitsmessungen in Wandn¨ahe m¨ ussten daher Korrekturen bez¨ uglich des Messortes und der Geschwindigkeiten durchgef¨ uhrt werden. Eine elegante L¨osung dieses Problems bietet die Brechungsindexanpassung, bei der der Brechungsindex des Fluids innerhalb und außerhalb der Rohre auf den Brechungsindex der umgebenden W¨ande angeglichen wird. Im Idealfall (nF luid = nW and ) treten dann keine Brechungswinkel zwischen den optischen Grenzfl¨achen innerhalb

208

9. Versuchsanlagen Gleichrichter Messstrecke

Strömungsrichtung

Kamera Laserlichtschnitt

Axialrotor

Bild 9.4: Kleiner Wasserkanal (links) und die Messstrecke mit einem typischen Versuchsaufbau z.B. f¨ ur PIV-Messungen (rechts) ¨ der Messstrecke auf. Die Rohrw¨ande des Olrohrkanals in Bild 9.5 und die Messstreckenfenster bestehen daher aus Plexiglas und der Brechungsindex des str¨omenden ¨ l¨asst sich durch eine Temperaturregelung auf den Plexiglaswert adaptieren. Ols Hauptmessstrecke Beruhigungskammer Einlaufmessstrecke

nÖl nÖl

nÖl Wärmetauscher

Rohrsegment

einfallender Laserstrahl

nWand nÖl

Pumpe

nicht angepasster Fall nÖl < nWand

angepasster Fall nÖl = nWand Dx

¨ Bild 9.5: Olrohrkanal mit zwei brechungsindexangepassten Messstrecken

9.3

¨ Transsonik- und Uberschallkan ale ¨

F¨ ur Str¨omungsexperimente bei hohen Geschwindigkeiten im Bereich der Schallgeschwindigkeit (0, 5 < M < 1, 2) werden sogenannte Transsonikkan¨ale eingesetzt, f¨ ur ¨ noch gr¨oßere Mach-Zahlen dann Uberschallkan¨ ale. Derartige Hochgeschwindigkeitskan¨ale erfordern eine vergleichsweise hohe Antriebsleistung, da die Strahl- und damit auch die Gebl¨aseleistung eines Windkanals in dritter Potenz von der Str¨omungsgeschwindigkeit u abh¨angt. Die erforderliche Antriebsleistung N eines Windkanalgebl¨ases w¨achst gem¨aß

ρ N = ζ u3 F 2 ζ − Verlustfaktoren der Bauteile

(9.2)

¨ 9.3. Transsonik- und Uberschallkan¨ ale

209

auch noch linear mit der Querschnittsfl¨ache F der Messstrecke an. Um den Energie¨ aufwand dennoch in vertr¨aglichen Grenzen zu halten, werden Transsonik- und Uberschallkan¨ale u ¨blicherweise mit sehr viel kleineren Messstreckenquerschnitten gebaut, als dies bei Unterschallwindkan¨alen der Fall ist. Transsonikkan¨ale sind insbesondere f¨ ur die Flugzeugaerodynamik von entscheidender Bedeutung, da moderne Verkehrsflugzeuge eine Reiseflug-Machzahl um M = 0, 8 aufweisen. Zwei Beispiele f¨ ur die praktische Auslegung von Transsonikkan¨alen sind in den Bildern 9.6 und 9.7 dargestellt. Bild 9.6 zeigt die Str¨omungsf¨ uhrung des G¨ottinger Transsonikkanals mit geschlossener Str¨omungsf¨ uhrung, der u ¨ber einen Messquerschnitt von 1m x 1m verf¨ ugt und im Machzahlbereich 0, 5 < M < 2 arbeitet. F¨ ur ¨ Uberschallversuche ist der Kanal mit einer kontinuierlich verstellbaren Lavald¨ use unmittelbar stromauf von der Messstrecke ausger¨ ustet. Die installierte Antriebsleistung betr¨agt 12.700 kW.

46.5 m Siebe

2

Gleichrichter

Messstrecke (F = 1 x 1 m )

Antrieb

Gebläse

Schwert

Bild 9.6: Transsonischer Windkanal der DLR-G¨ottingen

Partikelgenerator

Beruhigungskammer Siebe

austauschbare Messstrecke

einstufiger Radialkompressor Gleichstrommotor (P=400 kW) Bypass

Schallhals (verstellbar)

Flexible Wand

Gleichrichter

Trocknerbett

Schalldämpfer Getriebe

u.a. adaptive Messstrecke

Profilmodell Schrittmotor

Bild 9.7: Transsonischer Windkanal der TU Berlin. Str¨omungsf¨ uhrung und adaptive Messstrecke (nach U. Ganzer) In Bild 9.7 ist die Str¨omungsf¨ uhrung eines wesentlich kleineren Transsonikkanals gezeigt, der an der TU Berlin als Eiffel-Kanal mit einem Messstreckenquerschnitt von 0,15 m x 0,15 m ausgef¨ uhrt wurde. Die Antriebsleistung des Kanals betr¨agt 400 kW und deckt einen Machzahlbereich von 0, 3 < M < 2, 4 ab. Da in der Messstrecke bauweisenbedingt ein Unterdruck herrscht, wird die angesaugte Luft vor ihrem Eintritt in die Beruhigungskammer k¨ unstlich getrocknet (Silica Gel), um Kondensation in der Messstrecke zu vermeiden.

210

9. Versuchsanlagen

Zur Reduktion von Wandinterferenzen, beispielsweise bei der Vermessung von Tragfl¨ ugelprofilen, ist die Messstrecke mit adaptiven W¨anden ausger¨ ustet, die u ¨ber rechnergesteuerte Stellglieder so verfahren werden k¨onnen, dass die Profilumstr¨omung im Kanal n¨aherungsweise der einer ungest¨orten Str¨omung eines Freifluges entspricht. Zus¨atzlich ist der Kanal mit einem sogenannten Schallhals ausger¨ ustet, der bei Un¨ terschallversuchen durch Erzeugung einer lokalen Uberschallzone stromab von der Messstrecke daf¨ ur sorgt, dass die vom Gebl¨ase erzeugten St¨orungen nicht stromauf bis zur Messstrecke vordringen.

9.4

Hochdruck und Kryokan¨ ale

Vor dem Hintergrund der Flugzeugaerodynamik liegt eine grunds¨atzliche Problematik bei der Konzipierung von Hochgeschwindigkeitskan¨alen darin, dass zun¨achst die Abdeckung eines bestimmten Mach-Zahl-Spektrums prim¨ares Auslegungsziel ist, dass andererseits aber die aus energetischen Gr¨ unden erforderlichen relativ kleinen Messstreckenquerschnitte auch nur entsprechend kleine Modelle erlauben. Damit ist aber die neben der Mach-Zahl ebenfalls wichtige Reynolds-Zahl nicht mehr realit¨atsnah erf¨ ullbar. Da die Reynolds-Zahl z.B. im Bereich der Tragfl¨ ugelaerodynamik als charakteristische Kennzahl der viskosit¨atsbedingten Grenzschichteffekte neben der Mach-Zahl eine ganz wesentliche Rolle spielt, werden erhebliche Anstrengungen ¨ unternommen, auch bei Windkanalversuchen beide Ahnlichkeitsgr¨ oßen simultan zu erf¨ ullen. 11.42 m

Bajonettdeckel

7.5 m

Düse

Schleuse

Fenster

3m

&1.6 m

&1.2 m

Messstrecke (F = 0.6 x 0.6 m2)

Verschlussdeckel

&1 m

Antrieb Gebläse

Bild 9.8: Schema des DLR-Hochdruck-Windkanals ¨ Zur Uberwindung dieses Problems sind im wesentlichen zwei Wege gangbar: Zum einen kann der Druck in einem Windkanal sehr stark angehoben werden, wodurch die Dichte stark steigt und damit auch die Reynolds-Zahl. Eine derartige Technik wird in begrenztem Maße bereits bei bestehenden Transsonikkan¨alen angewendet, ¨ z.B. bei dem in Bild 9.6 gezeigten Kanal der DLR G¨ottingen, der mit Uberdr¨ ucken bis zu 4000 hPa betrieben werden kann. Einen deutlichen Schritt weiter in diese Richtung geht der in Bild 9.8 gezeigte DLR-Hochdruckkanal, der f¨ ur einen maximalen Betriebsdruck von 105 hPa bei einer maximalen Str¨omungsgeschwindigkeit von 35 m/s ausgelegt ist. Damit kann auch die Reynolds-Zahl gegen¨ uber einem Nor¨ malbetrieb (ohne Uberdruck) um den Faktor 100 gesteigert werden. Dieser Effekt

9.4. Hochdruck und Kryokan¨ale

211

erscheint zun¨achst vielversprechend, in der Praxis sind dieser Technik allerdings enge Grenzen gesetzt, da der hohe Systemdruck konstruktive Probleme f¨ ur den Kanal selbst und auch f¨ ur die verwendeten Modelle mit sich bringt. Die zweite prinzipielle M¨oglichkeit zur Steigerung der Reynolds-Zahl besteht in einer drastischen Absenkung der Temperatur des Str¨omungsmediums, da diese Maßnahme sowohl die Dichte u ¨ber (5.1) erh¨oht als auch entsprechend (5.2) die Viskosit¨at des Str¨omungsmediums verringert. Windkan¨ale, die nach dieser Methode konzipiert sind, werden als Kryo-Kan¨ale bezeichnet. In Bild 9.9 sind zun¨achst die ¨ globalen Anderungsfaktoren hinsichtlich der erzielbaren Reynolds-Zahl, der auftretenden Modellbelastung und auch der Antriebsleistung eines Windkanals als Funktion der Str¨omungstemperatur dargestellt. Aus dieser Darstellung folgt, dass die Kryokanal-Technik insbesondere bei sehr niedrigen Temperaturen von unter 100 K sehr wirkungsvoll zu einer starken Reynoldszahlsteigerung f¨ uhrt, ohne dass die Antriebsleistung des Kanals angehoben werden muss.

¨ Bild 9.9: Anderungsfaktoren der Leistungsmerkmale eines Windkanals bei Absenkung der Str¨omungstemperatur (ETW) Der prinzipielle Aufbau der K¨ uhleinrichtung eines Kryo-Kanals ist schematisch in Bild 9.10 gezeigt. Das Herunterk¨ uhlen des Windkanals wird technologisch so durchgef¨ uhrt, dass in den Kreislauf des Kanals Fl¨ ussigstickstoff eingespritzt wird, der in der Messstrecke verdampft und dar¨ uber die gew¨ unschte K¨ uhlwirkung erzielt. Die Abk¨ uhlung des Kanals kann dabei u ussigstick¨ber die Menge des eingespritzten Fl¨ stoffs gezielt gesteuert werden. Um den Druck im Kanal konstant zu halten, muss dabei eine der Einspritzung entsprechende Gasmenge ausgeblasen werden. Andererseits bietet eine getrennte Regelung von Einspritz- und Ausblasmenge neben der Temperatursteuerung auch noch die M¨oglichkeit, den Windkanaldruck gezielt zu variieren. Die praktische Ausf¨ uhrung eines kryogenen Windkanals ist f¨ ur das Beispiel des European Transonic Windtunnel (ETW) in Bild 9.11 gezeigt. Dieser Kanal verf¨ ugt u ¨ber eine Antriebsleistung von 50.000 kW, der in dem Messstreckenquerschnitt von 2,4 m x 2,0 m Mach-Zahlen im Bereich von 0, 15 < M < 1, 3 erm¨oglicht. Durch das Einspritzen von bis zu 250 kg Fl¨ ussigstickstoff pro Sekunde kann der Kanal auf 90 K heruntergek¨ uhlt werden, wobei zus¨atzlich der Druck auf 4500 hPa gesteigert werden kann. Durch beide Maßnahmen gelingt es, die charakteristische Reynolds-Zahl auf etwa Re = 50 · 106 zu steigern, so dass sowohl die f¨ ur Verkehrsflugzeuge relevanten Mach-Zahlen als auch Reynolds-Zahlen simuliert werden k¨onnen, Bild 9.12.

212

9. Versuchsanlagen

Drucksystem Flüssigstickstoff LN2

Gebläse

mLuft »4 mGN2

Ausblasventile

Messstrecke

Steuerventile der Flüssigstickstoffeinspritzung

Bild 9.10: Kreislaufschema eines Kryo-Windkanals (nach NASA)

11.4 m

Gebläse

Stickstoffausblasung Düse

Messstrecke 2 (F = 2.4 x 2.4 m )

Stickstoffeinspritzung

62.2 m

Siebe

Bild 9.11: Kreislaufschema des Europ¨aischen Transsonik-Kanals (ETW) 50 ETW

Reynoldszahl .106

40 30 20

Verkehrsflugzeuge 10 Windkanäle in Europa 0 0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

Machzahl

Bild 9.12: Leistungsspektrum Windkan¨alen

des

ETW

im

Vergleich

zu

konventionellen

Als Zusammenfassung des Kapitels Versuchsanlagen sind in der nachfolgend abgebildeten Tabelle (Bild 9.13) die Leistungsdaten einiger existierender Windkanalanlagen in Europa exemplarisch zusammengefasst und gegen¨ ubergestellt. Wie schon aus Bild 9.12 hervorging, bietet insbesondere der Kryokanal ETW speziell f¨ ur die Flugzeugaerodynamik einen ganz wesentlichen Fortschritt hinsichtlich des großen Simulationsbereichs.

Weiterf¨ uhrende Literatur

213

Messquerschnitt ® Geschwindigkeiten

Anlage 3m-Kanal DLR Göttingen VW- Klimakanal

Deutsch-Niederländischer Windkanal (DNW)

® u:£ 65 m/s

1200 kW

Freistrahl

2

® u:£ 42 m/s

2600 kW

Freistrahl Temp.: 240 - 313 K

2

® u:£ 75 m/s

4000 kW

Freistrahl

5 x 7,5 m

5x7m

3 x 3 m2 ® u:£ 62 m/s 5 x 7,5 m2 ® u:£ 110 m/s

Transsonikkanal DLR Göttingen

12700 kW

2

® u:£ 145 m/s

2

® 0,5 £ M: £ 2,0

12000 kW

Druck: 0,4 - 1,6 bar

2

® 0,15 £ M: £ 1,3

50000 kW

Druck: 1,25 - 4,5 bar Temp.: 90 - 313 K

5x7m

Europ.Transsonikkanal (ETW)

Besonderheiten

2

3x3m

Daimler-Kanal

Antriebsleistung

1x1m 2,4 x 2 m

Bild 9.13: Leistungsdaten einiger europ¨aischer Windkan¨ale

Weiterfu ¨ hrende Literatur AGARD-AR-244 (1988), Boundary Simulation and Control in Wind Tunnels.” ” AGARD-R-722 (1985), Special Course on Cryogenic Technology for Wind Tunnel ” Testing.” Hucho, W.-H. (2002), Aerodynamik der stumpfen K¨ orper. Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft Braunschweig/Wiesbaden. Meier, H. U. & Meyer, E. (1998), Die Bedeutung der Windkan¨ale f¨ ur die Luft” fahrtforschung in Deutschland.” DLR-Bericht-IB 223-98-A23. Meyer, O. (2003), Experimentelle Untersuchungen zur Wirksamkeit adaptiver Schlitze in Windkanalmessstrecken. Mensch & Buch Verlag. Pankhurst, R. & Holder, D. (1965), Windtunnel Technique. Pitman & Sons, London. Rae jun., W. & Pope, A. (1984), Low Speed Wind Tunnel Testing. John Wiley & Sons, New York. Tizard, J. (1995), ETW/D/95001.

European ”

Transsonic

Windtunnel



User

Guide.”

Anhang Oberflächenhitzdraht

Oberflächenheißfilm

20

20

Passagen

18

0,3

16

18

0,15

16

0,2

0,1

14

14

0,1

8

10

0

8

-0,1

6

-0,05

6

-0,2

4

-0,1

4 -0,3

2 0

0,05

12 0

t [ms]

t [ms]

12 10

0

20

40

20

x/c

60

80

-0,15

2 0

E [V]

0

20

40

20

18

2

16

1,5

14

x/c

60

80

E [V]

18

2,5

16

2

14

1,5

1

12

Transitionslinie

10

0,5

t [ms]

t [ms]

12

1

Transitionslinie

10

0,5

8

0

8

0

6

-0,5

6

-0,5

4

-1

4

-1

2 0

-1,5

0

20

40

x/c

60

80

m3

-1,5

2 0

0

20

40

x/c

60

m3

80

Bild 1: Vergleich von Oberfl¨achenhitzdraht- und -heißfilmsensorsignalen an zwei Statorschaufeln eines Axialverdichters: Verteilung der Wandschubspannungsschwankungen (qualitativ, oben) und die Schiefe-Verteilung (unten) (nach O. Burkhardt)

[°C]

freie Konvektion tW = 0

erzwungene Konvektion tW = 2 N/m2

40,0 35,0 30,0

OHD

HF OHD

HF

25,0 20,0 u:

Bild 2: Temperaturverteilung (Infrarot-Aufnahme) von Oberfl¨achenhitzdraht- und -heißfilmarrays bei freier (links) und erzwungener Konvektion (rechts) (nach O. Burkhardt)

216

Anhang

1.5

1.5

1.0

1.0

0.5

0.5

100 km/h

Laminar

Turbulent 0.0

0.0

1.5

1.5

1.0

1.0

0.5

0.5

110 km/h

0.0

0.0

1.5

1.5

1.0

1.0

0.5

0.5

0.0

0.0

1.5

1.5

Transitionsbereich

130 km/h

150 km/h 1.0

1.0

0.5

0.5

0.0

0.0 -5

F [10 ]

0.0 F = We.H2+1/B W = Winkel H = Helligkeit B = Blauwert

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

x/c

0.7

Bild 3: Transitionslagenbestimmung mit Hilfe von Fl¨ ussigkristallfolien im Freiflugversuch an einem Segelflugzeug Twin III G103 (nach M. Reyer)

Oberflächenheißfilm auf Flüssigkristallfolie

Freie Konvektion

Laminare Grenzschicht 5 (Re = 3.10 ) bei freier Transition

Turbulente Grenzschicht 5 (Re = 3.10 ) mit fixierter Transition

Bild 4: Visualisierung der Oberfl¨achentemperatur um einen Oberfl¨achenheißfilm bei freier Konvektion, sowie mit laminarer und turbulenter Wandgrenzschicht (nach F. Haselbach)

Farbtafeln

217

u:

Bild 5: Airbus A340 Fl¨ ugelmodell mit Pyren-basierter PSP (Pressure Sensitive Paint) im markierten Bereich (oben) und die fl¨achige Druckverteilung (unten, nach Engler)

u: a=0°

1.6 -0.2

Druckbohrungen

1.4

a = 5° a = 3° a = 1° a = 0°

1.2

a=1°

cP

1

a=3°

0.8 0.6 0.4 PSP-Werte

a=5°

0.2 0 -1.6

0.2

0.4

0.6

0.8

1

x/c

Bild 6: PSP-Druckverteilung an der Oberseite eines Dash8-100-Fl¨ ugelmodells bei Ma = 0,74 und in einem Fl¨ ugelschnitt bei 35% Fl¨ ugelspannweite im Vergleich zu den Messungen mit Wanddruckbohrungen (nach Engler)

218

Anhang

Bild 7: Instation¨ares (oben) und zeitgemitteltes (unten) Geschwindigkeitsfeld im Nachlauf eines generischen Fahrzeugmodells (Ahmed Body, ReL = 0, 5·106 ) mit hinterlegter Kontur der Geschwindigkeit in Hauptstr¨omungsrichtung

Bild 8: L¨angswirbelstrukturen an einem Doppeldeltafl¨ ugelmodell in einem Wasserkanal, sichtbar gemacht durch Farbeinleitung (Anstellwinkel α = 18◦ , Foto: MBB GmbH Ottobrunn)

Index A

D

A/D-Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Absorptionsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Adaptive W¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Amplitude. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .189 Analysefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71, 73 Ansprechzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Anstr¨omung Quer- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Schr¨ag- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 56 Anstr¨omwinkel . . . . . . . . . . . . . . 2, 17, 21 Antriebsleistung . . . . . . . . . . . . . 209, 211 Aufstauwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

D¨ampfungseigenschaft . . . . . . . . . . . . . 32 Dehnmessstreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Deltafl¨ ugel . . . . . . . . . . . . . . 156, 162, 166 Dichtefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Dichtegradient . . . . . . . . . 168, 171, 173 f Dichteunterschied . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Dicken¨anderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Differenzdrucksonde . . . . . . . . . . . . . . . 21 Diffusor, u ¨berkritisch . . . . . . . . . . 5, 184 Dopplereffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Dopplerfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Druck Absolut- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 atmosph¨arischer . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Differenz- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 dynamischer . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 21 Gesamt-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9, 21 hydrostatischer . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Partial- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 statischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14, 21 Stau- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 ¨ Uber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Druckgradient. . . . . . . . . . . . . . . . . . .4, 83 Druckmessfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Druckmessschlauch . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Druckschwankungen . . . . . . . . . . . . . . . 11 Wand- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Drucksensitive Farben . . . . . . . . . . . . . 28 Drucksonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Gesamt- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 statische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Druckverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Gesamt- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10, 48 Druckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Druckwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Durchmesser, dimensionsloser . . . . . . 14

B Bahnlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . .154, 158 Belichtungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Beruhigungskammer . . . . . . . . . 204, 209 Bildaufl¨osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Bildaufnahme digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 fotografisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Bildsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Bildverzerrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30 Binder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 Bionik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .167 Bragg-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63, 69 Brechungsindex . . . . . . . . . . . . . . 167, 174 Brechungsindexanpassung . . . . . . . . 207 Brennpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Br¨ uckenschaltung. . . . . .49, 87, 99, 135 C CCD-Kamera . . . . . . . . . . . . . . . . . 70, 148 Conrad-Sonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 CPM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 CTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 f, 87

E Effektivwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

220 Eigenerw¨armung . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Einbaufehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13, 86 Elektrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Emissionsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 f Empfangsoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Energiestromdichte . . . . . . . . . . 144, 146 F Farbfadenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Farbschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Farbschlieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Farbwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Feldmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 41 Fertigungsungenauigkeiten . . . . . . . . . 12 Filter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .198 Bandpass- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Fixpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Fl¨achenverh¨altnis . . . . . . . . . . . . . 23, 204 Fl¨ ugelmodell. . . . . . . . . . . . . . . . .30 f, 158 Fl¨ ussigkeitsthermometer . . . . . . . . . . 125 Fl¨ ussigkristall, thermochrom . . . . . . 150 Fl¨ ussigkristallfolie . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Fl¨ ussigstickstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Flugrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Flugversuch . . . . . . . . . . 34, 37, 152, 191 Fluoreszenzlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . 193 f Fast- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Freistrahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .203 Frequenz Abtast- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Doppler-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .122 Grenz- . . . . . . . . . . . . . . . . 33, 37, 100 Nyquist- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Frequenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Frequenzband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 F¨ unflochsonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 G Gebl¨ase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Geschwindigkeit Ausbreitungs-. . . . . . . . . . . .143, 196 dimensionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Momentan- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Geschwindigkeitsfeld . . . . . . . . . . . . 1, 75 instation¨ar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .74 zeitgemittelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Geschwindigkeitsgradient . . . . . . . .3, 80

Index Geschwindigkeitskomponenten . . 2, 43 Geschwindigkeitsmessung . . . . . . . . . . 21 Geschwindigkeitsschwankung . . . . . . 43 Geschwindigkeitsvektor . . . . . . . 48, 165 Geschwindigkeitsverteilung. . . . . . . . . .4 wandnah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Gleichgewichtszustand . . . . . . . . . . . . 125 Gleichrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Gleichung Bernoulli- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8, 45 Ideales Gas . . . . . . . . . . . . . 7, 46, 124 Grauwertverteilung . . . . . . . . . . . 71, 148 Grenzschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80, 156 Geschwindigkeits- . . . . . . . . . . . . 121 Gleichgewichts- . . . . . . . . . . . . 81, 97 kompressibel . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Temperatur- . . . . . . . . . . . . . . 89, 128 Grenzschicht¨ahnlichkeitsgesetz.94, 96, 104, 111, 185 Grenzschicht¨ahnlichkeitsparameter . 81 Grenzschichtdicke . . . . . . . . . . . . . . 80, 89 Grenzschichteffekte . . . . . . . . . . . . . . . 210 Grenzschichtrand . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Grenzschichtumschlag . . . . . . 32, 35, 38 H H¨aufigkeitsverteilung . . . . . . . . . . . 57, 66 Heizspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Hitzdraht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48, 180 Sondenformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Wand- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96, 185 Hitzdrahtanemometer . . . . . . . . . . . . 137 I Interferenz, thermodynamische . . . 178 Interferenzf¨acher . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Interferenzstreifenmuster . . 60, 76, 121 Interferogramm . . . . . . . . . . . . . 172, 174 f Interferometer Mach-Zehnder- . . . . . . . . . . . . . . . 171 ¨ Olfilm-Laser. . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Intermittenzfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Isentropenexponent . . . . . . . . . . . . . . . 126 K Kalibration Druckaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . 26 Hitzdraht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Index

221 Manometer Betz- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Fl¨ ussigkeits- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Zweischenkel- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Mattscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Mehrfachdruckaufnehmer . . . . . . . . . . 27 Membran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Mikrofon-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 MEMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98, 114 Mesophase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Messhandschuh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Messkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Messprinzip aktives . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 direktes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48 indirekes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Messstellenumschalter . . . . . . . . . . . . . 27 Messstreckenfenster. . . . . . . . . . . . . . .208 Messwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Messwertensemble . . . . . . . . . . . . . 68, 95 Miniaturisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Mischungsschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43, 190 Momentanwert. . . . . . . . . . . . . . . .62, 190

Oberfl¨achenheißfilm . . . . . . . . . . . . 90 Oberfl¨achenzaun . . . . . . . . . . . . . . 112 Preston-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 PSP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Pulsdraht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Wandhitzdraht . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Wandpulsdraht . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Kalibrationskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Kalibrationsparameter . . . . . . . . . . . . 106 Kaolin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 King’sches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Koh¨arenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .196 Kompensatorplatte . . . . . . . . . . . . . . . 171 Kompressibilit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kompressibilit¨atsfaktor . . . . . . . . . . . . 10 Kompressionswelle. . . . . . . . . . . . . . . .170 Konkavspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Kontraktionsverh¨altnis . . . . . . . . . . . 204 Kontrast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Konvektion, erzwungene . . . . . . 87, 140 Konzentrationsunterschied . . . . . . . . 168 Korrekturfunktion . . . . . . . . . . . . 52, 180 Korrelation Auto- . . . . . . . . . . . . . . . . . 73, 75, 196 Kreuz- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73, 196 Korrelationsfunktionen. . . . . . . .72, 196 Korrelationstheorem . . . . . . . . . . . . . . . 72 Kr¨aftebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 K¨ uhleinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Kugelsonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Kurtosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Newton’scher Reibungsansatz . . . . . . 80 Normalkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Normalspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 Nußelt-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50, 90

L

O

Ladungsverst¨arker . . . . . . . . . . . . . 25, 36 Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59, 69, 171 Puls- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Laserlichtschnitt . . . . . . . . . . . . . . 69, 160 Laufzeitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . 95 Laufzeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Leistungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Lochblende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Luftstr¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . 159, 165 Lumineszenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28, 160

Oberfl¨achendraht . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Oberfl¨achenheißfilm . . . . . . 88, 185, 187 Doppel- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Oberfl¨achenzaun . . . . . . . . 111, 185, 187 ¨ Olfilm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 ¨ Olfilmtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 ¨ Olrohrkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

M Maßeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Mach-Zahl . . . . . . . . . 2, 10, 47, 126, 210 Schubspannungs- . . . . . . . . . . . . . 112

N

P Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121, 158 Tracer- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Partikel-Tracking . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Partikelabbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Partikelbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Partikeldichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

222 Partikelgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . 66 Pfeilfl¨ ugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Phasendifferenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . .175 Phasenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Phasenmittelung . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Photodetektor . . . . . . . . . . . . . . . . . 60, 66 Photodiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Photolithografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Piezoeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Piezoquarz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Pitot-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . 15, 46, 177 Plattengrenzschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Prandtl-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 46 Prandtl-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Preston-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Prisma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Pulsdraht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 PVDF-Sensor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35 Pyroeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 R Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Rauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159, 162 Rauchdraht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Rauchdrahtvisualisierung . . . . . . . . . 166 Recovery-Faktor . . . . . . . . . . . . . 127, 133 Reibungsbeiwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Reibungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . 79 Reynolds-Spannung . . . . . . . . . . . . . 5, 44 Reynolds-Zahl. .2, 41, 50, 90, 159, 210 Bohrloch- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Reynoldsanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Reynoldszerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Rezirkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . 41, 115 Richtungsabh¨angigkeit . . . . . . . . . . . . . 92 Richtungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . 16 RMS-Wert . . . . . . . . . . . . 11, 34, 43, 190 Rochon-Prisma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 R¨ uckstr¨omung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 S Sauerstoff-Quenching . . . . . . . . . . . . . . 28 Schalldruckleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Schallhals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Schattenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Scherschicht . . . . . . . . . . . . 162, 166, 169 Schiebewinkel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 Schiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Index Schlierenanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Schubspannung molekular. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44 turbulent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Schubspannungsansatz . . . . . . . . . . 3, 94 Schwankungsanteil . . . . . . . . . . . . . . . 190 Schwankungsgr¨oße . . . . . . . . . . . . . . 5, 43 Seebeck-Effekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .129 Seeding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Seitw¨artsstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Sensorarray . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33, 37 Sersche Scheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Differenz- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Signal-Rausch-Verh¨altnis . . . . . . . . . 197 Signalamplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Silizium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Simulation Grobstruktur- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 numerische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Sondengeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Spaltblende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Speckle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Specklegramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Amplituden- . . . . . . . . . . . . . . 34, 195 elektromagnetisches . . . . . . . . . . 142 Leistungsdichte- . 34, 100, 115, 195 Sperrfl¨ ussigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Standardabweichung . . . . . . . . . . . . . . 191 Stanton-Sonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Strahler, Schwarzer . . . . . . . . . . . . . . 144 f Strahlungsbilanz. . . . . . . . . . . . . . . . . .144 Strahlungsenergie. . . . . . . . . . . . . . . . .143 Streichlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . 154, 163 Streifenabstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . .122 Streifenmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Streulicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Streulichteigenschaften . . . . . . . . . . . 159 Streulichtintensit¨at . . . . . . . . . . . . . . . 161 Str¨omungsabl¨osung . . . 74, 85, 156, 169 druckinduziert . . . . . . . . . . . . . . . . 181 geometrieinduziert . . . . . . . . . . . . 181 stoßinduziert . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Str¨omungsfeld . . . . . . . . . . . 1 f, 7, 19, 41 Str¨omungsgeschwindigkeit . . . . . . . . . 10 wandnahe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Str¨omungsk¨orper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Str¨omungsparameter . . . . . . . . . . . . . 1, 5

Index Str¨omungsrichtung . . . . . . . . . . . . . . . 182 Str¨omungssichtbarmachung . . . . . . . 206 Str¨omungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . 200 Str¨omungsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Stromlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154, 200 Trenn-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181

223 Transportvorgang, turbulenter . . . . . . 5 Trigger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61, 71, 199 Turbulenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44, 49 Turbulenzgrad . . . . . . 68, 161, 182, 204 Turbulenzintensit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Turbulenzkeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Turbulenzmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

T U Taktfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Taktzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Tangentialkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Teilchenfolgeverm¨ogen . . . . . . . . . . . . 160 Teilchenrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Temperatur Eigen- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Gesamt- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Oberfl¨achen- . . . . . . . . 138, 141, 147 Recovery- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Sensor- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 statisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Str¨omungs- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Wand- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Temperatur¨anderung . . . . . . . . . . . . . . 89 Temperaturdifferenz . . . . . . . . . 130, 149 Temperatureinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Temperaturfeld . . . . . . . . . . . 4, 153, 175 Temperaturgradient . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Temperaturschwankung . . . . . . . . . . 128 Temperaturskala . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Temperaturverteilung . . . 148, 151, 174 Thermistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131, 138 Thermoelement. . . . . . . . . . . . . . . . . . .130 Mantel- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132, 138 Thermografie Infrarot- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Thermometer Widerstands- . . . . . . . . . . . . 134, 136 Thermospannung . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Thermospannungskoeffizient . . . . . . 130 Tollmien-Schlichting-Welle . . . . . . . . . 37 Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154, 201 Tragfl¨ ugelprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Transition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Transitionslage . . . . . . . . . . . . . . 149, 191 Transmitter elektromechanisch . . . . . . . . . . . . . 25 induktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 piezoresistiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

¨ Uberhitzungsverh¨ altnis . . . . . . . . . . . 180 ¨ Uberschallstr¨ omung . . . . . . . . . . . 19, 126 Umlenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Unterschallstr¨omung . . . . . . . . . . . . . . . 19 V Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Verdichtungsstoß10 f, 20, 39, 48, 169 f, 173 f Verdr¨angungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . 109 Verdr¨angungswirkung . . . . . . . . . . 14, 19 Verschiebungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . 178 Verschiebungsvektor . . . . . . . . . . . . . . . 73 viskose Unterschicht . . . . . . . 80, 94, 121 Viskosit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 W W¨armeabgabe, konvektiv . . . . . . . . . . 87 W¨armebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 W¨armehaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 W¨armeleitf¨ahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 180 W¨armeleitungsverlust. . . . . . . . . . . . . .89 W¨armestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 W¨armestrom. . . . . . . . . . . .112, 128, 144 Wand- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 W¨armestromparameter. . . . . . . . .4, 105 W¨armestromdichte . . . . . . . . . . . . . . . 128 innere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 konvektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 W¨armetauscher. . . . . . . . . . . . . . . . . . .205 W¨armetransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 W¨arme¨ ubergangskoeffizient . . . . . . . . 50 Wandabstand . . . . . . . . . . . . . . . . 95 f, 179 dimensionslos . . . . . . . . . . . . . 81, 179 effektiver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Wandabstandskorrektur . . . . . . . . . . 178 Wandbohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wandeinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Wandelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

224 Wandgesetz erweitertes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108 logarithmisches . . . . . . . . . . . . . . . . 82 van Driest’sches . . . . . . . . . . . . . . . 82 Wandhaftbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Wandinterferenzen. . . . . . . . . . . . . . . .210 Wandmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 f Wandmikrofon. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 Wandreibungskoeffizient . . . . . . . . . . 187 Wandreibungskraft . . . . . . . . . . . . . . 7, 84 Wandschubspannung . . 3, 13, 80 ff, 88, 91, 95, 156, 184 Wandschubspannungsfluktuation . 114 Wandschubspannungsgeschwindigkeit 81, 94 Wandschubspannungsverteilung . . . . . 2 Wandschubspannungswaage . . . . 84, 86 Wandsensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Wasserkanal . . . . . . . . . . . . 160, 164, 206 Wasserstoffblasentechnik. . . . . . . . . .164 Wasserstr¨omung . . . . . . . . . . . . 158 f, 163 Wellenl¨ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60, 71 Widerstand Druck- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 elektrischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Gesamt- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Reibungs-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 Widerstandscharakteristik . . . . . . . . 134 Wiederanlegepunkt . . . . 181, 184, 187 f Windkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75, 203 Eiffel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 f, 209 Freistrahl- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 G¨ottinger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205 Hochdruck- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Hochgeschwindigkeits- . . . . . . . . 210 Kryo-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .211 Niedergeschwindigkeits- . . . . . . . 205 Transsonik- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 ¨ Uberschall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Unterschall- . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Windkanalkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . 203 Windkanalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Winkelcharakteristik . . . . . . 16, 21, 113 Winkelempfindlichkeit . . . . . . . . . 19, 48 Wirbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157, 201 L¨angs- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157, 166 Prim¨ar- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Quer- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158, 160 f Sekund¨ar- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

Index Wollaston-Prisma . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Wollf¨aden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Z Zeitdiskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Zeitintervall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43, 76 Zeitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Zustandsgr¨oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 12 Zweistrahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . 120 Zylinderlinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69, 122 Zylinderstumpf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149