Strategisches Marketingmanagement: Einführung in Theorie und Praxis [5 ed.] 9783428585939, 9783428185931

Ziel des strategischen Marketingmanagements ist es, Fortbestand und Wachstum eines Unternehmens auch mittel- bis langfri

129 24 16MB

German Pages 252 [253] Year 2022

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Strategisches Marketingmanagement: Einführung in Theorie und Praxis [5 ed.]
 9783428585939, 9783428185931

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Thorsten Schaper

Strategisches Marke�ngmanagement Einführung in Theorie und Praxis 5., überarbeitete und erweiterte Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

THORSTEN SCHAPER

Strategisches Marketingmanagement

Strategisches Marketingmanagement Einführung in Theorie und Praxis

5., überarbeitete und erweiterte Auflage

Von Thorsten Schaper

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagbild: © kts design – Fotolia.com Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISBN 978-3-428-18593-1 (Print) ISBN 978-3-428-58593-9 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort zur fünften Auflage Unternehmen bewegen sich in einer sehr komplexen und dynamischen Umwelt, die zu vielfältigen und herausfordernden Marktentwicklungen führt. Entscheidungsträger können sich auf diese Entwicklungen mit einer systematisch-strategischen Ausrichtung des Marketings erfolgreich einstellen. Das strategische Marketingmanagement hat trotz der Fülle an Veröffent­lichungen über gegenwärtige Marketingtrends (Stichworte: Digitalisierung, Neuromarketing) nichts an Aktualität und Bedeutung verloren. Auch aus diesem Grund wird in der nun vorliegenden 5. Auflage meines Buches „Strategisches Marketingmanagement“ die bewährte inhaltliche Struk­tur des Buches weiterhin beibehalten. In wiederholtem Maße liegt der Fokus dabei auf einer systematischen Analyse bzw. Strategieentwicklung, ohne die eine Ableitung systematischer und präziser Marketingstrategien keinen Sinn machen würde. Zur Veranschaulichung der Teilaspekte des Strategischen Marketingmanagements werden wieder viele konkrete Beispiele aus der Wirtschaftspraxis integriert. An unterschiedlichen Stellen sind der Strategieentwicklungsprozess und die Marketingstrategien inhaltlich ergänzt worden. So werden nun im Rahmen der Wettbewerbspositionierung Erkenntnisse des Neuromarketings zur Differenzierung gegenüber Konkurrenten verwendet. Auch wird die Marktsegmentierungsstrategie durch das Konzept der Buyer Personas ergänzt. Das Konzept des Mass Customization findet ebenfalls erstmalig einen Platz in der neuen Auflage im Kapitel der Präferenzstrategien. Wo erforderlich, werden auch Aspekte der Digitalisierung diskutiert, z. B. bei den Markteinflussfaktoren. Durchgängig sind die verwendeten Beispiele aktualisiert bzw. ergänzt worden. Auch befinden sich das verwendete statistische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Ende eines jeden Kapitels auf dem neuesten Stand. Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an meine Mitarbeiterin LL.M. Shirin Schöpfer, die mir bei dieser Auflage bei der Korrektur des Manuskriptes und der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine sehr wertvolle Hilfe war. Birkenfeld, im September 2021

Thorsten Schaper

Vorwort zur vierten Auflage In der nun vorliegenden 4. Auflage meines Buches „Strategisches Mar­ ketingmanagement“ wird die bewährte inhaltliche Struktur des Buches weiterhin beibehalten. In wiederholtem Maße liegt der Fokus dabei auf einer systematischen und präzisen Abhandlung aller Teilaspekte des Strategischen Marketingmanagements bei gleichzeitiger Verwendung vieler anschaulicher Beispiele aus der Wirtschaftspraxis. An unterschiedlichen Stellen sind der Strategieentwicklungsprozess und die Marketingstrategien inhaltlich ergänzt worden. So wird nun im Rahmen der psychographischen Marktsegmentierung der LOHAS-Ansatz (Lifestyle of Health and Sustainability) als nachhaltiger Ansatz des Konsumentenverhaltens umfassend diskutiert. Das gilt auch für das Gendermarketing und das Marketing für Halal-Produkte, die im Kapitel der soziodemographischen Marktsegmentierung integriert sind. Vertieft werden auch die Themen des Green- und Bluewashing innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategien. Ebenfalls finden aktuell diskutierte Themen wie das Collaborative Consumption oder Crowdsourcing erstmalig einen Platz in der neuen Auflage. Des Weiteren wurde nicht nur Wert auf eine Aktualisierung der verwendeten Beispiele gelegt, sondern auch das verwendete statistische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Ende eines jeden Kapitels sind auf den neuesten Stand gebracht worden. Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an meine Mitarbeiterinnen B. A. Isabelle Riefer und M. A. Christina Stein, die mir bei dieser Auflage bei der Korrektur des Manuskriptes und der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine sehr wertvolle Hilfe waren. Birkenfeld, im August 2015

Thorsten Schaper

Vorwort zur dritten Auflage Bei der inhaltlichen Weiterentwicklung der nun vorliegenden 3. Auflage meines Buches „Strategisches Marketingmanagement“ habe ich mich vor ­allem auf die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der unternehmerischen Marketing-Konzeption konzentriert. Aus diesem Grund ist u. a. ein völlig neuer Ansatz zur Systematisierung der Positionierungsstrategien (Kapitel E 2) entwickelt worden, in welchem Nachhaltigkeitsstrategien einen integrativen Bestandteil der unternehmerischen Wettbewerbsstrategien darstellen. Viele nachhaltige Problemlösungen haben bereits seit längerem das Stadium der nischenorientieren Vermarktung verlassen und werden zunehmend durch den Ansatz des Massenmarketings an breite Zielgruppen verkauft. Im Rahmen der Marktbearbeitungsstrategien (Kapitel E 3) wurde diesem Sachverhalt Rechnung getragen. Des Weiteren sind neben geringfügigen inhaltlichen Veränderungen die Markt- und Abnehmeranalyse zu einem Kapitel zusammengefasst worden (Kapitel B 1). Auch in diesem Kapitel wird das nachhaltige Konsumverhalten im Rahmen der unterschiedlichen Ansätze der Marktsegmentierung erstmalig diskutiert. Ansonsten wurde die mittlerweile bewährte inhaltliche Struktur des Buches beibehalten. Dabei ist in wiederholtem Maße Wert gelegt worden auf eine systematische und präzise Abhandlung aller Teilaspekte des Strategischen Marketingmanagements bei gleichzeitiger Verwendung vieler anschaulicher Beispiele aus der Wirtschaftspraxis. Zu erwähnen bleibt noch, dass das verwendete statistische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Ende eines jeden Kapitels aktualisiert worden sind. Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an Frau Diplom-Betriebswirtin (FH) Kathrin Maldener, die mir auch bei dieser Auflage bei der Korrektur des Manuskriptes und der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine sehr wertvolle Hilfe war. Die Endkorrektur des Buches hat schließlich Frau Di­ plom-Betriebswirtin (FH) Katja Therre vorgenommen. Herzlichen Dank dafür! Birkenfeld, im August 2011

Thorsten Schaper

Vorwort zur zweiten Auflage Seit der Veröffentlichung der ersten Auflage meines Buches „Strategisches Marketingmanagement – Einführung in Theorie und Praxis“ sind fast vier Jahre vergangen. Vielfältige Rückmeldungen von Leserseite und aktuelle Weiterentwicklungen des Marketings in Wissenschaft und Praxis sind Anlass für eine gezielte Aktualisierung und inhaltliche Ergänzung dieses Buches. Die Aktualisierungen beziehen sich hauptsächlich auf die ausgewählten Beispiele, das verwendete statistische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Schluss eines jeden Kapitels. Inhaltlich ergänzt wurden vor allem die Marketingstrategien um den Ansatz der Marktarealstrategien (Kapitel E 5). Die bewährte inhaltliche Struktur des Buches wird ansonsten beibehalten. Mein Dank gilt an dieser Stelle wieder Frau Diplom-Betriebswirtin (FH) Kathrin Maldener für die Korrektur und technische Umsetzung dieses Lehrbuches. Birkenfeld, im September 2007

Thorsten Schaper

Vorwort zur ersten Auflage Unternehmen sehen sich in zunehmendem Maße einer komplexen und dynamischen Umwelt ausgesetzt. So verändern sich beispielsweise Kundenstrukturen und Kundenanforderungen sowie die Wettbewerbsverhältnisse in vielen Märkten. Aber auch die nicht durch die Unternehmen beeinflussbaren Umweltfaktoren, z. B. politisch-rechtliche Rahmenbedingungen, weisen teilweise starke Diskontinuitäten im Zeitablauf auf. Um diesen vielfältigen Entwicklungen in den Märkten erfolgreich zu begegnen, ist eine systematische strategische Ausrichtung im Marketing, d. h. ein strategisches Marketingmanagement, erforderlich. Das vorliegende Lehrbuch ist als umfangreiche Einführung in die Theorie und Praxis des strategischen Marketingmanagements gedacht. Es enthält einen zusammenfassenden Überblick über das “Standardwissen“ auf dem Gebiet des strategischen Marketingmanagements. Die inhaltliche Struktur des Buches ergibt sich aus dem Marketingentscheidungsprozess und umfasst neben einem einführenden Kapitel A über die „Grundlagen des strategischen Marketingmanagements“ die Strategieentwicklung im Rahmen der Analysephase (Kapitel B). Darauf aufbauend werden nach einem Exkurs über die Marketingkonzeption (Kapitel C) im Rahmen der Planungsphase Marketingziele (Kapitel D) und Marketingstrategien (Kapitel E) diskutiert. Die Planung des Marketingmix sowie die Realisierung der Marketingentscheidungen werden an dieser Stelle nicht weiter behandelt und sind Gegenstand des operativen Marketingmanagements. Abschließend werden in Kapitel F Fragen des Marketingcontrollings (Kontrollphase) thematisiert. Am Schluss eines jeden Kapitels bzw. Hauptabschnitts findet sich eine Auswahl von Literaturhinweisen als Empfehlung für eine vertiefende Lektüre. Ferner ist für jedes Kapitel eine Reihe von Kontrollfragen formuliert, anhand derer der Leser seinen Wissenstand überprüfen kann. Dieses Lehrbuch richtet sich einerseits an Studierende der Wirtschaftswissenschaften an Fachhochschulen, Universitäten und Berufsakademien. Eine weitere Zielgruppe sind Praktiker, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Fragen der marktorientierten Führung auseinandersetzen.

X

Vorwort zur ersten Auflage

Die Grundlagen des vorliegenden Buches ergeben sich aus meiner mehrjährigen internationalen Unternehmensberaterpraxis in diesem Themengebiet sowie aus meinen Marketingvorlesungen an der Fachhochschule Trier. Danken möchte ich an dieser Stelle Herrn Diplom-Betriebswirt (FH) Patrik Philippi für die Korrektur des Manuskripts sowie Frau Kathrin Maldener, die bei der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine wertvolle Hilfe war. Viel Spaß beim Durchlesen und -arbeiten. Über Kritik und Anregung von der Leserseite würde ich mich freuen. Dem Leser stehen folgende Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung: Prof. Dr. Thorsten Schaper Hochschule Trier Umwelt-Campus Birkenfeld Postfach 1380 55671 Birkenfeld Telefon: 06782/171530 Telefax: 06782/171454 E-Mail: [email protected] Birkenfeld, im Januar 2004

Thorsten Schaper

Inhaltsverzeichnis A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Marketingentscheidungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 6 7

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Markt- und Kundenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Grundbegriffe zur Marktgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Prognose der Marktentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Quantitative Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Qualitative Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien . . . . . . . . . . 1.5.2 Marktsegmentierungskriterien in Konsumgütermärkten . . . . . 1.5.2.1 Soziodemographische Marktsegmentierung . . . . . . . . 1.5.2.2 Psychographische Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . 1.5.2.3 Verhaltensorientierte Marktsegmentierung . . . . . . . . . 1.5.3 Marktsegmentierungskriterien in Industriegütermärkten . . . . . 1.6 Makroumfeld: Markteinflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Potentielle neue Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Wettbewerber in der Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Substitutionsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Analyse der Wettbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Zukünftige Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Gegenwärtige Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Fähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Reaktionsprofil der Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Analyse des eigenen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Stärken-Schwächen-Profil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Kundenzufriedenheitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 10 10 13 14 19 19 22 27 29 31 32 42 48 51 55 66 68 72 74 75 77 79 80 81 83 90 90 93 93 94

XII Inhaltsverzeichnis 5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse . . . . . . . . . . . . . . 100 C. Exkurs: Marketingkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 D. Marketingziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zielbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zielkonkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zielbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105 105 105 108

E. Marketingstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Marktfeldstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Marktdurchdringungsstrategie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Marktentwicklungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Produktentwicklungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Arten der Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Realisierungsformen der Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Wahl der Marktfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 GAP-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Portfolioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.1 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio der BCG  . . . . 1.5.2.2 Marktattraktivität-Relative WettbewerbspositionPortfolio nach McKinsey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Preis-Mengen-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Präferenzstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Hohe Produktqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Einzigartiges Produkt-/Verpackungsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Programmumfang: Generalist oder Spezialist . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Umfangreiche Serviceleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Spezielles Vertriebssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7 Positives Markenimage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Nachhaltigkeitsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Marktbearbeitungsstrategien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Marktarealstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Nationale Marktarealstrategien (Domestic Marketing) . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Marktarealstrategische Expansionsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Tendenzen inländischer Absatzgebietspolitik . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Übernationale Marktarealstrategien (International Marketing) . . . . . . 4.2.1 Festlegung des Internationalisierungsgrades . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Auswahl von Ländermärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Gestaltung der internationalen Markterschließung . . . . . . . . . . 4.2.3.1 Markteintrittsstrategien in ausländische Märkte . . . . .

112 113 115 119 122 125 125 129 133 133 135 136 142 151 152 153 154 156 157 159 161 163 164 165 171 174 187 188 189 192 193 194 196 198 198

InhaltsverzeichnisXIII 4.2.3.2 Timing der internationalen Markteintritte . . . . . . . . . . 206 4.2.4 Wahl der länderübergreifenden Standardisierung der Marketingaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5. Kombination der Marketingstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 F. Marketingcontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Wandel der Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Abb. 2:

Abgrenzung von strategischen und operativen Entscheidungen (Becker, 2019, S. 143) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Abb. 3:

Marketingentscheidungsprozess (in Anlehnung an Scharf/Schubert/ Hehn, 2015, S. 38) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Abb. 4:

Marktstruktur: Vitamine für die Tierernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Abb. 5:

Marktstruktur: Bio-Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen . . . . 12

Abb. 6:

Marktstruktur: Wasserbasierte Farben und Hilfsmittel für die Lederindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Abb. 7:

Abgrenzung der Marktbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Abb. 8:

Marktsegmente im Styrodur-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Abb. 9:

Frachtkosten nach Ländern aus Sicht eines Dämmstoffherstellers . . 17

Abb. 10:

Ablauf einer Delphi-Befragung (Hüttner, 1982, S. 30) . . . . . . . . . . . 23

Abb. 11:

Denkmodell zur Darstellung von Szenarien (Reibnitz, 1991, S. 30). 24

Abb. 12:

Schritte der Marktsegmentierungsstrategie (in Anlehnung an Freter, 2008, S. 27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Abb. 13:

Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . 29

Abb. 14:

Wichtige soziodemographische Marktsegmentierungskriterien . . . . . 32

Abb. 15:

Segmentierung eines Marktes auf Basis von drei soziodemographischen Kriterien (Kotler, 1982, S. 208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Abb. 16:

Unterschied zwischen den Geschlechtern bei Umweltbewusstsein und Umweltverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Abb. 17:

Nutzenpositionierung im Bekleidungsmarkt – Modelldarstellung (Becker, 2019, S. 249) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Abb. 18:

Bezugnahmen zur Erfassung des Life-Styles (Freter, 2001, S. 900) . 43

Abb. 19:

Die Sinus-Milieus in Deutschland 2020 (Sinus, 2020) . . . . . . . . . . 44

Abb. 20:

Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus (Sinus, 2018, S. 16) . . . . . . . . 46

Abb. 21:

Die Wertewelt der LOHAS (in Anlehnung an Sinus Sociovi­sion/ KarmaKonsum, 2009, S. 6; Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37) . 47

Abb. 22:

Muster von Markentreueverhalten in einem Markt mit fünf Marken (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 379 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

AbbildungsverzeichnisXV Abb. 23:

Kaufintensitäten für eine bestimmte Produktart (Sorte) aus dem Bereich Bohnenkaffee (Freter, 1983, S. 89) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Abb. 24:

Bedeutung der Architekten im Kaufentscheidungsprozess . . . . . . . . 53

Abb. 25:

Mehrstufige Segmentierung eines Bio-Kunststoffes . . . . . . . . . . . . . 53

Abb. 26:

Typen von Kaufentscheidungen („buy classes, buying situations“)  . 54

Abb. 27:

Zweistufige Marktsegmentierung aus Sicht eines Kunststoffherstellers (Schaper, 2001, S. 22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Abb. 28:

Modell der Unternehmensumwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Abb. 29:

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland von 2020–2060 nach Altersklassen (Destatis, 2021) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Abb. 30:

Beispiel einer Customer Journey – von Online und Offline zu Noline (Kreutzer, 2021a, S. 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Abb. 31:

Bewertung der Branchenattraktivität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 38) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Abb. 32:

Branchenattraktivität des Dämmstoffes XPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Abb. 33:

Markteintrittsbarrieren für neue Konkurrenten (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 41 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Abb. 34:

Das Erfahrungskurvenkonzept bei logarithmisch eingeteilten Ordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Abb. 35:

Verwendung des Erfahrungskurvenkonzepts in der Preispolitik (in Anlehnung an Henderson, 1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Abb. 36:

Ansätze zur Reduzierung der Wettbewerbsintensität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 53 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Abb. 37:

Marktentwicklung nach Dämmstoffarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Abb. 38:

Ansätze zur Reduzierung des Preisdrucks (in Anlehnung an Porter, 2013, S.  62 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Abb. 39:

ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Abb. 40:

Ansätze zur Reduzierung hoher Einkaufspreise (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 64 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Abb. 41:

Elemente einer Konkurrenzanalyse (Porter, 2013, S. 90) . . . . . . . . . 80

Abb. 42:

Johari*Fenster zur Wettbewerbsanalyse (in Anlehnung an Kreutzer, 2018, S. 112) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Abb. 43:

Wettbewerbspositionierung im Dämmstoffmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Abb. 44:

Fragenkatalog zur Identifizierung von Positionierungslücken (in Anlehnung an Kim/Mauborgne, 2015, S. 31) . . . . . . . . . . . . . . . 86

Abb. 45:

Limbic Map – der Emotions- Motiv- und Werteraum im mensch­ lichen Gehirn (Häusel, 2014, S. 61) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Abb. 46:

Markenkern und adressierte Motive der Marke Beck’s (Häusel, 2014, S. 70) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

XVI Abbildungsverzeichnis Abb. 47:

Markenkern und adressierte Motive der Marke Krombacher (Häusel, 2014, S. 71) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Abb. 48:

Wettbewerbspositionierung im Kunststoffmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Abb. 49:

Stärken-Schwächen-Profil (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 40) . . . 93

Abb. 50:

Wichtigkeit der Kundenanforderungen für den Kunden . . . . . . . . . . 94

Abb. 51:

Messung der Kundenzufriedenheit durch Kundenbefragung . . . . . . 95

Abb. 52:

Kundenzufriedenheitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Abb. 53:

Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Matrix (Homburg/Werner, 1998, S. 86) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Abb. 54:

Messung der Gesamtzufriedenheit und Kundenbindung (in Anlehnung an Homburg/Fürst, 2008, S. 616) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Abb. 55:

Situationsanalyse eines Herstellers von alkoholfreien Getränken (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 42) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Abb. 56:

SWOT-Analyse (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 103) . . . . . . . . 102

Abb. 57:

Die Konzeptionspyramide und ihre konzeptionellen Bausteine (Becker, 2000, S. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Abb. 58:

Grundlegende Dimensionen der Zielformulierung . . . . . . . . . . . . . . 106

Abb. 59:

Drei Basisformen möglicher Zielbeziehungen (Becker, 2019, S. 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Abb. 60:

Marketingstrategischer Baukasten (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 352) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Abb. 61:

Marktfeldstrategische Optionen des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . 114

Abb. 62:

Ansatzpunkte der Marktdurchdringungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Abb. 63:

Muster der Marktdurchdringungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Abb. 64:

Ansätze der Marktentwicklungsstrategie (in Anlehnung an Kotler/ Keller/Bliemel, 2007, S. 106) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Abb. 65:

Muster der Marktentwicklungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Abb. 66:

Innovationsarten und ihre Voraussetzungen bzw. Konsequenzen (in Anlehnung an Hentze/Brose, 1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Abb. 67:

Produkttypische Nutzenstrukturen und ihre Veränderungspotentiale (Becker, 2019, S. 159) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Abb. 68:

Arten der Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Abb. 69:

Bewertung der Realisationsformen der Diversifikation anhand von Auswahlkriterien (Becker, 2019, S. 172) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Abb. 70:

Muster der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation . . 130

Abb. 71:

Abgrenzung der vier marktfeldstrategischen Varianten (Scharf/ Schubert/Hehn, 2015, S. 212) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Abb. 72:

Einfache Lückenanalyse (Becker, 2019, S. 413) . . . . . . . . . . . . . . . . 134

AbbildungsverzeichnisXVII Abb. 73:

Differenzierte Lückenanalyse (Becker, 2019, S. 416) . . . . . . . . . . . . 135

Abb. 74:

Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Beispiel Brauerei) (Hae­ drich/Tomczak, 1996, S. 114) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

Abb. 75:

Ausgangsdaten für Portfolioerstellung (Beispiel Brauerei) (Hae­ drich/Tomczak, 1996, S. 114) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Abb. 76:

Charakteristika der vier Portfoliofelder und daraus ableitbare Normstrategien (Picot, 1981, S. 565) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Abb. 77:

Zielportfolio eines konkreten Unternehmens (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 120) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Abb. 78:

Mögliche Wachstumsstrategien im Marktwachstum-MarktanteilPortfolio (Wittek, 1980, S. 142) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Abb. 79:

Portfoliomodell der BCG-Group mit integrierten PLZ-Verläufen (Becker, 2019, S. 425) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Abb. 80:

Ergebnisse zur Analyse der relativen Wettbewerbsposition der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 123 f.) . . . . . . . . . . . . . 144

Abb. 81:

Ergebnisse zur Analyse der Marktattraktivität der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 124) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

Abb. 82:

Ist-Portfolio für ein konkretes Unternehmen (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 125) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Abb. 83:

Grundschema der Neun-Felder-Matrix und typische Normstrate­ gien (Becker, 2019, S. 434) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Abb. 84:

Systematik der Wettbewerbsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Abb. 85:

Situation, Chancen und Risiken des Markteintritts (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 379 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Abb. 86:

Bestimmungsfaktoren der umweltorientierten Positionierung . . . . . . 168

Abb. 87:

Formen der Marktbearbeitungsstrategie (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 227) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Abb. 88:

Beispielhafte Persona für die Nachhaltigkeitskommunikation . . . . . 179

Abb. 89:

Vergleichende Darstellung der Vor- und Nachteile von Massenmarkt- und Segmentierungsstrategie (Becker, 2000, S. 290) . . . . . . 181

Abb. 90:

Das strategische Megatrendmodell (Becker, 2000a, S. 6) . . . . . . . . 182

Abb. 91:

Stufen der räumlichen Markterschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

Abb. 92:

Konzentrische Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 304) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Abb. 93:

Selektive Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 306) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Abb. 94:

Inselförmige Gebietsausdehnung auf der Basis von drei Großstadtzentren (Becker, 2019, S. 308) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Abb. 95:

Spezielle Entscheidungen im Bereich der internationalen Marketingstrategie (in Anlehnung an Homburg, 2020, S. 1201) . . . . . . . . 193

XVIII Abbildungsverzeichnis Abb. 96:

Portfoliogestützte Selektion/Priorisierung von Ländermärkten am Beispiel eines Maschinenbauunternehmens (Homburg, 2020, S. 1204) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Abb. 97:

Markteintrittsalternativen im internationalen Marketing (Meissner, 1987, S. 324) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

Abb. 98:

Vergleich indirekter und direkter Export (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 316) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Abb. 99:

Beschreibung wichtiger Formen des internationalen Markteintritts (in Anlehnung an Meffert/Bolz, 1998, S. 125) . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

Abb. 100: Übersicht der Bestimmungsfaktoren der internationalen Markteintrittsstrategie (Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 169) . . . . . . . . . . . . 206 Abb. 101: Wasserfallstrategie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abb. 102: Sprinklerstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abb. 103: Bewertung von Wasserfall- und Sprinklerstrategie (in Anlehnung an Homburg, 2020, S. 1207) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Abb. 104: Länderübergreifende Gestaltung des Vertriebssystems eines Herstellers (in Anlehnung an Homburg, 2020, S. 1222) . . . . . . . . . . . . 210 Abb. 105: Strategiebox eines Unternehmens (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 352) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Abb. 106: Funktionen des strategischen Marketingcontrollings . . . . . . . . . . . . 216 Abb. 107: Vorgehensweise im Rahmen des operativen Marketingcontrollings . 217 Abb. 108: Vorgehensweise des Marketingcontrollings anhand eines Beispiels . 219 Abb. 109: Ausgewählte Daten des Rechnungswesens der „Holiday Camping AG“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements 1. Entwicklung des Marketings Unter Marketing als unternehmerische Denkhaltung wird die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher interner und externer Unternehmensaktivitäten verstanden, welche darauf abzielen, durch eine konsequente Ausrichtung der Unternehmensleistungen am Kundennutzen die absatzmarktorientierten Unternehmensziele zu erreichen (Bruhn, 2019, S. 14). Dieses Konzept des Marketings hat sich zunehmend mit den veränderten Marktbedingungen herauskristallisiert und weiterentwickelt. Beginnend mit den fünfziger Jahren lassen sich chronologisch die folgenden unternehmerischen Denkhaltungen gegenüber den Absatzmärkten unterscheiden (siehe dazu u. a. Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 7 ff.; Kotler/Armstrong/Harris/Piercy, 2016, S. 53 ff.; Bruhn, 2019, S. 16 ff.; Kreutzer, 2017, S.  8 ff.):

Abb. 1: Wandel der Märkte

2

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

Produktionsorientierung Vor allem in den fünfziger Jahren haben sich die unternehmerischen Entscheidungsträger von der Produktionsorientierung leiten lassen. Die Nachfrage nach einem bestimmten Produkt war primär durch eine Verkäufermarkt­ situation charakterisiert, in welcher die Nachfrage höher als das Angebot ist. Da die Fertigungskapazitäten zur Befriedigung der Bedürfnisse noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen, konzentrierten sich die Unternehmen innerhalb der Produktion auf eine hohe Fertigungseffizienz und im Rahmen der Logistik auf ein flächendeckendes Verteilen ihrer Produkte. Verkaufsorientierung In den sechziger Jahren entwickelte sich eine zunehmende Käufermarkt­ situation in vielen Märkten, d. h., das Angebot ist größer als die Nachfrage. Der Absatzbereich stellte verstärkt den Engpassfaktor in den Unternehmen dar. Marketing wurde in dieser Phase hauptsächlich als operatives Marketing verstanden, da das vorwiegende Interesse dem konsumentengerichteten Einsatz der Marketinginstrumente galt. Beispielsweise sind die unternehmensspezifischen Käuferzielgruppen u. a. durch klassische Werbung in Form von Print- und Fernsehwerbung angesprochen und beeinflusst worden. Marktorientierung Die aufgrund zunehmender Unternehmenskonzentrationen wachsende Nachfragemacht des Einzelhandels lenkte das Interesse in den siebziger Jahren verstärkt auf Aspekte des vertikalen Marketings. Hier erfolgte ein systematischer Ausbau der handelsorientierten Instrumente des Marketings mit dem Ziel, eine Listung der Produkte in den Regalen der Einzelhandelsbetriebe zu erreichen. Ende der siebziger Jahre hat sich das Marketing dann zunehmend als Führungsfunktion etabliert. In dieser Dekade begannen viele Unternehmen, die speziellen Bedürfnisse der Kunden mit Hilfe einer differenzierten Marktbearbeitung zu befriedigen. So wurden mit Hilfe der Marktsegmentierungsstrategie für ausgewählte Marktsegmente spezifische Marketingprogramme entwickelt (Becker, 2019, S. 295 f.). Wettbewerbsorientierung Vor allem in den achtziger Jahren haben sich die Unternehmen mit strate­ gischen Fragestellungen insbesondere auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten beschäftigt: Welche Märkte bzw. Marktsegmente sollen bearbeitet wer-



1. Entwicklung des Marketings3

den? Welche strategischen Wettbewerbsvorteile haben die Unternehmen, und wie wollen sie sich mittel- bis langfristig im Wettbewerb positionieren? In diesem Zusammenhang sind die grundlegenden Arbeiten von Porter zur Wettbewerbsstrategie (Porter, 1980) und Konzepte von Unternehmensberatungsgesellschaften zu nennen. Zunehmend gewann auch das „Global-Marketing“ aufgrund der stärkeren Internationalisierung des Wettbewerbs und der generellen Globalisierung der Wirtschaft an Bedeutung. Kundenorientierung Anfang der neunziger Jahre zielte das Marketing auf die konsequente Ausrichtung aller unternehmerischen Aktivitäten am Kundennutzen und rückte die Kundenbeziehungen zunehmend in den Mittelpunkt. Viele Unternehmen erkannten, dass es kostengünstiger ist Stammkunden zu halten als neue Kunden zu akquirieren. Des Weiteren kommt es in vielen Branchen zu wachsenden Gewinnen pro Kunde und Jahr mit fortschreitender Dauer der Kundenbeziehung, die durch Wiederkauf, Cross- und Up-Selling und höhere Zahlungsbereitschaften begründet sind (Schaper, 2001, S. 57 f.). Der Schlüssel für eine langfristige Kundenbindung stellte folglich eine hohe Kundenzufriedenheit dar. Die Kundenorientierung von Unternehmen wurde auch zur notwendigen Voraussetzung für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen, da sich durch die genaue Kenntnis des Kunden, seiner Wahrnehmungen, Erfahrungen, Einstellungen und Erwartungen Chancen zur erfolgreichen Differenzierung im Wettbewerb ergeben. Ökologische und nachhaltige Orientierung Die World Commission on Environment and Development (BrundtlandKommission) definierte den Begriff „Sustainable Development“ 1987 wie folgt: „Sustainable Development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“ (United Nations, 1987, Chapter 2, No. 1). Nachhaltiges Handeln verfolgt dabei die Ziele der inter- und intragenerativen Gerechtigkeit. Bei der intergenerativen Gerechtigkeit wird zukünftigen Generationen das gleiche Recht auf Zugang und Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie das unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten gleiche Handeln zugesprochen wie gegenwärtigen Generationen. Die intragenerative Gerechtigkeit thematisiert die Verteilungsgerechtigkeit, wonach die asymmetrische Wohlstandsverteilung zumindest teilweise ausgeglichen werden soll (Hermann, 2005, S. 16). Unternehmen können zu dieser nachhaltigen volkswirtschaftlichen Entwicklung beitragen, indem sie den Grundgedanken des inter-

4

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

und intragenerativen Ausgleichs auf der Mikroebene mit ihren Stakeholdern umsetzen. Folglich definieren Loew et al. (2004, S. 73) nachhaltiges Handeln auf Unternehmensebene als „eine Unternehmensführung, die darauf ausgerichtet ist, die Beiträge zu den sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsforderungen systematisch zu optimieren“. Die Integration ökologischer und sozialer Anliegen in die ökonomische Zielsetzung ist im Rahmen eines Nachhaltigkeitsmarketings anfänglich nicht ganzheitlich realisiert worden. In den achtziger Jahren sahen sich die Unternehmen mit einer starken Veränderung folgender ökologischer Rahmenbedingungen konfrontiert: –– Treibhauseffekt: Globale Erwärmung der Erdatmosphäre durch Anstieg der klimawirksamen Gase Kohlendioxid, Methan, Stickoxide, –– Ozonloch: Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe als „Ozonkiller“, –– Müllberge und Wasserverschmutzung. Das legte den Fokus des nachhaltigen Handelns hauptsächlich auf den Umweltschutz und führte parallel zur Disziplin des umweltorientierten Marke­ tings, welches bei der konsequenten Ausrichtung aller unternehmerischen Entscheidungen an den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden eine Vermeidung und Verringerung von Umweltbelastungen bewirken soll (Meffert/Kirchgeorg, 1998, S. 273). Erste Markterfolge umweltfreundlicher Pro­ blemlösungen bestätigten diese Entwicklung, z. B. phosphatfreie Waschmittel, FCKW-freie Spraydosen sowie die Frosch-Produktlinie des Unternehmens Werner & Merz. Ab der Jahrtausendwende traten Bio-Lebensmittel zunehmend ihren Siegeszug in Massenmärkten an. So boten nicht nur Supermärkte (z. B. Rewe mit der Marke Füllhorn) und Discounter (Norma mit dem Label Bio Sonne) Bio-Sortimente an, auch Hersteller entwickelten stark nachgefragte Bio-Marken (z. B. Bionade, Lammsbräu). Andere Branchen profitierten ebenfalls von diesem Boom, was an den Beispielen Naturkosmetika bzw. Niedrigenergie- und Passivhäuser abzulesen ist (Spiller, 2007, S. 8 ff.). Viele Unternehmen, die langfristig und erfolgreich umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen im Markt anbieten, haben ihren Blickwinkel ­hinsichtlich der Integration sozialer Aspekte zunehmend erweitert. So ist in diesem Zusammenhang z. B. das Einhalten und Fördern hoher Arbeits- und Sozialstandards ein zentrales Anliegen, das nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch bei der Auswahl von Lieferanten verfolgt wird (BASF, 2021, S. 113 f.). Laut dem Unternehmen Henkel ist Nachhaltigkeit der Innovationstreiber dieser Dekade. Die zukünftige Erfolgsformel für unternehmerisches Handeln sieht das Unternehmen in folgendem Anspruch: „Performance based on Sustainability“, d. h., bestmögliche Produktqualität mit wirksamem Umweltschutz sowie gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung zu verknüpfen (Hermes, 2010, S. 41).



1. Entwicklung des Marketings5

Technologie- und Dialogorientierung Besonders die Entwicklungen im Bereich der Internettechnologie werden das Marketing auch in den nächsten Jahren prägen. Beispielsweise haben elektronische Absatzkanäle in Form von Online-Shops und elektronischen Märkten innerhalb des Multi-Channel-Vertriebs der Unternehmen eine he­ rausragende Bedeutung gewonnen. Durch die Weiterentwicklung des Internets zum Web 2.0 wird der Internet-Nutzer zunehmend vom passiven Konsumenten zum aktiven Teilnehmer im Sinne eines Verfassers von Inhalten (Kreutzer/Merkle, 2008, S. 149). Die damit verbundenen vielfältigen Erscheinungsformen des Web 2.0, z. B. Twitter, Facebook und YouTube, eröffnen für die Unternehmen weitere Kommunikations- und Vertriebskanäle im Rahmen von Social Media Strategien. So setzen die nachhaltigkeitsorientierten Unternehmen Alnatura und Frosta ihre Homepage, Unternehmensblogs und weitere soziale Medien zum offenen Dialog mit ihren Kunden ein (Dornberg, 2013, 43 f.; Karle, 2013, S. 18). Durch die Möglichkeiten des Web 2.0 integrieren Unternehmen ihre Kunden auch zunehmend in ihre Wertschöpfungsprozesse. Beim Crowdsourcing nutzen die Unternehmen beispielsweise die Kreativität der Konsumenten, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und später in den Markt einzuführen bzw. vorhandene zu verbessern (Hippner/ Hammon/Hampel, 2010, S. 698). Mit der intensiven Nutzung von Smartphones geht ein verstärkter Einsatz des Mobile Marketings durch die Unternehmen einher. Hierunter ist die Planung, Durchführung und Kontrolle von Marketingaktivitäten bei Nutzung von Technologien zur kabellosen Datenfernübertragung auf mobile Endgeräte zu verstehen (Möhlenbruch/Schmieder, 2001, S. 30). Durch mobile Gewinnspiele oder mobile Coupons lassen sich z. B. vor allem junge Zielgruppen und Nutzer erreichen, die mobile Endgeräte aus beruflichen und privaten Gründen oft dabeihaben und einsetzen. Kreutzer (2017, S. 8 ff.) beschreibt die 2010er Jahre als Phase der Digitali­ sierung. Digitale Geschäftsmodelle haben nicht nur bisher erfolgreichen und etablierten Unternehmen das Leben schwer gemacht, z. B. wurden die Großversandhäuser Quelle (Liquidation 2009) und Neckermann (Insolvenz 2012) durch Amazon aus dem Markt verdrängt. Auch fordern neue Geschäftskonzepte wie Uber, Airbnb, Tesla und Google mit dem selbstfahrenden Auto die bisherigen Marktführer in ihren angestammten Geschäftsfeldern heraus. Die Diskussion zum Thema Digitalisierung dominiert in zunehmendem Maße der Begriff der Künstlichen Intelligenz (KI) oder auch Artificial Intelligence (AI). Künstliche Intelligenz bezeichnet die Fähigkeit einer Maschine, kognitive Aufgaben auszuführen, die mit dem menschlichen Verstand verbunden wird. Dazu gehören Möglichkeiten zur Wahrnehmung sowie die Fähig-

6

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

keiten zur Argumentation, zum selbstständigen Lernen und damit zum eigenständigen Finden von Problemlösungen (Kreutzer, 2019, S. 3). Kern der Künstlichen Intelligenz ist Software, die im Alltag bereits in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt wird. Wer z. B. einen digitalen persönlichen Assistenten wie Alexa nutzt oder sich beim Übersetzen durch Google Translate unterstützen lässt, greift auf KI-Anwendungen zu. Auch Gesichtserkennungssysteme verwenden KI-Algorithmen, und beim autonomen Fahren bedient sich der Fahrer eines Roboters (Kreutzer, 2019, S. IX f.)

2. Marketingstrategie Strategien sind Grundsatzregelungen mittel- bis längerfristig geltender Art, durch die ein konkreter Aktivitätsrahmen und eine bestimmte Stoßrichtung des unternehmerischen Handelns bestimmt werden. Sie können als verbind­licher Handlungsrahmen für laufende operative Entscheidungen interpretiert werden (Becker, 2019, S. 143). Will sich ein Unternehmen beispielsweise als Qualitäts- und Innovationsanbieter im Markt positionieren, müssen alle operativen Entscheidungen auf der Marketingmix-Ebene dieser vorgegebenen Richtung folgen. So hat die Produktpolitik die hohen Qualitätsanforderungen in der Entwicklung und Herstellung der Produkte umzusetzen. In der Preis­politik ist ein Preis passend zur hohen Qualität zu fordern. Die Vertriebspolitik sollte exklusive Vertriebskanäle finden, die durch entsprechenden Service und Image diese Strategie unterstützen. Das werb­ liche Herausstellen von Qualität und Innovation zwecks Erreichung eines entsprechenden Wirkungsbildes bei den Kunden ist durch die Kommunika­ tionspolitik sicherzustellen. Strategische und operative Entscheidungen lassen sich nach folgenden Merkmalen und Entscheidungssituationen voneinander abgrenzen:



3. Marketingentscheidungsprozess7

Abb. 2: Abgrenzung von strategischen und operativen Entscheidungen (Becker, 2019, S. 143)

3. Marketingentscheidungsprozess Kennzeichen des Marketingmanagements ist ein systematisches schrittweises Entscheidungsverhalten. Dabei lässt sich der Marketingentscheidungsprozess wie alle Entscheidungsprozesse idealtypisch in die vier Phasen Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle unterteilen (siehe Abb. 3). Den Ausgangspunkt des Marketingentscheidungsprozesses bildet die sorgfältige Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt. Beispielsweise müssen Daten über Märkte, Abnehmer, Konkurrenten und Absatzwege gesammelt, die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens analysiert sowie zukünftige Marktchancen und -risiken aufgezeigt werden. Diese Analyse liefert die notwendige Informationsbasis für die Festlegung der Marketingkonzeption (Homburg, 2020, S. 504). In der Planungsphase erfolgt die Entwicklung einer Marketingkonzeption als ein umfassender gedanklicher Leitplan, durch den alle markt- und kundenrelevanten Maßnahmen im gesamten Unternehmen koordiniert werden (Becker, 2019, S. 5). Die Erarbeitung einer unternehmerischen Marketingkonzeption erfolgt auf drei unterschiedlichen Planungsebenen. In der Regel leiten sich Marketingziele auf der ersten Ebene aus den obersten Unternehmenszielen ab und legen den angestrebten zukünftigen Zustand fest, der durch den Einsatz der Marketinginstrumente erreicht werden soll. Auf der zweiten Ebene werden die Marketingstrategien formuliert. Hierbei handelt es sich um

8

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

Abb. 3: Marketingentscheidungsprozess (in Anlehnung an Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 38)

mittel- bis langfristig wirkende Entscheidungen, durch die alle Marketingmaßnahmen auf die Erreichung der definierten Marketingziele hin ausgerichtet sind. Die letzte Ebene der marketingkonzeptionellen Planung stellt die Festlegung des Einsatzes der Marketinginstrumente, der Marketingmix, dar. In der Durchführungsphase müssen die geplanten Marketingentscheidungen durch die betriebliche Organisation umgesetzt werden. Die letzte Stufe des Marketingentscheidungsprozesses beinhaltet schließlich die Kontroll­ phase, aus der sich permanent Impulse für eine Neubewertung bzw. Aktualisierung von Aspekten in früheren Prozessphasen ergeben. Als Resultat der Kontrolle sind somit Rückkoppelungen in alle Phasen des Marketingentscheidungsprozesses möglich. Das vorliegende Arbeitsbuch zum strategischen Marketingmanagement behandelt nicht die Planung des Marketingmixes sowie die Durchführung der Marketingentscheidungen. Diese beiden Bereiche sind Gegenstand des ope­ rativen Marketingmanagements. Literaturempfehlungen Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 42–50; 70–71.



3. Marketingentscheidungsprozess9

– Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 11–32. Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 1–5; 142–144. Bruhn, Manfred: Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis, 14. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 13–19. Homburg, Christian: Marketingmanagement: Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmensführung, 7. Aufl., Wiesbaden 2020, S. 494–495. Kotler, Philip/Armstrong, Gary/Harris, Lloyd C./Piercy, Nigel: Grundlagen des Marketing, 6. Aufl., Hallbergmoos 2016, S. 53–71. Kreutzer, Ralf T.: Praxisorientiertes Marketing. Grundlagen – Instrumente – Fallbeispiele, 5. Aufl., Wiesbaden 2017, S. 2–14. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred, Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 3–22. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 1–21. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007, S. 7–15. Kontrollfragen 1) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der Produktions- und der Marketingorientierung! 2) Grenzen Sie Nachhaltigkeitsmarketing und Umweltmarketing voneinander ab! 3) Definieren Sie den Begriff Marketingstrategie! 4) Stellt der erstmalige Eintritt in einen ausländischen Markt eine strategische oder operative Entscheidung für ein Unternehmen dar? Begründen Sie! 5) Beschreiben Sie die vier Schritte des Marketingentscheidungsprozesses in chronologischer Form! 6) Ein Lebensmittelhersteller trifft die strategische Marketingentscheidung, sich als Bio-Anbieter im Markt zu positionieren. Erläutern Sie einen Marketingmix, der zu dieser Positionierung passt!

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt Aus der Vielzahl unternehmensinterner und -externer Faktoren sind diejenigen zu analysieren, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf die im Markt ablaufenden Transaktionsbeziehungen ausüben. Die Informationsbeschaffung im Rahmen der Situationsanalyse bzw. Strategieentwicklung eines Unternehmens umfasst dabei die folgenden Bereiche: –– Umweltanalyse: Markt-, Kunden-, Branchen- und Wettbewerberstruktur, –– Unternehmensanalyse: Unternehmensbezogene Stärken-Schwächen-Analyse, –– Verknüpfung der Ergebnisse der Umwelt- und Unternehmensanalyse zur SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats).

1. Markt- und Kundenanalyse 1.1 Marktstruktur Die Marktstruktur differenziert einen Markt in vertikaler Hinsicht in Marktstufen. Unternehmen, die z. B. konsumnahe Produkte und Dienstleistungen anbieten, müssen hauptsächlich die Entwicklungen auf der Marktstufe der Endverbraucher analysieren. Weitaus komplexer und schwieriger haben es Industriegüterunternehmen, welche auf vorgelagerten Marktstufen operieren. Diese haben nicht nur ihre direkten Kunden zu beobachten, sondern sollten die Entwicklungen auf den nachgelagerten Marktstufen mit in ihre Marktbearbeitung einbeziehen. Ist ein Anbieter beispielsweise auf mehreren Marktstufen tätig, z. B. als Vitaminhersteller und Prämixer (siehe Abb. 4), dann entsteht ein Konfliktpotential. Auf der Marktstufe der Prämixer ist das Unternehmen sowohl Lieferant als auch Wettbewerber. In diesem Fall ist eine Koordination der anbieter- und wettbewerberbezogenen Marketingaktivitäten erforderlich. Ein Prämix ist eine Vormischung von Zusatzstoffen bei der Mischfutterherstellung.



1. Markt- und Kundenanalyse11

Abb. 4: Marktstruktur: Vitamine für die Tierernährung

In einem anderen Beispiel (siehe Abb. 5) können die Einkaufsentscheidungen der direkten Kunden durch nachfolgende Marktstufen beeinflusst werden. Dieses wird anhand der Herstellung und Vermarktung von Bio-Kunststoffen erläutert, welche bioabbaubar und/oder biobasiert sein können. Biobasiert gibt Auskunft über das „Woher“, d. h., ob das Material von nachwachsenden oder fossilen Rohstoffen stammt. Dagegen thematisiert die Bioabbaubarkeit, wo das Material am Ende seines Lebensweges hingeht (Frage des „Wohin“). Beispielsweise kann eine Lebensmittelverpackung, die sich aus klassischer Petrochemie ableitet, in der Kompostieranlage unter optimalen Bedingungen vollständig abgebaut werden (Reimer/Künkel/Philipp, 2008, S. 33). Angenommen, Markenartikler und/oder Einzelhändler wollen sich als „Green Company“ positionieren und diese Strategie auch mit Hilfe von Bio Lebensmittelverpackungen gegenüber den Konsumenten kommunizieren. Diese Entscheidung auf nachgelagerten Marktstufen hat einen Einfluss auf die Materialentscheidung der Verpackungshersteller, welche folglich biobasierte und/oder bioabbaubare Granulate nachfragen werden. Somit müssen Kunststoffhersteller diesen Markttrend auf den nachgelagerten Stufen erkennen, um rechtzeitig entsprechende Produkte zu entwickeln und erforderliche Produktionskapazitäten aufzubauen. Im Industriegütersektor kann der Bedarf der direkten Kunden aus dem Bedarf der in der Marktstruktur nachgelagerten Marktstufen berechnet werden. In diesem Zusammenhang wird auch vom abgeleiteten Bedarf bzw. de­ rivativen Bedarf gesprochen (Diller, 2001, S. 129). In Abb. 6 leitet sich der Bedarf an Farbstoffen und Hilfsmitteln auf wasserbasierter Basis aus dem Bedarf an Lederprodukten ab. Mit Hilfe von Einsatzkoeffizienten, z. B. Liter

12 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

oder Gramm pro m2 Leder, kann der Markt für wasserbasierte Lederchemikalien hochgerechnet werden. Um anschließend ein differenziertes Bild über die Marktentwicklungen auf nachgelagerten Marktstufen zu erhalten, sind die Marktvolumina und die Wachstumsraten in den unterschiedlichen Abnehmerbranchen von Interesse.

Abb. 5: Marktstruktur: Bio-Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen

Abb. 6: Marktstruktur: Wasserbasierte Farben und Hilfsmittel für die Lederindustrie



1. Markt- und Kundenanalyse13

1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes Die Abgrenzung des relevanten Marktes ist von elementarer Bedeutung im Rahmen der Strategieentwicklung. Bei einer zu engen Definition des relevanten Marktes bleiben einerseits potentielle Konkurrenten und mögliche Kundenbedürfnisse unberücksichtigt. Andererseits wird Wettbewerb, der eventuell aus anderen Produktklassen oder Branchen kommt, übersehen. Allerdings können bei einer zu weiten Definition des relevanten Marktes Kunden auf spezialisierte Anbieter ausweichen, die ein auf ihre Anforderungen und Bedürfnisse besser zugeschnittenes Leistungspaket anbieten. Die Abgrenzung des relevanten Marktes kann in räumlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht vorgenommen werden (siehe dazu u. a. Backhaus/Schneider, 2007, S. 51 ff.). (1) Sachlich Im Rahmen der sachlichen Abgrenzung muss die folgende Frage beantwortet werden: Welches Problem welcher Nachfrager wird gelöst bzw. soll gelöst werden? Die Abgrenzung des relevanten Marktes erfolgt nach der Problem­ lösung, die das Produkt liefert. Für Anbieter ist es häufig schwierig, die Abgrenzung des relevanten Marktes aus produktbezogener Sicht anhand technisch-funktionaler Produktmerkmale vorzunehmen. So muss sich z. B. ein Anbieter von extrudierten Polystyrol-Hartschaumstoff (Styrodur) im Dämmstoffmarkt die Frage stellen, ob Anbieter von Mineralwolle direkte Konkurrenten sind. Grenzt der Anbieter seinen Markt produktbezogen ab, wird er diese Antwort verneinen. Allerdings ist eine Abgrenzung des relevanten Marktes aus Kundensicht erforderlich, da Kunden in Problemlösungen (benefits) und nicht in technisch-funktionalen Produktmerkmalen (characteristics) denken. Styrodur und Mineralwolle sind für den Kunden gleichsam geeignet, sein Problem „Dämmen“ zu lösen. Damit gehören alle Produkte zu einem Markt, die Kunden als geeignet für ihre Problemlösungen ansehen (Schaper, 2001, S. 17 f.). Im Dienstleistungsbereich sieht sich die Deutsche Bahn beim Personenverkehr nicht nur im Wettbewerb mit anderen Schienenverkehrsanbietern, sondern auch in Konkurrenz zum Flugverkehr, zu Fernbussen, zum Privat-PKW und Carsharing und zu Mitfahrzentralen. Folglich ist die Deutsche Bahn ein Mobilitätsdienstleister und kein Schienenverkehrsdienstleister.

14 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

(2) Räumlich Die räumliche Abgrenzung des relevanten Marktes verfolgt die Fragestellung, welches geografische Absatzgebiet bearbeitet werden soll (Backhaus/ Voeth, 2014, S. 130). Beispielsweise lassen sich innerhalb eines Landes lokale, regionale und nationale Absatzräume unterscheiden. Im internationalen Marketing können Märkte auf Wirtschaftsräume (z. B. EU, NAFTA) bzw. weltweit ausgedehnt werden. (3) Zeitlich Bei der zeitlichen Abgrenzung des relevanten Marktes ist die Frage zu beantworten, für welchen Zeitraum die Nachfrager als dem relevanten Markt zugehörig angesehen werden. Die zeitliche Abgrenzung des relevanten Marktes ist eng mit dem Gültigkeitszeitraum von Marketingstrategien verknüpft, der in Abhängigkeit von den spezifischen Marktgegebenheiten zu sehen ist. Aufgrund neuer Technologien und der damit verbundenen Erweiterung bzw. Verbesserung von Funktionen verändern sich Markt- und Branchengrenzen. So treten Smartphones wegen ihrer vielfältigen Funktionen in Konkurrenz zu Digitalkameras (Fotofunktion), Fernsehgeräten (zu Hause Videos ansehen), Navigationsgeräte (Weg finden), Wecker (Weckfunktion) sowie Papier und Stift (Notizfunktion) (Seras, 2014, S. 1006). Dagegen ist ein längerfristiger Strategiezeitraum primär in Branchen mit langen Produktentwicklungszyklen üblich, z. B. in der Pharmaindustrie.

1.3  Grundbegriffe zur Marktgröße In der Theorie und Praxis lassen sich verschiedene Marktbegriffe unterscheiden (siehe dazu Abb. 7). (1) Marktpotential Das Marktpotential umfasst die Gesamtheit aller möglichen Absatzmengen bzw. Absatzerlöse eines Marktes und entspricht der maximalen Aufnahme­ fähigkeit des Marktes. Des Weiteren lässt sich das Marktpotential als höchstmögliche Marktnachfrage beschreiben, unter Berücksichtigung aller interessierten Abnehmer, die für eine Produktübernahme in Betracht kommen und dafür mit ausreichender Kaufkraft ausgestattet sind (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 195). Somit werden beim Marktpotential all diejenigen Nachfrager berücksichtigt, die Interesse an einem Produkt haben und über die erforder­ liche Kaufkraft verfügen. Allerdings bestehen aktuell noch Kaufwiderstände,



1. Markt- und Kundenanalyse15 Marktpotential Marktvolumen Zugängliches Marktvolumen Bearbeitetes Marktvolumen Absatzvolumen

Abb. 7: Abgrenzung der Marktbegriffe

so dass das Produkt noch nicht von allen potentiellen Kunden gekauft wird. Wird ein Produkt z. B. nur online angeboten, können insbesondere ältere Zielgruppen ohne PC bzw. Internetzugang das Angebot nicht wahrnehmen, obwohl sie daran interessiert sind und über die entsprechende Kaufkraft verfügen. Das Marktpotential stellt oftmals eine fiktive Größe dar, die geschätzt werden muss. Dass die Prognose des Marktpotentials mit Unsicherheiten behaftet ist, zeigt das folgende Bespiel aus dem Jahr 1943 von Thomas J. Watson, Gründer von IBM: “Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt“ (Kreutzer, 2017, S. 38). Wichtige Anknüpfungspunkte für die Abschätzung des Marktpotentials sind etwa bisher erreichte Ausstattungsgrade, die von der amtlichen Statistik oder auch Verbandsstatistiken erfasst werden, z. B. die Höhe der Ausstattung bundesdeutscher Haushalte mit Internet-Anschlüssen in % (Becker, 2019, S. 394). (2) Marktvolumen Das Marktvolumen ist der gegenwärtig von allen Anbietern realisierte Absatz in Mengen- oder Werteinheiten für ein bestimmtes Produkt in einem Markt. Das tatsächliche Marktvolumen lässt sich entweder auf sekundärstatistischem Weg z. B. durch amtliche oder Verbandsstatistiken und oder auf primärstatischem Wege in Form von Befragungen oder Paneldaten feststellen (Becker, 2019, S. 395).

16 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

(3) Zugängliches Marktvolumen Zugangsbarrieren können das Marktvolumen aus Sicht eines Unternehmens reduzieren. In diesem Zusammenhang wird vom zugänglichen Marktvolumen gesprochen (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 196). Beispielsweise kann der Dämmstoff Styrodur auch im Gleisbettbau eingesetzt werden (siehe Abb. 8). Aufgrund der hohen Druckfestigkeit, der geringen Wasseraufnahme, der guten Dämmleistung und der Unverrottbarkeit ist dieser extrudierte PolystyrolHartschaumstoff als Frostschutzschicht eine sichere Lösung. Kann ein Anbieter von Styrodur die sehr hohen technischen Produktanforderungen im Marktsegment Gleisbettbau allerdings nicht erfüllen, ist die Belieferung dieses Marktsegmentes für ihn nicht möglich.

Abb. 8: Marktsegmente im Styrodur-Markt

(4)  Bearbeitetes Marktvolumen Der Begriff des bearbeiteten Marktvolumens bezieht sich auf die Entscheidung eines Unternehmens, nur einen bestimmten Teil des zugänglichen Marktes zu bearbeiten (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 196). Abb. 9 zeigt einen Frachtkostenvergleich nach Ländern aus Sicht eines Dämmstoffherstellers. Der Hersteller ist mit einer zentralen Produktionsstätte in Deutschland vertreten und hat hohe Frachtkosten beim Transport des Dämmstoffes in nord- und südeuropäische Länder. Im Vergleich zu Wettbewerbern mit lokalen Produktionsstätten vor Ort ist das Unternehmen dadurch nicht wettbewerbsfähig.



1. Markt- und Kundenanalyse17

Abb. 9: Frachtkosten nach Ländern aus Sicht eines Dämmstoffherstellers

Entscheidet sich das Unternehmen diese Länder nicht mehr zu bearbeiten, wird das zugängliche Marktvolumen entsprechend reduziert. Der Anbieter konzentriert sich mit seinen Marketing- und Vertriebsanstrengungen auf die mitteleuropäischen Märkte und legt damit die Größe seines bearbeiteten Marktes fest. Will der Anbieter das zugängliche Marktvolumen dagegen vollständig ausschöpfen, kann er beispielsweise lokale Produktionsstätten aufbauen und/oder Produzenten vor Ort aufkaufen. Mit Hilfe dieser dann dezentralen Produktionsstruktur ist der Hersteller bei den Frachtkosten nun auch in den nord- und südeuropäischen Ländern konkurrenzfähig. (5) Absatzvolumen Das Absatzvolumen beschreibt die Absatzmengen bzw. Absatzerlöse eines konkreten Unternehmens bezogen auf ein bestimmtes Produkt oder eine Produktkategorie. Alle Absatzvolumina der in einem konkreten Markt anbietenden Unternehmen ergeben zusammen das Marktvolumen eben dieses Marktes. Differenziert nach den Marktbegriffen existieren verschiedene Ansatz­ punkte zur Ausweitung des Absatzvolumens eines Unternehmens: (1) Erhöhung des Marktvolumens = Erhöhung des Grades der Marktausschöpfung Der Sättigungsgrad eines Marktes ist wie folgt definiert (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 57):

18 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Sättigungsgrad = Marktvolumen ´100 Marktpotential

Der Sättigungsgrad liefert Anhaltspunkte, welches Marktwachstum zukünftig noch erreicht werden kann. Beispielsweise liegt der Sättigungsgrad für „weiße Ware“, d. h. für Kühlschränke, Waschmaschinen und Küchenherde, in Deutschland nahe 100 %. In der Folge dominiert der Ersatzbedarf, und ein Absatzwachstum einzelner Anbieter lässt sich nur auf Kosten der Wettbewerber realisieren (Kreutzer, 2017, S. 38). Unternehmen stehen vor der Frage, wie das eigene Absatzvolumen durch eine Erhöhung des Grades der Marktausschöpfung gesteigert werden kann. Obwohl Interesse und Kaufkraft bei den potentiellen Kunden vorhanden sind, wird das Produkt noch nicht gekauft. Es existieren Kaufwiderstände, die durch unterschiedliche Marketingmaßnahmen reduziert werden können. Beispielsweise kann ein sehr hoher Werbedruck bewirken, dass aus interessierten Verbrauchern potentielle Kunden werden. So ist es dem Online-Versandhaus Zalando gelungen, durch auffällige Werbekampagnen für mehrere Millionen Euro innerhalb kurzer Zeit zum Marktführer im Online-Schuhhandel zu werden. Das Umsatzwachstum lag im Jahr 2011 bei 240 %, allerdings verzeichnete das Unternehmen gleichzeitig Verluste in Millionenhöhe, sodass die Werbeausgaben im Jahr 2012 wieder etwas zurückgefahren wurden. Ein erfolgreicher Ansatz zur besseren Abschöpfung der Kaufkraft ist ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis. Z. B. erreichte das im September 2019 eingeführte iPhone 11 im Verglich zum iPhone 11 Pro (Max) wesentlich höhere Verkaufszahlen. Das iPhone 11 ist bis auf das Display und die fehlende dritte Kamera technisch identisch verglichen mit dem 1.149 € teuren iPhone 11 Pro (Max). Es kostet mit 799 € aber erheblich weniger. (2) Erhöhung des zugänglichen Marktvolumens = Reduzierung der Zugangsbarrieren Die Zugangsbarrieren in einem Markt kann ein Unternehmen u. a. durch Produktentwicklungen reduzieren. So ist BMW mit der Entwicklung der 1erReihe im Jahr 2004 in das Marktsegment „Kompaktklasse“ eingestiegen und konnte folglich mit dem VW-Golf konkurrieren und eine weitere Modellklasse im Automobilmarkt erschließen.



1. Markt- und Kundenanalyse19

(3) Erhöhung des bearbeiteten Marktvolumens = Ausdehnung der Aktivitäten auf andere zugängliche Märkte Die Ausdehnung der Aktivitäten auf andere zugängliche Märkte lässt sich durch die Erschließung neuer geografischer Märkte realisieren. Beispielsweise hat die saarländische Globus SB-Warenhaus Holding durch den Markteintritt in Tschechien und Russland zusätzliche Umsatzpotentiale erschließen können. Bis 2021 konnte das Unternehmen über 30 SB-Warenhäuser in beiden Märkten eröffnen (www.globus.de). (4) Erhöhung des Absatzvolumens = bessere Ausschöpfung des bearbeiteten Marktvolumens Eine bessere Ausschöpfung des bearbeiteten Marktvolumens kann beispielsweise durch eine Ausweitung des Verkaufsstellennetzes bzw. Distribu­ tionsgrades im bisherigen Markt erfolgen. Beispielsweise konnte das Unternehmen Alnatura die Anzahl ihrer Bio-Supermärkte innerhalb von 15 Jahren mehr als verfünffachen. Zwischen 2006 und 2021 ist das Filialnetz von 25 auf über 130 Geschäfte vergrößert worden (www.alnatura.de). Auch sind die BioProdukte im Onlineshop und bei ausgewählten Handelspartnern erhältlich. Bei dieser Vorgehensweise ist allerdings die übergeordnete Positionierungsstrategie zu berücksichtigen. So muss ein Hersteller von Luxusmarken bei der Auswahl seiner zu beliefernden Händler darauf achten, dass das Image der Einkaufsstätte und sein Markenimage kongruent sind.

1.4  Prognose der Marktentwicklungen Die Langfristigkeit und Zukunftsorientierung strategischer Marketingentscheidungen bedingt nicht nur die Einsicht in die bisherigen Strukturen und Entwicklungen eines Marktes, sondern erfordert auch Informationen über zukünftige Marktentwicklungen. Nach Art der Vorhersage lassen sich dabei quantitative und qualitative Marktprognosen unterscheiden (siehe im Folgenden Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 210 ff.). 1.4.1 Quantitative Methoden Quantitative Methoden führen auf der Basis mathematischer Verfahren zu rechnerischen Ergebnissen und können in kurzfristige und langfristige Prognosen klassifiziert werden. Im Rahmen kurzfristiger Marktprognosen werden vor allem die Methode der gleitenden Durchschnitte und die Methode der exponentiellen Glättung unterschieden.

20 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Mit Hilfe der Methode der gleitenden Durchschnitte wird aus den letzten n-Beobachtungswerten ein Mittelwert (arithmetisches Mittel) für die nächste Periode berechnet: yt +1 =



yt + yt -1 + ... + yt -n +1 n

Allen Daten wird das gleiche Gewicht 1n = w zugeordnet. Die Bezeichnung „gleitend“ basiert auf der Tatsache, dass bei Vorlage eines neuen Beobachtungswertes der jeweils älteste Wert aus der Berechnung herausfällt. Der neue Beobachtungswert tritt dann an die erste Stelle. Das Hauptproblem des gleitenden Durchschnitts besteht in der Bestimmung der Anzahl der Beobachtungswerte, die bei der Durchschnittsberechnung berücksichtigt werden sollen. Üblicherweise haben jüngere Daten eine größere prognostische Relevanz als weiter zurückliegende Werte. Durch Einführung spezieller Gewichte im Rahmen der Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts kann dies berücksichtigt werden. yt +1 = yt × wt + yt -1 × wt -1 + ... + yt -n +1 × wt -n +1



In der Regel gilt für die Einzelgewichte wt > wt -1 > ... > wt -n+1 . Die Summe der Gewichte ergibt 1. Die Bestimmung der Gewichtungskoeffizienten erfolgt in der Regel subjektiv. Im nachfolgenden Zahlenbeispiel wird der jeweilige Prognosewert für das Jahr 2022 für die beiden Methoden dargestellt. Periode

Jahr

Volumen Mio. €

yt+1

2022

1,0

yt

2021

1,0

0,4

0,4

yt–1

2020

0,8

0,3

0,24

yt–2

2019

0,9

0,15

0,135

yt–3

2018

1,2

0,1

0,12

yt–n+1

2017

1,1

0,05

0,055

Gleitender Durchschnitt

Gewicht

Gew. Volumen Mio. € 0,95

Gewogener gleitender Durchschnitt

Methode der gleitenden Durchschnitte:

2022 =

1,0 + 0,8 + 0,9 + 1,2 + 1,1

= 1,0 Mio. €

Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts:

2022 = 1,0 × 0, 4 + 0,8 × 0,3 + 0,9 × 0,15 + 1, 2 × 0,1 + 1,1 × 0,05 = 0,95 Mio. €



1. Markt- und Kundenanalyse21

Eine Weiterentwicklung des gewogenen Durchschnitts stellt die Methode der exponentiellen Glättung dar. Auch dieses Verfahren berücksichtigt eine höhere prognostische Relevanz aktueller Werte. Die Grundformel der exponentiellen Glättung lautet: yt +1 = λ yt + (1 - λ) yt¢ yt +1  = Prognosewert yt¢  = Schätzwert (Mittelwert) für Periode t yt  = Letzter Beobachtungswert

λ  = Gewichtungskoeffizient

Der Prognosewert setzt sich aus λ Prozent des letzten Beobachtungswertes und (1 – λ) Prozent des bislang berechneten Mittelwertes zusammen. Je größer der Gewichtungskoeffizient, desto schwächer erfolgt die Gewichtung der in der Vergangenheit liegenden Beobachtungswerte. Periode

Jahr

Volumen Mio. €

yt+1

2022

yt

2021

1,0

yt¢

2021

0,8

λ = 0,5 0,90 Mio. € = 0,5 ∙ 1,0 + 0,5 ∙ 0,8 λ = 0,8 0,96 Mio. € = 0,8 ∙ 1,0 + 0,2 ∙ 0,8

Kurzfristige Marktprognosen ermitteln nur einen Prognosewert für die jeweils folgende Periode. Das Ziel langfristiger Marktprognosen ist die Berechnung einer zeitlichen Abfolge unterschiedlicher Prognosewerte. So ermitteln Trend- und Indikatormethoden aus historischem Datenmaterial Gesetzmäßigkeiten über die zukünftige Marktentwicklung (siehe dazu Meffert/Burmann/ Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 212; Altobelli, 2011, S. 355 ff.; Nieschlag/ Dichtl/Hörschgen, 2002, S. 543 ff.). Angesichts der sich schnell verändernden Markt- und Umfeldbedingungen reicht eine mathematisch-statistische Vorhersage wichtiger Marktgrößen für marketingstrategische Zwecke nicht mehr aus. Starke Diskontinuitäten in der Zukunft, z. B. neue gesetzliche Rahmenbedingungen, werden möglicherweise im Rahmen der quantitativen Prognoseverfahren nicht erkannt. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn entsprechende Diskontinuitäten auf Einflussfaktoren zurückzuführen sind, die sich in der bisherigen Entwicklung der zu prognostizierenden Marktgröße noch nicht niedergeschlagen haben.

22 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Im Jahr 2019 hat beispielsweise die Bundesregierung im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 ein Gesetz zur steuerlichen Förderung energetischer Gebäudesanierung verabschiedet. Eine Einzelmaßnahme zur Verbesserung der Energieeffizienz betrifft die Dämmung von Dächern und Außenwänden. Die Kosten solcher Maßnahmen können mit bis zu 20 % über einen Zeitraum von drei Jahren steuerlich in Abzug gebracht werden. Dieses Gesetz wird folglich eine positive Auswirkung auf die Entwicklung des Dämmstoffmarktes haben, d. h., das Marktvolumen wird dadurch erhöht. Das Beispiel verdeutlicht die zunehmende Bedeutung der qualitativen Marktprognosen in der Wirtschaftspraxis. 1.4.2 Qualitative Methoden Qualitative Methoden liefern durch Ausschöpfung vorhandener Erfahrungen, Kenntnisse und Fingerspitzengefühl überwiegend verbale Aussagen. Deren Hauptansatz liegt darin, in unterschiedlicher Weise Expertenwissen für die Marktprognose zu nutzen. Experten können z. B. Wissenschaftler, unternehmensinterne Mitarbeiter mit Marktkontakt, Händler und Kunden sein. Qualitative Prognosemethoden beinhalten somit subjektive Wertungen. Die bekanntesten Verfahren zur Erstellung qualitativer Prognosen sind die DelphiMethode und die Szenario-Technik. Im Rahmen der Delphi-Methode (siehe Abb. 10) wird ein bestimmter Kreis von Experten in regelmäßigen Abständen überwiegend schriftlich zur Prognostizierung von bestimmten Marktentwicklungen aufgefordert. Bei dieser mehrstufigen Befragungsform erhalten die Experten in den einzelnen Prognoseschritten jeweils die Prognoseergebnisse der gesamten Expertenrunde und haben auf diese Weise die Möglichkeit, ihre eigenen Prognosen zu überdenken bzw. gegebenenfalls zu korrigieren. Im Normalfall werden in drei Durchgängen jeweils die gleichen Fragen gestellt. Aufgrund der Rückkoppelungen wird trotz der räumlichen Trennung und der gewahrten Anonymität ein gewisser Gedanken- und Informationsaustausch zwischen den beteiligten Experten realisiert. Die Teilnehmerzahl kann dabei zwischen fünf und 20 Experten betragen (Berekoven/Eckert/Ellenrieder, 2009, S. 251). Das häufigste Anwendungsgebiet der Delphi-Methode ist die Erstellung von Prognosen zu neuen Märkten bzw. neuen technischen Problemlösungen. Eine typische Fragestellung für eine Delphi-Befragung lautet z. B.: Wie sieht die Einzelhandelslandschaft in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2030 aus? Ein Vorteil der Delphi-Methode gegenüber der normalen Expertenbefragung ist u. a. in der Gruppenprognose zu sehen. Die Dominanz bestimmter Teilnehmer im Gruppengespräch wird aufgrund der schriftlichen Befragungsform bei dieser Methode ausgeschaltet. Der Austausch der Ergebnisse über



1. Markt- und Kundenanalyse23

Abb. 10: Ablauf einer Delphi-Befragung (Hüttner, 1982, S. 30)

24 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

mehrere Runden führt selbst dann zu einer Stabilisierung des Ergebnisses, wenn sich unterschiedliche Meinungen über zukünftige Entwicklungen ergeben. Dieses kann gleichzeitig auch als Nachteil angesehen werden. Vor allem bei stark divergierenden Antworten ist kaum mit einheitlichen Prognosen zu rechnen. Die Delphi-Methode lässt zudem keine Diskussion über die jeweiligen Begründungen bei abweichenden Aussagen zu. Außerdem kann eine Tendenz bei einzelnen Teilnehmern entstehen, sich der Gruppenmeinung anzuschließen (siehe dazu u. a. Altobelli, 2011, S. 390). Bei der Szenario-Technik führen unterschiedliche Annahmen zu alternativen Zukunftsbildern (Szenarien). Aufgrund der gegenwärtigen Ausgangslage lassen sich verschiedene Szenarien entwickeln, die sich alle innerhalb eines Trichters befinden (siehe dazu Abb. 11). Der Trichter bringt zum Ausdruck, dass die Zahl der Alternativen mit größerer Distanz zur Gegenwart stark zunimmt. Die Menge aller möglichen Zukunftsbilder befindet sich dann auf der Schnittstelle dieses Trichters (Simon/von der Gathen, 2002, S. 81). Extremvarianten beschreiben dabei ein optimistisches und ein pessimistisches Zukunftsbild. In der Praxis hat sich die Entwicklung von ca. drei bis fünf Varianten als geeignet erwiesen. So kann als Mindestanforderung die Ausarbeitung der beiden Extremvarianten und eine Trendverlängerung der derzeitigen Situation gesehen werden (Berekoven/Eckert/Ellenrieder, 2009, S. 253 f.).

Abb. 11: Denkmodell zur Darstellung von Szenarien (Reibnitz, 1991, S. 30)



1. Markt- und Kundenanalyse25

Zur Durchführung der Szenario-Technik werden acht Arbeitsschritte durchlaufen (siehe dazu Geschka/Reibnitz, 1983, S. 130): (1) Strukturierung und Definition des Untersuchungsfeldes > Untersuchungsfeldanalyse Eine Ausgangsfragestellung für die Szenario-Technik könnte beispielsweise lauten: Wie wird sich der Markt für wasserbasierte Autoreparaturlacke in der Bundesrepublik in den nächsten zehn Jahren entwickeln? Da die Unternehmen heute Entscheidungen über zukünftige Investitionen in Forschungs- und Entwicklungs-, Produktions-, Marketing- und Vertriebskapazitäten treffen müssen, ist dieser lange Zeitraum der Marktentwicklung durchaus praktikabel. (2) Identifizierung und Strukturierung der wichtigsten Einflussbereiche auf das Untersuchungsfeld > Umfeldanalyse Der zweite Schritt beinhaltet die Beobachtung der Vergangenheitsentwicklung. Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die bisherige Marktentwicklung gehabt? In diesem Zusammenhang müssen Gesetzmäßigkeiten erkannt werden. Bei langfristigen Prognosen von ca. zehn Jahren sollte der rückwärtig zu analysierende Zeitraum etwa die gleiche Spanne umfassen. Dadurch können langfristige Trends erkannt und Einflüsse von kurz- und mittelfristigen Schwankungen (z. B. Konjunkturschwankungen) reduziert werden. Für die Marktentwicklung bei wasserbasierten Autoreparaturlacken könnten beispielsweise die folgenden Einflussfaktoren und deren Vergangenheitsentwicklung von Bedeutung gewesen sein: Wachstum der PKW-Produktion, jährliche Fahrleistung und die Entwicklung des Bruttosozialprodukts. Ein Zusammenhang zwischen der Marktentwicklung für wasserbasierte Auto­ reparaturlacke und den genannten Einflussfaktoren kann mit Hilfe der Kor­ relationsanalyse oder der Regressionsanalyse ermittelt werden (siehe dazu u. a. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 2002, S. 477 ff.; Altobelli, 2011, S. 280 ff.; 324 ff.). (3) Ermittlung von Entwicklungstendenzen der Umfelder > Trendprojektionen Auch die Markteinflussfaktoren sind den Einflüssen bestimmter Faktoren ausgesetzt (Deskriptoren). Ihre Beurteilung ist die Basis für die Prognose der künftigen Entwicklung der Einflussfaktoren. Bei bestimmten Einflussfaktoren, z. B. dem Bruttosozialprodukt, kann auf externe Prognosen von wirtschaftswissenschaftlichen Instituten zurückgegriffen werden. Falls das nicht

26 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

möglich ist, erfolgt auch hier die Anwendung von Trendextrapolationen oder Mini-Delphis. Für die Einflussfaktoren in dem vorliegenden Beispiel werden die folgenden zukünftigen (hypothetischen) Entwicklungen prognostiziert: –– Wachstum der PKW-Produktion: Mengenmäßige Bandbreite (–2) –2 % p. a., –– jährliche Fahrleistung: 10–25.000 km p. a., –– Entwicklung des Bruttosozialprodukts: 0–3 % p. a. (4) Bildung und Auswahl alternativer, konsistenter Annahmenbündel > Annahmenbündelung Der vierte Schritt umfasst die Bildung von Umfeldszenarien, d. h. von wenigen, aber deutlich unterschiedlichen Zukunftsbildern der Marktentwicklung. Die Annahmen müssen dabei logisch zusammenpassen. Für das Beispiel der wasserbasierten Autoreparaturlacke sollen drei unterschiedliche Umfeld­ szenarien gebildet werden, die sich aus der folgenden Fragestellung ergeben: Wie entwickeln sich die PKW-Produktion, die jährliche Fahrleistung und das Bruttosozialprodukt in den nächsten zehn Jahren? Alternativen

Jährliches Wachstum der PKW-Produktion

Jährliche Fahrleistung

BSP-Entwicklung p. a.

1

–2 %

10.000 km

0 %

2

0 %

15.000 km

1,5 %

3

2 %

25.000 km

3 %

(5) Interpretation der ausgewählten Umfeldszenarien > Szenariointerpretation Nun werden Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Umfeldszenarien festgelegt, z. B. Alternative 1: 15 %, Alternative 2: 60 % und Alternative 3: 25 %. (6) Einführung und Auswirkungsanalyse signifikanter Störereignisse > Störfallanalyse Schritt sechs beinhaltet die Einführung eines signifikanten Störereignisses, welches zu einer Veränderung der realistischen Umfeldentwicklung führen kann. Z. B. könnte die Bundesregierung ein neues Gesetz mit dem Inhalt verabschieden, dass alle öffentlichen Verkehrsmittel von Haushalten mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 1.500 € kostenlos benutzt werden



1. Markt- und Kundenanalyse27

dürfen. Dieses Gesetz hat sicherlich konkrete Auswirkungen auf die PKWNachfrage und jährliche Fahrleistung. (7) Ausarbeiten der Szenarien bzw. Ableiten von Konsequenzen für das Untersuchungsfeld > Auswirkungsanalyse Die zukünftige Entwicklung im Markt für wasserbasierte Autoreparaturlacke soll durch folgende Szenarien charakterisiert werden: –– Szenario 1: Marktrückgang (–2) – (–1) % p. a., –– Szenario 2: Marktstagnation von 0 % p. a., –– Szenario 3: Moderates Marktwachstum mit 2–3 % p. a. (8)  Konzipieren von adäquaten Maßnahmen und Planungen Unternehmen sehen sich einer zunehmenden Unsicherheit durch Diskon­ tinuitäten in der politischen, sozialen und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung konfrontiert. Marketingstrategische Planungen müssen versuchen, ein wirtschaftliches Überleben in unterschiedlichsten Umweltsituationen sicher­ zustellen. Aus diesem Grund sollten Unternehmen für jedes Szenario eine fertige Strategie bzw. einen Maßnahmenplan proaktiv ausgearbeitet haben. Zusammenfassung In der Praxis finden qualitative Prognoseverfahren eine immer stärkere Verbreitung. Bei den quantitativen Verfahren sind insbesondere Trendextrapolationen von hoher Bedeutung. Zur Ableitung von Marktprognosen erscheint eine Kombination beider Verfahren sinnvoll. So können die Ergebnisse quantitativer Verfahren durch Experten auf ihre Plausibilität überprüft werden. Tiefgreifende Veränderungen in den Umfeldbedingungen der Unternehmen lassen eine ausschließliche Verwendung der quantitativen Verfahren allerdings nicht zu.

1.5 Marktsegmentierung Die Marktsegmentierungsstrategie beinhaltet die beiden Hauptschritte Markterfassung (Marktsegmentierung) und Marktbearbeitung (siehe Abb. 12). Zunächst werden im Rahmen der Markterfassung Marktsegmente mit Hilfe verschiedener Marktsegmentierungskriterien gebildet, d. h., ein heterogener Markt wird in homogene Untergruppen von Abnehmern aufgeteilt. Ein Marktsegment sollte dabei für sich betrachtet hinsichtlich der Bedürfnisse

28 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

und Anforderungen möglichst ähnlich oder gleichartig sein, im Vergleich zu anderen Segmenten dagegen möglichst unähnlich oder ungleichartig (intern homogen; extern heterogen). Eine Zielgruppe muss somit gleiche oder zumindest sehr ähnliche Reaktionsweisen auf den Einsatz der Marketinginstrumente bzw. den gesamten Marketingmix aufweisen. D. h., die in einem Segment zusammengefassten Abnehmer müssen gleiche Produkt-, Preis-, Service-, Werbeerwartungen etc. aufweisen. Nur dann können alle Marketinginstrumente segmentadäquat eingesetzt werden (Freter, 2008, S. 54). Damit ist der zweite Schritt der Marktsegmentierungsstrategie angesprochen, welcher die Auswahl der zu bearbeitenden Segmente und den anschließenden marktsegmentspezifischen Einsatz der Marketinginstrumente innerhalb der Markt­ bearbeitung umfasst. In diesem Kapitel werden ausschließlich verschiedene Kriterien zur Marktsegmentierung diskutiert. Die Strategie der differenzierten Bearbeitung der Marktsegmente wird in Kapitel E. 3. thematisiert.

Abb. 12: Schritte der Marktsegmentierungsstrategie (in Anlehnung an Freter, 2008, S. 27)

Zuerst soll kurz diskutiert werden, welche Zielsetzungen die Unternehmen mit der segmentspezifischen Markterfassung verfolgen. Die Segmentierung der Märkte ermöglicht zunächst ein differenziertes Erkennen von Marktveränderungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen. So kann ein starkes Marktwachstum in einigen Marktsegmenten prognostiziert werden, während in anderen Marktsegmenten ein deutlicher Marktrückgang erwartet wird. Dadurch erhöht sich die Markttransparenz, da sich nun die Attraktivität der unterschiedlichen Teilmärkte gut bewerten lässt. Ebenfalls wird das Aufspüren von bisher nicht durch die Konkurrenz besetzten Marktnischen erleichtert. Eventuell lassen sich gerade in diesen kleinen Marktsegmenten relativ hohe Verkaufspreise realisieren.



1. Markt- und Kundenanalyse29

Die Segmentierung der Märkte eröffnet einem Unternehmen die Möglichkeit, den Markt im Rahmen der später zu definierenden Strategie differenziert zu bearbeiten. Das Unternehmen kann somit eine standardisierte Marktbearbeitung vermeiden, indem ein Zuschnitt von Produkten, Serviceleistungen, Preisen, Vertriebswegen und kommunikativen Ansprachen auf die speziellen Erfordernisse bestimmter Kundenkreise erfolgt. Dadurch ist einerseits ein zielgerichteter und effizienter Einsatz aller unternehmerischen Ressourcen möglich, und andererseits kann eine höhere Kundenzufriedenheit durch maßgeschneiderte Segmentangebote erreicht werden. 1.5.1 Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien Die Aufteilung eines Gesamtmarktes bezüglich seiner Marktreaktion in intern homogene und extern heterogene Marktsegmente erfordert die Auswahl geeigneter Segmentierungskriterien, die eine sinnvolle Abgrenzung, Beschreibung sowie Bearbeitung von Marktsegmenten ermöglichen (Freter, 2008, S. 90). Marktsegmentierungskriterien sind Kriterien bzw. Merkmale zur Einteilung von Marktsegmenten. Ein Kriterium soziodemographischer Art ist z. B. das „Alter“. Anhand dieses Kriteriums lassen sich beispielsweise die Marktsegmente (Merkmalsausprägungen) Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren unterscheiden. An diese Kriterien der Markterfassung sind bestimmte Anforderungen zu stellen (siehe dazu u. a. Backhaus/Voeth, 2014, S. 122 f.; Kotler/Armstrong/ Harris/Piercy, 2016, S. 368 f.; Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 222 f.; Freter, 2008, S. 90 ff.):

Abb. 13: Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien

30 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Kaufverhaltensrelevanz Weisen die Kunden hinsichtlich des verwendeten Segmentierungskriteriums keine Unterschiede im Kaufverhalten und in der Reaktion auf den Einsatz der Marketinginstrumente auf, ist eine Marktsegmentierung durch Verwendung dieses Kriteriums nicht sinnvoll. Gibt es beispielsweise im Markt für alkoholfreie Getränke beim Kaufverhalten zwischen Männern und Frauen keinen wesentlichen Unterschied, dann stellt eine soziodemographische Marktsegmentierung nach dem Kriterium „Geschlecht“ keinen kaufverhaltensrelevanten Ansatz in diesem Markt dar. Je stärker der Einfluss eines Kriteriums folglich auf die Kaufentscheidung ist, desto wichtiger ist seine Bedeutung für die Marktsegmentierung. Messbarkeit (Operationalität) Die Marktsegmentierungskriterien müssen mit den vorhandenen Markt­ forschungsmethoden messbar und erfassbar sein. Beispielsweise ist das Kriterium Alter einfach zu messen und zu erfassen. Die Verwendung psycho­ graphischer Konstrukte wie z. B. Einstellungen erfordert demgegenüber ein hohes Maß an Expertenwissen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 222). Wirtschaftlichkeit Der sich aus der Segmentierung ergebende Nutzen muss größer als die anfallenden Kosten sein. Eine größtmögliche homogene Kundengruppe, für die sich ein maßgeschneidertes Marketingprogramm lohnt, ist als Segment zu betrachten. So wird z. B. für Automobilhersteller die spezielle Entwicklung eines Wagens für das Segment der Kunden mit einer Größe von mehr als 2,20 Metern nicht lohnenswert sein. Eine zu große Zahl von Segmenten, bei der einzelne Segmente nur eine recht geringe Nachfrage aufweisen, sollte folglich vermieden werden (Homburg, 2020, S. 519). Realisierbarkeit Kann ein Hersteller die effektiven Marketingprogramme für die mit Hilfe von Marktsegmentierungskriterien gebildeten jeweiligen Segmente nicht entwickeln, ist von einer Segmentierung abzusehen.



1. Markt- und Kundenanalyse31

Zeitliche Stabilität Eine Marktsegmentierung ist nur dann sinnvoll, wenn die Ergebnisse der Markterfassung für den Zeitraum der Durchführung und Wirkung der seg­ mentspezifischen Marktbearbeitungsaktivitäten Gültigkeit besitzen. Die mittels der Kriterien gebildeten Segmente müssen über den Planungszeitraum hinweg stabil sein. Eine hohe zeitliche Stabilität besitzen soziodemographische Kriterien. So lassen sich Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung in der Regel gut prognostizieren (Freter, 2008, S. 107). Erreichbarkeit (Zugänglichkeit) Eine gezielte Ansprache der Zielgruppen kann nur mit Hilfe von Kriterien erreicht werden, die auch zu marketingpolitisch erreichbaren Marktsegmenten führen. Beispielsweise müssen Medien und Vertriebskanäle vorhanden sein, die zielgruppenspezifisch eingesetzt werden können. In der Theorie und Praxis sind eine Vielzahl von Marktsegmentierungskriterien entwickelt und empirisch getestet worden. Die kombinierte Anwendung der Kriterien zur Bildung von kaufverhaltensrelevanten Marktsegmenten ist dabei der Regelfall. In diesem Zusammenhang wird von mehrstufiger Markt­ segmentierung gesprochen. Bei der einstufigen Marktsegmentierung liegt nur ein Kriterium zur Aufteilung eines Gesamtmarktes zugrunde (Backhaus/­ Voeth, 2014, S. 124). 1.5.2 Marktsegmentierungskriterien in Konsumgütermärkten Die Vielzahl der in Konsumgütermärkten verwendeten Segmentierungskriterien lässt eine Systematisierung in soziodemographische, psychographische und verhaltensorientierte Kriterien zu (siehe dazu u. a. Becker, 2019, S. 251; Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 223; Freter, 2008, S. 93; Kotler/Armstrong/Harris/Piercy, 2016, S. 353 ff.). Soziodemographische und psychographische Kriterien stellen jeweils Bestimmungsfaktoren des Kaufverhaltens dar. Während die erste Gruppe der Marktsegmentierungskriterien bei Verbrauchern relativ gut feststellbar ist (z. B. Alter, Geschlecht), umfasst die zweite Gruppe nicht-beobachtbare Kriterien des Kaufverhaltens (z. B. Einstellungen, Werte). Letztlich spiegeln verhaltensorientiere Merkmale Ergebnisse bereits realisierter Kaufentscheidungen wider. Unterstellt wird, dass beispielsweise ein Preis-Käufer auch zukünftig preis­ orientiert einkaufen will.

32 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

1.5.2.1  Soziodemographische Marktsegmentierung Die „klassische“ Vorgehensweise ist die Marktsegmentierung nach den wichtigen soziodemographischen Merkmalen Wohnort, Geschlecht, Alter, Einkommen, Beruf und nationale Herkunft (siehe Abb. 14). Weitere soziodemographische Merkmale zur Differenzierung von Märkten sind beispielsweise Haushaltsgröße, Familienstand, Ausbildung und Konfession.

Abb. 14: Wichtige soziodemographische Marktsegmentierungskriterien

Bei der Verwendung des Wohnortes als Segmentierungskriterium können unterschiedliche geografische Einheiten gewählt werden. Bei einer makro­ geografischen Segmentierung erfolgt die Aufteilung des Marktes hauptsächlich nach Kriterien wie nationale Länder, Bundesländer, Regierungsbezirke, Landkreise, Städte oder auch Gemeinden (Kotler/Armstrong/Harris/Piercy, 2016, S. 353 ff.). Geografische Segmentierungen machen allerdings nur dann Sinn, wenn unter regionalen Gesichtspunkten ein unterschiedliches Konsumverhalten erkennbar ist. Ein differenziertes geografisches Konsumverhalten existiert vor allem bei Nahrungs- und Genussmitteln, wie z. B. Bier, Wein, Lebensmittelspezialitäten. Die Lakritzhersteller Katjes und Haribo differenzieren ihr Sortiment in Nord- und Süddeutschland. So gibt es einen Lakritzäquator in Deutschland, der ungefähr auf Höhe der Mainlinie verläuft. Nördlich davon essen die Menschen Lakritz gern, südlich mögen sie den Geschmack einfach nicht. Aus diesem Grund bieten Katjes und Haribo im Süden Deutschlands ein kleineres Lakritzsortiment an. Hier gibt es viele Kombiprodukte, zum Beispiel Vampire, wo dann der Körper aus Lakritz und die Flügel aus Fruchtgummi sind (www.welt.de). Ein wesentlicher Vorteil des Segmentierungsansatzes ist die einfache und kostengünstige Datenbeschaffung aufgrund des Vorhandenseins sekundärstatistischen Materials, z. B. Bevölkerungsanzahl und Kaufkraft in den Regionen. Allerdings kann dieser Segmentierungsansatz nur indirekte bzw. grobe Bezüge zum Kaufverhalten herstellen. Eine feinere geografische Unterteilung der Märkte liefert die mikrogeogra­ fische Segmentierung (siehe dazu im Folgenden Meffert/Burmann/Kirch­ georg/Eisenbeiß, 2019, S. 225), die eine räumliche Aufteilung von Konsu-



1. Markt- und Kundenanalyse33

menten in so genannte Wohngebietszellen unterhalb des Stadt- bzw. Stadtviertelniveaus beinhaltet. Die Lokalisierung und gezielte Ansprache kleinster Marktsegmente durch die Verknüpfung regionaler Kenndaten (Demographie, Beschäftigungs-, Wirtschafts- und Infrastruktur etc.) kombiniert mit Angaben zum Lebensstil ist möglich. Grundidee der mikrogeografischen Segmentierung ist die so genannte „Nachbarschaftsaffinität“. D. h., Personen mit ähnlichem sozialem Status und Lebensstil und daraus resultierend vergleichbarem Kaufverhalten wohnen benachbart bzw. in ähnlichen regionalen Bezirken. Beispielhaft seien hier Studenten- und Künstlerviertel, wohlhabende Villenvororte und Gastarbeiterstadtteile genannt. Das Kriterium des Wohnortes stellt somit den Ausgangspunkt einer sich anschließenden Analyse von weiteren soziodemographischen und psychographischen Informationen über jede regionale Wohngebietszelle dar. Voraussetzung für den effizienten Einsatz der mikrogeografischen Segmentierung ist ein professionelles Database-Marketing. Aufgrund vorhandener Adressenlisten können Direktwerbeaktionen für Luxusprodukte gezielt z. B. an Bewohner von Villenvororten adressiert werden. Dadurch wird eine individuelle Ansprache dieser lokalisierten Marktsegmente möglich, welche die üblichen Streuverluste durch den Einsatz von Massenkommunikationsmitteln vermeiden kann. Allerdings entstehen zusätzliche Kosten der Datenbeschaffung und Datenpflege bei den Adressen. Auch können sich Probleme im Hinblick auf die zeitliche Stabilität mikrogeografischer Segmentierungen ergeben, da einmal gebildete Strukturen, z. B. in bestimmten Wohngegenden, relativ schnellen Änderungen unterliegen (Homburg, 2020, S. 521). Adressverlage wie z. B. die Deutsche Post Direkt bieten Adressen von privaten Personen für die werbliche Ansprache an. Einfache Haushaltsadressen nach den Kriterien Postleitzahl, Ort, Straße, Hausnummer können aus einer Haushaltsdatenbank regional selektiert werden. Die Kosten werden dabei pro 1.000 Adressen angegeben, um die entsprechenden Adressen einmalig oder mehrmalig für werbliche Zwecke nutzen zu können. Auf diesem Weg kann beispielsweise eine politische Partei alle Haushalte in einer bestimmten Region durch ein Mailing erreichen (Kreutzer, 2021, S. 102). Eine höhere Adressqualität wird durch eine mit weiteren Merkmalen angereicherte Haushaltsadresse erreicht. Diese Adressen enthalten weitere Informationen über z. B. Geschlecht, Alter, Kaufkraft, präferierte Einkaufsquellen, Wohnsituation, Kfz-Struktur und Interessengebiete. Somit wird eine mikrogeographische Marktsegmentierung möglich, da durch die mehrstufige Selektion der Kriterien bei der Adressauswahl geographisch lokalisierbare Segmente auf kleinräumiger Basis entstehen (Kreutzer, 2021, 102). Das Geschlecht ist immer noch für signifikante Unterschiede im Kaufverhalten von Mann und Frau verantwortlich. Marktsegmentierungen nach dem

34 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Geschlecht sind vor allem bei solchen Warengruppen sinnvoll, bei denen Kauf und Konsum in einem direkten Zusammenhang mit dem Geschlecht stehen. Das ist bei folgenden klassischen Verbrauchs- und Gebrauchsgütern im Konsumgüterbereich gegeben: –– Kosmetik: Estée Lauder für Frauen und Aramis für Männer, –– Zigaretten: Marlboro für Männer und Eve für Frauen, –– Zeitschriften: Wirtschaftswoche oder Capital für Männer und Brigitte oder Freundin für Frauen, –– Autos: Porsche oder 5er-BMW für Männer und 1er-BMW oder Mini für Frauen (Becker, 2019, S. 252). In Zusammenhang mit der Produktion und Vermarktung von geschlechtsspezifischen Produkten und Dienstleistungen hat sich in Deutschland zunehmend der Begriff Gendermarketing durchgesetzt. Der Begriff Gender steht im englischen Sprachraum für das soziale Geschlecht im Gegensatz zum biologischen Geschlecht „Sex“ (Krell, 2005, S. 51). Im Rahmen der geschlechtsspezifischen Produktgestaltung und Vermarktung lassen sich zwei grundlegende Arten unterscheiden. Bei der sichtbaren Form ist sofort erkennbar, dass das Produkt für einen Mann oder eine Frau ist, z. B. durch einen Hinweis auf der Packung „for Men“ oder „for Women“. Dagegen werden bei der unsichtbaren Form beispielsweise weibliche Anforderungen durch die Produktgestaltung berücksichtigt, z. B. geringeres Gewicht und kleinere Griffgröße bei Werkzeugen. Insbesondere die produktgestalterischen Elemente Design und Verpackung sowie die Werbung können hier ganz bewusst hinsichtlich geschlechtsspezifischer Ansprüche, Erwartungen und Einstellungen konzipiert werden. Durch das weibliche Hormon Progesteron fühlen sich Frauen beispielsweise von allem angezogen was freundlich und niedlich aussieht. Sie mögen bunte und helle Farben und verspielte Formen (Barletta, 2005, S. 25). Die Automobil­ industrie macht sich diesen Effekt zu nutze. Kleinwagen, die vor allem für Frauen gedacht sind, entsprechen in ihrem Design oft dem Kindchenschema. Z. B. bei Betrachtung der Front des VW Beatle kann man erkennen, dass diese Autos ein freundliches „Gesicht“ haben. Die Scheinwerfer sind rund wie Augen und der Kühlergrill scheint zu lachen. Frauen neigen dazu, solche Autos sympathisch zu finden (Jaffé, 2005, S.150). Männer dagegen werden vom Hormon Testosteron gesteuert, welches für Imponiergehabe, Stärke und Kampfverhalten steht. Praktische Formen, schlichte Farben und ein einfaches Design werden bevorzugt (Barletta, 2005, S. 23 ff.). Deshalb ist die Front von Sportwagen oder großen Limousinen anders aufgebaut. Diese vermeintlichen Männerautos haben oft ein „böses Gesicht“ und strahlen Durchsetzungsfähigkeit und Stärke aus. Schmale Schein-



1. Markt- und Kundenanalyse35

werfer und Kühlergrill gleichen zusammengekniffenen Augen und Lippen. Durch eine breite und tiefer gelegte Karosserie kann dieser aggressive Eindruck noch verstärkt werden (Jaffé, 2005, S. 150). Eine differenzierte Marktbearbeitung ist auch über die Wahl unterschied­ licher Handelskanäle z. B. im Dienstleistungsbereich bei Bekleidungen (Herren- oder Damenbekleidungsgeschäfte) und beim Haare schneiden (Damenbzw. Herrenfriseure) möglich. Allerdings kann die Hypothese, dass Frauen und Männer ein unterschiedliches Kaufverhalten aufweisen, nicht immer bestätigt werden. So kaufen ältere Frauen anders ein als jüngere. Das ist beim Versandhandel ebenso zu beobachten wie bei Verkaufsparties oder beim TV-Shopping. Auch haben Single-Männer ein anderes Kaufverhalten als ­ Fami­lienväter (Hurth, 2009, S. 242). Aufgrund der sich im Laufe des Lebens ändernden Wünsche/Ansprüche und Fähigkeiten/Möglichkeiten ist eine Korrelation der Bedürfnisse und des Kaufverhaltens der Konsumenten mit deren Alter festzustellen. Stark altersmäßig geprägte Marktsegmente sind beispielsweise in den Bereichen Freizeit, Spielzeug, Ernährung, Möbel und Bekleidung zu erkennen. So nimmt Lego im Spielzeugbereich von Duplo für Kleinkinder über verschiedene LegoGrund- und Ausbausysteme bis hin zur Lego-Technik gezielt eine altersbedingte Segmentierung vor (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 23). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das kalendarische Alter nur einen eingeschränkten Aussagewert hat. Einen höheren Erklärungsbeitrag liefert das psychologische Alter, das verdeutlicht, mit welcher Altersgruppe sich ein Konsument identifiziert (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 226). Diesen Sachverhalt berücksichtigt z. B. der Online-Händler Outfittery, der Mode für Männer anbietet. Per online-Fragebogen können potentielle Kunden stilistische und modische Vorlieben mitteilen. U. a. wird gefragt, „wie alt fühlst du dich?“ (www.outfittery.de). Das Alter als Segmentierungskriterium ist hauptsächlich für Unternehmen empfehlenswert, deren Produkte sich an spezifische Altersgruppen wie Senioren oder Kinder richten. Beispielsweise ist die SCA Tissue Europe ein Vorreiter für seniorenfreundliche Verpackungen. Das Unternehmen entwickelte die ‚Komfort-Öffnung‘ für seine Zewa-Produkte. Eine perforierte Aufreißlasche macht das Öffnen der Verpackung kinderleicht, hinzu kommt eine Infobox auf der Rückseite, welche die wichtigsten Informationen klar und gut lesbar zur Verfügung stellt. An der Seite der Verpackung ist ein Tragegriff angebracht, der dem leichten Transport dient. 2008 erhielt SCA Tissue Europe für diese Innovation den Titel ‚Produkt des Jahres 2008‘ der Lebensmittel Zeitung.

36 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Aber auch Kinder sind eine wichtige Marketing-Zielgruppe, da sie in großen Maßen das Einkaufsverhalten der Eltern beeinflussen. Deshalb werden Verpackungen immer spezieller auf Kinder zugeschnitten: –– Kinder reagieren sehr stark auf sensorische Eigenschaften. Aus diesem Grund sind Verpackungen oft bunt, grell oder machen Geräusche. –– Kinder wollen besitzen, was sie sehen. Daher bietet es sich z. B. bei Spielzeug an, ein Sichtfenster zu integrieren. –– Unternehmen sollten bei der Gestaltung auf bekannte Sympathieträger mit hohem Identifikationsgrad setzen. So hat Kelloggs auf den Verpackungen für Cerealien erfolgreiche Kino-/TV-Charaktere abgebildet: Anna und Elsa aus dem Kinofilm Frozen speziell für Mädchen und den Roboter R2-D2 aus der Star Wars-Saga speziell für Jungen. Das Einkommen steht häufig in keinem direkten Zusammenhang zum Kaufverhalten und wird deshalb gerne in Kombination mit anderen Marktsegmentierungskriterien verwendet. Da das Einkommen ein Indikator für die Kaufkraft der jeweiligen Zielgruppen ist, spielen Einkommensbetrachtungen bei Gebrauchsgütern, z. B. Autos, Bekleidung, Kosmetika, und Reisen eine Rolle. Empirisch belegt ist, dass mit steigendem Einkommen der Konsum von Spezialitäten und Premiumprodukten zunimmt. Die Zielgruppe der wohlhabenden Käufer wird von vielen Unternehmen mit Luxusmarken und spe­ ziellen Dienstleistungen angesprochen, so z. B. die Marken Louis VuittonTaschen, Christian Dior-Parfum und Hennessy-Cognac der französischen Unternehmensgruppe LVHM (Kotler/Armstrong/Harris/Piercy, 2016, S. 358). Bei Gütern des täglichen Bedarfs weist das Einkommen aber nur einen relativ geringen Bezug zum Kaufverhalten auf, da der Großteil der Konsumenten in Deutschland auch in Discountern einkauft. Der Beruf lässt sich ebenfalls nur sinnvoll in Kombination mit anderen Kriterien verwenden. Bei isolierter Anwendung als Segmentierungskriterium kann festgehalten werden, dass die Nachfrage nach der relevanten Produktgruppe (z. B. Arbeitsbekleidung, Fachmagazine) in einem engen Zusammenhang zum Beruf steht (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 227). Für bestimmte Berufsgruppen bieten auch Software-Hersteller individuell zugeschnittene Produkte an, bzw. Versicherungen konzipieren spezifische Versicherungsprodukte. Die Anwendung des Kriteriums Nationale Herkunft ist in Ländern sinnvoll, in denen sich nationale Identitäten aufrechterhalten. So gab es im Jahr 2020 in der Bundesrepublik ca. 21,2 Mio. Menschen mit einem „Migrationshintergrund“, davon sind 11,4 Mio. Ausländer und 9,8 Mio. Deutsche mit Migra­ tionshintergrund. Insgesamt deckt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund somit über 25 % der Gesamtbevölkerung ab. Eine Person hat einen Migra­



1. Markt- und Kundenanalyse37

tionshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde (Destatis, 2021b). Ethnische Gruppen stellen für die Marketingverantwortlichen in den Unternehmen somit interessante Zielgruppen dar, die entsprechend ihren Anfor­ derungen und Bedürfnissen segmentspezifisch bearbeitet werden sollten. In diesem Zusammenhang wird von Ethnomarketing gesprochen. Die größte ethnische Gruppe mit 2,8 Menschen stellen türkische Konsumenten dar (Des­ tatis, 2021b). So sind Türken beispielsweise sehr marken- und qualitätsbewusst und eher bereit, für Markenartikel mehr Geld auszugeben. Sie nutzen in starkem Maße das Fernsehen, insbesondere werden türkische TV-Sender bevorzugt. Die Print-Medien Zeitungen und Zeitschriften sowie das Radio spielen dagegen eine geringere Rolle (o.V., 2013, S. 5). Eng verbunden mit dem Kriterium Nationale Herkunft ist das Thema Religion/Konfession. Beispielsweise prägt der Islam u. a. mit seinem Halal-Gebot den Konsum entscheiden mit. Das Halal-Konzept beinhaltet Attribute wie Sauberkeit, Sicherheit, Gesundheit, Verlässlichkeit und Qualität, sowie Gemeinwohl, Gerechtigkeit und nachhaltiges Leben. Da die Einhaltung des Konzepts für Muslime Pflicht ist, sind diese Grundsätze dementsprechend bei der Kaufentscheidung zu berücksichtigen. Zwar nimmt Halal den größten Einfluss auf die Ernährung, allerdings weitet sich dieser islamische Lebensstil auch auf Bereiche wie Kosmetik, Mode, Finanzen, Hotels oder die medizinische Versorgung sowie Alten- und Krankenpflege aus (Alihodzic, 2013, S. 46). Nahrung darf weder Alkohol noch tierische Bestandteile enthalten. Aus diesem Grund bietet beispielsweise Haribo seine Fruchtgummis wie Gummibären, Happy Cola oder Topifrutti auch ohne Schweinegelantine oder Erzeugnisse vom Schwein an. Des Weiteren sollte in der Kommunikationspolitik der Leitsatz „Sex sells“ zur Ansprache von Konsumenten im islamischen Raum nicht eingesetzt werden, da Erotik und Sexualität im öffentlichen Bereich abgelehnt werden. Die Verwendung soziodemographischer Marktsegmentierungskriterien hat verschiedene Vorteile. So sind die Kriterien für die Unternehmen relativ leicht erfass- und messbar. Die leichte Erfassbarkeit äußert sich zum einen darin, dass auf bereits erhobenes statistisches Material zurückgegriffen werden kann. Zudem lassen sich diese Kriterien mit den Methoden der Marktforschung einfach operationalisieren und erheben (Freter, 2008, S. 107). Die so gebildeten Segmente weisen in der Regel eine hohe zeitliche Stabilität auf und geben auch Hinweise auf die zielgruppenspezifische Marktbearbeitung, z. B. Werbung in Zeitschriften wie das Jugendmagazin Bravo oder die Apotheken Umschau zur Ansprache bestimmter Alterssegmente. Als wesentlicher Nachteil wird allerdings die in vielen Fällen geringe Relevanz der soziodemographischen Kriterien für die Erklärung des Kaufverhal-

38 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

tens angesehen. Z. B. können zwei Angestellte im öffentlichen Dienst ein gleich hohes Einkommen haben und im selben Wohnviertel leben, sich in ihren Präferenzen für bestimmte Produkte, Einkaufsstätten und Medien aber grundlegend unterscheiden (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 233). Da einzelne soziodemographische Segmentierungskriterien in aller Regel Marktsegmente ausweisen, die sich hinsichtlich des Kaufverhaltens nur unwesentlich voneinander unterscheiden, werden zwecks Erhöhung der Trennschärfe zwischen den Marktsegmenten sinnvolle Kombinationen von Kriterien ausgewählt. Bekannte Kombinationen von soziodemographischen Krite­ rien sind: –– Einkommenshöhe, Familiengröße und Alter, –– Soziale Schichtung (social classes), –– Familienlebenszyklus (family life cycle). Die Kombination von drei Einkommensklassen, drei Familiengrößen und vier Altersklassen führt zu insgesamt 36 (4 x 3 x 3) Marktsegmenten. Das markierte Segment in Abb. 15 lässt sich durch junge Single-Haushalte mit vergleichsweise hohem Einkommen beschreiben und stellt eine sehr aufgeschlossene und konsumfreudige Zielgruppe für Unternehmen dar.

Abb. 15: Segmentierung eines Marktes auf Basis von drei soziodemographischen Kriterien (Kotler, 1982, S. 208)

Allerdings hat dieser Segmentierungsansatz im Hinblick auf produktgruppen-spezifische Unterschiede bzw. Besonderheiten auch nur eine eingeschränkte Aussagekraft (Becker, 2019, S. 254). Insbesondere verliert das



1. Markt- und Kundenanalyse39

Einkommen als soziodemographische Segmentierungsvariable in gewissem Umfang an Bedeutung. Bei Konsumenten ist verstärkt ein Nebeneinander von Teuer- und Billigkäufern zu beobachten. In diesem Zusammenhang wird von dem hybriden Käufer gesprochen, der einerseits ein geringes Interesse an Preisinformationen bei Luxusartikeln zeigt und andererseits ein hohes Interesse an Preisinformationen bei Gütern des täglichen Bedarfs hat. Ein oft genanntes Beispiel für ein preishybrides Kaufverhalten ist ein Porschefahrer, der seine Lebensmittel bei Aldi einkauft (Schaper, 2017, S. 64). Durch Kombination der Kriterien Einkommen, Beruf und Ausbildung entsteht im Rahmen der Sozialen Schichtung ein Drei-Schichten-Modell (ABCModell). Die Ober-, Mittel- und Unterschicht kann pro Schicht noch nach zwei Untergruppen differenziert werden („obere“ und „untere“). Durch die Individualisierung des Konsums und die Pluralisierung (Vielgestaltigkeit) der Gesellschaft hat das Schichtenkonzept allerdings an Aussagekraft verloren. Die Bildung sozialer Schichten führt heute nur noch selten zu gesellschaftsbezogenen Marktsegmenten, die sich anhand ähnlicher Wertvorstellungen, Interessen, Lebensstile und Verhaltensmuster charakterisieren lassen (Meffert/ Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 227). Der Ansatz des Familienlebenszyklusses (Wells/Gubar, 1966, S. 361 ff.) verknüpft die Kriterien Alter, Familienstand, Alter des jüngsten Kindes und Erwerbstätigkeit bzw. Ruhestand der Ehepartner. Der Familienlebenszyklus bezieht sich auf die einzelnen Phasen, die Menschen in einem Haushalt im Zeitablauf durchlaufen. Das Modell unterscheidet acht typische Phasen: –– 1. Phase: Junge, alleinstehende Leute, die nicht im Elternhaus leben, –– 2. Phase: Frisch verheiratete Paare, jung, keine Kinder, –– 3. Phase: Volles Nest I: Jüngstes Kind unter 6 Jahren, –– 4. Phase: Volles Nest II: Jüngstes Kind 6 Jahre oder älter, –– 5. Phase: Volles Nest III: Ältere verheiratete Paare mit abhängigen Kindern, –– 6. Phase: Leeres Nest I: Ältere verheiratete Paare, Kinder haben das Elternhaus verlassen, –– 7. Phase: Leeres Nest II: Ältere verheiratete Paare, Ehemann pensioniert, –– 8. Phase: Ehepartner gestorben, alleinstehend. Das Kauf- und Konsumverhalten wird von der jeweiligen Lebensphase relativ stark beeinflusst. So werden Gebrauchsgüter der Haushaltsausstattung, z. B. Kühlschränke, Waschmaschinen oder Staubsauger, besonders stark in den ersten Phasen des Lebenszyklusses gekauft. Die segmentspezifischen Schlussfolgerungen zum Kauf bestimmter Produktarten sind somit vergleichs-

40 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

weise gut. Allerdings sind keine Aussagen über unterschiedliche Reaktionen der Marktsegmente auf eingesetzte Marketinginstrumente möglich. Außerdem haben gesellschaftliche Entwicklungen, z. B. hohe Scheidungsraten, zunehmende Anzahl von Patchwork-Familien, Elternschaft ohne Ehe, hoher Anteil von Single-Haushalten, zu einer Weiterentwicklung des Familienzyklusmodells geführt (Freter, 2008, S. 102 ff.). Abschließend wird diskutiert, inwieweit soziodemographische Merkmale von Konsumenten das umweltbewusste Kaufverhalten erklären können. Balderjahn (2013, S. 209) definiert in diesem Zusammenhang zunächst das Umweltbewusstsein von Konsumenten „als Einsicht, dass das eigene Verhalten Umweltschäden verursacht, verbunden mit der Bereitschaft, durch eigenes Handeln diese Belastungen zu vermeiden bzw. zu minimieren“. Folglich berücksichtigen umweltfreundliche Konsumenten die ökologischen Konsequenzen ihrer vielfältigen Konsumgewohnheiten. Zwischen dem bekundeten Umweltbewusstsein eines Verbrauchers und seinem tatsächlichen umweltbewussten Verhalten sind aber oftmals erhebliche Diskrepanzen festzustellen. In diesem Zusammenhang wird von einer Verhaltenslücke gesprochen, die wie folgt begründet werden kann: –– Wirkungslosigkeitsvermutung: Konsumenten unterschätzen häufig die Möglichkeit durch eigenes Handeln die Natur zu schützen. –– Opportunismusvorbehalt: Konsumenten hegen oft Misstrauen gegenüber anderen, dass diese sich nicht umweltbewusst verhalten. Sie haben oft Angst, übervorteilt und ausgebeutet zu werden, wollen nicht die Dummen sein. –– Eigennutzmaxime: Konsumenten stellen den persönlichen Eigennutzen des Handelns vor den der Nachhaltigkeit (Balderjahn, 2007, S. 154 ff.). Das Umweltbewusstsein und das Umweltverhalten wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) seit 1996 im Zwei-Jahres-Rhythmus in Deutschland untersucht. In einer repräsentativen Stichprobe wurden im Jahr 2018 ca. 2.000 deutschsprachige Personen ab 14 Jahre zu den folgenden drei Teilbereichen befragt (BMU, 2019, S. 68): –– Umweltaffekt: Einstellungen, bei denen emotionale Reaktionen auf Umweltthemen im Vordergrund stehen. Die Fragen hierzu enthalten in der Regel positive oder negative Gefühlsaussagen (zum Beispiel: „ich freue mich“, „es macht mich wütend“). –– Umweltkognition: Einstellungen, in denen sachliche Aussagen zu Umweltthemen beurteilt werden, etwa in Bezug auf Ressourcennutzung oder die Verantwortung für die Umweltsituation künftiger Generationen. –– Umweltverhalten: Aussagen zu eigenen Verhaltensweisen in unterschied­ lichen umweltrelevanten Lebensbereichen wie Ernährung, Einkauf, All-



1. Markt- und Kundenanalyse41

tagsmobilität; auch selbstberichtetes Engagement für Umwelt- und Klimaschutz. Jeder dieser drei Teilbereiche des Umweltbewusstseins wird mit einem Set von jeweils sieben bis acht Einstellungsaussagen oder Verhaltensselbstberichten abgefragt, die die Probanden anhand vorgegebener Antwortmöglichkeiten beantworten. Die Antworten können für jeden Teilbereich zu Gesamtwerten, sogenannten Kenngrößen, zusammengefasst werden. Um die Ergebnisse für Umweltaffekt, Umweltkognition und Umweltverhalten in kompakten Kennziffern auszudrücken, werden die Fragen zu jedem Teilbereich zu Gesamtmittelwerten verdichtet. Für die drei Teilbereiche ist jeweils ein Mittelwert auf einer Skala von null bis zehn errechnet worden (BMU, 2019, S. 68). Die Geschlechter unterscheiden sich dabei hinsichtlich aller drei Teilbereiche des Umweltbewusstseins und Umweltverhaltens (Abb. 16). Weibliche Befragte zeigen tendenziell höhere Mittelwerte bei den Umweltaffekten und stimmen kognitiven Aussagen eher zu als männliche Befragte. Auch haben sie im Durchschnitt eher höhere Werte bei selbstberichtetem umweltschützendem Verhalten in den unterschiedlichen umweltrelevanten Lebensbereichen der Ernährung, des Einkaufs und der Alltagsmobilität (BMU, 2019, S. 71).

Minimalwert = 0, Maximalwert = 10, alle drei Mittelwertunterschiede sind signifikant

Abb. 16: Unterschied zwischen den Geschlechtern bei Umweltbewusstsein und Umweltverhalten

42 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

1.5.2.2  Psychographische Marktsegmentierung Eine moderne Methode der Marktsegmentierung ist der psychographische Ansatz. Hier werden Zielgruppen anhand psychologischer Kriterien definiert, in dem nicht beobachtbare Elemente des Käuferverhaltens zur Segmentbildung herangezogen werden. Im Rahmen der psychographischen Marktsegmentierung lassen sich personen- und produktbezogene Segmentierungskriterien unterscheiden. Die produktbezogenen Kriterien umfassen u. a. produktbezogene Einstellungen und Nutzenerwartungen der Abnehmer. Insbesondere wird der Ansatz der Nutzensegmentierung (Benefit Segmentation; Yankelovich, 1964, S. 83 ff.; Haley, 1968, S. 30 ff.) in der Praxis immer häufiger verwendet. Aus Kundensicht ist der Nutzen als Grad der Bedürfnisbefriedigung durch die Verwendung oder den Verzehr eines Produktes definiert. Hinter diesem Ansatz steht folgende zentrale Idee: Nutzenerwartungen, die Konsumenten hinsichtlich des Kaufs bzw. Konsums eines bestimmten Produktes hegen, bestimmen das zukünftige Kauf- und Konsumverhalten. Dadurch kann eine Konsumentengesamtheit bezüglich ihrer Nutzenvorstellungen hinsichtlich bestimmter Leistungen in intern homogene und untereinander heterogene Marktsegmente aufgeteilt werden. Dominante Nutzenerwartungen lassen sich durch Konsumentenbefragungen ermitteln. Anschließend kann die Größe der einzelnen Nutzensegmente bestimmt und schließlich herausgefunden werden, welche der angebotenen Marken auf welchen Nutzen setzen (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 235). Ein spezifischer Ansatz der Nutzensegmentierung besteht darin, bisher befriedigte Nutzen und Nutzenlücken in einem relevanten Markt zu identifizieren (Needs Gap Analysis; McDonald/Dunbar, 1995, S. 78 ff.). Die hinter den identifizierten Nutzenlücken stehenden Marktsegmente können somit durch ein auf ihren Nutzenerwartungen ausgerichtetes Angebot bearbeitet werden. In Abb. 17 wurde das Marktsegment „Produktgestaltung modisch – Preise/ Qualität niedrig“ damals von H&M und Zara als interessantes, bis dahin eher vernachlässigtes Nutzensegment entdeckt und anschließend gezielt bearbeitet. Zu den personenbezogenen Merkmalen zählen einerseits allgemeine Persönlichkeitsmerkmale der Konsumenten, z. B. Kontaktfähigkeit, Selbständigkeit, Ehrgeiz, Fortschrittlichkeit oder Risikofreude. Andererseits werden Kriterien des Lebensstils herangezogen, d. h. Merkmale zur Beschreibung der Art und Weise, in der Menschen leben, ihre Zeit verbringen und ihr Geld ausgeben (Freter, 1983, S. 82). Mittlerweile sind in der Praxis unterschiedliche „LifeStyle-Typologien“ entwickelt worden (siehe dazu ausführlich Bauer/Sauer/ Müller, 2003, S. 36 ff.; Becker, 2019, S. 256 ff.). Der Lebensstil umfasst neben Merkmalen des beobachtbaren Verhaltens, z. B. Freizeitverhalten, Gewohnheiten, hauptsächlich psychische Variablen, z. B. Werte, allgemeine Einstel-



1. Markt- und Kundenanalyse43

Abb. 17: Nutzenpositionierung im Bekleidungsmarkt – Modelldarstellung (Becker, 2019, S. 249)

lungen, Meinungen (Freter, 2001, S. 900). Zur Erfassung und Messung der unterschiedlichen Life-Styles kann der AIO-Approach herangezogen werden:

Abb. 18: Bezugnahmen zur Erfassung des Life-Styles (Freter, 2001, S. 900)

Mit Hilfe dieses Bezugsrahmens lassen sich zunächst Fragen allgemeiner Art erheben, welche sich auf die Selbsteinschätzung der Befragten, Einstellungen zu verschiedenen Lebensbereichen und das Verhalten im sozialen Umfeld beziehen. Die Feststellung des „Selbstbildes“ erfolgt dabei über entsprechende Statement-Batterien in standardisierten mündlichen Befragungen. Je nach Untersuchungsziel können auch Kauf- und Verwendungsgewohnheiten von Produktarten bzw. Marken sowie das Mediaverhalten erfasst und mit den psychologischen Merkmalen und soziodemographischen Kriterien verknüpft werden (Becker, 2019, S. 257).

44 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Einer der bekanntesten Ansätze der Lebensstil-Segmentierung stellt das Milieu-Konzept des Sinus-Instituts in Heidelberg dar. Seit 1979 führt das Institut in regelmäßigen Abständen eine Segmentierung der bundesdeutschen Bevölkerung in kombinierte Werte- und Sozialschichtgruppen durch. SinusMilieus fassen Menschen zusammen, die sich in ihrer Lebensauffassung (Wertorientierungen) und Lebensweise (Alltagshandeln) ähneln. Zur Abgrenzung der sozialen Milieus wird einerseits die Dimension soziale Lage in Schichten auf der Grundlage von Bildung, Beruf und Einkommen verwendet. Sie dient der formalen Klassifikation. Andererseits werden die Grundorientierungen der Menschen, die auf einer Vielzahl von Indikatoren fußen, herangezogen. Die Dimension der Grundorientierung umfasst Merkmale wie Lebensstile, Wunsch- und Leitbilder, Sinngebungen/Religiosität, Einstellung gegenüber Arbeit und Leistung etc. Sie dient der inhaltlichen Klassifikation der verschiedenen sozialen Gruppen (Freter, 2008, S. 122). Somit kann der Milieu-Ansatz des Sinus-Instituts als eine Weiterentwicklung der normalen LifeStyle-Typologien gesehen werden, da er sich nicht ausschließlich auf den Lebensstil konzentriert, sondern auch soziodemographische Segmentierungskriterien einbezieht. Die Grenzen zwischen den Milieus sind dabei fließend, da Lebenswelten nicht so exakt eingrenzbar sind wie soziale Schichten. So gibt es zwischen den Milieus Berührungspunkte und Übergänge. In Abb. 19 werden die Posi­ tionen der Milieus in der Gesellschaft nach sozialer Lage und Grundorientie-

Abb. 19: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2020 (Sinus, 2020)



1. Markt- und Kundenanalyse45

rung dargestellt, wobei sich folgende zusammenfassende Aussage ableiten lässt: Je höher ein Milieu in der Grafik positioniert ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Berufsgruppe. Je weiter rechts ein Milieu angesiedelt ist, desto moderner im soziokulturellen Sinn ist die Grundorientierung des jeweiligen Milieus (Sinus, 2018, S. 14). Die Sinus-Milieus sind erstmalig von Herstellern der Automobilindustrie wie Mercedes, BMW oder Porsche genutzt worden, um produkt- und markenspezifische Zielgruppen zu erfassen. Durch eine Verknüpfung der Milieus mit Daten des beobachtbaren Kaufverhaltens konnte eine Verteilung und Beschreibung der Marken durch die jeweiligen Milieus erzielt werden (Meffert/ Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 233). Des Weiteren gibt die Zielgruppenbeschreibung Hinweise für die Kommunikationspolitik. So stellen Informationen über den Lebensstil der anzusprechenden Zielgruppen wichtige Informationen für die Wahl der Medien und Gestaltung der kommunikativen Botschaft dar (Bauer/Sauer/Müller, 2003, S. 37). Das aktuelle Sinus-Modell besteht aus zehn Milieus, wobei die quantitativ großen Milieus bei Bedarf noch differenziert werden können. In der Vergangenheit wurde eine übergreifend gültige Gruppierung der Milieus zu größeren Lebenswelt-Segmenten vorgenommen. Aufgrund der anhaltenden Fragmentierung von Lebens- und Wertewelten erscheint diese Vorgehensweise nicht mehr sinnvoll. Eine in der Marketing- und Mediaplanungspraxis oft hilfreiche Zusammenfassung von Einzelmilieus kann aber flexibel und abhängig von der jeweiligen Problemstellung gehandhabt werden, z. B. Zusammenfassung der Zukunftsmilieus (Expeditive, Adaptiv‐Pragmatische), oder der gesellschaftlichen Leitmilieus (Konservativ‐Etablierte, Performer, Liberal‐Intellektuelle), oder der postmateriell geprägten Milieus (Liberal‐Intellektuelle, Sozialökologische), oder der Milieus der Mitte (Bürgerliche Mitte, Adaptiv‐Pragmatische) (Sinus, 2018, S. 15). Eine Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus umfasst Abb. 20. Ein weiteres Lebensstilkonzept mit Bezug zur Nachhaltigkeit stellt der LOHAS-Ansatz dar. Der Lifestyle of Health and Sustainability stammt aus den USA (Ray/Anderson, 2000) und ist „ein durch persönliche Erfahrungen und dem Streben nach Selbstverwirklichung getriebener, authentischer und ganzheitlicher Lebensstil, der darauf ausgerichtet ist, in Harmonie mit der Natur und der Gesellschaft die persönliche Lebensqualität zu steigern“ (Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37). Gesundheit und Nachhaltigkeit sind die übergeordneten Werte dieses Lifestyles. Jene, die eine derartige Lebensweise anstreben, sind stets darauf bedacht die eigenen Bedürfnisse in Einklang mit diesen zu bringen. Ausgehend von den Werten Gesundheit und Nachhaltigkeit streben die LOHAS ebenso nach Authentizität. Sie lieben das Natürliche und Ehrliche, erwarten diese Aspekte nicht nur von ihren Mitmen-

46 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt Die Sinus-Milieus® — Kurzcharakteristik Sozial gehobene Milieus Konservativetabliertes Milieu

10 %

Das klassische Establishment: Verantwortungs- und Erfolgs­ ethik; Exklusivitäts- und Führungsansprüche; Standesbewusstsein; zunehmender Wunsch nach Ordnung und Balance

Liberalintellektuelles Milieu

7 %

Die aufgeklärte Bildungselite: kritische Weltsicht, liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstentfaltung

Milieu der Performer

8 %

Die multi-optionale, effizienz-orientierte Leistungselite: globalökonomisches Denken; Selbstbild als Konsum- und Stil-Avantgarde; hohe Technik und IT- Affinität, Erosion des visionären Elans

Expeditives Milieu

9 %

Die ambitionierte kreative Avantgarde: Transnationale Trendsetter – mental, kulturell und geografisch mobil; online und offline vernetzt; nonkonformistisch, auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen

Milieus der Mitte Bürgerliche Mitte

13 %

Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream: generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung; Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen; wachsende Überforderung und Abstiegsängste

Adaptivpragmatisches Milieu

11 %

Die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül: leistungs- und anpassungsbereit, aber auch Wunsch nach Spaß und Unterhaltung; zielstrebig, flexibel, weltoffen – gleichzeitig starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit

Sozialökologisches Milieu

7 %

Engagiert gesellschaftskritisches Milieu mit normativen Vorstellungen vom „richtigen“ Leben: ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen; Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political Correctness und Diversity

Milieus der unteren Mitte/Unterschicht Traditionelles Milieu

11 %

Die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation: verhaftet in der kleinbürgerlichen Welt bzw. der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit und Anpassung an die Notwendigkeiten; zunehmende Resignation und Gefühl des Abgehängtseins

Prekäres Milieu

9 %

Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht: Wunsch, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte – aber Häufung sozialer Benachteiligungen, Ausgrenzungserfahrungen, Verbitterung und Ressentiments

Hedonistisches Milieu

15 %

Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht/untere Mitte: Leben im Hier und Jetzt, unbekümmert und spontan; häufig angepasst im Beruf, aber Ausbrechen aus den Zwängen des Alltags in der Freizeit

Abb. 20: Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus (Sinus, 2018, S. 16)



1. Markt- und Kundenanalyse47

schen, sondern insbesondere auch von werbenden Unternehmen. Gleichsam übernehmen sie gerne Verantwortung und engagieren sich aktiv, wenn es um ökologische oder soziale Belange geht. Soziale Gerechtigkeit fördern und durch ökologiebewusstes Handeln eine für Mensch und Natur gesunde Umwelt schaffen ohne dafür die persönlichen Bedürfnisse vernachlässigen zu müssen – das ist das Ziel der LOHAS (siehe Abb. 21).

Abb. 21: Die Wertewelt der LOHAS (in Anlehnung an Sinus Sociovision/ KarmaKonsum, 2009, S. 6; Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37)

LOHAS bevorzugen zwar eine gesunde und nachhaltigkeitsorientierte Lebensweise, wollen aber dennoch genießen können, indem sie Körper, Geist und Seele etwas Gutes tun. Die eigene Bedürfnisbefriedigung, auch im Sinne der persönlichen Weiterentwicklung und Selbstverwirklichung, ist ihnen sehr wichtig. Um all diese Ziele bestmöglich vereinen zu können, sind sie generell sehr kritisch, neugierig und hinterfragend, aber auch kreativ und anspruchsvoll. Neuem gegenüber sind sie eher aufgeschlossen, legen jedoch Wert auf Individualität. Ihre ausgeprägte Autonomie erlaubt ihnen eine selbstbewusste, ganzheitliche Betrachtungsweise mit hoher Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz. Ebenso wichtig wie das Thema Selbstverwirklichung ist ihnen die Community, geprägt von der Kommunikation mit Anderen. Sich, am liebsten per Internet, über neue Produkte auszutauschen, erleichtert die eigene Kaufentscheidung (Sinus Sociovision/KarmaKonsum, 2009, S. 6; Glöckner/ Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37). In Deutschland führten renommierte Marktforschungsinstitute wie A.C. Nielsen, das Zukunftsinstitut, die GfK (Growth from Knowledge) und Sinus Sociovision verschiedene Studien durch mit dem Ziel, den Lifestyle und das Konsumverhalten der Zielgruppe „LOHAS“ zu ergründen. Sinus Sociovision und KarmaKonsum gehen in der 2009 gemeinsam ver­öffentlichten

48 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Studie „LOHAS – Mehr als Green Glamour“ von einem Kern- und einem Randsegment aus. 10 % der deutschen Haushalte lassen sich demnach dem LOHAS Kernsegment zuordnen. Ihre Affinität zu gesundheits- und nachhaltigkeitsorientierten Werten, wie Umweltschutz und soziale Verantwortung, ist besonders stark ausgeprägt. Dem Randsegment gehören 20 % der Haushalte an. Sie weisen die gleichen Affinitäten wie die Konsumenten im Kernsegment auf, allerdings in abgeschwächter Form (Sinus Sociovision/KarmaKonsum, 2009, S. 19). Aufgrund der starken Ausprägung der Lifestyle-Präferenzen im Kernsegment kann aus Marketinggesichtspunkten das Verhalten der Kern-LOHAS relativ gut eingeschätzt werden. Dies erlaubt einen zielgerichteten MarketingMix. So sollten Unternehmen beispielsweise bei ihrer Markenpositionierung nicht nur auf das Thema Nachhaltigkeit setzen, sondern auch das Nutzenkalkül Qualität transferieren. Nachhaltigkeit allein macht ein Produkt noch lange nicht zum idealtypischen LOHAS-Produkt. Die klassischen Produkteigenschaften wie Leistungsfähigkeit, Innovationsgrad oder auch das Design sollten keinesfalls vernachlässigt werden. 1.5.2.3  Verhaltensorientierte Marktsegmentierung Die verhaltensorientierte Marktsegmentierung knüpft an dem tatsächlich beobachtbaren bzw. erfassbaren konkreten Kauf- und Konsumverhalten an. Auf der Basis von verhaltensbezogenen Daten soll gleichsam vom gegenwärtigen Kauf- und Konsumverhalten auf das zukünftige geschlossen werden. Grundlage des Marktsegmentierungskonzepts bilden hier also nicht Bestimmungsfaktoren des Kaufverhaltens (z. B. Alter, Geschlecht bzw. Life-Style), sondern die Ergebnisse realisierter Kaufentscheidungsprozesse von Konsumenten. Diese Variablen erfüllen folglich eine doppelte Funktion. Einerseits werden ihre Ausprägungen mit Hilfe anderer Kriterien erklärt, andererseits können sie selbst zur Segmentierung herangezogen werden (Scharf/Schubert/ Hehn, 2015, S. 234). Die Kriterien des beobachtbaren Kaufverhaltens lassen sich in Anlehnung an die Marketinginstrumente in produkt-, preis-, vertriebsund kommunikationsbezogene Kriterien unterteilen (Freter, 2008, S. 157 ff.). Die produktbezogenen Kriterien der Produktart- bzw. Markenwahl sowie der Verbrauchsintensität bilden die wichtigste Kategorie. Bei der Produktart­ wahl wird analysiert, ob die Konsumenten als Käufer einer bestimmten Produktart am Markt auftreten oder nicht (Käufer/Nichtkäufer). Dieses entspricht einer Basissegmentierung eines Marktes bzw. einer Marktsegmentierung auf der ersten Stufe. Anschließend werden einzelne Käufergruppen am Gesamtmarkt aller Käufer mit Hilfe wichtiger Verhaltensvariablen identifiziert:



1. Markt- und Kundenanalyse49

–– Erfassung des Verwender-Status: Unterscheidung nach Erstkäufern und Wiederholungskäufern und/oder –– Berücksichtigung von Verwendungsanlässen: Z. B. Heim- oder AußerHaus-Konsum (Becker, 2019, S. 270). Erstkäufer müssen kommunikativ und preispolitisch anders angesprochen werden als Wiederholungskäufer. Durch das Angebot von Erstkaufrabatten und Verkostungen am Point-of-Sale kann diese Zielgruppe beispielsweise zum erstmaligen Kauf bewegt werden. Dagegen zeigen Wiederholungskäufer eher Interesse an Treuerabatten. Bei der Segmentierung nach Verwendungsanlässen müssen Dienstleister im Rahmen der Marktbearbeitung neben der stationären Erbringung der Dienstleistung auch einen „Außer-Haus-Service“ anbieten. Das Kriterium der Markenwahl berücksichtigt die Existenz einer unterschiedlichen Markentreue der Käufer in vielen Märkten. Dieser Ansatz segmentiert die Märkte nach dem Markenverhalten der Konsumenten (siehe Abb. 22). In vielen Märkten gibt es einen hohen Anteil „ungeteilt markentreuer Käufer“. Das trifft zu für Teile des Körperpflegemarktes (z. B. Zahnpasta), Teile des Kosmetikmarktes (z. B. pflegende Kosmetik), Teile des Biermarktes (z. B. Pilsbiere) oder gilt auch für Bereiche des Marktes für alkoholfreie Erfrischungsgetränke (z. B. Cola-Getränke). In solchen Märkten ist die Veränderung von Marktanteilen oder gar der neue Zutritt aufgrund von hohen Markteintrittsbarrieren in Form von Markentreue besonders schwer. Unternehmen

Abb. 22: Muster von Markentreueverhalten in einem Markt mit fünf Marken (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 379 f.)

50 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

mit einer hohen Anzahl markentreuer Verwender sollten daher die Gründe der Markenbindung herausfinden, um die Bindungen möglichst noch zu verstärken (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 380). Unternehmen mit geteilt markentreuer Käuferschaft müssen demgegenüber Ansatzpunkte im Marketinginstrumenten-Einsatz finden, um Markentreueverhalten gezielt zu verbessern, insbesondere gegenüber Konkurrenzmarken mit gleicher „geteilt markentreuer Charakteristik“. Ansatzpunkte bieten hier Paneldaten (z. B. Haushaltspanel) und gegebenenfalls weiterführende unternehmensindividuelle Primärerhebungen (spezielle Befragungen), um die Gründe des differenzierten Markentreueverhaltens zu erfassen. Letzteres gilt insbesondere auch für „wechselhaftes“ und „abwanderndes“ Markenverhalten (Becker, 2019, S. 271). Das Kriterium der Verbrauchsintensität definiert jene Kaufmenge, die eine Käufergruppe innerhalb eines bestimmten Zeitraums durchschnittlich kauft bzw. verbraucht. Käufer lassen sich aufgrund ihrer Verbrauchsintensität in die Segmente Intensiv-, Normal-, Wenig- und Nicht-Käufer aufteilen (Freter, 2008, S. 159). Abb. 23 zeigt beispielhaft die Segmentierung nach der Verbrauchsintensität. Dieser Ansatz lässt die Identifikation von verbrauchsintensiven Segmentpotentialen zu, die gezielt ausgeschöpft werden können. Zusätzlich müssen andere Segmentierungskriterien herangezogen werden, z. B. das Markentreueverhalten. Weiterhin lassen sich normalverbrauchende Segmente feststellen und gezielt zwecks Intensivierung des Kaufs bzw. Konsums durch entsprechende Marketingmaßnahmen ansprechen (Becker, 2019, S. 272), z. B. An-

Abb. 23: Kaufintensitäten für eine bestimmte Produktart (Sorte) aus dem Bereich Bohnenkaffee (Freter, 1983, S. 89)



1. Markt- und Kundenanalyse51

bieten eines magenschonenden Kaffees sowie alternativer Geschmacksrichtungen. Ansatzpunkt für preisbezogene Segmentierungen bietet das beobachtbare Preisverhalten, das die Käufer in verschiedene Preisklassen unterteilt. Die Zahl der Preisklassen ist dabei abhängig von der jeweiligen Marktkonstellation. Im Automobilsektor gibt es beispielsweise mehr als drei Preis-Leistungssegmente, z. B. Kleinstwagen, Kleinwagen, Kompaktwagen, gehobener Kompaktwagen, Mittelklasse, gehobene Mittelklasse, Oberklasse. Weitere wichtige Informationen für die verhaltensbezogenen Segmentierungskriterien stellen verhaltensbezogene Merkmale der Einkaufsstättenwahl und der Mediennutzung dar. Für die segmentspezifische Steuerung des Einsatzes der Marketinginstrumente ist es wichtig zu wissen, in welchen Absatzkanälen bestimmte Käufersegmente gewöhnlich kaufen oder welche Medien sie regelmäßig benutzen (Freter, 2008, S. 160 f.). 1.5.3 Marktsegmentierungskriterien in Industriegütermärkten Industrielle Kaufentscheidungen sind gegenüber Kaufentscheidungen von Konsumenten bzw. Haushalten durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet (siehe u. a. Backhaus/Voeth, 2014, S. 8 ff.; Homburg, 2020, S. 154 ff.): –– Kollektive Entscheidungsprozesse: Generell sind mehrere Personen aus den unterschiedlichsten Funktionsbereichen eines Unternehmens im Rahmen der Kaufentscheidung beteiligt. –– Formalisierungsgrad der Entscheidungsfindung und des Beschaffungsablaufs: Es existieren festgelegte Verfahrensregeln und Zuständigkeitsbereiche der am Beschaffungsprozess teilnehmenden Personen. –– Träger der Kaufentscheidungen: Hier treffen Fachleute mit hoher Professionalität in der Regel rationale Einkaufsentscheidungen. –– Fremddeterminiertheit von Kaufentscheidungen: Ein Kunde kann z. B. bei der Beschaffung von industriellen Anlagen einem Maschinenbauer vorschreiben, welche Komponenten der Anlage von welchem Vorlieferanten zu beziehen sind. –– Prozesscharakter der Kaufentscheidung: Aufgrund der Komplexität des einzukaufenden Gutes und seiner Neuartigkeit für den Nachfrager können industrielle Beschaffungsentscheidungen als Entscheidungsprozess beschrieben werden. Innerhalb des Prozesses sind mehr oder weniger ausgeprägte Phasen erkennbar, in denen unterschiedliche Probleme im Vordergrund stehen.

52 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

–– Automatisierung von Kaufentscheidungen: Durch das mehrmalige Wiederholen gleichbleibender Beschaffungsvorgänge verliert die Beschaffungsentscheidung an Komplexität. Das gilt insbesondere bei Wiederholungskäufen. –– Bedeutung von Anreiz- und Sanktionsmechanismen: Fehlentscheidungen eines Entscheidungsträgers in großem Ausmaß können zu Sanktionen führen. Im Gegensatz dazu besteht bei erfolgreichen Entscheidungen die Möglichkeit, diese durch monetäre und nicht-monetäre Anreize zu belohnen. In industriellen Kaufentscheidungen wird die gedankliche Zusammenfassung aller am Kaufprozess beteiligten Personen als „Buying Center“ bezeichnet (Strothmann, 1979, S. 34). Ein entsprechendes Strukturmodell zum indus­ triellen Beschaffungsverhalten (Webster/Wind, 1972, S. 78 ff.) unterscheidet fünf Beteiligte (Rollen) im Kaufprozess: –– Verwender, Benutzer („user“): Ist der Initiator für den Kauf und definiert die Produkteigenschaften des einzukaufenden Gutes, z. B. Produktionsleiter. –– Einkäufer („buyer“): Dieser hat die formale Befugnis für die Auswahl der Lieferanten und die Festlegung der Kaufbedingungen. –– Entscheidungsträger („decider“): Aufgrund der hierarchischen Stellung entscheiden diese Personen zwischen verschiedenen Kaufoptionen insbesondere bei hohen Kaufsummen, z. B. Einkaufsleiter oder Geschäftsführer. –– Informationsfilterer („gatekeeper“): Z. B. Assistenten von Entscheidungsträgern, die im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung die ihnen wichtig scheinenden Informationen selektieren. –– Beeinflusser („influencer“): Definieren häufig Produktspezifikationen und stellen auch Informationen zur Bewertung von Alternativen bereit, z. B. Projektingenieure und Entwickler. Ein Meinungsbeeinflusser muss kein Repräsentant der Nachfragerorganisation sein. Im Dämmstoffmarkt haben Architekten z. B. einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Organisationen und Privatpersonen. Bei einer Architektenbefragung in Deutschland schrieben insgesamt 49 % der Befragten die Marke bzw. die Dämmstoffart bei der Ausschreibung vor (siehe Abb. 24). Zur Segmentierung von Industriegütermärkten können grundsätzlich drei Kategorien von Segmentierungskriterien unterschieden werden: Organisa­ tionsbezogene, organisationsmitgliederbezogene und organisationsverhaltensbezogene Kriterien. Die organisationsbezogenen Kriterien entsprechen den soziodemographischen Kriterien in Konsumgütermärkten und beziehen sich auf formale Unterscheidungsmerkmale der Nachfrager (siehe dazu auch Gröne, 1977, S. 52 ff.; Scheuch, 1975, S. 70 ff.):



1. Markt- und Kundenanalyse53

Abb. 24: Bedeutung der Architekten im Kaufentscheidungsprozess

–– Standort: z. B. Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Asien/Australien, Afri­ ka, –– Unternehmensgröße: z. B. große, mittlere, kleine Abnehmer, –– Branche: z. B. Textil, Leder, Papier, Automobil, Elektronik, –– Organisationsform: z. B. Industriegüterbetriebe, Großhändler, Handwerker, –– Anwendungsbereiche des Produkts: z. B. Textilproduzenten: Spinnen, Weben, Vorbehandeln, Drucken, Färben, Ausrüsten, –– Zu fertigendes Endprodukt bei den Abnehmern: z. B. Fasertypen in der Textilproduktion: Wolle, Baumwolle, Synthesefasern etc. Zur Identifizierung trennscharfer Marktsegmente können organisationsbezogene Kriterien auf Basis einer mehrstufigen Marktsegmentierung kombiniert werden (siehe Abb. 25). Durch Verwendung von vier Kriterien mit je-

Abb. 25: Mehrstufige Segmentierung eines Bio-Kunststoffes

54 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

weils 2–3 Ausprägungen ergeben sich bei der Marktsegmentierung für BioKunststoffe insgesamt 36 Marktsegmente. Das in der Abbildung gekennzeichnete Marktsegment umfasst Key-Accounts mit Standort in Europa, die mit Hilfe des Produktionsverfahrens der Extrusion umweltfreundliche Verpackungen herstellen. Die organisationsmitgliederbezogenen Kriterien beziehen sich auf psychische Charakteristika der Mitglieder des Buying Centers, z. B. Wahrnehmung, Motivation, Innovationsfreudigkeit, Informationsgewinnung, Einstellungen oder Persönlichkeitsmerkmale (Gröne, 1977, S. 135 ff.; Scheuch, 1975, S. 72 f.). Hier besteht eine Analogie zu den psychographischen Kriterien in Konsumgütermärkten. Das Informationsverhalten und die Risikobereitschaft der kaufentscheidenden Personen dürften dabei in erheblichem Maße von der spezifischen Einkaufssituation abhängen. In diesem Zusammenhang können verschiedene Ty­ pen industrieller Kaufentscheidungen mit Hilfe der folgenden Merkmale differenziert werden (siehe dazu im Folgenden Robinson/Faris/Wind, 1967, S. 25): –– Problemneuheit („newness of the problem“), –– Informationsbedarf („information requirements“) und –– Betrachtung neuer Alternativen („consideration of new alternatives“). Aufgrund dieser Merkmale lassen sich drei Typen von Kaufentscheidungen bilden (siehe Abb. 26).

Abb. 26: Typen von Kaufentscheidungen („buy classes, buying situations“)

Ausgangspunkt des Segmentierungsansatzes auf Basis organisationsver­ haltensbezogener Kriterien ist das tatsächliche Kaufverhalten von Unternehmen. Analysiert werden die Anforderungen, welche die Mitglieder des Buying Centers hinsichtlich des jeweils erwarteten Leistungsniveaus der Anbieter, z. B. hinsichtlich Produktqualität, technischem Service und Lieferzuverlässigkeit haben. Legen einzelne Kunden beispielsweise Wert auf eine hohe Produktqualität und innovative Produktangebote der Lieferanten, so können diese in dem Qualitätssegment zusammengefasst werden. Im Gegensatz dazu



1. Markt- und Kundenanalyse55

lassen sich Kunden, welche nur Standardqualitäten und ausschließlich günstige Preise verlangen, im Preissegment aggregieren. In einem zweistufigen Segmentierungsansatz ist die Kombination von organisationsbezogenen und organisationsverhaltensbezogenen Merkmalen mög­ lich (siehe Abb. 27). Auf einer ersten Stufe werden die Unternehmen nach einfach erfassbaren, allgemeinen Kriterien wie Branche, Anwendungen, Standort etc. segmentiert. Im nächsten Schritt können die Anforderungen bzw. Entscheidungskriterien der Mitglieder des Buying Centers zur Identifizierung trennscharfer Marktsegmente herangezogen werden (Schaper, 2001, 19 ff.). Gibt es allerdings auf der ersten Stufe bereits eine sinnvolle Identifikation von Marktsegmenten mit unterschiedlichem Kaufverhalten, müssen bei diesem Segmentierungsansatz nicht notwendigerweise beide Stufen durchlaufen werden.

Abb. 27: Zweistufige Marktsegmentierung aus Sicht eines Kunststoffherstellers (Schaper, 2001, S. 22)

1.6  Makroumfeld: Markteinflussfaktoren Die einzelnen Unternehmen sind Bestandteil einer komplexen Umwelt (siehe Abb. 28), die sich wie folgt differenzieren lässt (siehe dazu Meffert/ Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 48): –– Unternehmensspezifische Aufgabenumwelt: Dieser Teil der Umwelt umfasst die direkten Geschäftskontakte mit den Marktteilnehmern Kunden, Lieferanten und Wettbewerber in der Branche. –– Globale bzw. Makroumwelt: Dieser Umweltbereich beinhaltet alle nicht kontrollierbaren Variablen, die das Verhalten der Unternehmen und der Partner der Aufgabenumwelt mittelbar beeinflussen können. Aus der Makroumwelt erwachsen ständig neue Chancen und Risiken, die ein Unternehmen beobachten muss, um Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und auf sie einzugehen. Generell stellt sich die Frage, welche Konse-

56 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 28: Modell der Unternehmensumwelt

quenzen diese Umweltentwicklungen für das Marketing haben, wobei pro Branche unterschiedliche Einflussfaktoren zu analysieren sind. Auf Basis der Analyse müssen die Unternehmen anschließend identifizierte Chancen nutzen bzw. ausschöpfen sowie relevante Risiken begrenzen bzw. abbauen. Zur Systematisierung der Makroumwelt kann eine Einteilung in demographische, ökonomische, ökologische, technologische, politisch-rechtliche und soziokulturelle Umwelt verwendet werden. In der demographischen Umwelt interessieren den Marketer die Bevölkerungsentwicklung, deren geografische Verteilung und Dichte, ihre Altersstruktur, ihre ethnische und religiöse Zusammensetzung sowie Geburten- und ­Sterberaten (Kotler/Armstrong/Harris/Piercy, 2016, S. 157). Bei der Bevölkerungsentwicklung erwarten die Vereinten Nationen im Zeitraum von 2020– 2050 ein Wachstum der Weltbevölkerung von 7,8 auf 9,7 Mrd. Menschen. Primär soll die Bevölkerung in Asien und Afrika ansteigen. So wird prognostiziert, dass die Bevölkerung allein in Afrika in den nächsten 30 Jahren um voraussichtlich 1,2 Mrd. Menschen zunimmt (Stiftung Weltbevölkerung, 2019). Aufgrund des rapiden Wachstums der Weltbevölkerung stellt sich die Frage, wie diese künftig ernährt werden soll. Da eine Ausweitung der Landwirtschaftsfläche kaum möglich sein wird, muss die Nahrungsmittelproduktion u. a. durch höhere Erträge gesteigert werden. In der Agrarforschung werden Unternehmen somit mehr Forschungsaufwand in die grüne Gentechnologie investieren müssen, um einerseits den Ertrag der Kulturpflanzen zu steigern und andererseits neue Hochleistungssorten zu entwickeln, welche Dürre, Hitze und Bodenversalzung besser vertragen (Braun, 2011, S. 9). In der Bundesrepublik ist die Bevölkerungsanzahl im Jahr 2020 aufgrund der Flüchtlingsbewegungen auf 83,2 Mio. leicht angestiegen. Der demographische Wandel mit sinkenden Geburtenraten und einer kontinuierlichen



1. Markt- und Kundenanalyse57

Steigerung der Lebensdauer führt aber zu einer erheblichen Veränderung der Altersstrukturen. So werden laut dem Statistischen Bundesamt in Deutschland bereits seit 1972 jedes Jahr weniger Kinder geboren als Menschen sterben, und die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland nimmt weiter zu. Diese liegt im Jahr 2020 für einen neugeborenen Jungen bei 78,5 und für ein gerade zur Welt gekommenes Mädchen bei 83,5 Jahren. Im Jahr 2020 besteht die Bevölkerung zu 18,5 % aus Kindern und jungen Menschen unter 20 Jahren, zu 62 % aus 20- bis unter 67-Jährigen und zu 19,5 % aus 67-Jährigen und Älteren. Im Jahr 2060 werden bereits 27,5 % mindestens 67 Lebensjahre erlebt haben. Generell soll die Bevölkerung in dem Zeitraum zwischen 2020 und 2060 von 83,2 Mio. auf 78,2 Mio. stark zurückgehen (Destatis, 2021). < 20 Jahre

20–67 Jahre

> 67 Jahre

2020

18,5 %

62 %

19,5 %

2040

18 %

56 %

26 %

2060

18 %

54,5 %

27,5 %

Abb. 29: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland von 2020–2060 nach Altersklassen (Destatis, 2021)

Schwache Geburtenziffern in industrialisierten Ländern haben insbesondere Auswirkungen auf die Hersteller von Kinderartikeln, die rechtzeitig nach gangbaren Auswegen suchen müssen. Märklin versucht bereits für seine Modelleisenbahnen mit technischen Verfeinerungen wie digitale Steuerungen stärker erwachsene Männer als Zielgruppe zu begeistern. Dadurch wird neben dem Spielzeugmarkt auch der Hobbymarkt erschlossen. Ein weiteres Beispiel sind Baby-Produkte im Körperpflegebereich (Shampoo, Creme), die immer häufiger auch für Erwachsene empfohlen werden (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 239). Generell impliziert eine zunehmend alternde Bevölkerung eine höhere Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und Dienstleistungen, die auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe zugeschnitten sind. Der Trend zu einer überalternden Bevölkerung betrifft vor allem Unternehmen, die sich mit ihren Produkten ursprünglich an jüngere Zielgruppen wenden. Diese Anbieter sollten ihre Angebote neu positionieren bzw. neue Produkte in ihr Sortiment aufnehmen. So müssen Senioren mit spezifischen Marketingprogrammen gezielt angesprochen werden. Dementsprechend hat sich mit dem Seniorenmarketing eine neue Teildisziplin innerhalb des Mar­ ketings herausgebildet (Lakaschus, 2001; Kölzer, 1995). Beispielsweise hat Beiersdorf das Potential der über 50-jährigen Frauen im Gesichtspflegemarkt in Deutschland frühzeitig erkannt und mit Nivea Vital bereits 1994 eine eigene Submarke für die Bedürfnisse dieser Zielgruppe eingeführt. In der Wer-

58 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

bekampagne wird die Zielgruppe ihrem Alter entsprechend angesprochen, in dem auf authentische und klare Botschaften mit hohem Identifikationspotential und Glaubwürdigkeit geachtet wird (Fösken, 2006, S. 31). Bei der Gestaltung von seniorenspezifischen Produkten sollten die folgenden Prinzipien berücksichtigt werden: Produkte dürfen nicht zu komplex und nicht zu klein sein, sie müssen übersichtliche Beschriftungen haben, eine klare und eindeutige Farbgebung, wenig Symbole, ausreichend Text, eine übersichtliche Anzahl von nützlichen Funktionen und sie sollten leicht zu handhaben sein. Sind derart gestaltete Produkte auch für jüngere Zielgruppen interessant, spricht man von Universal Design: Produkte, die für jüngere Kunden attraktiv sind, aber gleichzeitig die Anforderungen der älteren Generation erfüllen (Fösken, 2013, S. 54). Ein Beispiel sind Mobiltelefone mit großem Display, großen Tasten und einer kleinen Auswahl von programmierbaren Funktionen. Auch Koffer mit Rollen waren ursprünglich an den Bedürfnissen älterer Menschen ausgerichtet, da damit der physische Aufwand beim Fortbewegen stark reduziert wird. Für viele junge Menschen sind diese Koffer sehr attraktiv, was den großen Markterfolg heute erklärt (Gassmann/ Reepmeyer/Walke, 2005, S. 65). Ein Ideengeber für die Entwicklung altersgerechter Produkte ist der AgeExplorer, ein Altersanzug, der jüngeren Menschen die Möglichkeit bietet, innerhalb kurzer Zeit in die Wahrnehmungs- und Erfahrungswelt älterer Menschen einzutauchen. Der Anzug lässt in anschaulicher Weise veränderte Fähigkeiten des Alters erleben: nachlassendes Hörvermögen, Alterssichtigkeit, Veränderungen des Farbensehens, nachlassende Kraft und Beweglichkeit (www.ageexplorer.com). In der Vergangenheit sind in Deutschland immer mehr Menschen in attraktive Großstädte gezogen. Besonders beliebt sind Hamburg, Berlin, Köln und München. Das hat u. a. Folgen für die Standortwahl im stationären Einzelhandel. So eröffnete der Möbelhändler IKEA 2014 seine erste FußgängerzonenFiliale mitten in Hamburg-Altona. Bewusst wird damit eine kleinere Verkaufsfläche in Kauf genommen. Die Zunahme der Nichtfamilienhaushalte – ca. 42 % der Haushalte in der Bundesrepublik waren 2020 Einpersonenhaushalte (Destatis, 2021a) – hat u. a. Auswirkungen auf die Möbel- und Nahrungsmittelindustrie. Kleinere Wohnungen erfordern z. B. weniger aufwändige, preisgünstigere Haushaltsgeräte, Möbel und Einrichtungsgegenstände. Lebensmittel werden zunehmend in kleineren Verpackungsgrößen nachgefragt. Im Dienstleistungsmarkt lassen sich spezielle Angebote für Singles entwickeln, die es ihnen ermöglichen, untereinander Kontakte zu knüpfen, z. B. Gruppenreisen für Singles (Kotler/ Keller/Bliemel, 2007, S. 241).



1. Markt- und Kundenanalyse59

Die Analyse der ökonomischen Umwelt berücksichtigt, dass die Unternehmen in einem gesamtwirtschaftlichen Prozess eingebettet und somit Teil der Volks- bzw. Weltwirtschaft sind. Unternehmen sind somit abhängig von der volkswirtschaftlichen Entwicklung eines Landes, einer Region oder der Welt. In Deutschland ist die reale Kaufkraft der Verbraucher in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Diese veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen sind mit dafür verantwortlich, dass der jahrelange Anstieg der Preisgewichtung seit 2005 gestoppt wurde. So achteten in 2019 nur noch 45 % der deutschen Bevölkerung beim Einkaufen vor allem auf den Preis. Im Jahr 2003 betrug der entsprechende Anteil noch 59 % (GfK, 2019, S. 2). Qualität und Beratung stellen folglich in nahezu allen Branchen wichtige Vermarktungsansätze dar. Ansätze für das Marketing liefert auch die Kennzahl der Kaufkraftdichte, die als verfügbare Kaufkraftsumme in Mio. € je Quadratkilometer definiert ist. Diese ist sehr hoch in Berlin, Hamburg, München, Nürnberg, im Ruhrgebiet sowie in den Großräumen Stuttgart und Frankfurt am Main (GfK, 2020, S. 4). Bei der Diskussion der ökologischen Umwelt sind Aspekte wie Klimawandel, industrielle Umweltverschmutzung, Unbedenklichkeit von Lebensmitteln sowie Begrenzung natürlicher Ressourcen, z. B. Wasserknappheit, relevant. Die Besorgnis darüber hat das Umweltbewusstsein und Umweltverhalten in den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten vieler Länder zunehmend verstärkt. Der Stellenwert für Umwelt- und Klimaschutz ist für die Bevölkerung in der Bundesrepublik trotz anderer aktueller Probleme sehr hoch. So stuften in der 2018 durchgeführten BMU-Studie 64 % der Befragten das Thema als sehr wichtige Herausforderung ein ähnlich den beiden Topthemen Bildung (69 %) und soziale Gerechtigkeit (65 %) (BMU, 2019, S. 70). Auch achten Verbraucher beim Kauf auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Lubin/Esty (2010, S. 76 ff.) sprechen in diesem Zusammenhang bereits von einem Megatrend in der Wirtschaft, welcher die Unternehmen zwingt, verstärkt die Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zur Entsorgung zu berücksichtigen. Ökologische und soziale Aspekte werden somit zunehmend zum unternehmerischen Wettbewerbsinstrument, um sich gegenüber dem Wettbewerb zu differenzieren. In der heutigen Zeit spielt die Digitalisierung die wichtigste Rolle in der technologischen Umwelt eines Unternehmens. Mit Hilfe der Digitalisierung können größte Datenmengen mit hoher Geschwindigkeit verarbeitet und über Netzwerke in Echtzeit durch PCs, Smartphones oder Sensoren nahezu überall empfangen und versendet werden. Durch das Zusammenspiel dieser technologischen Möglichkeiten mit speziellen ökonomischen Effekten, so führt die Dematerialisierung von Produkten und Services zu Grenzkosten in Höhe von „0“,

60 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

kommt der Digitalisierung den Charakter einer industriellen Revolution zu. Diese wird als vierte Revolution bezeichnet und hat vielfältige Auswirkungen auf das Verhalten der Marktteilnehmer und das Marketingmanagement der ­Unternehmen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 142 f.). Kreutzer/Neugebauer/Pattloch (2017, S. 1) sprechen von einer digitalen Transformation, die eine Neuausrichtung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Geschäftsmodellen etablierter Unternehmen an den Bedingungen einer zunehmend digitaler werdenden Welt erfordert. So hat sich das Kaufverhalten der Nachfrager im Zeitalter der Digitalisierung stark verändert. Im Zuge der Digitalisierung ist eine Vielzahl an neuen Kundenkontaktpunkten entstanden. Unter diesen Customer Touchpoints sind alle Berührungspunkte oder Kontakte zu verstehen, die ein potenzieller Interessent oder ein Konsument mit einer Marke oder einem Unternehmen während seines Kaufentscheidungsprozesses vom ersten Anstoß bis zum Kauf bzw. Wiederkauf hat (Kreutzer/Neugebauer/Pattloch, 2017, S. 154). Im multimedialen Zeitalter spielen Smartphones eine immer wichtigere Rolle. Im Zentrum der multifunktionalen Ausstattung steht bei diesen mobilen Endgräten die Internet-Anbindung, das Mailen und Surfen mit dem Handy. Informationen und Botschaften können somit zu jeder Zeit an beliebigen Orten abgerufen werden. Für Werbetreibende ergeben sich dadurch Möglichkeiten, Werbebotschaften zu personalisieren und einen interaktiven Austausch zwischen Anbieter und Nutzer zu ermöglichen. Mit Hilfe von Ortungssystemen können Werbetreibende sogar den aktuellen Aufenthaltsort des Handybesitzers feststellen. Erteilt dieser dafür seine Einwilligung, lassen sich anschließend ortsbezogene Dienste (Location Based Services) anbieten. Der Kunde erhält dann standortabhängige Werbung in Form von Rabatten, Aktionen und Coupons, die er sofort einlösen kann (Pousttchi/Becker, 2011, S. 367). Das mobile Internet hat sich durch den weiteren Ausbau der Mobilfunknetze, günstiger Flatrates und leistungsstarker Endgeräte zunehmend zu einem Massenmedium entwickelt (Kroeber-Riel/Esch, 2015, S. 34). Im Zusammenhang mit den vielen neuen Online-Kontaktpunkten wird von einer Customer Journey gesprochen, d. h. die „Reise des Kunden zum Unternehmen“ (siehe dazu Abb. 30). Dieser Kaufentscheidungsprozess umfasst die verschiedenen Phasen, die ein Kunde durchläuft, bevor er sich für den Kauf eines Produktes oder den Erwerb einer Dienstleistung entscheidet (Kreutzer/ Neugebauer/Pattloch, 2017, S. 154). Nachfrager sind nun auch nicht mehr gezwungen im stationären Einzelhandel einzukaufen, sondern können je nach Bedarf zwischen Online- und Offlinekanälen wählen.



1. Markt- und Kundenanalyse61

Abb. 30: Beispiel einer Customer Journey – von Online und Offline zu Noline (Kreutzer, 2021a, S. 10)

Die Digitalisierung hat auch Auswirkungen auf neue strategische Geschäftsmodelle von Wettbewerbern mit geringen Markteintrittsbarrieren als Folge. Zum Austesten einer neuen Idee werden häufig nur ein Computer und ein Internet-Zugang benötigt. Durch die über das Internet erreichbaren Netzwerke können sich überzeugende Ideen mit hoher Geschwindigkeit verbreiten und schnell eine kritische Masse von Nutzern bzw. Netzwerkeffekte erreichen. So geht es bei Airbnb um die Online-Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten bei Privatpersonen, die digitalisiert über eine Website bzw. Smartphone-App erfolgt. Airbnb hat somit ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell außerhalb der etablierten Strukturen entwickeln können (Kreutzer/ Neugebauer/Pattloch, 2017, S. 19 f.). Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz wird verstärkt zu ­ eren Einsatz in Produkte und Services selbst erfolgen. Ein Einsatzfeld der d Künstlichen Intelligenz bietet beispielsweise der Customer-Service in Form von Chatbots und digitalen persönlichen Assistenten. Am Point-of-Sale werden diese den Konsumenten nicht nur persönlich begrüßen und Bestellungen annehmen, sondern auch Hinweise zur weiteren Nutzung der gekauften Artikel geben (Kreutzer/Sirrenberg, 2019, S. 180). Die Marketingpraktiken werden wesentlich durch Entwicklungen im poli­ tisch-rechtlichen Bereich beeinflusst. Die Zahl der Gesetze und Verordnungen, die in den Wirtschaftskreislauf eingreifen, ist ständig erhöht worden. Aus Marketingsicht sind auf nationaler Ebene u. a. gesetzliche Bestimmungen zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs (GWB) sowie der Verbraucherschutz vor

62 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

unlauteren Geschäftspraktiken (UWG) relevant. Während das UWG individuelle Verstöße einzelner Konkurrenten regelt, sollen mit dem GWB vor allem marktweite Gefährdungstatbestände bekämpft bzw. verhindert werden, z. B. Preisbindung der zweiten Hand und Verkäufe unter Einstandspreis (Diller/ Beinert/Ivens/Müller, 2021, S. 74 ff.). Die Werte und Normen von Menschen werden durch die Gesellschaft geprägt, in der ein Mensch aufwächst. Kulturelle Grundwerte einer Gesellschaft sind z. B. der Trend zur Selbstverwirklichung, Gesundheit und Fitness, Abenteuer und Genuss. Diese Entwicklungen müssen in der soziokulturellen Um­ welt von den Unternehmen vor allem im Rahmen der Produkt- und Werbe­ gestaltung berücksichtigt werden. Der allgemeine Fitnesstrend hat beispielsweise ein neues Produktangebot im Sportausrüstungsbereich entstehen lassen. Und der Erfolg der Werbung hängt in steigendem Maße davon ab, inwieweit es gelingt, die angebotenen Produkte in die emotionale Erfahrungs- und Erlebniswelt der Empfänger einzupassen (Kroeber-Riel/Esch, 2015, S. 46). Nach wie vor gibt es einen Trend zum Konsumieren. Für immer mehr Menschen ist der Konsum aber nicht notwendigerweise an den Besitz von Gütern gekoppelt. Zugang ist heute entscheidender als Eigentum, deshalb wird geteilt, getauscht und gemietet. Dieser gemeinschaftliche Konsum wird als Collaborative Consumption bezeichnet. Besonders junge, gutverdienende, internetaffine Konsumenten, die offen gegenüber neuen Technologien sind und in Großstädten leben, nutzen zunehmend diese Sharing-Angebote (Keller, 2013, S. 33 f.). Durch diesen gemeinschaftlichen Konsum eröffnen sich neue Geschäftsmodelle für Unternehmen. So haben die Premiumanbieter Daimler und BMW mit Car2go und DriveNow zunächst jeweils ein SharingKonzept für die Vermietung von Autos entwickelt und 2018 in ein Gemeinschaftsunternehmen überführt. Aber auch außerhalb des Mobilitätssektors können Produkte gemietet werden. Z. B. bietet die Baumarktkette Obi in vielen Filialen einen Verleihservice von Werkzeugen und kleineren Maschinen an. Ein Vorteil aus Sicht der Konsumenten stellt die Kostenersparnis dar, die sich aus einem gemeinschaftlichen Konsum ergibt. Häufiger ist das Ausleihen oder Mieten günstiger als das Eigentum an Gütern. Das gilt insbesondere bei Produkten, die nicht häufig genutzt werden und bei denen die Anschaffungsund Folgekosten z. B. durch Wartung und Reparaturen relativ hoch sind. In gesellschaftlicher Hinsicht tragen Geschäftsmodelle, die auf dem Teilen knapper Ressourcen beruhen, zur Ressourcenschonung und -einsparung bei. Nutzen mehrere Personen z. B. ein Auto, werden weniger Autos und somit weniger Ressourcen benötigt, um dieselbe Menge an Personenkilometern zu fahren (Clement, 2015, S. 957).



1. Markt- und Kundenanalyse63

Literaturempfehlungen Backhaus, Klaus/Schneider, Helmut: Strategisches Marketing, Stuttgart 2007, S. 51–68. Backhaus, Klaus/Voeth, Markus: Industriegütermarketing. Grundlagen des Business-to-Business-Marketings, 10. Aufl., München 2014, S. 8–10; 39– 95; 129–140. Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 145–172. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 199–238. Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 92– 99; 246–287; 393–410. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 25–34. Berekoven, Ludwig/Eckert, Werner/Ellenrieder, Peter: Marktforschung, Methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 12. Aufl., Wiesbaden 2009, S. 243–260. Freter, Hermann: Markt- und Kundensegmentierung. Kundenorientierte Markterfassung und -bearbeitung, 2. Aufl., Stuttgart 2008, S. 90–193. Homburg, Christian: Marketingmanagement: Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmensführung, 7. Aufl., Wiesbaden 2020, S. 153–185; 503–537. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 194–214; 231–272; 313–329; 355–386. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Konzep­te – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 47–57; 209– 240. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 68–70; 80–87; 98–102; 154–157; 160; 209–213; 635–637. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 229–236. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 17–22; 81–84.

64 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH: Informationen zu den Sinus-Milieus 2018, Heidelberg 2018, S. 13–16. Kontrollfragen 1) Die Marktstruktur differenziert einen Markt in vertikaler Hinsicht in Marktstufen. Erläutern Sie, warum die Kenntnis der Marktstruktur durch Einbeziehung nachgelagerter Marktstufen für Industriegüterunternehmen wichtig ist! 2) Erläutern Sie zwei Gründe, warum die Abgrenzung des relevanten Marktes von elementarer Bedeutung im Rahmen der Strategieentwicklung ist! 3) Die „Railmax AG“ ist ein deutsches Bahnunternehmen, deren Kernleistung die Beförderung von Personen auf kurzen und langen Strecken in Deutschland ist. a) Grenzen Sie den relevanten Markt der „Railmax AG“ in sachlicher Hinsicht ab! Mit welchen Anbietern steht die „Railmax AG“ in Konkurrenz? b) Beschreiben Sie drei Markteinflussfaktoren (nicht kontrollierbare Variablen), die eine Auswirkung auf die zukünftige Geschäftsentwicklung der „Railmax AG“ in Deutschland haben können! 4) a) Das Marktvolumen für Kunststoffe beläuft sich im Jahr 2021 in Europa auf 12,5 Mrd. €. Auf petrochemische Kunststoffe entfällt dabei der Löwenanteil von 85 %. Die restlichen 15 % werden durch biobasierte Kunststoffe abgedeckt. Der Sättigungsgrad (= Grad der Marktausschöpfung) im Teilmarkt der biobasierten Kunststoffe beträgt 25 %. Berechnen Sie das Marktpotential für biobasierte Kunststoffe! b) Erläutern Sie drei Maßnahmen des Marketingmix, wie die Anbieter von biobasierten Kunststoffen den Grad der Marktausschöpfung erhöhen können! c) Biobasierte Kunststoffe werden auch bei Verpackungen von Bio-Lebensmitteln eingesetzt. Beschreiben Sie das Endverbrauchersegment der Bio-Lebensmittel in Deutschland anhand drei ausgewählter soziodemographischer Kriterien! 5) Grenzen Sie die Begriffe Marktvolumen, zugängliches Marktvolumen und bearbeitetes Marktvolumen voneinander ab!



1. Markt- und Kundenanalyse65

6) Beschreiben Sie anhand eines selbstgewählten Beispiels, wie ein Hersteller sein zugängliches bzw. sein bearbeitetes Marktvolumen erhöhen kann (jeweils einen Ansatzpunkt)! 7) Grenzen Sie die Quantitativen Methoden und die Qualitativen Methoden der Marktprognose voneinander ab! 8) Grenzen Sie die Methode der gleitenden Durchschnitte und die Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts verbal und mit Hilfe mathematischer Formeln voneinander ab! 9) Ein Unternehmen will die Marktgröße für das nächste Jahr (2022) prognostizieren. Folgende Ist-Daten liegen vor: Periode

Marktvolumen Mio. €

Gewichtung

2021

100

0,40

2020

95

0,30

2019

90

0,15

2018

95

0,10

2017

100

0,05

a) Berechnen Sie mit Hilfe der „Methode der gleitenden Durchschnitte“ den Prognosewert für das Jahr 2022! b) Berechnen Sie mit Hilfe der „Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts“ den Prognosewert für das Jahr 2022! 10) Prognosen der Marktentwicklung: Sollten eher quantitative oder qualitative Prognoseverfahren in der Praxis eingesetzt werden? Begründen Sie! Warum ist die Prognose der Marktentwicklung für Unternehmen von elementarer Bedeutung? 11) Beschreiben Sie die zwei grundlegenden Schritte der Marktsegmentierungsstrategie! 12) Warum ist die „Kaufverhaltensrelevanz“ eine wichtige Anforderung an Marktsegmentierungskriterien? Begründen Sie! 13) Erläutern Sie, warum eine mehrstufige Marktsegmentierung für Unternehmen sinnvoll sein kann! 14) Beschreiben Sie die mikrogeografische Marktsegmentierung! Aus den Ergebnissen der mikrogeografischen Marktsegmentierung können stationäre Einzelhändler wichtige Erkenntnisse für das Marketing ableiten. Erläutern Sie zwei entsprechende Ansätze im Marketing-Mix stationärer Einzelhändler!

66 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

15) Ein Friseur überlegt, zur Bildung von Marktsegmenten das Kriterium „Geschlecht“ zu verwenden, um eine Marktsegmentierungsstrategie durchzuführen. Ist das Kriterium „Geschlecht“ aus Ihrer Sicht ein geeignetes Marktsegmentierungskriterium? Begründen Sie! 16) Beschreiben Sie den Ansatz der Nutzensegmentierung! Erläutern Sie vier unterschiedliche Nutzen, die Frauen beim Kauf eines Damenwinterschuhs erwarten! 17) Industrieller Kaufentscheidungsprozess a) Warum ist der Informationsbedarf beim „Erstkauf“ sehr hoch? Begründen Sie! b) Beschreiben Sie die am Kaufprozess beteiligten Personen nach dem Rollenkonzept von Webster/Wind! Welche Entscheidungskriterien legen die jeweiligen Entscheidungsträger beim Kauf zu Grunde? c) Gibt es im industriellen Kaufentscheidungsprozess auch die Möglichkeit der Impulskäufe? Begründen Sie! Erläutern Sie vier Maßnahmen zur Erhöhung der Impulskäufe der Konsumenten am Pointof-Sale! 18) Beschreiben Sie jeweils eine Entwicklung und deren Auswirkung für das Marketing der Automobilhersteller im deutschen Markt, welche sich aus der demographischen, ökonomischen, ökologischen, technologischen, politisch-rechtlichen und soziokulturellen Umwelt ergeben! 19) Umweltbewusstes Kaufverhalten a) Was verstehen Sie unter dem Begriff „Verhaltenslücke“ beim umweltbewussten Kaufverhalten? b) Beschreiben Sie die drei Gründe, die zu einer Verhaltenslücke beim umweltbewussten Kaufverhalten führen!

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt) Eine Branche besteht aus einer Gruppe von Unternehmen, die Produkte herstellen, welche sich gegenseitig nahezu ersetzen können. Die Branchenstruktur beeinflusst dabei in starkem Maße sowohl die Spielregeln des Wettbewerbs als auch die Strategien, die dem Unternehmen potentiell zur Verfügung stehen. Der Stand des Wettbewerbs in einer Branche hängt von fünf grundlegenden Wettbewerbskräften („five-forces“) ab (siehe dazu Abb. 31). Die zusammengefasste Stärke dieser Kräfte bestimmt die Wettbewerbsintensität und das Gewinnpotential in der Branche. Beispielsweise ist die Rivalität in der Flugzeugindustrie zwischen den vorhandenen Wettbewerbern Boeing



2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)67

Abb. 31: Bewertung der Branchenattraktivität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 38)

und Airbus sehr stark. Das gilt ebenso für die Marktmacht der Abnehmer. Allerdings kann die Gefahr des Auftretens neuer Wettbewerber oder Substitutionsprodukte sowie die Verhandlungsmacht der Zulieferer als relativ gering eingestuft werden (Porter, 2008, S. 21). Die Kenntnis der Wettbewerbskräfte ist für ein Unternehmen sehr wichtig, da dadurch die entscheidenden Stärken und Schwächen des Unternehmens aufgezeigt werden. Des Weiteren ergeben sich hieraus Anregungen zur Standortbestimmung des Unternehmens in der Branche. Gleichzeitig werden potentiell einträgliche Marktbereiche aufgezeigt, die durch strategische Veränderungen erschlossen werden können. Die Wettbewerbskräfte verdeutlichen Branchentrends mit den größten Chancen und Risiken und geben ein Grundgerüst für die Formulierung der Wettbewerbsstrategie (Porter, 2013, S. 38; siehe dazu auch das Beispiel des Dämmstoffes XPS in Abb. 32). Ein grundlegender Vorteil dieses Modells ist die umfassende Berücksichtigung der möglichen Einflussfaktoren der Marktentwicklung. So beschränkt sich die Marktanalyse nicht auf die aktuell vorhandenen Strukturen, z. B. Betrachtung der gegenwärtig im Markt auftretenden Wettbewerber, sondern beinhaltet auch die Problematik der Bedrohung durch Substitute und potentielle Konkurrenten (Homburg, 2020, S. 516).

68 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 32: Branchenattraktivität des Dämmstoffes XPS

Die fünf Wettbewerbskräfte werden nacheinander diskutiert.

2.1  Potentielle neue Konkurrenten Neue Konkurrenten schaffen in der Branche neue Kapazitäten in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion und Vertrieb. In der Konsequenz kann ein starker Preisdruck entstehen. Die Kosten der etablierten Wettbewerber können sich erhöhen und die Gewinne werden sinken. Beispielsweise hat die Liberalisierung des Fernbusverkehrs in Deutschland seit 2013 zu einer Vielzahl von neuen Buslinien geführt. Diese haben sich einen intensiven Preiskampf geliefert und sehr viele neue Verbindungen angeboten, um Kunden für das eigene Angebot zu gewinnen. Es wurde aber auch deutlich, dass kein Unternehmen mit einer Preisstellung unter den Herstellkosten langfristig überleben kann. Nach einer Konsolidierungsphase, die mit dem Ausscheiden wichtiger Anbieter einherging, dominiert heute die Marke FlixBus den Markt im Fernbusverkehr (Kreutzer, 2017, S. 3). Neue Konkurrenten sind häufig internationale Wettbewerber, die in attraktive nationale Märkte eintreten. So hat der russische Supermarkt-Discounter Torgservis 2019 seine erste deutsche Filiale in Leipzig eröffnet. Das Deutschlandgeschäft läuft unter dem Namen „Mere“ mit der Betriebsform eines Lebensmittel-Discounters. Oftmals diversifizieren auch branchenfremde Wett-



2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)69

bewerber in neue Geschäftsbereiche. Beispielsweise hat EDEKA seit 2017 eine Strategische Allianz mit der Drogeriemarktkette Budnikowsky und unterstützt somit die Expansion der Marke Budni („Dein Drogeriemarkt“). Die Gefahr eines Markteintritts hängt von den existierenden Eintrittsbarrieren sowie von den absehbaren Reaktionen der etablierten Wettbewerber ab. Sind die Barrieren hoch und/oder sind scharfe Gegenmaßnahmen der etablierten Wettbewerber zu erwarten, so ist die Gefahr des Markteintritts gering (siehe dazu Abb. 33). Etablierte Wettberber können bereits Kostensenkungspotentiale im Rahmen der mengenbedingten (Economies of Scale) und erfahrungsbedingten Kostendegression sowie der Marktmacht realisieren. Economies of Scale liegen vor, wenn bei steigender absoluter Ausbringungsmenge die Stückkosten eines Produktes sinken. Dieser Effekt wird durch die Verteilung der Fixkosten auf mehr Mengeneinheiten erzielt. Bei der erfahrungsbedingten Kostendegression steigen mit wachsender absoluter Ausbringungsmenge die gesammelten Erfahrungen, die ebenfalls kostensenkend wirken. Erfahrungsbedingte Kostendegressionen können nahezu in jedem Bereich eines Unternehmens vorliegen: Produktion, Einkauf, Forschung und Entwicklung, Marketing, Vertrieb und Service. Die Marktmacht etablierter Wettbewerber führt auch zu größeren Einkaufsmengen, die Kostenvorteile bei den Materialkosten nach sich ziehen (Buzzell/Gale, 1989, S. 67).

Abb. 33: Markteintrittsbarrieren für neue Konkurrenten (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 41 ff.)

70 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 34: Das Erfahrungskurvenkonzept bei logarithmisch eingeteilten Ordinaten

Im Folgenden wird auf das Erfahrungskurvenkonzept (siehe Abb. 34) eingegangen, das den Economies of Scale-Effekt indirekt einschließt. Der Erfahrungskurveneffekt ist empirisch durch die Boston Consulting Group festgestellt worden und besagt, dass die Kosten ohne Materialkosten in einer konstanten Quote um 20–30 % sinken, wenn sich im Zeitablauf die kumulierte Produktionsmenge verdoppelt. Die Untersuchungsergebnisse beziehen sich dabei auf den Industriezweig als Ganzes, wie auch auf das einzelne Herstellerunternehmen. Erfahrungskurven beschreiben allerdings lediglich das Kostensenkungspotential. Deren Ausschöpfung hängt vom jeweiligen Management ab (Becker, 2019, S. 422 f.). Durch Kennen der Erfahrungskurve sind eine langfristige Prognose der eigenen Kostenentwicklung sowie die der Konkurrenten möglich. Dadurch wird die Planung einer mittel- bis langfristigen Preisfestsetzung für die Produkte erleichtert (siehe Abb. 35). Kostensenkungspotentiale etablierter Wettbewerber können neue Konkurrenten einerseits vom Markteintritt absehen lassen. Andererseits können sie Neuanbieter dazu veranlassen, mit hohem Produktionsvolumen in den Markt einzusteigen und dabei das Risiko harter Vergeltungsmaßnahmen durch etablierte Anbieter einzugehen. Eventuell eröffnen sich für Neueinsteiger aber Kostenvorteile gegenüber etablierten Konkurrenten, die sich aufgrund der Verwendung einer neuen Produktionstechnologie mit neuer Erfahrungskurve ergeben. Als weitere Alternative ist der Markteintritt mit niedrigerem Produktionsvolumen zu nennen. Dieses Vorgehen entspricht einer Nischenstrategie, wodurch zwar ein Kostennachteil akzeptiert wird, man sich aber als Spezialist positionieren kann. Schließlich kann ein neuer Anbieter auch einen etablierten Konkurrenten und somit Marktanteile aufkaufen, um in den Markt einzutreten.



2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)71

Abb. 35: Verwendung des Erfahrungskurvenkonzepts in der Preispolitik (in Anlehnung an Henderson, 1984)

Etablierte Unternehmen können bereits über eine hohe Marken- und Liefe­ rantentreue verfügen. Neue Konkurrenten müssen deshalb erhebliche Mittel aufwenden, um bestehende Käuferloyalitäten zu überwinden. Beispielsweise sind umfangreiche Werbeinvestitionen in den Aufbau eines Markennamens zu tätigen. Neue Konkurrenten haben somit einen hohen Kapitalbedarf für Werbung, Forschung und Entwicklung, Vertrieb/Marketing, Produktion, Lager, Kundenkredite etc. (Porter, 2013, S. 44). Umstellungskosten sind einmalige Kosten für einen Abnehmer, der vom Produkt eines Lieferanten zu dem eines anderen wechselt, z. B. Umschulungskosten für Mitarbeiter, Kosten für neue Zusatzgeräte, Kosten und Zeit für Testläufe mit den Produkten des neuen Lieferanten. Liegen hohe Umstellungskosten bei den Abnehmern vor, müssen neue Anbieter wesentlich niedrigere Preise und/oder bessere Leistungen anbieten, um eine Geschäftsbeziehung aufbauen zu können. Kunden, die beispielsweise ein ERP-System von SAP in ihrem Unternehmen installiert haben, haben sehr hohe Wechselkosten, da die Daten integriert und die internen Prozesse darauf abgestimmt sind (Porter, 2008, S. 22). Der Zugang zu Vertriebskanälen kann vor allem im Konsumgüterbereich durch die etablierten Wettbewerber eingeschränkt sein. Um einen Regalplatz im Handel zu bekommen, müssen neue Konkurrenten wesentlich niedrigere Preise anbieten und/oder zusätzliche Handelsfunktionen übernehmen. Diesem

72 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Nachfragedruck können neue Konkurrenten durch Schaffung völlig neuer Vertriebskanäle ausweichen. So haben Billigfluglinien wie Ryanair beispielsweise die Reisebüros umgangen und den Kunden Reisebuchungen im Internet ermöglicht (Porter, 2008, S. 22). Der Patentschutz für Produkttechnologien, ein nicht vorhandener kostengünstiger Zugang zu Rohstoffen oder günstige Standorte sind Beispiele für größenunabhängige Kostennachteile (Porter, 2008a, S. 44). Aus Sicht der potentiellen Wettbewerber können staatliche Restriktionen auch Eintrittsbarrieren darstellen. Zu nennen sind hier Höchstgrenzen für Luft- und Wasserverschmutzung, Sicherheitsvorschriften für die Produktion, lange Genehmigungsverfahren für neue Produktionsanlagen oder auch Testnormen für gesundheitsrelevante Produkte (Porter, 2013, S. 46 f.). Die Markteintrittsbarriere „Erwartete Vergeltung“ thematisiert die Bedingungen, die eine hohe Vergeltungswahrscheinlichkeit der etablierten Wettbewerber erkennen lassen. Harte Vergeltungsmaßnahmen gegen früher Eintretende sowie das Vorhandensein umfangreicher Mittel zur Vergeltung, z. B. überschüssige Liquidität, unausgelastete Produktionskapazitäten, signalisieren eine hohe Vergeltungswahrscheinlichkeit und schrecken somit vor dem Markteintritt ab (Porter, 2013, S. 49). Patentklagen können auch ein probates Mittel sein, um gegen neue Konkurrenten vorzugehen. Um neue Wettbewerber von einem Markteintritt abzuhalten, sollten eta­ blierte Anbieter die relevanten Eintrittsbarrieren in ihrer Branche zunächst analysieren und anschließend erhöhen.

2.2 Wettbewerber in der Branche Die Rivalität unter den etablierten Konkurrenten kann sich in Form von Taktiken wie Preis- und Rabattwettbewerb, günstigen Finanzierungsangeboten, Werbeschlachten, Einführung neuer Produkte und verbesserten Serviceoder Garantieleistungen ausdrücken. Dabei führt das Ergebnis einer Reihe zusammenwirkender Faktoren zu intensiver Rivalität (siehe dazu Abb. 36): –– Zahlreiche oder gleichausgestattete Wettbewerber: Aufgrund einer hohen Anzahl an Wettbewerbern denken einige Unternehmen, dass sie aggressive Maßnahmen ergreifen können, ohne dass die Konkurrenten davon Notiz nehmen. Demgegenüber agiert in Märkten mit wenigen großen Konkurrenten der Branchenführer oftmals disziplinierend oder kooperativ, z. B. als Vorreiter bei der Preisfestsetzung. –– Langsames Branchenwachstum: Wollen Wettbewerber in stagnierenden oder nur leicht wachsenden Märkten Marktanteile gewinnen, entsteht ein harter Verdrängungswettbewerb.



2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)73

Abb. 36: Ansätze zur Reduzierung der Wettbewerbsintensität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 53 ff.)

–– Hohe Fixkosten: Dadurch entsteht ein Druck, die Kapazitäten möglichst stark auszulasten. Sind Überkapazitäten in der Produktion vorhanden, werden evtl. zunehmend Geschäfte auf Deckungsbeitragsebene realisiert. In diesem Zusammenhang wird ein niedriger Preis als wesentliches Wettbewerbsinstrument eingesetzt, um zumindest einen Teil der fixen Kosten zu decken (Schaper, 2017, S. 27). –– Fehlende Möglichkeiten zur Produktdifferenzierung: In Branchen mit hohem Commodity-Charakter der Produkte entsteht vor allem ein intensiver Wettbewerb bei Preis und Service. –– Große Kapazitätserweiterungen: Technologisch bedingte Mindestgrößen lassen Kapazitätserweiterungen in der Produktion nur in großem Umfang zu. Hieraus können Überkapazitäten und folglich Preissenkungen resultieren. –– Heterogene Wettbewerber: Einige Unternehmen betrachten einen Markt als Ventil für Überschusskapazitäten, für andere Wettbewerber ist derselbe Markt von strategischer Bedeutung. Dieses unterschiedliche Wettbewerbsverhalten birgt ein kontinuierliches Konfliktpotential in sich (siehe dazu Porter, 2013, S. 56). Etablierte Wettbewerber haben die Möglichkeit, sich aus bestimmten Geschäftsfeldern zurückzuziehen, falls die Unternehmensziele in der entsprechenden Branche nicht mehr erreicht werden können. Allerdings existieren Austrittsbarrieren, die zu beachten sind:

74 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

–– Fixkosten des Austritts, z. B. Sozialpläne, Stilllegungskosten für Produk­ tionsanlagen, –– emotionale Barrieren, z. B. Identifikation mit der betreffenden Branche, Loyalität gegenüber den Mitarbeitern, –– strategische Wechselbeziehungen zu anderen Konzernteilen (Porter, 2013, S. 57). Diese liegen vor, wenn z. B. ein Hersteller von Agrochemikalien die eng miteinander verbundenen Produktbereiche Dünge- und Pflanzenschutzmittel anbietet. Für Anbieter gibt es verschiedene Ansatzpunkte, den Wettbewerbsdruck in ihrer Branche erträglich zu machen. Eine Möglichkeit besteht in der Inten­ sivierung von Kundenbindungsprogrammen. Darunter sind Ansätze eines Anbieters zu verstehen, die darauf abzielen, den Kunden zu Wiederkäufen zu veranlassen, damit er nicht zu den Angeboten der Konkurrenten wechselt. Kundenbindungsprogramme dienen der Erhöhung der Eintrittsbarrieren für Wettbewerber bzw. der Erhöhung der Austrittsbarrieren (= Wechselbarrieren) für den Kunden (Peter, 1997, S. 8). Der Aufbau von Wechselbarrieren für den Kunden kann vertraglich, z. B. in der Mobilfunkbranche, oder durch ein Kompatibilitätsmanagement, z. B. in der Computerbranche, realisiert werden (Bruhn, 2006, S. 522). Die Konzentration der Verkaufsanstrengungen auf die am schnellsten wachsenden Marktsegmente sowie das Anstreben von Kooperationen (z. B. im Vertrieb) sind weitere Ansätze für einen Anbieter, den Preiswettbewerb in seiner Branche zu reduzieren.

2.3 Substitutionsprodukte Alle Unternehmen einer Branche konkurrieren mit Branchen, die Ersatzprodukte herstellen. Ersatzprodukte erfüllen die gleiche Funktion wie das Produkt der Branche, mit anderen Mitteln auf andere Weise. So sind Videokonferenzen ein Substitut für Geschäftsreisen und Kunststoff ist ein Substitut für Aluminium (Porter, 2008, S. 22). Auch im Dämmstoffmarkt gibt es die unterschiedlichsten Produktklassen, mit denen die Abnehmer ihr Problem „Dämmen“ lösen können (siehe dazu das Beispiel in Abb. 37). Hersteller des Dämmstoffes XPS müssen sich auch gegenüber den Produzenten der Substitute im Markt behaupten, z. B. durch bessere Produkteigenschaften und/oder Serviceleistungen. Weitere Ansatzpunkte bieten sich den Anbietern durch kollektives Handeln der Branche in Form von gemeinschaftlicher Werbung für die Produktart oder durch gemeinsame Anstrengungen in der Produktentwicklung. Bei der Gemeinschaftswerbung werden die beteiligten Unternehmungen nicht einzeln in der Werbung genannt, sondern es wird



2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)75

Abb. 37: Marktentwicklung nach Dämmstoffarten

allgemein für ein Produkt (z. B. „Trinkt mehr Milch“) geworben. Eventuell ergeben sich auch Möglichkeiten, Substitutionsprodukte in die Strategie mit einzubauen, z. B. durch Suche nach kombinierten Einsatzmöglichkeiten. Dadurch kann dem Substitutionswettbewerb entgegengetreten werden.

2.4 Abnehmer Die Gewinne der Branche können generell durch verschiedene Aktivitäten der Abnehmer, z. B. Verlangen von niedrigeren Preisen, höheren Qualitäten, besseren Leistungen, sinken. Die Stärke der Nachfrager hängt dabei von verschiedenen Gegebenheiten ab, von denen ein Druck auf die Verkaufspreise der Anbieter resultiert (siehe Abb. 38): –– Ein hoher Konzentrationsgrad der Abnehmergruppen führt zu einer entsprechenden Nachfragemacht. –– Ein signifikanter Anteil der einzukaufenden Produkte (A-Produkte) an den Gesamtkosten bzw. -einkäufen der Abnehmergruppe bedeutet eine hohe Preisempfindlichkeit und eine aktive Beschaffungspolitik der Abnehmer in diesen Bereichen. –– Durch einen geringen Differenzierungsgrad der einzukaufenden Produkte existiert eine Vielzahl von Lieferquellen, was zu einer Austauschbarkeit der Produkte führen kann.

76 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 38: Ansätze zur Reduzierung des Preisdrucks (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 62 ff.)

–– Aus niedrigen Umstellungskosten der Abnehmer resultiert eine geringe Bindung an einen Lieferanten. –– Erzielen Abnehmer niedrige Gewinne, wird der Preisdruck an die Lieferanten weitergegeben. –– Abnehmer drohen mit Rückwärtsintegration durch Eigenfertigung von bestimmten Rohstoffen oder Teilen. –– Eine vollständige Markttransparenz der Abnehmer führt zu einer entsprechend starken Verhandlungsposition (Porter, 2013, S. 61 ff.). Ein Ansatzpunkt für den Anbieter, den Druck auf seine Verkaufspreise in einem erträglichen Rahmen zu halten, besteht in der Differenzierung der Abnehmer nach ihrer Größe. So lassen sich die Kunden im Rahmen einer ABCAnalyse nach dem mit ihnen erzielten Umsatz in drei Gruppen einteilen (siehe Abb. 39). Bei der Kundenstruktur ist auf ein ausreichend großes B-Kundensegment zu achten, da diese Kunden in der Regel höhere Preise als die ­A-Kunden bezahlen und somit einen überproportionalen Kundendeckungsbeitrag aufweisen. Allerdings sind A-Kunden wichtig für eine Grundauslastung in der Produktion (siehe dazu auch Schaper, 2001, S. 26 ff.). Ein weiterer Ansatz ist die Differenzierung der Abnehmer nach Abnehmerbranchen, in denen unterschiedliche Konzentrationsgrade und Wettbewerbs­ intensitäten existieren. Beispielsweise sind Kunststoffhersteller, die ihre Produkte an die Automobilbranche absetzen, einem extrem starken Preisdruck ausgesetzt. Die Belieferung weiterer Branchen mit nicht so starker Nachfragemacht, z. B. Elektro-, Verpackungs-, Spielzeugbranche, ist aus Renditegesichtspunkten empfehlenswert.



2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)77

Abb. 39: ABC-Analyse

2.5 Lieferanten Die Verhandlungsstärke von Lieferanten kann zu hohen Einkaufspreisen führen. Können die Unternehmen die höheren Kosten nicht über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben, ergeben sich unmittelbare negative Auswirkungen für die Profitabilität der Branche (Lücking, 2001, S. 189). Liegen folgende Bedingungen vor, dann ist die Angebotsmacht der Lieferanten besonders hoch (siehe Abb. 40): –– Hoher Konzentrationsgrad der Lieferantengruppen (Anbietermacht), –– keine Ersatzprodukte für die Produkte der Lieferanten, –– das Produkt des Lieferanten ist ein wichtiger Input für das Geschäft des Abnehmers, –– der Lieferant hat seine Produkte differenziert oder bei den Abnehmern hohe Umstellungskosten aufgebaut (Porter, 2013, S. 65). Der Abbau von Umstellungskosten, die Forschung nach alternativen Einsatzstoffen und die Bildung von Einkaufskooperationen sind mögliche Aktivitäten, um die Verhandlungsposition der Lieferanten zu schwächen. Dass Beschaffungsmärkte in der Wirtschaftspraxis auch einen Engpassfaktor darstellen können, bekommt vor allem die deutsche Autoindustrie im Jahr 2021 zu spüren. Da es Lieferengpässe bei Halbleitern gibt, wird in vielen Werken kurzgearbeitet. Weltweit können 2021 gut fünf Millionen und in Deutschland mehrere hunderttausend Autos nicht gebaut werden, weil es zu wenige Mikrochips gibt. Für die Chiplieferanten sind neben der Autoindustrie die Hersteller von Smartphones und Konsumelektronik sehr wichtige Abnehmer (Rheinpfalz, 2021, S. 6).

78 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 40: Ansätze zur Reduzierung hoher Einkaufspreise (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 64 ff.)

Fazit: Oftmals sind keine pauschalen Aussagen zur Attraktivität einer Branche möglich, was auch nicht das Ziel einer Branchenstrukturanalyse ist. Vielmehr sollen die gewonnenen Erkenntnisse als Grundlage für strategische Überlegungen und Entscheidungen dienen. Dies wird auch den ursprünglichen Titel von Porters Beitrag bei der Vorstellung des Five Forces-Modells deutlich: „How Competitive Forces Shape Strategy“ (Serfas, 2014, S. 1007). Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 420–424. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 34–36. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 1087–1089. Lücking, Joachim: Branchenstrukturanalyse, in: Hermann Diller (Hrsg.), Vahlens Großes Marketinglexikon, 2. Aufl., München 2001, S. 189–191. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 88–97. Porter, Michael E.: Die Wettbewerbskräfte – neu betrachtet, in: Harvard Business Manager Mai/2008, S. 20–26. – Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy), Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl., Frankfurt am Main 2013, S. 37–72.



3. Analyse der Wettbewerber79

Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 26–31; 76–78. Kontrollfragen 1) Zur Bestimmung der Branchenattraktivität verwendet ein Anbieter das Five-Forces-Modell nach Porter! Erläutern Sie, warum die Kenntnis der Wettbewerbskräfte für ein Unternehmen wichtig ist! 2) Beschreiben Sie vier Eintrittsbarrieren, die potentielle neue Konkurrenten von einem Markteintritt absehen lassen könnten! 3) Erläutern Sie die Gefahren, die von neuen Wettbewerbern ausgehen können! 4) Nach der Analyse der Markteintrittsbarrieren stehen einem neuen Konkurrenten unterschiedliche Alternativen des Markteintritts zur Verfügung! Beschreiben Sie diese drei Alternativen! 5) Erläutern Sie vier Ansatzpunkte für einen Anbieter, einen intensiven Wettbewerb in seiner Branche zu umgehen! 6) In einer Branche herrscht ein intensiver Wettbewerb zwischen den Konkurrenten. Beschreiben Sie drei Austrittsbarrieren, die einen Konkurrenten beim Verlassen der Branche behindern! 7) Den Wettbewerbern einer Branche stehen starke Lieferantengruppen gegenüber. Erläutern Sie drei Ansatzpunkte, die Lieferantenmacht zu reduzieren! 8) In Abb. 32 ist die Branchenattraktivität des Dämmstoffes XPS dargestellt. a) Wie beurteilen Sie die Wettbewerbsintensität und das Gewinnpoten­ tial in dieser Branche? Begründen Sie! b) Erläutern Sie sechs strategische Ansätze für einen „Wettbewerber in der XPS-Branche“! c) Nennen Sie sechs Quellen zur Gewinnung von relevanten Informationen über Wettbewerber!

3. Analyse der Wettbewerber Erfolgreiche Unternehmen müssen versuchen, sich auf dem Absatzmarkt Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen und diese möglichst langfristig zu sichern. Zur Entwicklung einer Wettbewerbs- bzw. Positionierungsstrategie ist deshalb eine Wettbewerberanalyse erforderlich, um die folgenden Fragen zu beantworten (siehe Abb. 41):

80 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 41: Elemente einer Konkurrenzanalyse (Porter, 2013, S. 90)

Das Verständnis dieser vier Elemente erlaubt eine begründete Vorhersage des Reaktionsprofils des jeweiligen Konkurrenten, das in den Schlüsselfragen in Abb. 41 zum Ausdruck kommt. Analysiert werden sollten alle bedeutenden existierenden Wettbewerber sowie potentielle Wettbewerber, z. B. Abnehmer oder Zulieferer, die sich rückwärts oder vorwärts integrieren wollen (siehe dazu auch Backhaus/Voeth, 2014, S. 129 f.). Interessant können auch Konkurrenten sein, deren Erfolg auf einer außergewöhnlichen Strategie beruht. Im Rahmen eines Benchmarkings besteht dadurch die Möglichkeit, das eigene strategische Vorgehen im Markt zu überdenken.

3.1  Zukünftige Ziele Die Kenntnis der Ziele erlaubt eine Aussage darüber, ob ein bestimmter Wettbewerber mit seiner gegenwärtigen Position und seinen finanziellen Ergebnissen zufrieden ist oder nicht. Durch dieses Wissen ist eine Vorhersage möglich, wie wahrscheinlich ein Strategiewechsel ist und mit welcher Intensität der Wettbewerber auf äußere Ereignisse (z. B. Konjunkturzyklus) oder auf Maßnahmen anderer Unternehmen reagieren wird (Porter, 2013, S. 91 f.).



3. Analyse der Wettbewerber81

Beispiel „Äußere Ereignisse“

Beispiel „Maßnahmen anderer Unternehmen“

Die Analyse der Ziele der Wettbewerber hat für ein Unternehmen einen unterschiedlichen Nutzen. So können Marktpositionen anvisiert werden, in denen ein Unternehmen seine Ziele erfüllen kann, ohne seine Konkurrenten zu bedrohen. Des Weiteren können strategische Schritte vermieden werden, welche die Fähigkeit von Konkurrenten, ihre Schlüsselziele zu erreichen, bedrohen würden und somit einen erbitterten Wettbewerbskrieg zur Folge hätten. Die Gewinnung von Marktanteilen von Kerngeschäften der Konkurrenten ist beispielsweise potentiell explosiv. Ist eine strategische Geschäftseinheit eines Konkurrenten dagegen eine Cash Cow, ist die Strategie der Gewinnung von Marktanteilen kein Problem, solange diese noch finanzielle Mittel für den Konkurrenten abwirft (siehe dazu Porter, 2013, S. 100).

3.2 Annahmen Die Feststellung der Annahmen der verschiedenen Wettbewerber ist ein weiteres Element der Konkurrenzanalyse. Die Annahmen eines Konkurrenten umfassen die Hauptgruppen: –– Annahmen des Wettbewerbers über sich selbst sowie

82 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

–– Annahmen des Wettbewerbers über die Branche und die anderen Unternehmen darin (Porter, 2013, S. 101). Die Annahmen eines Wettbewerbers über seine Situation können zutreffen oder nicht. Treffen sie nicht zu, so können Konkurrenten diese Fehleinschätzungen zu ihren Gunsten ausnutzen. Beispiel: Annahmen des Wettbewerbers über sich selbst Der Konkurrent nimmt an, dass in seinem Absatzmarkt eine hohe Kundenloyalität gegenüber seinem Leistungsangebot besteht. In der Realität trifft diese Annahme aber nicht zu. So wird der Wettbewerber auf eine provokative Preissenkung der Konkurrenz (Störgröße) in der Regel nicht reagieren, da er eine hohe Kundentreue zugrunde legt. In der Konsequenz wird er aber Marktanteilsverluste hinnehmen müssen (Porter, 2013, S. 101). Ein Abweichen von Eigen- und Fremdbild ist somit äußerst gefährlich. Das Auseinanderfallen von Eigen- und Fremdbild kann anhand des JohariFensters veranschaulicht werden (Abb. 42). Bei der Selbst- und Fremdwahrnehmung im Rahmen der Wettbewerbsanalyse ist zwischen vier Quadranten zu unterscheiden. Im I. Quadranten zeigt sich die geplante und damit bewusst inszenierte Selbstdarstellung eines Wettbewerbers nach außen und innen. Der III. Quadrant umfasst die Interna des Unternehmens, die im Innenverhältnis bekannt sind und dort z. B. zur Unternehmenssteuerung eingesetzt werden. Diese können und sollen nach außen hin verborgen bleiben, z. B. die gewählte Markenpositionierung oder Preisstrategie. Zu den unbekannten Faktoren des IV. Quadranten zählen nicht genutzte Stärken, z. B. bestimmte im Verborgenen schlummernde Mitarbeitertalente. Nicht wahrgenommene Schwächen, z. B. Defizite im F&E-Bereich, sind weder im Unternehmen noch im Markt aufgefallen. Der „Blinde Fleck“ eines Unternehmens zeigt sich im II. Qua­ dranten mit folgenden Fragestellungen: Was wissen andere von dem Wettbewerber, was ihm selbst unbekannt ist? Was sehen andere, was der Wettbewerber nicht sieht? Z. B. ist im Markt allgemein bekannt, dass der Wettbewerber über ein überzeugendes Image bei einer spezifischen Kundengruppe verfügt, dem Wettbewerber ist dies aber nicht bekannt. In negativer Hinsicht sehen Kunden und/oder Wettbewerber z. B. eine schlechte Beratungsqualität im Customer-Service-Center oder im Online-Auftritt sowie eine weit unterdurchschnittliche Produktqualität, über die jeder spricht, nur nicht im betreffenden Unternehmen selbst. Die Durchführung von externen Kundenzufriedenheitsbefragungen ist folglich für alle Anbieter von extrem hoher Bedeutung, um die Meinungen der Kunden unmittelbar zu erhalten.



3. Analyse der Wettbewerber83

Abb. 42: Johari*Fenster zur Wettbewerbsanalyse (in Anlehnung an Kreutzer, 2018, S. 112)

Beispiel: Annahmen des Wettbewerbers über die Branche Hier geht es z. B. um die Frage, wie der Wettbewerber die zukünftige Marktentwicklung eines Produktes beurteilt. Glaubt der Wettbewerber vielleicht an ein starkes Marktwachstum, wird er zu Kapazitätserweiterungen tendieren. Die Folge wären Überkapazitäten, falls diese Annahme nicht zutrifft. Dadurch kann ein entsprechender Preisdruck im Absatzmarkt entstehen.

3.3  Gegenwärtige Strategie Konkurrenten lassen sich in den meisten Branchen nach der Ähnlichkeit ihrer Strategie in Gruppen einteilen. Eine Gruppe von Unternehmen innerhalb einer Branche, die eine identische oder ähnliche Strategie verfolgt, wird als „Strategische Gruppe“ bezeichnet (Porter, 2013, S. 183). Die Mitglieder einer strategischen Gruppe sind direkte Konkurrenten. Diese ziehen in der Regel dieselben Kunden an, da sie den Markt mit den gleichen Anreizen ansprechen. Beim Markteintritt muss das Unternehmen einige zusätzliche strategische Vorteile mitbringen, um gegenüber seinen direkten Wettbewerbern erfolgreich zu sein. Innerhalb der strategischen Gruppe ist der Wettbewerb am

84 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

intensivsten, da aus Sicht der Kunden eine hohe Ähnlichkeit der Leistungsangebote existiert. Die strategischen Gruppen in einer Branche können innerhalb eines Positionierungsmodells dargestellt werden. Abb. 43 zeigt ein hypothetisches Beispiel aus dem Dämmstoffmarkt. Hier werden insgesamt 19 Anbieter von Dämmstoffen anhand zweier besonders wichtiger strategischer Dimensionen positioniert. Wettbewerber, die eng zusammen liegen, bilden dabei jeweils eine strategische Gruppe, z. B. die Wettbewerber 1 und 2. Bei jeder strategischen Gruppe sind die Eintrittsbarrieren unterschiedlich hoch. So ist für einen Branchenneuling im Dämmstoffmarkt die Positionierung im Segment Monosortiment/niedrige Preise am einfachsten. Hier sind die Investitionen in Produktionsanlagen und in den Aufbau einer Qualitäts­ reputation sowie für einen erforderlichen technischen Service am geringsten. Allerdings muss der neue Konkurrent über eine günstige Kostenposition verfügen, um niedrige Preise im Markt anbieten zu können.

Abb. 43: Wettbewerbspositionierung im Dämmstoffmarkt



3. Analyse der Wettbewerber85

Zwischen den einzelnen Gruppen bestehen Rivalitäten, die wie folgt begründet sind: –– Überschneiden von Vertriebswegen und Kundengruppen, –– kein großer Unterschied zwischen den Angeboten aus Kundensicht, –– jede Gruppe will ihr Betätigungsfeld im Markt ausdehnen, –– niedrige Mobilitätsbarrieren zwischen den Gruppen (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 1094 f.). Homburg (1992, S. 83 ff.) hat anhand eines empirischen Beispiels aus dem Bereich des Maschinenbaus nachgewiesen, dass die Rentabilität der Unternehmen in engem Zusammenhang mit der Gruppenzugehörigkeit steht. Dieses Ergebnis bestätigt das grundlegende Anliegen der strategischen Gruppenanalyse, Profitabilitätsunterschiede zwischen Wettbewerbern einer Branche zu erklären. Wollen sich Unternehmen im Markt umpositionieren, dann haben sie Mobilitätsbarrieren zu berücksichtigen. Mobilitätsbarrieren zwischen den Gruppen sind Barrieren für ein Unternehmen, die den Wechsel der strategischen Position von einer strategischen Gruppe in die andere behindern. Barrieren sind aus unternehmerischer Sicht strukturelle Faktoren wie z. B. Größen-, Kosten- und Differenzierungsvorteile (Cunningham/Culligan, 1988, S. 154). Die Anbieter 11, 18 und 19 werden es kaum leichter haben als ein absoluter Neuling, in die Gruppe Monosortiment/hohe Leistung oder Multisegment/ niedrige Preise einzutreten. Mobilitätsbarrieren sind der Grund, dass einige Unternehmen in einer Branche erfolgreicher arbeiten als andere, da erfolgreiche Strategien aufgrund hoher Mobilitätsbarrieren nicht schnell nachgeahmt werden können. Eine strategische Veränderung ihrer Positionierung im Lebensmittelmarkt haben die beiden Lebensmittel-Discounter ALDI und Lidl vorgenommen. Ausgangspunkt war der Verlust von Marktanteilen an die Supermärkte Edeka, REWE und Tegut. Durch ein Trading-up – hierunter ist Erweiterung, Vertiefung und/oder qualitative Anhebung des Leistungssortimentes eines Handelsbetriebes zu verstehen – wird die strategische Gruppe der Supermärkte angegriffen. ALDI und Lidl verlassen damit ihre bisherige strategische Gruppe der Lebensmittel-Discounter und müssen bei dieser Umpositionierung sehr hohe Mobilitätsbarrieren überwinden. So sind umfangreiche finanzielle Aufwendungen für den Ladenbau und die Warenpräsentation zu berücksichtigen, da eine anspruchsvollere Geschäftsausstattung mit mehr Serviceleistungen von den Kunden erwartet wird. Ebenso ist eine qualitative Aufwertung des Sortimentangebots z. B. bei frischer Ware wichtig. Die Kommunikation der neuen Strategie kostet auch viel Geld, um insbesondere das Image als Discounter in den Köpfen der Konsumenten sukzessive zu verändern.

86 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Strategische Gruppen können sich im Laufe der Zeit verändern, da sich Fähigkeiten und Ressourcen der Unternehmen ändern, was zu angepassten Strategien führen kann. Ebenfalls werden Produkttechnologien weiterentwickelt, wodurch spezielle Technologieanbieter entstehen. Aus der Veränderung des Käuferverhaltens lassen sich ebenfalls neue Positionierungsansätze ableiten. So können durch die Beantwortung folgender zentraler Fragen zu den bestehenden Gestaltungsparametern des Produkt- und Leistungsangebots in einer Branche Positionierungslücken und somit neue Geschäftsmodelle entwickelt werden (siehe dazu Abb. 44). Die Schwerpunktsetzung im Rahmen des neuen Produkt- und Leistungsangebotes sollte gleichzeitig werterhöhend (Differenzierung) und kostensenkend (Kostenführerschaft) erfolgen und sich konsequent am Kundennutzen orientieren.

Abb. 44: Fragenkatalog zur Identifizierung von Positionierungslücken (in Anlehnung an Kim/Mauborgne, 2015, S. 31)

Beispielsweise hat Starbucks eine Differenzierung im Vergleich zu herkömmlichen Cafés durch folgende neue und verbesserte Leistungsdimensionen entwickelt: Angebot hochwertiger und vielfältiger Kaffeesorten, die durch geschulte Baristas zubereitet werden und in einer gemütlichen Wohnzimmer­ atmosphäre getrunken werden können. Gleichzeitig werden Komplexität und Kosten reduziert, indem auf die Bedienung durch Personal am Tisch verzichtet bzw. die Auswahl klassischer Kuchen, Torten und süßen Gebäcks reduziert wird. Dadurch wurden branchenübliche Leitungen nicht mehr bzw. nur noch



3. Analyse der Wettbewerber87

in abgeschwächter Form angeboten (Büchler, 2014, S. 136). Zusammen mit Starbucks ist in derselben strategischen Gruppe das italienische Unternehmen Caffè Nero positioniert. Die bisherigen Ausführungen beziehen sich hauptsächlich auf eine sachorientierte und funktionale Positionierung der Anbieter bzw. Produkte. Das trifft in der Regel auf Industriegüter zu, da Kaufentscheidungen überwiegend aufgrund des funktionalen Nutzens getroffen werden. Es existiert ein hohes Interesse der Entscheidungsträger an Produktinformationen, da sich konkurrierende Angebote zum Teil erheblich unterscheiden. Im Gegensatz dazu besteht bei vielen Konsumgütern aufgrund der Austauschbarkeit der Produkte beim Konsumenten ein eher geringes Informationsinteresse. Hier kann trotz vergleichbarer funktionaler Nutzenstiftung eine erfolgreiche Differenzierung durch die Ansprache unterschiedlicher Emotionen erfolgen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang Erkenntnisse des Neuromarketings. So wurde ein Emotionsmodell mit drei zentralen Emotions- und Motivsystemen entwickelt, die jeweils eine belohnende (lustvolle) und eine bestrafende (unlustvolle) Seite haben (siehe dazu Häusel, 2014, S. 57 ff.): –– Stimulanz-System: Durch Exploration möchte man Abwechslung, Erregung, Belohnung erfahren und gleichzeitig Langeweile und Reizarmut vermeiden (Bestrafung). –– Dominanz-System: Durch Konkurrenz und Verdrängung Macht, Status, Durchsetzung und Autonomie erreichen und gleichzeitig ein Ausgeliefertsein sowie Fremdbestimmung und Unterdrückung unterbinden. Stolz oder Sieges- bzw. Überlegenheitsgefühl (Belohnung) stehen Wut und Ärger (Bestrafung) gegenüber. –– Balance-System: Steuert ein fürsorgliches und auf Bindung ausgerichtetes Verhalten, um Angst und Unsicherheit zu verhindern (Bestrafung) und Sicherheit, Stabilität und Geborgenheit zu erreichen (Belohnung). Diese drei zentralen Emotionssysteme lassen sich durch eine Limbic Map – der Emotions- Motiv- und Werteraum im menschlichen Gehirn – visualisieren (siehe Abb. 45). Eine erfolgreiche Differenzierung der Produkte bzw. Marken kann nun durch Ansprache unterschiedlicher Emotionssysteme erfolgen. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass die Persönlichkeit von Menschen und Markenpersönlichkeiten sich jeweils durch ihre individuelle Ausprägung der Emotionssysteme charakterisieren lassen. Je mehr folglich das emotionale Markenprofil mit dem emotionalen Profil des Konsumenten bzw. der Zielgruppe übereinstimmt, desto größer ist die empfundene Sympathie für die Marke. Anhand eines Beispiels aus dem Biermarkt wird das verdeutlicht. Bei einer Blindverkostung der Pilsbiere von Krombacher und Beck’s kann deren Ge-

88 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Abb. 45: Limbic Map – der Emotions- Motiv- und Werteraum im menschlichen Gehirn (Häusel, 2014, S. 61)

schmack fast nicht unterschieden werden. Mit Hilfe einer unterschiedlichen Positionierung im Emotionsraum ist eine Differenzierung der beiden Marken allerdings möglich. So liegt der emotionale Markenkern bei Beck’s im Bereich Abenteuer/Thrill. Durch Verwendung des Segelschiffs in der Kommunikation mit dem Slogan: „Folge deinem inneren Kompass“ werden Abenteuer/ Stimulanz sowie das Motiv Mut (passender „Mut antrinken“) angesprochen. Des Weiteren wird auf die Sozialmotive Freundschaft/Freiheit/Individualität abgezielt (siehe Abb. 46). Im Gegensatz dazu liegt der emotionale Markenkern bei Krombacher sehr nahe bei Balance. Natur/Harmonie, aber auch eine hohe sensorische Qualität (Genuss) sowie Herkunft/Heimat, natürlich, rein, kontrolliert stehen hier im Mittelpunkt. Generell erfolgt keine Ansprache der Motive von Beck’s (siehe Abb. 47). Somit ergeben sich bei den beiden Marken große Unterschiede bei der Motivansprache und damit der Zielgruppenstruktur.



3. Analyse der Wettbewerber89

Abb. 46: Markenkern und adressierte Motive der Marke Beck’s (Häusel, 2014, S. 70)

Abb. 47: Markenkern und adressierte Motive der Marke Krombacher (Häusel, 2014, S. 71)

90 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

3.4 Fähigkeiten Ob die Konkurrenten ihre Strategien ausführen und die gesetzten Ziele erreichen können, hängt von ihren Ressourcen und Fähigkeiten ab. Diese bestimmen die Stärken und Schwächen eines Konkurrenten, z. B.: –– Produkte: Produktqualität, Breite und Tiefe des Produktprogramms, –– Händler/Vertrieb: Abdeckung und Qualität der Vertriebskanäle, Steuerung der Vertriebsmittler, –– Produktion: Kostensituation, technologisches Niveau der Anlagen, Knowhow und Patentschutz, Zugang und Kosten von Rohstoffen, Standortbedingungen, –– Forschung und Entwicklung: Know-how und Patentschutz, Zusammenarbeit mit Partnern, –– Finanzen: Cash Flow, kurz- und langfristige Kreditlinien, Eigenkapitalanteil, –– Management und Organisation: Führungsqualitäten des Managements, Organisationsstruktur (Porter, 2008, S. 105 ff.).

3.5 Reaktionsprofil der Konkurrenten Aus den analysierten Zielen, Annahmen, gegenwärtigen Strategien und Fähigkeiten eines Wettbewerbers kann auf sein Wettbewerbsverhalten und seine Reaktionen auf Schritte eines anderen Unternehmens geschlossen werden. Das Verhalten der Wettbewerber lässt sich durch ganz verschiedene Verhaltensweisen bzw. Verhaltensstile beschreiben: –– Aggressiver Konkurrenzstil: Dieser Stil ist geprägt durch ein offensives Angriffsverhalten gegenüber den Konkurrenten, vor allem gegenüber denjenigen, die in das als eigen angesehene „Territorium“ vordringen. –– Kooperativer Konkurrenzstil: Dieser Stil zielt auf Zusammenarbeit bzw. zulässige Absprachen mit den Konkurrenten ab, um auf diese Weise gemeinsame Ziele leichter realisieren zu können. –– Defensiver bzw. friedlicher Konkurrenzstil: Dieser Stil steht für die Erhaltung der einmal realisierten Marktposition. Das eigene Verhalten wird auf die Aktionen der Wettbewerber abgestellt. Diese wettbewerbsvermeidende Ausrichtung wird häufig nur solange beibehalten, wie keine Schwächung der eigenen Position durch Vorstöße der Wettbewerber erfolgt. –– Selektiver Konkurrenzstil: Bei diesem Stil reagieren Wettbewerber nur auf ganz bestimmte Angriffsformen. Z. B. kann ein Konkurrent stets auf Preis-



3. Analyse der Wettbewerber91

senkungen reagieren, um damit zu signalisieren, dass diese zu nichts führen (siehe dazu Hinterhuber, 1992, S. 51 ff.; Meffert, 1994, S. 157 ff.). Literaturempfehlungen Backhaus, Klaus/Voeth, Markus: Industriegütermarketing, 10. Aufl., München 2014, S. 128–152. Büchler, Jan-Philipp: Strategie entwickeln, umsetzen und optimieren, Halbergmoos 2014, S. 132–138. Häusel, Hans-Georg: Das Navigationssystem für erfolgreiche emotionale Markenführung, in: Hans-Georg Häusel (Hrsg.), Neuromarketing, Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf, 3. Aufl., Freiburg 2014, S. 55–75. Homburg, Christian: Wettbewerbsanalyse mit dem Konzept der strategischen Gruppen, in: Marktforschung & Management 2/1992, S. 83–87. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 1093–1109. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994, S. 151–161. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Mark: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 349– 353. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 105–109. Porter, Michael. E.: Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy), Methode zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl., Frankfurt am Main 2013, S. 88–119; 183–213. Kontrollfragen 1) Johari-Fenster: Erläutern Sie den Quadranten „Blinder Fleck“! Welche Gefahren resultieren daraus für ein Unternehmen? 2) Definieren Sie den Begriff der „Strategischen Gruppe“! 3) Können erfolgreiche Strategien von anderen Wettbewerbern schnell nach­geahmt werden? Begründen Sie!

92 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

4) a) Zeichnen Sie die stationären Betriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels Supermärkte, SB-Warenhäuser und Discounter in ein zweidimensionales Positionierungsmodell! Wählen Sie zwei trennscharfe, unabhängige Merkmale mit jeweils zwei Ausprägungen aus! b) Schuheinzelhandel: Erläutern Sie drei Mobilitätsbarrieren, die bei einer Umwandlung von einem Discounter zu einem Fachhandelsgeschäft zu beachten sind! c) Schuheinzelhandel: Beschreiben Sie zwei Ansätze der Kundenbindung aus Sicht eines exklusiven Fachhandelsgeschäfts! 5) Der kooperative Konkurrenzstil zielt u. a. auf die Zusammenarbeit mit den Konkurrenten ab. Erläutern Sie fünf mögliche Kooperationsbereiche! 6) Können die Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens die Strategiewahl einschränken? Begründen Sie anhand eines selbstgewählten Beispiels! 7) Folgende Positionierung verschiedener Wettbewerber im Kunststoffmarkt liegt vor:

Abb. 48: Wettbewerbspositionierung im Kunststoffmarkt



4. Analyse des eigenen Unternehmens93

Anbieter A ist im Segment „Hohe Leistung/Großvolumige Anwendung“ positioniert und hat augenblicklich eine unbefriedigende Ergebnissituation. Zeigen Sie strategische Alternativen auf, wie der Wettbewerber seine Geschäftssituation verbessern kann! 8) Erläutern Sie die vier Fragen zur Identifizierung von Positionierungs­ lücken! 9) Beschreiben Sie die drei zentralen Emotions- und Motivsysteme nach Häusel!

4. Analyse des eigenen Unternehmens 4.1 Stärken-Schwächen-Profil Ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen der Situationsanalyse ist die Durchführung einer unternehmensbezogenen Stärken-Schwächen-Analyse. Zur Ermittlung von Stärken und Schwächen müssen zunächst Kriterien definiert werden, die für den Erfolg bzw. Misserfolg eines Unternehmens relevant sind. Anschließend wird jedes Kriterium bewertet, ob es für das eigene Unternehmen eine Stärke oder Schwäche darstellt. Analog wird die Leistung des

Abb. 49: Stärken-Schwächen-Profil (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 40)

94 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

stärksten Konkurrenten beurteilt (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg/ Eisenbeiß, 2019, S. 272). In Abb. 49 ist beispielsweise erkennbar, dass die Produktart X und der Standort beide als Schwäche eingestuft werden und gegenüber dem stärksten Konkurrenten einen Wettbewerbsnachteil darstellen.

4.2 Kundenzufriedenheitsmatrix Die Kundenzufriedenheitsmatrix (Homburg/Fürst, 2006, S. 633; Homburg/ Werner, 1998) verknüpft die Markt- und Kundenanforderungen mit den Stärken und Schwächen des Unternehmens. Mit Hilfe von Kundenbefragungen lassen sich die Ergebnisse der Wichtigkeit der Kundenanforderungen (siehe Abb. 50) und die Ergebnisse der Messung der Kundenzufriedenheit (siehe Abb. 51) miteinander in einer zweidimensionalen Darstellung verknüpfen (siehe Abb. 52). Die Kundenzufriedenheitsmatrix repräsentiert einen methodischen Ansatz zur Identifikation zentraler Kundenwünsche und zur entsprechenden Ausgestaltung des Leistungsangebots des Unternehmens. Sehr wichtige Kundenanforderungen sollten durch den Anbieter bestmöglich erfüllt werden und können dementsprechend auch hohe Kosten nach sich ziehen. Bei relativ unwichtigen Erfolgsfaktoren ist im Gegensatz dazu ein kosteneffizienter Ressourceneinsatz erforderlich. Deshalb ist die Ideallinie in der Kundenzufriedenheitsmatrix durch eine von links unten nach rechts oben verlaufende Diagonale beschrieben. Eine optimale Positionierung der Leistungsfaktoren sollte sich an dieser „Strategischen Kennlinie“ orientieren (Schaper, 2001, S. 85).

Abb. 50: Wichtigkeit der Kundenanforderungen für den Kunden



4. Analyse des eigenen Unternehmens95

Abb. 51: Messung der Kundenzufriedenheit durch Kundenbefragung

Die einzelnen Erfolgsfaktoren werden nach deren Wichtigkeit sowie deren Bewertung aus Kundensicht in die Matrix positioniert. Aus der Positionierung der jeweiligen Leistungsfaktoren lässt sich ein konkreter und differenzierter Handlungsbedarf nach den einzelnen Matrixfeldern ableiten (siehe dazu Schaper, 2001, S. 87 f.; Homburg/Daum, 1997, S. 46 ff.).

Abb. 52: Kundenzufriedenheitsmatrix

96 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

„Links oben“ Leistungsfaktoren in diesem Bereich tragen in hohem Maße zur Gesamtzufriedenheit der Kunden bei, da die relative Bedeutung der Kundenanforderungen sehr hoch ist. Allerdings ist die Kundenzufriedenheit gering, so dass sich als strategischer Ansatz die Verbesserung der Leistung bei den relevanten Faktoren empfiehlt. Im vorliegenden Beispiel wird die „Betreuung durch den Außendienst“ als nicht zufriedenstellend eingestuft. Leistungsverbesserungen könnten sich z. B. auf die Einstellung neuer Außendienstmitarbeiter beziehen, um die Kunden intensiver zu betreuen. Denkbar sind auch Schulungen des vorhandenen Vertriebspersonals, um den Kunden qualifiziertere Kundenbetreuer zur Seite zu stellen. „Rechts oben“ Das Unternehmen erzielt eine hohe Kundenzufriedenheit in Bezug auf die in diesem Feld positionierten Erfolgsfaktoren. Aufgrund der hohen Bedeutung dieser Leistungsmerkmale ist deren Position zu halten, wobei im obigen Beispiel das Zufriedenheitsniveau der Kunden bei „Behandlung von Reklamationen“ und „Auftragsabwicklung“ noch erhöht werden kann. „Links unten“ Die geringe Kundenzufriedenheit bei diesen Faktoren ist „akzeptabel“, da deren Wichtigkeit als relativ gering eingestuft wird. Eine gewisse Standardqualität sollte aber auch bei diesen Faktoren realisiert werden, was sich in unserem Beispiel auf das Merkmal „Angebotserstellung und Werbung“ bezieht. Im Zeitablauf muss auch beobachtet werden, ob sich die Bedeutung dieser Faktoren aus Kundensicht ändert. Beispielsweise ist die Wichtigkeit des Preises aus Sicht der Kunden oftmals sehr stark abhängig von der jeweiligen aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage. „Rechts unten“ Sind Leistungsfaktoren in diesem Feld positioniert, stellt sich die Frage, ob die dort erzielte hohe Kundenzufriedenheit nicht mehr Kosten als Nutzen verursacht. Das Leistungsniveau dieser Faktoren sollte auf jeden Fall reduziert werden. Eingesparte unternehmerische Ressourcen bei den „Dienstleistungen“ können auf das Feld „links oben“ umgelenkt werden. Eine hohe Kundenzufriedenheit führt nicht immer zu einer hohen Kundenbindung. Dieser Zusammenhang wird u. a. in Abb. 53 deutlich, in welcher



4. Analyse des eigenen Unternehmens97

Abb. 53: Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Matrix (Homburg/Werner, 1998, S. 86)

Kundenzufriedenheit und Kundenbindung in einer Matrix miteinander kombiniert werden. Durch die Unterteilung der beiden Dimensionen in niedrig und hoch entstehen vier Matrixfelder bzw. eine Typologie der Kunden. Für jeden Kundentyp können Normstrategien der Kundenbearbeitung definiert werden. Ansätze der Marktforschung, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung abzufragen, sind in Abb. 54 dargestellt. Scheinloyale Kunden Die Kundenbindung weist ein massives Gefährdungspotential auf. Es existiert eine Gebundenheit des Kunden im Sinne von „nicht wechseln können“. Diese „Fesselung des Kunden“ kann sich in fehlenden Lieferantenalternativen, geschlossenen Verträgen, getätigten lieferantenspezifischen Investitionen oder hohen Umstellungskosten begründen. Aus Anbietersicht ist eine Leistungsverbesserung dringend zu empfehlen, um eine höhere Kundenzufriedenheit zu erreichen. Denn sollten die spezifischen Wechselbarrieren zukünftig wegfallen, werden diese Kunden abwandern.

98 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Loyale Kunden In diesem Fall besteht eine echte Kundenbindung bzw. Kundentreue im Sinne von „nicht wechseln wollen“. Diese Kunden sind sehr zufrieden mit den Leistungen eines Anbieters und sollten langfristig über Kundenbindungsprogramme gehalten werden. Unzufriedene Wechsler Dieser Kundentyp ist jeweils durch eine niedrige Zufriedenheit bzw. Kundenbindung gekennzeichnet. Um mit diesen Kunden eine Geschäftsbeziehung aufrecht zu erhalten, ist zunächst eine Leistungsverbesserung erforderlich. Permanente Optimierer Permanente Optimierer verteilen ihren Einkaufsbedarf auf mehrere Lieferanten und wechseln die relevanten Lieferanten im Zeitablauf. Kundenbindungskonzepte sollten hier nur sehr selektiv bestimmten Kunden angeboten werden. Im Konsumgüterbereich werden mit diesem Kaufverhalten sogenannte „variety seeker“ beschrieben, die zwar zufrieden sind mit einem Anbieter, aber die Abwechslung suchen bzw. etwas Neues ausprobieren wollen.

Abb. 54: Messung der Gesamtzufriedenheit und Kundenbindung (in Anlehnung an Homburg/Fürst, 2008, S. 616)



4. Analyse des eigenen Unternehmens99

Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 99– 103. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 42–47. Homburg, Christian/Daum, Daniel: Marktorientiertes Kostenmanagement: Kosteneffizienz und Kundennähe verbinden, Frankfurt am Main 1997, S. 37–56. Homburg, Christian/Werner, Harald: Kundenorientierung mit System: mit Customer-Orientation-Management zu profitablem Wachstum, Frankfurt am Main 1998. Homburg, Christian/Fürst, Andreas: Überblick über die Messung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, in: Manfred Bruhn/Christian Homburg (Hrsg.), Handbuch Kundenbindungsmanagement. Strategien und In­ strumente für ein erfolgreiches CRM, 6. Aufl., Wiesbaden 2008, S. 505–527. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 70–73. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 84–88. Kontrollfragen 1) Folgende Ergebnisse einer Kundenbefragung liegen vor: Leistungsmerkmale

Wichtigkeit des Leistungsmerkmals

Bewertung des eigenen Unternehmens

Hohe Produktqualität

5

5

Sortimentsbreite

2

5

Günstiger Preis

4

2

Lange Zahlungsziele

2

5

Lieferservice

5

4

Technische Unterstützung

4

4

Kaufmännische Betreuung

1

4

Technische Werbung

1

2

Wichtigkeit des Leistungsmerkmals: 1 = unwichtig; 5 = sehr wichtig Bewertung des Unternehmens: 1 = sehr schlecht; 5 = sehr gut

100 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

a) Erstellen Sie die Kundenzufriedenheitsmatrix mit der Positionierung der Leistungsmerkmale! b) Welche strategischen Empfehlungen geben Sie dem „Eigenen Unternehmen“? c) Zeichnen Sie die Ideallinie (Strategische Kennlinie) in die Kundenzufriedenheitsmatrix ein! Begründen Sie, warum sich eine optimale Positionierung der Kundenanforderungen an dieser Ideallinie orientieren sollte! 2) a) Zeichnen Sie die Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Matrix! Beschriften Sie die Achsen und zeichnen Sie pro Achse die jeweiligen Trennungslinien ein! b) Für jedes Matrixfeld lässt sich ein bestimmter Kundentyp identifizieren. Benennen und charakterisieren Sie die einzelnen Kundentypen! Erläutern Sie, welche Strategien der Kundenbearbeitung sich für die einzelnen Kundentypen ableiten lassen! 3) Formulieren Sie jeweils eine Frage zur Messung der Kundenzufriedenheit bzw. Kundenbindung! 4) Führt eine hohe Kundenzufriedenheit automatisch zu Kundenbindung? Begründen Sie!

5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse Im Rahmen der Umwelt- und Unternehmensanalyse sind nun alle relevanten Einflussgrößen der Unternehmensumwelt analysiert worden. Zur unternehmensexternen Analyse zählen der Markt mit seinen Markteinflussfaktoren sowie die Wettbewerber, Abnehmer und Lieferanten. Eine weitere wichtige Aufgabe der Situationsanalyse betrifft die Feststellung von unternehmerischen Stärken und Schwächen. Durch die Verknüpfung der Ergebnisse aus der Umwelt- und Unternehmensanalyse ist es anschließend möglich, Chancen und Risiken für ein Unternehmen zu erkennen. Anhand des Beispiels eines mittelständischen Anbieters von alkoholfreien Getränken soll diese Vorgehensweise veranschaulicht werden (in Anlehnung an Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S.  41 ff.).



5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse101

Abb. 55: Situationsanalyse eines Herstellers von alkoholfreien Getränken (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 42)

Aus der Umweltanalyse ergeben sich folgende Informationen: –– Marktentwicklung: Während der Konsum von Mineralwasser stagniert, weist das Teilsegment „Wasser mit Zusatz“ gegenwärtig ein starkes Wachstum auf. –– Distribution: Die zunehmende Bedeutung der Discounter beim Verkauf von „Wasser mit Zusatz“-Produkten führt zu einem spürbaren Preisdruck. –– Konkurrenz: Einige Konkurrenten sind mit „Wasser plus“-Innovationen erfolgreich im Markt. Die Unternehmensanalyse zeigt im Vergleich zum stärksten Konkurrenten folgende Stärken und Schwächen: –– Kapazitätsauslastung: Die Produktionskapazitäten sind insbesondere für Mineralwasser nicht ausgelastet. –– F&E und Marktorientierung: Das Unternehmen verfolgt nicht nur eine strikte Marktorientierung bei F&E, sondern hat auch eine enge Kooperation mit einem Aromenhersteller. –– Mineralwasser: Hauptumsatzträger des Unternehmens ist das Geschäftsfeld Mineralwasser, bei dem in den letzten beiden Geschäftsjahren der Umsatz um ca. 19 % eingebrochen ist.

102 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Aus der Verknüpfung der Umwelt- und Unternehmensinformationen lassen sich Chancen und Risiken ableiten. Eine Entwicklung aus der Umweltanalyse, die auf eine Stärke des Unternehmens trifft, stellt für das Unternehmen eine Chance dar. Trifft eine Umweltentwicklung auf eine Schwäche des Unternehmens, resultiert hieraus ein entsprechendes Risiko. Die Kombination von Stärken-Schwächen-Analyse und Chancen-Risiken-Analyse wird auch als SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) bezeichnet (Johnson/Scholes, 1993, S. 148 ff.; Wilson/Gilligan, 1997, S. 50 ff.; Ferrell/Lucas/Luck, 1994, S. 36 ff.).

Abb. 56: SWOT-Analyse (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 103)

Für den mittelständischen Anbieter von alkoholfreien Getränken ergeben sich folgende Chancen und Risiken: –– Chance: Durch die enge Kooperation mit einem Aromenhersteller und die strikte Marktorientierung ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Unternehmen mit neuen Produkten im Segment „Wasser mit Zusatz“ am starken Marktwachstum erfolgreich partizipieren kann. –– Risiko: Das Unternehmen macht mit Mineralwasser den meisten Umsatz und hält hier auch entsprechende Produktionskapazitäten vor. Der Konsum von Mineralwasser stagniert allerdings. Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 103– 105.



5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse103

Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management, Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 108–113. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzep­te – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 269–274. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 103–104; 111–117. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 38–44. Kontrollfragen 1) Die „Schnaps AG“ ist ein Spirituosenhersteller, der seine Produkte ausschließlich im deutschen Markt verkauft. Dort sieht ein Plan der Bundesregierung die Erhöhung der Branntweinsteuer vor. Es gibt auch einen Trend weg von hochprozentigen Getränken, der eine Schrumpfung des nationalen Marktes erwarten lässt. Der Pro-Kopf-Verbrauch in einigen EU-Ländern wird dagegen zunehmen. Im Vergleich zu den meisten anderen Anbietern besitzt das Unternehmen aber keinerlei Erfahrungen im Auslandsgeschäft.

Im Inlandsmarkt versucht der stärkste Konkurrent durch aggressive Werbung und niedrige Preise auf Kosten der Konkurrenz Marktanteile zu gewinnen. Allerdings besteht für die „Schnaps AG“ eine geringere Abhängigkeit von der Entwicklung auf dem Spirituosenmarkt. Bereits 35 % (Konkurrenz 20 %) des Umsatzes werden mit alkoholfreien Getränken, einem Wachstumsmarkt, realisiert. Während der Standort des stärksten Konkurrenten sich direkt an der Grenze zu einem attraktiven Auslandsmarkt befindet, produziert das eigene Unternehmen an einem kleinen, abgelegenen Ort in der Mitte Deutschlands. Das Unternehmen hat größere Kostensenkungspotentiale als der Branchendurchschnitt aufgrund getätigter Investitionen in moderne Abfüll- und Verpackungsanlagen. Außerdem verfügt das Unternehmen über günstige Beschaffungsquellen (Scharf/Schubert, 2001, S. 33 ff.).



Führen Sie eine SWOT-Analyse für die „Schnaps AG“ durch!

C. Exkurs: Marketingkonzeption Unternehmen brauchen umfassende und vollständige Handlungsanweisungen für das markt- und kundengerechte unternehmerische Handeln (Marketingkonzeption). Eine Marketingkonzeption ist ein schlüssiger, ganzheitlicher Handlungsplan („Fahrplan“), der sich an angestrebten Zielen („Wunschorten“) orientiert, für ihre Realisierung geeignete Strategien („Routen“) wählt und auf ihrer Grundlage die adäquaten Marketinginstrumente („Beförderungsmittel“) festlegt (Becker, 2019, S. 5). Marketingkonzeptionen setzen abgestimmte Entscheidungen auf drei Entscheidungsebenen voraus, der Ziel-, der Strategie- und der Mixebene. Die drei Konzeptionsebenen können als drei logisch aufeinander folgende, aber zugleich interdependente Teilstufen eines konzeptionellen Gesamtprozesses aufgefasst werden. Von oben nach unten erfolgt eine zunehmende Konkretisierung bzw. Detaillierung der zu treffenden Entscheidungen. Die Marketingziele legen zunächst angestrebte Positionen oder „Wunschorte“ fest und fragen: Wo wollen wir hin? Die Marketingstrategien fixieren anschließend die grundlegende Vorgehensweise oder „Route“ und verfolgen die Fragestellung: Wie kommen wir dahin? Und schließlich bestimmt der Marketingmix die einzusetzenden Instrumente oder „Beförderungsmittel“ indem überlegt wird: Was müssen wir dafür einsetzen? (Becker, 2019, S. 5).

Abb. 57: Die Konzeptionspyramide und ihre konzeptionellen Bausteine (Becker, 2000, S. 2)

D. Marketingziele Die Marketingziele leiten sich aus den übergeordneten Unternehmenszielen, z. B. Jahresüberschuss, Umsatz- oder Kapitalrentabilität, ab. Analog zu den anderen leistungswirtschaftlichen Funktionsbereichen der Beschaffung und der Produktion haben Marketingziele den Charakter von Bereichszielen.

1. Zielbegriff Ziele sind zukünftig anzustrebende Zustände (Sollzustände) und stellen Orientierungs- bzw. Richtgrößen für das unternehmerische Handeln dar. Sie sind das Ergebnis von Verhandlungsprozessen und Ausgangspunkt für die Formulierung von Strategien und Festlegung von Maßnahmen. Unternehmen verfolgen in der Regel nicht nur ein Ziel, sondern gleichzeitig mehrere Ziele bzw. Zielkombinationen.

2. Zielkonkretisierung Ziele können nur dann ein Maßstab für unternehmerisches Handeln sein, wenn die Ziele eindeutig determiniert sind. Eine elementare Anforderung an die Zielformulierung ist die Operationalität/Messbarkeit zwecks Überprüfung des Zielerreichungsgrades bzw. der Erfolgskontrolle am Ende einer Periode. Im Sinne der Messbarkeit erfordert die Zielfixierung die Berücksichtigung von vier grundlegenden Dimensionen (siehe dazu im Folgenden Becker, 2019, S. 23 ff.; Meffert, 1994, S. 101; Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 294): –– Zielinhalt: Was soll erreicht werden? –– Zielausmaß: Wie viel davon soll erreicht werden? –– Zielperiode: Wann soll es erreicht werden? –– Segmentbezug: Wo soll es erreicht werden? (1) Zielinhalt Der Zielinhalt ist präzise und eindeutig zu formulieren. Je exakter Ziele inhaltlich definiert werden, desto eher werden Zielverschiebungen, Zielver-

106

D. Marketingziele

Abb. 58: Grundlegende Dimensionen der Zielformulierung

wässerungen bzw. Zielmanipulationen vermieden. Stark interpretationsfähige Formulierungen wie: „Wir streben nach überdurchschnittlichem Erfolg“, sind zu vermeiden. In dieser Aussage ist keine eindeutige Erfolgskategorie benannt. Ist z. B. der Jahresüberschuss vor Steuern oder der Jahresüberschuss nach Steuern gemeint? Marketingziele können inhaltlich in monetäre und nicht-monetäre Ziele unterschieden werden. Monetäre Ziele werden in Geldeinheiten gemessen, z. B. Gewinn, Umsatz, Deckungsbeitrag oder Zahlungsausfall. Sie lassen sich in absoluten Größen, z. B. 100 Mio. € Deckungsbeitrag, und in relativen Größen ausdrücken, z. B. der Deckungsbeitrag in Prozent vom Umsatz (DBURate) beträgt 50 %. Im Gegensatz dazu können nicht-monetäre Ziele nicht in Geldeinheiten gemessen werden, z. B. Marktanteil, Bekanntheitsgrad, Image und Kundenzufriedenheit. Allerdings ist bei der Verfolgung dieser Marketingziele auch eine Präzisierung erforderlich. So lässt sich z. B. der Bekanntheitsgrad ungestützt und gestützt messen. Mit Hilfe des ungestützten Bekanntheitsgrades wird die spontane oder aktive Markenbekanntheit erfasst, beispielsweise durch die offene Frage: „Welche Automarken kennen Sie?“ Bei der Ermittlung des gestützten Bekanntheitsgrades wird dieselbe Frage gestellt, allerdings werden den Probanden einer Stichprobe Listen mit Markennamen zum Ankreuzen vorgelegt. Das nachhaltige Marketing-Management verfolgt nicht nur die gerade skizzierten ökonomischen Ziele, sondern auch ökologische und soziale Zielsetzungen. Ökologische Zielbereiche zielen beispielsweise auf den Klimaschutz, den Ressourcenschutz, die Emissionsbegrenzung, die Abfallminde-



2. Zielkonkretisierung107

rung sowie die Risikobegrenzung. Insgesamt geht es um eine Reduzierung der Massenströme. Bei den sozialen Zielbereichen sind z. B. Achtung der Menschenrechte, Information der Öffentlichkeit und Transparenz, Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter, Ächtung von Kinder- und Zwangsarbeit von Bedeutung (Balderjahn, 2013, S. 92 f.). (2) Zielausmaß Neben der inhaltlichen Präzisierung der Ziele muss auch eine Fixierung des Zielausmaßes (Zielerreichungsgrad) erfolgen. Grundsätzlich sind zwei Arten der Festlegung des Zielausmaßes denkbar: –– unbegrenzt definierte Ziele (Extremziele) und –– begrenzt definierte Ziele (Heinen, 1976, S. 82 ff.). Extremziele streben einen maximalen Zielerreichungsgrad an, z. B. Gewinnmaximierung, Kostenminimierung oder Marktanteilsmaximierung. Bei begrenzt definierten Zielen werden punktuell definierte Ziele, z. B. Umsatzziel von 10 Mio. €, und zonal definierte Ziele, z. B. Umsatzziel zwischen 8–12 Mio. €, unterschieden (siehe dazu auch Esch/Herrmann/Sattler, 2017, S. 23). (3) Zielperiode Zu einer eindeutigen Zielformulierung gehört auch die Bestimmung der Zeitgröße, in der ein Ziel erreicht werden soll. Ziele mit Zeitdimensionen können in unterschiedlicher Weise formuliert werden: –– Zeitpunktbezogene Ziele sind Ziele, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt realisiert werden sollen. Z. B. soll bis zum 31. Dezember 2022 ein Umsatz von 100 Mio. € erzielt werden. –– Zeitraumbezogene Ziele sind Ziele, die eine ständige Zielerreichung während eines Zeitraums verfolgen. Z. B. soll im Jahr 2022 ein wertmäßiger Marktanteil in allen vier Quartalen von mindestens 20 % gehalten werden. Generell lassen sich Ziele nach deren Zeithorizont in kurz- (< 1 Jahr), mittel- (1–3 Jahre) und langfristige Ziele (> 3 Jahre) unterscheiden. Die BASF (2021, S. 122, 131) verfolgt beispielsweise in den Bereichen Ökologie und Soziales langfristige Ziele: –– Wir wollen bis 2030 CO2-neutral wachsen, d. h. bei steigender Produktion die Treibhausgasemissionen unserer Produktionsstandorte und unseres Energieeinkaufs auf dem Niveau von 2018 (21,9 Millionen Tonnen CO2Äquivalente) konstant halten.

108

D. Marketingziele

–– Bis 2025 möchten wir die weltweite Rate von Arbeitsunfällen mit Ausfalltagen je 200.000 geleistete Arbeitsstunden auf höchstens 0,1 verringern. (4) Segmentbezug Eine weitere Zielkonkretisierung wird durch die Nennung eines Produktes und/oder Marktsegmentes in der Zielformulierung erreicht. Nachstehend sind einige Beispiele aufgelistet, wie Marketingziele nicht formuliert werden sollten: –– Kontinuierliche Ausweitung der Marktanteile, –– Stärkung der Position in den Hauptmärkten, –– Verbesserung der Marktpräsenz, –– effiziente Erfüllung der Kundenanforderungen, –– schnellstmögliche Reduzierung der Emission Treibhausgase. Im Folgenden finden sich einige Beispiele für konkret und operational formulierte Marketingziele: –– Erhöhung des wertmäßigen Marktanteils von 12 % auf 17 % innerhalb der nächsten drei Jahre im Marktsegment Bio-Kunststoffe, –– Gewinnung von 15 Neukunden im Segment Bio-Kunststoffe bis Ende 2022, –– 98 %iges Einhalten der von Kunden gewünschten Liefertermine im Jahr 2022 im Gesamtmarkt, –– Reduzierung der Marketingkosten im deutschen Automobilmarkt um 2 % p. a. bis zum Jahr 2022 (Basisjahr 2017), –– Reduzierung der logistischen Reklamationen um 50 % innerhalb der nächsten zwei Jahre im Gesamtmarkt.

3. Zielbeziehungen Die von den Unternehmen verfolgten Ziele stehen in Beziehung zueinander. Generell lassen sich folgende Zielbeziehungstypen unterscheiden (Heinen, 1976, S. 94 ff.):



3. Zielbeziehungen109

Abb. 59: Drei Basisformen möglicher Zielbeziehungen (Becker, 2019, S. 21)

(1)  Komplementäre Beziehungen (= Zielharmonie) Die Beziehung zwischen zwei Zielen ist dann komplementär, wenn die Realisierung des Zieles z1 die Realisierung des Zieles z2 fördert. Beispielsweise kann die Ausdehnung des Marktanteils (Ziel 1) zu einer Steigerung des Deckungsbeitrages (Ziel 2) führen, oder Kostensenkungen im Vertriebsbereich (Ziel 1) können den Gewinn im bearbeiteten Marktsegment erhöhen (Ziel 2). Aber auch das Verfolgen ökologischer bzw. sozialer Ziele und ökonomischer Ziele kann sich gegenseitig fördern. So verringert das soziale Ziel „Reduzierung der Fälle von Berufskrankheiten“ den Krankenstand und senkt dadurch die Kosten der Verkaufsprodukte. Komplementäre Ziele stehen oftmals in einer Mittel-Zweck-Beziehung zueinander. Ein bestimmtes Ziel besitzt somit Mittelcharakter für die Erfüllung eines übergeordneten Zieles. Andererseits kann auch eine Gleichrangigkeit bezüglich eines gemeinsam übergeordneten Marketing- oder Unternehmenszieles bestehen. (2)  Konkurrierende Beziehungen (= Zielkonflikt) Bei konkurrierenden Beziehungen führt die Verfolgung des Zieles z1 zu einem geringeren Erfüllungsgrad des Zieles z2. Z. B. stehen die Ziele Erhö-

110

D. Marketingziele

hung des gestützten Bekanntheitsgrades einer Marke und Minimierung der Marketingkosten in Konkurrenz zueinander. Gleiches gilt für die Ziele Kostenminimierung in der Marktbearbeitung und Marktanteilsmaximierung im Marktsegment. Zu Zielkonflikten kommt es auch bei den drei Zielbereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Beispielsweise behindern sich das ökonomische Ziel der Reduzierung der Herstellkosten und das ökologische Ziel der hohen Umweltschutzinvestitionen (Balderjahn, 2013, S. 96). Bei konkurrierenden Zielen ist eine Gewichtung erforderlich, in dem Haupt- und Nebenziele definiert werden. Die erste Priorität besteht in der Verfolgung der Hauptziele. In einem pragmatischen Ansatz kann bei Verfolgung der Nebenziele das Hauptziel als Nebenbedingung erfasst werden. Z. B. darf bei der Verfolgung des Nebenzieles „Kostenminimierung“ ein bestimmter Mindestmarktanteil (Hauptziel) nicht unterschritten werden. Die Definition von Haupt- und Nebenzielen ist im Zeitablauf veränderbar. So kann z. B. das Ziel Minimierung der Forderungsausfälle (in der Regel kein Haupt-, sondern ein Nebenziel) temporär zum Hauptziel werden und damit alle anderen Ziele in den Hintergrund drängen. Die Minimierung der Forderungsausfälle stellt dann ein Hauptziel dar, wenn die Zahlungsfähigkeit der Kunden generell schlecht eingestuft wird. (3)  Indifferente Zielbeziehungen (= Zielneutralität) Eine indifferente Zielbeziehung liegt vor, wenn die Realisierung des Zieles z1 auf die Erreichung des Zieles z2 keinen wesentlichen bzw. erkennbaren Einfluss ausübt. Beide Ziele verhalten sich folglich neutral zueinander. Ein Beispiel für Zielneutralität ist die Erhöhung des gestützten Bekanntheits­ grades für eine Marke und die Reduzierung der Reisekosten im Vertrieb. Literaturempfehlungen Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 59–64. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 92–96. Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 3–5; 19–27; 61–65. Esch, Franz-Rudolf/Herrmann, Andreas/Sattler, Henrik: Marketing: Eine managementorientierte Einführung, 5. Aufl., München 2017, S. 22–30.



3. Zielbeziehungen111

Heinen, Edmund: Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Zielsystem der Unternehmung, 3. Aufl., Wiesbaden 1976. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management, Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 114–115. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994, S. 93–104. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 292– 298. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 160–168. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 199–205. Kontrollfragen 1) Nennen Sie die vier Dimensionen der Zielkonkretisierung! 2) Formulieren Sie jeweils ein ökonomisches, ökologisches und soziales Marketingziel, welches die vier Dimensionen der Zielkonkretisierung enthält! 3) Definieren Sie den Begriff „konkurrierende Zielbeziehungen“! Erläutern Sie eine Lösung zur Zielkonfliktbewältigung! 4) Die „Ziegenmatt AG“ vertreibt ihre Produkte – Zigarren, Pfeifen und Pfeifentabak – vorwiegend über Absatzmittler (Facheinzelhandel für Tabakwaren) im deutschsprachigen Raum. Als Marktsegmente hat man die Segmente „Zigarren“ (z. B. mit der Marke „MatsCigar“) und „Pfeifen“ festgelegt. Auf der letzten Vorstandssitzung der „Ziegenmatt AG“ wurden folgende Zielvereinbarungen getroffen: Die Umsatzrendite soll in den kommenden zwei Jahren von sieben auf neun Prozent gesteigert werden. Zudem sind der Bekanntheitsgrad sowie die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. a) Erläutern Sie die Zielbeziehungen für folgende Ziele: Umsatzrendite und Bekanntheitsgrad, Bekanntheitsgrad und Umsatz sowie Kundenund Mitarbeiterzufriedenheit! b) Inwiefern ist das vom Vorstand vorgegebene Ziel der Steigerung der Umsatzrendite unvollständig? Ergänzen Sie die fehlenden Aspekte! (Bruhn, 2009a, S. 42)

E. Marketingstrategien Marketingstrategien umfassen mittel- bis langfristig wirkende Grundsatzentscheidungen zur Marktwahl und Marktbearbeitung, durch die eine bestimmte Stoßrichtung des unternehmerischen Handelns im Rahmen der Marketingkonzeption festgelegt wird. Sie verkörpern das zentrale Bindeglied zwischen den Marketingzielen einerseits und den operativen Maßnahmen im Bereich des Marketingmix andererseits (Becker, 2019, S. 143). Die zu treffenden strategischen Marketingentscheidungen sollten dabei immer einen direkten Bezug zu den Ergebnissen der Situationsanalyse, die in der SWOTAnalyse zusammengefasst sind, aufweisen. Nicht umsonst wird die Analyse und Prognose der unternehmensexternen und -internen Umwelt auch als Strategieentwicklung bezeichnet. Zunächst wird die Frage des Strategiehorizonts, d. h. die Frage nach dem Bindungs- bzw. Gültigkeitszeitraum von Strategiefestlegungen, diskutiert. Der Gültigkeitszeitraum von Marketingstrategien ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Marktbedingungen bzw. den Markt tangierenden Umweltkonstellationen zu sehen. In der Computerindustrie gilt eher ein kürzerer Bindungszeitraum, da diese Märkte durch schnelle technische Änderungen charakterisiert sind. Die Marketingstrategien sollten sich inhaltlich auf die aktuelle und die nächste Produkt-/Marktgeneration beziehen. Strategien haben folglich einen weiten Strategiehorizont, da die Strategie Bestand und Wachstum eines Unternehmens langfristig sichern soll. Ein langer Strategiezeitraum ist vor allem in Branchen mit langen Produktentwicklungszyklen üblich, z. B. in der Automobil-, Pharma- und Pflanzenschutzmittelindustrie. In Anlehnung an Becker (2019, S. 147) lassen sich vier grundlegende Arten von Marketingstrategien mit weiteren strategischen Einzelentscheidungen unterscheiden (siehe dazu Abb. 60). Marktfeldstrategien beantworten zunächst die Frage: „Wo wollen wir uns betätigen?“ Nachdem die Produkt-/Marktkombinationen (Marktfelder) festgelegt sind, muss das Unternehmen im Rahmen der Positionierungsstrategie folgende Frage beantworten: „Wie differenzieren wir unser Marktangebot im Vergleich zum Wettbewerb?“ Danach ist im Rahmen der gewählten Positionierungsstrategie zu überlegen, ob die Bearbeitung der ausgewählten Produkt-/Marktkombinationen durch einen undifferenzierten oder differenzierten Marketingmix erfolgen soll. Marktarealstrategien beziehen sich letztendlich auf geostrategische Festlegungen eines Unternehmens, d. h. auf dieser Ent-



1. Marktfeldstrategien113

Abb. 60: Marketingstrategischer Baukasten (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 352)

scheidungsebene wird die Wahl der zu bearbeitenden Markt- bzw. Absatzräume getroffen. Im Folgenden werden diese vier Strategieebenen und deren Alternativen nacheinander diskutiert. Erfolgreiche marketingstrategische Konzepte von Unternehmen sind aber nicht das Ergebnis einer optimalen Strategiewahl ausschließlich auf einer Ebene, sondern hauptsächlich das Resultat einer Kombination mehrerer strategischer Optionen auf allen strategischen Ebenen. Aus diesem Grund werden entsprechende mehrdimensionale Strategiefestlegungen in Kapitel E. 5. thematisiert.

1. Marktfeldstrategien Jedes Unternehmen muss eine Entscheidung über marketingstrategische Stoßrichtungen treffen, die für Entwicklung und Wachstum des Unternehmens verantwortlich sind. Generell lassen sich vier grundlegende Produkt-/Marktkombinationen im Rahmen der möglichen Strategierichtungen unterscheiden (siehe Abb. 61) (siehe dazu im Folgenden Ansoff, 1966, S. 132). Produkt-/Marktentscheidungen sind eine Voraussetzung für die Formulierung der Wettbewerbsstrategie. Jedes Unternehmen muss eine Entscheidung über eine oder mehrere dieser auch als Wachstumsvektoren bezeichneten Basiskombination treffen. Die Regel ist eine Kombination der Strategiealternativen, insbesondere in wettbewerbsintensiven Märkten erfolgt eine Ent-

114

E. Marketingstrategien

Abb. 61: Marktfeldstrategische Optionen des Unternehmens

scheidung für mehrere der aufgezeigten Produkt-/Marktkombinationen (Strategiefelder). Die Diversifikation hat dabei wenige strategische Gemeinsamkeiten mit den anderen drei Strategiefeldern, z. B. hinsichtlich gemeinsamer Vertriebskanäle und/oder Produktionsprozesse (Ansoff, 1966, S. 132). Die Betrachtung der Marktfeldstrategien erfolgt unter dem Aspekt des wachstumspolitischen Agierens. Allerdings müssen Unternehmen unabhängig vom Wachstum die Marktfelder festlegen, in denen sie tätig sein wollen. Eine weitergehende Differenzierung des Ansoff-Schemas ist durch eine feinere Abstufung auf Produktebene möglich, z. B. gegenwärtige Produkte, Verbesserungen gegenwärtiger Produkte, neue Produkte mit verwandter Technologie sowie neue Produkte mit nicht verwandter Technologie (Kollat/Blackwell/ Robeson, 1972, S. 21 f.). Der Einsatz der Marktfeldstrategien lässt sich im deutschen Biermarkt sehr gut erkennen. So macht ein seit Jahren rückläufiger Bierkonsum eine systematische Anwendung der vier Marktfeldstrategien erforderlich (siehe im Folgenden auch Kuropka, 2014, S. 8 ff.): Marktdurchdringung: Durch hohe Ausgaben bei den Kommunikations­ instrumenten Werbung und Sponsoring (z. B. Krombacher, Bitburger) oder durch niedrigere Preise (z. B. Oettinger) soll die Marktausschöpfung und damit der Umsatz im bestehenden Pilsmarkt erhöht werden. Dabei stellen Männer mittleren Alters die Kernzielgruppe der Brauereien dar. Marktentwicklung: Mit Hilfe der Produktdifferenzierung lassen sich neue Zielgruppen im Biermarkt erschließen. Beispielsweise sprechen Biermischgetränke (z. B. Bier-Cola-Mix von Carlsberg) vor allem jüngere Konsumenten an. Durch den eher süßen Geschmack der Mixgetränke sollen insbesondere junge Frauen zum Kauf angeregt werden. Des Weiteren zielen alkoholfreie Biere auf gesundheits- und verantwortungsbewusste Menschen (z. B. Sportler), die den Geschmack von Bier schätzen aber auf die Nachteile von Alkohol verzichten wollen. Produktentwicklung: Eine Neuheit auf dem Biermarkt stellen Bierspezialitäten bzw. Gourmet-Biere dar, die mit Hilfe von neuartigen Braumethoden,



1. Marktfeldstrategien115

z. B. Reifung in edlen Holzfässern, Flaschengärung, oder Kalthopfung, hergestellt werden. Somit entstehen Biere, die nicht nur in ihrer Herstellung sehr viel aufwändiger sind, sondern auch verschiedene Aromen und Farben aufweisen (z. B. Craftwerk Biere der Bitburger Braugruppe). Damit werden im bestehenden Biermarkt vor allem Genussmenschen mit dem Wunsch nach Exklusivität erreicht. Diversifikation: Im Erfrischungsgetränkemarkt setzen Brauereien hauptsächlich auf neuartige Geschmacksnuancen, wie z. B. Radeberger mit der Marke Bionade. Somit können Konsumenten in neuen Märkten erschlossen werden, die Bier oder Biermischgetränke aus geschmacklichen, alters- oder gesundheitlichen Gründen ablehnen.

1.1 Marktdurchdringungsstrategie Die Marktdurchdringungsstrategie weist folgende Charakteristika auf (siehe dazu u. a. Becker, 2019, S. 149 f.): –– Es wird ein erhöhter Einsatz gegenwärtiger Produkte auf gegenwärtigen Märkten mit dem Ziel eines höheren Penetrationsgrades angestrebt. –– Die Marktdurchdringungsstrategie ist die „natürlichste“ Strategierichtung des Unternehmens, da sie am latent vorhandenen Potential des oder der bisherigen Produkte bzw. des bisherigen Marktes anknüpft. –– Sie wird als „Minimum-Strategie“ bezeichnet, da kein Unternehmen auf Dauer überlebensfähig ist, wenn es nicht mindestens eine systematische Marktdurchdringung betreibt. –– Als Plattform ist die Marktdurchdringungsstrategie Ausgangspunkt für die drei anderen marktfeldstrategischen Optionen des Unternehmens. –– Diese Strategie strebt eine Erhöhung der Absatzmengen bzw. Marktanteile und der damit verbundenen Umsatz- und Gewinnverbesserungen an. Mit steigendem Marktanteil wächst einerseits der Einfluss auf die Preisbildung (Preisstabilität, Preishöhe), andererseits sinken mit steigender Absatzmenge die Stückkosten im Sinne der Erfahrungskurve und der Economies of Scale. Beide Effekte wirken sich positiv auf den Gewinn aus. Die Ausschöpfung des gegenwärtigen Marktes mit gegenwärtigen Produkten kann grundsätzlich auf folgende Weise realisiert werden (siehe dazu Abb. 62 und im Folgenden Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 106; Aaker, 1989, S.  238 ff.):

116

E. Marketingstrategien

Abb. 62: Ansatzpunkte der Marktdurchdringungsstrategie

Die Erhöhung/Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden wird durch unterschiedliche Maßnahmen des Marketingmix erreicht (siehe dazu auch Becker, 2019, S. 150): –– Produktmodifikation: z. B. Entwicklung von milderen Waschsubstanzen für „Jeden-Tag-Haarshampoos“, –– Beschleunigung des Ersatzbedarfs: z. B. künstliche Veralterung durch Mode bei Bekleidung oder durch so genannte „Sollbruchstellen“, die ein Produkt vor der eigentlich zu erwartenden Lebensdauer entwerten, –– Vergrößerung der Verkaufseinheit: z. B. durch Familienflaschen bei alkoholfreien Erfrischungsgetränken oder das 800-Gramm-Glas von Nutella, –– Verbesserung der Distribution: z. B. Schließung von Distributionslücken, Erhöhung der Bevorratung im Handel und/oder Vertrieb über Handelsorganisationen mit längeren Öffnungszeiten, –– Verstärkung der Werbung: z. B. der Uhrenhersteller Swatch mit Konsum steigernder Argumentation, zu jedem Event die passende Uhr zu tragen (Kreutzer, 2017, S. 176), –– Verstärkung der Verkaufsförderung: z. B. Zweitplatzierungen und Gewinnspiele am Point-of-Sale. Ein weiterer wichtiger Ansatz der Marktdurchdringung ist die Gewinnung neuer Kunden für das bestehende Produkt. Folgende Anreize zwecks Abwerbung von Kunden der Konkurrenz bieten sich beispielsweise an: –– Produktmodifikation zwecks Angleichung an präferierte Konkurrenzprodukte, –– Preissenkung unter das Niveau der Konkurrenten, –– Ausweitung der Distribution in konkurrenzspezifische Vertriebskanäle,



1. Marktfeldstrategien117

–– Veränderte Werbeansprache: Beispielsweise hat es Ferrero bei seinem ursprünglich „reinen“ Riegelprodukt Duplo durch eine doppelte Argumentation („Für die einen ist es Duplo, für die anderen die wahrscheinlich längste Praline der Welt“) verstanden, auch Pralinenesser anderer Marken zu gewinnen (Becker, 2000, S. 15). Bei der Gewinnung bisheriger Nichtverwender der Produktgattung müssen bestimmte Kauf- oder Verwendungshürden bei potentiellen Verwendern abgebaut werden. Kategorische Nichtverwender können in der Regel aber nicht gewonnen werden. Die bestehenden Kaufbarrieren sollten zunächst identifiziert werden, um sie anschließend durch geeignete Marketingmaßnahmen zu reduzieren. Zur Akquisition von Nichtverwendern bieten sich die folgenden Marketingmaßnahmen an: –– Produktmodifikation: Z. B. werden bei Deo-Produkten von Nichtverwendern und zum Teil auch von Verwendern Probleme bei der Hautverträglichkeit gesehen. Durch Änderungen der Rezepturen (anfänglich bei den Deos von Nivea und CD) konnten diese Probleme weitgehend gelöst und so vor allem Verwendungshürden bei Nichtverwendern abgebaut werden (Becker, 2000, S. 17). –– Preisfestsetzung: Durch Berücksichtigung von Preisschwellen kann ein Einstiegsprodukt mit einem optimalen Preis-Leistungsverhältnis speziell für preissensible Nichtverwender angeboten werden. –– Absatzkredite: Durch Finanzierungsangebote beim Kauf von langlebigen Konsumgütern lassen sich Kundenkreise gewinnen, die bisher aus Kostengründen auf einen Kauf verzichtet haben (Kreutzer, 2017, S. 177). –– Vertriebswege: Ein Unternehmen kann neue oder bisher vernachlässigte Vertriebskanäle, die von bisherigen Nichtverwendern präferiert werden, in das eigene Vertriebssystem verstärkt einbeziehen. –– Werbebotschaft: Durch spezielle Informationen bzw. Argumente in der Werbung oder im persönlichen Verkaufsgespräch können bisherige Nichtverwender von der Nutzenstiftung eines Produktes überzeugt werden. Vo­ raussetzung ist aber, dass die Gründe bekannt sind, warum Konsumenten eine Produktart nicht kaufen. So können z. B. Fast-Food-Ketten werblich herausstellen, dass ausgewählte Menüs auch anspruchsvollen Ernährungsanforderungen gerecht werden (Kreutzer, 2017, S. 177). –– Verkaufsförderung: Durch Probierstände im Handel oder Verteilung von Produktproben werden Probiergelegenheiten für bisherige Nichtverwender geschaffen. Neben Testangeboten für Produkte bieten z. B. Online-Dienste oft ein kostenloses Kurz-Abonnement, um bisherige Nichtnutzer zum Testen zu animieren.

118

E. Marketingstrategien

Unternehmen können isoliert an einen der drei strategischen Ansatzpunkte anknüpfen oder eine bewusste Kombination dieser Varianten einsetzen. Ein kombiniertes Vorgehen ist bei bereits starker Ausschöpfung des Marktpotentials besonders geeignet. Oftmals kann eine eindeutige Zuordnung vieler marketingpolitischer Maßnahmen auf einer Ansatzebene allerdings nicht vorgenommen werden. Bei der Akquisition von Kunden der Konkurrenz bzw. bisherigen Nichtverwendern sollte nicht nur der erwartete Mehrumsatz betrachtet werden, sondern auch die damit verbundenen Kosten sind mit in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzubeziehen. In Märkten mit stark ausgeprägten Markenpräferenzen können Kunden der Konkurrenz nur durch einen erheblichen Marketingaufwand zu einem Wechsel des Anbieters bewegt werden. Nicht vergessen werden darf auch, dass bei aggressiven Preissenkungen oft gleichgerichtete Maßnahmen der Wettbewerber mit einem ruinösen Preiskrieg als Ergebnis für alle Anbieter zu erwarten sind (Schaper, 2017, S. 74). Abb. 63 zeigt ein mögliches Muster der Marktdurchdringungsstrategie. Generell lässt sich erkennen, dass dieser Strategietyp aufgrund der Konzentration auf bestehende Märkte relativ geringe Expansionschancen bietet. Eine Ausnahme stellt die Bearbeitung stark wachsender Marktsegmente dar. Allerdings besteht auch ein relativ geringes unternehmerisches Risiko, da ein entsprechendes Markt-Know-how in den bearbeiteten Märkten vorhanden ist und auch keine wesentliche Erweiterung der unternehmerischen Ressourcen erforderlich wird.

Abb. 63: Muster der Marktdurchdringungsstrategie



1. Marktfeldstrategien119

1.2 Marktentwicklungsstrategie Im Rahmen der Marktentwicklungsstrategie („market stretching“) sollen für bereits existierende Produkte ein oder mehrere neue Märkte entdeckt und entwickelt werden. Neue Märkte können Arrondierungs-(räumliche), Zusatzoder neue Teilmärkte eines Gesamtmarktes sein. Es ist eine naheliegende Strategie, da bisher verborgene Marktmöglichkeiten für ein bestehendes Produkt gefunden und genutzt werden sollen. Die Strategie der Marktentwicklung eignet sich vor allem für Unternehmen, die ihre Marktposition in den bereits bearbeiteten Marktsegmenten nicht mehr weiter ausbauen können und/oder mit Absatzrückgängen aufgrund fortgeschrittener Produktlebenszyklen rechnen müssen (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 209). Die Schaffung neuer Märkte für ein bestehendes Produkt kann prinzipiell in dreifacher Weise realisiert werden:

Abb. 64: Ansätze der Marktentwicklungsstrategie (in Anlehnung an Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 106)

(1) Gewinnung fehlender Absatzräume (= räumliche Arrondierungsmärkte) Im gewachsenen räumlichen Absatzgebiet sollen Distributionslücken, so genannte weiße Kreise, geschlossen werden. Distributionslücken können aufgrund von Widerständen seitens des Einzelhandels, der Konsumenten oder auch der Konkurrenten entstehen. Beispielsweise haben große Brauereien in bestimmten Regionen oftmals Schwierigkeiten, sich gegen kleine lokale Wettbewerber durchzusetzen. Analog zur Marktdurchdringungsstrategie kann eine räumliche Marktentwicklung aber durch verschiedene Marketingmaßnahmen erfolgreich umgesetzt werden. So lassen sich durch räumlich konzentrierte Preissenkungen, verstärkte Werbeaufwendungen oder Belieferung/Er-

120

E. Marketingstrategien

öffnung neuer Handelsfilialen Distributionslücken gezielt schließen (Scharf/ Schubert/Hehn, 2015, S. 210). Aktuell versucht der Textildiscounter kik, durch die Erhöhung der Anzahl seiner bereits über 2.600 Verkaufsstellen zum textilen Grund- und Nahversorger im deutschen Markt zu werden (Kreutzer, 2017, S. 177). (2) Erschließung von funktionalen Zusatzmärkten (= gezielte Funktionserweiterung für bestehende Produkte; „New Uses“) Bei der systematischen Suche nach neuen Verwendungsmöglichkeiten für bestehende Produkte sind alle Erweiterungen der ursprünglichen Produkteignung relevant, die aus Kundensicht einen zusätzlichen Nutzen stiften. Beispielsweise betont Lindt bei Pralinen neben der klassischen Geschenkbedarfseignung die Selbstverzehreignung von Pralinen. Ein neuer Anwendungsbereich zielt z. B. bei Penaten-Kinderpflegeprodukten auch auf die Pflege empfindlicher Haut von Erwachsenen ab (Becker, 2019, S. 153). Ein weiteres Beispiel ist Aspirin, das nicht nur bei Kopfschmerzen, sondern auch bei Gliederschmerzen zur Anwendung kommen kann. Ein klassisches Beispiel für die Erschließung neuer Verwendungszwecke sind Sport- bzw. Turn- und Laufschuhe. Diese sind mittlerweile zu weitverbreiteten Freizeitschuhen geworden. Die Hersteller von Sportschuhen wie Adidas und Nike haben die erweiterte Verwendung ihrer Sportschuhe selbst propagiert bzw. durch entsprechende Modifizierung klassischer Sport- und Laufschuhe einschließlich der Berücksichtigung modischer Elemente diese neuen Verwendungszwecke aktiv gefördert (Becker, 2000, S. 19). (3) Schaffung neuer Teilmärkte (= neue Abnehmer, die sich von den bisherigen Kunden in bestimmten Merkmalen unterscheiden; „New Users“) Mit Hilfe der Produktdifferenzierung können neue Teilmärkte durch das Angebot von abnehmerspezifischen Produkten erschlossen werden, z. B. Lady Protector von Wilkinson für die Haarentfernung bei Frauen. Ein weiteres Beispiel stellt der Markt für Elektrowerkzeuge dar, z. B. elektrisch betriebene Bohr-, Schleif- und Sägewerkzeuge. Ursprünglich waren diese Produkte zur Unterstützung handwerklicher und industrieller Tätigkeiten im professionellen Teilmarkt vorgesehen. Durch die „Do-it-yourself-Welle“ ist im Zuge der Entstehung des Hobbymarktes grundsätzlich auch ein Bedürfnis für die elektrische Unterstützung bei typischen Heimwerkerarbeiten entstanden. Bosch und Black & Decker entwickelten den Hobbymarkt, indem sie bestehende



1. Marktfeldstrategien121

Geräte vereinfacht und neue Heimwerker freundliche Preis-Leistungs-Verhältnisse angeboten haben (Becker, 2000, S. 21). Neue Verwender können auch durch eine Variation der Packungsgröße gewonnen werden. So haben die Allgäuer Alpenmilchwerke mit ihrer Bärenmarke durch die Schaffung der Kleindose bei Dosenmilch neue Konsumentengruppen für dieses Produkt akquiriert, z. B. Berufstätige am Arbeitsplatz, die dort über keine Kühlmöglichkeiten verfügen sowie Ein-Personen-Haushalte (Becker, 2019, S. 154). Weitere Möglichkeiten zur Erschließung neuer Teilmärkte bestehen in der Einschaltung abnehmerspezifischer Vertriebswege, z. B. Nachbarschaftsläden zum Einkaufen für bisher nicht bearbeitete Kunden; oder durch Werbung in zusätzlichen abnehmerspezifischen Medien, z. B. in Verbindung mit besonderen Anspracheformen (z. B. Internet). Bei der Marktentwicklungsstrategie ist analog zur Strategie der Marktdurchdringung ein kombiniertes Vorgehen typisch, indem für ein bestehendes Produkt sowohl neue Verwendungszwecke als auch neue Verwender gefunden werden. Diese als „Multiple Market Stretching“ bezeichnete Strategie verdeutlichen Förster/Kreuz (2005, S. 51 f.) anhand des Kräuterlikörs Jägermeister. Früher sprach das Produkt in Deutschland ausschließlich die Zielgruppe der Älteren an und wurde hauptsächlich als Verdauungslikör konsumiert. Heute trinken auch jüngere Konsumenten Jägermeister in Szenebars aus Reagenzgläsern, als Longdrink mit frisch gepressten Orangensaft oder pur auf Eis. Ein aktuelleres Beispiel des Multiple Market Stretching liefert der Lebensmittelhersteller Alpro. Traditionell werden bei Alpro pflanzliche Drinks in einer Packungsgröße von einem Liter angeboten. Nach Anbruch der Packung ist dabei eine Kühlmöglichkeit notwendig, um das Produkt auch weiterhin zeitversetzt verzehren zu können. Mit der Einführung von Trinkpäckchen oder Coffee-to-go-Bechern werden zusätzlich kleinere Packungsgrößen angeboten, mit dem Vorteil, dass ein Produkt auf einmal vollständig konsumiert werden kann und eine anschließende Kühlungsnotwendigkeit somit entfällt. In Verbindung mit weiteren Anpassungen (Kaffee: Deckel mit Trinköffnung, Trinkpäckchen: beigefügter Strohhalm) wird bei diesen Produkten außerdem eine bessere Verzehrmöglichkeit für unterwegs geschaffen. Die Coffee-to-goVariante kann beispielsweise von Berufstätigen oder Studierenden auf ihrem Weg zur Arbeitsstätte oder in der Mittagspause zum sofortigen Verzehr verwendet werden. Das Trinkpäckchen kann wiederum Kindern zum Verbrauch für Unterrichtspausen mitgegeben werden. Den Unternehmen, die neben der Marktdurchdringungsstrategie auch aktiv die Marktentwicklungsstrategie verfolgen, bieten sich durch die Bearbeitung

122

E. Marketingstrategien

Abb. 65: Muster der Marktentwicklungsstrategie

neuer Märkte gute Expansionsmöglichkeiten. Zu berücksichtigen ist ein leicht erhöhtes unternehmerisches Risiko, da eine gewisse Unsicherheit über Marktchancen in den neuen Segmenten besteht. Auch sind Investitionen in erweiterte Marktbearbeitungskapazitäten und Produktanpassungen erforderlich. Abb. 65 zeigt ein mögliches Muster der Marktentwicklungsstrategie.

1.3 Produktentwicklungsstrategie Die Entwicklung neuer Produkte für bestehende Märkte ist das wesentliche Charakteristikum der Produktentwicklungsstrategie. Der große Stellenwert der Produktentwicklung resultiert aus dem Verdrängungswettbewerb in stagnierenden Märkten. Zwecks Gewinnung von Marktanteilen werden immer mehr neue Produkte in die Märkte eingeführt (Neuproduktinflation), wodurch eine Beschleunigung der Veralterung von bestehenden Produkten erreicht wird. Die Verkürzung der Produktlebenszyklen erfordert wiederum neue Produkte. Somit ist die Innovationspolitik als ein zentraler Ansatzpunkt der Gewinn- und Existenzsicherung von Unternehmen zu sehen. Eine permanente Neuproduktentwicklung ist vor allem in Branchen notwendig, in denen Produkte relativ schnell veralten. Dies gilt insbesondere in der Mobiltelefonbranche, wo Smartphones mit immer mehr Rechenleistung und Funktionen ausgestattet werden (Wollweber, 2011, S. 12). In diesen dynamischen, stark um-



1. Marktfeldstrategien123

kämpften Märkten lassen nicht einmal bisherige Marktanteile mit gegenwärtigen Produkten ohne die Einführung von neuen Produkten halten. In Abhängigkeit der von den Kunden wahrgenommenen Veränderung der Nutzenstiftung verglichen mit dem bisherigen Angebot lassen sich drei Arten neuer Produkte unterscheiden: –– Echte Innovationen: Originäre Produkte, die es in dieser Art und Weise auf den Absatzmärkten überhaupt nicht gab. Es handelt sich um erstmalige Angebote, die aus Kundensicht eine vollkommen neue Nutzenstiftung aufweisen, z. B. Mobiltelefon. –– Quasi-neue-Produkte: Neuartige Produkte, die in Bezug zur Nutzenstiftung an bereits bestehenden Produkten/Produktleistungen anknüpfen und versuchen, zusätzliche und/oder verbesserte Produkteigenschaften anzubieten, z. B. Smartphone. –– Me too-Produkte: Nachempfundene bzw. nachgeahmte Produkte, die sich hinsichtlich ihrer Nutzen stiftenden Eigenschaften vom Original weniger in der Produktsubstanz, sondern mehr im Produktäußeren unterscheiden, z. B. größeres Display bei Smartphones (Becker, 2019, S. 156 f.). Unternehmen müssen grundsätzlich entscheiden, ob sie sich auf echte I­nnovationen (Basisinnovationen) konzentrieren wollen, oder ob sie die Produktentwicklung grundsätzlich auf Verbesserungs- oder „nur“ Routineinnovationen ausrichten. Damit haben Unternehmen den Grad ihrer Innovations­ orientierung festzulegen (siehe Abb. 66).

Abb. 66: Innovationsarten und ihre Voraussetzungen bzw. Konsequenzen (in Anlehnung an Hentze/Brose, 1985)

124

E. Marketingstrategien

Bei Basisinnovationen geht es um die Erforschung neuer Technologien. So können Automobilhersteller neben dem weit verbreiteten Verbrennungsmotor alternative Autoantriebe für ihre neuen Modelle entwickeln. Hier lassen sich Forschungsaktivitäten z. B. auf die Bereiche Hybrid-, Elektronantrieb sowie Brennstoffzelle konzentrieren. Dagegen kümmern sich Verbesserungsinnovationen um Produktinnovationen im Rahmen einer bestehenden Technologie. Beispielsweise haben die Hersteller in der Automobilbranche im Zuge der Klimadiskussion immer sparsamere, leichtere und wirkungsvollere Verbrennungsmotoren für ihre Autos entwickelt. Bei Routineinnovationen geht es lediglich um die Verbesserung der Eigenschaften bestehender Produkte im Markt. Generell muss die Forschung und Entwicklung eines Unternehmens marktund kundenorientiert ausgestaltet sein, d. h., sie sollte an den Wünschen, Erwartungen und Problemen der Abnehmer anknüpfen und entsprechende Problemlösungen anbieten. Neue Produkte werden erfolgreich im Markt sein, wenn sie zu einer Erhöhung des Kundennutzens führen. Nur auf der Grundlage aussagekräftiger Daten über die Nutzenerwartungen der relevanten Kundenzielgruppen lassen sich marktfähige neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln. In vielen Märkten sind aufgrund der Ausschöpfung der Innova­ tionsreserven die Anstrengungen der Forschung und Entwicklung häufig auf quasi-neue Produkte gerichtet. Es wird an bestehende Produkte bzw. Pro­ blemlösungen angeknüpft, um auf ihrer Basis Verbesserungen vorzunehmen, die zu einer Erhöhung des Kundennutzens führen. Dabei kann an einer Er­ höhung des Grundnutzens oder des Zusatznutzens angesetzt werden (siehe Abb. 67).

Abb. 67: Produkttypische Nutzenstrukturen und ihre Veränderungspotentiale (Becker, 2019, S. 159)



1. Marktfeldstrategien125

1.4 Diversifikation Reichen die bisherigen marktfeldstrategischen Wachstumsoptionen zur nachhaltigen Unternehmenssicherung in schwach wachsenden oder stagnierenden Märkten nicht mehr aus, wird das unternehmerische Handeln auf für das Unternehmen neue Produkte und neue Märkte ausgeweitet. Folglich handelt es sich bei der Diversifikation um eine Kombination aus Produktentwicklung und Marktentwicklung (Becker, 2019, S. 164). Zur Wachstumssicherung verlassen die Unternehmen ihre traditionelle Branche, die Diversifikationsstrategie ist dabei ein Mittel der Risikostreuung durch „Aufbau eines zweiten Standbeins“. 1.4.1 Arten der Diversifikation Bei der Aufnahme neuer Produkte in das Sortiment eines Unternehmens zur Erschließung neuer Märkte können drei verschiedene Arten der Diversifikation unterschieden werden (siehe dazu u. a. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 194 ff.):

Abb. 68: Arten der Diversifikation

(1)  Horizontale Diversifikation Hier geht es um die Erweiterung des bisherigen Produktprogramms auf derselben Marktstufe durch solche Produkte, die eine Beziehung bzw. Verwandtschaft zu den bisherigen Produkten zeigen. Bei einer Produktionsverwandtschaft werden für das neue Produkt entweder die gleichen Rohstoffe verwendet (Rohstoffverwandtschaft), oder sie werden mit denselben Verfah-

126

E. Marketingstrategien

ren hergestellt (Produktionsverwandtschaft). Während ein Hersteller von Holzmöbeln beispielsweise zusätzlich Holzspielzeug (neue Produkte) für Kleinkinder (neue Märkte) fertigen und verkaufen kann, hat ein Anbieter von Gemüsekonserven die Option, seine Produktionsanlagen auch für die Herstellung von Obstkonserven (neue Produkte) zum Verkauf an Obstesser (neue Märkte) zu nutzen. Neue Angebote bieten auch namhafte Automobilhersteller im Bereich Carsharing an. So zielen Unternehmen wie BMW und Daimler mit dem Joint-Venture Share Now auf eine Konsumentengruppe, die ein bestimmtes Produkt überhaupt nicht besitzen wollen, sondern über den Produktnutzen zu einem fairen Preis verfügen möchten. Dieser als Collaborative Consumption bezeichnete Konsumstil ermöglicht somit den Einstieg in neue Marktsegmente mit neu entwickelten Angeboten. Im Gegensatz dazu liegt eine Absatzverwandtschaft vor, wenn das neu ins Sortiment aufgenommene Produkt über dieselben Absatzwege und -organe vertrieben wird und sich an andere Bedarfsträger richtet. Beispielsweise trifft eine Brauerei die unternehmerische Entscheidung, auch antialkoholische ­Getränke (neue Produkte) für Kinder oder Antialkoholiker (neue Märkte) anzubieten (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 216). Ein weiteres Beispiel für eine Absatzverwandtschaft ist das Unternehmen Sternjakob, das mit seinem Schulranzen Scout Marktführer in Deutschland ist. Da es immer weniger Grundschüler gibt, setzt das Unternehmen vermehrt auf Hartschalenkoffer der Marke Hardware und Rucksäcke der Marke Fastbreak für neue Zielgruppen. (2)  Vertikale Diversifikation Durch die vertikale Diversifikation werden Produkte ins Programm auf­ genommen, die den bisherigen Produkten (Programm) im Hinblick auf die Wertschöpfungsstufe vor- oder nachgeschaltet sind. So kann ein Automobilhersteller im Rahmen einer Vorstufendiversifikation einen Systemlieferanten akquirieren oder durch eine Nachstufendiversifikation einen bislang eigenständigen Autohändler aufkaufen. Ein weiteres Beispiel für eine Vorstufendiversifikation bietet der Babynahrungshersteller Hipp, der sein eigenes Gemüse unter strengen ökologischen Gesichtspunkten anbaut. Zielsetzung dieser Strategie ist die nachhaltige Beschaffungssicherung, wobei ein Teil der auf der Vorstufe hergestellten Produkte aber auch auf dem freien Absatzmarkt angeboten werden kann. Nachstufendiversifikation betreibt beispielsweise der Schuhhersteller Salamander, der eine eigene Schuhfachhandelskette betreibt oder der Lackrohstoffhersteller BASF, der auch selbst Lacke unter der Marke Glasurit herstellt (Becker, 2010, S. 47). Diese Unternehmen können dadurch einen Teil ihrer Absatzmengen absichern.



1. Marktfeldstrategien127

(3)  Laterale Diversifikation Im Rahmen der lateralen Diversifikation stoßen Unternehmen in völlig neue Produkt- bzw. Marktbereiche vor, so dass die neuen Produkte mit den bisherigen in keinerlei sachlichem Zusammenhang mehr stehen. Ein in starkem Maße lateral diversifiziertes Unternehmen ist die Oetker-Gruppe. So setzt sich der Geschäftsbereich Nahrungsmittel vor allem aus Backhilfsmitteln, Puddingpulver, Fertigbackteige etc. zusammen und wird unter dem Dach der Dr. Oetker GmbH geführt. Der Geschäftsbereich Bier und alkoholfreie Getränke mit den Marken Radeberger Pilsner, Jever, Schöfferhofer Weizen und Selters wird durch die Radeberger Gruppe gesteuert. Die Sektmarken Henkell Trocken, Fürst von Metternich, Deinhard und die Spirituosen-Marke Wodka Gorbatschow sind nur einige Marken des Geschäftsbereichs Sekt, Wein und Spirituosen mit Henkell Freixenet als Leitunternehmen. Der Geschäftsbereich Schifffahrt wurde von der Hamburg Süd gelenkt (2017 an Maersk verkauft) und das Bankhaus Lampe zählte zu den wenigen unabhängigen Privatbanken in Deutschland (2020 an Hauck & Aufhäuser verkauft). Der Geschäftsbereich „Weitere Interessen“ fasst Unternehmen der OetkerGruppe zusammen, die in sehr unterschiedlichen Branchen wie der chemischen Industrie, des Verlagswesens und der Luxushotellerie tätig sind. Die Chemische Fabrik Budenheim ist auf die Herstellung von Phosphaten spezialisiert. Der Dr. Oetker Verlag begleitet die Marke Dr. Oetker mit Koch- und Backbüchern. Die Handelsgesellschaft Sparrenberg ist Informationsdienstleister für die strategische Beschaffung. Ein besonderes Charakteristikum der Oetker-Gruppe sind die Luxushotels, die unter dem Namen Oetker Collection kooperieren (Oetker-Gruppe, 2021). Die horizontale und vertikale Diversifikation sind im eigentlichen Sinne unechte Formen der Diversifikation, da prinzipiell die angestammte Branche nicht verlassen wird. Es findet kein Risikoausgleich zwischen den einzelnen Unternehmensaktivitäten statt, da alle in derselben Branche angesiedelt sind. Lediglich die laterale Diversifikation kann als echte Diversifikation bezeichnet werden, da die strategische Absicht des „zweiten Standbeins“ prinzipiell erfüllt ist. Mit der Realisierung von Diversifikationsprojekten wollen Unternehmen Synergiepotentiale ausschöpfen, den so genannten 2 + 2 = 5 – Effekt erzielen (Ansoff, 1966, S. 97). Durch das Zusammenwirken ursprünglich getrennter Produktbereiche bzw. Unternehmen in einer neuen Einheit soll eine größere Wirkung erreicht werden als vorher. Die Ausschöpfung von Synergiepotentialen ist allerdings nur bei Diversifikationsprojekten mit Beziehung zum Kerngeschäft möglich. So können in der Produktion ohne wesentlichen Umrüstaufwand die neuen Produkte in den bestehenden Produktionsanlagen gefertigt werden. Durch die bessere Auslastung der vorhandenen Kapazitäten lassen

128

E. Marketingstrategien

sich Fixkostendegressionseffekte erzielen und in der Folge sinken die Stückkosten in der Produktion. Im Vertrieb können vorhandene Vertriebswege bzw. die bestehende Vertriebsorganisation für den Verkauf der neuen Produkte genutzt werden. Auf der Einkaufsseite lassen sich Einkaufsvorteile aufgrund höherer Nachfragemengen verwirklichen. Die Realisierung des SynergismusEffektes begründet sich somit in den Economies of Scope, einem Verbund­ effekt, der dann entsteht, wenn Unternehmen über flexibel nutzbare Potentiale verfügen (Panzar/Willig, 1977, S. 268 ff.). Mit der lateralen Diversifikation sind sowohl die größten Chancen als auch die größten Risiken verbunden. Mischkonzerne (Konglomerate) wie die Oetker-Gruppe verfolgen diese Strategie. Die wesentliche Chance dieser Mischkonzerne besteht in der weltweit konsequenten Besetzung der interessanten Wachstumsfelder. Durch die sehr heterogene Branchenstruktur ergeben sich aber auch gleichzeitig Risiken, da die branchentypischen Eigenarten und Mechanismen in der Regel der Konzernleitung nicht ausreichend bekannt sind. Die Diversifikation war vor allem in den achtziger-Jahren das strategische Erfolgskonzept und ist deshalb auch von vielen Unternehmen realisiert worden. Ein Großteil der Diversifikationsprojekte scheiterte oder konnte zumindest umsatz- und ertragsorientiert nicht das leisten, was man sich von ihnen versprochen hatte; so z. B. auch Daimler-Benz aufgrund der Übernahme von MTU (Triebwerkhersteller), Dornier (Luft- und Raumfahrt), AEG (Elektro­ unternehmen) und MBB (Luft- und Raumfahrt) (siehe dazu Becker, 2019, S.  168 f.). Zahlreiche Unternehmensstrategien beinhalten wieder eine stärkere Kon­ zentration auf Kerngeschäfte. Solche strategischen Konzentrationsprozesse sind vielfach durch Aufkäufe im Kerngeschäft und Verkäufe in den NichtKern-Kompetenzfeldern begleitet. Hoechst hatte z. B. die sehr heterogenen Geschäftsbereiche der chemischen Roh- und Zwischenprodukte Kunststoffe, Fasern, Farben, Düngemittel, Pharmazeutika bis hin zu Konsumgütern, wie Körperpflege und Kosmetika in sich vereinigt. In einem ersten Schritt konzentrierte sich das Unternehmen nur noch auf die Pharma- und Landwirtschaftssparte („Life Science“), indem die nicht mehr in das strategische Portfolio passenden Aktivitäten verkauft wurden. 1999 haben sich Hoechst und Rhône Poulenc zu Aventis zusammengeschlossen, um damit zu einem der größten Pharma- und Agrarchemie-Unternehmen aufzusteigen. 2003 verkaufte Aventis die Pflanzenschutzsparte des Konzerns an die Bayer AG. Aventis war seitdem ein reines Pharmaunternehmen und fusionierte Mitte 2004 mit dem französischen Pharmakonzern Sanofi-Synthélabo. Das neue Unternehmen Sanofi-Aventis wurde zum größten Pharmaunternehmen Europas und änderte 2011 ihren Unternehmensnamen in Sanofi.



1. Marktfeldstrategien129

1.4.2  Realisierungsformen der Diversifikation Abb. 69 zeigt eine Übersicht mit unterschiedlichen Realisierungsformen der Diversifikation. Generell lassen sich die unternehmensinternen Realisierungsformen Eigene Forschung und Entwicklung, Lizenzübernahme und Aufnahme von Handelsware von den unternehmensexternen Formen Kooperation und Unternehmensbeteiligung bzw. Unternehmenskauf unterscheiden. Der Eigenaufbau wird vor allem bei horizontaler Diversifikation durchgeführt, da die neuen Aktivitäten hinsichtlich produktbezogener, produktionstechnischer und/oder marktbezogener Aspekte mit den bisherigen verwandt sind (Becker, 2019, S. 172). Im Zeitalter der „Mergers and Acquisitions“ hat der Unternehmenskauf aber auch im Rahmen der horizontalen Diversifikation zunehmend an Bedeutung gewonnen. Anstatt Marken selbst neu aufzubauen, können Wachstumsziele durch die Übernahme eines bestehenden Unternehmens einschließlich deren bekannter und kompetenter Marken viel schneller erreicht werden. Ebenfalls typisch ist der Unternehmenskauf für die Umsetzung der lateralen Diversifikation, da es in der Regel keine Verbindungen zwischen den bisherigen und neuen Unternehmensaktivitäten gibt. Es fehlt an ausreichend technischem und/oder marktrelevantem Know-how hinsichtlich der neuen Branchen, in denen das Unternehmen tätig sein will. In Abhängigkeit von den Bedingungen bzw. Gelegenheiten wählen Unternehmen bei Diversifikation in mehrere unterschiedliche Produkt-/Marktfelder häufig unterschiedliche Realisierungsformen aus (Becker, 2019, S. 171).

Abb. 69: Bewertung der Realisationsformen der Diversifikation anhand von Auswahlkriterien (Becker, 2019, S. 172)

130

E. Marketingstrategien

Abb. 70: Muster der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation

Abb. 70 zeigt zusammenfassend das Muster der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation. Diese beiden Marktfeldstrategien weisen die besten Expansionsmöglichkeiten auf, da eine Vielzahl von neuen Märkten und Umsatzpotentialen erschlossen werden soll. Allerdings besteht ein hohes Risiko hinsichtlich der Einschätzung der Marktchancen aufgrund des oftmals fehlenden Know-hows der Entscheidungsträger in den neuen Märkten. Auch ist ein sehr hoher Finanzmittelbedarf zu berücksichtigen, da immense Investitionen in Neuproduktentwicklungen und -einführungen oder für Akquisitionen von Unternehmen erforderlich sind. In Abb. 71 werden die verschiedenen Ansatzpunkte der vier Marktfeldstrategien in zusammengefasster Form dargestellt. Die Strategien der Marktdurchdringung und der Marktentwicklung sind an bereits bestehenden Produkten und deren Wachstumsmöglichkeiten ausgerichtet. Bei der Produktentwicklungsstrategie und Diversifikationsstrategie geht es um die Aufnahme neuer Produkte ins unternehmerische Sortiment. Die Produktneueinführung kann entweder auf bestehenden Märkten (Produktentwicklung) oder neuen Märkten (Diversifikation) erfolgen.



1. Marktfeldstrategien131

Abb. 71: Abgrenzung der vier marktfeldstrategischen Varianten (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 212)

Literaturempfehlungen Ansoff, Harry Igor: Managementstrategie, München 1966. Becker, Jochen: Marketingstrategien: systematische Kursbestimmung in schwierigen Märkten, München 2000, S. 11–52. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4. Aufl., München 2010, S. 39–50. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 148–179. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 12. Aufl., München 2007, S. 105–108. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994, S. 109–111. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 308–312. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 176–188. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 207–219.

132

E. Marketingstrategien

Kontrollfragen 1) Strategiehorizont: Welchen Bindungs-/Gültigkeitszeitraum sollten Strategiefestlegungen haben? Diskutieren Sie! 2) Ein Fruchtsafthersteller verfolgt im Rahmen der Marktdurchdringungsstrategie den strategischen Ansatz „Erhöhung/Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden“. Beschreiben Sie für die Marketinginstrumente Produkt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik jeweils eine Maßnahme des Herstellers für eine intensivere Produktnutzung! 3) a) Ein Hersteller von Haarwaschmitteln verfolgt im Rahmen der Marktdurchdringungsstrategie den strategischen Ansatz „Gewinnung bisheriger Nichtverwender der Produktgattung“. Erläutern Sie für die Marketinginstrumente Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik jeweils eine Maßnahme des Herstellers zur Gewinnung bisheriger Nichtverwender! b) Beschreiben Sie zwei produktpolitische Maßnahmen, um aus Sicht des Haarwaschmittelherstellers den Kundennutzen zu erhöhen! 4) Marktentwicklungsstrategie: Grenzen Sie die Ansätze „New Uses“ und „New Users“ voneinander ab! Erläutern Sie den Ansatz des Multiple Market Stretching anhand eines selbst gewählten Beispiels! 5) Erläutern Sie jeweils zwei Vor- und Nachteile der lateralen Diversifika­ tionsstrategie für ein Unternehmen! 6) Welche Realisierungsform empfiehlt sich für die laterale Diversifika­ tionsstrategie? Begründen Sie! 7) Welche der vier Marktfeldstrategien ist die risikoreichste aus Herstellersicht? Begründen Sie! 8) „Die Sonnen Ski & Surf GmbH ist ein mittelständischer Sportartikelhersteller, der in Deutschland Ski, Surfbretter und Segel vertreibt. Die für die Fertigung benötigten Materialien bezieht das Unternehmen von verschiedenen Zulieferern. Verkauft werden die Produkte einerseits ab Lager und über den Fachhandel an den Konsumenten, andererseits werden Touristikdienstleister mit eigenen Ski- bzw. Surfstationen direkt beliefert. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile 75 Mitarbeiter. Eine weitere Expansion der Aktivitäten auch in das europäische Ausland ist geplant“ (Bruhn, 2009a, S. 16 f.).

Erarbeiten Sie jeweils strategische Ansätze für die vier Marktfeldstrate­ gien!



1. Marktfeldstrategien133

9) a) Das Unternehmen Hipp bietet Babynahrung an. Erläutern Sie jeweils einen Ansatzpunkt im Rahmen der Strategien der Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung, vertikalen und horizontalen Diversifikation für das Unternehmen! b) Der Babynahrungshersteller Hipp kauft einen Stahlproduzenten auf. Um welche Art der Diversifikationsstrategie handelt es sich? Begründen Sie! c) Kann der Babynahrungshersteller Hipp im Rahmen dieser Diversifikationsstrategie Synergiepotentiale realisieren? Begründen Sie!

1.5  Wahl der Marktfelder Die Diskussion der vier marktfeldstrategischen Optionen hat gezeigt, dass den Unternehmen eine Vielzahl von Produkt-/Marktkombinationen zur Verfügung steht. Es stellt sich nun die Frage, welche Marktfelder ausgewählt werden sollen, um die übergeordneten Marketingziele zu erreichen. Im Folgenden werden die GAP-Analyse und die Portfolioanalyse als mögliche Methoden zur Auswahl von erfolgversprechenden Produkt-/Marktkombinationen diskutiert. 1.5.1 GAP-Analyse Strategien dienen der Erfüllung der unternehmerischen Ziele. Somit muss die Strategiewahl an der Realisierung der Oberziele anknüpfen. In diesem Zusammenhang bietet sich der Einsatz der Lücken- oder GAP-Analyse an. Im Rahmen der Lückenanalyse erfolgt die Gegenüberstellung der geplanten Entwicklung einer Zielgröße, z. B. Umsatz oder Gewinn, mit dem voraussicht­ lichen Unternehmenserfolg, der aufgrund gegenwärtiger Aktivitäten mit bestehenden Produkten in bestehenden Märkten eintreten wird. Der Planungshorizont der GAP-Analyse beträgt dabei ca. 5–10 Jahre. Liegt die erwartete Zielrealisierung unter der geplanten Zielgröße, so wird von einer Ziellücke gesprochen (siehe Abb. 72) (Kreikebaum, 1993, S. 17 ff.). Im Rahmen einer zukunftsorientierten Schwachstellenanalyse erfüllt die Lückenanalyse die Funktion einer strategischen Anregung, die zu Anpassungen in Form von Modifikationen bzw. Erweiterungen der bisherigen Strategie führen soll. Durch Verknüpfung der GAP-Analyse mit den Marktfeldstra­ tegien können Ansatzpunkte zur Schließung der Lücke gefunden werden. Abb. 73 verdeutlicht, dass eine auftretende Ziellücke über ein sinnvoll gestuftes marktfeldstrategisches Vorgehen geschlossen werden kann. So ermög­

134

E. Marketingstrategien

Abb. 72: Einfache Lückenanalyse (Becker, 2019, S. 413)

lichen die Marktdurchdringungs- und Marktentwicklungsstrategie eine schnelle Ausschöpfung strategischer Reserven eines Unternehmens. Die Erzielung zusätzlicher Umsätze und Gewinne kann durch die Ausschöpfung des Potentials gegenwärtiger Produkte in bestehenden und neuen Märkten realisiert werden. Die Umsetzung der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation beinhaltet dagegen einen hohen Kosten- und Zeitaufwand bzw. ein hohes unternehmerisches Risiko. Demgegenüber sind aber auch entsprechend hohe Wachstumschancen mit diesen Strategien verbunden. Die Reihenfolge beim Vorgehen zur Schließung der Lücke folgt dem „Gesetz der abnehmenden Synergie“ (Picot, 1981, S. 530 f.). Bezogen auf das aktuelle Geschäft hat die Marktdurchdringung das höchste Synergiepotential, die Diversifikation besitzt dagegen das relativ niedrigste Synergiepotential. Die GAP-Analyse kann aufgrund folgender Schwächen aber keinen wesentlichen Beitrag zur zielorientierten Steuerung marktfeldstrategischer Entscheidungen leisten: –– starke Fixierung auf die reine Entwicklungsprognose, –– Zeit als einzige erklärende Variable, –– keine Berücksichtigung spezifischer Markt- und Wettbewerbskonstellationen, –– marketing- und finanzpolitische Verknüpfungen der Unternehmensaktivitäten werden nicht transparent gemacht (Berndt, 1991, S. 64).



1. Marktfeldstrategien135

Abb. 73: Differenzierte Lückenanalyse (Becker, 2019, S. 416)

1.5.2 Portfolioanalyse An den Kritikpunkten der GAP-Analyse setzt die Portfoliomethode an. Zur Auswahl von Marktfeldern ist sie die geeignete Methode. Ausgangspunkt des Portfoliokonzepts sind finanzwirtschaftliche Überlegungen bei der Zusammenstellung von Wertpapier-Portefeuilles, die eine optimale Mischung von Anlagemöglichkeiten unter den Gesichtspunkten Gewinn und Risiko beinhalten (Markowitz, 1952, S. 77 ff.). Dieser Denkansatz wird auf den Bereich der strategischen Unternehmens- und Marketingplanung übertragen, in dem ein ausgewogenes Produktprogramm im Hinblick auf die zukünftige Ertragsentwicklung bestimmt werden soll. Da Unternehmen in der Regel mehrere Produkt-/Marktkombinationen gleichzeitig realisieren, müssen zwecks Anwendung der Portfolioanalyse sinnvolle Geschäftsfelder, so genannte Strategische Geschäftsfelder (SGF), abgegrenzt werden. Die Abgrenzung der SGF erfolgt auf Unternehmensebene im Rahmen der Strategischen Planung mit Hilfe bestimmter Abgrenzungskriterien: –– Existenz einer eigenen, von anderen Geschäftsfeldern unabhängigen Marktaufgabe, die auf die Lösung von Kundenproblemen ausgerichtet ist. –– Abhebung von anderen SGF bezüglich der Kundenbedürfnisse (z. B. Qualitäts-, Service-, Preis-, Imageansprüche), Marktverhältnisse (Größe, Wachs-

136

E. Marketingstrategien

tum, Wettbewerbsstruktur) und Kostenstruktur (z. B. F&E, Marketing, Produktion). –– Planung und Realisierung eigener Strategien für das SGF, unabhängig von den Strategien in anderen Geschäftsfeldern (Hinterhuber, 1977, S. 210 ff.). Innerhalb eines strategischen Geschäftsfeldes können auf Marketingebene verschiedene Produkt- oder Marktsegmente abgegrenzt werden. Eine Differenzierung nach Produktsegmenten innerhalb eines SGF ist sinnvoll, wenn die betreffenden Produkte einer jeweils homogenen Marktkonstellation gegenüberstehen, wie z. B. im Biermarkt. Die Betrachtung nach Marktsegmenten bietet sich an, wenn Produkte in Märkte sehr verschiedener Struktur und Entwicklung geliefert werden (z. B. Kunststoffe). Insofern müssen marktbezogen unterschiedliche Strategien entwickelt werden. In der Praxis haben sich verschiedene Formen der Portfolioanalyse herauskristallisiert. Die Gemeinsamkeit der unterschiedlichen Methoden besteht in der Erfassung bestimmter Schlüsselgrößen, die für die Erfolgsentstehung im Unternehmen verantwortlich sind. Verarbeitet werden Informationen über das Unternehmen, seinen Markt und seine Konkurrenten. Es erfolgt eine Reduzierung der Informationen auf wesentliche Dimensionen, um die Ergebnisse auch visuell darstellen zu können. Im Folgenden werden davon zwei Varianten behandelt. 1.5.2.1 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio der BCG Beim Portfolio der Boston Consulting Group (BCG) wird der Marktanteil als hochverdichtete Größe der Unternehmensbedingungen und das Marktwachstum als hochverdichtete Größe der Umweltbedingungen zur Positionierung der SGF verwendet. Durch die Unterteilung der zwei Dimensionen in niedrig und hoch entstehen vier Matrixfelder (siehe Abb. 74). Die Portfolioanalyse knüpft dabei an zwei grundlegende strategische Konzepte bzw. Projekte an: –– dem PIMS-Projekt (Profit Impact of Marketing Strategies des Strategic Planning Institute) und –– dem Erfahrungskurvenkonzept. PIMS-Projekt (siehe dazu Buzzell/Gale, 1987 bzw. 1989) Bei dem PIMS-Projekt handelt es sich um eine umfassende statistische Untersuchung mit Hilfe der multiplen Regressionsanalyse. Gesetzmäßige Beziehungen zwischen 37 strategischen Einflussvariablen als unabhängige Vari-



1. Marktfeldstrategien137

Abb. 74: Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 114)

ablen und insbesondere der Rentabilität und dem Cash Flow als abhängige Variablen sollten festgestellt werden. Als unabhängige Variablen sind z. B. Marktanteil, Produktqualität, Ausgaben für Marketing sowie Forschung und Entwicklung und Grad der Diversifizierung einbezogen worden. Die Ausgangsfrage lautete, welche strategischen Variablen sind für die Unterschiede in der Rentabilität von Unternehmen verantwortlich. Das Ergebnis zeigte die stärkste Korrelation zwischen Marktanteil sowie Rentabilität und Cash Flow. Als zentrale Größe für die Erfolgsentwicklung im Unternehmen ist somit der Marktanteil identifiziert worden, was wie folgt begründet werden kann: –– Wirken der Economies of Scale (mengenbedingte Kostendegression), –– Existenz des Erfahrungskurveneffektes (erfahrungsbedingte Kostendegression) und –– Effekt der Marktmacht durch Realisierung von Einkaufsvorteilen (Buzzell/ Gale, 1989, S. 67). Neben diesen drei Kostenvorteilen können sich auch noch Preisvorteile durch einen stärkeren Einfluss auf die Preisgestaltung im Absatzmarkt ergeben, der mit einem höheren Marktanteil verbunden sein kann. Die Berücksichtigung des Marktwachstums für die Strategiewahl erklärt sich wie folgt: Bei geringem Marktwachstum und konstantem Marktanteil dauert es relativ lange, bis die kumulierten Produktionsmengen verdoppelt

138

E. Marketingstrategien

und die Kosten entsprechend reduziert werden können (Buzzell/Gale, 1989, S.  48 f.). In Abb. 74 ist ein Beispiel für die Anwendung der Portfolioanalyse dargestellt. Eine Brauerei definiert vier SGF. Für die Abgrenzung zwischen niedrigem und hohem Marktwachstum wird normalerweise das durchschnittliche zukünftige Wachstum p. a. des Gesamtmarktes verwendet. Dieses dürfte in dem vorliegenden Beispiel +/- 0 betragen. Diese Trennlinie ist in jedem konkreten Einzelfall neu zu ermitteln. Die Trennmarke liegt beim relativen Marktanteil generell bei 1,0. Links von dieser Trennlinie positionierte Geschäftsfelder haben einen relativen Marktanteil > 1 und sind somit Marktführer. Zwecks Positionierung der SGF ist die Ermittlung der drei Parameter Umsatz, relativer Marktanteil, zukünftiges Marktwachstum erforderlich (siehe Abb. 75).

Abb. 75: Ausgangsdaten für Portfolioerstellung (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 114)

Je größer der Umsatzanteil der SGF am Gesamtumsatz des Unternehmens, desto größer ist der Kreis im Portfolio. Aus der Positionierung der SGF im Portfolio lassen sich anschließend entsprechende Normstrategien ableiten. Dabei ist eine differenzierte Steuerung der unterschiedlichen Geschäfte mit unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen, Kundenanforderungen und Wachstumspotentialen erforderlich. Entsprechend seiner strategischen Position und seines strategischen Auftrags muss jedes Geschäft entweder Finanzmittel abführen oder zugeteilt bekommen. Eine Abstimmung der Rolle jedes einzelnen Geschäfts mit den übrigen Geschäften im Portfolio ist vorzunehmen, um einen langfristigen Ausgleich der Finanzströme im Unternehmen insgesamt sicherzustellen.



1. Marktfeldstrategien139

Abb. 76: Charakteristika der vier Portfoliofelder und daraus ableitbare Normstrategien (Picot, 1981, S. 565)

In Abb. 76 sind die typischen Merkmale und Normstrategien bezogen auf die vier Portfoliofelder in zusammenfassender Form dargestellt. Für die Brauerei lässt sich ein Zielportfolio ableiten, welches die Aufgabe hat, wünschenswerte zukünftige Positionierungen für die einzelnen strategischen Geschäftsfelder hinsichtlich der Realisierung der unternehmerischen Ziele zu identifizieren (siehe Abb. 77). Aufgrund der schwachen Marktposition bei geringem Marktwachstum empfiehlt sich für Geschäftsfeld C eine Desinvestitionsstrategie. Entsprechend freiwerdende finanzielle Ressourcen sollten gezielt für den Ausbau des chancenreicheren Geschäftsfeldes B genutzt werden. Die freigesetzten Finanzmittel des Geschäftsfeldes A dürften nicht ausreichen, bei zwei Geschäftsfeldern (B und C) gleichzeitig einen Marktanteilsausbau vorzunehmen. Für die Erhaltung der Marktposition benötigt dieses Geschäft selbst noch bestimmte finanzielle Mittel. Für Geschäftsfeld D gilt, solange das Geschäft noch finanzielle Mittel abwirft, bleibt es im Portfolio. Mittelfristig wird wahrscheinlich eine Desinvestitionsstrategie erforderlich sein. „Als Regel gilt allgemein, dass ein finanziell ausgeglichenes und auf Zukunftssicherung des Unternehmens ausgerichtetes Portfolio strategische Geschäftsfelder mit einem Umsatzanteil von 40–60 % im Cash Cow-Quadranten aufweisen sollte; ebenso sollten strategische Geschäftsfelder in dem Question Mark- und Starbereich positioniert sein, um als Nachwuchs- und Wachstums­ produkte den Cash-Flow-Bedarf des Unternehmens sicherzustellen. Im vorliegenden Beispiel liegt der Umsatzanteil der Marke A bei 35 %; ein relativ

140

E. Marketingstrategien

Abb. 77: Zielportfolio eines konkreten Unternehmens (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 120)

großer Umsatzanteil kommt durch das Dog-Geschäftsfeld D zustande. Die Finanzmittelsituation des Unternehmens ist daher relativ kritisch zu betrachten; fraglich ist, ob es mit eigenen Kräften gelingt, den relativen Marktanteil des strategischen Geschäftsfeldes A zu halten bzw. noch leicht auszubauen und gleichzeitig das Geschäftsfeld B als wichtiges Nachwuchsprodukt zu fördern, damit daraus ein Star wird“ (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 120 f.). Wesentliches Ziel der Portfolioanalyse ist es, die Wachstumsmöglichkeiten des Unternehmens unter besonderer Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen auszuleuchten. Mit Hilfe der Portfolioanalyse lassen sich zwei grundlegende strategische Möglichkeiten der Wachstumssicherung ableiten (siehe Abb. 78): Einerseits kann die unternehmensinterne Wachstumssicherung durch Forschung und Entwicklung und Weiterentwicklung von förderungswürdigen „Fragezeichen“ zu „Sternen“ von morgen bzw. zu „Milchkühen“ von übermorgen erfolgen. Andererseits werden im Rahmen der unternehmensexternen Wachstumssicherung Akquisitionen in neue aussichtsreiche Tätigkeitsfelder getätigt und anschließend in das Portfolio integriert. Abschließend wird eine Bewertung der Vier-Felder-Matrix vorgenommen. Die BCG-Matrix ist ein relativ einfaches Modell, da nur wenige Informationen zu deren Erstellung benötigt werden. Darin wird allgemein auch ein



1. Marktfeldstrategien141

Abb. 78: Mögliche Wachstumsstrategien im Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Wittek, 1980, S. 142)

grundlegender Nachteil gesehen. Die strategiebeeinflussenden Faktoren werden in einem Höchstmaß auf nur zwei Faktoren verdichtet, auf die Unternehmenskomponente relativer Marktanteil und die Umweltkomponente Marktwachstum. Allerdings berücksichtigt die BCG-Matrix zusätzlich die Kosten(Erfahrungskurve) und Wettbewerbsposition sowie indirekt auch die Position im Produktlebenszyklus (siehe Abb. 79). Des Weiteren kann die recht grobe Einteilung in nur vier Quadranten ein Nachteil sein. Angenommen ein Unternehmen hat zwei SGF im Dog-Quadranten, wobei das eine links oben und

E. Marketingstrategien

Zukünftiges Marktwachstum

niedrig

hoch

142

II. Stars (Sterne)

I. Question Marks (Fragezeichen)

III. Cash Cows (Milchkühe)

IV. Dogs (Arme Hunde)

hoch

Relativer Marktanteil

niedrig

Produktlebenszyklus (normaler Verlauf) Produktlebenszyklus (bei gescheiterter Neueinführung)

Abb. 79: Portfoliomodell der BCG-Group mit integrierten PLZ-Verläufen (Becker, 2019, S. 425)

das andere rechts unten positioniert ist. Für beide Geschäftsfelder empfiehlt sich die Normstrategie der Desinvestition, obwohl das Marktwachstum des einen Geschäftsfeldes nahe am durchschnittlichen Marktwachstum liegt und nur einen geringeren absoluten Marktanteil als der Marktführer aufweist. 1.5.2.2 Marktattraktivität-Relative Wettbewerbsposition-Portfolio nach McKinsey Die Kritikpunkte an dem BCG-Portfolio haben weitere Formen der Portfolioanalyse entstehen lassen. Beispielsweise ist das Marktattraktivität-Relative Wettbewerbsposition-Portfolio von McKinsey mit folgenden Unterschieden zur BCG-Matrix entwickelt worden: –– Das Portfolio ist formal als Neun-Felder-Matrix gestaltet. Die Unterteilung der Achsen wird jeweils um eine Ausprägung auf niedrig, mittel und hoch erweitert. Daraus ergibt sich eine höhere Genauigkeit bei der Portfolio­ positionierung der SGF. –– Im Rahmen der Marktattraktivität und der relativen Wettbewerbsposition wird eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, die für eine Wirksamkeit einer Strategie ausschlaggebend sind.



1. Marktfeldstrategien143

Folgende Hauptfaktoren sind im Rahmen der Marktattraktivität zu beachten (siehe dazu u. a. Hinterhuber, 1977, S. 70 bzw. 1989, S. 112 ff.): –– Marktwachstum und Marktgröße, –– Marktqualität, –– Energie- und Rohstoffversorgung, –– Umweltsituation. Die relative Wettbewerbsposition beinhaltet die folgenden Hauptfaktoren (siehe dazu u. a. Hinterhuber, 1977, S. 74 bzw. 1989, S. 114 ff.): –– Relative Marktposition, –– relatives Produktionspotential, –– relatives Forschungs- und Entwicklungspotential, –– relative Qualifikation der Führungskräfte und Mitarbeiter. Diese Hauptfaktoren setzen sich wiederum aus einer Vielzahl von Einzelaspekten zusammen, die über umfangreiche interne oder externe Datenerhebungen gewonnen werden müssen. Unternehmens- und/oder marktspezifische Erweiterungen bzw. Verfeinerungen sind dabei möglich und vielfach auch sinnvoll. Die Positionierung der einzelnen strategischen Geschäftsfelder wird mit Hilfe des Punktbewertungsverfahrens durchgeführt. Nach Festlegung der relevanten Einflussfaktoren müssen für diese zunächst Bewertungsskalen definiert werden. Bei Bedarf können die einzelnen Faktoren anschließend gemäß ihrer Bedeutung unterschiedlich gewichtet werden. Für jedes SGF erfolgt im nächsten Schritt eine Punktbewertung anhand der Skalen der einzelnen Einflussfaktoren. Nach Multiplikation mit dem entsprechenden Gewichtungsfaktor wird die gewichtete Punktzahl pro Einflussfaktor und SGF ermittelt. Abschließend wird durch Addition der gewichteten Punktzahlen die gewichtete Gesamtpunktzahl für jedes SGF berechnet. Die Abb. 80 und 81 veranschaulichen diese Vorgehensweise. Zugrunde liegt wiederum das Beispiel der Brauerei, wobei sich ausschließlich auf die Geschäftsfelder B und C konzentriert wird. Beide SGF sind im BCG-Portfolio im Bereich der Question Marks positioniert worden. Durch die nun folgende Analyse soll die zu treffende strategische Selektionsentscheidung zwischen den beiden Geschäftsfeldern noch einmal abgesichert werden. Die Produktsegmente A und D werden nicht mehr positioniert, da eine eindeutige Zuordnung zur Zone der Mittelfreisetzung (D) bzw. zur Zone der Mittelbindung (A) gegeben ist.

144

E. Marketingstrategien

Abb. 80: Ergebnisse zur Analyse der relativen Wettbewerbsposition der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 123 f.)

Abb. 81: Ergebnisse zur Analyse der Marktattraktivität der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 124)



1. Marktfeldstrategien145

Aufgrund der in den Abb. 80 und 81 ermittelten Koordinatenwerte für die beiden Geschäftsfelder B und C können diese in die Neun-Felder-Matrix eingetragen werden (siehe Abb. 82). Geschäftsfeld B ist in einem attraktiven Markt, nimmt eine mittlere Wettbewerbsposition ein und zeigt Vorteile gegenüber dem Hauptwettbewerber. Geschäftsfeld C befindet sich in einem deutlich weniger attraktiven Markt und weist bezüglich der Wettbewerbsposition absolut und relativ zum Hauptwettbewerber gesehen eine insgesamt ungünstige Position auf.

Abb. 82: Ist-Portfolio für ein konkretes Unternehmen (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 125)

Das McKinsey-Portfolio unterscheidet für die Ableitung von Normstrate­ gien bestimmte Zonen, anhand derer die jeweilige strategische Stoßrichtung bestimmt werden kann (siehe Abb. 83). Die Felder oberhalb der Matrixdiagonalen repräsentieren die Zone der Mittelbindung. Als Normstrategien bieten sich die Investitions- und Wachstumsstrategien an. Bei einer Positionierung in den Feldern links unten in der Zone der Mittelfreisetzung empfiehlt sich die Abschöpfungs- bzw. Desinvestitionsstrategie. Befinden sich Geschäftsfelder auf der Diagonalen, kommen so genannte selektive Strategien zum Einsatz. Die konkrete Strategieentscheidung muss jeweils markt- und unternehmensspezifisch abgeleitet werden. Bezogen auf das Beispiel der Brauerei kommt die Neun-Felder-Matrix zu demselben Ergebnis wie die Vier-Felder-Matrix. Die Desinvestitionsentscheidung für Geschäftsfeld C auf Basis der Positionierung in dem BCG-Portfolio

146

E. Marketingstrategien

Abb. 83: Grundschema der Neun-Felder-Matrix und typische Normstrategien (Becker, 2019, S. 434)

wird durch die ermittelte Lage des Geschäftsfeldes in der Zone der Mittelfreisetzung innerhalb der McKinsey-Matrix bestätigt. Für Geschäftsfeld B empfiehlt sich dagegen, analog zur Strategieempfehlung der BCG-Matrix, eine Investitions- und Wachstumsstrategie. Die Ergebnisse der Portfolioanalyse liefern die Auswahl und Steuerung der Produkt-/Marktsegmente. Die Neun-Felder-Methode beinhaltet allerdings ein gewisses Maß an Subjektivität, die sich auf die Auswahl, Gewichtung und Bewertung der strategiebeeinflussenden Faktoren bezieht (siehe dazu u. a. Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 103). Gefahren einer Fehlanwendung bzw. die Ableitung falscher Strategien können allerdings durch eine kombinierte Anwendung der Vier- und Neun-Felder-Matrix weitgehend reduziert werden. Des Weiteren kann es Probleme bei den zur Verfügung stehenden Daten bezüglich der verschiedenen Unternehmens- und Umweltkomponenten geben. In diesem Zusammenhang ist auch ein entsprechender Beschaffungsaufwand zu berücksichtigen. Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 412– 435.



1. Marktfeldstrategien147

Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 70–82. Haedrich, Günther/Tomczak, Torsten: Produktpolitik, Stuttgart u. a. 1996, S. 114–126. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 90–108. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994, S. 126–138; 339–357. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 312–315. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 118–149; 153–154; 284–295. Kontrollfragen 1) Bewerten Sie den Beitrag, den die GAP-Analyse bei marktfeldstrategischen Entscheidungen liefern kann! 2) BCG-Portfolio: Ein größerer Marktanteil beeinflusst in der Regel entscheidend die Rentabilität einer strategischen Geschäftseinheit. Erläutern Sie die drei Kostensenkungspotentiale, die aus der Erzielung eines hohen Marktanteils resultieren! 3) Bewerten Sie das BCG-Portfolio anhand von Vor- und Nachteilen! 4) Beschreiben Sie zwei wesentliche Unterschiede zwischen der McKinseyund der BCG-Matrix! 5) Ein Unternehmen hat vier strategische Geschäftsfelder (SGF) abgegrenzt. Folgende Daten sind gegeben: SGF

A

B

C

D

Summe

Marktvolumen 2021 (Mio. €)

23

20

11

6

60

Marktvolumen 2026 (Mio. €)

24

22

16

8

70

Marktanteil 2021 eigenes SGF ( %)

22

20

13

7

Marktanteil 2021 stärkster Wettbewerber ( %)

15

25

26

21



Umsatz 2021 eigenes SGF (Mio. €)



Erstellen Sie das Ist-Portfolio in einem zweidimensionalen Koordinatensystem! Berechnen Sie den Umsatz 2021 für die SGF sowie den gesamten Marktanteil des Unternehmens!

148

E. Marketingstrategien

6) Die „Bleib Fit AG“ stellt nicht-alkoholische Getränke für den europäischen Markt her. Das Unternehmen hat vier Produktsegmente (= Strategische Geschäftsfelder) in ihrem Portfolio: –– Produktsegment A: „Fitcola“: Cola, –– Produktsegment B: „Fitmineral“: Mineralwasser, –– Produktsegment C: „Fitlimo“: Limonade, –– Produktsegment D: „Fitcitro“: Zitronensprudel. Für die einzelnen Produktsegmente liegen folgende Informationen vor: Produkt­ segment

Umsatz 2021 Bleib Fit AG in Mio. €

Marktvolumen 2021 in Mio. €

Marktwachstum 2021–2026 p. a.

Umsatz 2021 Stärkster Konkur­ rent in Mio. €

A

118

420

0 %

190

B

350

1.100

1 %

310

C

28

75

2 %

27

D

380

1.600

4 %

280

Das Marktvolumen für das Jahr 2026 wird 3.703 Mio. € betragen. a) Erstellen Sie ein Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (BCG-Portfolio) und zeichnen Sie die vier Produktsegmente der „Bleib Fit AG“ ein! b) Erläutern Sie auf Basis des erstellten Ist-Portfolios zukünftige strategische Stoßrichtungen (Normstrategien) für die vier Produktsegmente! c) Beurteilen Sie das Portfolio der „Bleib Fit AG“ hinsichtlich finanzieller Ausgeglichenheit und Zukunftssicherung für das Unternehmen! d) Der Marketingleiter der „Bleib Fit AG“ hat Produktsegmente als Strategische Geschäftsfelder (SGF) definiert. Eine Alternative zur Bildung von SGF stellen Marktsegmente dar. In welchen Fällen sollten Marketingleiter Produktsegmente bzw. Marktsegmente als SGF definieren? Begründen Sie! e) Begründen Sie, warum der Marktanteil und das Marktwachstum bei dem BCG-Portfolio als Achsenbezeichnungen ausgewählt wurden! 7) a) McKinsey-Portfolio: Ermitteln Sie die Ist-Positionierung für ein Strategisches Geschäftsfeld (SGF) anhand der folgenden Daten, und zeichnen Sie die SGF in ein Portfolio!



1. Marktfeldstrategien149 Gewichtung %

Bewertung (0–100 Punkte)

Marktwachstum

30

30

Marktgröße

20

80

Preisniveau

35

100

Konkurrenzintensität

15

100

Summe

100

Marktattraktivität

Bewertung

Relative Wettbewerbsposition Gewichtung %

(0–100 Punkte)

Marktanteil

35

50

Produktimage

20

50

Vertriebsstärke

20

40

Forschungs-Know-how

25

30

Summe

100

b) Kennzeichnen Sie die Felder für die Selektiven Strategien im Portfolio! Erläutern Sie die Selektiven Strategien! c) Nennen Sie jeweils drei weitere Faktoren, die im Rahmen der Bewertung der Marktattraktivität bzw. der relativen Wettbewerbsposition eine Rolle spielen können! d) Beschreiben Sie zwei Nachteile des McKinsey-Portfolios! 8) Das Unternehmen Blau bietet in Russland Phosphate und Vitamine als Futtermittelzusatzstoffe für die Landwirtschaft an. Der Markt für Futtermittelzusatzstoffe teilt sich derzeit (2021) in vier Marktsegmente auf. Zwecks Ableitung der zukünftigen Marketingstrategien für die einzelnen Marktsegmente will Blau ein Portfolio nach McKinsey verwenden. Für die Bewertung der Marktattraktivität liegen folgende Informationen vor: Marktsegment

Marktvolumen Marktwachstum Konkurrenzdruck 2021 (Mio. €) 2021–2026 ( % p. a.) Zahl der Wettbewerber)

Prämixer

10

–5

1

LPGs

25

0

4

Mischfutterbetriebe

30

1

3

Privat-Betriebe

15

5

5

150

E. Marketingstrategien

a) Entwickeln Sie jeweils eine Ratingskala für die drei Kriterien! Gehen Sie dabei nach folgendem Muster vor: 1

2

3

4

5

Niedrigste Punktzahl

Höchste Punktzahl

b) Bewerten Sie die einzelnen Marktsegmente hinsichtlich der Kriterien! Führen Sie Gewichte für die einzelnen Bewertungskriterien ein! Berechnen Sie die Summe der gewichteten Punktzahlen! Anmerkung: Der maximal zu erreichende gewichtete Gesamtpunktwert beträgt 5. Gewichtete Punktzahl Marktsegment

Gewicht

Prämixer

LPGs

Mischfutter­ betriebe

Privat­ betriebe

Marktvolumen Marktwachstum Konkurrenzdruck Summe

Um den Koordinatenwert in Prozent für die Marktattraktivität für jedes Marktsegment zu berechnen, dividieren Sie die gewichtete Punktzahl des jeweiligen Marktsegmentes durch den maximal zu erreichenden gewichteten Gesamtpunktwert! c) Für die Dimension Wettbewerbsvorteil des Portfolios haben sich pro Marktsegment folgende gewichtete Gesamtpunktwerte ergeben: Marktsegment

Gewichtete Gesamtpunktzahl

Prämixer

4

LPGs

2

Mischfutterbetriebe Privat-Betriebe

1,5 1

Anmerkung: Der maximal zu erreichende Gesamtpunktwert beträgt ebenfalls 5. Nennen Sie vier Kriterien, die im Rahmen der Bewertung der Dimension Wettbewerbsvorteil herangezogen werden können!



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung151

d) Zeichnen Sie das Portfolio nach McKinsey! Beschriften Sie die Achsen und zeichnen Sie pro Achse die Trennungslinien ein! Positionieren Sie die vier Marktsegmente anhand der berechneten Koordinaten in das Portfolio! e) Welche zukünftigen Normstrategien empfehlen Sie für die einzelnen Marktsegmente? Begründen Sie! Beurteilen Sie die generelle Struktur Ihres Portfolios!

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung Nachdem ein Unternehmen seine Produkt-/Marktkombinationen (Marktfelder) festgelegt hat, muss es nun sein Angebot im Vergleich zu den Wettbewerbern differenzieren, um sich im Markt erfolgreich zu positionieren. Unter Positionierung wird allgemein das Bestreben eines Unternehmens verstanden, sein Angebot so zu gestalten, dass es im Bewusstsein der Zielkunden einen besonderen und geschätzten Platz einnimmt. In diesem Zusammenhang werden in der Literatur zahlreiche Ansätze zum wettbewerbsstrategischen Vorgehen diskutiert. Beispielsweise gehen die sehr bekannten Methodiken von Becker (2019, S. 179 ff.) und Porter (2010, S. 37 ff.) lediglich von zwei inhaltlichen Wettbewerbsstrategien aus. Entweder positionieren sich Unternehmen durch eine überlegene Leistungsqualität oder einen Preisvorteil. Analysiert man das Wettbewerbsverhalten der Unternehmen in den unterschiedlichsten Märkten, lassen sich aber vielfältige Differenzierungsansätze gegenüber Konkurrenten erkennen. In Anlehnung an Kotler/Keller/Bliemel (2007, S. 400 ff.), Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß (2019, S. 340 ff.) und Schaper (2008, S. 129 ff.) wird deshalb der folgende Systematisierungsansatz entwickelt, wobei die Präferenzstrategie weitere strategische Dimensionen unterscheidet. Als ein weiterer integraler Bestandteil der unternehmerischen Wettbewerbsstrategien werden Nachhaltigkeitsstrategien betrachtet. Preis-MengenStrategie • StandardQualitäten zu niedrigen Preisen

Präferenzstrategien

Nachhaltigkeitsstrategie

•  Innovationen •  Hohe Produktqualität • Einzigartiges Produkt-/ Verpackungsdesign •  Programmumfang • Umfangreiche Serviceleistungen •  Spezielles Vertriebssystem •  Positives Markenimage

• Dominante Positionierung • Gleichberechtigte Positionierung • Flankierende Positionierung

Abb. 84: Systematik der Wettbewerbsstrategien

152

E. Marketingstrategien

Die in den Märkten von den Unternehmen verfolgten Wettbewerbsstrategien können dabei eine oder mehrere dieser strategischen Ansätze umfassen. Doch zunächst werden die einzelnen strategischen Grunddimensionen näher betrachtet.

2.1 Preis-Mengen-Strategie Die auch als Niedrigpreisstrategie bezeichnete Preis-Mengen-Strategie sieht den aggressiven Einsatz der preis- und konditionenpolitischen Instrumente vor, um die Preiskäufer in einem Markt anzusprechen. Diese Käufer erwarten eine bestimmte Mindestqualität von einem Angebot und wählen dann diejenige Alternative unter den konkurrierenden Marken aus, welche den günstigsten Preis aufweist (Becker, 2019, S. 180). Folglich ist die angebotene Produktqualität eher durchschnittlich, aber keinesfalls schlecht. Dieses als Discounting bekannte strategische Geschäftsmodell ist nicht nur im Lebensmittelhandel (z. B. Norma, Penny) zu finden, sondern auch bei Finanzdienstleistern (z. B. CosmosDirekt) und Fluggesellschaften (z. B. Ryanair, EasyJet) (Diller/Beinert/Ivens/Müller, 2021, S. 260). Grundlage für die Verfolgung einer Preis-Mengen-Strategie ist eine entsprechend günstige Kostenstruktur, welche vor allem aus der Realisation von mengen- sowie erfahrungsbedingten Kostendegressionen resultiert sowie durch die Nutzung von Economies of Scope entsteht. Hohe Absatzvolumina und ein weitgehender Standardisierungsgrad der zu produzierenden und zu vermarktenden Güter sind wichtige Voraussetzungen für den Einsatz dieser Strategie. Erforderlich ist eine Reduzierung der Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens, da sonst dauerhaft kein Gewinn erwirtschaftet werden kann (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 348): –– Beschaffung: Höhere Nachfragemengen und Rabatte lassen sich durch die Verringerung der Anzahl der Zulieferer (Single Sourcing) realisieren. Kostengünstigere Einkaufsmöglichkeiten ergeben sich auch im Rahmen des Global Sourcing durch einen weltweiten Materialeinkauf. –– Beschaffung: Durch eine produktionssynchrone Teileanlieferung im Rahmen von Just-in-Time-Konzepten kann die Kapitalbindung im Material­ lager verringert werden bzw. lassen sich Lagerkosten einsparen. –– Produktion: Die gemeinsame Nutzung von Komponenten und Technolo­ gien führt zu Kostenvorteilen. In der Automobilindustrie werden z. B. identische Motoren bzw. dieselben Bodengruppen in unterschiedlichen Modellen eingebaut. Des Weiteren werden effiziente Durchlaufzeiten durch den Einsatz neuester Verfahren und Produktionstechniken erreicht.



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung153

–– Forschung und Entwicklung: Beispielsweise verzichten Generika-Anbieter im Pharmamarkt auf kostenintensive Forschung und Entwicklung. Unternehmen wie ratiopharm, Hexal und Stada produzieren und verkaufen Medikamente erst dann, wenn der Patentschutz für die forschenden Pharmaunternehmen abgelaufen ist und die Substanzen frei hergestellt werden dürfen (Kreutzer, 2017, S. 170). –– Vertrieb: Vertriebskosten können beispielsweise auf ein Minimum durch den Telefonverkauf oder den Verkauf über das Internet reduziert werden. Durch die Implementierung kosteneffizienter Teilprozesse können Kostenvorteile realisiert und in Form von Preisvorteilen an die Kunden weitergegeben werden. Sehr erfolgreich hat dieses Vorgehen die Fluggesellschaft Ryan­ air umgesetzt. So rechtfertigt Ryanair ihre Niedrigpreise dadurch, dass sie die Leistungen auf die wichtigsten und dringendsten Kundenbedürfnisse reduzieren: der sichere und pünktliche Transport der Passagiere von A nach B. Beispielsweise existieren weder Frequent Flyer Programme noch gibt es einen Inclusive-Service an Bord. Darüber hinaus werden nur Direktflüge auf ausgewählten aufkommensstarken Kurzstrecken angeboten. Es gibt keine Zwischenstopps und keine zeitaufwendigen Anschlussflüge. Ryanair fliegt häufig kleinere Flughäfen mit geringen Gebühren und schneller Abfertigung an. Kosteneinsparungen erfolgen auch im Vertrieb, da die Flugtickets größtenteils per Internet verkauft werden (Simon, 2001, S. 70). Durch diesen No-FrillsAnsatz („No Frills“ bedeutet kein „Schnickschnack“) konnten Low-CostCarrier wie Ryanair, EasyJet und Eurowings erfolgreich in die Domäne der Full-Service-Carrier eindringen und neue Kundenschichten erschließen (Kreutzer, 2017, S. 170).

2.2 Präferenzstrategien Ziel der Präferenzstrategie ist es, funktional identische oder sehr ähnliche Produkte künstlich zu individualisieren, um sich auf diese Weise von der Konkurrenz abzuheben (Becker, 2019, S. 182). Es sollen Vorzugsstellungen (Präferenzen) bei den Kunden durch den Einsatz aller nicht-preislichen Marketingmaßnahmen geschaffen werden. Zur Differenzierung bieten sich im Rahmen der Marketinginstrumente die folgenden Ansätze an: –– Produktpolitik: Innovationen, hohe Produktqualität, einzigartiges Produkt-/ Verpackungsdesign, Programmumfang, umfangreiche Serviceleistungen, –– Vertriebspolitik: spezielles Vertriebssystem, –– Kommunikationspolitik: positives Markenimage.

154

E. Marketingstrategien

2.2.1 Innovationen Die Wettbewerbsstrategie der Innovationsorientierung ist hauptsächlich durch hohe F&E-Kosten in Relation zum Umsatz, durch einen hohen Anteil neuer Produkte im Produktprogramm sowie durch eine Pionierposition im Markt charakterisiert. Ein Paradebeispiel für ein sehr innovatives Unternehmen ist die BASF, die 2020 ca. 10.000 Mitarbeiter weltweit in Forschung und Entwicklung beschäftigt. Bei ca. 2 Mrd. € F&E-Aufwendungen wurden 950 Patente weltweit angemeldet (BASF, 2021, S. 35 ff.). Der wettbewerbsstrategische Vorteil hängt nicht nur von einer innovativen Leistung, sondern auch vom frühen Zeitpunkt der Markteinführung (strategisches Timing) ab. Folgende typische Markteintrittsmuster lassen sich unterscheiden: –– First-to-Market-Strategie (Pionierstrategie), –– Second-to-Market-Strategie (Frühfolgerstrategie) und –– Later-to-Market-Strategie (Spätfolgerstrategie) (Crawford, 1983). Die verschiedenen Markteintrittsmuster können nach den Kriterien Situation, Chancen und Risiken beschrieben und abgegrenzt werden (siehe Abb. 85).

Abb. 85: Situation, Chancen und Risiken des Markteintritts (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 379 ff.)



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung155

Als weitere Chancen einer Pionierorientierung sind die frühzeitige Entwicklung von Markt-Know-how (Erfahrung) und der Aufbau eines fortschrittlichen Technologieimages zu werten, wie dies vielfach den japanischen Automobilherstellern aufgrund der Einführung des Hybridantriebs zugeschrieben wird (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 341). Beispielsweise hatte Toyota mit dem Modell Prius den ersten massentauglichen PKW mit Hybridantrieb. Ein zusätzliches Risiko der Spätfolgerorientierung stellen geringe Erfolgsaussichten aufgrund schon hoher Eintrittsbarrieren im Markt dar. Durch den Zwang zur technischen und marktbezogenen Imitation fällt die Innovationsorientierung für Spätfolger als aktiv verfolgte Strategie weg. Im Pharmamarkt sind Generika ein Beispiel für das Verfolgen einer solchen ­Me-too-Strategie. Hier werden Wirkstoffinhalte von Medikamenten mit Markennamen kopiert und Medikamente wie z. B. ASS Ratiopharm als Duplikat des ursprünglich von Bayer entwickelten Aspirins in den Markt eingeführt. Beide Medikamente enthalten den gleichen Wirkstoff. Für die Realisierung von Innovationsvorteilen müssen folgende Erfolgs­ voraussetzungen gegeben sein: –– Gezieltes Wissensmanagement: Wichtig ist die Schaffung eines für Innovationen notwendigen Wissensstandes, der auch durch Zukauf von Basisinnovationen erfolgen kann, sowie die Steuerung des Zugriffs auf vorhandenes Know-how. –– Definition von Innovationszielen: Die Festlegung von Umsatzanteilen für Neuprodukte dokumentiert beispielsweise das an Innovationen ausgerichtete unternehmerische Handeln. –– Innovationsgerichtetes Schnittstellenmanagement: Die Umsetzung ist durch eine markt- und kundenorientierte Ausgestaltung der Forschung und Entwicklung möglich, indem an den Wünschen, Erwartungen und Problemen der Abnehmer angesetzt wird und entsprechende Problemlösungen angeboten werden. –– Förderung der innovationsgerichteten Aktivitäten der Mitarbeiter: Dies umfasst die Akzeptanz von Innovationsmisserfolgen, die Einrichtung von am Innovationsgrad ausgerichteten Entlohnungssystemen sowie das Einräumen eines gewissen zeitlichen Spielraums für die Verfolgung eigener F&E-Aktivitäten. –– Möglichst vollständige Einbehaltung der Innovationserträge im Unternehmen: Durch z. B. Patente und strikte Geheimhaltung müssen die Innova­ tionsvorsprünge im Unternehmen abgesichert werden (Perlitz, 1988, S. 61 ff.; Albach, 1990, S. 777). Durch neue Kommunikationstechnologien wird es zunehmend möglich, Nachfrager in die Wertschöpfungsprozesse eines Unternehmens zu integrieren. Im Rahmen des Produktinnovationsprozesses vollzieht sich die Zusam-

156

E. Marketingstrategien

menarbeit zwischen Unternehmen und Kunden mit dem Ziel einer kundenorientierten Produktentwicklung für einen größeren Abnehmerkreis. So werden durch Formen des Crowdsourcing Internetteilnehmer weltweit aufgerufen, einen Beitrag zur Problemlösung oder Produktinnovation für ein Unternehmen zu leisten (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 343). Ein sehr erfolgreiches Crowdsourcing-Projekt hat das Unternehmen Griesson – de Beukelaer im Jahr 2011 mit „Back dir deinen Traumprinzen“ durchgeführt. In einem ersten Schritt (Crowdcreation) wurden User über die FacebookFanpage aufgerufen, eine neue Rezeptur für die Prinzenrolle zu entwickeln. Bei der Cremefüllung hatten die Teilnehmer eine Auswahl aus drei verschiedenen Varianten des Kekses und 140 verschiedenen Geschmacksrichtungen. Im zweiten Schritt, dem Crowdvoting, traf eine aus Mitarbeitern und mehreren Facebook-Fans bestehende Jury eine Vorauswahl aus über 5.000 Vorschlägen. Diese standen anschließend auf der Facebook-Fanpage zur Abstimmung. Die Gewinner-Rezeptur „Weißer Kokostraum“ war im Sommer 2012 als limitierte Fanrolle erhältlich (Griesson – de Beukelaer, 2011). 2.2.2  Hohe Produktqualität Die Gestaltung der Produktqualität ist ein zentraler Bereich zur Erfüllung des Kundennutzens. Folglich stellt sie eine wichtige Strategiedimension zur inhaltlichen Festlegung der Positionierung dar. Allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen zum Begriff der Produktqualität. Die objektive oder technische Qualität bezieht sich dabei auf anbieterbezogene Aspekte, d. h. auf physikalische und chemische Eigenschaften eines Produktes, z. B. Größe, Gewicht, Material, technische Leistung bei einem technischen Gebrauchsgut oder Rezepturbestandteile bei Nahrungs- und Genussmitteln. Diese Eigenschaften beeinflussen die individuelle Nutzenerfüllung der Nachfrager in bestimmten Verwendungs- und Verbrauchssituationen. Damit ist die subjektive, abnehmerbezogene Qualität angesprochen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 342 ff.), welche sich beispielsweise bei einem technischen Produkt in den Nutzendimensionen Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, Präzision, Bedienungsfreundlichkeit und leichte Reparatur ausdrücken lässt. Bei Nahrungsmitteln sind vor allem Eigenschaften wie Geschmack, Frische, Verträglichkeit und Genuss gemeint (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 262). Bei der Ausgestaltung der Produktqualität müssen Anbieter folglich konsequent vor Augen haben, welche kundenbezogenen Nutzendimensionen dadurch erfüllt werden. Will sich ein Unternehmen also im Markt gegenüber seinen Konkurrenten über das Angebot einer hohen Produktqualität differenzieren, ist diese immer als subjektive, abnehmerbezogene Qualität definiert.



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung157

Die Produktqualität kann sich im engeren Sinne auf den Produktkern (Produktleistung) und die Produktausstattung (Produktfeatures) beziehen. Mit Hilfe der Produktleistung werden die wesentlichen Leistungsanforderungen der Kunden erfüllt. Ein Mercedes bietet z. B. im Vergleich zu einem Volkswagen eine höhere Produktqualität, wenn die Fahrt mit ihm weniger anstrengend ist, wenn sich der Mercedes im Verkehr einfacher beherrschen lässt, schneller beschleunigt und mehr Sicherheit bietet. Mit Hilfe von Ausstattungsmerkmalen (Produktfeatures) kann dem Kunden auch noch ein Zusatznutzen gestiftet werden. Beispielsweise bietet der Automobilhersteller Audi bei seinem Modell Q3 u. a. die folgenden zusätzlichen Ausstattungselemente an: PanoramaGlasdach, Navigationsgerät, Parkassistent mit Umgebungsanzeige, Klima­ automatik mit sonnenstandsabhängiger Regelung, Scheibenreinigungsanlage. Mit guten oder hochwertigen Produktqualitäten zu entsprechend hohen Preisen werden vor allem die so genannten Markenkäufer angesprochen. Diese vergleichen in der Regel die Nutzen stiftenden Leistungseigenschaften konkurrierender Marken und bevorzugen bestimmte Marken, weil diese aus ihrer Sicht bestimmte präferenzwirksame Leistungsmerkmale aufweisen (Becker, 2019, S. 180). Der Preis spielt für Qualitätskäufer im Rahmen der Kaufentscheidung zwar eher eine untergeordnete Rolle, überteuerte Angebote werden Kunden mit entsprechender Marktkenntnis allerdings nicht kaufen (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 591). Eine hohe Produktqualität ist charak­ teristisch für Hausgeräte von Miele. So funktionieren z. B. Miele Wasch­ maschinen nach einer Lebensdauerprüfung von fast 5.000 Waschgängen (ca. 20 Jahre) noch einwandfrei. Eine hochwertige Produktqualität bieten auch Mikrobrauereien mit besonderen Spezialbiersorten für regionale Märkte an. Im Gegensatz zu dem Industriebier von Heineken und Interbrew, das geschmacklich aufgrund von standardisieren Einsatzstoffen und kostenoptimierten Brauverfahren wenig differenziert ist, zeigen die Spezialbiersorten erhebliche geschmackliche Unterschiede bei den Hopfensorten und anderen Zutaten sowie im Ablauf und Dauer des Brauprozesses (Büchler, 2014, S. 112). Für den Erfolg einer Qualitätsstrategie spielt auch die Innovationsfähigkeit des Unternehmens eine zentrale Rolle. Folglich lassen sich die Differenzierungsstrategien Innovations- und Qualitätsorientierung in der Praxis sehr gut miteinander kombinieren. 2.2.3  Einzigartiges Produkt-/Verpackungsdesign Die zunehmende Angleichung der technisch-funktionalen Produktqualitäten zeigt sich auch bei den Testergebnissen der Stiftung Warentest, die 85 % aller Produkte mit gut und sehr gut bewertet. Somit rückt das äußere Erschei-

158

E. Marketingstrategien

nungsbild eines Erzeugnisses, das Produktdesign, mit den Gestaltungselementen Produktform, Produktfarbe und Materialauswahl (z. B. Holz, Glas, Leder etc.) immer mehr in den Fokus der vermarktenden Unternehmen. Beispielsweise dominieren heute beim Handy-Kauf das Design und die Marke weit vor den technischen Produktfeatures (Esch, 2007, S. 35). Durch das Design wird im Wesentlichen mitbestimmt, wie gut ein Produkt aussieht und wie sich der Käufer damit fühlt. Ein herausragendes Design schafft nicht nur Aufmerksamkeit und Vorzugsstellungen bei den Kunden. Mit diesen ästhetischen Produkten lässt sich ein erhebliches Preis-Premium im Markt erzielen. Unternehmen wie Apple (Computer), Bang & Olufsen (Stereogräte) und Swatch (Uhren) haben eine besondere Reputation hinsichtlich des Designs ihrer Produkte. Deren einzigartiges Design kann auch nicht so leicht kopiert werden, da Stilelemente als Warenzeichen rechtlich geschützt werden können (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 414). Bei verpackungsbedürftigen Produkten, z. B. Lebens- und Körperpflegemittel, erfolgt die Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb durch die Verpackung selber. Um ein Produkt von Konkurrenzprodukten unterscheidbar zu machen, eröffnen vor allem die folgenden Verpackungsbestandteile einzeln und in kombinierter Form vielfältige Möglichkeiten: Material, Form, Größe, Farbe, Produktabbildungen und Illustrationen, Textgestaltung sowie Duft und akustische Reize (siehe dazu Kraus, 2017, S. 9 ff.). Das Material einer Verpackung kann beispielsweise aus Glas, Metallen, Papier/Karton oder Kunststoff bestehen. Hier bieten sich insbesondere Verpackungsmaterialien an, die für eine Produktart ungewöhnlich sind. So fallen Blechdosen bei Keksen nicht nur auf, sondern verleihen dem Produkt auch eine besondere Wertigkeit. Des Weiteren stellt insbesondere die Verpackungsform aufgrund ästhetischer Gesichtspunkte einen sehr wichtigen Differenzierungsansatz dar. Neben der geschwungenen Coca-Cola Flasche sind hier die WC Ente mit dem gebogenen Flaschenhals, das Dreiecksdesign von Toblerone und die bauchige Orangina Flasche zu nennen. Bei der Festlegung der Verpackungsgröße kann durch das Anbieten von Großpackungen für Familien sowie Kleinpackungen für Singles eine Abhebung vom Wettbewerb erfolgen. Z. B. verkauft das Unternehmen mymuesli ihre individualisierten persön­ lichen Produkte mit qualitativ sehr hochwertigen Biozutaten in einer einzig­ artigen 575g-Dose. Hier werden Verpackungsgröße und Verpackungsform in sehr erfolgreicher Art und Weise als Differenzierungsfunktion miteinander verknüpft. Gelingt es einem Unternehmen eine Farbe oder eine Farbkombination zum Bestandteil einer Marke zu machen, so ergibt sich hieraus der Vorteil der Wiedererkennbarkeit. So verknüpfen Konsumenten die Farbe Lila mit der Marke Milka, oder bei Nivea denkt man unmittelbar an die Farbe Blau mit



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung159

dem weißen Schriftzug. Vielfältige Möglichkeiten zur Differenzierung bieten auch Produktabbildungen und Illustrationen. Dass kann bei Backmischungen der fertige Kuchen sein, oder bei zielgruppenspezifischen Produkten können die Abbildung von Kindern oder Senioren entsprechende Aufmerksamkeit erregen. Auch die Textgestaltung einer Verpackung eröffnet ein enormes Differenzierungspotential. Beispielhaft seien hier signifikante Markenschriftzüge (Coca-Cola), Slogans aus der Kommunikation („Zewa – wisch und weg“) sowie Qualitäts- und Umweltsiegel (Stiftung Warentest-Siegel und Europäisches Bio-Siegel) erwähnt. Ein neuer Trend des Verpackungsdesign ist in Richtung Duft und Akustik zu erkennen. Durch eine Mikroverkapselung erzeugt ein an der Verpackung angebrachter Duftstreifen bei Reibung beispielsweise den Duft des Waschmittels Softly (Kraus, 2017, S. 15 ff.). Exkurs: Durch die neuen Kommunikationstechnologien ist es zunehmend möglich, die Nachfrager in den operativen Leistungserstellungsprozess zu integrieren, um individuelle Kundenwünsche in der Produktion zu berücksichtigen. Dieser Ansatz der Mass Customization beschreibt die kosteneffiziente Herstellung und Vermarktung von Produkten, die auf individuelle Bedürfnisse einzelner Kunden – im Extremfall eines einzigen Kunden – ausgerichtet sind. Die kundenindividuelle Massenproduktion verbindet somit die Vorteile der Massenfertigung mit denen der kundenspezifischen Einzelfertigung. Ein in der Mass Customization häufig verwendetes Konzept stellt das modulare Baukastenprinzip dar, bei dem standardisierte Komponenten zu einem kundengerechten Produkt zusammengesetzt werden. Beispielhaft sei hier der Computerhersteller Dell mit seinem Build-to-Order Prinzip zu nennen, bei dem sich Kunden aus definierten modularisierten Komponenten einen Rechner online konfigurieren. Lern- und Größenvorteile werden hier bei der Entwicklung und Produktion der standardisierten Bauteile erzielt (Schledz, 2009, S. 13 ff.). Ein Produkt-Konfigurator wird z. B. auch von mymuesli.com eingesetzt, um Kunden ihr persönliches Müsli kreieren zu lassen (Kreutzer, 2021a, S. 142). 2.2.4  Programmumfang: Generalist oder Spezialist In Abhängigkeit von der Programmbreite können Unternehmen breite oder schmale Sortimente anbieten. Positioniert sich ein Unternehmen beispielsweise als Generalist, dann soll durch das Angebot zahlreicher Produktarten bzw. Produktgruppen eine breite Abdeckung des Marktes erreicht werden. Dagegen konzentrieren sich Spezialisten bei der Vermarktung auf einen oder mehrere Sortimentsteile. Im Einzelhandel zählen SB-Verbrauchermärkte und Warenhäuser beispielsweise zu den Generalisten, da häufig „alles unter einem Dach“ angeboten wird. Die Betriebsformen Fachgeschäft und Spezialgeschäft zählen zu den Spezialisten, da sie sich auf eine Branche (z. B. Sport) bzw.

160

E. Marketingstrategien

einen Teil der Branche (z. B. Tennisartikel) mit ihrem Sortimentsangebot konzentrieren. Die Positionierung als Spezialist findet sich aber auch im Herstellerbereich. So grenzt sich z. B. Velux als Spezialist für Dachfenster und Zubehör von seinen Wettbewerbern ab. Die Generalistenstrategie wird von Sparkassen bei Finanzdienstleistungen verfolgt, was am Beispiel des Privatkundengeschäfts sehr gut zu erkennen ist. Hier werden Angebote in den folgenden Bereichen gemacht: Konten & Karten, Kredite, Sparen, Vermögensaufbau, Altersvorsorge, Bauen & Wohnen, Versichern, Finanzkonzept, Energiesparen, Rechner. Ein weiteres Beispiel stellt der PKW-Markt dar, in welchem Unternehmen vielfach ein Untermarkensystem zur Umsetzung der Generalistenstrategie verwenden. So umfasst die Dachmarke VW der Volkswagen AG u. a. die Einzelmarken Phaeton (Oberklasse), Passat (W8: gehobene Mittelklasse; Variant: Mittelklasse), Golf (untere Mittelklasse), Polo (Kleinwagen) und up! (Kleinstwagen). Eine Marke kann somit eine relativ breite Spanne von Preis-Leistungs-Verhältnissen abdecken (Schaper, 2017, S. 41). Die Generalistenstrategie ist mit einem hohen Ressourceneinsatz verbunden. Folglich besteht die Gefahr, dass Unternehmen mit einem breiten und differenzierten Programm einen Kostennachteil gegenüber Spezialisten haben. Die zunehmende Programmbreite und -tiefe führt zu überproportional ansteigenden Komplexitätskosten (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 346 f.). Mit der steigenden Zahl der Produktvarianten steigt die innerbetriebliche Komplexität und Ressourcenbindung in allen Unternehmensbereichen, die mit dem Produkt zu tun haben (Schaper, 2013b, S. 1283). So gibt es im Einkauf mehr Bestell-, Liefer- und Wareneingangskontrollvorgänge, in der Produktion entstehen beispielsweise erhöhte Rüstkostenanteile aufgrund kleinerer Lose. Aber auch im Marketing müssen für neue Produktvarianten Preise ermittelt und Verkaufsprospekte entworfen werden. Diese Kosten in der gesamten Wertschöpfungskette steigen, egal ob von einer Variante 100 oder 10.000 Einheiten produziert werden. Bei umfassenden Angebotsprogrammen kann aber auch eine gezielte Kostenreduktion durch die Realisierung von Synergien erreicht werden. So wird bei der Beschaffung, der Produktion und dem Vertrieb unterschiedlicher Produkte auf gemeinsames Know-how, gemeinsame Ressourcen (z. B. Maschinen), Vertriebskanäle oder Abnehmergruppen zurückgegriffen. In der Produktion kann z. B. ein Baukastenprinzip angewendet werden. Auf der Basis modularer Konzepte lassen sich große Stückzahlen bei der Produktion einzelner Komponenten realisieren, die dann in unterschiedlichen Kombinationen zusammengesetzt werden können (Meffert/Burmann/Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 347). In der Automobilindustrie spricht man in diesem Zusammenhang von einer Plattformstrategie. Verschiedene Fahrzeuge eines Herstellers



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung161

werden auf derselben Plattform aufgebaut, welche Bodenwanne, Motoren, Getriebe, Achsen, Schaltung, Abgasanlage etc. umfassen kann. Beispielsweise sind im Volkswagen Konzern die Modelle Volkswagen Golf und Beetle, Audi A3 und Audi TT, Skoda Oktavia sowie Seat Leon und Toledo auf einer gemeinsamen Plattform aufgebaut (Kreutzer, 2017, S. 170). 2.2.5  Umfangreiche Serviceleistungen Produkte mit hohem Commodity-Charakter bieten bekanntlich wenig Differenzierungspotential. Allerdings können Unternehmen sich durch den mit dem Produkt verbundenen Service, den produktbegleitenden Dienstleistungen, vom Wettbewerb abheben. Dabei liegt der Schlüssel zum Erfolg einerseits in der Qualität und andererseits im Umfang der angebotenen Serviceleistungen. Eine Erläuterung der Servicequalität erfolgt anhand ausgewählter Komponenten des Kundendienstservices (siehe dazu Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 418): –– Installation: Das Produkt wird am geplanten Einsatzort montiert und in Betrieb genommen. Dieser Service spielt nicht nur bei der Vermarktung von industriellen Maschinen oder Anlagen eine sehr wichtige Rolle. Auch sind Konsumenten beispielsweise beim Kauf eines neuen Heizungskessels auf die kompetente Installation durch einen Handwerkbetrieb angewiesen. –– Kundenschulung: Der Anbieter schult die Mitarbeiter der Kunden zwecks fachgerechter und effizienter Anwendung seiner Produkte und Ausrüstungsgegenstände. Z. B. bieten Softwarefirmen wie SAP Seminare an, um die Mitarbeiter ihrer Kunden im Umgang mit der gekauften Software auszubilden. –– Kundenberatung: Die anwendungstechnische Beratung ist insbesondere im Industriegüterbereich von elementarer Bedeutung, wenn das Personal des Kunden über kein oder nur wenig technisches Know-how hinsichtlich der eingekauften Produkte verfügt. –– Instandsetzung und Instandhaltung: Mit dieser Serviceleistung wird häufig die Zeitkomponente, d. h. die Reaktionszeit bei der Ausführung von Reparaturleistungen, angesprochen. Beispielsweise konnte sich der Maschinenhersteller Caterpillar durch die Einführung eines weltweiten 24-StundenErsatzteil-Servicenetzes ein Alleinstellungsmerkmal schaffen (Laker/Zin­ öcker, 2006, S. 46). –– Reklamationsbearbeitung: Durch z. B. Einrichtung gebührenfreier Telefonnummern, über die sich unzufriedene Kunden direkt an die Serviceabteilung wenden können, werden Hürden, die den Kunden davon abhalten sich zu beschweren, beseitigt. Gleichzeitig können die Mitarbeiter auf eine Be-

162

E. Marketingstrategien

schwerde reagieren, indem sie dem Kunden für einen Fehler eine Kompensation anbieten. Ebenso trägt der Lieferservice eines Anbieters in erheblichem Maße zur Erfüllung des Kundennutzens bei und bietet durch seine unterschiedlichen Komponenten vielfältige Möglichkeiten zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb (siehe dazu u. a. Specht/Fritz, 2005, S. 122 ff.): –– Lieferbereitschaft: Der Anteil der Kundenanfragen, die der Hersteller fähig ist, in der gewünschten Lieferzeit und Lieferform (Qualität, Menge) zu erfüllen. –– Lieferzuverlässigkeit: Der Anteil der Aufträge, die der Hersteller entsprechend der Auftragsvorgaben (Lieferzeit und Liefermenge) erfüllt. –– Lieferqualität: Der Anteil der Aufträge, die der Anbieter entsprechend der vereinbarten Eigenschaften des Produktes, seiner Verpackung und der Einhaltung der vereinbarten Lieferbedingungen (z. B. Hilfe bei der Entladung, Art und Inhalt der Lieferpapiere etc.) einhalten kann. –– Lieferflexibilität: Der Anteil der kurzfristigen Kundenanfragen (z. B. spe­ zielle Wünsche), auf die der Anbieter durch Umdisposition noch eingehen kann. –– Umweltgerechte Verpackungen und Rücknahme von Verpackungen im Rahmen der Entsorgungslogistik: Der Anteil umweltfreundlicher Verpackungen an den Gesamtverpackungen bzw. die Quote der Rücknahmemenge sollte möglichst hoch sein. Ein herausragender Lieferservice ist im Pharmabereich von grundlegender Bedeutung zur Differenzierung gegenüber Wettbewerbern. Beispielsweise verfügt der Pharmagroßhändler GEHE mit 18 Niederlassungen deutschlandweit über eines der modernsten Versorgungs- und Logistiksysteme für Arzneimittel. GEHE beliefert mehrmals täglich bundesweit rund 6.500 Apotheken und gewährleistet die jederzeitige Verfügbarkeit aller in Deutschland erhältlichen 128.000 verschiedenen Arzneimittel und apothekenüblichen Waren (www.gehe.de). Um sich von der Konkurrenz abzuheben, greift der Onlinehändler Amazon vor allem auf Lieferungsbedingungen zurück. So ist der Standardversand für Bestellungen über 29 € kostenlos. Für einen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 69 € erhalten Amazon Prime-Kunden neben einem kostenfreien Premiumversand weitere Vorteile: unbegrenztes Streaming von Filmen und Serienepisoden, Streaming von über zwei Millionen Songs sowie die Möglichkeit, Bücher aus dem Prime Reading Katalog auszuleihen (www.amazon.de). Serviceleistungen werden hauptsächlich durch Menschen, d. h. die Mitarbeiter, erbracht. Durch kompetentere und stärker motivierte Mitarbeiter im



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung163

Vergleich zum Wettbewerb können Unternehmen Wettbewerbsvorteile erringen. Durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen kann die Mitarbeiterqualifi­ kation, welche sich durch folgende Ausprägungsformen ausdrückt, verbessert werden: –– Fachkompetenz: Der Mitarbeiter besitzt das erforderliche Wissen und hat fachliches Geschick. –– Höflichkeit: Der Mitarbeiter ist gegenüber den Kunden freundlich, rücksichtsvoll und respektvoll. –– Vertrauenswürdigkeit: Der Mitarbeiter macht glaubwürdige Aussagen und gibt Ratschläge, denen man vertrauen kann. –– Zuverlässigkeit: Der Mitarbeiter erledigt seine Arbeiten für den Kunden pünktlich, korrekt und in der erwarteten Qualität. –– Geistige Beweglichkeit: Der Mitarbeiter reagiert umgehend auf Probleme und Anfragen der Kunden. –– Kommunikation: Der Mitarbeiter bemüht sich, den Kunden genau zu verstehen und mit ihm leicht verständlich zu kommunizieren (Kotler/Keller/ Bliemel, 2007, S. 419). 2.2.6  Spezielles Vertriebssystem Unternehmen haben auch die Möglichkeit, sich durch ein spezielles Vertriebssystem gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren. Beispielsweise können sich Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen, z. B. Avon (Kosmetik/Körperpflege), Vorwerk (Staubsauger), Eismann bzw. Bofrost (Tiefkühlprodukte) und Tupperware (Haushaltswaren), durch den direkten Vertrieb in Form von „Door to Door-Selling“ von ihrer Konkurrenz abheben. Bei Vorwerk wird das komplette Markenbild durch den Tür-zu-Tür-Verkauf ­bestimmt. Mit Hilfe von vielen für das Unternehmen arbeitenden Beratern, kombiniert mit einer hohen Kompetenz, soll ein hohes Level an Kunden­ beratung und -betreuung gewährleistet sein (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 419 f.). Mittlerweile verabschiedet sich Vorwerk nach Jahrzehnten vom Direktvertrieb. Es werden fest definierte Gebiete mit einem Berater eingeführt und Service-Center zu Flagship-Stores umgebaut (Garber, 2011, S. 64). Auch Amazon baut neben der sehr erfolgreichen Internet-Präsenz stationäre Geschäfte wie Amazon Books und Amazon Go auf, um auch auf diesen Wegen die Kunden umfassend mit eigenen Leistungen zu erreichen (Kreutzer, 2017, S. 3). Im Rahmen eines Multi-Channel-Vertriebs verkaufen Konsumgüterhersteller ihre Produkte heute in der Regel simultan über mehrere Absatzkanäle.

164

E. Marketingstrategien

Neben dem klassischen einstufigen Vertrieb über den Einzelhandel werden die Produkte auch in Online-Shops und eigenen Einzelhandelsgeschäften angeboten. Insbesondere der Aufbau von eigenen Shops bietet die Möglichkeit, als einzigartig und unverwechselbar von den Konsumenten wahrgenommen zu werden. Swarovski, der weltweit führende Hersteller von geschliffenem Kristall, hat diese Chance erkannt und weltweit Hunderte von SwarovskiShops eröffnet. Dabei kommt ein vom Unternehmen entwickeltes einheit­ liches Ladenbaukonzept zum Einsatz (Zentes/Neidhart, 2006, S. 32). 2.2.7  Positives Markenimage Bei der Definition von Marken hat sich in der heutigen Zeit eine wirkungsbezogene Sichtweise durchgesetzt. Im Fokus dieses Ansatzes stehen Einflüsse, die von Marken auf die Wahrnehmungen und Präferenzen der Kunden ausgehen und weitgehend deren Kaufverhalten bestimmen. Demnach sind alle Produkte dann Marken, wenn sie ein klares, unverwechselbares Image bei den Kunden aufgebaut haben bzw. aufbauen werden. „Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine Identifikationsund Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen“ (Esch, 2018, S. 21). Sind Unternehmen in der Lage, für einzelne Produkte oder Sortimentsteile ein positives Markenimage bei den Abnehmern aufzubauen, dann lassen sich auch leicht höhere Verkaufspreise am Markt realisieren. Aufgabe des Markenmanagements ist es folglich, durch geeignete Marketingmaßnahmen klare und unverwechselbare Vorstellungsbilder in den Köpfen der Konsumenten zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist zunächst die Markenidentität festzulegen, die das Selbstbild aus Sicht des Unternehmens darstellt. Die Markenidentität soll ausdrücken, wofür die Marke steht. Häufig bezieht sich der Markenslogan auf die Markenidentität, z. B. „Freude am Fahren“ bei BMW, „Vorsprung durch Technik“ bei Audi. Nach erfolgreicher Umsetzung entwickelt sich dann auf der Wirkungsebene das anvisierte Markenimage bei den Kunden (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 290). Die Erzielung eines Markenimages wird dabei im engeren Sinne durch das Branding erreicht, worunter die Gestaltung der Markenelemente, die am Produkt selbst wahrnehmbar sind, verstanden wird. Hier handelt es sich um den Markennamen, das Markenzeichen (Logo) und sonstige Markierungselemente, die als schutzfähige Zeichen für den Markenaufbau einsetzbar sind. Z. B. sind die Farben Gelb und Rot in einer bestimmten Tönung und Proportion wesentliche Symbole der Marke Maggi. Aber auch das Produktdesign, das sich sowohl auf das Produkt selbst als auch auf die Verpackung beziehen kann, spielt bei der Erreichung eines Markenimages eine sehr wichtige Rolle (Esch, 2018, S. 310 ff.). Des Weiteren müssen integrativ aufeinander abgestimmte Kommunikations-



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung165

maßnahmen eingesetzt werden. Nicht zu vergessen ist die entsprechende Ausgestaltung der Preis- und Vertriebspolitik, z. B. durch einen Exklusivvertrieb in Verbindung mit einer Hochpreisstrategie. Bei Produkten, die aus Abnehmersicht im Wettbewerbsumfeld durch eine hohe Homogenität und Austauschbarkeit gekennzeichnet sind, kann eine differenzierende Wirkung hauptsächlich über die Markierung bzw. über das mit einer Marke verbundene Image realisiert werden. Wenn objektive Kriterien zur Beurteilung von Produkten nicht gegeben sind, zieht der Abnehmer in der Regel das Markenimage zur Beurteilung heran. Durch eine derartige „psychologische Differenzierung“ sollen Kaufpräferenzen zugunsten des eigenen Produktes geschaffen werden (Meffert, 1994, S. 134). Am Beispiel des Biermarktes lässt sich dies sehr gut verdeutlichen. Viele Pilsbiere sind geschmacklich nur schwer zu unterscheiden und werden über die gleichen Vertriebs­ kanäle auf die gleiche Weise verkauft. Eigenschaften der Biere interessieren die Konsumenten immer weniger. Eine einzigartige Markenpositionierung mit entsprechender kommunikativer Umsetzung legt die Basis für den unter­ nehmerischen Erfolg. Beispielsweise steht bei der Biermarke Astra nicht das kristallklare Wasser, der natürliche Brauvorgang, die große Tradition des Brauhauses oder die mit dem Biertrinken verbundenen Geselligkeit im Zen­ trum der Positionierung. Bei der Positionierung geht es um „anders sein, ­rebellisch, nicht angepasst“. Das dokumentiert sich auch in dem Slogan und der „schrillen“ Kommunikation vor allem in den Plakatkampagnen in Hamburg an Bushaltestellen und Bahnhöfen.

2.3 Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltiges Marketingmanagement unterscheidet zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Handlungsfeldern. Während die ökologische Dimension den Umweltschutz umfasst, stellt die soziale Dimension ein Maß für die Sozialverträglichkeit unternehmerischen Handelns dar. Die ökonomische Dimension beinhaltet u.a die Umsetzung gesellschaftlicher und ökologischer Anforderungen in unternehmerisches Handeln zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen auf den Märkten (Balderjahn, 2013, S. 13). Damit wird die Nachhaltigkeit auch zu einem unternehmerischen Ansatz, sich gegenüber seinen Konkurrenten wirkungsvoll abzugrenzen. Wenn Verbraucher in der heutigen Zeit rundherum nachhaltig konsumieren wollen, fehlt ihnen eine einfache Orientierungshilfe. Beispielsweise wollen sich Konsumenten immer öfter darüber informieren, ob ein Teppich ohne Kinderarbeit gefertigt wurde oder ein Spielzeug keine giftigen Stoffe enthält. Die unterschiedlichsten Siegel und Label helfen dabei, die richtige Entscheidung zu treffen. Allerdings gibt es bisher noch kein Label, das ökologische,

166

E. Marketingstrategien

ökonomische und soziale Aspekte gleichermaßen entlang der kompletten Wertschöpfungskette komplett abbildet. Am weitesten geht das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council), das zwar alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen abdeckt, strenggenommen aber nur die Rohstoffgewinnung betrachtet (ÖkoInstitut, 2009, S. 24). Zahlreiche Produktlabel bilden in der Regel nur Teil­ aspekte der Nachhaltigkeit ab, zumeist ökologische, selten soziale (Öko-In­ stitut, 2009, S. 11). Aus diesem Grund wird im Folgenden hauptsächlich die ökologische Komponente der Nachhaltigkeit in Form der umweltorientierten Positionierung thematisiert. Beim umweltorientierten oder „Green Marketing“ sollen bei der Planung, Koordination und Kontrolle der Absatzmarkt gerichteten Aktivitäten Umweltbelastungen vermieden oder vermindert werden. Dies kann durch eine möglichst dauerhafte Befriedigung der Umweltbedürfnisse der Kunden und durch Wettbewerbsvorteile mit Hilfe ökologieorientierter Strategien erreicht werden (Günter/Kirchgeorg, 2010, S. 819). Im Rahmen der Positionierung geht es bei den Unternehmen um die Frage, in welchem Umfang der Umweltschutz im Unternehmen und die Umweltverträglichkeit der Produkte als Profilierungsund Differenzierungsmerkmal gegenüber den Kunden herausgestellt werden sollen. Dem Anbieter stehen grundsätzlich drei Alternativen zur Auswahl (siehe dazu Spiller et al., 2007, S. 80): Dominante ökologieorientierte Positionierung Die Umweltverträglichkeit der Produkte wird als einzigartiges Leistungsmerkmal betont. Ein Beispiel für nachhaltige Produktinnovationen sind Hy­ brid- und Erdgasantriebe bei Autos, die bis zu 25 % weniger CO2 ausstoßen als Benzin- und Dieselfahrzeuge (Wiltinger/Nazari, 2009, S. 1124). Das Unternehmen Frosta, seit 2007 Marktführer bei Tiefkühlgerichten, positioniert sich nicht nur über ökologische, sondern auch über soziale Nachhaltigkeit. Neben ökologischen Maßnahmen wie dem ermittelten und deklarierten CO2-Fußabdruck sämtlicher Tiefkühlprodukte, Umstellung auf zertifiziertem Grünstrom und Verzicht auf Palmöl setzt Frosta auf das Reinheits­ gebot als Markenkern. Alle Produkte haben keinerlei Zusatzstoffe, sind also 100 % frei von Farbstoffen, Geschmacksverstärkern, Aromen. Emulgatoren, Stabilisatoren, chemisch modifizierten Stärken oder gehärteten Fetten. Auch legt Frosta Wert auf Transparenz, d. h., die Herkunft aller verwendeten Lebensmittel wird offengelegt (Dornberg, 2013, S. 42 ff.). Des Weiteren ersetzt Frosta ab 2020 die jährliche Produktion von 40 Millionen Plastikverpackungen schrittweise durch Papiertüten. Sämtliche Fertiggerichte von Fisch über Fleisch und Gemüse bis zu veganer Kost werden dann statt in einer weißen Plastiktüte in einer braunen Papierverpackung verkauft.



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung167

Gleichberechtigte ökologieorientierte Positionierung Die Umweltverträglichkeit der Produkte wird als gleichberechtigte Leistungsdimension berücksichtigt. Bei Textilanbietern müssen die kaufentscheidenden Kriterien wie Passform, Design, Qualität oder Preis in erster Linie stimmen. Ökologie bzw. Nachhaltigkeit dienen aber gleichzeitig als wesentliches Differenzierungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Das zeigt der Öko-Pionier Otto Versand ebenso wie die Marke Giorgio Armani, die zunehmend Recycling-Polyester und ökologische Baumwolle verwenden (Hermes, 2010, S. 39). Bei Herstellung und Verkauf von Lebensmitteln positioniert sich das Unternehmen Alnatura ebenfalls nicht ausschließlich über eine biologischdynamische Anbauweise. Produkte von Alnatura versprechen gleichsam einen hohen Genuss (Karle, 2013, S. 18). Aber auch bei Elektroautos wie der BMW i3 liegt die Betonung der Vermarktung einerseits auf umweltbewusstes Fahren durch emissionsfreien Antrieb. Andererseits bietet das Auto ein unvergleichbares und nahezu lautloses Fahrerlebnis, bei dem man dank intelligenter Technik einfach und komfortabel ans Ziel gelangt. Flankierende ökologieorientierte Positionierung Die Umweltverträglichkeit der Produkte wird flankierend neben den bestehenden Nutzendimensionen integriert. Beispielsweise positioniert sich die Automarke BMW über den Slogan „Freude am Fahren“, der den Markenkern „Freude“ seit 1965 stützt. Ergänzend wird auch der Aspekt „Efficient Dynamics“ mit in die Abgrenzung gegenüber dem Wettbewerb einbezogen. Damit kommt der Anspruch der Marke zum Ausdruck, Fahrzeuge gleichzeitig dynamischer und effizienter im Verbrauch zu entwickeln, um die individuelle Mobilität immer umweltverträglicher zu machen (Wiedemann u. a., 2010, S. 39). Durch das Programm „Efficient Dynamics“ konnte der Automobilhersteller den Kraftstoffverbrauch und die C02-Emissionen deutlich senken. Die Entscheidung für eine der drei Positionierungsvarianten hängt neben der verfolgten Basisstrategie im Umweltschutz von kunden-, wettbewerbsund unternehmensbezogenen Einflussfaktoren ab. Die nachfolgende Abb. 86 zeigt eine Auswahl dieser Bestimmungsfaktoren (siehe zu den folgenden Ausführungen Meffert/Kirchgeorg, 1998, S. 277 ff.).

168

E. Marketingstrategien Dominante Positionierung

Gleichberechtigte Positionierung

Flankierende Positionierung

hoch

mittel

gering

gering

mittel

hoch

hoch

mittel

gering

gering

mittel

hoch

hoch

mittel

gering

Diskriminierungsgefahr bestehender Produkte/ Marken

gering

mittel

hoch

Umweltkompetenz der Handelspartner

hoch

mittel

gering

Bestimmungsfaktoren Umweltbewusstsein/ Wichtigkeit des Umwelt­ nutzens Bedeutung klassischer Leistungseigenschaften Umfang umweltorientierter Konkurrenzangebote Differenzierungsfähigkeit klassischer Produkteigenschaften Dauerhaftigkeit und Einzigartigkeit des Umweltnutzens

Abb. 86: Bestimmungsfaktoren der umweltorientierten Positionierung

Umweltbewusstsein/Wichtigkeit des Umweltnutzens: Stufen Konsumenten den Stellenwert des Umweltschutzes bei Ge- oder Verbrauch der Produkte und Dienstleistungen als hoch ein, ist es empfehlenswert, die Umweltverträglichkeit der Produkte als dominante Profilierungsdimension zu berücksichtigen. Bedeutung klassischer Leistungseigenschaften: Besitzen klassische Profilierungseigenschaften einen hohen Stellenwert bei den Kunden, sollte eine dominante Umweltprofilierung nicht verfolgt werden. Denn ansonsten besteht die Gefahr der Verwässerung des bisher kommunizierten Produktnutzens. Umfang umweltorientierter Konkurrenzangebote: Werden umweltorientierte Argumente in der Werbebotschaft bereits als ein zentraler Wettbewerbsfaktor eingesetzt, ist ebenfalls eine offensive und dominante Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit der eigenen Produkte anzustreben. Differenzierungsfähigkeit klassischer Produkteigenschaften: Insbesondere bei Commodities mit geringem Differenzierungspotential ist die Suche nach neuen Nutzenversprechen zur Wettbewerbsdifferenzierung notwendig. Folg-



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung169

lich kann eine dominante umweltorientierte Positionierung ein gangbarer Weg sein, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Dauerhaftigkeit und Einzigartigkeit des Umweltnutzens (Fähigkeiten/Res­ sourcen): Besteht die Möglichkeit einer langfristigen Absicherung der Dauerhaftigkeit und Einzigartigkeit eines Umweltnutzens, z. B. durch Patente und Lizenzen, kann die dominante Positionierung verfolgt werden. Ansonsten besteht die Gefahr der Imitation durch die Wettbewerber. Die Umweltverträglichkeit wird dann mittelfristig zum Standard und Bestandteil des Grundnutzens eines Produktes. Umweltverträglichkeit als Selbstverständlichkeit eines Produktes lässt eine Markenpositionierung, die allein auf diesem Nutzenversprechen basiert, nicht zu, da diese langfristig nicht verteidigt werden kann. Diskriminierungsgefahr bestehender Produkte/Marken: Ist gegeben, wenn unter einer bestehenden Familien- oder Dachmarke eine umweltorientierte Variante angeboten und der Umweltnutzen bei dieser Variante besonders in den Vordergrund gestellt wird. Die Kannibalisierungsgefahr gegenüber den herkömmlichen Produkten im Sortiment ist folglich groß. Umweltkompetenz der Handelspartner: Auf hohe Umweltkompetenz bzw. hohes Umweltimage der Vertriebspartner ist zu achten, um zu einer durchgängigen Positionierung zu gelangen. Erst dann kann eine dominante Umweltprofilierung im Markt anvisiert werden. Viele Beispiele aus der Praxis zeigen, dass sich eine dominante umweltorientierte Positionierung bei der Erschließung breiter Käuferschichten als Barriere erweisen kann, falls der klassische Nutzen des Produktes nicht ausreichend berücksichtigt wird. Die Verknüpfung von Umweltnutzen und klassischem Produktnutzen wird folglich als wesentlicher Erfolgsfaktor gesehen (Ottmann/Stafford/Hartmann, 2006, S. 27 ff.). Ökologie und Soziales sind damit meist kein dominantes oder ausschließliches Positionierungskriterium, sondern als gleichberechtigtes oder sogar nur als flankierendes Kaufargument einzusetzen (Spiller et al., 2007, S. 80). Die umweltorientierte Positionierungsstrategie muss mit Hilfe der Instrumente des Marketingmixes umgesetzt werden. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Kauf von nachhaltigen oder umweltfreundlichen Produkten mit einer hohen Unsicherheit für den Konsumenten verbunden ist. Die Nachhaltigkeits- oder Umweltqualität eines Angebotes kann von dem Konsumenten in der Regel nicht festgestellt werden. Es handelt sich um eine Vertrauenseigenschaft, die er persönlich nicht überprüfen kann, sondern auf deren Vorhandensein er vertrauen muss. Die Anbieter sollten diese empfundene ­ Unsicherheit auf der Konsumentenseite reduzieren, indem den Konsumenten Schlüsselinformationen (Signaling) zur Verfügung gestellt werden (Balderjahn, 2004, S. 183 f.).

170

E. Marketingstrategien

Hilfestellung bei der Auswahl von umweltfreundlichen Produkten geben insbesondere Umweltzeichen/-labels und Umweltmarken. Die wohl bekanntesten Umweltlabels in der Bundesrepublik Deutschland sind der Blaue Engel und das Bio-Siegel für Produkte des ökologischen Landbaus. Bei beiden Umweltzeichen erhalten Unternehmen oder Produkte von vertrauenswürdigen Institutionen eine Beglaubigung ihrer umweltfreundlichen Maßnahmen in Form eines Zertifikates. Kunden können somit ohne notwendiges Detailwissen im Vertrauen auf das Zertifikat ihr Kaufrisiko reduzieren. Gleichzeitig bieten Umweltlabels Anbietern die Möglichkeit, ein Öko-Image und folglich einen Differenzierungsvorteil im Wettbewerb aufzubauen. Für Lebensmittel gibt es neben dem bundeseinheitlichen Dachzeichen für Erzeugnisse aus ökologischem Landbau gemäß der EU-Öko-Verordnung seit 2009 ein EU-Bio-Logo. Das deutsche Bio-Siegel und das EU-Bio-Logo sagen dasselbe aus, nur umfasst Letzteres die Kennzeichnungspflicht auf vorverpackten ökologischen Lebensmitteln für alle 27 EU-Staaten. Ergänzend dürfen private Logos, z. B. Demeter, Bioland, Naturland, weiterhin zusätzlich verwendet werden. Neben den Ökolabels sollten die Anbieter eigene ÖkoMarken entwickeln, um das empfundene Kaufrisiko bei den Konsumenten weiter zu reduzieren. Markeneigentümer sind dann z. B. im Lebensmittelbereich der Einzelhändler (z. B. Bio Sonne von Norma) oder der Hersteller (z. B. Reinigungsmittel Frosch). Allerdings führt die Vielzahl von Umwelt­ labels und Umweltmarken auf ein und derselben Produktverpackung oftmals zu einer unnötigen Komplexität und somit Verwirrung der Endverbraucher, da diese in der Regel nicht die Bedeutung der verschiedenen Produktkennzeichnungen kennen können. Der ursprüngliche Zweck, auf diese Weise relevante Informationen zu bündeln und den Konsumenten Entscheidungshilfen zu geben, wird damit oft ins Gegenteil verkehrt (Schaper, 2013a, S. 665). Aus diesem Grund sollte jedes Unternehmen überprüfen, welche Labels und Zeichen es verwenden will. Insbesondere freiwillige Labels, die bei der Kaufentscheidung keine Rolle spielen, gehören auf den Prüfstand (Schaper, 2013b, S. 1284). Abschließend sei erwähnt, dass nicht nur die Markierung als Schlüsselinformation im Rahmen des „Signaling“ eingesetzt wird. Der komplette Marketingmix muss hinsichtlich ökologischer Aspekte ausgestaltet sein, um ein durchgängiges Öko-Image der Produkte am Markt zu erreichen (siehe dazu Balderjahn, 2004, S. 173 ff.; Spiller et al., 2007a, S. 1 ff.; Wiltinger/Nazari, 2009, S. 1124 ff.; Günter/Kirchgeorg, 2010, S. 819 ff.). In der Wirtschaftspraxis versuchen viele Unternehmen sich mit einem „grünen“ Image zu versehen, ohne dabei in der gesamten Wertschöpfungskette umweltfreundlich zu agieren. Bei diesem als Greenwashing bezeichneten Phänomen (Walter, 2010, S. 43) stellen Unternehmen einzelne umwelt-



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung171

freundliche Leistungen, Aktivitäten oder Ergebnisse bzw. entsprechende Bewertungen Dritter mit erhöhtem Kommunikationsaufwand öffentlich heraus, z. B. in Presseaktionen oder Werbeanzeigen. Häufig sind die dabei getroffenen Einzelaussagen – zum Beispiel über ein neues, umweltfreundliches Produkt oder Verfahren des Unternehmens – für sich genommen korrekt, betreffen aber nur einen geringen Teil der Unternehmensaktivitäten, während das Kerngeschäft umweltverschmutzend bleibt. Beispielweise gab McDonald’s 2009 bekannt, dass in Europa die Firmenfarbe von Rot auf Grün wechseln soll. Der Farbwechsel wird seitens des Konzerns auch als Bekenntnis zur und Respekt vor der Umwelt verstanden. Gleichwohl steht McDonald’s z. B. wegen des anfallenden Verpackungsmülls und der sehr hohen Nachfrage nach Rindfleisch in der Kritik. Dagegen stellt Bluewashing die humanitäre Variante von Greenwashing dar. Blau ergibt sich aus der Verbindung mit der UN und deren Werte (Flagge, Blauhelm-Soldaten) sowie der Erde (der Blaue Planet) (Heidbrink/Seele, 2007, S. 4) und beschreibt das Verhalten jener Unternehmen, die dem Global Compact (GC) der Vereinten Nationen beigetreten sind, ohne Nachhaltigkeit glaubwürdig in den Unternehmensprozessen zu verankern. Mitglieder des GC müssen sich zur Einhaltung von zehn Prinzipien – u. a. zur Wahrung von Menschenrechten, zu Umweltschutz und zu Anti-Korruption – verpflichten. Es erfolgt keine unabhängige Überprüfung, dass die Prinzipien tatsächlich eingehalten werden. Daher hat der GC 2004 eine jährliche Berichtspflicht (Fortschrittsbericht) für Mitgliedsunternehmen beschlossen.

2.4 Zusammenfassung Bei der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen konzentrierten sich Unternehmen in der Vergangenheit häufig auf jeweils einen strategischen Positionierungsansatz. Um in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld aber langfristig erfolgreich zu sein, ist unter Wettbewerbsgesichtspunkten eine mehrdimen­ sionale Orientierung erforderlich. So ist eine Kombination von Qualitäts- und Preis-Mengen-Strategie oftmals empfehlenswert, da Abnehmer zunehmend hohe Qualität bei gleichzeitig konkurrenzfähigem Preis verlangen. Gilbert/ Strebel (1987) haben diesen Sachverhalt in ihrem Konzept der OutpacingStrategien verdeutlicht. Nach deren Meinung sind Differenzierungs- bzw. Kostenvorteile nur in den seltensten Fällen dauerhaft haltbar. Daher sollten die Unternehmen rechtzeitig die strategische Grundorientierung entsprechend ergänzen. Beispielsweise zeigt IKEA, wie niedrige Preise mit einem anerkannt guten Design und einer Sortimentsvielfalt verbunden werden können. Bei der Markenpositionierung betont das Unternehmen auch seine kulturelle Herkunft durch:

172

E. Marketingstrategien

–– Verwendung der Farben Gelb und Blau, –– schwedische Bräuche, die kommunikativ genutzt werden, –– schwedische Gerichte im Restaurant, –– Unternehmenssprache, die konsequent auf den schwedischen Wurzeln setzt: Kunden werden geduzt, Produkte tragen schwedische Namen, Stimme in der Kommunikation mit schwedischem Akzent, Kinderbetreuung findet in Småland statt, Restaurant heißt Köttbullar. Andere Beispiele sind die Uhrenmarke Swatch und der Textilproduzent H&M, die beide hochmodische Aktualität mit aggressiver Preispolitik kombinieren (Spiller et al., 2007, S. 91). Bestimmte strategische Ansätze zur Differenzierung sind in der heutigen Zeit so genannte Muss-Bestandteile der verfolgten Wettbewerbsstrategie eines Unternehmens. So ist ein Markenimage nicht nur mit präferenzwirksamen Ansätzen zu verbinden. Auch Unternehmen mit einer extremen Preisorientierung müssen beispielsweise ein preisgünstiges Markenimage aufbauen. Von besonderer Bedeutung ist dieser Sachverhalt im Einzelhandel. Denn fehlen bei den Verbrauchern Preiskenntnisse für ein Produkt, kann die Wahl der Einkaufsstätte von allgemeinen Preisgünstigkeitsvorstellungen oder dem Preisimage abhängen (Simon/Fasnacht, 2016, S. 524 f.). Auch wird es sich kein Unternehmen zukünftig mehr leisten können, keine Nachhaltigkeitsaspekte in die Wettbewerbsstrategie einzubauen. So betont das Unternehmen Henkel, dass eine Top-Leistung, die auf Nachhaltigkeit beruht, der Innovationstreiber in der Zukunft sein wird. Unternehmen können langfristig keine nicht-nachhaltigen Produkte mehr verkaufen (Hermes, 2010, S. 41). Für das Nachhaltigkeitsmarketing waren Preisführerstrategien lange Zeit nahezu bedeutungslos. Mittlerweile werden jedoch Bio-Lebensmittel und Naturkosmetik in Discountern teilweise auch relativ günstig angeboten. Ebenfalls setzen die Handelsmarken der expandierenden Biomarkt-Ketten auf Preisvorteile (z. B. Alnatura). Allerdings wird dieser Preisvorteil nur gegenüber anderen Bio-Produkten und nicht im Gesamtmarkt angestrebt (Spiller et al., 2007, S. 86). Bestimmte Strategiekombinationen sollten in der Wirtschaftspraxis aber nicht eingesetzt werden. Beispielsweise beinhaltet eine Innovationsorientierung in der Regel relativ hohe Forschungs- und Entwicklungskosten. Diese müssen sich im Rahmen der Marktzyklen der Produkte über einen relativ hohen Preis zunächst amortisieren. Werden diese innovativen Produkte zu niedrigen Preisen angeboten, wird die Existenz des Unternehmens langfristig nicht zu sichern sein.



2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung173

Literaturempfehlungen Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 9–33; 173–194. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 163–181. Becker, Jochen: Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4. Aufl., München 2010, S. 50–60. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 179–237; 379–381. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 115–123. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 400–422. Kreutzer, Ralf T.: Praxisorientiertes Marketing. Grundlagen – Instrumente – Fallbeispiele, 5. Aufl., Wiesbaden 2017, S. 168–174; 180–184. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994, S. 126–138; 339–357. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019, S. 338– 348. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 229–257. Porter, Michael E.: Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage), Spitzenleistungen erreichen und behaupten, 7. Aufl., Frankfurt am Main 2010, S. 37–56. Schaper, Thorsten: Preismanagement. Einführung in Theorie und Praxis, 3. Aufl., Berlin 2017, S. 35–41. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 219–225. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007, S. 80–92. – Nachhaltigkeitsmarketing II. Gestaltung und Einsatz der Marketinginstrumente, Lüneburg 2007a, S. 1–58.

174

E. Marketingstrategien

Kontrollfragen 1) Beschreiben Sie jeweils den Marketingmix, der zu der folgenden Posi­ tionierung passt: a) Ein Hersteller von Damenparfüm positioniert sich als hochwertiger Qualitätsanbieter im Markt. b) Ein Hersteller von Bio-Kunststoffen grenzt sich gegenüber seinen direkten Konkurrenten im Markt als Serviceanbieter ab. c) Im Markt für Finanzdienstleistungen konzentriert sich ein Discount Broker im Rahmen der Marktbearbeitung auf die Kundengruppe mit unterem bis mittlerem Einkommensniveau. d) Bei Lebensmitteln will ein Hersteller die Umweltverträglichkeit eines Produktes gleichberechtigt in seine Positionierungsstrategie integrieren. 2) Grenzen Sie Marken- bzw. Preiskäufer voneinander ab! Können Konsumenten sowohl Marken- als auch Preiskäufer sein? Begründen Sie! 3) Die Umweltverträglichkeit der Produkte soll als dominante Profilierungseigenschaft innerhalb der Positionierungsstrategie eines Anbieters he­ rausgestellt werden. Erläutern Sie drei Einflussfaktoren, die vorliegen müssen, damit sich die Umweltverträglichkeit als dominante Profilierungseigenschaft empfiehlt! 4) Warum ist das „Signaling“ bei der Vermarktung nachhaltiger Produkte von elementarer Bedeutung? Begründen Sie! 5) Begründen Sie jeweils, ob sich die folgenden Strategiedimensionen miteinander kombinieren lassen: –– Innovationen und Preis-Mengen-Strategie, –– Generalistenstrategie und Preis-Mengen-Strategie, –– Nachhaltigkeitsstrategie und Innovationen? 6) Bewerten Sie die Generalistenstrategie anhand von Vor- und Nachteilen!

3. Marktbearbeitungsstrategien Die Auswahl der von einem Unternehmen zu bearbeitenden Marktsegmente erfolgt unter Zuhilfenahme der Methoden der Portfolioanalyse. Anschließend wird die Festlegung des generellen Rahmens der Marktbearbeitung durch die ausgewählte Positionierungsstrategie bestimmt. Innerhalb der definierten Positionierungsstrategie ist nun zu überlegen, ob die Bearbeitung der ausge-



3. Marktbearbeitungsstrategien175

wählten attraktiven Marktsegmente durch den Marketingmix undifferenziert im Rahmen der Massenmarktstrategie oder differenziert mit Hilfe der Marktsegmentierungsstrategie erfolgen soll. Marktbearbeitungsstrategien legen folglich fest, ob der Marketingmix auf alle Kunden gleichermaßen oder aber speziell auf einzelne Kundengruppen mit jeweils identischen oder zumindest ähnlichen Bedürfnissen und Anforderungen ausgerichtet wird. Die undifferenzierte Marktbearbeitung konzentriert sich bei der Ausgestaltung des Marketingmixes auf die Gemeinsamkeiten und nicht auf die Unterschiede in den Bedürfnissen und Verhaltensweisen der Markt- bzw. Kundensegmente. Beispielsweise erfolgt ein Angebot von Standardprodukten, die auf die durchschnittlichen Erwartungen der Markt- bzw. Kundensegmente aus­ gerichtet sind. Diese auch als Massenmarktstrategie bezeichnete Form der Marktbearbeitung umfasst einen einheitlichen Marketingmix, der grundsätzlich die größtmögliche Zahl von Abnehmern ansprechen soll („Schrotflintenkonzept“). Typisch sind neben einer Massenproduktion der Einsatz von Massendistributionswegen und klassischen Massenwerbemedien. Bei der Gestaltung des eigenen Angebots für den Markt konzentriert sich ein Unternehmen nicht auf das, worin sich die Abnehmer unterscheiden, sondern vielmehr auf das, was sie verbindet (Becker, 2019, S. 241). Die Definition des relevanten Marktes wird beim Massenmarktkonzept dabei wie folgt festgelegt: Ausgangspunkt ist der theoretische Gesamtmarkt, der als Summe aller in Betracht kommenden Abnehmer definiert ist, z. B. alle Einwohner oder Haushalte eines Landes. Anschließend erfolgt die Subtraktion derjenigen Abnehmer, die für die Verwendung eines Produktes nicht relevant sind, z. B. Kinder für Zigaretten, Nicht-Autobesitzer für KFZ-Versicherungen. Im Konsumgüterbereich kommt die Massenmarktstrategie insbesondere bei der Vermarktung von Low-Interest-Produkten zum Einsatz. Hierzu zählen Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs (z. B. Butter, Zucker) genauso wie niedrigpreisige Gebrauchsgüter (z. B. Glühlampen, Kugelschreiber). Diese Produkte sind für den Konsumenten von untergeordnetem Interesse und er empfindet bei deren Kauf ein niedriges Risiko (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 228). Aber auch bei der Vermarktung von Industriegütern ist die Massenmarktstrategie zu finden. Hier werden im Rahmen des so genannten Produktgeschäfts hauptsächlich vorgefertigte und in Mehrfachfertigung erstellte Leistungen angeboten, die auf einem anonymen Markt verkauft werden. Das gilt insbesondere für die Vermarktung von Commodities, bei denen sich die Leistungen der verschiedenen Wettbewerber sachlich kaum voneinander ­unterscheiden lassen, z. B. Zement, Standardfarben (Backhaus/Voeth, 2014, S.  219 ff.). Die Massenmarktstrategie ist nicht zwingend an eine Preis-Mengen-Strategie gebunden, sondern auch in Kombination mit einer Qualitäts- und Marken-

176

E. Marketingstrategien

strategie denkbar. So wird z. B. die Nivea-Creme bzw. in ihrer modernen Form Nivea-Milk als Universalcreme für jedermann (Kinder, Frauen, Männer) und für jeden Zweck (Schutz, Pflege, für Tag und Nacht, jedes Wetter) angeboten. Ein weiteres Beispiel stellt der Milchriegel Milky Way vom Schokoriegel-Hersteller Mars dar, der als Snack für viele verschiedene Gelegenheiten, z. B. Pause, Sport, Freizeit, angeboten wird. Milky Way kann immer und überall konsumiert werden, egal ob als normaler Riegel, Minis oder Crispy Rolls (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 228). Ebenso lassen sich auch umweltfreundliche Produkte zunehmend durch Massenmarktstrategien vermarkten. Lacke und Farben mit dem blauen Umweltengel oder Artikel aus Umweltschutzpapier werden in dieser Form bereits seit den achtziger Jahren erfolgreich verkauft. So ist die mit dem Blauen Engel zertifizierte Wandfarbe Alpinaweiß Europas meistgekaufte Innenfarbe. Ein weiteres Beispiel stellen Bio-Lebensmittel dar, die noch im Jahr 2000 zu über 70 % über die Nischenkanäle Naturkostfachgeschäfte, Reformhäuser, Wochenmärkte oder Ab-Hof-Verkauf distribuiert wurden. 2020 konnte mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland bereits ein Umsatz von 14,99 Mrd. € erzielt werden. Der Anteil im herkömmlichen Lebensmitteleinzelhandel einschließlich Drogeriemärkte betrug 60,4 % (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, 2021, S. 26). Durch den Verkauf über Discounter, Supermärkte und SB-Verbrauchermärkte erreichen die Bio-Lebensmittel somit breite Konsumentenschichten (z. B. Bio Sonne-Produkte des Discounters Norma). Im Gegensatz zu der Massenmarktstrategie erfordert die differenzierte Marktbearbeitung zunächst die Identifizierung und Beschreibung der verschiedenen Marktsegmente mit Hilfe von Marktsegmentierungskriterien. Diese wurden in Kapitel B. 1.5 bereits umfangreich diskutiert. Nach der Markterfassung wird im zweiten Schritt im Rahmen der Marktbearbeitung der marktsegmentspezifische Einsatz der Marketinginstrumente festgelegt. Es erfolgt ein Eingehen auf die Besonderheiten unterschiedlicher Markt- bzw. Kundensegmente durch die Ausgestaltung des Marketingmixes entsprechend der speziellen Anforderungen und Bedürfnisse der jeweiligen Markt- bzw. Kundensegmente („Scharfschützenkonzept“) (Becker, 2019, S. 290). In Abhängigkeit von der speziellen Marktsituation kann die Differenzierung einzelner oder aller Instrumente des Marketingmixes erforderlich sein, z. B. –– Produktpolitik: Angebot besonderer Produktvarianten und spezieller Marken, –– Preispolitik: Forderung unterschiedlicher Preise, –– Vertriebspolitik: Erreichen der Kundensegmente über unterschiedliche Vertriebskanäle, –– Kommunikationspolitik: Differenzierte kommunikative Ansprache der Marktsegmente in unterschiedlichen Medien.



3. Marktbearbeitungsstrategien177

Abb. 87: Formen der Marktbearbeitungsstrategie (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 227)

Die einzelnen Marketinginstrumente sind auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Markt- bzw. Kundensegmente abzustimmen. Dabei muss das Leistungsangebot die Erwartungen der jeweiligen Kundensegmente bestmöglich erfüllen. Der Ansatz des differenzierten Marketings kann auch als Markt­ segmentierungsstrategie bezeichnet werden (Freter, 2008, S. 25). Bei der Verfolgung der Marktsegmentierungsstrategie ist zu überlegen, ob die Abdeckung des Marktes ganz oder nur teilweise erfolgen soll (siehe dazu Abb. 87). Während sich Marktsegmentierungsstrategien mit totaler Marktabdeckung auf alle vorhandenen Marktsegmente (Zielgruppen) beziehen, wird im Rahmen der partialen Marktabdeckung nur ein besonders interessantes bzw. werden wenige Segmente gezielt herausgegriffen. Bei der Bestimmung der Zielgruppen (Marktsegmente) kann das Konzept der Buyer Personas (Personas) verwendet werden, um einen formellen Personensteckbrief in ein plastisches Persönlichkeitsbild zu transformieren. Der Begriff Persona stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt die Maske des Schauspielers. Im antiken Theater wurden im Schauspiel Masken eingesetzt, um verschiedene Menschenbilder zu schaffen, die vom Publikum einheitlich und einfach verstanden werden konnten. Hierin liegt auch der Grundgedanke bei der heutigen Verwendung von Personas: der Erzeugung eines fiktiven Idealvertreters einer jeweiligen Zielgruppe, zur Förderung eines einheitlichen und eindeutigen Verständnisses über die Zielgruppe im gesamten Unternehmen. Personas werden beschrieben wie eine echte Person. Sie verfü-

178

E. Marketingstrategien

gen über eine Lebensgeschichte, Hobbys, Lebensphilosophie etc. bis hin zu einem Namen und einem Bild (Kreutzer/Neugebauer/Plattloch, 2017, S. 134). Zur Beschreibung der Personas werden neben den soziodemographischen Merkmalen Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Beruf, Familienstand und Einkommen insbesondere psychographische Merkmale wie politische und religiöse Werte und Einstellungen bzw. typische Freizeitaktivtäten berücksichtigt. Die erstellte Persona wird daraufhin im gesamten Unternehmen kommuniziert und soll dazu beitragen, dass jeder Mitarbeiter auf dasselbe Vorstellungsbild zurückgreifen kann. Das einheitliche Verständnis sorgt dafür, dass Arbeiten und Ideen verschiedener Mitarbeiter und Abteilungen konsistent aufeinander aufbauen (Häusler/Henzler, 2018, S. 16 ff.). Ein Beispiel für den Einsatz von Buyer Personas veranschaulicht die Relaunch-Kampagne des belgischen Unternehmens Alpro von 2010 bis 2013. Ziel der Kampagne war es, das Markenimage von Alpro so zu verändern, um bisherige Kunden weiter zu binden und gleichzeitig neue Kunden zu gewinnen. Vor der Kampagne wurde insbesondere eine Zielgruppe ab 50 Jahren angesprochen, sowie der Fokus auf Lebensmittelintoleranzen und -allergien gesetzt. Der neue modernere Schwerpunkt sollte verstärkt auf einer gesunden und ausgewogenen Ernährung liegen, um damit weitere Kunden zu gewinnen. Neben der Anpassung des Markenlogos wurde die gesamte Markenbotschaft neu definiert und über emotionale Werbekampagnen kommuniziert. Zur internen Erarbeitung der neuen Markenbotschaft wurde dabei eine Persona namens Caroline eingeführt und als Fixpunkt einer jüngeren Zielgruppe für den Relaunch betrachtet. Caroline sollte als Idealvertreterin der neuen Zielgruppe mithelfen, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen eine einheitliche Vorstellung der neuen Zielgruppe erhalten. Das Profil von Caroline umfasste u. a. Persönlichkeitsaspekte und Wertvorstellungen, die in Einklang mit den neuen Alpro-Markenwerten Gesundheit und Natur standen. Sie ist offen für Neues, genießt ein Leben in Balance und achtet auf ihren Körper. In ihrem Freundeskreis gilt sie als Meinungsführerin (Milewski, 2014, S. 14). Personas können auch in der Nachhaltigkeitskommunikation von Unternehmen verwendet werden. Heutzutage müssen alle Unternehmen den gesellschaftlichen Dialog suchen, um die Öffentlichkeit über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu informieren und dadurch Vertrauen zu gewinnen. Durch eine nachhaltige Profilierung sollen auch Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Umgesetzt wird dieses u. a. durch den Einsatz sozialer Medien in der Nachhaltigkeitskommunikation. In einem ersten Schritt sind zunächst relevante Zielgruppen der Kommunikation zu identifizieren. Eine wichtige Zielgruppe repräsentieren junge Menschen – männliche und weibliche Schüler/Studierende sowie junge Mütter – im Alter von 18–35 (JM, 2019). Stellvertretend für diese Zielgruppe kann eine beispielhafte Persona erstellt werden.



3. Marktbearbeitungsstrategien179 Greta 2.0 Anna Esser (22): „Tiere sollte man nicht essen oder ausbeuten!“ Soziodemographische Merkmale

Verhaltensorientierte Merkmale

–  Geschlecht: weiblich –  Alter: 22 Jahre –  Wohnort: Elternhaus, Birkenfeld –  Bildung: Studierende –  Einkommen: 700 €

– legt mehr Wert auf Qualität statt Quantität –  konsumiert fast nur nachhaltig –  achtet auf Rabatte und Aktionen –  kauft in Unverpackt-Läden ein

Psychographische Merkmale

Social Media spezifische Merkmale

–  engagiert im lokalen Umweltverband –  lebt seit einem Jahr vegan –  informiert sich ausgiebig –  sehr starkes Umweltbewusstsein –  sportlich aktiv (z. B. Joggen)

–  liebt Instagram und YouTube –  hat sich von Facebook abgemeldet – folgt vor allem NachhaltigkeitsInfluencern – verbringt täglich 2h über ihr Smartphone auf sozialen Medien

Abb. 88: Beispielhafte Persona für die Nachhaltigkeitskommunikation

Personas ermöglichen Unternehmen, ein tiefergreifendes Verständnis für die unterschiedlichen relevanten Zielgruppen zu entwickeln. Dadurch können die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppen jeweils in individuellen Nachhaltigkeitskampagnen und passenden Kommunikationskanälen thematisiert werden. Früher haben Unternehmen sich eindeutig festgelegt, entweder hinsichtlich einer Fokussierung auf niedrige Preise oder auf einen hohen Kundennutzen, z. B. durch Anbieten einer sehr guten Produktqualität bzw. eines ausgezeichneten Services. Anbieter waren der Meinung, dass eine gleichzeitige Verfolgung beider Ziele gemäß der Maxime „stuck in the middle“ nicht erfolgversprechend sein kann. Rückläufige oder stagnierende Entwicklungen in vielen Märkten haben die Anbieter aber dazu gezwungen, die Potentiale ihrer relevanten Absatzmärkte möglichst vollständig auszuschöpfen, um Wachstumsund Gewinnziele realisieren zu können. So ist in der heutigen unternehmerischen Praxis der Trend erkennbar, dass Unternehmen qualitativ unterschied­ liche Marketingprogramme anbieten, die sich an die verschiedenen Marktsegmente in einem Markt richten. Die Segmentierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung lässt sich dabei durch zwei unterschiedliche konzeptionelle Ansätze realisieren. Einerseits kann die Bearbeitung unterschiedlicher Marktsegmente über Mehrmarken­ konzepte (Multi Branding) erfolgen. Die einzelnen Marken haben jeweils ei-

180

E. Marketingstrategien

nen eigenständigen Markenauftritt und werden gegebenenfalls auch über unterschiedliche Vertriebskanäle abgesetzt (Esch, 2018, S. 520). So können z. B. negative Wirkungen eines Produktes mit Billigpreisimage auf ein hochwertiges Produkt mit entsprechend exklusivem Markenimage vermieden werden. Die Oetker-Gruppe bietet beispielsweise auf dem Sektmarkt neben A-Marken (z. B. Fürst von Metternich), auch B-Marken (z. B. Henkell Trocken) und preisgünstige C-Marken an (z. B. Rüttgers Club) (Becker, 2019, S. 234 f.). Während A- und B-Marken sich an Markenkäufer richten, sollen C-Marken Preiskäufer ansprechen. Die Hassia Mineralquellen GmbH & Co. KG verkauft ihr hochpreisiges Mineralwasser der Marke „Liz“ in der Gastronomie, und das mittelpreisige Mineralwasser der Marke „Thüringer Waldquell“ wird über den Lebensmitteleinzelhandel vertrieben (Wegmann, 2020, S. 123). Denkbar sind neben Mehrmarkenkonzepten auch Dachmarkenkonzepte zur Abdeckung der unterschiedlichen Marktsegmente. Unter einer Dachmarke wird eine Programm- oder Company-Marke verstanden, die sämtliche Produkte eines Unternehmens unter einer einheitlichen Marke (umbrella branding) umfasst (Becker, 2019, S. 197). Der Einsatz einer Dachmarke empfiehlt sich insbesondere, wenn Leistungsangebote objektiv gut und vom Kunden nachvollziehbar differenziert werden können. Eine Marke kann somit eine relativ breite Spanne von PreisLeistungs-Verhältnissen abdecken. Im Automobilmarkt unterscheiden sich beispielsweise die Modelle der Dachmarke VW der Volkswagen AG hinsichtlich Preis, Größe, Motorisierung und Ausstattung deutlich voneinander. Die differenzierten Nutzenerwartungen der unterschiedlichen Kundensegmente werden u. a. durch die Einzelmarken Phaeton (Oberklasse), Passat (gehobene Mittelklasse), Golf (untere Mittelklasse), Polo (Kleinwagen), Lupo, up! (Kleinstwagen), sowie Touareg (Geländewagen) und Touran bzw. Sharan (Familienfahrzeuge) bedient. Fokussieren sich Unternehmen bei der Marktbearbeitung auf ein Segment oder einige wenige Teilmärkte, dann können sie als Spezialisten bezeichnet werden. Durch die Konzentration der Marketingaktivitäten entstehen relativ geringe Investitions-, Produktions- und Vermarktungskosten. Deshalb ist diese Strategie insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen geeignet, die mit nur geringen finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Diese können sich mit ihrem Produkt und ihrem Marketingmix ausschließlich auf die wenigen ausgewählten Marktsegmente einstellen. Beispielsweise konzentriert sich das Unternehmen Hipp in Deutschland mit ihrem Angebot der Milch-, Fruchtund Gemüsenahrung bzw. -getränke auf die Bedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 231). Weitere Beispiele für die Spezialistenstrategie sind die Automobilhersteller Lamborghini, Bentley und Rolls-Royce, die sich mit der Fertigung von Sportwagen bzw. extrem hoch-



3. Marktbearbeitungsstrategien181

wertigen Fahrzeugen auf ein kleines Marktsegment ausrichten und nicht versuchen, unter der gleichen Marke auch Modelle für den Massenmarkt herzustellen (Kreutzer, 2017, S. 173). Die Marktsegmentierungsstrategie mit partialer Marktabdeckung wird auch von den so genannten Nachhaltigkeitspionieren umgesetzt. Sie konzen­ trieren sich häufig auf Marktnischen, was in Anbetracht einer Kerngruppe an Nachfragern mit konsequenter Umweltorientierung und gehobenem Einkommen nahe liegt. Das Angebot zeichnet sich durch ein exklusives Programm an ökologischen und sozialen Innovationen aus und wird im Rahmen einer Hochpreispolitik über spezielle Handelskanäle wie z. B. Naturkostläden, Spezialversender, Wochenmärkte oder Boutiquen für Naturtextilien verkauft (Spiller et al., 2007, S. 87). Wie lassen sich die eben dargestellten Marktbearbeitungsstrategien mit den Wettbewerbsstrategien kombinieren? So dürfte im Rahmen der gewählten Präferenzstrategie (z. B. Innovationen, hohe Produktqualität) jeweils eine differenzierte oder undifferenzierte Marktbearbeitung möglich sein. Bei der Verfolgung der Preis-Mengen-Strategie kann allerdings nur eine undifferenzierte Marktbearbeitung in Frage kommen, da eine Marktsegmentierungsstrategie aufgrund der unterschiedlichen Marketingprogramme zusätzliche Segmentierungskosten beinhaltet. Außerdem ergeben sich durch Verfolgung einer Massenmarktstrategie eher die erforderlichen Kostendegressionseffekte, die für eine preisorientierte Wettbewerbsstrategie von grundlegender Bedeutung sind. Abschließend werden die Massenmarkt- und die Marktsegmentierungsstrategie vergleichend gegenübergestellt (siehe Abb. 89).

Abb. 89: Vergleichende Darstellung der Vor- und Nachteile von Massenmarkt- und Segmentierungsstrategie (Becker, 2000, S. 290)

182

E. Marketingstrategien

Die Kosteneinsparungspotentiale sind der wichtigste Vorteil der Massenmarktstrategie. Kostenvorteile ergeben sich nicht nur bei der Produktion, sondern auch im Rahmen der Lagerhaltung und des Transports. Zusätzlich reduziert eine einheitliche Werbung den Werbeaufwand und der Verzicht auf eine segmentspezifische Marktforschung und Produktentwicklung verbessert ebenfalls die Kostenbasis eines Unternehmens. Die größte Gefahr bei Verfolgung der Massenmarktstrategie kann in einem ruinösen Preiswettbewerb gesehen werden, wenn mehrere Unternehmen diese „Durchschnittskunden“ ansprechen. Durch die zunehmende Pluralisierung und Individualisierung des Konsumverhaltens werden Unternehmen heute auch immer mehr gezwungen sein, ihre Marktbearbeitung stärker zu differenzieren (Scharf/Schubert/Hehn, 2015, S. 228). Exkurs: Evolutionsformen der Marktbearbeitung Durch strukturelle Veränderungen in den Märkten haben sich diese von großen standardisierten Massenmärkten zu immer differenzierteren, fragmentierten Märkten entwickelt. Die Abnehmeransprüche sind im Laufe der Zeit zunehmend verschiedener und spezieller geworden. Abb. 90 beschreibt die Entwicklung der Märkte seit etwa 1950, die zu unterschiedlichen marketing­ strategischen Handlungsmustern führten.

Abb. 90: Das strategische Megatrendmodell (Becker, 2000a, S. 6)



3. Marktbearbeitungsstrategien183

Speziellen Marktentwicklungen folgend sind immer feinere Strategiemuster entwickelt worden. Generell lässt sich ein Trend von der Generalisierung zur Individualisierung erkennen. Grundsätzlich werden heute aber alle Muster der strategischen Marktbearbeitung angewendet, allerdings mit einer deut­ lichen Akzentverschiebung in Richtung „Individualisierungsstrategie“. Der Übergang zwischen den Strategiemustern ist teilweise fließend. Die Massenmarktstrategie umfasst dabei das undifferenzierte und differenzierte Massenmarketing, die Marktsegmentierungsstrategie beinhaltet das segmentorientierte, nischenorientierte und kundenindividuelle Marketing (Becker, 2019, S.  294 ff.). Bis ca. Mitte der sechziger Jahre wurde das undifferenzierte Massenmarke­ ting schwerpunktmäßig angewendet. Diese Strategie basiert auf einem Unifizierungskonzept, welches nicht die Unterschiede in den Bedürfnisstrukturen und Verhaltensweisen der Abnehmer beachtet, sondern sich viel mehr darauf konzentriert, was die Massenzielgruppen verbindet. Das Unifizierungskonzept entspricht in hohem Maße dem klassischen Markenartikelkonzept, z.  B. Tempo, Maggi oder Odol. Diese Marken haben mittlerweile vielfach den Charakter von Gattungsbegriffen erhalten, z. B. „Tempo“ für Papiertaschentücher, „Maggi“ für Würze oder „Odol“ für Mundhygiene (Becker, 2000a, S. 9 f.). Eine Weiterentwicklung des traditionellen, undifferenzierten Massenmarketings stellt ab ca. Mitte der sechziger Jahre das differenzierte Massenmar­ keting dar, das auf eine bessere Bedürfnisbefriedigung bei Massenzielgruppen mit Differenzierungsansprüchen zielt. Das Konzept wurde vor allem mit Hilfe der Produktdifferenzierung umgesetzt. Von einer bestimmten Produktart sind Varianten im Markt eingeführt worden, die sich in der Qualität und/oder anderen Produktgestaltungselementen von den eigenen Produkten unterscheiden. Die Vermarktung dieser Produktvarianten erfolgt aber meist mit einem einzigen Marketingprogramm (Marketingmix), so dass noch nicht von einer Marktsegmentierungsstrategie gesprochen werden kann (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 358). Insbesondere Sortimentsbrauereien betreiben ein differenziertes Massenmarketing. Neben allen gängigen Sorten wie Pils, Export, Alt und Weizen werden auch alkoholfreie oder alkoholreduzierte Biere angeboten (Becker, 2000a, S. 17). Ebenso verfolgen fast alle Hersteller von Tafelschokolade mit ihren Produktvarianten dieses Konzept. Folglich kann auch von Produktvarianten-Marketing gesprochen werden, das auf Kunden mit zeitlich sich verändernden Geschmacksansprüchen abzielt. Starke Befriedigungsgrade bei Massenbedürfnissen sowohl mit undifferenzierten als auch mit differenzierten Preis- und Leistungsangeboten haben ab Mitte der siebziger Jahre zu einem zunehmenden Einsatz des segmentorien­ tierten Marketings im Rahmen der strategischen Marktbearbeitung geführt.

184

E. Marketingstrategien

Als spezielles Marktbearbeitungskonzept umfasst die Marktsegmentierungsstrategie die Festlegung spezifischer Marketingprogramme, d. h. eine zielgruppenorientierte Produkt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik für ausgewählte Marktsegmente. Typisch ist dabei die Abdeckung mehrerer, vieler oder aller identifizierten Marktsegmente im Rahmen einer multiplen Segmentierung. Das Nischenmarketing ist ca. Anfang der achtziger Jahre entstanden, da sich die meisten Märkte im Laufe der Entwicklung immer stärker fragmentierten. Es bildeten sich fortlaufend kleinere Marktsegmente, so dass sich diese Strategie auf bestehende oder potentielle Marktlücken bzw. Markt­ nischen konzentrierte. Das nischenorientierte Marketing ist eine bevorzugte Strategie von kleinen oder mittelgroßen Unternehmen. Marktnischen sind für große Anbieter aufgrund ihres vergleichsweise begrenzten Marktvolumens nicht interessant, bzw. sie verfügen für deren Bearbeitung nicht über spezifische Fähigkeiten (Kompetenzen). Beispiele für Nischenmärkte stellen Randsortenspezialisten, z. B. Weißbierbrauereien (Erdinger) oder Altbierbrauereien (Diebels), dar. Diese Anbieter haben als regionale Nischenanbieter mittlerweile ihr Betätigungsfeld auf nationale Ebene ausgedehnt. Besonders erfolgreich sind Nischenanbieter dann, wenn sie die Enge ihres spezialisierten Marktes durch eine internationale Marktbearbeitung ausgleichen können (Becker, 2010, S. 66 f.). Der sich beschleunigende Trend zur Individualisierung der Bedürfnisse bzw. des Konsums hat ca. ab Mitte der achtziger/Anfang der neunziger Jahre den Fokus auf das kundenindividuelle Marketing legen lassen. Das kunden­ individuelle Marketing beschreibt den „one-for-one-approach“ (1:1-Marketing), d. h., es erfolgt eine kundenspezifische Produktion und Vermarktung für die Markt- bzw. Losgröße „1“. Kundenindividuelle Produkte werden hergestellt und verkauft, die den Erfordernissen der einzelnen Kunden entsprechen. Hier erfolgt ein grundlegender Übergang von der Massenproduktion (mass production) zur Massenindividualisierung (mass customization) – eine typische Vorgehensweise im Anlagengeschäft bei Industriegütern (Backhaus/­ Voeth, 2014, S. 351 ff.). Die Individualisierung der Produkte kann durch Nutzung eines Baukasten-Systems realisiert werden. Der Computerhersteller Dell bietet beispielsweise Kunden im Internet die Möglichkeit, sich aus definierten modularisierten Komponenten einen Rechner individuell zusammenzustellen. Auch in der Automobilindustrie wird das modularisierte Baukastenprinzip verfolgt (Schledz, 2009, S. 19 f.). Allerdings sind auch Entwicklungen erkennbar, die den allgemeinen Strategietrend umkehren. So bildeten im Softwaremarkt für Anwendungsprogramme kundenspezifische Lösungen den Ausgangspunkt im Markt. Später erfolgte eine Ablösung durch segment- bzw. branchenspezifische Programme.



3. Marktbearbeitungsstrategien185

Mittlerweile gibt es bei Anwendungsprogrammen einen Trend in Richtung generelle Standardsoftware (Becker, 2019, S. 299). Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Der Strategietrend im Marketing: vom Massenmarketing über das Segmentmarketing zum kundenindividuellen Marketing, München 2000a, S. 7–50. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4. Aufl., München 2010, S. 60–69. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 237–248; 287–299. Freter, Hermann: Markt- und Kundensegmentierung. Kundenorientierte Markterfassung und -bearbeitung, 2. Aufl., Stuttgart 2008, S. 244–271. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 355–364. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 13. Aufl., Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, Wiesbaden 2019, S. 334–337. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 206–209. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 225–232. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007, S. 84–88. Kontrollaufgaben 1) Ist die Massenmarktstrategie für nachhaltige Produkte zu empfehlen? Diskutieren Sie! 2) Ist die Marktsegmentierungsstrategie grundsätzlich mit der Preis-Mengen-Strategie kombinierbar? Diskutieren Sie! 3) Erläutern Sie die beiden Markenkonzepte zur Umsetzung der Marktsegmentierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung! 4) Definieren Sie „Low-interest Produkte“ im Konsumgüterbereich! Nennen Sie zwei Beispiele! Welche Form der Marktbearbeitungsstrategie

186

E. Marketingstrategien

empfiehlt sich bei Low-interest Produkten? Erläutern Sie diese und begründen Sie deren Einsatz! 5) Erläutern Sie das Konzept der Buyer Personas! 6) Die Railmax AG ist ein deutsches Bahnunternehmen. Die Kernleistung des Unternehmens besteht in der Beförderung von Personen auf kurzen und langen Strecken in Deutschland. a) Der Personenverkehr umfasst die beiden Zielgruppen der Geschäftsreisenden und der Privatpersonen. Welche Marktbearbeitungsstrategie empfehlen Sie der Railmax AG? Begründen Sie! b) Erläutern Sie drei Maßnahmen für die Zielgruppe Privatpersonen im Rahmen des strategischen Ansatzpunktes „Erhöhung/Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden“! c) Die Railmax AG strebt eine Ausweitung des Umsatzes an. Zu diesem Zweck will man die Kernleistung um die Beförderung von Gütern erweitern. Um welche Marktfeldstrategie handelt es sich in diesem Zusammenhang? Begründen Sie! 7) Die Klim AG ist ein Hersteller von Bergsteigerausrüstung. Sie vertreibt ihre Produkte bisher nur über den Sportfachhandel. Sämtliche Produkte sind mit dem Markenzeichen Klim versehen. Die Marke Klim hat ein hohes Qualitätsimage, gleichzeitig sind die Produkte im Hochpreisniveau angesiedelt. Die Geschäftsleitung überlegt derzeit, ob die Marketingstrategie geändert werden soll. Grund für diese Überlegung ist ein rückläufiger Umsatz durch vermehrte Kundenabwanderung hin zu Handelsmarken kostengünstigerer Betriebsformen des Handels (z.  B. Kaufhäuser). Gleichzeitig hat sich die Konkurrenzintensität auf dem Markt für Bergsteigerausrüstung verstärkt, nachdem die zwei größten Hauptkonkurrenten der Klim AG fusioniert haben. Zudem versucht ein weiterer neuer Konkurrent, sich mit – von verschiedenen Umweltverbänden ausgezeichneter – recyclingfähiger Bergausrüstung im Wettbewerb zu differenzieren. Eine Marktforschungsstudie hat ergeben, dass Klim unter Profis noch die erste Wahl ist (Bruhn, 2009a, S. 60).

Diskutieren Sie mögliche strategische Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung des Geschäftes der Klim AG vor dem Hintergrund der dargestellten Problemsituation!

8) Das Unternehmen Blau bietet in Russland Phosphate und Vitamine als Futtermittelzusatzstoffe für die Landwirtschaft an. Im Markt lassen sich zwei Abnehmersegmente erkennen: –– Segment 1: Diese Kunden haben hohe Anforderungen an die Produktqualität, erwarten günstige Preise und eine gute Lieferschnellig-



4. Marktarealstrategien187

keit. Anwendungstechnische Unterstützung und Sortimentsbreite sind von untergeordneter Bedeutung. –– Segment 2: Diese Kunden verlangen von den Anbietern ebenfalls eine hohe Produktqualität und eine gute Lieferschnelligkeit. Allerdings erwarten sie auch ein breites Sortiment und eine ausgezeichnete anwendungstechnische Unterstützung. Auf einen günstigen Preis wird kein besonderer Wert gelegt. Welche Marktbearbeitungsstrategie empfehlen Sie dem Unternehmen Blau, die Massenmarktstrategie oder eine Form der Marktsegmentierungsstrategie? Begründen Sie!

4. Marktarealstrategien Marktarealstrategien beantworten die Frage: Welche Markträume wollen wir erschließen? Gegenstand dieser vierten Strategieebene ist somit die Wahl der zu bearbeitenden Markt- bzw. Absatzräume eines Unternehmens. Ein bewusstes und geplantes geostrategisches Vorgehen eines Unternehmens ist von hoher Wichtigkeit, da durch die Wahl eines speziellen Absatzgebietes viele Entscheidungen auf der Marketingmix-Ebene bestimmt werden, z. B. die Gestaltung der Vertriebsorganisation, die Markierung der Produkte und die Auswahl der Werbemedien. Anhand eines Beispiels wird diese Problematik näher erläutert (siehe dazu Becker, 2019, S. 300): Fallbeispiel: Bedeutung geostrategischer Planung für einen Nahrungsmit­ telhersteller Ein Nahrungsmittelhersteller hat eine für den inländischen Markt zugeschnittene neue Produktlinie geschaffen. Nach der Einführung dieses Programms zeigt sich, dass das Absatzpotential im inländischen Markt wesentlich überschätzt wurde. Deshalb wird versucht, diese Produkte – für die eine neue rationelle Fabrikation mit hohem Ausstoß errichtet wurde – zusätzlich im Ausland zu vermarkten. Jetzt stellt sich das Problem, dass bei der Produktund Programmentwicklung lediglich inländische Bedürfnisse wie auch Nahrungsmittel-Vorschriften Berücksichtigung fanden und außerdem ein Markenname gewählt wurde, der in den meisten in Betracht kommenden Märkten nicht schutzfähig, teilweise aber auch sprachlich („Fehlassoziationen“) nicht einsetzbar ist. Darüber hinaus sind Produktion, Verpackung und logistisches System so konzipiert, dass im Inland eine dreimonatige Haltbarkeit der Produkte ausreicht. Für einen Vertrieb (Export) schon in unmittelbar benachbarte ausländische Märkte genügt diese Haltbarkeitsfrist jedoch nicht. Fazit: Aufgrund nicht erfolgter gebietsstrategischer Vorausplanung ist ein Unternehmens- und Marketingkonzept realisiert worden, das nur sehr schwer

188

E. Marketingstrategien

oder unter Umständen gar nicht mit den Notwendigkeiten bzw. Möglichkeiten eines übernationalen Marketings vereinbar ist. Dieses Beispiel zeigt, dass das geostrategische Vorgehen eines Unternehmens grundlegend geplant werden muss. Dabei können zwei gebietsstrategi­ sche Entscheidungsfelder unterschieden werden: –– Teilnationale bzw. nationale Strategien (Domestic Marketing) und –– übernationale Strategien (International Marketing) (Becker, 2000, S. 148).

4.1  Nationale Marktarealstrategien (Domestic Marketing) Auf nationaler Ebene lassen sich verschiedene Stufen der räumlichen Markterschließung differenzieren: lokale, regionale, überregionale und nationale Gebietsstrategien (siehe dazu Abb. 91).

Abb. 91: Stufen der räumlichen Markterschließung

Häufig beginnen Unternehmen bei ihrer Gründung mit einer lokalen Marktabdeckung. Zunächst wird ein erstes Absatzgebiet um den „Schornstein“ des Unternehmens herum aufgebaut. Vor allem Branchen mit kleinen und mittleren Unternehmen, z. B. Brauereien, Fruchtsafthersteller und Mineralbrunnen, haben zunächst diese Vorgehensweise gewählt, um später – zur Realisierung von Wachstumszielen – das „Schornsteingebiet“ zu einem möglichst geschlossenen regionalen Absatzgebiet zu erweitern. Diese regionale Markterschließung umfasst beispielsweise ein komplettes Bundesland und kann in einem nächsten Schritt zu einer überregionalen Marktabdeckung, z. B. mehrere Bundesländer, ausgebaut werden. Als letzte geostrategische



4. Marktarealstrategien189

Stufe schließt sich dann die nationale Marktabdeckung an, indem alle Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland aktiv bearbeitet werden (Becker, 2000, S.  149 f.). Ausgehend von der lokalen Marktabdeckung kann die genetische Weiterentwicklung über die regionale bzw. überregionale hin bis zur nationalen Markterschließung Jahre bzw. Jahrzehnte dauern und aus verschiedenen Grün­ den (z. B. hoher Konkurrenzdruck) auf einer der genannten Stufen enden. 4.1.1  Marktarealstrategische Expansionsmuster Ein aktives geostrategisches Vorgehen ist eine wesentliche Voraussetzung für ein koordiniertes operatives Marketingprogramm. Im Rahmen der systematischen gebietserweiternden Konzepte können folgende strategische Grundtypen unterschieden werden: –– Konzentrische Gebietsausdehnung, –– selektive Gebietsausdehnung und –– inselförmige Gebietsausdehnung (Becker, 2019, S. 304). (1)  Konzentrische Gebietsausdehnung Ausgehend von einer gewachsenen Markenpräferenz im bisherigen Absatzgebiet erfolgt eine ringförmige Gebietsausdehnung. Durch die gezielte Nutzung der in dem bestehenden Absatzgebiet vorauseilenden Aktivitäten bzw. Abstrahlungen kann das Marktareal systematisch ausgedehnt werden. Vorauseilende Aktivitäten sind vor allem distributiver Art, in dem z. B. Großhändler eingeschaltet werden, die auch Abnehmer außerhalb des Kernabsatzgebietes des Herstellers beliefern. Entsprechende Abstrahlungen ergeben sich beispielsweise durch nicht vermeidbare Werbestreuungen über das eigentliche Absatzgebiet hinaus (siehe dazu Abb. 92). Eine konzentrische Gebietsausdehnung hat den Vorteil, dass sie oftmals zu sehr stabilen Absatzmärkten („Absatzburgen“) führt, von denen aus eine gezielte gebietliche Weiterentwicklung bis zur überregionalen bzw. nationalen Marktabdeckung möglich ist. Allerdings muss dabei ein hoher zeitlicher Aufwand berücksichtigt werden. Die konzentrische Gebietsausdehnung ist vor allem für frühe Stadien der Unternehmensentwicklung durch einen Gebietsausbau um den „Schornstein“ des eigenen Unternehmens herum charakteristisch. So haben beispielsweise Brauereien ihr Absatzgebiet auf diese Weise erweitert. Insbesondere bei Bierspezialitäten wie Alt- oder Weizenbier sind solche Ausbreitungsmuster ty-

190

E. Marketingstrategien

Abb. 92: Konzentrische Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 304)

pisch, da für diese Spezialitäten nicht selten Widerstände im Markt bestehen. Neue Abnehmer im Handel und auf Endverbraucherebene können nur in geplanten Stufenprozessen gewonnen werden, in denen sukzessive Kenntnis über und Akzeptanz für die neuen Produkte aufgebaut werden (Becker, 2000, S. 151). (2)  Selektive Gebietsausdehnung Die selektive Gebietsausdehnung ist vor allem für späte Stadien der Unternehmensentwicklung charakteristisch. Im Rahmen einer ersten Gebietsexpansion können durch eine konzentrische Vorgehensweise neue Absatzringe nicht vollständig geschlossen werden. Es verbleiben Absatzlücken, die zwischen diesen neuen Gebieten und dem Kernabsatzgebiet bewusst vom Unternehmen in Kauf genommen werden. Diese Lücken sind das Resultat bestimmter lokaler oder regionaler Marktwiderstände, z. B. vom Handel, den Verbrauchern oder auch aufgrund der von Konkurrenten geschaffenen Markteintrittsbarrieren (Becker, 2019, S. 306). Deshalb werden im Rahmen der selektiven Gebietsausdehnung in einem ersten Schritt zusätzlich zum Kernabsatzgebiet phasenversetzt Aufbau- und Verdichtungsgebiete geschaffen. Die schwer einnehmbaren Absatzfestungen z. B. der Konkurrenten werden somit „umzingelt“. In einer späteren Phase lassen sich diese noch „weißen Kreise“ im bisherigen Absatzgebiet gleichzeitig von mehreren Seiten aus erschließen (siehe dazu Abb. 93).



4. Marktarealstrategien191

Abb. 93: Selektive Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 306)

„Bei lokal/regional geprägten Spezialitäten bestehen nicht selten Barrieren in der Weise, dass in einem anvisierten Teilmarkt bestehende ortsansässige Marken ein so starkes Lokalkolorit aufweisen, dass ein Eindringen einer neuen Marke von außen „marktpsychologisch“ erschwert ist. So hat die Brauerei Diebels ihr Bier ursprünglich nicht im Großraum Düsseldorf vermarkten können, weil „der Düsseldorfer“ selbstverständlich „nur“ Düsseldorfer Altbier konsumiert(e). Erst durch ein gezieltes selektives gebietspolitisches Vorgehen („Umzingelungsstrategie“) konnte die Absatzfestung Düsseldorf eingenommen werden“ (Becker, 2000, S. 154). (3)  Inselförmige Gebietsausdehnung Die inselförmige Gebietsausdehnung ist eine typische Strategie zur Gewinnung ausländischer Märkte, wenn dieser neue nationale Markt schnell erschlossen werden soll. So werden nur einige wenige Großstadtzentren – Zentren mit Leitcharakter – als Ausgangspunkt für einen nationalen Vertriebsaufbau herangezogen. Von diesen größeren Absatzinseln aus soll das jeweils umliegende Absatzgebiet zügig erschlossen werden. Die so entstehenden regionalen Absatzfelder sind danach miteinander zu vernetzen, um eine flächige nationale Marktabdeckung zu erreichen. Das inselförmige und konzentrische Vorgehen lässt sich folglich sinnvoll ergänzen. Inselorientierte Markterschließungskonzepte mit anschließender konzentrischer Verdichtung sind im deutschen Markt u. a. von McDonald’s und Pizza Hut verfolgt worden (Becker, 2010, S. 74).

192

E. Marketingstrategien

Abb. 94: Inselförmige Gebietsausdehnung auf der Basis von drei Großstadtzentren (Becker, 2019, S. 308)

4.1.2  Tendenzen inländischer Absatzgebietspolitik Im Rahmen der Absatzgebietspolitik besteht heute eine Tendenz zur natio­ nalen Marktabdeckung. Folgende Gründe dürften dafür verantwortlich sein (Becker, 2019, S. 310): –– Stagnierende regionale Absatzmärkte führen zu einer Suche nach neuen Umsatzpotentialen im überregionalen Marktgebiet. –– Bei zu starker Regionalisierung von Märkten ergeben sich unvermeidbare überregionale Werbefehlstreuungen. –– Die nationale Ubiquität eines Produktes ist eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung und Durchsetzung von Markenartikeln. –– Große Handelsorganisationen mit national ausgebautem Filialnetz präferieren grundsätzlich Herstellermarken mit nationaler Verbreitung und Kompetenz. –– Durch die zunehmende Internationalisierung des Wettbewerbs dringen immer mehr ausländische Angebote in den deutschen Markt. Zusätzlich führt ein verstärkter branchenübergreifender Wettbewerb zum Eintritt neuer Wettbewerber in angestammte Märkte. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen einheimische Marken auch national vertrieben werden. Andererseits wird es auch Entwicklungen geben, die Unternehmen veranlassen, räumliche Rückzugsstrategien zu wählen. So kann im Rahmen einer Kontraktion die Präsenz in den Absatzgebieten verringert werden. Zu dichte Vertriebsnetze, z. B. bei Banken, waren Ausgangspunkt kontraktiver Entwicklungen und führten zu einer starken Ausdünnung der Zweigstellennetze. Begleitet wurde dieser Rationalisierungsprozess durch die vielfältigen Möglichkeiten des Electronic Banking.



4. Marktarealstrategien193

Eine weitere räumliche Rückzugsstrategie ist die Konzentration („Rück­ zug“) auf Kernabsatzgebiete. Auslöser sind oftmals gravierende Wettbewerbsverschärfungen und ein daraus resultierender Preis- und Verdrängungswettbewerb, der z. B. auch größere Markenbrauereien veranlasst hat, sich aus dem überregionalen Geschäft zurückzuziehen (Becker, 2019, S. 311 ff.).

4.2  Übernationale Marktarealstrategien (International Marketing) Internationales Marketing umfasst die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle der marktbezogenen Unternehmensaktivitäten bei einer Geschäftstätigkeit in mehr als einem Land (Meffert/Bolz, 1998, S. 25). Die Probleme des internationalen Marketings resultieren weniger aus der Veränderung der Aufgabeninhalte als vielmehr aus ihrer Komplexität. Während ein national tätiges Unternehmen relativ gut einschätzbare Rahmenbedingungen im Heimatmarkt vorliegen hat, sieht sich ein international tätiges Unternehmen mit fremden, völlig unterschiedliche Umweltstrukturen in den einzelnen Ländern konfrontiert. Hieraus ergeben sich einerseits ein erweiterter Informationsbedarf und zusätzliche Risiken beim Überschreiten von Ländergrenzen sowie andererseits ein zusätzlicher Koordinationsbedarf im Rahmen der Bestimmung der internationalen Aktivitäten, z. B. länderübergreifende Preisharmonisierung. Im Rahmen der internationalen Marketingstrategie sind spe­ zielle strategische Entscheidungen zu treffen (siehe dazu Abb. 95), die in den folgenden Kapiteln systematisch behandelt werden.

Abb. 95: Spezielle Entscheidungen im Bereich der internationalen Marketingstrategie (in Anlehnung an Homburg, 2020, S. 1201)

194

E. Marketingstrategien

4.2.1  Festlegung des Internationalisierungsgrades Bei der grundlegenden Entscheidung über die Festlegung des Internationalisierungsgrades geht es um die Frage, inwieweit sich ein Unternehmen über die Grenzen des Herkunftslandes hinaus aktiv auf anderen Ländermärkten betätigen will. In diesem Zusammenhang sind unterschiedliche Motive der Internationalisierung von Bedeutung, die wie folgt kategorisiert werden können (siehe dazu im Folgenden Meffert/Bolz, 1998, S. 97 f.): –– Bei risikoorientierten Internationalisierungsmotiven steht die Risikoreduktion bzw. -streuung im Vordergrund. –– Chancenorientierte Internationalisierungsmotive zielen auf die Realisierung von absatz-, preis- und kostenbezogenen Chancen durch den Eintritt in neue Märkte ab. Risikoorientierte Motive der Internationalisierung sind z. B.: –– Umsatzstabilisierung durch Belieferung mehrerer Märkte mit unterschiedlichen Konjunkturzyklen, –– Ausgleich für im Inland an Wettbewerber verlorene Marktanteile, –– Begegnung von Verlustgefahren im Inland, z. B. durch unvorhergesehene Verkürzung des Produktlebenszyklusses, –– Erhalt und Ausbau bestehender Marktpositionen (z. B. nach Export) im Ausland durch stärkeres Engagement (z. B. durch Auslandsniederlassungen), –– Nachfolgen der Wettbewerber in das Ausland, um deren Wettbewerbsvorteil auszugleichen. Chancenorientierte Motive der Internationalisierung umfassen demgegenüber: (1) Absatzchancen –– Erschließung neuer Absatzquellen, –– Nachfolgen wichtiger Kunden in das Ausland, –– Teilnahme am dynamischen Wachstum von Auslandsmärkten, –– Erreichen von Wachstumszielen, die im Inland nicht realisiert werden können, z. B. aufgrund von gesättigten Märkten oder kartellrechtlichen Beschränkungen. (2) Preisbezogene Chance –– Abschöpfung von höheren Preisbereitschaften der Nachfrager in Auslandsmärkten.



4. Marktarealstrategien195

(3) Kostenbezogene Chancen –– Senkung der Marktbearbeitungskosten durch Skaleneffekte als Resultat einer höheren Absatzmenge, –– Ausnutzen niedriger Kosten der Marktbearbeitung in Auslandsmärkten. Nachdem eine grundsätzliche Entscheidung für den internationalen Markteintritt getroffen wurde, muss ein Unternehmen seinen Grad der Internationalisierung festlegen. Im Rahmen der Realisierung des internationalen Marketings können verschiedene Stufen der übernationalen Marktarealstrategie bzw. Internationalisierungsgrade unterschieden werden (siehe dazu Meffert/ Burmann/Becker, 2010, S. 65 ff.; Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S. 158 ff.; Berndt/Altobelli/Sander, 2016, S. 15 ff.): Multinationale Markterschließung Die multinationale Markterschließung stellt den schwächsten Intensitätsgrad der übernationalen Marktarealstrategie dar. Neben dem Inlandsmarkt werden ein bzw. nach kurzer Zeit auch mehrere, häufig benachbarte ausländische Märkte in das Marketing- und Vertriebskonzept des Unternehmens einbezogen. In dieser Hinsicht besitzt die multinationale Strategie den Charakter einer „Teststrategie“, da erste Erfahrungen auf benachbarten Auslandsmärkten gesammelt werden. Charakteristisch für dieses geostrategische Vorgehen ist, dass nur geringe Direktinvestitionen im Ausland getätigt werden. Durch den vergleichsweisen risikoarmen Weg des Exports werden vor allem Überschussmengen aus der eigenen Produktion im benachbarten Ausland vermarktet. Die Marketingaktivitäten bleiben schwerpunktmäßig auf den Heimatmarkt konzentriert. Internationale bzw. Weltmarkterschließung Die Heimatland-Orientierung wird im Rahmen dieser Strategie zugunsten einer Gastland-Orientierung aufgegeben. Wesentliche Charakteristika der internationalen Strategie sind Direktinvestitionen im Ausland, z. B. der Aufbau von Vertriebs-, Produktions- und/oder Tochtergesellschaften, und die Einbeziehung von Managementpersonal aus den jeweiligen Gastländern. Im Gegensatz zur multinationalen Markterschließung liegt die Verantwortung für das jeweils angemessene Marketingkonzept bei den Auslandsgesellschaften unter Beibehaltung der „Richtlinienkompetenz“ des Heimat- oder Stamm­ unternehmens. Eine eindeutige Abgrenzung der internationalen Strategie zur Weltmarktstrategie ist nur mit Hilfe geeigneter Messgrößen möglich, die unternehmens-

196

E. Marketingstrategien

und marktindividuell definiert werden müssen, z. B. Anzahl der bearbeiteten internationalen Märkte, internationaler Umsatzanteil des Unternehmens, Anteil ausländischer Direktinvestitionen. 4.2.2 Auswahl von Ländermärkten Die Bewertung und Selektion von Ländermärkten sind vor dem Hintergrund von Chancen und Risiken durchzuführen. Chancen ergeben sich für ein Unternehmen hauptsächlich durch die Bearbeitung attraktiver Märkte. Risiken stellen vor allem Markteintrittsbarrieren dar, bei denen es um die Zugänglichkeit der Ländermärkte geht. Zur Bewertung der Marktattraktivität und der Markteintrittsbarrieren lassen sich verschiedene Kriterien heranziehen (siehe dazu auch Meffert/Bolz, 1998, S. 141; Homburg, 2020, S. 1203): Kriterien der Marktattraktivität –– Institutionelle Kriterien: Politische Stabilität, lokale Infrastruktur, Zugang zu Ressourcen (z. B. Lohnkosten). –– Nachfragerbezogene Kriterien: Anzahl der Kunden mit Affinität zu Produkten des Anbieters, Bevölkerungswachstum, Pro-Kopf-Kaufkraft, Markt­ volumen, Wachstum des Marktes, regionale Bevölkerungs- und Nachfragekonzentration. –– Wettbewerbsbezogene Kriterien: Wettbewerbsintensität, Wettbewerbsvorteile. Markteintrittsbarrieren –– Institutionelle Kriterien: Zölle, Importquoten/Kontingentierungen, Einfuhrverbote, Mindest-/Höchstpreise, Normen und Standards, staatliche Auflagen z. B. im Hinblick auf den Mindestanteil lokaler Produktionen = Local Content-Klauseln. –– Nachfragerbezogene Kriterien: Nachfrageverhalten (z.  B. Bevorzugung von inländischen Leistungsangeboten), Sprache, Loyalität der Kunden gegenüber Wettbewerbern, Wechselkosten für Nachfrager, Distributionssysteme. –– Wettbewerbsbezogene Kriterien: Skalenvorteile etablierter Wettbewerber, positives Image der Wettbewerber im Markt. Die im Rahmen der Bewertung von Ländermärkten zu berücksichtigenden Kriterien sollten branchenspezifisch festgelegt werden. In einem nächsten



4. Marktarealstrategien197

Abb. 96: Portfoliogestützte Selektion/Priorisierung von Ländermärkten am Beispiel eines Maschinenbauunternehmens (Homburg, 2020, S. 1204)

Schritt kann zur Selektion und Priorisierung von Ländermärkten als Entscheidungsfindung die Portfoliomethode verwendet werden (zur allgemeinen Darstellung des Portfoliokonzeptes siehe Kapitel E. 1.5). Durch die Unterteilung der zwei Dimensionen Attraktivität und Zugänglichkeit des Ländermarktes in niedrig und hoch entstehen vier Matrixfelder bzw. eine Typologie der Ländermärkte (siehe dazu Abb. 96). Für jedes Portfoliofeld können Normstrategien für die Marktbearbeitung definiert werden (siehe dazu auch Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S. 124 f.): –– Feld A: Diese Kernmärkte haben höchste Priorität für die Marktbearbeitung, da sie durch eine hohe Attraktivität und eine hohe Zugänglichkeit mit wenigen Markteintrittsbarrieren charakterisiert sind. –– Feld B: Diese Ländermärkte sind von mittlerer Priorität und sollten gelegentlich bearbeitet werden (Gelegenheitsmärkte). Sie haben zwar eine niedrigere Marktattraktivität, weisen aber eine hohe Zugänglichkeit auf. –– Feld C: Länder mit Positionierung in diesem Portfoliofeld gehören zu den Abstinenzmärkten. Sie sind unattraktiv und nur schwer zugänglich und sollten daher generell nicht bearbeitet werden. –– Feld D: Für diesen Ländermarkttyp (Hoffnungsmärkte) ist keine pauschale Aussage möglich, sondern eine differenzierte Beurteilung erforderlich. Ein Unternehmen muss sich die Frage stellen, inwieweit es machbar und wirt-

198

E. Marketingstrategien

schaftlich sinnvoll ist, durch einen hohen Aufwand die Markteintrittsbarrieren zu überwinden und den attraktiven Ländermarkt zu erschließen. Wird diese Frage für einen Ländermarkt positiv beantwortet, sollte dieser generell bearbeitet werden. Im Rahmen dieser Ländermarkttypologie ist allerdings zu beachten, dass sich die Zuordnung der Ländermärkte im Zeitablauf wandeln kann. 4.2.3  Gestaltung der internationalen Markterschließung 4.2.3.1  Markteintrittsstrategien in ausländische Märkte Nachdem sich ein Unternehmen entschieden hat, auf einem Auslandsmarkt aktiv zu werden, ist eine Entscheidung über die Strategie des Markteintritts zu treffen. Unternehmen haben die Wahl zwischen einer Vielzahl an Alternativen des internationalen Markteintritts. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang zunächst eine Systematik der Gestaltungsoptionen des Markteintritts (siehe dazu Abb. 97; eine differenziertere Systematik möglicher Formen des Auslandsmarkteintritts diskutieren Berndt/Altobelli/Sander, 2016, S. 165 ff.).

Abb. 97: Markteintrittsalternativen im internationalen Marketing (Meissner, 1987, S. 324)



4. Marktarealstrategien199

Export Als Basisoption des internationalen Markteintritts ist der Export anzusehen, der insbesondere für mittelständische Unternehmen meist die einzige Alternative zu Beginn der Internationalisierung darstellt. Die Kapital- und Managementleistungen werden bei Exportgeschäften zu 100 % im In- oder Stammland erbracht. Allerdings können im Fall des direkten Exports Außendienstmitarbeiter oder Techniker eines Herstellers die Kunden vor Ort besuchen. Voraussetzung für den Export ist ein möglichst freier Güter- und Zahlungsverkehr. Das Exportgeschäft stellt eher eine Lernphase im internationalen Marketing dar und kann in den direkten und indirekten Export unterschieden werden. Als Abgrenzungskriterium dient das Einschalten bzw. Umgehen des inländischen (Export-)Handels (Zentes/Swoboda/Schramm-Klein, 2010, S. 223) (siehe dazu Abb. 98).

Abb. 98: Vergleich indirekter und direkter Export (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 316)

Der direkte Export erfolgt in Eigenregie. Der erste Abnehmer des Herstellers befindet sich im Ausland und kann Wiederverkäufer oder auch End­ abnehmer sein. Beispielsweise können Industriegüter direkt an die Kunden im Ausland vertrieben werden, da es sich häufig um den Verkauf von kundenspezifischen Produkten handelt. Ansonsten empfiehlt sich der Einsatz z. B. von Handelsvertretern und Vertragshändlersystemen im Ausland, die auch die Ersatzteilversorgung bzw. einen entsprechenden Reparatur- bzw. Wartungsservice anbieten können. In der Regel wird ein ausländischer Generalvertreter eingeschaltet, der als Alleinimporteur oder Provisionsvertreter auf eigene Rechnung oder gegen Provision arbeitet.

200

E. Marketingstrategien

Im Gegensatz dazu wird beim indirekten Export ein unabhängiges Exportorgan im Inland eingeschaltet. Die Übertragung der Vermarktung von Überschussmengen im Ausland erfolgt an diesen inländischen Exporteur. Der Hersteller nimmt somit bewusst keinen Einfluss auf das Vertriebskonzept im Ausland. Folgende Absatzorgane können beim indirekten Export zwischengeschaltet werden (siehe dazu Berndt/Altobelli/Sander, 2016, S. 167 f.): –– Exporteigenhändler: Inländische Exporthändler bzw. Exporthäuser, die sich auf bestimmte Sortimente oder Länder spezialisieren sowie Niederlassungen ausländischer Firmen, z. B. ausländische Warenhäuser oder Importfirmen, welche Einkaufsbüros bzw. Niederlassungen im Inland unterhalten. –– Exportagenten: Handelsvertreter, Handelsmakler und Kommissionäre, die im Inland des Produzenten angesiedelt sind und den Verkauf der Export­ güter in Eigenregie durchführen. Im Gegensatz zu den Exporteigenhändlern handeln sie nicht auf eigene Rechnung, sondern auf fremde Rechnung ihres Auftraggebers. –– Exportkooperationen: Freiwillige Zusammenschlüsse exportierender Unternehmen. Die beteiligten Unternehmen bleiben wirtschaftlich und rechtlich selbständig und übertragen einige oder alle Exportfunktionen an ein zentrales Exportorgan, das die Geschäfte im eigenen oder im Namen des jeweiligen Mitgliedsbetriebs abwickelt. Exportgeschäfte besitzen generelle Vorteile für den Hersteller. Sie sind vergleichsweise risikoarm und mit einem relativ geringen organisatorischen Aufwand zu betreiben. Beim indirekten Export besteht nahezu kein unternehmerisches Risiko. Der zusätzliche Kapital- und Managementaufwand ist sehr gering. Des Weiteren kann im Rahmen von Exportgeschäften flexibel auf Umweltveränderungen reagiert werden. So können sich exportierende Unternehmen relativ einfach und schnell aus dem Auslandsgeschäft zurückziehen. Allerdings haben die Hersteller wenig Einfluss auf die Marktbearbeitung im Ausland, und eine systematische Markterschließung ist nur sehr schwer möglich (siehe dazu u. a. Meffert/Burmann/Becker, 2010, S. 179 f.). Lizenzvergabe Durch die Vergabe einer Lizenz gestattet ein inländischer Lizenzgeber einem ausländischen Lizenznehmer die Nutzung von patentierten Produkten, Produktionsverfahren und gegebenenfalls eingetragenen Warenzeichen gegen Entgelt für ein bestimmtes Gebiet und einen bestimmten Zeitraum (Berndt/ Sander, 1997, S. 513). Dadurch hat der Hersteller die Möglichkeit, zusätzliche Erträge aus seinem Know-how zu erwirtschaften, da er in den meisten Fällen eine Pauschalgebühr zuzüglich einer umsatzabhängigen Gebühr vom



4. Marktarealstrategien201

Lizenznehmer erhält. Gegebenenfalls bringt der Lizenzgeber entsprechendes Know-how in Form von Erfahrungen und Kenntnissen als zusätzliche Gegenleistung ein. Die Lizenzvergabe ermöglicht dem Hersteller zwar einen ersten Einstieg in den Auslandsmarkt, allerdings hat er dann keinen hinreichenden Einfluss auf das Vermarktungskonzept im Ausland. Die Kontrolle der Einhaltung der Lizenzvereinbarungen gestaltet sich schwierig und der Hersteller ist von den ausländischen Kunden und Märkten noch weit entfernt (Meffert/ Burmann/Becker, 2010, S. 182). Die Lizenzierung wird beispielsweise von Coca-Cola als primäre Markteintrittsstrategie gewählt, indem Lizenzvereinbarungen mit Abnehmern – so genannte Abfüllpartner – weltweit getroffen werden. Diese werden mit dem Sirup-Konzentrat beliefert, das zur Herstellung des Produktes erforderlich ist (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 1060). Aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen stellt die Lizenzvergabe eine weitere wichtige Einnahmequelle in Form von Lizenzzahlungen dar. Beispielsweise sucht die Düsseldorfer Altbierbrauerei „Zum Schüssel“ weltweit Brauereien, die daran interessiert sind, Original Schlüssel Alt im Rahmen einer Lizenzvereinbarung herzustellen. Ein entsprechender Lizenzvertrag gewährt den lizenzierten Unternehmen das Recht, Original Schlüssel als Lizenzpartner zu produzieren. Vorgaben sind die Produktion nach der Original-Rezeptur und die Einhaltung der entsprechenden Qualitätsstandards. Der Lizenznehmer ist berechtigt die Corporate Identity der Brauerei „Zum Schlüssel“ zu nutzen und das Bier auf eigene Rechnung im eigenen Vertriebsnetz zu vermarkten (www.zumschlues sel.de). Franchising Beim Franchising räumt der Franchisegeber aufgrund langfristiger, individualvertraglicher Vereinbarungen rechtlich selbständig bleibenden Franchisenehmern gegen Entgelt das Recht ein und legt die Pflichten auf, explizit bestimmte Sach- und/oder Dienstleistungen unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Ausstattung und sonstigen Schutzrechten sowie der technischen und gewerblichen Kenntnisse des Franchisegebers und unter Beachtung des von diesem entwickelten Absatz- und Organisationssystems auf eigene Rechnung an Dritte abzusetzen (Ahlert, 1996, S. 216). Der Franchisenehmer nutzt also ein klar umrissenes, vertraglich festgeschriebenes Marketing- und Vertriebskonzept. In der Systemgastronomie finden sich unzählige Beispiele für Franchisesysteme. Diese internationale Form der Marktbearbeitung wird nicht nur von McDonald’s oder Burger King benutzt, sondern auch von Unternehmen wie Subway, Pizza Hut oder Hooters.

202

E. Marketingstrategien

Für weltmarktstrategisch operierende Unternehmen ist das Franchisekonzept besonders geeignet, um weltweit weitgehend standardisierte Konzepte durchzusetzen. Durch das von den Franchisenehmern einzubringende Kapital hat dieses Konzept ein hohes Wachstums- und Expansionstempo. Vorteilhaft ist auch der durchgängige Einfluss des Herstellers auf das Vermarktungs- und Vertriebskonzept aufgrund der festgelegten vertraglichen Regelungen. Joint Venture (= Gemeinschaftsunternehmen) Ist der Aufbau eigener Tochtergesellschaften bzw. Produktionsbetriebe aufgrund der ausländischen Gesetzgebung, administrativer Restriktionen oder unternehmerischer Ressourcenknappheit nicht realisierbar, kommt zunächst die Errichtung von Joint Ventures in Betracht. Beispielsweise kann eine ausländische Gesetzgebung eine 100 %ige Kapitalbeteiligung von Ausländern an nationalen Unternehmen nicht zulassen und fordert eine Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern. Aus diesem Grund hat die BASF als weltweit größtes Chemieunternehmen seit 1986 mehrere Joint Ventures mit ihrem chinesischen Partner Sinopec in China gegründet. Ein Joint Venture ist eine gemeinschaftliche Gründung oder der Erwerb eines rechtlich selbständigen Unternehmens durch zwei oder mehr rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen aus verschiedenen Ländern. Dessen Standort befindet sich in der Regel im Land eines der Partner (Meffert/Bolz, 1998, S. 128). Das Ziel des Joint Ventures liegt in der Ausführung von Aufgaben im gemeinsamen Interesse der Gesellschafterunternehmen. Ein Vertrag über ein Joint Venture beinhaltet u. a. die eingesetzten Ressourcen und Erfahrungen der beteiligten Unternehmen, die Höhe der Einlagen sowie die Risiko- und Gewinnverteilung, die Verteilung der Entscheidungsbefugnisse auf die Partnerunternehmen und Zweck und Dauer der Zusammenarbeit. Aus der Zusammenarbeit mit einem ausländischen Unternehmen in einem Joint Venture resultieren einige Vorteile. So können dessen Markt- und Landeskenntnisse und auch seine Kontakte zu Behörden, Lieferanten und Kunden genutzt werden. Durch die finanzielle Beteiligung des ausländischen Partners sinkt das eigene Risiko des Markteintritts. Fehlendes Kapital insbesondere bei mittelständischen Unternehmen kann durch den ausländischen Partner ausgeglichen werden. Allerdings können sich Interessenkonflikte der Partner bei der gemeinsamen Unternehmens- und Marketingführung ergeben. Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Beteiligten ist somit eingeschränkt (Berndt/Altobelli/Sander, 2016, S. 174 f.).



4. Marktarealstrategien203

Vertriebsniederlassung Durch die Gründung von Vertriebsniederlassungen entstehen rechtlich selbständige Wirtschaftseinheiten des Herstellers im Ausland. Dabei wird der Verkauf häufig durch die Lagerhaltung und den technischen Service vor Ort ergänzt. Mit dem Aufbau von Vertriebsgesellschaften ist zwar ein gewisses unternehmerisches Risiko verbunden, da bereits Direktinvestitionen im Auslandsmarkt getätigt werden. Aber es ergeben sich auch einige Vorteile: Durch die Nähe zum Markt erhält der Vertrieb nicht nur wichtige Marktinformationen, sondern auch die Möglichkeit, eine schnelle und qualifizierte Beratung seiner Kunden aufgrund reduzierter Reisetätigkeiten durchzuführen. Ebenso verbessert sich die Lieferschnelligkeit und -zuverlässigkeit durch die regionale Bevorratung der Verkaufsprodukte. Produktionsbetrieb Der Aufbau bzw. Aufkauf von Produktionsstätten im Ausland hat zum Teil auch Kostengründe für ein international operierendes Unternehmen. So können kostengünstig herstellende Produktionsbetriebe im Ausland auch den inländischen Markt beliefern und damit nicht nur der konsequenten Erschließung von Auslandsmärkten dienen. Allerdings verlangen in Auslandsmärkten produzierende Abnehmer oftmals von ihren Lieferanten, dass sie ebenso eine Produktion vor Ort aufbauen. Damit wollen z. B. Automobilhersteller einerseits durch kurze Lieferwege die Versorgungssicherheit mit Teilen und Komponenten sicherstellen. Andererseits kann durch eine dadurch mögliche Justin-time-Produktion die Kapitalbindung der Vorräte aufgrund geringer Lagerbestände erheblich reduziert werden. Tochtergesellschaft Tochtergesellschaften im Ausland nehmen alle unternehmerischen Funktionen vor Ort wahr und ermöglichen eine konsequente Erschließung der Auslandsmärkte und Ausschöpfung der vorhandenen Absatzpotentiale durch deren Marktnähe. Die Lieferschnelligkeit und -zuverlässigkeit wird verbessert, länderspezifische Produkte können vermehrt produziert werden, eine kompetente Kundenbearbeitung erfolgt durch eigene Vertriebsmitarbeiter, und insbesondere in Problemfällen ist der technische Service schnell beim Kunden. Des Weiteren obliegt der Tochtergesellschaft die alleinige Planung, Steuerung und Kontrolle der Auslandsaktivitäten. Beim Aufbau von Tochtergesellschaften sind allerdings hohe Direktinvestitionen im Ausland erforderlich. Durch viele selbständige Tochtergesellschaf-

204

E. Marketingstrategien

ten in ausländischen Märkten erhöht sich die Komplexität der weltweiten Geschäftstätigkeit mit einem zunehmenden Informations-, Steuerungs- und Kontrollaufwand. In den letzten Jahren haben aber auch Akquisitionen im Rahmen des Markteintritts in andere Länder zugenommen, z. B. Markteintritt des spanischen Telekommunikationsdienstleisters Telefonica in Deutschland und Großbritannien durch Übernahme von O2. Im Gegensatz zur Akquisition stellt der Aufbau einer Tochtergesellschaft die zeitintensivere Strategie dar (Meffert/Burmann/Becker, 2010, S. 187 f.). Eine zusammenfassende Beschreibung der unterschiedlichen Formen des Eintritts in internationale Märkte kann mit Hilfe verschiedener Kriterien erfolgen (siehe dazu Meffert/Bolz, 1998, S. 125; Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S. 134): –– Kapitaleinsatz im Ausland: Beschreibt die Höhe der spezifischen Investi­ tionen in dem entsprechenden Ländermarkt. –– Kontrollmöglichkeiten der Auslandsaktivitäten: Umfasst den Einfluss, den das Unternehmen auf alle Aktivitäten im Auslandsmarkt hat. –– Kooperationsabhängigkeit von anderen Unternehmen: Definiert die Notwendigkeit der Koordination mit ausländischen Partnern. –– Institutionelle Ansiedelung der Aktivitäten: Befinden sich die personellen und/oder sachlichen Ressourcen im Heimatland oder im Ausland? In Abb. 99 ist eine zusammenfassende Beschreibung wichtiger Markteintrittsformen dargestellt. Markteintritts­ alternative

Kapital­ einsatz

Indirekter Export

Kontrolle

Kooperations­ abhängigkeit

Institu­ tionelle Ansiedelung

sehr niedrig

niedrig

niedrig

Inland

Direkter Export

niedrig

gering/mittel

niedrig

Inland

Lizenzvergabe

gering

gering

mittel

Inland

gering/mittel

hoch

mittel

Inland/ Ausland

Joint Venture

mittel/hoch

mittel/hoch

hoch

Ausland

Vertriebsniederlassung

mittel/hoch

hoch

gering

Ausland

Produktionsbetrieb

hoch

hoch

gering

Ausland

Tochtergesellschaft

hoch

hoch

gering

Ausland

Franchising

Abb. 99: Beschreibung wichtiger Formen des internationalen Markteintritts (in Anlehnung an Meffert/Bolz, 1998, S. 125)



4. Marktarealstrategien205

Bei der Auswahl einer geeigneten Markteintrittsstrategie ist ein zweistufiges Vorgehen empfehlenswert. Zunächst sind in einem ersten Schritt Bestimmungsfaktoren zu definieren, die bestimmte Markteintrittsformen bereits ausschließen können (siehe dazu auch Meffert/Bolz, 1998, S. 139 ff.). Aus unternehmensinterner Sicht sind dabei die folgenden Faktoren relevant: –– Internationalisierungsphilosophie: z. B. wollen Unternehmen nur Markt­ engagements zulassen, die eine hohe Kontrollierbarkeit der Auslandsaktivi­ täten gewährleisten. Folglich wären Minderheitsbeteiligungen oder 50:50Joint Ventures ausgeschlossen. –– Geringe Risikoneigung des Managements, geringe Ressourcenausstattung, geringe Auslandserfahrung: In diesen Fällen scheiden Direktinvestitionen aus. Bei den unternehmensexternen Bestimmungsfaktoren sind insbesondere in rechtlicher Hinsicht die folgenden Kriterien von Bedeutung: –– Beteiligungsvorschriften: Ein Verbot der Unternehmensgründung für Ausländer verhindert Direktinvestitionen zum Erwerb oder Aufbau einer Tochtergesellschaft. –– Local Content-Vorschriften: Zwingen Unternehmen zu einem bestimmten Anteil an lokaler Wertschöpfung und können somit den Aufbau einer Produktionsgesellschaft erforderlich machen. –– Vorschriften zur Begrenzung des Gewinntransfers aus dem Auslandsmarkt in das Heimatland: Direktinvestitionen werden dadurch oftmals unattraktiv. –– Hohe Einfuhrzölle: Eine Produktion vor Ort zwecks Umgehung der Einfuhrzölle ist empfehlenswert. Sind beispielsweise keine geeigneten Kooperationspartner im Auslandsmarkt verfügbar, scheidet das Joint Venture als Markteintrittsform aus. Dieses gilt auch für den Aufbau einer eigenen Tochtergesellschaft, falls kein Personal in ausreichender Quantität und Qualität vorhanden sein sollte. Die übriggebliebenen Markteintrittsstrategien lassen sich anschließend in einem zweiten Schritt anhand konkreter Entscheidungskriterien bewerten (siehe dazu Abb. 100). Anhand einiger ausgewählter Entscheidungskriterien wird dieser Schritt der Bewertung erläutert: –– Faktorkosten: Sind diese z. B. niedrig für Löhne und Kapital, werden Direktinvestitionen attraktiv. –– Marktvolumen und Anzahl bzw. Wettbewerbsstärke der Konkurrenz: Kapital- und risikoreiche Markteintrittsstrategien sind bei geringem Marktvolumen und hoher Wettbewerbsintensität benachteiligt.

206

E. Marketingstrategien

Abb. 100: Übersicht der Bestimmungsfaktoren der internationalen Markteintrittsstrategie (Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 169)

–– Nachfrageverhalten: Bei einem länderspezifischen Nachfrageverhalten ist eher ein intensives Engagement vor Ort erforderlich. Die relevanten Einflussfaktoren können in Bewertungsprofile, ScoringModelle und Portfolio-Analysen Eingang finden (siehe dazu Kap. E. 1.5.2). Zur endgültigen Auswahl der Markteintrittsform ist entscheidungsunterstützend eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung mit Hilfe der Kapitalwertmethode durchzuführen. 4.2.3.2  Timing der internationalen Markteintritte Neben der Entscheidung über die Form des Markteintritts ist eine Entscheidung über das Timing der internationalen Marktauftritte zu treffen, d. h., zu welchem Zeitpunkt sollen die einzelnen ausgewählten Ländermärkte erschlossen werden. Als Markteintrittszeitpunkte für die im Rahmen der Marktauswahl selektierten Ländermärkte können dabei zwei idealtypische Alterna­ tiven unterschieden werden (siehe dazu u. a. Zentes/Swoboda/Schramm-Klein, 2010, S. 118): –– Im Fall einer Wasserfallstrategie expandiert ein Unternehmen schrittweise in die neuen Ländermärkte (siehe dazu Abb. 101). –– Bei der Wahl der Sprinklerstrategie erfolgt ein simultaner Eintritt des international expandierenden Unternehmens in die anvisierten Ländermärkte (siehe Abb. 102).



4. Marktarealstrategien207

Abb. 101: Wasserfallstrategie

Schlüsselkunden Land A

Land B

Land C

Land D

Abb. 102: Sprinklerstrategie

Im Rahmen der Wasserfallstrategie beginnt ein Unternehmen mit der Bearbeitung aller Kunden auf einem Ländermarkt. Erst nach Erreichen eines hohen Absatzniveaus wird die Bearbeitung auf den nächsten Ländermarkt erweitert. Im Gegensatz dazu erfolgt mit Hilfe der Sprinklerstrategie zunächst die simultane Bearbeitung ausgewählter Kunden auf mehreren Ländermärkten. Nach Erreichen eines hohen Absatzniveaus in einer Kundengruppe werden weitere Kundengruppen in die Marktbearbeitung einbezogen. Eine Mischform stellt die Brückenkopfstrategie dar. Zunächst wird jeweils ein Schlüsselmarkt in einer Region erschlossen, um in dieser Region Erfahrungen zu sammeln und die Risiken zu mindern. Bei einem erfolgreichen Aufbau eines Brückenkopfs können dann von dort aus weitere (angrenzende) Ländermärkte erschlossen werden, z. B. die USA als Brückenkopf für die NAFTA.

208

E. Marketingstrategien

Mit beiden strategischen Alternativen sind jeweils bestimmte Vor- und Nachteile verbunden (siehe dazu Abb. 103). Deren Gewichtung hängt in einer konkreten Entscheidungssituation von unternehmens- und situationsspezifischen Faktoren ab. Situative Faktoren, die die Anwendung der Wasserfall­ strategie begünstigen, sind z. B.: –– Erfordernis von Referenzmärkten: Die USA sind beispielsweise oftmals Referenzmarkt für Südamerika. –– Langer Produktlebenszyklus: Erfahrungen auf früh erschlossenen Märkten können zur Weiterentwicklung des Produktes genutzt werden. –– Geringe Wettbewerbsintensität auf den Ländermärkten: Dadurch wird ein späterer Markteintritt nicht erschwert. –– Stark auseinander liegende Produktgattungszyklen (Produktreifegrade) in den verschiedenen Ländern: Bestimmte Ländermärkte sind noch nicht „reif“ für den Verkauf vor allem von technischen Neuerungen. So konnten LTE (Long Term Evolution)-Handys im Jahr 2011 in Deutschland aufgrund der nicht vorhandenen schnelleren Mobilfunknetze nicht verkauft werden (Wollweber, 2011, S. 12). Sind folgende Faktoren gegeben, dann empfiehlt sich die Sprinklerstrate­ gie (siehe u. a. Berndt/Altobelli/Sander, 2016, S. 185 f.): –– Kurze Produkt- und Technologielebenszyklen: Gibt es nur kurze „Zeitfenster“ zur Realisierung von Umsätzen und Gewinnen, müssen Produkte schnellstmöglich in den unterschiedlichsten Ländermärkten verkauft werden. –– Lange Forschungs- und Entwicklungszeiten für Neuprodukte: Eine zeitnahe Amortisation des hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwandes lässt sich nur durch den gleichzeitigen Verkauf in mehreren Ländern gewährleisten. –– Setzen von Produktstandards im Markt ist möglich: So werden sich Konsumenten z. B. nur ein Betriebssystem für ihren Computer kaufen.



4. Marktarealstrategien209 Bewertung

Wasserfallstrategie

Sprinklerstrategie

Vorteile

• Sukzessiver Aufbau finanzieller und personeller Ressourcen unter Nutzung von Lerneffekten • Risikostreuung in zeitlicher Hinsicht • Möglichkeiten der Anpassung des Marketings im Hinblick auf den späteren Eintritt in weitere Ländermärkte • Mögliche Verlängerung des Produktlebenszyklusses

• Aufbau von Markteintrittsbarrieren gegen nachziehende Wettbewerber • Risikostreuung in regionaler Hinsicht

Nachteile

• Gefahr der Besetzung von noch • Hoher kurzfristiger nicht erschlossenen Märkten durch Kapital- und Personal­ Konkurrenten bedarf Abb. 103: Bewertung von Wasserfall- und Sprinklerstrategie (in Anlehnung an Homburg, 2020, S. 1207)

4.2.4 Wahl der länderübergreifenden Standardisierung der Marketingaktivitäten Die Marketingstandardisierung umfasst die Vereinheitlichung von Marketinginhalten und Marketingprozessen. Die inhaltliche Standardisierung betrifft dabei das Ausmaß der Vereinheitlichung des Marketingmixes und der Marketingstrategien im länderübergreifenden Einsatz. Die Prozessstandardisierung umfasst demgegenüber die einheitliche Strukturierung und ablauf­ organisatorische Vereinheitlichung von Marketingentscheidungen (Meffert/ Bolz, 1998, S. 155). Die Frage nach dem Ausmaß der Standardisierung der Marketinginhalte steht im Folgenden im Vordergrund, wobei sich zwei Ex­ tremfälle unterscheiden lassen: Einerseits die vollständige Standardisierung der Marketingaktivitäten über alle Landesgrenzen hinweg, z. B. Coca-Cola (lediglich mit Variation des Geschmacks) und die vollkommene Differenzierung der Marketingaktivitäten in den einzelnen Ländern. Bei der Wahl der länderübergreifenden Standardisierung sind u. a. rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. So können Verbraucherschutzbestimmungen, z. B. unterschiedliche Produktnormen oder Werbeverbote in bestimmten Medien, eine landesspezifische Differenzierung des Marketing­ mixes erforderlich machen. Ebenfalls überwiegen die Vorteile der länderübergreifenden Differenzierung, je größer die Heterogenität der Marktgegebenheiten und Kundenbedürfnisse ist. Insbesondere bei Nahrungsmitteln, Getränken,

210

E. Marketingstrategien

Haushalts- und Körperpflegeprodukten ist ein unterschiedliches Kaufverhalten festzustellen. Dagegen sind bei langlebigen Gebrauchsgütern, z. B. Autos oder Luxusgüter, Tendenzen einer länderübergreifenden Angleichung des Kaufverhaltens zu erkennen. In der unternehmerischen Praxis werden einzelne Komponenten des Marketingmixes hochgradig standardisiert und andere kaum. Z. B. stellt die ­vollkommene Standardisierung der Produktgestaltung und eine weitgehend landesspezifische Kommunikationspolitik eine Mischstrategie der internationalen Marktbearbeitung dar. Auch die Vertriebspolitik weist aufgrund der heterogenen vertriebsbezogenen Gegebenheiten in den verschiedenen Ländermärkten eine tendenziell höhere länderübergreifende Differenzierung auf. Bei der länderübergreifenden Gestaltung des Vertriebssystems ist die Einschaltung unterschiedlicher Vertriebsorgane und Vertriebswege für verschiedene Ländermärkte erforderlich. Hieraus resultiert ein länderübergreifender Multi-Channel-Vertrieb, da Anbieter über die verschiedenen Ländermärkte hinweg mehrere verschiedene Vertriebswege gleichzeitig verwenden (siehe dazu Abb. 104). Die Preispolitik dürfte in den verschiedenen Ländermärkten ebenfalls entsprechend den jeweiligen Einkommensverhältnissen und der daraus resultierenden Kaufkraft der Konsumenten in differenzierter Form eingesetzt werden. Anbieter

Exporteur

Exporteur Landesgrenze

Land A

Land B

Land C

Land D

Importeur

Importeur

Verkaufsniederl.

Großhandel Endkunde

Endkunde

Endkunde

Endkunde

Abb. 104: Länderübergreifende Gestaltung des Vertriebssystems eines Herstellers (in Anlehnung an Homburg, 2020, S. 1222)



4. Marktarealstrategien211

Literaturempfehlungen Backhaus, Klaus/Büschken, Joachim/Voeth, Markus: Internationales Marketing, 5. Aufl., Stuttgart 2003, S. 124–147; 164–197. Becker, Jochen: Marketingstrategien: systematische Kursbestimmung in schwierigen Märkten, München 2000, S. 148–189. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4. Aufl., München 2010, S. 69–81. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 299–313; 324–326; 335–336. Berndt, Ralph/Altobelli, Claudia Fantapié/Sander, Matthias: Internationales Marketing-Management, 5. Aufl., Berlin u.  a. 2016, S. 10–11; 15–16; 123–138; 165–200. Homburg, Christian: Marketingmanagement: Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmensführung, 7. Aufl., Wiesbaden 2020, S. 1179–1225. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 1048–1075. Meffert, Heribert/Bolz, Joachim: Internationales Marketing-Management, 3. Aufl., Stuttgart 1998, S. 97–105; 124–144; 155–160. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Becker, Christian: Internationales Marketing-Management. Ein markenorientierter Ansatz, 4. Aufl., Stuttgart 2010, S. 33–34; 63–72; 174–197; 236–238. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 214–229. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015, S. 236–239. Zentes, Joachim/Swoboda, Bernhard/Schramm-Klein, Hanna: Internationales Marketing, 2. Aufl., München 2010, S. 5–7; 41–64; 217–264; 375–379. Kontrollfragen 1) Beschreiben Sie die Gründe, warum heute eine Tendenz zur nationalen Marktabdeckung besteht! 2) a) Zeichnen Sie das Portfolio zur Selektion von Ländermärkten! Beschriften Sie die Achsen und zeichnen Sie pro Achse die jeweiligen Trennlinien ein!

212

E. Marketingstrategien

b) Für jedes Matrixfeld lässt sich ein bestimmter Ländermarkttyp identifizieren. Benennen und charakterisieren Sie die einzelnen Ländermarkttypen! Erläutern Sie, welche Strategien der Marktbearbeitung sich für die entsprechenden Ländermarkttypen ableiten lassen! 3) Ein deutscher Verlag möchte ein neues Buch zum Preis von 50 € in den Schweizer Markt einführen. Fraglich ist, ob für den Vertrieb des Buches Reisende oder Handelsvertreter eingesetzt werden sollen. Auf eine Stellenanzeige haben sich Herr Lauf und Frau Kontakt beworben. Herr Lauf will als Reisender tätig werden, wenn ihm ein Fixum von 3.500 € garantiert wird. Zusätzlich verlangt er 6 % Provision der von ihm vermittelten Umsätze. Frau Kontakt verzichtet auf ein Fixgehalt und ist mit 10 % Vertreterprovision zufrieden. a) Berechnen Sie, ob sich der Verlag für den Reisenden Herrn Lauf oder für die Handelsvertreterin Frau Kontakt entscheiden wird, wenn beide gleichermaßen im Schweizer Markt 1.500 Bücher verkaufen! b) Bewerten Sie den Reisenden und die Handelsvertreterin anhand vier ausgewählter qualitativer Kriterien! (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2009, S. 228) 4) Ein Einzelhandelsunternehmen überlegt, in einen neuen ausländischen Markt einzutreten. Geprüft werden die Alternativen Franchising und der Aufbau eigener Filialen. Bewerten Sie diese beiden Alternativen anhand der Kriterien zur Bewertung der Formen des internationalen Markteintritts! 5) a) Grenzen Sie die Wasserfall- und Sprinklerstrategie voneinander ab! b) Erläutern Sie die jeweiligen Bestimmungsfaktoren der Wasserfallund Sprinklerstrategie! 6) Diskutieren Sie die jeweiligen Bestimmungsfaktoren der Standardisierung und Differenzierung im Internationalen Marketing!

5. Kombination der Marketingstrategien In den vorangegangenen Kapiteln sind die vier grundlegenden Marketingstrategien eher isoliert betrachtet und diskutiert worden. Damit Unternehmen am Markt langfristig erfolgreich operieren können, ist allerdings eine Kombination von Strategiealternativen aus den vier Strategieebenen erforderlich. Durch entsprechende mehrdimensionale Strategiefestlegungen definieren Unternehmen damit ihr Strategieprofil im Markt (Becker, 2019, S. 351 f.).



5. Kombination der Marketingstrategien213

In der folgenden Abbildung wird die Strategiebox mit den strategischen Modulen zusammenfassend dargestellt: Marktfeldstrategien

Positionierungsstrategien

• Marktdurchdringungsstrategie: bisherige Kunden, Kunden der Konkurrenz, Nichtkunden

• Preis-Mengen-Strategie

• Marktentwicklungsstrategie: räumlich, new uses, new users • Produktentwicklungsstrategie: echte Innovationen, quasi-Innovationen, me-too-Produkte

• Präferenzstrategien: Innovationen, hohe Produktqualität, einzigartiges Produkt-/Verpackungsdesign, Programmumfang, umfangreiche Serviceleistungen, spezielles Vertriebssystem, positives Marken­ image

• Diversifikationsstrategien: horizontal, vertikal, lateral

• Nachhaltigkeitsstrategien; dominant, gleichberechtigt, flankierend

Marktbearbeitungsstrategien

Marktarealstrategien

• Massenmarktstrategie

• Nationale Strategien: lokal, regional, überregional, national

• Marktsegmentierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung • Marktsegmentierungsstrategie mit partialer Marktabdeckung

• Übernationale Strategien: multinational, international

Abb. 105: Strategiebox eines Unternehmens (in Anlehnung an Becker, 2019, S. 352)

Je vollständiger und schlüssiger das Strategieprogramm eines Unternehmens insgesamt ist, desto besser ist die Steuerungsleistung von Marketing­ strategien (Becker, 2010, S. 81). Zu betonen ist, dass sich aus jeder der vier grundlegenden Marketingstrategien mehrere Strategieelemente auswählen lassen. Beispielsweise können große, wachstumsorientierte und finanzstarke Unternehmen im Rahmen der Marktfeldstrategien die Strategien der Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung und Diversifikation verfolgen. Dagegen wird für kleine finanzschwache Unternehmen hauptsächlich die Marktdurchdringungsstrategie relevant sein, evtl. steht auch noch die Marktentwicklungsstrategie zur Disposition. Strategische Marketingentscheidungen beinhalten sogenannte „Trade-offs“, worunter eine Abwägung oder ein Kompromiss zu verstehen ist. Konkret bedeutet dies, dass bei der Entscheidung sich z. B. auf das Premiumsegment zu konzentrieren, der mittlere Markt durch eigene Angebote nicht abgedeckt werden kann. Folglich geht die „Entscheidung für etwas“ häufig einher mit einer „Entscheidung gegen etwas“. „Ewas nicht zu tun“, stellt oftmals den Kern der strategischen Marketingplanung dar (Kreutzer, 2017, S. 204): „Stra-

214

E. Marketingstrategien

tegy is making trade-offs in competing. The essence of strategy is choosing what not to do“ (Porter, 1996, S. 70). Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4. Aufl., München 2010, S. 81–89. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 351–370. Kontrollfragen 1) Entwickeln Sie ein Strategieprofil für folgende Unternehmen: –– Fruchtsafthersteller, –– Automobilproduzent und –– Hersteller von Bekleidungstextilien. 2) Passen bestimmte Strategieelemente im Rahmen der Strategiekombina­ tion inhaltlich nicht zueinander? Diskutieren Sie anhand ausgewählter Beispiele!

F. Marketingcontrolling Die Kombination von Daten des internen Rechnungswesens und externen Marktforschungsinformationen ist die grundlegende Besonderheit des Marketingcontrollings, das Aufgaben der Information, Planung, Koordination und Kontrolle umfasst und sich durch zwei Prinzipien kennzeichnen lässt: –– Das Feed-back-Prinzip (Rückkoppelung) umfasst die laufende und schnelle Information des Marketingmanagements über aufgetretene Soll-Ist-Abweichungen als wichtige Funktion, die aufgrund einer hohen Zahl an Planrevisionen typisch für das Marketing sind. Hier steht die Vergangenheitsorientierung im Mittelpunkt. –– Das Feed-forward-Prinzip beinhaltet eine zukunftsorientierte Steuerungsfunktion durch ein frühzeitiges Antizipieren von Soll-Ist-Abweichungen. Deren Eintreten soll verhindert werden, indem Informationen über mög­ liche Einflüsse, die voraussichtlich zu Planänderungen führen, schnellstmöglich erfasst werden. Dem Marketingcontrolling kommt somit die Funktion eines Frühwarnsystems im Marketingbereich zu, welches ein rechtzeitiges Erkennen von Fehlern und Schwächen ermöglicht, bevor größere Schäden entstehen (Buchner, 1981, S. 66; Kiener, 1978, S. 69). Die beiden Ausprägungsformen des Marketingcontrollings sind das strategische und das operative Marketingcontrolling (siehe dazu Meffert/Burmann/ Kirchgeorg/Eisenbeiß, 2019, S. 935 ff.). Das strategische Marketingcontrol­ ling hat dabei verschiedene Funktionen zu erfüllen (siehe dazu Abb. 106). Die systemgestaltende Funktion umfasst die Entwicklung und Implementierung von EDV-gestützten strategischen Marketinginformationssystemen als informative Plattform zur Anwendung strategischer Planungs- und Kontrollinstrumente, z.  B. SWOT-Analyse, Erfahrungskurvenanalyse, Portfoliomanagement, Lebenszyklusanalyse, GAP-Analyse. Für die Vielzahl an Informationen, die in und außerhalb des Unternehmens gewonnen werden, ist eine integrierte Datenbasis, ein Data Warehouse erforderlich. Mit Hilfe dieser speziellen Datenbank können von den Marketingentscheidungsträgern unterschiedlichste Daten ausgewertet werden. Dabei bieten Marketinginformationssysteme neben Ad-hoc-Abfragen und Standardreports auch dynamische, multidimensionale Abfragen an. So kann mit dem Konzept des Online Analytical Processing (OLAP) folgende Abfrage am Beispiel eines Automobilherstellers durchgeführt werden: „Welche Umsätze erzielen welche Fahrzeugsegmente in welchem Land in welchem Zeitraum?“

216

F. Marketingcontrolling Strategisches Marketingcontrolling

Systemgestaltende Funktion

Informationsversorgungsfunktion

Systemnutzende Funktion

Kontrollfunktion

Koordinationsfunktion

Abb. 106: Funktionen des strategischen Marketingcontrollings

Im Rahmen der systemnutzenden Funktionen sind insbesondere Informa­ tionsversorgungs-, Kontroll- und Koordinationsaufgaben von wesentlicher Bedeutung. Die Informationsversorgungsfunktion beinhaltet die Definition der entscheidungsrelevanten Informationen, die Steuerung der Informationsbeschaffung, die Interpretation und Bewertung der Informationen für die strategische Marketingplanung sowie die Durchführung von Spezialanalysen, die durch das bestehende Marketinginformationssystem nicht unmittelbar bereitgestellt werden können. In diesem Zusammenhang kommt dem Marketingcontrolling eine Frühwarnfunktion zu, die sich auf das rechtzeitige Erkennen strategisch bedeutsamer Veränderungen und Diskontinuitäten im marketingrelevanten Unternehmensumfeld bezieht. Beispielsweise geht es um die Erfassung von Sättigungstendenzen auf den relevanten Teilmärkten, um Verhaltensänderungen bei Kunden, Händlern und Wettbewerbern sowie um technologische, ökologische, rechtliche und ökonomische Veränderungen (Meffert, 2000, S. 1135 f.). Die Kontrollfunktion setzt unmittelbar an der Informationsfunktion an. Fehlentwicklungen innerhalb der Marketingplanungs- und Realisationsprozesse sollen aufgedeckt werden. Wichtige Kontrollgrößen sind strategische Marketingziele und die Prämissen, die den strategischen Marketingplänen unterstellt wurden. Erweisen sich im Rahmen der Prämissenkontrolle die ursprünglich getroffenen Annahmen als überholt, muss das gesamte Marketingsystem einer umfassenden Kontrolle unterzogen werden. Damit soll eine rechtzeitige Anpassung der Ziele, Strategien und organisatorischen Strukturen im Marketing an die veränderten Rahmenbedingungen erfolgen. Beispielsweise hat die flächendeckende Verbreitung der Internettechnologie elementare Auswirkungen auf die Kommunikations-, Vertriebs- und Preisstrategien der Unternehmen.



F. Marketingcontrolling217

Koordinationsaufgaben beziehen sich auf die formale und inhaltliche Koordination der verschiedenen Teilpläne innerhalb des strategischen Marketings. Die formale Planungskoordination umfasst die organisatorische und prozessuale Abstimmung der Marketingpläne, die Initiierung der Planungsprozesse, die permanente Überwachung des Planungsfortschritts, die laufende Absprache der einzelnen Planungsgremien und die Abstimmung mit den operativen Plänen. Innerhalb der inhaltlichen Planungskoordination erfolgt z. B. die Koordination der Neuproduktplanung. So werden Markteinführungszeitpunkte und -strategien mit der Absatzplanung in den einzelnen Ländermärkten koordiniert (Meffert, 1994, S. 409). Die Hauptaufgabe des operativen Marketingcontrollings besteht in der Kontrolle der Marketingaktivitäten bzw. des Marketingmixes. Im Rahmen einer Ex-post-Analyse stehen das Aufdecken von Abweichungen aufgrund der Gegenüberstellung von Soll-Ist-Daten, die Analyse der Abweichungsursachen sowie die Initiierung von Anpassungsmaßnahmen im Vordergrund (siehe dazu Abb. 107). Ein operatives Marketing-Audit in Form einer Überprüfung bzw. Kontrolle ist zwingend quartalsweise durchzuführen, um festzustellen, ob ein Unternehmen seine Marketing-Planung am Ende eines Jahres erreichen kann. Somit ist auch eine unterjährige Steuerung in Form von geänderten oder neuen Marketingaktivitäten möglich. Die aus dem Marketingcontrolling-Prozess gezogenen Schlussfolgerungen sollten in spätere Planungsprozesse einfließen, um aus Erfolgen und Misserfolgen der Vergangenheit Konsequenzen zu ziehen und zukünftig entsprechend agieren zu können (Kreutzer, 2017, S. 440 f.). Planung • Definition der relevanten Kennzahlen • Festlegung von Sollwerten pro Kennzahl

Kontrolle • Soll-Ist-Vergleich pro Kennzahl • Identifikation negativer Abweichungen Analyse • Aufdecken der Ursachen der Abweichung Steuerung

• Definition von Maßnahmen zwecks Erreichung der Sollwerte

Abb. 107: Vorgehensweise im Rahmen des operativen Marketingcontrollings

218

F. Marketingcontrolling

Folgende Aspekte können beispielsweise im Rahmen der Marketinginstrumente überprüft werden: –– Produktpolitik: Überprüfung der Produktqualität durch Beschwerdeanalysen und Kundenzufriedenheitsbefragungen, –– Preispolitik: Vergleich von Soll-Ist-Preisen, –– Vertriebspolitik: Umsatz/Gewinn pro Absatzweg, –– Kommunikationspolitik: Bekanntheitsgrad einer Marke. Die Auswahl geeigneter Kontrollgrößen leitet sich aus den Marketingzielen ab: –– Quantitative Kontrollgrößen: Umsatz, Marktanteil, Marketingkosten, Deckungsbeitrag differenziert nach Marktsegmenten, Produkten etc. –– Qualitative Kontrollgrößen: Kundenzufriedenheit bezüglich des gesamten Leistungsangebots. Die Kontrollgrößen bilden die Grundlage für zu bildende Kennzahlen. Kennzahlen sind Verhältniszahlen oder absolute Zahlen, die in konzentrierter Form einen Überblick über die Leistung des gesamten Unternehmens oder einzelner Teilbereiche geben (Staehle, 1969, S. 59). Deren Einsatz erfolgt als Planungsinstrument und als Effizienzkontrolle. Wesentlicher Grund für die Verwendung von Kennzahlen sind unüberschaubare Datenmengen des Rechnungswesens und der Marktforschung, die zu wenigen zentralen Größen verdichtet werden können. Die ausgewählten Kennzahlen müssen Hinweise für die Erfolgsentwicklung des Marketingbereichs geben (siehe dazu Abb. 108). Generell lassen sich absolute und relative Kennzahlen unterscheiden. Absolute Kennzahlen können Einzelzahlen, Summen, Differenzen oder Mittelwerte sein, z. B. Umsatz, Deckungsbeitrag (DB), Marketingkosten oder Auftragszahl. Absolute Kennzahlen lassen lediglich interne Vergleiche im Zeitablauf zu. Relative Kennzahlen berücksichtigen demgegenüber eine Bezugsgröße, DB/Produkt, Marktanteil/Marktsegment, Umsatz Neuprodukte/Gesamtumsatz. Dadurch ist ein unternehmensexternes Benchmarking möglich. Die Institutionalisierung des Marketingcontrollings im Unternehmen lässt sich unterschiedlich organisieren (siehe dazu u. a. Homburg, 2020, S. 1302 f.). Eine Möglichkeit besteht in der Einrichtung spezieller Marketingcontrollerpositionen innerhalb des Marketingbereichs. In großen Unternehmen mit einer komplexen Marketingstruktur ist diese organisatorische Verankerung empfehlenswert. Dadurch wird das Marketingmanagement von Controllingaufgaben entlastet und kann sich voll auf das Tagesgeschäft sowie auf strategische Aufgaben konzentrieren. In kleinen und mittelgroßen Unternehmen kommt es häufig vor, dass für die Erfüllung der Marketingcontrollingaufgaben die Position eines Marketingcontrollers nicht ausgelastet ist. Hier kann



F. Marketingcontrolling219 Planung • Vertriebskosten/Umsatz x 100 • Sollwert: 5 % Kontrolle

• Istwert: 8 % Vertriebskosten vom Umsatz Analyse • Umsatzrückgang: Bis zum Ende der Planperiode nicht mehr kompensierbar Steuerung • Maßnahmen zur Senkung der Vertriebskosten: Reduzierung der Fremdleistungskosten: Verschiebung von Kundenzufriedenheitsbefragungen, Imagestudien, externen Laboraufträge etc.

Abb. 108: Vorgehensweise des Marketingcontrollings anhand eines Beispiels

die Übertragung von Marketingcontrollingaufgaben auf Mitarbeiter der zen­ tralen Controllingabteilung die optimale organisatorische Lösung sein. Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019, S. 861–892. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 215–225. Homburg, Christian: Marketingmanagement: Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmensführung, 7. Aufl., Wiesbaden 2020, S. 1300–1332. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 1181–1224. Kreutzer, Ralf T.: Praxisorientiertes Marketing. Grundlagen – Instrumente – Fallbeispiele, Wiesbaden 2017, S. 437–445. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994, S. 126–138; 339–357. – Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 9. Aufl., Wiesbaden 2000, S. 297–308.

220

F. Marketingcontrolling

Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 13. Aufl., Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, Wiesbaden 2019, S. 935–957. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 1165–1171. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 103–114. Kontrollfragen 1) Beschreiben Sie die wesentliche Aufgabe des operativen Marketingcon­ trollings! 2) Definieren Sie den Begriff „Kennzahl“! Erläutern Sie die beiden Ausprägungsformen von Kennzahlen und nennen Sie jeweils drei Beispiele aus dem Bereich des Marketingcontrollings! 3) Erläutern Sie zwei Vorteile, die aus dem Arbeiten mit Kennzahlen resultieren! 4) Die Holiday Camping AG bietet ein breites Sortiment an Campingartikeln an. Die einzelnen Produkte wurden bis vor zwei Jahren ausschließlich über Spezialgeschäfte und ausgewählte Kaufhäuser vertrieben. Seit zwei Jahren werden – ergänzend zu den klassischen Vertriebswegen – alle Produkte auch direkt von der Holiday Camping AG im Internet den Endabnehmern zum Verkauf angeboten. Die Anzahl der im Vertrieb Beschäftigten wurde im Rahmen dieser Maßnahme auf 30 Personen erhöht. Die Gesamtmitarbeiterzahl (inklusive im Vertrieb Beschäftigte) blieb dagegen in den letzten zwei Jahren mit 150 Personen konstant. Abb. 109 zeigt einige ausgewählte Daten des Rechnungswesens. Ergänzend zu diesen Daten sei noch der Kapitaleinsatz erwähnt, der bezogen auf das Gesamtunternehmen 200 Mio. € und bezogen auf das Lager 50 Mio. € beträgt. Holiday Camping AG Bruttoumsatz Variable Herstellkosten

Gesamt in Mio. €

Internetverkauf in Mio. €

120,0

20,0

60,0

10,0

Transportkosten im Vertrieb

6,0

2,0

Verwaltungskosten für Marketing und Vertrieb

2,0

0,4

0,5

0,2

10,0

0,5

Ausgaben für Marktforschung Gewährte Rabatte/Skonti

Abb. 109: Ausgewählte Daten des Rechnungswesens der „Holiday Camping AG“



F. Marketingcontrolling221

a) Führen Sie als Erfolgsanalyse mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Daten eine marketingspezifische Deckungsbeitragsrechnung jeweils für das Gesamtunternehmen und den Internetverkauf durch und interpretieren Sie das Ergebnis! Verwenden Sie zur Berechnung folgenden Ansatz:   Brutto-Umsatz  – Erlösschmälerungen  = Nettoumsatz   – variable HK   = DB I   – umsatzvariable MK   = DB II   – nicht-umsatzvariable MK   = DB III   – fixe MVK  = Nettoerfolg

DB = Deckungsbeitrag MK = Marketingkosten MVK = Marketingvertriebskosten HK = Herstellkosten

b) Nehmen Sie an, die in a) durchgeführte Rechnung wird auch separat für das Produkt Holiday-Camping-Family, ein von der Holiday Camping AG hergestelltes Vier-Personen-Zelt, durchgeführt. Stellt der entsprechend für die Holiday-Camping-Family berechnete Nettoerfolg eine geeignete Vorgabe für den dazugehörigen Produktmanager dar? Begründen Sie! c) Nennen Sie wichtige Marketingkennzahlen, die für die Holiday Camping AG in Frage kommen (Bruhn, 2009a, S. 323 f.)!

Literaturverzeichnis Aaker, David A.: Strategisches Markt-Management, Wiesbaden 1989. Ahlert, Dieter: Distributionspolitik, 3. Aufl., Stuttgart 1996. Albach, Horst: Das Management der Differenzierung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft 8/1990, S. 773–788. Alihodzic, Vedad: Kann eine Marke Halal sein?, in: Absatzwirtschaft 6/2013, S. 46– 48. Altobelli, Claudia Fantapié: Marktforschung: Methoden – Anwendungen – Praxisbeispiele, 2. Aufl., Konstanz und München 2011. Ansoff, Harry Igor: Managementstrategie, München 1966. Backhaus, Klaus/Büschken, Joachim/Voeth, Markus: Internationales Marketing, 5. Aufl., Stuttgart 2003. Backhaus, Klaus/Schneider, Helmut: Strategisches Marketing, Stuttgart 2007. Backhaus, Klaus/Voeth, Markus: Industriegütermarketing. Grundlagen des Businessto-Business-Marketings, 10. Aufl., München 2014. Balderjahn, Ingo: Konsumentenverhalten und Marketing – Grundlagen für Strategien und Maßnahmen, Stuttgart 2004. – Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2007. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013. Barletta, Marti: Marketing to women – How to increase your share of the world’s largest market, 2. Auflage, New York 2006. BASF: BASF-Bericht 2020: Ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Leistung, Ludwigshafen 2021. Bauer, Hans H./Sauer, Nicola E./Müller, Verena: Lifestyle-Typologien auf dem Prüfstand, in: Absatzwirtschaft 9/2003, S. 36–39. Becker, Jochen: Marketingstrategien: systematische Kursbestimmung in schwierigen Märkten, München 2000. – Der Strategietrend im Marketing: vom Massenmarketing über das Segmentmarketing zum kundenindividuellen Marketing, München 2000a. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg!, 4. Aufl., München 2010. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 11. Aufl., München 2019.

Literaturverzeichnis223 Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbewerbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009. Berekoven, Ludwig/Eckert, Werner/Ellenrieder, Peter: Marktforschung, Methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 12. Aufl., Wiesbaden 2009. Berndt, Ralph: Marketing, Band 3: Marketing-Management, Berlin u. a. 1991. Berndt, Ralph/Sander, Matthias: Betriebswirtschaftliche, rechtliche und politische Probleme der Internationalisierung durch Lizenzerteilung, in: Klaus Macharzina/ Michael-Jörg Oesterle (Hrsg.), Handbuch Internationales Management, Wiesbaden 1997, S. 511–534. Berndt, Ralph/Altobelli, Claudia Fantapié/Sander, Matthias: Internationales Marketing-Management, 5. Aufl., Berlin 2016. Braun, Joachim: Können neun Milliarden ernährt werden?, in: Das Wirtschaftsstu­ dium 1/2011, S. 9–10. Bruhn, Manfred: Zufriedenheits- und Kundenbindungsmanagement, in: Hajo Hippner/Klaus D. Wilde (Hrsg.), Grundlagen des CRM: Konzepte und Gestaltung, 2. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 509–539. – Integrierte Unternehmens- und Markenkommunikation. Strategische Planung und operative Umsetzung, 5. Aufl., Wiesbaden 2009. – Marketingübungen: Basiswissen, Aufgaben, Lösungen. Selbständiges Lerntraining für Studium und Beruf, 3. Aufl., Wiesbaden 2009a. – Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis, 14. Aufl., Wiesbaden 2019 Buchner, Manfred: Controlling – ein Schlagwort? Eine kritische Analyse der betriebswirtschaftlichen Diskussion um die Controlling-Konzeption, Frankfurt am Main 1981. Büchler, Jan-Philipp: Strategie entwickeln, umsetzen und optimieren, Halbergmoos 2014. Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V.: Branchenreport 2021. Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Berlin 2021. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU): Umweltbewusstsein in Deutschland 2018. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, Berlin 2019. Buzzell, Robert D./Gale, Bradley T.: The PIMS Principles. Linking Strategy to Performance, Boston 1987. Buzzell, Robert D./Gale, Bradley T.: Das PIMS-Programm. Strategien und Unternehmenserfolg, Wiesbaden 1989. Clement, Reiner: Sharing Economy: Die Ökonomie des Teilens, in: Das Wirtschaftsstudium 8–9/2015, S. 952–957. Cunningham, Malcolm T./Culligan, K. L.: Competition and Competitive Groupings: An Exploratory Study in Information Technology Markets, in: Journal of Marketing Management 4/1988, S. 148–174.

224 Literaturverzeichnis Destatis: Bevölkerungsvorausberechnung, Ergebnisse der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2021. – Haushalte und Familien, Haushalte und Haushaltsmitglieder für Deutschland, das frühere Bundesgebiet und die Neuen Länder einschließlich Berlin nach der Haushaltsgröße, Wiesbaden 2021a. – Migration und Integration, Bevölkerung in Privathaushalten nach Migrationshintergrund, Wiesbaden 2021b. Diller, Hermann: Bedarf, in: Hermann Diller (Hrsg.), Vahlens Großes Marketinglexikon, 2. Aufl., München 2001, S. 129. Diller, Hermann/Beinert, Markus/Ivens, Björn/Müller, Steffen: Pricing. Prinzipien und Prozesse der betrieblichen Preispolitik, 5. Aufl., Stuttgart 2021. Dornberg, Bettina: Transparenz als Werttreiber, in: Absatzwirtschaft 5/2013, S. 42– 44. Esch, Franz-Rudolf: Der Affe in uns. Worauf sich das Marketing einstellen muss, in: Absatzwirtschaft 12/2007, S. 30–35. – Strategie und Technik der Markenführung, 9. Aufl., München 2018. Esch, Franz-Rudolf/Herrmann, Andreas/Sattler, Henrik: Marketing: Eine managementorientierte Einführung, 5. Aufl., München 2017. Ferrell, O. C./Lucas, George H./Luck, David J.: Marketing Strategy, Cincinnati 1994. Förster, Anja/Kreuz, Peter: Different Thinking! So erschließen Sie die Marktchancen mit coolen Produktideen und überraschenden Leistungsangeboten, Frankfurt am Main 2005. Fösken, Sandra: Der Mensch im Vordergrund, in: Absatzwirtschaft 1/2006, S. 30–32. – Die Zeit ist reif, in: Absatzwirtschaft 4/2013, S. 54–56. Freter, Hermann: Marktsegmentierung, Stuttgart u. a. 1983. – Lebensstil (Lifestyle-)konzept, in: Hermann Diller (Hrsg.), Vahlens Großes Marketinglexikon, München 2001, S. 900–901. – Markt- und Kundensegmentierung, 2. Aufl., Stuttgart 2008. Garber, Thorsten: Vorwerk: Abschied vom alten Direktvertrieb, in: Absatzwirtschaft 1–2/2011, S. 64. Gassmann, Oliver/Reepmeyer, Gerrit/Walke, Anja: Neue Produkte für die jungen Alten, in: Harvard Business Manager Januar 2005, S. 62–67. Geschka, Horst/von Reibnitz, Ute: Die Szenario-Technik als Grundlage von Planungen, Frankfurt am Main 1983. GfK: Consumer Index, Nürnberg 2019. – Pressemitteilung: Kaufkraft der Deutschen wird 2021 auf 23.637 Euro steigen. Nürnberg 2020. Gilbert, Xavier/Strebel, Paul: Strategy to Outpace the Competition, in: Journal of Business Strategy 8/1987, S. 28–36.

Literaturverzeichnis225 Glöckner, Alexandra/Balderjahn, Ingo/Peyer, Mathias: Die LOHAS im Kontext der Sinus-Milieus, in: Marketing Review St. Gallen 5/2010, S. 36–41. Griesson – De Beukelaer: Back dir deinen Traumprinzen. Pressemeldung, Polch 2011. Gröne, Alois: Marktsegmentierung bei Investitionsgütern, Wiesbaden 1977. Günther, Edeltraud/Kirchgeorg, Manfred: Green Marketing, in: Das Wirtschaftsstudium 6/2010, S. 819–823. Haedrich, Günther/Tomczak, Torsten: Produktpolitik, Stuttgart u. a. 1996. Häusel, Hans-Georg: Das Navigationssystem für erfolgreiche emotionale Markenführung, in: Hans-Georg Häusel (Hrsg.), Neuromarketing, Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf, 3. Aufl., Freiburg 2014, S. 55–75. Häusel, Hans-Georg/Henzler, Harald: Buyer Personas. Wie man seine Zielgruppe erkennt und begeistert. Freiburg 2018. Haley, Russell I.: Benefit Segmentation: A Decision-oriented Research Tool, in: Journal of Marketing July/1968, S. 30–35. Heidbrink, Ludger/Seele, Peter: Greenwash, Bluewash und die Frage nach der weißen Weste, Essen 2007. Heinen, Edmund: Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Zielsystem der Unternehmung, 3. Aufl., Wiesbaden 1976. Henderson, Bruce D.: Die Erfahrungskurve in der Unternehmensstrategie, 2. Aufl., Frankfurt am Main 1984. Hentze, Joachim/Brose, Peter: Unternehmensplanung, Bern u. Stuttgart 1985. Hermann, S.: Corporate Sustainability Branding: Nachhaltigkeits- und stakeholderorientierte Profilierung von Unternehmensmarken, Wiesbaden 2005. Hermes, Vera: Werttreiber, in: Absatzwirtschaft – Marken 2010, S. 34–41. Hettler, Uwe: Social Media Marketing, Marketing mit Blogs, Sozialen Netzwerken und weiteren Anwendungen des Web 2.0, München 2010. Hinterhuber, Hans H.: Strategische Unternehmensführung, Berlin u. New York 1977. – Strategische Unternehmensführung, Band II: Strategisches Handeln, 4. Aufl., Berlin u. New York 1989. – Strategische Unternehmensführung, 5. Aufl., Berlin u. New York 1992. Hippner, Hajo/Hammon, Larissa/Hampel, Stefan: Crowdsourcing, in: Das Wirtschaftsstudium 5/2010, S. 698–704. Hofer, Charles W./Schendel, Dan: Strategy Formulation: Analytical Concepts, St. Paul 1978. Homburg, Christian: Wettbewerbsanalyse mit dem Konzept der strategischen Gruppen, in: Marktforschung & Management 2/1992, S. 83–87.

226 Literaturverzeichnis Homburg, Christian/Daum, Daniel: Marktorientiertes Kostenmanagement: Kosteneffizienz und Kundennähe verbinden, Frankfurt am Main 1997. Homburg, Christian/Werner, Harald: Kundenorientierung mit System: mit CustomerOrientation-Management zu profitablem Wachstum, Frankfurt am Main 1998. Homburg, Christian/Fürst, Andreas: Überblick über die Messung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, in: Manfred Bruhn/Christian Homburg (Hrsg.), Handbuch Kundenbindungsmanagement. Strategien und Instrumente für ein erfolgreiches CRM, 6. Aufl., Wiesbaden 2008, S. 505–527. Homburg, Christian: Marketingmanagement: Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmensführung, 7. Aufl., Wiesbaden 2020. Hüttner, Manfred: Markt- und Absatzprognosen, Stuttgart u. a. 1982. Hurth, Joachim: Sinn und Unsinn von Gendermarketing, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium 5/2009, S. 239–242. Jaffé, Diana: Der Kunde ist weiblich – Was Frauen wünschen und wie sie bekommen was sie wollen, Berlin 2005. Johnson, Gerry/Scholes, Kevan: Exploring Corporate Strategy, 3. Aufl., New York u. a.  1993. JM: Nachhaltiger Konsum schafft lukrative Zielgruppe für die Werbung, in: ADZINE 04.07.2019. Karle, Roland: Unternehmen übt den Umsturz, in: Absatzwirtschaft 6/2013, S. 18–19. Keller, Anne-Kathrin: Teilen heißt das neue Haben, in: Absatzwirtschaft 6/2013, S. 33–36. Kiener, Joachim: Marketing-Audit, in: Absatzwirtschaft 4/1978, S. 68–73. Kim, W. Chan/Mauborgne, Renée: Blue Ocean Strategy. How to create uncontested Market Space and make the Competition irrelevant, Boston 2015. Kölzer, Brigitte: Senioren als Zielgruppe: Kundenorientierung im Handel, Wiesbaden 1995. Kollat, David T./Blackwell, Roger D./Robeson, James F.: Strategic Marketing, New York u. a. 1972. Kotler, Philip: Marketing-Management. Analyse, Planung und Kontrolle, 4. Aufl., Stuttgart 1982. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007. Kotler, Philip/Armstrong, Gary/Harris, Lloyd C./Piercy, Nigel: Grundlagen des Marketing, 6. Aufl., Hallbergmoos 2016. Kreikebaum, Hartmut: Die Lückenanalyse als Voraussetzung der Unternehmensplanung, in: Zeitschrift für Interne Revision 1973, S. 17–26. Krell, Gertraude: Betriebswirtschaftslehre und Gender Studies: Analysen aus Organisation, Personal, Marketing und Controlling, Wiesbaden 2005.

Literaturverzeichnis227 Kreutzer, Ralf T.: Praxisorientiertes Marketing. Grundlagen – Instrumente – Fallbeispiele, 5. Aufl., Wiesbaden 2017. – Toolbox für Marketing und Management. Kreativkonzepte – Analysewerkzeuge – Prognoseinstrumente, Wiesbaden 2018. – Kundendialog online und offline. Das große 1x1 der Kundenakquisition, Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Wiesbaden 2021. – Praxisorientiertes Online-Marketing. Konzepte – Instrumente – Checklisten, 4. Aufl., Wiesbaden 2021a. Kreutzer, Ralf T./Merkle, Wolfgang: Web 2.0 – Welche Potenziale gilt es zu heben, in: Ralf T. Kreutzer/Wolfgang Merkle (Hrsg.), Die neue Macht des Marketing. Wie Sie Ihr Unternehmen mit Emotion, Innovation und Präzision profilieren, Wiesbaden 2008, S. 149–183. Kreutzer, Ralf T./Neugebauer, Tim/Pattloch, Annette: Digital Business Leadership. Digitale Transformation – Geschäftsmodell-Innovation – agile Organisation – Change-Management, Wiesbaden 2017. Kreutzer, Ralf T./Sirrenberg, Marie: Künstliche Intelligenz verstehen. Grundlagen – Use-Cases – unternehmenseigene KI-Journey, Wiesbaden 2019. Kroeber-Riel, Werner/Esch, Franz-Rudolph: Strategie und Technik der Werbung: Verhaltens- und neurowissenschaftliche Erkenntnisse, 8. Aufl., Stuttgart 2015. Lakaschus, Carmen: Seniorenmarkt, 60-plus-Generation, in: Hermann Diller (Hrsg.), Vahlens Großes Marketinglexikon, 2. Aufl., München 2001, S. 1530­­–1533. Laker, Michael/Zinöcker, Richard: Eine Preisschlacht gewonnen, den Preiskrieg verloren?, in: Absatzwirtschaft 12/2006, S. 44–48. Loew, Thomas u. a.: Bedeutung der Internationalen CSR-Diskussion für Nachhaltigkeit und die sich daraus ergebende Anforderung an Unternehmen mit Fokus Berichterstattung, Münster u. Berlin 2004. Lubin, David. A./Esty, Daniel C.: Megatrend Nachhaltigkeit, in: Harvard Business Manager 6/2010, S. 74–85. Lücking, Joachim: Branchenstrukturanalyse, in: Hermann Diller (Hrsg.), Vahlens Großes Marketinglexikon, 2. Aufl., München 2001, S. 189–191. Markowitz, Harry: Portfolio Selection, in: Journal of Finance, Vol. 7/1952, S. 77–91. McDonald, Malcolm/Dunbar, Ian: Market segmentation. A step by step approach to create profitable marketing segments, Basingstoke 1995. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse – Strategie – Implementierung, Wiesbaden 1994. – Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – In­ strumente – Praxisbeispiele, 9. Aufl., Wiesbaden 2000. Meffert, Heribert/Bolz, Joachim: Internationales Marketing-Management, 3. Aufl., Stuttgart 1998. Meffert, Heribert/Kirchgeorg, Manfred: Marktorientiertes Umweltmanagement: Konzeption – Strategie – Implementierung mit Praxisfällen, 3. Aufl., Stuttgart 1998.

228 Literaturverzeichnis Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing Arbeitsbuch. Aufgaben – Fallstudien – Lösungen, 10. Aufl., Wiesbaden 2009. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Becker, Christian: Internationales MarketingManagement. Ein markenorientierter Ansatz, 4. Aufl., Stuttgart 2010. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred/Eisenbeiß, Maik: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13. Aufl., Wiesbaden 2019. Meissner, Hans Günther: Strategisches internationales Marketing, Heidelberg u. a. 1987. Milewski, Michael: Alpro ist ein Und- statt Oder-Produkt, in: Absatzwirtschaft 3/2014, S. 60–63. Möhlenbruch, Dirk/Schmieder, Ulf-Marten: Mobile Marketing als Schlüsselgröße für Multichannel-Commerce, in: Günter Silberer/Jens Wohlfahrt/Thorsten Wilhelm (Hrsg.), Mobile Commerce: Grundlagen, Geschäftsmodelle, Erfolgsfaktoren, Wiesbaden 2001, S. 64–86. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002. Öko-Institut: Untersuchung zur möglichen Ausgestaltung und Marktimplementierung eines Nachhaltigkeitslabels zur Verbraucherinformation, Freiburg 2009. Oetker-Gruppe: Die Oetker-Gruppe im Überblick, Bielefeld 2021. o. V.: Ethnomarketing: Deutsch-Türken sind gute Unternehmer und konsumfreudig, in: DeutschTürkischeNachrichten vom 05.05.2013, S. 5. Panzar, John C./Willig, Robert D.: Economies of Scope, in: American Economic Review, 2/1977, S. 268–272. Perlitz, Manfred: Wettbewerbsvorteile durch Innovation, in: Hermann Simon (Hrsg.), Wettbewerbsvorteile und Wettbewerbsfähigkeit, Stuttgart 1988, S. 47–65. Peter, Sibylle Isabelle: Kundenbindung als Marketingziel, Wiesbaden 1997. Picot, Arnold: Strukturwandel und Unternehmensstrategie, Teil I und II, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium 11/1981, S. 527–532 und 12/1981, S. 563–571. Porter, Michael E.: What is Strategy?, in: Harvard Business Review November-December 1996, S. 61–78. – Die Wettbewerbskräfte – neu betrachtet, in: Harvard Business Manager Mai/2008, S. 20–26. – Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage), Spitzenleistungen erreichen und behaupten, 7. Aufl., Frankfurt am Main 2010. – Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy), Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl., Frankfurt am Main 2013. Pousttchi, Key/Becker, Laura: Mobile Marketing, in: Das Wirtschaftsstudium 3/2011, S. 367–372. Ray, Paul H./Anderson, Sherry Ruth: The Cultural Creatives: How 50 Million People Are Changing The World, New York 2000.

Literaturverzeichnis229 Reibnitz, Ute von: Erfolgreiche Zukunftsplanung mit Szenariotechnik, Wiesbaden 1991. Reimer, Valentine/Künkel, Andreas/Philipp, Sabine: Sinn oder Unsinn von Bio, in: Kunststoffe 8/2008, S. 32–36. Rheinpfalz vom 01.08.2021: Mächtige Winzlinge, Ludwigshafen 2021. Robinson, Patrick J./Faris, Charles W./Wind, Yoram: Industrial Buying and Creative Marketing, Boston 1967. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001. – Consumer Confusion, in: Das Wirtschaftsstudium 5/2013a, S. 663–668. – Simple Marketing, in: Das Wirtschaftsstudium 10/2013b, S. 1283–1287. – Preismanagement. Einführung in Theorie und Praxis, 3. Aufl., Berlin 2017. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 3. Aufl., Stuttgart 2001. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theorie und Praxis, 6. Aufl., Stuttgart 2015. Schledz, Patrick: Mass Customization als innovativer Ansatz in der Produktpolitik, in: Erfurter Hefte zum angewandten Marketing, Heft 21/2009, S. 13–21. Schreyögg, Georg: Unternehmensstrategie, Berlin u. New York 1984. Serfas, Sebastian: Branchenstrukturanalyse nach Porter, in: Das Wirtschaftsstudium 8–9/2014, S. 1003–1007. Simon, Hermann: Management strategischer Wettbewerbsvorteile, in: Hermann Simon (Hrsg.), Wettbewerbsvorteile und Wettbewerbsfähigkeit, Stuttgart 1988, S. 1–17. – Money for Value – der Preis zwischen Wert und Kostendruck, in: Absatzwirtschaft 5/2001, S. 64–70. Simon, Hermann/von der Gathen, Andreas: Das große Handbuch der Strategieinstrumente, Frankfurt am Main 2002. Simon, Hermann/Fasnacht, Martin: Preismanagement: Strategie – Analyse – Entscheidung – Umsetzung, 4. Aufl., Wiesbaden 2016. Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH: Informationen zu den Sinus-Milieus 2018, Heidelberg 2018. – Die Sinus-Milieus in Deutschland 2020, Heidelberg 2020 Sinus Sociovision/KarmaKonsum: LOHAS: Mehr als Green-Glamour – Eine soziokulturelle Segmentierung, k. A. 2009. Specht, Günter/Fritz, Wolfgang: Distributionsmanagement, 4. Aufl., Stuttgart 2005. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007. – Nachhaltigkeitsmarketing II. Gestaltung und Einsatz der Marketinginstrumente, Lüneburg 2007a.

230 Literaturverzeichnis Staehle, Wolfgang Herbert: Kennzahlen und Kennzahlensysteme als Mittel der Organisation und Führung von Unternehmen, Wiesbaden 1969. Steinmann, Horst/Schreyögg, Georg: Management. Grundlagen der Unternehmensführung, 3. Aufl., Wiesbaden 1993. Stiftung Weltbevölkerung: Weltbevölkerung zum Jahreswechsel 2019/2020: Mit 7.754.847.000 Menschen in die neue Dekade, Hannover 2019. Strothmann, Karl Heinz: Investitionsgütermarketing, München 1979. United Nations: Report of the World Commission on Environment and Development. Our Common Future. New York 1987. Walter, Bernd Lorenz: Verantwortliche Unternehmensführung überzeugend kommunizieren. Strategien für mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit, Wiesbaden 2010. Webster, Frederick E./Wind, Yoram: Organizational Buying Behaviour, Englewood Cliffs 1972. Wegmann, Christoph: Lebensmittelmarketing, Wiesbaden 2020. Wells, William D./Gubar, George: Life Cycle Concept, in: Journal of Market Research 1966, S. 355–363. Wiedemann, Rudolf u. a.: Erfolgsfaktor Marke – Die Marketinglogik der BMW Group, in: Marketing Review St. Gallen 6/2010, S. 38–43. Wilson, Richard M. S./Gilligan, Collin: Strategic Marketing Management, 2. Aufl., Oxford u. a. 1997. Wiltinger, Angelika/Nazari, Sabalan: Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit im Marketing, in: Das Wirtschaftsstudium 8–9/2009, S. 1122–1127. Wittek, Burkhard F.: Strategische Unternehmensführung bei Diversifikation, Berlin u. New York 1980. Wollweber, Michael: Smartphones verdrängen das Handy, in: Rheinpfalz vom 23. Februar 2011, S. 12. World Commission on Environment and Development: Our Common Future, Oxford 1987. Yankelovich, Daniel: New Criteria for Market Segmentation, in: Harvard Business Review 3–4/1964, S. 83–90. Zentes, Joachim/Neidhart, Michael: Wer nicht vertikalisiert, verliert!, in: Absatzwirtschaft 3/2006, S. 30–34.

Stichwortverzeichnis ABC-Analyse  76 Absatzvolumen  17, 18 Austrittsbarrieren  73, 74 Benefit Segmentation  42 Beobachtungswert  20, 21 Bluewashing  VI, 171 Brückenkopfstrategie  207 Buyer Personas  177 Buying Center  52, 54 Chancen und Risiken  55, 67, 100, 102, 154, 196 Collaborative Consumption  VI, 62, 126 Crowdsourcing  VI, 5, 225 Customer Journey  60 Dachmarkenkonzept  180 Database-Marketing  33 Delphi-Methode  22 Digitalisierung  5 Diskontinuitäten  21, 27, 216 Diversifikation  114, 125, 128, 130, 134, 213 –– Arten der  125 –– horizontal  125, 127, 129 –– lateral  127, 128, 129 –– Realisierungsformen der  129 –– vertikal  126, 127 Economies of Scale  69, 115, 137 Economies of Scope  128, 152 Eintrittsbarrieren siehe Markteintrittsbarrieren Entscheidungssituationen  6, 208 Erfahrungskurvenkonzept  70, 71, 136

GAP-Analyse  133, 134, 135, 215 Gendermarketing  VI, 34, 226 Green Marketing  166 Greenwashing  170, 171 Halal  VI, 37, 222 Innovationsarten  123 Internationale bzw. Weltmarkterschließung siehe übernationale Marktarealstrategien Johari-Fenster  82 Kaufentscheidungen  30, 31, 48, 51, 52, 53, 54, 157 Käufermarktsituation  2 Kennzahlen  218 –– absolute  218 –– relative  142, 143, 218 Kerngeschäfte  81, 127, 128 Konglomerate  128 Kostensenkungspotentiale  69, 70, 103 Kundenanforderungen  94, 96, 108, 138 Kundenbindung  3, 96, 97, 98 Kundenbindungsprogramme  74, 98 Kundennutzen  3, 124, 156, 162, 179 Kundenzufriedenheits-KundenbindungsMatrix  97 Kundenzufriedenheitsmatrix  94 Künstliche Intelligenz  61 Kurzfristige Marktprognose  19, 21 –– Methode der exponentiellen Glättung  19, 21 –– Methode der gleitenden Durchschnitte  19, 20 –– Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts  20

232 Stichwortverzeichnis Ländermärkte  194, 196, 197, 198, 206, 208, 209, 210, 217 Länderübergreifende Differenzierung  209, 210 Länderübergreifende Standardisierung  209 Limbic Map  87 LOHAS  VI, 45, 47, 48, 225, 229 Marketingcontrolling  215, 216, 219 –– Institutionalisierung des  218 –– Operatives  217 –– Strategisches  215 Marketingentscheidungsprozess  7, 8 –– Analyse  7, 10 –– Durchführung  7, 8, 25, 31, 82, 93, 216 –– Kontrolle  7, 8, 215, 216, 217 –– Planung  7, 8, 70, 135, 136, 215 Marketingkonzeption  7, 104, 112 Marketingmanagement  1, 7, 215, 218 –– nachhaltiges  165 –– operatives  8 –– strategisches  8 Marketingmix  6, 8, 28, 104, 112, 116, 169, 170, 175, 176, 180, 183, 187, 209, 217 Marketingstrategie  6, 7, 14, 104, 112, 193, 209, 212, 213 Marketingziele  7, 8, 104, 105, 106, 108, 112, 133, 216, 218 Marktanalyse  67 Marktarealstrategien  112, 187, 213 –– lokale  188, 196 –– nationale  184, 188, 189, 191, 192 –– regionale  184, 188, 189, 192, 196 –– übernationale  193, 195 –– überregionale  188, 189, 192 Marktarealstrategische Expansionsmuster  189 –– Inselförmige Gebietsausdehnung  189, 191 –– Konzentrische Gebietsausdehnung  189

–– Selektive Gebietsausdehnung  189, 190 Marktattraktivität  142, 143, 144, 196, 197 Marktattraktivität-Relative Wettbewerbsposition-Portfolio  142 Marktbearbeitungsstrategien  174, 175, 177, 181, 213 –– differenzierte  175 –– undifferenzierte  175 Marktdurchdringungsstrategie  118 Markteintrittsalternativen  198 –– Auslands-/Vertriebsniederlassung  203 –– Export  187, 194, 199, 200, 204 –– Franchising  201, 204 –– Joint Venture  202, 204 –– Lizenzvergabe  200, 201, 204 –– Produktionsbetrieb  203, 204 –– Tochtergesellschaft  195, 203, 204 –– Vertriebsniederlassung  204 Markteintrittsbarrieren  49, 69, 72, 74, 79, 84, 155, 190, 196, 197, 198, 209 Marktentwicklung  12, 19, 21, 22, 25, 26, 27, 67, 75, 83, 130, 183, 213 Marktfeldstrategien  112, 113, 114, 133 –– Diversifikationsstrategie  125, 130, 213 –– Marktdurchdringungsstrategie  115, 118, 121, 130, 213 –– Marktentwicklungsstrategie  119, 121, 122, 134, 213 –– Produktentwicklungsstrategie  122, 130, 134, 213 Marktpotential  14, 118 Marktprognosen  21, 22, 27 –– qualitative  19, 22, 218 –– quantitative  19, 218 Marktsegment  2, 16, 27, 28, 29, 31, 33, 35, 38, 39, 40, 42, 53, 54, 55, 74, 108, 109, 110, 118, 136, 146, 174, 175, 176, 177, 179, 180, 184, 218 Marktsegmentierung  27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 42, 48, 53, 55

Stichwortverzeichnis233 –– einstufige  31 –– mehrstufige  31, 53 Marktsegmentierungskriterien  27, 29, 30, 31, 36, 37, 51 –– Anforderungen an  29 –– Organisationsbezogen  52 –– Organisationsmitgliederbezogen  52, 54 –– Organisationsverhaltensbezogen  52, 54, 55 Marktsegmentierungsstrategie  27, 177, 181, 183, 184 Marktstruktur  10, 11, 12 Marktstufen  10, 11 Marktvolumen  15, 16, 17, 184, 196 –– bearbeitetes  19 –– zugängliches  16, 18 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio  136, 137, 141 –– Cash Cows  136, 139 –– Dogs  136, 139 –– Question Marks  136, 139, 143 –– Relativer Marktanteil  138, 139 –– Stars  136, 139 –– Zielportfolio  139, 140 Mass Customization  159 Massenmarketing  183 –– differenziert  183 –– undifferenziert  183 Mehrmarkenkonzept  179 Mobile Marketing  228 Mobilitätsbarrieren  85 Motive der Internationalisierung  194 –– Chancenorientierte Motive  194 –– Risikoorientierte Motive  194 Multinationale Markterschließung siehe übernationale Marktarealstrategien Nachhaltigkeit  4, 59, 165, 166, 167, 172 Nachhaltigkeitsmarketing  4 Nachhaltigkeitsstrategien  151, 213 Neuromarketing  87

Nischenmarketing  184 Normstrategien  97, 138, 139, 142, 145, 146, 197 –– Abschöpfungs-Desinvestitionsstrategie  139, 145 –– Selektive Strategie  145 PIMS-Projekt  136 Produktlebenszyklus  141, 194, 208, 209 Prognosewert  20, 21 Psychographische Marktsegmentierung  42 –– Personenbezogene Merkmale  42 –– Produktbezogene Merkmale  42 Räumliche Rückzugsstrategien  192 –– Kontraktion  192 –– Konzentration  128, 193 Relevanter Markt  13, 14, 175 –– räumlich  14 –– sachlich  13 –– zeitlich  14 Sättigungsgrad  17 Seniorenmarketing  57 Sinus-Milieu  44, 45, 46, 47 Social Media Marketing  5 Soziodemographische Marktsegmentierung  32 –– Alter  29, 30, 32, 35, 38, 39, 48 –– Beruf  32, 36, 39 –– Einkommen  32, 36, 38, 39 –– Familienlebenszyklus  38, 39 –– Geschlecht  32, 33, 34, 48 –– Nationale Herkunft  32, 36 –– Soziale Schichtung  38 –– Wohnort  32 Sprinklerstrategie  206, 207, 208, 209 Stärken-Schwächen-Profil  93 Stärken und Schwächen  7, 67, 90, 94, 101, 103 Strategie  5, 6, 66, 81, 83, 85, 86, 90, 104, 105, 112, 128, 130, 133, 134,

234 Stichwortverzeichnis 136, 142, 146, 152, 154, 155, 166, 171, 183, 184, 188, 213, 216 Strategiehorizont  112 Strategische Geschäftsfelder  135, 139 Strategische Gruppe  84, 86 Szenario-Technik  22, 25 Trend- und Indikatormethoden  21 Umstellungskosten  71, 76, 77, 97 Umwelt  7, 10, 55, 100, 102 –– demographische  56 –– ökologische  56, 59 –– ökonomische  56, 59 –– politisch-rechtliche  56, 61 –– soziokulturelle  56, 62 –– technologische  56 Umweltanalyse  10, 101, 102 Umweltkompetenz  168, 169 Umweltlabels siehe Umweltzeichen Umweltmarken  170 Umweltorientiertes Marketing  4, 166 Umweltzeichen  170 Universal Design  58 Unternehmensanalyse  10, 100, 101, 103 Unternehmensumwelt  55, 100 –– Aufgabenumwelt  55, 66 –– Makroumwelt  55 Verhaltensorientierte Marktsegmentierung  48 –– Markenwahl  48, 49 –– Preisverhalten  51 –– Produktartwahl  48 –– Verbrauchsintensität  48, 50

Verhaltensstile  90 Verkäufermarktsituation  2 Wasserfallstrategie  206, 207, 208, 209 Wertschöpfungskette  59, 152, 160, 166 Wettbewerberanalyse  79 –– Annahmen  81, 82, 83, 90 –– Fähigkeiten  86, 90 –– Gegenwärtige Strategie  83 –– Reaktionsprofil  80, 90 –– Zukünftige Ziele  80 Wettbewerbskräfte  67, 68 –– Abnehmer  75, 76 –– Lieferanten  52, 55, 71, 76, 77, 98 –– Neue Konkurrenten  68, 71 –– Substitutionsprodukte  74 –– Wettbewerber in der Branche  72 Wettbewerbsstrategie  3, 67, 113, 151, 154, 172 –– Innovationsorientierung  123, 154, 155, 172 –– Kostenorientierung  171, 181 –– Markierungsorientierung  164 –– Programmbreitenorientierung  181 –– Qualitätsorientierung  156 –– Umweltorientierung  165 Zielbeziehungen  108, 109, 110 –– Zielharmonie  109 –– Zielkonflikt  109 –– Zielneutralität  110 Zielkonkretisierung  105, 108 –– Segmentbezug  105, 108 –– Zielausmaß  105, 107 –– Zielinhalt  105 –– Zielperiode  105, 107