Strategien der Internationalisierung: Fallstudien und Fallbeispiele [3., überarb. und erw. Aufl.] 9783486721478, 9783486719468

Dieses im deutschsprachigen Raum einzigartige Buch stellt anhand von 23 Fallbeispielen und Fallstudien die International

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Strategien der Internationalisierung: Fallstudien und Fallbeispiele [3., überarb. und erw. Aufl.]
 9783486721478, 9783486719468

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Strategien der Internationalisierung Fallstudien und Fallbeispiele Herausgegeben von

Prof. Dr. Stefan Schmid

ESCP Europe Berlin - Paris - London - Madrid - Turin

Lehrstuhl für Internationales Management und Strategisches Management Mit ca. 160 Abbildungen und 400 Fragen und Aufgaben 3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Thomas Ammon Herstellung: Tina Bonertz Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-71946-8 eISBN 978-3-486-72147-8

Vorwort

V

Vorwort zur ersten Auflage

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn Unternehmen Strategien formulieren und implementieren, so spielt heutzutage die internationale Dimension eine besonders wichtige Rolle. Mit Strategien der Internationalisierung haben sich Wissenschaft und Praxis auch bereits ausführlich beschäftigt. Allerdings gibt es bisher mit Ausnahme des von Zentes/Swoboda herausgegebenen Werkes „Fallstudien zum Internationalen Management“ noch kein Werk, welches sich auf Strategien der Internationalisierung in Form von Fallstudien und Fallbeispielen konzentriert – und dies trotz der zunehmenden Bedeutung der Fallstudienmethodik in der Aus- und Weiterbildung. Vor Ihnen liegt das Ergebnis dessen, was ich zusammen mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern meines Lehrstuhls in den letzten zwei Jahren erarbeitet und in Lehrveranstaltungen erprobt habe – 18 Fallbeispiele und Fallstudien über Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und aus unterschiedlichen Regionen, die auf variantenreiche Weise internationalisieren. Mit diesen Fallbeispielen und Fallstudien soll die Thematik „Strategien der Internationalisierung“ inhaltlich umfassend sowie didaktisch abwechslungsreich in all ihren Facetten abgedeckt werden. Wir haben uns bewusst entschieden, Fallbeispiele und Fallstudien in deutscher und nicht in englischer Sprache zu verfassen. Allerdings soll nicht nur die Sprache unsere Fälle von typischen englischsprachigen Fällen, wie sie etwa von der Harvard Business School oder der Richard Ivey Business School vorgelegt werden, differenzieren. Wir haben auch versucht, unseren Fällen einen bestimmten Charakter zu geben, der auf das Wissenschaftsverständnis und die Lehrpraxis im deutschen Sprachraum zugeschnitten ist. So haben wir alles daran gesetzt, die Fälle selbst in einer klaren Struktur zu präsentieren sowie Informationen prägnant und bereits analytisch aufbereitet zu dokumentieren. Wir haben die Fälle ferner so verfasst, dass sie auch als Ergänzung bzw. in Kombination zu klassischen Vorlesungen eingesetzt werden können (und nicht, wie etwa viele der Harvard-Business-School-Cases, primär zum Zwecke des Einsatzes im Rahmen der induktiven Lehrmethode gedacht sind). Am Ende des jeweiligen Falles finden sich Fragen und Aufgaben, die den Einsatz der Fälle in der Lehre erleichtern können. Die Fragen und Aufgaben weisen unterschiedlichen Charakter und unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad auf, so dass eine Auswahl getroffen werden kann und eine Verwendung für unterschiedliche Zielgruppen ermöglicht wird. Bei diesem Buchprojekt haben meine wissenschaftlichen Mitarbeiter, Frau Dipl.-Psych. Andrea Daniel, Frau Dipl.-Kffr. Swantje Hartmann, Frau Dipl.-Kffr. Katharina Kretschmer,

VI

Vorwort

Herr Dipl.-Kfm. Mario Machulik und Herr Dipl.-Kfm. Stephan Schulze, engagiert als KoAutoren mitgewirkt. Ich möchte ihnen allen danken, dass sie für dieses Projekt große Begeisterung mitgebracht haben. Herrn Dipl.-Kfm. Stephan Schulze und Frau Dipl.-Kffr. Swantje Hartmann gilt meine besondere Anerkennung – Herrn Schulze, weil er mich in der Gesamtkoordination des Projekts im Zeitraum zwischen September 2004 und April 2006 maßgeblich unterstützt hat, und Frau Hartmann, weil sie in der Phase der Endfertigstellung zwischen April und Juni 2006 die mühevolle Endredaktion übernommen hat und trotz meiner vielfältigen Wünsche nicht „verzweifelt“ ist. Frau Hartmann oblag auch die schwierige Aufgabe, die Verzeichnisse (Unternehmens- und Markenverzeichnis und Stichwortverzeichnis) zu bearbeiten. In die Recherche im Vorfeld der Erstellung der Fälle waren ferner in verschiedenen Phasen unsere studentischen Hilfskräfte, Herr Vadim Brovkine, Frau Natascha Gladilina, Frau Franziska Klinger, Herr Dierk Niemeyer, Frau Susanna Pipenhagen und Frau Dipl.-Kffr. Teresa Tenneberg sowie in die zahlreichen Korrekturschleifen Herr Dipl.-Kfm. Nicholas Hanser, Frau Dipl.-Kffr. Julia Maurer, Herr Jasper Trautsch und unsere Lehrstuhlsekretärin, Frau Renate Ramlau, involviert, auf deren tatkräftige Unterstützung wir zählen konnten. Die Zusammenarbeit mit dem Hause Oldenbourg, mit Herrn Dipl.-Volksw. Martin Weigert und Frau Meike Keller, hat sich – wie beim Werk Internationales Management – gewohnt positiv gestaltet. Es freut mich auch, dass wir darüber hinaus im Rahmen der Lehre an der ESCP-EAP Europäische Wirtschaftshochschule Kommentare von Teilnehmern des Diplom-Studiengangs „Internationale Betriebswirtschaft“, des Master-Studiengangs „Master’s in European Business (MEB)“ sowie der MBA-Studiengänge, die bereits mit früheren Versionen der hier veröffentlichten Fallbeispiele und Fallstudien gearbeitet haben, einfließen lassen konnten. Auf diese Weise haben die Fälle selbst zumindest ihre „ersten Praxistests“ bestanden. Allen Kollegen, die unsere Fallbeispiele und Fallstudien einsetzen wollen, wünsche ich viel Erfolg und allen Bearbeitern viel Freude und Spaß bei der Beschäftigung mit den zahlreichen Facetten der Internationalisierung. Ich hoffe, dass unsere Fälle zeigen, wie spannend die Thematik der Internationalisierungsstrategien sein kann. Anregungen und Kommentare zu den Fallbeispielen und Fallstudien sowie zur Gesamtkonzeption des Buches sind jederzeit sehr willkommen!

Berlin, Juli 2006

Stefan Schmid

Vorwort

VII

Vorwort zur zweiten Auflage

Liebe Leserin, lieber Leser, nur etwas mehr als ein Jahr ist vergangen, seit das Manuskript für die erste Auflage des vorliegenden Werkes fertig gestellt wurde. Zusammen mit meinem Lehrstuhlteam freue ich mich über die sehr positive Resonanz, welche die erste Auflage in Wissenschaft und Praxis gefunden hat. Gerne legen wir nun schon die überarbeitete und erweiterte zweite Auflage vor. Der Erfolg der ersten Auflage zeigt in mehrfacher Hinsicht, was sich in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung verändert (hat): Erstens finden Fragestellungen des Internationalen Managements zunehmend Eingang in die betriebswirtschaftliche Ausbildung; an den meisten Hochschulen ist die Thematik der Internationalisierung heute integrativer Bestandteil der Curricula. Zweitens versuchen viele Hochschullehrer ihre Lehre zunehmend interaktiv zu gestalten und setzen Fallstudien ein, um Brücken zwischen Theorie und Praxis zu schlagen. Drittens scheint es einen großen Bedarf an deutschsprachigen Fällen zu geben, die sich auch über die Sprache hinaus in einigen Dimensionen von typischen US-amerikanischen Fallstudien unterscheiden. Wir haben für die zweite Auflage einen Teil der Fallbeispiele und Fallstudien aus der ersten Auflage aktualisiert bzw. überarbeitet. Ferner haben wir das Spektrum der Fälle nochmals erweitert. Mit den Fällen „UniCredit Group“, „Lenovo“ und „Axel Springer Verlag“ verändert sich nicht nur die Bandbreite an thematischen Fragestellungen zur Internationalisierung; es werden auch neue Branchen- und Länderschwerpunkte berücksichtigt. Ich bedanke mich bei den studentischen Hilfskräften des Lehrstuhls, Herrn Vadim Brovkine, Frau Manuela Geipel und Frau Natascha Gladilina, die mit ihren Recherchen dazu beigetragen haben, dass neue Fälle entstehen und bereits existierende Fälle aktualisiert werden konnten. Nicht zu vergessen ist wie immer die vielfache Unterstützung unserer Lehrstuhlsekretärin, Frau Renate Ramlau, die beispielsweise in der Korrekturphase dem Manuskript ihre volle Aufmerksamkeit geschenkt hat. Besonderer Dank gilt meiner Mitarbeiterin, Frau Dipl.-Kffr. Swantje Hartmann: Sie hat alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Überarbeitung und Erweiterung des Werkes koordiniert und dabei großes Engagement gezeigt. Nur wer schon einmal selbst in ein derartiges Buchprojekt involviert war, wird einschätzen können, wie viel Energie und Genauigkeit etwa die Verlinkung von Stichwörtern, das Erstellen von Verzeichnissen, das Formatieren von Beiträgen oder die Vereinheitlichung von Formalia erfordern. Gewohnt positiv gestaltete

VIII

Vorwort

sich die Kooperation mit dem Oldenbourg Verlag; die angenehme Betreuung durch Herrn Dr. Schechler möchte ich dabei besonders betonen. Im Namen meines Lehrstuhlteams wünsche ich allen Dozenten viel Freude beim Einsatz der Fälle in der Lehre und allen Bearbeitern der Fälle eine spannende Auseinandersetzung mit den Inhalten der Fälle. Ihre Anmerkungen zu einzelnen Fällen oder zum Gesamtwerk sind jederzeit sehr willkommen.

Berlin, Juli 2007

Stefan Schmid

Vorwort

IX

Vorwort zur dritten Auflage

Liebe Leserin, lieber Leser, gemeinsam mit meinem Lehrstuhlteam freue ich mich sehr, dass unser Werk „Strategien der Internationalisierung“ in den letzten Jahren bei Dozenten, Studenten und Praktikern weiterhin auf sehr reges Interesse gestoßen ist. Die dritte Auflage, die Sie in Händen halten, stellt eine überarbeitete und erweiterte Fassung der Vorauflagen dar. Im Vergleich zu der ersten Auflage hat sich der Umfang des Werkes um ca. 300 Seiten erhöht. Würden wir am Lehrstuhl dem vorherrschenden Paradigma folgen, bei Publikationen nur auf Zeitschriftenaufsätze abzuzielen, so hätten wir diese dritte Auflage gar nicht (mehr) als Projekt realisieren dürfen. Mein Lehrstuhlteam und ich haben uns jedoch bewusst entschieden, nicht dem „Mainstream“ zu folgen – denn Lehre und Praxis gehören ebenso zu einer anwendungsorientierten Wissenschaft wie Forschung. Und schließlich zeigen unsere Fälle, dass und wie Theorie und Praxis zusammenhängen! Wir haben für die dritte Auflage einen Teil der Fallbeispiele und Fallstudien aus den früheren Auflagen aktualisiert bzw. modifiziert. Die Zahl der Fragen und Aufgaben haben wir deutlich erhöht, um die Einsatzmöglichkeiten der Fälle in der Lehre noch weiter zu optimieren. Darüber hinaus haben wir eine neue Kategorie an Fällen – so genannte Intensivfallstudien – eingeführt. Mit den Intensivfallstudien zu „Aldi und Lidl“ einerseits und „Arçelik“ andererseits konnten wir das Spektrum der Themen-, Branchen- und Länderschwerpunkte erweitern. Insgesamt liegen 23 Fälle vor, die auf anschauliche Weise die von Unternehmen verfolgten Internationalisierungsstrategien erläutern und die zeigen, wie spannend Internationales Management in der Praxis ist. Dass es bei der Internationalisierung natürlich nicht nur „Erfolgsstorys“ gibt, versteht sich von selbst! Meinem Lehrstuhlteam möchte ich für die engagierte Mitarbeit sehr herzlich danken. Diesmal gilt der besondere Dank meiner Mitarbeiterin Frau Rita Engel, M.Sc., die die Koordination für die Weiterentwicklung von der zweiten zur dritten Auflage übernommen hat. Wesentliche Bestandteile der vielfältigen Aufgaben waren dabei unter anderem die Aktualisierung der Verzeichnisse, das Formatieren der Beiträge und die Vereinheitlichung von Formalia. Da Buchmanuskripte heutzutage bekanntlich meist druckfertig an Verlage geliefert werden, wird deutlich, wie viel Aufwand für Frau Engel mit dem Buchprojekt verbunden war. Meiner Sekretärin, Frau Renate Ramlau, bin ich nicht nur für Ihre Mitwirkung in Korrekturleseprozessen sehr dankbar, sondern auch für jahrelange Unterstützung beim Recherchieren und Archivieren von Materialien, die für die Erstellung und Aktualisierung unserer Fälle von großer Bedeutung sind. Die Kooperation mit Peek & Cloppenburg sowie mit Sennheiser electronic, die sich in den Unternehmenspräsentationen im Werk äußert, zeigt, dass die „Praxiswelt“ mit uns weiter verbunden ist.

X

Vorwort

Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, wünsche ich nun im Namen meines Lehrstuhlteams viel Freude mit den 23 Fällen, die wir Ihnen in der dritten Auflage präsentieren können. Für Kommentare und Anregungen sind wir jederzeit sehr dankbar.

Berlin, September 2012

Stefan Schmid

Aufbau des Buches

XI

Hinweise zum Aufbau des Buches

Das vorliegende Werk besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil wird eine inhaltliche und methodische Einführung geliefert. Es wird gezeigt, dass Internationalisierungsstrategien mehrdimensional sind. Die fünf Dimensionen von Internationalisierungsstrategien, (1) Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, (2) Zielmarktstrategien, (3) Timingstrategien, (4) Allokationsstrategien und (5) Koordinationsstrategien, werden vorgestellt und in ihren Kontext eingeordnet. Nach dem inhaltlichen Überblick folgt eine Übersicht über die Fallstudienmethodik. Dabei werden die Fallstudien und Fallbeispiele, die in diesem Buch veröffentlicht wurden, hinsichtlich zentraler Kriterien charakterisiert. Es wird ferner verdeutlicht, welche Lehr- und Lernziele mit dem Einsatz von Fallstudien und Fallbeispielen verfolgt werden können und worin die Probleme und Grenzen der Fallstudienmethodik liegen. Der zweite Teil des Werkes enthält elf Fallbeispiele und der dritte Teil zehn Fallstudien zur Thematik der Internationalisierungsstrategien. Fallbeispiele und Fallstudien unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Länge und Komplexität. Während die Fallbeispiele (einschließlich der Abbildungen sowie Fragen und Aufgaben) einen Umfang von ca. 11-20 Seiten aufweisen, haben die Fallstudien einen Umfang zwischen etwa 20 und 35 Seiten. Die Fallbeispiele sind zwar in sich klar gegliedert, wir haben aber auf eine formale Gliederung in Form von in den Text eingezogenen Überschriften verzichtet. Anders verhält es sich bei den Fallstudien; hier existieren nicht nur Überschriften im Text; vielmehr haben wir jedem Fall auch eine Gliederung vorangestellt, um dem Leser eine bessere Orientierung zu ermöglichen. Abgeschlossen wird das Werk mit dem vierten Teil, in dem sich zwei Intensivfallstudien finden. Die Intensivfallstudien des vierten Teils gehen sowohl in ihrer Länge des Textes (ca. 45 bzw. ca. 70 Seiten) als auch in der Breite der angesprochenen Themen nochmals über die Fallstudien des dritten Teils hinaus; sie ermöglichen somit eine sehr umfassende Auseinandersetzung mit Inhalten des Internationalen Managements. Auf den folgenden Seiten präsentieren wir Ihnen Übersichten, aus denen die inhaltlichen Schwerpunkte der einzelnen Fallbeispiele, Fallstudien und Intensivfallstudien hervorgehen. Dabei wird in vereinfachender Form zwischen „Kernthemen“, „wichtigen Themen“ und „Nebenthemen“ differenziert. Wer nach regionalen Schwerpunkten sucht, wird in den Übersichten in der letzten Zeile fündig. Darüber hinaus wird auf der ersten Seite eines jeden Falles eine kurze Zusammenfassung über die jeweiligen Inhalte des Falles gegeben. Das Stichwortverzeichnis sowie das Unternehmens- und Markenverzeichnis können für detaillierte Recherchen herangezogen werden; Dozenten und Fallstudienbearbeiter können auf diese Weise die relevanten Fälle identifizieren. Dadurch kann die Entscheidung für die Auswahl eines bestimmten Falles erleichtert werden.

XII

Aufbau des Buches

Fallbeispiele Themen

Adidas

Airbus

Audi

Bitburger

Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien

Export/Import Lizenzierung Franchising Vertragsfertigung Joint Venture Strategische Allianz Minderheitsbeteiligung Tochtergesellschaft Neugründung Tochtergesellschaft Akquisition Fusion

Koordina- AllokaTimingtionstionsstrategien strategien strategien

Zielmarktstrategien

Sonstige Präsenzstrategien Selektionsstrategien Segmentierungsstrategien Länderspezifisch Länderübergreifend Konfigurationsstrategien Leistungsstrategien Koordinationsbedarfsreduzierende Strategien Koordinationsbedarfsdeckende Strategien

Weitere Kernthemen bzw. wichtige Themen

Unternehmensethik

Kernländer/-regionen

Deutschland, China

Kernthema des Fallbeispiels

Politische DirektRahmenbedingungen, investitionsmotive Centers of Excellence Deutschland, Europa Ungarn



Deutschland, Welt

Wichtiges Thema innerhalb des Fallbeispiels

Weitere Themen, die in den Fallbeispielen angesprochen werden, finden sich im Stichwortverzeichnis des Buches.

Aufbau des Buches

Body Shop International

Landes-, Unternehmenskultur

XIII

Lenovo

Porsche Holding

Internationalisierung aus Schwellenländern



Großbritanni- China, USA, en, USA Welt

Österreich, Europa

Ruhrgas und Gazprom

Siemens

Sony BMG

Personalpolitik

Zara

Vertragsgestaltung

Betreibermodell

Preisdifferenzierung

Deutschland, Russland

Deutschland, Deutschland, Spanien, Malaysia Welt Welt

Nebenthema des Fallbeispiels Weitere Themen, die in den Fallbeispielen angesprochen werden, finden sich im Stichwortverzeichnis des Buches.

XIV

Aufbau des Buches

Fallstudien Themen

Arthur Andersen

Axel Springer Verlag

Endesa

IKEA

Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien

Export/Import Lizenzierung Franchising Vertragsfertigung Joint Venture Strategische Allianz Minderheitsbeteiligung Tochtergesellschaft Neugründung Tochtergesellschaft Akquisition Fusion

Koordina- AllokaTimingtionstionsstrategien strategien strategien

Zielmarktstrategien

Sonstige Präsenzstrategien Selektionsstrategien Segmentierungsstrategien Länderspezifisch Länderübergreifend Konfigurationsstrategien Leistungsstrategien Koordinationsbedarfsreduzierende Strategien Koordinationsbedarfsdeckende Strategien

UnternehmensPolitische Weitere Kernthemen bzw. wichtige kultur, RahmenbedinDe-InternatioThemen gungen nalisierung Kernländer/-regionen Kernthema der Fallstudie

USA, Deutschland, Welt

Polen, Zentralund Osteuropa

Beteiligungsstrukturen

Prozess der Internationalisierung

Spanien, Südamerika

Schweden, Welt

Wichtiges Thema innerhalb der Fallstudie

Weitere Themen, die in den Fallstudien angesprochen werden, finden sich im Stichwortverzeichnis des Buches.

Aufbau des Buches

Procter & Gamble und Wella

Renault und Nissan

XV

Sanofi-Aventis und Genta

SkyTeam

Telia

UniCredit Group                    

Prozess der Internationalisierung

Landeskultur, VertragsFührungsgestaltung persönlichkeiten

Rechtliche Rahmenbedingungen, Markteintrittsbarrieren

Landeskultur, politische Rahmenbedingungen

Rechtliche Rahmenbedingungen, Organisationsstruktur

USA, Deutschland

Frankreich, Japan

Welt

Skandinavien, Baltikum

Italien, Deutschland, Osteuropa

USA, Europa

Nebenthema der Fallstudie Weitere Themen, die in den Fallstudien angesprochen werden, finden sich im Stichwortverzeichnis des Buches.

XVI

Aufbau des Buches

Intensivfallstudien Themen

Aldi und Lidl

Arçelik

Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien

Export/Import Lizenzierung Franchising Vertragsfertigung Joint Venture Strategische Allianz Minderheitsbeteiligung Tochtergesellschaft Neugründung Tochtergesellschaft Akquisition Fusion

Koordina- AllokaTimingtionstionsstrategien strategien strategien

Zielmarktstrategien

Sonstige Präsenzstrategien Selektionsstrategien Segmentierungsstrategien Länderspezifisch Länderübergreifend Konfigurationsstrategien Leistungsstrategien Koordinationsbedarfsreduzierende Strategien Koordinationsbedarfsdeckende Strategien

Weitere Kernthemen bzw. wichtige De-Internationalisierung Themen

Prozess der Internationalisierung, OEM-Fertigung

Kernländer/-regionen

Türkei, West- und Osteuropa

Kernthema der Fallstudie



Europa, USA, Australien

Wichtiges Thema innerhalb der Fallstudie

Nebenthema der Fallstudie

Weitere Themen, die in den Fallstudien angesprochen werden, finden sich im Stichwortverzeichnis des Buches.

Inhaltsverzeichnis

XVII

Inhaltsverzeichnis Vorwort zur ersten Auflage ........................................................................................... V Vorwort zur zweiten Auflage ....................................................................................... VII Vorwort zur dritten Auflage .......................................................................................... IX Hinweise zum Aufbau des Buches .............................................................................. XI Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................XVII

Erster Teil: Einführung in die Thematik

Stefan Schmid Internationalisierungsstrategien: Ein Überblick über die zentralen Managemententscheidungen ........................................................................................... 3 Stefan Schmid Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung: Eine Einführung in die Methode ......................................................................................................................... 37

Zweiter Teil: Fallbeispiele

Stefan Schmid und Katharina Hefter Adidas: Drei Streifen „made in Asia“ .............................................................................. 55 Stefan Schmid, Thomas Kotulla, Mario Machulik und Stephan Schulze Airbus: Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse? ................................................................................................................. 75

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Stefan Schmid und Mario Machulik Audi: Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ ................................................. 97 Stefan Schmid und Andrea Luber Bitburger: Internationalisierung als Randaktivität ......................................................... 113 Stefan Schmid und Andrea Luber Body Shop International: Schwierige Zeiten in den USA – erst recht für Franchisenehmer ......................................................................................................... 125 Stefan Schmid und Philipp Grosche Lenovo: Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte .......................................... 141 Stefan Schmid, Tobias Dauth, Thomas Kotulla und Stephan Schulze Porsche Holding: Automobile für Europa aus dem Salzburger Land ........................... 161 Stefan Schmid, Tobias Dauth, Thomas Kotulla und Stephan Schulze Ruhrgas und Gazprom: Keine Sonderrechte – trotz langjähriger Importbeziehungen und Minderheitsbeteiligung ........................................................... 175 Stefan Schmid und Stephan Schulze Siemens: In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer ............................................ 193 Stefan Schmid und Andrea Luber Sony BMG Music Entertainment: Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures ............................................................................. 209 Stefan Schmid und Katharina Hefter Zara: Globale Mode zu lokalen Preisen ....................................................................... 229

Dritter Teil: Fallstudien

Stefan Schmid und Stephan Schulze Arthur Andersen: Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht ............... 247

Inhaltsverzeichnis

XIX

Stefan Schmid und Jasper Trautsch Axel Springer Verlag: Mit BILD und Co. nach Polen .................................................... 273 Stefan Schmid und Katharina Hefter Endesa: Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika ................. 313 Stefan Schmid und Katharina Hefter IKEA: Aus Schweden in die Welt ................................................................................. 337 Stefan Schmid und Katharina Hefter Procter & Gamble und Wella: Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel ....... 363 Stefan Schmid und Swantje Hartmann Renault und Nissan: Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme? ...... 387 Stefan Schmid, Mario Machulik und Stephan Schulze Sanofi-Aventis und Genta: Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer....................... 419 Stefan Schmid, Thomas Kotulla und Stephan Schulze SkyTeam: Eine Strategische Allianz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel? ..... 445 Stefan Schmid und Andrea Luber Telia: Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe .............. 469 Stefan Schmid und Thomas Kotulla UniCredit Group: Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa .... 495

Vierter Teil: Intensivfallstudien

Stefan Schmid, Tobias Dauth und Thomas Kotulla Aldi und Lidl: Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs ...................................... 533 Stefan Schmid und Ruben Dost Arçelik: Durch Export zum „Weißen Riesen“ ................................................................ 581

XX

Inhaltsverzeichnis

Unternehmens- und Markenverzeichnis .................................................................. 651 Stichwortverzeichnis ................................................................................................. 671

Erster Teil Einführung in die Thematik

Erster Teil: Einführung in die Thematik

Internationalisierungsstrategien Ein Überblick über die zentralen Managemententscheidungen1

Prof. Dr. Stefan Schmid

Stefan Schmid Internationalisierungsstrategien: Ein Überblick über die zentralen Managemententscheidungen

Wenn sich Unternehmen grenzüberschreitend betätigen (wollen), so haben sie zahlreiche strategische Entscheidungen zu treffen. Im vorliegenden Beitrag werden die wesentlichen strategischen Entscheidungen vorgestellt, die zu Internationalisierungsstrategien führen. Es wird deutlich, dass Internationalisierungsstrategien mehrdimensional sind. Als zentrale fünf Dimensionen gelten (1) Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, (2) Zielmarktstrategien, (3) Timingstrategien, (4) Allokationsstrategien und (5) Koordinationsstrategien. Im Rahmen dieser Internationalisierungs(teil)strategien müssen ferner die Potentiale der (oftmals) zahlreichen Einheiten jenseits der Grenzen verstärkt genutzt werden, um langfristige Wettbewerbsvorteile aufzubauen und zu nutzen. Einer Formulierung und „Ausrufung“ von Strategien, die sich aus den Philosophien und Zielen der Unternehmen ergeben, müssen gleichzeitig umfangreiche strategische Analysen vorausgehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Internationalisierung nicht das Ergebnis zufälliger Entscheidungen und Handlungen wird.

1

Der vorliegende Beitrag baut auf einer früheren Fassung auf, die unter folgendem Titel veröffentlicht wurde: Schmid, Stefan (2003): Grenzüberschreitende Unternehmungstätigkeit – Tour d’Horizon strategischer Optionen. In: Bieswanger, Markus u.a. (2003, Hrsg.): Abgrenzen oder Entgrenzen. Zur Produktivität von Grenzen. IKO-Verlag für interkulturelle Kommunikation, Frankfurt/Main, London, 2003, S. 245-269.

4

Internationalisierungsstrategien

Inhaltsverzeichnis des Beitrags 1 Einleitung ................................................................................................................... 5 2 Philosophie und Ziele der Internationalisierung ..................................................... 7 3 Strategische Analysen im Rahmen der Internationalisierung ............................. 10 4 Stoßrichtungen der Internationalisierung ............................................................. 13 4.1 Einleitender Überblick........................................................................................ 13 4.2 Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien ............................................... 15 4.3 Zielmarktstrategien ............................................................................................ 18 4.4 Timingstrategien ................................................................................................ 20 4.5 Allokationsstrategien ......................................................................................... 22 4.6 Koordinationsstrategien ..................................................................................... 24 5 Internationalisierungsstrategien zur Nutzung der Potentiale im Ausland .......... 26 6 Schlussbetrachtung ................................................................................................ 28

Ein Überblick

1

5

Einleitung

Viele Unternehmen sind heutzutage grenzüberschreitend tätig. In manchen Unternehmen wird jenseits der Grenzen ein größerer Umsatz erzielt als diesseits der Grenzen. Und in anderen Unternehmen übersteigen auch die Beschäftigtenzahlen im Ausland die Beschäftigtenzahlen im Inland (vgl. UNCTAD 2011, S. 30-31). Dies zeigt sich in Abbildung 1, in der die Auslandsquoten ausgewählter DAX-30-Unternehmen dargestellt werden. Umsatz Unternehmen

Gesamt in Mio. €

Ausland in Mio. €

Adidas

11.990

11.335

BASF

63.873

Mitarbeiter Auslandsanteil in %

Auslandsanteil in %

Gesamt

Ausland

94,5

36.444

33.164

91,0

38.447

60,2

109.140

58.339

53,5

111.400

75.200

67,5

Bayer

35.088

30.656

87,4

Daimler

97.761

78.480

80,3

260.100

96.074

39,9

2.106

1.546

73,4

3.490

1.913

54,8

117.019

51.839

44,3

Deutsche Börse Deutsche Lufthansa

27.324

20.585

75,3

Deutsche Post

51.481

34.954

67,9

418.946

253.165

60,4

Deutsche Telekom

62.400

35.131

56,3

246.777

123.603

50,1

85.101

49.985

58,7

E.ON

92.863

43.039

46,3

Fresenius

15.972

12.618

79,0

137.552

96.729

70,3

Infineon

3.295

2.433

73,8

26.654

17.858

67,0

K+S

4.994

4.095

82,0

15.241

5.030

33,0

Linde

12.868

11.646

90,5

48.430

41.262

85,2

MAN

14.675

11.617

79,2

47.669

20.315

42,6

9.291

8.512

91,6

40.562

30.222

74,5

METRO

67.258

41.128

61,1

252.258

158.089

62,7

RWE

53.320

33.792

63,4

70.856

36.672

51,8

SAP

12.464

10.269

82,4

53.513

37.994

71,0

Siemens

75.978

64.546

85,0

405.000

277.000

68,4

42.600

28.700

67,4

177.346

106.274

59,9

126.875

98.201

77,4

399.381

218.062

54,6

Merck

ThyssenKrupp Volkswagen Stand 2010.

Abb. 1: Auslandsquoten ausgewählter DAX-30-Unternehmen Quelle: Geschäftsberichte der jeweiligen Unternehmen.

6

Internationalisierungsstrategien

Während manche Unternehmen jenseits der Grenzen erfolgreich sind, haben andere Unternehmen dort mit Fehlschlägen zu kämpfen (vgl. Sachse 2003, v.a. S. 12-13). Doch eines ist klar: Dass es ökonomisch produktiv sein kann, Landesgrenzen zu überschreiten, ist unbestritten. Schon seit Jahrtausenden werden Grenzen aus wirtschaftlichen Gründen transzendiert (vgl. Dülfer 2002). Was jenseits der Grenzen liegt, erscheint oftmals attraktiv. Die Frage ist also nicht (mehr) so sehr, ob und warum Unternehmen Grenzen überschreiten. Auf diese Frage gibt es zahlreiche Antworten, die auch von so genannten Theorien der Internationalisierung geliefert werden (vgl. Macharzina 1982, 2003, Stein 1991, Scherm/Süß 2001, S. 45-94, Perlitz 2004, S. 65-154, Holtbrügge/Welge 2010, S. 51-92, Kutschker/Schmid 2011, S. 369-487). Eine (weiterhin) interessante Frage bleibt, wie Unternehmen Grenzen überschreiten. Die Praxis zeigt uns schließlich, dass reichhaltige Möglichkeiten der Grenzüberschreitung existieren (vgl. etwa Kim/Lee 2001, Schmid/Grosche 2008 oder die zahlreichen Beispiele in Zentes/Swoboda/Morschett 2011, Hrsg.). In diesem einleitenden inhaltlichen Beitrag möchte ich auf systematische Weise verdeutlichen, welche Strategieoptionen Unternehmen bei ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeit haben (vgl. dazu ausführlich Kutschker/Schmid 2011, S. 795-1050). Was können Unternehmen machen, wenn sie geographische Grenzen überschreiten? Welche Möglichkeiten gibt es, durch grenzüberschreitende Tätigkeiten Wettbewerbsvorteile zu schaffen und auszunutzen? Meine Ausführungen zu möglichen Strategien der geographischen Grenzüberschreitung – und damit wohlgemerkt nicht zu horizontalen oder vertikalen Grenzüberschreitungen in Unternehmen (vgl. Ashkenas u.a. 1995, v.a. S. 3 und S. 1121) – werde ich in knapper Form zusammenfassen (vgl. für umfassendere Darstellungen auch Hodgetts/Luthans/Doh 2006, v.a. S. 234-364, Lasserre 2007, v.a. S. 33-220, Czinkota/Ronkainen/Moffett/Marinova/Marinov 2009, v.a. S. 213-406, Deresky 2011, v.a. S. 206-336, Hill 2011, v.a. S. 400-501 oder Grünig/Morschett 2012). Sie stellen den Rahmen für die in diesem Buch entwickelten Fallbeispiele und Fallstudien dar. Bereits an dieser Stelle sei vorweggenommen: Einen Königsweg gibt es nicht – wohl aber zahlreiche strategische Optionen, von denen Unternehmen und deren Manager selbst diejenigen auswählen müssen, die in ihren Augen Erfolg versprechen. Für welche strategischen Optionen der grenzüberschreitenden Tätigkeit sich Unternehmen entscheiden, hängt zunächst wesentlich von ihrer Philosophie und ihren Zielen ab. Dies führt zu meiner ersten Hauptaussage: Unternehmen und deren Manager müssen sich über die mit der grenzüberschreitenden Tätigkeit verbundene Philosophie und ihre Ziele im Klaren sein. Dies soll nun weiter erläutert werden.

Ein Überblick

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7

Philosophie und Ziele der Internationalisierung

Die Grundorientierung eines Unternehmens beinhaltet Annahmen darüber, mit welcher Philosophie ein bestimmtes Unternehmen internationalisieren möchte. Sucht man nach einer vereinfachenden Systematisierung der Unternehmensphilosophien grenzüberschreitend tätiger Unternehmen, so trifft man in der Literatur des Internationalen Managements auf Howard Perlmutters legendäre Arbeiten. Dabei gibt es gemäß Perlmutter prinzipiell vier Möglichkeiten (vgl. Perlmutter 1965, 1969, Wind/Douglas/Perlmutter 1973, Perlmutter/Heenan 1974). Unternehmen können •

ethnozentrisch, polyzentrisch, • regiozentrisch oder • geozentrisch •

ausgerichtet sein. Zugegeben – die Unterscheidung zwischen einer ethnozentrischen, einer polyzentrischen, einer regiozentrischen oder einer geozentrischen Orientierung vereinfacht die Realität stark (vgl. Schmid/Machulik 2006, Machulik 2010). Dennoch ist diese Unterscheidung, so grob sie auch sein mag, von außerordentlich großer Bedeutung. Die generelle Ausrichtung des Unternehmens hat schließlich Auswirkungen darauf, wie ein Unternehmen nach außen auftritt und wie in dem Unternehmen nach innen gehandelt wird, d.h. wie entschieden, informiert, kommuniziert, kontrolliert und sanktioniert wird (vgl. dazu Heenan/ Perlmutter 1979, v.a. S. 18-19). Kurzum: Die Philosophie eines Unternehmens bringt Konsequenzen für Strategie, Organisation und Führung mit sich. Während etwa in einem ethnozentrischen Unternehmen die Muttergesellschaft das vorrangige Entscheidungszentrum ist, werden in polyzentrischen Unternehmen nicht nur operative, sondern auch strategische Entscheidungen auf die Auslandseinheiten verlagert. In geozentrischen Unternehmen werden Entscheidungen gemeinsam von Muttergesellschaft und Auslandseinheiten getroffen oder zwischen Muttergesellschaften und Auslandseinheiten verteilt. In regiozentrischen Unternehmen spielen so genannte „Regional Headquarters“ eine wichtige Rolle im Entscheidungsfindungsprozess. In einem ethnozentrischen Unternehmen soll jenseits der Grenzen so gehandelt werden, wie dies diesseits der Grenzen üblich ist. Man „stülpt“ die eigene Kultur auch anderen Einheiten im Ausland über. In einem polyzentrischen Unternehmen wird dagegen jenseits der Grenzen so gehandelt, wie es lokalen Gepflogenheiten entspricht. In einem geozentrischen Unternehmen soll etwas Neues entstehen – Erfahrungen, Werte, Einstellungen und Praktiken diesseits und jenseits der Grenzen sollen verschmolzen werden; eine Art „symbiotische Unternehmenskultur“ soll entstehen. Bei regiozentrischen

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Internationalisierungsstrategien

Unternehmen existieren regionale Subkulturen unter dem Dach einer Unternehmenshauptkultur. Ethnozentrische Unternehmen „reißen“ bei vordergründiger Betrachtung Grenzen „nieder“; doch schnell erkennt man, dass es sich um nichts anderes handelt als um Kolonialisierung und Vereinnahmung, was gerade von US-amerikanischen Unternehmen (oft geschickt verdeckt) praktiziert wird. Polyzentrische Unternehmen akzeptieren nicht nur die Existenz, sondern auch die Produktivität von Grenzen. Sie wissen, dass es sinnvoll sein kann, sich in unterschiedlichen Ländern auch auf jeweils unterschiedliche Art und Weise zu verhalten. Geozentrische Unternehmen versuchen, „Entgrenzungen“ zu erreichen, indem sie Landesgrenzen überwinden. Gleichzeitig schaffen sie jedoch oftmals neue „Grenzziehungen“, beispielsweise – durch Herausbildung starker Unternehmenskulturen – „Grenzziehungen“ zu anderen Unternehmen. Regiozentrische Unternehmen kennen Abgrenzungen zwischen Regionen, müssen aber gleichzeitig sicherstellen, dass sich die regionalen Einheiten kulturell nicht völlig voneinander lösen. Eine Gegenüberstellung der Philosophien findet sich in Abbildung 2. Dort werden die Unterschiede in visueller Form vereinfachend veranschaulicht. Welche Philosophie auch vorliegt – Internationalisierung ist für Unternehmen kein Selbstzweck. Hinter der Internationalisierung müssen klare Ziele stehen. Jedes Unternehmen muss sich deshalb (immer wieder von neuem) fragen, warum es überhaupt grenzüberschreitend tätig werden will oder warum es seine Aktivitäten jenseits der Grenzen aufrechterhalten oder weiter ausbauen möchte. Grundsätzlich können dabei drei Kategorien von Zielen unterschieden werden. Unternehmen können mit grenzüberschreitenden Aktivitäten •

beschaffungsorientierte Ziele, absatzorientierte Ziele und/oder • effizienzorientierte Ziele •

verfolgen (vgl. dazu etwa, vor allem im Zusammenhang mit Direktinvestitionen, Dunning 1993, S. 139-148 sowie Dunning/Lundan 2008, S. 63-78). Die Unterscheidung zwischen diesen Zielen ist deswegen wichtig, weil sich aus den Zielen erst die sinnvollen strategischen Optionen ergeben (vgl. auch Ghoshal 1987). Sucht ein Unternehmen nur Zugang zu bestimmten Ressourcen (z.B. zu knappen Rohstoffen), so nimmt die Internationalisierung eine andere Gestalt an, als wenn das Unternehmen primär neue Absatzmärkte erschließen möchte (d.h. neue Kunden gewinnen möchte). Wiederum anders verläuft die Internationalisierung, wenn dadurch die Effizienz, etwa über Economies of Scale oder Economies of Scope, verbessert werden soll. Gleichzeitig darf man nicht verkennen, dass den meisten Internationalisierungsschritten nicht nur ein Ziel zugrunde liegt. Häufig führt ein ganzes Bündel an Zielen dazu, dass Unternehmen bestimmte Internationalisierungsschritte vornehmen. Zudem ändern sich die Ziele und die dahinter stehenden Motive im Zeitablauf. So kann das Motiv, welches

Ein Überblick

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dem erstmaligen Eintritt in ein bestimmtes Land zugrunde lag, im Laufe der Zeit um zahlreiche weitere Motive ergänzt werden (vgl. z.B. Schmid/Grosche 2008, S. 104-127).

Ethnozentrisches Unternehmen

Polyzentrisches Unternehmen

Regiozentrisches Unternehmen

Geozentrisches Unternehmen

Muttergesellschaft

Tochtergesellschaft

Managementtechniken, -konzepte, -stile

Abb. 2: Die Unterschiede zwischen ethnozentrischen, polyzentrischen, regiozentrischen und geozentrischen Orientierungen Quelle: in Anlehnung an Bleicher (1992), S. 10. Aufbauend auf ihren Internationalisierungsphilosophien und -zielen können Unternehmen konkrete Strategien für ihre grenzüberschreitenden Aktivitäten formulieren und öffentlich „ausrufen“. Doch bevor es überhaupt zur Formulierung und „Ausrufung“ dieser Strategien kommt, müssen noch ausführliche strategische Analysen erfolgen. Oder anders ausgedrückt: Eine umfassende strategische Analyse auf mehreren Ebenen ist der erste Schlüssel, um durch grenzüberschreitende Tätigkeit Wettbewerbsvorteile zu erlangen oder auszunutzen.

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Internationalisierungsstrategien

3

Strategische Analysen im Rahmen der Internationalisierung

Strategien sollen einem Unternehmen helfen, seine Ziele zu erreichen. Deswegen müssen Strategien einen Beitrag zum Aufbau oder zur Ausnutzung von Wettbewerbsvorteilen leisten. Langfristig kann ein Unternehmen nur dann, wenn es Wettbewerbsvorteile aufweist, seine Philosophien realisieren und seine Ziele erreichen. Besondere Bedeutung haben die Stärken eines Unternehmens im Sinne seiner Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen werden jedoch nur dann zu Wettbewerbsvorteilen, wenn sie auch – diesseits und jenseits der Grenzen – auf das richtige Umfeld treffen (vgl. zu diesen Grundüberlegungen des Strategischen Managements überblicksartig Schmid/Kutschker 2002). Zum Umfeld gehören sowohl die Makroumwelt – etwa die politischen, rechtlichen, makroökonomischen, kulturellen und sozialen Bedingungen – als auch die Bedingungen der Branchen und Märkte, in denen das Unternehmen operiert (vgl. Schreyögg 1993, Dülfer/Jöstingmeier 2008, Daniels/Radebaugh/Sullivan 2011, v.a. S. 89-256). Letztere zeigen sich beispielsweise in der Kundennachfrage, in der Wettbewerbssituation oder in der Abhängigkeit von Lieferanten. Die altbekannte SWOT-Analyse des Strategischen Managements, die in Abbildung 3 wiedergegeben ist, verdeutlicht dies. Unternehmen müssen ihre Stärken und Schwächen analysieren, diese mit den Chancen und Risiken des Umfelds abgleichen und darauf aufbauend Strategien formulieren. Für internationale Unternehmen ist die Strategische Analyse allerdings weitaus komplexer als für national tätige Unternehmen (vgl. ausführlicher auch Schmid 2011). Die SWOT-Analyse muss in internationalen Unternehmen auf drei Ebenen, •

erstens auf der Ebene des Heimatmarktes und der Muttergesellschaft, zweitens auf der Ebene der Gastmärkte und der Auslandseinheiten und • drittens auf der Ebene des Weltmarktes und des Gesamtunternehmens •

durchgeführt werden. Die theoretische Fundierung für die in der SWOT-Analyse enthaltenen Elemente liefern die Industrial-Organization-Schule und die Ressourcenbasierte Schule des Strategischen Managements (vgl. dazu exemplarisch zu Knyphausen 1993, Bamberger/Wrona 1996, Ossadnik 2000).

Abb. 3: Die SWOT-Analyse in internationalen Unternehmen

Mikroumwelt - Absatzmärkte - Beschaffungsmärkte - Branche und Wettbewerber -…

Makroumwelt - Natürliche/ökologische Umwelt - Politische Umwelt - Rechtliche Umwelt - Staatliche Umwelt - Steuerliche Umwelt - Makroökonomische Umwelt - Technologische Umwelt - Demographische Umwelt - Ausbildungsbezogene Umwelt - Kulturelle Umwelt - Sprachliche Umwelt - Religiöse Umwelt - Soziopsychologische Umwelt -…

Umweltanalyse

Gefahren

Schwächen

Gefahren

Schwächen

Schwächen

Stärken

Unternehmen Gelegenheiten

Schwächen

Stärken

Gefahren

Stärken

Unternehmen

Umwelt Gelegenheiten

Unternehmen

Stammland

Umwelt

Gastland C

Gastland A

Stärken

Gelegenheiten

Stärken

Schwächen

Unternehmen

Umwelt

Unternehmen

SWOT-Analyse

Gefahren

Gelegenheiten

Umwelt

Gastland D

Gastland B

Gefahren

Gelegenheiten

Umwelt

Funktionale Unternehmensanalyse - Forschung - Entwicklung - Beschaffung - Produktion - Marketing - Vertrieb - Kundendienst - Finanzen - Führung - Organisation - Personal -…

Allgemeine Unternehmensanalyse - Strategie - Struktur - Systeme - Kultur -…

Unternehmensanalyse

Ein Überblick 11

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Internationalisierungsstrategien

Die Differenzierung der Strategischen Analyse nach unterschiedlichen Ebenen ist bereits der erste Schlüssel zum Erfolg. Denn manche Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen, die im Stammland aufgrund des dortigen Umfelds in Wettbewerbsvorteile umgemünzt werden, kommen in manchen (potentiellen) Gastländern nicht zum Tragen. Umgekehrt können andere Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen für den Heimatmarkt nur unzureichend ausgeprägt sein, jenseits der Grenzen lassen sie sich jedoch gut ausspielen. Warum zwischen dem Heimatmarkt einerseits und den Gastmärkten sowie dem Weltmarkt andererseits ein Unterschied besteht, hängt dabei auch mit der Konkurrenzsituation zusammen. Die wenigsten Branchen sind – entgegen mancher anderslautender Behauptung – globale Branchen. In den wenigsten Branchen existieren überall die gleichen Wettbewerber, und in den wenigsten Fällen treten die Wettbewerber überall identisch auf. Vielmehr ist die Wettbewerbssituation in den meisten Branchen von Land zu Land oder von Region zu Region unterschiedlich (vgl. zu einer generellen Relativierung von „Globalisierung“ und „global“ auch Schmid 2000, Engelhard/Hein 2001 und Kutschker/Schmid 2011, S. 159-215). Wettbewerbsvorteile von internationalen Unternehmen müssen aufgrund unterschiedlicher Ausgangssituationen nicht immer weltweite Wettbewerbsvorteile sein. Schon seit einiger Zeit nutzt der Automobilhersteller Honda beispielsweise seine Stärken gegenüber japanischen Wettbewerbern primär auf dem heimischen und auf dem US-amerikanischen Auslandsmarkt und weniger auf europäischen Auslandsmärkten. In den Vereinigten Staaten hat Honda (inklusive der Zweitmarke Acura) mit etwa 10,5% gegenüber vielen japanischen Konkurrenten, wie Mitsubishi, Suzuki oder Mazda, einen Vorsprung bei Marktanteilen und liegt inzwischen auch deutlich vor Nissan (ca. 7,9% Marktanteil inklusive der Zweitmarke Infiniti). Aus der Gruppe der japanischen Konkurrenten weist in den Vereinigten Staaten nur Toyota (inklusive Lexus) mit mehr als 15% einen höheren Marktanteil als Honda (inklusive Acura) auf. In vielen europäischen Märkten steht Honda gegenüber etlichen japanischen und lokalen Konkurrenten dagegen stärker zurück. In Deutschland hat Honda beispielsweise nur einen Marktanteil von etwa 1% und ist damit nicht nur deutlich schwächer als Toyota, sondern sogar weniger präsent als die japanischen Konkurrenten Nissan, Mazda und Suzuki. Doch wie können internationale Unternehmen überhaupt Wettbewerbsvorteile erreichen? Der Weg zu Wettbewerbsvorteilen führt über Strategien der internationalen Unternehmenstätigkeit – genauer: über mehrere Dimensionen von Strategien der internationalen Unternehmenstätigkeit (vgl. zu weiteren Einteilungen der Dimensionen von Internationalisierungsstrategien exemplarisch auch die Beiträge von Ringlstetter/Skrobarczyk 1994, Kutschker 1995, Kutschker/Bäurle 1997, Dimitratos 2004).

Ein Überblick

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Stoßrichtungen der Internationalisierung

4.1 Einleitender Überblick Aufbauend auf einer detaillierten Analyse des Heimatmarktes, der Gastmärkte und des Weltmarktes können Unternehmen Strategien formulieren. Im Einzelnen müssen Internationalisierungsstrategien so formuliert sein, dass darin Antworten auf die folgenden fünf Fragen enthalten sind (vgl. auch Abbildung 4): • • • •



Mit welchen Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen soll internationalisiert werden (Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien)? In welche Zielmärkte soll internationalisiert werden (Zielmarktstrategien)? Welche zeitlichen Aspekte sollen bei der Internationalisierung des Unternehmens beachtet werden (Timingstrategien)? Wie will sich das Unternehmen in den Spannungsfeldern von Zentralisierung und Dezentralisierung sowie Standardisierung und Differenzierung bewegen (Allokationsstrategien)? Wie will das Unternehmen seine internationalen Aktivitäten koordinieren (Koordinationsstrategien)?

(Fast) jeder Internationalisierungsschritt eines Unternehmens sollte eine Antwort auf jede der fünf Fragen beinhalten. Das Problem ist, dass viele Internationalisierungsschritte in der Praxis nicht bewusst unter strategischen Gesichtspunkten getroffen werden. Oder anders ausgedrückt: Nicht jeder Internationalisierungsschritt ist in Unternehmen das Ergebnis von strategischen Antworten auf jede der fünf Fragen. Und nicht bei jedem Internationalisierungsschritt werden die wechselseitigen Abhängigkeiten der einzelnen Teilstrategien beachtet. Es nützt einem Unternehmen jedoch wenig, wenn es zwar in hohem Tempo in zahlreiche Märkte eintritt, dann aber nicht in der Lage ist, die verstreuten Aktivitäten zu koordinieren. Ziel für Manager muss es sein, anhand der fünf Fragen zu prüfen, ob die geplanten Wege auch geeignet sind, Wettbewerbsvorteile aufzubauen, zu erhalten, zu pflegen, weiterzuentwickeln und auszunutzen. Nur wenn Markteintrittsund Marktbearbeitungsstrategien, Zielmarktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien und Koordinationsstrategien bestehende Wettbewerbsvorteile ausschöpfen oder neue Wettbewerbsvorteile schaffen – nur dann sind sie auch sinnvolle Strategien. Die fünf Strategiedimensionen, die inzwischen von vielen anderen Autoren übernommen wurden (vgl. z.B. Sachse 2003, v.a. S. 166-168), sollten also von Managern simultan berücksichtigt werden.

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Internationalisierungsstrategien

Markteintrittsund Marktbearbeitungsstrategien

Koordinationsstrategien

Allokationsstrategien

Zielmarktstrategien

Timingstrategien

Abb. 4: Stoßrichtungen von Internationalisierungsstrategien eines Unternehmens Die genannten Strategien, die eine explizit internationale Ausrichtung aufweisen, sind in der Regel auf der Ebene der einzelnen Geschäftsbereiche angesiedelt. In vielen Unternehmen unterscheiden sich die Geschäftsbereiche hinsichtlich ihrer Internationalisierung (deutlich). Internationalisierungsstrategien müssen darüber hinaus – auch wenn sie sich zwischen Geschäftsbereichen unterscheiden – in die Gesamtunternehmensstrategie eingebettet sein (vgl. zur Strategie im Allgemeinen und zu weiteren Strategieebenen etwa Bamberger/Wrona 2004, Collis/Montgomery 2005, Johnson/Scholes/Whittington 2005, Welge/Al-Laham 2008, Bea/Haas 2009, De Wit/Meyer 2010, Hungenberg 2011, Müller-Stewens/Lechner 2011). Dies heißt: Internationalisierungsstrategien sind beispielsweise mit Wachstums-, Konsolidierungs- und Schrumpfungsstrategien, mit Produkt-/Marktstrategien (Marktdurchdringung, Produktentwicklung, Marktentwicklung, Diversifikation), mit so genannten Wettbewerbsstrategien (Kostenführerschaft, Differenzierung und Fokussierung), mit Technologie- und Innovationsstrategien und mit einzelnen Funktionalstrategien (z.B. Beschaffungsstrategie, Produktionsstrategie, Marketingstrategie, Vertriebsstrategie) abzustimmen. Internationalisierungsstrategien alleine schaffen ohnehin keine Wettbewerbsvorteile. Mit anderen Worten: Internationalisierungsstrategien sind nutzlos, wenn sie nicht auf anderen Strategien aufbauen bzw. mit diesen verknüpft werden.

Ein Überblick

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Welche wichtigen Anstöße lassen sich nun für die Entwicklung der einzelnen Teilstrategien der Internationalisierung identifizieren? Die Erläuterungen zu den fünf Dimensionen der Internationalisierungsstrategien sollen darauf eine Antwort geben.

4.2 Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien In den Medien – und auch in der Literatur zum (Internationalen) Management (vgl. Lucks/Meckl 2002, Glaum/Hutzschenreuter 2010) – ist regelmäßig von spektakulären Akquisitionen und Fusionen die Rede. Beispiele der Vergangenheit sind die Übernahme der HVB Group durch die italienische UniCredit Group oder die Akquisition von Voicestream durch die Deutsche Telekom sowie die Mega-Fusionen von Daimler-Benz mit Chrysler oder von British Petroleum mit Amoco. Doch grenzüberschreitende (Mega-) Akquisitionen und Fusionen sind nicht nur häufig ökonomisch fragwürdig (vgl. z.B. Lenel 2000, Ghemawat/Ghadar 2001) – sie sind auch keineswegs die einzigen Möglichkeiten, um in fremden Märkten tätig zu sein. In Abbildung 5 werden die wichtigsten Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien zusammengefasst. Unternehmen können Exporte tätigen, Lizenzen vergeben, Franchisesysteme aufbauen, Vertragsproduktion im Ausland durchführen lassen, Joint Ventures oder Strategische Allianzen schließen, Minderheitsbeteiligungen in anderen Ländern erwerben, rechtlich unselbständige Engagements im Ausland eingehen oder Tochtergesellschaften neu gründen (vgl. dazu exemplarisch Young/Hamill/Wheeler/Davies 1989, Root 1994, Welch/Benito/Petersen 2007, viele der Beiträge in Macharzina/Oesterle 2002, Hrsg., Fuchs/Apfelthaler 2009, S. 318-390, sowie Morschett/Schramm-Klein/Swoboda, 2010). Der Weg in das Ausland ist also vielfältig. Einen Überblick über die Möglichkeiten des Markteintritts geben die Ausführungen in Abbildung 6.

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Internationalisierungsstrategien

Franchising Lizenzierung

Export - direkt - indirekt

Vertragsfertigung

Joint Venture Zentrale Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien

Fusion

Strategische Allianz

Tochtergesellschaft - Neugründung - Akquisition

Minderheitsbeteiligung

Abb. 5: Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien internationaler Unternehmen Dabei spielen für die Auswahl der Art der grenzüberschreitenden Tätigkeit zahlreiche Kriterien eine Rolle. Beispiele für derartige Kriterien sind Ressourcenbeanspruchung, Reversibilität, Flexibilität, Geschwindigkeit, Kontrollmöglichkeiten und Rivalitätserhöhung (vgl. ausführlicher Schmid 2002a sowie Kutschker/Schmid 2011, S. 850-855 und 931938). Die Strategiealternativen des internationalen Markteintritts und der internationalen Marktbearbeitung

y Indirekte Exporte: Als indirekte Exporte gelten Ausfuhren von im Inland erstellten Waren oder Dienstleistungen in das Ausland. Ein Unternehmen exportiert Waren oder Dienstleistungen nicht selbst, sondern über Handelsmittler im Inland (z.B. über inländische Exporthäuser oder Außenhandelsunternehmen). Beispiel: Viele japanische Unternehmen exportieren über die inländischen Handelshäuser, die so genannten Sogo Shosha, in das Ausland.

y Direkte Exporte: Direkte Exporte sind Ausfuhren von Waren oder Dienstleistungen in das Ausland, die in zwei Varianten auftreten können: erstens ohne Mittler im Gastland (z.B. direkt an Endverbraucher oder direkt an den Groß- oder Einzelhandel im Ausland) und zweitens mit Mittlern im Gastland (z.B. über Handelsvertreter, Kommissionäre, Handelsmakler oder Generalimporteure im Ausland). Beispiel: Viele der von Hermann Simon identifizierten mittelständischen Weltmarktführer („Hidden Champions“) begannen sehr früh mit Exporten in das Ausland und erzielen heute mehr als 50% ihrer Umsätze aufgrund von direkten Exporten (vgl. Simon 1996, 2007).

y Lizenzierungen: Lizenzierungen stellen vertragliche Abkommen dar, mit denen inländische Lizenzgeber ausländischen Lizenznehmern bestimmte Vermögenswerte, wie Patente, Marken, Urheberrechte oder Know-how, unter vereinbarten Bedingungen zur Verfügung stellen. Mit der Lizenzierung vergibt ein Unternehmen gegen Bezahlung der Lizenzgebühren Rechte zur Produktion oder Verwerf

Ein Überblick

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tung an ausländische Partner. Beispiel: Coca-Colas Internationalisierung basiert hauptsächlich auf einer Vielzahl von Lizenzen, die zur Abfüllung und Vermarktung von Softdrinks erteilt wurden.

y Franchising: Beim Franchising überlässt ein inländischer Franchisegeber ausländischen Franchisenehmern ein umfassendes, häufig bereits seit langem eingeführtes und erprobtes Beschaffungs-, Absatz-, Organisations- und Managementkonzept. Er erhält dafür von den Franchisenehmern einmalige und/oder laufende Franchisegebühren. Beispiel: Etwa 60% der weltweit existierenden BodyShop-Läden sind Franchisebetriebe.

y Vertragsfertigung: Die Vertragsfertigung ist eine weitere Option zum Eintritt in ausländische Märkte. Ein Unternehmen überträgt dabei einzelne oder mehrere Stufen der Fertigung auf einen ausländischen Vertragspartner. Dabei kann es sich um die Vorproduktion, die Endproduktion, die Veredelung oder die Komplettproduktion im Ausland handeln. Beispiel: Bis zum Jahr 2011 wurden 230.000 Porsche-PKWs nicht von Porsche selbst, sondern vom finnischen Vertragspartner Valmet gefertigt.

y Joint Ventures: Ein grenzüberschreitendes Joint Venture ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem oder mehreren ausländischen Unternehmen. Die Unternehmen bringen dabei Kapital, Wissen und Personal in das neu gegründete Unternehmen ein. Beispiel: Fujitsu hat im Jahr 1999 einen Großteil seiner Computeraktivitäten in einem Joint Venture mit Siemens zusammengefasst, um gemeinsam den europäischen Markt zu bearbeiten. Das Joint Venture wurde 2009 von Fujitsu übernommen.

y Strategische Allianzen: Eine Strategische Allianz ist eine Zusammenarbeit von mindestens zwei, meist jedoch von mehreren Unternehmen. Ohne – wie beim Joint Venture – ein eigenes, neues Unternehmen zu gründen, arbeiten die Partner einer Strategischen Allianz in genau definierten Bereichen zusammen. Sie versprechen sich von der Zusammenarbeit eine einfachere oder schnellere Erfüllung ihrer Ziele. Beispiel: Die größte Allianz der Luftfahrtbranche ist die Star Alliance (u.a. Lufthansa, United Airlines, Air Canada, Thai Airways, SAS), die mit anderen Allianzen, wie oneworld oder SkyTeam, konkurriert.

y Minderheitsbeteiligungen: Bei einer Minderheitsbeteiligung erwirbt ein inländisches Unternehmen – zuweilen als Vorstufe zur Akquisition – eine Beteiligung von maximal 49,9% an einem ausländischen Unternehmen. Beispiele: DaimlerChrysler ging im Jahr 2000 eine Minderheitsbeteiligung von 34% an Mitsubishi Motors in Japan ein, die 2005 aufgegeben wurde, der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé hält eine Beteiligung von rund 29% am französischen Kosmetikkonzern L’Oréal.

y Rechtlich unselbständige Einheiten: Als rechtlich unselbständige Engagements im Ausland gelten Betriebsstätten, Niederlassungen, Filialen oder Repräsentanzen im Ausland. Beispiel: Banken gründen in vielen Auslandsmärkten zur Anbahnung von Geschäften zunächst Repräsentanzen, bevor sie später (eventuell) eigene Tochtergesellschaften aufbauen.

y Tochtergesellschaften: Tochtergesellschaften sind rechtlich selbständige Auslandseinheiten eines inländischen Unternehmens. Hinsichtlich des Aufbaus lassen sich Neugründungen („greenfield investments“) von Übernahmen (Akquisitionen), hinsichtlich des Eigentums Mehrheitsbeteiligungen (zwischen 50,1% und 99,9% der Kapital- und/oder Stimmrechtsanteile) von vollbeherrschten Tochtergesellschaften differenzieren. Darüber hinaus gibt es Tochtergesellschaften mit vollständiger Wertkette und spezialisierte Tochtergesellschaften (Produktionsgesellschaften, Vertriebsgesellschaften, Finanzierungsgesellschaften). Beispiel: Nestlé hat weltweit Hunderte von Tochtergesellschaften mit unterschiedlichen Aufgaben, davon allein in Frankreich mehr als zwei Dutzend verschiedene Einheiten.

y Fusionen: Bei einer Fusion schließt sich ein inländisches mit einem ausländischen Unternehmen zusammen, um damit die Marktpräsenz gemeinsam zu erhöhen. Beispiel: Spektakuläre „cross border mergers“ der jüngeren Vergangenheit sind die Zusammenschlüsse von Daimler-Benz mit dem US-amerikanischen Unternehmen Chrysler zu DaimlerChrysler oder von Total mit der belgischen Petrofina (jetzt Total). Die einzelnen Alternativen, deren Vorteile, Nachteile und Anwendungsbedingungen werden beispielsweise ausführlich erläutert und diskutiert in: Kutschker/Schmid (2011), S. 848-941.

Abb. 6: Kurzcharakterisierung der Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien internationaler Unternehmen

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Internationalisierungsstrategien

Internationalisierungsentscheidungen dürfen nicht auf Entscheidungen für bestimmte Formen des Markteintritts und der Marktbearbeitung beschränkt werden. Sie stellen gleichzeitig Entscheidungen über die anvisierten Zielmärkte dar – Entscheidungen über die generelle Marktpräsenz, die Marktselektion und die Marktsegmentierung.

4.3 Zielmarktstrategien In der Literatur wurde – insbesondere im Internationalen Marketing – Fragen der Zielmarktstrategie bereits breite Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. exemplarisch Hünerberg 1994, S. 49-145, Keegan/Schlegelmilch/Stöttinger 2002, S. 237-288, Berndt/Fantapié Altobelli/Sander 2010, v.a. S. 19-142, und Meffert/Burmann/Becker 2010, S. 72-173). Abbildung 7 kann vereinfachend den Zusammenhang zwischen den Teilstrategien Marktpräsenzstrategien, Marktselektionsstrategien und Marktsegmentierungsstrategien verdeutlichen.

Marktpräsenzstrategien

Europa

Großbritannien

Marktselektionsstrategien

Frankreich

Italien

Intranationale Marktsegmentierung

Marktsegmentierungsstrategien

Integrale Marktsegmentierung

Länderübergreifend identische Zielgruppen

Abb. 7: Zielmarktstrategien internationaler Unternehmen – vereinfachende Übersicht Zunächst gilt es zu entscheiden, wo ein Unternehmen geographisch präsent sein möchte. Zu klären und immer wieder zu prüfen ist vor allem, ob sich ein Unternehmen auf

Ein Überblick

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längere Sicht nur für bestimmte einzelne Auslandsmärkte, für Regionen (z.B. wie in Abbildung 7 Europa) oder für den Weltmarkt entscheidet. Aufbauend auf Entscheidungen zur generellen Marktpräsenz lassen sich dann konkrete Ländermärkte auswählen (z.B. wie in Abbildung 7 Großbritannien, Frankreich und Italien) und Marktselektionsstrategien formulieren. Doch idealtypische Marktselektionsstrategien gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss die Auswahl von Ländermärkten aufgrund individueller Überlegungen treffen und dabei nicht nur Umweltfaktoren, sondern auch eigene Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen berücksichtigen. Dass selbst Unternehmen der gleichen Branche Ländermärkte unterschiedlich einschätzen und selektieren, zeigt sich in der Praxis seit langem: Wella war deutlich früher (erfolgreich) auf dem japanischen Markt tätig als die meisten Konkurrenten. PepsiCo hat osteuropäische Märkte traditionell stärker ins Visier genommen als Coca-Cola. Volkswagen hat sich bereits in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach China gewagt, als dieser Markt für manche andere Automobilhersteller nicht zur Debatte stand. Oftmals können in diesem Zusammenhang für kleine und mittlere internationale Unternehmen gerade die Ländermärkte interessant sein, die große Unternehmen nicht beachten. Ähnliches trifft für die Besetzung von Marktsegmenten zu. Auch hier lassen sich im Ausland oftmals Nischen bearbeiten. Unternehmen müssen nämlich nicht nur Entscheidungen über ihre generelle Marktpräsenz und über ihre Marktselektion treffen, sondern auch Marktsegmentierungsstrategien formulieren. Innerhalb der ausgewählten Ländermärkte gibt es schließlich zahlreiche Segmente. Dabei können Unternehmen zunächst jeden einzelnen Auslandsmarkt segmentieren und entscheiden, welche Segmente sie bearbeiten wollen. Darüber hinaus empfiehlt sich die Identifikation grenzüberschreitender, transnationaler Marktsegmente. Für die Selektion von Ländermärkten und von Marktsegmenten spielen – neben den eigenen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen – vor allem drei Kriterien eine zentrale Rolle: •

die Attraktivität des Ländermarktes und von Marktsegmenten, die Risiken des Ländermarktes und von Marktsegmenten und • die Eintrittsbarrieren in einen Ländermarkt und in Marktsegmente. •

Zu bedenken ist weiterhin, dass das richtige Timing zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen beiträgt, was in Abschnitt 4.4 angesprochen wird (vgl. auch Pues 1994, v.a. S. 237-249 und Meffert/Pues 2002).

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Internationalisierungsstrategien

4.4 Timingstrategien Ein Unternehmen kann schneller oder langsamer als seine (internationalen) Wettbewerber in einen bestimmten Ländermarkt eintreten. Im internationalen Kontext existieren zwei Kategorien von Wettbewerbern: Wettbewerber, die wie das Unternehmen selbst international tätig sind, und Wettbewerber, die in einem spezifischen Ländermarkt tätig sind und damit als lokale, einheimische Konkurrenten gelten. Gegenüber lokalen Wettbewerbern hat ein internationales Unternehmen in der Regel einen zeitlichen Nachteil – denn diese sind bereits etabliert. Aber gegenüber internationalen Wettbewerbern kann sich das Unternehmen in zeitlicher Hinsicht strategisch positionieren. Es kann für jeden Ländermarkt selbst entscheiden, ob es dort eher als Pionier oder eher als Folger eintritt. Worin liegen die Vorteile einer Pionierstrategie (First-Mover-Strategie)? Welche Vorteile hat eine Folgerstrategie (Follower-Strategie)? Ein Pionier sichert sich in einem bestimmten Ländermarkt in der Regel einen Bekanntheits- und Imagevorsprung, er sammelt früh Erfahrungen, die es ihm ermöglichen, sich an die Bedingungen und Entwicklungen anzupassen, er kann intensive Beziehungen zu Lieferanten aufbauen, sich frühzeitig in Netzwerke einklinken, eine lokale Kundenbasis aufbauen und am Markt Standards setzen. Als Konsequenz kann er monopolartige Pioniergewinne erzielen und Markteintrittsbarrieren errichten, die Konkurrenten von einem Marktzugang abhalten. Doch auch die Folgerstrategie ist mit Vorteilen verbunden. So hat der Folger die Möglichkeit, in einem bestimmten Ländermarkt von den Fehlern des Pioniers zu lernen. Er findet ferner häufig ein bereits stabileres Umfeld (z.B. politische und rechtliche Bedingungen) vor, hat zuverlässigere Informationen (z.B. Kaufverhalten der Konsumenten), kann gesetzte Standards übernehmen und profitiert von Investitionen des Pioniers (z.B. Bekanntheit bestimmter Produkte). Der Folger spart somit häufig Kosten und kann unter Umständen schneller als der Pionier die Break-Even-Schwelle in einem Ländermarkt erreichen. Auf diese Weise handelt Yum! (früher Tricon), Eigentümer und Franchisegeber der Restaurantketten Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut und Taco Bell. Yum! dringt meist erst dann in bestimmte Ländermärkte vor, wenn McDonald’s dort bereits FastFood-Restaurants populär gemacht hat. Timingstrategien betreffen jedoch nicht nur die Frage, ob ein Unternehmen einen bestimmten Ländermarkt als Pionier oder als Folger angehen soll. Timingstrategien beinhalten auch die Frage, wie ein Unternehmen im Zeitablauf in mehrere Ländermärkte eintreten soll. Als Basisoptionen bieten sich die in der Literatur ausführlich diskutierten Wasserfall- und Sprinklerstrategien an (vgl. beispielsweise Henzler/Rall 1985, S. 186188, Ohmae 1985, S. 33 und S. 44 und auch Kreutzer 1989, S. 238-253). Bei der Wasserfallstrategie entscheidet sich ein Unternehmen dafür, sukzessive in andere Ländermärkte einzutreten. Es bearbeitet zuerst nur einen weiteren Ländermarkt

Ein Überblick

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neben dem Heimatmarkt, tritt anschließend in einen zusätzlichen Ländermarkt ein und erweitert in der Folgezeit die Zahl seiner Ländermärkte kontinuierlich. Diese Strategie bringt es mit sich, dass sich der Markteintritt in zahlreiche Ländermärkte über einen längeren Zeitraum erstrecken kann. Doch die Vorteile einer Wasserfallstrategie sind zahlreich: Ein Unternehmen hat dadurch einen zeitlich versetzten Bedarf an Ressourcen, es kann einen kalkulatorischen Ausgleich zwischen Ländermärkten schaffen, Lebenszyklen bestimmter Technologien und Produkte verlängern und bei späteren Markteintritten von früheren Markteintritten lernen und damit das Risiko des Scheiterns begrenzen. Ebenso ist es mit der Wasserfallstrategie möglich, zunächst in einfachere oder vertrautere Märkte und erst später in schwierigere und wenig vertraute Märkte einzutreten (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen der Uppsala-Schule um Johanson/Vahlne 1977, 1990 sowie die Zusammenfassung und Würdigung bei Schmid 2002b). Auch eine Sprinklerstrategie hat ihre Vorzüge. Bei der Sprinklerstrategie entscheidet sich ein Unternehmen, simultan oder innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrere oder gar alle anvisierten Ländermärkte zu betreten. Es gibt also keine zeitliche Differenzierung beim Markteintrittszeitpunkt. Der wichtigste Vorteil der Sprinklerstrategie liegt darin, dass in vielen Ländern First-Mover-Vorteile erzielt werden können. Darüber hinaus ermöglicht die Sprinklerstrategie eine schnellere Amortisation der Fixkosten, sie erleichtert das Etablieren von Standards auf weltweiter Ebene (z.B. Telekommunikation, Unterhaltungselektronik) und lässt Überraschungseffekte bei Konsumenten und Wettbewerbern zu. Vor dem Hintergrund, dass beide Strategien – ob Wasserfallstrategie oder Sprinklerstrategie – ihre Vorteile (und Nachteile) haben, bietet sich häufig eine kombinierte Wasserfall-Sprinkler-Strategie an. In manche Ländermärkte kann man dann nacheinander, in andere Ländermärkte parallel eintreten. Allein die Beschränktheit der finanziellen und personellen Ressourcen führt in der Regel zu einem derartigen Vorgehen. Die Optionen Wasserfallstrategie, Sprinklerstrategie und kombinierte Wasserfall-Sprinkler-Strategie werden in Abbildung 8 auch graphisch gegenübergestellt. Außerdem bringt grenzüberschreitende Tätigkeit immer die Frage mit sich, wo welche Wertschöpfungsaktivitäten ausgeführt werden und wie die Leistungen am Markt erbracht werden.

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Internationalisierungsstrategien

Einstieg Land A Land B

Wasserfallstrategie

Land C Land D Land E Zeitstrahl

Jahre 0

1

3

2

4

5

Einstieg

Sprinklerstrategie Land A

Land B

Land C

Land D

Land E

Zeitstrahl

Jahre 0

1

Einstieg Land A

Kombinierte WasserfallSprinkler-Strategie

Land B

Land C Land D Land E

Zeitstrahl

Jahre 0

1

2

3

4

5

Abb. 8: Varianten von länderübergreifenden Timingstrategien internationaler Unternehmen

4.5 Allokationsstrategien Grenzüberschreitende Tätigkeit erfordert im Hinblick auf die Allokation Entscheidungen in Spannungsfeldern – Spannungsfelder zwischen Zentralisation und Dezentralisation einerseits sowie Standardisierung und Differenzierung andererseits. Was ist mit Zentralisation und Dezentralisation gemeint? Ein Unternehmen kann seine Wertschöpfungsaktivitäten unterschiedlich stark zentralisieren (konzentrieren) und dezentralisieren (streuen), wie dies etwa Porter (1989) aufzeigt. Dabei gelten nicht für alle Wertschöpfungsaktivitäten die gleichen Argumente (vgl. Zentes/Swoboda/Morschett 2004). In vielen Unternehmen werden so genannte Downstream-Aktivitäten, wie Marketing, Verkauf und Kundendienst, eher dezentralisiert, d.h. sie werden in den meisten Ländermärkten lokal ausgeführt. Upstream-Aktivitäten, wie Forschung, Entwicklung und Produktion, werden dagegen häufiger zentralisiert und zuweilen nur in der Muttergesellschaft durchgeführt. Zentralisations- und Dezentralisationsstrategien betreffen jedoch nicht nur die Allokation von Aktivitäten; sie beziehen sich auch auf die Allokation von Entscheidungskompetenzen. Man kann schließlich für verschiedene Entscheidungskategorien festlegen, wo jeweils der Ort der Entscheidungsfindung liegt.

Ein Überblick

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Ebenso wie Aktivitäten und Entscheidungen kann ein internationales Unternehmen seine Leistungen unterschiedlich gestalten. Es kann seine Produkte oder Dienstleistungen weltweit identisch, d.h. standardisiert, oder weltweit unterschiedlich, d.h. differenziert, anbieten (vgl. z.B. Müller/Kornmeier 2002, S. 142-212 und Schmid/Kotulla 2011). Gerade bei Standardisierungs- und Differenzierungsstrategien haben viele Unternehmen in der Vergangenheit grobe Fehler begangen. Wie oft nahmen Unternehmen fälschlicherweise an, dass die Wünsche der Konsumenten überall identisch oder ähnlich wären! Wie oft wurde die These von der Vereinheitlichung der Märkte, der Nivellierung kultureller Unterschiede und der Globalisierung der Nachfrage propagiert (vgl. als „Klassiker“ etwa Levitt 1983)! Wie oft ging man davon aus, dass die Werbung vereinheitlicht werden könnte! Wie oft dachten Unternehmen, dass sich der Vertrieb in Land X nicht vom Vertrieb in Land Y unterscheiden würde! Und wie oft sind Unternehmen damit gescheitert?! Kurzum: Die Erlöseinbußen durch zu starke Standardisierung waren in der Vergangenheit in vielen Unternehmen größer als die damit erzielten Kosteneinsparungen. Freilich soll nun nicht gefordert werden, dass alle Unternehmen all ihre Leistungen hochgradig differenzieren müssen – welche fatalen Konsequenzen hätte dies etwa für Moët Hennessy! Aber es muss darauf hingewiesen werden, dass selbst vermeintlich globale Unternehmen keine globalen Unternehmen sind: McDonald’s bietet zwar weltweit Hamburger an, aber die Speisekarte der Restaurants unterscheidet sich von Land zu Land. Marlboro-Zigaretten aus dem Hause Philip Morris sind zwar (fast) überall erhältlich, der Geschmack der Zigaretten variiert allerdings, wie Raucher berichten, durchaus zwischen einzelnen Ländern. Unternehmen sollten immer beachten, dass die Entscheidung zwischen Standardisierung und Differenzierung in der Regel keine Frage des „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“ darstellt. Man kann beispielsweise den Produktkern standardisieren, aber Produktzusatzmerkmale differenzieren. Oder man kann den Markennamen standardisieren, das Produkt selbst jedoch differenzieren. Dies sind eigentlich altbekannte Weisheiten. Doch leider werden sie in manchen Unternehmen nicht in Strategien umgemünzt, weil es einfach bequemer ist, im Ausland alles so zu machen, wie man es vom Inland gewohnt ist. Vereinfacht ausgedrückt können wir festhalten: Mit Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, mit Zielmarktstrategien und mit Timingstrategien treiben Unternehmen ihre Internationalisierung voran. Mit Allokationsstrategien treffen Unternehmen gleichzeitig Entscheidungen über Orte und Arten der Wertschöpfung im Unternehmensverbund. Doch noch fehlt eine wichtige Komponente, denn internationale Aktivitäten müssen auch koordiniert werden.

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Internationalisierungsstrategien

4.6 Koordinationsstrategien Koordinationsstrategien stellen eine weitere Facette von Internationalisierungsstrategien dar (vgl. dazu ausführlich Kutschker/Schmid 2011, S. 1015-1065). Koordinationsstrategien beinhalten ein breites Spektrum an Maßnahmen und Mechanismen, die geeignet sind, das internationale Unternehmen zusammenzuhalten – und auch seine Strategien zusammenzuführen (vgl. zu internationalen Koordinationsmechanismen z.B. Wolf 1994, u.a. S. 115-119 oder Macharzina/Oesterle 2002). Zunächst einmal existieren strukturelle Koordinationsstrategien. Die Wahl der internationalen Organisationsstruktur, die Bildung von Abteilungen, die sich mit dem Auslandsgeschäft befassen, und die Einrichtung von grenzüberschreitenden Stäben und Projekten können zur Koordination beitragen. Doch reicht dies keinesfalls aus. Zu strukturellen Koordinationsstrategien müssen (meist) technokratische Koordinationsstrategien kommen. Dazu gehört, dass die internationalen Aktivitäten über Pläne, Budgets und Berichtssysteme aufeinander abgestimmt werden, wobei auch die internationale Erfolgsbeurteilung eine Rolle spielt (vgl. Kretschmer 2008 und Schmid/Kretschmer 2010). Dabei entfalten auch Transferpreissysteme koordinative Wirkung. Besondere Bedeutung haben zudem personenorientierte Koordinationsstrategien. Gegenseitige Besuche, kurzfristige Führungskräftetransfers und spontane persönliche Abstimmungen erleichtern die Information und Kommunikation in internationalen Unternehmen. Expatriierungen und Repatriierungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften spielen im Zuge der gemeinsamen Entwicklung und Implementierung von Strategien eine große Rolle. Schließlich existiert die Option der kulturorientierten Koordination. In internationalen Unternehmen kann die Unternehmenskultur eine gewisse Integrationskraft entfalten – auch wenn diese aufgrund der Unterschiede bei der Landeskultur beschränkt ist (vgl. Schmid 1996). Eine visuelle Zusammenfassung aller strategischen Optionen findet sich in Abbildung 9.

• Export - indirekt - direkt • Lizenzierung • Franchising • Vertragsfertigung • Joint Venture • Strategische Allianz • Minderheitsbeteiligung • Tochtergesellschaft - Neugründung - Akquisition • Fusion • Sonstige Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien

Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien • Marktpräsenzstrategien - Basale Präsenzstrategien - Geographische Präsenzstrategien - Attraktivitätsorientierte Präsenzstrategien - Ausgleichsorientierte Präsenzstrategien • Marktselektionsstrategien • Marktsegmentierungsstrategien - Intranationale Marktsegmentierung - Integrale Marktsegmentierung

Zielmarktstrategien • Länderspezifische Timingstrategien - First-MoverStrategie - Follower-Strategie • Länderübergreifende Timingstrategien - Wasserfallstrategie - Sprinklerstrategie - Kombinierte WasserfallSprinkler-Strategie

Timingstrategien • Konfigurationsstrategien - Zentralisierungsstrategie - Dezentralisierungsstrategie • Leistungsstrategien - Standardisierungsstrategie - Differenzierungsstrategie

Allokationsstrategien

Strategien des Internationalen Unternehmens

• Koordinationsbedarfsreduzierende Strategien - Outsourcing - Aufbau von Überschussressourcen - Flexibilisierung von Ressourcen - Sonstige • Koordinationsbedarfsdeckende Strategien - Strukturelle Koordinationsstrategien - Technokratische Koordinationsstrategien - Personenorientierte Koordinationsstrategien - Sonstige

Koordinationsstrategien

Ein Überblick 25

Abb. 9: Strategien der Internationalisierung

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5

Internationalisierungsstrategien

Internationalisierungsstrategien zur Nutzung der Potentiale im Ausland

Immer mehr international tätige Unternehmen erkennen, dass auch ihre Auslandseinheiten, allen voran ihre ausländischen Tochtergesellschaften, über hervorragende Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen können. Diese Stärken kann man im Ausland brachliegen lassen. Man kann die Stärken der einzelnen Tochtergesellschaften aber auch nutzen – in der Form, dass Muttergesellschaft und Schwestergesellschaften in anderen Ländern davon profitieren. Dazu eignet sich die Etablierung so genannter Centers of Competence bzw. Centers of Excellence. Damit sind, wie dies bereits in anderen Veröffentlichungen ausgeführt wurde (vgl. z.B. Schmid 1999, Schmid/Bäurle/ Kutschker 1999), Tochtergesellschaften gemeint, welche •

erstens über besondere Ressourcen und Fähigkeiten in bestimmten Funktionen, Produkten und/oder Prozessen verfügen, • zweitens diese Ressourcen und Fähigkeiten nicht nur in ihrem eigenen Ländermarkt einsetzen, sondern für andere Ländermärkte (mit) verantwortlich sind, und • drittens gleichzeitig hochgradig innerhalb des gesamten Unternehmens integriert sind. Ein zentraler Bestandteil erfolgreicher Internationalisierungsstrategien ist es, Tochtergesellschaften mehr Bedeutung zukommen zu lassen, als dies traditionell der Fall war. Die Initiativen von Tochtergesellschaften sind zu fördern, da man nicht mehr annehmen kann, dass in großen Konzernen alle Impulse von der Muttergesellschaft ausgehen (vgl. Birkinshaw 1997, Birkinshaw/Hood/Jonsson 1998 sowie Schmid/Dzedek 2011). Ein bekanntes Beispiel dafür liefert Unilever: In der finnischen Tochter des niederländischbritischen Konsumgüterherstellers Unilever wurde das Haarshampoo Timotei entwickelt, um anschließend seinen Siegeszug nicht nur in Finnland, sondern in zahlreichen weiteren Märkten anzutreten (vgl. Bartlett/Ghoshal 1986, 2002, S. 39). Timotei ist also kein Produkt aus den Headquarters – es hat vielmehr den Weg von der ehemaligen Peripherie in das Zentrum und in andere (ehemalige) Peripheriebereiche gefunden. Doch die Förderung der Eigeninitiative von Tochtergesellschaften, deren Stärken oftmals auch aus ihrer Interaktion mit der lokalen Umwelt resultieren (vgl. Schmid/Schurig 2003 und Schmid/Hartmann 2011), reicht in der Regel nicht aus. Tochtergesellschaften müssen auch offiziell als Centers of Competence bzw. Centers of Excellence anerkannt werden. Damit wandeln sich internationale Unternehmen auch sichtbar von streng hierarchischen zu multi-zentrischen Organisationen. In diesen multi-zentrischen Organisationen wird es möglich, dass Tochtergesellschaften für bestimmte Bereiche wichtiger als die Muttergesellschaft werden und auch Entscheidungskompetenzen für den gesamten Konzern zugesprochen bekommen. Es entsteht eine Art „Dezentralisierte Zentralisation“ von Aktivitäten und Entscheidungen innerhalb internationaler Unternehmen.

Ein Überblick

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Entwicklungen zu multi-zentrischen Organisationen sind Entwicklungen in Richtung geozentrischer Unternehmen (vgl. dazu nochmals Perlmutter 1965, 1969). Diese Entwicklungen verändern die Internationalität in qualitativer Hinsicht – nicht in quantitativer Hinsicht. Gerade in multi-zentrischen Organisationen werden Grenzen durchlässig. Sowohl Warenflüsse als auch Informations- und Kommunikationsflüsse überschreiten Grenzen in beiden Richtungen. Es kommt ferner zu einem regen „Austausch“ von Werten, Normen und Einstellungen im internationalen Unternehmensnetzwerk, wie dies auch in Abbildung 10 skizziert ist (vgl. zu Flüssen in Unternehmensnetzwerken ferner Schmid/Schurig/Kutschker 2002). Und dies ist von immenser Bedeutung: Es geht nicht um ein „Mehr“ an Umsatz oder ein „Mehr“ an Beschäftigtenzahl im Ausland, sondern um eine „andere Qualität“ der grenzüberschreitenden Tätigkeit – denn höhere Umsatz- oder Beschäftigtenanteile im Ausland versprechen nicht automatisch mehr Erfolg. Dies führt mich zur Schlussbetrachtung.

Exportpartner … Staat/ Gesellschaft

Unternehmen B

AE

Kunden

Kapitalgeber

AE

Unternehmen C

AE MG

Lieferanten

AE

AE

Strategische Allianz

Unternehmen D

AE …

Unternehmen H

Unternehmen G

Unternehmen F

Unternehmen E

MG: Muttergesellschaft AE: Auslandseinheit (z.B. Tochtergesellschaft) : Intra-organisationales Netzwerk des Unternehmens

Abb. 10: Das internationale Unternehmen als Netzwerkunternehmen

28

6

Internationalisierungsstrategien

Schlussbetrachtung

Internationalisierungsschritte von Unternehmen werden in der Öffentlichkeit in letzter Zeit – mit Ausnahme einiger Produktionsverlagerungen, die in der Öffentlichkeit oftmals mit Arbeitsplatzabbau gleichgesetzt werden – positiv beurteilt. Implizit scheint man anzunehmen: Je stärker ein Unternehmen jenseits der Grenzen tätig ist, umso besser. Doch hier scheint Vorsicht angebracht: Internationalisierung ist genauso wenig wie Wachstum im Allgemeinen zwingend positiv mit Erfolg korreliert – trotz aller Rufe nach mehr Wachstum (vgl. von Krogh/Cusumano 2001). Es kommt darauf an, wie Unternehmen internationalisieren – nicht, dass sie internationalisieren. Dies verdeutlichen viele Beispiele: So war die Akquisition von Rover für BMW mit einer Erhöhung der Internationalität verbunden, doch gleichzeitig kostete der Ausflug nach Großbritannien Milliarden (vgl. Kutschker/Schmid 2011, S. 922-923). Viele Start-ups der Internet- und Softwarebranche, wie Brokat, Intershop oder Letsbuyit.com, sahen zwar die Notwendigkeit, über Internationalisierung Skalen- und Netzwerkeffekte zu erzielen (vgl. Schmid/SchmidtBuchholz 2002) – und sie expandierten deswegen auch massiv im Ausland. Allerdings waren viele Schritte in das Ausland nicht von Erfolg gekrönt! Wal-Mart hat sich entschieden, auch im deutschen Markt zu operieren – aber inzwischen wird dieser Markteintritt vom Top-Management in den USA als „gescheitert“ betrachtet (vgl. auch Knorr/Arndt 2003, Christopherson 2007). Damit schließt sich der Kreis zum Beginn meiner Ausführungen: Das Überschreiten von Grenzen darf für Unternehmen nicht zum Selbstzweck werden. Wichtig ist die Antwort auf die Frage, ob das Überschreiten von Grenzen langfristig zur Wertsteigerung für ein Unternehmen bzw. für deren Stakeholder – und nicht zwingend nur für deren Shareholder (vgl. Eckert 2003) – beiträgt (vgl. zur Stakeholder-Shareholder-Debatte z.B. auch Schmid 1998). Dabei sollte eines klar sein: Internationalisierung kann zur Wertsteigerung beitragen; sie muss es allerdings keineswegs. Auch andere Optionen, wie Marktdurchdringung im Inland, Diversifikationen in neue Geschäftsbereiche, „Gesundschrumpfungen“, Portfoliobereinigungen und selbst die so genannte De-Internationalisierung, d.h. das „Herunterfahren“ von Auslandsaktivitäten (vgl. Benito/Welch 1997), können zuweilen sinnvolle strategische Alternativen zur internationalen Expansion sein. Wer internationale Expansion vorschnell mit Erfolg gleichsetzt, der irrt (vgl. zur Erfolgsproblematik auch Kutschker/Schmid 2011, v.a. S. 283-285 und zum Zusammenhang zwischen Internationalisierung und Erfolg Glaum 1996 sowie Glaum/Oesterle 2007 oder Oesterle/Richta 2009). Wichtig ist es zu prüfen, ob und wie mit individuellen Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, Zielmarktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien und Koordinationsstrategien Wettbewerbsvorteile geschaffen und ausgenutzt werden können – und wie vor allem die Potentiale der Auslandseinheiten einbezogen werden können! Die konkrete Ausgestaltung der Internationalisierungsstrategien variiert nicht nur von Bran-

Ein Überblick

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che zu Branche und von Land zu Land, sondern vor allem von Unternehmen zu Unternehmen – in Abhängigkeit der Philosophien, Ziele, Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen. Internationalisierungsstrategien müssen – wie alle anderen Strategien – unternehmensindividuell sein. Nur wenn es einem Unternehmen und dessen Managern gelingt, die in diesem Beitrag vorgestellten Optionen zu individualisieren und sie in die Gesamtunternehmensstrategie einzubetten, kann es sich von Konkurrenten erfolgreich abheben. Oder anders ausgedrückt: Nur so ist ein Unternehmen beim Überschreiten von Grenzen und durch Überschreiten von Grenzen auch produktiver als seine Wettbewerber.

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Internationalisierungsstrategien

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Internationalisierungsstrategien

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Ein Überblick

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung Eine Einführung in die Methode

Prof. Dr. Stefan Schmid

Stefan Schmid Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung: Eine Einführung in die Methode

Wenn von Fallstudien in der Betriebswirtschafts- und Managementlehre die Rede ist, so assoziiert man damit in der Regel Fallstudien der Harvard Business School in den Vereinigten Staaten. Dort stellen Fallstudien die dominante Lehrmethode dar. Doch inzwischen gehört die Fallmethode auch zum Curriculum zahlreicher Studienprogramme anderer Hochschulen. In diesem Beitrag soll zunächst ein kurzer Überblick über die Geschichte der Fallmethode gegeben werden. Danach soll aufgezeigt werden, dass es unterschiedliche Typen von Fallstudien gibt, mit denen unterschiedliche Lehr- und Lernziele verfolgt werden. Wie jeder didaktische Ansatz, so hat auch die Fallmethode ihre Probleme und Grenzen, die abschließend thematisiert werden.

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung

Inhaltsverzeichnis des Beitrags 1 Einleitung ................................................................................................................. 39 2 Geschichte der Fallmethode ................................................................................... 39 3 Charakter von Fallstudien ....................................................................................... 41 4 Lehr- und Lernziele der Fallmethode ..................................................................... 43 5 Probleme und Grenzen der Fallmethode ............................................................... 46

Eine Einführung in die Methode

1

39

Einleitung

Fallstudien finden in der Betriebswirtschafts- und Managementlehre inzwischen breite Verwendung. Dabei kann vereinfachend zwischen zwei Typen von Fallstudien differenziert werden (vgl. auch Meyer 2003, S. 475-476): Beim ersten Typ handelt es sich um Fallstudien, die innerhalb von Forschungsprozessen generiert werden und mit denen Forschungsergebnisse produziert werden (vgl. exemplarisch Hamel 1993, Yin 2009, Wrona 2005, Piekkari/Welch 2011, Hrsg.). Als zweiten Typ identifiziert man Fallstudien, die primär für didaktische Zwecke erstellt wurden und die in der Lehre eingesetzt werden. Im vorliegenden Beitrag steht der zweite Typ im Zentrum des Interesses. Wenn von der Lehre die Rede ist, so wird damit nicht nur die grundständige Lehre in Bachelor- und Masterprogrammen angesprochen, sondern auch die Weiterbildung von Führungskräften und Führungsnachwuchskräften (vgl. Töpperwien 1977, Marsick 1990), etwa in Form von MBA-Programmen (vgl. zu MBA-Programmen z.B. Mintzberg 2005, Schmid/ Wilken/Dammer-Henselmann 2013) oder in Form von Executive-Education-Programmen (ob in Form der so genannten „Open-Enrolment-Programme“ oder in Form der „Customized-Executive-Education-Angebote“ für einzelne Firmen). Wie kam es zur Verwendung von Fallstudien in der Lehre?

2

Geschichte der Fallmethode

Die Wurzeln der Fallstudie als didaktische Methode werden oftmals der Harvard University in den Vereinigten Staaten zugeschrieben (vgl. McNair 1954, Hrsg., Schmidt 1958, S. 12, Nebel 1984, S. 26). Bereits vor mehr als einhundert Jahren wurden Fallstudien an der Harvard University in der Ausbildung von Juristen eingesetzt, was nicht weiter überrascht, stellt doch das angelsächsische Rechtssystem ein Case-Law-System dar. In der Ausbildung von Betriebswirten setzten sich Fallstudien an der Harvard University ebenfalls bald danach durch. Die Harvard Business School, die im Jahr 1908 gegründet wurde, entschied sich, nicht nur im Fach Handelsrecht mit Fällen zu arbeiten, sondern auch in anderen Fächern Fälle zu integrieren (vgl. Donham 1922). Im Jahr 1920 wurde mit dem Aufbau einer eigenen Fallstudiendatenbank auch für andere Fächer begonnen (vgl. Schmidt 1958, S. 13). Wissenschaftliche Assistenten wurden beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Unternehmenspraxis Fälle nachzuzeichnen, die später in Lehrveranstaltungen eingesetzt wurden. Als die Fälle bei den Harvard-Studierenden auf steigende Akzeptanz stießen, verloren immer mehr Professoren ihre anfängliche Skepsis gegenüber der neuen Lehrmethode. Bis heute stellt die Fallstudienmethode an der Harvard Business School die dominante Lehrmethode dar (vgl. Barnes/Christensen/Hansen 1994). Harvard gilt auch als der weltgrößte Produzent von betriebswirtschaftlichen Fallstudien. An anderen US-amerikanischen und angelsächsisch geprägten

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung

Hochschulen sind Fallstudien ebenfalls weit verbreitet. Es ist aber keineswegs so, dass die Fallstudienmethode überall in den Vereinigten Staaten die gleiche Prominenz wie in Harvard aufweist (vgl. auch kritisch Mintzberg 2005, v.a. S. 58-83). In Deutschland war der Berliner Hochschullehrer Erich Kosiol einer der ersten Dozenten, der in seinen Veranstaltungen mit Fallstudien arbeitete (vgl. Kosiol 1957 und Zaugg/ Wenger 2003, S. 178). Sein Schüler Erwin Grochla setzte die Tradition fort und engagierte sich stark für die Verbreitung von Fallstudien (vgl. Grochla/Thom 1975). Auch viele andere Kollegen integrierten Fallstudien in ihre Curricula, was durch empirische Studien belegt ist (vgl. Steinmann/Kumar/Bleyer 1972). Eine besonders aktive Rolle spielte das inzwischen in der European School of Management and Technology (ESMT) aufgegangene Universitätsseminar der Wirtschaft (USW), von dem im Jahr 1971 die Zentrale für Fallstudien e.V. eingerichtet wurde. Diese Institution unterstützte die Erstellung neuer Fälle und gab auch Bibliographien deutschsprachiger Fallstudien heraus (vgl. z.B. ZfF/RKW 1974, 1975). Insbesondere in der Aus- und Weiterbildung von Führungs(nachwuchs)kräften spielte die Fallstudienmethodik somit schon frühzeitig eine wichtige Rolle (vgl. zur Aus- und Weiterbildung in Management auch Oechsler 1989). Für viele Teildisziplinen der Betriebswirtschafts- und Managementlehre wurden inzwischen deutschsprachige Werke vorgelegt, in denen Fallstudien veröffentlicht wurden (vgl. exemplarisch Groenewald 1988, Meffert/Bruhn 1993, Wehling 2001, Thom/Wenger/ Zaugg 2007, Hrsg., Dillerup/Stoi 2008, Hrsg., Thommen/Rosenheck/Atteslander 2008, Zentes/Swoboda/Morschett 2011, Hrsg.). Dabei wurden auch Fallstudien entwickelt, die sich hinsichtlich ihres Charakters durchaus von typischen US-amerikanischen Fallstudien unterscheiden.1 Manche Hochschullehrer im deutschsprachigen Raum entschieden sich mit zunehmender Akzeptanz der englischen Sprache, keine eigenen Fallstudien in deutscher Sprache zu entwickeln und auch nicht auf deutschsprachige Fallstudien von Kollegen zurückzugreifen, sondern englischsprachige Fallstudien zu verwenden. Neben der Harvard Business School (Boston/USA) gelten vor allem die Richard Ivey School of Business (Western Ontario/Kanada), INSEAD (Fontainebleau/Frankreich), IMD (Lausanne/Schweiz) und die London Business School als wichtige Lieferanten von Fallstudien (vgl. z.B. die von Ivey herausgegebenen Handbücher zum Verfassen von und Lehren mit Fällen: Leenders/Mauffette-Leenders/Erskine 2001, Erskine/Leenders/Mauffette-Leenders 2003). Insbesondere europäische Hochschulen, an denen Fallstudien verfasst werden, bieten diese über das European Case Clearing House (ECCH) im englischen Cranfield an. Eine besonders große Rolle spielen Fallstudien innerhalb der betriebswirtschaftlichen Ausbildung in Frankreich. Aufgrund der traditionell praxisorientierten Ausrichtung der Grandes Ecoles, welche in Frankreich (immer noch) den Anspruch haben, die Elite auszubilden (vgl. z.B. Lüsebrink 2003, v.a. S. 95-101, Hartmann

1

Insofern ist auch nicht zwingend von einer „Amerikanisierung“ der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre auszugehen (vgl. dazu Schmid 2003). Welche Kriterien zur Differenzierung von Fallstudien herangezogen werden können, soll im folgenden Abschnitt genauer dargestellt werden.

Eine Einführung in die Methode

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2007, v.a. S. 67-72 und D’Iribarne 2010), entstanden viele Fälle, die in der Lehre eingesetzt werden. Die Pariser Industrie- und Handelskammer – wie viele andere Industrieund Handelskammern in Frankreich selbst Träger von Hochschulen – hat daher die „Centrale de Cas et de Médias Pédagogiques“ etabliert, über welche von Dozenten zahlreiche Fälle bezogen werden können (vgl. z.B. CCMP 2012).

3

Charakter von Fallstudien

In der Literatur werden zahlreiche Typen von Fallstudien genannt und teilweise auch detailliert beschrieben (vgl. Schmidt 1958, S. 26-30, Perlitz/Vassen 1976, v.a. S. 1-17, Stroebe 1978, S. 30-104, Günter 1981, S. 218, Nebel 1984, S. 29-34, Groenewald 1988, S. 3-5, Eschenbach/Kreuzer/Neumann 1994, S. 14-18, Heimerl/Loisel 2005, S. 46-52). Dabei kommt es – unabhängig davon, dass nicht immer klar zwischen Fallstudien innerhalb der Forschung und der Lehre differenziert wird – zuweilen zu einer vergleichsweise unsystematischen Identifikation von Fallstudientypen (vgl. etwa Boos 1992). In diesem Abschnitt soll nun ein Überblick über wesentliche Kriterien gegeben werden, anhand derer man Fallstudien in der Lehre systematisch unterscheiden kann. Dieser Überblick kann gleichzeitig den Rahmen für die in diesem Buch veröffentlichten Fallstudien schaffen und diese näher charakterisieren. (1) „Realitätsbezug“: Fallstudien können einerseits Sachverhalte beinhalten, die auf realen Ereignissen, Entscheidungen und Handlungen beruhen („real life cases“), andererseits auch konstruierte bzw. fiktive Vorgänge oder Zustände zum Gegenstand haben („armchair cases“; vgl. Eschenbach/Kreuzer/Neumann 1994, S. 18). Denkbar sind innerhalb des Kontinuums zwischen Realiter- und Fiktivsituationen auch Mischformen – etwa dergestalt, dass der Fall in seinen Rahmenbedingungen ein Abbild der Realität darstellt, bestimmte Entscheidungen, die innerhalb der Rahmenbedingungen getroffen werden, zum Beispiel aus Gründen der Vertraulichkeit, jedoch abgewandelt präsentiert werden. Im vorliegenden Buch finden ausschließlich reale Fälle Verwendung; keiner der Fälle ist konstruiert. Damit wird neben vielen weiteren (noch zu erläuternden) Funktionen, die Fallstudien haben, die Funktion der Wissensvermittlung verfolgt; der Bearbeiter erwirbt umfassendes Wissen über das Verhalten und Handeln von Unternehmen in unterschiedlichen Branchen und Regionen. (2) „Thema “: Im Hinblick auf die Thematik der Sachverhalte ist der Variantenreichtum – etwa in funktionaler, institutioneller oder regionaler Hinsicht – nahezu unbegrenzt (vgl. Eschenbach/Kreuzer/Neumann 1994, S. 13). Der Schwerpunkt der Fälle des Buches liegt, wie es der Titel bereits ausdrückt, auf der Thematik „Strategien der Internationalisierung“. Dabei werden neben Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien auch Zielmarktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien und Koordinationsstrategien

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung

berücksichtigt. Wenn gleichzeitig andere (betriebswirtschaftliche) Themen angesprochen werden, so kommt darin zum Ausdruck, dass Fallstudien bewusst nicht vom Kontext absehen, in denen Internationalisierungsstrategien zu sehen sind, sondern diesen aktiv thematisieren. Eine Übersicht über die Inhaltsschwerpunkte und die Regionalschwerpunkte wurde bereits auf den Seiten XII-XVII gegeben. Für eine vertiefte Darstellung der Themen kann das Stichwortverzeichnis am Ende des Buches herangezogen werden. (3) „Darstellung bzw. Definition des Problems“: Das Spektrum der Möglichkeiten reicht von Fallstudien, in denen die Bearbeiter die Probleme selbst definieren müssen, bis zu Fallstudien, die so verfasst sind, dass die Probleme – entweder im Text oder in den Fragen – von den Autoren völlig offengelegt werden. Im vorliegenden Buch werden zwar viele, aber nicht alle Probleme explizit in den Fallstudientexten selbst artikuliert. Zusätzlich erwarten den Bearbeiter zahlreiche Fragen und Aufgaben zu den Fallstudien, mit denen er auf zentrale Probleme hingewiesen wird. Dies heißt selbstverständlich nicht, dass zwingend alle in den Realfällen der Praxis existierenden Probleme auch Gegenstand des Textes oder Gegenstand von Fragen und Aufgaben sind. Vielmehr wurde eine Auswahl getroffen; weitere Probleme können von Dozenten oder Fallstudienbearbeitern selbst identifiziert werden. (4) „Informationsumfang und -darbietung“: Es gibt Fallstudien, die nur die Informationen enthalten, die für die Beantwortung von Fragen notwendig sind. Ebenso finden sich Fallstudien, in denen bewusst mit einer Informationsüberflutung gearbeitet wird und in denen häufig auch von einer starken Strukturierung der Informationen abgesehen ist. Im vorliegenden Buch haben wir versucht, die Informationsüberflutung – anders etwa als bei vielen Harvard-Business-School-Cases – in Grenzen zu halten und uns bereits beim Verfassen der Fallstudien von einem stark analytischen Vorgehen leiten zu lassen, um so einer synthetisierenden, strukturierten Darstellung Vorrang einzuräumen. (5) „Informationsbeschaffung“: Prinzipiell lassen sich Fallstudien differenzieren, in denen die zur Beantwortung von Fragen und zur Lösung von Aufgaben notwendigen Informationen vorhanden sind, und Fallstudien, in denen weitere Informationen zu beschaffen sind. In diesem Buch wurde das Grundprinzip verfolgt, in sich abgeschlossene Fälle zu erstellen, die auf eine meist umfassende Darstellung von Ereignissen, Entscheidungen und Handlungen abzielen. Für einen Teil der Fragen und Aufgaben reicht das Fallstudienmaterial zur Beantwortung aus. Für einen weiteren Teil gilt es, auf (bereits vor der Bearbeitung von Fallstudien kennengelernte) Theorien, Konzepte und Methoden zurückzugreifen und diese anzuwenden. Um den Einsatz der Fallstudien variantenreicher zu gestalten und auch weitere Lehr- und Lernziele zu integrieren, wurden daneben Fragen und Aufgaben entwickelt, die eine zusätzliche Informationsbeschaffung beinhalten. So kann es in einem konkreten Fall beispielsweise darum gehen, Vergleiche mit Konkurrenten durchzuführen, wozu noch weitere Informationen einzuholen sind. In einem anderen Fall kann der Bearbeiter einer Fallstudie eingeladen werden, auf der

Eine Einführung in die Methode

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Basis einer tiefgehenden Recherche die weitere internationale Unternehmensentwicklung ab dem Zeitpunkt, zu dem der in diesem Buch dokumentierte Fall endet, zu analysieren. (6) „Existenz von Problemlösungen“: Grundsätzlich kann man in der Literatur Fallstudien finden, in denen Lösungen zu Problemen bereits (ansatzweise) enthalten sind. Ebenso gibt es Fälle, in denen die Lösungen zu Problemen selbst entwickelt werden (müssen). Im vorliegenden Buch weisen die meisten Fälle Charakterzüge beider Varianten auf. Manche der Fragen und Aufgaben können durch Extraktion der Informationen aus dem Fallstudienmaterial bearbeitet werden, andere dagegen erfordern eigene Problemlösungen, die sich nicht direkt aus den Fallstudien ableiten lassen. (7) „Erfolg“: Fallstudien können danach differenziert werden, ob sie erfolgreiches Verhalten oder Handeln oder nicht-erfolgreiches Verhalten bzw. Handeln darstellen oder aber im Hinblick auf die Erfolgsbeurteilung offen bzw. indifferent sind. Der erste Typ entspricht den so genannten „Best-Practice-Fallstudien“, mit denen suggeriert wird, was – eventuell unter bestimmten Rahmenbedingungen – gutes oder optimales Verhalten bzw. Handeln darstellt (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. Pangarkar 2012). Beim zweiten Typ versucht man, über Fälle aufzuzeigen, wie man sich nicht verhalten sollte bzw. wie man nicht handeln sollte. Der dritte Typ überlässt Beurteilungen dem Fallbearbeiter und ist auch durch ein differenziertes Verständnis des Erfolgsbegriffes charakterisiert. Im vorliegenden Buch geht es weder darum, „Erfolgsstorys“ zu liefern noch „Misserfolgsstorys“ zu präsentieren. Vielmehr ist es die Absicht, ein möglichst differenziertes und umfassendes Abbild der Realität zu zeichnen. Da es, wie durch diesen kurzen Überblick deutlich wird, eine Vielzahl von unterschiedlichen Fallstudientypen gibt, kann kein einheitliches Vorgehen existieren, wie Fallstudien zu bearbeiten sind. Alle in der Literatur gemachten Vorschläge (vgl. z.B. Kulhavy 1974, Sp. 593, Nebel 1984, S. 40-42, Krämer 1994, S. 6-7, Zaugg/Wenger 2003, S. 178-181) im Hinblick auf Prozess- oder Stufenschemata der Fallstudienbearbeitung müssen insofern als mögliche, allerdings keineswegs zwingend zu befolgende Vorschläge gelten. Für die nachfolgend kurz skizzierten Lehr- und Lernziele, die mit der Fallmethode verfolgt werden, gilt dies analog: Auch Lehr- und Lernziele variieren – zumindest in ihrer Bedeutung – je nach Typ der Fallstudie.

4

Lehr- und Lernziele der Fallmethode

Mit dem Einsatz von Fallstudien lassen sich prinzipiell eine Vielzahl von Lehr- und Lernzielen erreichen (vgl. etwa Dahlke 1960, u.a. S. 21-22, Staehle 1972, S. 24-25, Groenewald 1988, S. 9-10, Easton 1992, S. 7-9, Eschenbach/Kreuzer/Neumann 1994, S. 9-10,

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung

Krämer 1994, S. 5). Das Oberziel wird in der Regel darin gesehen, Theorie und Praxis zu verknüpfen. Parallel zu den Schritten, die bei der Durchführung der Fallstudienarbeit häufig gewählt werden – Einzelarbeit, Gruppenarbeit und Plenarpräsentation und -diskussion (vgl. Perlitz/Vassen 1976, S. 44-79, Töpperwien 1977, S. 116, Shapiro 1988) – können darauf aufbauend weitere Lehr- und Lernziele verfolgt werden, die die Anwendungsorientierung stärken (vgl. zur Anwendungsorientierung im Allgemeinen und dabei vor allem in der Forschung auch Oesterle/Schmid 2009 sowie Schmid/Oesterle 2009, S. 22-23). (1) Theorie-Praxis-Bezug: Ein zentrales Ziel besteht im Verbinden von Theorie und Praxis (vgl. Schlömer 1997, S. 5-6). Je nach gewähltem Vorgehen kann es sich dabei eher um eine Anwendung der Theorie auf die Praxis (Anlehnung an deduktive Praktiken) oder um eine Hinführung zur Theorie durch die bzw. anhand der Praxis (Anlehnung an induktive Praktiken) handeln. Während viele Hochschullehrer aus dem deutschsprachigen Raum beim Einsatz von Fallstudien die erste Vorgehensweise empfehlen bzw. praktizieren, überwiegt im angelsächsischen Raum die zweite Vorgehensweise. An der Harvard Business School ist es beispielsweise üblich, fast die gesamte Lehre mit Hilfe von Fallstudien durchzuführen, so dass Studierende im Rahmen eines zweijährigen Studiums den zu vermittelnden Stoff in Form von etwa 500 Fällen präsentiert bekommen (vgl. Mintzberg 2005, S. 60); die Fälle sollen dann die Basis darstellen, um theoretische Ansätze zu diskutieren. Unabhängig von der Einsatzweise wird mit Fallstudien eine gewisse Verknüpfung von Theorie und Praxis erreicht und somit einer (scheinbaren) Realitätsferne von Theorie sowie einer (scheinbaren) Theorielosigkeit der Praxis entgegengewirkt. Auch wenn die reine Wissensvermittlung beim Einsatz der Fallmethode nicht die gleiche Bedeutung wie bei Vorlesungen hat, so spielt sie durchaus eine Rolle. Insbesondere beim Bearbeiten von Fällen aus unterschiedlichen Branchen und Regionen erhält der Bearbeiter beispielsweise einen guten Einblick in das Geschehen der Wirtschaftspraxis. Wichtig ist allerdings, dass sowohl Dozenten als auch Bearbeiter von Fallstudien immer auch eine kritische Distanz zu dem in den Fällen vermittelten Wissen (bzw. den einzelnen Wissensbestandteilen) einnehmen. (2) Fähigkeiten und Fertigkeiten bei der Bearbeitung von Fallstudien: Fallstudien ermöglichen ferner – je nach Schwerpunkt und Anwendung – auch viele Fähigkeiten und Fertigkeiten zu trainieren, die heutzutage nicht nur in der Unternehmenspraxis, sondern auch in der Wissenschaft (faktisch) als zentral erachtet werden. Fallstudien erlauben es, dass Bearbeiter lernen, •

wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen sowie Informationen zu verarbeiten und zu strukturieren, • pragmatisch mit Situationen umzugehen, in denen keine vollständige Information sowie oftmals Unsicherheit herrscht, • komplexe Zusammenhänge zu erkennen und sich im vernetzten Denken weiterzuentwickeln,

Eine Einführung in die Methode • • • • •

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Situationen einschließlich der Rahmenbedingungen adäquat zu beschreiben und zu analysieren, Entscheidungen zu verstehen, vorzubereiten und/oder zu treffen, konstruktive Vorschläge im Rahmen des Entwickelns und der Auswahl von Handlungsoptionen – gegebenenfalls unter dem Treffen von Annahmen – zu machen, Kreativität und Innovativität unter Beweis zu stellen sowie eine kritische Würdigung von Theorie und Praxis vorzunehmen und somit auch eine kritische Distanz einzunehmen.

(3) Zusätzliche Fähigkeiten und Fertigkeiten bei der Bearbeitung von Fallstudien in Gruppen: Wird die Bearbeitung von Fallstudien darüber hinaus nicht autodidaktisch im Selbststudium durchgeführt, sondern – was in der Lehrpraxis häufig, aber nicht zwingend der Fall ist (vgl. eine andere Auffassung bei Hahn 1971, S. 3) – in Gruppen, so können die Bearbeiter ihre Kooperations- und Teamfähigkeit weiterentwickeln, indem sie •

ihre Argumentations- und Kommunikationsfähigkeit schulen, ihr Durchsetzungs-, Überzeugungs- und Verhandlungsverhalten trainieren, • Zeugnis ihres Einfühlungsvermögens, ihres Engagements, ihres Verantwortungsbewusstseins und ihrer Eigeninitiative ablegen und • ihre Konfliktfähigkeit erproben. •

(4) Zusätzliche Fähigkeiten und Fertigkeiten bei Präsentationen und Diskussionen von Fallstudien vor bzw. mit dem Lehrenden: Im Rahmen der Präsentation und Diskussion der Ergebnisse der Einzel- oder Gruppenlösungen lassen sich •

Präsentations- und Rhetoriktechniken verbessern, Fähigkeiten zum Vergleich und Abwägen von unterschiedlichen Lösungen erarbeiten, • Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden produktiver gestalten (etwa unmittelbare Feedback-Schleifen einbauen) und • Lernerfolge direkter erkennen. •

Insgesamt handelt es sich aus der Sicht des Beobachters bei der Fallstudie um eine der so genannten aktiven Lernmethoden, zu denen beispielsweise auch Rollenspiele, Planspiele, Exkursionen, Firmenbesichtigungen, studentische Beratungsprojekte und Diskussionsrunden mit Firmenvertretern zu zählen sind (vgl. Keim 1992, Jennings 2002, Holtbrügge/Haussmann 2009). Der Lernende befindet sich bei der Arbeit mit Fallstudien nicht in der Rolle des passiven Rezipienten. Viele Dozenten versprechen sich durch den Einsatz von Fallstudien eine höhere (Leistungs-)Motivation der Teilnehmer (vgl. Derner 1995) und auch einen größeren Lernerfolg. Ebenso wird davon ausgegangen, dass vielfältigen Anforderungen der Praxis durch den Einsatz der Fallmethode und die damit verbundenen Lehr- und Lernziele besser Rechnung getragen werden kann (vgl. Heinzel 1997).

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung

Probleme und Grenzen der Fallmethode

Doch welche Probleme und Einschränkungen weist der Einsatz von Fallstudien auf (vgl. Brockhoff 1973, Töpperwien 1977, S. 117, Nebel 1984, S. 43-45, Groenewald 1988, S. 10)? Ein Charakteristikum der Fallstudienmethode liegt darin, dass sie (zumindest nach meiner Überzeugung, die durchaus wiederum durch mein Wissenschaftsverständnis geprägt ist2) eine systematische Vermittlung von Theorien, Konzepten und Methoden nicht ersetzen, sondern nur ergänzen kann (vgl. z.B. auch ähnlich Shugan 2006, v.a. S. 114). Das Bearbeiten von Fallstudien, ob in Einzel- oder in Gruppenarbeit, setzt in meinen Augen – anders als im Harvard-Kontext praktiziert – Wissen voraus, welches zuvor durch andere Art und Weise, etwa in Vorlesungen oder im Selbststudium, erworben wurde (vgl. auch Staehle 1972, S. 25). Nur auf diese Weise lassen sich Fälle auch in größere Gesamtzusammenhänge einordnen, und nur auf diese Weise kann der Einzelne Fälle in kognitive und mentale Strukturen einbetten. Die Fallstudie sollte allein aus diesem Grund nur ein Teil des Methodenspektrums sein, welches ein Dozent in seinen Veranstaltungen wählt (vgl. z.B. im Kontext des Internationalen Managements Holtbrügge/Haussmann 2009). Es gibt allerdings noch weitere Gründe, die dafür sprechen, die Fallmethode trotz ihrer Bedeutung nicht überzubewerten – ob in der Erstausbildung oder in der Weiterbildung (vgl. bereits Argyris 1980). Jede Fallstudie stellt einen Einzelfall dar. Insofern sind voreilige Verallgemeinerungen zu vermeiden. Jedem Bearbeiter sollte verdeutlicht werden, dass das, was Management ausmacht, auch für Fallstudiensituationen und -lösungen gilt. Gesetzmäßigkeiten existieren im Bereich des Managements – mit Ausnahme von trivialen Gesetzmäßigkeiten – nicht (vgl. Kutschker/Bäurle/Schmid 1997, v.a. S. 9-10). Für so manche Fragen und Aufgaben, die zu Fallstudien existieren, lassen sich unter anderem aus diesem Grund kaum Musterlösungen, sondern bestenfalls Hinweise zu möglichen Lösungsoptionen entwickeln. Es geht also weniger darum, allgemeingültige „Wahrheiten“ zu vermitteln und das Anwenden von unumstößlichen Regeln zu schulen, als vielmehr Reflexionsfähigkeiten weiter zu entwickeln (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. auch Gosling/Mintzberg 2004, S. 20-21). Als Bearbeiter einer Fallstudie sollte man sich darüber hinaus bewusst sein, dass von den Verfassern einer Fallstudie (notwendigerweise) gewisse Vereinfachungen vorgenommen werden, da es in der Regel nicht möglich ist, die Wirklichkeit in ihrer Gesamtheit abzubilden. So können beispielsweise nicht alle innerhalb eines Unternehmens existierenden Zusammenhänge in die Fallstudie aufge-

2

Einen interessanten Ansatz zur kulturellen Prägung des Wissenschaftsverständnisses hat Galtung (1981) geliefert.

Eine Einführung in die Methode

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nommen werden; ebenso muss ein Teil des Kontextes „außen vor bleiben“.3 Der komplexen Realität wird man somit, so die Einschränkung, auch mit der Methode der Fallstudie nur ansatzweise gerecht. Darüber hinaus sollten Fallstudien – selbst wenn sich Dozent und Bearbeiter der Komplexität der aktuellen Realität bewusst sind – ohnehin nicht den Blick dafür versperren, dass erfolgreiches Management oftmals das Transzendieren bisheriger Wirklichkeiten beinhaltet (vgl. z.B. Chia 1996). Da Fallstudien primär vergangene (und vereinfachte) Realitäten liefern, sollte durch den Einsatz weiterer Lehrmethoden der Blick für „neues Denken“ erweitert werden. Schließlich stellen Fallstudien an alle Beteiligten hohe Anforderungen. Gefragt sind Dozenten, die es verstehen, aktiv mit ihrem Publikum zu arbeiten, die Hintergrund- und Überblickswissen haben, um den jeweiligen Fall auch adäquat einzuordnen und auf Fragen zu reagieren. Von den Bearbeitern wird gefordert, dass sie sich – insbesondere beim Einsatz in Gruppenarbeiten, Präsentationen und Diskussionen – aktiv einbringen. Die Fallstudienbearbeiter müssen oftmals bereit sein, mit Unsicherheiten, Komplexität und Ambiguität umzugehen (vgl. z.B. Easton 1992, S. 10-11). Dozent und Bearbeiter müssen ferner die Infrastruktur vorfinden, die ihnen die Arbeit ermöglicht bzw. erleichtert. Dazu gehört beispielsweise für Gruppenarbeiten das Vorhandensein adäquater Räumlichkeiten und für Präsentationen die Bereitstellung der entsprechenden Informations- und Kommunikationstechnik. Nicht zu vergessen ist schließlich, dass die Erstellung von Fallstudien mit einem großen Zeitaufwand verbunden ist (vgl. Leenders/Maufette-Leenders/Erskine 2001). Auch wenn manche Fallstudien selbst Jahre nach Erstellung – trotz ihres Verlustes an Aktualität – zu didaktischen Zwecken noch eingesetzt werden können, gibt es andere Fallstudien, die zumindest fortgeschrieben oder aktualisiert werden müssen (vgl. Müller/Volery 2008, S. 187). Dies setzt entsprechende Ressourcen voraus, die manche Hochschullehrer nicht haben oder nicht einsetzen wollen.

3

Dies gilt selbst für die Fallstudien, die in Abschnitt 3 dieses Beitrags hinsichtlich des Kriteriums „Realitätsbezug“ als Realiterfallstudie bezeichnet werden.

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Fallstudien in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung

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Eine Einführung in die Methode

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Zweiter Teil Fallbeispiele Zweiter Teil: Fallbeispiele

Adidas Drei Streifen „made in Asia“

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Katharina Hefter

Stefan Schmid und Katharina Hefter Adidas: Drei Streifen „made in Asia“

Bei Sportwettkämpfen, Weltmeisterschaften und Olympiaden treten nicht nur Sportler, sondern gleichermaßen Sportartikelhersteller gegeneinander an. Insbesondere der amerikanische Weltmarktführer Nike und sein deutscher Verfolger Adidas kämpfen um die Vorherrschaft auf dem Markt für Sportartikel. Während die Unternehmen auf der Absatzseite daran arbeiten, sich voneinander – vor allem über ihre Marken – zu differenzieren, zeigen sich auf der Fertigungsseite erstaunliche Parallelen: Adidas und Nike produzieren kaum (noch) selbst, sondern beauftragen Zulieferer in so genannten Niedriglohnländern mit der Herstellung ihrer Sportartikel. Im Rahmen dieses Fallbeispiels wird die Vertragsfertigung von Adidas vorgestellt. Die Vertragsfertigung hat zwar Kostenvorteile, birgt aber auch Risiken – etwa das Risiko, dass Standards in Qualität und Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden. Adidas versucht daher, seine Zulieferer zu kontrollieren. Veranschaulicht werden diese Kontrollaktivitäten anhand von Beispielen chinesischer Zulieferer von Sportschuhen. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Zeitraum von Mai bis August 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Adidas

Der deutsche Sportartikelhersteller Adidas1 mit Stammsitz im fränkischen Herzogenaurach erzielte im Jahr 2005 einen Umsatz in Höhe von 6,6 Mrd. € und gilt damit als die Nummer 2 der Sportartikelbranche hinter dem Weltmarktführer Nike. Mit der im Januar 2006 abgeschlossenen Übernahme des Konkurrenten Reebok konnte Adidas den Abstand zu Nike weiter verkürzen. Im Rahmen einer umfassenden Restrukturierung hatte Adidas Anfang der 1990er Jahre begonnen, seine Produktion in so genannte Niedriglohnländer zu verlagern und war damit Nike gefolgt; das US-Unternehmen hatte bereits Anfang der 1980er Jahre die Fertigung weitgehend in andere Länder vergeben. Heute wird ein Großteil der Adidas-Produkte in Asien hergestellt, was auch Abbildung 1 verdeutlicht.

Schuhproduktion 2005 nach Regionen

Bekleidungsproduktion 2005 nach Regionen Nord- und Lateinamerika 6%

100%

Nord- und Lateinamerika 2% Europa 2% Vietnam 20%

Europa 16%

Weitere asiatische Länder 36% Asien 78%

100%

Indonesien 20% Asien 96%(1)

Indonesien 17%

China 55%

China 25%

(1) Aufgrund von Rundungen ergibt sich eine Abweichung in der Summe.

Abb. 1: Bekleidungsproduktion und Schuhproduktion von Adidas nach Regionen Quelle: Daten aus Adidas (2006a), S. 100. Im Jahr 2004 wurden Sportartikel von Adidas weltweit in insgesamt 843 Fabriken produziert. Nur acht der Fabriken gehören Adidas selbst. In den weiteren 835 Fabriken fertigen Zulieferunternehmen Sportartikel für Adidas. Dabei werden Sportbekleidung, Sport-

1

Auf der Hauptversammlung im Mai 2006 wurde Adidas Salomon in Adidas umbenannt. Da der Verkauf von Salomon an die Amer Sports Corporation bereits vollzogen ist, wird in diesem Fallbeispiel bereits der Name Adidas verwendet. Die im Fallbeispiel genannten Geschäftszahlen und Angaben zur Vertragsfertigung stammen jedoch aus den Jahren 2004 und 2005, so dass sie die Geschäftsaktivitäten der Tochtergesellschaft Salomon einschließen.

Drei Streifen „made in Asia“

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schuhe und Sportzubehör von den Zulieferunternehmen in der Regel komplett hergestellt. Die Zulieferer von Adidas lassen sich in drei Gruppen einteilen: (1) Hauptzulieferer, die in einer direkten vertraglichen Beziehung zu Adidas stehen, (2) Subunternehmen, die wiederum von den Hauptzulieferern beauftragt werden und somit keine direkte vertragliche Beziehung zu Adidas haben, und (3) Lizenznehmer, die Uhren, Brillen und Kosmetika sowie teilweise auch Sportbekleidung und Sportzubehör im Namen von Adidas entwerfen, herstellen und vertreiben. Im Jahr 2004 hatte Adidas Lizenzverträge mit 19 Lizenznehmern, die ihrerseits teils wiederum Zulieferer mit der Warenproduktion beauftragten. So erklärt sich, dass von der Gesamtanzahl der 835 Fabriken 136 nicht direkt für Adidas, sondern für Lizenznehmer des fränkischen Sportartikelherstellers produzieren. Die Mehrheit der für Adidas tätigen Zulieferunternehmen ist in Asien ansässig. Hier wiederum ist China das primäre Produktionsland für Adidas. Auf China entfallen 164 Hauptzulieferer mit insgesamt 197.000 Beschäftigten. Zwei dieser Hauptzulieferer werden exemplarisch in Abbildung 2 vorgestellt. Charakteristika Standort Hauptprodukte Beziehung zu Adidas Bisherige Dauer der Zulieferbeziehung Monatliche Kapazität (in Schuhpaaren) Anzahl der Mitarbeiter Alter des Zulieferunternehmens (in Jahren) Produktionsverfahren Durchschnittsalter der Maschinen (in Jahren): • Schneiderei • Näherei • Montage Arbeitsorganisation und Entlohnung Belegschaftsdaten: • Handarbeiterinnen (in % der Gesamtbelegschaft) • Handarbeiter (in % der Gesamtbelegschaft)

Fabrik A

Fabrik B

Dongguan

Guangzhou

Outdoor-Schuhe (z.B. Wandern) Sportschuhe (z.B. Radsport)

Tennis-, Basketball- und Running-Schuhe

Exklusiv 4 Jahre 440.000

600.000

7.638

8.483

7

10

hauptsächlich Handarbeit und Fließband

2,3 4,3 4,0

6,5 5,0 5,6

strenge Bereichsüberwachung; Basislohn zzgl. Bonus (hauptsächlich leistungsbezogen)

74%

73%

2%

4%

Abb. 2: Beispiele für Adidas-Zulieferunternehmen im Bereich Sportschuhe Quelle: Informationen aus Frenkel (2002), S. 36.

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Adidas

Zulieferunternehmen werden Adidas-intern vom Bereich „Global Operations“ ausgewählt und beauftragt. Die Auftragsvergabe erfolgt dabei in der Regel nur von Saison zu Saison. Kontrolleure von Adidas sind bei den beauftragten Hauptzulieferern vor Ort in den Fabriken tätig. Sie unterziehen die Produkte einer Qualitätskontrolle, um sicherzustellen, dass keine mangelhafte Ware an die weltweit verstreuten Adidas-Lager ausgeliefert wird. Zusätzlich hat Adidas ein Team für Sozial- und Umweltangelegenheiten (Social and Environmental Affairs, SEA) geschaffen, das die angemessenen Arbeitsbedingungen sowie die Einhaltung von Umweltstandards in den Fabriken der Adidas-Zulieferunternehmen sicherstellen soll. Die geforderten Verhaltensregeln sind in den so genannten Standards of Engagement (SOE) zusammen gefasst. Dieser Verhaltenskodex von Adidas wurde als Reaktion auf öffentliche Kritik an den Arbeits- und Produktionsbedingungen in Fabriken in Niedriglohnländern im Jahr 1998 entwickelt. Die Standards of Engagement von Adidas werden in Abbildung 3 verkürzt wiedergegeben. Die Standards of Engagement sind Bestandteil der Herstellungsrahmenverträge. Adidas fordert deren Einhaltung von den direkten Zulieferern und auch von den Subunternehmen, die wiederum von den Hauptzulieferern und von den Lizenznehmern beauftragt werden. Die Einhaltung der Regeln überprüft Adidas regelmäßig, indem Mitarbeiter des SEA-Teams die Fabriken der Hauptzulieferer, der Subunternehmen sowie der von Lizenznehmern beauftragten Unternehmen besuchen. Die Auswahl der kontrollierten Fabriken erfolgt dabei nicht zufällig, sondern Fabriken mit einem „höheren Risiko“ sowie besonders hohem Auftragsvolumen werden vorrangig kontrolliert. Bei Verstößen gegen die Standards of Engagement verwarnt und sanktioniert Adidas das betroffene Zulieferunternehmen. Dabei werden unterschiedliche Maßnahmen – von der Anordnung spezieller Projekte zur Problembehebung über Untersuchungen durch unabhängige Organisationen bis hin zur schriftlichen Verwarnung – ergriffen. Zeigt sich keine Besserung, wird mit der dritten schriftlichen Verwarnung die generelle Auftragsvergabe an den Zulieferer überprüft. Als letzte Konsequenz droht Adidas gemäß den Richtlinien seines Verwarnungssystems die Einstellung der Auftragsvergabe an. Ohne Vorwarnung erfolgt die Einstellung der Auftragsvergabe, wenn Zwangsarbeit, Misshandlungen und lebensbedrohliche Arbeitsbedingungen in Fabriken aufgedeckt werden. Fraglich bleibt jedoch laut Kritikern, ob und wie schnell es in diesen Fällen tatsächlich zu einem Abbruch der Geschäftsbeziehung kommt. Adidas setzt nach eigenen Angaben nicht ausschließlich auf Sanktionen, sondern bietet den Zulieferern Hilfestellungen an, um die Einhaltung der Standards of Engagement zu fördern. Die Entwicklung von Maßnahmenplänen und das Abhalten von Workshops zur Sensibilisierung für den Verhaltenskodex zählen zu den Aufgaben des SEA-Teams.

Drei Streifen „made in Asia“

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Standards of Engagement Authenticity. Inspiration. Passion. Commitment. Innovation. Honesty. Dies sind einige der wichtigsten Werte, für die die Adidas-Gruppe einsteht. Wir messen uns nicht nur selbst an diesen Werten, sondern auch unsere Geschäftspartner. … Wir erwarten von unseren Geschäftspartnern, dass sie in ihren Werken die Einhaltung folgender Grundsätze und Verfahrensweisen sicherstellen: I. Allgemeiner Grundsatz Unsere Geschäftspartner haben ihre Geschäfte in völliger Übereinstimmung mit den jeweils maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zu führen. II. Beschäftigungsgrundsätze Wir arbeiten nur mit solchen Partnern zusammen, die ihre Mitarbeiter in Bezug auf Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen fair und gesetzeskonform behandeln. Insbesondere gilt Folgendes: • Zwangsarbeit: Geschäftspartner dürfen keine Zwangsarbeiter beschäftigen, weder in Form von Gefangenenarbeit, Sklavenarbeit oder einer sonstigen Form von Zwangsarbeit. ... • Kinderarbeit: Geschäftspartner dürfen keine Kinder unter 15 Jahren (bzw. unter 14 Jahren, falls die Gesetze des entsprechenden Landes dies zulassen) oder schulpflichtige Kinder in Ländern, in denen das schulpflichtige Alter über 15 Jahren liegt, beschäftigen. • Diskriminierung: Wir anerkennen und respektieren kulturelle Unterschiede. Wir sind der Meinung, dass Mitarbeiter auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten, bestimmte Tätigkeiten auszuführen, beschäftigt werden müssen, nicht aufgrund persönlicher Merkmale oder Überzeugungen. … • Löhne und Sozialleistungen: Geschäftspartner haben ihren Mitarbeitern den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn bzw. den in der Branche üblichen Lohn, falls dieser höher liegt, zu bezahlen. Auch haben sie den gesetzlich vorgeschriebenen Sozialleistungen Rechnung zu tragen. … • Arbeitszeit: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Mitarbeiter darf einschließlich Überstunden 60 Wochenstunden nicht übersteigen; Überstunden müssen dabei nach den gesetzlichen Bestimmungen vergütet werden. Mitarbeiter müssen mindestens 24 zusammenhängende Stunden Freizeit pro Woche sowie einen bezahlten Jahresurlaub erhalten. • Koalitionsfreiheit: Geschäftspartner haben das Recht jedes Mitarbeiters, Vereinigungen nach eigener Wahl beizutreten bzw. solche zu gründen, anzuerkennen und zu respektieren. … • Disziplinarmaßnahmen: Jeder Mitarbeiter muss mit Würde und Respekt behandelt werden. Kein Mitarbeiter darf körperlicher, sexueller, psychologischer oder verbaler Belästigung oder sonstigem Missbrauch ausgesetzt werden. III. Gesundheit und Sicherheit Geschäftspartner haben für ein sicheres und die Gesundheit erhaltendes Arbeitsumfeld zu sorgen; dazu gehört auch Schutz vor Feuer, Unfällen und giftigen Substanzen. Beleuchtungs-, Belüftungs- und Heizungsanlagen müssen ausreichend vorhanden sein. Saubere und zahlenmäßig ausreichende sanitäre Einrichtungen müssen den Mitarbeitern jederzeit frei zugänglich sein. … IV. Umweltbestimmungen Geschäftspartner haben die Bedingungen sämtlicher jeweils anwendbarer Umweltgesetze und -bestimmungen zu erfüllen. … V. Gemeinnütziges Engagement Wir bevorzugen Geschäftspartner, die sich um eine Verbesserung der Bedingungen in den Ländern, in denen sie tätig sind, bemühen.

Abb. 3: Standards of Engagement von Adidas Quelle: Adidas (2006c). Zusätzlich besuchen externe Kontrolleure von unabhängigen Organisationen, wie etwa der Fair Labor Association (FLA), die Fabriken der Zulieferer und überprüfen die Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Umweltstandards. Ein Bericht einer derartigen Kontrolle eines chinesischen Zulieferunternehmens für Sportschuhe ist in Abbildung 4 zusammengefasst.

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Adidas

Kritische (1) Grundsätze Bekanntheit des gültigen Verhaltenskodex Diskriminierung

Löhne und Sozialleistungen

Ausgewählte Ergebnisse der Kontrolle keine Möglichkeit für die Arbeiter, Verstöße gegen die Arbeitsbedingungen vertraulich zu melden Arbeiter müssen mindestens 18 Jahre alt sein, um in der Fabrik eingestellt zu werden

Verbesserungsplan Mitarbeiter von Adidas verbreiten ihre Kontaktdaten bei Besuchen bzw. Fabrikkontrollen junge Arbeiter sollten bei entsprechender Leistung eingestellt werden; dennoch sollten sie besonders beaufsichtigt werden Arbeitern soll die Lohnund Bonusberechnung im Rahmen einer Schulung erklärt werden; alle Arbeiter sollen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen versichert werden

Ergebnisse bei erneuter Kontrolle neun Monate später noch nicht abgeschlossen

Führungskräfte wurden geschult, um bei Einstellungen künftig die Diskriminierung von jungen Arbeitern zu vermeiden

Arbeitervertreter wurden geschult und schulten wiederum Arbeiter in ihrem Bereich; Schulungen zur Lohn- und Bonusberechnung werden jetzt kontinuierlich angeboten; Versicherungen wurden für alle Arbeiter abgeschlossen, die bei Arbeitsunfällen greifen und eine medizinische Grundversorgung sichern Arbeitszeit Erfassungskarten werden neuen Arbeitern soll keine Arbeitszeiterfasbeim Start bereitgestellt; sung bei neuen Arbeitern sofort eine Erfassungsdie Einhaltung von Rukarte zur Verfügung gewährend der ersten 7 hezeiten wird erreicht, instellt werden; Arbeitstage; die gesetzlich zulässigen Führungskräfte sollen Ar- dem der Strom während Mittagspausen abgebeitszeit stärker kontrolÜberstunden (216 Stunschaltet wird; lieren den) wurden mit Arbeitsmonatlich werden die Arzeiten von 234 bis 371 beitszeiten an Adidas Stunden überschritten übermittelt Gesundheit und Trinkwasserspender wurTrinkwasserspender soles fehlen fest installierte Sicherheit den installiert; len auf jeder Ebene der Trinkwasserspender; Türen wurden umgebaut, Fabrik installiert werden; Türen öffnen sich teils Notausgänge müssen mit so dass sie nach außen nach innen; öffnen; Türen versehen werden, Manche Arbeiter tragen in Fabrikbereichen mit die nach außen öffnen; keinen angemessenen starkem Lärm wurden die Arbeiter sollen mit Gehörschutz und keine Arbeiter mit Gehörschutz angemessener SchutzHandschuhe ausgestattet, den sie kleidung ausgestattet aber teils nicht korrekt werden tragen; weitere Arbeiter wurden mit Handschuhen ausgestattet (1) Die Tabelle enthält lediglich die Grundsätze, bei denen Verstöße aufgedeckt wurden. Das Verbot von Zwangsarbeit, von Kinderarbeit und von Disziplinarmaßnahmen in Form von Folter und Missbrauch wurde dagegen eingehalten. Die Einhaltung der Umweltbestimmungen wurde nicht kontrolliert, und die Koalitionsfreiheit wird wegen gesetzlicher Beschränkungen in China generell nicht erfüllt. Arbeiter können die Berechnung ihres Produktionsbonus nicht nachvollziehen; nur 20% der Arbeiter sind gegen Unfall versichert; nur für 15% der Arbeiter werden Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung bereitgestellt

Abb. 4: Auszüge aus einem FLA-Bericht über eine für Adidas produzierende chinesische Fabrik Quelle: Informationen aus Fair Labor Association (2006a).

Drei Streifen „made in Asia“

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Die FLA ist eine gemeinnützige Organisation (so genannte „Non-Profit-Organisation“), die Unternehmen, Hochschulen und nicht-staatliche Organisationen (so genannte „NonGovernmental-Organisationen“ oder „NGOs“) vereint und im Jahr 1999 auf Initiative der Bekleidungsindustrie in den USA entstand. Lokal agierende nicht-staatliche Organisationen, wie zum Beispiel Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften, sind aufgerufen, sich dem weltweiten Netzwerk der FLA anzuschließen. Einerseits sollen sie als Kommunikationskanal für Arbeitnehmer dienen, um Verstöße gegen den Verhaltenskodex der FLA2 aufzudecken und publik zu machen. Andererseits spielen sie auch eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen in Fabriken vor Ort. Die FLA gibt an, sich wiederum an weiteren Initiativen, die sich der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in so genannten Niedriglohnländern widmen, zu beteiligen. Zu diesen zählen unter anderem die „Joint Initiative for Corporate Accountability and Workers’ Rights“, die „Ethical Trade Initiative“, die „Fair Wear Foundation“, das „Workers’ Rights Consortium“ und die „Clean Clothes Campaign“. Im Vorfeld der Fußballeuropameisterschaft im Jahr 2000 versuchte letztere, auf die ihrer Meinung nach unzulässigen Bedingungen in von Adidas beauftragten Fabriken aufmerksam zu machen. Dafür nutzten die Mitglieder der „Clean Clothes Campaign“ zahlreiche medienwirksame Aktionen wie beispielsweise Proteste mit „Roten Karten“ für Adidas in Herzogenaurach oder Unterschriftensammlungen gegen unfaire Löhne und Aufrufe zum Boykott von Adidas-Produkten. Insgesamt betrachtet hat Adidas – wohl auch auf Druck der genannten Initiativen – ein umfangreiches Prüfsystem „aufgesetzt“ und weiterentwickelt, um die Einhaltung der Standards of Engagement zu fördern. Abbildung 5 fasst die im Jahr 2004 durchgeführten Kontrolltätigkeiten sowie ihre Ergebnisse zusammen. Die Ergebnisse der Fabrikkontrollen fließen ebenso wie Bewertungen der Lieferzeiten, des Kundenservices, der Managementsysteme und der Innovation in eine jährliche Bewertung der Zulieferunternehmen ein. Auch potentielle neue Zulieferer müssen sich hinsichtlich der von Adidas aufgestellten Kriterien bewähren, bevor sie für eine Auftragsvergabe seitens Adidas in Frage kommen. Der Bereich „Global Operations“ kooperiert verstärkt mit dem SEA-Team, um eine umfassende Bewertung potentieller Zulieferer sicherzustellen. Im Jahr 2004 scheiterten 35 von 142 Fabriken nominierter Zulieferer an den Anforderungen von Adidas. Auch der US-Konkurrent Nike bewertet neue Zulieferer; Nike erreichte im Jahr 2004 sogar eine Ablehnungsquote in Höhe von 43%. Diese hohen Ablehnungsquoten sowie die Ergebnisse der in Abbildung 5 dargestellten Kontrollaktivitäten von Adidas zeigen, dass die

2

Der Verhaltenskodex der FLA deckt sich in großen Teilen mit den „Standards of Engagement“ von Adidas und wird daher nicht zusätzlich aufgeführt.

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Adidas

Einhaltung angemessener Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in Zulieferfabriken der Sportartikelbranche nach wie vor keine Selbstverständlichkeit ist. Amerika Gesamtanzahl der Fabriken Anzahl der Fabrikbesuche Anzahl geprüfter Fabriken

(1)

Bewertung der geprüften Fabriken (und Sanktionen) • schwerwiegende SOE-Verstöße (Ankündigung der Auftragseinstellung) • einige SOE-Verstöße und negative Reaktionen auf den Aktionsplan (regelmäßige Inspektionen) • geringfügige SOE-Verstöße und positive Reaktionen auf den Aktionsplan (keine Sanktionen) • keine SOE-Verstöße und vorbildliche Praktiken in einigen Bereichen (keine Sanktionen) • keine SOE-Verstöße und Managementsysteme und -praktiken sind in vollem Umfang vorhanden (keine Sanktionen) Anzahl der FLA-Prüfungen Anzahl der Schulungen

Asien

Europa

153

499

191

92

345

107

48

165

88

0

20

1

20

108

22

23

33

60

5

4

5

0

0

0

3

6

-

17

105

38

(1) Vielfach werden Fabriken mehrmals besucht, so dass die Anzahl der geprüften Fabriken deutlich geringer ist als die Anzahl der Fabrikbesuche.

Abb. 5: Kontrollaktivitäten bei Adidas Quelle: Daten aus Adidas (2006d), S. 29, 30 und 38, und Fair Labor Association (2006b).

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Quellen Adidas (2006a): Geschäftsbericht 2005. Herzogenaurach, 2006. Adidas (2006b): Position von adidas-Salomon zum Ende des Multifaserabkommens (MFA). Internetseiten von Adidas, 2006. URL: http://www.adidas-group.com/de/sustainability/archive/2005/adidas_positi on_zum_ende_des_mfa_feb_2005.asp (Stand 06.03.2006). Adidas (2006c): Standards of Engagement. Internetseiten von Adidas, 2006. URL: http://www.adidas-gro up.com/de/sustainability/overview/our_standards/standards_of_engagement_german.asp (Stand 06.03.2006). Adidas (2006d): Social and Environmental Report. Internetseiten von Adidas, 2006. URL: http://www.adid asgroup.com/de/sustainability/_downloads/social_and_environmental_reports/connected_by_footb all_social_and_environmental_report_2005.pdf (Stand 06.03.2006). Adidas (2006e): Adidas Gruppe Jahresumsatz 2005. Internetseiten von Adidas, 2006. URL: http://www. adidas-group.com/de/News/archive/2006/2006_03_02.asp (Stand 06.03.2006). Adidas (2006f): Impact of Salomon Divesture on Adidas-Salomon’s External Reporting. Internetseiten von Adidas, 2006. URL: http://www.adidas-group.com/de/investor/_downloads/pdf/Salomon%20divesti ture%20-%20impact%20on%20reporting.pdf (Stand 06.03.2006). Adidas (2006g): SOE Enforcement Guideline. Internetseiten von Adidas, 2006. URL: http://www.adidasgroup.com/de/sustainability/_downloads/Guidelines/Enforcement%20Guideline_Nov%202005.pdf (Stand 07.03.2006). Austin, James/Aguilar, Francis/Jiang-Sheng, Jin (1988): Nike in China. Harvard Business School, Boston, 1988. Bergius, Susanne (2004): Adidas nimmt Zulieferer in die Pflicht. In: Handelsblatt, 29.09.2004, S. 16. Bieber, Christoph (2000): Sneaker-Story. Der Zweikampf von adidas und Nike. Fischer, Frankfurt/Main, 2000. Clean Clothes Campaign (2000): Reports of the Activities of the Different European CCC's between January 2000 and June 2000. Internetseiten der Clean Clothes Campaign, 2000. URL: http://www. cleanclothes.org/news/00-07-cccrep.htm (Stand 26.04.2006). Crawford, Robert J. (2002): Adidas’ Human Rights Policy and Euro 2000. INSEAD, Fontainebleau, 2006. Drommert, Jürgen (2011): Die Renner vom Dorf. In: Lufthansa Exclusive, Nr. 4, 2011, S. 54-58. Fair Labor Association (2006a): FLA Audit Profile for Factory 01005528C. Internetseiten der Fair Labor Association, 2006. URL: http://www.fairlabor.org/all/transparency/charts_2004/01001528C_Adidas _China.pdf (Stand 06.03.2006). Fair Labor Association (2006b): Public Reporting Charts 2004. Internetseiten der Fair Labor Association, 2006. URL: http://www.fairlabor.org/all/transparency/charts2004.html (Stand 06.03.2006). Fair Labor Association (2006c): About Us. Internetseiten der Fair Labor Association, 2006. URL: http:// www.fairlabor.org/all/about/index.html (Stand 26.04.2006). Frenkel, Stephen J. (2002): Compliance, Collaboration, and Codes of Labor Practice: The Adidas Connection. In: California Management Review, 45. Jg., Nr. 1, 2002, S. 29-49. Hawranek, Dietmar/Jung, Alexander/Tietz, Janko (2005): Anpassen oder untergehen. In: Spiegel Special, o. Jg., Nr. 7, 2005, S. 34-41. Hirn, Wolfgang/Wolf, Michael (2003): Schuhe am laufenden Band. In: Manager Magazin, 33. Jg., Nr. 10, 2003, S. 108-118. Mamic, Ivanka (2005): Managing Global Supply Chain: The Sports Footwear, Apparel and Retail Sectors. In: Journal of Business Ethics, 59. Jg., Nr. 1/2, 2005, S. 81-100. Mankad, Ruchi (2005): Adidas in China. Jockeying for Supremacy. ICFAI, Hyderabad, 2005.

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Adidas

Nike (2006): Workers & Factories. Monitoring and Assessment. Internetseiten von Nike, 2006. URL: http://www.nike.com/nikebiz/nikebiz.jhtml?page=25&cat=monitoring (Stand 23.03.2006). o.V. (2005): Adidas im Heimvorteil bei der Fußball-WM. In: Handelsblatt, 27.06.2005, S. 16. o.V. (2006a): Faire Preise: Schuhe, Jeans und Schokolade. Internetseiten von Konsument, 2006. URL: http://www.konsument.at/konsument/detail.asp?id=26388 (Stand 22.03.2006). o.V. (2006b): Ohne Salomon. In: Süddeutsche Zeitung, 31.05.2006, S. 26. Rosenzweig, Philipp M. (1994): International Sourcing in Athletic Footwear: Nike and Reebok. Harvard Business School, Boston, 1994. Smit, Barbara (2005): Drei Streifen gegen Puma. Zwei verfeindete Brüder im Kampf um die Weltmarktführerschaft. Campus, Frankfurt/Main, New York, 2005.

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Fragen und Aufgaben 1.

Adidas produziert nur noch in wenigen Fabriken selbst und vergibt stattdessen Produktionsaufträge an Zulieferer weltweit. a) Welche Varianten der Vertragsfertigung lassen sich – unabhängig vom vorliegenden Fall – unterscheiden? b) Welche Variante(n) der Vertragsfertigung hat Adidas gewählt? Warum hat sich Adidas für diese Variante(n) der Vertragsfertigung entschieden?

2.

Adidas hat die Verlagerung der Produktion – primär in außereuropäische Länder – im Rahmen einer umfassenden Restrukturierung innerhalb der 1990er Jahre durchgeführt. a) Welche Vorteile und Chancen verspricht sich Adidas von der Vertragsfertigung außerhalb Europas? b) Welche Nachteile und Risiken bringt die Vertragsfertigung außerhalb Europas für Adidas mit sich?

3.

Das von Adidas vollzogene Outsourcing kann eine Form der Koordinationsbedarfsreduzierung darstellen. a) Schafft es Adidas tatsächlich, mittels Outsourcing seinen Koordinationsbedarf zu reduzieren? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Welche weiteren koordinationsbedarfsreduzierenden Koordinationsstrategien lassen sich allgemein unterscheiden? Sind diese Ihrer Meinung nach für Adidas relevant? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Welche koordinationsbedarfsdeckenden Strategien kommen bei Adidas laut der Informationen im Text zum Einsatz? Sollte Adidas Ihrer Meinung nach noch weitere koordinationsbedarfsdeckende Strategien einsetzen?

4.

Unternehmen, die Vertragsfertigung in so genannten Niedriglohnländern durchführen lassen, wird häufig der Vorwurf gemacht, unethisch zu handeln. a) Wie stehen Sie – unter Berücksichtigung der Angaben im Fall – zu diesem Vorwurf? Unterlegen Sie Ihre Antwort bitte durch entsprechende Argumente. b) Bitte lesen Sie folgenden Artikel: Osterloh, Margit (1996): Vom Nirwana-Ansatz zum überlappenden Konsens: Konzepte der Unternehmensethik im Vergleich. In: Nutzinger, Hans G. (1996, Hrsg.): Wirtschaftsethische Perspektiven. Unternehmensethik, Verteilungsprobleme, methodische Ansätze. Duncker & Humblot, Berlin, 1996, S. 203-229.

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Adidas Es werden drei Konzepte der Unternehmensethik – die Konzepte von Homann, Steinmann und Ulrich – gegenübergestellt. Wie lässt sich die Vertragsfertigung in ausländischen Niedriglohnländern durch die drei Konzepte beurteilen? Welche Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede ergeben sich Ihrer Meinung nach bei einem Vergleich der Beurteilung durch die drei Konzepte? c) In der nachfolgenden Abbildung wird abgeschätzt, wie sich die Kosten für einen Sportschuh mit einem Verkaufspreis in Höhe von 120 € zusammensetzen. Wie beurteilen Sie den Anteil der Löhne und Produktionskosten unter ethischen Gesichtspunkten?

16%

100%

33% 12% 3%

Lager, Miete und Gewinn Werbekosten

18%

Personalkosten

5% 14% 3% 9%

32% 13% 8% 11%

2%

Gewinn Rohmaterial

Transportkosten und Zölle

Löhne und sonst. Produktionskosten

Gewinn Werbekosten Forschung und Design

Markenkonzern

Produzent

Transport

Einzelhandel

Mehrwertsteuer

Endkunde

Quelle: o.V. (2006a): Faire Preise: Schuhe, Jeans und Schokolade. Internetseiten von Konsument, 2006. URL: http://www.konsument.at/konsu ment/detail.asp?id= 26388 (Stand 22.03.2006).

5.

Auch die Konkurrenten von Adidas setzen sich für die Sicherstellung angemessener Arbeitsbedingungen in den Fabriken ihrer Zulieferer ein und berichten darüber – etwa in ihren Geschäftsberichten oder auf ihren Internetseiten. a) Identifizieren Sie bitte den Code of Conduct von Nike und vergleichen Sie ihn mit den Standards of Engagement von Adidas. Entdecken Sie Unterschiede? Oder finden Sie nur Gemeinsamkeiten? b) Nike hat eine Liste seiner Zulieferer öffentlich bekannt gegeben und beispielsweise im Internet veröffentlicht. Was verspricht sich Nike davon? Würden Sie Adidas raten, ebenfalls eine allgemein zugängliche Liste aller Zulieferunternehmen zu erstellen? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

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c) Eine Bewertung der lokalen Arbeitsbedingungen fließt auch in den so genannten Dow Jones Sustainability Index ein, der zur Beurteilung der Nachhaltigkeit internationaler Unternehmen ermittelt wird. Recherchieren Sie bitte, welche weiteren Kriterien im Index enthalten sind, und beurteilen Sie die Aussagekraft des Dow Jones Sustainability Index. 6.

Unternehmen – auch internationale Unternehmen – stehen in permanenter Interaktion mit ihren Stakeholdern. Auch Non-Profit-Organisationen, wie die Fair Labor Association, spielen dabei eine wesentliche Rolle. a) Bitte suchen Sie nach Begründungen, warum Unternehmen das Interesse von Non-Profit-Organisationen auf sich ziehen. b) Warum geraten gerade grenzüberschreitend tätige Unternehmen, wie etwa Exxon, Coca-Cola oder Adidas, besonders häufig in das Kreuzfeuer der Kritik von Non-Profit-Organisationen? c) Manche Unternehmen reagieren pro-aktiv und beziehen Non-Profit-Organisationen in ihre Entscheidungen und Handlungen mit ein. Entwickeln Sie bitte einen Plan, wie Adidas mit Non-Profit-Organisationen Ihrer Meinung nach umgehen sollte.

7.

Bitte lesen Sie nachfolgenden Textausschnitt aus dem Magazin „Der Spiegel“ und beantworten Sie dazu folgende Fragen: Der Spiegel, 60. Jg., Nr. 46, 2006: „Warme Mahlzeiten“, S. 106. „Von 157 Dollar, die eine Adidas-Näherin in El Salvador bekomme, könne sie gar nichts zurücklegen, sagt Maik Pflaum von der Cir [Christliche Initiative Romero]. Das seien Mindestlöhne, die nur festgesetzt würden, „um ausländische Investoren anzulocken“. Für ein Leben in Würde brauche eine normale Familie, so das dortige Amt für Statistik, 687 Dollar. Pflaum, der seit mehr als zwölf Jahren über die Arbeitsbedingungen in Weltmarktfabriken recherchiert, hat Arbeiterinnen gesehen, die Aufputschmittel nehmen, um 15- oder 20-Stunden-Schichten zu schaffen, und solche, die hungrig ins Bett gehen, weil sie lieber ihre Kinder versorgen. „Wir sorgen dafür, dass die Leute warme Mahlzeiten bekommen“, sagt Seidel [Leiter für Umwelt und Soziales – Europa bei Puma]. Man müsse zudem achtgeben, dass mit zu hohen Löhnen das Gehaltsgefüge im jeweiligen Land nicht destabilisiert werde, sagt Henke [Weltdirektor für Umwelt und Soziales bei Adidas]. Als Pflaum an das Gehalt von Adidas-Chef Herbert Hainer (4,17 Millionen Euro) und die kürzlich eingelösten Aktienoptionen von Puma-Chef Jochen Zeitz (9,4 Millionen Euro) erinnert, geht ein Raunen durch den Saal. ...“

Quelle: Klawitter, Nils (2006): Warme Mahlzeiten. In: Der Spiegel, 60. Jg., Nr. 46, 2006, S. 106. a) Erachten Sie das Gehalt von Adidas-Chef Herbert Hainer im Vergleich zum Lohn, der Arbeiterinnen in der Produktion gezahlt wird, als angemessen? Erläutern Sie bitte, welche Kriterien Sie zur Beantwortung der Frage heranziehen. b) Bringen ausländische Unternehmen tatsächlich das Gehaltsgefüge in Entwicklungs- und Schwellenländern ins Wanken? Sehen Sie darin ein Problem? Bitte begründen Sie Ihre Aussage.

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Adidas

8.

Stellen Sie sich vor, Sie sind der neue Leiter des Bereichs „Global Operations“ von Adidas. Von Ihrem Vorgänger haben Sie die Zielsetzung vernommen, dass der Zulieferkreis von Adidas weiter konsolidiert werden solle. a) Welche Auswahlkriterien würden Sie ansetzen, um Ihre Zulieferer zu bewerten? b) Welche Vorteile hätte es für Adidas, mit wenigen großen Zulieferern zusammenzuarbeiten? c) Welche Nachteile brächte eine Konzentration auf wenige große Lieferanten für Adidas mit sich? d) Bitte legen Sie abschließend – unter Abwägung aller Argumente – Ihre Auffassung im Hinblick auf eine Reduktion der Zulieferunternehmen dar und bereiten Sie eine Vorlage vor, die dem Vorstandsvorsitzenden präsentiert werden kann.

9.

Kulturelle Unterschiede, die auf die Landeskultur zurückzuführen sind, wurden unter anderem von Hall/Hall untersucht. Sie können die erforderlichen Abstimmungs-, Kontroll- und Koordinationsaktivitäten zwischen der deutschen Zentrale von Adidas und den primär chinesischen Zulieferern erschweren. a) Definieren Sie, was sich hinter den Kulturdimensionen von Hall/Hall verbirgt. Nutzen Sie hierfür folgende Veröffentlichung von Hall und seiner Frau als Hintergrundinformation: Hall, Edward T./Hall, Mildred R. (1990): Understanding Cultural Differences. Intercultural Press, Yarmouth, 1990, S. 3-31.

b) Eine der Kulturdimensionen von Hall/Hall ist die Zeitorientierung, die auch in den Kulturstudien von Kluckhohn/Strodtbeck, von Trompenaars und dem GLOBETeam sowie von Hofstede in Form der Langfrist-/Kurzfristorientierung berücksichtigt wird. Hat die Zeitorientierung in den vier Ansätzen dieselbe Bedeutung? Wie unterscheidet sich das Verständnis der Autoren? c) Worin liegen die zentralen kulturellen Unterschiede zwischen Adidas und den chinesischen Zulieferern? Nutzen Sie für den Vergleich die von Hall in seinen Studien ermittelten Kulturdimensionen. d) Welche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit bei Adidas kann man aufgrund der unter c) herausgearbeiteten kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und China erwarten? 10. Adidas hat Anfang 2006 das US-amerikanische Unternehmen Reebok gekauft. Welche Konsequenzen könnte diese Akquisition Ihrer Meinung nach für das Management des Zuliefernetzwerks haben? Skizzieren Sie bitte mögliche Auswirkungen und schildern Sie, wie Sie als Manager mit diesen Auswirkungen umgehen würden.

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11. Versetzen Sie sich in die Rolle des Vorstandsvorsitzenden eines taiwanesischen Unternehmens, das in China Fabriken unterhält und dort bereits Sportschuhe für Nike produziert. Sie möchten Ihre Produktionsauslastung erhöhen. Wie gehen Sie vor, um Adidas als neuen Kunden zu gewinnen? 12. Ebenso wie Nike hat sich auch Adidas im Jahr 2009 verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Zulieferer kein Leder aus dem Amazonasgebiet mehr verwenden. Damit soll ein Beitrag zum Schutz des Regenwaldes geleistet werden. a) Wie kann Adidas Ihrer Meinung nach die Einhaltung dieser Selbstverpflichtung sicherstellen? Entwickeln Sie bitte einige Vorschläge. b) Auch andere Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen haben Erklärungen abgegeben, die auf den Schutz des Regenwaldes abzielen. Recherchieren Sie bitte selbst nach mindestens fünf weiteren Beispielen und vergleichen Sie diese Beispiele im Hinblick auf das Kriterium der Effektivität. 13. Bitte lesen Sie folgenden Ausschnitt aus dem Nachhaltigkeitsbericht von Adidas: „… Wir steigerten die Kooperation mit anderen Markenunternehmen in gemeinsam genutzten Produktionsstätten und widmeten der Erstellung gemeinsamer Maßnahmenpläne zur Behebung von Missständen, insbesondere in Brasilien, Indonesien und Mexiko, größere Aufmerksamkeit. In China führten wir eine Branchenpartnerschaft mit neun anderen globalen Markenunternehmen an, um unsere Richtlinien für Stella, einen der weltweit größten Schuhhersteller, zu harmonisieren, sodass dieser Korrekturmaßnahmen umsetzen konnte, die alle seine Hauptkunden zufriedenstellten. … Im Folgenden erörtert Selcuk Buyukozer, SEA Programme Operations Manager in der Region Amerika, den Austausch von Informationen zur Standardeinhaltung und die Kooperation mit anderen Markenunternehmen. Wie verwalten Sie die Daten zur Standardeinhaltung Ihrer Beschaffungskette? Buyukozer: Wir nutzen seit 2006 das Fair Factories Clearinghouse (FFC) als Datenbank für die Verwaltung aller wichtigen Informationen zur Standardeinhaltung. Alle Produktionsbetriebe werden von unserer Beschaffungsorganisation in dieses System eingetragen und entweder von unserem eigenen SEA-Team oder einem zugelassenen externen Prüfunternehmen kontrolliert. Alle daraus resultierenden Audit-Berichte werden im FFC archiviert. Wie und mit wem tauschen Sie Daten und Berichte zur Standardeinhaltung aus? Buyukozer: Im Jahr 2008 wurde das FFC durch eine neue Funktion erweitert, die es den Mitgliedsunternehmen ermöglicht, Informationen zu Audit-Berichten, Korrekturmaßnahmenplänen und anderen relevanten Dokumenten eines Betriebes auszutauschen. Neben dem Adidas-Konzern nutzen auch große US-amerikanische Einzelhändler und Markenunternehmen wie Wal-Mart, Nike, Levi’s und Timberland das FFC zum Austausch von Informationen. Wir begannen im November 2008 mit dem Austausch von Audit-Informationen und haben diesen seitdem mit allen anderen FFC-Mitgliedern fortgesetzt. Welche Vorteile bietet dieser Datenaustausch mit anderen Unternehmen? Buyukozer: Die wichtigsten Vorteile liegen darin, dass die Zulieferer von den FFCMitgliedsunternehmen einheitlichere Informationen zum Verhaltenskodex erhalten und weniger Audits erforderlich sind. Dies spart Ressourcen bei den Unternehmen und auch bei den Zulieferern. … Was bedeutet diese Art der Kooperation für Sie? Buyukozer: Für den Bereich der Standardeinhaltung kann ich Kooperation als partnerschaftliche Aktivitäten zwischen den Markenunternehmen definieren, um die Arbeitsplatzbedingungen in ge-

70

Adidas meinsam genutzten Betrieben zu verbessern. Eine Kooperation ist in zahlreichen verschiedenen Bereichen möglich, wie beispielsweise beim Austausch von Audit-Berichten, bei der Durchführung gemeinsamer Audits oder bei der Zusammenarbeit an Maßnahmen zum Kompetenzaufbau oder zur Behebung von Missständen in den Betrieben. Mit welchen tatsächlichen Aktivitäten fördert der Adidas Konzern diese Kooperation? Buyukozer: Wir sind der Ansicht, dass Kooperation mehr ist als nur der bloße Austausch von AuditInformationen. Wir ziehen es vor, gemeinsame Korrekturmaßnahmenpläne für einen Herstellerbetrieb in Zusammenarbeit mit den anderen Markenunternehmen und dem Betrieb zu entwickeln. FFC bietet dafür eine überaus effektive Struktur. Unter Mitwirkung des Betriebes können die Korrekturmaßnahmepläne unterschiedlicher Markenunternehmen im FFC kombiniert und so ein gemeinsamer Maßnahmenplan erarbeitet werden. Worin liegen die Vorteile eines harmonisierten Korrekturmaßnahmenplans? Buyukozer: Zunächst einmal müssen die Betriebe nicht mehr auf verschiedene Korrekturmaßnahmenpläne reagieren. Indem sie ihre Korrekturmaßnahmen mithilfe eines vereinheitlichten Plans umsetzen, können die Betriebe die entsprechenden Anforderungen aller Markenunternehmen erfüllen. In Zukunft könnten die Markenunternehmen wahlweise auch nacheinander Audits durchführen und den harmonisierten Korrekturmaßnahmenplan aktualisieren. Somit könnten ebenfalls mehrere Audits und entsprechende Abverfolgungsmaßnahmen vermieden werden, die im gleichen Zeitraum durchgeführt werden und ähnliche Probleme aufdecken. Eine Kooperation ist zudem auch für die Markenunternehmen äußerst vorteilhaft, da wir so unsere Ressourcen effizienter einsetzen können. Was können Sie uns noch zum Thema Kooperation und Austausch von Daten zur Standardeinhaltung erzählen? Buyukozer: Zusätzlich zu den Audits bewerten wir die Standardeinhaltung der Lieferanten mithilfe eines Leistungsindikators. Aus der Messung des Leistungsindikators erhält der Betrieb eine Bewertung auf einer Skala von 100%. Fabriken mit einer Bewertung von 80% oder mehr werden über unser neues Modell zur Eigenverantwortung verwaltet. … Diese Betriebe haben bereits Managementsysteme für Personal sowie Arbeitsschutz eingerichtet und verfügen über interne Audit-Programme. Deshalb haben wir beschlossen, diese Betriebe nicht weiter zu prüfen, sondern uns stattdessen auf die Bewertung und Optimierung ihrer Leistung im eigenverantwortlichen Umgang mit der Standardeinhaltung zu konzentrieren. Somit werden Kapazitäten unseres Teams freigesetzt, um sich auf Betriebe mit einer Bewertung von weniger als 30% zu konzentrieren. Wir sind außerdem bereit, mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die über zuverlässige Programme zur Standardeinhaltung verfügen, wie zum Beispiel die Fair Labor Association oder Multi-Stakeholder-Programme wie „Better Work“. …“

Quelle: Adidas (2011): Nachhaltigkeitsbericht 2010. Internetseiten von Adidas, 2011. URL: http://www.adidas-group.com/de/SER2010/_assets/downloads/ adidasSR2010_full.pdf (Stand 08.08.2012), S. 55-56. a) Die Kontrolle der Zulieferer hat bei manchen Sportartikelherstellern inzwischen eine sehr große Komplexität erreicht. Teilweise wird darüber nachgedacht, die Kontrollaktivitäten im Hinblick auf die Zulieferer wieder zu reduzieren. Würden Sie als Consultant Adidas Änderungen empfehlen (z.B. den Umfang der Kontrollaktivitäten zu reduzieren, die Art der Kontrolle anpassen etc.)? Bitte unterlegen Sie Ihre Antwort durch geeignete Argumente. b) Erachten Sie es als sinnvoll, wenn mehrere Auftragnehmer kooperieren, um ihre Zulieferer gemeinsam (statt jeweils separat) zu kontrollieren? Wägen Sie bitte Vorteile und Nachteile gegeneinander ab.

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14. In den letzten Jahren sind die Löhne und Gehälter in China (bei relativer Betrachtung) stark gestiegen. Bitte denken Sie darüber nach, ob und inwiefern dies Ihrer Meinung nach Konsequenzen für die Produktionsstrategie von Adidas hat. Stellen Sie bitte systematisch die Schlussfolgerungen vor, die Sie aus Ihren Überlegungen ziehen. 15. Ulf und Lars Lunge haben vor einigen Jahren in Mecklenburg-Vorpommern eine Manufaktur von Sportschuhen aufgebaut. Lesen Sie dazu den folgenden Presseausschnitt: Lufthansa Exclusive, Nr. 4, 2011: „Die Renner vom Dorf“, S. 56-58. „Ulf und Lars Lunge stellen die Gesetze der Globalisierung auf den Kopf. „Wir haben gerade die ersten Laufschuhe nach Singapur geliefert“, sagt Ulf Lunge mit hörbarer Befriedigung. Sportartikel aus deutscher Produktion, die Käufer in Asien finden? Ein Ding der Unmöglichkeit, glaubt AdidasChef Herbert Hainer. 2008 verkündete er, die Löhne in China seien doch zu stark gestiegen, sein Unternehmen würde sich nun auf die Suche nach billigeren Standorten machen. Und in Deutschland gefertigte Schuhe müssten im Einzelhandel schon rund 500 Euro kosten. Doch die Brüder Lunge ließen sich von diesem Dogma nicht beeindrucken und nahmen 2008 in Düssin, einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, die Produktion von Laufschuhen auf. Damals erreichten sie eine jährliche Stückzahl von 1.500, im vergangenen Jahr waren es immerhin schon 6.000 Paar, die in einem ehemaligen Kuhstall rund 90 Kilometer östlich von Hamburg in den Karton wanderten. Damit steht die Lunge-Manufaktur zwar als Winzling zwischen den Beinen von Giganten wie Adidas, Asics oder Nike, das allerdings tut dem Selbstvertrauen der beiden Unternehmer keinen Abbruch. „Innerhalb der nächsten fünf Jahre gehen wir auf über 100.000“, sagt Ulf mit Nachdruck, „und wer weiß, vielleicht werden wir irgendwann ja sogar die Millionengrenze überschreiten. Auf jeden Fall werden wir zeigen, wie man bessere Sportschuhe als in Asien baut.“ Ob die Lunges mit solch ehrgeizigen Expansionsplänen recht behalten, wird sich noch zeigen. Heute schon arbeitet die Lunge-Manufaktur jedenfalls am Limit, um die Nachfrage zu befriedigen. Das Händlernetz wird nur zögerlich erweitert, damit keine Lieferengpässe entstehen. All das klappt, obwohl die Lauf-und Walkingschuhe aus deutschen Landen zwar nicht 500, aber doch 200 Euro kosten – rund 50 Euro mehr als die Spitzenmodelle der übermächtigen Wettbewerber Adidas und Puma. Doch der Aufpreis gegenüber den asiatischen Fabrikaten zahlt sich, davon sind Lunges überzeugt, für den Läufer aus. Auch das Laufmagazin Runner´s World attestierte den Tretern aus Düssin eine außergewöhnlich gute Verarbeitung: „Alle Nähte stoßen sehr sauber aufeinander, kein Faden zu viel, keine überschüssigen Klebereste an der Brandsohle. Die Schnürung ist sauber gestanzt.“… Dass sich der studierte Ökonom Ulf und der gelernte Feinmechaniker Lars für einen Produktionsstandort in Deutschland entschieden haben, zeugt nicht zwingend von rührender Heimatliebe und ist auch kein Beleg für grundsätzliche Kritik an der Globalisierung. Tatsächlich hatten sie vor Gründung der Lunge-Manufaktur in Mecklenburg-Vorpommern versucht, ihre Vorstellung vom idealen Laufschuh in Südkorea umzusetzen. Doch die Herstellung von 12.000 Paaren wurde zum Flop: Die gelieferte Qualität erfüllte nicht die Erwartungen, und Abstimmungsprozesse mit dem asiatischen Contract Manufacturer erwiesen sich bisweilen als kafkaesk. Ohnehin halten die Lunge-Brüder die fernöstlichen Herstellungsverfahren für einen Irrweg in der Laufschuh-Evolution. In Asien sind die Mittelsohlen durchgeschäumt oder bestehen aus eingespritzten Kunststoffschäumen. In Düssin werden sie aus dem Vollen geschnitten und sind aus Ethylenvinylacetat (EVA), das von einer Firma für Orthopädietechnik bei Weinheim bezogen wird. Überhaupt sind die Lunges überzeugt von deutschen Zulieferern. Ulf Lunge kann geradezu lyrisch werden, wenn er von den neuen Sohlen für die Herbstmodelle spricht: Diese geschäumte Laufsohle von Schomburg & Graf in Wuppertal ist ein Gedicht: Sie ist griffig, verschleißfest, gedämpft, sammelt keine Steinchen beim Laufen. Und überhaupt: Was wir unter deutschen Herstellern für Leute entdeckt haben, ist unglaublich!“ Dem Einsatz hochwertiger Materialien und der sorgfältigen handwerklichen Verarbeitung in der Manufaktur verdanken die Lunge-Schuhe auch ihre besonderen Qualitäten. Während bei gewöhnlichen Laufschuhen die Dämpfung nach 1.000 bis 1.200 Kilome-

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Adidas tern ermüdet ist und die durchgelatschten Exemplare in den Müll wandern, sollen der „C-Dur“ oder „Allegro“ rund 2.000 Kilometer durchhalten. Hardcore-Läufer können sich ihre Schuhe obendrein zum Pauschalpreis von 70 Euro neu besohlen lassen. …“

Quelle: Drommert, Jürgen (2011): Die Renner vom Dorf. In: Lufthansa Exclusive, Nr. 4, 2011, S. 56-58. a) Welche Wettbewerbsstrategie wählt die Manufaktur von Ulf und Lars Lunge, um sich gegenüber den Branchenführern Nike und Adidas zu positionieren? Erachten Sie diese Wettbewerbsstrategie für den Heimatmarkt Deutschland als erfolgversprechend? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung. b) Nehmen Sie an, Ulf und Lars Lunge wollen ihren Absatz weiter internationalisieren. Welche Markteintritts-, Zielmarkt- und Timingstrategien würden Sie empfehlen? Bitte arbeiten Sie einen begründeten Vorschlag aus. 16. Bei Olympischen Spielen, wie etwa den Spielen 2012 in London, versuchen alle Sportartikelhersteller wie Adidas, Nike oder Puma, große Präsenz zu zeigen. a) Nehmen Sie an, Sie möchten wissen, wie viele Sportler bei den Olympischen Spielen in London Adidas-Sportschuhe tragen bzw. trugen. Wie würden Sie analytisch vorgehen, um die Zahl der Sportler mit Adidas-Sportschuhen zu schätzen? Bitte zeigen Sie Ihr Vorgehen transparent auf und kommen Sie dann zu der von Ihnen ermittelten Zahl an Sportlern mit Adidas-Sportschuhen. b) Welche direkten oder indirekten Effekte erhoffen sich Sportartikelhersteller von der Präsenz bei Großereignissen? Bitte versuchen Sie diese Effekte systematisch aufzuzeigen.

Airbus Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

Prof. Dr. Stefan Schmid, Dr. Thomas Kotulla, Dr. Mario Machulik und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze

Stefan Schmid, Thomas Kotulla, Mario Machulik und Stephan Schulze Airbus: Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

Internationale Unternehmen verteilen ihre Wertschöpfungsaktivitäten oftmals über zahlreiche Länder hinweg. Airbus, die größte Tochtergesellschaft des EADS-Konzerns, wurde von Beginn an als europäisches Unternehmen konzipiert, bei dem eine komplexe länderübergreifende Wertschöpfungskonfiguration – vor allem auch politisch – gewollt war. Während diese Konfiguration lange Zeit als wesentlicher Wettbewerbsvorteil gegenüber dem US-amerikanischen Erzrivalen Boeing bezeichnet wurde, wird sie inzwischen teilweise sogar für die schwere wirtschaftliche Krise mit verantwortlich gemacht, die bei Airbus im Jahr 2006 offenkundig wurde. Das vorliegende Fallbeispiel stellt die Wertschöpfungsaktivitäten Entwicklung und Produktion bei Airbus in den Mittelpunkt. Es wird aufgezeigt, wie die länderübergreifende Zusammenarbeit vor der Unternehmenskrise bei Airbus ausgestaltet war. Anschließend werden die Unternehmenskrise und ihre Konsequenzen in ihren Grundzügen dargestellt. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zur ursprünglichen Fassung dieses Fallbeispiels wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Zeitraum von März bis April 2007 wurde das Fallbeispiel vollständig überarbeitet; im Mai 2012 wurde es erneut leicht angepasst. Ferner wurde im Mai 2012 der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Airbus

Airbus wurde 1970 als Konsortium der französischen Aérospatiale und der deutschen Dasa gegründet. Ziel war es, im zivilen Flugzeugbau ein europäisches Gegengewicht zum US-amerikanischen Unternehmen Boeing zu schaffen. In den folgenden Jahren traten auch Casa aus Spanien (1971) und British Aerospace aus Großbritannien (1979) dem Konsortium bei. Jeder der vier Partner arbeitete als eigenständiges nationales Unternehmen an verschiedenen Komponenten bei der Herstellung von Flugzeugen für die zivile Luftfahrt mit. Diese Arbeitsteilung führte zu einer starken Dezentralisierung der Aktivitäten – und gleichzeitig auch der Kompetenzen – innerhalb des europäischen Konsortiums. Ende des letzten Jahrhunderts beschlossen die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Spanien, nicht nur im Bereich des zivilen Flugzeugbaus – wie im Falle von Airbus –, sondern in allen Sparten der Luftfahrt-, der Raumfahrt- und der Verteidigungsindustrie enger zu kooperieren. So sollten alle Aktivitäten in diesen Bereichen in einem gemeinsamen europäischen Unternehmen gebündelt werden. Zu diesem Zweck wurden die verschiedenen Divisionen und Tochterunternehmen der französischen Aérospatiale Matra1, der deutschen Dasa und der spanischen Casa zum größten europäischen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Verteidigungskonzern – der EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) – fusioniert. Die wichtigste Division und gleichzeitig die größte Tochtergesellschaft von EADS stellt Airbus dar. Zunächst befand sich Airbus nur im 80%-igen Besitz von EADS, während die nicht fusionierte British Aerospace Systems einen Anteil von 20% hielt. Im Oktober 2006 kaufte EADS diesen Anteil von British Aerospace Systems auf und ist seitdem alleiniger Eigentümer von Airbus. Einen Überblick über die damalige Struktur und die damaligen Beteiligungsverhältnisse bei EADS vermittelt Abbildung 1. Auch nach der Gründung von EADS wollte Airbus die gewachsenen länderübergreifenddezentralen Strukturen beibehalten. Im Folgenden soll für die beiden Wertschöpfungsaktivitäten Entwicklung und Produktion gezeigt werden, wie die Aktivitäten zwischen den einzelnen Standorten – bis zu der schweren Unternehmenskrise, die bei Airbus im Jahr 2006 bekannt wurde – verteilt waren und wie die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens organisiert wurde. Die Entwicklung erfolgte bei Airbus auf zwei Ebenen – der des nicht-spezifischen und der des spezifischen Flugzeugdesigns. Beim nicht-spezifischen Flugzeugdesign wurden allgemeine Flugzeugtechnologien entwickelt, die die funktionelle Vorlage für spezifische Flugzeugkomponenten bildeten. Eine solche Technologie stellt z.B. die Entwicklung bestimmter Strömungsprofile für Tragflächen dar, die als funktionelle Vorlage für die Konstruktion der spezifischen Tragflächen für ein Modell der Airbus-Familie dient. Diese

1

Das französische Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen Aérospatiale fusionierte 1999 mit Matra Hautes Technologies zu Aérospatiale Matra.

Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

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nicht-spezifische Entwicklungsebene war bei Airbus an keinen bestimmten Standort gebunden; die Entwicklung erfolgte über Ländergrenzen hinweg in den folgenden acht Kompetenzzentren, den so genannten „Centers of Competence“: (1) Flügel, (2) vorderer und hinterer Rumpfbereich, (3) Nase und mittlerer Rumpfbereich, (4) vertikales Leitwerk, (5) horizontales Leitwerk, (6) elektrische Systeme, (7) spezifische A380-Komponenten sowie (8) Kabine und kundenspezifische Anpassungen. Das letztgenannte Kompetenzzentrum übernahm außerdem die Integration der anderen Kompetenzzentren und unterstützte bei der Endmontage. Jedes dieser „virtuellen“ Kompetenzzentren war verantwortlich für die Entwicklung einer bestimmten technischen Komponente und verfügte über eigene Ressourcen, unter anderem auch über eigene Mitarbeiter und spezifische Kompetenzen. Physisch waren die Ressourcen der Kompetenzzentren auf verschiedene Standorte verteilt.

SOGEADE (Lagardère & französischer Staat)

SEPI (spanische Staatsholding)

29,95%

DaimlerChrysler

5,48%

Streubesitz

22,47%

42,10%

EADS Airbus

Airbus

Militärische TransportFlugzeuge Military Transport Aircraft

Eurocopter

Eurocopter

Verteidigungsund Sicherheits-Systeme Defence & Communication Systems

Raumfahrt

Übrige Aktivitäten

EADS Astrium

ATR

Defence Electronics

EADS EFW

Test & Services

EADS Socata

Military Air Systems

EADS Sogerma

MBDA

Stand Februar 2007.

Division

Tochtergesellschaft

Abb. 1: Struktur und Beteiligungsverhältnisse bei EADS Quelle: Informationen aus EADS (2007a) sowie EADS (2007b). Im Gegensatz zum nicht-spezifischen war das spezifische Flugzeugdesign an einige bestimmte Standorte gebunden. Diese verfügten über Konstruktionsteams, die die Entwicklung spezifischer Flugzeugkomponenten für die einzelnen Flugzeugtypen übernahmen. Welcher Standort für die Entwicklung welcher Komponenten verantwortlich war, zeigt Abbildung 2.

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Airbus

Die Verbindung zwischen den übergreifenden Centers of Competence und den standortgebundenen Konstruktionsteams bildeten die „Engineering Integration Centers“. Diese aus erfahrenen Ingenieuren bestehenden Teams steuerten die Konstruktionsteams und sorgten für den Wissenstransfer von den Centers of Competence zu den jeweiligen Konstruktionsteams. Darüber hinaus existierten im Entwicklungsbereich die so genannten „Colleges of Experts“. In diesen Teams waren erfahrene Spezialisten aus jedem Entwicklungsbereich vertreten, die Führungs- und Beratungsfunktionen auf höchstem Niveau übernahmen. So unterstützten die Teammitglieder übergreifend alle anderen Entwicklungseinheiten, z.B. bei der Gewichtsreduktion der von ihnen entwickelten Komponenten für den „Riesenairbus“ A380.

Filton (Großbritannien): • Flügelbaugruppen • Fahrwerk • Treibstoffversorgung

Toulouse (Frankreich): • Übergreifendes Flugzeugdesign • Nase + mittlerer Rumpfbereich • Cockpit • Flugzeugelektronik • Integration Triebwerksanlage

Getafe (Spanien): • Horizontales Leitwerk • Hilfsturbine • Hinterer Rumpfbereich

Hamburg (Deutschland): • Übergreifendes Flugzeugdesign • Kabinendesign • Vertikales Leitwerk • Gesamte Rumpfstruktur

Bremen (Deutschland): • Landeklappen • Elektrische Systeme • Hydraulische Komponenten

Stand März 2006.

Abb. 2: Überblick über die fünf europäischen Airbus-Standorte mit spezifischen Entwicklungsaufgaben Quelle: Informationen aus Airbus (2006a) und Airbus (2006b). Wie die Entwicklung, so erfolgte bei Airbus auch die Produktion dezentral an mehreren Standorten. Am Beispiel des Riesenairbus A380 wird im Folgenden erläutert, wie die Produktionsaufgaben – bis zur Unternehmenskrise im Jahr 2006 – auf die verschiedenen Airbus-Standorte verteilt waren und welcher logistische Aufwand mit der dezentralen Produktion verbunden war.

Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

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Ähnlich wie andere Modelle produzierte Airbus den A380 zunächst an 16 verschiedenen Standorten. Ausschlaggebend für die Verteilung der Produktionsaufgaben waren die lokal vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten sowie politische Interessen. Jeder der 16 Standorte übernahm dabei, wie in Abbildung 3 erläutert, die Produktion oder Montage bestimmter Unterbaugruppen (z.B. Rumpf, Flügel, Cockpit). Die Endmontage des Riesenairbus erfolgte in Toulouse und in Hamburg. Bauteil/Montage

Standort Bremen

Deutschland

Frankreich

Großbritannien

Spanien

Landeklappen, diverse Blechteile

Buxtehude

Elektronische Kabinenelemente

Hamburg

Kabinenausstattung, diverse Rumpfteile, Teile der RumpfMontage, Teile der Endmontage

Laupheim

Klimaanlagenleitungen, Unterdeckausstattung, diverse Kabinenkomponenten

Nordenham

Profilteile, großflächige Teile, diverse Rumpfteile

Stade

Kohlefaserstützen, -spoiler, -klappen und -rumpfteile

Varel

Diverse Bauteile

Méaulte

Diverse Cockpitteile, diverse Rumpfteile

Nantes

Kielträger, Querruder, Flügel-Montage

St-Nazaire

Rohre, diverse Rumpfteile, Cockpit-Montage, Teile der RumpfMontage

Toulouse

Elektrische Systeme, Cockpitausstattung, Kabineninnenausstattung, Triebwerksbefestigung, Teile der Endmontage

Broughton

Flügel

Filton

Flügelrippen, diverse Metallteile

Getafe

Höhenleitwerk, Fahrwerktüren, Verkleidung

Illescas

Kohlefaseroberflächen, -leitwerke, -türen und -trägerteile, diverse Rumpfteile

Puerto Real

Höhenleitwerkelemente, Türen, Profilnasen, Bugverkleidung, Höhenleitwerk-Montage, Seitenruder-Montage

Stand März 2006.

Abb. 3: Überblick über die Herkunft einzelner Bauteile sowie über deren Montage beim A380 (Auswahl) Quelle: Informationen aus Pieper/Schmid (2006), S. 26, ergänzt um Direktauskünfte von EADS, März 2007. Bevor die Endmontage stattfinden konnte, mussten die Teile erst einmal nach Toulouse bzw. Hamburg gelangen. Die Frage des Transports bezog Airbus bereits bei der Konzeption des A380 mit ein und passte einzelne Komponenten entsprechend den Transportgegebenheiten an. Für die Beförderung nach Toulouse kamen beispielsweise fast alle denkbaren Verkehrsmittel zum Einsatz. Kleinere Flugzeugteile wurden in der Regel per LKW oder mit Hilfe der geräumigen Transportflugzeuge A300-600ST nach Toulouse

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Airbus

transportiert. Für größere Teile erfolgte der Transport per Schiff, was vergleichsweise leicht möglich war, da fast alle Airbus-Standorte am Wasser liegen. Eigens dafür hatte Airbus ein Schiff, die „Ville de Bordeaux“, in China konstruieren und bauen lassen. Das Schiff, das alle größeren Bauteile gleichzeitig transportieren kann, wurde mit Spezialfahrzeugen beladen und war ständig zwischen den einzelnen Häfen unterwegs. Endstation war der Hafen Pauillac in Frankreich. Hier wurden die Teile auf kleinere Schiffe oder auf LKW verladen, um schließlich nach Toulouse zu gelangen. Für Straßenumleitungen und weitere tiefgreifende Infrastrukturmaßnahmen, die für diesen Teil der Transportstrecke notwendig waren, investierten Airbus und der französische Staat rund 170 Mio. €. Vier solcher Großtransporte wurden benötigt, um einen A380 zu fertigen. Ein Überblick über die Transportwege beim Bau des A380 wird in Abbildung 4 gegeben. Obwohl mit dem Transport ein derart hoher logistischer Aufwand verbunden war, machten die Kosten des Transports nach Angaben von EADS nur ca. 2% der Gesamtkosten für einen A380 aus.

Wassertransport Lufttransport GROßBRITANNIEN

Straßentransport

Broughton Mostyn

Hamburg

DEUTSCHLAND

St-Nazaire

FRANKREICH Pauillac Langon Toulouse

Getafe

SPANIEN Puerto Real Cadiz

Stand März 2006.

Abb. 4: Haupttransportrouten beim Bau des A380 Quelle: in Anlehnung an Spaeth (2005), S. 58-65, sowie Zdral (2005), S. 51, ergänzt um Direktauskünfte von EADS, März 2007. Während die beschriebenen dezentralen Strukturen von Airbus lange Zeit als wesentlicher Wettbewerbsvorteil gegenüber dem US-amerikanischen Erzrivalen Boeing galten, werden sie inzwischen teilweise sogar für die schwere wirtschaftliche Krise mit verantwortlich gemacht, in die Airbus im Jahr 2006 geraten war. So traten – unter anderem

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aufgrund von Abstimmungsproblemen zwischen den Standorten in Toulouse und Hamburg – technische Probleme bei der Verkabelung der Passagierkabine des A380 auf, die zu Verzögerungen bei der Auslieferung des Riesenairbus um durchschnittlich knapp zwei Jahre führten. Zusammen mit der für Airbus ungünstigen Entwicklung des USDollars sowie einer mehrjährigen Verzögerung bei der Entwicklung des mittelgroßen Langstreckenflugzeugs A350 bescherte dies dem Unternehmen finanzielle Einbußen in Milliardenhöhe. Als Ursachen für die folgenschweren Verzögerungen gelten nach Ansicht vieler Experten neben schwerwiegenden Managementfehlern insbesondere der hohe Koordinationsaufwand, den die – in erster Linie politisch gewollte – Verteilung der Wertschöpfung auf die 16 Standorte erforderte, sowie eine nicht ausreichende Spezialisierung und Abstimmung zwischen den einzelnen Entwicklungs- und Produktionsstandorten. Als Konsequenz aus der Unternehmenskrise kam es seit Herbst 2006 zu zahlreichen grundlegenden Veränderungen in den Strategien, Strukturen und Prozessen des Unternehmens. Neben einer teilweisen Neubesetzung des Top-Managements und der stärkeren Integration von Airbus in die Muttergesellschaft EADS wurde in diesem Zusammenhang insbesondere der Sanierungsplan „Power8“ entwickelt, dessen Ziele und Maßnahmen in Abbildung 5 dargestellt werden. Von der Umsetzung dieses Sanierungsplans versprach sich Airbus zusätzliche Cashflows in Höhe von insgesamt 5 Mrd. € zwischen 2007 und 2010 sowie jährliche EBIT-Beiträge in Höhe von 2,1 Mrd. € in den Folgejahren. Wie aus der Abbildung hervorgeht, hielt Airbus im Rahmen von Power8 zwar grundsätzlich an der Dezentralität seiner Wertschöpfung fest, organisierte und koordinierte diese jedoch in einer anderen Form als zuvor. Es bleibt abzuwarten, ob das Unternehmen mit dieser Strategie dauerhaft an seine wirtschaftlichen Erfolge der Vergangenheit wird anknüpfen können. Christian Streiff, Wegbereiter für Power8 und zwischen Juli und Oktober 2006 CEO von Airbus, sah die Chancen hierfür zumindest im Jahr 2006 in weite Ferne gerückt, als er folgende Aussage traf: „Wir werden frühestens in zehn Jahren wieder so effizient sein wie Boeing.“ Ziele

Maßnahmen

Reduzierung der Gemeinkosten

- Sukzessive Reduzierung des Personalbestands im Verwaltungs- und Vertriebsbereich um 10.000 Stellen (Frankreich: 4.300; Deutschland: 3.700; Großbritannien: 1.600; Spanien: 400)

Steigerung der Effizienz bei der Endmontage

- Weitgehende Beschränkung der Endmontage des A320 auf Hamburg - Vollständige Beschränkung der Endmontage des A350 auf Toulouse - Leichte Verlagerung der Endmontage des A380 von Hamburg nach Toulouse

Konzentration auf die Kernkompetenzen

- Verkauf oder Zusammenlegung einzelner Werke - Aufbau eines Netzwerks an Systemlieferanten

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Airbus

Reduzierung der Entwicklungszeiten

- Maßnahmen zur Reduzierung der Entwicklungszyklen für neue Flugzeuge von 7,5 auf 6,0 Jahre - Maßnahmen zur Steigerung der Rentabilität der Entwicklungsaktivitäten um 15%

Verschlankung der Produktion

- Weitere Integration von Entwicklung und Produktion - Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität um 16%

Reduzierung der Beschaffungskosten

- Teilung von Risiken im Rahmen von Systempartnerschaften - Reduzierung der Anzahl an Logistikzentren von 80 auf 8

Erhöhung der Liquidität

- Reduzierung des Umlaufvermögens - Strenge Liquiditätskontrolle bei allen operativen Abläufen

Verbesserung der Kundenbeziehungen

-

Optimierung der Organisationsstruktur

- Stärkere länderübergreifende Integration der Unternehmensaktivitäten - Eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten - Entzug der operativen Verantwortung der Leiter der nationalen Airbus-Unternehmen - Teilweise Zusammenlegung von Zentralfunktionen bei EADS und Airbus (vor allem im Finanz- und Personalbereich) - Reduzierung der acht Centers of Competence in der Entwicklung auf vier transnationale Centers of Excellence (Frankreich: Strukturbauteile, Teile der Innenausstattung; Deutschland: Rumpf, Kabine; Großbritannien: Flügel, Pylon; Spanien: Heck)

Ausweitung des Kundenservice Maßnahmen zur Steigerung der Verlässlichkeit Maßnahmen zur Steigerung der Reaktionsfähigkeit Maßnahmen zur Verbesserung der Produktqualität

Stand März 2007.

Abb. 5: Ziele und Maßnahmen des Airbus-Sanierungsplans „Power8“ (Auswahl) Quelle: Informationen aus EADS (2007c) und EADS (2007d), ergänzt um Direktauskünfte von EADS, März 2007.

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Airbus

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Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

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Fragen und Aufgaben 1.

Bevor die französische Aérospatiale Matra, die deutsche Dasa und die spanische Casa zu EADS fusionierten bzw. – wie im Falle von British Aerospace – sich vorübergehend an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligten, bezeichneten die Unternehmen ihre Zusammenarbeit als eine Art Konsortium. a) Erläutern Sie bitte – unabhängig vom Fall – die wesentlichen Charakteristika eines Konsortiums. b) Handelte es sich bei der Zusammenarbeit der Luftfahrtunternehmen um ein Konsortium, auf das die unter a) genannten Charakteristika zutreffen? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. Beschaffen Sie sich bei Bedarf bitte weitere Informationen durch eigene Recherchen. c) Könnte die damalige Zusammenarbeit der Unternehmen auch als Strategische Allianz bezeichnet werden? Erläutern Sie bitte Gründe, die für und Gründe, die gegen eine Charakterisierung als Strategische Allianz sprechen.

2.

Auch nach der Fusion hielt Airbus an einem „Vermächtnis der Vergangenheit“, nämlich an der Dezentralität seiner Wertschöpfungsaktivitäten, fest und bezeichnete diese Strategie lange Zeit sogar als wesentlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem US-amerikanischen Erzrivalen Boeing. Erst als im Jahr 2006 eine schwere wirtschaftliche Unternehmenskrise offensichtlich wurde, stellte Airbus seine Wertschöpfungsdezentralität – zumindest in ihrer bisherigen Ausprägung – in Frage. a) Worin sehen Sie die konkreten Vorteile und worin die konkreten Nachteile einer Dezentralisierungsstrategie gegenüber einer Zentralisierungsstrategie bei Airbus? Erläutern Sie bitte Ihre Aussagen anhand der Funktion „Entwicklung“ und anhand der Funktion „Produktion“. b) Im Gegensatz zu Airbus hat Boeing seine Aktivitäten in der Vergangenheit stärker zentralisiert. Welche Gründe könnte Boeing für die Wahl dieser Strategie gehabt haben? c) Eignet sich aus Ihrer Sicht eine Dezentralisierungsstrategie oder eine Zentralisierungsstrategie besser für die Luftfahrtindustrie? Begründen Sie bitte Ihre Antwort.

3.

Gerade im Falle einer Dezentralisierung von Wertschöpfungsaktivitäten, wie sie bei Airbus von Beginn an erfolgte und – wenn auch in veränderter Form – noch heute charakteristisch ist, kommt der Koordination dieser Aktivitäten eine besondere Bedeutung zu. a) Geben Sie bitte einen Überblick über die im Fallbeispiel erwähnten Koordinationsmechanismen bei Airbus, die vor der Unternehmenskrise im Jahr 2006 im Wertschöpfungsbereich „Entwicklung“ zum Einsatz kamen. Ordnen Sie diese

86

Airbus bitte den strukturellen, technokratischen und personenorientierten Koordinatioonsmechanismen zu. b) Welche darüber hinausgehenden Koordinationsmechanismen und -maßnahmen ergriff Airbus laut den Informationen im Fallbeispiel als Konsequenz aus der Unternehmenskrise? c) Welche weiteren, nicht im Fallbeispiel genannten Koordinationsmechanismen würden Sie als Consultant Airbus für die Wertschöpfungsbereiche „Entwicklung“ und „Produktion“ empfehlen? Begründen Sie bitte Ihre Antwort.

4.

Aufgrund der Attraktivität des chinesischen Marktes errichtete Airbus zwischen 2007 und 2008 erstmals ein Produktionswerk in China und konnte im Jahr 2009 die dortige Fertigung eines ersten Flugzeuges erfolgreich abschließen. a) Bitte recherchieren Sie, welche Gründe in der Wirtschaftspresse dafür genannt werden, dass Airbus ein Produktionswerk in China errichtet hat. Welche weiteren, nicht in der Presse genannten Gründe könnten Sie sich vorstellen? b) Analysieren und diskutieren Sie bitte, ob für das Management von Airbus erhöhte Anforderungen aus der teilweisen Verlagerung der Wertschöpfung nach China erwachsen sind. Falls ja, um welche Anforderungen handelt es sich dabei? c) Identifizieren Sie bitte operative Maßnahmen, die Sie als Manager von Airbus ergreifen würden, um den unter b) genannten erhöhten Anforderungen gerecht zu werden.

5.

In den letzten Jahren haben sich viele Autoren des Internationalen Managements mit der Differenzierung von Tochtergesellschaftsrollen und der Herausbildung von Centers of Competence und Centers of Excellence beschäftigt. a) Lesen Sie bitte zunächst den folgenden Aufsatz, in dem ein Überblick über die Differenzierung von Tochtergesellschaftsrollen gegeben wird: Schmid, Stefan/Kutschker, Michael (2003): Rollentypologien für ausländische Tochtergesellschaften in Multinationalen Unternehmungen. In: Holtbrügge, Dirk (2003, Hrsg.): Management Multinationaler Unternehmungen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Martin K. Welge. Physika, Heidelberg, 2003, S. 161-182.

Nach welchen Kriterien können gemäß den Ausführungen des Aufsatzes Standorte differenziert werden? Wie differenziert Airbus seine einzelnen Standorte? Halten Sie die von Airbus vorgenommene Differenzierung für sinnvoll? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Nehmen Sie bitte die folgenden Beiträge zu Centers of Competence und Centers of Excellence zur Hand:

Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

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Schmid, Stefan (2000): Foreign Subsidiaries as Centres of Competence – Empirical Evidence from Japanese Multinationals. In: Larimo, Jorma/Kock, Sören (2000, Hrsg.): Recent Studies in Interorganizational and International Business Research. Vaasan Yliopiston Julkaisuja, Bd. 58, Vaasa, 2000, S. 182-204. Forsgren, Mats/Andersson, Ulf (2000): In Search of Centre of Excellence. Network Embeddedness and Subsidiary Roles in Multinational Corporations. In: Management International Review, 40. Jg., Nr. 4, 2000, S. 329-350.

Welche Unterschiede existieren in der Literatur hinsichtlich der Definition, was ein Center of Competence bzw. ein Center of Excellence ist? Welche Parallelen und welche Unterschiede sehen Sie zum Verständnis bei Airbus? c) Im Rahmen des Sanierungsprogramms „Power8“ hat Airbus seine acht Centers of Competence auf vier Centers of Excellence reduziert. Bitte führen Sie eigene Recherchen durch und erläutern Sie die Absichten, die dieser Sanierungsmaßnahme zugrunde liegen (könnten). Welche konkreten Konsequenzen hat die Veränderung für die Koordination innerhalb des Wertschöpfungsbereichs Entwicklung bei Airbus? 6.

Häufig erfolgt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen bzw. Unternehmensbereiche in Form von Projekten. a) Informieren Sie sich bitte darüber, was man unter einem Projekt versteht, und nehmen Sie anschließend begründet Stellung, ob und inwiefern es innerhalb der Wertschöpfungsbereiche Entwicklung und Produktion bei Airbus zur Durchführung von grenzüberschreitenden Projekten kommt. b) Für grenzüberschreitende Projekte ist die Zusammenarbeit von Individuen aus unterschiedlichen Kulturen charakteristisch. Bitte identifizieren Sie – beispielsweise anhand der „Colleges of Experts“ – kulturbedingte Probleme, die zwar im Fallbeispiel nicht genannt werden, aber in der Praxis auftreten können. Welche Maßnahmen würden Sie Airbus empfehlen, um diese Probleme zu handhaben?

7.

Bitte lesen Sie den folgenden Ausschnitt, der im Oktober 2005 in der Zeitung „Die Zeit“ erschienen ist, und suchen Sie nach Informationen über die Wettbewerber Airbus und Boeing. Beantworten Sie dann bitte die nachfolgenden Fragen. Die Zeit, 06.10.2005: „Transatlantischer Streit: Wer erhält hier Subventionen?“, S. 31. „Die Neuentwicklung eines Flugzeuges kostet heute zweistellige Milliardensummen. So ist der Wettbewerb der Flugzeuggiganten auch ein Wettbewerb um fremde Hilfen. Erst im Frühjahr haben sich Airbus und Boeing gegenseitig vor der Welthandelsorganisation (WTO) angezeigt. Boeing protestiert gegen europäische Starthilfen für den A350 in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro. Dabei geht es um billige Darlehen, die nur dann zurückgezahlt werden müssen, wenn sich das Flugzeug gut verkauft. Auch für den A380 gab es laut Boeing 6,5 Milliarden Dollar Subventionen. Die Europäer klagen ihrerseits gegen Subventionen für den Dreamliner: Boeings neues Vorzeigeprodukt sei das ‚meistsubventionierte Flugzeug aller Zeiten’. Rechne man alle Unterstützungen für Zulieferfirmen und für die Forschungsarbeit durch Nasa und Pentagon zusammen, habe Boeing 29 Milliarden Dollar erhalten.

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Airbus Während Airbus das Gros der Entwicklung in eigener Arbeit leistet, will Boeing die meisten Bauteile für den Dreamliner nicht mehr selbst herstellen. Die Passagierkabine kommt aus Italien, die Flügel kommen aus Japan. Am Schluss baut Boeing das Flugzeug in drei bis sieben Tagen zusammen. Die Vorteile: Die internationale Kooperation verteilt die Entwicklungsrisiken, schafft politisches Wohlwollen – was wiederum beim Absatz in den beteiligten Ländern hilfreich sein könnte – und bringt vielerorts indirekte Subventionen für die Zulieferer. Dass der Streit vor der WTO jetzt eskaliert, dürfte indes weder mit dem Dreamliner noch mit dem A350 zu tun haben. Vielmehr steht ein Großauftrag an: der Ersatz für die mehr als 500 Tankflugzeuge der US-Luftwaffe, die nach 40 Jahren ausrangiert werden. Das Volumen dieses Deals: 100 Milliarden Dollar. Mit einer effizienten Tankervariante des A330 ist Airbus gut im Rennen, doch ein transatlantischer Handelskrieg könnte den Weg verstellen. Um den Zuschlag zu bekommen, hat Airbus bereits einen US-Partner an Bord genommen.“

Quelle: Mönninger, Michael/Fischermann, Thomas: Transatlantischer Streit: Wer erhält hier Subventionen? In: Die Zeit, 06.10.2005, S. 31. a) Wie gestaltete sich die Wettbewerbssituation zwischen Airbus und Boeing in den Jahren 2000 bis 2005? Bitte ziehen Sie geeignete Kriterien (etwa Umsatz, Gewinn, Flugzeugbestellungen und -auslieferungen) zur Beantwortung der Frage heran. b) Informieren Sie sich bitte anhand geeigneter Medien über die WTO. Welche Aufgabe hat – unabhängig vom vorliegenden Fall – die WTO? c) Welche Konsequenzen hatte der Streit vor der WTO für Boeing und Airbus? Bitte informieren Sie sich anhand eigener Recherchen auch über den tatsächlichen Schiedsspruch. d) Welche Argumente hätten Sie als Top-Manager von Airbus in die Diskussion eingebracht, um sich in der Auseinandersetzung mit Boeing zu rechtfertigen bzw. zu verteidigen? Gegenüber welchen Institutionen bzw. Personen hätten Sie Ihre Argumente vorgebracht, um wirksame Lobbying-Politik zu betreiben? 8.

In der Luftfahrtindustrie wird häufig von einem Kampf zwischen Airbus und Boeing gesprochen. Doch es gibt auch noch andere Wettbewerber. a) Informieren Sie sich bitte über die Unternehmen Bombardier und Embraer und stellen Sie diese anhand ausgewählter Kriterien Airbus und Boeing gegenüber. b) Unterscheiden sich die vier Unternehmen Airbus, Boeing, Bombardier und Embraer im Hinblick auf ihre Wettbewerbsstrategien? Begründen Sie bitte Ihre Antwort. c) Embraer hat seinen Hauptsitz in Brasilien. Stellt dies Ihrer Meinung nach eher einen Vorteil oder eher einen Nachteil für die weitere internationale Expansion des Unternehmens dar? Bitte liefern Sie adäquate Argumente für Ihre Antwort. d) Im Frühjahr 2012 wurde von Boeing und Embraer eine wechselseitige Zusammenarbeit im Flugzeugbau und im Rüstungsgeschäft angekündigt. Halten Sie diese Zusammenarbeit für sinnvoll? Wie sollte Airbus Ihrer Meinung nach auf die Ankündigung der Kooperation reagieren?

Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse? 9.

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Neben Airbus, Boeing, Bombardier und Embraer versuchen weitere Anbieter, in der Industrie Fuß zu fassen. Unter Ihnen befinden sich der russische Anbieter Sukhoi, der chinesische Anbieter AVIC und das japanische Unternehmen Mitsubishi. Diese möchten vor allem bei Flugzeugen mit einer Größe bis 120 Sitzen Marktanteile gewinnen. a) Bitte führen Sie eigene Recherchen zu Sukhoi, AVIC und Mitsubishi durch. Erstellen Sie anschließend für jedes Unternehmen eine SWOT-Analyse. b) Bei der Entwicklung ihrer Flugzeuge arbeiten Sukhoi und AVIC auch mit westlichen Unternehmen zusammen. Im Folgenden finden Sie dazu eine Übersicht aus dem Handelsblatt: Kooperationen beim Sukhoi Superjet 100

Kooperationen beim AVIC ARJ-21

Strategische Partner

Alenia Aeronautica, Kapitalbeteiligung von 25% (Italien)

Bombardier Aerospace (Kanada)

Triebwerke

PowerJet, Joint Venture aus Snecma (Safran Group, Frankreich) und NPO Saturn (Russland)

General Electric (USA)

Fahrwerk

Messier Dowty (Safran Group, Frankreich)

Liebherr Aerospace (Deutschland)

Räder, Bremsen

Goodrich (USA)

Goodrich (USA)

Hydraulik

Parker (USA)

Parker (USA)

Flugsteuerungssysteme

Liebherr Aerospace (Deutschland)

Honeywell (USA)

Klimaanlage, Lüftung

Liebherr Aerospace (Deutschland)

Liebherr Aerospace (Deutschland)

Systemsoftware, Bordelektronik

Thales (Frankreich)

Sagem (Frankreich), Zodiac (Frankreich)

Elektrisches System

Hamilton Sundstrand (USA)

Rockwell Collins (USA)

Treibstoffsystem

Zodiac (Frankreich)

Parker (USA)

Hilfsgasturbinen

Honeywell (USA)

Hamilton Sundstrand (USA)

Inneneinrichtung

BE Aerospace (USA)

FACC (Österreich)

Feuerlöschsystem

Curtiss-Wright (USA)

Kidde Aerospace (USA)

Vermarktung, Beratung

Boeing (USA)

-

Quelle: Alich, Holger/Koenen, Jens (2009): Die Davids der Lüfte rüsten auf. In: Handelsblatt, 17.06.2009, S. 10.

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Airbus Welche Vorteile erhoffen sich Sukhoi und AVIC Ihrer Meinung nach von der Kooperation mit westlichen Unternehmen? Inwiefern könnte die Kooperation für Sukhoi und AVIC auch Probleme und Risiken mit sich bringen?

10. Die Entwicklung von Airbus ist stark mit den politischen Interessen der beteiligten Nationen verknüpft. a) Erläutern Sie bitte systematisch, welchen Einfluss politische Interessen auf Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, Timing-, Zielmarkt-, Allokationsund Koordinationsstrategien von Airbus gehabt haben (könnten). b) Welche Entscheidungen hätte Airbus ohne den Einfluss der Politik womöglich anders getroffen? Halten Sie den politischen Einfluss auf EADS und Airbus langfristig eher für vorteilhaft oder eher für problematisch? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. c) Folgt der Sanierungsplan „Power8“ einer wirtschaftlichen Logik oder spiegeln sich Ihrer Meinung nach eher politische Interessen darin wider? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung. d) Geben Sie bitte einen systematischen Überblick über weitere Faktoren, die die langfristige Unternehmensentwicklung von Airbus Ihrer Meinung nach wesentlich beeinflusst haben (könnten). 11. Bei Fusionen von (weitgehend) gleichberechtigten Partnern – wie im Falle von EADS – stellt sich häufig die Frage, wie und durch wen das neue Unternehmen auf verschiedenen Ebenen geführt wird. a) Informieren Sie sich bitte über das Führungsmodell bei EADS und erläutern Sie dessen wesentliche Aspekte. b) Nachfolgend finden Sie einen Presseausschnitt über Führungsprobleme, die bei EADS im Jahr 2006 aufgetreten sind: Die Zeit, 19.10.2006: „Das alte Gift. Was Deutsche und Franzosen bei EADS entzweit“, S. 33. „Das Familienfoto stammt aus besseren Tagen. Die Männer, die sich zur Gründung des European Aeronautic and Defence Systems (EADS) die Hände reichten, waren von der Zukunftsfähigkeit ihres Projektes überzeugt. Die Szene spielte in Straßburg 1999, als die Regierungschefs Gerhard Schröder und Lionel Jospin mit den Industriellen Jürgen Schrempp und Jean-Luc Lagardère die Fusion der deutschen Dasa und der französischen Aérospatiale Matra feierten. Vor allem Airbus, das Herzstück der EADS-Holding, war Vorzeigemodell für das Europa der Ingenieure. Doch was das Europa der Manager angeht, ist EADS heute zum Schreckbild geworden. Es sind nicht nur Kabel beim A380, die nicht zusammenpassen, sondern vor allem Unternehmensstrukturen und Führungskräfte. Die deutsch-französische Doppelspitze in der EADS, ohnehin ein Unikum bei Weltkonzernen, verwendet viel Energie auf die Kontrolle der Machtbalance, die ihr dann für die Überwachung des Geschäfts fehlt. Zudem halten immer mehr Beobachter die deutschen Spitzenmanager im Konzern für Fehlbesetzungen. Dazu kommen Mentalitätsunterschiede zwischen Deutschen und Franzosen, was politischen Rückhalt und

Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

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eine Beteiligung des Staates angeht. Und schließlich zerfällt die einst halbwegs stabile Aktionärsstruktur, so dass es auf der Kapitalseite bald keine klare Willensbildung mehr gibt. Aus französischer Sicht begann die Schieflage mit dem Tod des Luftfahrt- und Rüstungsmagnaten Jean-Luc Lagardère im Jahr 2003. Der Selfmademan war ein zupackender Industrieller, der die Programmentwicklung vorantrieb, Rivalitäten unter seinen eigenen Kronprinzen austarierte und zudem hervorragende Kontakte zu Jürgen Schrempp besaß. Doch als Lagardères Sohn Arnaud die Geschäfte übernahm, wurde der Autoritätsverfall spürbar. Ein interner Machtkampf unter französischen Managern entbrannte, die auch die deutschen Partner verdrängen wollten. Nun ist nach drei Präsidentenwechseln innerhalb von zwei Jahren Louis Gallois zum Superchef für Airbus und EADS zugleich aufgestiegen – auch deshalb, weil die Deutschen keinen gleichwertigen Gegenkandidaten hatten, heißt es aus Kreisen der Berliner Politik. Das erscheint wie eine finale Machtübernahme der Franzosen, täuscht aber darüber hinweg, dass der französische Kapitalbesitz schrumpft. Denn der Lagardère-Sohn hat die Hälfte seiner EADS-Anteile abgestoßen, weil er den väterlichen Konzern zum globalen Medienunternehmen umbauen will. Auch DaimlerChrysler gilt als Aktionär auf Abruf, der ebenfalls ein Drittel seiner EADS-Aktien verkaufen will, um anstelle eines gemischten Technologiekonzerns wieder sein Kerngeschäft zu betreiben. Für das Vakuum an der EADS-Spitze gibt es zwei Namen: Neben dem desinteressierten Arnaud Lagardère gilt DaimlerChrylser-Vertreter Manfred Bischoff als jemand, der konzerninternen Stimmen zufolge den Kontakt zur industriellen Realität verloren hat und als amtsmüde gilt. Gleichzeitig ließ der Airbus-Interimschef Christian Streiff nach seinem Ausstieg in einem Interview durchblicken, der deutsche EADS-Chef Thomas Enders habe statt operativer Kenntnisse nur ausgeprägte Kontrollwut gezeigt und mit bis zu zehn Anrufen täglich den Airbus-Chef extrem behindert. Erst in der aktuellen Krise geht das EADS-Management daran, doppelte Berichtslinien und Entscheidungsprozesse abzuschaffen. Unverändert in Parallelwelten bewegen sich die Mentalitäten der Manager. Während Franzosen den staatsfernen deutschen Vorstandskapitalismus kritisieren, stören sich die Deutschen am marktfernen Staatskapitalismus in Frankreich. Luftfahrt und Verteidigung gelten dort traditionell als Domäne des Präsidenten, der zugleich Armeeoberbefehlshaber ist. Das steht quer zu deutschen Grundsätzen von Rüstungskontrolle und demokratischer Militärorganisation. Zudem hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren viele Staatsbeteiligungen verkauft. Zwar lassen sich auch französische Konzernführer längst nicht mehr von der Politik ins operative Geschäft hineinreden. Doch sie haben weniger Berührungsängste, wenn der Staat in strategischen Fragen mitmischt und über sicherheitsrelevante Konzerne als Teilhaber die Hand hält. Die Gegensätze wurden überdeutlich, als die französische Regierung die Deutschen bereits im Jahr 2005 zum Erwerb von EADS-Anteilen bewegen wollte. Die Franzosen, die 15 Prozent der Aktien in Staatsbesitz halten und aufgrund des Aktionärspaktes ihre Anteile nicht beliebig erhöhen können, wollten mit deutscher Hilfe verhindern, dass Lagardères Rückzug den Streubesitz steigert. Sie baten Joachim Bitterlich, Ex-Europachef von Kanzler Kohl und heute in der Geschäftsführung des Umweltkonzerns Veolia, um Vermittlung. Doch Bitterlich stieß in Berlin auf vollständiges Desinteresse. Heute dagegen ist der Einstieg der Kreditanstalt für Wiederaufbau kein Tabuthema mehr, und Frankreich begrüßt, wenn es die Deutschen auf Parität bei den öffentlichen EADS-Anteilen bringen. Dass mit der beiderseitigen Staatsbeteiligung auch die Doppelhierarchie des gegenseitigen nationalen Misstrauens entfällt, ist freilich Wunschdenken. Ein Schritt in diese Richtung ist zwar das neue Doppelamt von Louis Gallois. Allerdings kontrolliert er sich gleichsam selbst. Das entspricht zwar dem in Frankreich gängigen Modell des Président Directeur Général, der Vorstandschef und zugleich Aufsichtsratsvorsitzender ist. Doch wird die Airbus-Krise hoffentlich nicht dazu führen, dass operative Arbeit und deren Kontrolle künftig immer in einer Hand liegen.“

Quelle: Mönninger, Michael (2006): Das alte Gift. Was Deutsche und Franzosen bei EADS entzweit. In: Die Zeit, 19.10.2006, S. 33.

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Airbus Erläutern Sie bitte, ob und inwiefern das Führungsmodell bei EADS eine Ursache für die Führungskrise dargestellt haben könnte. c) Durch welche Maßnahmen bzw. Änderungen am Führungsmodell von EADS und Airbus könnten die unter b) geschilderten Probleme Ihrer Meinung nach zukünftig vermieden werden? Machen Sie bitte begründete Vorschläge. d) Erläutern Sie bitte, welche Bedeutung die unterschiedlichen Kulturen in Frankreich und Deutschland für die unter b) geschilderten Probleme gehabt haben könnten. Welche Maßnahmen würden Sie Airbus vorschlagen, um diese Probleme zu handhaben?

12. Bitte führen Sie umfassende eigene Recherchen zu den Entwicklungen bei EADS und Airbus seit Juni 2006 durch. a) Welche Ursachen für die Unternehmenskrise von Airbus werden in der Wirtschaftspresse sowie von offizieller EADS- und Airbus-Seite aufgeführt? Was waren Ihrer Meinung nach die Hauptursachen für die Krise? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Halten Sie den Ende Februar 2007 von EADS veröffentlichten Sanierungsplan „Power8“ für geeignet, um die Unternehmenskrise bei Airbus dauerhaft zu überwinden? Zu welchen darüber hinausgehenden Maßnahmen hätten Sie als Consultant Airbus geraten? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Antwort. c) Wie weit und wie erfolgreich ist Airbus bislang mit der Umsetzung von „Power8“ vorangekommen? Mit welchen Problemen und Hürden hat das Unternehmen zu kämpfen? Was würden Sie Airbus empfehlen, um diese Hürden zu überwinden? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. d) Würden Sie sagen, dass Airbus seine damalige Unternehmenskrise inzwischen vollständig überwunden hat? Bitte unterlegen Sie Ihre Antwort durch geeignete Argumente. 13. Im Zuge der Bekanntgabe des Sanierungsplans „Power8“ kam es – insbesondere in Frankreich und Deutschland – zu zahlreichen Protestkundgebungen von AirbusMitarbeitern. Lesen Sie dazu bitte die folgenden beiden Zeitungsausschnitte: Die Welt, 17.03.2007: „Betriebspolitischer Unsinn“, S. 12. „In den Airbus-Partnerländern haben zehntausende Menschen gegen den Sanierungsplan des Flugzeugbauers demonstriert. Die größte Kundgebung mit 15.000 Teilnehmern gab es nach Gewerkschaftsangaben in Hamburg. In Toulouse in Südwestfrankreich meldete die Polizei mindestens 5.500 Demonstranten. IG Metall-Chef Jürgen Peters und der Generalsekretär des Europäischen Metallgewerkschafterbundes (EMB), Peter Scherrer, forderten die Beschäftigten zum grenzüberschreitenden Zusammenhalt gegen den Sparplan auf. Gestrichen werden sollen 10.000 Stellen vor allem in Frankreich und in Deutschland. „Wir haben bis heute keine Antwort, warum erfolgreiche und produktive Standorte verkauft oder an Partner abgegeben werden sollen“, sagte der Chef des deutschen Airbus-Betriebsrates, Rüdiger Lütjen, in Hamburg. Es handele sich um „betriebspolitischen Unsinn“, den man auch nicht begründen könne. „Auf einmal sind sie nicht mehr zufrieden mit uns, und wir wissen nicht warum“, sagte Frieder Bunjes von Airbus in Nordenham. … Wie Peters

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gab auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) dem Management des Flugzeugbauers die Schuld an der Krise. „Ich sehe nicht ein, dass die Manager die Fehler machen und die Arbeiter für die Fehler am Ende bezahlen müssen.“ Die Politik werde alles dafür tun, die Hochtechnologie-Standorte in Deutschland zu retten. Die Airbus-Führung solle endlich auf die guten Argumente des Betriebsrates hören. „Das Sanierungsprogramm allein reicht nicht aus“, sagte Wulff. ...“ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.03.2007: „Airbus bestreitet Managementfehler“, S. 14. „Der Deutschland-Chef von Airbus, Gerhard Puttfarcken, hat den Vorwurf, dem Management seien Fehler unterlaufen, zurückgewiesen. Grund für den Abbau von Arbeitsplätzen und den Verkauf von Werken sei der Kapitalbedarf für Zukunftsprojekte, sagte er am Freitag. „Wir haben uns hier auf einen Trend einzustellen.“ Viele Industrien hätten diese Veränderungen bereits hinter sich. „Wir in der Luftfahrtindustrie hinken da hinterher.“ Man müsse sich den Herausforderungen der Globalisierung stellen. Bei den Sparplänen gebe es aber noch Verhandlungsspielraum, sagte er. Betriebsrat und IG Metall wehren sich gegen den geplanten Abbau von 3.700 Stellen in Deutschland und den Verkauf der Werke in Varel und Laupheim. Konzernweit will sich Airbus von 10.000 Mitarbeitern trennen, wobei Entlassungen möglichst vermieden werden sollen. Die Beschäftigten der sieben deutschen Airbus-Werke wurden am Freitag auf Betriebsversammlungen über die Sanierungspläne informiert. Dabei bekam das Management die Wut der Mitarbeiter zu spüren: Bei seinem Auftritt im Werk Nordenham wurde Puttfarcken laut ausgepfiffen. ...“

Quelle: Maaß, Stephan (2007): Betriebspolitischer Unsinn. In: Die Welt, 17.03.2007, S. 12, sowie o.V. (2007): Airbus bestreitet Managementfehler. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.03.2007, S. 14. a) Während viele Airbus-Mitarbeiter das Management für die Unternehmenskrise verantwortlich machen, weisen die meisten Airbus-Manager jegliche Schuld von sich. Bitte führen Sie eigene Recherchen durch und geben Sie eine begründete Einschätzung ab, ob die Ursachen für die Airbus-Krise am ehesten bei der Unternehmensführung, bei den Mitarbeitern oder bei anderen Personengruppen bzw. Institutionen zu suchen sind. b) In dem Ausschnitt aus der Zeitung „Die Welt“ wird unter anderem der Vorwurf erhoben, dass die Airbus-Mitarbeiter für die Fehler des Managements mit ihrem eigenen Arbeitsplatz „bezahlen“ müssen, ohne für die Unternehmenskrise mit verantwortlich zu sein. Halten Sie diesen Vorwurf für gerechtfertigt? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. 14. Am Ende des Fallbeispieltextes wurde Christian Streiff mit den Worten zitiert: „Wir werden frühestens in zehn Jahren wieder so effizient sein wie Boeing.“ Gleichzeitig gibt es in den Medien auch sehr kritische Berichte zum Konkurrenten Boeing. Lesen Sie nachfolgend einen Ausschnitt aus dem Magazin Capital, in dem Boeing beschrieben wird: Capital, 47. Jg., Nr. 12, 2009: „Boarding kompliziert“, S. 118-121. „… Blindflug. … Die größten Pannen, Skandale und Rückschläge bei Boeing. 2001: Der Konzern verliert den Kampf um den Joint Strike Fighter. Das US-Militär vergibt den Milliardenauftrag an Lockheed Martin. 2001: Boeing kündigt den Bau eines schallschnellen Verkehrsflugzeugs an. Der Sonic Cruiser wird nie gebaut.

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Airbus 2003: Airbus löst die Amerikaner als größten Flugzeugbauer der Welt ab. 2003: Behörden decken Korruption in der Militärsparte auf. Finanzchef Michael Sears muss ins Gefängnis, Konzernchef Phil Condit tritt zurück. 2003: Boeing wird wegen Industriespionage bei Lockheed Martin zu hohen Geldstrafen verurteilt und von Raketenaufträgen ausgeschlossen. 2005: Vorstandschef Harry Stonecipher verliert sein Amt: Er hatte eine Affäre mit einer Mitarbeiterin. 2007: Der Erstflug des neuen Langstreckenjets 787 wird wegen technischer Probleme verschoben – der Dreamliner fliegt bis heute nicht. 2009: Auch der Superjumbo 747-8 verspätet sich. Boeing musste auf beide Projekte bislang 4,5 Milliarden Dollar abschreiben. …“

Quelle: Jahn, Thomas (2009): Boarding kompliziert. In: Capital, 47. Jg., Nr. 12, 2009, S. 118-122. a) Nutzen Sie sowohl die Informationen aus dem Fallbeispiel als auch die Ergebnisse einer eigens durchgeführten Recherche, um die zentralen Probleme zu identifizieren, die in den Unternehmen Airbus und Boeing in den Jahren 2000 bis 2012 existierten. Versuchen Sie, diese Probleme systematisch den von Michael E. Porter identifizierten Wertschöpfungsaktivitäten zuzuordnen. Beachten Sie, dass manche Probleme auch mehrere Wertschöpfungsaktivitäten gleichzeitig betreffen können. Der Einfachheit halber finden Sie Porters Wertschöpfungskette nachfolgend dargestellt. Infrastruktur des Unternehmens Sekundäraktivitäten bzw. flankierende Maßnahmen

Personalmanagement Technologische Entwicklung Beschaffung

Eingangslogistik

Operative Funktionen

Ausgangslogistik

Marketing und Verkauf

Kundendienst

Primäraktivitäten vorgelagerte Primäraktivitäten

nachgelagerte Primäraktivitäten

Quelle: in Anlehnung an Porter, Michael E. (1989): Der Wettbewerb auf globalen Märkten: Ein Rahmenkonzept. In: Porter, Michael E. (1989, Hrsg.): Globaler Wettbewerb. Strategien der neuen Internationalisierung. Gabler, Wiesbaden, 1989, S. 23.

Dezentrale Wertschöpfung in Europa als Erfolgsgeheimnis oder Achillesferse?

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b) Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Airbus und Boeing erkennen Sie auf Basis der unter a) herausgearbeiteten Ergebnisse? Wie erklären Sie sich diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

Audi Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Mario Machulik

Stefan Schmid und Mario Machulik Audi: Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

Viele Unternehmen haben sich in den letzten Jahren entschieden, einen Teil ihrer Produktion in das Ausland zu verlagern. In diesem Fallbeispiel wird eine bedeutende Auslandsinvestition des Automobilherstellers Audi herausgegriffen. Es wird dargestellt, warum Audi eine Tochtergesellschaft im ungarischen Györ aufgebaut hat und wie sich diese ausländische Tochtergesellschaft sogar zum größten Exporteur Ungarns entwickelt hat. Darüber hinaus wird die Einbindung der ungarischen Tochtergesellschaft in das grenzüberschreitende Wertschöpfungsnetzwerk kurz skizziert. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Audi

Der Automobilhersteller Audi gehört – unter anderem zusammen mit Škoda und Seat – zum deutschen Volkswagen-Konzern und deckt vor allem das mittlere und obere Segment des Automobilmarktes ab. Bis zu Beginn der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts galt Audi als Automobilhersteller, der im europäischen Ausland primär aufgrund umfangreicher Vertriebsaktivitäten vertreten war. Audi hatte damals Hauptwerke am bayerischen Stammsitz in Ingolstadt und im baden-württembergischen Neckarsulm. Zu Beginn der 1990er Jahre stellte Audi die bisherige Strategie, nur im Inland zu produzieren, in Frage. Es kam zu Überlegungen, einen Teil der Fertigung in das Ausland zu verlegen. Dahinter verbarg sich vor allem die Intention, Produktionskosten zu senken. Ohnehin ging es zum damaligen Zeitpunkt darum, neue Kapazitäten für die Fertigung einer moderneren Motorengeneration zu schaffen. Anvisiert wurde daher der Bau eines Motorenwerkes und einer Montagehalle im Ausland. Geprüft wurden in diesem Zusammenhang 180 unterschiedliche Standorte. Die meisten dieser zu prüfenden Standorte befanden sich in Zentral- und Osteuropa. Wie für viele andere Unternehmen auch, gab es für Audi zum damaligen Zeitpunkt zahlreiche Gründe, über Direktinvestitionen in Zentral- und Osteuropa nachzudenken. Eine allgemeine Übersicht über zentrale Gründe, sich in Zentral- und Osteuropa niederzulassen, findet sich in Abbildung 1. Dort wird zudem dargelegt, warum sich die Regierungen zentral- und osteuropäischer Staaten oftmals aktiv um eine Förderung von Direktinvestitionen bemühen. In der Endauswahlstufe des Entscheidungsprozesses wurden von Audi neben Standorten in den Neuen Bundesländern vor allem Standorte in Tschechien und in Ungarn verglichen. Die Entscheidung fiel 1992 auf die ungarische Stadt Györ, in der die Audi Hungaria Motor Kft. im Jahre 1993 gegründet wurde. Ausschlaggebend für den Standort Györ war – wie bei den meisten Standortentscheidungen – nicht nur ein Argument, sondern das Zusammenspiel einer Vielzahl von Argumenten. Der Standort Györ versprach Kostenvorteile, da das Lohnniveau in Ungarn deutlich unter dem Lohnniveau in Deutschland lag (und immer noch liegt). Györ zeichnete sich ferner durch eine günstige geographische Lage aus. Die Nähe zum Stammsitz – Entfernung nur etwa 600 Kilometer von Ingolstadt – galt als entscheidender Faktor. Schließlich war der Standort in Györ als Motorenwerk (und späteres Montagewerk) konzipiert, was von Anfang an Lieferungen und Leistungen innerhalb des Audi-Konzerns implizierte. Just-in-Time-Prozesse wurden somit leichter ermöglicht, als dies bei einer Entscheidung für weiter entfernte Standorte der Fall gewesen wäre. Zudem war Györ bereits zum damaligen Zeitpunkt verkehrsinfrastrukturell vergleichsweise gut an das für Audi wichtige Straßen- und Schienennetz angebunden.

Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

Motive für die Vornahme von Direktinvestitio(1) nen in ZOEL aus der Sicht grenzüberschreitend tätiger Unternehmen • ”resource-seeking” − Zugang zu natürlichen Ressourcen − Suche nach (hoch-)qualifiziertem Personal − Zugriff auf bestehende Assets (z.B. Distributionskanäle) − Ausnutzung von Kostenvorteilen bei der Beschaffung von Produktionsfaktoren − Inanspruchnahme von Vergünstigungen und staatlichen Anreizen • ”market-seeking” − Zugang zu neuen Volumenmärkten und Wachstumsmärkten

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Motive für die Förderung von Direktinvestitio(1) nen in ZOEL aus der Sicht des Gastlandes • Sicht der Einzelinvestition im Gastland − Verhinderung des Bankrotts lokaler Unternehmen − Erschließung neuer Finanzierungsquellen − Zugang zu neuen Technologien und Erwerb neuen Management-Know-hows − Nutzung vakanter Ressourcen und Verbesserung der Produktivität − Zugang zu neuen Ressourcen und Vorprodukten − Erschließung von bzw. Zugang zu ausländischen Märkten

− Ausnutzung von Imitationslücken und Realisierung von ”First-Mover-Vorteilen”

− Einbindung in globale Produktionsnetzwerke (Möglichkeit zur Spezialisierung)

− Aufbau langfristiger Markt- und Wettbewerbspositionen

− Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit

− Entwicklung neuer Produkte

− Sicherung der langfristigen Unternehmensentwicklung

• ”efficiency-seeking” − Verbesserung der Effizienz bzw. Beschleunigung der Restrukturierung einzelner Funktionsbereiche − Länderübergreifende Erzielung von Economies of Scale und Economies of Scope − Netzwerkartige Strukturierung der Wertschöpfungskette unter Einbeziehung ZOEL • ”strategic asset-seeking” − Ausgangsbasis für weitere Expansionen in ZOEL oder benachbarte Länder (Brückenkopf) − Zugang zu lokalem Marktwissen und Netzwerken − Erhaltung bzw. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit bei wertschöpfungsschwachen Produktionen − Erhaltung des oligopolistischen Gleichgewichts

• Sicht des Gastlandes − Erzielung von Verkaufserlösen − Abbau von Auslandsschulden und öffentlichem Defizit − Reduzierung der laufenden Verpflichtungen der öffentlichen Hand − Transfer von Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen in das Land − Verbesserung lokaler Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen (z.B. Erhöhung der Standardproduktqualität, Produktivitätsverbesserungen) − Erweiterung des lokalen Produktangebots − Lerneffekte − Erhaltung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze − Wirtschaftswachstum − Positive Effekte auf die Leistungsbilanz (z.B. Exportsteigerungen) − Erzielung von Steuereinnahmen − Spill-Over-Effekte auf andere Unternehmen und für andere Branchen − Verbesserung der Ressourcenzuteilung und Ressourcennutzung

(1) ZOEL: Zentral- und Osteuropäische Länder.

Abb. 1: Gründe für die Vornahme und Förderung von Direktinvestitionen in Zentral- und Osteuropa Quelle: Schmid/Machulik (2004), S. 27.

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Audi

Für Audi spielte ferner auch die Qualifikation der Mitarbeiter eine große Rolle. So existierte in Györ bereits zu planwirtschaftlichen Zeiten das Konglomerat Rába im Bereich der Schwerindustrie, welches mit westlichen Unternehmen, wie etwa MAN, zusammenarbeitete und über Erfahrungen im automobilnahen Bereich verfügte. Viele der (ehemaligen) Mitarbeiter Rábas waren gut ausgebildet; manche suchten nun im Zuge des Transformationsprozesses nach neuen Herausforderungen. Der Zeitdruck sprach ebenso für Györ; in Györ konnte Audi auf eine Produktionshalle zurückgreifen, die von Rába bereits nahezu fertig gestellt war. Die dazu notwendigen Investitionen lagen nur bei einem Drittel dessen, was eine vergleichbare deutsche Produktionsstätte an Investitionen erfordert hätte. Steuervergünstigungen machten die Entscheidung für Audi zusätzlich attraktiv; es kam zu einer Befreiung von der Ertrags- und Gewerbesteuer. Außerdem sicherten die ungarischen Behörden zu, auf Importzölle zu verzichten und die Zollformalitäten auf ein Minimum zu beschränken. In Györ wurde ab der Inbetriebnahme im Jahr 1994 rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche produziert. Schon in den ersten Jahren nach Aufnahme der Fertigungsaktivitäten zeigte sich, dass Györ nicht nur ein kostengünstiger Standort war, sondern auch die von Audi gestellten Qualitätsanforderungen erfüllte. 1996 entschied sich Audi, fast die gesamte Motorenproduktion in Deutschland einzustellen und nach Györ zu verlagern. Der Standort Györ hatte also bereits nach kurzer Zeit eine zentrale Rolle im AudiNetzwerk angenommen. Doch damit noch nicht genug – Györ wurde im weiteren Verlauf zusätzlich ausgebaut. Audi entschloss sich 1998, die Modelle Audi TT Coupé und Audi TT Roadster in Györ montieren zu lassen. Zwischen Anfang 2001 und dem Jahr 2003 wurde die Endmontage des Audi A3 ebenfalls in Györ durchgeführt. Somit kamen zur Motorenfertigung umfangreiche Montageaktivitäten hinzu. Und schließlich verlagerte Audi zunehmend auch Entwicklungstätigkeiten von Deutschland in die ungarische Tochtergesellschaft. Bis zum Jahre 2001 wurde eine Entwicklungsabteilung aufgebaut, in der heute ca. 100 Ingenieure hauptsächlich an Qualitätsprüfungen arbeiten. Im Laufe der Zeit hat die Bedeutung von Audi Györ auch für andere Teileinheiten des VolkswagenKonzerns zugenommen. So waren 2005 etwa 45% der Motoren nicht für Audi-Modelle, sondern für Volkswagen-, Škoda- und Seat-Modelle bestimmt. Der Standort in Györ ist in ein umfangreiches Logistiksystem eingebettet. Wöchentlich verkehren nach und von Györ 34 Komplettzüge. Insbesondere für die Montage der Modelle Audi TT Coupé und Audi TT Roadster sind eine Vielzahl von Vorprodukten nötig. Diese kommen größtenteils (noch) aus Ingolstadt und anderen Standorten außerhalb Györs; nur ein sehr geringer Teil der Vorprodukte stammt aus Ungarn, da Audi – anders als etwa Konkurrenten, wie z.B. Suzuki – im Gastland keine Local-Content-Vorschriften zu beachten hat, d.h. nicht auf lokale Zulieferer zurückgreifen muss. Der Logistikdienstleister Schenker – ein Geschäftsbereich der Stinnes-Gruppe – steuert den Materialfluss zwischen Ingolstadt, weiteren Konzernstandorten der Volkswagen-Gruppe und dem Standort Györ. Die gesamte Logistik wird vor Ort durch eine Tochtergesellschaft des Outsourcing-Partners Rudolph Logistik abgewickelt.

Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

101

Aus einer anfänglich geplanten Investition in Höhe von ca. 300 Mio. € wurden bis 2003 1,8 Mrd. €. Aus einem Werk mit ursprünglich nur mehreren hundert Mitarbeitern erwuchs ein Standort mit etwa 5.000 Beschäftigten. Zwischen 1993 und 2003 wurden in Györ mehr als 7,4 Millionen Motoren produziert und etwa 300.000 Automobile montiert. Zu Beginn des neuen Jahrtausends lag die Jahresproduktion bei 1,3 Millionen Motoren. Audi ist mittlerweile zum größten Exporteur Ungarns geworden. Das Audi-Management zeigt sich überzeugt davon, dass die Entscheidung für die Etablierung der Tochtergesellschaft in Ungarn einen von mehreren Mosaiksteinen für den erfolgreichen Geschäftsverlauf der letzten Jahre darstellt. Unter anderem ist das Management stolz darauf, dass es trotz des Arbeitsplatzaufbaus in Ungarn mittelfristig nicht zu Arbeitsplatzverlusten in Deutschland kam, was auch Abbildung 2 verdeutlicht.

Mitarbeiter (in Tsd.)

55 50 45 40 35 30 25 1994

1995

1996

1997

Deutschland

Deutschland Györ Andere Länder(1) Total

1998

1999

2000

Györ/Ungarn

2001

2002

2003

2004

Andere Länder

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

32.013

32.558

33.805

36.001

38.097

40.736

43.118

44.374

44.261

45.316

45.511

202

265

724

1.760

2.914

4.312

4.831

4.857

4.767

4.939

5.146

0

0

0

0

0

752

1.447

1.910

2.170

2.434

2.487

32.215

32.823

34.529

37.761

41.011

45.800

49.396

51.141

51.198

52.689

53.144

(1) Nur im Geschäftsbericht konsolidierte Unternehmen.

Abb. 2: Beschäftigungsentwicklung bei Audi Quelle: Daten aus Audi (1995), Audi (2003), Audi (2005) und diversen Presseveröffentlichungen.

102

Audi

Quellen Audi (1995): Geschäftsbericht 1994. Ingolstadt, 1995. Audi (2001): Geschäftsbericht 2000. Ingolstadt, 2001. Audi (2003): Geschäftsbericht 2002. Ingolstadt, 2003. Audi (2005): Geschäftsbericht 2004. Ingolstadt, 2005. Finczicki, Bela (2002): Automotive Firm’s Outsourcing Gives Boost to Niche Player. In: Budapest Business Journal, 3.-9. Juni 2002, S. 16. Keune, Maarten/Toth, András (2000): Case Study of Area Responses to Globalization. Foreign Direct Investment, Local Suppliers, and Employment in Györ, Hungary. SEED Working Paper Nr. 10, Series on Globalization, Area-based Enterprise Development and Employment, International Labour Office, Geneva, 2000. Knop, Carsten (2003): Audi baut in Ungarn aus. Das Entwicklungszentrum von Audi Hungária wird zehn Jahre alt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.09.2003, S. 17. o.V. (1993a): Audi verzeichnet Aufschwung beim Export. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.01.1993, S. 16. o.V. (1993b): Audi. Nachfrage im Rückwärtsgang. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.1993, S. 13. o.V. (1995): Györ sichert Arbeitsplätze in Deutschland. Die Audi AG hat mit der Motorenproduktion in Ungarn die eigenen Zielsetzungen übertroffen. In: Süddeutsche Zeitung, 15.04.1995, S. 23. o.V. (1996a): Audi: Motorenmontage in Ungarn. Angeblich auch Montage von Sechs- und Achtzylindern in Györ. In: Süddeutsche Zeitung, 30.04.1996, S. 22. o.V. (1996b): Audi baut jetzt auch in Ungarn Autos. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.1996, S. 23. o.V. (1997): Audi fährt weiter hohes Gewinntempo. In: Börsen-Zeitung, 09.08.1997, S. 7. o.V. (1998a): Im Motorenwerk Györ laufen die ersten Autos vom Band. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.05.1998, S. 25. o.V. (1998b): Audi vor neuerlichem Ergebnissprung. In: Börsen-Zeitung, 30.10.1998, S. 10. o.V. (1999): Audi Plant in Hungary Passes Environmental Audit. Internetseiten von Automotive Intelligence, 1999. URL: http://www.autointell-news.com/News-1999/october-1999/news_of_October-0599-p3. htm (Stand 18.05.2005). o.V. (2000): Interim Report of Audi AG. Internetseiten vom Presseportal, 2000. URL: http:// www.presseportal.de/story.htx?nr=162769&search=interim,report,of,audi,ag (Stand 16.12.2005). o.V. (2002a): Ordentliche Hauptversammlung der Audi AG. Internetseiten von Audi, 2002. URL: http://www.audi.com/de/de/unternehmen/news/pressemitteilungen/artikelanzeige_neu/artikelanzeig e_neu.jsp?News=330134 (Stand 27.04.2005). o.V. (2002b): Strukturen schaffen und Wurzeln schlagen. Audi Hungária Motor Kft. wächst am Standort Györ kontinuierlich. In: Ost-West-Contact, 48. Jg., Nr. 10, 2002, S. 54-55. o.V. (2003): Zehn Jahre Motorenwerk in Ungarn. Internetseiten von Audi, 2003. URL: http://www. audi.com/de/de/unternehmen/news/pressemitteilungen/artikelanzeige_neu/artikelanzeige_neu.jsp? News=1643561 (Stand 27.04.2005). o.V. (2012): Audi baut Geländewagen in Mexiko. In: Börsen-Zeitung, 20.04.2012, S. 11. Sabatini, Jeff (2000). Assembling the Awesome Audi. In: Automotive Manufacturing & Production, o. Jg., Nr. 4, 2000, S. 72-75. Schenker (2004): Audi – Schenker und Bahnlogistikpartner: Fortschritt auf der Schiene durch Technik und Logistik. Internetseiten der Schenker Deutschland AG, 2004. URL: http://www.schenker.de/deut sch/news/newsOrdner/2004_10/pmAudi.html (Stand 28.04.2005).

Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

103

Schmid, Stefan/Machulik, Mario (2004): Die Bedeutung von Tochtergesellschaften bei der Erschließung mittelosteuropäischer Märkte. In: Zschiedrich, Harald/Schmeisser, Wilhelm/Hummel, Thomas R. (2004, Hrsg.): Internationales Management in den Märkten Mittel- und Osteuropas. Rainer Hampp, München, Mering, 2004, S. 21-43. Stevenson, Richard W. (1993): East Europe’s Low Wages Luring Manufacturers from West Europe. In: The New York Times, 11.05.1993, S. 1.

104

Audi

Fragen und Aufgaben 1.

Standortentscheidungen werden in der Regel unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Argumenten getroffen. Dies gilt auch für die Standortentscheidung bei Audi. a) Fassen Sie die im Fallbeispiel genannten Gründe zusammen, die Audi bewogen haben, in Györ eine Tochtergesellschaft aufzubauen. b) Gibt es möglicherweise noch weitere Gründe, die über die im Fallbeispiel genannten Gründe hinaus für den Standort Györ gesprochen haben könnten? c) Welche Argumente könnten zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts den Standort Györ in problematischem Licht haben erscheinen lassen? d) Hätten Sie, als Mitglied des Top-Managements von Audi, Anfang der 1990er Jahre eine andere Entscheidung getroffen oder hätten Sie das Motorenwerk auch in Györ errichtet? Begründen Sie bitte Ihre Meinung.

2.

Die Audi-Tochtergesellschaft in Györ hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. a) Beschreiben Sie kurz die Entwicklung der ungarischen Tochtergesellschaft vom Zeitpunkt der Gründung bis heute. Führen Sie dazu bitte eigene Recherchen durch. Um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, finden Sie exemplarisch einen Literaturhinweis sowie beispielhaft einen Artikel aus der Wirtschaftspresse: Schmid, Stefan/Grosche, Philipp (2008): Vom Montagewerk zum Kompetenzzentrum – Der Aufstieg von Audis Tochtergesellschaft im ungarischen Györ. In: Schmid, Stefan/Grosche, Philipp (2008): Management internationaler Wertschöpfung in der Automobilindustrie. Strategie, Struktur und Kultur. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, 2008, S. 104127.

Handelsblatt, 08./09.07.2011: „Audi steckt eine Milliarde Euro in ein neues Werk in Ungarn“, S. 23. „Die Volkswagen-Premiumtochter Audi schwenkt auf die Strategie von Wettbewerbern wie Daimler und Opel ein und investiert in ungarische Produktionsstätten. Etwa eine Milliarde Euro steckt das Ingolstädter Unternehmen in ein neues Autowerk in Györ im Nordwesten des Landes. Gestern begannen die Bauarbeiten. Audi ist bereits seit 18 Jahren in Györ vertreten, zunächst hatte das Unternehmen dort ein reines Motorenwerk errichtet. In der neuen Fabrik, die 2013 in Betrieb gehen wird, sollen zunächst jährlich etwa 125.000 Autos gebaut werden. „Wir bauen damit unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit aus“, sagte Audi-Vorstandschef Rupert Stadler. Die Autos, die voraussichtlich in zwei Jahren vom Band laufen werden, sind vor allem für Nordamerika und auch für den chinesischen Markt gedacht. Ungarn nimmt derzeit eine Schlüsselrolle für die deutsche Automobilindustrie ein. Ungefähr drei Milliarden Euro investiert die Branche in dem zentraleuropäischen Land. Außer Audi baut der Stuttgarter Daimler-Konzern gerade ein neues Werk für 800 Millionen Euro, die deutsche General-Motors-Tochter Opel verdoppelt die Kapazitäten ihres ungarischen Motorenwerks für etwa 500 Millionen Euro. Außerdem investieren die großen Zulieferer wie Bosch oder KnorrBremse in dem Land. … Niedrige Kosten sind das wichtigste Argument. Die Arbeitskosten in Osteuropa erreichen nach Angaben der volkswirtschaftlichen Abteilung der Deutschen Bank etwa 40 Prozent

Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

105

westlicher Niveaus. Länder wie Polen, Serbien, Ungarn und die Slowakei unterscheiden sich dabei nur in Nuancen, schätzt Osteuropa-Experte Marion Mühlberger. Nur in Tschechien oder Slowenien sind die Lohnkosten etwas stärker angestiegen und liegen über der 50Prozent-Marke. … Audi hat sich bei seiner Entscheidung nicht von Negativschlagzeilen abschrecken lassen, die die ungarische Regierung 2010 wegen ihrer umstrittenen Wirtschaftspolitik ausgelöst hatte. Sondersteuern hatten an erster Stelle ausländische Investoren aus den Branchen Energie, Handel, Telekommunikation sowie Banken und Versicherungen getroffen. Die Automobilbranche war ausgespart worden. Ungarn braucht neue Arbeitsplätze, die die deutschen Investoren schaffen. Bei Audi werden gut 2.000 neue Mitarbeiter eingestellt, bislang hat die ungarische Tochter gut 6.000 Beschäftigte. Audi Vorstandschef Rupert Stadler lobte ausdrücklich die ungarische Wirtschaftspolitik. „Die Regierung schafft gute Rahmenbedingungen für die Menschen und für die Unternehmen“, betonte er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern Europas herrsche in Ungarn wirtschaftspolitische Stabilität. …“

Quelle: Menzel, Stefan (2011): Audi steckt eine Milliarde Euro in ein neues Werk in Ungarn. In: Handelsblatt, 08./09.07.2011, S. 23. b) Welche Faktoren haben Ihrer Meinung nach die Entwicklung der ungarischen Tochtergesellschaft beeinflusst? c) Tochtergesellschaften lassen sich in vielfältiger Weise charakterisieren. Wie würden Sie die ungarische Tochtergesellschaft – im Zeitablauf – näher charakterisieren? Sollten Ihnen Typologien zur Charakterisierung von Tochtergesellschaften bekannt sein, so versuchen Sie, die ungarische Tochtergesellschaft von Audi in eine oder mehrere der Typologien einzuordnen. 3.

In der Literatur des Internationalen Managements existieren mehrere Ansätze, die sich mit Standortentscheidungen beschäftigen. a) Reflektieren Sie darüber, ob und inwieweit Porters Diamant-Ansatz einen Zusammenhang zur unternehmerischen Standortentscheidung von Audi, eine Tochtergesellschaft in Ungarn aufzubauen, aufweist. Bitte systematisieren Sie Ihre Argumente. b) Denken Sie darüber nach, inwiefern es sich bei Audis Entscheidung, eine Tochtergesellschaft in Ungarn zu gründen, um eine Zielmarktstrategie handelt. Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Diskutieren Sie die Frage, ob und inwiefern mit Direktinvestitionen im Ausland ein Arbeitsplatzabbau im Inland einhergeht. Bitte begründen Sie Ihre Einschätzungen.

4.

Die Verteilung von Wertschöpfungsaktivitäten über Ländergrenzen hinweg stellt erhöhte Anforderungen an das Management. a) Diskutieren Sie bitte, welche erhöhten Anforderungen aus der Verteilung der Wertschöpfung über Ländergrenzen hinweg für das Management erwachsen.

106

Audi b) Identifizieren Sie bitte Maßnahmen, die Sie als Manager eines Unternehmens wie Audi ergreifen würden, um diesen erhöhten Anforderungen gerecht zu werden.

5.

Audi Hungaria produziert in Ungarn inzwischen nicht nur Motoren für Audi, sondern für den gesamten Volkswagen-Konzern. a) Welche möglichen Chancen, aber auch Risiken ergeben sich daraus für das Motorenwerk in Györ? b) Wie würden Sie als Manager in Györ die Risiken handhaben?

6.

Im Juli 2005 wurde der zehnmillionste Motor in Ungarn ausgeliefert und in einen Audi TT für die ungarische Polizei eingebaut, der feierlich an den ungarischen Staatspräsidenten übergeben wurde. a) Welche Ziele verfolgt Audi Hungaria mit dieser Maßnahme? Berücksichtigen Sie bei Ihrer Antwort bitte besonders die Rolle der ungarischen Regierung als Stakeholder von Audi Hungaria. b) Bitte nennen Sie weitere Stakeholder von Audi Hungaria und beschreiben Sie, welche Ziele diese in ihrer Beziehung zu Audi Hungaria verfolgen. Wie verhalten sich die verschiedenen Ziele dieser Stakeholder zueinander? Sind sie komplementär, konfligierend oder unabhängig voneinander? c) Wie sollte Audi Hungaria Ihrer Meinung nach mit den verschiedenen Zielen seiner Stakeholder umgehen? Begründen Sie bitte Ihre Ansicht.

7.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Manager im Motorenwerk in Györ. Was würden Sie tun, um weitere Investitionen aus der Unternehmenszentrale in Ingolstadt zu gewinnen? Entwickeln Sie bitte einen Maßnahmenplan.

8.

Wegen des hohen Staatsdefizites und der angestiegenen Inflation verzögert sich die Einführung des Euros in Ungarn weiter. Sehen Sie darin einen Vorteil oder Nachteil für das Motorenwerk in Györ und für den Volkswagen-Konzern? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

9.

Im Jahr 2006 gab es zwischen der ungarischen Regierung und Audi Gespräche, nachdem Audi zuvor angekündigt hatte, aufgrund einer möglichen Solidaritätssteuer Investitionen auf Eis zu legen. Lesen Sie dazu die folgenden Textausschnitte und beantworten Sie dann folgende Fragen:

Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

107

Süddeutsche Zeitung, 21./22.10.2006: „Audi verzichtet auf Investitionen in Ungarn“, S. 26. „Die Volkswagen-Tochter Audi stoppt ihre Investitionen von etwa einer Milliarde Euro, die für das Werk in Ungarn in den kommenden fünf Jahren vorgesehen waren. Der Grund dafür sei ein vierprozentiger Aufschlag auf die Steuern für den Gewinn, den die Regierung in Budapest vorgesehen hat, um ihre Haushaltsprobleme zu lösen. „Wir sind von starken zusätzlichen Belastungen betroffen“, sagte ein Sprecher von Audi in Ungarn. Das veranlasst uns, die künftigen Investitionen zu überdenken“. Wie lange der Investitionsstopp anhalte, wollte der Sprecher nicht sagen. Das Unternehmen sei in Gesprächen mit der Regierung in Budapest, um die Steuerlast wieder zu senken. „Wir hoffen, dass wir zu einer Einigung kommen“, sagte der Sprecher. Die zusätzlichen Steuerbelastungen gingen dem Sprecher zufolge so weit, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Werkes in Frage gestellt sei. Audi hatte noch im Sommer höhere Investitionen für das Werk in der Stadt Györ angekündigt. Das Audi-Werk in Ungarn hat 5.100 Mitarbeiter. In der Fabrik werden im Wesentlichen Motoren von vier bis zehn Zylindern gefertigt. In Györ werden auch die Roadster und die Coupés des Sportwagens TT hergestellt. Die Regierung in Budapest versucht gerade, mit höheren Steuern ihr Haushaltsdefizit von gut zehn Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes zu verringern. Kein anderes Land in der EU weist eine so große Haushaltslücke auf.“ Der Tagesspiegel, 10.11.2006: „Ungarn legt Steuerstreit mit Audi bei“. „Audi wird seine Investitionen in Ungarn unverzüglich fortsetzen", teilte die ungarische Regierungssprecherin Emese Danks nach einem Treffen von Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany mit AudiChef Martin Winterkorn in Budapest mit. Audi und alle weiteren Unternehmen in Ungarn könnten Ausgaben für Forschung und Investitionen künftig von der neuen Solidaritätssteuer abschreiben, erklärte die Sprecherin weiter. Winterkorn habe dem Regierungschef zugesichert, dass die angekündigten Investitionen ohne Verzug getätigt würden....“

Quelle: o.V. (2006): Audi verzichtet auf Investitionen in Ungarn. In: Süddeutsche Zeitung, 21./22.10.2006, S. 26, sowie o.V. (2006): Ungarn legt Steuerstreit mit Audi bei. Internetseiten von Der Tagesspiegel, 2006. URL: http://www. tagesspiegel.de/wirtschaft/Wirtschaft-Automobilbranche;art115,1871638 (Stand 20.06.2007). a) Hat Audi Ihrer Meinung nach nur aus steuerlichen Gründen in Ungarn (und nicht in einem anderen Land) investiert? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. b) Hat die ungarische Regierung aus Sicht des Landes Ungarn richtig gehandelt, als sie bei der Bemessung für die Solidaritätssteuer die Ausgaben für Forschung und Entwicklung als abzugsfähig erklärte? Erläutern Sie bitte Ihre Ansicht. 10. Audi ist ein profitabler Automobilhersteller. Im Folgenden finden Sie einige zusätzliche Informationen über Audi. Nehmen Sie an, wir befinden uns im Jahr 2006 und Sie wären Mitglied im Vorstand von Audi. Würden Sie Audi empfehlen, auch in der Zukunft weiter zu internationalisieren? Wenn ja, wie? Entwickeln Sie bitte Ihre Strategie für die nächsten zehn Jahre, d.h. den Zeitraum zwischen 2006 und 2016, und berücksichtigen Sie dabei bitte unterschiedliche Dimensionen von Internationalisierungsstrategien. Wenn nein, begründen Sie bitte, warum weitere Internationalisierungsschritte Ihrer Meinung nach nicht notwendig oder nützlich sind.

108

Audi

1999

2000

2001

2002

2003

2004

15.146

19.952

22.032

22.603

23.406

24.506

Umsatz im Ausland (in %)

54,0

66,1

68,0

69,1

68,4

68,0

Gewinn (Mio. €)

839

971

1.286

1.219

1.101

1.142

Umsatz (Mio. €)

Audi-Beteiligungen Unternehmen (Land)

Wertschöpfungsfunktionen Anteil

ProdukEntwick- MarkeVertrieb Import tion lung ting

Audi Do Brasil E Cia. (Brasilien)

100,0%

X

Audi Australia Pty Ltd. (Australien)

100,0%

Audi Hungaria Motor Kft. (Ungarn)

100,0%

Audi Japan K.K. (Japan)

100,0%

Automobili Lamborghini Hol. (Italien)

100,0%

X

Cosworth Technology Ltd. (UK)

100,0%

X

X

X

X

X X

X

X

X

X

X X

X

X

Audi Senna Ltda. (Brasilien)

51,0%

X

X

X

Yanase Audi Sales Company (Japan)

33,4%

X

X

X

FAW-VW Automotive Comp. (China)

10,0%

X

X

X

Quelle: Daten aus Audi (2005), S. 109 und 117, Audi (2003), S. 107, Audi (2001), S. 85 sowie diversen Presseveröffentlichungen. 11. Audi plant, ab dem Jahr 2016 den Geländewagen Q5 in Mexiko zu produzieren. Lesen Sie in diesem Zusammenhang folgenden Zeitungsausschnitt: Börsen-Zeitung, 20.04.2012: „Audi baut Geländewagen in Mexiko“, S. 11. „Auch die VW-Premiumtochter Audi wird in Zukunft mit einer eigenen Produktion in Nordamerika vertreten sein. Von 2016 an soll an einem noch nicht ausgeguckten Standort in Mexiko die nächste Generation des Geländewagens Q5 für den weltweiten Bedarf produziert werden. Für das auf zunächst 150.000 Einheiten ausgelegte Werk dürfte ein Investitionsvolumen in Milliardenhöhe notwendig sein. „Mexiko bietet als bewährter Automobilstandort beste wirtschaftliche Voraussetzungen für eine Audi-Produktion“, so Vorstandschef Rupert Stadler in Hamburg. Audi benötigte zusätzliche Kapazitäten, um das selbst gesetzte Ziel eines Absatzes von 2 Millionen Autos im Jahr 2020 erreichen zu können. Von den Kapazitäten her gesehen sei man dagegen in Europa und in China, wo Audi die führende Premiummarke ist, bereits gut aufgestellt. 2011 setzten die Ingolstädter gut 1,3 Millionen Fahrzeuge ab, 19% mehr als ein Jahr zuvor. Dabei wurde die operative Umsatzrendite auf 12,1% gesteigert. Da Audi als Premiumanbieter insgesamt mit geringeren Stückzahlen je Modell agiere, unterscheide sich der Ansatz für Nordamerika auch von dem der Mutter VW. VW produziert im neuen US-Werk Chattanooga den US-Passat allein für den dortigen Markt. Audi müsse dagegen von Mexiko aus

Vom bayerischen Ingolstadt ins ungarische Györ

109

nicht nur die USA, sondern auch den Weltmarkt mit einem Modell, dem Q5 und möglichen Derivaten, bedienen. In Ingolstadt würden frei werdende Kapazitäten für den zusätzlichen Bedarf der anderen dort produzierten Modelle dringend benötigt. Die Auslastung in den deutschen Werken sei, so Stadler, langfristig gesichert. So sieht es auch der Audi-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Peter Mosch: „Die Ausweitung der Fertigungskapazität sichert den Wachstumskurs und garantiert gleichzeitig die Auslastung der Stammwerke, die stärker in die Rolle von Technologie-Leitwerken wachsen sollen.“…“

Quelle: o.V. (2011): Audi baut Geländewagen in Mexiko. In: Börsen-Zeitung, 20.04.2012, S. 11. a) Wie beurteilen Sie die Standortentscheidung von Audi? Bitte wägen Sie die Gründe, die für eine Investition in Mexiko sprechen, gegen die Gründe ab, die Mexiko eher in einem kritischen Licht erscheinen lassen, und geben Sie dann eine Schlussfolgerung ab. b) Stellt das geplante Werk in Mexiko Ihrer Meinung nach eine direkte Konkurrenz für den Standort Györ in Ungarn dar? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. 12. Im Jahr 2012 wurde bekannt gegeben, dass Audi den italienischen Motorradhersteller Ducati kauft. Lesen Sie dazu den folgenden Zeitungsausschnitt: Süddeutsche Zeitung, 18.04.2012: „Ein Spielzeug für den Chef“, S. 22. „An einem Juli-Tag im Jahre 1972 brach Ferdinand Piëch nach Italien auf. Sein Ziel: der Turiner Industriedesigner Giugiaro. Ein bisschen Italienisch lernen, die mediterrane Arbeitswelt kennenlernen – für den späteren Auto-Patriarchen war die Alpenüberquerung so etwas wie eine frühe Bildungsreise auf den Apennin. Wie so oft in jener Zeit, ließ Piëch sein Auto in der Garage stehen. Stattdessen packte er das Gepäck für einen Monat auf eine Honda 750 – und fuhr in Richtung Süden. Inzwischen fährt Piëch längst Ducati – und dass er sich pünktlich zu seinem 75. Geburtstag kein neues Motorrad kauft, sondern mit Ducati gleich einen ganzen Hersteller, ist keine Überraschung: Schon seit Jahren stehen die Italiener auf der Einkaufsliste des VW-Patriarchen. Ducati ist so etwas wie die Diva unter den Motorradmarken. Piëchs Traum-Projekt. Daher ist das Timing perfekt: Schon bei der VW-Hauptversammlung am Donnerstag soll der 860-Millionen-Euro-Deal groß gefeiert werden. Ob der Kauf sinnvoll ist, ob Ducati zum Rest des VW-Reiches passt – all dies sind zweitrangige Fragen, wenn sich einer wie Piëch ein besonderes Geschenk machen will. Es gehe bei all dem nicht unbedingt um das, was betriebswirtschaftlich notwendig und finanziell lukrativ ist, sagen Branchenanalysten. Sondern um das neue Spielzeug eines Mannes, der schon viele Marken gekauft hat. Zuletzt Porsche und MAN. Wenn einer schon alles hat, dann geht es am Ende vor allem um eines: wahre Leidenschaften. Piëch und Italien, der Alte und seine Motorräder – es ist ein großes Capriccio. Zuerst kaufte er sich 1998 über die VW-Tochter Audi die italienische Supersportwagenmarke Lamborghini. Dann war vor zwei Jahren Giugiaro an der Reihe – jenes Designunternehmen, bei dem Piëch vor 40 Jahren sein italienisches Praktikum machte. Und nun also Ducati, die Edelmarke. Ducatis sind nicht billig. Für das 1199 Panigale fallen an die 25.000 Euro an. Da sind das Design, die Leichtigkeit, die ausgeklügelte Technik, der markante Motorenklang. Und die Farbe. Meistens rot. Ducatis, le Rosse, das sind so etwas wie die Ferraris unter den Motorrädern. Und sie befinden sich in guter Gesellschaft: In ihrer Heimat Emilia Romagna sind auch andere große Namen zu Hause. Lamborghini, Maserati, Ferrari. VW und Ducati – mehr als nur die „Entscheidung von Midlife-Crisis-Managern“, wie es ein Analyst formulierte? Das Geschäft gilt gerade in Europa als schwierig – ein Geschäft vor allem für ältere Männer. Aber: Es hängt auch davon ab, was man daraus macht. Es kann für Autohersteller interessant sein, auch im Motorradmarkt vertreten zu sein. BMW macht es seit jeher vor; erst 2007 kauften sich die Bayern die Offroad-Marke Husqvarna mit dazu. Und BMW gilt den Niedersachsen als

110

Audi heimliches Vorbild. Der Münchner Premiumhersteller hat in den vergangenen Jahren trotz Krise dazugewonnen und verkaufte 104.000 Motorräder – auch und vor allem auf Kosten der Großen aus Japan, der Hondas, Suzukis und Kawasakis. Es geht um die richtige Strategie. VW könnte vor allem dann von Ducati profitieren, wenn man dort die Produktpalette ausweitet. Kompaktere, kleinere Maschinen, E-Roller für die Stadt könnten gebaut werden. Autokonzerne wie Daimler und BMW wittern hinter dem Verkauf von Zweirädern eines der Boom-Geschäfte der Zukunft. Elektrische Roller und Motorräder sind günstiger als Elektroautos und könnten deren Weg in die Großstädte in den kommenden Jahren allmählich vorbereiten. BMW arbeitet längst an allen möglichen Plänen – auch eng verzahnt mit dem elektrischen Leichtbau-Auto i3, das 2013 an den Start gehen soll. Gut für VW: Die Tochter Audi hat bereits Erfahrung mit Zweirädern. Wenn auch die letzten NSU-Maschinen vor Jahrzehnten gebaut wurden. Die Traditionsschmiede Ducati, lange Jahre ein Sanierungsfall, gehört zu 70 Prozent dem Finanzinvestor Investindustrial und steht nach harten Sparrunden und Umbauten längst wieder oben. 2011 war das beste Jahr in der fast 90-jährigen Geschichte des Unternehmens: 480 Millionen Umsatz machten die Italiener im vergangenen Jahr; der Gewinn lag bei 110 Millionen Euro. 42.000 Motorräder wurden verkauft. Ducati gilt in der Branche nicht nur als Juwel – die Firma ist Branchenkreisen zufolge auch der einzige namhafte Motorradhersteller, der derzeit zum Verkauf steht. Von Anfang an galt VW als der wahrscheinlichste Käufer. BMW hatte kein Interesse an einem Zukauf in Italien; und Daimler, über seine Sportwagentochter AMG immerhin in einer Kooperation mit Ducati verbunden, wollte ebenfalls nicht zugreifen. Am Ende wurde Ducati, die alte Marke, zu einem Geburtstagspräsent.“

Quelle: Fromm, Thomas (2012): Ein Spielzeug für den Chef. In: Süddeutsche Zeitung, 18.04.2012, S. 22. a) Bitte verschaffen Sie sich einen Überblick über die Varianten unternehmerischen Wachstums, wie sie von Igor Ansoff in der bekannten Ansoff-Matrix dargestellt wurden, und versuchen Sie, die Akquisition von Ducati durch Audi in die Matrix einzuordnen. b) Wie beurteilen Sie die Akquisition von Ducati durch Audi? Bitte führen Sie eine strategische Analyse durch, die auch den Motorradmarkt beinhaltet, und geben Sie eine begründete Meinung ab, ob der Schritt von Audi Ihrer Meinung nach richtig war. 13. Audi ist Teil des Volkswagen-Konzerns. Bitte informieren Sie sich über den Volkswagen-Konzern und arbeiten Sie heraus, a) wie der Konzern sein Portfolio an Marken strategisch ausrichtet und b) wie sich die Marken im Hinblick auf ihre aktuelle Zielmarktstrategie unterscheiden. Geben Sie auf Basis Ihrer Antwort auch eine Empfehlung ab, wie die Marken Seat, Škoda und Volkswagen im Hinblick auf ihre zukünftige Zielmarktstrategie ausgerichtet werden sollten.

Bitburger Internationalisierung als Randaktivität

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Andrea Luber

Stefan Schmid und Andrea Luber Bitburger: Internationalisierung als Randaktivität

Das Volumen des deutschen Biermarktes ist seit Jahren rückläufig. Niedrige Gewinnmargen erschweren die Situation für die Brauereien zusätzlich. Obwohl den deutschen Brauereien gute Chancen eingeräumt werden, ihren Umsatz auf ausländischen Märkten zu steigern, entschloss sich bisher nur ein kleiner Teil von ihnen, international tätig zu werden. Diejenigen, die international aktiv (geworden) sind, betreiben überwiegend Export. In diesem Fallbeispiel werden zunächst einige grundsätzliche Schwierigkeiten beim Export thematisiert, bevor die Exporttätigkeit der Brauerei Bitburger beschrieben wird. Dabei wird dargestellt, welche Stellung der Export im Vergleich zum Inlandsgeschäft bei Bitburger einnimmt und wie der Export bei Bitburger organisiert wird. Zudem wird die Lizenzierung als Alternative und Ergänzung zum Export kurz angesprochen. Durch das Fallbeispiel soll deutlich werden, dass Internationalisierung für Bitburger – wie für viele andere deutsche Brauereien – zumindest bisher von untergeordneter Bedeutung ist. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Mai 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

114

Bitburger

Über die Hälfte der etwa 2.000 europäischen Brauereien befinden sich in Deutschland. In etwa 1.250 Brauereien werden hierzulande ungefähr 5.000 verschiedene Biermarken gebraut – deutlich mehr als in jedem anderen europäischen Land. Deutschland gilt nach den Vereinigten Staaten und nach China als der drittgrößte Bierhersteller der Welt. Auch wenn die Deutschen noch immer zur Spitzengruppe der Biertrinker gehören, ist der Bierkonsum in Deutschland selbst stark zurückgegangen. Der Gesamtverbrauch in Deutschland fiel von 114 Mio. Hektoliter (hl) im Jahr 1992 auf 95 Mio. hl im Jahr 2004, der Verbrauch pro Einwohner von durchschnittlich etwa 142 Liter auf 115 Liter. In der Brauereibranche hat diese Entwicklung eine spürbare Krise ausgelöst. Erschwert wird die Situation durch die vergleichsweise niedrigen Gewinne, die auf dem Biermarkt in Deutschland erzielt werden. Experten schätzen, dass sich der durchschnittliche Gewinn pro Hektoliter Bier in Westeuropa im Jahr 2003 auf etwa 20 € belief, wobei er in Deutschland nur bei etwa 9 € lag. Verantwortlich für ein im weltweiten Vergleich eher niedriges Preisniveau auf dem deutschen Absatzmarkt sind unter anderem die Überkapazitäten, die aufgrund des abnehmenden Marktvolumens entstanden sind. Zu einem niedrigen Preisniveau beigetragen hat aber auch die Tatsache, dass viele Deutsche immer weniger zu hochpreisigen Angeboten und immer häufiger zu Discountangeboten greifen. Dies spiegelt sich etwa darin wider, dass im Jahr 2004 die Billigbiermarke Oettinger ihren Absatz um 23% auf 6,4 Mio. hl steigern konnte und Krombacher als meistgetrunkene Biermarke Deutschlands ablöste. Während die Wettbewerbsintensität auf dem deutschen Biermarkt aus den genannten Gründen extrem hoch ist, werden den deutschen Brauereien auf ausländischen Märkten gute Chancen eingeräumt, ihren Umsatz zu steigern, da deutsches Bier weltweit einen hervorragenden Ruf genießt. Allerdings sind Wachstumsmärkte eher außerhalb von Europa zu suchen, denn von wenigen Ausnahmen – zu denen Spanien und Italien gehören – abgesehen, sinkt der Bierkonsum in der gesamten Region. In Ländern wie Russland oder China ist der Bierverbrauch demgegenüber bereits in den letzten Jahren stark gestiegen. Und weiteres Wachstum wird für diese Märkte auch in Zukunft prognostiziert. Abbildung 1 verdeutlicht, dass in den außereuropäischen Regionen für die nächsten 20 Jahre ein starker Anstieg der Nachfrage auf dem Biermarkt erwartet wird. Doch die Bereitschaft deutscher Brauereien zur internationalen Markterweiterung scheint trotz – oder vielleicht sogar wegen – der akuten Branchenkrise recht niedrig zu sein. Von den 1.250 deutschen Brauereien sind lediglich etwa 100 international tätig. Die meisten Brauereien konzentrieren sich eher auf ihren lokalen oder regionalen Markt und gewichten die Risiken, die mit einem Schritt auf das internationale Parkett verbunden sind, sehr hoch. Falls die Entscheidung getroffen wird, im Ausland aktiv zu werden, ist die am häufigsten angewandte Strategie der Export.

Internationalisierung als Randaktivität

Afrika

in600 Mio. hl

in600 Mio. hl

115

Amerika 13%

477

540

in600 Mio. hl

Europa

408

400

200

400

200

200

0

408

0

0 2004

0%

88

72 22%

in600 Mio. hl

400

2025

Russland

2004

2025

China

in600 Mio. hl

2004

in600 Mio. hl

2025

Rest Asien

438

400

400

200 72

74%

125

0

200

400

164

37%

200

0 2004

2025

85%

237

225

0 2004

2025

2004

2025

Abb. 1: Erwartetes Volumen des Bierkonsums bis 2025 Quelle: Reich (2005), S. 15. Bierexport in andere EU-Länder bringt für Brauereien kaum Schwierigkeiten mit sich. Demgegenüber gestaltet sich der Export in Länder außerhalb der EU, also die eigentlichen Wachstumsmärkte, aus verschiedenen Gründen nicht immer einfach. Häufig ist es dort problematischer, das Bier zu einem angemessenen Preis anzubieten. Während innerhalb der EU lediglich – wie in Deutschland – der im jeweiligen Land geltende Mehrwertsteuersatz und die dortige Biersteuer erhoben werden, müssen in Nicht-EULändern zum Teil hohe Einfuhrabgaben bezahlt werden. Diese wirken sich unvorteilhaft auf den Verkaufspreis aus. Zudem ist das Preis-Volumen-Verhältnis von Bier eher ungünstig, so dass weite Transportwege unverhältnismäßig hohe Transportkosten entstehen lassen. Zusätzlich droht dem Bier bei langen Transportwegen ein Qualitätsverlust. Die Bitburger Brauerei Th. Simon GmbH ist eine der großen deutschen Privatbrauereien und seit der Gründung bis heute in Familienbesitz. Bitburger gehört zu den (wenigen) deutschen Brauereien, die im Ausland tätig sind. Auch wenn internationale Märkte für Bitburger nicht im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, betreibt die Brauerei bereits seit vielen Jahren Export. Obwohl der Anteil des Auslandsabsatzes am Gesamtausstoß der Marke Bitburger in den letzten Jahren teilweise um bis zu 20% pro Jahr stieg, liegt der Exportanteil auch heute noch deutlich unter 10%. Im Jahr 2004 wurden 243.000 hl ins Ausland verkauft, während der Absatz im Inland bei 3,877 Mio. hl lag. Abbildung 2 zeigt

116

Bitburger

die Entwicklung des Exportanteils am Gesamtausstoß der Marke Bitburger während der Jahre 1997 bis 2005.

Anteil Exportmenge am Gesamtabsatz in %

Gesamtabsatzmenge in 1.000 hl

8,1%

4.314

6,9%

4.270 4.230

6,0% 6,0%

4.213

(1)

5,9%

6,1%

4.180 4.140 4.110

(1)

4.120

4,6% 4.080

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 (1)

4,9%

4,0%

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Der Abfall der Gesamt- und Exportmenge im Jahr 2004 lässt sich dadurch erklären, dass Bitburger in diesem Jahr auf Umsätze verzichtete, die nur sehr kleine Gewinne einbrachten.

Abb. 2: Entwicklung des Exportanteils am gesamten Bierausstoß von Bitburger von 1997 bis 2005 Quelle: Daten aus Bitburger (1999), Bitburger (2001), Bitburger (2003), Bitburger (2005) und Bitburger (2006). Grundsätzlich unterscheidet Bitburger beim Export zwischen Hauptexportländern wie den USA, Italien oder Spanien und solchen Ländern, in die nur wenig oder unregelmäßig exportiert wird. In den Hauptexportländern kooperiert Bitburger mit Großhändlern aus dem jeweiligen Zielland, die das Bier in Bitburg „ab Werk“ kaufen und alle weiteren Schritte wie Transport, Verzollung, Vertrieb usw. übernehmen. Bitburger verfügt in diesen Hauptexportländern über eigene Außendienstmitarbeiter. Diese pflegen Kontakte zu den Großhändlern, betreuen Kunden in Handel und Gastronomie und versuchen, Neukunden zu akquirieren. Ihre Aufgaben bestehen z.B. darin, Kunden in der Gastronomie in Fragen der Finanzierung ihres Lokals zu unterstützen, Lebensmittelmärkte bei der Warenpräsentation zu beraten oder Preisaktionen zu vereinbaren. Im Gegensatz zu den Hauptexportländern hat Bitburger zu Ländern, die für das Unternehmen weniger zentral sind, selbst keinen direkten Kontakt. Importeure aus diesen Ländern kaufen ebenfalls Bier in Bitburg „ab Werk“ ein und organisieren selbständig das weitere Vorgehen bis zum Weiterverkauf bzw. Ausschank im Ausland. Es erfolgt in die-

Internationalisierung als Randaktivität

117

sen Fällen keine weitere Betreuung durch Bitburger-Mitarbeiter. Die Organisation der Exporttätigkeit von Bitburger ist in Abbildung 3 schematisch dargestellt.

Hauptexportländer

Andere Exportländer

Bitburger (Deutschland)

Bitburger (Deutschland)

Kauf ab Werk

Großhändler

betreut

Großhändler

beliefern

Kauf ab Werk Inland

Inland

Land X

Land X



betreut

Bitburger

Bitburger

Außendienst

Außendienst

Handel

Kunden

(Klein-) Importeur

Gastronomie

(Klein-) Importeur



beliefern

Kunden Handel

Gastronomie

Stand 2005.

Abb. 3: Organisation der Exporttätigkeit von Bitburger Quelle: Direktauskünfte von Bitburger, August 2005, September 2005 und Dezember 2005. Um manche der beim Export auftretenden Schwierigkeiten zu umgehen, arbeitet Bitburger seit einiger Zeit daran, Kooperationen in Form von Lizenzvergaben ins Leben zu rufen. Im Juli 2004 wurde die erste Lizenz an die PIT- (Pivovarni Ivana Taranova) Gruppe vergeben, die drei Brauereien in Russland besitzt. Kosten entstanden für Bitburger hierbei vor allem am Anfang der Kooperation – beispielsweise durch Reisekosten und Vertragsanbahnungskosten. Abhängig von der in Russland verkauften Menge werden Lizenzgebühren fällig, die Bitburger zufließen. Im Jahr 2004 hatte Bitburger mit diesem Engagement 1% Anteil an der insgesamt in Russland unter Lizenz gebrauten Biermenge. Der Lizenzbiermarkt in Russland wurde zu dem Zeitpunkt auf einen Wert von ungefähr 550 Mio. € geschätzt. Doch auch diese Lizenz scheint kein Zeichen für eine grundsätzliche Ausweitung des internationalen Geschäfts zu sein. So schreibt die Welt am Sonntag in ihrer Ausgabe vom 16.05.2004 nach einem Interview mit dem damaligen Bitburger-Geschäftsführer Michael Dietzsch: „Zwar hat Bitburger im russischen Kaliningrad erst kürzlich einem Partner vor Ort die Bitburger-Lizenz übergeben. Den großen Einstieg in den russischen Markt bedeutet dieser Schritt aber nicht.“

118

Bitburger

Quellen Bitburger (1999): Bitburger Brauerei wächst gegen den Markt. Internetseiten von Bitburger, 1999. URL: http://www.bitburger.de/index.php?id=243&jklpress_uid=136 (Stand 06.09.2005). Bitburger (2001): Bitburger Getränkegruppe wächst kontinuierlich. Internetseiten von Bitburger, 2001. URL: http://www.bitburger.de/index.php?id=243&jklpress_uid=92 (Stand 06.09.2005). Bitburger (2003): Brauerei festigt Position im Markt. Distribution in Handel und Gastronomie ausgeweitet. Internetseiten von Bitburger, 2003. URL: http://www.bitburger.de/index.php?id=246 (Stand 06.09. 2005). Bitburger (2005): Bitburger setzt weiter auf Mehrweg. Internetseiten von Bitburger, 2005. URL: http://www. bitburger.de/index.php?id=243&jklpress_uid=263 (Stand 06.09.2005). Bitburger (2006): Bitburger Brauerei behauptet sich im Premium-Segment. Internetseiten von Bitburger, 2006. URL: http://www.bitburger.de/index.php?id=243&jklpress_uid=389 (Stand 30.03. 2006). Bowley, Andy/Shackleton, Ian/Bleakley, Michael/Matthews, Jennifer (2003): The German Beer Industry. Credit Suisse First Boston, o.O., 2003. Heinrich, Michael (2000): Exportstrategien deutscher Brauereien im europäischen Binnenmarkt. Eine empirische Untersuchung über das Standardisierungspotential internationaler Marketingstrategien deutscher Brauereien. Schriftenreihe für die Brauwirtschaft, Bd. 10, MM Verlag, Krefeld, 2000, zugl. Diss. TU München. Nerreter, Wilhelm/Stöcher, Josef (1989): Import und Export. Mit Auslands-Kooperation einschließlich Osthandel. 6. Aufl., Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne, Berlin, 1989. o.V. (2004a): Oettinger – Warsteiner überholt. In: Wirtschaftswoche, 58. Jg., Nr. 1, 2004, S. 14. o.V. (2004b): Bitburger Brauerei Th. Simon GmbH. DPA – AFX, 13.01.2004. o.V. (2004c): PIT Plans to Increase Beer Output 24% in 2004. In: Food & Agriculture Report, 21.07.2004, o. S. o.V. (2005a): Bitburger Brauerei Th. Simon GmbH. DPA – AFX, 17.01.2005. o.V. (2005b): Der Markt – Die Deutsche Brauwirtschaft in Zahlen. Internetseiten des Deutschen Brauerverbandes e.V, 2005. URL: http://www.brauer-bund.de/index1.html (Stand 05.10.2005). Pfannenmüller, Judith (2005): Der König ist tot, es lebe der König. In: Werben und Verkaufen, 28.07.2005, S. 26. Pott, Wolfgang (2004): 1700 Millionen Liter. In: Welt am Sonntag, 16.05.2004, S. 31. Roth, Michael (2006): Einbußen bei der Bitburger-Brauerei. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.01.2006, S. 14. Reich, Ingo (2005): Carlsberg-Chef will alleine an die Spitze. In: Handelsblatt, 27.09.2005, S. 15. Reich, Ingo/Beukert, Lutz (2006): Paulaner lockt Chinesen ins Bräuhaus. In: Handelsblatt, 01.03.2006, S. 20. Schulte, Axel Th. (1999): Internationalisierung der deutschen Brauwirtschaft: Notwendigkeit, Potentiale und Bereitschaft zur internationalen Markterweiterung. Schriftenreihe für die Brauwirtschaft, Bd. 9, MM Verlag, Krefeld, 1999, zugl. Diss. TU München. Zelle, Andrea (1996): Markterschließungsstrategien einer mittelständischen Brauerei in ausländischen Märkten. Arbeitspapier zur Schriftenreihe Schwerpunkt Marketing, Bd. 68, FGM Verlag, München, 1996.

Internationalisierung als Randaktivität

119

Fragen und Aufgaben 1.

Im Fallbeispiel wird der Export als Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie beschrieben. a) Definieren Sie bitte – unabhängig vom Fallbeispiel – den Begriff Export. b) Erläutern Sie bitte den Unterschied zwischen direktem und indirektem Export und ordnen Sie die Exporttätigkeit von Bitburger in diese Unterscheidung ein.

2.

Der Export ist die bevorzugte Internationalisierungsstrategie deutscher Brauereien. a) Welche Vorteile hat Export grundsätzlich – unabhängig von der Brauereibranche – gegenüber anderen Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien? b) Welche Gründe gibt es, die den Export insbesondere für deutsche Brauereien als attraktive Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie auf ausländischen Märkten erscheinen lassen? c) Wo können beim Export Ihrer Meinung nach Schwierigkeiten entstehen? Beziehen Sie sich bei Ihrer Antwort bitte nicht nur auf die in dem Fallbeispiel genannten Punkte, die insbesondere auf die deutsche Brauereibranche zutreffen, sondern auch auf andere Aspekte, die beim Export allgemein problematisch sein können.

3.

Bitburger verkauft das Bier beim Export direkt ab Werk an Großhändler und kleinere Importeure aus dem Ausland. a) Welche Vorteile hat diese Art der Organisation des Exportgeschäfts für Bitburger? b) Wo könnten für Bitburger durch diese Vorgehensweise Nachteile entstehen? c) Im Fallbeispiel wird kurz auf die Rolle der Außendienstmitarbeiter eingegangen. Informieren Sie sich bitte über typische Aufgaben von Außendienstmitarbeitern und stellen Sie dar, inwiefern diese Aufgaben im Fall von Bitburger auf Auslandsmärkten relevant sein könnten. Gehen Sie dabei bitte auch über die im Text gelieferten Informationen hinaus. d) Welche Möglichkeiten hat Bitburger Ihrer Meinung nach, die Außendienstmitarbeiter im Ausland zu steuern und zu kontrollieren?

120 4.

Bitburger Ende der 1990er Jahre begann eine Internationalisierung der deutschen Brauereibranche, die gewissermaßen „von außen“ angestoßen wurde. Seitdem wurden zahlreiche Brauereien von großen internationalen Braukonzernen wie dem belgischen Konzern Anheuser-Busch InBev oder dem in London ansässigen Konzern SAB Miller übernommen. Nach Meinung von Branchenexperten wird sich die Konsolidierung des Brauereimarktes weltweit weiter fortsetzen. a) Bitte recherchieren Sie (z.B. im Internet) und finden Sie einige Übernahmen deutscher Anbieter durch ausländische Unternehmen, die in der Brauereibranche seit der Jahrtausendwende stattgefunden haben. b) Wie beurteilen Sie die Chancen deutscher Brauereien, sich in diesem Prozess als unabhängige Hersteller zu behaupten? Begründen Sie bitte Ihre Aussage. Differenzieren Sie dabei zwischen Brauereien unterschiedlicher Größe. c) Welche Strategie würden Sie einer kleineren deutschen Brauerei empfehlen? Welche Strategie wäre für eine größere Brauerei geeignet? Begründen Sie bitte, ob weitere Faktoren neben der Größe für Ihre Empfehlung eine Rolle spielen.

5.

„Die weltweiten Märkte sind längst vergeben“ – mit diesen Worten begründet Michael Dietzsch, der langjährige Geschäftsführer von Bitburger, warum das internationale Geschäft für die Brauerei nicht im Mittelpunkt steht, sondern nur eine Randaktivität darstellt (Pott, Wolfgang (2004): 1700 Millionen Liter. In: Welt am Sonntag, 16.05.2004, S. 31). Mit seiner Aussage spielt Michael Dietzsch in erster Linie auf die großen internationalen Brauereikonzerne an und stellt diese Wettbewerber als entscheidenden Einflussfaktor für die Strategie von Bitburger dar. a) Welche weiteren externen Einflussfaktoren sollten Unternehmen grundsätzlich bei Entscheidungen hinsichtlich Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien beachten? Bedenken Sie dabei bitte landesspezifische ebenso wie branchenbzw. marktbezogene Faktoren. b) Betrachten Sie den russischen Biermarkt im Vergleich mit dem Biermarkt in Großbritannien und analysieren Sie bitte die Ausprägung der unter a) genannten Einflussfaktoren für beide Märkte. c) Welcher der beiden Märkte – der russische oder der britische – ist Ihrer Meinung nach aus Sicht von Bitburger zu präferieren? Begründen Sie bitte Ihre Aussage.

6.

Im Juli 2004 vergab Bitburger die erste Lizenz an einen ausländischen Partner in Russland. Kurze Zeit später folgte ein weiterer Lizenznehmer in Kasachstan, und 2006 wurde eine brasilianische Brauerei als dritter Partner gewonnen. a) Welche Vor- und Nachteile hat die Lizenzierung gegenüber dem Export für Bitburger? b) Sehen Sie die Lizenzierung als grundsätzliches Erfolgsmodell für die Brauereibranche? Bitte begründen Sie Ihre Meinung, indem Sie Chancen und Risiken gegeneinander abwägen.

Internationalisierung als Randaktivität

121

c) Gäbe es neben Export und Lizenzierung noch weitere Strategiealternativen, für die sich Bitburger entscheiden könnte? 7.

Auch wenn Export und Lizenzgeschäft für Bitburger nicht im Mittelpunkt stehen, stellt sich die Frage, wie diese Aktivitäten organisatorisch eingebunden werden können. a) Verschaffen Sie sich bitte einen Überblick über unterschiedliche Alternativen, die Unternehmen haben, ihre internationale Organisationsstruktur aufzubauen. b) Welche Alternative würden Sie Bitburger empfehlen? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

8.

Um eine fundierte Entscheidung für eine geeignete Strategie zu treffen, müssen nicht nur Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens berücksichtigt werden, sondern es müssen auch externe Gegebenheiten wie Chancen und Risiken Beachtung finden. a) Erstellen Sie bitte eine SWOT-Analyse für die Brauerei Bitburger. Nutzen Sie dazu bitte auch die im Fallbeispiel bereitgestellten Informationen. Notieren Sie darüber hinaus, welche zusätzlichen Informationen Sie benötigen würden. b) Welche strategische Empfehlung würden Sie auf der Grundlage der Analyse geben? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

9. Der Gesamtabsatz von Bitburger fiel im Jahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 4,5% (Abbildung 2). „Sowohl das Zwangspfand wie auch unsere Entscheidung, im Sinne einer konsequenten Markenpolitik bewusst auf unprofitable Hektoliter im Inund Ausland zu verzichten, sind dafür verantwortlich“, erklärt Peter Rikowski, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der Bitburger Brauerei. a) Erläutern Sie bitte, wie sich die beiden von Rikowski genannten Gründe auf den Absatz der Bitburger Brauerei im In- und Ausland ausgewirkt haben könnten. b) Welche weiteren Gründe könnte es geben, die den Rückgang bei der Gesamtausstoßmenge und das Absinken der Auslandsquote zwischen 2003 und 2004 Ihrer Meinung nach erklären? 10. Im Fallbeispiel ist zu lesen, dass deutsche Brauereien die Risiken des Auslandsmarkteintritts oft als hoch einschätzen. Informieren Sie sich über die Internationalisierungstheorie von Yair Aharoni (1966, „The Foreign Investment Decision Process“). Sehen Sie Zusammenhänge zwischen Aharonis Aussagen und den Entscheidungen und dem Verhalten von Unternehmen in der Brauereibranche?

122

Bitburger

11. In der Wirtschaftswoche fand sich 2010 folgender Beitrag: Wirtschaftswoche, 64. Jg., Nr. 14, 2010: „Billigbier läuft noch“, S. 11. „Deutschlands Bierbrauern stehen schwere Zeiten bevor: Der jährliche Pro-Kopf-Konsum wird in den nächsten fünf Jahren wohl unter die 100 Liter-Marke sinken, der Bierabsatz im Land gleichzeitig unter 100 Millionen Hektoliter, prognostiziert die Münchner Unternehmensberatung Exxent. Zum Vergleich: Vor zwei Jahrzehnten tranken die Deutschen im Schnitt noch mehr als 140 Liter Bier. Grund für den sinkenden Bierappetit ist zum einen die immer älter werdende Bevölkerung – der klassische Biertrinker ist zwischen 18 und 45 Jahre alt. Ältere Menschen trinken weniger. Zum anderen sorgen das Rauchverbot, Werbebeschränkungen und Trinkverbote an öffentlichen Plätzen für Einbrüche. Das Ergebnis sind Überkapazitäten und ein Preiskampf. Beides wird den Durchschnittspreis für Bier Exxent zufolge im Schnitt unter 100 Euro je Hektoliter drücken. Von den zehn größten deutschen Braugruppen konnten zuletzt dank starker Exporte nur noch die auf Billigbier spezialisierte Oettinger-Brauerei und der deutsche Ableger der dänischen CarlsbergGruppe wachsen, zu dem etwa Feldschlösschen gehört. Die größten Einbrüche verbuchten die Oetker-Tochter Radeberger mit fünf Prozent und InBev Deutschland, Tochter des weltgrößten Bierkonzerns, mit sechs Prozent.“

Quelle: Brück, Mario (2010): Billigbier läuft noch. In: Wirtschaftswoche, 64. Jg., Nr. 14, 2010, S. 11. a) Die demographische Entwicklung in Deutschland wird als eines der Probleme, mit denen deutsche Brauereien konfrontiert sind, dargestellt. Bitte beschäftigen Sie sich mit der demographischen Entwicklung in Deutschland und vergleichen Sie diese mit der demographischen Entwicklung in Russland, Kasachstan und Brasilien, d.h. weiteren Märkten, die Bitburger bereits bedient bzw. anvisiert. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus Ihrem Vergleich der demographischen Entwicklung für Bitburger? b) Welche weiteren Faktoren der Makro- und Mikroumwelt – neben Fakoren der demographischen Umwelt – spielen Ihrer Meinung nach eine Rolle, wenn Bitburger eine Umweltanalyse durchführt und dabei unterschiedliche Länder miteinander vergleicht? 12. Internationalisierung spielt für Bitburger bisher nur am Rande eine Rolle. Welche Empfehlung würden Sie als Consultant geben, wenn Bitburger das Ziel hätte, die Internationalisierung in den nächsten Jahren voranzutreiben? Erstellen Sie bitte einen Aktionsplan, der sich nicht nur auf die Strategie, sondern auch auf die Organisationsstruktur und die Unternehmenskultur von Bitburger bezieht. 13. Die Bitburger Braugruppe sucht inzwischen außerhalb des Biergeschäfts nach weiteren Wachstumsmöglichkeiten. Lesen Sie in diesem Zusammenhang folgenden Zeitungsausschnitt:

Internationalisierung als Randaktivität

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Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2011: „Bitburger kauft Dürr Dental – Braugruppe expandiert außerhalb des Kerngeschäfts“, S. 15. „Die Eigentümer der Bitburger Braugruppe investieren weiter abseits ihres Kerngeschäftes. Über die familieneigene Bitburger Holding haben die drei Dutzend Gründernachfahren jetzt einen Minderheitsanteil an dem Medizintechnikunternehmen Dürr Dental erworben. Der baden-württembergische Mittelständler beschäftigt etwa 1.000 Mitarbeiter und setzt unter anderem mit digitalen Kameras und Röntgengeräten für Zahnärzte rund 200 Millionen Euro um. Obwohl namensgleich und ebenfalls in Bietigheim-Bissingen beheimatet, bestehen nach eigenen Angaben keine Verbindungen zur Dürr AG. Ein Teil der Dürr-Dental-Eigentümerfamilie habe ihre Anteile an Bitburger verkauft, eine Kapitalerhöhung sei nicht geplant, heißt es. Die Bitburger Holding hatte vor gut einem Jahr die Mehrheit an dem hessischen Spielwarenproduzenten Sterntaler übernommen. Bitburger, der größte Fassbiervermarkter Deutschlands ist zwar profitabel und wächst auch wieder. Der Biermarkt ist allerdings gesättigt, und viele Brauereien stehen in einem harten Verdrängungswettbewerb. Zu Bitburger gehören neben der Hauptmarke Bitburger König Pilsener, Licher, Köstritzer und Wernesgrüner. 2010 setzte die Braugruppe 776 Millionen Euro um, die Holding kam auf rund 1 Milliarde Euro. Eine Bitburger-Sprecherin sagte, zu den Aufgaben der Braugruppe gehört es, strategisch interessante Investitionsmöglichkeiten zu prüfen. Zudem habe die Unternehmerfamilie in den vergangenen Jahren in Finanzanlagen außerhalb der Getränkeindustrie investiert.“

Quelle: o.V. (2011): Bitburger kauft Dürr Dental – Braugruppe expandiert außerhalb des Kerngeschäfts. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2011, S. 15. a) In der Literatur des Strategischen Managements werden Varianten der Diversifikation unterschieden. Bitte verschaffen Sie sich einen Überblick über diese Varianten und ordnen Sie bitte den Kauf von Dürr Dental diesen Varianten zu. b) Welche Gründe sprechen Ihrer Meinung nach für die Diversifikationsentscheidung der Bitburger Holding, die sich unter anderem im Kauf von Dürr Dental äußert? c) Steht die Diversifikationsentscheidung Ihrer Meinung nach im Gegensatz zu getroffenen und potentiell noch zu treffenden weiteren Internationalisierungsentscheidungen in der Bierbranche? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

Body Shop International Schwierige Zeiten in den USA – erst recht für Franchisenehmer

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Andrea Luber

Stefan Schmid und Andrea Luber Body Shop International: Schwierige Zeiten in den USA – erst recht für Franchisenehmer

Viele Unternehmen im Handels- und Dienstleistungsbereich sehen im Franchising eine attraktive Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell schnell zu verbreiten und in hohem Tempo zu expandieren. Häufig wird eine Mischstrategie angewandt – Unternehmen schließen Verträge mit Franchisenehmern, sie eröffnen aber parallel auch ihre eigenen Filialen. Das englische Kosmetikunternehmen The Body Shop gehört zu den Unternehmen, die diesen Weg verfolgen. Das vorliegende Fallbeispiel widmet sich der Entwicklung von The Body Shop in den USA seit dem Markteintritt im Jahr 1988. Im Mittelpunkt stehen die Schwierigkeiten, mit denen sich das Unternehmen in den 1990er Jahren konfrontiert sah. Zum einen traten lokale Wettbewerber auf, die ihre Kenntnis des US-amerikanischen Marktes nutzten. Zum anderen erwies sich die Zusammenarbeit mit den Franchisenehmern in manchen Bereichen als problematisch. Es wird dargelegt, wie The Body Shop mit diesen Schwierigkeiten in den Vereinigten Staaten umging und wie sich die Situation der dortigen Franchisenehmer gestaltete. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Body Shop International

The Body Shop International Plc („The Body Shop“) ist ein weltweit vertretenes Kosmetikunternehmen. Den ersten Body Shop eröffnete Anita Roddick im Jahr 1976 im englischen Brighton. Weitere Outlets folgten bald – sowohl durch die Gründung eigener Filialen1 als auch durch die Vergabe von Franchiseverträgen an selbständige Franchisepartner. Zunächst kam es zur Expansion in England, schon bald wurden aber auch andere Länder anvisiert. 2006 wurden – verteilt auf über 65 Länder – in mehr als 2.800 Body Shops Kosmetika verkauft. Der Strategie von The Body Shop liegt eine spezifische Vision der Gründerin Anita Roddick zugrunde, die auch die Unternehmenskultur stark geprägt hat. Die Vision sowie zentrale Unternehmenswerte und -normen kommen in Abbildung 1 zum Ausdruck.

Anita Roddicks Vision

„I believe quite passionately that there is a better way. I think you can rewrite the book on business. I think you can trade ethically; committed to social responsibility, global responsibility; empower your

Unternehmenswerte und -normen

Against animal testing „We consider testing products or ingredients on animals to be morally and scientifically indefensible.” Support community trade „We support smaller producer communities around the world who supply us with accessories and natural ingredients.” Activate self esteem „We know that you’re quite unique, and we’ll always treat you like an individual. We like you just the way you are.”

employees without being afraid of them. I think you can really rewrite the book. That is the vision, and the vision’s absolutely clear.”

Defend human rights „We believe that it is the responsibility of every individual to actively support those who have human rights denied to them.” Protect our planet „We believe that a business has the responsibility to protect the environment in which it operates, locally and globally.”

Abb. 1: Vision sowie Unternehmenswerte und -normen von The Body Shop Quelle: Burlingham (1990), S. 43, und The Body Shop International (2006). Im Jahr 1988 entschloss sich das Unternehmen zum Einstieg in den US-amerikanischen Markt und eröffnete die erste The-Body-Shop-Filiale in New York. Nachdem einige weitere Body Shops in Eigenregie eröffnet worden waren, entschied sich das Unternehmen 1990, in den USA neben eigenen Filialen auch Franchisefilialen aufzubauen. In den

1

Im Rahmen dieses Fallbeispiels wird der Begriff „Filiale“ sowohl im Zusammenhang mit unternehmenseigenen Filialen als auch im Sinne von Franchisefilialen, die von Franchisenehmern geführt werden, verwendet.

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ersten Jahren erwies sich das Engagement von The Body Shop als sehr erfolgreich. Bis 1993 war die Zahl der Body Shops in den USA auf etwa 120 gestiegen, und 94 dieser Outlets wurden von Franchisenehmern geführt. Zu diesem Zeitpunkt machte The Body Shop in den USA einen Jahresumsatz von 37,8 Mio. ǧ, und der Gewinn betrug 2,1 Mio. ǧ. In den folgenden Jahren wandelte sich die Situation allerdings. Die Umsätze stagnierten, und die US-Gesellschaft erwirtschaftete Jahr für Jahr Verluste. Wo lagen die Probleme? Ein Auslöser für die schwieriger werdende Situation ist darin zu sehen, dass Anfang der 1990er Jahre in den USA mehr und mehr Nachahmer auftauchten. War das Konzept von The Body Shop bis zu diesem Zeitpunkt einzigartig, so traten nun neue Wettbewerber in Erscheinung, die zum Teil aggressive Expansionsstrategien verfolgten. Das Mode-Unternehmen Limited Brands beispielsweise eröffnete 1990 27 Läden unter der Marke Bath & Body Works, die eine ähnliche Produktpalette anboten wie The Body Shop. Anfang 1992 gab es bereits 100 Filialen von Bath & Body Works. Während nicht nur Bath & Body Works, sondern auch andere Wettbewerber wie Aveda, Garden Botanika, Origins oder Crabtree & Evelyn in erster Linie gewinnorientierte Ziele verfolgten, legte Anita Roddick bei der Führung ihres Unternehmens sehr großen Wert auf die Einhaltung bestimmter ethischer Prinzipien im Sinne ihrer Vision. The Body Shop ist bekannt für Engagement im Umweltschutz und für die Betonung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, wie dies auch bereits Abbildung 1 verdeutlichen konnte. Bei den angebotenen Produkten setzt The Body Shop auf natürliche Inhaltstoffe und das Versprechen, keine Bestandteile zu verwenden, die in Tierversuchen getestet wurden. Auf der Internetseite des Unternehmens wird Anita Roddick mit der Aussage zitiert: „We use our stores and our products to help communicate human rights and environmental issues.” Die Wettbewerber versuchten, das natürliche Image von The Body Shop zu kopieren, auch wenn sie ihr Handeln nicht an den gleichen Werten ausrichteten. Die lokalen Konkurrenten von The Body Shop gingen zudem stärker auf die Gewohnheiten und Vorlieben der US-amerikanischen Konsumenten ein. The Body Shop hingegen passte sich kaum an den US-amerikanischen Markt an und wandte die gleichen Marketing-Methoden an, die dem Unternehmen in Europa und in anderen Teilen der Welt zum Erfolg verholfen hatten. The Body Shop verzichtete auf „konventionelle“ Werbung und unterstützte stattdessen öffentlich Projekte zu Themen wie Umweltschutz oder Menschenrechte, was in den Vereinigten Staaten durchaus kritisch wahrgenommen wurde. Das Ladenpersonal war angewiesen, Kunden unbehelligt zu lassen und sich nicht aufzudrängen. Diese Methoden hätten sich kaum deutlicher von den in den USA üblichen Praktiken unterscheiden können. Gerade in den USA wetteifern Firmen untereinander häufig mit möglichst auffälligen, grellen und lauten Werbemaßnahmen. Kundenfreundlichkeit in Geschäften zeichnet sich zuweilen dadurch aus, dass Verkäufer ihre Kunden nahezu auf Schritt und Tritt begleiten. Es wurde immer deutlicher, dass das für den dortigen Markt ungewöhnliche Vorgehen von The Body Shop auf Dauer nicht so wirk-

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sam war, wie dies das Management im Heimatland erhofft hatte. Kunden, die sich allein von den Werten, die das Unternehmen verkörperte, überzeugen ließen, waren in den USA – wo beispielsweise Umweltschutz eine deutlich geringere Rolle spielt als in Europa – eher in der Minderheit. In der Öffentlichkeit wurden die Marketingmethoden von The Body Shop mit Interesse verfolgt; doch deren Wahrnehmung verschlechterte sich im Lauf der 1990er Jahre zusehends. Ein weiterer Nachteil, den The-Body-Shop-Filialen gegenüber den Filialen ihrer Konkurrenten hatten, war die Preispolitik. Während amerikanische Konsumenten Sonderangebote wie „2 for the price of 1“ gewohnt waren, wurden Produkte von The Body Shop grundsätzlich nicht zu reduzierten Preisen angeboten. Aufgrund strenger Vorgaben für die Inhaltsstoffe waren Produkte von The Body Shop ohnehin teurer als viele Kosmetika, die von Wettbewerbern angeboten wurden. Die Inhaltsstoffe sollten möglichst naturbelassen sein und durften nicht an Tieren getestet werden. Zum Teil wurden sie ebenso wie manche Accessoires im so genannten Community-Trade-Programm von Kleinbauern oder Handwerkern aus Entwicklungsländern bezogen. Die schlechte Lage der US-Gesellschaft von The Body Shop beeinträchtigte auch die Franchisenehmer. Während viele Franchisenehmer zu Beginn ihrer Tätigkeit für The Body Shop von der Persönlichkeit Anita Roddicks, ihrer Vision und den Werten des Unternehmens begeistert waren, nahm die Unzufriedenheit im Lauf der Zeit zu. Die Kritik an der Art und Weise, wie Anita Roddick das Unternehmen führte, wurde immer lauter. Neben den Schwierigkeiten, die durch die zunehmende Konkurrenz begründet waren, erwiesen sich auch einige Aspekte des Franchisesystems selbst als problematisch. Die Auswahl der Franchisenehmer war einer der Problemkreise. In ihrem Buch „Business As Unusual“ berichtet Anita Roddick über ihre Suche nach Franchisenehmern in den USA: „We weren’t especially looking for business skills… I didn’t want rigid thinking – I wanted people with passion and commitment.“ Anstatt bei ihren Bewerbern Managementfähigkeiten abzuprüfen, stellte Anita Roddick Interessenten Fragen wie „If you lied about anything, what would you lie about?“ oder „If you were a car, what car would you be and why?“ Anita Roddick war es wichtiger, dass ihre Franchisenehmer kreativ waren und in Bezug auf ihre Werte ähnliche Vorstellungen hatten wie sie selbst. Viele der Franchisenehmer von The Body Shop hatten daher weder Erfahrung mit selbständiger Geschäftstätigkeit, noch besaßen sie die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten, um unternehmerisch tätig zu sein. Neben der insgesamt schlechten Lage des Unternehmens war dies unter anderem ein Grund dafür, dass viele der Body Shops in den USA nicht „gut liefen“. Mitte der 1990er Jahre entwickelten sich zudem eine Reihe von Konflikten zwischen dem Unternehmen und den Franchisenehmern. Zum einen begann The Body Shop mit dem Katalogversand seiner Produkte, den die Franchisenehmer als direkte Konkurrenz zu ihrem stationären Geschäft betrachteten. The Body Shop dagegen argumentierte,

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dass damit Gegenden abgedeckt werden sollten, in denen keine Läden vorhanden waren. Zum anderen entstanden Probleme bei der Belieferung der Franchisenehmer mit Produkten von The Body Shop. Mitte der 1990er Jahre mehrten sich Beschwerden, dass Franchisenehmer im Vergleich zu firmeneigenen Filialen bei der Belieferung mit Produkten benachteiligt würden. Es wurde berichtet, dass Franchisenehmer auf besonders beliebte Produkte bis zu einem Jahr warten mussten oder etwa die „Verkaufsschlager“ der Vorweihnachtszeit für Franchisenehmer nicht verfügbar waren. Für The Body Shop verschlechterte sich die allgemeine Lage in den USA weiter. Als Ende der 1990er Jahre keine Besserung der Situation zu erwarten war, dachte The Body Shop sogar über den Verkauf der US-Gesellschaft nach. 1998 entschloss sich das Unternehmen schließlich zu einem erneuten Versuch und holte den Amerikaner Adrian Bellamy an die Spitze der US-Gesellschaft. Adrian Bellamy war zuvor CEO des USamerikanischen Duty-free-Handelshauses DFS Group und zugleich Mitglied im Supervisory Board von The Gap und anderen US-amerikanischen Unternehmen. Bei The Body Shop begann Bellamy unmittelbar mit der Restrukturierung, ergriff verschiedene Maßnahmen zur Kostenreduktion und schaffte bald einen Umschwung in den USA. Bei den Franchisenehmern wurde der Wechsel an der Spitze mit geteilten Meinungen aufgenommen. Einerseits profitierten die Franchisenehmer davon, dass es der USGesellschaft von The Body Shop insgesamt wieder besser ging. Andererseits waren auch sie von den Veränderungen – oftmals negativ – betroffen. Dies spiegeln auch die Aussagen in Abbildung 2 wider. Fortune Small Business, 11. Jg., Nr. 7, 2001: „The Disenfranchised“, S. 69. „…One practice the Body Shop had been trying – even before Bellamy – was to convert its franchised locations into company-owned stores, not unusual at big multinational chains with a lot of franchisees. Early on, as a company is getting started, it makes sense to share the costs and risks with individual entrepreneurs. But once the stores are successful, companies try to buy those entrepreneurs out, replacing them with salaried employees and capturing 100% of the profits. Bellamy denies there’s any systematic plot to buy back stores. ‘In no way are we abandoning the franchise strategy,’ he says. However, the numbers raise questions. In 1993 there were 125 stores in the country, 75% of which were franchised. In 1999 it had 283 stores, and only 19% of them were franchised. This past summer, only 28 of the country’s 278 stores, or 10% were owned by franchisees. That trend would be alarming enough, many franchisees say, if the people who sold out got prices they considered fair. Instead, dozens have sold and lost money on their investment. One former franchisee spent $300,000 for a store in the early 1990s, and $40,000 for the franchise fee. Six years later, the Body Shop bought the store back for just $60,000 of which more than $25,000 was for inventory. …“

Abb. 2: Zeitschriftenartikel zum Rückkauf von Franchisefilialen durch The Body Shop Quelle: Adler (2001), S. 69. Auch wenn kein Franchisenehmer gezwungen wurde, seinen Laden zu verkaufen, so wurde Franchising dennoch aufgrund verschiedener Veränderungen immer weniger attraktiv. Beispielsweise hatte The Body Shop Franchisenehmern und eigenen Angestellten bis 1999 die gleichen Konditionen für Krankenversicherung geboten. Im Jahr 1999 hob das Unternehmen die Versicherungsprämie für Franchisenehmer um 86,7%

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an. Zudem wurde eines von zwei Großlagern, das sich an der Westküste befand, geschlossen. Die einzige Lagerstätte in den USA liegt seitdem in North Carolina. Für Franchisenehmer aus dem Westen der USA hatte dieser Schritt deutlich erhöhte Transportkosten zur Folge, die von ihnen zu tragen waren. Der größte Streitpunkt blieb allerdings die ungleiche Belieferung mit Ware. Im Jahr 2001 zogen neun Franchisenehmer gegen The Body Shop in dieser Angelegenheit sogar vor Gericht. Sie klagten The Body Shop an, durch benachteiligte Belieferung im Vergleich zu firmeneigenen Filialen ihr Geschäft zu behindern. Obwohl das Unternehmen gezielte Rückkäufe bestritt, nahm die Zahl der Franchisefilialen in den USA kontinuierlich ab. Anfang des Jahres 2005 wurden nur noch 10 der 313 Body Shops in den USA von Franchisenehmern geführt, während weltweit 70% aller Body Shops Franchisenehmern gehören. Grundsätzlich gab das Unternehmen an, weiterhin an einer intensiven Zusammenarbeit mit Franchisenehmern festhalten zu wollen. Die gesamte Situation für The Body Shop änderte sich schlagartig 2006. Zu Beginn dieses Jahres wurde bekannt, dass Anita Roddick ihr vollständiges Aktienpaket an den französischen Kosmetikkonzern L’Oréal abgeben würde. Während L’Oréal die Markenstrategie von The Body Shop weiter verfolgte, zeichneten sich deutliche Änderungen in der Internationalisierungsstrategie ab: Zum einen plante L’Oréal einen starken Expansionskurs. Langfristig sollte sowohl die Zahl der Länder, in denen The Body Shop vertreten ist, als auch die Anzahl der Läden verdoppelt werden – ein Plan, der allerdings bis 2012 nur ansatzweise realisiert wurde. So hat sich die Zahl der Länder zwischen 2006 und 2012 nur um 15 von 50 auf 65 erhöht. Zum anderen beabsichtigte L’Oréal größere Kontrolle über The Body Shop auszuüben und hatte daher bereits 2006 angekündigt, von der Franchisestrategie abrücken zu wollen.

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Body Shop International

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Fragen und Aufgaben 1.

Im vorliegenden Fallbeispiel wird Franchising als eine der Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien beschrieben, die von der Kosmetikkette The Body Shop im Rahmen der internationalen Expansion gewählt wird. a) Definieren Sie bitte den Begriff „Franchising“ im Allgemeinen und erklären Sie, wie sich Franchising im Fall von The Body Shop gestaltet. b) Welche Vor- und Nachteile bietet das Franchising aus der Sicht von The Body Shop im Vergleich zu anderen Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien? c) Welche Vor- und Nachteile sehen Sie aus der Sicht eines Franchisenehmers, mit einem Franchisegeber wie The Body Shop zusammenzuarbeiten?

2.

The Body Shop erlebte während der 1990er Jahre in den USA eine tiefe Krise. a) Welche Gründe werden im Ihnen vorliegenden Text für die Probleme in den USA genannt? b) Wie hat The Body Shop laut den im Text gegebenen Informationen gegengesteuert, um die Krise zu überwinden? c) Welche Möglichkeiten hätte The Body Shop aus Ihrer Sicht noch gehabt, der Krise entgegenzuwirken? Hätten Sie – als Top-Manager in der Zentrale im englischen Littlehampton – andere Strategien und Maßnahmen ergriffen, um das USA-Geschäft profitabel zu machen?

3.

Oftmals wird die Devise „Think global, act local“ schlagwortartig gebraucht, um erfolgreiches Handeln im internationalen Kontext zu beschreiben. a) Hat sich The Body Shop Ihrer Meinung nach an die Devise „Think global, act local“ gehalten? b) Sollten Ihrer Auffassung nach alle international tätigen Unternehmen gemäß der Devise „Think global, act local“ handeln? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

4.

Perlmutter unterscheidet internationale Unternehmen auf der Basis der Einstellungen ihrer Manager in ethnozentrische, polyzentrische, regiozentrische und geozentrische Unternehmen. a) Informieren Sie sich bitte in der Literatur zum Internationalen Management über Perlmutters Typologie und beschreiben Sie kurz die vier Orientierungen. b) Wie würden Sie The Body Shop in Perlmutters Typologie einordnen? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

134 5.

Body Shop International The Body Shop führt in verschiedenen Ländern einen unterschiedlich großen Anteil seiner Filialen selbst. a) Stellen Sie bitte den Vor- bzw. Nachteilen der Vergabe von Franchiseverträgen die Vor- und Nachteile von firmeneigenen Filialen in einer Tabelle gegenüber. b) 2005 wurden in den USA nur noch zehn Body Shops durch Franchisenehmer geführt. Welche Gründe gibt es aus Ihrer Sicht für diese geringe Anzahl? c) Welche Gründe existieren Ihrer Meinung nach grundsätzlich für Unternehmen, sich für eine Mischstrategie zu entscheiden – also firmeneigene Filialen neben Franchisefilialen parallel zu nutzen? d) In der wissenschaftlichen Literatur werden Ansätze diskutiert, die sich mit dem parallelen Einsatz von Franchising und Filialen beschäftigen. Zwei Beispiele stellen folgende Beiträge dar: Ehrmann, Thomas/Spranger, Georg (2005): Warum setzen Franchisesysteme Filialen und Franchisen parallel ein? In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 75. Jg., Nr. 5, 2005, S. 477-500. Posselt, Thorsten/Bürkle, Thomas (2006): Franchising als Mischsystem: Die Bestimmung des optimalen Anteils der franchisenehmerbetriebenen Einheiten am Gesamtsystem. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 58. Jg., Nr. 3, 2006, S. 150-168.

Lässt sich das Verhalten von The Body Shop mit den Aussagen der genannten wissenschaftlichen Beiträge erklären? Sehen Sie Gemeinsamkeiten oder Unterschiede? Bitte begründen Sie Ihre Argumente. 6.

Die Zusammenarbeit mit Franchisenehmern funktionierte für The Body Shop in vielen Ländern besser als in den USA. a) Welche Gründe könnten Ihres Erachtens dafür sprechen, dass die Zusammenarbeit von The Body Shop mit Franchisenehmern in manchen Ländern besser funktionierte als in den USA? b) Hätte The Body Shop Ihrer Meinung nach in den USA ganz auf eine Zusammenarbeit mit Franchisenehmern verzichten sollen? Fundieren Sie Ihre Antwort bitte durch geeignete Argumente. c) Was hätte The Body Shop insbesondere in der Zusammenarbeit mit den Franchisenehmern in den USA besser machen können?

7.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Franchisenehmer in den USA im Jahr 1997 und haben mit Ihrem Body Shop in den vergangenen drei Jahren jeweils Verluste erwirtschaftet. a) Welche Möglichkeiten sehen Sie in dieser Situation? Entwickeln Sie bitte unterschiedliche Szenarien. b) Für welches Szenario würden Sie sich entscheiden? Begründen Sie bitte Ihre Aussage. Wenn nötig, treffen Sie bitte auch Annahmen, die dem Szenario zugrunde liegen.

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c) Wie beurteilen Sie als Franchisenehmer die Veränderungen, die durch Adrian Bellamy eingeleitet wurden? Gehen Sie dabei bitte auf die einzelnen im Text genannten Veränderungen ein. 8.

The Body Shop ist 1988 in den US-amerikanischen Markt eingetreten. a) Diskutieren Sie bitte, ob und inwiefern damit so genannte First-Mover-Vorteile verbunden waren. b) Lässt sich der Markteintritt im Jahr 1988 Ihrer Meinung nach mit Hymers Ansatz der monopolistischen Vorteile begründen?

9.

Das eklektische Paradigma von Dunning (OLI-Paradigma) macht Aussagen darüber, wann ein Unternehmen welche Art von Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie auswählt. a) Kann man mit Hilfe des eklektischen Paradigmas begründen, warum The Body Shop Franchising als Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie benutzt? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? b) Wie beurteilen Sie die Erklärungskraft des eklektischen Paradigmas im Allgemeinen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

10. Oftmals wird gefordert, dass Unternehmen neben finanziellen und leistungsbezogenen Zielen auch soziale und ökologische Ziele verfolgen sollen. a) Wie stehen Sie persönlich zu dieser Forderung? Bitte begründen Sie Ihre Meinung. b) Wie versucht The Body Shop, soziale und ökologische Ziele zu unterstützen? Beziehen Sie sich dabei bitte auf die im Fall genannten Beispiele. c) Welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie für Unternehmen gerade im internationalen Kontext, sich sozial und ökologisch zu engagieren? Wie bewerten Sie die Erfolgsaussichten derartiger Bemühungen? 11. The Body Shop stellt sich selbst als verantwortungsvolles Unternehmen dar. a) Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund das Verhalten von The Body Shop gegenüber den Franchisenehmern in den USA? Begründen Sie bitte Ihre Meinung. b) Der folgende Ausschnitt aus einem Franchisee Report von The Body Shop spiegelt die Haltung des Unternehmens in Bezug auf die Franchisenehmer im Jahr 2004 wider. Wie bewerten Sie dieses Statement?

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„The Body Shop International plc is a retail franchise with an established network of franchisees that own and operate approximately 70% of The Body Shop stores worldwide. … However, because The Body Shop’s franchisee network has grown rapidly in an evolutionary rather than planned manner, there has been a lack of alignment in focus and structures. Indeed, The Body Shop International plc has often taken on the role of wholesaler in relation to franchisees, but failed to provide the necessary marketing guidance, which is necessary to support a global retail brand. … Among key initiatives are improved regional structures to create higher sensitivity to market needs. In addition a new franchisee agreement has been implemented to provide the consistency needed to compete on a global basis. While these initiatives seek to improve communication with franchisees, the Company recognises there is more to be done in building mutual trust and respect. …”

Quelle: The Body Shop International (2004): Individual Stakeholder Accounts – Franchisee Report 2004. Internetseiten von The Body Shop International, 2004. URL: http://www.thebodyshopinternational.com/web/tbsgl/ images/Franchisee_ ISA_2004.pdf (Stand 28.01.2006).

12. Im Fallbeispiel selbst fand sich mit Abbildung 1 auch eine Abbildung, in der die Vision von Anita Roddick beschrieben wurde. Anita Roddick starb im Jahr 2007. Sie wurde in der Berichterstattung zu ihrem Tod mit früheren Worten folgendermaßen zitiert: „Ich hatte nie eine Vision“ (o.V. (2007): Gründerin des Body-Shop ist gestorben. In: Handelsblatt, 11.09.2007, S. 13). a) Erläutern Sie unabhängig vom Fall, was Sie unter einer Vision verstehen. b) Sind Sie der Meinung, dass alle Unternehmen eine Vision brauchen, um langfristig erfolgreich zu sein? Bitte begründen Sie Ihre Meinung ausführlich. c) Wie erklären Sie es sich, dass in den Unternehmensinformationen von The Body Shop durchaus von einer Vision die Rede ist, Anita Roddick aber selbst erklärt, sie hätte nie eine Vision gehabt? d) Sollten grenzüberschreitend tätige Unternehmen Ihrer Meinung nach eine Vision haben, die für alle Ländermärkte gilt, oder sollte bzw. könnte sich die Vision auch je nach Ländermarkt unterscheiden? Bitte unterlegen Sie Ihre Antwort durch geeignete Argumente. 13. Im Jahr 2006 wurde The Body Shop vom französischen Kosmetikkonzern L’Oréal übernommen. a) Informieren Sie sich bitte über das Unternehmen L’Oréal und fassen Sie vor allem zusammen, welche Aussagen – aus der Außenperspektive – über die Kultur von L’Oréal getroffen werden. b) Stellen Sie sich vor, Sie wären Consultant: Welche Empfehlungen hätten Sie – vor dem Hintergrund der Kultur der beiden Unternehmen – L’Oréal im Jahre 2006 gegeben, falls die Frage der kulturellen Integration aufkommen sollte? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung.

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c) Im Jahr 2009 fand sich in der Zeitschrift Capital ein Artikel zu L’Oréal. Auf Seite 80 war dort zu lesen, dass L’Oréal-Chef Agon im April 2009 die Führungsmannschaft von The Body Shop ausgetauscht und 275 Stellen gestrichen habe (Meier, Lutz (2009): Das Häute-Journal. In: Capital, Nr. 7, 2009, S. 79-83). Er wolle – so Capital – The Body Shop nun voll in den Konzern integrieren. Wie beurteilen Sie das Ziel der „vollen Integration“? 14. PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) versteht sich selbst als größte Tierrechtsorganisation weltweit. Im Jahr 2006 hat PETA die Empfehlung ausgesprochen, auch nach dem Kauf von The Body Shop durch L’Oréal Body-ShopProdukten treu zu bleiben. Lesen Sie diese Empfehlung, mit der gleichzeitig ein Aufruf verbunden ist, sich an L’Oréal zu wenden: PETA, 04.07.2006: „The Body Shop bleibt tierversuchsfrei – PETA empfiehlt auch weiterhin Produkte von The Body Shop zu kaufen“. „Vor kurzem wurde eine der in Sachen tierversuchsfreier Kosmetik Pionierarbeit leistende Firma, The Body Shop, von der Firma L’Oréal übernommen. Wir sind der Ansicht, dass es ungeheuer wichtig ist, dass Konsumenten auch weiterhin Produkte von The Body Shop kaufen, um so die starke Anti-Tierversuchs-Haltung des Unternehmens zu unterstützen und L’Oréal zu zeigen, dass der Markt für tierfreundliche Produkte riesig ist. PETA hat eine schriftliche Bestätigung des Unternehmens, dass sich an seiner Tierversuchspolitik nichts ändern wird und alle ihre Produkte tierfreundlich bleiben werden. Immer, wenn ein Großkonzern ein kleineres, von mehr Mitgefühl geprägtes Unternehmen schluckt, lernt das Großunternehmen aus dem Erfolg des kleineren Unternehmens, das [sic] Verbrauchern etwas an Themen wie Tierversuche [sic] und tierquälerische Intensivtierhaltung liegt. So wurde die Firma Boca Burgers, die vegetarische Burger und andere vegetarische Produkte produziert, von dem Hot-Dog Giganten Oscar Mayer aufgekauft, der größte Milchkonzern der Welt, Dean Foods, kaufte White Wave, den Hersteller von Sojadrink, auf, Fayrefield Foods ist Eigentümer von Swedish Glace, dem milchfreien Dessert, das nun bereits in allen größeren Supermärkten in den USA angeboten wird, und der Süßigkeiten-Gigant Cadbury besitzt Green & Black’s Organic, die vegane Schokolade herstellen. Wenn Konglomerate tierfreundliche Unternehmen gekauft haben, hatte das immer zur Folge, dass humane Produkte in größerem Maße und mit besserer Werbung als zuvor verkauft wurden. Großunternehmen erkennen jetzt den expandierenden Markt mitfühlender Verbraucher, die tierfreundliche Lebensmittel, Kosmetika und Kleidung wünschen. Wir hoffen, dass die Politik der Tierversuchsfreiheit von The Body Shop und ihre Unterstützung von Projekten, die freundlich gegenüber Menschen, der Umwelt und Ureinwohnern sind, L’Oréal überzeugen werden, Tierversuche komplett und für immer abzuschaffen. Bitten Sie L’Oréal, dieselben von Mitgefühl geprägten Standards anzunehmen, wie sie für The Body Shop so charakteristisch waren.“

Quelle: o.V. (2006): The Body Shop bleibt tierversuchsfrei. Internetseiten von PETA, 04.07.2006. URL: http://www.peta.de/web/the_body_shop.593.html (Stand 18.06.2012). a) Warum spricht sich PETA Ihrer Meinung nach dafür aus, The Body Shop treu zu bleiben, während andere Organisationen, wie etwa Naturewatch, zum Boykott von The Body Shop aufgerufen haben?

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Body Shop International b) Bitte informieren Sie sich über PETA. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sehen Sie zwischen PETA und einem international tätigen Unternehmen, wie z.B. Procter & Gamble, Siemens oder Barclays Bank? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

15. Im Jahre 2010 wurde bekannt, dass die 37 The-Body-Shop-Filialen in der Schweiz zu einem nicht genannten Preis von L'Oréal, an dem der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé maßgeblich beteiligt ist, an Coop verkauft wurden. Es wurde angekündigt, dass die The-Body-Shop-Läden auch in der Zukunft unter ihrem bisherigen Namen weitergeführt werden sollen. a) Welche Gründe und Motive könnten Ihrer Meinung nach hinter diesem Verkauf von L’Oréal an Coop stehen? b) Würden Sie als Schweizerische Coop auch weiterhin am Markennamen „The Body Shop“ festhalten? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. 16. Die britische Naturkosmetikkette Lush ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Lesen Sie dazu bitte folgenen Textausschnitt: Wirtschaftswoche, 61. Jg., Nr. 12, 2007: „Zum Fressen schön“, S. 74-75. „Mit mehr als 440 Geschäften in 37 Ländern hat sich das vor zwölf Jahren gegründete Unternehmen zum Kultlabel entwickelt. Madonna kauft bei Lush für ihren Mann Guy Ritchie Massageriegel, die beim Einreiben auf der Haut schmelzen. Filmstar Halle Berry schwört auf die Bodylotion Dream Cream. Und neulich schaute US-Senatorin Hillary Clinton bei Lush in London vorbei. In Deutschland hat Lush bereits 18 Shops etwa in Berlin, München, Köln und Düsseldorf, soeben eröffnete einer in Leipzig. Weltweit stieg der Umsatz mit Lush-Produkten 2006 um 30 Prozent auf umgerechnet 220 Millionen Euro, für 2007 rechnet der neuseeländische Geschäftsführer Andrew Gerrie mit 27 Prozent Plus. Gewinnzahlen nennt das Unternehmen nicht. Doch betont Gerrie, Lush schreibe trotz der schnellen Expansion schwarze Zahlen. Denn was trendy ist, darf auch teuer sein: Die lustigen Badekugeln kosten rund vier Euro pro Stück, für die nach Sahnekaramell duftende BestsellerSeife „Honey I Washed The Kids“ sind 4,85 Euro pro 100-Gramm-Stück fällig. Fantasievolle englische Namen und die Preise stehen in Kreideschrift auf Schiefertafeln. Bezahlt wird nach Gewicht. Auf Holzregalen sind Seifen-Wagenräder gestapelt, die aussehen wie holländischer Käse. Vorbild waren französische Delikatessengeschäfte und spanische Gemüsemärkte. „Und ich habe in Deutschland immer gern vegetarische Restaurants besucht, wo alles so schön präsentiert wird“, schwärmt Mark Constantine, Gründer und kreativer Kopf des Öko-Labels. ... Constantine gründete das Unternehmen 1995 mit seiner Frau Mo, alten Freunden und dem jungen Finanzexperten Andrew Gerrie, der Lush heute leitet. Als Jugendlicher wollte der heute 54-Jährige Constantine Maskenbildner werden. In den Sechzigerjahren ein Traum, der sich für einen Mann nicht realisieren ließ. Stattdessen machte der Teenager, der kurz vor dem Abitur die Schule abbrach, eine Friseurlehre. Der engagierte Umweltschützer und Hobbyornithologe bildete sich zum Spezialisten für Haar- und Kopfhauterkrankungen weiter, frönte seiner Leidenschaft für Botanik und begann, mit eigenen Rezepten für Haar- und Hautpflegemittel zu experimentieren. Als Body-Shop-Gründerin Anita Roddick in den Siebzigerjahren ihre ersten Naturkosmetikläden eröffnete, war Constantine einer ihrer wichtigsten Zulieferer. Er entwickelte viele erfolgreiche Produkte wie Peppermint Foot Lotion und das Strawberry Body Shampoo. Mit dem Body-ShopBörsengang 1984 trübte sich die Beziehung ein, denn die starke Abhängigkeit von einem einzigen Zulieferer missfiel den Analysten. Man einigte sich auf einen Verkauf der Rechte, was Constantine rund sechs Millionen Pfund und einen Knebelvertrag bescherte, der ihm bis 1995 verbot, seine Produkte im Einzelhandel zu vermarkten. Der Versuch, seine Kreationen über einen Versandhan-

Schwierige Zeiten in den USA – erst recht für Franchisenehmer

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del zu vertreiben, endete mit einer Pleite. 1995 wagte er dann den Neubeginn. In Großbritannien gehört die Gesellschaft mit beschränkter Haftung den sieben Gründern. Weltweit gibt es Joint Ventures und Partnerschaften mit rund 20 Parteien. Die deutsche Lush GmbH gehört je zur Hälfte der britischen Lush und dem deutschen Geschäftsführer Rainer Krautter, einem ehemaligen Aktionär von Body Shop. In Deutschland steigerte Lush 2006 den Umsatz von 6,5 auf 10 Millionen Euro. „Lush ist hochprofitabel und hat keine Bankverbindlichkeiten“, sagt Krautter. Er setzt auf organisches Wachstum: „Wir führen unser Geschäft auf die ganz altmodische Art, konservativ und ohne Schulden.“ In den kommenden fünf bis acht Jahren will Krautter in Deutschland bis zu 32 neue Shops eröffnen. Kein Wunder, dass die Zentrale mit dem Gedanken spielt, Lush-Produkte auch in Deutschland herzustellen. Lush legt Wert darauf, frische Kosmetika zu verkaufen, die nur selten Konservierungsstoffe enthalten. Für Produkte wie etwa die schnell verderblichen Gesichtsmasken wären kurze Transportwege vorteilhaft. Außerdem belastet die Belieferung aus weit entfernten Fertigungsstätten angesichts des erhöhten Treibstoffbedarfs die Umwelt stärker. Bisher produziert die Kette neben Großbritannien auch in Mailand, Zagreb, Vancouver und Toronto sowie im japanischen Atsugi. Klassische Werbung gibt es nicht, stattdessen setzt man auf Mundpropaganda und die Broschüre „Lush-Time“. Wichtigstes Medium ist das Internet: Über den Chat im Lush-Forum erhält das Unternehmen ein Feedback über die Produkte und weckt ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Weniger eng zusammen hockt das Chefduo. Während Constantine in Poole neue Produkte und Ideen ausbrütet, jettet Gerrie durch die Welt, gründet Tochterunternehmen und knüpft Partnerschaften. „Naturkosmetik ist ein heißer Markt. Jeder möchte auf den Zug aufspringen“, sagt Constantine. „Wir sitzen schon drin.“

Quelle: Esterhazy, Yvonne (2007): Zum Fressen schön. In: Wirtschaftswoche, 61. Jg., Nr. 12, 2007, S. 74-75. a) Stellt Lush Ihrer Meinung nach eine Bedrohung für The Body Shop dar? Können Sie sich vorstellen, dass eine mögliche Bedrohung von Land zu Land unterschiedlich ist? b) Wie sollte The Body Shop Ihrer Meinung nach auf Lush in Deutschland reagieren? Entwickeln Sie bitte eine Strategie sowie einen Maßnahmenplan.

Lenovo Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Philipp Grosche

Stefan Schmid und Philipp Grosche Lenovo: Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte

Ende 2004 kaufte das chinesische Computerunternehmen Lenovo die PC-Sparte von IBM und avancierte damit zum drittgrößten PC-Hersteller der Welt. Die Akquisition erregte weltweit Aufmerksamkeit: Ein bis dahin außerhalb Chinas weitgehend unbekanntes Unternehmen übernahm das ehemalige Kerngeschäft einer äußerst renommierten westlichen Marke und erreichte auf diese Weise eine annähernd globale Marktpräsenz. Lenovo und IBM vereinbarten im Zuge der Akquisition außerdem eine Strategische Allianz in angrenzenden Geschäftsbereichen, die Lenovo Zugang zum globalen ServiceNetzwerk von IBM verschaffte. Das vorliegende Fallbeispiel erläutert die Entwicklung des neuen chinesischen Global Players Lenovo und beleuchtet Ziele und Hintergründe der Übernahme sowie der damit verbundenen Kooperation. Es wird des Weiteren gezeigt, inwiefern Lenovo für das Gelingen der Akquisition die zusätzlich vereinbarte Strategische Allianz als erfolgskritisch ansieht. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im Mai 2007 abgeschlossen. Im Juni 2012 wurden der Fall leicht überarbeitet sowie der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall aktualisiert und ergänzt.

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Lenovo

Anfang der 1980er Jahre begann die chinesische Regierung, gezielt Zukunftstechnologien zu fördern, um eigene High-Tech-Industrien aufzubauen. Dazu gehörte auch, wie Abbildung 1 zeigt, dass Forschungseinrichtungen das Recht erhielten, unternehmerisch tätig zu werden. Als Folge dessen gründeten im Jahr 1984 elf Computerexperten der staatlichen Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking im Auftrag ihrer Forschungsabteilung, dem Institut für Computertechnologie, mit einem Budget von umgerechnet 25.000 US$ das Unternehmen Legend. Damit wurde der Grundstein für das heutige Unternehmen Lenovo gelegt. Ziel war es, von der neuen unternehmerischen Freiheit zu profitieren und Informationstechnologien kommerziell zu nutzen. Die Wirtschaftspolitik der Volksrepublik China und die Entwicklung chinesischer High-Tech-Unternehmen In den 1980er Jahren begann die Regierung der Volksrepublik China unter Führung der Kommunistischen Partei, die Entwicklung chinesischer High-Tech-Industrien zu forcieren. Um die Abhängigkeit des Landes von ausländischen High-Tech-Produkten zu reduzieren, wurden im Rahmen des siebten FünfJahres-Plans bestehende Großunternehmen ausgewählt und mit staatlichen Förderprogrammen unterstützt. Gleichzeitig räumte die Regierung wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen das Recht ein, gewinnorientierte Unternehmen zu gründen. So gehen z.B. die heute führenden Computerunternehmen Chinas auf diese Initiative zurück: Lenovo wurde am Institut für Computertechnologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften gegründet, Founder an der Peking-Universität. Die jungen High-TechUnternehmen beschäftigten sich in der Anfangsphase hauptsächlich mit dem Handel und Vertrieb sowie dem Testen und Installieren ausländischer Produkte für den chinesischen Heimatmarkt. In den 1990er Jahren produzierten chinesische High-Tech-Unternehmen bereits konkurrenzfähige eigene Produkte für den Heimatmarkt und waren aufgrund angepasster Marketingstrategien oft erfolgreicher als die ausländischen Konkurrenten. Die chinesische Regierung ermutigte die Unternehmen im Rahmen ihrer „Politik der offenen Tür“ ausdrücklich zur Übernahme und Anwendung ausländischer Technologien und zum Einstieg in internationale Produktionsnetzwerke. Ausländische Firmen wurden nach China eingeladen und sollten mit chinesischen Partnern Joint Ventures gründen. Der damit bezweckte Wissenstransfer war gewissermaßen Voraussetzung für den Erhalt von Marktzugang und Produktionslizenzen. Die Planvorgaben der Regierung waren sehr konkret, z.B. formulierte der neunte Fünf-Jahres-Plan für die PC-Industrie folgende Ziele: Bis zum Jahr 2000 sollten zwei bis drei chinesische PC-Hersteller mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. US$ existieren und 1% aller Chinesen einen Personalcomputer besitzen, in städtischen Gebieten sogar 20% der Bewohner. Diese Ziele wurden nach Einschätzung von Experten erreicht. Seit dem Jahr 2000 richten die Pekinger Wirtschaftsplaner ihre Aufmerksamkeit auf die Internationalisierung chinesischer Großunternehmen, die zwar nach wie vor in staatlichem Besitz sind, aber privatwirtschaftlich geführt werden und mittlerweile eigene Technologien entwickeln. Die „Go Global“-Politik der chinesischen Regierung, initiiert durch den zehnten Fünf-Jahres-Plan, fordert Großunternehmen explizit dazu auf, ins Ausland zu expandieren: „Zou Chu Qu!“ („Schwärmt aus!“). Statt der 16 chinesischen Unternehmen, die im Jahr 2007 im Fortune-Global-500-Ranking gelistet waren, sollen 2010 mindestens 50 chinesische Firmen zu den 500 größten Unternehmen der Welt gehören. Chinesische Großunternehmen profitieren im Rahmen dessen von exklusiven Informationsnetzwerken, Steuererleichterungen, günstigen Grundstückspreisen sowie Finanzierungsangeboten von staatlichen Banken mit äußerst niedrigen Zinsen. Diese Politik trug entscheidend dazu bei, dass immer mehr chinesische Unternehmen durch die Gründung oder Akquisition ausländischer Tochtergesellschaften auf sich aufmerksam machten, wie die Beispiele Haier (Haushaltsgeräte), TCL (Fernseher) und Lenovo zeigen.

Abb. 1: Die Wirtschaftspolitik der Volksrepublik China und die Entwicklung chinesischer High-Tech-Unternehmen Quelle: Informationen aus Xie/White (2004), S. 410-414, Kraemer/Dedrick (2002), S. 30-31, Accenture (2005), S. 5, sowie Hirn/Müller (2007), S. 122.

Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte

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Zunächst handelte Legend mit Personalcomputern und Zubehör ausländischer Hersteller, darunter in erster Linie mit Geräten von AST und Hewlett-Packard (HP), bevor im Jahr 1990 die Entwicklung eines eigenen Personalcomputers abgeschlossen war und mit der Produktion eigener Geräte begonnen wurde. Der chinesische Staat, der seit der Gründung 61% der Anteile des Unternehmens hielt, half beim Unternehmensaufbau, indem er den Kauf eines Personalcomputers der Marke Legend als staatsbürgerliche Pflicht propagierte. Vor allem die Erfindung der „Chinese Character Card“ durch Legend, welche die Verwendung chinesischer Schriftzeichen auf Computern ermöglichte, verhalf dem Unternehmen zum Durchbruch. Legend ging als eines der ersten chinesischen Unternehmen im Jahr 1994 an die Börse in Hong Kong und konnte 1996 die damaligen Marktführer in China, Compaq und IBM (International Business Machines Corp.), hinsichtlich der verkauften Stückzahlen überholen. Seitdem war Legend ununterbrochen führend im chinesischen PC-Markt – ab dem Jahr 2001 mit einem Marktanteil nach Stückzahlen von ca. 30%. Im Laufe der Unternehmensgeschichte stieg Legend auch erfolgreich in das Geschäft mit Mobiltelefonen und anderen mobilen Endgeräten, wie zum Beispiel MP3-Playern, in China ein. Seit Anfang der 1990er Jahre besaß Legend ein kleines Forschungslabor im Silicon Valley (USA), dessen Aufgabe es war, aktuelle Technologietrends zu beobachten und an die Entwicklungsabteilungen in China zu übermitteln. Die eigentliche Internationalisierung von Legend begann allerdings etwas früher und erfolgte über die 80%-ige Tochtergesellschaft QDI (Quantum Design Inc.) in Hong Kong, welche Motherboards, die zentralen Platinen für Computer, herstellte. Über Handelsmittler wurden diese Motherboards seit Ende des Jahres 1989 im asiatisch-pazifischen Raum, in den USA und in Europa vertrieben. Nachdem der Absatz stetig anstieg – 1994 wurden weltweit bereits über 5 Mio. Einheiten verkauft – baute QDI ein internationales Vertriebsnetz auf. Ab 1994 besaß das Unternehmen insgesamt 21 Vertriebsniederlassungen im Ausland, davon fünf in den USA, drei in Kanada, fünf im asiatisch-pazifischen Raum (zwei in Australien und jeweils eine in Singapur, Malaysia und Taiwan) sowie acht in Europa (Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Spanien). 2002 verkaufte Legend über die Vertriebsniederlassungen in Spanien, Deutschland, Griechenland und Italien unter der Marke QDI erstmals auch Personalcomputer außerhalb Chinas. Die Vorherrschaft starker regionaler PC-Hersteller wie Fujitsu Siemens und der weltweiten Marktführer Hewlett-Packard und Dell verhinderte jedoch einen erfolgreichen Markteintritt. Gleichzeitig konnten die globalen Konkurrenten Legend in China Marktanteile abnehmen, so dass sich Legend bald darauf wieder aus dem internationalen PC-Geschäft zurückzog, um sich auf den Heimatmarkt zu konzentrieren. Die weitere Internationalisierung von Legend wurde dadurch aber nur hinausgezögert: Im April 2004 wurde das Unternehmen Legend, welches den internationalen PC-Markt weiter im Visier hatte, in Lenovo umbenannt. Damit wurde Markenschutzrechten außerhalb Chinas

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Lenovo

Rechnung getragen – so existiert beispielsweise ein Modell des Automobilherstellers Honda mit dem Namen Legend – und ein erneuter Gang in das Ausland vorbereitet. Wenig später ließ Lenovo konkrete Schritte folgen. Mit dem im Dezember 2004 verkündeten und im Mai 2005 abgeschlossenen Kauf der defizitären PC-Sparte von IBM stieg Lenovo schlagartig zum drittgrößten PC-Hersteller der Welt auf. Abbildung 2 vermittelt ein Bild über die Marktanteile nach verkauften Stückzahlen im internationalen PCGeschäft (Desktop-PCs und Laptop-PCs) im Jahr der Akquisition sowie gut zwei Jahre danach. Lenovo zahlte an IBM einen Kaufpreis von 1,25 Mrd. US$, der teilweise in bar und teilweise mit Aktien beglichen wurde, und übernahm zusätzlich 500 Mio. US$ Schulden der IBM-PC-Sparte. Mit einem Umsatz von 9 Mrd. US$ war die IBM-PCSparte zum Zeitpunkt der Akquisition mehr als dreimal so groß wie das damalige Unternehmen Lenovo. Lenovo erwarb mit der Übernahme auch die Rechte an der erfolgreichen Marke „Think“ und durfte die Marke IBM im Rahmen eines Lizenzabkommens für einen Zeitraum von fünf Jahren nutzen.

Marktanteile 2007

Marktanteile 2004

Dell (USA) Dell

16,4% 16,4%

HP (USA) HP

13,9% 13,9%

IBM (USA) IBM

5,2% 5,2%

Fujitsu (J) Fujitsu

3,8% 3,8%

HP HP (USA)

17,6% 17,6%

Dell Dell (USA)

13,9% 13,9%

AcerAcer (RC)

6,8% 6,8%

Lenovo Lenovo (CN)

6,3% 6,3%

AcerAcer (RC)

3,2% 3,2%

Toshiba Toshiba (J)

Toshiba (J) Toshiba

3,2% 3,2%

Fujitsu Fujitsu (J)

2,7% 2,7%

Apple Apple (USA)

2,4% 2,4%

Lenovo (CN) Lenovo

2,0% 2,0%

Stand 4. Quartal 2004.

4,1% 4,1%

Stand 1. Quartal 2007.

CN: China, J: Japan, RC: Taiwan.

Abb. 2: Marktanteile der größten Hersteller im weltweiten PC-Geschäft (Desktop-PCs und Laptop-PCs) nach verkauften Stückzahlen Quelle: Daten aus Spooner/Kanellos (2004), Flynn (2007) und o.V. (2007c). Zur Finanzierung der Akquisition wählte Lenovo mehrere Kapitalbeschaffungsformen: IBM hielt direkt nach dem Verkauf der PC-Sparte eine Minderheitsbeteiligung von 10,2% an Lenovo. Zudem wurden Anteile im Wert von insgesamt 350 Mio. US$ an die US-

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amerikanischen Private-Equity-Unternehmen Texas Pacific Group, General Atlantic und Newbridge Capital verkauft, die damit zusammen einen Kapitalanteil von 10,1% an Lenovo besaßen. Ferner erhielt Lenovo von chinesischen Staatsbanken Kredite in Höhe von 600 Mio. US$. Der chinesische Staat war über eine Holding, die 42,4% an Lenovo hält, weiterhin stark am Unternehmen beteiligt. Abbildung 3 zeigt die Aktionärsstruktur Lenovos direkt nach der Akquisition.

Lenovo Group Ltd. (1)

Legend Holdings Ltd.

Private-Equity(2) Unternehmen 10,1% IBM 10,2% Legend Holdings Ltd. 42,4% Streubesitz 37,0%

Employees‘ Shareholding Chinesische Society Akademie 35,0% der Wissenschaften 65,0%

Stand Februar 2007. (1) Aufgrund von Rundungen ergibt sich eine Abweichung bei der Addition der Einzelwerte zum Gesamtwert. (2) General Atlantic LLC, Newbridge Capital LLC und Texas Pacific Group.

Abb. 3: Aktionärsstruktur der Lenovo Group Ltd. und der Legend Holdings Ltd. nach der Akquisition der PC-Sparte von IBM Quelle: Daten aus Lenovo (2007c). Im Zuge der Akquisition wurde der Hauptsitz Lenovos von Peking (China) nach Armonk (USA) verlegt und Englisch zur offiziellen Unternehmenssprache erklärt. Hauptniederlassungen des neuen Unternehmens befanden sich nun in Raleigh (USA), Peking (China) und Singapur. Produktionsstätten besaß Lenovo in Peking (China), in vier weiteren Städten an der ost- bzw. südchinesischen Küste (Huiyang, Shanghai, Shenzen und Xiamen) sowie in Pondicherry (Indien). Schließlich existierten noch Forschungszentren am Standort Raleigh (USA), in Yamamoto (Japan) und in den chinesischen Städten Chengdu, Peking, Shanghai, Shenzen und Xiamen. Die Aktie von Lenovo wird weiterhin nur an der Börse in Hong Kong gehandelt.

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Lenovo

Doch warum kam es überhaupt zur Übernahme? Mit einem Marktanteil von 30% stieß Lenovo im chinesischen Markt an Wachstumsgrenzen und hielt Ausschau nach Wachstumsmöglichkeiten im Ausland. Die Akquisition im Speziellen begründete Lenovo mit den komplementären Eigenschaften der IBM-PC-Sparte gegenüber denen des eigenen Unternehmens. Die PC-Sparte von IBM hatte eine starke Position bei Laptop-PCs inne, bediente hauptsächlich Großunternehmen und war im qualitativ hochwertigen Segment angesiedelt. Lenovo hingegen war auf Desktop-PCs für kleinere Unternehmen und Privatkunden fokussiert und galt als Anbieter für den Massenmarkt. Eine zentrale Absicht von Lenovo war es außerdem, starke globale Marken zu übernehmen: In China zählte Lenovo zwar zu den beliebtesten Marken, im Ausland war das Unternehmen mit seinen Produkten und Marken bis dahin aber unbekannt. Die Umsatzverteilung des neuen Unternehmens auf die verschiedenen Produkte und Regionen vor und nach der Akquisition kann dies, wie Abbildung 4 zeigt, verdeutlichen. Daneben wollte Lenovo auch von der internationalen Erfahrung der IBM-PC-Sparte sowie von der Vertriebsstruktur profitieren.

Umsatz nach Produkten

Umsatz nach Regionen

15.000

15.000 15.000

13.462

Umsatz in Mio. US$

10.000

45%

13.462

Umsatz in Mio. US$

2% 4%

13% 21%

10.000 10.000

30%

5.000 5.000

5.000 5.000 2.932 8%

2.932

49% 10% 68%

36%

15%

0 0 2004/05 2004/05

Laptops Laptop-PCs Mobiltelefone Mobiltelefone

2005/06 2005/06

(1)

Desktops Desktop-PCs Sonstige Sonstige

00 2004/05 2004/05

(1)

(2) Amerikas Amerikas

China China EMEA EMEA

2005/06 2005/06

(2)

Asien ohne China Asien ohne China

(1) Das Geschäftsjahr von Lenovo endet am 31. März. Die im Mai 2005 abgeschlossene Übernahme der IBM-PC-Sparte ist deshalb das erste Mal in den Umsatzzahlen von 2005/06 berücksichtigt. (2) Amerikas: Nord-, Mittel- und Südamerika. EMEA: Europa, Mittlerer Osten und Afrika.

Abb. 4: Umsatzentwicklung von Lenovo nach Produkten und Regionen Quelle: in Anlehnung an Lenovo (2006), S. 1. Für IBM stellte der Verkauf der defizitären PC-Sparte, die 2003 einen Nettoverlust von 100 Mio. US$ erwirtschaftete, das Ende einer langen Restrukturierungsphase dar. Nach einem konzernweiten Nettoverlust von 8,1 Mrd. US$ im Jahr 1993 – der weltweit höchs-

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te bilanzierte Jahresverlust eines Unternehmens in der IT-Branche – wandelte sich der Erfinder des Personalcomputers im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung vom Hardware-Produzenten zum integrierten Dienstleistungskonzern für IT-Komplettlösungen. Nach der Transaktion mit Lenovo ist IBM nur noch im Server-, Netzwerk- und Dienstleistungsgeschäft tätig. 2006 erzielte IBM bei einem Umsatz von 91,4 Mrd. US$ einen Nettogewinn von 9,4 Mrd. US$. Um die erhofften Vorteile der Akquisition zu nutzen, nahm Lenovo gleichzeitig die schwierige Aufgabe einer Sanierung des IBM-PC-Geschäfts auf sich. Zur Restrukturierung hat Lenovo der ehemaligen IBM-Sparte sofort nach Vollzug der Übernahme einen rigiden Sparkurs verordnet. Bereits im Jahr 2005 wurden weltweit 1.000 der 10.000 Mitarbeiter der ehemaligen IBM-PC-Sparte entlassen, flachere Hierarchien eingeführt und allein durch die gestiegene Einkaufsmacht 30 Mio. US$ jährlich eingespart. Insgesamt sollten bis zum Ende des Geschäftsjahres 2006/07 Synergieeffekte in Höhe von 200 Mio. US$ realisiert werden. Im April 2007 kündigte Lenovo noch einmal die Streichung von weltweit 650 Arbeitsplätzen sowie die Verlagerung von 750 Arbeitsplätzen aus den USA und Europa nach China und Indien an, um die operativen Kosten weiter zu senken. Die Restrukturierungsaufwendungen minderten den Gewinn Lenovos in der Vergangenheit beträchtlich: Trotz des Umsatzanstiegs infolge der Akquisition sank Lenovos Nettogewinn von 146 Mio. US$ im Geschäftsjahr 2004/05 auf 22 Mio. US$ im Geschäftsjahr 2005/06. Nach Angaben von Lenovo zeigen die eingeleiteten Maßnahmen aber bereits Wirkung und ließen den Gewinn im Geschäftsjahr 2006/07 wieder auf 161 Mio. US$ ansteigen. Im Rahmen der Akquisition hat Lenovo außerdem mit IBM eine Strategische Allianz für Dienstleistungen für die Dauer von fünf Jahren vereinbart. Wie in Abbildung 5 dargestellt, erhielt Lenovo durch diese Allianz die Möglichkeit, seinen Kunden die Dienste der globalen Service-Organisation von IBM anzubieten. Dabei handelt es sich um Leasingund Finanzdienstleistungen (IBM Global Financing) sowie um die im Computergeschäft wichtigen After-Sales-Dienstleistungen (IBM Global Services), wie Garantie-, Wartungsund Reparaturservice oder technischen Support. Außerdem werden von Lenovo hergestellte Personalcomputer weiterhin über das IBM-Vertriebsnetz mit ca. 30.000 Mitarbeitern in 150 Ländern vermarktet und mit dem Zusatz „Delivered by IBM“ verkauft. Lenovo ist exklusiver PC-Lieferant von IBM und damit die einzige PC-Marke, die über dieses Netzwerk verkauft wird. Im Gegenzug ist IBM bevorzugter Dienstleistungspartner von Lenovo und erhält Entgelte für in Anspruch genommene Dienstleistungen sowie Provisionen für verkaufte Geräte. Im Mai 2007 weiteten Lenovo und IBM diese Strategische Allianz nochmals aus und vereinbarten die gemeinsame Entwicklung individueller Komplettlösungen aus Personalcomputern und Netzwerktechnologie für Unternehmen der Finanz-, Bildungs- und Gesundheitsbranche sowie für den Einzelhandel und öffentliche Institutionen.

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Lenovo

Wartung Leasing Reparatur Garantie Finanzierung Support

IBM Lenovo Lenovo

exklusiver PCLieferant für IBM

Lenovo Lenovo

Verkauf über IBM-Vertriebsnetz (v.a. Direktverkauf)

gemeinsame Entwicklung individueller Komplettlösungen

Kunden

oder

Paket aus Hardware und Dienstleistungen

Lenovo Lenovo Lenovo

Verkauf über Lenovos Vertriebsnetz (v.a. Direktverkauf, Internetverkauf, Verkauf über Handel)

Abb. 5: Zentrale Elemente der Strategischen Allianz zwischen Lenovo und IBM Quelle: Informationen aus diversen Presseveröffentlichungen. Durch die Kooperation kann Lenovo seinen Kunden durchgängige Serviceleistungen offerieren und IBM kann seinen Kunden weiterhin ein vollständiges Produktportfolio anbieten. Beide Unternehmen versprechen sich auch Vorteile durch die Wahrung von Kontinuität bei Ansprechpartnern, Serviceumfang und Qualitätsniveau. Lenovo gewinnt durch diese Kooperation ferner Zeit, ein eigenes weltweites Vertriebsnetz zu etablieren und eine eigene umfassende Service-Organisation aufzubauen. Außerdem profitiert Lenovo von der Reputation, die IBM in den Dienstleistungsbereichen genießt. Zugleich möchte Lenovo mit der Strategischen Allianz den Wissenstransfer zwischen dem Kernunternehmen Lenovo, der akquirierten PC-Sparte und dem Unternehmen IBM intensivieren. Indem die Akquisition durch eine zusätzliche Kooperation begleitet wird, kann Lenovo die geringe eigene internationale Erfahrung kompensieren: Das Unternehmen erhält auf diese Weise nicht nur Unterstützung von IBM, sondern kann darüber hinaus die im internationalen Geschäft notwendigen Managementfähigkeiten von IBM erlernen und Kenntnisse über westliche Marktstrukturen und Kundenbedürfnisse erwerben. Lenovos Ziel ist es, an der Spitze des globalen PC-Geschäfts mitzuspielen. Dazu will das Unternehmen im professionellen Laptop-PC-Geschäft weltweit zur Nummer eins aufsteigen und durch die internationale Ausweitung des Desktop-PC-Geschäfts zu Hewlett-Packard und Dell aufschließen. Die Wachstumsstrategie von Lenovo zielt auf drei

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Kundensegmente ab: Wachstumspotential wird vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen gesehen, für die die neue Serie Lenovo 3000 gedacht ist. Mit ihr sollen auch vermehrt Privatkunden gewonnen werden. Die bewährte Marke „Think“ spricht hingegen wie gewohnt primär Großunternehmen an. Gleichzeitig schätzt Lenovo aufstrebende Schwellenländer wie Russland, Indien und Brasilien als vielversprechende Zukunftsmärkte ein und engagiert sich dort verstärkt. Insgesamt hatte Lenovo die Absicht, bereits im Jahr 2008 einen Marktanteil von 10% im weltweiten PC-Geschäft zu erreichen. Die Einführung der Marke Lenovo erfolgte dabei schrittweise, im September 2006 beispielsweise für Laptop-PCs, die für einen Zeitraum von vier Jahren im Co-Branding – mit den gemeinsamen Logos von Lenovo und IBM – verkauft werden. Da der zukünftige Erfolg Lenovos wesentlich davon abhängt, ob die Marke Lenovo dauerhaft international etabliert werden kann, wurden aufwendige Marketingkampagnen realisiert. Unter anderem gehörte dazu das Sponsoring der Olympischen Winterspiele 2006 in Turin, der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking, der US-amerikanischen Basketball-Liga NBA, des Formel-1-Teams AT&T Williams und des brasilianischen Fußballstars Ronaldinho. Grundlegende Voraussetzung für den langfristigen Erfolg der Akquisition war aber das Gelingen der Restrukturierung des ehemaligen IBM-PC-Geschäfts. Positive Anzeichen hierfür lagen bereits vor: Im Frühjahr 2007, zwei Jahre nach der Akquisition, war Lenovo nach Einschätzung von Branchenexperten bei der Restrukturierung weiter fortgeschritten als Hewlett-Packard mit Compaq nach einem vergleichbaren Zeitraum. Und in Europa galt Lenovo bereits damals als profitabel. Allerdings sind noch große Herausforderungen zu bewältigen: Lenovos Geschäft in den USA war weiterhin verlustbringend. Außerdem verlor Lenovo in den USA und in Europa Marktanteile an Hewlett-Packard und Dell und rutschte damit – wie auch aus Abbildung 2 ersichtlich wurde – vom dritten auf den vierten Rang der weltgrößten Hersteller ab. Gleichzeitig ist der chinesische Heimatmarkt hart umkämpft, weil die beiden weltweit führenden Konkurrenten, HewlettPackard und Dell, weiter nach China drängen und weil chinesische Konkurrenten, wie zum Beispiel Founder oder Great Wall, Lenovo preislich unterbieten. Lenovo muss also noch weitere Anstrengungen unternehmen, um sich auf dem internationalen PC-Markt dauerhaft zu etablieren.

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Lenovo

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Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte

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Lenovo

Fragen und Aufgaben 1.

Lenovo hat die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie der Akquisition gewählt, um seine Internationalisierung voranzutreiben: Es wurde die PC-Sparte von IBM übernommen. a) Welche Arten von Akquisitionen lassen sich – unabhängig vom vorliegenden Fall – unterscheiden? Bitte ordnen Sie die Akquisition Lenovos in die Kategorien ein. b) Welche Motive für die Akquisition lagen im vorliegenden Fall für Lenovo vor? c) Inwiefern unterscheidet sich die Akquisition der IBM-PC-Sparte durch Lenovo von anderen grenzüberschreitenden Akquisitionen, die Sie kennen? Arbeiten Sie bitte Unterschiede anhand selbst gewählter Beispiele heraus.

2.

Lenovo akquirierte die PC-Sparte von IBM, um im PC-Geschäft weltweit an der Spitze vertreten zu sein. a) Auf welche geographischen Märkte und auf welche Marktsegmente zielt die Wachstumsstrategie von Lenovo ab? Welche Vorteile hat die Akquisition Ihrer Meinung nach für diese Wachstumsstrategie? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung. b) Welche Probleme und Gefahren sehen Sie im Zusammenhang mit der Akquisition? Welche Maßnahmen sollte Lenovo ergreifen, um diesen Problemen zu begegnen? c) Ein wesentlicher Grund für die Akquisition der PC-Sparte von IBM wird im Erwerb der Markenrechte gesehen. Wie sollte Lenovo Ihrer Meinung nach im Hinblick auf die Markenstrategie vorgehen?

3.

Zur Finanzierung von grenzüberschreitenden Akquisitionen existieren zahlreiche Möglichkeiten. a) Recherchieren Sie bitte in der Literatur, welche Finanzierungsmöglichkeiten für grenzüberschreitende Akquisitionen dort genannt werden. Erstellen Sie dann einen Überblick. b) Wie beurteilen Sie die von Lenovo gewählten Finanzierungsformen? Sind mit der Entscheidung für bestimmte Finanzierungsformen auch andere strategische Vor- oder Nachteile verbunden? Führen Sie bitte Argumente für Ihre Aussagen an.

Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte 4.

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Im Falle einer Akquisition können beide beteiligten Unternehmenseinheiten – Käufer und Gekaufter – voneinander lernen. a) Zeigen Sie bitte auf, in welchen Bereichen Lenovo von der ehemaligen IBM-PCSparte lernen kann und in welchen Bereichen die ehemalige IBM-PC-Sparte von Lenovo lernen kann. Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. b) Erläutern Sie bitte allgemein Bereiche, in denen westliche und chinesische Unternehmen jeweils vom Wissen des anderen profitieren können. Beschränken Sie sich dabei nicht auf die Computerbranche.

5.

Die Akquisition im vorliegenden Fall wird durch eine gleichzeitig vereinbarte Strategische Allianz ergänzt. a) Welche Varianten von Strategischen Allianzen lassen sich – unabhängig vom vorliegenden Fall – unterscheiden? Welcher Variante würden Sie die Strategische Allianz zwischen Lenovo und IBM zuordnen? Begründen Sie bitte Ihre Entscheidung. b) Welche Ziele verfolgen Lenovo und IBM jeweils mit der vereinbarten Strategischen Allianz? Nennen Sie bitte die im Fall aufgeführten Ziele sowie weitere Ziele, die Sie sich vorstellen können. c) Profitiert einer der beiden Partner Ihrer Meinung nach stärker von dieser Strategischen Allianz? Führen Sie bitte adäquate Argumente an.

6.

Lenovo und IBM sind im Rahmen der vereinbarten Strategischen Allianz jeweils bevorzugter Partner des anderen und können ihren Kunden auf diese Weise ein Komplettpaket aus Personalcomputern, Netzwerktechnologie und Serviceleistungen anbieten. a) Mit welchen Herausforderungen müssen Lenovo und IBM im Zuge der vereinbarten Strategischen Allianz rechnen? Geben Sie bitte einen ausführlichen Überblick. b) Stellen Sie sich vor, Sie wären Consultant: Welche Strategien und Maßnahmen würden Sie den beiden Unternehmen empfehlen, um diesen Herausforderungen zu begegnen?

7.

In einem Vortrag mit dem Titel „Lenovo als Beispiel für eine ‚New World Company’“ behauptete Marc Fischer, Geschäftsführer der Lenovo (Deutschland) GmbH, die Integration der PC-Sparte von IBM in das Unternehmen Lenovo sei innerhalb von 18 Monaten abgeschlossen worden. a) Diskutieren Sie, inwiefern Sie der Aussage Fischers zustimmen, und gehen Sie dabei bitte auch darauf ein, was Sie unter Integration verstehen.

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Lenovo b) Erklären Sie bitte, was die Oberflächen- und Tiefenstrukturen eines Unternehmens sind, und leiten Sie jeweils besondere Herausforderungen bei der Integration ab. c) Erläutern Sie bitte abschließend, was unter normativer Integration verstanden wird, und entwerfen Sie Maßnahmen zur normativen Integration, die Lenovo bei der Integration der IBM-PC-Sparte anwenden könnte. Nehmen Sie auch dazu Stellung, für wie sinnvoll Sie die normative Integration bei Lenovo erachten.

8.

Die Landeskultur wird immer wieder – ebenso wie die Unternehmenskultur – als Quelle von Problemen bei grenzüberschreitenden Akquisitionen angesehen. a) Informieren Sie sich bitte zunächst über kulturelle Merkmale der USA und Chinas. Wählen Sie bitte eine der bekannten Kulturstudien, anhand derer Sie die USA und China vergleichen. b) Welche kulturellen Probleme können insbesondere bei der Akquisition westlicher Unternehmen durch chinesische Firmen auftreten? Welche Probleme vermuten Sie speziell im Falle von Lenovo? Begründen Sie bitte Ihre Überlegungen. c) Wie sollte Lenovo mit diesen Problemen umgehen? Überlegen Sie sich bitte konkrete Gestaltungsmaßnahmen, durch die kulturelle Probleme im vorliegenden Fall abgeschwächt bzw. reduziert werden könnten.

9.

Yang Yuanqing, Lenovos Chairman of the Board, beschreibt das Geschäftsmodell des Unternehmens wie folgt: „Lenovo’s dual business model approach was developed and refined in China, where, based on different customer needs and preferences in products, service, and buying channels, Lenovo first segmented customers into two types – relationship and transaction – and built complementary business models accordingly. The success of Lenovo’s dual model in China lies in the end-to-end integration of product development, marketing, sales, manufacturing and customer service, allowing fast, yet disciplined, response to market shifts, allowing Lenovo to operate efficiently on an optimized cost structure.” Yang Yuanqing, Chairman of the Board, Lenovo Group Ltd.

Quelle: Lenovo (2006): Lenovo Group Limited. Annual Report 2005/2006. Armonk, 2006. a) Wie könnte ein Geschäftsmodell aussehen, das auf „Relationship” aufbaut? Und wie würden Sie ein Geschäftsmodell konzipieren, welches auf „Transaction“ abzielt? Als Ausgangspunkt können Sie die Begriffe in der Standardliteratur des Marketings nachschlagen und/oder folgende Artikel konsultieren:

Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte

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Coviello, Nicole/Brodie, Roderick (1998): From Transaction to Relationship Marketing. An Investigation of Managerial Perceptions and Practices. In: Journal of Strategic Marketing, 6. Jg., Nr. 3, 1998, S. 171-186. Grönroos, Christian (1996): Relationship Marketing. Strategic and Tactical Implications. In: Management Decision, 34. Jg., Nr. 3, 1996, S. 5-14.

b) Informieren Sie sich bitte über die grundlegenden Geschäftsmodelle der Wettbewerber von Lenovo und vergleichen Sie diese mit Lenovo. Welche relativen Stärken und Schwächen besitzt Lenovo Ihrer Meinung nach? c) Sehen Sie Anhaltspunkte dafür, dass sich die Unterscheidung in Relationshipund Transaction-Marketing, wie von Lenovo in China praktiziert, auf andere Länder übertragen lässt? Wählen Sie bitte Ihren Präferenzen entsprechend ein zweites Land und argumentieren Sie, inwiefern die auf Relationship- und Transaction-Marketing aufbauenden Geschäftsmodelle dort zum Einsatz kommen können oder angepasst werden müssen. 10. Mit der fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung Chinas wagen immer mehr chinesische Unternehmen den Schritt ins Ausland. a) Welche Treiber sind Ihrer Meinung nach für die zunehmende Internationalisierung chinesischer Unternehmen verantwortlich? b) Bitte lesen Sie den folgenden Artikel: Gao, Paul/Woetzel, Jonathan R./Wu, Yibing (2003): Can Chinese Brands Make It Abroad? In: The McKinsey Quarterly, Special Edition, 40. Jg., Nr. 1, 2003, S. 3-13.

Die Autoren unterscheiden in diesem Artikel vereinfachend zwei Internationalisierungsalternativen für chinesische Unternehmen: erstens die schrittweise Expansion ins Ausland durch organisches Wachstum und zweitens die Akquisition einer etablierten Marke im Ausland. Welche Vorteile bzw. welche Nachteile kennzeichnen jeweils diese unterschiedlichen Internationalisierungsstrategien? c) Überlegen Sie bitte, unter welchen Bedingungen für ein Unternehmen welche der beiden in b) von Ihnen diskutierten Vorgehensweisen vorteilhaft ist, und begründen Sie Ihre Meinung. Wie beurteilen Sie das Vorgehen von Lenovo vor diesem Hintergrund? d) Wie schätzen Sie die Rolle des chinesischen Staates für die Internationalisierung chinesischer Unternehmen ein? Argumentieren Sie bitte anhand des vorliegenden Falles und ziehen Sie gegebenenfalls weitere aktuelle Beispiele heran. Als Inspiration für weitere aktuelle Beispiele kann folgendes Werk dienen: Fuchs, Hans J. (2007): Die China AG – Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa. FinanzBuch Verlag, München, 2007, v.a. S. 133-324.

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Lenovo

11. Viele traditionelle Internationalisierungstheorien gehen davon aus, dass Unternehmen Internationalisierungsaktivitäten betreiben, um Wettbewerbsvorteile auszunutzen oder zu erschließen. Child/Rodrigues (2005) argumentieren, dass chinesische Unternehmen internationalisieren, um Wettbewerbsnachteilen zu begegnen. Lesen Sie dazu bitte den folgenden Artikel: Child, John/Rodrigues, Suzana B. (2005): The Internationalization of Chinese Firms: A Case for Theoretical Extension? In: Management and Organization Review, 1. Jg., Nr. 3, 2005, S. 381-410.

a) Welche Internationalisierungsmöglichkeiten für chinesische Unternehmen unterscheiden die Autoren? b) Inwiefern gehen die Autoren davon aus, dass man das Spektrum der bestehenden Internationalisierungstheorien ausweiten müsse? Zeigen Sie bitte die wesentlichen Eckpunkte der Argumentation auf. c) Stimmen Sie der Aussage der Autoren zu? Argumentieren Sie bitte, indem Sie andere Ihnen bekannte Internationalisierungstheorien einfließen lassen. 12. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick über die Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen im Ausland: Morck, Randall/Yeung, Bernard/Zhao, Minyuan (2008): Perspectives on China’s Outward Foreign Direct Investment. In: Journal of International Business Studies, 39. Jg., Nr. 3, 2008, S. 337-350.

a) Bitte fassen Sie zunächst auf der Basis des Beitrags selbst zusammen, welche Zielregionen für chinesische Direktinvestitionen in der Vergangenheit eine besonders große Rolle gespielt haben. Sehen Sie Anhaltspunkte, dass sich in der Zukunft Änderungen im Hinblick auf mögliche Zielregionen ergeben? b) In den Jahren 2004, 2005 und 2006 fand sich Lenovo nicht unter den Top 15 der chinesischen Unternehmen (gemäß „Ranking“ nach vorgenommenen ausländischen Direktinvestitionen). Wie erklären Sie sich, dass Lenovo im „Ranking“ nicht höher platziert ist? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung ausführlich. 13. Im Untertitel des vorliegenden Fallbeispiels wird Lenovo als Global Player bezeichnet. Der Begriff des Global Players wird in der Literatur zum Internationalen Management allerdings genauso wenig einheitlich verwendet wie in den allgemeinen Medien. a) Bitte recherchieren Sie, welche Unternehmen in welchen Kontexten von Wissenschaftlern, Managern und Journalisten als Global Player bezeichnet werden. Handelt es sich nach Ihren Vorstellungen dabei tatsächlich um global tätige Unternehmen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Nehmen Sie den folgenden Artikel von Rugman/Brain (2003) zur Hand:

Ein neuer Global Player aus dem Reich der Mitte

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Rugman, Alan/Brain, Cecilia (2003): Multinational Enterprises Are Regional, Not Global. In: Multinational Business Review, 11. Jg., Nr. 1, 2003, S. 3-12.

Erläutern Sie bitte, wie die Autoren einen Global Player definieren, und prüfen Sie, ob Lenovo diese Anforderungen an ein globales Unternehmen erfüllt. 14. Im Jahr 2011 hat Lenovo das deutsche Unternehmen Medion für einen Kaufpreis von 625 Mio. € mehrheitlich übernommen. a) Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, um die Motive zu identifizieren, die hinter dieser Akquisition stehen, und um Risiken und Probleme zu ermitteln, die die Akquisition mit sich bringen könnte. b) Das Management Board von Lenovo bestand im Jahr 2011 aus fünf Amerikanern, drei so genannten Hongkongchinesen und drei so genannten Festlandchinesen. Würden Sie Lenovo empfehlen, in Zukunft auch ein deutsches „board member“ zu berufen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Die Übernahme von Medion durch Lenovo stellt eine der in den letzten Jahren zunehmenden Zahl an Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Unternehmen dar. In einem Zeitungsausschnitt wird Wirtschaftsminister Philipp Rösler zitiert, der chinesische Unternehmen zu weiteren Akquisitionen in Deutschland einlädt. Bitte nehmen Sie Stellung, ob Sie Philipp Rösler zustimmen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2012: „Rösler lädt China zu Übernahmen in Deutschland ein“, S. 10. „Chinesische Unternehmen sollen nach dem Wunsch der Bundesregierung viel häufiger deutsche Unternehmen kaufen oder Anteile daran erwerben. „Sie sind gewollt, sie sind gewünscht“, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Dienstag in Berlin. Deutschland solle „mit gutem Beispiel vorangehen und selbst ein offener Markt sein“, sagte Rösler im Hinblick auf häufig geäußerte Kritik an wirtschaftlichen Restriktionen für deutsche Investoren in China. Rösler trat im Wirtschaftsministerium an der Seite des Vorstandsvorsitzenden von Siemens, Peter Löscher, auf, der auch dem Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft vorsitzt. Auch dieser sagte, es bestehe ein Missverhältnis zwischen dem Engagement deutscher Unternehmen in China und dem chinesischer in Deutschland: In den vergangenen Jahren hätten deutsche Unternehmen rund 22 Milliarden Euro in China investiert, andersherum hätten die Direktinvestitionen (FDI) von 2005 bis 2010 nur rund 775 Millionen Euro betragen. „Wir wollen mit dem Vorurteil aufräumen, dass diese Direktinvestitionen schädlich wären“, sagte Rösler. Die Zeiten, in denen chinesische Investoren Stahlwerke im Ruhrgebiet gekauft hätten, um sie in Deutschland ab- und in China wieder aufzubauen, seien vorbei. China sei in Sachen Innovationskraft auf Augenhöhe. „Wir befruchten uns“, sagte Löscher. Rösler äußerte, die Außenwirtschaftspolitik müsse strategischer angegangen werden. So wäre es gut, wenn auch junge Asiaten unbürokratisch Ausbildungen in Deutschland machen dürften. Dann würden sie später für chinesische Unternehmen deutsche Maschinen bestellen, etwa von Siemens, sagte er. Zuletzt gab es zahlreiche Übernahmen vor allem deutscher Mittelstandsunternehmen durch chinesische Investoren, etwa aus der Automobilund Energietechnikbranche.“

Quelle: o.V. (2012): Rösler lädt China zu Übernahmen in Deutschland ein. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2012, S. 10.

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Lenovo

15. Stellen Sie sich vor, Sie wären CEO von Lenovo im Jahr 2012 und möchten in naher Zukunft weiter international expandieren. Im Vorfeld der Internationalisierungsentscheidung machen Sie sich Gedanken über die verschiedenen Aspekte, die berücksichtigt werden müssen, um eine möglichst optimale Entscheidung zu treffen. Entwerfen Sie bitte eine Checkliste, welche Ihnen dabei hilft, die einzelnen Aspekte einer Internationalisierungsentscheidung zu berücksichtigen. Eine solche Checkliste sollte beispielsweise strategische, organisatorische und kulturelle Dimensionen berücksichtigen. 16. Im ersten Halbjahr 2012 wurde bekannt, dass Hewlett-Packard weltweit 27.000 Arbeitsplätze streichen möchte. Lesen Sie dazu folgenden Zeitungsausschnitt: Handelsblatt, 25.-28.05.2012: „HP streicht weltweit 27.000 Jobs – Beschäftigte in Deutschland bangen um ihren Arbeitsplatz“, S. 6. „Das lahmende Geschäft treibt den weltgrößten PC-Hersteller Hewlett-Packard zu einem radikalen Jobabbau: Voraussichtlich 27.000 Mitarbeiter müssen das Unternehmen bis Herbst 2014 verlassen. Das ist mehr als jeder zwölfte Beschäftigte. Die IG Metall befürchtet, dass auch hierzulande Hunderte Arbeitsplätze wegfallen. HP leidet darunter, dass immer mehr Kunden zum Tablet-Computer oder ihrem Smartphone greifen, statt einen neuen PC zu kaufen. Seit September steht die frühere Ebay-Lenkerin Meg Whitman an der Konzernspitze und räumt auf. „Ein Stellenabbau ist niemals leicht“, sagte Whitman. „Aber in diesem Fall ist er absolut notwendig.“ HP verkauft nicht nur weniger Computer, sondern auch weniger der einst so einträglichen Drucker. …“

Quelle: o.V. (2012): HP streicht weltweit 27.000 Jobs – Beschäftigte in Deutschland bangen um ihren Arbeitsplatz. In: Handelsblatt, 25.-28.05.2012, S. 6. a) Im Handelsblattausschnitt ist davon die Rede, dass Smartphones und TabletComputer den klassischen Computerherstellern zu schaffen machen. Bitte analysieren Sie, ob und inwiefern von diesem Problem Ihrer Meinung nach auch Lenovo betroffen ist. Könnte es länderspezifische Unterschiede in der Betroffenheit von Lenovo geben? b) Bitte führen Sie weitere Recherchen zu Hewlett-Packard durch. Vergleichen Sie anschließend Lenovo mit Hewlett-Packard anhand i)

genereller Strategiedimensionen (wie z.B. Wachstumstrategie, Wettbewerbsstrategie, Technologiestrategie etc.)

ii) spezifisch internationaler Strategiedimensionen (wie z.B. Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, Zielmarktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien).

Porsche Holding Automobile für Europa aus dem Salzburger Land

Prof. Dr. Stefan Schmid, Dr. Tobias Dauth, Dr. Thomas Kotulla und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze

Stefan Schmid, Tobias Dauth, Thomas Kotulla und Stephan Schulze Porsche Holding: Automobile für Europa aus dem Salzburger Land

Die 1948 in Salzburg gegründete Porsche Holding ist heute einer der größten Automobilhändler der Welt. Die wesentlichen Aktivitäten der Porsche Holding umfassen den Automobilgroß- und Automobileinzelhandel sowie das Geschäft mit Finanzdienstleistungen in Europa. Im vorliegenden Fallbeispiel steht die internationale Expansion der Porsche Holding durch Akquisitionen und Neugründungen von Tochtergesellschaften in Westeuropa sowie Zentral- und Osteuropa im Mittelpunkt. Als Einführung in die Thematik werden zunächst die Struktur des PKW-Vertriebs in Europa und die Entwicklung der Porsche Holding in Österreich erläutert. Den Fokus des Fallbeispiels bilden die umfangreichen Auslandsaktivitäten der Porsche Holding. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zur ursprünglichen Form dieses Fallbeispiels wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juli 2012 wurden das Fallbeispiel sowie der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Porsche Holding

Bei der Analyse der internationalen Vertriebsstrukturen in der Kraftfahrzeugbranche lassen sich, wie in Abbildung 1 dargestellt, der Groß- und Einzelhandel unterscheiden. Der Großhandel bildet eine Zwischenstufe zwischen dem ausländischen Hersteller und dem inländischen Einzelhandel. Die Hauptaufgaben des Großhandels bestehen darin, die Distribution und Logistik zu übernehmen und in den meisten Fällen auch ein lokales Händlernetz aufzubauen, zu entwickeln und zu betreuen. Für den Vertrieb außerhalb ihres Heimatlandes nutzen Automobilhersteller oftmals eigene Vertriebstochtergesellschaften, die in den Gastmärkten die Aufgaben des Großhändlers übernehmen. In manchen Gastmärkten schalten Automobilhersteller jedoch nicht eigene Tochtergesellschaften ein, sondern setzen auf unabhängige Großhändler, die als Generalimporteure für den Import und den Vertrieb der Fahrzeuge verantwortlich sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Märkte klein oder relativ unbekannt sind oder als besonders riskant eingeschätzt werden. Generalimporteure übernehmen – ähnlich wie Vertriebstochtergesellschaften – im Zielmarkt den Aufbau eines lokalen Händlernetzes. Es kommt dabei zuweilen auch vor, dass Importeure nicht nur für einen Hersteller oder eine Marke verantwortlich sind, sondern mehrere Fahrzeughersteller und Marken vertreten.

Hersteller

Großhandel

Ausland

Einzelhandel

Endkunde

Selbständige, unabhängige Autohäuser

Inland

Vertriebstochtergesellschaft des Automobilherstellers Land 1

Autohäuser im Eigentum der Vertriebstochtergesellschaft Selbständige,unabhängige Autohäuser

Land 2 Automobilhersteller

Gegebenenfalls weitere Automobilhersteller

Unabhängiger Generalimporteur

Autohäuser im Eigentum des Generalimporteurs

Aktivitäten der Porsche Holding

Abb. 1: Überblick über die internationalen Vertriebsstrukturen im Automobilbereich Der Einzelhandel ist in der Automobilbranche (immer noch) durch ein Netz von größtenteils rechtlich selbständigen Autohändlern geprägt. Betrachtet man alle in Europa existierenden Verkaufsstützpunkte, so handelt es sich dabei in etwa 80% der Fälle um recht-

Automobile für Europa aus dem Salzburger Land

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lich eigenständige Kraftfahrzeughändler; nur ca. 20% der Verkaufsstützpunkte befinden sich im Eigentum von Automobilherstellern, deren Tochtergesellschaften oder deren Generalimporteuren. Ein Unternehmen, das den Kraftfahrzeuggroß- und Kraftfahrzeugeinzelhandel gleichzeitig übernimmt, ist die österreichische Porsche Holding. Das Unternehmen und dessen unterschiedliche Internationalisierungsstrategien in West- und Osteuropa werden nun genauer beschrieben. Die Porsche Holding wurde 1948 von den Geschwistern Ferry Porsche und Louise Piëch in Gmünd bei Salzburg gegründet. Ausgangspunkt für die Aktivitäten des Unternehmens war ein Vertrag mit dem VW-Konzern, der die Porsche Holding zum Generalimporteur für VW in Österreich machte. Bis 1957 hatte sich die Porsche Holding nach Anzahl der verkauften Automobile zur Nummer eins unter den österreichischen Importeuren entwickelt – eine Position, die bis heute nicht wieder abgegeben wurde. Das Unternehmen befand sich bis zum Jahr 2011 zu 100% im Besitz der Familien Porsche und Piëch. Am 1. März 2011 wurde die Porsche Holding vom VW-Konzern übernommen. Die beiden Eigentümerfamilien Porsche und Piëch erhielten im Gegenzug einen Kaufpreis von 3,3 Mrd. €. Die wesentlichen Aktivitäten der Porsche Holding umfassen den Autogroß- und Autoeinzelhandel. Der Autogroßhandel beinhaltet den Import von Kraftfahrzeugen von Automobilherstellern, den Handel mit den einzelnen unabhängigen Autohäusern und die Koordination sowie das Management der eigenen Autohäuser. Dies wird auch aus Abbildung 1 ersichtlich. Dabei ist die Porsche Holding in Österreich längst nicht mehr nur für die Marke Volkswagen, sondern auch für zahlreiche weitere Marken des Konzerns, wie z.B. Audi, Škoda oder Seat, tätig. Neben diesen beiden Geschäftszweigen hat sich das Geschäft mit Finanzdienstleistungen, insbesondere das Leasing, die Finanzierung und die Versicherung von Kraftfahrzeugen, zu einem bedeutenden Geschäftsfeld für die Porsche Holding entwickelt. Nach den Erfolgen im österreichischen Heimatmarkt wurde bei der Porsche Holding bereits in den 1960er Jahren auf eine internationale Expansion gesetzt. Wichtige Etappen der Internationalisierung sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Wie die Internationalisierung in Einzelfällen erfolgte, soll nun am Beispiel des französischen und ungarischen Marktes erläutert werden. Der Eintritt in den französischen Markt erfolgte in den 1960er Jahren durch eine Minderheitsbeteiligung an dem französischen Autohandelsunternehmen Sonauto S.A. (Société Anonyme). Die Sonauto S.A., an der die Porsche Holding 1978 die Aktienmehrheit übernahm, importierte die Fahrzeuge verschiedener, im französischen Markt kleinerer Automobilhersteller, wie z.B. Mitsubishi und Seat, sowie Motorräder der Marke Yamaha. Das Importgeschäft wurde mit der Zeit aber zunehmend schwieriger, da fast alle Fahrzeughersteller in den größten Automobilmärkten Europas – und damit auch in Frankreich – versuchten, nach und nach mit eigenen Vertriebstöchtern tätig zu werden. Nachdem die

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Porsche Holding

Möglichkeiten, für weitere Hersteller die Generalimporteursfunktion zu übernehmen, beschränkt waren, suchte man bei der Porsche Holding nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten. Die besten Chancen für weiteres Wachstum in Frankreich sah man im Fahrzeugeinzelhandel. Durch eine 50%-ige Beteiligung an der erfolgreichen Automobileinzelhandelsgruppe PGA S.A. wurde das Geschäft in Frankreich im Jahr 1999 erweitert. Mit dem Einstieg in den Automobileinzelhandel konnten die eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten im reinen Automobilimport gut kompensiert werden. Die PGA S.A. ist heutzutage mit über 250 Autohäusern in Frankreich, Griechenland, den Niederlanden und Polen präsent. Zusätzlich zu den Marken des VW-Konzerns werden durch sie – je nach Land – die Marken Peugeot, Citroën, Mercedes-Benz, BMW, Ford, Opel, Jaguar, Landrover, Nissan, Toyota und Rover vertrieben. Jahr 1960er 1978 1982 1990 1992

1993

1996

1997 1998 1999

2000 2001

Ereignis

Jahr

Eintritt in den französischen Markt Übernahme der Aktienmehrheit an Sonauto S.A. (Frankreich) Gründung Porsche EspaĖa S.A. als spanischer Automobilimporteur Gründung Porsche Hungária Gründung von Tochterunternehmen in Bratislava (Slowakei) und Prag (Tschechien) Gründung Porsche Ljubljana (Slowenien) Eröffnung eines neuen Teilevertriebszentrums in Budapest (Ungarn) Vollständiger Erwerb von Sonauto S.A. Verkauf von Porsche EspaĖa S.A. an die Porsche AG Übernahme von zwei ŠkodaAutohäusern in München (Deutschland) Aufnahme des Automobilgroß- und Automobileinzelhandels in Rumänien Beteiligung an der französischen Automobileinzelhandelskette PGA S.A. Aufnahme des Kraftfahrzeugimports in Kroatien für die Marke Škoda Ausweitung der Importaktivitäten in Kroatien auf die Marken VW und Audi Markteintritt in die Niederlande durch Beteiligung an der Automobileinzelhandelskette Nefkens

2004

2005

2007

2008

2009 2010 2011 2012

Ereignis Aufnahme der Importaktivitäten in Serbien/Montenegro für alle Marken des VW-Konzerns Aufnahme der Importaktivitäten in Bulgarien für die Marke VW Übername eines Autohauses in Italien mit insgesamt drei Standorten Erwerb eines BMW-Autohauses in Polen durch die Tochtergesellschaft PGA S.A. Eröffnung eines Autohauses in Hangzhou (China) Gründung eines neuen Tochterunternehmens in Albanien Übernahme der Autohandelsgruppe SAS Carlet (Frankreich) durch die Tochtergesellschaft PGA S.A. Gründung eines neuen Tochterunternehmens in der Ukraine Eröffnung eines Autohauses in Bratislava (Slovakei) Eröffnung eines zweiten PorscheHändlerbetriebs in Jinhua (China) Eröffnung von drei neuen PorscheZentren in China Übernahme der Posche Holding durch die Volkswagen AG Gründung eines neuen Tochterunternehmens in Kolumbien

Abb. 2: Chronologie wichtiger Internationalisierungsschritte der Porsche Holding Quelle: Informationen aus Porsche Holding (2012b). Während sich die Porsche Holding in Frankreich an lokalen Unternehmen beteiligte, erfolgte der Markteintritt in Ungarn im Jahr 1990 auf andere Weise – durch die Neu-

Automobile für Europa aus dem Salzburger Land

165

gründung einer eigenen Tochtergesellschaft. Der politische Wandel in Osteuropa ging auch mit einer wirtschaftlichen Neuorientierung einher – und darin sah die Porsche Holding eine große Chance für die weitere Expansion des Unternehmens. Die zentrale geographische Lage Österreichs und die kulturelle Nähe zu den Ländern Osteuropas waren zusammen mit der hervorragenden Marktposition, die die Porsche Holding bereits in Österreich hatte, eine gute Ausgangsbasis für eine Expansion nach Ungarn. Dass auch auf eines der modernsten Teilevertriebszentren Europas in Salzburg zurückgegriffen werden konnte, war ein weiteres Argument für den Schritt von Österreich in das Nachbarland Ungarn. Unter anderem aufgrund dieser Argumente wurde der Porsche Holding vom VW-Konzern ein Vertrag als Generalimporteur für Ungarn angeboten; gleichzeitig wurde sie mit dem Aufbau eines Vertriebsnetzes für die Marken des VWKonzerns beauftragt. Zur Erschließung des Marktes in Ungarn hat die Porsche Holding in Ungarn eine für den Import verantwortliche Tochtergesellschaft – Porsche Hungaria – neu gegründet, den Aufbau des lokalen Händlernetzes übernahm die kurze Zeit später gegründete Porsche Inter Auto Ungarn. In beiden Tochtergesellschaften setzte die Porsche Holding auf lokale Mitarbeiter in allen Hierarchieebenen und auf ein intensives Coaching-System. Bis zum Jahr 2010 hatte die Porsche Holding rund 500.000 Neuwagen in den ungarischen Markt eingeführt. Mit einem Marktanteil von 25% im Jahr 2010 war die Porsche Holding der führende Importeur des Landes. Im Unterschied zu Frankreich vertreibt die Porsche Holding in Ungarn nur Marken des VW-Konzerns sowie Automobile der Porsche AG, die inzwischen Teil des VW-Konzerns ist. Die Internationalisierung erfolgte in vielen Ländern – insbesondere in den Ländern Zentral- und Osteuropas – nach einem ähnlichen Muster. Zunächst wurde ein Generalimporteursvertrag mit dem VW-Konzern geschlossen, dann kam es zum Aufbau des Großhandels und kurz danach zur Entwicklung des Einzelhandels. Innerhalb der Automobilbranche ist das Vorgehen des VW-Konzerns jedoch nicht typisch. Es ist inzwischen relativ unüblich, wachstumsstarke Märkte Importeuren zu überlassen. So setzen etwa Mercedes-Benz und BMW in Osteuropa auf eigene Vertriebstöchter. Warum gerade VW eine andere Strategie verfolgt, erklärt das Aufsichtsratsmitglied der Porsche Holding und der ehemalige Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns Ferdinand Piɺch wie folgt: „Bei Volkswagen war die Furcht groß vor den Risiken des osteuropäischen Marktes, der sich gerade erst öffnete. Man wollte den Markt erst mal von Privaten erschließen lassen und hat ihnen die Importeursrechte übergeben. Die Verträge haben keine allzu langen Laufzeiten, so dass man sie zurückholen kann, wenn man das will. Die Erfahrungen des VW-Konzerns mit eigenen Vertriebsgesellschaften sind auch nicht besonders ermutigend. VW hat rund 15 Händlerbetriebe in Deutschland, von denen nicht einer einen Cent Gewinn erwirtschaftet. Als der italienische Importeur noch ein Privatunternehmen war, zählte er zu den profitabelsten. Seit VW ihn übernommen hat, verdient er kaum Geld.“

166

Porsche Holding

Die Internationalisierung hat entscheidend zur positiven Entwicklung der Porsche Holding beigetragen und ihr den Titel „größter Automobilhändler der Welt“ eingebracht. Im Geschäftsjahr 2011 verkaufte die Holding insgesamt 484.621 Neuwagen, was ca. 3% der gesamten Neuwagenverkäufe in Europa entsprach. Der Umsatz der Porsche Holding lag dabei bei 11,3 Mrd. €. Vertreten war die Porsche Holding im Jahr 2011 in 20 Ländern. Die Entwicklung wesentlicher Unternehmenskennzahlen ist in Abbildung 3 dargestellt. Umsatz (in Mrd. €)

Jahr

Mitarbeiter

Neuwagenverkäufe

Inland

Ausland

Gesamt

Inland

Ausland

Gesamt

00/01

3,5

1,8

5,3

4.757

5.382

01/02

3,5

2,8

6,3

4.869

6.100

02/03

3,4

3,9

7,3

5.002

03/04

3,8

4,2

8,0

5.123

04/05

3,9

5,0

8,9

05/06

4,2

6,5

10,7

06/07

4,4

7,4

07/08

4,4

8,4

08/09

4,6

09/10

4,7

2010

(1)

2011 (1) (2)

Inland

Ausland

Gesamt

10.139

114.242

116.975

231.217

10.969

10 4.021

135.742

239.763

8.461

13.463

127.297

191.545

318.842

8.944

14.067

134.334

190.229

324.563

5.215

9.455

14.670

131.964

212.361

344.325

5.225

11.852

17.077

146.880

269.251

416.131

11,8

5.238

13.608

18.846

143.788

293.191

436.979

12,8

5.279

14.501

19.780

141.058

329.363

470.421

9,1

13,7

5.347

15.287

20.634

142.584

330.928

473.512

7,5

12,2

5.412

14.887

20.299

156.106

264.718

420.824

4,8

8,0

12,8

5.510

15.349

20.859

157.270

274.921

432.191

4,0

7,3

11,3

5.788

15.593

21.381

187.169

297.451

484.621

(1) Umstellung Geschäftsjahr auf Kalenderjahr. (2) Umsatzzahlen des Jahres 2011 konsolidiert nach IFRS; kein Vorjahresvergleich möglich, da Rumpfgeschäftsjahr.

Abb. 3: Gesamtüberblick über die Inlands- und Auslandsaktivitäten der Porsche Holding Quelle: in Anlehnung an Porsche Holding (2012a). Seit März 2011 bestimmt der VW-Konzern über die Geschäftsaktivitäten der Porsche Holding. Branchenexperten vermuten in diesem Zusammenhang, dass die neue Eigentümerstruktur zunächst keinen Einfluss auf die zukünftige Internationalisierungsstrategie der Porsche Holding haben wird. Christian Klingler, Konzernvertriebsvorstand der Volkswagen AG, betont: „Die Porsche Holding Salzburg wird auch unter dem Dach des Volkswagen Konzerns eine eigenständige unternehmerische Einheit bleiben und das Geschäftsmodell unverändert fortführen“. Als erster Beleg für die Fortsetzung der Expansionspläne dient die Gründung einer kolumbianischen Tochtergesellschaft im Jahr 2012. Durch den Eintritt in Kolumbien erlangt die Porsche Holding Zugang zum südamerikanischen Markt und forciert die Internationalisierung außerhalb Europas.

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Porsche Holding

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Fragen und Aufgaben 1.

Im Rahmen ihrer Internationalisierung hat die Porsche Holding in den meisten der von ihr gewählten Zielmärkte auf die Etablierung von ausländischen Tochtergesellschaften zurückgegriffen. a) Erläutern Sie bitte allgemein, d.h. unabhängig vom Fall, welche Vorteile mit der Etablierung ausländischer Tochtergesellschaften verbunden sind. b) Welche der unter a) genannten Vorteile spielten aus Ihrer Sicht für die Porsche Holding eine entscheidende Rolle? Begründen Sie bitte Ihre Antwort. c) Charakterisieren Sie bitte den Tochtergesellschaftstyp, den die Porsche Holding im Ausland unterhält, und vergleichen Sie ihn anhand selbst gewählter Kriterien mit dem Typ „Produktionsgesellschaft“ eines Automobilherstellers.

2.

Die Etablierung von Tochtergesellschaften kann durch Neugründung oder Akquisition erfolgen. a) Erläutern Sie bitte unabhängig vom Fall, welche Motive zur Neugründung anstelle einer Akquisition führen können. b) Arbeiten Sie bitte die Gründe heraus, die bei der Porsche Holding in Zentralund Osteuropa zur Neugründung von Tochtergesellschaften geführt haben (könnten).

3.

Die Porsche Holding benötigt für die weitere Internationalisierung des Unternehmens Ihre Unterstützung bei der Planung der internationalen Timingstrategie. a) Bitte charakterisieren Sie zunächst kurz die länderübergreifende Timingstrategie und dann die länderspezifische Timingstrategie der Porsche Holding in Frankreich sowie Ungarn. b) Sehen Sie Alternativen zu dem von der Porsche Holding in der Vergangenheit gewählten Vorgehen? Begründen Sie bitte Ihre Antwort. c) Welche Empfehlungen geben Sie der Porsche Holding im Hinblick auf die Timingstrategien der Zukunft?

4.

Obwohl der Rückgriff auf Generalimporteure keine dominante Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie in der Automobilbranche darstellt, setzt der VW-Konzern relativ häufig auf diese Strategiealternative und exportiert damit Fahrzeuge. a) Ermitteln Sie bitte die im Text genannten Gründe für die Wahl dieser Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie. Könnte es weitere, nicht im Text genannte Gründe geben?

170

Porsche Holding b) Welche Nachteile und Probleme bringt es für den VW-Konzern in den jeweiligen Ländern möglicherweise mit sich, auf Generalimporteure zu bauen und keine eigene Vertriebsgesellschaft zu etablieren?

5.

Die Porsche Holding möchte auch ihre Marktselektionsstrategien überdenken. Dazu werden Sie als Consultant um Rat gebeten. a) Welche Kriterien sind Ihrer Meinung nach für die Marktselektion der Porsche Holding entscheidend? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. b) Entwickeln Sie bitte auf Basis der unter a) genannten Kriterien ein geeignetes Verfahren zur Marktselektion, und beschreiben Sie dieses ausführlich. c) In welcher Region bzw. in welchem Land sehen Sie die größten Potentiale für zukünftige Expansionspläne der Porsche Holding? Begründen Sie bitte Ihre Antwort. d) Informieren Sie sich bitte im folgenden Beitrag über den Bertelsmann-Transformation-Index: Bertelsmann Stiftung (2005, Hrsg.): Bertelsmann Transformation Index 2006. Auf dem Weg zur marktwirtschaftlichen Demokratie. Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, 2005.

Hilft der Bertelsmann-Transformation-Index bei der Auswahl der Zielmärkte für die Porsche Holding? Erläutern Sie bitte Ihre Meinung. 6.

Eine wesentliche Geschäftsaktivität der Porsche Holding – ob in Österreich oder in anderen Ländern – stellt der Import von Kraftfahrzeugen dar. a) Um welche Form des Imports hinsichtlich der Mittelbarkeit handelt es sich dabei? Begründen Sie bitte Ihre Aussage. b) Erläutern Sie die Motive für die Wahl des Imports als Internationalisierungsstrategie, und gehen Sie bitte auch auf die theoretische Begründung der Motive ein. Welche/s der Motive spielt/spielen im Fall der Porsche Holding eine Rolle? Bei der Beantwortung der Frage hilft Ihnen folgender Beitrag: Schmid, Stefan (2004): Importe als Basisform des Außenhandels: Erschließung ausländischer Beschaffungsmärkte und Produktionsstandorte. In: Zentes, Joachim/Morschett, Dirk/Schramm-Klein, Hanna (2004, Hrsg.): Außenhandel. Marketingstrategien und Managementkonzepte. Gabler, Wiesbaden, 2004, S. 59-81.

7.

Bei einem Blick auf die Herkunft der Profite im Autohandel kommt man leicht zu dem Schluss: „Der alleinige Fahrzeugimport lohnt sich nicht, das Geld steckt in dem Drumherum.“ a) Welche weiteren Einnahmequellen neben dem Neuwagenvertrieb sehen Sie für die Porsche Holding?

Automobile für Europa aus dem Salzburger Land

171

b) Bewerten Sie bitte die verschiedenen unter a) genannten Optionen hinsichtlich ihrer Potentiale und Risiken. Geben Sie abschließend bitte eine begründete Empfehlung ab, welche der weiteren Ertragsquellen die Porsche Holding aus Ihrer Sicht am schnellsten erschließen sollte. 8.

Es gibt verschiedene quantitative Möglichkeiten, die Internationalität von Unternehmen zu bestimmen. a) Informieren Sie sich bitte über Auslandsquoten (so genannte FTO-Ratios und FDO-Ratios), die zur Ermittlung der Internationalität eines Unternehmens herangezogen werden können. Stellen Sie anschließend auf Basis der in Abbildung 3 angegebenen Daten die Entwicklung des Auslandsumsatzes (in % des Gesamtumsatzes) und der Auslandsmitarbeiter (in % der gesamten Mitarbeiter) der Porsche Holding für die Jahre 2000/2001 bis 2011 dar. b) Welche Schlüsse können Sie aus den berechneten Werten für den Auslandsumsatz und die Auslandsmitarbeiter ziehen? Welche Probleme sind mit dieser Art der Internationalitätsmessung verbunden? c) Nennen Sie bitte alternative Verfahren zur quantitativen Internationalitätsmessung und vergleichen Sie diese mit den von Ihnen errechneten Auslandsquoten hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile.

9.

Der Automobilvertrieb in Europa ist seit einigen Jahren starken strukturellen Veränderungen unterworfen. Informieren Sie sich bitte über die Veränderung der Gruppenfreistellungsverordnung. Eine erste Zusammenfassung finden Sie hier: Creutzig, Jürgen (2002): Die neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz-Sektor. In: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 13. Jg., Nr. 18, 2002, S. 560-563.

Ensthaler, Jürgen (2002): Die neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz-Vertrieb, In: Wirtschaft und Wettbewerb, 52. Jg., Nr. 11, 2002, S. 1042-1057.

Europäische Kommission (2012): Competition Law Framework for Motor Vehicles. Internetseiten der Europäischen Kommission, 2012. URL: http://ec.europa.eu/competition/sectors/motor vehicles/overview_en.html (Stand: 30.06.2012).

Ausführlicher können Sie sich in folgenden Quellen informieren: Ceipek, Daniela (1999): Kfz-Vertrieb in der EU. Liberalität oder neue Schranken. Verlag Österreich, Wien, 1999.

Walz, Axel (2005): Das Kartellrecht des Automobilvertriebs. Carl Heymanns, Köln, 2005, zugl. Diss. LMU München.

a) Welche Auswirkungen haben die Veränderungen der Gruppenfreistellungsverordnung Ihrer Meinung nach auf die Porsche Holding? b) Wie sollte die Porsche Holding auf die unter a) genannten Auswirkungen Ihres Erachtens reagieren?

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Porsche Holding

10. Der VW-Konzern hat die Porsche Holding im März 2011 für einen Kaufpreis von 3,3 Mrd. € übernommen. a) Welche Vor- und Nachteile ergeben sich daraus Ihrer Meinung nach für Volkswagen einerseits und für die Porsche Holding andererseits? b) Durch die Übernahme wurden die Verbindungen zu Volkswagen weiter intensiviert. Die Wirtschaftspresse geht in diesem Zusammenhang häufig auf Ferdinand Piëch und dessen Bestrebungen, ein „Automobil-Imperium“ zu schaffen, ein. Informieren Sie sich bitte über Ferdinand Piëch, und arbeiten Sie zunächst heraus, welche Rolle er in den Unternehmen Porsche Holding, Porsche AG und Volkswagen in der Vergangenheit gespielt hat bzw. heute spielt. Wie beurteilen Sie die Rolle von Ferdinand Piëch aus der Perspektive ordnungsgemäßer Corporate Governance? Begründen Sie Ihre Einschätzung bitte ausführlich. 11. Im Jahr 2012 begann die Porsche Holding mit dem Import von Neuwagen in Kolumbien und wagte damit erstmals den Markteintritt in ein südamerikanisches Land. a) Welche Gründe sprechen Ihrer Meinung nach für den Eintritt in den kolumbianischen Markt? b) Mit welchen Schwierigkeiten könnte die Porsche Holding in Kolumbien konfrontiert werden? Gehen Sie in Ihrer Antwort auf die Mikroumwelt (z.B. Wettbewerbssituation) und auf die Makroumwelt (z.B. politische, rechtliche und kulturelle Umfeldfaktoren) ein. 12. Perlmutter hat das so genannte EPRG-Konzept in die Literatur zum Internationalen Management eingeführt. Er unterscheidet internationale Unternehmen auf der Basis der Einstellungen ihrer Manager in ethnozentrische, polyzentrische, regiozentrische und geozentrische Unternehmen. a) Informieren Sie sich bitte in der Literatur zum Internationalen Management über Perlmutters EPRG-Schema, und beschreiben Sie kurz die vier Orientierungen. b) Würden Sie die Porsche Holding als ethnozentrisches, polyzentrisches, regiozentrisches oder geozentrisches Unternehmen bezeichen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. Nutzen Sie für Ihre Antwort auch weitere Unternehmensquellen: Porsche Holding (2012a): Chronik der Porsche Holding. Internetseiten der Porsche Holding, 2012. URL: http://www.porsche-holding.com/files/element/file_download/544.pdf (Stand 30.06.2012). Porsche Holding (2012b): Unternehmensprofil der Porsche Holding. Internetseiten der Porsche Holding, 2012. URL: http://www.porsche-holding.com/de/unternehmen/ unternehmensprofil/profil (Stand: 17.07.2012).

Automobile für Europa aus dem Salzburger Land

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13. Im Jahr 2012 wurde Johannes Sieberer in das Geschäftsführungsgremium der Porsche Holding berufen. Er verantwortet dort unter anderem die außereuropäischen Automobilhandelsaktivitäten des Unternehmens. Vor seinem Eintritt in die Geschäftsführung war der Österreicher Sieberer mehrere Jahre lang mit dem Automobilhandel in den osteuropäischen Märkten der Porsche Holding betraut. a) Über welche Fähigkeiten und Erfahrungen sollte Ihrer Meinung nach ein TopManager verfügen, der für die außereuropäischen Aktivitäten der Porsche Holding verantwortlich ist? b) Welche Gründe sprechen – unabhängig von der Person Johannes Sieberer – für die Besetzung einer Führungsposition in der Porsche Holding durch einen österreichischen Top-Manager? c) Viele Vertreter aus der Wissenschaft und der Unternehmenspraxis gehen davon aus, dass international tätige Unternehmen auch internationale Top-Manager benötigen. Wie würden Sie die „Internationalität“ einer Person ermitteln? d) Stimmen Sie der Aussage zu, dass international tätige Unternehmen auch internationale Top-Manager benötigen? Bitte begründen Sie Ihre Meinung ausführlich. 14. Christian Klingler, Konzernvertriebsvorstand der Volkswagen AG, geht davon aus, dass die Porsche Holding auch nach der Übernahme durch den VW-Konzern eine eigene unternehmerische Einheit bleiben wird und ihr Geschäftsmodell unverändert fortführen kann. a) Bitte informieren Sie sich in der Literatur zum Internationalen Management über Organisationsstrukturen internationaler Unternehmen und geben Sie einen Überblick über die Varianten. b) Welche Argumente sprechen für die relativ hohe Unabhängigkeit der Porsche Holding innerhalb des VW-Konzerns? Nehmen Sie bei der Beantwortung der Frage sowohl die Perspektive der Porsche Holding als auch die Perspektive des VW-Konzerns ein. c) Stellen Sie sich vor, Sie beraten den VW-Konzern bei der Übernahme der Porsche Holding. Welche Risiken können durch die Eingliederung der Porsche Holding in den VW-Konzern entstehen? Welche Maßnahmen kann der VW-Konzernvorstand ergreifen, um diese Risiken zu minimieren?

Ruhrgas und Gazprom Keine Sonderrechte – trotz langjähriger Importbeziehungen und Minderheitsbeteiligung

Prof. Dr. Stefan Schmid, Dr. Tobias Dauth, Dr. Thomas Kotulla und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze

Stefan Schmid, Tobias Dauth, Thomas Kotulla und Stephan Schulze Ruhrgas und Gazprom: Keine Sonderrechte – trotz langjähriger Importbeziehungen und Minderheitsbeteiligung

Eine der Branchen, in denen Import und Export bis heute zentrale Strategien für das Auslandsgeschäft darstellen, ist die Erdgasbranche. Insbesondere in Deutschland, wo Erdgas als der zweitwichtigste primäre Energieträger gilt und wo kaum eigene Ressourcen verfügbar sind, spielt der Import eine herausragende Rolle bei der Versorgung. Die entscheidende Grundlage für die Erdgasimporte und damit für die Versorgung Deutschlands mit Erdgas sind langfristige Lieferverträge, deren Besonderheiten in diesem Fallbeispiel erläutert werden. Den Rahmen für die Darstellung dieser Thematik bildet die Geschäftsbeziehung zwischen dem größten deutschen Erdgasimporteur Ruhrgas und dem russischen Erdgaskonzern Gazprom. Dabei wird gezeigt, dass die Importbeziehungen im Zeitablauf durch Minderheitsbeteiligungen ergänzt wurden. Dass die Geschäftsbeziehungen jedoch keinen Exklusivcharakter haben, verdeutlichen die Ausführungen am Ende des Fallbeispiels. So entschloss sich Gazprom dazu, bei der Erschließung eines lukrativen Geschäftes zunächst nicht mit Ruhrgas, sondern mit dessen direktem Konkurrenten Wintershall zu kooperieren. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zur ursprünglichen Fassung dieses Fallbeispiels wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2012 wurde das Fallbeispiel für die 3. Auflage des vorliegenden Werkes überarbeitet. Zudem wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Ruhrgas und Gazprom

Deutschland ist mit einem Erdgasverbrauch von 95,9 Mrd. m³ der größte europäische Nachfrager nach Erdgas. Etwa 83% des in Deutschland benötigten Erdgases müssen importiert werden; nur 17% des Erdgases stammen aus eigener Förderung im Inland. Unter den Importländern stellt Russland das wichtigste Lieferland mit einem Anteil von etwa einem Drittel der importierten Erdgasmengen dar. Neben Russland sind Norwegen und die Niederlande wichtige Herkunftsländer für in Deutschland verbrauchtes Erdgas. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die weltweite Erdgasförderung und die Herkunft des in Deutschland verbrauchten Erdgases.

Weltweite Erdgasförderung nach Ländern Basis: Gesamtfördermenge 3.240 Mrd. m³ 23,1%

Russland

23,1%

USA

4,4%

Norwegen

4,0%

China

28,6%

3,7%

3,2%

Indonesien

3,1%

Niederlande

18,3%

3,1%

Usbekistan

2,5%

Malaysia

2,4%

Ägypten

2,3%

Großbritannien

2,1%

Mexiko

2,1%

Sonstige

Norwegen

3,2%

Saudi-Arabien

Niederlande

33,1%

5,2%

Katar

Algerien

Russland

6,1%

Kanada Iran

Erdgasverbrauch in Deutschland nach Herkunftsländern Basis: Gesamtverbrauch 95,9 Mrd. m³

17,0%

Inland

Sonstige

3,0%

6,4%

Stand 2010.

Abb. 1: Weltweite Erdgasförderung nach Ländern und Erdgasverbrauch in Deutschland nach Herkunftsländern Quelle: Daten aus Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (2011), S. 3-5, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2011), S. 55. Der größte deutsche Erdgasimporteur ist die Ruhrgas AG. Das seit 2002 zum E.ONKonzern gehörende Unternehmen beschäftigt ca. 3.200 Mitarbeiter, erwirtschaftete im Jahr 2010 einen Umsatz von 20,9 Mrd. € und verkaufte 60,5 Mrd. m³ Erdgas vorrangig an regionale und lokale Energieunternehmen (Stadtwerke, Regionalversorger), an große Industrieunternehmen und an Kraftwerke. Ruhrgas bezieht nur 2,5% seines Erdgases aus eigener Produktion, während die übrigen 97,5% von in- und ausländischen Lieferanten stammen (23% Inland, 77% Ausland). Wie für Deutschland im Allgemeinen, so ist auch für Ruhrgas Russland die bedeutendste Bezugsquelle für Erdgas. Von dort erhält das Unternehmen 26% seines gesamten Erdgases.

Keine Sonderrechte

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Die ersten Kontakte zwischen Ruhrgas und der früheren Sowjetunion wurden bereits im Jahr 1969 geknüpft. Anlass der Kontaktaufnahme waren Verhandlungen über Erdgaslieferungen in die Bundesrepublik Deutschland. Als Verhandlungspartner auf russischer Seite trat damals die zum sowjetischen Energieministerium gehörende Erdgasexportgesellschaft Sojuzgazexport auf. Beide Verhandlungspartner unterzeichneten am 1. Februar 1970 einen Vertrag über die Lieferung von jährlich 3 Mrd. m³ Erdgas bis zum Jahr 2000. In den folgenden Jahren wurden die Erdgasbezugsmengen durch den Abschluss weiterer Verträge kontinuierlich erhöht und die Vertragslaufzeiten verlängert. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde Sojuzgazexport im Jahr 1992 in den Staatskonzern Gazprom integriert, der 1998 in eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit einer staatlichen Beteiligung von 50,1% umgewandelt wurde. Im selben Jahr wurden auch die Erdgasliefermenge mit Ruhrgas auf jährlich 13 Mrd. m³ Erdgas angehoben und die bestehenden Verträge bis zum Jahr 2020 verlängert. Obwohl die konkreten Details der Verträge ein streng gehütetes Geheimnis der Erdgasunternehmen sind, gibt es einige branchentypische Regelungen, die in fast allen Verträgen des internationalen Erdgasgeschäfts zu finden sind. Welche Regelungen dies sind und warum sie getroffen werden, wird in Abbildung 2 erläutert. Regelung

Erläuterung Die Laufzeit von Lieferverträgen im internationalen Erdgasgeschäft umfasst meist einen Zeitraum zwischen 10 und 15 Jahren.

Laufzeiten

Ziel/Begründung: Kürzere Laufzeiten wären für den Exporteur nicht sinnvoll aufgrund der hohen Investitionen in Fördertechnik und Transportnetze. In den „Take-or-pay-Vereinbarungen“ wird geregelt, dass der Importeur nicht 100%, sondern in der Regel nur 80% einer spezifischen, vorher vereinbarten Menge abnehmen muss. Diese Mindestmenge muss er bezahlen – unabhängig davon, ob er sie tatsächlich benötigt oder nicht.

„Take-orpay-Vereinbarungen“

Ziel/Begründung: Verteilung des Mengenrisikos auf den Exporteur und den Importeur: Der Exporteur ist daran interessiert, eine möglichst konstante Erdgasmenge an den Importeur zu liefern, denn eine Anpassung der Produktionsmenge oder eine Lagerung des Erdgases ist – anders als z.B. im Erdöl-Geschäft – nur mit sehr hohem technischem Aufwand zu realisieren. Für den Importeur ist ein möglichst variabler Erdgasbezug von Vorteil, denn er kann nur so viel Erdgas absetzen, wie dies auch am Markt, d.h. durch seine Kunden, nachgefragt wird. Eine genaue Prognose der Nachfrage ist jedoch für den Importeur kaum möglich, da diese stark von externen Faktoren, wie z.B. dem Wetter, den Strompreisen oder der Kapazitätsauslastung in der Produktion von Industrieunternehmen, abhängig ist. Der Importeur und der Exporteur vereinbaren einen Erdgasbezugspreis, der sich an den Marktpreisen für Erdöl oder Ölprodukte orientiert.

Ölpreisbindung

Ziel/Begründung: Es soll eine Orientierungsgrundlage für die Erdgaspreisbildung geschaffen werden, denn es gibt – anders als z.B. beim Erdöl – etwa aufgrund eingeschränkter Transport- und Lagermöglichkeiten von Erdgas keinen voll funktionsfähigen Erdgashandel und damit keinen allgemeingültigen Marktpreis.

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Ruhrgas und Gazprom

Der Erdgaspreis setzt sich aus einem Arbeitspreis und einem Jahresleistungspreis zusammen: a) Der Arbeitspreis ist eine mengenorientierte Preiskomponente und bezieht sich auf die gesamte im Jahr bezogene Erdgasmenge. Der Arbeitspreis wird wie folgt berechnet:

Arbeitspreis = a + b · HL [€/kWh] − a und b sind Konstanten – sie werden in den Vertragsverhandlungen festgelegt − HL ist der Preisindex für leichtes Heizöl Preiskomponenten

− 1 m³ Erdgas entspricht 11,5 kWh b) Der Leistungspreis ist eine kapazitätsorientierte Preiskomponente und bezieht sich auf die höchste Tagesabnahme im Lieferjahr. Der Leistungspreis berechnet sich wie folgt:

Leistungspreis = d + e · (L – k) [€/kWh] − d und e sind Konstanten – sie werden in den Vertragsverhandlungen festgelegt − L ist der durchschnittliche Monatslohn eines Arbeitnehmers und k der durchschnittliche Monatslohn bei Vertragsabschluss; die Differenz dient als eine Art „Inflationsindex“ Ziel/Begründung: Stärkere Berücksichtigung der Kostenstruktur des Exporteurs bei der Preisbildung. So spiegelt der Arbeitspreis die variablen Kosten und der Leistungspreis die Fixkosten für Förderung und Transport wider.

Preisanpassung

Der Erdgasbezugspreis wird während der Vertragslaufzeit in bestimmten Abständen an die Marktpreise für Erdöl oder Ölprodukte angepasst. Die Preisanpassungsklausel könnte wie folgt lauten: „Die Anpassung der Preise erfolgt jeweils zum Anfang des Quartals. Basis für die Preishöhe ist das arithmetische Mittel der Tageshöchstkurse für leichtes Heizöl der vorangegangenen sechs Monate.“ Ziel/Begründung: Verteilung des Risikos von Marktpreisschwankungen auf beide Vertragsparteien.

„ex-Border“

Die Übergabe des Erdgases vom Exporteur zum Importeur erfolgt an der Grenze des Importlandes. Alle Kosten für Förderung, Transport, Steuern, Ausfuhrzölle etc. bis zum Übergabepunkt des Erdgases trägt der Exporteur. Ab diesem Punkt ist der Importeur für alle weiteren Kosten verantwortlich. Ziel/Begründung: Klare Zuordnung der durch die Erdgaslieferverträge entstehenden Kosten für den Exporteur bzw. Importeur.

Abb. 2: Typische Vertragsregelungen im internationalen Erdgasgeschäft Quelle: Informationen aus Forum Erdgas (2005), S. 11-13 und 23-35, Monopolkommission des Bundes (2002), S. 80-82, und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (2002), S. 74-76. Die Erdgaslieferverträge bildeten für knapp 30 Jahre die wesentliche Grundlage für die Beziehung zwischen Ruhrgas und Gazprom bzw. dessen Vorgängerunternehmen. Im Jahr 1998 vertieften beide Unternehmen ihre Beziehung weiter. Dazu ging Ruhrgas eine 2,5%-ige Beteiligung an Gazprom ein, die nach und nach bis auf 6,4% aufgestockt wurde. Ein weiterer strategischer Meilenstein war die Wahl des Ruhrgas-Vorstandsvorsitzenden Dr. Burckhard Bergmann in den Direktorenrat, das Aufsichtsgremium Gazproms, im Jahr 2000. Bergmann war von 2000 bis 2011 der erste und bislang einzige ausländische Vertreter in dem ansonsten von der russischen Regierung dominierten Aufsichtsgremium. Die Rechte und Pflichten des Direktorenrates sind mit denen des

Keine Sonderrechte

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Aufsichtsrates deutscher Aktiengesellschaften vergleichbar. So wird etwa das GazpromManagement durch den Direktorenrat gewählt. Beide Unternehmen hatten große Erwartungen an die Minderheitsbeteiligung geknüpft. Auf der einen Seite erhoffte sich Ruhrgas von der engeren Bindung einen leichteren Zugang zu den Erdgasfeldern von Gazprom. Das Ziel von Ruhrgas war es, durch die direkte Beteiligung an den Erdgasfeldern mittelfristig ca. 15-20% der Erdgasbezüge aus „eigener“ Förderung zu decken, um so die extreme Importabhängigkeit zu verringern und stärker von steigenden Erdgaspreisen zu profitieren. Auf der anderen Seite versprach sich Gazprom einen direkten Zugang zu den im Vergleich zu den russischen Absatzmärkten wesentlich attraktiveren westeuropäischen Verbrauchermärkten. Darüber hinaus war Gazprom unterkapitalisiert und daher grundsätzlich an ausländischem Kapital interessiert – aus geschäftspolitischen Gründen jedoch unter der Bedingung, dass die alleinige Entscheidungsmacht im Konzern verbleibt. Zu Beginn hatte es den Anschein, als würde die Minderheitsbeteiligung von Ruhrgas tatsächlich das Erreichen der erhofften Ziele begünstigen. So bekräftigten die beiden Unternehmen im Jahr 2004 durch ein Memorandum of Understanding ihren grundsätzlichen Willen zu einer 24,9%-igen Beteiligung von Ruhrgas am Erdgasfeld JuschnoRusskoje. Da Ruhrgas aber nicht bereit war, der Forderung von Gazprom nach einem Zugang zu den westeuropäischen Verbrauchermärkten nachzukommen, konnte diese Absichtserklärung zunächst nicht in rechtskräftige Verträge umgesetzt werden. Stattdessen überraschte Gazprom im Jahr 2005 mit der Bekanntgabe, der 100%-igen BASFTochter Wintershall eine 24,9%-ige Beteiligung am Erdgasfeld Juschno-Russkoje zu gewähren. Im Gegenzug erhielt Gazprom durch eine um 15,0% (auf dann 49,9%) aufgestockte Beteiligung an Wingas – einem zu Wintershall gehörenden Erdgasversorgungsunternehmen – stärkeren Zugang zu den europäischen Verbrauchermärkten. Zudem wurde Gazprom die Beteiligung an einer Ölförderung vor der Küste Libyens gewährt. Trotz dieses Rückschlags führten Ruhrgas und Gazprom ihre Gespräche über eine Beteiligung am Erdgasfeld Juschno-Russkoje jahrelang fort, bevor es im Oktober 2008 doch noch zu einer Einigung zwischen den beiden Unternehmen kam. Als Folge dieser Einigung erwarb Ruhrgas im Jahr 2009 wie gewünscht 24,9% der Anteile an dem Erdgasfeld, ohne Gazprom durch eine Beteiligung an den westeuropäischen Vertriebstöchtern von E.ON Zugang zu den entsprechenden Verbrauchermärkten zu gewähren. Stattdessen musste Ruhrgas seinen 6,4%-igen Anteil an Gazprom um 2,9% (auf dann 3,5%) reduzieren, um die Beteiligung an dem Erdgasfeld zu finanzieren. Nach Ansicht vieler Experten hat Ruhrgas damit ein „gutes Geschäft“ gemacht. Denn das 2,9%-ige Aktienpaket, das Ruhrgas vor mehr als zehn Jahren für umgerechnet etwa 500 Mio. € erworben hatte, hätte aufgrund rechtlicher Bestimmungen nicht beliebig weiterverkauft werden können.

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Ruhrgas und Gazprom

Die jahrelangen komplizierten Verhandlungen mit Gazprom sind für Ruhrgas insgesamt gut ausgegangen, aber sie zeigen, dass das russische Unternehmen seinen deutschen „Partner“ – trotz jahrelanger Geschäftsbeziehungen, langfristiger Lieferverträge und Minderheitsbeteiligung – nicht gegenüber anderen Unternehmen bevorzugte. Im Gegenteil: Der BASF-Tochter Wintershall wurde zusätzlich zur 24,9%-igen Beteiligung am Erdgasfeld Juschno-Russkoje sogar der Erwerb weiterer 10,0% stimmrechtsloser Aktien gewährt und dadurch eine 34,9%-ige Gewinnbeteiligung an dem Erdgasfeld eingeräumt. Zudem steht Wintershall seit einiger Zeit erneut in Verhandlungen mit Gazprom, um eine 25,1%-ige Beteiligung an einem weiteren westsibirischen Erdgasfeld zu erwerben. Ruhrgas (bzw. dessen Muttergesellschaft E.ON) entschloss sich im Jahr 2010 hingegen zu einem Verkauf des verbleibenden 3,5%-igen Anteils an Gazprom – auch um die hohen Schulden von E.ON zu reduzieren. Die seit 1998 bestehende Minderheitsbeteiligung an Gazprom wurde daraufhin Ende 2010 aufgelöst.

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Ruhrgas und Gazprom

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Ruhrgas und Gazprom

Fragen und Aufgaben 1.

Der Import bzw. Export stellt für viele Unternehmen den ersten Schritt in einen ausländischen Markt dar. a) Aus welchen Motiven heraus greifen Unternehmen generell – unabhängig vom vorliegenden Fall – auf den Import bzw. Export zurück, um einen ausländischen Markt zu erschließen? b) Welche Motive haben Ruhrgas vermutlich dazu bewogen, auf die Markteintrittsund Marktbearbeitungsstrategie des Imports zu setzen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. c) Wären aus Ihrer Sicht für Ruhrgas in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts anstatt des Imports auch andere Strategien möglich und sinnvoll gewesen? Bitte legen Sie Ihre Auffassung dar. d) Ruhrgas beschränkt sich beim Import von Erdgas auf einige wenige Lieferanten bzw. Länder und dabei insbesondere auf Gazprom bzw. Russland. Bitte erläutern Sie, welche Chancen und Risiken für Ruhrgas mit dieser Strategie verbunden sind.

2.

Die Entscheidung eines Unternehmens hinsichtlich der verfolgten Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien ist normalerweise nicht statischer, sondern dynamischer Natur. a) In vielen Fällen werden anfängliche Importe bzw. Exporte im Zeitablauf durch weitere Marktbearbeitungsstrategien ergänzt oder ersetzt. Inwieweit kann und sollte dies Ihrer Meinung nach in Zukunft auch für Ruhrgas gelten? Bitte begründen Sie Ihre Antwort und entwickeln Sie Vorschläge für zukünftige Marktbearbeitungsstrategien, die Sie dem Management von Ruhrgas präsentieren können. b) Sehen Sie in der Internationalisierung von Ruhrgas Parallelen zu den Stufenmodellen, wie sie etwa von der Uppsala-Schule oder der Helsinki-Schule vorgestellt werden? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung.

3.

Beim Außenhandel existieren in der Regel zahlreiche Risiken. Diese sollen durch aufwendige Verträge minimiert werden. a) Nennen und erläutern Sie bitte – unabhängig vom vorliegenden Fall – mögliche Risiken bei Import- und Exportgeschäften. b) Welche der unter a) genannten Risiken sind aus Ihrer Sicht im Erdgasgeschäft besonders relevant? Erläutern Sie bitte Ihre Sicht. c) Durch welche der in dem Fallbeispiel genannten Vertragsklauseln können manche der unter b) aufgeführten Risiken begrenzt werden?

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d) Welche weiteren Regelungen sollten aus Ihrer Sicht zusätzlich in Erdgaslieferverträge aufgenommen werden, um Risiken zu beschränken? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. 4.

Gerade bei langfristigen Lieferverträgen, wie sie im Erdgasgeschäft bestehen, kommt der Preisgestaltung eine besondere Bedeutung zu. a) Für wen, den Importeur oder den Exporteur, ist das Risiko von Marktpreisschwankungen im Erdgasgeschäft größer? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. b) Welche Möglichkeiten haben der Importeur und der Exporteur, um sich über Instrumente der Finanzmärkte gegen Marktpreisschwankungen abzusichern? Bitte erläutern Sie die Mechanismen und Funktionsweisen dieser Instrumente ausführlich.

5.

Wie im Fallbeispiel erläutert, hat sich der Erdgaspreis in der Vergangenheit ausschließlich am Preis für Erdöl oder am Preis für andere Ölprodukte orientiert. a) Worin bestanden die Gründe für diese ausschließliche „Ölpreisbindung“? Für wie sinnvoll halten Sie die frühere Regelung? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Im Jahr 2010 wurde die Ölpreisbindung vom deutschen Bundesgerichtshof für rechtswidrig erklärt. Bitte informieren Sie sich über das entsprechende Urteil. Welchen Einfluss könnte das Urteil Ihrer Ansicht nach auf die zukünftige Geschäftsbeziehung zwischen Ruhrgas und Gazprom haben? Der folgende Ausschnitt aus dem Handelsblatt kann Ihnen zur Beantwortung der Frage als thematischer Einstieg dienen: Handelsblatt, 19.02.2010: „Gazprom entkoppelt erstmals Gas vom Ölpreis“, S. 25. „Lange Zeit tat sich der russische Riese Gazprom schwer, sich von der Bindung des Gaspreises an den Ölpreis zu verabschieden. Nun konnte Eon Ruhrgas erstmals flexiblere Verträge mit dem Exporteur aushandeln. Teilmengen werden nun nicht mehr an Öl, sondern an den Spotmarkt für Gas gebunden. Eine kleine Revolution. Eon Ruhrgas hat Gazprom in monatelangen Verhandlungen flexiblere Lieferverträge abgerungen. Nach den Worten von Eon-Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg stimmte der weltgrößte Gasproduzent dabei erstmals zu, einen Teil der Mengen nicht an den Öl-, sondern an den Spotpreis für Gas zu koppeln. „Es sind zwar noch Details zu klären, die Eckpunkte stehen aber, und mit Gazprom-Chef Miller bin ich mir einig“, sagte Reutersberg vor Journalisten in Essen. Der Schritt bedeutet für die Gaswirtschaft einen Paradigmenwechsel. Bislang spielte der eigenständige Spotmarkt für Gas für Gazprom keine Rolle. In den langfristigen Lieferverträgen, die der Branchenriese mit seinen Kunden, den großen Importeuren, zum Teil über 30 Jahre hinweg abgeschlossen hat, folgten die Preise traditionell zeitversetzt und geglättet der Entwicklung am Ölmarkt. Den Verträgen lag die Annahme zugrunde, dass Heizöl mit Gas konkurriert. Spätestens als vor zwei Jahren der Ölpreis durch Spekulanten in die Höhe getrieben wurde und die Gastarife mitzogen, geriet die Ölpreisbindung aber in die Kritik. Der Gazprom-Konzern, der rund ein Fünftel der weltweiten Gasproduktion kontrolliert, konnte das lange ignorieren. Im vergangenen Jahr gerieten die Importeure aber so unter Druck, dass insbesondere Eon Ruhrgas auf eine Anpassung der Regeln pochte.

186

Ruhrgas und Gazprom Der europäische Gasmarkt war nach Reutersbergs Worten schließlich innerhalb weniger Monate „extrem in Unordnung geraten“. Zum einen sank der Absatz wegen der Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr um sieben Prozent. Gleichzeitig drängten große Mengen verflüssigtes Gas (LNG) nach Europa, die eigentlich für den US-Markt bestimmt waren, wo aber durch neue Fördertechniken neue Felder erschlossen werden konnten. Die Folge war „eine nie da gewesene Überversorgung mit Gas“, wie Reutersberg es nennt. Der Preis im Spotmarkt entkoppelte sich vom Ölpreis, der inzwischen wieder anzog, und lag zeitweise um über die Hälfte unter den Preisen, die Importeure in den langfristigen, an den Ölpreis gebundenen Verträgen bezahlen mussten. Die Importeure saßen so zwischen den Produzenten, die auf die langfristigen Verträge pochen konnten, und ihren eigenen Kunden wie Stadtwerken, die sich am Spotmarkt billiger eindecken konnten, in der Klemme. Der Absatz von Eons Sparte Pan-European Gas, die von Ruhrgas geführt wird, sank in den ersten neun Monaten 2009 um 21 Prozent. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern brach um 33 Prozent ein. Zwar konnte Deutschlands größte Gasgesellschaft auf Revisionsklauseln pochen. Doch während sie sich mit den Lieferanten aus Norwegen und den Niederlanden zügig auf flexiblere Konditionen einigen konnte, zogen sich die Gespräche mit Gazprom länger hin, obwohl die Russen nach Reutersbergs Worten Verständnis für die Marktsituation gehabt hätten. Es ging aber um große Summen, und lange Zeit tat sich Gazprom schwer, überhaupt von der Ölpreisbindung abzurücken. Der russische Branchenriese wollte sich gestern auf Anfrage nicht äußern. Vizechef Alexander Medwedjew hatte nach Informationen des Handelsblatts aber jüngst gegenüber Analysten erklärt, dass man sich grundsätzlich einig sei. Er betonte zwar, dass prinzipiell nicht am System der Langfristverträge und der Ölpreisbindung gerüttelt werde, die Verträge aber flexibler würden. Auch Ruhrgas-Chef Reutersberg stellt beides nicht infrage. Es wurden aber neue Elemente eingeführt: „Es ist ein breites Bündel an Maßnahmen, wir sind sowohl bei den Mengen als auch bei den Preisen flexibler“, sagte er. Ein Teil der Lieferungen "im unteren zweistelligen Prozentbereich" soll künftig an den Spotmarkt für Gas gekoppelt werden. Eher zweitrangig sei die Frage gewesen, wie Gazprom dafür entschädigt werde, dass Eon Ruhrgas 2009 nicht die vereinbarten Mindestmengen abnehmen konnte, sagte Reutersberg. Sein Unternehmen müsse lediglich einen „zweistelligen Millionenbetrag“ bezahlen. Der werde zudem verrechnet, wenn Ruhrgas in den kommenden Jahren die 2009 nicht benötigten Mengen abrufe. „Der Ergebniseffekt ist also minimal.“ Nach den Worten von Analyst Matthias Heck von Sal. Oppenheim ist die Flexibilisierung der Langfristverträge für Eon Ruhrgas ein Erfolg, aber auch dringend nötig. Er rechnet auch 2010 mit einem schwierigen Geschäft für den Gasgroßhändler. Es liefen viele Verträge mit Kunden aus. Sein Unternehmen könne jetzt seinen Kunden wieder bessere Angebote unterbreiten und besser auf die Marktsituation reagieren, sagte Reutersberg. Trotzdem sei die gegenwärtige Entwicklung „eine gewaltige Herausforderung für unser Geschäftsmodell“. ...“

Quelle: Flauger, Jürgen/Willershausen, Florian (2010): Gazprom entkoppelt erstmals Gas vom Ölpreis. In: Handelsblatt, 19.02.2010, S. 25. c) Im voranstehenden Zeitungsausschnitt wird darüber berichtet, dass sich der Erdgaspreis inzwischen teilweise auch am „Spotmarktpreis für Gas“ orientiert. Bitte erläutern Sie auf der Basis eigener Recherchen, wie diese Methode der Preisfestsetzung genau funktioniert und welche weiteren Preisfindungsmethoden in der Branche existieren. Welche Vorteile und welche Nachteile bringen die einzelnen Methoden im Vergleich zur ausschließlichen Ölpreisbindung mit sich?

Keine Sonderrechte 6.

187

Während man in den Medien oftmals viel über Akquisitionen, Fusionen oder Strategische Allianzen hört, wird über Minderheitsbeteiligungen etwas seltener berichtet. a) Bitte fassen Sie die im Text genannten Motive für die Minderheitsbeteiligung von Ruhrgas an Gazprom zusammen. b) Welche weiteren – nicht im Text genannten – Vorteile und Motive könnten für Ruhrgas eine Rolle gespielt haben, als die Minderheitsbeteiligung an Gazprom eingegangen wurde? c) Welche Rolle spielte die Wahl von Dr. Burckhard Bergmann in den Direktorenrat von Gazprom für die Zusammenarbeit zwischen Ruhrgas und Gazprom? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

7.

Auch wenn Minderheitsbeteiligungen manchmal die einzige Möglichkeit darstellen, um direkt in einem Markt aktiv zu werden, sind sie gleichzeitig mit zahlreichen Nachteilen oder Problemen verbunden. a) Geben Sie bitte – unabhängig vom Fall – einen Überblick über die mit Minderheitsbeteiligungen verbundenen Nachteile oder Probleme. b) Welche der unter a) genannten Nachteile oder Probleme sind auch im Falle von Ruhrgas und Gazprom relevant? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. c) Wie am Ende des Fallbeispiels erwähnt, entschied sich Ruhrgas (bzw. dessen Muttergesellschaft E.ON) im Jahr 2010 zu einer vollständigen Veräußerung der Minderheitsbeteiligung an Gazprom. Bitte führen Sie ausführliche Recherchen durch und legen Sie die (vermutlichen) Beweggründe für diese Entscheidung dar. Hätten Sie anstelle des Ruhrgas-Managements eine andere Entscheidung getroffen? Erläutern Sie Ihre Antwort bitte ausführlich.

8.

Könnte das Verhalten von Gazprom, nicht nur mit Ruhrgas, sondern auch mit BASF/Wintershall zusammenzuarbeiten, (teils) durch die russische Kultur und das in Russland übliche Geschäftsgebaren beeinflusst sein? Zur Vertiefung sollten Sie auch Veröffentlichungen über die russische Kultur und über Unternehmensführung in Russland heranziehen, bevor Sie die Frage beantworten. Einige Beispiele seien Ihnen genannt: Carr, Jennifer/Cooper, Cary L./Holden, Nigel (1998): Dealing with the New Russia: Management Cultures in Collision. Wiley, Chichester, 1998.

Elenkov, Detelin S. (1998): Can American Management Concepts Work in Russia? In: California Management Review, 40. Jg., Nr. 4, 1998, S. 133-156.

Puffer, Sheila M./McCarthy, Daniel J. (2011): Two Decades of Russian Business and Management Research: An Institutional Theory Perspective. In: Academy of Management Perspectives, 25. Jg., Nr. 2, 2011, S. 21-36. Ralston, David A./Holt, David H./Terpstra, Robert H./Kai-Cheng, Yu (1997): The Impact of National Culture and Economic Ideology on Managerial Work Values: A Study of the United States, Russia, Japan, and China. In: Journal of International Business Studies, 28. Jg., Nr. 1, 1997, S. 177-207.

188

Ruhrgas und Gazprom Van Genderen, Eric (2011): Russian Business Leadership: A Study of Managers Working Within MNCs. In: Euro Asia Journal of Management, 21. Jg., Nr. 1/2, 2011, S. 51-67.

Welge, Martin K./Holtbrügge, Dirk (1996, Hrsg.): Wirtschaftspartner Russland. Gabler, Wiesbaden, 1996.

9.

Nehmen Sie an, Sie beraten Ruhrgas bei der weiteren Gestaltung seiner „Russlandstrategie“. a) Bitte geben Sie einen Überblick über die derzeitigen Aktivitäten von Ruhrgas in Russland und bewerten Sie diese hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen. b) Entwickeln und beschreiben Sie bitte zwei weitere strategische Optionen – erstens eine Option zum Ausbau der Aktivitäten in Russland und zweitens eine Option zur Reduktion der Aktivitäten in Russland. c) Bewerten Sie bitte die unter b) entwickelten Optionen und sprechen Sie gegenüber dem Top-Management von Ruhrgas eine begründete Empfehlung aus, welche der beiden Optionen Sie bevorzugen würden.

10. Stellen Sie sich vor, Sie wurden von Ruhrgas gebeten, die Abrechnung der Erdgaslieferung von Gazprom in Höhe von 484 Mio. € für das Jahr 2006 zu prüfen. Ziehen Sie dazu die in Abbildung 2 genannte Erdgaspreisformel heran. Im Erdgasliefervertrag zwischen Ruhrgas und Gazprom ist geregelt, dass der Arbeitspreis mindestens 0,01 €/kWh (a) beträgt und der Preisindex für leichtes Heizöl anteilig mit 50% (b) berücksichtigt wird. Der Arbeitspreis wird quartalsweise an den Durchschnittspreisindex für leichtes Heizöl des Vorquartals angepasst. Weiterhin ist bestimmt, dass der Leistungspreis mindestens 0,60 €/kWh (d) beträgt und die jährliche Veränderung des Monatslohns mit 0,1% (e) berücksichtigt wird. Der Leistungspreis wird nur jährlich angepasst und bezieht sich auf die höchste Tagesabnahmemenge im Lieferjahr. Folgende Mess- und Marktdaten werden Ihnen von Ruhrgas zur Verfügung gestellt: Quartal Gelieferte Erdgasmenge (Mio. m³) Höchste Tagesabnahme im Quartal (Mio. m³) Durchschnittspreisindex für leichtes Heizöl

IV. 2005 I. 2006

II. 2006 III. 2006 IV. 2006

649

967

543

415

721

8

11

8

5

9

0,0036

0,0035

0,0038

0,0042

0,0046

Durchschnittlicher Monatslohn bei Vertragsabschluss (k)

3.014 €

Durchschnittlicher Monatslohn 2006 (L)

3.384 €

Prüfen Sie bitte, ob die Abrechnung von Gazprom in Höhe von 484 Mio. € korrekt ist. Beachten Sie dabei bitte die Größeneinheiten. Die Symbole in Klammern sollen Ihnen die Zuordnung der Größen in der Aufgabenstellung zu den im Fallbeispiel genannten Erdgaspreisformeln erleichtern.

Keine Sonderrechte

189

11. Es gibt zahlreiche theoretische Ansätze, die sich primär mit der Erklärung des Außenhandels beschäftigen (Außenhandelstheorien). Informieren Sie sich bitte über die Außenhandelstheorien. a) Bitte geben Sie einen Überblick über wichtige Außenhandelstheorien und deren Kernaussagen. b) Erklären Sie bitte auf der Basis einer von Ihnen ausgewählten Außenhandelstheorie, warum Ruhrgas international aktiv geworden ist. c) Bitte erklären Sie auf der Basis einer weiteren von Ihnen ausgewählten Außenhandelstheorie, warum Ruhrgas vor allem mit Russland und nicht mit anderen Ländern Handel betreibt. d) Diskutieren Sie bitte die generelle Aussagekraft der Außenhandelstheorien und die Grenzen ihres Erklärungsgehalts. 12. Nachdem Ruhrgas und Wintershall lange Zeit um eine Minderheitsbeteiligung am Erdgasfeld Juschno-Russkoje miteinander konkurriert haben, arbeiten die beiden Unternehmen bei der so genannten „North European Gas Pipeline“ (NEGP) durch die Ostsee mit Gazprom und dem niederländischen Erdgaskonzern Gasunie zusammen. a) Bitte führen Sie eigene Recherchen durch und fassen Sie die wesentlichen Ziele und Inhalte des NEGP-Projektes zusammen. b) Welche Chancen und Risiken können – unabhängig vom beschriebenen Fall – mit der Kooperation zweier ansonsten konkurrierender Unternehmen im Rahmen der so genannten „Co-opetition“ verbunden sein? c) Überwiegen im konkreten Fall des NEGP-Projektes Ihrer Ansicht nach die Vorteile oder die Nachteile der Zusammenarbeit für Ruhrgas und Wintershall? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. 13. E.ON, die Muttergesellschaft von Ruhrgas, ist als einer der größten Energiekonzerne der Welt nicht nur im Erdgasgeschäft, sondern auch in zahlreichen anderen Geschäftsfeldern tätig. a) Bitte führen Sie detaillierte Recherchen über E.ON durch und stellen Sie die einzelnen Geschäftsfelder und -aktivitäten des Unternehmens systematisch gegenüber. Welche Bedeutung nimmt Ruhrgas mit seinem Erdgasgeschäft innerhalb des Gesamtkonzerns ein? b) Seit einiger Zeit sind in Deutschland die so genannten „erneuerbaren Energien“ auf dem Vormarsch – auch weil eine Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke bis 2022 geplant ist. So sollen bereits 2020 etwa 35% des deutschen Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Welche Chancen und Risiken birgt diese Entwicklung für E.ON und dessen Tochtergesellschaft Ruhrgas?

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Ruhrgas und Gazprom c) Bitte erstellen Sie eine SWOT-Analyse für E.ON, in die auch die voraussichtliche Entwicklung des internationalen Energiemarktes bis 2030 einfließt. Berücksichtigen Sie dabei drei Szenarien (worst case, realistic case, best case). Welche strategischen Handlungsempfehlungen für die kommenden Jahre würden Sie dem Vorstand von E.ON auf Basis Ihrer SWOT-Analyse geben?

14. In einem Interview nimmt der russische Energielobbyist Andrey Bykov Stellung, wie er für einen E.ON-Wettbewerber, Energie Baden-Württemberg (EnBW)), in den vergangenen Jahren gearbeitet hat. Bitte lesen Sie die nachfolgenden Ausschnitte aus dem Handelsblatt-Interview: Handelsblatt, 12.06.2012: „Lobbyarbeit ist das Schach der Wirtschaft“, S. 6-7. „Herr Bykov, Sie sind der Mann, den der Konzern Energie Baden-Württemberg auf Rückzahlung von 130 Millionen Euro verklagt. Wo ist das Geld geblieben? Bykov: Ich habe es wie vereinbart ausgegeben, vor allem für wohltätige Zwecke. In den letzten Jahren habe ich mit dem Geld der EnBW rund 700 solcher Projekte in Russland und angrenzenden Ländern finanziert, vor allem Kirchen und Denkmäler für den Heiligen Nikolaus. Ist das Ihr Ernst? Was hat denn EnBW mit dem Heiligen Nikolaus zu tun? Bykov: Dieser Heilige ist in Russland sehr bedeutend. Und jeder, der sich für ihn einsetzt, kann im Gegenzug mit großem Wohlwollen der Behörden und höchsten Spitzen von Politik, Industrie und Militär rechnen. Das nennt man Klimapflege. Und Sie waren der Klimapfleger. Bykov: EnBW hatte den Wunsch, große Erdgasprojekte in Russland zu beginnen. Meine Aufgabe war es, hierfür ein günstiges Klima zu schaffen. Die Hälfte der EnBW-Millionen war mein Honorar. Die andere Hälfte wurde für wohltätige Zwecke ausgegeben. 200 Kollegen waren in Russland mit dieser Arbeit beschäftigt. Und EnBW war bekannt, was Sie tun? Bykov: Natürlich. Ein führender Manager des Konzerns saß ja im Kuratorium der Stiftung des Heiligen Nikolaus, in die das EnBW-Geld floss. Damit wurden 84 Kirchen, 30 Denkmäler, 60 Schachschulen, eine Oper und drei Orchester finanziert, dazu Dutzende von Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, eine Million Bücher und Zeitschriften, 200 Konzerte, 20 große Wallfahrten und vieles mehr. Der 1.500 Seiten starke Zehn-Jahresbericht der Stiftung ist komplett auf der Webseite der Stiftung www.nacxa.ru zu finden. Entschuldigen Sie, aber sind Ausgaben von 130 Millionen Euro für Denkmäler und Wallfahrten nicht ein bisschen merkwürdig für einen deutschen Konzern? Bykov: Klimapflege dieser Art ist in Russland vollkommen üblich. An meiner Arbeit war nie etwas illegal. Allerdings ist auch richtig, dass EnBW diese Pflege nötiger hatte als andere. Wieso? Bykov: Weil der Konzern in Russland vor zehn Jahren ein ungeheuer schlechtes Image hatte. EnBW galt als unzuverlässig und nicht vertrauenswürdig. … Der ehemalige Vorstandschef Claassen sagt, er kenne Sie kaum und keinen der mit Ihnen geschlossenen Verträge. Bykov: Das mag an der sehr eigenen Deutung des Wortes „kennen“ durch Herrn Claassen liegen. Herr Claassen wurde 2005 mit dem Orden der Stiftung des Heiligen Nikolaus ausgezeichnet. Ich stand an seiner Seite. Glauben Sie wirklich, er wusste nicht, warum? Das hatte 130 Millionen gute Gründe. Also stand die Ehrung Claassens für einen Erfolg Ihrer Arbeit? Bykov: Die Klimapflege war sehr erfolgreich. Wie gesagt, der Heilige Nikolaus ist in Russland sehr wichtig. 2002 war EnBW in Russland vollkommen unten durch. Und 2005 erhielt der EnBWVorstandsvorsitzende Claassen als erster Nichtrusse überhaupt diese Auszeichnung. Das hatte in

Keine Sonderrechte

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Russland eine große Signalwirkung. Meinen Sie, die Aktionäre der EnBW wussten, dass Sie Millionen aus der EnBW-Kasse für Kirchen und Wallfahrten ausgaben? Bykov: Das nehme ich doch an. Schließlich sind die Landräte des EnBW-Großaktionärs OEW (Anm. der Redaktion: Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke) selbst zu Denkmaleinweihungen nach Russland gereist. Das ging vermutlich auch auf Konzernkosten. Wenn alles so erfolgreich war, wie kam es dann zum Bruch zwischen Ihnen und dem EnBWKonzern? Bykov: Das will ich Ihnen sagen. Ich habe nach dem Affront der EnBW gegen die Russen alles dafür getan, den Ruf des Konzerns in meinem Land wieder herzustellen. 2008 ist es mir dann tatsächlich gelungen, ein neues Großprojekt zu stemmen, und zwar eine Beteiligung der EnBW an Gasfeldern des Alrosa-Konzerns. Es ging um zweieinhalb Milliarden Euro. Aber wieder brach EnBW in letzter Minute die Gespräche ohne erkennbaren Grund ab. Ist das Tischtuch endgültig zerschnitten? Bykov: Ich habe EnBW immer wieder Vorschläge für eine einvernehmliche Lösung gemacht. Alle Angebote für insgesamt 200 Millionen Euro wurden anfänglich von dem zuständigen mittleren Management gutgeheißen, später dann aber grundlos von der EnBW-Spitze abgelehnt. Ihr Ruf als Türöffner in Russland muss durch die Auseinandersetzung Schaden genommen haben. Bykov: Ich bitte Sie. Kein Türöffner bekommt 200 Millionen Euro. Ich bin Lobbyist. Lobbyarbeit ist das Schachspiel der Wirtschaft. Seit 20 Jahren führe ich erfolgreich eine ökonomische Boutique. Ich entwickele und verkaufe asymmetrische Branchen- und länderübergreifende Kooperationsmodelle. Und in vielen Fällen setzte ich diese auch selbst durch. Meine Dienstleistung ist weiterhin sehr gefragt. Im Streit mit dem EnBW-Konzern haben Sie lange geschwiegen. Nun haben Sie geredet. Warum? Bykov: Ganz einfach: weil Sie mich gefragt haben. Ein Lobbyist ist es gewohnt zu schweigen. Das bedeutet aber nicht, dass Lobbyisten etwas zu verheimlichen haben. Über mich ist in Ihrem Land in den letzten Monaten viel geschrieben worden. Ich war überrascht, dass kein Journalist vorher meine Seite anhören wollte. Aber dieses Problem ist nun ja gelöst. …“

Quelle: Keuchel, Jan (2012): Lobbyarbeit ist das Schach der Wirtschaft. In: Handelsblatt, 12.06.2012, S. 6-7. a) Bitte informieren Sie sich, welche unterschiedlichen Varianten der LobbyingPolitik es für Unternehmen gibt. In welche der von Ihnen identifizierten Varianten würden Sie die von Andrey Bykov geschilderten Praktiken einordnen? b) Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Ruhrgas im Laufe der Jahre ebenfalls Lobbying-Politik in Russland betrieben hat? Welche Varianten der Lobbying-Politik hat Ruhrgas möglicherweise gewählt? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

Siemens In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze

Stefan Schmid und Stephan Schulze Siemens: In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

Bei internationalen Großprojekten im Investitionsgüterbereich setzen Unternehmen unter anderem auf das Betreibermodell als Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie. Ein Beispiel für ein solches Großprojekt ist der Bau und Betrieb einer Bahnstrecke in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur durch Siemens. Bei diesem Großprojekt war Siemens nicht nur in die Erstellung des Transportsystems, sondern auch direkt in die Steuerung und Koordination des Zugverkehrs eingebunden. Die Beschreibung dieses Projektes steht im Mittelpunkt des folgenden Fallbeispiels. Dabei wird insbesondere auf die Motive für die Wahl des Betreibermodells, die Struktur des Großprojektes und die Herausforderungen während der Durchführung des Projektes eingegangen. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Im April 2007 wurde das Fallbeispiel für die 2. Auflage des vorliegenden Werkes unter Mitarbeit von Herrn Dr. Thomas Kotulla aktualisiert. Im Juni 2012 wurde das Fallbeispiel erneut leicht angepasst sowie der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Siemens

Der Siemens-Konzern mit Stammsitz in München zählt zu den weltweit führenden Unternehmen im Bereich der Elektrotechnik und Elektronik. Im Geschäftsjahr 2011 erzielte der Konzern mit ca. 402.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 73,52 Mrd. € und einen Gewinn aus fortgeführten Aktivitäten vor Ertragssteuern von 7,01 Mrd. €. Siemens ist in über 190 Ländern präsent und erwirtschaftet etwa 85% seines Umsatzes im Ausland. Bei der Internationalisierung setzt der Konzern in Abhängigkeit von den geplanten Aktivitäten auf unterschiedliche Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien. Eine besondere Herausforderung im internationalen Geschäft war für Siemens der Bau einer Bahnstrecke in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur. Dort war das Unternehmen erstmals in seiner Geschichte nicht nur für den Bau, sondern auch für den Betrieb einer Bahnstrecke im Ausland zuständig. Die Initiative für den Bau einer Bahnstrecke ging Mitte der 1990er Jahre von der malaysischen Regierung aus. Ziel war es, durch die Schaffung einer direkten Bahnverbindung – Express Rail Link (ERL) – zwischen dem neu gebauten internationalen Flughafen bei Kuala Lumpur und dem Stadtzentrum die Reisezeit für Fluggäste zum und vom Flughafen deutlich zu verkürzen. Auf der geplanten 57 Kilometer langen Bahnstrecke sollten die Fahrgäste in weniger als einer halben Stunde – der Hälfte der bisherigen Fahrtzeit – nonstop zwischen Flughafen und Stadtzentrum pendeln können. Zusätzlich sollte auf derselben Strecke ein Commuter Rail Service (CRS) mit drei kurzen Stopps den Betrieb aufnehmen. Die Spezifikationen des geplanten Projektes sind in Abbildung 1 zusammengefasst. Spezifikationen Bahnstrecke Länge Stationen Rollendes Material Zugtypen Anzahl (je 4 Wagen) Kapazität (Sitz-/Stehplätze) Gewicht Zuglänge Höchstgeschwindigkeit Beschleunigung (0-100 km/h)

Ausstattungsmerkmale der Züge

Express Rail Link (ERL)

Commuter Rail Service (CRS)

57 km 2

57 km 5

Desiro ET 425 M 8 156/120 t 68,7 m 160 km/h 27,7 s

Desiro ET 425 M 4 144/396 120 t 68,7 m 160 km/h 27,7 s

Die ERL-Züge verfügen über sehr komfortable Sitze, Teppichböden, gläserne Gepäckregale, eine Toilette sowie ein separates Gepäckabteil. Die Züge sind vollklimatisiert. Farblich sind die ERL-Züge gediegen-elegant ausgeführt.

Die CRS-Züge sind mit weniger Sitzplätzen ausgestattet, um Stehplatzfläche zur Verfügung zu stellen. Die Böden sind mit robustem Kunststoffbelag belegt. Die Züge sind vollklimatisiert. Die Farben sind frisch und bunt.

In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

Serviceintervall Erster Zug Letzter Zug Takt Fahrtdauer

5.00 Uhr morgens 1.00 Uhr nachts 15 min 28 min

195

5.32 Uhr morgens 0.32 Uhr nachts 30 min 37 min

Abb. 1: Spezifikationen des Projektes Quelle: Informationen aus o.V. (2005b), Siemens (2005d) und Siemens (2005e), ergänzt um Direktauskünfte von Siemens, April 2007. Sowohl Siemens als auch der malaysische Auftraggeber erhofften sich von der gleichzeitigen Vergabe von Bau und Betrieb der Bahnstrecke an einen Auftragnehmer Vorteile. Der malaysische Auftraggeber wollte auf diese Weise seine fehlende Erfahrung beim Betrieb von Bahnanlagen ausgleichen und potentielle Konflikte zwischen Anlagenbauer und Betreiber vermeiden. Der Vorteil für Siemens bestand vor allem darin, Erfahrungen beim täglichen Betrieb seiner neu entwickelten Transportlösungen zu sammeln. So konnten die Siemens-Ingenieure ihre eigenen Entwicklungen unter realen Alltagsbedingungen testen, modifizieren und weiterentwickeln. Die Bereitschaft von Siemens, beide Aufgaben – Betrieb und Bau – zu übernehmen, war einer der Hauptgründe für den malaysischen Auftraggeber, den Auftrag an den deutschen Konzern zu vergeben. In die Umsetzung des Flughafenbahnprojektes waren neben Siemens eine Reihe weiterer, vor allem lokaler Unternehmen und Institutionen eingebunden. Welche Unternehmen dies waren und welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten sie hatten, zeigt der Überblick über die Projektstruktur in Abbildung 2. Projektbereich

Projektgesellschaft

Beteiligte Unternehmen

Wichtige vertragliche Vereinbarungen

Express Rail Link Sdn. Bhd. (ERLSB) mit den malaysischen Gesellschaftern:

• Die ERLSB war hauptverantwortlich für alle Aspekte des Projektes und Ausgangspunkt für die vertraglichen Beziehungen zu allen weiteren Projektbeteiligten.

• 60% Tabung Haji (1) Technologies • 40% YTL Corp.

(2)

SYZ Corporation – ein Konsortium aus: • 51% Siemens • 49% YTL Corp. Anlagenbauer

• Grundlage für die Arbeit der ERLSB war die von der malaysischen Regierung erteilte 30-jährige Konzession für Design, Finanzierung, Bauerstellung, Management, Betrieb und Wartung der Flughafenbahn. • Die SYZ Corporation war für die schlüsselfertige Erstellung der Bahnstrecke (Turnkey-Vertrag) verantwortlich. - Die Führung des Konsortiums wurde vollständig von Siemens übernommen. Daneben war Siemens für die Planung, das Projektmanagement und die Lieferung aller elektromechanischen Komponenten (Züge, Signalanlagen, Oberleitungen etc.) verantwortlich. - Die YTL Corp. übernahm alle lokalen Baumaßnahmen (Bahnhöfe, Gleisanlagen, Brücken etc.) sowie den Aufbau eines automatischen Fahrpreisentrichtungssystems. • Der Auftragswert belief sich auf insgesamt 458,7 Mio. US$, 60% für Siemens und 40% für YTL Corp.

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Siemens Express Link Maintenance and Support (EMAS) mit den Gesellschaftern:

Betreibergesellschaft

• 51% Siemens • 49% Rail Link Sdn. Bhd. (ERLSB)

Die finanziellen Mittel wurden jeweils zur Hälfte aufgebracht durch: Kreditgeber

• Die EMAS war für die Gewährleistung des Fahrbetriebs verantwortlich. - Siemens übernahm das technische Risiko, d.h. die Sicherstellung eines störungsfreien Fahrbetriebs. - Die ERLSB war für das betriebswirtschaftliche Risiko, d.h. die Einnahmen und Ausgaben verantwortlich. • Siemens hatte die Möglichkeit, seinen Anteil an der EMAS nach drei Jahren an die ERLSB zu verkaufen, und die ERLSB konnte Siemens innerhalb der ersten drei Jahre aus dem Vertrag kaufen. • Die Kreditgeber waren für die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel in Höhe von 458,7 Mio. US$ zum Bau der Anlage verantwortlich.

• KfW und drei weitere deutsche Banken • Malaysische Regierung und ERLSB

(1) Die Tabung Haji Technologies ist ein malaysisches Unternehmen, das ursprünglich Pilgerfahrten nach Mekka organisiert hat. Inzwischen hat das Unternehmen seine Aktivitäten auf eine Vielzahl von Geschäftsfeldern ausgedehnt. (2) YTL Corp. ist ein malaysisches Hoch- und Tiefbauunternehmen, das bereits verschiedene Projekte mit Siemens umgesetzt hat.

Abb. 2: Aufgaben und Verantwortlichkeiten wesentlicher Projektbeteiligter Quelle: Informationen aus Briginshaw (2001). Der Bau der Bahnstrecke begann im Januar 1999. Das Hauptproblem während der Bauphase bestand darin, die Bahnstrecke in die bestehende Infrastruktur der Stadt Kuala Lumpur einzupassen. Aufgrund der schnellen baulichen Entwicklung und eines fehlenden übergreifenden Stadtentwicklungsplans war für einige Streckenabschnitte der Platz zur Errichtung der Bahnstrecke nicht mehr vorhanden. Zudem erschwerten die unklaren Eigentumsverhältnisse für das Land, auf dem die Bahn fahren sollte, die Durchführung des Projektes. Trotz dieser Probleme kam das Projekt gut voran, was vor allem an der Art und Weise der Problemlösung lag. Gab es Schwierigkeiten bei dem Projekt, brachte die malaysische Regierung alle Betroffenen an einen Tisch und löste das Problem an Ort und Stelle. Lange bürokratische Entscheidungs- und Genehmigungsverfahren, wie sie Siemens aus Deutschland kannte, gab es in Malaysia nicht. Auch die Siemens-Projektleitung passte sich an die ausländische Geschäftskultur an und löste Konflikte auf unkonventionelle Art und Weise, wie Udo Goldenstein, Projektleiter bei Siemens, erläutert: „I have to explain to my bosses at Siemens in Germany that we have a project in Malaysia and not in Germany. It is not possible to work the same way here as we would in Germany. We have Chinese civil contractors and a Malay client. Problems have to be solved face-to-face. We can't wait for an official variation to the contract when changes are necessary, because things move too fast. But it is essen-

In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

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tial to keep an eye on the risk. It may take time to reach agreement, but construction time is extremely fast and contractors usually complete the work when they say they will.“ Zeitgleich mit den Bauarbeiten in Malaysia wurden die Züge und Wagen im SiemensWerk in Wien hergestellt. Der Betriebstest für das so genannte „rollende Material“ erfolgte auf dem Testgelände von Siemens in Wildenrath, wo auch die Endabnahme durch den Auftraggeber stattfand. Nach der Endabnahme wurde das „rollende Material“ per Schiff nach Malaysia transportiert. Insgesamt verlief der Bau der Bahnstrecke sehr erfolgreich, so dass die neue Flughafenverbindung innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens und des Kostenbudgets im April 2002 an die Betreibergesellschaft EMAS übergeben werden konnte. Parallel zu den Bauarbeiten begann die Betreibergesellschaft EMAS, die für den Betrieb der Bahnstrecke nötigen Mitarbeiter zu gewinnen und auszubilden. Dabei kümmerte sich Siemens um die Ausbildung des technischen Personals und der malaysische Partner (ERLSB) um die Ausbildung des Servicepersonals. Die technische Ausbildung fand vor allem bei Siemens in Deutschland statt. So wurden z.B. die zukünftigen Zugführer nach Deutschland gesandt und dort mit der Bedienung der neuen Züge sowie der Regel- und Steuertechnik vertraut gemacht. Zur offiziellen Aufnahme des Bahnbetriebs am 12. April 2002 waren über 300 lokale und ausländische Mitarbeiter für den reibungslosen Bahnverkehr zuständig, wobei vor allem die technischen Schlüsselpositionen noch von Siemens-Mitarbeitern besetzt waren. Diese wurden innerhalb von drei Jahren aber vollständig von lokalen Angestellten übernommen. Genau wie der Bau der Bahnstrecke, so gilt auch deren Betrieb als ein Erfolg. So verkehren der ERL in 28 Minuten und der CRS in 35 Minuten regelmäßig zwischen Flughafen und Stadtzentrum – und dies seit über einer Million Fahrtkilometern ohne größere technische Probleme sowie mit einer durchschnittlichen Pünktlichkeit von 99,9%. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht konnten die geplanten Fahrgastzahlen für den ERL von 8.000 bis 10.000 Passagieren pro Tag mit durchschnittlich über 9.000 Fahrgästen erreicht werden. Für den CRS liegen die Fahrgastzahlen noch unter den geplanten 8.000 Passagieren am Tag. Obwohl die Premiere als Betreiber einer Bahnstrecke in Malaysia für Siemens ein voller Erfolg war, plant das Unternehmen im Moment nicht, diesen Geschäftsbereich langfristig weiter auszubauen. Ein Siemens-Sprecher meint dazu: „Siemens … has no intention, at this point, to enter the operation business on a long-term basis.“

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Siemens

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In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

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200

Siemens

Fragen und Aufgaben 1.

In Betreibermodellen kooperieren häufig mehrere ausländische und inländische Partner miteinander – mit Chancen und Risiken für die Beteiligten. a) Ergänzen Sie in der nachfolgenden Graphik bitte die beteiligten Unternehmen und ihre Aufgaben sowie die Beziehungen, die sie beim Flughafenbahn-Projekt in Malaysia zueinander hatten bzw. haben. Unternehmen:

Staat

Aufgabe:

Anlagenbauer Art der Beziehung:

Unternehmen: Aufgabe:

Unternehmen: Aufgabe:

Projektgesellschaft Unternehmen: Aufgabe: Unternehmen: Aufgabe:

Betreibergesellschaft Kreditgeber Unternehmen: Aufgabe:

Unternehmen: Aufgabe:

Unternehmen: Aufgabe:

b) Welche Vorteile versprachen sich Siemens und ERLSB von der Wahl des Betreibermodells für das Flughafenbahn-Projekt? Erläutern Sie diese bitte. c) Welche Risiken sind aus Ihrer Sicht mit der Wahl des Betreibermodells für Siemens und ERLSB verbunden? d) Existieren Ihrer Ansicht nach alternative Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, mit denen Siemens das Flughafenbahn-Projekt hätte realisieren können bzw. sollen? Bitte entwickeln Sie begründete Vorschläge. 2.

In Abhängigkeit von den Beteiligten und ihren Aufgaben unterscheiden Corsten/ Corsten, wie auf der nächsten Seite dargestellt, verschiedene Varianten von Betreibermodellen. Welche Variante wurde für das Flughafenbahn-Projekt gewählt? Begründen Sie bitte Ihre Wahl.

In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

201

BLOT

build, lease, operate, transfer

BRT

build, rent, transfer

BOD

build, operate, deliver

BTO

build, transfer, operate

BOL

build, operate, lease

DBOM

design, build, operate, maintain

BOO

build, own, operate

DBOT

design, build, operate, transfer

BOOST

build, own, operate, subsidize, transfer

FBOOT

finance, build, own, operate, transfer

Quelle: Corsten, Hans/Corsten, Hilde (2000): Projektmanagement. Oldenbourg, München, Wien, 2000, S. 97.

3.

Vor allem im Investitionsgüterbereich werden von Unternehmen „besondere“ Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien angewandt. a) Erläutern Sie bitte am Beispiel des Flughafenbahn-Projektes, durch welche Merkmale Projekte im Investitionsgüterbereich gekennzeichnet sind. b) Leiten Sie bitte aus den unter a) genannten Merkmalen besondere Anforderungen für die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien für Unternehmen im Investitionsgüterbereich ab. c) Wird das Betreibermodell den unter b) genannten Anforderungen gerecht, und welche Anforderungen können gegebenenfalls nicht oder nur teilweise erfüllt werden? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

4.

Die Kenntnis der Landeskultur kann Unternehmen helfen, Probleme bei der Internationalisierung zu lösen bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. a) Welche kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Malaysia (insbesondere bei der Problemlösung) werden im Text beschrieben? b) Informieren Sie sich über die Beschreibung von Landeskulturen anhand der Kulturdimensionen von Hofstede. Welche weiteren Schwierigkeiten könnte man bei Bau und Betrieb der Flughafenbahn aufgrund der Unterschiede in den Kulturdimensionen erwarten bzw. hätte man erwarten können? Nutzen Sie bitte folgende Übersicht als Anhaltspunkt: Deutschland Kulturdimension

Malaysia

Wert

Rang (von 53)

Wert

Rang (von 53)

Machtdistanz

35

42

104

1

Unsicherheitsvermeidung

65

29

36

46

Individualismus

67

15

26

36

Maskulinität

66

9

50

25

202 5.

Siemens Als Koordinationsmaßnahme beim Betrieb der Bahnstrecke in Malaysia hat Siemens unter anderem auf den Transfer von Führungskräften und Spezialisten gesetzt. a) Welche Vor- und Nachteile sind mit dem Transfer von Führungskräften bzw. Spezialisten verbunden? Bitte erläutern Sie Ihre Antwort. b) Gibt es weitere Maßnahmen, die Siemens für die Koordination der Betreibergesellschaft EMAS hätte nutzen sollen? Wenn ja, welche und warum? Was könnte Siemens damit erreichen?

6.

Die Finanzierung des Flughafenbahn-Projektes wurde durch die Übernahme von Garantien und Kredithilfen durch den deutschen Staat unterstützt. Informieren Sie sich bitte über die Finanzierungshilfen des deutschen Staates für das Auslandsgeschäft deutscher Unternehmen. Geben Sie bitte einen Überblick und erläutern Sie die einzelnen Maßnahmen.

7.

Siemens hat sich, entsprechend seiner vertraglich vereinbarten Option, nach drei Jahren für den Verkauf seiner Anteile an der Betreibergesellschaft EMAS entschieden. Was könnten Gründe für diese Entscheidung gewesen sein?

8.

Von der Betreibergesellschaft wurde errechnet, dass sich die Investitionen in die Flughafenbahn von 458,7 Mio. US$ nach 12 Betriebsjahren amortisiert haben sollen. Bitte überprüfen Sie anhand der folgenden Angaben, ob dieses Ziel erreicht werden kann: - Durchschnittlich beförderte Passagiere pro Tag (ERL und CRS zusammen): 17.000 - Durchschnittlicher Fahrpreis: 10 US$ - Kosten für den Betrieb der Bahnstrecke pro Jahr: 15 Mio. US$ - Kalkulationssatz zur Abzinsung künftiger Cashflows (ab dem zweiten Betriebsjahr): 4%.

9.

Hedlunds Unternehmenstyp der „Heterarchie“ hat im Internationalen Management große Prominenz erlangt. a) Bitte erläutern Sie zunächst unabhängig vom Fallbeispiel, was Hedlund unter Heterarchie versteht. b) Im Fall ist von einer spezifischen Aktivität von Siemens die Rede. Die dargestellten Informationen geben aber nur einen sehr kleinen Ausschnitt der SiemensRealität wieder. Informieren Sie sich bitte ausführlich über Siemens und begründen Sie, ob Siemens Ihrer Meinung nach die Hedlundschen Merkmale einer Heterarchie aufweist.

In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

203

10. Im Jahr 2006 geriet der Siemens-Konzern in den Verdacht, regelmäßig „Schmiergeldzahlungen“ getätigt zu haben, um Zuschläge für Aufträge im Ausland zu erhalten. Lesen Sie hierzu bitte den folgenden Ausschnitt aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2006: „Globalisierung kennt keine Moral“, S. 22. „Das Spitzenmanagement von Siemens bleibt sprachlos. Abgesehen von Durchhalteparolen an die Mitarbeiter, verharren Vorstand und Aufsichtsrat des Münchner Elektrokonzerns trotz der nahezu täglich neuen Details in der Schmiergeldaffäre in der Defensive. Mehr und mehr gerät das oberste Management unter Druck und weckt mit seinem Schweigen in der Öffentlichkeit den Verdacht, das System der schwarzen Kassen zumindest gekannt und toleriert zu haben. Immerhin soll ein Beschuldigter den Münchner Staatsanwälten berichtet haben, er habe Anfang 2004 den damaligen Chef der Siemens-Festnetzsparte ICN, Thomas Ganswindt, über die als Provisionen bezeichneten Schmiergeldzahlungen unterrichtet. Ganswindt habe seinen Willen bekundet, darauf hinzuwirken, dass die Zahlungen gesenkt würden, wie die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb. Siemens und Staatsanwaltschaft äußern sich dazu nicht. Stimmt diese Information, hätte Ganswindt ganz anders reagieren müssen, wenn er die Verhaltensregeln des Unternehmens (Business Conduct Guidelines) ernstgenommen hätte. Ganswindt war im Siemens-Konzern zudem nicht nur irgendein Manager der zweiten Ebene. Von Oktober 2004 bis zu seinem Ausscheiden im September dieses Jahres gehörte er dem Zentralvorstand der Siemens AG an, der obersten Leitungsebene des Konzerns. Er zählte einige Zeit sogar zu den Favoriten für den Posten an der Konzernspitze. Doch das Misstrauen reicht inzwischen weiter: Solche Berichte und die Dimension des Skandals werfen die Frage auf, ob auch die Vorstandschefs Heinrich von Pierer und sein Nachfolger von Januar 2005 an, Klaus Kleinfeld, in die vermuteten unsauberen Geschäftspraktiken eingeweiht waren. Mitarbeiter und ehemalige Beschäftigte von Siemens hegen den Verdacht, dass die Verhaltensregeln gar nicht ernst gemeint waren, wenn es darum ging, Aufträge zu gewinnen. „Das Thema war im Konzern bekannt, ohne dass der Vorstand die Devise dazu ausgegeben hätte“, berichtet ein ehemaliger Mitarbeiter, ohne Begriffe wie Schmiergeld oder Bestechung zu erwähnen. „Die Guidelines sind Wischiwaschi.“ Auch ein Beschäftigter in der Kommunikationstechniksparte Com zeigt sich von der Affäre und den Ermittlungen wenig überrascht: „In manchen Ländern wie Nigeria sind Aufträge doch gar nicht anders als mit Schmiergeld zu bekommen.“ Über die Dimension der Affäre – die Staatsanwaltschaft spricht von bisher rund 200 Millionen Euro – wundert er sich ebenfalls nicht. „Verteilt über mehrere Jahre und auf viele Aufträge muss das im Einzelfall gar nicht so viel sein.“ Mit Sarkasmus kommentiert der Mitarbeiter den Verdacht, es handle sich um ein ganzes System schwarzer Kassen: „Wenn Siemens etwas macht, dann richtig und systematisch.“ Siemens ist mit 475.000 Mitarbeitern nahezu in der ganzen Welt tätig. Aufsichtsratsvorsitzender Heinrich von Pierer sagt stets mit Stolz, nur Coca-Cola sei in noch mehr Ländern präsent. Im vergangenen Geschäftsjahr, das am 30. September endete, erzielte der Konzern mehr als 80 Prozent des Umsatzes im Ausland. Seit langem sind die Wachstumsraten außerhalb Deutschlands viel höher: Zuletzt stieg der Auftragseingang im internationalen Geschäft um 18 Prozent, der Umsatz um 19 Prozent. „Globalisierung ist Globalisierung und kennt keine Moral“, schreibt Wigand Cramer von der IG Metall in einem Kommentar auf der Internetseite „Siemens Dialog“ der Gewerkschaft. „Da bleiben die Hände nun mal nicht sauber.“ Den Medien wirft er Scheinheiligkeit vor: „Allgemeine Empörung über einen ganz normalen Vorgang.“ Das Ziel, doppelt so schnell zu wachsen wie die Weltwirtschaft, erreiche Siemens nur mit Geschäften in Schwellenländern wie China, Indien, Indonesien und Russland – am besten mit Projekten industrieller Infrastruktur. „Jeder weiß, dass das sowohl geographisch als auch von den Zielkunden her die Bereiche sind, in denen Korruption nun mal zum Geschäft gehört.“ Im Siemens-Management wird zumindest angedeutet, dass die Methoden, mit denen lokale Partner in manchen Ländern für den Konzern tätig seien, nicht hinterfragt würden. In der Sportartikelindustrie haben sich Hersteller längst verpflichtet, dass auch ihre Partner in Entwicklungsländern, zum Beispiel Auftragsfertiger, Sozialstandards einhalten. Ethikstandards für Geschäftspartner von Siemens gibt es dagegen offenbar nicht. „Da wird dann eine Rechnung an Siemens für Beratungsleistungen ausgestellt“, berichtet ein ehemaliger Mitarbeiter. „Und jeder weiß, was dahintersteckt.“ Bis 1999 konnten deutsche Unternehmen solche Arten von Beratung sogar als „nützliche Aufwendun-

204

Siemens gen“ von der Steuer absetzen. Für wenig glaubwürdig hält deshalb ein Mitarbeiter von Com die Reaktion seines spanischen Bereichschefs Eduardo Montes, der auch im Vorstand der Siemens AG sitzt. Montes habe seinen Mitarbeitern geschrieben, die Affäre und die Ermittlungen träfen ihn bis ins Mark. „Besser wäre von ihm gewesen, gar nichts dazu zu sagen.“ Pierer und Kleinfeld verlangen in ihrem gemeinsamen Brief an die Mitarbeiter, ein Ruck müsse nun durch das Unternehmen gehen. „Dazu müssen wir kompromisslos aufräumen.“ Ein anderer Mitarbeiter von Com bezweifelt, dass das gelingen wird. Selbst wenn Kleinfeld wollte, könnte er nicht zu einem Befreiungsschlag ausholen. Der Konzernchef sei befangen, da sein Vorgänger Pierer jetzt Aufsichtsratsvorsitzender sei. „Das ist ein Musterbeispiel, dass solche Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat nicht gut sind“, fügt der Mitarbeiter hinzu. Auch eine Kleinigkeit weckt Zweifel an großen Aufräumarbeiten im Hause Siemens. Noch immer steht auf der Internetseite der Immobiliengesellschaft des Konzerns: „Die Geschäftsführung von Siemens Real Estate wird von Michael Kutschenreuter wahrgenommen.“ Kutschenreuter, der ehemalige Finanzchef von Com, gehört zu dem Dutzend Verdächtigen in der Untreueaffäre. Auf die Frage, ob er beurlaubt wurde, bleibt Siemens sprachlos.“

Quelle: Herr, Joachim (2006): „Globalisierung kennt keine Moral“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2006, S. 22. a) Bitte nehmen Sie sich die „Business Conduct Guidelines“ von Siemens zur Hand und fassen Sie deren wesentliche Punkte zusammen. Inwieweit halten Sie die Richtlinien für realitätsnah und geeignet, um – im Hinblick auf die im Zeitungsausschnitt angesprochenen Geschäftspraktiken der Auftragsvergabe im Ausland – als Unternehmen global wettbewerbsfähig zu sein? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung ausführlich. b) Welche Möglichkeiten sehen Sie, um in der heutigen Wirtschaftswelt moralisch verantwortungsvoll zu handeln, ohne dabei als Unternehmen seine globale Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen? Bitte berücksichtigen Sie bei der Beantwortung der Frage auch institutionenökonomische Überlegungen. c) Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Siemens auch im Falle des Flughafenbahn-Projektes „Schmiergeldzahlungen“ zur Erlangung des Auftrags getätigt hat? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung und greifen Sie dabei auch auf den von Transparency International entwickelten Corruption Perceptions Index (CPI) zurück, der den Korruptionsgrad verschiedener Länder abzubilden versucht: Transparency International (2011): TI Corruption Perceptions Index. Internetseiten von Transparency International, 2011. URL: http://cpi.transparency.org/cpi2011/results/ (Stand 19.06.2012).

d) Wie gestaltet sich die strafrechtliche Frage der Haftung bei Korruptionsfällen deutscher Unternehmen im internationalen Geschäftsverkehr? Welche Möglichkeiten der Haftungsrisikobewältigung können Compliance-Management-Systeme bieten? Bitte ziehen Sie zur Beantwortung der Frage unter anderem den folgenden Beitrag hinzu: Stephan, Hans J./Seidel, Jürgen (2007): Compliance-Management-Systeme für Unternehmensrisiken im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. In: Hauschka, Christoph E. (Hrsg.): Corporate Compliance. Handbuch der Haftungsvermeidung im Unternehmen. Beck, München, 2007, S. 504-580.

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205

11. Im April 2007 trat der Aufsichtsratschef von Siemens, Heinrich von Pierer, von seinem Amt zurück. Er reagierte damit auf den Druck, der angesichts der bekannt gewordenen „Korruptionsaffären“ auf ihm lastete. a) Wie erklären Sie es sich, dass es zum Rücktritt kam, obwohl von Pierer zuvor immer wieder beteuerte, es wäre „... ein Riesenfehler, sich mit einem Rücktritt vom Aufsichtsratsvorsitz aus der Affäre zu ziehen.“ (Visser, Corinna (2007): Bleicher Abschied. In: Der Tagesspiegel, 21.04.2007, S. 3.)? Entwickeln Sie bitte adäquate Argumente und recherchieren Sie bei Bedarf selbst hinsichtlich der Umstände des Rücktritts. b) Von Pierer war von 1992 bis 2004 knapp 13 Jahre lang Vorstandsvorsitzender von Siemens. Wie beurteilen Sie die im deutschen Corporate-GovernanceSystem (immer noch) weit verbreitete Praxis, dass Vorstandsvorsitzende eines Unternehmens nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand in den Aufsichtsrat wechseln? Ziehen Sie für Ihre Antwort bitte auch Argumente heran, die sich auf die Rolle von Aufsichtsräten – vor allem im Verhältnis zum Vorstand – beziehen. c) Von Pierer war während seiner Amtszeit als Vorstand Top-Manager eines Unternehmens mit mehreren 100.000 Mitarbeitern. Wie kann und sollte ein Vorstand Ihrer Meinung nach sicherstellen, dass er über problematische und kritische Entwicklungen in bestimmten Ländern (wie z.B. Schmiergeldzahlungen, Umsatz- und Gewinneinbrüche, Managementilloyalitäten) rechtzeitig und adäquat informiert wird? Entwickeln Sie bitte zunächst Ideen, die sich an der gängigen Praxis in deutschen Großunternehmen orientieren. Überlegen Sie anschließend, ob es darüber hinaus weiterer Strategien und Maßnahmen in deutschen grenzüberschreitend tätigen Großunternehmen bedarf, und begründen Sie Ihre Ansichten. 12. Ende 2007 titelte das Manager Magazin, dass es bei Siemens zu einer Entmachtung der Länderchefs komme (Müller, Eva (2007): Entmachtung der Länderchefs. In: Manager Magazin, 37. Jg., Nr. 11, 2007, S. 17-21). Die Frage nach der (angemessenen) Bedeutung so genannter Länderchefs wird im Internationalen Management immer wieder kontrovers diskutiert. a) Bitte vergleichen Sie die unspezifische Organisationsstruktur, die segregierte Organisationsstruktur, die integrierte Funktionalstruktur, die integrierte Geschäftsbereichs-/Produktstruktur und die integrierte Regionalstruktur sowie die internationale Matrixstruktur im Hinblick auf die Frage, welche Rolle darin jeweils so genannten Länderchefs zukommt.

206

Siemens b) Welche Vorteile sehen Sie unabhängig vom vorliegenden Fall, wenn ein Unternehmen in seinen jeweiligen Auslandsmärkten „starke Landesfürsten“ hat? Welche Nachteile und Probleme können „starke Landesfürsten“ mit sich bringen? Bitte wägen Sie die Vorteile und Nachteile – auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Organisationsstruktur – gegeneinander ab. c) Stellen Sie sich folgende Situation vor: Siemens möchte in Malaysia den bisherigen Siemens-Landeschef „entmachten“. Welche Maßnahmen würden Sie ergreifen, um trotz dieser Personalveränderung keine Umsatzeinbußen zu erleiden?

13. Im November 2010 wurde bekannt, dass Siemens einen weiteren Auftrag in Malaysia gewonnen hat. Lesen Sie dazu die nachfolgende Pressemitteilung: Siemens, 26.11.2010: „Siemens stärkt öffentlichen Nahverkehr in Kuala Lumpur“. „Siemens Mobility wird für den malaysischen Nahverkehrsbetreiber Keretapi Tanah Melayu Berhad (KTMB) in Kuala Lumpur die Antriebsausrüstung und Fahrzeugsteuerung für insgesamt 38 sechsteilige Triebzüge liefern. Der Auftrag hat ein Volumen von circa 65 Millionen Euro. Die Ausstattung beinhaltet Transformatoren, Stromrichter, Fahrmotoren und die Fahrzeugleittechnik. Die Traktionsausrüstungen sind für eine Gesamtleistung von circa 3.500 Kilowatt pro Triebwagen ausgelegt und werden im nächsten Jahr ausgeliefert. In Klang Valley, dem Ballungsraum um Kuala Lumpur, leben und arbeiten mittlerweile mehr als vier Millionen Menschen, von denen täglich rund 100.000 Pendler auf den Zugbetrieb angewiesen sind. Kuala Lumpur selbst verzeichnet mit seinen fast zwei Millionen Einwohnern ein hohes Aufkommen an Staus und Stockungen in den Hauptverkehrszeiten. Auf den steigenden Bedarf an einem zuverlässigen Nahverkehr hat der lokale Verkehrsbetreiber KTMB mit der Erweiterung seines Regionalnetzes und der Aufrüstung seiner Bahnverkehrstechnik reagiert. Von den zwei bestehenden Pendelverbindungen wurde in diesem Jahr die Sentul-Pel-Klang-Route bereits um vier Stationen und sieben Kilometer erweitert. Im nächsten Jahr kommen zu der heutigen Seremban-Rawang-Route weitere zwei Stationen und knapp zehn Kilometer Strecke hinzu. Das Nahverkehrsnetz der KTMB umfasst derzeit zwei Linien von mehr als 217 Kilometern Netzwerkstrecke und 51 Stationen. Siemens Mobility wird für die elektrischen Triebzüge des Nahverkehrs in Kuala Lumpur Stromrichtersysteme für eine Fahrdrahtspannung von 25 kV liefern sowie weitere Systemkomponenten wie Motoren und Fahrzeugsteuerung. Die moderne Antriebs- und Fahrzeugleittechnik zur Steuerung und Regelung für Traktionsanwendungen stellt sicher, dass die Züge im regelmäßigen 30Minuten-Takt und 15-Minuten-Takt während der verkehrsstärksten Zeiten fahren können. In Kuala Lumpur hat Siemens bereits das Schnellbahnsystem Express Rail Link (ERL) errichtet, dass [sic] seit 2002 den Flughafen Kuala Lumpur mit dem Zentralbahnhof Kuala Lumpur City in nur 28 Minuten verbindet. Insgesamt zwölf Züge befahren die 57 Kilometer lange Bahnverbindung mit Geschwindigkeiten bis zu 160 Stundenkilometern. Der Siemens-Sektor Industry (Erlangen) ist der weltweit führende Anbieter von umweltfreundlicher Produktions-, Transport-, Gebäude- und Lichttechnik. Mit durchgängigen Automatisierungstechnologien und umfassenden Branchenlösungen steigert Siemens die Produktivität, Effizienz und Flexibilität seiner Kunden aus Industrie und Infrastruktur. Der Sektor besteht aus den sechs Divisionen Building Technologies, Drive Technologies, Industry Automation, Industry Solutions, Mobility und Osram. Mit weltweit rund 204.000 Mitarbeitern (30. September) erzielte Siemens Industry im Geschäftsjahr 2010 einen Umsatz von rund 34,9 Milliarden Euro. … Die Mobility Division (Berlin) ist der international führende Anbieter von Transport- und LogistikLösungen. Mit „Complete mobility“ verfolgt die Division das Ziel, unterschiedliche Verkehrssysteme miteinander zu vernetzen, um Menschen und Güter effizient und umweltfreundlich zu transportieren. „Complete mobility“ ist orientiert am Ziel der Nachhaltigkeit und vereint Kompetenzen bei Betriebsführungssystemen für Bahn- und Straßenverkehr, Lösungen für Flughafen- und Post-

In Malaysia vom Anlagenbauer zum Lokführer

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Logistik, Bahnelektrifizierung, Schienenfahrzeugen im Nah-, Regional- und Fernverkehr, schlüsselfertigen Systemen und zukunftsorientierten Servicekonzepten. Mit weltweit rund 24.000 Mitarbeitern erreichte Siemens Mobility im Geschäftsjahr 2010 (30. September) einen Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. …“

Quelle: o.V. (2010): Siemens stärkt öffentlichen Nahverkehr in Kuala Lumpur. Internetseiten von Siemens, 2010. URL: http://www.siemens.com/press/de/ pressemitteilungen/?press=/de/pressemitteilungen/2010/ mobility/imo 20101 1008.htm (Stand 19.06.2012). a) Inwiefern könnte das langjährige Engagement von Siemens bei Bau und Betrieb der Bahnstrecke zwischen Flughafen und Hauptstadt Kuala Lumpur Siemens geholfen haben, auch beim Auftrag für den malaysischen Nahverkehrsbetreiber zum Zuge gekommen zu sein? Bitte systematisieren Sie Ihre Argumente. b) Stellen Sie sich vor, Sie sind bei Siemens tätig und wollen weitere Aufträge in Malaysia gewinnen. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die unterschiedlichen Sektoren, Geschäftsfelder und Aktivitäten von Siemens und überlegen Sie, in welchen dieser Sektoren, Geschäftsfelder und Aktivitäten es Ihrer Meinung nach in Malaysia das größte Potential gibt. Gehen Sie neben dem Potential auch auf die Risiken und eventuell existierende Markteintrittsbarrieren ein.

Sony BMG Music Entertainment Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Andrea Luber

Stefan Schmid und Andrea Luber Sony BMG Music Entertainment: Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures Mit einem 2003 geschlossenen Joint Venture versuchen die Bertelsmann Music Group (BMG) und die Sony Music Entertainment der Krise zu begegnen, in der sich die Musikindustrie weltweit seit Mitte der 1990er Jahre befindet. In diesem Fallbeispiel werden zentrale Gründe dargestellt, die zum Joint Venture geführt haben. Dabei wird deutlich, dass bedeutende Ursachen der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens globaler Natur sind. Die Auswirkungen des Joint Ventures zeigen sich dagegen nicht nur auf dem Weltmarkt, sondern auch konkret in den einzelnen Ländermärkten. Exemplarisch werden die Folgen der Integration in Deutschland beleuchtet. Auf diese Weise wird aufgezeigt, dass Globalisierung und Internationalisierung Phänomene darstellen, die auch auf lokaler Ebene zu verankern sind. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

210

Sony BMG Music Entertainment

Im Dezember des Jahres 2003 beschlossen die Bertelsmann AG und die Sony Corporation of America, ein Tochterunternehmen des japanischen Sony-Konzerns, bedeutende Teile ihres Musikgeschäfts künftig gemeinsam zu führen. Nachdem sowohl die europäischen als auch die US-amerikanischen Kartellbehörden den Zusammenschluss im Juli 2004 genehmigt hatten, wurden die Musiklabels der Bertelsmann Music Group (BMG) und von Sony Music Entertainment im August 2004 in dem Joint Venture Sony BMG Music Entertainment vereint. Die Bertelsmann AG und die Sony Corporation of America halten jeweils 50% der Anteile an dem Joint Venture. Das Gemeinschaftsunternehmen hat seinen Hauptsitz in New York; von dort aus wird es – mit gleichberechtigtem Einfluss der beiden Muttergesellschaften – geführt. Aus diesem Grund wurden auch die Führungspositionen auf Vertreter beider Unternehmen aufgeteilt. Zunächst übernahm Andrew Lack, vormals CEO und Chairman bei Sony Music Entertainment, den Posten des CEO. Rolf Schmidt-Holtz, der zuvor CEO und Chairman bei BMG war, wurde Vorsitzender des Board of Directors des Joint Ventures.1 Das Board of Directors selbst besteht – einschließlich des Vorsitzenden – aus sechs Vertretern, davon je drei Vertreter aus beiden Unternehmen. Das neu gegründete Joint Venture rückte hinsichtlich des Umsatzes im Jahr 2004 unmittelbar an die Spitze des weltweiten Musikmarktes vor – mit knappem Vorsprung vor dem bisherigen Marktführer Universal Music, der zur französischen Vivendi-Universal-Gruppe gehört. Sowohl Sony BMG Music Entertainment als auch Universal Music beherrschten im Jahr 2004 jeweils etwa ein Viertel des weltweiten Musikmarktes. Die Plätze drei und vier belegten die britische EMI (kurz für „Electric and Musical Industries (EMI)“) mit 13,4% und die US-amerikanische Warner Music Group mit 12,7%. Nur 25,3% des Weltmarktes entfielen auf unabhängige Labels, wie z.B. CNR Records (Holland), Edel Music AG (Deutschland) oder Gazell Records (Schweden). Im Jahr 2005 verlor Sony BMG Marktanteile und rutschte auf 21,5% des Weltmarkts ab. Während die großen Wettbewerber etwa auf dem Vorjahresniveau blieben, gewannen die unabhängigen Labels 3% dazu. Abbildung 1 enthält eine Übersicht über die wichtigsten Wettbewerber sowie deren Labels und verdeutlicht die oligopolistische Struktur der Branche. Im Folgenden wird erklärt, warum es zu dem Joint Venture von Bertelsmann und Sony und damit einer weiteren Konzentration in der Branche kam. Mitte der 1990er Jahre begann für die Musikindustrie eine schwere Krise. Während im Jahr 1996 mit Musikmedien weltweit noch ein Umsatz von knapp 40 Mrd. US$ erzielt worden war, sank dieser Wert auf 30 Mrd. US$ im Jahr 2003. Eine zentrale Ursache für diesen Rückgang war die Verbreitung des Internets. Schnellere Internetverbindungen machten kostenfreie Tauschbörsen für Musik wie Napster oder KaZaA immer beliebter. Statt Tonträger zu

1

Aufgrund verschiedener Schwierigkeiten wurden diese beiden Positionen im Februar 2006 getauscht – Schmidt-Holtz wurde zum CEO ernannt, während Lack an die Spitze des Board of Directors wechselte.

Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures

211

kaufen, nutzten viele Interessenten derartige Plattformen, um einzelne Lieder oder auch ganze Alben „herunterzuladen“. Erleichtert wurde diese Praxis durch die Entwicklung komprimierter Audioformate, wie beispielsweise Mp3. Zunächst versuchte die Musikindustrie, den Betreibern von Musiktauschbörsen durch Gerichtsverfahren zu begegnen. Obwohl dadurch einige Tauschbörsen tatsächlich vom Markt gedrängt wurden, zeigte sich immer deutlicher, dass der Trend, Musik über das Internet zu beziehen, nicht mehr aufzuhalten war. Die Unternehmen der Musikbranche begannen schließlich, über neue Vertriebskonzepte nachzudenken und selbst den Onlinemarkt zu nutzen. Sony BMG Music Entertainment

Universal Music Group

Zentrale Labels

Arista, Funhouse, Ricordi, Columbia Records, Jive, Epic Records, RCA Records, J Records

Motown Record Company, Verve Music Group, Mercury Nashville, Island Def Jam Records, Polydor, Urban, Deutsche Grammophon

Capitol Records, Virgin Music, Electrola, Parlophone, Mute Records

Atlantic Records Group, Maverick Records, Nonesuch, Reprise Records, Warner Bros. Records, Warner Music International

Zentrale Künstler

Dido, Céline Dion, Bob Dylan, Udo Jürgens, Alicia Keys, René Kollo, Peter Maffay, Nena, Nicole, Britney Spears

Anne-Sophie Mutter, Bon Jovi, Mariah Carey, Elton John, Claudia Jung, James Last, Shania Twain, U2, Stevie Wonder

Coldplay, Herbert Grönemeyer, Norah Jones, Nigel Kennedy, Lenny Kravitz, Radiohead, Rolling Stones

Bjork, Tracy Chapman, Miles Davis, Kronos Quartett, Madonna, Alanis Morissette, R.E.M., Red Hot Chili Peppers

Umsatz Weltmarktanteil

5.333 Mio. €

4.993 Mio. €

25,1%

23,5%

EMI

Warner Music Group

(1)

2.698 Mio. €

13,4%

12,7%

2.827 Mio. €

Stand 2004. (1) Der Wert bezieht sich auf den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.03.2005.

Abb. 1: Vergleich von Sony BMG Music Entertainment, Universal Music Group, EMI und Warner Music Group Quelle: Daten aus Waller (2004) sowie aus den Geschäftsberichten und von den Internetseiten der genannten Unternehmen aus dem Jahr 2005. Angesichts des schrumpfenden Musikmarktes hatte es in der Branche in den letzten Jahren immer wieder Gespräche über Zusammenschlüsse gegeben, die jedoch allesamt aufgrund wettbewerbsrechtlicher Bedenken gescheitert waren. So wurde das Fusionsansinnen von EMI und der Warner Music Group im Jahr 2000 von der Europäischen Kommission ebenso verhindert wie ein Zusammenschluss von EMI mit BMG im Jahr 2001. Alle weiteren Versuche von EMI und Warner, die beiden Unternehmen durch eine Übernahme oder eine Fusion zu verbinden, scheiterten bereits an der beiderseitigen Unzufriedenheit mit den jeweiligen Angeboten. Bei einigen Konzernen war auch ein vollständiger Rückzug aus dem Musikgeschäft in der Diskussion. Time Warner ent-

212

Sony BMG Music Entertainment

schloss sich beispielsweise im Jahr 2003 zum Verkauf der Warner Music Group an eine Investorengruppe um den Milliardär Edgar Bronfman. Auch in der Führungsetage der Bertelsmann AG herrschte lange Zeit Uneinigkeit bezüglich der Frage, ob und in welcher Form ein Verbleib im Musikgeschäft sinnvoll sei. Einige Aufsichtsräte hielten den Verkauf von BMG für die beste Lösung, andere plädierten für eine Fusion mit einem anderen Musikunternehmen. So kam es schließlich zu der Entscheidung zugunsten eines Joint Ventures mit der Sony Corporation of America. Der Zeitschrift Manager Magazin gegenüber begründete BMGs CEO Rolf Schmidt-Holz im Januar 2004 diesen Schritt folgendermaßen: „Wenn sich der Musikmarkt nicht erholte, müsste man BMG verkaufen. … Doch wenn die Nachfrage nach Musik steigt, sollten wir Teil dieser Industrie bleiben.“ Die Zusammenlegung von BMG mit Sony Music Entertainment erlaube es, wie es in einer Vorstandsvorlage heißt, die „Entscheidung über Verbleib im Geschäft oder Ausstieg später zu treffen“. Um den Kartellbehörden entgegenzukommen, wurden einige Bestandteile der Musiksparten von der Zusammenlegung ausgenommen.2 Zum einen umfasst das gesamte Musikgeschäft Musikverlage, deren Tätigkeit darin besteht, Rechte an Musikstücken von Künstlern zu erwerben und diese weiter zu vermarkten. Zum anderen gehören zum Musikgeschäft Plattenfirmen, die wiederum aus verschiedenen Musiklabels bestehen und die den gesamten Prozess von der Musikproduktion bis hin zum Verkauf von Tonträgern abwickeln. Nicht in das Joint Venture integriert wurden BMGs und Sonys Musikverlage sowie die physische CD- und DVD-Herstellung (Presswerke) und CD- und DVDAuslieferung. Weiterhin ist auch Sonys japanisches Musikgeschäft kein Bestandteil des Joint Ventures. Alle übrigen Aktivitäten wurden in Sony BMG Music Entertainment zusammengefasst. Dies betrifft beispielsweise die Verwaltung der Künstlerverträge, den Einkauf von Musikrechten, die Aufnahme von Musikstücken sowie die Koordination von Marketingaktivitäten. Die Gründung des Joint Ventures war kein Entschluss, der nur die beteiligten Unternehmen betraf, sondern der durchaus Auswirkungen auf anderen Ebenen hatte. Auf dem weltweiten Musikmarkt führte der Zusammenschluss zu einer weiteren Konsolidierung. Inzwischen teilen nicht mehr fünf, sondern lediglich vier Unternehmen etwa drei Viertel des Marktes unter sich auf. Bei Sony BMG Music Entertainment erhofft man sich von dem Joint Venture Kosteneinsparungen von jährlich 250 bis 300 Mio. € in erster Linie durch positive Effekte bei internen Abläufen, im Marketing und im Vertrieb. Von den weltweit 9.000 Stellen soll etwa jede vierte abgebaut werden, was einen Verlust von

2

Nach der Genehmigung durch die europäischen und US-amerikanischen Kartellbehörden klagte der Verband unabhängiger Musiklabels, Impala, beim Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung. Im Juli 2006 gab dieser der Klage statt und erklärte die erteilte Genehmigung für nichtig. Als Grund dafür wurde eine unzureichende Begründung der Entscheidung durch die EU Kommission angegeben. Die Kommission musste den Antrag erneut prüfen. Für Sony BMG hatte das Urteil solange keine Konsequenzen, bis das Ergebnis dieser zweiten Prüfung vorlag.

Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures

213

etwa 2.250 Arbeitsplätzen weltweit bedingt. Der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann AG, Gunter Thielen, sprach von einem „Vereinigungsprozess, in dem sich schmerzhafte Einschnitte nicht überall vermeiden lassen“. Zunächst rechnete das neue Unternehmen mit Integrationskosten von knapp 400 Mio. € bis Ende 2005. Vor dem Joint Venture waren Sony Music Entertainment und BMG in vielen Ländern der Welt mit eigenen Gesellschaften – oftmals auch nur Vertriebsgesellschaften – präsent. Die Umsetzung der Integration der einzelnen Gesellschaften wird nun von Land zu Land unterschiedlich aussehen. In Deutschland beispielsweise wurde der Zusammenschluss von Sony Music Entertainment und BMG im April 2005 vollzogen. Bis dahin waren sowohl Sony Music Entertainment als auch BMG mit eigenen Standorten in Deutschland vertreten. Beschlossen wurde, dass die frühere BMG-Deutschlandzentrale in München der Hauptstandort der deutschen Ländergesellschaft sein sollte. Ferner wurde vereinbart, dass die verbleibende Verantwortlichkeit des Standorts Berlin – der vorherigen Deutschland-Zentrale von Sony – in der Förderung, der Entwicklung und der nationalen und internationalen Vermarktung deutscher Künstler liegen sollte. Im Oktober 2005 folgte dann die Entscheidung, den Berliner Standort weiter zu verkleinern. Die Abteilungen „International Marketing“ und „International Promotion“ wurden ebenfalls nach München verlagert. Die Verschmelzung der beiden Unternehmen brachte somit für den Ländermarkt Deutschland bedeutende Einschnitte mit sich. Eine konkrete Folge der Umstrukturierung ist, dass von den ursprünglich 225 Mitarbeitern, die Sony Music Entertainment in Berlin beschäftigte, Ende 2005 nur noch etwa 50 an diesem Standort arbeiteten. Einige Stellen wurden nach München verlagert, die restlichen vollständig gestrichen. Insgesamt gingen durch den Zusammenschluss etwa 150 der zuvor 470 Arbeitsplätze der beiden Unternehmen in Deutschland verloren. Vor allem viele Mitarbeiter der früheren Sony Music Entertainment Berlin mussten das Unternehmen verlassen. Andere erhielten intern ein neues Aufgabengebiet oder einen neuen Arbeitsplatz. Auszüge aus dem Sozialplan, mit dem Sony Deutschland versuchte, den von den Veränderungen direkt betroffenen Mitarbeitern entgegenzukommen, sind in Abbildung 2 wiedergegeben. Sozialplan Zwischen Sony Music Entertainment (Germany) GmbH (im folgenden Arbeitgeberin genannt), … und dem Betriebsrat, … I. Präambel Zum Ausgleich und zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern wegen der Verlagerung der überwiegenden Aufgaben von Berlin nach München im Zusammenhang mit dem Joint Venture zwischen der Bertelsmann AG und der Sony Corporation of America entstehen, haben die Betriebspartner folgenden Sozialplan vereinbart. II. Geltungsbereich 1. Die Regelungen dieses Sozialplans gelten, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, für alle Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, die am 1. November 2004 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin standen.

214

Sony BMG Music Entertainment

2. Der Sozialplan findet keine Anwendung auf: • • • •

Arbeitnehmer, denen aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird; Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis während der Probezeit endete; Arbeitnehmer, die leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG sind; befristet beschäftigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung endet.

III. Abfindungsregelungen 1. Abfindungsformel Arbeitnehmer, die aus betriebsbedingten Gründen (Arbeitgeberkündigung/Änderungskündigung, Eigenkündigung oder Aufhebungsvereinbarung) ihren Arbeitsplatz verlieren, erhalten eine Abfindung, die sich aus einem Sockelbetrag, einem Steigerungsbetrag und Zusatzbeträgen errechnet. Der Sockelbetrag pro Arbeitnehmer beträgt 3.000 EUR brutto. Der Steigerungsbetrag errechnet sich nach folgender Formel: Gesamtjahresbrutto x Beschäftigungsjahr x Altersfaktor 12 Der Altersfaktor beträgt: Bis Vollendung des 30. Lebensjahres 1,00 • ab dem 31. Lebensjahr 1,25 • ab dem 36. Lebensjahr 1,35 • ab dem 41. Lebensjahr 1,45 • ab dem 46. Lebensjahr 1,50 Als Ausgleich für die Minderung der Rentenansprüche werden zusätzlich folgende Beträge bezahlt: • ab dem vollendeten 59. Lebensjahr 7.000 EUR brutto • ab dem vollendeten 61. Lebensjahr 5.000 EUR brutto • ab dem vollendeten 63. Lebensjahr 3.000 EUR brutto Der maximale Abfindungsbetrag (Sockel und Steigerungsbetrag) beträgt 170.000 EUR brutto. … 6. Zusatzbeträge bei Unterhaltspflichten 6.1 Pro Unterhaltspflicht für ein Kind erhöht sich die Abfindung um einen Zusatzbetrag von 3.000 EUR brutto. Der Nachweis erfolgt in der Regel durch Vorlage der Steuerkarte, es ist aber auch ein anderer Nachweis möglich. Die Frist für den Nachweis beträgt eine Woche nach Bekanntgabe des Sozialplans gemäß Ziff. VIII. 3. 6.2 Alleinerziehende erhalten auf Nachweis (z.B. durch Steuerklasse II auf der Lohnsteuerkarte) einen Zusatzbetrag von insgesamt 4.000 EUR brutto, unabhängig von der Anzahl der Kinder. 6.3 Alleinverdiener innerhalb einer Ehe oder einer eheähnlichen Partnerschaft erhalten auf Nachweis einen Zusatzbetrag von 2.000 EUR brutto, unabhängig von der Anzahl der Kinder. 6.4 Arbeitnehmer können entweder den Anspruch nach Ziff. 6.2 oder 6.3 geltend machen. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zahlung der Zusatzbeträge sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung maßgebend. … IV. Sonstige Regelungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 1. Outplacement-Beratung 1.1 Gekündigte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Teilnahme an einer Outplacement-Maßnahme, um schnellstmöglich wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Der Anspruch setzt voraus, dass die Outplacement-Maßnahme während des bestehenden Arbeitsverhältnisses durchgeführt wird. Die Arbeitgeberin gewährleistet, dass die Outplacement-Maßnahmen am 01.04.2005 bzw. ab dem Lauf der individuell maßgeblichen Kündigungsfristen beginnen. 1.2 Für die Outplacement-Maßnahme beauftragt die Arbeitgeberin einen externen Anbieter. Die Dauer der Maßnahme beträgt maximal vier Monate und richtet sich nach der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist. Die Kosten für die Maßnahmen belaufen sich auf maximal 5.000 EUR pro Arbeitnehmer, wobei ein Zuschuss der Arbeitsagentur in Höhe von maximal 2.500 EUR enthalten ist.

Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures

215

1.3 Die Arbeitgeberin stellt die erforderlichen Anträge für die Bezuschussung bei der zuständigen Arbeitsagentur gem. § 216a SGB III. Der Betriebsrat wirkt bei der Antragstellung durch Abgabe seiner Stellungnahme zu der Maßnahme mit. 1.4 Bricht ein Arbeitnehmer, der eine Outplacement-Maßnahme begonnen hat, diese vorzeitig ab, hat er der Arbeitgeberin 20% der Maßnahmekosten zu erstatten, maximal 1.000 EUR. Die Arbeitgeberin ist berechtigt, den Erstattungsbetrag gegen andere Leistungen aus dem Sozialplan aufzurechnen. Vorstehende Regelung gilt nicht, wenn der Abbruch der Outplacement-Maßnahme wegen der unmittelbaren Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses erfolgt. 1.5 Der Arbeitnehmer trägt die Lohnsteuer für den geldwerten Vorteil der Outplacement-Maßnahme. 2. Vorzeitiges Ausscheiden Arbeitnehmer haben Anspruch darauf, ab Zugang der Kündigung unter Wahrung einer Ankündigungsfrist von einem Monat vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, soweit sie vorfristig ein neues Arbeitsverhältnis eingehen. In diesem Fall erhöht sich die Sozialplanabfindung um 50% der Bruttorestgehälter, die dem Arbeitnehmer bis zur fristgerechten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustünden. 3. Freistellung 3.1 Arbeitnehmer, deren Arbeitsaufgaben infolge der Betriebsänderung entfallen und die eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben, werden unter Fortzahlung der Vergütung und Anrechnung des ausstehenden Resturlaubs von der Arbeit freigestellt. Im Streitfall entscheidet die Einigungsstelle gemäß VIII, 2., Absatz 1, Satz 3. Für die Tätigkeit von Arbeitnehmern während der Integrationsphase gilt darüber hinaus die ergänzende Betriebsvereinbarung vom 12.02.2005. 3.2 Gekündigte Arbeitnehmer haben das Recht, bis zu sechs Monaten über das Ende der Kündigungsfrist hinaus, jedenfalls bis zum 31.12.2005, unter Anrechnung der für den Verlängerungszeitraum entstehenden Urlaubsansprüche weiterhin unter Fortzahlung der bisherigen Vergütung sowie Freistellung von der Arbeitsleistung das Arbeitsverhältnis zu verlängern. Es kann nur um volle Monate verlängert werden. Für jeden Monat der Verlängerung mindert sich die Gesamtabfindung um den Betrag, der dem monatlichen Bruttoentgelt entspricht, zzgl. des Arbeitgeberanteils der Sozialversicherungsbeiträge. Ein Anspruch auf Verlängerung ist längstens für einen Zeitraum möglich, der auf Grundlage dieser Anrechnung den Gesamtbetrag der Abfindung ausschöpft. Die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ist nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer mindestens zwei Wochen vor Ablauf seiner Kündigungsfrist die Verlängerung bei der Arbeitgeberin schriftlich beantragt. Es ist dann ein schriftlicher befristeter Arbeitsvertrag für die Dauer des gewünschten Verlängerungszeitraums abzuschließen, in dem unter Bezugnahme auf diese Regelung der Wunsch des Arbeitnehmers festgehalten wird. 4. Kosten für Bewerbung Von Arbeitsplatzverlust betroffene Arbeitnehmer erhalten von der Arbeitgeberin auf Nachweis die Kosten für Stellenanzeigen bis zu einem Höchstbetrag von 650 EUR brutto ersetzt. 5. Unterstützung von Bewerbungsaktivitäten Zur Erstellung von Bewerbungsunterlagen sind die Arbeitnehmer berechtigt, während der Arbeitszeit die unternehmenseigenen Informationstechniken (insbesondere PC/Telefon/Fax/Internet) auf Kosten der Arbeitgeberin zu nutzen. Es ist ein gesonderter Raum mit den genannten Kommunikationsmitteln einzurichten. Hinsichtlich der Freistellung für Bewerbungsaktivitäten gilt § 629 BGB. … 14. Reklamationsrecht/Rücktrittsrecht 14.1 Bei Annahme geänderter Arbeitsbedingungen aufgrund der in der Präambel genannten Betriebsänderung wird den Arbeitnehmern eine Anlern-, Einarbeitungs- und Eingewöhnungszeit von max. 6 Monaten ab der Arbeitsaufnahme zu geänderten Bedingungen gewährt. Während dieser Zeit können sie gegenüber der Arbeitgeberin geltend machen, dass ihnen die Weiterarbeit zu den geänderten Bedingungen nicht zumutbar ist. Unzumutbarkeit liegt vor, wenn die Anforderungen des angebotenen Arbeitsplatzes der Qualifikation und Wertigkeit der bisherigen Tätigkeit am Standort Berlin nicht entsprechen oder besondere persönliche Umstände vorliegen, die aus der Aufgabe des bisherigen Lebensmittelpunktes resultieren. Im Streitfall wird gem. VIII. 2. Abs. 2, Satz 3 entschieden. 14.2 Im Fall der Unzumutbarkeit ist der Arbeitnehmer in Berlin zu den Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen, die vor seinem Umzug an den neuen Beschäftigungsort bestanden. Ist eine Fortsetzung der Beschäftigung in Berlin zu diesen Bedingungen nicht möglich und kündigt die Arbeitgeberin daraufhin das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt bzw. wird ein Aufhebungsvertrag geschlossen, hat der betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf sämtliche Leistungen nach diesem Sozialplan. Die Arbeitgeberin übernimmt

216

Sony BMG Music Entertainment

dann die tatsächlichen Kosten für den Rückumzug nach Berlin maximal bis zur Höhe der nach Ziff. V.3.3 für den ersten Umzug an den anderen Beschäftigungsort übernommenen Umzugskosten. In einem solchen Fall ist die Arbeitgeberin berechtigt, sämtliche an den Arbeitnehmer erbrachten Leistungen wegen des Wechsels an den anderen Beschäftigungsort gegen die Leistungen nach diesem Sozialplan wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufzurechnen. Letzteres gilt auch bei der Eigenkündigung innerhalb von 6 Monaten nach Aufnahme der Arbeit zu geänderten Bedingungen. 15. Leistungen bei Änderung der Vergütung Nehmen Arbeitnehmer aus Anlass der Betriebsänderung ein Angebot zur Weiterarbeit bei der BMG Records GmbH zu einer geringeren Vergütung an, erhalten sie von der Arbeitgeberin für die Zeit von 3 Jahren die monatliche Brutto-Differenz zum jeweils aktuellen bisherigen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer. V. Leistungen bei Änderung des Arbeitsortes … VI. Wiedereinstellung/Rückkehr Vom Arbeitgeber gekündigte Arbeitnehmer sowie Arbeitnehmer, die aus betriebsbedingten Gründen einen anderen Arbeitsplatz im Konzernbereich angenommen haben, sollen bei der Besetzung freier Stellen im Zeitraum von 18 Monaten seit ihrem Ausscheiden gegenüber externen Bewerbern bei gleicher Eignung bevorzugt werden. Etwaige Qualifikationsminderungen durch zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit oder anderweitige Tätigkeit bleiben unberücksichtigt. VII. Information über freie Arbeitsplätze im Konzern Sämtliche von personellen Maßnahmen betroffene Arbeitnehmer sind für längstens zwei Jahre nach Bekanntgabe des Sozialplanes gemäß VIII. 3. auf ihren Wunsch über Stellenausschreibungen im Bertelsmann Konzern über den Betriebsrat in Berlin zu informieren. VIII. Schlussbestimmungen …

Abb. 2: Auszüge aus dem Sozialplan der Sony Corporation Quelle: Sony Music Entertainment (2005).

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220

Sony BMG Music Entertainment

Fragen und Aufgaben 1.

Im vorliegenden Fallbeispiel wird die Gründung eines Joint Ventures zwischen zwei Unternehmen der Musikbranche geschildert. a) Definieren Sie unabhängig vom Fallbeispiel bitte den Begriff „Joint Venture“ und erläutern Sie, welche verschiedenen Varianten von Joint Ventures Sie kennen. b) Beziehen Sie bitte anschließend das Joint Venture von Sony BMG Music Entertainment auf Ihre Definition und ordnen Sie das Joint Venture in die Klassifikation der verschiedenen Varianten von Joint Ventures ein.

2.

Im dargestellten Fallbeispiel wird die anhaltende Krise in der Musikindustrie als Anlass für die Gründung des Joint Ventures Sony BMG Music Entertainment genannt. a) Welche Motive für die Gründung eines Joint Ventures sind grundsätzlich denkbar? Welche Motive aus diesem „Motivkatalog“ sind auch im Falle von Sony BMG Music Entertainment relevant? b) Welche Vorteile kann ein Joint Venture grundsätzlich gegenüber anderen Marktbearbeitungsstrategien haben? Welche Argumente sprachen Ihrer Meinung nach aus Sicht der Bertelsmann AG und der Sony Corporation of America für die Alternative eines Joint Ventures und nicht für andere Strategiealternativen? c) Welche anderen Strategiealternativen werden im Text genannt, die die Unternehmen der Musikindustrie als Ausweg aus der Krise in Betracht zogen? Gehen Sie auf die Erfolgsaussichten ein, die aus Ihrer Sicht bei den verschiedenen Alternativen bestehen. d) Welche weiteren – nicht im Text des Fallbeispiels genannten – Reaktionen wären aus Ihrer Sicht möglich? Bewerten Sie bitte auch hier die wahrscheinlichen Erfolgsaussichten der verschiedenen Strategiealternativen.

3.

Das Dülfersche Schichtenmodell trifft Aussagen darüber, wie verschiedene Schichten der natürlichen und kulturellen Umwelt als Filter für Entscheidungen wirken können. a) Informieren Sie sich in der Literatur zum Internationalen Management über das Dülfersche Schichtenmodell und beschreiben Sie bitte, was Dülfer unter den verschiedenen natürlichen und kulturellen Umweltschichten versteht. b) Nehmen Sie an, wir schreiben das Jahr 2002. Versetzen Sie sich in die Lage der Top-Manager bei Bertelsmann, die eine Entscheidung über die Zukunft von BMG zu treffen hatten. Inwieweit könnten die verschiedenen Dülferschen Schichten als „Filter“ für diese Entscheidung wirksam geworden sein?

Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures 4.

221

Die Gründung des Joint Ventures Sony BMG Music Entertainment bringt gegenüber anderen strategischen Alternativen auch Nachteile und Probleme mit sich. a) Welche Nachteile und Probleme können sich durch die Wahl eines Joint Ventures als Marktbearbeitungsstrategie für Sony BMG Music Entertainment ergeben? Gehen Sie bitte zunächst auf die im Text genannten Auswirkungen ein und gliedern Sie Ihre Antwort nach verschiedenen Ebenen. b) Welche weiteren, nicht im Text genannten Nachteile und Probleme können Ihrer Meinung nach auftreten? Wie würden Sie als CEO von Sony BMG Music Entertainment bzw. als Geschäftsführer der deutschen Tochtergesellschaft versuchen, diese Nachteile und Probleme in Grenzen zu halten? Entwickeln Sie bitte einen Handlungsplan.

5.

Im Falle des Sony BMG Music Joint Ventures wurde entschieden, als Hauptsitz für das Gemeinschaftsunternehmen New York zu wählen. Das Joint Venture selbst unterliegt damit der US-amerikanischen Corporate Governance, während die beiden Muttergesellschaften im japanischen bzw. im deutschen Corporate-GovernanceKontext verwurzelt sind. a) Bitte verschaffen Sie sich zunächst – unabhängig vom Fallbeispiel – einen Überblick über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen USamerikanischer, japanischer und deutscher Corporate Governance. b) Welche Herausforderungen könnten sich für das Management des Joint Ventures aus der Tatsache ergeben, dass bei Sony BMG Music Entertainment verschiedene Corporate-Governance-Systeme zu vereinen sind? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Es wird zuweilen argumentiert, dass das US-amerikanische Corporate-Governance-Modell dem japanischen und dem deutschen Corporate-GovernanceModell überlegen sei. Welche Position vertreten Sie im Hinblick auf die Frage, ob es weltweit ein „überlegenes“ Corporate-Governance-Modell gibt?

6.

Joint Ventures werden – ebenso wie viele Akquisitionen oder Fusionen – oftmals aus der Perspektive des Gesamtunternehmens geschlossen. Die Auswirkungen von Joint Ventures zeigen sich dann in verschiedenen Ländern, Funktionen und Aufgaben. a) Joint Ventures ziehen Auswirkungen im Personalbereich nach sich. Welche Auswirkungen werden im Fallbeispiel genannt und wie wird darauf von Sony BMG Music Entertainment reagiert? Beziehen Sie in Ihre Antwort bitte auch Aspekte aus dem Sozialplan von Sony ein. b) Welche anderen Bereiche neben dem Personalbereich könnten Ihrer Meinung nach von Veränderungen betroffen sein? Identifizieren Sie bitte systematisch die Bereiche, beschreiben Sie die Veränderungen und machen Sie Vorschläge, wie das Management von Sony BMG Music Entertainment Ihrer Meinung nach mit

222

Sony BMG Music Entertainment diesen Veränderungen umgehen sollte. Hilfestellung: Sie können beispielsweise auf das 7-S-Konzept zurückgreifen (Peters, Thomas J./Waterman, Robert J. (1982): In Search of Excellence. Lessons from America's Best-Run Companies. Harper & Row, New York u.a., 1982, v.a. S. 9-11), um Ihre Antwort zu strukturieren.

7.

Versetzen Sie sich bitte in die Rolle eines Team-Assistenten in der Abteilung „International Promotions“ in Berlin. Sie sind gebürtiger Berliner, 38 Jahre alt, seit vier Jahren bei Sony (jetzt Sony BMG) tätig, verdienen monatlich 3.450 € brutto und erhalten 13 Monatsgehälter. Seit zwölf Jahren sind Sie verheiratet und haben zwei Töchter im Alter von zehn und sieben Jahren. Ihre Frau arbeitet halbtags als Verkäuferin im Berliner Kaufhaus „KaDeWe“. Sie leben zur Miete in einer preisgünstigen Wohnung im Berliner Stadtteil Moabit. Sie erfahren im Herbst 2005, dass Ihre Abteilung von Berlin nach München umziehen soll. a) Nehmen Sie an, Ihr Arbeitgeber bietet Ihnen an, in Zukunft am neuen Standort in München Ihrer Arbeit nachzugehen. Welche Kriterien sind für Ihre Entscheidung relevant, ob München für Sie „in Frage kommt“? b) Nehmen Sie an, Ihr Arbeitgeber spricht eine betriebsbedingte Kündigung aus. Welche Abfindung steht Ihnen laut Sozialplan zu? c) Nehmen Sie an, Sie diskutieren in Ihrem Freundeskreis die Auswirkungen der Globalisierung. Wie beurteilen Sie persönlich in der Position des Team-Assistenten die Globalisierung? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

8.

Stellen Sie sich vor, Sie wären im Jahr 2004 Analyst bei einer Investmentbank und müssten eine Aussage abgeben, welches Erfolgspotential Sie den Wettbewerbern Sony BMG Music Entertainment, Universal, EMI und Warner zutrauen. a) Wie sähe Ihre Einschätzung aus, wenn Sie keine weiteren Informationen hätten als die im Fallbeispiel gelieferten Informationen? b) Welche weiteren, nicht im Fallbeispiel gelieferten Informationen brauchten Sie, um ein noch fundierteres Urteil abgeben zu können? c) Wie würden Sie sich die entsprechenden Informationen beschaffen? Entwickeln Sie bitte Vorschläge zur Informationsbeschaffung.

9.

Im Text des Fallbeispiels wird suggeriert, dass das Joint Venture Sony BMG Music Entertainment – zumindest aus der Sicht von Bertelsmann – nur temporären Charakter haben und keine langfristige Lösung sein könnte. Nehmen Sie bitte zu der zuweilen artikulierten These Stellung, dass grenzüberschreitende Joint Ventures in vielen Fällen nur eine „Second-Best-Lösung“ gegenüber anderen Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien darstellen. Der folgende Artikel könnte Ihnen Inspirationen zur Beantwortung der Aufgabe geben:

Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures

223

Makino, Shige/Chan, Christine M./Isobe, Takehiko/Beamish, Paul W. (2007): Intended and Unintended Termination of International Joint Ventures. In: Strategic Management Journal, 28. Jg., Nr. 11, 2007, S. 1113-1132.

10. Wie im Text des Fallbeispiels angesprochen, handelt es sich bei der internationalen Musikindustrie um ein Oligopol, bei dem lange Zeit vier Unternehmen etwa drei Viertel des Marktes unter sich aufteilen. a) Bitte stellen Sie aus mikroökonomischer Sicht und unabhängig vom vorliegenden Fallbeispiel die Marktformen Monopol, Oligopol und Polypol anhand relevanter Kriterien gegenüber. Erläutern Sie anschließend – sowohl aus der Sicht der Anbieter als auch aus der Perspektive der Nachfrager –, welche Vorteile und welche Nachteile ein Oligopol gegenüber den anderen Marktformen aufweist. b) Welche konkreten Vorteile und Nachteile birgt das Oligopol in der internationalen Musikindustrie für die dort agierenden Marktteilnehmer? Bitte erläutern Sie Ihre Antwort ausführlich. c) Könnte die Tatsache, dass es sich bei der internationalen Musikindustrie um ein Oligopol handelt, Einfluss auf die Art der Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie gehabt haben, auf die sich Bertelsmann und Sony im Jahr 2003 verständigten? Bitte erläutern Sie Ihre Auffassung. d) Die Ausführungen im Fallbeispiel haben gezeigt, dass das Joint Venture Sony BMG anfangs mit kartellrechtlichen Hürden zu kämpfen hatte. Bitte lesen Sie hierzu auch den folgenden Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 2004: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.06.2004: „EU ebnet Weg für größten Musikkonzern“, S. 9. „Die EU-Wettbewerbsbehörde macht voraussichtlich den Weg für den größten Musikkonzern der Welt frei. Wie bereits in Teilen der Auflage vom Freitag berichtet, wird die Europäische Kommission wohl den geplanten Zusammenschluss der Musiksparten des japanischen Sonyund des deutschen Bertelsmann-Konzerns ohne Auflagen genehmigen. Der Ausgang des monatelangen Pokers in Brüssel galt bis zuletzt als offen. Mittlerweile haben sich jedoch offenbar die wettbewerbsrechtlichen Verdachtsmomente der EU-Marktaufseher als zu schwach erwiesen. Eine offizielle Mitteilung der EU gibt es bislang nicht. Der Verband der kleineren Musikunternehmen Impala, der sich vehement für ein Fusionsverbot einsetzt, bezeichnete die sich abzeichnende Entscheidung Montis am Freitag als „skandalös“. Eine Impala-Sprecherin sagte, der Verband prüfe im Falle der Genehmigung eine Klage beim Europäischen Gerichtshof. Der neue Branchenprimus mit dem Namen Sony-BMG benötigt auch noch die Zustimmung der Kartellbehörden in den Vereinigten Staaten. Der im vergangenen Herbst vereinbarte Zusammenschluss der Bertelsmann Music Group (BMG) und Sony Music wäre der erste große Zusammenschluss in der Musikindustrie seit Ende der neunziger Jahre. In den vergangenen Jahren sind mehrere Fusionen großer Plattenfirmen am Widerstand der Wettbewerbsaufseher gescheitert. Das Gemeinschaftsunternehmen würde ein Viertel des weltweiten Geschäfts mit Musik-CDs kontrollieren. Die beiden Partner haben Weltstars wie Britney Spears, Michael Jackson und Justin Timberlake unter Vertrag. Die Brüsseler Wettbewerbshüter hatten zunächst ins Feld geführt, dass die fusionierte SonyBMG wegen ihrer Marktmacht dem Handel Preise und Konditionen diktieren könnte. Zudem bestünde die Gefahr von Preisabsprachen zwischen den dann noch vier großen Anbietern – neben Sony-BMG sind dies Universal Music, Warner Music und EMI. Solche Absprachen könnten sich zu Lasten der Verbraucher auswirken. Offenbar ist die Kommission jetzt aber zu

224

Sony BMG Music Entertainment dem Ergebnis gelangt, dass sie weder die Gefahr von Preisabsprachen infolge der Fusion noch direkte Auswirkungen auf die Verbraucher gerichtsfest nachweisen könnte. Impala argumentierte, dass eine weitere Konzentration auf dem Markt Innovationen erschwere und die kulturelle Vielfalt schädige, für welche die unabhängigen Produzenten stünden. Diese Befürchtungen dürften sich indes wettbewerbsrechtlich schwer greifen lassen. Bertelsmann und Sony argumentieren, der Schulterschluss sei angesichts der weltweiten Krise des Musikgeschäfts notwendig. Die Plattenindustrie hat in den vergangenen Jahren hohe Umsatzverluste erlitten. Die großen Unternehmen haben mittlerweile Tausende von Stellen gestrichen, zahlreiche Musiker verloren ihre Plattenverträge. Während sich die Krise im deutschen Markt 2003 weiter verschärft hat, zeichnet sich in anderen wichtigen Märkten wie den Vereinigten Staaten und Großbritannien mittlerweile eine Erholung ab.“

Quelle: o.V. (2004): „EU ebnet Weg für größten Musikkonzern“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.06.2004, S. 9. Bitte fassen Sie zusammen, welche Argumente die unterschiedlichen Parteien für und gegen das Joint Venture aufführen. Geben Sie anschließend Ihre persönliche, begründete Einschätzung ab, ob die Gründung von Sony BMG aus Sicht der Nachfrager eher von Vorteil oder von Nachteil war. 11. Während das Unternehmen Bertelsmann trotz aller Schwierigkeiten zunächst weiterhin an seinem 50%-igen Anteil an Sony BMG festhielt (und diesen erst 2008 an Sony abtrat), wurde im September 2006 der als äußerst profitabel geltende Musikverlag BMG Music Publishing an den Konkurrenten Vivendi verkauft. a) Wie erklären Sie sich diese Entscheidung von Bertelsmann? Bitte berücksichtigen Sie bei Ihrer Einschätzung die Situation des Gesamtunternehmens im September 2006. b) Informieren Sie sich bitte über die Musikbranche. Womit hängt es zusammen, dass Musikverlage in der Regel stabile Gewinne erzielen, während das Tonträgergeschäft in den letzten Jahren große Probleme hatte? c) Bertelsmann hat im Laufe der Zeit wieder eine „strategische Kehrtwende vollzogen“. Im Jahr 2010 wurden über das von Bertelsmann und dem Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) betriebene Gemeinschaftsunternehmen BMG Rights Management beispielsweise der britische Musikverlag Chrysalis und der US-amerikanische Musikverlag Evergreen Copyrights oder im Jahr 2012 der US-amerikanische Musikverlag R2M akquiriert. Beim Bietergefecht um EMI Publishing ging BMG Rights Management zwar leer aus, beteuert jedoch, weiterhin am Wachstum im Musikverlagsgeschäft festhalten zu wollen. Wie erklären Sie sich diese „strategische Kehrtwende“?

Globale Ursachen, aber nicht nur globale Auswirkungen eines Joint Ventures

225

12. Im August 2008 haben Bertelsmann und Sony bekannt gegeben, dass sie das Joint Venture auflösen. Dabei wurde beschlossen, dass Sony die Anteile von Bertelsmann vollständig übernimmt. Seit diesem Zeitpunkt firmiert das Unternehmen unter dem Namen Sony Music Entertainment Inc.; es stellt nun eine 100%-ige Tochtergesellschaft der japanischen Sony Corporation dar. a) Bitte denken Sie über die Gründe und Motive nach, die Bertelsmann gehabt hatte, als sich das Unternehmen zu diesem Schritt entschloss. Versuchen Sie diese Gründe und Motive systematisch aufzuzeigen. b) Was könnte die japanische Sony Corporation Ihrer Meinung nach veranlasst haben, die Anteile von Bertelsmann zu übernehmen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Die Sony Corporation hat im Jahr 2012 einen Rekordverlust von etwa 5 Mrd. € verkündet. Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, um die in den Medien genannten Gründe für diesen Rekordverlust auszumachen. Gehen Sie abschließend auch darauf ein, inwiefern Sony Music Entertainment den Verlust der Sony Corporation beeinflusst. d) Trotz aller Probleme gilt Sony offenbar immer noch als Marke, die eine hohe Wertschätzung genießt. Sie finden dazu folgenden Ausschnitt aus der Financial Times Deutschland, der Ergebnisse einer Befragung des „Reputation Institute“ wiedergibt: Financial Times Deutschland, 06.06.2012: „BMW löst Google als beliebtestes Unternehmen der Welt ab“, S. 5. „… Überraschend stabil zeigt sich Sony: Der japanische Elektronikkonzern ist trotz des Hackerskandals, bei dem im vergangenen Jahr die Daten von Millionen von Playstation-Nutzern geklaut wurden, von Platz sechs auf Platz zwei vorgerückt. Viele Verbraucher hätten die Panne offenbar vergeben, sagte Zeitzen. „Die generell intakte Reputation von Sony hat hier als Schutzschild gewirkt, die Reputationswerte sind wieder da, wo sie vor dem Skandal waren.“…“ Markenranking des Reputation Institute

1

(4)

Veränderung zum Vorjahr Ò

BMW

80,08

2

(6)

Ò

Sony

79,31

3

(3)

Î

Disney

78,92

4

(7)

Ò

Daimler

78,54

5

(2)

Ô

Apple

78,49

6

(1)

Ô

Google

78,05

7

(11)

Ò

Microsoft

77,98

8

(10)

Ò

Volkswagen

77,04

9

(8)

Ô

Canon

76,98

10

(5)

Ô

Lego

76,35

11

(n.v.)

-

Adidas

76,00

12

(16)

Ò

Nestlé

75,88

Rang 2012 (2011)

Unternehmen

Punkte 2012

(1)

226

Sony BMG Music Entertainment 13

(26)

Ò

Colgate-Palmolive

75,75

14

(13)

Ô

Panasonic

75,71

15

(12)

Ô

Nike

75,43

(1) ab 80 Punkten Bewertung: „exzellent“

Quelle: Brunner, Alian (2012): BMW löst Google als beliebtestes Unternehmen der Welt ab. In: Financial Times Deutschland, 06.06.2012, S. 5. Bitte informieren Sie sich zunächst über das Imageranking des „Reputation Institute“ und beurteilen Sie dessen generelle Aussagekraft. Überlegen Sie anschließend, ob sich das Image von Sony auch oder sogar besonders auf die Musiksparte von Sony bezieht und welche Unterschiede es bei der Reputation zwischen einzelnen Ländern, in denen Sony aktiv ist, geben könnte. 13. EMI, ein Wettbewerber von Sony Music Entertainment, hatte in den letzten Jahren eine schwierige Entwicklung durchlaufen, bis das Unternehmen dann zerschlagen wurde. Bitte zeichnen Sie die Entwicklung von EMI in den Jahren 2004 bis 2012 nach, indem Sie unter anderem auf strategische und finanzielle Entwicklungen von EMI im Zeitablauf eingehen. (Wie) hätte EMI Ihrer Meinung nach die Zerschlagung vermeiden können? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

Zara Globale Mode zu lokalen Preisen

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Katharina Hefter

Stefan Schmid und Katharina Hefter Zara: Globale Mode zu lokalen Preisen

Die spanische Unternehmensgruppe Inditex expandiert mit ihrer Modekette Zara in zahlreiche Länder. Den Kunden bietet Zara Mode in einem angemessenen PreisLeistungs-Verhältnis. Dabei passt Zara Kleidung und Accessoires in der Regel nicht an die nationalen Gegebenheiten an, sondern verkauft weltweit dieselbe „global fashion“. Auch bei der Distribution und Kommunikation setzt Zara auf Standardisierung. Mit Rücksicht auf differierende Marktgegebenheiten variiert Zara jedoch von Land zu Land die Preise der Kleidung und Accessoires und richtet sich damit an unterschiedliche Kundengruppen. Ergänzt wird das Angebot mittlerweile auch durch weitere Modeketten von Inditex, die ebenfalls international expandieren. Wie Zara im Rahmen der internationalen Marketingstrategien zwischen Standardisierung und Differenzierung entscheidet, wird in diesem Fallbeispiel beschrieben. Dabei wird deutlich, dass die internationalen Marketingstrategien die Charakteristika des Geschäftsmodells berücksichtigen und dazu beitragen, die Wettbewerbsvorteile von Zara auszuspielen. Das vorliegende Fallbeispiel wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu diesem Fallbeispiel wurden im Januar 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

230

Zara

Die Modekette Zara, die im Jahr 2005 mit 779 Filialen1 in 56 Ländern rund um den Globus vertreten war, entwirft, produziert und verkauft aktuelle Mode für trendbewusste Frauen und Männer. Im Sortiment findet sich ebenso Mode für Kinder. Dabei wird grundsätzlich die Strategie verfolgt, das mittlere Qualitäts- und Preissegment anzuvisieren. Zu den größten Wettbewerbern von Zara zählen H&M (Hennes & Mauritz) aus Schweden, GAP aus den Vereinigten Staaten, Esprit mit Börsennotierung in Hong Kong (aber aus Deutschland heraus geführt) sowie Benetton aus Italien. Im Jahr 2004 erzielte Zara einen Umsatz in Höhe von 3.820 Mio. €, wovon 65,8% im Ausland erwirtschaftet wurden. Wie in Abbildung 1 deutlich wird, ist die Modekette mit einem Umsatzanteil von etwa 68% der Kernbereich der börsennotierten spanischen Unternehmensgruppe Inditex (Industria de Diseño Textil). Neben Zara gehören auch die Modeketten (sog. „Formate“) Bershka, Massimo Dutti, Pull & Bear, Stradivarius, Kiddy’s Class und Oysho zu Inditex.2

Umsatz 2004 nach Formaten Oysho (1,3%) Kiddy‘s Class (2,1%)

100%

Stradivarius Pull and Bear

4,3% 6,7%

Massimo Dutti

8,5%

Bershka

9,2%

Zara

Umsatz 2004 nach Regionen 100% Restliche Welt

6,8%

Amerika

10,5%

Europa ohne Spanien

37,3%

Spanien

45,4%

67,9%

Abb. 1: Der Umsatz von Inditex nach Formaten und Regionen Quelle: Daten aus Inditex (2005c), S. 8-14.

1

2

Im Rahmen dieser Fallstudie wird der Begriff „Filiale“ für alle Modegeschäfte von Zara verwendet – unabhängig von der Eigentums- und Kontrollstruktur. Unter der Marke „Zara Home“, die in diesem Fallbeispiel nicht berücksichtigt wird, werden darüber hinaus Einrichtungsgegenstände und Wohnaccessoires in eigenen Filialen verkauft.

Globale Mode zu lokalen Preisen

231

Zara bietet seinen Kunden ein weltweit einheitliches Sortiment an Kleidung und Accessoires. Etwa 85-90% des Produktangebotes in jeder Filiale von Zara sind über die Grenzen hinweg identisch. Nur ungefähr 10-15% des Sortiments unterscheiden sich von Land zu Land. Selbst diese Artikel werden nicht speziell auf einzelne Länder zugeschnitten, sondern können von den einzelnen Filialen aus einer erweiterten globalen Produktpalette ausgewählt werden. Über die endgültige Warenzuteilung wird unter Berücksichtigung der lokalen Verkaufs- und Produktinformationen in der Zentrale entschieden. Zara entwirft und produziert kein Produkt für die speziellen Bedürfnisse nur eines Marktes. Stattdessen setzt Zara auf Kleidung und Accessoires, die sich – eventuell mit klimatisch bedingtem zeitlichem Abstand – in allen Filialen weltweit verkaufen lassen. Der Vertrieb von Zara erfolgt über Filialen, die in erstklassiger Lage in mittelgroßen und großen Städten zu finden sind. Neue Produkte werden zweimal wöchentlich an alle Filialen weltweit ausgeliefert. Täglich werden von dort die Verkaufszahlen über ein einheitliches IT-System an die Zentrale im spanischen La Coruña gemeldet. Auf die Kundenwünsche wird in unternehmenseigenen Fabriken in Spanien und Portugal mit entsprechenden Produktnachbesserungen bzw. der Herstellung erhöhter Stückzahlen reagiert. Die permanenten Anpassungen ermöglicht ein gemeinsam mit Toyota entwickeltes System der Just-in-Time-Produktion. Es beschränkt die Zeit vom Entwurf bis zur Auslieferung auf zwei Wochen. Auf diese Weise stellt Zara kurzfristig ca. 50% des Gesamtsortiments selbst her, wobei Näharbeiten an 400 kleine Unternehmen in der Nähe der Fabriken ausgelagert werden. Weniger modische und somit selten von Trendwechseln betroffene Artikel werden bei Zulieferern in Europa (etwa 35% des Gesamtsortiments) und Asien (etwa 15% des Gesamtsortiments) zugekauft. Entscheidend ist damit für Zara ein ausgefeiltes Warenwirtschafts- und Distributionssystem. Dieses ist von so zentraler Bedeutung, dass Zara vereinzelt nicht als Modeunternehmen, sondern als Logistikunternehmen bezeichnet wird. Zaras Kunden werden über einen einzigen Vertriebsweg bedient – das weltweite Filialnetz. In Bezug auf die Eigentums- und Kontrollverhältnisse gibt es jedoch Unterschiede zwischen den Ländern. Obwohl Zara den Großteil der Filialen in Eigenregie betreibt (insgesamt 81% der Filialen), werden in manchen Ländern andere Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen gewählt. So werden rund 10% der Zara-Filialen von Franchisenehmern unterhalten: Dies gilt vor allem für kleinere, aber durchaus als „schwierig“ eingestufte Märkte, wie etwa Andorra, Bahrain, Island, Israel, Katar, Kuwait, Dubai, Saudi-Arabien, Libanon, Polen und Zypern. In anderen Märkten baut Zara seine Filialen gemeinsam mit Joint-Venture-Partnern auf und aus. So ging Zara in Deutschland ein Joint Venture mit der Otto-Gruppe und in Italien mit der Percassi-Gruppe ein. In Japan gründeten Bigi und Zara ein Joint Venture. Insgesamt machen die gemeinsam unter der Regie von Joint Ventures aufgebauten Filialen 9% der weltweit existierenden ZaraFilialen aus.

232

Zara

Die spanische Modekette verzichtet auf Werbung in Printmedien, Fernsehen oder Radio; stattdessen setzt Zara stark auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Filialen sind somit nicht nur Verkaufspunkte, sondern gleichzeitig das wichtigste Marketinginstrument von Zara. Deshalb wählt Zara seine Standorte gezielt aus. Sie müssen in Straßen mit einem hohen Publikumsverkehr liegen, die in den jeweiligen Städten als Prachtstraßen oder als gehobene Einkaufsmeilen bekannt sind. Dort dient dann jedes Schaufenster mit dem Unternehmenslogo in Großbuchstaben als Werbeplakat für die Modekette. Auch die Verkaufsflächen werden weltweit einheitlich gestaltet und sollen Kunden aufgrund ihrer Helligkeit und modernen Ausstattung anziehen. Darüber hinaus sorgen ein über die hohe Umschlagshäufigkeit der Produkte erzeugtes Gefühl der Knappheit sowie die auf rasche Trendwechsel hindeutende Präsentation der Produkte für eine im Vergleich zu Konkurrenten starke Frequentierung der Zara-Filialen. Trotz globaler Produktpalette, standardisiertem Vertriebsweg und einheitlicher Werbestrategie berücksichtigt Zara die lokalen Marktgegebenheiten. In den Ländermärkten konkurriert Zara mit unterschiedlichen Wettbewerbern. Diese sind ausschlaggebend für die Preisfestsetzung bei Zara. Die spanische Unternehmensgruppe ermittelt eine ideale Preisobergrenze für jedes Produkt, die bei dem Preis liegt, den Wettbewerber für ein vergleichbares Produkt verlangen. Die Herstellkosten zuzüglich Transport- und Logistikkosten bilden die Preisuntergrenze. Unter Berücksichtigung lokaler Marktbedingungen und der geographischen Distanz zu Spanien ergeben sich international Aufschläge von bis zu 150% auf den Preis im Heimatmarkt. Diese Preisdifferenzierung findet bei sämtlichen Zara-Produkten statt und wird anhand eines Beispiels in Abbildung 2 verdeutlicht. Die Preiskalkulation für den Heimatmarkt folgt derselben Logik: Nicht die entstandenen Kosten zuzüglich Gewinnmarge, sondern der maximal erzielbare Preis sind entscheidend. Der potentielle Marktpreis abzüglich Gewinnmarge zeigt Zara, welche maximalen Herstellkosten denkbar sind, und determiniert damit letzlich die Beschaffungs- und Produktionsabläufe. Bedingt durch die Preisfestsetzung in den einzelnen Ländern richtet sich Zara durchaus an unterschiedliche Kundengruppen. Sie differieren hinsichtlich ihres Modebewusstseins und ihrer Zahlungsbereitschaft für die schnelllebigen Artikel von Zara. Im Heimatmarkt können sich 80% der Bevölkerung Zara-Produkte leisten. Davon spricht Zara Frauen, Männer und Kinder im Alter zwischen 0 bis 45 Jahren an, die ein ausgeprägtes Modebewusstsein haben. Jenseits des Atlantiks ergibt sich dagegen ein anderes Bild: In den USA findet eine Verschiebung bezüglich der Altersgruppe und des Modegeschmacks der Kunden statt. Hier zielt Zara primär auf Karrierefrauen im Alter zwischen 25 und 40 Jahren ab. Sie sind weniger modebewusst als die spanischen Kunden und bereit, einen vergleichsweise hohen Preis für die Zara-Produkte zu bezahlen. In Mexiko, wo das ProKopf-Einkommen geringer ist als in Spanien, findet sich Zara’s Zielgruppe in den mittleren und oberen Einkommensschichten. Somit verkauft Zara zwar „global fashion“, von einem weltweit einheitlichen Kundengeschmack und Kaufverhalten kann jedoch nicht die Rede sein.

Globale Mode zu lokalen Preisen

Land

233

Preis vor Euroeinführung

Preis in Euro

Vergleich zu Heimatmarkt

Spanien

995,00 Pts

Portugal

1.290,00 ESC

6,43 €

108%

89,00 N$

6,89 €

115%

Deutschland

15,00 DM

7,67 €

128%

Österreich

109,00 AT

7,92 €

132%

5.250.000,00 TL

8,05 €

135%

Mexiko

Türkei Frankreich

5,98 €

(100%)

55,00 FF

8,38 €

140%

Niederlande

19,00 NLG

8,62 €

144%

Belgien

355,00 BF

8,80 €

147% 148%

Saudi-Arabien

35,00 SR

8,85 €

Polen

35,00 PLN

9,11 €

152%

Dänemark

69,00 DKK

9,29 €

155%

Großbritannien Kanada USA Japan

6,00 ǧ

10,31 €

172%

14,00 CAN$

11,02 €

184%

11,00 US$

13,05 €

218%

1.400,00 Yen

15,28 €

256%

Abb. 2: Preisangaben auf einem exemplarischen Etikett eines Zara-T-Shirts aus dem Jahr 20003 Quelle: in Anlehnung an Fraiman u.a. (2002), S. 13, und Ghemawat/Nueno (2003), S. 32, eigene Erhebung. Das Angebot von Zara wird in zahlreichen Ländern durch die weiteren Modeketten der Unternehmensgruppe Inditex ergänzt; diese Modeketten werden in Abbildung 3 vorgestellt. Im Preissegment unterhalb Zaras positioniert, möchte die Kette Bershka weibliche Teenager mit preisgünstiger Mode und die Kette Pull & Bear junge Frauen und Männer zwischen 14 und 28 Jahren für modische Kleidung begeistern. Im Preissegment etwas höher angesiedelt und damit vergleichbar zu Zara ist das Angebot von Stradivarius. Mit modischer Kleidung und Accessoires bedient Stradivarius dabei speziell 15- bis 25-jährige Kunden. Im Preissegment oberhalb Zaras ist die Modekette Massimo Dutti zu finden, die Frauen und Männer im Alter zwischen 25 und 45 Jahren mit anspruchsvoller bis sportlicher Mode überzeugen möchte.

3

Mit der Euroeinführung wurden die Etiketten mit den Preisangaben für mehrere Länder durch landesspezifische Etiketten ersetzt. Auf diesen ist nur noch der landesspezifische Preis angegeben. An der Preisdifferenzierung hält Zara fest; für den Kunden ist sie heute jedoch weniger transparent.

234

Zara

Konzept

Anzahl der Filialen

Produkte

Primäre Zielgruppe

Preissegment

Mode-Level

Bershka

302 in 14 Ländern

Trendmode

Junge Frauen zw. 13 und 23

niedrig

hoch

Massimo Dutti

327 in 25 Ländern

Anspruchsvolle bis sportliche Mode und Accessoires

Männer und Frauen zw. 25 und 45

hoch

gering bis mittel

Pull & Bear

371 in 19 Ländern

Freizeitmode

Männer und Frauen zw. 14 und 28

niedrig

mittel

Stradivarius

227 in 9 Ländern

Jugendliche Kleidung und Accessoires

Frauen zw. 15 und 27

niedrig bis mittel

mittel bis hoch

Kiddy’s Class

129 in 2 Ländern

Preiswerte Kleidung

Kinder

mittel

mittel

Oysho

104 in 10 Ländern

Modische Wäsche

Frauen zw. 15 und 27

niedrig

mittel bis hoch

Abb. 3: Formate der Inditex-Gruppe Quelle: Informationen aus Fraiman u.a. (2002), S. 11, und Mazaira/González/Avendaño (2003), S. 222.

Globale Mode zu lokalen Preisen

235

Quellen Blanco, Xabier R./Salgado, Jesús (2005): De cero a Zara. El primer libro de investigación sobre el imperio Inditex. 5. Aufl., Esfera de los Libros, Madrid, 2005. Bonache, Jaime/Cerviño, Julio (1996): Caso Zara: El Tejido Internacional. In: Herrera, Juan José Durán (1996, Hrsg.): Multinacionales Españolas 1: Algunos Casos Relevantes. Pirámide, Madrid, 1996, S. 52-78. Echikson, William (2000): The Mark of Zara. The Chain’s Prices – and Two-Week Leap from Runway to Stores – Are Winning Fans as It Expands in the U.S. In: BusinessWeek, o. Jg., Nr. 3683, 2000, S. 98. Ferdows, Kasra/Lewis, Michael/Machuca, José A.D. (2003): Zara – Case Study. In: Supply Chain Forum – An International Journal, 4. Jg., Nr. 2, 2003, S. 62-67. Ferdows, Kasra/Lewis, Michael/Machuca, José A.D. (2004): Rapid-Fire Fulfillment. In: Harvard Business Review, 82. Jg., November, 2004, S. 104-110. Ferdows, Kasra/Lewis, Michael/Machuca, José A.D. (2005): Über Nacht zum Kunden. In: Harvard Business Manager, 27. Jg., Nr. 2, 2005, S. 80-89. Flavián Blanco, Carlos/Polo Redondo, Yolanda (2000): Inditex (1994-1999). In: Munuera Alemán, José Luis/Rodríguez Escudero, Ana Isabel (2000, Hrsg.): Estrategias de Marketing para un Crecimiento Rentable. Casos Prácticos. ESIC, Madrid, 2000, S. 133-161. Fraiman, Nelson/Singh, Medini/Arrington, Linda/Paris, Carolyn (2002): Zara. Columbia Business School, New York, 2002. Ghemawat, Pankaj/Nueno, José Luis (2003): Zara: Fast Fashion. Harvard Business School, Boston, 2003. Gorgs, Claus/Müller, Stefanie (2000): Spanischer Eroberer. In: Wirtschaftswoche, 54. Jg., Nr. 43, 2000, S. 175-176. Howard, Elizabeth (2000): Global Ambitions of Zara. In: European Retail Digest, o. Jg., Nr. 25, 2000, S. 24-25. Inditex (2005a): Who We Are. Our Group. Internetseiten von Inditex, 2005. URL: http://www.inditex.com/ en/who_we_are/our_group (Stand 07.06.2005). Inditex (2005b): Who We Are. Concepts. Zara. Internetseiten von Inditex, 2005. URL: http://www.inditex. com/en/who_we_are/concepts/zara (Stand 07.06.2005). Inditex (2005c): Press Room. Press Kit. Internetseiten von Inditex, 2005. URL: http://www.inditex.com/ en/press/information/press_kit (Stand 07.06.2005). Inditex (2005d): Annual Report 2004. La Coruña, 2005. Inditex (2005e): Consolidated Results for Fiscal Year 2004. Internetseiten von Inditex, 2005. URL: http://www.inditex.com/en/shareholders_and_investors/investor_relations/quarterly_results (Stand 12.09.2005). Kent, Claire A./Deex, Mandy/Finkenauer, Elke/Whittaker, Rachel (2004): Inditex. Good Value, but Please Focus. Morgan Stanley, New York u.a., 2004. Kliger, Michael/Südmeyer, Vera (2004): Kundenorientierung – die große Chance des Einzelhandels. Internetseiten von McKinsey, 2004. URL: http://www.mckinsey.de/_downloads/kompetenz/cig/ Handel/2004/a_32_Kundenorientierung_Einzelhandel.pdf (Stand 11.08.2005). Mazaira, Andrés/González, E./Avendaño, Ruth (2003): The Role of Market Orientation on Company Performance through the Development of Sustainable Competitive Advantage: The Inditex-Zara Case. In: Marketing Intelligence & Planning, 21. Jg., Nr. 4/5, 2003, S. 220-229. Müller, Jürgen (2004): „Wir sind niemals zufrieden!”. Inditex-CEO José Maria Castellano über das Erfolgsgeheimnis von ZARA, seine weltweite Expansionsstrategie und die Pläne für Deutschland. In: TextilWirtschaft, 58. Jg., Nr. 25, 2004, S. 20-24.

236

Zara

Müller, Stefanie (2005): Inditex will mit Modekette Zara Wettbewerber H&M überholen. In: Handelsblatt, 12.04.2005, S. 15. o.V. (2003): Zara Creates Ready to Wear Business. Leading Fashion Label Designs Its Whole Operation to Fit the Customer. In: Strategic Direction, 19. Jg., Nr. 11, 2003, S. 24-26.

Globale Mode zu lokalen Preisen

237

Fragen und Aufgaben 1.

Im Fallbeispiel wird die von Zara verfolgte internationale Marketingpolitik deutlich. a) Stellen Sie bitte den von Zara gewählten Standardisierungs- bzw. Differenzierungsgrad in den Bereichen der Produkt-, Kommunikations-, Distributions- und Preispolitik überblicksartig dar. b) Welche Vor- und Nachteile bringen die Standardisierung bzw. Differenzierung innerhalb der vier Dimensionen der Marketingpolitik (Marketing-Mix) von Zara Ihrer Meinung nach mit sich?

2.

Zara kämpft im Markt gegen Wettbewerber wie Hennes & Mauritz, GAP, Esprit und Benetton. Besorgen Sie sich bitte selbst Informationen über Zara, welche den Zeitraum bis 2012 betreffen, und beschaffen Sie auch aktuelle Informationen über die Konkurrenten von Zara. Beantworten Sie dann folgende Fragen: a) Vergleichen Sie bitte die Wettbewerber hinsichtlich geeigneter Bestandsgrößen (z.B. Investitionen, Anzahl der Filialen) und Bewegungsgrößen (wie Umsatz und Gewinn). Versuchen Sie dabei bitte auch, die Auslandsquoten der Unternehmen für die Kennzahlen zu ermitteln. b) Wie unterscheiden sich die Wettbewerber im Hinblick auf ihre bisherigen Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien sowie ihre bisherigen Zielmarktstrategien? c) Welche Empfehlungen würden Sie als Unternehmensberater Zara im Hinblick auf die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien sowie die Zielmarktstrategien bis zum Jahr 2020 geben?

3.

Nehmen Sie an, Sie wären in der Zentralabteilung „Pricing“ von Zara in La Coruña beschäftigt. a) Ihr Chef bittet Sie, ihm zunächst einen Überblick zu geben, welche Möglichkeiten der Preisfestsetzung es grundsätzlich – unabhängig von der Modebranche – gibt. Gehen Sie dabei bitte auch auf internationale Besonderheiten ein. b) Ihr Chef diskutiert zurzeit mit der Geschäftsführung über mögliche Zukunftsszenarien. Ein Szenario geht davon aus, dass es in einzelnen Ländermärkten zu einem Preisverfall in der Modebranche kommen könnte. Ihr Chef möchte nun von Ihnen wissen, ob es auch in diesem Fall richtig ist, sich bei der Festsetzung von Zara-Preisen an den Preisen der Wettbewerber in den einzelnen Märkten zu orientieren. Liefern Sie Ihrem Chef bitte einige Argumente.

238 4.

Zara Das Produktangebot von Zara variiert zu 10-15% von Land zu Land. Stellen Sie sich vor, Sie müssten aus der erweiterten globalen Produktpalette von Zara das genaue Produktangebot für Kuwait auswählen. a) Wie würden Sie dabei vorgehen? Bitte erstellen Sie einen Prozessplan und erläutern Sie die einzelnen Schritte. b) Welche Informationen benötigen Sie, um eine fundierte Entscheidung fällen zu können? Wie würden Sie sich diese Informationen besorgen?

5.

Im Gegensatz zu vielen anderen Modeunternehmen produziert Zara etwa die Hälfte seiner Produkte selbst und passt seine Ware permanent an die Kundenbedürfnisse an. a) Bitte stellen Sie – unabhängig vom vorliegenden Fall – die Eigenfertigung und die Fremdfertigung hinsichtlich ihrer wesentlichen Vor- und Nachteile gegenüber. b) Welche Chancen und Risiken sind für Zara damit verbunden, seine Produkte je etwa zur Hälfte eigen- bzw. fremdzufertigen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Welchen Stellenwert hat die Just-in-Time-Produktion im Rahmen der Eigenfertigung für Zara im Hinblick auf Wettbewerbsvorteile am Markt? d) Wird Zara auch bei weiterer starker Expansion an seinem bewährten Geschäftsmodell festhalten können, für das die Eigenfertigung und die Just-inTime-Produktion wichtig sind? Erläutern Sie bitte, welche Auswirkungen die internationale Expansion und Zunahme der Anzahl der Filialen weltweit auf das Geschäftsmodell haben können.

6.

Neben dem Outsourcing stellt die eingebaute Flexibilität eine weitere Koordinationsstrategie dar. Bitte lesen Sie zu dem Konzept der eingebauten Flexibilität den folgenden Artikel und beantworten Sie dann die nachstehenden Fragen: Kogut, Bruce (1985): Designing Global Strategies. Profiting from Operational Flexibility. In: Sloan Management Review, 27. Jg., Nr. 1, 1985, S. 27-38.

a) Inwiefern trägt die eingebaute Flexibilität dazu bei, den Koordinationsbedarf zu reduzieren? Sehen Sie in ihr auch die Gefahr einer Koordinationsbedarfssteigerung? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung. b) Inwieweit setzt Zara Maßnahmen der eingebauten Flexibilität bereits ein? c) Fallen Ihnen weitere Maßnahmen ein, die das Unternehmen ergreifen könnte, um seinen Koordinationsbedarf zu senken? Bitte erläutern Sie Ihre Ideen.

Globale Mode zu lokalen Preisen 7.

239

Im Rahmen der internationalen Zielmarktstrategien existieren zwei Möglichkeiten der Marktsegmentierung – die intranationale und die integrale Marktsegmentierung. a) Was unterscheidet – unabhängig vom vorliegenden Fall – die beiden Varianten der Marktsegmentierung? b) Erläutern Sie bitte die von Zara verfolgte Marktsegmentierungsstrategie. c) Versetzen Sie sich bitte in die Rolle eines Marketing-Beraters. Würden Sie Zara empfehlen, auch in Zukunft an der gewählten Marktsegmentierungsstrategie festzuhalten? Erstellen Sie eine Powerpoint-Präsentation in Kurzform (ca. 10-15 Folien).

8.

Zara setzt beim Markteintritt nicht nur auf die Neugründung von Tochtergesellschaften, sondern sucht in bestimmten Ländern auch gezielt nach Joint-Venture-Partnern oder schließt Franchiseverträge. a) Welche Vorteile könnte für Zara in manchen Ländern der Markteintritt mittels Joint Venture gegenüber der Neugründung einer Tochtergesellschaft haben? b) Wie erklären Sie es sich, dass Zara in einigen Ländern nicht eigene Filialen unterhält, sondern Franchising als Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie wählt? c) Warum ist die Filialisierung Ihrer Meinung nach bis heute die dominante Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie für Zara?

9.

Neben der Modekette Zara sind auch weitere Modeketten der Inditex-Gruppe in ausländischen Märkten präsent. a) Warum konzentriert sich Inditex nicht auf eine Modekette, sondern wählt unterschiedliche Formate? b) Welche Chancen und Risiken bietet die gleichzeitige Marktbearbeitung durch weitere Formate der Inditex-Gruppe? c) Wie erklären Sie es sich, dass Inditex zwar mit Zara inzwischen in 74 Ländern vertreten ist, mit den anderen Formaten aber in deutlich weniger Ländermärkten auftritt?

10. Inditex ist seit dem 23. Mai 2001 an der spanischen Börse notiert und gehört zu den 35 größten spanischen Unternehmen, die zusammen den IBEX 35 bilden. In der nachfolgenden Abbildung werden der Aktienkurs von Inditex sowie der IBEX 35 zwischen Mai 2001 und Mai 2007 dargestellt.

240

Zara

Monatlicher Schlusskurs des IBEX 35 20.000

Monatlicher Schlusskurs von Inditex in € 50,00

Inditex

05/2007

02/2007

11/2006

08/2006

05/2006

11/2005

02/2006

05/2005

08/2005

11/2004

10,00

02/2005

4.000

08/2004

15,00

05/2004

6.000

02/2004

20,00

11/2003

8.000

05/2003

25,00

08/2003

10.000

11/2002

30,00

02/2003

12.000

05/2002

35,00

08/2002

14.000

11/2001

40,00

02/2002

16.000

08/2001

45,00

05/2001

18.000

IBEX 35

Quelle: Daten aus o.V. (2007): Historische Kurse. Internetseiten von Yahoo!Finanzen, 2007. URL: http://de.finance.yahoo.com (Stand 30.05.2007). a) Bitte interpretieren Sie die Entwicklung des Aktienkurses von Inditex und setzen Sie diese in Bezug zu der Entwicklung des IBEX 35. b) Inwiefern eignet sich der Aktienkurs eines Unternehmens zur Beurteilung seines Erfolges? Bitte informieren Sie sich über weitere Möglichkeiten der Erfolgsmessung und vergleichen Sie diese anhand geeigneter Kriterien. 11. Im Text des Fallbeispiels wurde erwähnt, dass Zara in Deutschland ein Joint Venture mit der Handelsgruppe Otto begründet hatte. Dieses Joint Venture wurde im Jahr 2010 beendet. Der folgende Zeitungsausschnitt kann Ihnen weitere Informationen geben: Der Spiegel, 64. Jg., Nr. 32, 2010: „Otto steigt bei Zara aus“, S. 58. „Die Handelsmarke Zara des spanischen Inditex-Konzerns verliert in Deutschland einen wichtigen Gesellschafter. Der Versandhändler Otto ist mit seiner Beteiligung von 22 Prozent aus dem ursprünglichen Gemeinschaftsunternehmen ausgestiegen. Seit 1999 war Otto als strategischer Partner bei Zara involviert und hat die Spanier auch in Standortfragen beraten. Der Hamburger Konzern will den Ausstieg bislang nicht bestätigen, Gründe dafür auch nicht kommentieren. Aus Unternehmenskreisen bei Inditex heißt es jedoch, dass die kürzliche Umfirmierung der Handelskette in eine andere Unternehmensform der Auslöser für den Rückzug sei. Zara Deutschland will sich von einer GmbH in eine niederländische B. V. & Co. KG umwandeln. Der Wechsel hat zur Folge, dass der Zara-Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht mehr hat, das ihm in der früheren Unternehmensform zustand. Womöglich wolle sich Otto nicht dem Verdacht ausset-

Globale Mode zu lokalen Preisen

241

zen, Betriebsräte in ihren Rechten zu beschneiden, vermuten Zara-Insider. Andere Modeketten wie die deutsche Tochter von H&M oder Esprit haben ebenfalls die niederländische Unternehmensform gewählt. Zara betreibt in Deutschland 64 Filialen mit rund 2.800 Mitarbeitern. Ein offizieller Zara-Sprecher sagte, die Umfirmierung sei Sache der Gesellschafter. Dass die Eindämmung der Rechte des Betriebsrats eine Rolle spiele, sei „weit hergeholt“.

Quelle: o.V. (2010): Otto steigt bei Zara aus. In: Der Spiegel, 64. Jg., Nr. 32, 2010, S. 58. a) Auch wenn im Text primär auf die Mitbestimmungsthematik abgestellt wird, könnte es für beide Joint-Venture-Partner noch weitere Gründe gegeben haben, die Zusammenarbeit zu beenden. Welche Gründe könnten Ihrer Meinung nach für die Zara-Seite, welche Gründe für die Otto-Seite relevant gewesen sein? b) Sowohl bei Zara als auch bei Otto handelt es sich um „familiengeführte“ Unternehmen, auch wenn heute teilweise „familienfremde“ Manager Teil des TopManagements sind. Wie erklären Sie es sich, dass Handelsunternehmen oftmals nicht nur eine Familientradition haben, sondern diese auch lange Zeit beibehalten? Bitte suchen Sie nach möglichen Argumenten. 12. Inditex wurde im Mai 2012 zum wertvollsten Unternehmen, welches an der Madrider Börse notiert ist. Lesen Sie dazu den nachfolgenden Zeitungsausschnitt aus dem Handelsblatt: Handelsblatt, 30.05.2012: „Der König von Spanien – Der Zara-Konzern überholt Telefónica an der Börse“, S. 10. „Zum Wochenbeginn gelangte Pablo Isla, seit 2011 Präsident des galicischen Textilriesen Inditex, ans Ziel seiner Träume. Der Mutterkonzern der weltumspannenden Modeketten Zara und Massimo Dutti stieg an der Madrider Börse erstmals zum größten Unternehmen Spaniens auf. Inditex stieß Telefónica bei der Marktkapitalisierung vom Thron und übertrifft nun mit einem Börsenwert von rund 43 Milliarden Euro den früher umjubelten Telekommunikationskonzern. Für das einstige Familienunternehmen aus dem Nordwesten Spaniens ist das ein Meilenstein. Während die meisten spanischen Konzerne unter der Finanzkrise stöhnen und Gewinn- sowie Umsatzeinbrüche hinnehmen müssen, wächst Inditex weiter. 2011 legten die Erlöse um stolze zehn Prozent auf 13,8 Milliarden Euro zu. Die Erträge schnellten sogar um zwölf Prozent nach oben. Der Nettogewinn des Unternehmens stieg auf nahezu zwei Milliarden Euro. Die Gründe für die guten Zahlen liegen auf der Hand. Der Konzern mit seiner preiswerten Marke Zara ist heute ein globales Unternehmen mit mehr als 5.500 Läden von Los Angeles bis Düsseldorf, von Peking bis Madrid. Mit ständig wechselnden Kollektionen, einer universellen Designsprache und Läden in den absoluten Bestlagen haben es die Spanier geschafft, die Konkurrenz hinter sich zu lassen. Kein anderer Konzern in der Branche wächst so aggressiv. Inditex will allein in diesem Jahr mehr als 500 Läden eröffnen – vor allem in China. Zudem erfindet sich Zara mal wieder neu. Im März eröffneten die Spanier einen Laden in der New Yorker Fifth Avenue mit einem völlig neuen Konzept. Der Megastore besteht aus einer Reihe von eleganten, transparenten Boutiquen. Schon immer waren die Läden in den besten Lagen der Stadt die beste Reklame für die Textilkette. Die geschickte Produkt- und Ladenstrategie sowie die kluge Expansion haben den Gründer Amancio Ortega zum fünftreichsten Menschen der Welt gemacht. Und die Aktionäre? Seit dem Börsen-

242

Zara gang im Mai 2001 hat sich der Aktienkurs fast vervierfacht. Das Beste: ein Ende der Erfolgsgeschichte ist noch nicht in Sicht.“

Quelle: Siebenhaar, Hans-Peter (2012): Der König von Spanien – Der ZaraKonzern überholt Telefónica an der Börse. In: Handelsblatt, 30.05.2012, S. 10. a) Im Zeitungsausschnitt werden vom Verfasser Hans-Peter Siebenhaar bereits einige Gründe genannt, die zum Erfolg von Inditex beitragen. Bitte fassen Sie die Argumente von Hans-Peter Siebenhaar zusammen und prüfen Sie kritisch, ob die Argumente plausibel sind. Überlegen Sie anschließend, welche weiteren Argumente Ihrer Meinung nach eine Rolle spielen. b) Nehmen Sie an, Sie werden als Analyst um eine Prognose gebeten, wie sich der Aktienkurs von Inditex weiter entwickelt. Bitte machen Sie sich mit dem Vorgehen von Aktienanalysten vertraut und erläutern Sie, welche Informationen Sie brauchten und welche Methoden Sie anwenden würden, um eine fundierte Empfehlung über die zukünftige Entwicklung des Aktienkurses abgeben zu können. 13. Im Jahr 2005 wurde von Mauro Guillén ein Werk veröffentlicht, welches sich mit dem Aufstieg spanischer Unternehmen und deren Bedeutung für den Weltmarkt beschäftigt. Greifen Sie bitte auf das Werk von Guillén zurück: Guillén, Mauro F. (2005): The Rise of Spanish Multinationals. European Business in the Global Economy. Cambridge University Press, Cambridge u.a., 2005.

a) In Kapitel 3 seines Buches differenziert Guillén zwischen so genannten „familycontrolled“ und „worker-owned“ Multinationals. Bitte erläutern Sie, welchem der beiden Typen Inditex zuzurechnen ist. Welche Vorteile und Nachteile weist dieser Typ von Unternehmen gemäß Guillén auf? Stimmen Sie mit Guilléns Aussagen überein? b) In Kapitel 6 des Buches wird von Guillén die neue Rolle Spaniens in der Weltwirtschaft diskutiert. Bitte fassen Sie die Hauptaussagen von Guillén zusammen. Beschäftigen Sich sich anschließend mit der Frage, inwiefern die Hauptaussagen Guilléns aus dem Jahre 2005 auch heute noch zutreffen. 14. Inditex hat unter anderem China als Wachstumsmarkt identifiziert. Stellen Sie sich vor, Sie sollen Inditex im Hinblick auf das Chinageschäft beraten. Welche Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, welche Allokationsstrategien (Konfigurations- und Leistungsstrategien) und welche Koordinationsstrategien würden Sie Inditex für die nächsten Jahre in China empfehlen? Bitte erarbeiten Sie eine detaillierte Strategie für den chinesischen Markt.

Globale Mode zu lokalen Preisen

243

15. In den letzten Jahren hat sich mit Desigual eine weitere spanische Modekette etabliert, die im Ausland expandiert. a) Bitte vergleichen Sie Zara und Desigual im Hinblick auf die verfolgten Wettbewerbsstrategien und die Positionierung im Bekleidungseinzelhandel. Stellen Sie mehr Unterschiede oder mehr Gemeinsamkeiten fest? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Wird Desigual in Zukunft für Zara eine Bedrohung darstellen? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung und erläutern Sie auch eventuelle Unterschiede, die Sie zwischen Spanien und weiteren zwei Ländermärkten Ihrer Wahl sehen.

Dritter Teil Fallstudien Dritter Teil: Fallstudien

Arthur Andersen Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze Stefan Schmid und Stephan Schulze Arthur Andersen: Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

Wenn von internationalen Unternehmen die Rede ist, wird häufig auf deren Expansion im Ausland verwiesen. Aber immer wieder kommt es auch zur Beendigung von Aktivitäten im Ausland – oder sogar zum Zerfall eines international tätigen Unternehmens. Für Arthur Andersen, eine der vormals renommiertesten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt, präsent in über 80 Ländern, war das Jahr 2002 ein Schicksalsjahr. Im März 2002 wurde Arthur Andersen wegen Betruges und Behinderung der Justiz angeklagt und verurteilt. Dies führte im weiteren Verlauf zum Niedergang eines der ehemals wichtigsten „Global Player“ in der Wirtschaftsprüfungsbranche. Obwohl als unmittelbarer Auslöser für den Zerfall der Enron-Skandal in den Vereinigten Staaten angesehen werden kann, sind insbesondere zwei Fragen zu beantworten. Erstens: Warum konnte es überhaupt zu derartigem Fehlverhalten innerhalb des Unternehmens Arthur Andersen kommen? Zweitens: Warum war von den Folgen die gesamte internationale Organisation betroffen? Diese Fragen werden unter anderem Gegenstand der vorliegenden Fallstudie sein. Die Fragen können aber nur geklärt werden, wenn man Arthur Andersens Unternehmensgeschichte im Rückblick etwas detaillierter betrachtet. Deswegen werden die Unternehmenskultur und die Unternehmensstruktur von Arthur Andersen beleuchtet und deren Wandel im Laufe der internationalen Unternehmensentwicklung dargestellt. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert. Die Autoren danken Herrn Dipl.-Kfm. Peter Heid, WP, StB und Herrn Dr. Thomas Schmid, WP, StB, für wertvolle Kommentare und hilfreiche Anmerkungen zu früheren Versionen dieser Fallstudie.

248

Arthur Andersen

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Einführung in die Branche der Wirtschaftsprüfer ............................................... 249 2 Die Entwicklung von Arthur Andersen von der Gründung bis zum Zerfall ...... 250 2.1 Die ersten 30 Jahre – Gründung und nationale Expansion ............................. 250 2.2 Von den 1950er zu den 1970er Jahren – Aufstieg und Wachstum ................. 252 2.3 Die letzten 20 Jahre – Das Beratungsgeschäft und die Vertriebsorientierung ....................................................................................... 257 2.4 Das Jahr 2002 – Der Beginn des Zerfalls des Unternehmens......................... 258 3 Arthur Andersen nach dem Enron-Skandal ........................................................ 260

Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

1

249

Einführung in die Branche der Wirtschaftsprüfer

Die Wirtschaftsprüfung als eigenständiges Berufsfeld und als eigenständige Branche entstand parallel mit der zunehmenden Bedeutung der Finanz- und Kapitalmärkte zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Für zahlreiche Stakeholder, vor allem für Eigenkapitalgeber, Fremdkapitalgeber sowie Staat und Öffentlichkeit, waren die (neu gegründeten) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ein wesentliches Instrument zur Prüfung der Situation von Unternehmen – und dabei vor allem zur Prüfung von deren finanzieller Situation. Auch wenn sich in der historischen Entwicklung landesspezifische Unterschiede herausarbeiten lassen – Hauptaufgabe von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften war und ist es in allen Ländern, als neutrale Instanz Finanzberichte, insbesondere Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen, auf ihre sachliche und formelle Korrektheit zu prüfen. Das Ziel einer Prüfung liegt in der Feststellung, ob die Abschlüsse in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften und mit den allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellt wurden. Gerade für Investoren verbesserte sich durch die Testierung der Wirtschaftsprüfer das Vertrauen in Unternehmensabschlüsse deutlich. Ein charakteristisches Merkmal der Branche ist die spezifische Organisationsstruktur der Unternehmen. Bei der Mehrzahl der weltweit agierenden Gesellschaften hat sich das – je nach Land spezifisch ausgestaltete – Partnerschaftsmodell als das dominierende Strukturmuster herausgebildet. Bei diesem Modell schließen sich leitende Mitarbeiter – so genannte Partner – zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Partnerschaft zusammen. Ähnlich wie bei einer Personengesellschaft ist jeder Partner an der Partnerschaft beteiligt und haftet gleichzeitig für deren Verbindlichkeiten. Für die Steuerung und Führung der Partnerschaft sind die einzelnen Partner in der Regel gemeinschaftlich verantwortlich. Dieses „besondere“ Modell war bis vor wenigen Jahren erforderlich, da den Wirtschaftsprüfern aufgrund ihrer Eigenschaft als „Freiberufler“ die Bildung einer Personengesellschaft, wie beispielsweise der deutschen OHG oder KG, in der Regel aus rechtlichen Gründen nicht möglich war. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts war die Branche besonders durch zwei Entwicklungen geprägt. Erstens haben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihr Betätigungsfeld immer weiter über die ureigene Prüfungstätigkeit hinaus ausgedehnt. So wurde das Angebotsspektrum zusätzlich zur ohnehin in etlichen Ländern bereits offerierten Steuerberatung beispielsweise um die betriebswirtschaftliche Beratung, die Rechtsberatung, die ITBeratung und um sonstige Gutachtertätigkeiten erweitert. Zweitens kam es zu einer starken Konsolidierung in der Branche der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. In den 1980er Jahren wurde die Branche von weltweit nur noch acht Gesellschaften – den so genannten „Big Eight“ – dominiert. Durch weitere Fusionen und Übernahmen verringerte sich diese Zahl bis zum Ende der 1990er Jahre sogar auf nur noch fünf große international tätige Unternehmen mit einem Marktanteil von 70% – die so genannten „Big Five.“ In Abbildung 1 werden diese fünf Unternehmen anhand wesentlicher Kennzahlen, wie

250

Arthur Andersen

sie sich für das Jahr 2001 ergaben, verglichen. Neben den „Großen“ der Branche existieren je nach Land noch eine Vielzahl kleiner und vor allem lokal tätiger Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Einzelpersonen. Umsatz weltweit in Mrd. €

Umsatzanteil USA

13,6

49%

10,3

PwC PWC

142

Deloitte &Touche

45%

41%

12,4

KPMG KPMG

46%

27% 9,9

9,3

Ernst & ArthurArthur Andersen Young Andersen

PwC PWC

Deloitte &Touche

KPMG KPMG

Ernst &ArthurArthur Andersen Young Andersen

Mitarbeiter weltweit in Tausend

Länder mit eigenen Büros 150 141 130

125

95

96 84

85

83

PwC PWC

Deloitte &Touche

KPMG KPMG

Ernst & ArthurArthur Andersen Young Andersen

PwC PWC

Deloitte &Touche

KPMG KPMG

Ernst &ArthurArthur Andersen Young Andersen

Stand 2001. Anmerkung: Alle Angaben beziehen sich auf den Wirtschaftsprüfungsbereich ohne Beratung.

Abb. 1: Vergleich der fünf größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Quelle: Daten aus o.V. (2002d), o.V. (2002e), Smith/Quirk (2004), S. 16, und Holstein (2003), S. 6.

2

Die Entwicklung von Arthur Andersen von der Gründung bis zum Zerfall

2.1 Die ersten 30 Jahre – Gründung und nationale Expansion 1913 gründete der noch junge, staatlich zugelassene Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen zusammen mit seinem Partner Clarence DeLany eine kleine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Chicago. Nachdem DeLany die Firma 1918 verlassen hatte, erhielt die Firma ihren eigentlichen Namen Arthur Andersen & Co. Zu diesem Zeitpunkt erzielte das Unternehmen bereits jährliche Einnahmen von über 300.000 US$ und hatte ein weiteres

Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

251

Büro in Milwaukee eröffnet. Zu den ersten bedeutenden Kunden, die von Arthur Andersen & Co. betreut wurden, gehörten die Schlitz Brewing Company (ein früherer Arbeitgeber von Arthur Andersen), ITT Industries (ein amerikanischer Maschinen- und Anlagenbauer) und Palmolive (ein amerikanischer Seifen- und Kosmetikhersteller). Zunächst expandierte Arthur Andersen & Co. in seinem Heimatmarkt, den Vereinigten Staaten. So wurde etwa 1921 ein weiteres Büro in Washington eröffnet. In den folgenden Jahren kamen zusätzliche Büros in Kansas City, Los Angeles, New York, San Francisco, Detroit, Boston, Houston, Atlanta, Minneapolis, St. Louis, Seattle, Cleveland, Philadelphia und Washington hinzu. Der endgültige Durchbruch gelang Arthur Andersen & Co. aber erst, als durch den Zusammenbruch der New Yorker Börse 1929 das Vertrauen in die Finanz- und Kapitalmärkte und auch in die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfungsbranche erheblich erschüttert wurde. Durch sein konsequentes Festhalten an den selbst gesetzten hohen Standards schaffte es Arthur Andersen, schnell das Vertrauen der Unternehmen und Anleger zurückzugewinnen und sein Unternehmen zu einer der führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den USA zu entwickeln. Für die Struktur der Organisation setzte Arthur Andersen auf das damals bereits etablierte Modell der partnerschaftlichen Organisation. In der Firma gab es 1943 neben ihm noch 25 weitere Partner. Trotz dieser auf gemeinschaftliches Handeln ausgerichteten Struktur dominierte der Firmengründer selbst die von ihm gegründete Organisation sehr stark. Zu seiner unangefochtenen Dominanz in der Firma trugen neben der Tatsache, dass er über 50% der Unternehmensanteile besaß, vor allem seine fachliche Kompetenz und sein Führungscharisma bei. Von den anderen zahlreichen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die damals tätig waren, wollte sich Arthur Andersen durch die Art und Weise seiner Arbeit abgrenzen. Sein Ziel war es, nicht nur die übliche „Routine-Prüfung“ zu leisten, sondern neue Standards in Bezug auf Service und Qualität zu etablieren. Diese Standards sollten auch, wie in Abbildung 2 an einigen Beispielen verdeutlicht, durch entsprechend gelebte Werte in der Unternehmenskultur bei Arthur Andersen & Co. herbeigeführt werden. So wurden Werte wie Integrität, Unbestechlichkeit und Ehrlichkeit bereits durch den Gründer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft fest im Unternehmen verankert. Für ihn und seinen direkten Nachfolger Leonard Spacek war das auf diesen Werten aufbauende Geschäftsprinzip „Think straight and talk straight“ wesentlich für den Erfolg des Unternehmens. Selbst die Aussicht auf höhere Profite wurde vom Gründer hinter diesem Prinzip zurückgestellt. So lehnte Arthur Andersen den Wunsch eines Klienten nach einer nachträglichen Änderung eines negativen Prüfungsberichts mit den Worten ab: „There is not enough money in the whole of Chicago to induce me to change the report.“ Geschichten wie diese, die von Partnern, leitenden Angestellten und Mitarbeitern immer wieder mit Stolz erzählt wurden, trugen dazu bei, die Unternehmenswerte im gesamten Unternehmen zu verbreiten und zu festigen.

252

Arthur Andersen

Rede von Arthur Andersen (1932) „If the confidence of the public in the integrity of accountants‘ reports is shaken, their values are gone. To preserve the integrity of his reports, the accountant must insist upon absolute independence of judgement and action. The necessity of preserving this position of independence indicates certain standards of conduct.“ Aussage einer leitenden Angestellten (2003) „That single maxim, „Think straight and talk straight”, was the touchstone of the Firm. Arthur Andersen, Partners would say with pride, was a place where integrity mattered more than fees, where standing up for what you believe in was a virtue, where it was better to do the right thing than the easy thing. Andersen and his successor, Leonard Spacek, were … men who understood that for a professional service firm, reputation was the only thing that mattered. … even rivals commended the firm for its intensely loyal culture and willingness to be the conscience of the industry.” Anmerkung von Leonard Spacek (zweiter CEO) über ein markantes Erkennungszeichen von Arthur Andersen – zwei massive Mahagoni-Türen, die vor den Eingängen aller Büros der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angebracht wurden (Ende der 1940er Jahre) „To me, those doors represent confidentiality, privacy, security, and orderliness. And it struck me that those thoughts epitomized the common vision I wanted all of our people to share.”

Abb. 2: Beispiele zur Veranschaulichung der Werte von Arthur Andersen Quelle: Toffler (2003), S. 12-13, 18 und 38.

2.2 Von den 1950er zu den 1970er Jahren – Aufstieg und Wachstum Mitte der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts überschritt Arthur Andersen & Co. dann erstmalig die nationalen Grenzen. Den Start machte 1955 die Eröffnung eines Büros in Mexiko; schon kurz danach kamen weitere Auslandsbüros in Europa, gefolgt von Büros in Südamerika, in Asien und im Mittleren Osten, hinzu. Den Aufbau und die Steuerung der ausländischen Dependancen übernahmen erfahrene Partner aus dem US-amerikanischen Heimatland. Die Akquisition bestehender Gesellschaften kam für Arthur Andersen nicht in Frage, da es aus seiner Sicht nur durch den Neuaufbau eines Büros möglich war, seine spezifischen und hohen Standards bei der Prüfung auch weltweit zu gewährleisten. Mit dem Wachstum im Ausland wurden auch verstärkt lokale Mitarbeiter in den Partnerstatus befördert, welche nach und nach die Leitungs- und Steuerungsaufgaben vor Ort übernahmen. Strukturell wurde das Modell der partnerschaftlichen Organisation auch auf internationaler Ebene fortgeführt. Die einzelnen Büros waren direkt, d.h. über die dortigen Partner, mit der Zentrale in Chicago verbunden. Es handelte sich jedoch um eine Verbindung, die den einzelnen Dependancen sehr viel Freiheit in Bezug auf die Bearbeitung ihrer lokalen Märkte ließ. Die Interaktion und Kommunikation zwischen den Büros untereinander und der Zentrale erfolgte in der Regel direkt über die jeweils verantwortlichen Partner. Die linke Seite der Abbildung 3 gibt einen Überblick über die rechtliche Struktur der damaligen Organisation.

Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

253

Bis zum Ende der 1970er Jahre war Arthur Andersen & Co. mit 87 Büros in 26 Ländern vertreten und beschäftigte insgesamt über 10.000 Mitarbeiter. Durch dieses starke Wachstum hatte Arthur Andersen & Co. eine Größe und geographische Ausdehnung erreicht, bei der es immer schwieriger wurde, die inzwischen über 700 Partner als eine Einheit zusammenzuhalten. Auch innerhalb des Unternehmens war man sich dieser Schwierigkeit bewusst. So äußerte sich Walter Oliphant, Nachfolger von Leonard Spacek als Managing Partner (CEO), bereits im Jahr 1970: „As we become larger and more widespread geographically, we face an increasingly difficult task to maintain the oneness in philosophy and practice that has been the foundation of our firm over all the years.” Trotz dieser Erkenntnis gelang es erst Walter Oliphants Nachfolger Harvey Kapnick, das Strukturproblem zu lösen: Das Unternehmen wurde im Jahr 1973 in überschaubare Geschäftsbereiche – tax (Steuerberatung), audit (Wirtschaftsprüfung) und consulting (insbesondere IT-Beratung) – unterteilt, und bedeutende Führungsaufgaben wurden auf eine regionale Ebene (Landesgesellschaften) und eine lokale Ebene (einzelne Büros) verlagert. Es wurde auch eine stärkere Dezentralisierungspolitik verfolgt; die regionalen und lokalen Einheiten, so die Strategie, sollten sich den unterschiedlichen Markt- und Kundenbedürfnissen und insbesondere den regulatorischen Bedingungen der Auslandsmärkte noch individueller anpassen können. Gleichzeitig verlor die Zentrale in Chicago an Einfluss auf die dezentralen Einheiten. Dies führte zum Teil so weit, dass die Partner Entscheidungen der Zentrale geschlossen ignorierten. Im Zusammenhang mit der Dezentralisierung wurde in den 1970er Jahren auch die rechtliche Struktur des Unternehmens angepasst. Das Modell der weltweiten Partnerschaft wurde durch die Gründung separater Gesellschaften in jedem Land ersetzt. Die neu gegründeten nationalen Landesgesellschaften wurden rechtlich von der Muttergesellschaft unabhängig. Je nach Land wiesen diese unterschiedliche landestypische Rechtsformen und Strukturen auf. Dies galt auch für den US-amerikanischen Heimatmarkt, in dem die Arthur Andersen LLP (Limited Liability Partnership) gegründet wurde. Eigentümer der nationalen Gesellschaften waren die inländischen Partner, die Kapitalanteile an den jeweiligen Landesgesellschaften hielten. Um eine völlige Unabhängigkeit dieser nationalen Gesellschaften zu verhindern, wurde die Mantelorganisation Andersen Worldwide in Genf gegründet. Diese war zunächst über die Vergabe der Rechte an dem Namen „Arthur Andersen“ vertraglich mit den einzelnen Landesgesellschaften verbunden. Die Anteilseigner der Mantelorganisation stellten alle weltweit existierenden Partner dar. Eine Beteiligung an der Schweizer Organisation war eine zwingende Voraussetzung, um überhaupt Partner in einer der Landesgesellschaften werden zu können. Durch diese Regelung konnte der Zugang von Partnern zum Unternehmen weiterhin zentral gesteuert werden. Die rechte Seite der Abbildung 3 gibt einen Überblick über die neue Struktur der Organisation. Des Weiteren hatte Andersen Worldwide unter anderem die Aufgabe, als Verrechnungsstelle für den finanziellen Ausgleich zwischen den einzelnen nationalen Gesellschaften zu sorgen. Rechtlich war die Mantelorganisation als Schweizer Genossenschaft organisiert. Die Wahl dieser Rechtsform hatte den Vorteil, dass keine Publikationspflichten bestanden und somit finanzielle Transaktionen zwi-

254

Arthur Andersen

schen den Landesgesellschaften für Außenstehende in einer „Black Box“ verborgen blieben. Die gesamte Organisation, d.h. Landesgesellschaften und Mantelorganisation, werden im Folgenden unter Arthur Andersen zusammengefasst.

Rechtliche Struktur von Arthur Andersen vor 1977

Rechtliche Struktur von Arthur Andersen nach 1977

Arthur Andersen & Co. in Chicago

Land 2

Land 1 Partner

Partner

Partner Partner

Partner

Land 4 Partner

Land 3 Partner Partner Partner Partner

Partner

Partner

Landesgesellschaft 2

Landesgesellschaft 1

Partner Partner

Partner Partner Partner

Andersen Worldwide in Genf(1) Landesgesellschaft 3

Partner Partner Partner

Landesgesellschaft 4

Partner Partner Partner Partner

(1) Eigentümer von Andersen Worldwide sind die Partner der Landesgesellschaften. Aus Gründen der vereinfachenden grafischen Darstellung finden sich keine Verbindungen zwischen den einzelnen Partnern und Andersen Worldwide in Genf.

Anteilseigner Vergabe der Namensrechte

Abb. 3: Struktur von Arthur Andersen vor und nach 1977 (schematisch) Quelle: Informationen aus Squires u.a. (2003), S. 61-88. Um zu gewährleisten, dass das Unternehmen trotz der Dezentralisierung der Organisationsstruktur weiterhin als eine Einheit auftreten konnte und wahrgenommen wurde, etablierte man im gesamten Unternehmen einheitliche Geschäftsstandards und -prozesse. Ziel war es, dass gleich gut ausgebildete Mitarbeiter überall auf der Welt die Kunden gleich gut betreuen, ihre Probleme mit identischen Methoden lösen und somit eine gleich hohe Servicequalität gewährleisten konnten. Dazu sollten die Mitarbeiter aber nicht nur über das nötige Fachwissen verfügen, sondern zudem hinsichtlich ihrer Persönlichkeit, ihres Charakters und ihres Wertesystems möglichst „homogen“ sein. Um dies zu erreichen, dienten insbesondere folgende Maßnahmen: •

Auswahl der Mitarbeiter: Es wurde darauf geachtet, dass wesentliche Fähigkeiten sowie Persönlichkeits- und Charaktereigenschaften nicht von der „Norm“ abwichen. Zudem war die Fähigkeit und Bereitschaft, sich sehr gut an bestehende Regeln anpassen zu können und danach zu handeln, ein wichtiges Einstellungskriterium.

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Beförderung und Karriere der Mitarbeiter: Sowohl der Beförderungsprozess als auch die einzelnen Karrierestufen waren weltweit standardisiert. Bei Arthur Andersen gab es verschiedene Karrierestufen mit jeweils spezifischen Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Entlohnung. Entsprechend ihren Leistungen wurden die Mitarbeiter jeweils in die nächst höhere Karrierestufe befördert. Gelang es Mitarbeitern nicht, nach Ablauf bestimmter Fristen befördert zu werden, bat man sie, das Unternehmen zu verlassen (Up-or-out-principle). Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Karrierestufen bei Arthur Andersen, wie sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts existierten. Karrierestufe

Durchschnittliches Fixgehalt (US$)

Beförderungsfrist

Durchführung von Prüfungstätigkeiten (z.B. Analyse Staffder Gehaltsabrechnung, Lagerhaltung oder des Accountant Forderungseingangs) unter enger Führung und Kontrolle der Vorgesetzten

41.000 bis 49.825

2 Jahre

Verantwortlich für größere und komplexere Aufgaben sowie für die Einhaltung der Zeit- und Kostenpläne SeniorAccountant Führung der Staff-Accountants und Kommunikation mit Partnern und Managern

44.425 bis 60.575

2 Jahre

Supervisor

Verantwortlich für die Kommunikation mit dem Kunden Überprüfung der Arbeit der Staff- und SeniorAccountants

65.950

1 Jahr

Manager

Verantwortlich für alle Aspekte eines Kundenprojektes (Zeit-/Personalplanung, Aufgabenverteilung etc.) Übernimmt die Bewertung der Mitarbeiterleistung

74.550 bis 89.400

2 Jahre

SeniorManager

Gleiche Verantwortlichkeiten wie auf Stufe Manager Weiterentwicklung der persönlichen Fähigkeiten, um den Status des Partners zu erreichen

108.000 bis 136.000

4 Jahre

Partner

Verantwortlich für den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen oder für interne Verwaltungsaufgaben (Recruiting, Training etc.)

323.000



Wesentliche Aufgaben

Abb. 4: Weltweit vereinheitlichte Karrierestufen bei Arthur Andersen Quelle: Hawkins/Cohen (2003), S. 13-15. •

Training der Mitarbeiter: Jeder neue Mitarbeiter weltweit absolvierte ein intensives, drillartiges Training in dem eigens dafür eingerichteten Trainingszentrum St. Charles bei Chicago. In diesem so genannten „Training to a shared method“ wurden den Mitarbeitern neben fachlichen Aspekten vor allem die Werte und Prinzipien der Organisation vermittelt. Zudem diente es, wie in Abbildung 5 beschrieben, dem Aufbau eines weltumspannenden persönlichen Netzwerkes. Als weitere Folge dieses intensiven Trainings war das operative Geschäft über Landesgrenzen hinweg bald so vereinheitlicht, dass jeder Mitarbeiter auf derselben Karrierestufe die Aufgaben eines anderen Mitarbeiters innerhalb Tagesfrist übernehmen konnte.

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Arthur Andersen

Äußeres Erscheinungsbild der Mitarbeiter: Für die Angestellten wurde ein strikter Dresscode eingeführt. Ziel war es, das äußere Erscheinungsbild weitestgehend zu standardisieren. So galten für männliche Angestellte ein dunkler Anzug, ein weißes Hemd sowie eine Krawatte in kraftvollen Farben als angemessene Bekleidung.

Diese Maßnahmen führten dazu, dass die Mitarbeiter von Arthur Andersen eine homogene Gruppe bildeten, die zuweilen von Außenstehenden und auch von sich selbst, wie in Abbildung 5 erläutert, als „Arthur Androids“ bezeichnet wurden. Sing-Sing on the Fox „Andersen’s central training center in St. Charles, Illinois, could accommodate conferences of up to 2,000 people. Buildings on the 150-acre site held offices for hundreds of Andersen training and development employees, classrooms, auditoriums, and dorms for up to 1,675 students. One of the biggest jobs of the professional development program was the formal two- or three week basic training of new Andersen staff. Those who attended called the training „boot camp.” It was a little inside joke used by the students when partners were out of hearing, although partners knew of the term and used it themselves. From offices around the world, recruits shared the same training experience that introduced them to the firm, its culture, and its methods. New hires got to know their fellow students from their own offices and from other offices, and it was at training that people formed the relationships that would become the foundation of their future professional lives. Fellow recruits might later be team members or links in networks of friends and associates.” Arthur Androide „Andersen‘s professional development program was instrumental in maintaining an exceptionally cohesive and homogeneous culture within and across local offices. It produced loyal auditors who were molded to fit into Andersen culture and adhere to the work standards that Andersen set. Instilling a shared methodology among staff was not intended to make people alike but to ensure consistency across the firm‘s global network of offices. Although the system guaranteed that everyone in the local office shared the same goals, „spoke the same language,“ and had the same work practices, it just so happened that individuals who were selected to work for the firm did well in a structured system and were suited to following rules and standards. Over time, Andersen‘s selection, training, and promotional mechanisms developed a homogenous workforce known as „Arthur Androids.“ Clients joked with Andersen staff that they didn‘t see how they found their coats because they all looked alike. In Chicago, the limo drivers who spent their day ferrying Andersen people from O‘Hare to the downtown headquarters or the training facility in St. Charles, Illinois, called Arthur Andersen staff „Arthurs“ to their faces and „Arthur Androids“ behind their backs. The drivers liked to brag that they could spot an Andersen fare at the airport. To the practiced eye of a Chicago limo driver, the grooming, clothes, stance, luggage, and briefcase all gave away the identity of an Arthur Android. To the end, the firm continued to turn out a consistent, uniform set of rank-and-file employees who played by the rules and followed orders, regardless of what the orders might be.”

Abb. 5: Beispiele zur Veranschaulichung der Homogenität und Trainingsmaßnahmen Quelle: Squires u.a. (2003), S. 52-53 und S. 65-66.

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257

2.3 Die letzten 20 Jahre – Das Beratungsgeschäft und die Vertriebsorientierung Auch in den 1980er Jahren setzten sich die nationale und internationale Expansion von Arthur Andersen fort. Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des Unternehmens war dabei der Ausbau des Beratungsgeschäftes. Bereits seit den 1970er Jahren entwickelten sich Umsatz und Gewinne in diesem Geschäftsfeld deutlich stärker als im traditionellen Prüfungsgeschäft. Für den Wirtschaftsprüfungsbereich wurde es immer schwieriger, neue Kunden zu gewinnen und vor allem die bisherigen Honorarforderungen durchzusetzen. Prüfungsmandate hatten somit auch für Arthur Andersen manchmal nur noch die Funktion eines „Türöffners“ für die wesentlich lukrativeren Beratungsaufträge. Der Ausbau des Beratungsgeschäftes (insbesondere der IT-Beratung) hatte neben den finanziellen Folgen aber auch strukturelle Auswirkungen. Die Geschäftsbereiche – vor allem Prüfung und Beratung – waren von Beginn an hinsichtlich der professionellen Anforderung und der damit verbundenen Arbeitsweise nicht kompatibel. So verstanden es beispielsweise die Prüfer als ihren Auftrag, die Einhaltung regulatorischer Anforderungen zu prüfen und zu testieren, die Berater dagegen interpretierten als ihr Ziel die Befriedigung der Kundenwünsche. Aufgrund dieser grundsätzlich unterschiedlichen Ausrichtung beider Bereiche kam es zu einer immer stärkeren Separierung beider Geschäftsfelder und schließlich im Jahre 1989 zur Abtrennung des Beratungsbereiches. Zunächst erfolgte die Trennung auf operativer Ebene, d.h. eine Trennung von Buchhaltung, Administration und Entlohnungssystemen. Ebenso wurde ein unterschiedlicher Außenauftritt unter dem Namen Andersen Consulting einerseits und Arthur Andersen andererseits beschlossen. Trotz dieser Trennung waren Andersen Consulting und Arthur Andersen weiterhin über die Schweizer Mantelgesellschaft miteinander verbunden. Die vollständige rechtliche Abtrennung des Beratungsgeschäftes erfolgte erst 12 Jahre später mit dem Börsengang von Andersen Consulting und der Umbenennung in Accenture. Ende der 1980er Jahre spitzte sich die Situation im Wirtschaftsprüfungsbereich zu. Aufgrund der immer noch sehr strikten „konservativen“ Standards bei der Prüfung verlor das Unternehmen eine Vielzahl von Kunden an die Konkurrenz. Diese negative Entwicklung sollte durch eine stärkere Vertriebsorientierung kompensiert werden. Für die Mitarbeiter von Arthur Andersen bedeutete dies, dass der Erfolg der Arbeit weniger von der Qualität der eigentlichen Prüfungstätigkeit abhing als von der Höhe der erzielten Umsätze und Gewinne. Da nicht alle Partner dieser neuen Orientierung zustimmten und an ihrer bisherigen Arbeitsweise festhielten, kam es 1992 zu drastischen Maßnahmen. Alle Partner, die nicht die erwarteten Vertriebserfolge vorweisen konnten, wurden aufgefordert, das Unternehmen zu verlassen. Dies war ein bis dahin einmaliger Vorgang in der Geschichte von Arthur Andersen, in dessen Folge über 10% der Partner aus dem Unternehmen ausschieden. Da viele der Partner zu den erfahrensten Mitarbeitern und den

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Arthur Andersen

Mitarbeitern mit einem hohen Qualitätsanspruch gehörten, verlor Arthur Andersen einen Teil des Wissens und dessen, was den Erfolg des Unternehmens in der Vergangenheit ausgemacht hatte. Die neue Vertriebsorientierung führte auch zu einer Veränderung des Wertesystems von Arthur Andersen. Vordergründig war dieser Wandel kaum zu erkennen, da die Werte an sich die gleichen blieben. So unterschieden sich die im Geschäftsbericht von 1999 genannten Werte „integrity, respect, passion for excellence, one firm, stewardship, personal growth“ nur wenig von den ursprünglich durch den Firmengründer formulierten Werten. Verändert hatte sich hingegen die Gewichtung und Interpretation der Werte. Zum zentralen und dominierenden Wert hatte sich die „passion for excellence“ entwickelt. Damit wurde aber anders als früher nicht mehr auf alle Aspekte des Geschäftes abgestellt, sondern primär auf die „Exzellenz“ in der Kundenorientierung, die mit Umsatz- und Gewinnorientierung einherging.

2.4 Das Jahr 2002 – Der Beginn des Zerfalls des Unternehmens Bis zur Zerschlagung im Jahr 2002 hatte sich Arthur Andersen zu einer der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt entwickelt. Mit etwa 85.000 Mitarbeitern in 83 Ländern und einem Umsatz aller Geschäftsbereiche von 9,3 Mrd. US$ war Arthur Andersen das fünftgrößte Unternehmen der Wirtschaftsprüfungsbranche. Unter Berücksichtigung der ausgegliederten Beratungssparte – Accenture – wäre Arthur Andersen bis auf den zweiten Platz nach PricewaterhouseCoopers vorgerückt. Ausschlaggebend für die unfreiwillige Auflösung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Jahr 2002 war die Verwicklung der US-amerikanischen Landesgesellschaft Arthur Andersen LLP in den Konkurs des Energieunternehmens Enron. Im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen wurde aufgedeckt, dass verantwortliche Partner der Landesgesellschaft Gefälligkeitsgutachten erstellt und die Justiz bei der Aufklärung des Konkurses behindert hatten. In der folgenden Gerichtsverhandlung wurde die amerikanische Landesgesellschaft Arthur Andersen LLP der Justizbehinderung und Beweisvernichtung für schuldig befunden. Sie stellte daraufhin am 31. August 2002 die Geschäfte ein. Die wesentlichen Ereignisse von Oktober 2001 bis zur Beendigung der Geschäfte im August 2002 sind in Abbildung 6 dokumentiert. Bereits vor der offiziellen Auflösung der amerikanischen Landesgesellschaft zeigte auch die internationale Organisation Zerfallserscheinungen. Aus Perspektive der Unternehmensstruktur war die Auflösung des gesamten Unternehmens zwar keine zwingende Konsequenz, da ein rechtlicher Rückgriff auf die nationalen Gesellschaften nicht möglich war. Dass es dennoch zu einer schnellen Auflösung einer der vormals am stärksten

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angesehenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kam, hatte zwei wesentliche Ursachen. Erstens führte die Verwicklung in den Enron-Skandal zu einem erheblichen Imageschaden für Arthur Andersen, in dessen Folge nicht nur viele US-amerikanische Unternehmen ihre Prüfungsmandate mit Arthur Andersen LLP kündigten, sondern auch die nichtamerikanischen Landesgesellschaften eine Reihe ihrer Kunden verloren. Zweitens führte die Vereinbarung der amerikanischen Landesgesellschaft mit der Börsenaufsicht, keine in den Vereinigten Staaten öffentlich gelisteten Unternehmen mehr zu prüfen, zu einem Verlust der Mandate großer international tätiger Unternehmen. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die bei einem Konzern die in in den USA ansässigen Gesellschaften nicht prüfen kann, verliert auch die Konzerngesellschaften in anderen Ländern, wie etwa Deutschland, Australien oder Japan, als Kunden. So ist beispielsweise SAP, der größte Kunde von Arthur Andersen in Deutschland, zu KPMG gewechselt, da Arthur Andersen nicht mehr in der Lage war, das für SAP bedeutende Amerikageschäft zu prüfen.

22.10. 2001 Die US-Regulierungsbehörde für Finanzen kündigt die Überprüfung der Enron-Bilanzen an.

04.02.2002 Der frühere US-Notenbankpräsident Paul Volcker wird engagiert, um umfassende Reformen bei Arthur Andersen einzuleiten. 14.03.2002

Das US-Justizministerium beschuldigt Andersen der Vernichtung von Beweisen bei einer laufenden behördlichen Untersuchung.

26.03.2002

Der Managing Partner (CEO) von Arthur Andersen, Joseph Berardino, tritt zurück.

08.04.2002

Ein Viertel der US-Belegschaft (7.000 Angestellte) wird arbeitslos.

13.12. 2001 Arthur Andersen erklärt, dass man Enron bezüglich „möglicherweise illegaler Handlungen“ gewarnt hätte.

07.05.2002

09.01. 2002 Das US-Justizministerium verkündet die Eröffnung des Strafverfahrens gegen Arthur Andersen. In der Folge verlassen viele USamerikanische Kunden und Partner „das sinkende Schiff”.

Die Gerichtsverhandlung beginnt, nachdem die Einigungsgespräche zwischen Arthur Andersen und dem Justizministerium abgebrochen wurden.

12.06.2002

Die Jury im Prozess gegen Arthur Andersen räumt ein, nicht weiterzukommen. Sie erhält daraufhin die Möglichkeit, ein Unternehmen schuldig zu sprechen, auch wenn nicht erkennbar ist, wer persönlich für die Handlungen verantwortlich ist.

15.06.2002

Die US-amerikanische Landesgesellschaft Arthur Andersen LLP wird der Justizbehinderung und Beweisvernichtung im Enron-Skandal für schuldig befunden.

31.08.2002

Arthur Andersen LLP stellt das Geschäft ein.

08.11. 2001 Enron revidiert die von Arthur Andersen abgenommenen Jahresabschlüsse der vergangenen 5 Jahre (die Änderungen belaufen sich auf 586 Mio. US$). 02.12.2001 Enron meldet Konkurs an – der bis dato größte Unternehmenszusammenbruch in der US-Geschichte.

10.01.2002 Andersen räumt ein, dass tausende EnronUnterlagen vernichtet wurden. 15.01.2002 Andersen entlässt seinen für Enron hauptverantwortlichen Partner David Duncan. 17.01.2002 Enron entlässt Arthur Andersen mit der Begründung, auch Unterlagen für die staatsanwaltlichen Ermittlungen vernichtet zu haben.

Abb. 6: Übersicht über den Verlauf der Auflösung von Arthur Andersen Quelle: Informationen aus o.V. (2002c). Obwohl die unmittelbaren Gründe für den Zerfall von Arthur Andersen in der Verwicklung in den Enron-Skandal liegen, wird von vielen „Insidern“ immer wieder hervorgehoben, dass dies nur die Konsequenz einer langen Entwicklung des Unternehmens war. Als wesentliche Eckpunkte dieser Entwicklung werden in diesem Zusammenhang die

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Arthur Andersen

Veränderung der Unternehmensstruktur und der Unternehmenskultur genannt. Auslöser für die Veränderung der Unternehmensstruktur war das starke Wachstum des Unternehmens in den 1970er Jahren. Das bis dahin zentral gesteuerte und geführte Unternehmen dezentralisierte seine Strukturen. Durch diese Maßnahme wurde die Organisation zwar flexibler, aber auch schwieriger zu kontrollieren und damit Fehlverhalten leichter möglich. Auslöser für die Veränderung der Unternehmenskultur war die Veränderung der Werte infolge der zunehmenden Vertriebsorientierung des Unternehmens. Wie sich diese Werte entwickelten, wird auch durch einige Beispiele verdeutlicht: •

Im Gegensatz zu den ersten Jahren des Unternehmens wurde kaum ein Kunde zurückgewiesen, nur weil er eventuell unethisches Verhalten verlangte. Was zählte, waren die potentiellen Erlöse, die mit dem Kunden erzielt werden konnten – wie dies beispielsweise im Fall Enron öffentlich wurde. • Parallel mit der zunehmenden Vertriebsorientierung änderten sich beispielsweise auch die Kriterien für das Recruiting. Während in den Anfangsjahren darauf geachtet wurde, vor allem fachlich qualifizierte Mitarbeiter mit Top-Abschlüssen einzustellen, wurden gegen Ende nun immer häufiger die „smart boys“ engagiert. Bei diesen Kandidaten stand weniger das fachliche als das verkäuferische Talent im Mittelpunkt. • Auch die Form der Zusammenarbeit hatte sich verändert. Insbesondere die kooperativen Beziehungen zwischen den Partnern waren der zunehmenden Vertriebsorientierung zum Opfer gefallen. So kam es häufig zu Auseinandersetzungen über die Verteilung der Erlöse eines Kunden auf die beteiligten Partner. Durch diese Art von Diskussionen wurde der fachliche Austausch fast vollständig verdrängt.

3

Arthur Andersen nach dem Enron-Skandal

Nachdem das gesamte Ausmaß und die Folgen des Enron-Skandals bekannt wurden, versuchte man zunächst, eine übergreifende Lösung für den Fortbestand des Unternehmens – ob in den Vereinigten Staaten oder in anderen Ländern – zu finden. Zunächst wurden Verhandlungen mit KPMG aufgenommen. Dieser Versuch scheiterte aber bereits nach kurzer Zeit an den unüberwindbaren Einzelforderungen der Landesgesellschaften von Arthur Andersen gegenüber KPMG. Daraufhin entschied jede Landesgesellschaft separat, welcher Weg für sie der jeweils beste Weg aus der Krise war und wer vor allem ein geeigneter Partner sein könnte. Besonders schnell erfolgte die Auflösung in Europa. Dort schlossen sich die meisten der Landesgesellschaften mit der bis dahin weltweit viertgrößten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zusammen. In Deutschland begann man beispielsweise nach der offiziellen Anklageerhebung gegen die amerikanische Landesgesellschaft mit der Suche nach einem neuen Partner. Ende

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März 2002 nahm man zunächst Übernahmeverhandlungen mit dem lokalen Marktführer KPMG auf. Nachdem zwischen den beiden Unternehmen keine Einigung erzielt werden konnte, wurde mit der Nummer vier des deutschen Marktes – Ernst & Young – über eine Fusion verhandelt. Hauptgrund für die Wahl des Verhandlungspartners waren die positiven Erfahrungen aus den erfolgreichen Einigungsgesprächen zwischen der französischen Landesgesellschaft und Ernst & Young. Im Mai desselben Jahres verkündeten beide Unternehmen eine Einigung in den Verhandlungen. Die Fusion wurde kurz danach am 1. Juli 2002 vollzogen. Welche Partner für die anderen Landesgesellschaften gefunden wurden, ist in Abbildung 7 aufgeführt. Konkurrent

Ernst & Young

Deloitte & Touche

KPMG

PWC

Region Westeuropa

Deutschland, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Norwegen, Schweiz

Zentraleuropa

Bulgarien, CIS, Estland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn

Asien/Pazifik

Australien, Singapur, Indien, Indonesien, Malaysia, Neuseeland, Philippinen

Amerika

Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru

Belgien, Großbritan- Irland nien, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Spanien

Japan, Thailand, Vietnam

China, Hongkong

Kanada, Venezuela

Abb. 7: Verbleib ausgewählter Landesgesellschaften von Arthur Andersen Quelle: Informationen aus diversen Presseveröffentlichungen. Neben den direkten Auswirkungen auf Arthur Andersen hatte der Skandal auch intensive Diskussionen über die Folgen für die gesamte Branche ausgelöst. Als eine Folge dieser Diskussion wurde in den Vereinigten Staaten der Sarbanes-Oxley Act eingeführt. Einige wesentliche Elemente dieses Gesetzes sind •

die Verschärfung der Bestimmungen über die Unabhängigkeit und Haftung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, • die Gründung einer Aufsichtsbehörde für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB), • die Erweiterung der finanziellen Offenlegungspflichten für Unternehmen und

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Arthur Andersen

die Neuregelung der Verantwortlichkeiten von leitenden Angestellten börsennotierter Unternehmen.

Diese Regelungen gelten aber nicht nur für US-amerikanische Unternehmen, sondern auch für ausländische Unternehmen, die an US-Börsen gelistet werden. Für manche Experten gehen die getroffenen Maßnahmen jedoch nicht weit genug. Sie fordern eine noch grundsätzlichere Veränderung des Prüfungswesens, um schwerwiegendes Fehlverhalten wie im Fall Enron zukünftig auszuschließen. Ein ehemaliger Mitarbeiter von Arthur Andersen LLP meint drei Jahre nach dem Zerfall von Arthur Andersen zu den Konsequenzen aus dem Enron-Skandal: „As the Enron scandal recedes from people’s minds, will Congress take up the challenge of true reform? To date, the answer is unclear and not entirely encouraging.”

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Arthur Andersen

Fragen und Aufgaben 1.

Die Kultur eines Unternehmens ist ein komplexes Konstrukt. Kultur wird dabei durch Elemente der Percepta und Concepta konstituiert. a) Beschreiben Sie bitte die Unternehmenskultur von Arthur Andersen, indem Sie auf verschiedene Kulturelemente eingehen. Zeichnen Sie dabei auch Veränderungen im Zeitablauf nach. b) Versuchen Sie bitte anschließend, die genannten Elemente der Percepta-Ebene (Artefakte und Verhalten) und der Concepta-Ebene (Grundannahmen, Werte, Normen, Einstellungen und Überzeugungen) zuzuordnen. Begründen Sie bitte Ihre Einteilung. c) Erläutern Sie bitte, welche Auswirkungen die Unternehmenskultur von Arthur Andersen auf die Mitarbeiter, auf den Ruf des Unternehmens und auf die Zusammenarbeit mit den Kunden hatte bzw. gehabt haben könnte. Berücksichtigen Sie dabei bitte auch Veränderungen im Zeitablauf.

2.

Arthur Andersen entwickelte sich schnell von einem auf nur einem Markt präsenten Unternehmen zu einem nahezu weltweit agierenden Wettbewerber. a) Charakterisieren Sie bitte – unter Rückgriff auf das EPRG-Schema von Perlmutter – die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen hinsichtlich der mentalen Einstellung des Managements zu Beginn der Unternehmensentwicklung. b) Stellen Sie eine Veränderung im Zeitablauf fest? Wenn ja, welche? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

3.

Die Fallstudie gewährt einen Einblick in die Internationalisierungsstrategien von Arthur Andersen. a) Schildern Sie kurz, für welche Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie(n) sich Arthur Andersen entschieden hat. b) Welche alternativen Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien wären grundsätzlich möglich gewesen? Vergleichen Sie bitte die Alternativen und bewerten Sie diese. c) Identifizieren Sie im Fall Andersen auch Informationen über Zielmarktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien und Koordinationsstrategien? Fassen Sie bitte Ihre Ergebnisse systematisch zusammen und machen Sie die Bereiche aus, zu denen keine Aussage getroffen wird.

Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht 4.

267

Holding- bzw. Konzernstrukturen sowie Netzwerkstrukturen sind wesentliche Alternativen für die Gestaltung internationaler Unternehmen. a) Beschreiben Sie bitte kurz die wesentlichen Merkmale der rechtlichen Struktur von Arthur Andersen im Zeitraum nach 1980 und erläutern Sie die Vor- und Nachteile der gewählten Struktur. b) Charakterisieren Sie bitte, was man unter Holding- und Konzernstrukturen versteht und begründen Sie, ob man Arthur Andersen Ihrer Meinung nach als Holding oder Konzern bezeichnen kann. c) Legen Sie bitte dar, was man unter Netzwerkstrukturen versteht und gehen Sie darauf ein, ob man die Organisation der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als internationale Netzwerkstruktur interpretieren kann. Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

5.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Arthur Andersen im Jahre 1950 und müssten das Unternehmen zu einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entwickeln. a) Hätten Sie eine andere Internationalisierungsstrategie als Arthur Andersen gewählt? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. b) Hätten Sie andere Maßnahmen als Arthur Andersen ergriffen, um die Organisationsstruktur an die weltweite Präsenz anzupassen? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. c) Hätten Sie sich im Hinblick auf die kulturelle Prägung des Unternehmens anders als Arthur Andersen verhalten? Unterlegen Sie Ihre Antwort bitte mit adäquaten Argumenten.

6.

Um (möglichst starke) kulturelle Homogenität über Landesgrenzen hinweg zu erreichen, nutzen viele Unternehmen vor allem personalwirtschaftliche Maßnahmen. a) Welche personalwirtschaftlichen Maßnahmen werden im Text der Fallstudie genannt, die zur kulturellen Homogenisierung beitragen? b) Können Sie sich weitere – nicht im Text genannte – personalwirtschaftliche Maßnahmen vorstellen, die kulturelle Homogenität fördern? c) Welche Vor- und Nachteile bringt Ihrer Meinung nach kulturelle Homogenität in Unternehmen mit sich?

7.

Die unmittelbaren Gründe für den Zerfall von Arthur Andersen liegen im EnronSkandal. Insider betonen jedoch immer wieder, dass dieser die Folge einer langen Entwicklung des Unternehmens ist. a) Erläutern Sie bitte, wie es zu einem Fehlverhalten einer vergleichsweise kleinen Gruppe von Mitarbeitern kommen konnte.

268

Arthur Andersen b) Stehen ursprüngliche Werte – Integrität, Unbestechlichkeit und Ehrlichkeit – tatsächlich dem Profitstreben entgegen? Unterlegen Sie Ihre Auffassung bitte durch geeignete Argumente. c) Erläutern Sie bitte, durch welche Maßnahmen Gewinnorientierung einerseits und Werte wie Integrität, Unbestechlichkeit und Ehrlichkeit andererseits Ihrer Meinung nach gut verknüpft werden können.

8.

Trotz relativ autonomer Landesgesellschaften führten Probleme in einer Landesgesellschaft zum Zusammenbruch des gesamten Andersen-Verbundes. a) Bitte legen Sie dar, warum die einzelnen Landesgesellschaften sowohl aus organisatorischer als auch aus rechtlicher Sicht relativ unabhängig waren. b) Finden Sie bitte Gründe, warum das internationale Unternehmen relativ schnell zerbrach. Berücksichtigen Sie bitte auch die Anforderungen des Marktes. c) Welche Möglichkeiten sehen Sie, um den Zerfall eines derartigen Verbundes bei „kleineren“ Problemen zu verhindern? Welche „Vorsichtsmaßnahmen“ und welche „reaktiven Maßnahmen“ würden Sie ergreifen?

9.

Nach dem Zusammenbruch von Arthur Andersen haben sich die Landesgesellschaften auf nationaler Ebene meist mit einem der anderen Unternehmen aus dem Kreis der „Big Five“ zusammengeschlossen. a) Beschreiben Sie diesen Prozess bitte in einem Land Ihrer Wahl. Nutzen Sie diverse Quellen für die Beschaffung der nötigen Informationen (z.B. Artikel in Fachzeitschriften, Internetquellen, andere Fallstudien). b) Welche Probleme sehen Sie bei derartigen Zusammenschlüssen? Wie würden Sie auf die Probleme reagieren?

10. Der Sarbanes-Oxley Act wurde in den USA erlassen. Er hatte aber auch Auswirkungen auf Unternehmen, deren Stammsitz in anderen Ländern liegt. a) Wie kommt es, dass der Sarbanes-Oxley Act, obwohl in den USA erlassen, nicht nur in den USA relevant ist? Erläutern Sie bitte Ihre Argumentationslinien. b) Am Ende der Fallstudie wird ein Manager zitiert, für den der Sarbanes-Oxley Act nicht weit genug geht, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Inzwischen werden allerdings auch Stimmen laut, die vor einer „Überregulierung“ warnen. Bitte legen Sie Ihren eigenen Standpunkt dar und begründen Sie diesen. 11. In der Literatur des Internationalen Managements wurden zahlreiche Konzepte entwickelt, die sich mit der Unternehmensentwicklung beschäftigen. Ein Konzept stellt das so genannte „Drei-E-Konzept“ dar. a) Welche Epochen identifizieren Sie in der Unternehmensentwicklung von Arthur Andersen?

Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

269

b) Versuchen Sie bitte anschließend, auch wesentliche Episoden auszumachen, die für die Unternehmensentwicklung von Arthur Andersen zentral sind. c) Welche hierarchische Managementebene (Top-Manager, Middle-Manager etc.) kann Ihrer Meinung nach Epochen und Episoden der Unternehmensentwicklung steuern? Hinweis: Folgende Literaturquellen zum „Drei-E-Konzept“ helfen Ihnen bei der Beantwortung der Fragen: Kutschker, Michael (1996): Evolution, Episoden und Epochen: Die Führung von Internationalisierungsprozessen. In: Engelhard, Johann (1996, Hrsg.): Strategische Führung internationaler Unternehmen. Paradoxien, Strategien und Erfahrungen. Gabler, Wiesbaden, 1996, S. 1-37. Kutschker, Michael/Bäurle, Iris/Schmid, Stefan (1997a): International Evolution, International Episodes and International Epochs – Implications for Managing Internationalization. In: Management International Review, 37. Jg., Special Issue Nr. 2, 1997, S. 101-124. Kutschker, Michael/Bäurle, Iris/Schmid, Stefan (1997b): Process Orientation and Deep Structure: Implications for Managing the Multinational Corporation. In: Larimo, Jorma (Hrsg., 1997): Internationalization and Foreign Direct Investment Behavior in OECD and Asian Countries, Vaasan Yliopiston Julkaisuja, Bd. 24, Vaasa, 1997, S. 176-205. Kutschker, Michael/Schmid, Stefan (2011): Internationales Management. 7. Aufl., Oldenbourg, München, 2011 (Kapitel 7).

12. EU-Kommissar Michel Barnier möchte seit einigen Jahren die Macht der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften KPMG, PwC, Deloitte und Ernst & Young beschränken. Seiner Ansicht nach sind die so genannten „Big Four“ zu mächtig. Lesen Sie dazu auch folgenden Zeitungsausschnitt: Handelsblatt, 13.10.2011: „“Big Four“ kontrollieren fast alle Topkonzerne Europas – Die Marktmacht der führenden Wirtschaftsprüfer ist größer als bislang bekannt“, S. 21. „Die Konzentration auf dem Markt für Wirtschaftsprüfer ist noch höher, als die Europäische Union vermutet. Nach einer Studie der Aktionärsvereinigung Expert Corporate Governance Service (ECGS) teilen Deloitte, Ernst & Young, KPMG und PwC rund 97 Prozent der lukrativsten Bilanzprüfungen unter sich auf. Binnenmarktkommissar Michel Barnier bezifferte den Anteil der so genannten Big Four bislang auf 90 Prozent. Schon bei dieser Größenordnung spricht Barnier von Systemrelevanz. Er will deren Marktmacht beschränken – unter anderem durch das Verbot, ein Unternehmen gleichzeitig zu prüfen und zu beraten. Das stößt teils auf massiven Widerstand der Branche. Barniers Plan wird dagegen von der ECGS unterstützt. Jella Benner-Heinacher, Chairwoman der Vereinigung, hält es für „fragwürdig, wenn eine Gesellschaft im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit etwas prüft, was sie vorher als Beratungsunternehmen selbst entwickelt hat“. Die Untersuchung beruht auf 450 europäischen Aktiengesellschaften mit der höchsten Börsenkapitalisierung. ECGS hat sich sowohl die Honorare für Abschlussprüfungen als auch für weitergehende Beratung angesehen. Ergebnis: Die gesamte Branche kassierte 2,9 Milliarden Euro für Prüfungen, (1) ) 374 Millionen Euro für prüfungsnahe Dienstleistungen und 777 Millionen Euro(2 für Beratung, beispielsweise Steuerberatung. Knapp vier Milliarden des Gesamtmarktes entfielen auf die „Big Four“, nur gut 100 Millionen Euro auf den Rest. Europaweit kommen 19 Prozent der Einnahmen aus Aufträgen jenseits der Bilanzierung. Dieses Verhältnis sei zwar nicht so desaströs, wie der Vorstoß der EU vermuten lasse, sagt BennerHeinacher. Trotzdem sei der Anteil der Nicht-Prüfungshonorare zu hoch. Die ECGS befürchtet Interessenkonflikte. Barnier hat erst vor wenigen Tagen zur Überraschung der Branche bekräftigt, an der Trennung von

270

Arthur Andersen Beratung und Prüfung festhalten zu wollen. Andere Pläne [sic] wie etwa die staatliche Gebührenkontrolle oder gar Auftragsvergabe durch eine neue Behörde [sic] sind nach dem derzeitigen Stand der Beratungen ad acta gelegt. Die Branche beklagt seit Jahren den heftigen Preiswettbewerb bei Aufträgen für Abschlussprüfungen. Deshalb weichen die Gesellschaften gern auf andere, lukrativere Beratungsgebiete aus. Trotzdem sind Topmandate wegen des Imagefaktors sehr gefragt. Abschlussprüfungen sind in Deutschland mit durchschnittlich 13 Millionen Euro Vergütung am teuersten. Spitzenhonorare bezahlten 2010 die Deutsche Bank (71 Millionen), Eon (59 Millionen) und Siemens (47 Millionen). Das teuerste Testat in Europa bekam die Schweizer Bank UBS für 73 Millionen Euro von Ernst & Young.“ (1) Im Originaltext des Handelsblattes war fälschlicherweise von 374.000 Euro die Rede. (2) Im Originaltext des Handelsblattes war fälschlicherweise von 777.000 Euro die Rede.

Einnahmen der Wirtschaftsprüfer 2010 in Mio. €

PwC

848,4

KPMG

58,8

743,0

Deloitte

Sonstige

116,4

778,4

Ernst & Young

478,4

92,8 4,5

274,9

145,6

49,1 139,7

135,8

220,5

1.268,9

1.115,3

937,6

667,2

103,5 6,2

Prüfungsgebühren

Prüfungsnahe Gebühren

Beratungsgebühren

Quelle: Fockenbrock, Dieter (2011): “Big Four“ kontrollieren fast alle Topkonzerne Europas – Die Marktmacht der führenden Wirtschaftsprüfer ist größer als bislang bekannt. In: Handelsblatt, 13.10.2011, S. 21. a) Bitte informieren Sie sich – über den Zeitungsausschnitt hinaus – über die unterschiedlichen geplanten Maßnahmen, die während der letzten Jahre diskutiert wurden, um die Macht der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu reduzieren. Bitte prüfen Sie, welche dieser geplanten Maßnahmen schließlich auch realisiert wurden (z.B. durch neue Gesetze bzw. Regulierungen). b) Halten Sie vor dem Hintergrund des Ihnen bekannten Falles zu Arthur Andersen Barniers Ansinnen, die Macht der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu reduzieren, für angemessen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Geht es bei den Diskussionen zur Reform der Wirtschaftsprüferbranche Ihrer Meinung nach nur um das Ziel der Machtbeschränkung oder spielen für den Gesetzgeber Ihrer Meinung nach noch andere Ziele eine Rolle?

Ein renommiertes internationales Unternehmen zerbricht

271

13. Das Beratungsgeschäft des früheren Unternehmens Arthur Andersen wurde – wie im Fall erwähnt – erst sehr spät rechtlich vom Wirtschaftsprüfungsgeschäft getrennt. Im Jahr 2001 fand die Umbennung von „Andersen Consulting“ in „Accenture“ statt. a) Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, um herauszuarbeiten, wie sich Accenture im Vergleich zu Bearing Point am Markt positioniert. Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede erkennen Sie? Entscheiden sich Accenture und Bearing Point Ihrer Meinung nach weltweit in allen Ländermärkten für eine identische Positionierung oder gibt es (gewisse) länderspezifische Anpassungen? b) Der Beratungsmarkt ist sehr heterogen. Wie differieren McKinsey und BCG (Boston Consulting Group) Ihrer Auffassung nach in strategischer Hinsicht von Accenture? Wählen Sie bitte geeignete Kriterien zum Vergleich von McKinsey, BCG und Accenture und geben Sie eine begründete Aussage ab, ob die Wettbewerber Teil der gleichen Strategischen Gruppe innerhalb des Beratungsmarkts sind. 14. Neben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Beratungsgesellschaften kommt es auch in anderen so genannten „Professional Service Firms“ zur Internationalisierung. In den letzten Jahrzehnten haben dabei vor allem Rechtsanwaltskanzleien stark über Grenzen hinweg expandiert. a) Bitte legen Sie auf der Basis Ihrer eigenen logischen Überlegungen dar, welche Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien sich für Rechtsanwaltskanzleien zur Internationalisierung eignen. b) Prüfen Sie anschließend durch weitere Recherchen, ob Ihre eigenen logischen Überlegungen durch die Praxis der letzten Jahrzehnte bestätigt oder widerlegt werden. c) Wie sollten sich Rechtsanwaltskanzleien Ihrer Meinung nach im Hinblick auf die Frage der Standardisierung und Differenzierung ihrer Leistungen über Länder hinweg verhalten? Von welchen situativen Faktoren hängt Ihrer Meinung nach die Beantwortung der Frage ab?

Axel Springer Verlag Mit BILD und Co. nach Polen

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Jasper Trautsch

Stefan Schmid und Jasper Trautsch Axel Springer Verlag: Mit BILD und Co. nach Polen

Das Engagement des Axel Springer Verlages in Polen, das 1994 seinen Anfang nahm, war so erfolgreich, dass es selbst einen Großteil der eigenen Manager überraschte. Was als Experiment begann, steuerte schnell den größten Teil zum Auslandsumsatz des Verlages bei. Die Expansion nach Polen steht im Mittelpunkt der vorliegenden Fallstudie. Es wird aufgezeigt, warum der Axel Springer Verlag zu internationalisieren begann, welche Strategien er in Polen verfolgte und wie sich diese im Zeitablauf entwickelten. Dabei wird in der Fallstudie auch diskutiert, auf welche Probleme und Herausforderungen der Verlag in Polen traf und wie er damit umging. Zum Abschluss wird dargelegt, dass der Markteintritt in Polen nur ein erster Schritt im Rahmen der Expansion Richtung Osten war. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im Juni 2007 abgeschlossen. Im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert. Die Autoren danken Frau Dr. Swantje Hartmann für wertvolle Hinweise zu früheren Versionen dieser Fallstudie.

274

Axel Springer Verlag

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Die Ausgangslage .................................................................................................. 275 1.1 Der Axel Springer Verlag ................................................................................. 275 1.2 Der deutsche Pressemarkt und die Internationalisierung des Axel Springer Verlages ............................................................................................ 277 1.3 Der polnische Pressemarkt vor dem Markteintritt des Axel Springer Verlages .......................................................................................................... 279 2 Vom Experiment zum Marktführer: Die Expansion nach Polen ......................... 281 2.1 Die Gründung von Axel Springer Polska im Jahr 1994 ................................... 281 2.2 Der Ausbau des Geschäfts von Axel Springer Polska ..................................... 282 2.3 Das Verhältnis zwischen Axel Springer Polska und der Muttergesellschaft ........................................................................................... 287 3 Probleme und Herausforderungen für den Axel Springer Verlag in Polen....... 288 3.1 Probleme mit der polnischen Regierung.......................................................... 288 3.2 Probleme mit den amerikanischen Lizenzgebern ............................................ 290 4 Polen als Sprungbrett für Osteuropa ................................................................... 292

Mit BILD und Co. nach Polen

1

275

Die Ausgangslage

1.1 Der Axel Springer Verlag Der Axel Springer Verlag wurde 1946 vom gleichnamigen Unternehmer ins Leben gerufen. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten gründete und erwarb der Verlag zahlreiche Zeitungen in Deutschland, darunter 1948 das Hamburger Abendblatt, 1952 die BILD-Zeitung und 1953 „Die Welt“. Die Auflage der BILD-Zeitung ist zwar inzwischen auf etwa 3 Millionen pro Tag gefallen; mit dieser Zahl an täglich verkauften Exemplaren stellt die BILD-Zeitung aber immer noch die auflagenstärkste Tageszeitung in Deutschland dar. Die als konservative Qualitätszeitung positionierte „Die Welt“ gilt als quersubventioniertes „Flaggschiff des Verlages“. Gleichzeitig engagierte sich der Axel Springer Verlag auf dem Zeitschriftenmarkt. Das Portfolio reicht heute von Jugend- und Frauenzeitschriften über Fernseh- und Computerzeitschriften bis hin zu Auto- und Sportzeitschriften: Die bekanntesten sind Popcorn, BILD der Frau, Hörzu, Computer BILD, Auto BILD und Sport BILD. Doch zunächst einmal zurück in die Vergangenheit: Die so genannte Günther-Kommission der Bundesregierung, die damit beauftragt wurde, den Konzentrationsgrad im Pressewesen festzustellen, kam 1968 zu der Erkenntnis, dass fast 20% der Zeitungen und 40% der Zeitschriften in Deutschland vom Axel Springer Verlag herausgegeben wurden. Auch andere Unternehmen, wie die WAZ Mediengruppe, erreichten eine starke Marktposition. Daraufhin wurden Stimmen laut, die Markt- und Meinungsmacht der Großverlage einzuschränken. 1976 wurde von der damaligen sozial-liberalen Koalition deshalb die Pressefusionskontrolle geschaffen: Für Zeitungen sollten in Zukunft strengere Kriterien bei der Übernahme von Konkurrenten gelten als für den Rest der Wirtschaft, um weiteren Konzentrationstendenzen in diesem für das Funktionieren einer pluralistischen Demokratie essentiellen Wirtschaftszweig vorzubeugen. Im Jahr 1970 wurde der Axel Springer Verlag in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die fünfzehn Jahre später an der Börse platziert wurde.1 In jenem Jahr, 1985, starb auch der Gründer Axel Springer. Seitdem hält seine Witwe, Friede Springer, die Mehrheit der Anteile am Unternehmen. Als Mitte der 1980er Jahre der Duale Rundfunk in Deutschland eingeführt wurde, sich also private Rundfunkveranstalter neben den öffentlichrechtlichen Anstalten etablierten, wandelte sich der Axel Springer Verlag von einem Presse- zu einem Medienunternehmen. Er beteiligte sich unter anderem an der ProSie-

1

Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft wurde das Unternehmen von „Axel Springer Verlag GmbH“ in „Axel Springer Verlags AG“ umbenannt. Im Jahr 2003 beschloss der Aufsichtsrat die Umfirmierung des Verlages in „Axel Springer AG“. Um Verwirrung zu vermeiden, wird in der Fallstudie konsequent der traditionelle Name „Axel Springer Verlag“ verwendet.

276

Axel Springer Verlag

benSat.1 Media AG, dem neben der zum Bertelsmann-Konzern gehörenden RTL Group zweitgrößten privaten deutschen Fernsehunternehmen, und an zahlreichen Radiosendern wie RSH (Radio Schleswig-Holstein) oder Antenne Bayern. Daneben ist der Axel Springer Verlag Eigentümer von drei Offset-Druckereien (indirekter Flachdruck) in Essen-Kettwig, Berlin-Spandau und Ahrensburg (Schleswig-Holstein) und besitzt auch eigene Vertriebsgesellschaften wie die Axel Springer Verlag Vertriebsgesellschaft mbH. Darüber hinaus ist er an einem Joint Venture mit Gruner + Jahr und Arvato sowie an dem auf Liebesromane im Pressevertrieb spezialisierten Cora-Verlag beteiligt. Er hält zudem größere Anteile an der PIN Group AG – einem Postdienstleister – und an Pressegroßhandelsunternehmen wie dem Buch- und Presse-Großvertrieb Hamburg GmbH & Co. KG. Abbildung 1 gibt mit Stand 2006 einen Überblick über die Eigentümerstruktur sowie über die wichtigsten Produkte und Beteiligungen des Axel Springer Verlages in Deutschland.

Friede Springer (89,8%)

Axel-Springer Gesellschaft für Publizistik mbH & Co. KG

5%

Ariane Springer Axel Sven Springer

Hellman & Friedman, USA

Sonstige (Eigenbesitz 9,8%, Streubesitz 15,8%)

(jeweils 5,1%)

50%

19,4%

25,6%

Axel Springer AG Zeitungen

• BILD • Die Welt • Die Welt kompakt • Welt am Sonntag • BILD am Sonntag • B.Z. • B.Z. am Sonntag • Berliner Morgenpost • Elmshorner Nachrichten • Hamburger Abendblatt

Zeitschriften

• Auto BILD • BILD der Frau • Computer BILD • Euro • Frau von heute • Funk Uhr • Hörzu • Jolie • Maxim • Popcorn • Rolling Stone • Sport BILD • TV Digital

Online-Portale • Amiado • hamburg.de • Immonet • Idealo • WallstreetOnline • Zanox

Vertriebsgesellschaften

Rundfunk und Verlage

Druckereien Postdienst

Axel Springer Media Logistics

ProSiebenSat.1 Media AG (11,48%)

Essen-Kettwig

Radio Hamburg (35%)

Berlin-Spandau

Axel Springer Verlag Vertriebsgesellschaft

buecher.de (33,3%)

ZZ-Kurier Gesellschaft für Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb

BILD.TOnline.de (63%)

Buch- und Presse-Großvertrieb Hamburg (76,9%)

radio ffn (7,7%)

Ahrensburg

radio NRW (7,3%) Antenne Bayern (16%) Cora-Verlag (50%)

Prinovis (25,1%) PIN Group (23,5%)

Stand Mai 2006.

Abb. 1: Struktur und Beteiligungen des Axel Springer Verlages Quelle: Informationen aus Axel Springer Verlag (2007b), S. 113, sowie Röper (2006), S. 118, 120.

Mit BILD und Co. nach Polen

277

1.2 Der deutsche Pressemarkt und die Internationalisierung des Axel Springer Verlages Um zu verstehen, warum der Axel Springer Verlag zu internationalisieren begann, gilt es, sich die Situation auf dem deutschen Pressemarkt zu vergegenwärtigen. Zeitungsverlage haben hauptsächlich zwei Erlösquellen: die Vertriebs- und die Anzeigenerlöse. Beide Erlösarten sind bei fast allen Zeitungsverlagen rückläufig. Da Zeitungen von immer weniger Menschen gelesen werden, ging die verkaufte Auflage der deutschen Tagespresse seit Beginn der 1990er Jahre kontinuierlich zurück, wie aus Abbildung 1 zu erkennen ist. Dies ist eine Folge der Konkurrenz der elektronischen Medien und veränderter Lebensstile. So setzt zum Beispiel ein geregelter Alltag, der eine regelmäßige Zeitungslektüre fördert, immer später oder gar nicht ein. Aber nicht nur die Erlöse aus dem Vertrieb, sondern auch die Erlöse aus dem Anzeigengeschäft werden geringer. Es wandern immer mehr Inserenten, die ursprünglich in Tageszeitungen ihre Werbung platzierten, zu Anbietern im Internet ab. Zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2005 sind die Nettoanzeigenerlöse2 aller Tageszeitungen in Deutschland von 6,56 Mrd. € auf 4,48 Mrd. € gesunken, wie ebenfalls aus Abbildung 2 ersichtlich wird. Die Tagespresse befindet sich also seit Jahren in einer strukturellen Krise. Für den Axel Springer Verlag stellte sich angesichts dieser Entwicklung die Frage, wie ein weiteres Wachstum erreicht werden kann. Schließlich machen sich in der Pressebranche Größenvorteile bemerkbar: Die Auflage einer Zeitung wirkt sich auf die Zahl der Werbekunden und diese wiederum positiv auf die Einnahmen aus. Mit höheren Einnahmen lässt sich das redaktionelle Angebot verbessern, was einen auflagesteigernden Einfluss haben und wieder mehr Werbekunden anziehen kann. Dieser dynamische Prozess wird als Anzeigen-Auflagen-Spirale bezeichnet. Der Weg, das Geschäft über Inlandswachstum zu stabilisieren, ist dem Axel Springer Verlag allerdings aus zwei Gründen verwehrt. Zum einen erlaubt das strenge deutsche Kartellrecht mit seinen pressespezifischen Regeln dem Verlag keine weiteren Akquisitionen im Inland. Zum anderen machen es die Sättigung des Marktes und hohe Markteintrittskosten unattraktiv, neue Zeitungen zu gründen.

2

Bei der Ermittlung der Bruttoanzeigenerlöse werden die Werbeschaltungen mit den offiziellen Anzeigenpreisen bewertet. Die Nettoanzeigenerlöse unterscheiden sich von den Bruttoanzeigenerlösen dadurch, dass bei ihnen Agenturvergütungen und Rabatte in die Berechnung miteinfließen. Die Nettoanzeigenerlöse spiegeln also die tatsächliche Einkommenssituation der Werbeträger wider.

278

Axel Springer Verlag

Verkaufte Auflage der deutschen Tageszeitungen in Mio.

Nettoanzeigenerlöse der deutschen Tageszeitungen in Mrd. € 6,56

29,9

5,87

27,3 25,4

25

24,6

5,13

24,1

5,30

5,46

23,7

4,94 4,48

21,7 3,97

1989 1991

1993 1995 1997 1999 2001 2004

1990 1992 1994 1996 1998

2000 2002 2005

Abb. 2: Entwicklung der Auflage und der Nettoanzeigenerlöse der deutschen Tagespresse Quelle: Daten aus Schütz (2005), S. 206, und Bundesverband deutscher Zeitungsverleger (2006), S. 19. Der Axel Springer Verlag reagierte auf diese strukturellen Veränderungen seit Ende der 1980er Jahre deshalb – neben einer Strategie der Digitalisierung sowie einer Konzentration auf das Kerngeschäft mit Printmedien und dem Rundfunk im Heimatmarkt – mit einer Strategie des Wachstums im Ausland. Es wurden vor allem Adaptionen deutscher Produkte des Verlages wie Auto BILD oder Computer BILD im Ausland auf den Markt gebracht, aber ebenso existierende Zeitungen aufgekauft und gänzlich neue Zeitungen eingeführt. Zwar engagierte sich der Axel Springer Verlag auch in west- und südeuropäischen Märkten, wie etwa Frankreich und Spanien, sowie in asiatischen Märkten, etwa China, Thailand oder Indonesien; die Stoßrichtung des Axel Springer Verlages konzentrierte sich aber vor allem auf Osteuropa. Der polnische Markt, mit 38,7 Millionen Einwohnern der im Hinblick auf die Einwohnerzahl potentiell größte Markt nach Russland, entwickelte sich zum umsatz- und gewinnträchtigsten Betätigungsfeld des Axel Springer Verlages im Ausland. Daher soll er im nächsten Abschnitt kurz vorgestellt werden.

Mit BILD und Co. nach Polen

279

1.3 Der polnische Pressemarkt vor dem Markteintritt des Axel Springer Verlages Im Jahr 1989 vollzog das polnische Pressesystem einen tiefgreifenden Wandel. Nach dem politischen Umbruch und dem Amtsantritt der ersten nicht-kommunistischen Regierung wurden die Presselizenzierung, die Zensur und das Pressemonopol der kommunistischen Partei aufgehoben. Seitdem steht die Presse unter dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz der Pressefreiheit und des privaten Eigentums. Um frisches Kapital für eine notwendige Modernisierung zu erhalten – dazu zählte unter anderem der Übergang zu computergestützten Redaktionssystemen, zum Offset-Druck und zu Online-Auftritten –, öffneten sich die polnischen Presseunternehmen für private westliche Investoren. Da es keine gesetzliche Regelung gab, die eine Beteiligung ausländischer Unternehmen an der polnischen Presse eingeschränkt hätte, wurde der Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt schnell von westlichen, vor allem von deutschen Unternehmen dominiert. Doch wie sah die Situation in den vier wichtigsten Pressemärkten in Polen zu jener Zeit, als der Axel Springer Verlag sie jeweils betrat, aus? (1) Der überregionale Zeitungsmarkt wurde vor dem Markteintritt des Axel Springer Verlages von der 1989 als Zeitung der Gewerkschaft „Solidarnosc“ gegründeten Gazeta Wyborcza (Wahlzeitung) dominiert, deren politisches Profil eher links einzuordnen ist. Die zweite wichtige überregionale Tageszeitung war die eher konservative RZECZPOSPOLITA (Republik), an der neben dem norwegischen Orkla-Konzern auch der polnische Staat beteiligt ist – was zu regelmäßigen Versuchen parteipolitischer Einflussnahme führte. Daneben gab es das Boulevardblatt SUPER Express, das mehrheitlich zu MediaExpress und minderheitlich zum schwedischen Bonnier-Konzern gehört, die katholisch-nationalistische Nasz Dziennik (Unsere Tageszeitung), die den äußersten rechten Rand des politischen Spektrums vertritt, und die linke Trybuna (Tribüne), die offen die Demokratische Linksallianz unterstützt und unter ihrem Erbe als kommunistische Parteizeitung leidet. Auf dem überregionalen Zeitungsmarkt konnte, so die Einschätzung des Axel Springer Verlages, durchaus noch eine weitere Zeitung bestehen. So lasen im Jahr 1999 nur rund 60% der Polen eine Tageszeitung, während sich der Vergleichswert für Deutschland auf ca. 85% belief. Auch wenn man sich über die Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit der Zahlen durchaus streiten kann – der polnische Markt schien noch nicht gesättigt. Als ein weiterer Grund dafür, dass sich eine neue Zeitung auf dem polnischen Tageszeitungsmarkt würde behaupten können, galt die Tatsache, dass polnische Leser schneller als deutsche Leser ihre Zeitung wechseln. Abbildung 3 zeigt die wichtigsten überregionalen Tageszeitungen, bevor der Axel Springer Verlag diesen Markt im Jahr 2003 betrat.

280

Axel Springer Verlag

Zeitungstitel

Auflage

Verlag

Verlagseigner

Profil

Gazeta Wyborcza

549.475

Agora

u.a. Bankers Trust (14,37%), Cox Enterprises (12,24%)

Linksliberale Qualitätszeitung

SUPER Express

305.949

MediaExpress (50%)/Bonnier (50%)

u.a. Zjednoczone PrzedsiĊbiorstwa Rozrywkowe (> 50% an MediaExpress)

Boulevardzeitung

RZECZPOS POLITA

257.344

Orkla Media (51%)/polnischer Staat (49%)

Orkla Konzern (100% an Orkla-Media)

Konservative Qualitätszeitung

Nasz Dziennik

130.000

SPES

Katholische Kirche Polens (100%)

Rechte, katholische Zeitung

Trybuna

47.000

Ad Novum

Sozialdemokratische Partei Polens (100%)

Sozialdemokratische Zeitung

Abb. 3: Das Angebot an überregionalen Tageszeitungen im Jahr 2002 Quelle: Informationen aus Hadamik (2003), S. 163-164, und Kocinska (2002a), S. 4. (2) Auf dem regionalen Zeitungsmarkt entwickelte sich ein Duopol mit der zur bayerischen Verlagsgruppe Passau gehörenden Polskapresse auf der einen Seite und dem norwegischen Orkla-Konzern auf der anderen. Beide Verlage hatten in den 1990er Jahren bestehende Zeitungen aufgekauft: Der Anteil am Markt für regionale Tageszeitungen von Polskapresse betrug im Jahr 1999 41% und von Orkla Media, der polnischen Tochtergesellschaft des Orkla-Konzerns, 30%. Die wichtigsten Zeitungen der Polskapresse waren dabei Dziennik Zachodni (Kattowitz), Dziennik Polski (Krakau) und Express Illustrowany (Lodz), während bei Orkla die Gazeta Pomorska (Bromberg), Gazeta Lubuska (Grünberg) und Nowa Trybuna Opolska (Oppeln) als die führenden Blätter galten. Die restlichen Anteile am regionalen Zeitungsmarkt fielen größtenteils an kleinere polnische Verlage, die eigenständig überlebt haben. Drei Ursachen machten Neugründungen für ausländische Unternehmen in diesem Markt schwierig. Erstens war der regionale Zeitungsmarkt gesättigt und unter finanzstarken Presseunternehmen bereits aufgeteilt. Zweitens gelten die regionalen Tageszeitungen im Hinblick auf ihre politische Berichterstattung als vergleichsweise neutral, so dass sie keine wichtige politische Zielgruppe abschrecken. Und drittens erfordert eine konkurrenzfähige Regionalzeitung eine große Expertise in Bezug auf regionale Gegebenheiten, über die ein ausländischer Verlag zunächst nicht verfügt. (3) Als der Axel Springer Verlag im Jahr 2001 in den Markt für Nachrichtenmagazine eintrat, existierten zwei große Konkurrenten: die eher linke POLITYKA (Politik) und die konservativ-rechte wprost (Direkt). Beide Magazine hatten eine durchschnittliche Auflage von ca. 340.000 wöchentlich verkauften Exemplaren. POLITYKA hatte das Problem, dass sie von vielen mit dem alten System verbunden wurde, da sie bereits seit 1957 erschien und vor 1989 unter kommunistischer Kontrolle gestanden hatte. Wprost hingegen zeigte sehr deutlich seine politischen Sympathien für die national-konservative Rechte. Aufgrund dieser Polarisierung wurde vom Axel Springer Verlag angenommen,

Mit BILD und Co. nach Polen

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dass trotz der rückläufigen Werbeeinnahmen in diesem Segment noch Platz für ein weiteres Nachrichtenmagazin war, solange es politisch eher „neutral“ wäre. (4) Auf dem Markt für „Special-Interest“-Zeitschriften baute sich ein Oligopol polnischer Ableger westlicher Verlagshäuser auf. Polnische Verleger hatten und haben in diesem Segment eine geringe Bedeutung. Hier waren es zunächst vor allem deutsche Unternehmen, wie der Heinrich Bauer Verlag, Gruner + Jahr und Hubert Burda Media, die seit Anfang der 1990er Jahre in Polen aktiv wurden und die den Markt gleichsam unter sich aufteilten. Im Jahr 1994 kam der Axel Springer Verlag hinzu, der trotz seines relativ späten Markteintritts noch Marktchancen sah. Denn erstens wuchs der Zeitschriftenmarkt im Vergleich zum Zeitungsmarkt seit 1989 rapide: Die verkaufte Auflage nahm insgesamt zu. Zweitens war die Reichweite der Zeitschriften größer als die der Zeitungen, was sie für Anzeigenkunden attraktiver machte: Während in den 1990er Jahren nur rund 60% der Bevölkerung regelmäßig eine Zeitung lasen, wurden Zeitschriften von 71% genutzt. Schließlich ist der Zeitschriftenmarkt im Gegensatz zum Zeitungsmarkt stark segmentiert, die meisten Zeitschriften spezialisieren sich also auf eng definierte Zielgruppen und konkurrieren so nicht unmittelbar miteinander. Dass der Bauer-Verlag zum Beispiel bei den Fernsehzeitschriften bereits dominierend war, hinderte den Axel Springer Verlag nicht daran, eine erfolgreiche Automobilzeitschrift auf den Markt zu bringen.

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Vom Experiment zum Marktführer: Die Expansion nach Polen

2.1 Die Gründung von Axel Springer Polska im Jahr 1994 Um Printmedien auf den polnischen Pressemarkt zu bringen, gründete der Axel Springer Verlag im Jahr 1994 in Polen eine 100%-ige Tochtergesellschaft mit Sitz in Warschau: Axel Springer Polska. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die sich an polnischen Verlagen beteiligten, verzichtete der Axel Springer Verlag in Polen auf den gemeinsamen Eintritt mit Kooperationspartnern, wie etwa Joint Ventures oder Strategische Allianzen. Diese Vorgehensweise hängt mit mehreren Argumenten zusammen. Erstens betrat der Axel Springer Verlag den polnischen Markt für Printmedien als Nachzügler. So konnte er auf den Erfahrungen, die andere Verlage in Polen bereits gemacht hatten, aufbauen – Axel Springer Polska orientierte sich unter anderem an der Preispolitik der anderen Verlage – und das Risiko eines Scheiterns besser abschätzen. Zweitens wollte der Axel Springer Verlag zunächst nur den Markt für „Special-Interest“-Zeitschriften bedienen, was geringere Anpassungen an die Lesegewohnheiten und Informationsbedürfnisse der polnischen Zielgruppen erforderte, als wenn er gleich den Zeitungsmarkt betreten hätte.

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Axel Springer Verlag

Denn die Erwartungen und Interessen spezieller Zielgruppen (wie zum Beispiel von Computerzeitschriften) sind in europäischen Ländern ähnlich. Der Axel Springer Verlag konnte also seine ersten polnischen Presseerzeugnisse an Formate, die in Deutschland bereits erfolgreich waren, anlehnen. Pani domu („Dame des Hauses“), die erste Zeitschrift, die Axel Springer Polska 1994 herausgab, war eine Adaption der deutschen „BILD der Frau“. Da die Auflagenentwicklung der Pani domu positiv verlief – aus dem Stand wurde sie mit einer Millionen verkauften Exemplaren pro Ausgabe die am häufigsten verkaufte Zeitschrift in ihrem Segment – und die Zeitschrift schon bald Gewinn abwarf, erweiterte Axel Springer Polska sein Zeitschriftenportfolio. Dabei wurden weiterhin deutsche SpringerErzeugnisse für den polnischen Markt adaptiert. Es folgten u.a. 1995 Auto SWIAT (Auto Welt), 1998 Komputer SWIAT (Computer Welt) und Olivia (eine weitere Frauenzeitschrift) sowie im Jahr 2000 die Jugendzeitschrift Popcorn. Mit diesen „Special-Interest“Zeitschriften konnte Axel Springer Polska die Anzeigenmärkte und Vertriebsstrukturen des polnischen Marktes erkunden, die Wünsche der polnischen Leser kennenlernen und sich mit diesem Wissen an den Ausbau des Geschäfts machen. Schließlich war es dem Axel Springer Verlag durch sein Engagement vor Ort möglich, ein Kontaktnetz zu einheimischen Journalisten aufzubauen, die später für die neu zu gründenden Zeitungen angeworben werden konnten.

2.2 Der Ausbau des Geschäfts von Axel Springer Polska Die Tatsache, dass die Bearbeitung des Marktes für „Special-Interest“-Zeitschriften profitabel war – schließlich war die Pani domu nach Aussage des damaligen Verlagsleiters Karsten Streubel ein „Experiment“ gewesen, mit dem man den polnischen Printmedienmarkt testen wollte –, war die Voraussetzung für die weitere Expansion von Axel Springer Polska. So entschied sich der Axel Springer Verlag, auch den polnischen Markt für Nachrichtenmagazine zu betreten. Axel Springer Polska erwarb deshalb im Jahr 2001 die zeitlich unbegrenzte Lizenz zum Druck einer polnischen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Newsweek. Damit ging Axel Springer Polska gegenüber seinen anderen Zeitschriften einen Schritt weiter, denn Newsweek hat als Nachrichtenmagazin einen deutlich stärkeren Einfluss auf die polnische Politik. Ein wichtiger Grund für die Wahl dieses „General-Interest“-Magazins war es, damit potente Anzeigenkunden aus der Wirtschaft anzuwerben. Zum einen die Reputation des Blattes, aber auch der Leserkreis, der als Zielgruppe für Werbetreibende besonders interessant ist, sollten dazu dienen, verstärkt Werbekunden anzuziehen, die noch größtenteils bei der Konkurrenz inserierten, vor allem bei der Gazeta Wyborcza. Dies war umso attraktiver, als der polnische Werbemarkt sich überaus dynamisch entwickelte und regelmäßig neue Umsatzrekorde verzeichnete. So vergrößerte sich von 1991 bis 2001 das Werbevolumen in Polen

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insgesamt – also inklusive Fernseh-, Internet- und Plakatwerbung – um das 24-fache. Da sich Newsweek POLSKA an die gut ausgebildete obere Mittelklasse Polens wandte, sollte die Zeitschrift vor allem hochwertige Werbekunden wie Mobilfunkunternehmen, Autofirmen und Finanzdienstleister anlocken, deren Präsenz auf dem polnischen Werbemarkt neu war; dazu verlangte Newsweek POLSKA niedrigere Preise für Anzeigenseiten als die Konkurrenten. Der Axel Springer Verlag entschied sich außerdem für die Lizenznahme, um die „Durststrecke“, die bei der Einführung eines neuen Printmediums zu erwarten ist, möglichst kurz zu halten. Denn die Reputation des Originalblattes wirkte sich auch auf den Lizenzdruck aus. Schließlich konnten so die anfänglichen Investitionsaufwendungen niedrig gehalten werden. Es musste kein neues Format entwickelt und es mussten keine Nullnummern an Testlesern auf Akzeptanz überprüft werden. Im Jahr 2001 begann der Druck von Newsweek POLSKA, deren Redaktion rund 90% der redaktionellen Inhalte, vor allem solche über polnische und europäische Belange, selbst erarbeitet. Die übrigen Beiträge mit globalem Inhalt stammen vom amerikanischen Mutterblatt. Die Auflage von Newsweek POLSKA erreichte schnell unerwartete Höhen. Nach dem 11. September 2001, als sich das öffentliche Interesse auf die USA richtete, konnte das Blatt seine Verbindungen zur Heimatredaktion in New York ausspielen. Nur drei Monate nach dem Start wurde Newsweek POLSKA häufiger gekauft als die polnischen Konkurrenten POLITYKA und wprost. Außerdem verbuchte bereits im Jahr 2002 kein anderes Nachrichtenmagazin mehr Anzeigenseiten als Newsweek POLSKA. So ist Axel Springer Polska inzwischen der zweitgrößte Zeitschriftenverlag in Polen. Allerdings ging die Auflage von Newsweek Polska nach der ersten Euphorie im Jahr 2003, dem Höhepunkt der Stagnation der polnischen Wirtschaft allgemein, wieder etwas zurück. Dieser Auflagenrückgang und die hohen Lizenzgebühren sind die Gründe dafür, dass Newsweek POLSKA im Jahr 2006 keine Gewinne mehr abwarf. Doch Axel Springer Polska hofft, die Gewinnzone wieder erreichen zu können. Im Jahr 2004 wurde das seit 2001 herausgegebene Wirtschaftsmagazin Profit in Forbes POLSKA umgewandelt, für das Axel Springer Polska ebenfalls eine Lizenz erworben hatte. Die Aufmachung von Forbes POLSKA orientiert sich seitdem am amerikanischen Mutterblatt. Außerdem erscheinen darin neben einer spezifisch polnischen Berichterstattung Artikel und Interviews aus der US-Originalausgabe. Die bekannten Forbes-Rankings und Kommentare berühmter Persönlichkeiten der Wirtschaftswelt werden beispielsweise in der polnischen Ausgabe nachgedruckt. Daneben führt Forbes POLSKA populäre Rubriken der Vorgänger-Zeitschrift Profit wie „Job&Karriere“ oder „Lifestyle“ fort. Zwar gelang es Forbes POLSKA nicht, die Auflage im Vergleich zum Vorgängerblatt zu erhöhen – sie blieb bei einer Reichweite von rund 100.000 Lesern. Diese war damit aber einerseits immerhin noch doppelt so hoch wie die aller anderen Wirtschaftsmagazine zusammen, andererseits verbesserte sich die Reputation des Blattes durch die Lizenz, so dass das Anzeigenaufkommen stieg. Die Erhöhung des Werbevolumens war auch der wichtigste Grund für die Umwandlung von Profit zu Forbes POLSKA ge-

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wesen, da Profit zuvor Werbekunden nicht in gleichem Maße wie Leser an sich binden konnte. Mit diesen Titeln war Axel Springer Polska auf dem polnischen Zeitschriftenmarkt breit vertreten und konnte Erfahrungen mit dem Marktumfeld sammeln. Nun wagte Axel Springer Polska auch den Sprung in den Zeitungsmarkt, der unter Experten der Medienbranche als ungleich schwieriger gilt, da er größere kulturelle Anpassungsleistungen erfordert. Deshalb bearbeitete Axel Springer Polska ihn erst, als er aufgrund seiner Erfahrungen im Zeitschriftenbereich und seiner Präsenz vor Ort besser einschätzen konnte, ob und wie eine neue Zeitung erfolgreich sein konnte. Anders als bei den Lizenzdrucken, bei denen man auf das Renommee der Originale zurückgreifen konnte, mussten die Tageszeitungen aufwendiger konzipiert und spezifisch auf den Ländermarkt zugeschnitten werden. Seit Oktober 2003 gibt Axel Springer Polska die überregionale Boulevardzeitung Fakt heraus, die nach nur einem halben Jahr zum Marktführer avancierte: Mit ca. 520.000 täglich verkauften Exemplaren ist Fakt die auflagenstärkste Tageszeitung Polens. Sie ist inhaltlich und optisch der BILD-Zeitung nachempfunden. Gleichzeitig wurde das westliche Format allerdings für die Bedürfnisse des polnischen Marktes weiterentwickelt; eine Kopie der BILD-Zeitung sollte Fakt nicht werden. Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Zeitungen. Gemeinsamkeiten von BILD und Fakt • • • •

Mix aus Politik, Sex, Sport und Celebrities Häufig halbnackte Frau auf dem Titelblatt Vier weiße Buchstaben des Zeitungstitels auf rotem Untergrund Herausgabe von preisgünstigen und massenwirksamen Büchern

Unterschiede von Fakt im Vergleich zu BILD • • • •

Kein harter Boulevardjournalismus im eher katholisch-konservativen Polen „Harmloser“ und stilistisch anspruchsvoller und mit mehr Hintergrundberichten Klare Aufteilung in Ressorts wie Politik, Wirtschaft und Vermischtes Anti-deutsche und anti-europäische Berichterstattung

Abb. 4: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von BILD und Fakt Quelle: Informationen aus o.V. (2003a), S. 3, Puhl (2003), S. 124, Heimann (2003), S. 18, und Peters (2007). Um möglichst schnell eine hohe Auflage zu erreichen und damit Werbekunden zu ködern, verfolgte Axel Springer Polska eine aggressive Preispolitik. Fakt wurde zum Preis von 1,00 zł (Złoty) verkauft (ca. 0,25 €). Der niedrige Preis veranlasste den Konkurrenten SUPER Express, Axel Springer Polska zu verklagen, da dieser annahm, Fakt würde unter Produktionskosten verkauft. Nachdem die Klage scheiterte, wurde der Preis für SUPER Express von 1,60 zł ebenfalls auf 1,00 zł gesenkt. Der niedrige Preis sollte aber nicht nur dazu dienen, Leser abzuwerben, sondern gänzlich neue Leserschichten zu er-

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schließen, für die eine Zeitung bis dahin zu teuer war. Neben dem niedrigen Preis startete Axel Springer Polska eine bis dahin in Polen nicht gekannte Werbekampagne, die schnell viele Leser anlocken sollte. Die hohe Auflage, verbunden mit Sonderofferten für Anzeigenkunden, ermöglichte es Fakt, in kurzer Zeit ein großes Stück vom „Werbekuchen“ zu erobern. Nachdem Fakt in erstaunlich kurzer Zeit zum Marktführer avancierte, entschloss sich der Axel Springer Verlag im Jahr 2006, eine weitere Tageszeitung zu lancieren. Seit April 2006 verlegt Axel Springer Polska auch die überregionale Qualitätszeitung DZIENNIK (Tageszeitung), die mit rund 259.000 täglich verkauften Exemplaren inzwischen die Nummer 3 auf dem polnischen Markt für Tageszeitungen ist. Zusammen halten Fakt und DZIENNIK einen Marktanteil von 44% der überregionalen Tageszeitungen. DZIENNIK ähnelt im kompakten Tabloid-Format im Hinblick auf Aufmachung und Inhalt der „Welt kompakt“. Die offensichtlichsten Gemeinsamkeiten sind die blaue Schrift und die Weltkugel im Titel, wie in Abbildung 5 zu erkennen ist. Im Gegensatz zu Fakt zielte man mit DZIENNIK eher auf das gebildetere Publikum ab, um somit das Portfolio abzurunden und nicht der eigenen Zeitung Konkurrenz zu machen. DZIENNIK richtet sich nach Verlagsangaben an eine „junge und gebildete Leserschaft, die sich gleichermaßen für polnische, europäische und internationale Themen interessiert.“ Dabei versuchte Axel Springer Polska mit drei inhaltlichen Strategien, die neue Zeitung auf dem Markt zu etablieren. Erstens zeichnet sich die Zeitung durch besondere Expertise im Bereich Europa und Internationales aus. Mittwochs erscheint zum Beispiel immer eine Beilage unter dem Titel „Europa“ mit Essays und Analysen. Gerade der Europaschwerpunkt von DZIENNIK ist seit Polens EU-Beitritt für junge und gebildete Leser attraktiv, da viele von ihnen daran interessiert sind, im europäischen Ausland zu arbeiten. Zweitens bietet DZIENNIK im Gegensatz zu den anderen überregionalen Zeitungen, die sich auf Politik und Wirtschaft spezialisierten, ein breiteres Themenspektrum. So hat DZIENNIK große Ressorts zu den Themen Kultur, Sport, Style und Wissenschaft. Drittens tritt DZIENNIK parteipolitisch unabhängig auf. Die Werbekampagne zur Einführung der Zeitung wurde vom Slogan „Hinter uns steht kein Palast“ getragen. Damit grenzte sich Axel Springer Polska von der linksliberalen Gazeta Wyborcza und der konservativen RZECZPOSPOLITA ab. Der Verlag versuchte also, neue Leser zu gewinnen, die an einer möglichst objektiven und kritischen Berichterstattung interessiert sind und sich nicht eindeutig zu einem politischen Lager bekennen.

Titelseite von DZIENNIK vom 27.11.2006 (im Original 285 mm x 400 mm)

Titelseite von Die Welt vom 22.01.2007

(im Original 374,5 mm x 528 mm)

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Abb. 5: Titelseiten von „Die Welt“ und DZIENNIK

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Wie im Falle von Fakt verfolgte Axel Springer Polska auch bei DZIENNIK eine aggressive Preispolitik: Die Zeitung wurde für nur 1,50 zł angeboten. Dies veranlasste die Macher vom Konkurrenzblatt Gazeta Wyborcza am Tag der Bekanntgabe des Preises von DZIENNIK, den Preis für ihre Zeitung von 2,80 zł auf ebenfalls 1,50 zł fast zu halbieren und das Gehalt der Mitarbeiter zu erhöhen, um deren Wechsel zu DZIENNIK zu verhindern.

2.3 Das Verhältnis zwischen Axel Springer Polska und der Muttergesellschaft Mit der Gründung der Tochtergesellschaft Axel Springer Polska machte der Axel Springer Verlag von Anfang an deutlich, den polnischen Pressemarkt möglichst unabhängig bearbeiten zu wollen. Axel Springer Polska war aber – aufgrund der gewählten Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie – nicht nur gegenüber anderen Verlagen unabhängig; die Tochtergesellschaft erlangte selbst im Laufe der Zeit immer mehr Unabhängigkeit gegenüber der Muttergesellschaft. Wie ging diese Entwicklung vonstatten? Was den Druck seiner Presseerzeugnisse angeht, so baute die polnische Tochtergesellschaft nach der Gründung zunächst auf Unterstützung. So ließ Axel Springer Polska die Druckaktivitäten zum einen von anderen Verlagshäusern wie der Polskapresse und dem Orkla-Konzern in Polen und zum anderen von der Druckerei des Axel Springer Verlages in Berlin-Spandau durchführen. Auf diese Weise entstanden allerdings höhere Transportkosten, die drucktechnische Abhängigkeit von zwei Konkurrenten und ein erhöhter Koordinationsbedarf. In Bezug auf den Druck in Berlin-Spandau kam es außerdem zu einer zeitlichen Verzögerung der Auslieferung. Sowohl die Redaktion als auch Anzeigenkunden mussten sehr frühzeitig ihre Beiträge beziehungsweise Annoncen fertig stellen: Nur so konnte ein rechtzeitiger Druck der Presseerzeugnisse und der Transport nach Polen sichergestellt werden. Aus diesen Gründen entschied sich Axel Springer Polska im Jahr 2005, in Sosnowiec (Oberschlesien) zusammen mit der Seregni Printing Group eine Druckerei zu bauen, in der alle für Polen bestimmten Blätter des Verlages gedruckt werden sollten. Außerdem beteiligte sich Axel Springer Polska am polnischen Pressegroßhandel. Auf diese Weise erlangte Axel Springer Polska größere Unabhängigkeit von Konkurrenten, aber auch von der Muttergesellschaft in Deutschland. Was für das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter gilt, wurde auch auf das Zusammenspiel zwischen Axel Springer Polska und den Redaktionen der einzelnen Printmedien, die rechtlich selbständig organisiert sind, angewandt: Diese können weitgehend eigenständig arbeiten, ohne regelmäßige Vorgaben oder Kontrollen der polnischen Landeszentrale. Wie aber konnte der Axel Springer Verlag trotzdem seinen Einfluss auf die Tochtergesellschaft in Polen sichern? Eine wichtige Antwort findet sich in der Personalpolitik des

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Verlages. So wurden die polnische Redakteure und Verlagsmanager, die zu Beginn angeworben und als leitende Angestellte in den ersten Springer-Blättern in Polen eingesetzt wurden, von deutschen Managern des Axel Springer Verlages unterstützt, die sie mit den publizistischen Strategien des Verlages und den deutschen Springer-Produkten vertraut machten. Wenn Axel Springer Polska dann neue Zeitungen oder Zeitschriften auf den Markt brachte, wurden diese erfahrenen polnischen „Blattmacher“ für die neuen Blätter herangezogen. Als Chefredakteur von DZIENNIK wurde z.B. Robert Krasowski eingesetzt, der zuvor ein leitender Redakteur von Fakt war. So konnte sichergestellt werden, dass die generellen Vorgaben des Axel Springer Verlages in den neuen Produkten zur Anwendung kamen, ohne dass es dafür ausgeklügelter Kontrollmechanismen seitens des Axel Springer Verlages bedurft hätte. Eine besondere Stellung kommt in diesem System dem Vorstandschef von Axel Springer Polska zu, dem fließend polnisch sprechenden und seit langem in Polen lebenden Deutschen Florian Fels, der im Jahr 1993 beim Axel Springer Verlag als Trainee anfing und seit 1999 bei Axel Springer Polska in führender Position tätig ist. Er gilt als Verbindungsmann zwischen Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft und begleitete die Konzeption und Markteinführung von Profit, Newsweek POLSKA, Fakt und DZIENNIK.

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Probleme und Herausforderungen für den Axel Springer Verlag in Polen

Auch wenn das Engagement des Axel Springer Verlages in Polen Gewinn abwirft und den Verlag unabhängiger vom kriselnden deutschen Markt gemacht hat, gab und gibt es auch Probleme, mit denen Axel Springer Polska zu kämpfen hat und die auch in Zukunft Herausforderungen darstellen werden. Zwei dieser Herausforderungen, denen das Management gegenübersteht, sollen nun exemplarisch näher beleuchtet werden.

3.1 Probleme mit der polnischen Regierung Ausländische und vor allem deutsche Investitionen in den polnischen Medien werden von vielen Polen kritisch betrachtet. Es werden immer wieder der Untergang der polnischen Kultur, der Ausverkauf der Medien, eine subtile Beeinflussung und der Verlust der polnischen Identität beklagt. Immerhin ein Viertel aller Polen fordert, dass es gesetzliche Beschränkungen für ausländische Investoren in der polnischen Presse geben sollte. Wie geht der Axel Springer Verlag mit diesen Vorbehalten um? Eine generelle Zurückhaltung in der politischen Berichterstattung scheidet als Strategie aus, weil von den

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meisten Lesern nur eine glaubwürdige und kritische Presse gekauft und gelesen wird. Gerade Enthüllungen, das Aufdecken von Skandalen und Provokationen sind in der Presse entscheidende Argumente für die Höhe der Auflage. Dies gilt auch für die Printmedien von Axel Springer Polska. Kritisiert eine ihrer Zeitungen oder Zeitschriften allerdings die Regierung, kann dies anti-deutsche Ressentiments auslösen und das Engagement des Axel Springer Verlages gefährden, der auf eine weitere Expansion in Polen setzt. Diese Problematik wird in Abbildung 6 anhand der Reaktionen auf einen regierungskritischen Artikel von Newsweek POLSKA verdeutlicht. Financial Times Deutschland, 01.02.2007: „Polen greift deutsche Verlage an“, S. 12. „Polens Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski will nach Kritik in einem Springer-Magazin den Einfluss fremder Medien eindämmen. „In Polen ist ein riesiger Teil der Presse deutsch, und das ist eine Situation, über die man sich überhaupt in der EU Gedanken machen sollte“, sagte er in einem Radiointerview. Er persönlich sei der Ansicht, dass „derartige Mechanismen eingedämmt“ werden sollten. Mit seinen Äußerungen reagierte Kaczynski auf eine Titelgeschichte der Wochenzeitschrift Newsweek Polska, die zum deutschen Axel Springer Verlag gehört. Das Magazin hatte unter der Schlagzeile „Fast wie Putin“ die Regierung Kaczynskis mit der russischen Führung verglichen. „Die Instrumentalisierung des Rechts, der autoritäre Stil, die Missachtung des Wählerwillens, das Spiel mit der nationalistischen Karte – es gibt beunruhigend viele Ähnlichkeiten zwischen den Regierenden Polens und Russlands“, heißt es in dem Beitrag. … Vor allem die wachsende Bedeutung des Springer-Verlages ist den Vertretern der national-konservativen Regierung in Warschau seit Langem ein Dorn im Auge. … Kaczynski bezeichnete in seinem Interview den Zeitschriftenartikel als „offensichtliche Unwahrheit und krankhafte Aggression“.“

Abb. 6: Zeitungsartikel über politische Vorbehalte gegenüber dem Axel Springer Verlag in Polen Quelle: Kreimeier (2007), S. 12. Die Erfahrung, dass die Regierung dem Axel Springer Verlag Steine in den Weg legt, hatte der Verlag ein Jahr zuvor gemacht, als der polnische Premierminister die von Axel Springer Polska geplante Übernahme der RZECZPOSPOLITA verhinderte. Auch die Konkurrenten von Produkten der Axel Springer Polska, wie die Gazeta Wyborcza oder SUPER Express, nutzen anti-deutsche Stimmungen für sich aus, indem sie öffentlich von „Der DZIENNIK“ oder von „BILD“ anstelle von „Fakt“ sprechen, um auf die Herkunft der Zeitungen zu verweisen. Um diese Vorwürfe zu entkräften, hat Axel Springer Polska zwei Wege verfolgt. Erstens agiert der Verlag meist vorsichtig, wenn er die Regierung kritisiert, oder vermeidet es, Position zu beziehen. So wurde der kritische Artikel der Newsweek POLSKA, um den es in Abbildung 6 ging, von den beiden Zeitungen von Axel Springer Polska, Fakt und DZIENNIK, am folgenden Tag kritisiert. Aus Besorgnis, dass die polnische Regierung tatsächlich gegen das Engagement des Axel Springer Verlages in Polen vorgehen könnte, trat der Verlag also schnell den Rückzug an. Zweitens ist die Berichterstattung der Zeitungen von Axel Springer Polska häufig sogar anti-deutsch geprägt, was sowohl die Auflage steigern als auch Misstrauen gegen die polnischen Springer-Zeitungen abbauen soll. DZIENNIK und Fakt verteidigten zum Beispiel im Sommer 2006 im so genannten „Deutsch-Polnischen Medienkrieg“ die Reaktion der Kaczynskis auf die „taz"-Satire, in

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der der Präsident karikiert wurde. Der Zeitungsausschnitt in Abbildung 7 gibt die „Janusköpfigkeit“ der Berichterstattung des Axel Springer Verlages wieder. Der Tagesspiegel, 02.09.2006: „BILD Dir zwei Meinungen. Der Axel Springer Verlag schreibt in Polen gegen die Deutschen und in Deutschland gegen die Polen“, S. 27. „Es bedarf auch keiner wissenschaftlichen Inhaltsanalyse, um den antideutschen Kurs von Springer in Polen zu belegen. Ein täglicher Blick in die Zeitung genügt: Da tauchen deutsche Kriegsschiffe an der deutsch-polnischen Ostseegrenze auf und landen prompt auf der Titelseite von Springers „Dziennik“: „Deutsche blockieren den Hafen von Swinemünde.“ Dazu wird ein martialisch anmutendes Archivbild von einem deutschen Marinesoldaten am schussbereiten Bord-MG gezeigt. Ein ehemaliger polnischer Springer-Redakteur sagte dem Tagesspiegel dazu: „Natürlich wissen die in der Redaktion, was sie da machen, aber damit verdient Springer in Polen eben sehr viel Geld.“ Zu den regelmäßigen „Dziennik“Autoren gehört auch der polnische Soziologe Zdislaw Krasnodebski, der … auf einer ganzen Seite die These einer Verschwörung der Medien in Deutschland gegen die Polen vertrat. In Deutschland wiederum zielen Springer-Zeitungen auf die Polen: „Angst vor den Klau-Polen“ hieß etwa eine Überschrift in der Ruhrgebietsausgabe der „Bild“-Zeitung vor dem Spiel in Dortmund zwischen Deutschland und Polen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Dann folgte eine reißerische Geschichte darüber, dass sich der lokale Einzelhandel mit einer Armee von Kaufhausdetektiven verstärkt habe, um der gefährlichen Schar von polnischen Fans begegnen zu können.“

Abb. 7: Zeitungsartikel über die Berichterstattung des Axel Springer Verlages in Polen und Deutschland Quelle: Sundermeyer (2006c), S. 27. Axel Springer Polska steht damit immer vor dem Dilemma, entweder eine zurückhaltende Position einzunehmen, was der Glaubwürdigkeit und damit dem Verkauf schadet, oder durch Kritik anti-deutsche Reflexe auszulösen. Betreibt der Verlag selbst anti-deutsche Stimmungsmache, kann sich das letztlich auch gegen ihn selbst wenden, da damit dem Image des Mutterverlages geschadet wird. Hinzu kommt, dass Axel Springer Polska seiner Strategie, sich politisch in der Mitte zu bewegen, untreu würde, wenn die Berichterstattung seiner Zeitungen zu regierungsfreundlich und damit konservativ wäre. Denn dann würde sich das Unternehmen inhaltlich der RZECZPOSPOLITA und der wprost annähern, anstatt die Marktnische zwischen linken und rechten Blättern zu besetzen.

3.2 Probleme mit den amerikanischen Lizenzgebern Axel Springer Polska hat aber nicht nur mit der polnischen Regierung und den antideutschen Ressentiments in der Bevölkerung Probleme. Die Situation wird dadurch noch komplizierter, dass Axel Springer Polska auf die Interessen der Lizenzgeber von Newsweek POLSKA und Forbes POLSKA in den USA Rücksicht nehmen muss. Diese setzen dem Handlungsspielraum von Axel Springer Polska weitere Grenzen. Denn die Lizenzgeber der Washington Post Company, die Newsweek herausgibt, und der Forbes Company, die das Forbes Magazine verlegt, verlangen umfangreiche Kontroll- und Ein-

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flussmöglichkeiten und greifen so in die redaktionelle Freiheit von Axel Springer Polska ein. Zwischen der Forbes Company und dem Axel Springer Verlag kam es 2006 zu einem Konflikt über die Forbes-Ausgabe in Russland, für die der Axel Springer Verlag ebenfalls eine Lizenz hat. Da dieser Konflikt auch Auswirkungen auf Axel Springer Polska hatte, soll der Textausschnitt in Abbildung 8 eine kurze Erläuterung liefern. Der Spiegel, 60. Jg., Nr. 50: „Verlage – manchmal tödlich“, S. 120. „Der Medienskandal begann in der letzten November-Woche. Forbes [Russia] hatte in seinem Schwesterblatt Newsweek wie üblich mit dem Titelbild für seine Dezember-Ausgabe geworben. Darauf prangte ein Foto von Russlands einziger Milliardärin, Jelena Baturina, dekoriert mit dem Zitat: „Mir ist Schutz garantiert.“ Die Zeile traf bei der 43-jährigen einen wunden Punkt. Denn ihr märchenhafter Aufstieg von der Verwaltungsangestellten zur reichsten Russin wird immer wieder mit ihrem Mann in Verbindung gebracht: dem mächtigen Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow. Inteko [das Unternehmen von Baturina] forderte, die gesamte Auflage einzustampfen. … Die Verantwortlichen im Axel-Springer-Haus begingen prompt einen folgenschweren Fehler: Sie entschieden, die Ausgabe nicht an die Kioske zu bringen. Chefredakteur Kaschulinski tobte. Er schmiss den Job hin und gab entrüstete Interviews. Damit nicht genug: In seiner Wut hatte der gedemütigte Chefredakteur sogar das Mutterblatt in New York angerufen. Dort handelte man ähnlich überstürzt wie zuvor in Berlin: Ohne die deutschen Partner zu kontaktieren, schickte Forbes eine pathetische Erklärung heraus: „Gebt die Ausgabe frei!“, forderte der Verlag mit Verve. Springer-Vorstand Andreas Wiehle stieg ins Flugzeug nach New York und eilte in das von Säulen flankierte Forbes-Hochhaus, wo er auf pampige Gesprächspartner traf. … Springer vollführte eine 180Grad-Drehung und erklärte, die Ausgabe mit dem umstrittenen Artikel zu veröffentlichen. … Chefredakteur Kaschulinski nahm seine Kündigung zurück. Doch hinter den Kulissen gärt es munter weiter. Denn anders als die lautstark entrüsteten Lizenzgeber, die von ihren New Yorker Bürotürmen aus die Banner der Pressefreiheit hochhalten, halten Springers Leute schließlich vor Ort den Kopf hin. Der russische Forbes-Gründungschefredakteur Paul Klebnikow wurde 2004, nach vier Monaten im Job, auf offener Straße ermordet. ... Springer-Managerin Flemming drohte jüngst ein hochrangiger Politiker am Telefon, sie käme nicht mehr heil aus der Stadt.“

Abb. 8: Zeitungsartikel über Interessenkonflikte zwischen dem Axel Springer Verlag und der Forbes Company Quelle: Hornig/Schepp/Schießl/Schulz (2006), S. 120. Der Axel Springer Verlag beklagt gegenüber seinen Lizenzgebern, dass er bei den Lizenzdrucken das alleinige Risiko trage, diese aber ein Mitspracherecht verlangten, was die Inhalte angehe. Kritische Artikel können dazu führen, dass Journalisten in Gefahr geraten, die Redaktionsräume von der Polizei durchsucht werden oder der Axel Springer Verlag verklagt wird. Außerdem können schlechte Beziehungen zu den Regierungen dazu führen, dass Anzeigenaufträge storniert werden. Den wirtschaftlichen Verlust muss der Axel Springer Verlag alleine tragen. Die Forbes Company wiederum weist darauf hin, dass es der Reputation auch des Originals schade, wenn eine ausländische Lizenzausgabe nicht die amerikanischen journalistischen Standards einhalte. Die Kritik der Forbes Company am Verhalten des Axel Springer Verlages in Russland hatte auch Einfluss auf die polnische Tochtergesellschaft des Verlages. Denn dort ist man sich seitdem stärker bewusst, dass nicht nur die Interessen des Mutterverlages,

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sondern auch die der Lizenzgeber auf die Redaktionen von Newsweek POLSKA und Forbes POLSKA einwirken. Michal Kobosko, Chefredakteur von Newsweek POLSKA, rechtfertigte so den umstrittenen kritischen Artikel, in dem Kaczynski mit Putin verglichen wurde, mit den Verpflichtungen gegenüber dem amerikanischen Lizenzblatt: „Wir sind eine amerikanische Lizenzausgabe. Es ist deshalb unsere journalistische Pflicht, der Regierung auf die Hände zu schauen.“ Die „reinen“ Springer-Erzeugnisse Fakt und DZIENNIK mussten dann gleichsam wieder Kritik an der Kritik üben, um sich die polnische Regierung nicht zum Feind zu machen. Die Interessengegensätze zwischen dem Axel Springer Verlag und den Lizenzgebern machen es für Axel Springer Polska also noch weitaus komplizierter, eine einheitliche Strategie auf dem polnischen Printmedienmarkt zu verfolgen, als dies aufgrund anti-deutscher Vorbehalte in Polen ohnehin schon der Fall ist. Zumindest in Russland deutet alles darauf hin, dass der Axel Springer Verlag sein Engagement nach und nach reduzieren wird, weil die Risiken nicht überschaubar sind. Auch wenn die Situation in Polen weit weniger drastisch ist, so zeigen die Probleme doch, dass die Expansion nach Polen nicht ohne managementrelevante Herausforderungen ist.

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Polen als Sprungbrett für Osteuropa

Im vorigen Abschnitt wurden die Probleme skizziert, auf die der Axel Springer Verlag in Polen traf. Es wurde sogar angedeutet, dass sich das Unternehmen aufgrund ähnlicher, wenn auch dramatischerer Probleme aus Russland zurückziehen könnte. Dennoch hat sich die Expansion nach Polen für den Verlag bisher gelohnt. Was zunächst als Experiment gedacht war, steuert inzwischen einen Großteil zum Auslandsumsatz des Verlages bei. Vom Erfolg auf den Printmedienmärkten ermutigt, erweiterte Axel Springer Polska sein Engagement auf die elektronischen Medien und besitzt seit 2006 eine 25%-ige Beteiligung am Fernsehsender POLSAT. Mit Hilfe von Axel Springer Polska ist der Auslandsanteil am Umsatz des Axel Springer Verlages seit 1994 von 2% auf 16% im Jahr 2005 gestiegen. Trotz der Schwierigkeiten auf dem heimischen Markt, die im Jahr 2001 noch zu einem Verlust von 198 Mio. € führten, hat der Axel Springer Verlag insgesamt 2005 ein Rekordergebnis erzielt: einen Jahresüberschuss von 231 Mio. €. Mehr noch: Durch den Erfolg ermutigt, benutzte der Axel Springer Verlag das Engagement in Polen als Sprungbrett für eine weitere Expansion nach Osten. Im Jahr 1999 trat der Axel Springer Verlag in den rumänischen Markt ein, 2002 ging er nach Bulgarien, 2003 in die Ukraine und 2004 nach Russland, Estland, Lettland, Litauen und in die Slowakei. Besonders wichtig war und ist die Präsenz des Axel Springer Verlages in Polen für die Ausdehnung in Richtung Ukraine: „Ein Verantwortlicher eines ... großen deutschen Verlages in Warschau formuliert es so: ‚Alle, die hier erfolgreich sind, gehen auch in die Ukraine.’“ Abbildung 9 gibt einen Überblick über die osteuropäischen Länder, in

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die der Axel Springer Verlag bis zum Jahr 2007 expandiert ist, nachdem er in Polen Fuß gefasst hatte.3 Die Abbildung zeigt, dass der Verlag je nach Ländermarkt ganz unterschiedliche Marktbearbeitungsformen gewählt hat, er aber vor allem auf Adaptionen seiner bewährten Produkte aus Deutschland setzt. Land

Jahr

Marktbearbeitungsform

Produkte bzw. Ziel/Zweck

1999

Tochtergesellschaft: Axel Springer Editura s.r.l.

Olivia (Frauenzeitschrift)

2001

Tochtergesellschaft: Axel Springer Editura s.r.l.

Popcorn (Jugendzeitschrift)

2002

Axel Springer Editura und Libedi – ein Gemeinschaftsunternehmen von Edipresse und Liberis – gründen ein Joint Venture namens Romanian Publishing Group. An diesem ist Axel Springer Editura zu 40% beteiligt und bringt zwei Zeitschriften ein. Libedi hält 60% der Anteile und steuert vier Zeitschriften bei.

Rumänien

Elle (Frauenzeitschrift) Avantaje (Frauenzeitschrift) Viva (Unterhaltungsmagazin) 20 ANI (Jugendzeitschrift)

2003

Joint Venture: Romanian Publishing Group

LOOK! (Frauenzeitschrift)

2004

Joint Venture: Romanian Publishing Group

Sana (Frauenzeitschrift)

2004

Umbennung des Joint Ventures in Edipresse AS Romania

Edipresse übernimmt die Anteile von Liberis an Libedi

2005

Joint Venture: Edipresse AS Romania

Computer BILD (Computerzeitschrift)

2007

Joint Venture: Edipresse AS Romania

Familia Mea – Baby (Familienzeitschrift)

2002

Lizenznehmer: Auto Press Ltd.

Auto BILD Bulgaria (Automobilzeitschrift)

2006

Lizenznehmer: Media EGmbH

Computer BILD (Computerzeitschrift)

2003

Lizenznehmer: Auto Press Ltd.

Auto BILD Ukraine (Automobilzeitschrift)

2007

Lizenznehmer: Auto Press Ltd.

Auto BILD Alles Allrad (Automobilzeitschrift)

2004

Lizenznehmer: Santa Zurnals

Auto BILD LATIVJA (Automobilzeitschrift)

2004

Lizenznehmer: Saunags Ltd.

Popcorn (Jugendzeitschrift)

Bulgarien

Ukraine

Lettland

3

Bereits bevor der Axel Springer Verlag im Jahr 1994 den polnischen Markt betrat, engagierte sich das Unternehmen in Ungarn (seit 1988) und in Tschechien (seit 1991).

294

Estland

Litauen

Slowakei

Axel Springer Verlag

2004

Lizenznehmer: Santa Zurnals

Auto BILD EESTI (Automobilzeitschrift)

2004

Lizenznehmer: Veidas Periodical Publishing

Computer BILD Lietuva (Computerzeitschrift)

2005

Lizenznehmer: Veidas Periodical Publishing

Auto BILD Lithuania (Automobilzeitschrift)

2006

Lizenznehmer: Veidas Periodical Publishing

Auto BILD 4 x 4 (Automobilzeitschrift)

2004

Lizenznehmer: Borma S. r. o.

Auto BILD (Automobilzeitschrift)

2004

Lizenzgeber: Forbes Inc.

Forbes Russia (Wirtschaftsmagazin)

2004

Lizenzgeber: Newsweek Inc.

RUSSKIJ Newsweek (Nachrichtenmagazin)

2006

Lizenzgeber: Northern and Shell

OK! (People und Lifestyle Magazin)

2006

Tochtergesellschaft: Axel Springer Russia

Computer BILD Russia (Computerzeitschrift)

Russland

Abb. 9: Das Engagement des Axel Springer Verlages in Osteuropa nach dem Markteintritt in Polen Quelle: Informationen aus diversen Presseveröffentlichungen. Auch in Zukunft will der Axel Springer Verlag seine Aktivitäten vor allem in Osteuropa, aber ebenso in Asien ausweiten. Dabei plant das Unternehmen, regional unterschiedlich vorzugehen und dazu je nach Marktsituation neue Titel zu gründen, Unternehmen zu akquirieren, Lizenzen zu erwerben oder zu vergeben oder bestehende Marken in neue Zielmärkte einzuführen. Schwerpunkt bleiben die Printmedien. Das Engagement auf dem polnischen Markt, auf dem der Axel Springer Verlag bereits vielfältige Erfahrungen mit den Möglichkeiten und Gefahren eines Wachstums im Ausland gesammelt hat, ermutigt den Verlag also, diesen Kurs des Wachstums im Ausland fortzusetzen, um die Abhängigkeit vom Heimatmarkt zu reduzieren. Zumindest aus Sicht des Verlages hat man mit dem Engagement in Polen die Probleme mit der strukturellen Krise in Deutschland überwinden können, wie das folgende Zitat des Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer Verlages, Mathias Döpfner, deutlich macht. „Natürlich müssen wir die strukturellen Herausforderungen ernst nehmen. Aber ich bin überzeugt: Das Krisengerede, das wie eine kollektive Depression über die Zeitungslandschaft gekommen ist, wird übertrieben. ... Unsere Erfahrungen jedenfalls sind sehr ermutigend: ... Unsere Kaufzeitung Fakt in Polen entwickelte sich nicht nur zur auflagenstärksten Zeitung des Landes, Fakt war nach weniger als zwei Jahren profitabel. Mir ist nicht bekannt, dass in früheren, angeblich goldenen Zeiten, eine Zeitung je so schnell einen Break Even erreicht hat. Uns hat das so ermutigt, dass wir im April 2006 in Polen die Qualitätszeitung DZIENNIK gegründet haben – und auch dieses Blatt erreicht mit über 200.000 täglich verkauften Exempla-

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295

ren eine um rund 50.000 höhere Auflage als im Business Plan unterstellt. Um es kurz zu sagen: Wenn das die Krise ist, dann lieben wir die Krise.“

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Axel Springer Verlag

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Axel Springer Verlag

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Mit BILD und Co. nach Polen

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Fragen und Aufgaben 1.

In der Fallstudie wurden mehrere Gründe dafür genannt, warum der Axel Springer Verlag den Sprung nach Polen wagte. a) Fassen Sie bitte die Gründe zusammen und systematisieren Sie diese nach Kriterien, die Ihnen sinnvoll erscheinen. b) Überlegen Sie bitte, ob es noch andere, nicht im Text genannte Gründe gibt, die einen Verlag dazu veranlassen könnten, nach Polen zu gehen. c) Der Axel Springer Verlag wollte wachsen. Da der Heimatmarkt in einer strukturellen Krise war, entschied sich das Unternehmen, im Ausland zu expandieren. Skizzieren Sie bitte kurz die Entwicklung auf dem deutschen Pressemarkt seit 1990 und überlegen Sie, ob weitere Strategien möglich gewesen wären, um dem Handlungsdruck zu begegnen. Vergleichen Sie bitte diese alternativen Strategien mit der tatsächlich vom Axel Springer Verlag gewählten Strategie.

2.

Axel Springer Polska, die polnische Tochtergesellschaft des Axel Springer Verlages, hat in Polen einige neue Zeitungen und Zeitschriften in den Markt eingeführt. a) Welche Motive werden im Fallstudientext dafür genannt, dass sich Axel Springer Polska für neue Printmedien entschied, anstatt bestehende Zeitungen und Zeitschriften aufzukaufen? b) Überlegen Sie bitte, ob es weitere, nicht im Text genannte Argumente gegeben haben könnte, Zeitungen und Zeitschriften neu zu begründen.

3.

In der Fallstudie wurden die vier Pressemärkte in Polen beschrieben und die Gründe dargelegt, warum sich der Axel Springer Verlag auf diesen Märkten engagierte. a) Warum betätigte sich der Axel Springer Verlag zunächst nur auf dem Markt für „Special-Interest“-Zeitschriften? b) Warum gilt das Engagement auf dem Zeitungsmarkt unter Zeitungsexperten als schwieriger als auf dem Zeitschriftenmarkt? c) Warum vermied es der Axel Springer Verlag Ihrer Meinung nach, auf dem Markt für Regionalzeitungen tätig zu werden?

4.

Axel Springer Polska brachte nicht nur gänzlich neue Printmedien auf den Markt, sondern entschied sich in manchen Fällen auch dafür, Lizenzdrucke herauszugeben. a) Fassen Sie bitte die Motive von Axel Springer Polska für den Erwerb der Lizenzen an einer polnischen Ausgabe von Newsweek und Forbes zusammen. b) Welche Vor- und Nachteile hat die Lizenznahme gegenüber der Gründung neuer Zeitungen oder Zeitschriften für Axel Springer Polska?

300

Axel Springer Verlag c) Hätte sich Axel Springer Polska bei Zeitungen und Zeitschriften Ihrer Meinung nach noch für andere Alternativen als Neugründung und Lizenzen entscheiden können? Wenn ja, welche Alternativen würden Sie empfehlen? Wenn nein, warum sehen Sie keine weiteren Alternativen?

5.

In der Fallstudie wurde auf die Konflikte zwischen dem Axel Springer Verlag und den Lizenzgebern von Forbes und Newsweek aufmerksam gemacht. a) Halten Sie die Kritik der US-amerikanischen Heimatredaktion von Forbes am Verhalten des russischen Lizenzblattes für berechtigt? b) Wie hätten Sie gehandelt, wenn Sie im Vorstand des Axel Springer Verlages für den Fall verantwortlich gewesen wären?

6.

Neben dem Axel Springer Verlag haben sich auch andere deutsche Verlage in Polen engagiert, darunter der Heinrich Bauer Verlag, Gruner + Jahr und Hubert Burda Media. Informieren Sie sich bitte über die Strategie eines dieser Verlagshäuser in Polen und beantworten Sie daraufhin folgende Fragen. a) Vergleichen Sie bitte die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien von Axel Springer mit der des von Ihnen gewählten Unternehmens und versuchen Sie, diese anhand von sinnvollen Kriterien, die sie selbst auswählen, zu bewerten. Welche Strategie halten Sie für erfolgversprechender? b) Vergleichen Sie bitte die internationalen Timingstrategien beider Verlage und erläutern Sie anhand dessen die Vor- und Nachteile der jeweiligen Strategie. c) Fassen Sie bitte die Gründe zusammen, warum der Axel Springer Verlag erst 1994 in den polnischen Markt eintrat. Mit welchem Begriff würden Sie seine Timingstrategie beschreiben?

7.

Deutsche Verlage haben im Gegensatz zu Unternehmen anderer Branchen, wie der Automobil- oder der Pharmaindustrie, erst relativ spät begonnen, in das Ausland zu expandieren. a) Wie erklären Sie sich diese zeitliche Verzögerung? Existieren Ihrer Meinung nach wichtige Gründe dafür, dass für ein Presse- und Medienunternehmen eine Internationalisierung schwieriger ist als für Unternehmen anderer Branchen? b) Überlegen Sie bitte, warum der Export als Marktbearbeitungsstrategie für Medienunternehmen nur bedingt eine internationale Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie darstellt. c) Im Gegensatz zu Unternehmen anderer Branchen stoßen Medienunternehmen oft auf nationale Bedenken in den Auslandsmärkten, in denen sie tätig sind. Bitte erläutern Sie, inwiefern es in weiteren Branchen dazu kommt, dass Internationalisierung in Gastmärkten auf nationale Bedenken stößt und als politisch brisant gilt.

Mit BILD und Co. nach Polen 8.

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In der Fallstudie wurde die Personalpolitik als ein zentrales Element dargestellt, wie die Muttergesellschaft die Tochter in Polen koordiniert. a) Bitte schildern Sie zusammenfassend, inwiefern die Personalpolitik Koordinationsfunktion haben kann. Welche Vor- und Nachteile hat diese Koordinationsstrategie? b) Welche weiteren Koordinationsmechanismen würden Sie als Manager einsetzen, um Axel Springer Polska von Berlin aus zu führen? Bitte gehen Sie auch darauf ein, welche Koordinationsmechanismen Ihrer Meinung nach weniger geeignet sind. c) Diskutieren Sie bitte, ob es Ihrer Auffassung nach Zusammenhänge zwischen dem strategischen Einsatz von Koordinationsmechanismen und anderen Dimensionen von Internationalisierungsstrategien gibt. Gehen Sie dabei vor allem auf die Allokationsstrategien ein.

9.

Betrachten Sie die folgende Tabelle mit Unternehmensdaten des Axel Springer Verlages und interpretieren Sie diese. Beantworten Sie dann bitte die nachfolgenden Fragen: Umsatz Gesamt im Ausland Auslandsquote

2.375,9 Mio. €

Mitarbeiter

Laufende Investitionen

Laufende Steuern

Vermögen

9.733

36,9 Mio. €

85,3 Mio. €

2.408,9 Mio. €

383,2 Mio. €

2.482

7,8 Mio. €

6,3 Mio. €

134,7 Mio. €

16,1%

25,5%

21,3%

7,5%

5,6%

Quelle: Daten aus Axel Springer Verlag (2007): Geschäftsbericht 2006. Berlin, 2007, S. 40, 47, 86, 105. a) Bitte berechnen Sie aus den Daten den Transnationality-Index, wie er von der UNCTAD definiert ist, für den Axel Springer Verlag. b) Erstellen Sie bitte anhand der obigen Kriterien ein Internationalisierungsprofil des Axel Springer Verlages. c) Im Jahr 2006 hielt Axel Springer Polska einen Anteil von 44% am polnischen Markt für überregionale Tageszeitungen. Recherchieren Sie bitte den entsprechenden Marktanteil des Axel Springer Verlages in Deutschland und berechnen Sie damit die relative Marktanteilsstärke des Axel Springer Verlages in Polen. d) Diskutieren Sie bitte anhand der Daten, ob und inwieweit der Axel Springer Verlag als internationales Unternehmen gelten kann. Berücksichtigen Sie dabei verschiedene Definitionen internationaler Unternehmen aus der Forschungsliteratur.

302

Axel Springer Verlag

10. Lesen Sie bitte den folgenden Artikel und beantworten Sie die nachstehenden Fragen: Bartlett, Christopher A./Ghoshal, Sumantra (1987): Managing across Borders: New Strategic Requirements. In: Sloan Management Review, 28. Jg., Nr. 4, 1987, S. 7-17.

a) Welche Strategievariante verfolgt der Axel Springer Verlag – eine globale, eine multinationale, eine internationale oder eine transnationale Strategie? Nehmen Sie zur Beantwortung der Frage bitte an, dass der Axel Springer Verlag in anderen Ländern ähnlich handelt wie in Polen. b) Ist eine der Strategievarianten nach Bartlett/Ghoshal Ihrer Ansicht nach für die Internationalisierung von Verlagen prädestiniert? Bitte begründen Sie Ihre Meinung. c) Scheidet eine Strategievariante bzw. scheiden einige Strategievarianten für Verlage aus? Bitte geben Sie eine begründete Antwort. 11. In der Fallstudie wurde darauf hingewiesen, dass der Axel Springer Verlag erst relativ spät ins Ausland ging und dabei sehr vorsichtig agierte. Dementsprechend war der Auslandsanteil an seinem Umsatz mit 16% im Jahr 2006 noch relativ gering – zumindest im Vergleich zu anderen deutschen Medienunternehmen. Der Bertelsmann-Konzern hatte zu diesem Zeitpunkt einen Auslandsanteil von 69% am Gesamtumsatz, der Holtzbrinck-Verlag von 40% und der Bauer-Verlag von 30%. a) Informieren Sie sich bitte über das Auslandsengagement eines dieser Unternehmen und vergleichen Sie es mit dem des Axel Springer Verlages. b) Sind Sie der Meinung, der Axel Springer Verlag hätte früher und stärker internationalisieren müssen? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. 12. Perlmutter hat das so genannte EPRG-Konzept in die Literatur zum Internationalen Management eingeführt. Informieren Sie sich über dieses Konzept und beantworten Sie bitte die folgende Frage: Lässt sich der Axel Springer Verlag in Bezug auf sein Engagement in Polen eher als ethnozentrisches, polyzentrisches, regiozentrisches oder geozentrisches Unternehmen charakterisieren? Betrachten Sie dabei auch Veränderungen im Zeitablauf. 13. Versuchen Sie bitte, die Typologien von Rollen für Tochtergesellschaften von Bartlett/Ghoshal und Gupta/Govindarajan auf Axel Springer Polska anzuwenden, und beantworten Sie die folgenden Fragen. a) Handelt es sich bei Axel Springer Polska eher um einen Implementer, einen Contributor, ein Black Hole oder einen Strategic Leader? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

Mit BILD und Co. nach Polen

303

b) Welchem Typ von Tochtergesellschaft entspricht Axel Springer Polska am ehesten: Local Innovator, Global Innovator, Implementor oder Integrated Player? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. 14. Lesen Sie bitte den folgenden Zeitungsausschnitt und gehen Sie auf die darunter stehenden Fragen ein: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.04.1994: „Westliche Verlage haben eine starke Stellung bei Tageszeitungen“, S. 21. „In der Zeitungslandschaft Osteuropas haben sich westliche Verlage eine starke Stellung aufgebaut. In Ungarn, Polen und Tschechien sind ein Teil der nationalen Tageszeitungen und der Regionalpresse in der Hand von deutschsprachigen Medienunternehmen. ... Doch haben die Übernahmen von Tageszeitungen auch immer wieder politische Proteste provoziert. ... Die Passauer Neue Presse, die sich in böhmische Regional- und Lokalzeitungen eingekauft hat, musste sich des Vorwurfs erwehren, sie würde sich einseitig zu Fürsprechern der sudetendeutschen Interessen machen. ... Einige deutsche Verlage haben sich wegen dieser politischen Empfindlichkeiten im Zeitungsbereich Zurückhaltung auferlegt: „In manchen Ländern, etwa in Polen, müssen deutsche Unternehmen sehr vorsichtig vorgehen“, sagt Axel Ganz, Auslandsvorstand des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr (G + J). Relativ ungehindert können sich dagegen die als politisch neutral geltenden Schweizer Verlage im Osten bewegen.“

Quelle: o.V. (1994): Westliche Verlage haben eine starke Stellung bei Tageszeitungen. Rücksichtnahme auf politische Empfindlichkeiten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.04.1994, S. 21. a) Warum stoßen deutsche Medienkonzerne auf größere Vorurteile und größeres Misstrauen in Osteuropa als Unternehmen aus anderen Ländern, z.B. aus der Schweiz oder aus Schweden? b) Welche Konsequenzen hat dies Ihrer Meinung nach für die Formulierung und Implementierung der Internationalisierungsstrategie eines deutschen Presseunternehmens in Osteuropa? c) Würden Sie angesichts dieser „Empfindlichkeiten“ von einem Engagement in Osteuropa abraten? Bitte begründen Sie Ihre Meinung. 15. Der Axel Springer Verlag hat auch in andere osteuropäische Länder wie Ungarn, Rumänien oder Russland expandiert. Informieren Sie sich bitte über das Engagement des Verlages in einem dieser osteuropäischen Märkte und beantworten Sie folgende Fragen. a) Inwiefern ähnelt die Strategie des Axel Springer Verlages in dem von Ihnen gewählten Land derjenigen, die es in Polen angewandt hat? Gibt es mehr Ähnlichkeiten oder mehr Unterschiede? b) Inwieweit konnte der Axel Springer Verlag in dem von Ihnen ausgesuchten Markt von seinen Erfahrungen in Polen profitieren? c) Machte der Verlag dort Erfahrungen, die sein Engagement in Polen beeinflussten?

304

Axel Springer Verlag

16. In der Fallstudie wurde nachgezeichnet, wie erfolgreich der Axel Springer Verlag bisher bei seinem Engagement in Polen war und dass es besonders die der deutschen BILD-Zeitung nachempfundene Zeitung Fakt war, die zu diesem Erfolg beigetragen hat. Allerdings war es in Polen nicht das erste Mal, dass der Axel Springer Verlag versuchte, die BILD-Zeitung in anderen Ländern auf den Markt zu bringen. In Spanien scheiterte der Axel Springer Verlag 1991 damit, eine BILD-Adaption namens CLARO zu etablieren. Durch den Erfolg von Fakt in Polen hingegen ermutigt, plant der Verlag derzeit, erneut eine BILD-Adaption in einem westeuropäischen Land zu platzieren, nämlich in Frankreich. Lesen Sie dazu bitte zunächst folgenden Text: Berliner Zeitung, 20.04.2007: „Nackt auf Seite eins. Unter Frankreichs Verlagen wächst die Angst vor einer BILD á la française“, S. 30. „Die Chancen für den Start einer französischen Boulevard-Zeitung stehen aber nach Verlagsangaben nicht schlecht. Man sei davon überzeugt, dass viele Faktoren, die die Springer-Zeitung Fakt in Polen erfolgreich gemacht hätten, auch in Frankreich gegeben seien, sagte Vorstandsmitglied Andreas Wiele, der bei Springer für Zeitschriften und internationale Angelegenheiten zuständig ist, am Donnerstag. Im Laufe des Sommers soll eine Entscheidung fallen, „ob und wann“ man eine französische Bild auf den Markt bringen werde. ... Der französische Journalismus sei "staatstragend", hat Springer-Chef Mathias Döpfner einmal gesagt. Da, so das Kalkül, könnte ein freches Boulevardblatt gerade richtig kommen. Doch der Einstieg in den französischen Zeitungsmarkt ist nicht ohne Risiko. Das Land kennt keinen klassischen Boulevardjournalismus, und die Revolverblätter aus Deutschland oder England mit ihren nackten Titel-Girls und aggressiven Schlagzeilen gelten nicht nur unter Intellektuellen als publizistischer Super-GAU. Robin Leproux, Chef von Axel Springer France, hat deshalb auch in einem Interview mit der Zeitung Le Figaro durchblicken lassen, dass das neue Produkt dezenter als Bild daherkommen werde. Frankreich sei noch nicht so weit. ... Bis zu 120 Millionen Euro ist der Konzern angeblich bereit, in den ersten drei Jahren in die neue Zeitung zu investieren, dann soll der Sprung in die Gewinnzone gelingen. Anfang der 90er Jahre hatte Springer bei einem ähnlichen Projekt noch einen weitaus kürzeren Atem bewiesen: Claro, eine Art Bild-Zeitung für Spanien, wurde nach nur vier Monaten wieder eingestellt. 160 Millionen D-Mark soll der Springer-Verlag damals in den Sand gesetzt haben.“

Quelle: Waschinski, Gregor (2007): Nackt auf Seite eins. Unter Frankreichs Verlagen wächst die Angst vor einer BILD á la française. In: Berliner Zeitung, 20.04.2007, S. 30. a) Informieren Sie sich bitte zusätzlich zum Textausschnitt über den Fall und versuchen Sie, Gründe dafür zu finden, warum der Internationalisierungsversuch des Axel Springer Verlages in Spanien scheiterte. Beachten Sie dabei besonders die Timing- und die Zielmarktstrategien. b) Suchen Sie bitte über den Text hinausgehende Informationen zum Plan des Axel Springer Verlages, eine BILD-Adaption in Frankreich zu etablieren. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein? Inwieweit ähnelt der französische dem polnischen Zeitungsmarkt? 17. Sie wurden in der Fallstudie auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der deutschen BILD-Zeitung und der polnischen Zeitung Fakt aufmerksam gemacht. In der folgenden Abbildung sehen Sie die Titelseiten beider Zeitungen im Vergleich.

Titelseite von Fakt vom 10.10.2006 (im Original 376 mm x 528 mm)

Titelseite von BILD vom 24.11.2006

(im Original 376 mm x 528 mm)

Mit BILD und Co. nach Polen 305

306

Axel Springer Verlag a) Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede können Sie zwischen beiden Zeitungen in der Abbildung erkennen? b) Welche Merkmale der BILD-Zeitung sind Ihrer Meinung nach universell anwendbar und könnten auch in einem anderen Land wie Frankreich erfolgreich sein? Gehen Sie dabei bitte auch auf die Charakteristika der BILD-Zeitung ein, die Fakt in Polen übernommen hat. c) Erklären Sie bitte konkret, welche Änderungen nötig waren, damit Fakt in Polen auf Zustimmung stoßen konnte, und welche Veränderungen der Axel Springer Verlag vornehmen müsste, damit die geplante Boulevardzeitung in Frankreich erfolgreich sein kann. d) Gibt es Ihrer Meinung nach ein Land, in dem eine Adaption der BILD-Zeitung ohne größere Anpassungen auf dem Zeitungsmarkt erfolgreich sein könnte?

18. Die Internationalisierung von Unternehmen wird von zahlreichen theoretischen Ansätzen erklärt. a) Bitte informieren Sie sich über die Theorie des monopolistischen Vorteils von Hymer und die Theorien des oligopolistischen Parallelverhaltens und prüfen Sie, welche der Theorien welchen Beitrag für die Internationalisierung des Axel Springer Verlages in Polen liefert. b) Sehen Sie Anhaltspunkte, dass die Ansätze imperialistischer Begründung die Internationalisierung des Axel Springer Verlages und weiterer deutscher Medienunternehmen in Polen erklären können? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung ausführlich. 19. Stellen Sie sich vor, Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende des Axel Springer Verlages, würde Sie bitten, ihn zu beraten, ob und wie er das Auslandsengagement weiter ausbauen sollte. Geben Sie eine begründete „Beratung“. Sie können als „Startpunkt“ entweder das Jahr 2007 wählen oder aber – unter Zuhilfenahme von Recherchen über die bereits erfolgte Internationalisierung zwischen 2007 und heute – einen Blick in die Zukunft ab dem jetzigen Zeitpunkt werfen. 20. Bitte versetzen Sie sich in die Lage von Florian Fels. Informationen zu Florian Fels gibt Ihnen die nachfolgende Textbox:

Mit BILD und Co. nach Polen

307

Kurzportrait von Florian Fels: „Florian Fels ist Absolvent der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät des Saarlandes in Saarbrücken mit den Studienschwerpunkten Handelsbetriebslehre und Wirtschaftsinformatik. 1993 startete er ein zweijähriges Traineeprogramm bei der Axel Springer AG, um anschließend in der Abteilung Zentrale Verlagsplanung des Zeitschriftenvorstandes in Hamburg zu arbeiten. 1996 wechselte er als Verlagskoordinator in die Auslandsabteilung Zeitschriften und betreute die Niederlassungen u.a. in Polen, Spanien und Frankreich sowie die internationalen Lizenzausgaben von AUTO BILD, zusammengefasst in der Auto Europe Group. Von 1998 bis 1999 arbeitete er in der Verlagsleitung von AUTO BILD und SPORT BILD. Seit April 1999 war er Generaldirektor und Mitglied der Geschäftsführung von Axel Springer Polska, im Jahre 2004 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der Geschäftsführung und im Januar 2006 zum Vorsitzenden der Geschäftsführung ernannt. ...“

Quelle: Deutsch-Polnische Industrie- und Handelskammer (2007): Lebensläufe der Kandidaten für den Vorstand. URL: http://www.ihk.pl/img_upload/files/Le benslaeufe_der_Kandidatenfuerden_Vorstand_2.pdf (Stand: 01.05.2007). Nehmen Sie nun bitte die folgende Situation an: Wir befinden uns im Jahr 2007. Der Ringier Verlag aus der Schweiz überlegt, in den polnischen Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt einzutreten, und möchte Sie, Florian Fels, dafür in leitender Position gewinnen. Ringier ist über einen Headhunter schon an Sie herangetreten. Würden Sie ernsthaft darüber nachdenken, das Angebot anzunehmen? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Wenn nein, warum käme für Sie ein Wechsel zu Ringier nicht in Frage? Begründen Sie bitte Ihre Entscheidung. 21. Im Jahr 2010 wurde bekannt, dass der Axel Springer Verlag und der Schweizer Ringier Verlag ihre Osteuropa-Aktivitäten in einem gemeinsamen Joint Venture bündeln. Lesen Sie dazu den folgenden Zeitungsausschnitt: Handelsblatt, 25.03.2010: „Springer und Ringier vereinen Osteuropa-Geschäft“, S. 29. „Die Medienkonzerne Axel Springer und Ringier legen ihr Zeitungs-, Zeitschriften- und Internetgeschäft in Osteuropa zusammen. „Wir glauben an Osteuropa“, sagte Springer-Chef Mathias Döpfner gestern. Sowohl Springer als auch Ringier sind mit jeweils 50 Prozent an dem neuen Unternehmen beteiligt. Das Joint Venture umfasst die Länder Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Serbien. Dort sind die beiden Konzerne beispielsweise Marktführer bei den Boulevardzeitungen wie Springers „Fakt“ in Polen. „Osteuropa ist einer der dynamischsten Wachstumsmärkte in den kommenden Jahren“, sagte Ringier-Chef Christian Unger in Zürich. Für Ringier ist ein solches Joint Venture ein Novum. In seiner 177-jährigen Geschichte setzte das größte Schweizer Medienunternehmen stets auf große Eigenständigkeit. Laut Unger sei aber Springer ein „Partner auf Augenhöhe, der in einem hohen Grad“ zum eidgenössischen Unternehmen passe. Für Springer bedeutet die Schaffung des Gemeinschaftsunternehmens einen lang ersehnten Umsatzschub, denn das Joint Venture wird von dem Berliner Konzern nach eigenen Angaben voll in der Bilanz konsolidiert werden. Das neue Unternehmen mit Erlösen von 414 Mio. Euro und einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 62 Mio. Euro wird seinen Sitz in Zürich haben. Chef wird Florian Fels. Der 42Jährige ist derzeit CEO Central Europe bei Ringier, hat aber zuvor für Axel Springer das Geschäft in Polen geleitet. Zum neuen Unternehmen mit 4.800 Mitarbeitern und 100 Zeitungen und Zeitschriften steuern die Berliner eine Bareinlage von 50 Mio. Euro bei und leisten eine Ausgleichszahlung von rund 125 Mio. Euro an Ringier. Döpfner betonte gestern nochmals die seit Jahren freundschaftlichen Beziehungen zu Ringier. Vor Jahren hatten der Berliner und der Zürcher Konzern sogar schon einmal eine Fusion erwogen. Doch am Ende machte Michael Ringier einen Rückzieher.

308

Axel Springer Verlag Springer forciert mit dem Osteuropa-Coup seine regionale Diversifizierung und macht sich unabhängiger vom schwierigen Markt in Deutschland, erhöht sich durch das Joint Venture doch der Auslandsanteil von derzeit 21 Prozent auf künftig 27 Prozent. Bei dem „Bild“-Konzern gingen im vergangenen Jahr die Erlöse um 4,3 Prozent auf 2,612 Mrd. Euro zurück. Springer und Ringier haben mit dem neuen Gemeinschaftsunternehmen, dessen Name erst noch gefunden werden muss, große Pläne. Mittelfristig sei ein Börsengang geplant, sagte RingierVorstandschef Unger gestern. Er sagte wörtlich: „Wir haben das Ziel, in drei bis vier Jahren an die Börse zu gehen.“ Zunächst wollen die Partner aber expandieren. Dafür nehmen sie nach eigener Aussage bis zu 300 Mio. Euro in die Hand. „Wir stehen in diesen Märkten vor einer Digitalisierungswelle“, ist sich Döpfner sicher. Eine Erweiterung des Joint-Ventures auf andere osteuropäische Staaten wie Rumänien oder die Ukraine schloss der Springer-Chef für die Zukunft nicht aus. Die Partner haben bereits zahlreiche Übernahmeziele ausgemacht. Laut Unger habe Ringier bereits 200 Firmen auf dem Radarschirm, von denen aber bislang nur die wenigsten zum Verkauf stünden. Zusammen betreiben Springer und Ringier in den fünf Ländern, in denen das Gemeinschaftsunternehmen präsent sein wird, bereits 60 Internetfirmen. In Russland, dem mit Abstand größten Medienmarkt Osteuropas, will Springer aber weiterhin allein agieren. Dort betreibt Europas größter Zeitungskonzern ausschließlich ein Zeitschriftengeschäft.“

In das Joint Venture von Axel Springer und Ringier eingebrachte Aktivitäten 48 40 34 25 21 13

2 Zeitungen

Zeitschriften

Online-Angebote

Axel Springer

4

Druckereien

Ringier

Die Abbildung wurde gegenüber dem Original graphisch leicht verändert.

Quelle: Riecke, Torsten/Siebenhaar, Hans-Peter (2010): Springer und Ringier vereinen Osteuropa-Geschäft. In: Handelsblatt, 25.03.2010, S. 29. a) Welche Vorteile versprechen sich der Axel Springer Verlag und Ringier laut Zeitungsausschnitt? Könnten Sie sich weitere Vorteile vorstellen, auch wenn diese im Zeitungsausschnitt nicht genannt sind? b) Welche Probleme und Risiken sind Ihrer Meinung nach für den Axel Springer Verlag und Ringier mit dem Joint Venture verbunden? c) Welche Maßnahmen sollte der Axel Springer Verlag Ihrer Meinung nach ergreifen, um die unter b) genannten Probleme und Risiken möglichst gering zu halten?

Mit BILD und Co. nach Polen

309

22. Auch wenn der Axel Springer Verlag eine an der Börse platzierte AG ist, hat Friede Springer noch einen entscheidenden Einfluss auf die Unternehmensstrategie. Sie kontrolliert indirekt über die Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. KG 51,5% und direkt 7% der stimmberechtigten Aktien. Damit beläuft sich ihr Anteil auf insgesamt 58,5% der stimmberechtigten Aktien. Welche Auswirkungen hat Ihrer Meinung nach die Tatsache, dass der Axel Springer Verlag noch einen starken Einfluss der (Gründer-)Familie aufweist, auf die Internationalisierungsstrategien des Verlages? 23. Der Axel Springer Verlag hat sich frühzeitig mit dem Wandel zur digitalen Medienlandschaft beschäftigt. Lesen Sie dazu folgenden Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 2012, der den Nachholbedarf von Bertelsmann gegenüber dem Axel Springer Verlag thematisiert: Handelsblatt, 29.03.2012: „Digitalisierung: Springer liegt mit Abstand vorn“, S. 7. „Der Medienkonzern Bertelsmann hat angekündigt, digitaler und internationaler zu werden. Das Ziel an sich ist lobenswert. Das Problem: Die Konkurrenz hat diesen Wandel bereits vollzogen oder ist zumindest schon auf einem guten Weg zum digitalen Unternehmen. Bertelsmann ist heute ein Konzern mit den vier Geschäftsbereichen Fernsehen (RTL), Buch (Random House), Zeitschriften (Gruner + Jahr) und Dienstleistungen (Arvato). Die Umsätze konnte die Unternehmensgruppe 2011 nur um 1,2 Prozent auf 15,3 Milliarden Euro steigern. Um künftig wieder zuzulegen, wollen die Gütersloher einen Großteil ihrer Investitionen in die Digitalisierung stecken. Als Beispiel gilt das Musikrechte-Geschäft, das der neue Konzernchef Thomas Rabe noch als Finanzvorstand erfolgreich aufgebaut hat. Die Konzerntochter ist im weltweiten Musikrechte-Markt auf Rang vier und erwirtschaftete Bertelsmann zufolge 2011 ein „komfortables Ergebnis“. Die Digitalisierung soll nun auch im TV-Geschäft, bei den Buchverlagen und den Zeitschriften vorangetrieben werden, wo Bertelsmann im digitalen Geschäft noch Nachholbedarf hat. Hier rächt sich die Kaufzurückhaltung der Gütersloher in den vergangenen Jahren. Konkurrenten wie der Medienkonzern Axel Springer („Bild“, „Hörzu“) sind bei der Digitalisierung schon deutlich weiter. Der Berliner Konzern hat sein Online-Engagement massiv ausgebaut. Durch Zukäufe wie das Immobilienportal Seloger und das Online-Unternehmen Netmums.com sowie robustes organisches Wachstum trugen die digitalen Medien 2011 einen Anteil von 30,9 Prozent zu den Umsätzen bei. Insgesamt konnte Springer seine Umsätze um 10,1 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro steigern – und damit deutlich stärker als die Konkurrenz. Die Bertelsmann-Tochter G+J legt zwar erst heute detaillierte Zahlen vor. Die Umsätze haben sich im Jahr 2011 aber nur um 1,2 Prozent auf knapp 2,3 Milliarden Euro erhöht. Das operative Ergebnis schrumpfte sogar um 10,4 Prozent auf 233 Millionen Euro. Während sich die Anzeigen- und Vertriebserlöse in Deutschland stabil entwickelten, zeigte vor allem das Geschäft in Italien und Spanien Schwächen. Hinzu kamen die hohen Papierpreise, die das Ergebnis verhagelten. Ähnlich wie Axel Springer will G+J daher die digitale Vermarktung ausbauen. Doch bislang fehlt den Hamburgern das Geld für große Zukäufe. Das könnte sich nun mit der Öffnung des Mutterkonzerns für Investoren ändern. Zudem will Bertelsmann internationaler werden – obwohl die Konzerntochter G+J hier vor dem Rivalen Axel Springer liegt. Während der „Bild“-Konzern nur ein Drittel der Umsätze außerhalb Deutschlands erzielt, sind es bei G+J 56 Prozent. Ausbaufähig sind aber die Geschäfte in Wachstumsmärkten wie Asien und Lateinamerika. Denn nur 17 Prozent der Umsätze stammen aus Ländern außerhalb Europas. Das soll sich ändern: So ist G+J im Herbst 2011 erstmals in den komplizierten indischen Markt eingestiegen.“

310

Axel Springer Verlag

Vergleich der Medienriesen Umsatz (in Mio. €)

3.185 2.287

29,4 15.253

Betriebsergebnis (in Mio. €)

433 233 1.746

Jahresergebnis (in Mio. €)

289 160 612

24,5

13,6 10,2

Nettofinanzschulden (in Mio. €)

11,4

473 -268 1.809 12.885

Mitarbeiter

0,0

11.822 100.626

Axel Springer

Gruner + Jahr

EBIT-Marge in %

Nettofinanzschulden in % des Eigenkapitals

Bertelsmann-Konzern

Quelle: Metzger, Susanne (2012): Digitalisierung: Springer liegt mit Abstand vorn. In: Handelsblatt, 29.03.2012, S. 7 (Abbildung graphisch leicht verändert), und Gruner + Jahr (2011): Jahrbuch der Relevanz, 2011. URL: http://www.guj.de/e-annual2011/de/#/0 (Stand 26.06.2012).

Quelle: Metzger, Susanne (2012): Digitalisierung: Springer liegt mit Abstand vorn. In: Handelsblatt, 29.03.2012, S. 7. a) Informieren Sie sich bitte darüber, welche Online-Portale der Axel Springer Verlag aufweist, und finden Sie heraus, welche dieser Online-Portale vom Axel Springer Verlag neu gegründet wurden und welche dieser Online-Portale das Resultat von Akquisitionen darstellen. b) Vergleichen Sie die einzelnen Online-Portale des Axel Springer Verlages im Hinblick auf die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie, die Zielmarktstrategie und die Timingstrategie der letzten Jahre. Versuchen Sie dann den „Brückenschlag“ von der Vergangenheit in die Zukunft und geben Sie begründete Empfehlungen ab, wie sich die Internationalisierungsstrategien hinsichtlich der drei Dimensionen in den nächsten fünf Jahren Ihrer Meinung nach entwickeln sollten. c) Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel Springer Verlages, hat das Ziel, dass die digitalen Geschäfte bis spätestens 2018 für die Hälfte der Erlöse des Unternehmens verantwortlich sein sollen. Halten Sie dieses Ziel für realistisch? Begründen Sie bitte Ihre Meinung.

Endesa Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Katharina Hefter Stefan Schmid und Katharina Hefter Endesa: Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

Endesa zählt zu den größten Energieversorgern in Europa. Neben ihrer Präsenz in Europa ist die spanische Unternehmensgruppe auch stark in Südamerika engagiert. In dieser Fallstudie wird der Markteintritt in Südamerika über den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an der chilenischen Unternehmensgruppe Enersis thematisiert. Es wird gleichzeitig aufgezeigt, dass Endesa durch das Engagement bei Enersis nicht nur in den Markt in Chile, sondern auch in viele andere Märkte Südamerikas eingetreten ist. Die Fallstudie rückt aber nicht nur die Minderheitsbeteiligung an sich in das Zentrum des Interesses, sondern geht auch auf den Ausbau dieser Minderheitsbeteiligung im Zeitablauf ein. Ein besonderer Fokus der Fallstudie liegt schließlich auf der Entwicklung der Aktivitäten von Endesa vor dem Hintergrund der in wirtschaftlicher Hinsicht zuweilen als schwierig geltenden Lage der Region Südamerika. Damit wird auf die Bedeutung der Makro-Umwelt bei der Internationalisierung verwiesen. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert. Die Autoren danken Herrn Prof. Dr. Peter Kajüter, MBA, für wertvolle Hinweise zu früheren Versionen dieser Fallstudie.

314

Endesa

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Endesa im europäischen Wettbewerbsumfeld .................................................... 315 2 Endesa auf dem Weg nach Südamerika .............................................................. 317 2.1 Die Rahmenbedingungen für das Engagement von Endesa ........................... 317 2.2 Die ersten Schritte von Endesa in Südamerika ............................................... 317 2.3 Der Erwerb einer Beteiligung an Enersis ......................................................... 318 2.4 Der Ausbau der Beteiligung an Enersis ........................................................... 320 3 Die weitere Entwicklung von Endesa in Südamerika ......................................... 320 3.1 Der Ausbau der Engagements von Endesa in Südamerika............................. 320 3.2 Die Entwicklung von Endesa in Südamerika vor dem Hintergrund des Umfelds ........................................................................................................... 321 4 Ausblick .................................................................................................................. 325

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

1

315

Endesa im europäischen Wettbewerbsumfeld

Das spanische Versorgungsunternehmen Endesa S.A. (Empresa Nacional de Electricidad Sociedad Anónima) ist neben seinem Kerngeschäft, der Stromerzeugung und Stromdistribution, auch in den Bereichen Gas, Wasser und Telekommunikation aktiv. Seit 1988 wurde das ehemals staatliche Unternehmen schrittweise privatisiert und befindet sich heute im Besitz privater und institutioneller Investoren. Im Jahr 2004 dominierte Endesa den spanischen Markt in der Stromerzeugung und Stromdistribution mit einem Marktanteil von etwa 42% immer noch deutlich. Endesa hat im Heimatland zwar keine Monopolstellung mehr, profitiert aber weiterhin stark von seiner historisch bedingten Rolle als dominierendes Versorgungsunternehmen Spaniens. Im europaweiten Vergleich der Energieversorger, der in Abbildung 1 veranschaulicht wird, stand Endesa mit einem Umsatz von 18.065 Mio. € im Jahr 2004 an achter Stelle.

49.103

E.ON (Deutschland)

46.928

EdF (Frankreich)

42.137

RWE (Deutschland) Suez (Frankreich)

40.739 36.489

Enel (Italien) 27.457

Centrica (Großbritannien) Gaz de France (Frankreich)

18.129

Endesa (Spanien)

18.065 12.572

Vattenfall (Schweden)

12.148

Electrabel (Belgien) 0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

Umsatz in Mio. € Stand 2004.

Abb. 1: Die größten europäischen Energieversorger Quelle: Daten aus den Geschäftsberichten der genannten Unternehmen für das Jahr 2004. Endesa ist neben anderen europäischen Energieversorgern, wie etwa EdF (Électricité de France), RWE (Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk), Suez und Enel (Ente Nazionale per l'Energia Elettrica), in Südamerika präsent. Endesa realisiert dort mit 23% jedoch einen größeren Anteil des Umsatzes als die europäischen Konkurrenten. Ledig-

316

Endesa

lich der spanische Hauptkonkurrent von Endesa, der Energieversorger Iberdrola, ist mit einem Umsatzanteil von 13% am Gesamtumsatz in Höhe von 10.315 Mio. € ebenfalls vergleichsweise stark in Südamerika vertreten. Gemessen an der Erzeugungskapazität zählt Endesa zu den größten nicht-staatlichen Marktteilnehmern in Südamerika. Der Umfang der Geschäftstätigkeit Endesas im Bereich Stromerzeugung und Stromdistribution über direkte und indirekte Beteiligungen an Unternehmen in Südamerika wird in Abbildung 2 deutlich. Doch wie agiert Endesa in Südamerika? Und wie baute Endesa seine Präsenz in Südamerika auf und aus?

Kolumbien Stromabsatz (GWh): 14.481 Anzahl Kraftwerke: 10 Anzahl Kunden: 2,0 Mio. Gesellschaften: Betania (86%), Codensa (57%), Emgesa (57%)

Peru Stromabsatz (GWh): 4.443 Anzahl Kraftwerke: 8 Anzahl Kunden: 0,9 Mio. Gesellschaften: Edelnor (60%), Edegel (64%), Etevensa (60%), Piura (60%)

Chile Stromabsatz (GWh): 18.681 Anzahl Kraftwerke: 20 Anzahl Kunden: 1,3 Mio. Gesellschaften: Celta (100%), Chilectra (98%), Endesa Chile (60%), Enersis (61%), Pangue (100%), Pehuenche (93%), San Isidro (100%), Transquillota (50%)

Brasilien Stromabsatz (GWh): 3.770 Anzahl Kraftwerke: 2 Anzahl Kunden: 4,2 Mio. Gesellschaften: Cachoeira Dourada (100%), Cerj (92%), Cien (100%), Coelce (59%)

Argentinien Stromabsatz (GWh): 9.259 Anzahl Kraftwerke: 5 Anzahl Kunden: 2,1 Mio. Gesellschaften: Cemsa (100%), Costanera (64%), CTM (100%), Dock Sud (100%), Edesur (99%), El Chocón (65%), TESA (100%), Yacylec (22%)

Stand 2004.

Abb. 2: Geschäftsaktivitäten von Endesa in Südamerika im Bereich der Stromerzeugung und Stromdistribution Quelle: Daten aus Enersis (2004a), S. 3, Enersis (2004b), S. 37 und 53, Endesa (2005), S. 55-57, Enersis (2005c), S. 45-56, sowie Enersis (2005d), S. 33.

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

2

317

Endesa auf dem Weg nach Südamerika

2.1 Die Rahmenbedingungen für das Engagement von Endesa In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts tätigten viele spanische Unternehmen den Großteil ihrer Direktinvestitionen in Südamerika. Diese Engagements wurden seitens des spanischen Staates in der Regel unterstützt, etwa durch Informationsangebote, Steueranreize und Finanzierungshilfen. Für Energieversorgungsunternehmen wurden südamerikanische Ländermärkte jedoch erst nach der Auflösung der staatlichen Versorgungsmonopole seit Anfang der 1980er Jahre attraktiv. In private Hand gingen die Energieerzeugung und Energiedistribution über, wobei die als natürliches Monopol geltenden Verteilungsnetze weiterhin staatlicher Regulierung unterworfen blieben. In diesem Zusammenhang wurde die Energiewirtschaft in Südamerika auch für ausländische Investoren geöffnet. In Abhängigkeit der landesspezifischen politischen Zielsetzungen, der Besitzverhältnisse und der rechtlichen Bestimmungen vollzog sich die Privatisierung und Deregulierung in jedem Land mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.

2.2 Die ersten Schritte von Endesa in Südamerika 1992 wagte Endesa den Sprung nach Südamerika. Neben einem hohen prognostizierten Marktwachstum förderte die kulturelle Nähe zwischen Spanien und Südamerika das Interesse Endesas an diesem Markt. Darüber hinaus sollte das stagnierende Geschäft im Heimatmarkt kompensiert sowie eine Risikostreuung durch ausländische Direktinvestitionen erreicht werden. Zunächst beteiligte sich die spanische Unternehmensgruppe an argentinischen Stromversorgern – mit 63% am Stromerzeuger Dock Sud und mit 22% respektive 12% an den Stromverteilern Yacylec und Edelnor. Im Jahr 1994 trat Endesa außerdem mittels Minderheitsbeteiligungen an Edelnor (damals 18%), Piura (damals 29%) und Etevensa (damals 44%) in den peruanischen Markt ein. Danach scheiterte ein Übernahmeversuch des zu privatisierenden brasilianischen Stromverteilungsunternehmen Coelba. Endesa hielt jedoch am Ziel einer Expansion in Südamerika fest und fand im Jahr 1997 in der chilenischen Unternehmensgruppe Enersis ein neues interessantes Beteiligungsobjekt. Enersis nahm mit seiner bereits damals existierenden Präsenz in Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien und Peru in Südamerika eine führende Marktposition in Stromerzeugung und Stromdistribution ein. Die zu dieser Zeit bestehende Beteiligungsstruktur von Enersis wird kurz in Abbildung 3 porträtiert.

318

Endesa

Enersis – das Beteiligungsobjekt: Enersis war als Muttergesellschaft zweier Stromverteilungsunternehmen – Chilectra und Río Maipo – bereits 1982 aus der staatlichen Compañía Chilena de Electricidad (CCE) hervorgegangen. In den Folgejahren hatte Enersis seine Geschäftsaktivitäten in der Stromverteilung geographisch ausgeweitet. Außerdem hatte Enersis 1989 den Stromerzeugungsbereich über eine 25%-ige Beteiligung an Endesa-Chile gestärkt. Trotz der Namensgleichheit bestand zu diesem Zeitpunkt (noch) keine Verbindung zwischen Endesa („Endesa España“) und Endesa-Chile. Das umfangreiche Beteiligungsportfolio von Enersis im Bereich der Stromerzeugung und -distribution gestaltete sich im Juli 1997 wie folgt:

Enersis Río Maipo (Chile) Chilectra (Chile)

85% 75%

25%

Endesa (Chile)

Celta (Chile) Pangue (Chile)

30%

Edesur (Argentinien)

21% 16%

Cerj (Brasilien) Edelnor (Peru)

28% 17% 17%

Pehuenche (Chile) Transelec (Chile)

52%

98%

43%

93%

75%

100%

26%

Costanera (Argentinien) El Chocón (Argentinien) Betania (Kolumbien) Edegel (Peru)

50%

Transquillota (Chile)

75%

San Isidro (Chile)

Stromverteilung

100%

Stromerzeugung

Stand 1997.

Abb. 3: Die Beteiligungen von Enersis Quelle: in Anlehnung an Durán Herrerra (1999), S. 181, sowie diverse Presseveröffentlichungen.

2.3 Der Erwerb einer Beteiligung an Enersis Endesa zielte auf die damals maximal mögliche Beteiligungshöhe an Enersis ab, die gemäß der Satzung von Enersis auf 32% des Aktienkapitals beschränkt war. Die Aktionärsstruktur von Enersis im Juli 1997 wird im linken Teil von Abbildung 4 verdeutlicht. Endesa konzentrierte seine Investitionsstrategie auf die fünf Beteiligungsgesellschaften Almendros, Chispa Uno, Chispa Dos, Luz y Fuerza und Luz S.A., die so genannten „Chispas“, die zusammen eine etwa 29%-ige Beteiligung an Enersis hielten. Endesa gab im August 1997 ein Übernahmeangebot für die Chispas-Beteiligungsgesellschaften selbst ab. Jeweils 91% der Aktionäre von Almendros, Chispa Uno, Chispa Dos und Luz y Fuerza nahmen das Angebot an, so dass Endesa eine Kontrollmehrheit an diesen vier Beteiligungsgesellschaften erwarb. An Luz S.A. erreichte Endesa zunächst lediglich eine Beteiligung in Höhe von 21%. Erst nach zähen Verhandlungen besserte Endesa sein Angebot nach und erwarb weitere 12% an Luz S.A. Mit der nunmehr auf 33% ausgeweiteten Beteiligung konnte Endesa einen angedrohten Verkauf der von Luz S.A. an Enersis gehaltenen Anteile blockieren. So verschaffte sich Endesa über die Beteiligung

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

319

an den Chispas auf indirektem Wege die Kontrolle über eine 29%-ige Beteiligung an Enersis und stockte diese im November 1997 – in Form einer direkten Beteiligung – um weitere 3% auf. Die aufgrund der Enersis-Satzungsvorgaben maximal mögliche Beteiligungshöhe von 32% war somit erreicht. Die resultierenden Besitzverhältnisse werden im rechten Teil von Abbildung 4 dargestellt.

Beteiligungsstruktur im November 1997

91%

89%

Luz y Fuerza

3%

Chispa Dos

29%

91%

Chispa Uno

Chispas (Beteiligungsgesellschaften)

93%

Almendros

Luz S.A.

Luz y Fuerza

Chispa Dos

Chispa Uno

Almendros

Endesa

33%

Luz S.A.

Beteiligungsstruktur im Juli 1997

Chispas (Beteiligungsgesellschaften) Enersis

Chilenische Pensionsfonds

29%

20%

29%

Enersis

22% US-Investoren

29% Chilenische Pensionsfonds

17% 22% US-Investoren

Streubesitz Streubesitz

Abb. 4: Die Beteiligungsstruktur von Enersis vor und nach dem Erwerb der Beteiligung durch Endesa Quelle: Daten aus o.V. (1997h), S. 7, Durán Herrerra (1999), S. 182 und Parisi/Yáñez (2000), S. 105. Im Jahr 1998 manifestierten sich im Aktionärskreis der chilenischen Enersis zunehmend unterschiedliche Auffassungen bezüglich der künftigen Geschäftsstrategie des Unternehmens. Endesa als Hauptaktionär setzte sich für die vertikale Desintegration der Geschäftsaktivitäten, d.h. für eine Aufspaltung der Bereiche Stromerzeugung und Stromdistribution, bei Enersis ein. Die chilenischen Pensionsfonds, die etwa 29% der Anteile an Enersis hielten, sprachen sich gegen diese Strategie aus und zielten auf den Verkauf der 25%-igen Beteiligung von Enersis an Endesa Chile – dem Kern des Stromerzeugungsbereichs – ab. Dies lief den Plänen Endesas zuwider, denn sowohl Erzeugung als auch Distribution zählten zum Kerngeschäft und sollten nicht aus der Hand gegeben werden. Ohne diesen wichtigen Kern des Unternehmens wäre die Attraktivität von Enersis als Beteiligungsobjekt für Endesa geschwunden. Die Aktionärsstruktur von Enersis ließ jedoch kein Durchgreifen seitens Endesa zu; schließlich hielt Endesa wei-

320

Endesa

terhin nur ca. 32% der Anteile. Aus diesem Grund suchte Endesa nach einem anderen Weg, um den von den chilenischen Pensionsfonds propagierten und präferierten Verkauf der Beteiligung an Endesa Chile zu verhindern.

2.4 Der Ausbau der Beteiligung an Enersis Endesa lancierte im Januar 1999 ein Übernahmeangebot für einen Anteil von weiteren 32% an Enersis mit dem Ziel, die Kontrollmehrheit zu erwerben. Eine notwendige Voraussetzung für den Erwerb war eine Satzungsänderung zur Erhöhung des maximal zulässigen Beteiligungsumfanges auf 65%. Der Vorschlag zur Satzungsänderung wurde bei einer Hauptversammlung im Februar 1999 jedoch nicht von der notwendigen Dreiviertelmehrheit unterstützt. Der Druck erhöhte sich für Endesa weiter, als das USamerikanische Unternehmen Duke Energy ein Übernahmeangebot für 50% des Aktienkapitals an Endesa Chile abgab. Die chilenischen Pensionsfonds hielten neben ihrer indirekten Beteiligung an Endesa Chile direkt weitere 28% an Endesa Chile und waren geneigt, das Angebot von Duke Energy anzunehmen. Da eine Lösung nicht in Sicht war, suchte Rafael Miranda Robredo – Endesas Consejero Delegado (ähnlich dem CEO im angelsächsischen Corporate-Governance-System) – bereits nach neuen Übernahmezielen in Mexiko und Brasilien. Damit beabsichtigte er, den Energieversorgungsbereich in Südamerika anderweitig ausbauen zu können. Aus der Perspektive von Endesa wäre Chile folglich als Brückenkopf für Südamerika durch andere Ländermärkte abgelöst worden. Eine Abkehr Endesas vom chilenischen Markt wollten die chilenischen Pensionsfonds jedoch nicht provozieren. Bei einer erneuten außerordentlichen Hauptversammlung im März 1999 stimmten die Aktionäre der Satzungsänderung schließlich zu und ebneten damit dem Erwerb der Kontrollmehrheit an Enersis den Weg. So konnte Endesa auch den Verkauf der 25%-igen Beteiligung an Endesa Chile an Duke Energy verhindern.

3

Die weitere Entwicklung von Endesa in Südamerika

3.1 Der Ausbau der Engagements von Endesa in Südamerika Bis heute hält Endesa mit 61% die Kontrollmehrheit an Enersis. Über den Erwerb und den Ausbau der Beteiligung an Enersis hatte Endesa nicht nur den Markteintritt nach Chile vollzogen, sondern hatte sich auch in Brasilien und Kolumbien „eingekauft“ sowie die Aktivitäten in Argentinien und Peru verstärkt. Endesa und Enersis haben danach die

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

321

Expansion in Südamerika gemeinsam weiter vorangetrieben. Einerseits geschah dies über internes Wachstum: Cien und TESA wurden als Konsortien von Endesa und Endesa Chile für den Bau einer Übertragungsleitung zwischen Argentinien und Brasilien gegründet, deren Betrieb Ciens Tochtergesellschaft CTM übernahm. Andererseits wurden bestehende Beteiligungen ausgebaut: Unter Federführung von Endesa wurde beispielsweise die Beteiligung von Enersis an Endesa Chile auf 60% erhöht. Auch zusätzliche Beteiligungen wurden erworben – je 57% an Codensa (Kolumbien) und Emgesa (Kolumbien) sowie 59% an Coelce (Brasilien). Im Falle des Kaufs des argentinischen Stromverteilungsunternehmens Cemsa durch Cien sowie auch schrittweise im Falle von Cachoeira Dourada wurden sogar komplette Übernahmen vollzogen. Insgesamt ist Südamerika auf diese Weise zu einem wichtigen Standbein für Endesa geworden.

3.2 Die Entwicklung von Endesa in Südamerika vor dem Hintergrund des Umfelds In den Jahren 2000 bis 2003 bereitete das südamerikanische Wirtschaftsumfeld Endesa starke Probleme. Das schwierige Marktumfeld wurde für Endesa unter anderem durch die vorherrschende Konjunkturschwäche bestimmt, die anhand der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes in Abbildung 5 illustriert wird. Daneben hatte die Geld- und Währungsinstabilität negative Effekte auf die Geschäftsaktivitäten von Endesa. Die Inflationsund Wechselkursentwicklung in den fünf von Endesa abgedeckten südamerikanischen Ländern geht aus Abbildung 6 hervor. Die Entwicklung der Konjunktur (1), der Inflation (2) und der Wechselkurse (3) sowie ihre Wirkung auf Endesas Geschäftsaktivitäten sollen nun noch detaillierter beschrieben werden. Dabei werden diese drei Bereiche der Makroumwelt von Endesa trotz bestehender Interdependenzen getrennt betrachtet. (1) Konjunktur: Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der südamerikanischen Länder zu Beginn des neuen Jahrtausends verdeutlicht die schwierige Marktsituation für Endesa. Das Bruttoinlandsprodukt Argentiniens, Brasiliens, Chiles und Kolumbiens schrumpfte in den Jahren 2000 bis 2002 nominell, wie dies aus Abbildung 5 deutlich wird. Auch wenn die reale Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in den meisten Ländern positiver war, so befand sich doch vor allem Argentinien in einer starken Rezession. Die argentinische Wirtschafts- und Finanzkrise spiegelte sich in einer hohen Anzahl von Unternehmensinsolvenzen, einer steigenden Arbeitslosenquote sowie einem starken Rückgang der Industrieproduktion wider. Die so genannte Argentinien-Krise betraf aber nicht nur Argentinien selbst, sondern übertrug sich auf zahlreiche weitere südamerikanische Länder. Die schlechte wirtschaftliche Lage bremste das Umsatzwachstum im Energiesektor. Industrieunternehmen reduzierten ihre Produktionsvolumina und damit auch ihren Energiebedarf. Zusätzliche Umsatz- und Gewinneinbußen musste Endesa im Jahr 2001 in Brasilien hinnehmen: Eine Trockenperiode beeinflusste die Stromprodukti-

322

Endesa

onsmengen der Wasserkraftwerke negativ. Trotz einer gesunkenen Angebotsmenge konnte der Mengenverfall aufgrund der staatlichen Preisregulierung nicht durch eine Steigerung der Strompreise kompensiert werden. Jahresdaten

1999

2000

2001

2002

2003

2004

• Argentinien

283,67

284,35

268,83

102,04

129,60

153,13

• Brasilien

536,63

601,71

510,00

460,79

505,54

603,78

• Chile

73,00

75,20

68,57

67,27

73,37

94,13

• Kolumbien

86,28

83,77

81,99

81,66

80,09

97,73

BIP in Mrd. US$

• Peru

51,39

53,13

53,70

56,55

60,80

68,63

1.030,97

1.098,16

983,09

768,31

849,40

1.017,40

-3,39

-0,79

-4,41

-10,90

8,84

9,03

0,78

4,34

1,29

1,92

0,54

4,94

• Chile

-0,76

4,49

3,38

2,18

3,73

6,06

• Kolumbien

-4,20

2,93

1,47

1,93

4,13

4,10

Gesamt Reale Veränderung des BIP im Vergleich zum Vorjahr in % • Argentinien • Brasilien

• Peru Mittelwert (ungewichtet)

0,89

2,93

0,18

4,94

3,96

4,81

-1,34

2,78

0,38

0,01

4,24

5,79

Abb. 5: Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes in ausgewählten südamerikanischen Ländern Quelle: Daten aus Economist Intelligence Unit (2005). (2) Inflation: Neben den konjunkturbedingten Umsatzeinbußen verzeichnete Endesa aufgrund hoher Inflationsraten in den Jahren 2002 und 2003 einen Rückgang des realen Umsatzwertes. Eine starke Geldentwertung fand während der Argentinien-Krise statt und erreichte dort Ende 2002 ihren Höhepunkt. Ansteigende Staatsausgaben bei gleichzeitig zurückhaltender Geldpolitik führten mit monatlichen Inflationsraten von über 40% im November und Dezember 2002 zeitweise fast zu einer Hyperinflation. Trotz geringerer Inflation in den übrigen Monaten ergab sich in Argentinien im Jahresdurchschnitt für 2002 eine Inflationsrate von über 25%. Auch in weiteren südamerikanischen Ländern, wie Brasilien, Kolumbien, Peru und Chile, wurden im Folgejahr erhöhte Inflationsraten verzeichnet. Endesa konnte nur einen Teil der Geldentwertung mittels Preiserhöhungen an den Endverbraucher weitergeben.

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

Entwicklung der Inflationsraten

Entwicklung der Wechselkurse

in %

pro 1 US$

30

3.000

25

20

323

Kolumbien (Peso) Argentinien

15

10

5

0

Brasilien

700

Chile (Peso)

Kolumbien Peru Chile

Peru (Nuevo Sol) 4 Brasilien (Real) Argentinien (Peso)

-5 1999 2000 2001 2002 2003 2004

1999 2000 2001 2002 2003 2004

Abb. 6: Entwicklung der Inflationsraten und Wechselkurse in ausgewählten südamerikanischen Ländern Quelle: Daten aus Economist Intelligence Unit (2005). (3) Wechselkurse: In Argentinien erzeugte neben der ungünstigen binnenwirtschaftlichen Lage auch die ansteigende Auslandsverschuldung sowie die Abwertung des argentinischen Peso gegenüber dem US-Dollar außenwirtschaftlichen Druck. Im Jahr 2002 wurde das 1991 eingeführte Currency-Board-System, bei dem der Wechselkurs des Peso im Verhältnis zum US-Dollar als Ankerwährung regelmäßig zentral festgelegt wurde, abgeschafft. Die Wechselkursbildung des argentinischen Peso wurde, wie dies bereits beim brasilianischen Real, dem chilenischen Peso, dem kolumbianischen Peso und dem peruanischen Nuevo Sol der Fall war, dem freien Markt überlassen. Da sowohl der Staat als auch private Haushalte stark verschuldet waren und die Schulden zum Großteil aus Dollar bestanden, erhöhte sich der Wert der Schulden in Landeswährung. Ebenso verteuerten sich die Zinszahlungen stark. Auch die zu Endesa gehörenden Gesellschaften in Südamerika waren unter anderem durch die Beteiligungskäufe stark verschuldet. Die Währungsabwertungen gegenüber dem Dollar steigerten den Wert der Zinszahlungen und den Wert der US-DollarSchulden in der jeweiligen Landeswährung. Endesa versuchte, dem angewachsenen Schuldenberg zu begegnen. So wurden im Jahr 2002 beispielsweise die Schulden von Enersis um 1.586 Mio. € reduziert. Einerseits wurde dies über die Rückzahlung von

324

Endesa

Bankkrediten erreicht. Andererseits wurden Umschuldungen vorgenommen, die unter anderem wie folgt abliefen: Enersis und Endesa Chile kauften eigene Unternehmensanleihen in US-Dollar auf dem Bondmarkt auf und finanzierten diesen Rückkauf über die Ausgabe einer neuen Anleihe für den chilenischen Markt. Diese Anleihe wurde nicht in US-Dollar, sondern auf Basis des „Unidad de Fomento“-Index, der den inflationsbereinigten Wert des chilenischen Pesos reflektiert, begeben. Da die Einzelabschlüsse der ausländischen Tochtergesellschaften zunächst umgerechnet und danach im Konzernabschluss konsolidiert werden, wirken sich die Währungsschwankungen auch auf den Konzernabschluss von Endesa aus. Hintergrundinformationen zur generellen Auswirkung von Währungsschwankungen lassen sich aus Abbildung 7 entnehmen. Folgende Entwicklungen wurden bei Endesa in den Jahren 2000 bis 2003 sichtbar: •

Bilanz: Im Eigenkapital sank die separate Position für Umrechnungsdifferenzen („translation differences“) von einem negativen Wert in Höhe von 998 Mio. € im Jahr 2000 kontinuierlich weiter bis auf negative 3.032 Mio. € im Jahr 2003. • Gewinn- und Verlustrechnung: Während im Jahr 2000 noch ein Gewinn aus Umrechnungsdifferenzen (so genannter „exchange gain“) in Höhe von 139 Mio. € in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst wurde, folgten in den Jahren 2001 und 2002 Verluste aus Umrechnungsdifferenzen (so genannte „exchange losses“) in Höhe von 398 Mio. € bzw. 549 Mio. €. Erst 2003 wurde wieder eine positive Umrechnungsdifferenz („exchange gain“) in Höhe von 383 Mio. € in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen. Die Konjunkturschwäche, die Preisinstabilität und die Währungsschwankungen hatten negative Auswirkungen auf das Gesamtergebnis von Endesa. Zur Verbesserung der finanziellen Lage von Endesa wurden neben Umschuldungen Produktivitätssteigerungsprogramme initiiert und einige Stromverteilungsgesellschaften, wie Transelec (Chile), Edelnor (Argentinien) und Río Maipo (Chile), in den Jahren 2000 bis 2003 verkauft. Im Jahr 2003 stabilisierte sich das politische Umfeld, und die Konjunktur erholte sich leicht. Währungsumrechnung im Rahmen der Erstellung eines Konzernabschlusses Für die Einbeziehung der Einzelabschlüsse ausländischer Tochtergesellschaften in den Konzernabschluss werden diese auf die Konzernberichtswährung umgerechnet. Denn zunächst werden Geschäftsvorfälle, Vermögensgegenstände sowie Eigen- und Fremdkapitalpositionen auf Tochtergesellschaftsebene in der jeweiligen Landeswährung erfasst. Im Rahmen der Aufstellung des Konzernabschlusses erfolgt eine Umrechnung der Positionen von der Landeswährung in die Konzernberichtswährung. Für Vermögenswerte sowie Schulden werden hierfür Stichtagskurse, für Eigenkapitalpositionen dagegen historische Kurse herangezogen. Erträge und Aufwendungen werden zum Transaktions- oder vereinfachend zum Periodendurchschnittskurs umgerechnet. Bei den Wechselkursen wird im Folgenden von einer Mengennotierung ausgegangen, die den Preis einer Einheit der inländischen Währung in Einheiten der ausländischen Währung angibt (am Beispiel Europas: Dollar je Euro). Die Verwendung der unterschiedlichen Wechselkurse bei der Umrechnung der Positionen aus der Bilanz und Gewinnund Verlustrechnung kann bei Wechselkursänderungen zu einer Ungleichheit der Summen von Aktiva und Passiva in der Bilanz führen. Um diese wieder anzugleichen, werden Umrechnungsdifferenzen als

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

325

Ausgleichsposten erfasst. Bei einem im Vergleich zum historischen Kurs ansteigenden Wechselkurs ergibt sich eine negative Umrechnungsdifferenz, die einen unrealisierten Währungsverlust bzw. eine stille Fremdwährungsverpflichtung darstellt. Im gegenteiligen Fall sinkender Wechselkurse kommt es zu einer positiven Umrechnungsdifferenz, die wiederum einem unrealisierten Währungsgewinn bzw. einer stillen Fremdwährungsreserve entspricht. Die Gewinne oder Verluste aus Umrechnungsdifferenzen sind dabei allein auf die Währungsschwankungen zurückzuführen und lassen noch keine Aussage über den Erfolg der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu. Umrechnungsdifferenzen gleichen die Aktiv- und die Passivseite der Bilanz an und werden hierzu auf zwei Arten im Konzernabschluss erfasst: Sie gehen entweder in der Bilanz erfolgsneutral in das Eigenkapital ein oder werden erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Die Zuweisung der Umrechnungsdifferenzen ist abhängig von der Art der Tochtergesellschaft, deren Einzelabschluss transformiert wird. Ist die Tochtergesellschaft sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich unabhängig (so genannte „foreign entity“), so werden ihr die Währungserfolge zugewiesen. Im Konzernabschluss resultiert dabei eine erfolgsneutrale Erfassung der Umrechnungsdifferenzen im Eigenkapital. Ist die Tochtergesellschaft jedoch trotz rechtlicher Selbständigkeit wirtschaftlich abhängig von der Muttergesellschaft, da ihre Aktivitäten stark integriert sind (so genannte „foreign operations“), werden die Währungserfolge der Muttergesellschaft zugerechnet. In diesem Fall resultiert die erfolgswirksame Erfassung der Umrechnungsdifferenzen in der Gewinn- und Verlustrechnung. Anzumerken ist, dass die Einteilung von Tochtergesellschaften als „foreign entities“ bzw. „foreign operations“ schwierig ist. Die Klassifizierung wird zwar anhand von Kriterien wie dem Grad der Selbständigkeit der Tochtergesellschaft und der Verantwortlichkeit für das Fremdwährungsmanagement vorgenommen; dennoch ist selten eine eindeutige Zuordnung möglich. Zahlreiche Tochtergesellschaften nehmen eine mittlere Position zwischen der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Muttergesellschaft ein. Der Grad der Selbständigkeit kann darüber hinaus je nach Geschäftsbereich, Produktgruppe und/oder Funktionalbereich innerhalb einer Tochtergesellschaft variieren. Detaillierte Informationen zur Währungsumrechnung finden sich auch bei Baukmann/Mandler (1998), S. 28-31, Brühl (2006), S. 498-502, Pellens/Fülbier/Gassen (2004), S. 599-617, Coenenberg (2005), S. 586-611, Küting/Weber (2005), S. 199-225 und Bieg u.a. (2006), S. 326-333.

Abb. 7: Die Umrechnung von Einzelabschlüssen ausländischer Tochtergesellschaften in eine gemeinsame Konzernberichtswährung Quelle: in Anlehnung an Heyd (2003), S. 1037-1042.

4

Ausblick

Endesa strebt eine weitere Profitabilitätssteigerung in Südamerika an. Hierzu wurden an zahlreichen Standorten Verbesserungsprogramme initiiert, die der Optimierung interner Prozesse sowie des Marktauftritts dienen. In Chile wurde Chilectra mit dem Projekt „Chilectra Siglo XXI“ fit für das 21. Jahrhundert gemacht. Im Mittelpunkt standen hierbei Effizienzsteigerungen in der Stromerzeugung sowie eine Erhöhung der Kundenorientierung. Letztere sollte unter anderem durch die Ausgabe einer Kundenkreditkarte und durch die Unterstützung der unterirdischen Verlegung von Stromleitungen seitens Chilectras gefördert werden. Ein weiteres Beispiel ist das brasilianische Tochterunternehmen Cerj, das in Ampla umbenannt wurde. Allerdings blieb es nicht bei einer Namensänderung, sondern es kam zu einer umfangreichen Umstrukturierung. Diese umfasste unter anderem die Reduzierung der Hierarchieebenen und die Einführung einer projektbasierten Organisationsstruktur. Darüber hinaus wurden Weiterbildungsmaßnahmen für

326

Endesa

die Mitarbeiter in den Kraftwerken initiiert. Endesa versprach sich von der Umstrukturierung eine verbesserte Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse sowie eine erhöhte Flexibilität der Mitarbeiter und der gesamten Organisation. Nach außen sollte dieser Wandel mit der Etablierung der Marke Ampla verdeutlicht werden. Die Beispiele aus Chile und Brasilien illustrieren, wie Endesa seine bestehenden Geschäftsaktivitäten in Südamerika profitabler gestalten möchte. Darüber hinaus plante Endesa, zwischen 2005 und 2009 zusätzliche 2,5 Mrd. € in Südamerika zu investieren: 2,0 Mrd. sollten der Instandhaltung und 0,5 Mrd. dem Kapazitätsausbau dienen. Endesa ließ aber zu dieser Zeit verlauten, dass weitere Zukäufe in Südamerika nicht geplant seien.

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330

Endesa

Fragen und Aufgaben 1.

Für Endesa war der Markteintritt in Südamerika ein wichtiges Ziel. a) Welche Motive veranlassten Endesa dazu, in den südamerikanischen Markt einzutreten? Fassen Sie die in der Fallstudie genannten Argumente bitte zusammen. b) Können Sie sich weitere Argumente vorstellen, die in der Fallstudie nicht erwähnt werden, aber eventuell auch relevant gewesen sein könnten? c) Welche Markteintrittsbarrieren könnten Ihrer Meinung nach deutschen Energieversorgern – gegenüber spanischen Energieversorgern – ein Engagement in Südamerika erschweren?

2.

Für Endesas Markteintritt in Südamerika spielte die chilenische Enersis eine wichtige Rolle. a) Warum erwarb Endesa an Enersis zunächst eine Minderheitsbeteiligung und keine Mehrheitsbeteiligung? b) Welche Probleme brachte die Minderheitsbeteiligung an Enersis für Endesa mit sich? c) Warum strebte Endesa schließlich im weiteren Verlauf die Mehrheitsbeteiligung an, und welche Chancen und Risiken sind damit verbunden?

3.

In der Satzung von Enersis war eine maximale Beteiligungshöhe von 32% vorgesehen. Derartige Beschränkungen können zur Abwehr feindlicher Übernahmen dienen. a) Welche weiteren Maßnahmen können generell – unabhängig vom vorliegenden Fall – für die Abwehr einer feindlichen Übernahme bestimmt sein? b) Wie werten Sie vor dem Hintergrund der Antwort auf Frage 3. a) den von den chilenischen Pensionsfonds angestrebten Verkauf der 25%-igen Beteiligung an Endesa Chile? c) Warum haben sich die Aktionäre von Enersis Ihrer Meinung nach letztlich doch für die Satzungsänderung in Form einer Erhöhung der maximalen Beteiligungshöhe auf 65% ausgesprochen?

4.

Manche Markteintritte im Ausland zielen nicht nur auf einen Ländermarkt, sondern gleichzeitig auf mehrere Ländermärkte ab. a) Welche Rolle spielte Ihrer Einschätzung nach im vorliegenden Fall der chilenische Markt im Kontext der gesamten südamerikanischen Märkte? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung.

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

331

b) Wie würden Sie Endesas Timingstrategien in Südamerika beurteilen? Handelt es sich um Wasserfallstrategien, Sprinklerstrategien oder kombinierte Wasserfall-Sprinkler-Strategien? 5.

In den Jahren 2002 und 2003 wiesen Argentinien und Brasilien sehr hohe Inflationsraten auf. a) Nennen Sie bitte mögliche makroökonomische Auswirkungen einer starken Geldentwertung. b) Welche mikroökonomischen Auswirkungen hatte die hohe Geldentwertung in Südamerika für Endesa?

6.

Im Jahr 2001 kam es in Argentinien zu einem grundsätzlichen Wechsel des Währungssystems – das Currency Board wurde abgeschafft und der Wechselkurs freigegeben. a) Welche Vor- und Nachteile hatte das alte Currency Board System – unabhängig von der sonstigen makroökonomischen Situation in Argentinien – für Endesa? b) Beurteilen Sie bitte aus der Sicht von Endesa den Wechsel des Währungssystems (losgelöst von anderen makroökonomischen Entwicklungen).

7.

Nehmen Sie an, dass Endesa bereits seit dem Jahr 2000 nach IFRS Rechnung legt, und betrachten Sie die in der Fallstudie beschriebene Erfassung und Entwicklung der Umrechnungsdifferenzen. a) Wie lässt sich die Entstehung von Umrechnungsdifferenzen im Konzernabschluss von Endesa erklären? b) Worauf lässt es sich zurückführen, dass Umrechungsdifferenzen im Konzernabschluss von Endesa teils erfolgsneutral in der Bilanz und teils erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden?

8.

Wie die Fallstudie (und dabei etwa auch Abbildung 2) verdeutlicht, ist Endesa in zahlreichen südamerikanischen Ländern tätig. a) Recherchieren Sie bitte selbst, wie sich diese südamerikanischen Länder im Hinblick auf die Makro- und Mikroumwelt unterscheiden. b) Versuchen Sie bitte auf der Basis Ihrer Recherchen, die einzelnen Länder im Hinblick auf Marktattraktivität, Marktrisiken und Markteintrittsbarrieren für Endesa zu klassifizieren. c) Stellen Sie sich vor, Sie wären Vorstandsvorsitzender. Welche Prioritätenfolge würden Sie innerhalb von Südamerika heute und in Zukunft für Endesa sehen? Sollte Endesa heute und in Zukunft in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich stark investieren bzw. wachsen?

332

Endesa d) Welche Gründe könnte es dafür geben, dass Endesa in Südamerika organisch wachsen möchte und keine weiteren Minderheitsbeteiligungen eingehen bzw. Akquisitionen tätigen möchte?

9.

Im Jahr 2004 erzielte Endesa 62% seines Umsatzes in Spanien und Portugal, 23% in Lateinamerika und 15% im restlichen Europa (insbesondere in Italien). Stellen Sie sich vor, Sie sollen Endesa zur weiteren Expansion in neue, bisher noch nicht von Endesa bearbeitete Ländermärkte beraten und Zielmarktstrategien formulieren. a) Welche Informationen brauchten Sie, um sinnvoll Zielmarktstrategien für neue Ländermärkte zu formulieren? b) Bitte treffen Sie selbst einige Annahmen (zum Unternehmen selbst und zur Umwelt) und entwickeln Sie auf dieser Basis mehrere Szenarien für zukünftige Zielmarktstrategien.

10. In Abbildung 1 sind die wichtigsten europäischen Energieversorger aufgeführt. Recherchieren Sie bitte Informationen über die Wettbewerber hinsichtlich a) ihrer Auslandsquoten (z.B. Mitarbeiter, Umsatz, Vermögen), b) ihrer Zielmarktstrategien und c) ihrer Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien. Arbeiten Sie bitte heraus, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Vergleich der Wettbewerber ergibt und wie Endesa Ihrer Auffassung nach gegenüber europäischen Konkurrenten auf den Auslandsmärkten positioniert ist. Geben Sie auf Basis Ihrer Analyse eine Empfehlung ab, wie sich Endesa in den nächsten zehn Jahren – im Hinblick auf die europäischen Wettbewerber – international positionieren sollte. 11. Im Jahr 2006 gab der deutsche Energieversorger E.ON ein Übernahmeangebot für Endesa ab. Danach entwickelte sich eine langanhaltende „Übernahmeschlacht“, aus der schließlich Acciona (Spanien) und Enel (Italien) als Sieger hervorgingen. a) Warum war E.ON an der Übernahme von Endesa interessiert? Beziehen Sie bei der Beantwortung bitte sowohl die Inhalte der Fallstudie als auch von Ihnen selbst zu recherchierende Informationen mit ein. b) Warum kam es Ihren Recherchen zufolge schließlich nicht zu einer Übernahme durch E.ON, sondern durch Acciona und Enel?

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

333

12. Im Jahr 2008 wurde eine Fusion zwischen zwei französischen Energiekonzernen vollzogen, mit der der deutsche Energieversoger E.ON vom ersten auf den zweiten „Platz“ innerhalb der Rangliste der größten europäischen Energieversorger verdrängt wurde – die Fusion zwischen Gaz de France und Suez. a) Warum kam es Ihrer Meinung nach zu einer Fusion zwischen zwei französischen Unternehmen? Warum haben Suez und/oder Gaz de France nicht ein stärkeres Wachstum im Ausland gesucht? Lesen Sie als Einstieg zu Ihren Überlegungen folgenden Zeitungsausschnitt und führen Sie zur Beantwortung der Fragen auch weitere Recherchen durch: Financial Times Deutschland, 04.09.2007: „Électricité toujours“, S. 23. „… Kampf um den Giganten: 21./22. Februar 2006: Der italienische Energieversorger Enel erwägt eine Offerte für Suez, weil er an dessen belgischen Geschäften interessiert ist. 25. Februar: Frankreichs Ministerpräsident Dominique de Villepin kündigt einen Fusionsplan für Suez und die staatliche Gaz de France (GdF) an. 14./15. Juni: Finanzminister Thierry Breton stellt einen konkreten Fusionsplan im Parlament vor. 28. Juni: Frankreichs Kabinett verabschiedet das Privatisierungsgesetz für Gaz de France. 30. Oktober: Nach monatelangen Verhandlungen einigen sich Suez und GdF über die Aufteilung der Führungspositionen: Gérard Mestrallet (Suez) soll Vorstandschef werden, JeanFrançois Cirelli (GdF) sein Stellvertreter. 8. November: Das französische Parlament gibt grünes Licht für die Fusion. 14. November: Die EU genehmigt die Fusion unter zwei Bedingungen: Suez muss seine belgische Gastochter Distrigaz verkaufen, GdF seinen 25-prozentigen Anteil am belgischen Energieversorger SPE. 21. November: Ein Pariser Berufungsgericht legt die Fusion de facto bis nach den französischen Wahlen im Frühjahr 2007 auf Eis. Die Gewerkschaften hatten mehr Zeit für die Prüfung gefordert. 6. Mai 2007: Nicolas Sarkozy wird zum neuen Präsidenten Frankreichs gewählt. Er gilt als Gegner der Fusion, weil GdF damit faktisch privatisiert würde – was Sarkozy in seiner Zeit als Wirtschaftsminister öffentlich ausgeschlossen hatte. 7. Juni: Premierminister François Fillon sagt, es gebe auch "andere Optionen" als den Zusammenschluss, etwa eine verstärkte Kooperation zwischen GdF und dem Elektrizitätskonzern EDF. Die Fusion droht zu platzen. 30. August: Sarkozy spricht sich für die Fusion aus, unter der Bedingung, dass sich Suez von der Umweltsparte trennt. 3. September: Suez und GdF kündigen an, 2008 zu fusionieren. Suez stößt sein Umweltgeschäft ab. Der Staat bleibt mit 35 Prozent größter Aktionär des neuen Großkonzerns.“

Quelle: Meier, Lutz/Hollinger, Peggy (2007): Électricité toujours. In: Financial Times Deutschland, 04.09.2007, S. 23. b) Informieren Sie sich bitte über französische Industriepolitik und deren Charakteristika. Sehen Sie Zusammenhänge zwischen der französischen Industriepolitik und der Fusion zwischen Suez und Gaz de France? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

334

Endesa

13. Endesa hat einen spanischen Konkurrenten, der inzwischen ebenso stark international ausgerichtet ist – das Unternehmen Iberdrola. Lesen Sie bitte folgenden Zeitungsausschnitt zu Iberdrola: Handelsblatt, 11.08.2010: „Iberdrola: Stark in Amerika“, S. 24. „Der Versorger Iberdrola verfolgte die klassische Auslandsstrategie spanischer Großunternehmen: In den 90er-Jahren machte der Energiekonzern den Sprung über den Atlantik und profitierte von den Privatisierungen im lateinamerikanischen Energiesektor. Erst in den letzten Jahren, noch in den Zeiten des Wirtschaftsbooms und billiger Kredite, begann sich die Firma aus dem Baskenland auch im anglosächsischen [sic] Ausland umzuschauen. Besonders attraktiv für die Spanier war dabei das liberale Großbritannien, wo keine goldenen Aktien des Staates oder sonstige staatliche Barrieren den Einstieg ausländischer Unternehmen in den Energiesektor verhinderten. 2007 kaufte Iberdrola für stolze 18 Mrd. Euro den britischen Versorger Scottish Power. Bald darauf ließ sich Iberdrola-Chef Ignacio Sanchez Galán die Übernahme des US-Anbieters Energy East 6,4 Mrd. Euro kosten. Die Diversifizierung zahlte sich für das Unternehmen aus, als im vergangenen Jahr Spanien besonders schwer von der Krise getroffen war und auch Lateinamerika nicht rund liefen [sic]. In der Schwächephase sorgten die neuen Töchter in Großbritannien und den USA dafür, dass das operative Ergebnis von Iberdrola besser ausfiel als das der spanischen Konkurrenz. Im ersten Halbjahr trug Scottish Power 18 Prozent zum Bruttogewinn bei, die USA 13 Prozent und Lateinamerika zehn Prozent. Zusammengenommen ist das Auslandsgeschäft schon wichtiger als der Heimatmarkt Spanien (37 Prozent des Bruttogewinns). Iberdrola wächst mittlerweile vor allem im Bereich erneuerbarer Energien, und dabei vor allem in den USA, wo der spanische Versorger von den staatlichen Subventionen für Windenergie profitiert.“

Quelle: o.V. (2010): Iberdrola: Stark in Amerika. In: Handelsblatt, 11.08.2010, S. 24. a) Aus dem Zeitungsartikel geht hervor, dass Iberdrola in Großbritannien stark engagiert ist. Bitte recherchieren Sie, welche Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien Iberdrola in Großbritannien im Zeitablauf gewählt hat und ob und wie sich diese Markteintritts- und Marktbearbeitungsstratgegien gegenüber denjenigen in Lateinamerika unterscheiden. b) Welche Gründe hatte Iberdrola Ihrer Meinung nach, sich stark im Zielmarkt Großbritannien zu engagieren? Geben Sie bitte einen systematischen Überblick, indem Sie nicht nur die Marktattraktivität, sondern auch Risiken und Eintrittsbarrieren in Ihre Überlegungen einbeziehen. 14. Die Autoren Esteban García-Canal und Mauro Guillén stellen folgende Hypothesen auf, die dem nachfolgend zitierten Artikel aus dem Strategic Management Journal entstammen: i)

Hypothesis 1: Macroeconomic uncertainty in the host country discourages entry by foreign firms.

ii) Hypothesis 2a: Policy instability due to a lack of institutional constraints on the executive branch of government in the host country discourages entry by foreign firms. iii) Hypothesis 2b: In regulated industries, policy-making discretion due to a lack of institutional constraints on the executive branch of government in the host country encourages entry by foreign firms.

Mit (viel) Energie von der iberischen Halbinsel nach Südamerika

335

iv) Hypothesis 3: Compared to other types of firms, companies partially owned by the state are willing to expose themselves to greater macroeconomic uncertainty and policy instability in foreign countries. García-Canal, Esteban/Guillén, Mauro F. (2008): Risk and the Strategy of Foreign Location Choice in Regulated Industries. In: Strategic Management Journal, 29. Jg., Nr. 10, 2008, S. 1097-1115.

a) Bitte wählen Sie eine der Hypothesen aus und informieren Sie sich im Originalartikel, wie die Autoren die Herleitung der Hypothesen begründen. b) Im Beitrag von García-Canal/Guillén werden im empirischen Teil der Arbeit die Markteintritte spanischer Unternehmen in regulierten Branchen betrachtet. Zu welchem Ergebnis kommen die Autoren hinsichtlich der von Ihnen unter a) gewählten Hypothese? c) Stimmen die großzahlig erhobenen empirischen Ergebnisse zu der von Ihnen gewählten Hypothese mit der Evidenz zu Endesa überein? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

IKEA Aus Schweden in die Welt

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Katharina Hefter

Stefan Schmid und Katharina Hefter IKEA: Aus Schweden in die Welt

Das schwedische Unternehmen IKEA hat in keinem anderen Land mehr Möbelhäuser als in Deutschland. Und in keinem anderen Land macht IKEA höhere Umsätze als in Deutschland. Doch nicht nur hier zu Lande, sondern weltweit findet man zahlreiche Möbelhäuser unter gelb-blauer Flagge. IKEA wurde 1943 in Schweden gegründet und expandierte schon bald sowohl auf der Absatzseite als auch auf der Beschaffungsseite in alle Welt. IKEA nutzt neben der Neugründung von Tochtergesellschaften auch Franchising, Joint Ventures sowie Vertragsfertigung als Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien. In dieser Fallstudie werden die Ursprünge von IKEA und das Geschäftsmodell von IKEA dargestellt. Im Mittelpunkt steht die internationale Expansion von IKEA im Zeitverlauf. Es wird gezeigt, wie IKEA seine Wettbewerbsvorteile auf ausländischen Märkten ausspielt. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zur ursprünglichen Fassung dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im April 2007 wurde die Fallstudie für die 2. Auflage des vorliegenden Werkes überarbeitet. Im Zeitraum von Juni bis August 2012 wurde die Fallstudie unter Mitarbeit von Frau Rita Engel, M.Sc., für die 3. Auflage erneut überarbeitet. Ferner wurde im Juni 2007 und im Juli 2012 der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

338

IKEA

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 IKEA gestern und heute ........................................................................................ 339 2 Das Geschäftsmodell von IKEA............................................................................ 340 3 Die Internationalisierung von IKEA ...................................................................... 342 3.1 Die ersten Internationalisierungsschritte.......................................................... 342 3.2 Der Sprung auf andere Kontinente .................................................................. 342 3.3 Die Expansion von IKEA in Europa ................................................................. 344 3.4 Die Internationalisierung der Beschaffung ....................................................... 345 4 IKEA in Zukunft ...................................................................................................... 346

Aus Schweden in die Welt

1

339

IKEA gestern und heute

Im Jahr 1943 gründete der 17-jährige Ingvar Kamprad in seiner Heimat in Südschweden einen Versandhandel für Haushaltswaren: I.K.E.A. – Ingvar Kamprad vom Hof Elmtaryd im schwedischen Dörfchen Agunnaryd. In sein Sortiment nahm Kamprad auch Möbel auf. Darauf konzentrierte er sich ab 1951 ganz. In Schweden stiegen zu dieser Zeit die Preise für Möbel rasant an, und immer weniger Menschen konnten sich ihre Einrichtungswünsche erfüllen. Dies wollte Ingvar Kamprad ändern. Mit der Vision „to create a better everyday life for the many people“ begann er, funktionale und gleichzeitig formschöne, aber schlichte Möbelstücke zu angemessenen Preisen anzubieten. Ab 1953 präsentierte Ingvar Kamprad seine Produkte nicht mehr ausschließlich im Katalog, sondern auch in einem Ausstellungsraum im schwedischen Älmhult. Die Kunden sahen sich die Möbel gerne vor ihrer Bestellung an und nahmen das Angebot begeistert an. Gleichzeitig ging IKEA dazu über, Möbel selbst zu entwerfen. Im Jahr 1958 vergrößerte Ingvar Kamprad die Verkaufsfläche, und das erste IKEA-Einrichtungshaus wurde in Älmhult eröffnet. Die Grundsteine für das IKEA-Geschäftsmodell waren gelegt. 53 Jahre später, zum Ende des Geschäftsjahres im August 2011, galt IKEA als das umsatzstärkste Möbelkaufhaus der Welt. IKEA war mit 287 eigenen Einrichtungshäusern in 26 Ländern vertreten. 38 weitere Einrichtungshäuser wurden von Franchisenehmern in 17 Ländern betrieben. Außerdem war IKEA im gleichen Jahr mit 29 Einkaufsbüros in 25 Ländern präsent, und 26 Distributionszentren in 16 Ländern ermöglichten die Verteilung der IKEA-Produkte an die Einrichtungshäuser. Diese wurden 2011 weltweit von 655 Millionen Menschen besucht, die sich mittels des IKEA-Katalogs, der in einer Auflage von 208 Millionen Exemplaren und in 31 Sprachen gedruckt wurde, informieren konnten. Das schwedische Unternehmen und seine Franchisenehmer beschäftigten im Jahr 2011 131.000 Mitarbeiter und erzielten einen Umsatz von 24,7 Mrd. €. Die regionale Verteilung des Umsatzes sowie des Einkaufsvolumens gehen aus Abbildung 1 hervor. Die Schichting INGKA Foundation, eine Stiftung mit Sitz in den Niederlanden, ist heutzutage über die INGKA Holding B.V. als Muttergesellschaft Eigentümerin aller Unternehmen des IKEA-Konzerns. Das IKEA-Konzept gehört der Inter IKEA Systems B.V., die als Franchisegeber gegenüber den eigenen Einrichtungshäusern und externen Franchisenehmern auftritt. Der Schwede Mikael Ohlsson führt das Unternehmen als CEO (Chief Executive Officer), und der Unternehmensgründer Ingvar Kamprad ist als Aufsichtsratsmitglied weiterhin aktiv.

340

IKEA

Einkauf 2011

Umsatz 2011

Asien & Australien 7%

Deutschland 15%

übriges Europa 41%

Übriges Asien & Australien 11%

Nordamerika 4% China 22%

Nordamerika 14%

Frankreich 10% Schweden 6%

Italien 7%

Polen 18%

Übriges Europa 28% Deutschland Schweden 4% 5%

Italien 8%

Abb. 1: Umsatz und Einkauf von IKEA nach Ländern bzw. Regionen Quelle: in Anlehnung an IKEA (2011).

2

Das Geschäftsmodell von IKEA

Die Einrichtungsbranche galt lange Zeit als lokal geprägte und zersplitterte Branche. Zahlreiche kleine Anbieter versuchten, ihre Kunden in Geschäften in zentraler Lage mit Service zu überzeugen. Die Produkte selbst wurden von lokalen Produzenten hergestellt, die – meist auf Bestellung – in kleinen Losgrößen fertigten. Die Kunden waren lange Wartezeiten und hochpreisige Produkte gewohnt. IKEA durchbrach die vermeintlichen Gesetze, die bis dahin für traditionelle Läden und Möbelhäuser zu gelten schienen, was auch in Abbildung 2 verdeutlicht wird. Bis heute errichtet IKEA große Einrichtungshäuser in Vororten großer Städte, die neben der Ausstellungsfläche auch über Restaurants und Spielbereiche für Kinder verfügen. An die Stelle der Serviceorientierung tritt der Einbezug des Kunden in den Verkaufsprozess. Über Katalog informieren sich die Kunden über die Produkte, die sich durch ihr schlichtes schwedisches Design von Konkurrenzprodukten abheben. Der Kunde wird darüber hinaus Teil des Leistungserstellungs- und Distributionsprozesses, indem er seine Ware

Aus Schweden in die Welt

341

selbst aus dem Lager holt, eigenständig an den Zielort transportiert und in der Regel sogar selbst montiert. Im Beschaffungsbereich setzt IKEA auf ein weltweites Netzwerk von Zulieferern an Stelle lokaler Produzenten. IKEA verlässt sich nicht darauf, fertige Einrichtungsgegenstände zu beziehen, sondern erwirbt Produktionskapazitäten in unterschiedlichsten Fabriken. Mit grob skizzierten Möbeldesigns werden potentielle Zulieferer angesprochen. Diese werden an die bei den Zulieferern vorhandenen Fähigkeiten in Beschaffung und Herstellung angepasst, bevor die Produktion startet. Während der traditionelle Möbelhandel die Fertigung kleiner Stückzahlen in Auftrag gibt, nimmt IKEA große Mengen ab. In vielen Fällen macht dies mehr als 90% des Produktionsvolumens einzelner Hersteller aus. Gleichzeitig verpflichten sich die Produzenten zur Einhaltung der hohen Qualitätsanforderungen, die IKEA stellt. Statt primär eigene Fertigungskapazitäten vorzuhalten, nutzt IKEA verstärkt die Vertragsproduktion und stellt damit eine hohe Flexibilität sicher. Aber IKEA produziert zum Teil auch selbst und verfügt über eigene Produktionskapazitäten: Die Tochtergesellschaft Swedwood unterhält 33 Fabriken in zehn Ländern. Traditionelles Möbelhaus

IKEA

Beschaffung

Lokale Zulieferer

Weltweites Zuliefernetzwerk

Möbeldesign

Traditionell dunkel und schwer

Leicht und hell

Hauptzielgruppe

Erwachsene mittleren Alters

Junge Paare und Familien

Lage

Geschäfte in Stadtzentren

Große Möbelhäuser am Stadtrand

Verkauf

Serviceorientierung

Selbstbedienung

Distribution

Möbellieferung und -aufbau

Eigentransport und -aufbau

Abb. 2: Vereinfachender Vergleich traditioneller Möbelhäuser mit IKEA Quelle: Informationen aus Grol/Schoch (1998), S. 5-7, und Kling/Gotemann (2003), S. 31-32. Im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern erreicht IKEA einen relativ hohen Grad der vertikalen Integration und etabliert neue Standards in Beschaffung, Logistik und Verkauf. IKEA positioniert sich am Markt primär als Preisführer und setzt damit seine Konkurrenten und Imitatoren unter Druck. Stets versucht IKEA, dem Interesse der Lieferanten an großen Produktionsvolumina und dem Kundenwunsch nach preiswerter Einrichtung gleichermaßen gerecht zu werden. Das Unternehmen erzielt Kosteneinsparungen entlang der Wertschöpfungskette und kann auf diese Weise seiner Zielgruppe viele Produkte um 25% bis 50% günstiger anbieten als die Konkurrenz. Schon bald nach der Gründung begann die Internationalisierung von IKEA, die nun im Mittelpunkt der Ausführungen stehen wird.

342

3

IKEA

Die Internationalisierung von IKEA

3.1 Die ersten Internationalisierungsschritte Das Geschäftsmodell von IKEA stieß in der Branche zunächst im Heimatland Schweden auf starke Gegenreaktionen. Wettbewerber versuchten, ihre Zulieferer an sich zu binden und von Verkäufen an IKEA abzuhalten. Auf diese Weise war IKEA gezwungen, nach anderen Möbelproduzenten zu suchen, und wurde in Polen fündig. Um die Transportkosten dennoch gering zu halten, ließ Kamprad die Möbel in Einzelteilen in flache Kartons verpacken. 1963 wurde die internationale Expansion auch auf der Absatzmarktseite initiiert: IKEA eröffnete sein erstes Möbelhaus im Nachbarland Norwegen. 1969 folgte der Markteintritt in Dänemark. Als Anfang der 1970er Jahre der schwedische Einrichtungsmarkt gesättigt erschien, begann die Suche nach weiteren Absatzmärkten. Zunächst eröffnete IKEA im Jahr 1973 ein Einrichtungshaus in der Schweiz und hielt sich auch dort an keine Branchengewohnheiten. Der Schweizer Markt galt als extrem schwierig, und Kamprad sah dies als besondere Herausforderung an. Sollte sich IKEA hier erfolgreich etablieren, würde es das Unternehmen auch überall anders schaffen – so Kamprads Überzeugung. Und Kamprad sollte Recht behalten … 1974 folgte der Markteintritt in Deutschland, dem zu der damaligen Zeit volumenmäßig größten Markt für Einrichtungsgegenstände in Europa. In Deutschland wurden in den Folgejahren zahlreiche weitere Einrichtungshäuser eröffnet; heute stellt Deutschland IKEAs umsatzstärksten Markt dar (im Jahr 2011 15% des Gesamtumsatzes).

3.2 Der Sprung auf andere Kontinente Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts expandierte IKEA auch auf Kontinente fernab von Europa. So wurde 1975 das erste IKEA-Einrichtungshaus in Australien eröffnet. Im Folgejahr wagte IKEA den Sprung über den Atlantik. In Kanada trat IKEA als Franchisegeber auf und baute die notwendige Logistik auf. Nach längerem Abwägen und Zögern rückten schließlich auch die USA ins Visier der strategischen Überlegungen. An der Ostküste wurden 1985 fünf Einrichtungshäuser in Vororten von Großstädten eröffnet. Die US-amerikanischen Kunden ließen sich allerdings nicht dauerhaft auf die etablierte Produktpalette von IKEA ein. Insbesondere bei Möbelstücken schien eine lokale Anpassung unausweichlich. Eine derartige Anpassung lief jedoch IKEAs Fokus auf preiswerte Einrichtung zuwider. Da zunächst keine großen Verkaufsvolumina in den USA erzielt wurden, war der Produktionsumfang zu gering, um die für die Wettbewerbsstrategie notwendigen Economies of Scale zu erreichen. Als ein neuer Wettbewerber – „Stor“ –

Aus Schweden in die Welt

343

Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts das IKEA-Geschäftsmodell an der Westküste der USA imitierte, wartete IKEA nicht weiter ab, sondern eröffnete auch dort Einrichtungshäuser. IKEA war Stor aufgrund von Preis- und Beschaffungsvorteilen überlegen und übernahm den Konkurrenten, der am Rande der Insolvenz stand, wenig später. Auf diese Weise hatte sich in den USA schnell eine größere Zahl an IKEA-Möbelhäusern etabliert. Einrichtungsgegenstände sowie die Gestaltung der Verkaufsfläche wurden dem Geschmack der US-Amerikaner angepasst. So konnte IKEA auf dem wettbewerbsintensiven US-Markt in den 1990er Jahren ein Umsatzwachstum von etwa 10% jährlich realisieren. Zunehmend wurden auch lokale Hersteller eingebunden und die Produktion in großen Stückzahlen möglich. Heute geht die lokale Anpassung in den USA sogar so weit, dass IKEA versucht, den unterschiedlichen ethnischen Gruppen gerecht zu werden. In Kalifornien und weiteren Bundesstaaten werden auch spanischsprachige Kataloge verwendet, und Werbekampagnen zielen auf die lateinamerikanischen Bevölkerungsgruppen ab. In Länder Asiens und des arabischen Raums trat IKEA seit dem Ende der 1970er Jahre ein. Hierbei setzte IKEA jedoch – wie auch in manchen anderen Ländern – auf Franchisesysteme anstelle eigener Investitionen in Einrichtungshäuser. So wurden in Singapur (1978), Saudi Arabien (1983), Kuwait (1984), Hong Kong (1988), den Vereinigten Arabischen Emiraten (1991), Taiwan (1994), Malaysia (1996), Israel (2001) und der Türkei (2005) IKEA-Einrichtungshäuser in der Verantwortung lokaler Unternehmer errichtet. Der Franchisenehmer investiert Kapital und stellt das Management. IKEA obliegen dagegen unter anderem die Marketingaktivitäten sowie die Bereitstellung von Verwaltungssystemen und die Unterstützung bei Schulung und Weiterbildung von Mitarbeitern. Für den Markteintritt in China ging IKEA 1998 ein Joint Venture ein. Um den chinesischen Konsumenten gerecht zu werden, passt IKEA seine Produktpalette den lokalen Bedürfnissen an. Darüber hinaus werden hier Standorte gewählt, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln und damit auch ohne Auto erreichbar sind. Als weitere Besonderheit des chinesischen Markts zeigte sich, dass sich in China aufgrund der vergleichsweise niedrigen Lohnkosten IKEA-Kunden die Möbel aufbauen lassen, anstatt sie selbst zu montieren. In Japan eröffnete IKEA im Jahr 2006 zwei Einrichtungshäuser. Bereits 1974 hatte IKEA den Versuch unternommen, den japanischen Markt mit einem lokalen Franchisenehmer zu erobern. Allerdings blieben die Verkaufszahlen so niedrig, dass sich IKEA 1986 vollständig zurückzog. Den erneuten Markteintritt verfolgte IKEA eigenständig und ging stärker auf die Bedürfnisse der japanischen Kunden ein: Zum einen setzte IKEA auf Service, zum anderen wurde das Möbelangebot auf die in Japan üblichen kleinen Wohnungen zugeschnitten. Im Jahre 2011 verfügte IKEA in Japan schon über fünf Einrichtungshäuser.

344

IKEA

3.3 Die Expansion von IKEA in Europa IKEA hat in all den Jahren aber auch Europa nicht vernachlässigt. Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts eröffneten die ersten IKEA-Einrichtungshäuser in Österreich und in den Niederlanden. 1981 folgten Frankreich und Island. Wenige Jahre später wurde IKEA erstmals in Belgien tätig. 1987 kam es zur Eröffnung des ersten IKEA-Einrichtungshauses in Großbritannien – in der Nähe von London. 1992 sorgte IKEA in Großbritannien für eine Überraschung: Das schwedische Unternehmen akquirierte das britische Einrichtungshaus Habitat. Wie IKEA, so hatte auch Habitat moderne Einrichtungsgegenstände im Angebot, verkaufte diese jedoch in kleineren Läden und versuchte, sich durch Service vom Wettbewerb abzusetzen. IKEA und Habitat wurden nach 1992 als separate Marken und Unternehmen weitergeführt. Kamprad gestand zehn Jahre nach der Akquisition ein, dass die Übernahme von Habitat ein Fehler war. Im Jahr 2009 wurde die Tochtergesellschaft schließlich an die auf Restrukturierungen spezialisierte britische Beteiligungsgeschäft Hilco verkauft. Diese musste gleichzeitig 100 Mio. € Schulden von Habitat übernehmen und führte das Unternehmen 2011 in die Insolvenz. Dabei wurden die unprofitablen britischen Geschäfte geschlossen und die rentablen Filialen in Frankreich, Spanien und Deutschland vom französischen Rivalen Camrom übernommen. Der italienische Markt wird seit 1989 von IKEA bearbeitet. Wie in vielen anderen Ländern, so wurde IKEA auch in Italien von den Konsumenten begeistert angenommen. Bald konnten in Italien weitere Häuser eröffnet werden, und IKEA ist heute mit 19 Einrichtungshäusern vertreten. Im Jahr 1996 wurde IKEA in Spanien, wo seit 1980 Einrichtungshäuser in Franchiseform betrieben wurden, erstmals auch in Eigenregie tätig. Interessanterweise wurde erst in diesem Jahr auch der finnische Nachbarmarkt von IKEA betreten. In Zentral- und Osteuropa wollte IKEA ebenfalls präsent sein, befürchtete jedoch Risiken, unter anderem aufgrund der politischen Instabilität. In Ungarn wurde ein Joint Venture mit einer ungarischen Handelskette eingegangen und 1990 ein Möbelhaus in der Nähe von Budapest eröffnet. Schon bald wurde das Joint Venture beendet, und IKEA übernahm die Anteile des Partners. 1991 folgte der Markteintritt in Polen und in der damaligen Tschechoslowakei über eigene Einrichtungshäuser. Der russische Markt wurde im Jahr 2000 von IKEA betreten. In Rumänien setzte IKEA dagegen auf Franchising und eröffnete dort im Jahr 2007 das erste Einrichtungshaus in der Verantwortung eines lokalen Partners.

Aus Schweden in die Welt

345

In Abbildung 3 werden IKEAs Eintritte in Ländermärkte weltweit in ihrer zeitlichen Abfolge zusammengefasst. Auch die Verteilung der IKEA-Einrichtungshäuser Mitte 2011, die den aktuellen Stand der internationalen Verbreitung des IKEA-Absatzes widerspiegelt, geht aus Abbildung 3 hervor.

Σ 325 (38)

Anzahl der IKEAEinrichtungshäuser (davon Franchise)

46 38

28

8 5

13

12(1)

11

6

19

18

17(2)

17

9

8

7

6

5(2) 3(3) 1(1)

3(3) 1(1)

4 2

5(5)

4(4) 4 2(2)

1

1(1)

2(2)

5(5) 5 3

Je 1(1)

Schweden (1958) Norwegen (1963) Dänemark (1969) Schweiz (1973) Deutschland (1974) Australien (1975) Kanada (1976) Österreich (1977) Niederlande (1978) Singapur (1978) Spanien (1980) Frankreich (1981) Island (1981) Saudi-Arabien (1983) Belgien (1984) Kuwait (1984) USA (1985) Großbritannien (1987) Hongkong (1988) Italien (1989) Ungarn (1990) Tschech. Rep. (1991) Polen (1991) Ver. Arab. Emirate (1991) Slowakei (1992) Taiwan (1994) Finnland (1996) Malaysia (1996) China (1998) Russland (2000) Israel (2001) Griechenland (2001) Portugal (2004) Türkei (2005) Japan (2006) Rumänien (2007) Zypern (2007) Irland (2009) Dominik. Rep. (2010)

2(2)

Jahr des Eintritts in den Ländermarkt Stand August 2011.

Abb. 3: IKEA-Einrichtungshäuser weltweit Quelle: Daten aus Inter IKEA Systems (2011), IKEA (2012a) und IKEA (2012b).

3.4 Die Internationalisierung der Beschaffung Das Lieferantennetzwerk des schwedischen Unternehmens weitete sich ebenfalls kontinuierlich aus. Es zählte mehrere Tausend Zulieferer, bevor es dann auf eine Zielgröße von 1.400 Lieferanten reduziert wurde. Im Jahr 2011 zählte IKEA 1.018 Zulieferer aus 53 Ländern. Mit dem Fokus auf geringe Kosten wählt IKEA Zulieferer gezielt aus und bezieht heute eine Vielzahl seiner Artikel aus Niedriglohnländern. Die größten Lieferantenländer im Hinblick auf das Einkaufsvolumen sind für IKEA China (22%), Polen (18%), Italien (8%), Schweden (5%) und Deutschland (4%). Komponenten für ein Produkt können dabei von Zulieferern aus unterschiedlichen Ländern stammen. Ebenso wurden immer wieder ungewöhnliche Bezugsquellen aufgetan: Ein Skihersteller produzierte Tische für IKEA, und ein Produzent von Hemden steuerte Kissenbezüge zum IKEA-

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IKEA

Sortiment bei. Schließlich erreichen fertig verpackte Endprodukte die 26 Distributionszentren und werden von dort aus an die Einrichtungshäuser geliefert. In instabilen und/oder sich entwickelnden Märkten geht IKEA im Beschaffungsbereich Kooperationen ein. So stellt IKEA Möbelherstellern in Bulgarien, Polen, Russland, Rumänien und der Slowakei Kapital und Know-how zur Verfügung. Maschinen werden Gegenstand von Leasingverträgen, und IKEA sichert Joint-Venture-Partnern die Abnahme ihrer Produkte zu. Auf diese Weise möchte IKEA an einer niedrigen Kostenstruktur in der Beschaffung festhalten.

4

IKEA in Zukunft

Das Geschäftsmodell von IKEA kann weiterhin als „Exportschlager“ bezeichnet werden. Ende 2011 trat IKEA beispielsweise in den thailändischen sowie den bulgarischen Markt ein. Für 2012 ist in Finnland, Italien, Spanien und China die Eröffnung von insgesamt vier weiteren Einrichtungshäusern geplant. Während die Umsätze der Möbelbranche in den Industrienationen stagnieren, wächst IKEA weiter. Gleichzeitig bleibt IKEA seinen Wurzeln treu: Einfachheit, Kostendisziplin, Bescheidenheit und die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen, halten das Unternehmen zusammen. Zusammengefasst finden sich die Grundwerte IKEAs im „Testament eines Möbelhändlers“, einer Schrift Ingvar Kamprads, die als eine Pflichtlektüre für jeden IKEA-Mitarbeiter gilt, und die in Abbildung 4 in Auszügen wiedergegeben wird. Für den Transfer und das Leben der Unternehmenswerte spielen die Führungskräfte von IKEA eine wichtige Rolle. Sie sollen als gutes Beispiel vorangehen und versuchen, Mitarbeiter und Kunden für den „IKEA-Way“ einzunehmen. Lange Zeit besetzten primär schwedische Manager Schlüsselpositionen im Unternehmen, da sie die schwedischen Wurzeln der IKEA-Unternehmenskultur am besten verkörperten. Sie wurden auch in die neuen Märkte entsandt, und ihnen fiel dort die Leitung neuer Einrichtungshäuser zu. Lokale Führungskräfte wurden eingearbeitet, übernahmen aber erst nach und nach Verantwortungsbereiche. Der ehemalige CEO Anders Dahlvig setzte zu Beginn des Jahrtausends auf mehr Diversität und förderte den Einsatz von Managern aus aller Welt. Gleichzeitig wurde die Vielfalt der Führungskräfte über Seminare und Trainings auf eine vereinende Basis – die IKEA-Grundwerte – gestellt. Die Manager sollten zu „Missionaren“ der IKEA-Unternehmenskultur werden und IKEA zu weiteren Erfolgen führen. Die Zukunft wird zeigen, ob der seit 2009 amtierende CEO Mikael Ohlsson an der Maxime „Mehr Diversität“ festhält.

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Testament eines Möbelhändlers • Das Sortiment – unsere Identität: Wir wollen ein breites Sortiment formschöner und funktionsgerechter Einrichtungsgegenstände zu Preisen anbieten, die so günstig sind, dass möglichst viele Menschen sie sich leisten können. … • Der IKEA-Geist – eine starke und lebendige Wirklichkeit: … Der echte IKEA-Geist baut noch heute auf unsere Arbeitsfreude, unsere ständige Bereitschaft, Neues anzunehmen und uns dafür zu begeistern, auf unser Kostenbewusstsein, auf unsere Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, auf unsere Hilfsbereitschaft, auf die Achtung, die wir vor unseren Aufgaben haben, und auf die gradlinige Art, in der wir miteinander umgehen. … • Gewinn gibt uns Mittel: … Wir wollen uns auch bei der Beschaffung von Geldmitteln auf uns selbst verlassen. … • Mit wenigen Mitteln gute Ergebnisse erzielen: Eine alte IKEA-Idee, die immer aktueller wird. Unzählige Male haben wir bewiesen, dass es möglich ist, mit wenigen Mitteln gute Ergebnisse zu erzielen. Mittelverschwendung ist eine Todsünde bei IKEA. … • Einfachheit ist eine Tugend: … Übertriebene Planung unterdrückt Deine Handlungsfreiheit und verkürzt die Zeit, die Dir zur Ausführung bleibt. Komplizierte Planung legt lahm. Lass Einfachheit und Vernunft walten, wenn Du etwas planst. … • Die „Linie anders“: … Daduch, dass wir immer fragen, warum man etwas so oder anders macht, finden wir neue Wege. … Unser Protest gegen alles Althergebrachte ist kein Selbstzweck, sondern zielbewusstes Streben nach ständiger Weiterentwicklung und Verbesserung. … • Kraftsammlung – wichtig für unseren Erfolg: … Während wir unsere Kräfte auf wichtige Bereiche konzentrieren, müssen wir uns bei anderen Bereichen beschränken. … • Verantwortung übernehmen zu können – ein Vorteil: … Nur wer schläft, macht keine Fehler. Fehler zu machen ist das Vorrecht des Tatkräftigen – desjenigen, der zu Änderungen und Berichtigungen fähig ist. • Das meiste ist noch nicht getan. Wunderbare Zukunft: … Lasst uns auch in Zukunft eine Gruppe von positiven Fanatikern bleiben, die sich mit unerschütterlicher Hartnäckigkeit weigern, das Unmögliche, das Negative zu akzeptieren. Was wir wollen, können wir, und das werden wir auch tun – gemeinsam. Wunderbare Zukunft.

Abb. 4: Auszüge aus dem „Testament eines Möbelhändlers“ Quelle: Torekull/Kamprad (1998), S. 275-284.

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IKEA

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IKEA

Fragen und Aufgaben 1.

Die Wertschöpfungskette von IKEA unterscheidet sich von den Wertschöpfungsketten traditioneller Einrichtungshäuser. a) Beschreiben Sie bitte zunächst die Wertschöpfungskette von IKEA. Identifizieren Sie anschließend bitte für jede Wertschöpfungsaktivität von IKEA Stärken und Schwächen. b) Welche Elemente der Wertschöpfungskette werden bei IKEA eher zentral, welche eher dezentral durchgeführt? Bitte begründen Sie Ihre Aussagen und unterlegen Sie diese mit adäquaten Beispielen. c) Beschreiben Sie bitte die Wertschöpfungskette eines traditionellen Einrichtungshauses in der Möbelbranche. Wo liegen die Wettbewerbsvorteile von IKEA im Vergleich zu den konkurrierenden traditionellen Einrichtungshäusern?

2.

Verschiedene theoretische Ansätze versuchen, die Vornahme von Direktinvestitionen zu erklären. a) Lässt sich die internationale Expansion IKEAs mit der Theorie des monopolistischen Vorteils von Hymer begründen? Unterlegen Sie Ihre Antwort bitte durch adäquate Argumente. b) Sehen Sie in anderen Internationalisierungstheorien, die sich auf die Vornahme von Direktinvestitionen beziehen, (weitere) Erklärungen für die Internationalisierung von IKEA?

3.

IKEA expandierte bisher im Rahmen des Internationalisierungsprozesses in zahlreiche Länder der Welt. a) Erkennen Sie ein Muster im Internationalisierungsprozess von IKEA? Wenn ja, welches Muster machen Sie aus? b) Entdecken Sie Parallelen und/oder Widersprüche zum Internationalisierungsmuster der Uppsala-Schule? Wie erklären Sie sich Parallelen und/oder Widersprüche? c) Inwiefern identifizieren Sie in der Internationalisierung von IKEA Schritte und Verhaltensweisen, die dem Internationalisierungsmodell der Uppsala-Schule entsprechen?

4.

Für den Markteintritt und die Marktbearbeitung wählt IKEA unterschiedliche Formen. a) Welche Vorteile bietet die Neugründung von Tochtergesellschaften als Eintritt in Absatzmärkte für IKEA gegenüber der Übernahme bestehender Möbelhäuser? Welche Nachteile und Probleme hat die Neugründung gleichzeitig gegenüber einer Akquisition?

Aus Schweden in die Welt

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b) Wann, wo und warum wählt IKEA (auch) das Franchising als Markteintritts- bzw. Marktbearbeitungsstrategie? Welche Nachteile und Probleme weist die Wahl des Franchisings als Markteintritts- bzw. Marktbearbeitungsstrategie für IKEA auf? c) Für welche Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie würden Sie sich als CEO von IKEA für Mexiko, Südafrika, Indien, und ein weiteres Land Ihrer Wahl entscheiden? Bitte begründen Sie Ihre Aussage. 5.

Im Jahr 1992 akquirierte IKEA das britische Unternehmen Habitat. Informieren Sie sich bitte (etwa durch Presseartikel oder im Internet) über Habitat und beantworten Sie folgende Fragen. a) Beschreiben Sie Habitat bitte anhand der in Abbildung 2 der Fallstudie genannten Kriterien. Folgt Habitat dem Geschäftsmodell eines klassischen Möbelhauses oder dem Geschäftsmodell von IKEA? b) Warum zählte die Übernahme von Habitat durch IKEA für viele Branchenkenner zu den größten Überraschungen innerhalb des Internationalisierungsprozesses von IKEA? c) Habitat wurde – wie in der Fallstudie erwähnt – 2009 nach verlustreichen Jahren an Hilco verkauft. Bitte analysieren Sie die Gründe für das Scheitern der Akquisition Habitats durch IKEA.

6.

Bei der Expansion nach Russland, beginnend im Jahre 2000, war IKEA mit Korruption und Bestechung konfrontiert. Lesen Sie dazu bitte folgenden Artikel: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.06.2009: „Mit Billy und Köttbullar gegen Korruption“, S. 20. „Als IKEA im März 2000 seine erste Filiale in einem Vorort von Moskau eröffnete, quetschten sich gleich am ersten Tag vierzigtausend Menschen durch die von Billy-Regalen gesäumten Gänge. Die waren schon breiter angelegt als in Europa, man hatte mit dem Ansturm der Massen gerechnet. Von diesem Tag an lud die russische Mittelschicht begeistert Haferkekse und Läkeröl-Pastillen in überdimensionale Einkaufswagen. IKEA in Russland schien eine Erfolgsgeschichte zu werden: Schon 2004 waren um Moskau herum drei weitere blaugelbe Einkaufshäuser hinzugekommen und eines in St. Petersburg. Zwei neue Häuser je Jahr wolle man eröffnen, sagte der IKEA-Gründer und Haupteigner, Ingvar Kamprad [sic] 2006 im schwedischen Radio. 20 Filialen sollten es irgendwann sein. Dazu wird es vielleicht nicht mehr kommen, und wenn, dann wird es länger dauern als in Kamprads Vision. Heute betreiben die Schweden 11 Möbelhäuser in Russland, drei weitere sind in der Konstruktionsphase. Alle weiteren Investitionspläne werde IKEA „vorerst auf Eis legen“, teilte die Unternehmensspitze Anfang dieser Woche mit. Der Grund: Lug und Betrug, jahrelanges Leiden unter Korruption, Bestechung und Erpressung. So wird die Entscheidung interpretiert, die Kamprad selbst mit einem seiner seltenen Interviews im schwedischen Rundfunk vorbereitet hatte. Man sei in Russland hintergangen worden: „Wir sind bei Strom- und Gaslieferungen richtig saftig betrogen worden, der Verlust für uns beträgt ungefähr 150 Millionen Euro,“ zitierte ihn das Radio im Internet. IKEA werde gegen den Betrug gerichtlich vorgehen. Das Unternehmen habe auch eigene Generatoren installieren müssen. Es sei „insgesamt eine furchtbar teure Angelegenheit.“

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IKEA IKEA beschwert sich nicht zum ersten Mal in der Öffentlichkeit über die schwierigen Arbeitsbedingungen in Russland. Immer wieder wurden kurz vor der Eröffnung von Filialen Probleme und Verzögerungen bekannt. Der Russland-Chef des Unternehmens, Per Kaufmann, hatte außerdem schon vor Kamprads Radio-Interview in einem Interview von Schwierigkeiten berichtet, die es mit der Eröffnung eines Hauses in Samara, einer Industriestadt an der Wolga, gebe. Dort hat IKEA, wie an sechs weiteren Standorten, nicht nur ein Möbelhaus, sondern noch das Einkaufszentrum „Mega“ errichtet. Als alles fertig zur Eröffnung war, hätten Inspektoren plötzlich darauf hingewiesen, dass das Gebäude für Hurricane-Windstärken nicht stabil genug gebaut sei. Solche Winde sind in der fraglichen Region aber offenbar noch nie gemessen worden. Kaufmann sagte in dem Interview: „Immer wieder gibt es Inspektionen und neue Punkte tauchen auf – so langsam bekommen wir das Gefühl, dass jemand uns nicht mag.“ Am vergangenen Dienstag veröffentlichte Kaufmann nun eine Erklärung für den Investitionsstopp. Entscheidend seien die „Unvorhersehbarkeit der administrativen Prozesse in manchen Regionen“ und „die Tatsache, dass unser Shoppingcenter in Samara, das fertig zur Eröffnung ist, noch immer auf die nötige Erlaubnis wartet“. Alle laufenden Projekte, deren Finanzierung schon begonnen habe, würden aber zu Ende gebracht. Das gilt für Samara, Omsk, Ufa und die Region um Moskau, wo IKEA weitere „Mega“-Zentren mit integrierten IKEA-Filialen plant. Außerdem wolle IKEA weiterhin Verhandlungen über neue Standorte führen. In der deutsch-russischen Handelsgemeinschaft ist nicht jeder davon überzeugt, dass in dieser Geschichte alles dem Klischee entspricht, nach dem brave westliche Investoren zum Opfer mafiöser russischer Behörden werden. Der Sprecher eines deutschen Konzerns, der in Russland ebenfalls große Projekte betreut, ist der Meinung, dass die Betrugsvorwürfe für IKEA auch ein Vorwand dafür sein könnten, sich aus Projekten zurückzuziehen, die man sich nicht mehr leisten könne. Es sei eben sehr schwierig, genug Mieter für die „Mega“-Häuser zu finden. Außerdem sei IKEA wohl „sehr forsch“ vorgegangen, habe „sich als westlicher Investor aufgespielt“ und damit die Behörden gegen sich aufgebracht. Sein Unternehmen habe in Russland immer nur gute Erfahrungen gemacht. „Es gibt zwei Welten in Russland“, sagt Klaus Mangold, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, in dem auch IKEA Deutschland Mitglied ist. Er kenne sowohl Projekte, die problemlos und schnell realisiert würden, wie bei Daimler, VW oder der Metro AG, die auch große Märkte in Russland unterhält. Aber es gebe auch das Gegenteil – wie im Fall von IKEA oder in der Zementindustrie, wo Genehmigungen sich schon mal über ein Jahr hinziehen könnten. „Der Teufel liegt in den Regionen“, sagt Mangold. Es seien die lokalen Autoritäten, von denen es abhänge, ob man schnell oder langsam vorankäme. Samara sei eine sehr schwierige Region, Projekte in Nischni Nowgorod klappten fast immer reibungslos. Allerdings werde es überall zusehends schwieriger, eine ordentliche Infrastruktur und Energieversorgung aufzubauen, sagt Mangold. Er empfehle allen Investoren, unbedingt von Anfang an klarzustellen, „dass Korruption kein Thema für das Unternehmen ist“. Mangold will der Zentralregierung in Moskau nun einen Brief schreiben. Bisher hat diese sich nicht zu den Vorwürfen IKEAs geäußert. …“

Quelle: Wagner, Marie K. (2009): Mit Billy und Köttbullar gegen Korruption. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.06.2009, S. 20. a) Klaus Mangold erläutert im Zeitungsausschnitt, dass Investitionsprojekte in Russland unterschiedlich schnell umgesetzt werden. Bitte informieren Sie sich über andere ausländische Unternehmen, die in Russland investiert haben bzw. investieren wollten, und kommentieren Sie die Aussage Mangolds. b) Diskutieren Sie bitte, inwiefern Korruption in Russland mit dem Rohstoffreichtum zusammenhängt. Sie können folgende Artikel zur Beantwortung der Frage heranzuziehen: Bhattacharyya, Sambit/Hodler, Roland (2010): Natural Resources, Democracy and Corruption. In: European Economic Review, 54. Jg., Nr. 4, 2010, S. 608-621. Levin, Mark/Satarov, Georgy (2000): Corruption and Institutions in Russia. In: European Journal of Political Economy, 16. Jg., Nr. 1, 2000, S. 113-132.

Aus Schweden in die Welt 7.

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IKEA internationalisierte schon frühzeitig seine Beschaffung und verfügt heute über ein weltweites Lieferantennetzwerk. a) Welche Gründe gab es dafür, dass IKEA schon frühzeitig seine Beschaffung internationalisierte? b) Welche Vorteile hat IKEA durch sein internationales Lieferantennetzwerk? c) Welche Managementanforderungen sind mit dem Lieferantennetzwerk verbunden? Wie würden Sie als Manager das Lieferantennetzwerk koordinieren?

8.

IKEA wählt im Rahmen der Beschaffung unterschiedliche Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen. a) Geben Sie bitte einen Überblick über die von IKEA im Beschaffungsbereich gewählten Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen und charakterisieren Sie die einzelnen Varianten. b) Warum entscheidet sich IKEA für diese Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen?

9.

Michael Porter hat seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Strategiediskussion in Wissenschaft und Praxis stark beeinflusst. Er unterscheidet zwischen den Wettbewerbsstrategien der Kostenführerschaft, der Differenzierung und der Fokussierung. Wenn Sie mit Porters Konzept noch nicht vetraut sind und sich im Detail mit den Strategiealternativen beschäftigen wollen, so können Sie auf folgendes Werk zurückgreifen: Porter, Michael E. (1999): Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage): Spitzenleistungen erreichen und behaupten. 5. Aufl., Campus, Frankfurt/Main, New York, 1999, S. 37-44 und 97222.

a) Welche Wettbewerbsstrategie verfolgt Ihrer Meinung nach IKEA? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. b) Lesen Sie bitte folgenden Buchausschnitt zu IKEAs Produktstrategie. Steht dieser in Übereinstimmung oder im Gegensatz zu der von Ihnen in a) identifizierten Wettbewerbsstrategie? Stenebo, Johan (2010): Die Wahrheit über IKEA. Ein Manager packt aus. Campus, Frankfurt/Main, New York, 2010, S. 99-111.

c) Der Begriff der Differenzierung wird in der Literatur des Internationalen Managements als Gegenpart zur Standardisierung (und somit in einem anderen Kontext als im Porterschen Kontext) verwendet. Welche Aussagen finden sich im Text der Fallstudie über die Standardisierung und Differenzierung der Leistung von IKEA über Ländergrenzen hinweg? Würden Sie als Berater IKEA in Zukunft eine stärkere Standardisierung oder eine stärkere Differenzierung nahe legen? Geben Sie bitte eine begründete Empfehlung ab.

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IKEA

10. Henry Mintzberg, einer der führenden Wissenschaftler im Bereich des (Strategischen) Managements, unterscheidet zwei Arten, wie Strategien entstehen – geplant oder emergent. Wenn Sie sich im Detail mit Mintzbergs Werk beschäftigen wollen, so seien Ihnen folgende Quellen empfohlen: Mintzberg, Henry (1978): Patterns in Strategy Formation. In: Management Science, 24. Jg., Nr. 9, 1978, S. 934-948.

Mintzberg, Henry/Waters, James A. (1985): Of Strategies, Deliberate and Emergent. In: Strategic Management Journal, 6. Jg., o. Nr., 1985, S. 257-272.

Mintzberg, Henry/Ahlstrand, Bruce/Lampel, Joseph (1999): Strategy Safari. Eine Reise durch die Wildnis des Strategischen Managements. Ueberreuter, Wien, Frankfurt/Main, 1999.

a) Wurden die strategisch bedeutsamen Elemente des IKEA-Geschäftsmodells Ihrer Auffassung nach „am Reißbrett geplant“ oder haben sich diese nach und nach ergeben? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. b) Welche Aussage treffen Sie für die einzelnen Internationalisierungsschritte? Wurden diese Ihrer Meinung nach geplant oder haben sich diese nach und nach ergeben? Bitte unterlegen Sie Ihre Meinung auch in diesem Fall durch geeignete Argumente. 11. Seit 1997 verkauft IKEA seine Produkte auch über das Internet. a) Kann das IKEA-Geschäftsmodell Ihrer Meinung nach auch „virtuell“ erfolgreich sein? Müsste es entwerder ganz oder teilweise adaptiert werden? b) Könnte und sollte IKEA in Zukunft ganz auf die Möbelhäuser verzichten und seine Produkte nur noch über das Internet verkaufen? c) Lesen Sie bitte folgenden Zeitungsausschnitt zum Online-Möbelkaufhaus Fashion for Home und vergleichen Sie das Geschäftsmodell mit dem des Wettbewerbers IKEA. Welcher Anbieter wird Ihrer Meinung nach in Zukunft das Online-Geschäft dominieren? Gerne können Sie in Ihre Analyse noch weitere Online-Anbieter einbeziehen. Handelsblatt, 13.07.2011: „Wie Managersöhne ein Online-Möbelkaufhaus zum Erfolg führen“, S. 30. „Der Online-Möbelversender Fashion For Home, eines der am schnellsten wachsenden Internetkaufhäuser Deutschlands, greift die traditionellen Möbelgeschäfte jetzt auch mit eigenen Läden an. „Wir könnten schon heute schwarze Zahlen schreiben“, sagte Geschäftsführer Marc Appelhoff dem Handelsblatt. „Das Geld stecken wir aber lieber in weitere Investitionen.“ Hinter dem Berliner Möbelversand stecken als Hauptgesellschafter die Jamba-Gründer Samwers, der Internetinvestor Holtzbrinck Ventures und die Schweizer Treuhandgesellschaft Haligk. Gestartet haben das Unternehmen im November 2009 die Söhne zweier prominenter Handelsmanager: Christoph Cordes, der 14 Prozent der Anteile hält, ist der Sohn des MetroVorstandschefs Eckhard Cordes. Vater des ebenfalls mit 14 Prozent beteiligten Marc Appelhoff ist der ehemalige Karstadt-Vorstand Klaus Appelhoff. Seither halten die beiden Studienfreunde den Internetversender auf strammem Expansionskurs. „Der Jahresumsatz liegt im zweistelligen Millionenbereich“, berichtet der 32-jährige Marc Appelhoff. „Monat für Monat wachsen wir zudem im zweistelligen Prozentbereich.“ Ähnlich wie IKEA lässt Fashion For Home nach eigenen Entwürfen günstig in Lohnarbeit

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fertigen. Geordert wird in den Fabriken immer nur dann, wenn genügend Käufer beisammen sind. Auf ein Warenlager, das unnötig Kapital bindet, können die beiden Jungunternehmer deshalb verzichten. Nun aber wollen sie auch Kunden finden, denen ein Foto auf der Internetseite zur Kaufentscheidung nicht genügt. In ganz Deutschland eröffnet Fashion For Home seit kurzem sogenannte „Pop-up-Stores“ – Ladenlokale in der Innenstadt, die oft nur für eine Woche ihre Türen öffnen. In Hamburg, Köln, München oder Frankfurt, wo Rundfunksender auf die kurzzeitigen Ladenaktionen hinweisen, präsentiert der Versender Sofas, Tische und Stühle auch zum Anfassen. Gleichzeitig spannen Appelhoff und Cordes große Hotelketten und prominente Händler für ihre Zwecke ein. Die israelische Hotelgruppe Mark Apart, in Deutschland mit rund 100 Häusern vertreten, orderte bei Fashion For Home ihr Mobiliar und dient seither als Referenzobjekt. Auch das Londoner Days Inn statteten die Berliner aus, ebenso das Puzzle-Hotel in Berlin. Den 1.500 Euro teuren Acryl-Sessel „Spider“ gibt es in den Filialen von Armani zu besichtigen. Die Kosten für Verkaufsräume hält der Onlinevermarkter damit gering. Den traditionellen Wettbewerbern machen sie dagegen immer mehr zu schaffen. Seit 1995, errechnete die Münchener Beratungsfirma BBE, bauten Deutschlands Möbelhändler ihre Verkaufsfläche um 19,5 Prozent aus. Der Erfolg der teuren Flächenexpansion blieb aus. Inflationsbereinigt sanken die Umsätze der Branche um 23,9 Prozent. Pro Quadratmeter setzen die Häuser heute 36,3 Prozent weniger um als noch vor 15 Jahren – bei deutlich gestiegenen Mieten. … Im Verkauf über den PC sehen aber nur wenige Einrichtungshäuser ihre Rettung. Der Möbelriese IKEA stutzte sein Angebot im Internet, weil in den Märkten der Absatz von Kerzen, Kochlöffeln und Kinderspielzeug erlahmte. Für die Schweden nicht hinnehmbar. An Geschenk- und sogenannten Mitnahmeartikeln verdienen die Möbelhäuser oft deutlich mehr als an den Einrichtungen selbst. IKEAs Teilrückzug aus dem Onlinegeschäft weckt bei Fashion For Home in Berlin erst recht die Angriffslust. „Wir wollen im Internet das werden, was IKEA derzeit bei den Einrichtungshäusern ist“, sagt Geschäftsführer Appelhoff. …“

Quelle: Schlautmann, Christoph (2011): Wie Managersöhne ein Online-Möbelkaufhaus zum Erfolg führen. In: Handelsblatt, 13.07.2011, S. 30.

12. Die Stiftung „Schichting INGKA Foundation“ ist über die INGKA Holding B.V. als Muttergesellschaft Eigentümerin aller Unternehmen im IKEA-Konzern. Der Vorstand der Stiftung ist mit Ingvar Kamprad und seiner Frau besetzt. Auch die Söhne von Ingvar Kamprad sind in der IKEA-Gruppe in einflussreichen Positionen tätig. a) Welche Unterschiede bezüglich Strategie, Struktur und Führungsstil ergeben sich Ihrer Ansicht nach zwischen börsennotierten „kapitalmarktgetriebenen“ Unternehmen und Unternehmen, die im Besitz und/oder unter dem Einfluss der Gründerfamilie stehen? b) Stellen Sie sich vor, die Familie Kamprad würde sich aus der „Schichting INGKA Foundation“ und der gesamten IKEA-Gruppe zurückziehen. Hätte dies Ihrer Meinung nach Einfluss auf IKEA im Allgemeinen und auf IKEAs Internationalisierung im Speziellen?

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13. IKEAs Eigentümerstrukturen sind durch ein komplexes Geflecht an Stiftungen charakterisiert. Lesen Sie dazu bitte folgenden Artikel: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2011: „Labyrinth IKEA“, S. 22. „Alle kennen Billy. Seit gut 30 Jahren gehört das Bücherregal zum Sortiment des schwedischen Möbelhändlers IKEA, mehr als 40 Millionen Stück sind bislang verkauft worden. Viele kennen auch den IKEA-Gründer Ingvar Kamprad. Die Geschichte des Jungen aus einfachen Verhältnissen, der mit Sparsamkeit und Einfallsreichtum eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt aufgebaut hat, ist oft genug erzählt worden. Kaum jemand aber weiß, mit welchen Mitteln der inzwischen 84 Jahre alte Patriarch IKEA immer noch kontrolliert und wohin genau die in den mehr als 300 Einrichtungshäusern in 35 Ländern erwirtschafteten Gewinne fließen. Schwedische Journalisten sind nun auf ein bisher unbekanntes Puzzlestück des labyrinthischen IKEA-Imperiums gestoßen – und werfen Kamprad vor, in einer Liechtensteiner Stiftung umgerechnet mehr als 11 Milliarden Euro vor dem Zugriff der Steuerbehörden und den Augen der Öffentlichkeit bewahrt zu haben. Die Statuten der seit 1989 in Vaduz registrierten Interogo-Stiftung hat der staatliche schwedische Fernsehsender SVT am Mittwochabend nach der Ausstrahlung eines einstündigen Beitrags über das Thema auf seiner Internetseite veröffentlicht. Weder IKEA noch Kamprad werden in der Gründungsurkunde namentlich erwähnt. Allerdings entspricht die Formulierung des Stiftungszwecks – „der Erwerb der Holdinggesellschaft“ und „die Ausübung eines entsprechenden Einflusses auf die Leitung des Konzerns“ – exakt den Prinzipien, nach denen die zuvor schon bekannten Bestandteile der IKEA-Struktur zusammengesetzt sind: Die blau-gelben Möbelhäuser gehören seit 1982 der in den Niederlanden eingetragenen Ingka-Stiftung, in deren Aufsichtsrat Ingvar Kamprad Sitz und Stimme hat. Sie ist als gemeinnützig anerkannt, dadurch weitgehend von Steuern befreit und gilt mit einem geschätzten Vermögen von umgerechnet 26 Milliarden Euro noch vor der „Bill and Melinda Gates Foundation“ des Microsoft-Gründers als die reichste Stiftung der Welt. Mit wohltätigen Projekten jedoch ist sie bisher kaum in Erscheinung getreten, das dafür vorgesehene Budget soll 2010 bei 45 Millionen Euro gelegen haben. Als Stiftungszweck sind die Förderung von Architektur und Design eingetragen. Das von Ingvar Kamprad ersonnene Konzept und der Markenname jedoch sind, anders als die Möbelhäuser und die Produktionsstätten, Eigentum der Inter-IKEA-Gruppe mit Sitz in Luxemburg. An sie fließen 3 Prozent des Verkaufspreises von jedem IKEA-Produkt. 2010 waren das bei einem offiziell auf 23,1 Milliarden Euro bezifferten Umsatz 690 Millionen Euro, für jedes Billy-Regal ist eine Lizenzabgabe von einem Euro fällig. Zur Kontrolle dieser Holding wiederum dient nach den nun veröffentlichten Erkenntnissen die Interogo-Stiftung im Fürstentum Liechtenstein, dessen Anziehungskraft auf Großverdiener spätestens der Fall des früheren Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, bekannt gemacht hat. … Ingvar Kamprad selbst hat inzwischen in einer Mitteilung die Existenz der Stiftung bestätigt, den Verdacht der Steuerhinterziehung aber zurückgewiesen. Als Kritiker des schwedischen Steuersystems allerdings gilt er schon lange; dass es der Grund für seinen 1979 erfolgten Umzug in die Schweiz war, hat er nie bestritten. „Wir betrachten Steuern als Kosten und versuchen sie so niedrig wie möglich zu halten“, schreibt Kamprad nun. Zwar liegt die Unternehmensbesteuerung in Schweden nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfer von KPMG heute mit 26 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt, war in den achtziger Jahren jedoch noch doppelt so hoch. Ähnlich wie in Deutschland gehören zur Debatte über die Steuermoral von Großverdienern auch in Schweden deshalb zwei Seiten: Einerseits wird Kamprads Verhalten, das sich juristisch wohl auch jetzt kaum angreifen lässt, als unsolidarisch angeprangert, andererseits das Steuerniveau als zu hoch kritisiert. …“

Quelle: Balzter, Sebastian (2011): Labyrinth IKEA. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2011, S. 22. a) Informieren Sie sich bitte über den Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung und versuchen Sie bitte, beide Varianten darzustellen. Würden Sie die im Artikel diskutierte Strategie IKEAs als Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung bezeichnen?

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b) Transferpreise haben für Unternehmen oft eine steuersenkende Wirkung. Erklären Sie bitte anhand des Falles von IKEA, was Transferpreise sind und wie diese die Steuerlast reduzieren können. 14. Lesen Sie bitte folgenden Artikel über die Fertighausserie BoKlok, die seit 2009 von IKEA in Deutschland vertrieben wird: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29.04.2012: „IKEA-Häuser floppen“, S. V11. „Das Zuhause Deines Lebens“: Mit diesem Slogan wirbt das Einrichtungshaus IKEA in diesen Tagen für seine neue Kollektion. Wenn alles so läuft wie in den vergangenen Jahren, dann werden die deutschen Käufer auch 2012 wieder die Möbelhäuser des schwedischen Konzerns stürmen und in Billy-Regale, Blümchenkissen, Sofas und Bettvorleger investieren. Jeden siebten Euro ihres Umsatzes erzielen die Schweden hierzulande. IKEA in Deutschland – man könnte denken, dies ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Wäre da nicht BoKlok. Vor zwei Jahren wollten die Skandinavier den Deutschen plötzlich nicht nur Möbel, Töpfe und Dosenhering verkaufen, sondern das passende Haus gleich noch dazu. Was in Ländern wie Schweden, Dänemark und Großbritannien längst Abnehmer fand, sollte auch in Deutschland funktionieren. Im Land des hochpreisigen Bauens sah IKEA die Chance, mit seinem preisgünstigen Fertighausprogramm BoKlok einen Verkaufsschlager zu landen – vor allem in den Ballungszentren. Für nur 180.000 Euro sollte die günstigste Hausvariante schon zu haben sein; zwar ohne Keller, aber immerhin einschließlich Grundstück. Zielgruppe waren Haushalte mit kleinerem Budget. Insgesamt 60 Reihenhäuser und zweigeschossige Mehrfamilienhäuser wollten die Schweden allein bis Ende 2010 hierzulande bauen. Doch die hiesigen Bauherren nahmen Abstand davon, BoKlok zum Zuhause ihres Lebens machen. Offenbar lagen IKEA und sein Lizenznehmer, der hessische Fertighaushersteller Bien-Zenker, gründlich mit ihrer Einschätzung daneben: Das Holzhaus war nicht das, worauf die Leute in Scharen gewartet hatten. Nur acht Eigenheime ist IKEA bisher losgeworden. Alle am Standort Wiesbaden-Auringen. Zwei sollen noch gebaut werden. Anderswo ist das Vorhaben gänzlich im Sande verlaufen. Anfangs hatten die beiden Partner noch getönt, die Häuser unter den Interessenten verlosen zu wollen, damit jeder eine faire Chance habe. Doch spätestens nachdem die Stiftung Warentest dem Eigenheim ein schlechtes Zeugnis für seine Bauqualität ausgestellt hatte, wurde BoKlok zum Ladenhüter. Kommunalpolitiker, die zunächst eine Chance witterten, mit der starken Marke ein Zugpferd für bisher wenig nachgefragte Neubaugebiete gefunden zu haben, verloren angesichts des Kritikhagels an BoKloks Aussehen und Substanz das Interesse. Trotz Nachbesserungen ist das Angebot dann nicht mehr in Schwung gekommen. Bei Bien-Zenker spricht man nur noch zurückhaltend von diesem Engagement. Nun hat IKEA bestätigt, dass der Vertrieb der BoKlok-Serie vorerst gestoppt ist. Weder werden die Häuser derzeit beworben, noch sind sie auf Nachfrage erhältlich. Einen Rückzug aus dem hiesigen Hausgeschäft dementiert das Unternehmen jedoch. „Wir arbeiten nach wie vor an einer Neukonzeption und werden diese der Öffentlichkeit vorstellen, sobald sie fertig ist und wir mögliche Grundstücke identifizieren können“, heißt es bei IKEA. Bien-Zenker und das schwedische Bauunternehmen Skanska bleiben am Vorhaben beteiligt.“

Quelle: Ochs, Birgit (2012): IKEA-Häuser floppen. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29.04.2012, S. V11. a) Wie können Sie den Erfolg der BoKlok-Serie in Schweden und Großbritannien einerseits und den Misserfolg in Deutschland andererseits erklären? Führen Sie hierzu bitte eine Branchen-, Markt- und Wettbewerbsanalyse für die drei Länder durch.

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IKEA b) Informieren Sie sich bitte über die Partnerschaft zwischen BoKlok und BienZenker. Würden Sie die Kooperation als Lizenznahme oder als Franchising bezeichnen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

15. In der Verhaltensökonomik wird inzwischen ein so genannter IKEA-Effekt diskutiert. Dieser beschreibt das Phänomen der stärkeren Würdigung eines Produktes durch den Kunden, wenn er selbst an dessen Aufbau oder Produktion beteiligt ist. Bitte lesen Sie dazu folgenden Artikel: Norton, Michael I./Mochon, Daniel/Ariely, Dan (2012): The IKEA Effect: When Labor Leads to Love. In: Journal of Consumer Psychology, 22. Jg., 2012, Nr. 3, S. 453-460.

a) Inwiefern beruht der Erfolg IKEAs Ihrer Meinung nach auf dem IKEA-Effekt? Erläutern Sie bitte noch weitere Faktoren, die für den Erfolg IKEAs bestimmend waren bzw. sind. b) Im Beitrag von Norton/Mochon/Ariely wird auf ein Experiment zurückgegriffen. Experimente stellen eine von vielen wissenschaftlichen Methoden dar. Diskutieren Sie bitte Vorteile und Stärken von Experimenten und stellen Sie diese auch den Nachteilen und Grenzen gegenüber. Beantworten Sie die Frage dabei auch im Kontext der von den Autoren durchgeführten Untersuchung. 16. IKEA hat von 1978 bis 2010 ca. 40 Mio. Billy-Regale verkauft. Bitte schätzen Sie bezogen auf das Billy-Regal das gesamte Einsparpotential, das IKEA durch eine Verlagerung der Lieferung und Montage auf den Kunden hat. Treffen Sie hierbei Annahmen (z.B. durchschnittliche Liefer- und Montagezeit sowie -kosten, Unterschiede zwischen Ländern etc.). 17. Lesen Sie bitte folgenden Artikel zu Häftlingen, die in der ehemaligen DDR für IKEA Zwangsarbeit geleistet haben (sollen): Handelsblatt, 04.05.2012: „Wir waren Zwangsarbeiter in der DDR für West-Konzerne“, S. 28. „Der Fall liegt lange zurück – und birgt doch ein erhebliches Imagerisiko für einen Weltkonzern. Hat der schwedische Möbelfabrikant IKEA in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit einer Diktatur zusammengearbeitet, Profite auf dem Rücken von Zwangsarbeitern erwirtschaftet - und so tausende von menschlichen Schicksalen und Tragödien mit zu verantworten? Seit der schwedische Fernsehsender SVT am Mittwoch berichtete, dass IKEA von der Zwangsarbeit politischer Häftlinge in der DDR profitiert haben soll, befindet sich der Konzern im Krisenmodus. „Wir nehmen das alles sehr, sehr ernst“, sagt Jeanette Skjelmose, die bei IKEA für Produktionsfragen zuständig ist. Seit dem SVT-Bericht prasseln Presseanfragen aus aller Welt auf IKEA ein. Empörte Anrufe von ehemaligen DDR-Häftlingen blockieren die Telefonleitungen. IKEA zeigt sich aufklärungsbereit. „Sollte es tatsächlich so etwas gegeben haben, wäre das höchst unglücklich und völlig inakzeptabel“, sagt Skjelmose. Allerdings brauche man für die Untersuchung noch einige Zeit. Die auf den ersten Blick vernünftige Antwort allerdings hält einer näheren Betrachtung nicht ganz stand. Die Überraschung, mit der IKEA in dieser Woche auf die vielen Anfragen zur DDRZwangsarbeit reagiert, unterschlägt ein wichtiges Detail: IKEA wusste von den Vorwürfen schon

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seit mehr als acht Monaten. „Unsere erste Anfrage an IKEA haben wir am sechsten September 2011 gestellt“, sagt CarlWolfgang Holzapfel, der Vorsitzende der Vereinigung 17. Juni 1953 und profilierte Bürgerrechtler der DDR. IKEA antwortete. Nach Angaben des Konzerns stammen die Geschäftsbeziehungen mit der DDR aus den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.“ Es gab keine Anzeichen dafür, dass politische Gefangene für die Produktion herangezogen wurden“, schrieb Peter Betzel, der Deutschland-Geschäftsführer von IKEA am 10. Oktober 2011. Und natürlich sei es im Interesse von IKEA, diesen Sachverhalt lückenlos aufzuklären. Allerdings werde dies voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen. Seit dem Schreiben hat Holzapfel nichts wieder von IKEA gehört. Er hat sogar Verständnis für das Unternehmen. „Ich glaube nicht, dass man IKEA mangelnden Willen zur Aufklärung vorwerfen kann“, sagt der Mann, der als Widerständler in der DDR selbst zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt wurde und 1966 von der Bundesrepublik freigekauft wurde. „Wir haben aber zur Sicherheit den Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen gebeten, IKEA bei der Untersuchung zu unterstützen.“ Ganz so schwierig ist die Quellenlage aber gar nicht. Zwar lagen die Fälle mehr als 20 Jahre zurück – und somit zehn Jahre länger als IKEA eigenen Angaben zufolge seine Unterlagen aufbewahrt. Doch die Beweise für die Beschäftigung von Zwangsarbeitern liegen nicht nur in Archiven. Ein Zeitzeuge berichtete dem Handelsblatt in dieser Woche ausführlich, unter welch menschenunwürdigen Bedingungen er für IKEA arbeiten musste. … „Nach drei Monaten Untersuchungshaft in Berlin wurde ich in das Gefängnis Naumburg verlegt. Dass wir arbeiten mussten, war von vornherein klar. In der DDR gab es ein Gesetz, das alle zur Arbeit verpflichtete. Das galt auch hinter Gefängnismauern. Der Bus, der uns zur IKEA-Arbeit brachte, war vergittert. Wir fuhren durch ein großes Metalltor, und sobald wir in dem Gebäude waren, gab es nur noch Neonlicht. Kein Fenster, keine Sonne. Wegen meiner Vorkenntnisse kam ich an die Metallstanze. Die Maschinen waren grün, sonst war alles grau. Die Firma in Naumburg, zwanzig Minuten vom Gefängnis entfernt, hieß Mewa. Wir Häftlinge waren abgeschottet von allen anderen Arbeitern, ich habe nie ein Wort mit den Zivilisten gewechselt. Es gab nur: Raus aus dem Bus, arbeiten, rein in den Bus. Hätte ich gewusst, dass die Schrankscharniere, Türgriffe und Stuhlroller, die ich herstellte, für IKEA bestimmt waren, hätte ich das wahrscheinlich toll gefunden. Ich wollte ja unbedingt in den Westen, eine Arbeit für eine Westfirma hätte mich begeistert. Aber das hat uns damals keiner gesagt. Davon habe ich gerüchteweise erst im letzten Herbst gehört, und dann vor einigen Tagen, als mich das schwedische Fernseh-Team ansprach. Das hatte Unterlagen, in der Mewa als IKEA-Lieferant auftauchte. Da wurde mir klar, dass die Teile, die ich damals im Gefängnis herstellte, tatsächlich aussahen wie das, was ich dann Jahre später bei IKEA im Regal fand. Mein Wunsch an IKEA wäre heute, dass der Konzern dieses Kapital ordentlich aufarbeitet. Die Bedingungen, unter denen ich für IKEA gearbeitet habe, waren menschenunwürdig. IKEA soll ehrlich sein und sagen, wie viele Zwangsarbeiter genutzt wurden. Wenn der Konzern einen wirtschaftlichen Vorteil von diesem Arrangement hatte, dann sollte man auch über eine Entschädigung sprechen. Denn Bezahlung gab es eigentlich nicht. Das Geld, das ich verdiente, konnte ich nur im Gefängnisladen ausgegeben. Da gab es Schokolade und Süßigkeiten, aber in schlechter Qualität. Später, vor meiner Ausreise, hatte sich die Führung dann noch etwas besonders Perfides ausgedacht. Man durfte kein Geld mitnehmen, sondern musste in dem dortigen Gefängnisladen irgendwelche unsinnigen Sachen kaufen. Danach musste man unterschreiben, dass man ordentlich bezahlt worden war.“ …“

Quelle: Iwersen, Sönke/Steuer, Helmut (2012): Wir waren Zwangsarbeiter in der DDR für West-Konzerne. In: Handelsblatt, 04.05.2012, S. 28. a) Bitte recherchieren Sie den aktuellen Stand der Aufklärung der Affäre. Inwiefern leidet IKEA Ihrer Meinung nach unter „schlechter Presse“ wie dieser? b) Informieren Sie sich über „IWAY“, IKEAs Verhaltenskodex für Lieferanten, und fassen Sie wesentliche Punkte zusammen. Welche Bestandteile des Verhaltenskodex sehen Sie als Reaktion auf andere „schlechte Presse“ über IKEA?

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IKEA

18. Nehmen Sie an, IKEA möchte in weitere Märkte eintreten und damit seine Expansion vorantreiben. a) Bitte machen Sie einen Vorschlag, welche fünf Länder Sie neu betreten würden. Wenden Sie bitte das Punktbewertungsverfahren an und nutzen Sie Kriterien der Makro- und Mikroumwelt. Erklären Sie bitte Ihre Auswahl der Kriterien sowie deren Gewichtung. b) Bitte erläutern Sie, welche Grenzen das von Ihnen in a) angewandte Punktbewertungsverfahren hat und welche weiteren Verfahren zur Ländermarktselektion Sie nutzen könnten. c) Würden Sie IKEA für den Eintritt in die unter a) identifizierten fünf Länder eine Wasserfall- oder eine Sprinkler-Timingstrategie empfehlen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

Procter & Gamble und Wella Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Katharina Hefter

Stefan Schmid und Katharina Hefter Procter & Gamble und Wella: Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel

Im September 2003 akquirierte der US-amerikanische Konsumgütergigant Procter & Gamble das deutsche Traditionsunternehmen Wella AG mit Sitz in Darmstadt. Mit der Übernahme trat Procter & Gamble in das margenträchtige Segment des professionellen Haarpflegemarkts ein. Das Akquisitionsangebot seitens Procter & Gamble wurde jedoch zunächst von zahlreichen Minderheitsaktionären abgelehnt, so dass es zu einem zähen und lange andauernden Übernahmeprozess kam. Nach einem kurzen Porträt von Procter & Gamble und Wella werden Ziele und Prozess der Übernahme ausführlich dargestellt. Zudem wird die Situation nach der Übernahme beleuchtet und ein Einblick in die weitere Wachstumsstrategie von Procter & Gamble gegeben. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

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Procter & Gamble und Wella

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Die Historie und Situation vor der Übernahme ................................................... 365 1.1 Procter & Gamble ............................................................................................ 365 1.2 Wella ............................................................................................................... 366 2 Die Übernahme....................................................................................................... 367 2.1 Die Ziele der Übernahme ................................................................................ 367 2.2 Der Prozess der Übernahme ........................................................................... 368 3 Die Phase nach der Übernahme ........................................................................... 370 4 Ausblick .................................................................................................................. 372

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Die Historie und Situation vor der Übernahme

1.1 Procter & Gamble Das US-amerikanische Konsumgüterunternehmen Procter & Gamble (P&G) mit Hauptsitz in Cincinatti, Ohio, stellt seit über 165 Jahren Markenartikel her. In 80 Ländern arbeiten 110.000 Mitarbeiter für P&G und erzielten im Jahr 2002/03 einen Gesamtumsatz in Höhe von 43,4 Mrd. US$. P&G war zum damaligen Zeitpunkt in fünf Geschäftsbereiche gegliedert: (1) Babypflege und Hygiene, (2) Textil- und Haushaltspflege, (3) Schönheitspflege, (4) Gesundheitspflege sowie (5) Nahrungsmittel, Getränke und sonstige Aktivitäten. Zum Markenportfolio gehören unter anderem Ariel, Always, Mr. Proper, Fairy, Oil of Olaz und Pringles. Im Bereich der Schönheitspflege zählten zu dieser Zeit weltweit 50 Marken zum Portfolio, die in 130 Ländern vertrieben wurden. Das Geschäftsfeld wurde kontinuierlich durch Unternehmensakquisitionen, wie beispielsweise durch den Kauf von Richardson-Vicks (u.a. mit den Marken Infasil, Pantene und Vidal Sassoon) im Jahr 1985 und Clairol im Jahr 2001, ausgebaut. Auch einzelne Marken wurden erworben, wie Hugo Boss von Revlon und Giorgio von Avon Products. Im Jahr 2002/03 erwirtschaftete P&G im Bereich Schönheitspflege einen Umsatz in Höhe von 10 Mrd. US$. Damit rangierte P&G weltweit nach L’Oréal auf Platz 2, was auch in Abbildung 1 zum Ausdruck kommt. Der Amerikaner Alan G. Lafley stand seit 2000 als CEO (Chief Executive Officer) an der Spitze von P&G und führte das Unternehmen nach Schwierigkeiten Ende der 1990er Jahre zurück auf den Wachstumskurs.

Unternehmen L’Oréal Procter & Gamble Unilever Shiseido Estée Lauder Cosmetics Avon Products Johnson & Johnson Beiersdorf Wella Alberto Culver Kao Corporation Limited Brands Kanebo Colgate-Palmolive LVMH

Land Frankreich USA Niederlande/Großbritannien Japan USA USA USA Deutschland Deutschland USA Japan USA Japan USA Frankreich

Umsatz 2002 im Bereich Schönheitspflege 13,2 Mrd. US$ 10,0 Mrd. US$ 6,7 Mrd. US$ 4,8 Mrd. US$ 4,7 Mrd. US$ 3,9 Mrd. US$ 3,6 Mrd. US$ 3,2 Mrd. US$ 3,1 Mrd. US$ 2,5 Mrd. US$ 2,4 Mrd. US$ 2,3 Mrd. US$ 2,2 Mrd. US$ 2,2 Mrd. US$ 2,0 Mrd. US$

Abb. 1: Die 15 umsatzstärksten Unternehmen der Welt im Bereich Schönheitspflege Quelle: Daten aus o.V. (2004b).

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1.2 Wella Die Grundsteine für das deutsche Kosmetikunternehmen Wella mit Hauptsitz in Darmstadt legte 1880 der Friseur Franz Ströher, als er im Familienbetrieb begann, Haarteile zu fertigen. Im Jahr 2003 arbeiteten 18.000 Mitarbeiter in 150 Ländern für Wella und erzielten einen Umsatz von 3,3 Mrd. €. Seine internationale Präsenz baute Wella über Zukäufe auf und aus. 1987 akquirierte Wella beispielsweise Parfums Rochas in Frankreich, 2000 folgte Gentle Treatment in den USA und 2002 Atkinsons in Italien. Wella verfügte über die Bereiche (1) Friseur, (2) Endverbraucher, (3) Kosmetik und (4) Duft. Im professionellen Haarpflegemarkt war Wella als Full-Service-Anbieter nach L’Oréal die Nummer zwei auf dem Weltmarkt. Wella bot den Friseuren jährlich unter anderem rund 80.000 Fort-, Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen an. Zum Markenportfolio gehörten über 50 Marken, die in 150 Ländern vertrieben wurden. Hierzu zählten Wella, Koleston, Wellaflex, Sebastian, Graham Webb, Escada und Gucci. Bis 2003 befand sich die Wella AG mehrheitlich in Familienbesitz und wurde von Heiner Gürtler als Vorstandsvorsitzenden und seinen Vorstandskollegen geführt. Einen Überblick über die Eigentumsverhältnisse bei Wella Anfang 2003 gibt Abbildung 2.

Besitzanteile

100%

100%

100%

17% 5%

42%

7%

90% 78%

51%

10% Vorzugsaktien

Streubesitz

Stammaktien

Henkel

Grundkapital (Vorzugs- und Stammaktien)

Familie Ströher

Stand 2003.

Abb. 2: Aktionärsstruktur der Wella AG Quelle: Daten aus o.V. (2003a), S. 3, und Wella (2004h), S. 60.

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Die Übernahme

Seit Jahrzehnten verfolgt P&G eine ausgeprägte Wachstumsstrategie. Sowohl organisches Wachstum als auch anorganisches Wachstum über Akquisitionen haben P&G zu einem der größten Konsumgüterhersteller der Welt gemacht. Eine von vielen Akquisitionen im Ausland stellt die Übernahme der Wella AG dar. Es war die bis zum Jahr 2004 größte grenzüberschreitende Akquisition, die P&G in der Unternehmensgeschichte tätigte. Es sollen nun zunächst die Ziele der Übernahme von Wella beschrieben werden, bevor der Übernahmeprozess an sich näher dargestellt wird.

2.1 Die Ziele der Übernahme Der Bereich Schönheitspflege ist ein Kernbereich von P&G, der als besonders margenträchtig gilt. In den vergangenen Jahren erreichten hierbei Haarpflegeprodukte die höchsten Zuwachsraten. Bereits im Jahr 2001 erweiterte P&G den Haarpflegebereich mit der Übernahme des US-Unternehmens Clairol. Während die Zielgruppe von P&G im Bereich der Haarpflege der Endverbraucher ist, versorgt Wella darüber hinaus Friseure mit seinen Produkten. Neben der Weltmarktführerschaft im Haarpflege-Einzelhandel ermöglichte eine Akquisition von Wella P&G somit den Zugang zum professionellen Haarpflegemarkt. Das Volumen des professionellen Haarpflegemarktes wird auf 10 Mrd. US$ geschätzt. In diesem Segment erreichte Wella 2003 einen Marktanteil von 22% und steht nur hinter L’Oréal mit einem Marktanteil von 30% zurück. Mit einer Wachstumsrate von 5% wuchs der professionelle Haarpflegemarkt darüber hinaus schneller als der Haarpflege-Einzelhandel. Auch im Bereich Einzelhandel ergänzen sich P&G und Wella. Hier zeigt sich die Komplementarität in der regionalen Marktposition und in den Produktportfolios. Haarfärbeprodukte von Wella sind besonders in Europa, Asien und Lateinamerika erfolgreich, während P&G über eine starke Position in Nordamerika und Großbritannien verfügt. Wella übertrifft außerdem bei Stylingprodukten im europäischen Markt die Konkurrenz. Shampoos und Pflegespülungen steuern bei Wella nur einen geringen Umsatzanteil bei, wohingegen diese bei P&G die „Zugpferde“ im Haarpflegebereich sind. Im Bereich Parfum ergänzen sich die beiden Unternehmen ebenfalls: P&G konzentriert sich auf Herrenparfums, und Wella stellt hauptsächlich Frauendüfte her. Beiderseits wurde das Ziel proklamiert, voneinander zu lernen und Größenvorteile zu nutzen. Eine zusammenfassende Gegenüberstellung in Hinblick auf die oben beschriebene Komplementarität der beiden Unternehmen findet sich in Abbildung 3. Das Synergiepotential wurde mit 300 Mio. € beziffert und sollte vor allem in den Bereichen Einkauf, Verwaltung und Produktion realisiert werden.

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Procter & Gamble und Wella

Procter & Gamble

Wella

Primäre Zielgruppe für Haarpflegeprodukte

Endverbraucher

Friseursalons und Endverbraucher

Umsatzstarke Produkte innerhalb des Haarpflegebereichs

Shampoos und Pflegemittel

Färbe- und Stylingprodukte

Primäre Zielgruppe bei Parfums

Männer-Parfums

Frauen-Parfums

Geographische Schwerpunkte

Nordamerika, Großbritannien

Europa, Asien, Lateinamerika

Abb. 3: Komplementarität von Procter & Gamble und Wella Quelle: in Anlehnung an Procter & Gamble (2003a).

2.2 Der Prozess der Übernahme Im März 2003 gab P&G bekannt, dass mit der Familie Ströher als Mehrheitsaktionär der Wella AG der Erwerb von 50,7% des Grundkapitals und damit der Erwerb der Kontrollmehrheit vereinbart wurde. Das Management von Wella sprach sich zunächst gegen die Übernahme aus. Die Akquisition wurde keinesfalls als zwingend angesehen und die Wella AG auch selbständig als überlebensfähig eingeschätzt. Im April richtete P&G ein Übernahmeangebot an die weiteren Aktionäre. P&G bot 92,25 € je Stammaktie und 61,5 € je Vorzugsaktie. Insgesamt ergab sich so ein Angebotspreis für Wella in Höhe von 6,5 Mrd. € unter Einbezug der Verbindlichkeiten. Bis Ende Mai 2003 stellten die Aktionäre dem US-Unternehmen 11,4% der Stammaktien sowie 6,4% der Vorzugsaktien zum Kauf in Aussicht. P&G besserte daraufhin sein Angebot für die Vorzugsaktien auf 65 € nach, um weitere Aktionäre zum Verkauf ihrer Aktien zu motivieren. Insbesondere die große Spanne zwischen dem Angebotspreis für Stamm- und Vorzugsaktien sorgte für Aufruhr unter den Aktionären. Vorzugsaktien wurden von Minderheitsaktionären und Fondsgesellschaften gehalten, die eine Gleichstellung ihrer Aktien mit den Stammaktien forderten. Auch das deutsche Konsumgüterunternehmen Henkel zählte mit einem Anteil von knapp 7% zu den Minderheitsaktionären. Erst kurze Zeit zuvor hatte Henkel über ein Tochterunternehmen Wella-Anteile – möglicherweise in der Absicht, Wella selbst zu übernehmen – erworben. Einige Aktionäre versuchten gerichtlich gegen das Übernahmeangebot vorzugehen. Ihre Klage wurde jedoch abgelehnt. Schließlich forderten sie P&G auf, einen Beherrschungsvertrag zu schließen, und erhofften sich davon einen höheren Preis für ihre Anteile. P&G berief sich auf das deutsche Übernahmegesetz, das zwar eine Gleichbehandlung der Aktionäre vorsieht, aber nicht nach Aktiengattungen unterscheidet. Außerdem wurden Stamm- und Vorzugsaktien

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auch an der Börse zu unterschiedlichen Kursen gehandelt, was in der Interpretation von P&G auch eine unterschiedliche Behandlung zuließ. Kurz vor Ablauf der zweiten Annahmefrist Ende Juni 2003 gab Henkel seinen Widerstand auf und stellte seinen Anteil an den Stammaktien von 4,99% und an den Vorzugsaktien von 10,38% zur Disposition. So konnte P&G im September 2003 von der Familie Ströher und den Aktionären, die das Übernahmeangebot angenommen hatten, insgesamt einen Anteil von 79,17% am Grundkapital (98,11% an den ausstehenden Stammaktien sowie 43,49% an den ausstehenden Vorzugsaktien) erwerben. In den folgenden Wochen kaufte P&G weitere Stammaktien, so dass das US-Unternehmen zum 31.12.2003 99,6% der Stammaktien und 45,2% der Vorzugsaktien (81,1% aller ausstehenden Wella-Aktien) hielt. Die US-amerikanische Kartellbehörde hatte die Übernahme genehmigt. Die europäische Kartellbehörde hatte ebenfalls unter Auflagen zugestimmt. Dennoch blieben weitere Minderheitsaktionäre stur und blockierten die Integration von Wella in den US-amerikanischen Konzern. Im April 2004 schlossen P&G und Wella einen Beherrschungsvertrag, dem auch der Wella-Aufsichtsrat seine Zustimmung schenkte. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, dass P&G dem Vorstand von Wella Weisungen erteilen konnte. Im gleichen Zuge wurde eine Gewinnabführung vereinbart, so dass die Gewinne von Wella an das US-Unternehmen übertragen werden konnten. Den verbliebenen Aktionären wurde – wie gesetzlich vorgesehen – eine Barabfindung für ihre Aktien angeboten. Der Angebotspreis lag bei 72,86 € je Stamm- und Vorzugsaktie. Alternativ konnten die Aktionäre ihre Aktien behalten und für die Dauer des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages eine jährliche Ausgleichszahlung von 3,81 € je Stammaktie und 3,83 € je Vorzugsaktie bekommen. Wieder strebten Minderheitsaktionäre wie der Hedge-Fonds Elliot Associates sowie die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre eine gerichtliche Überprüfung an. Im Juni 2004 stimmte auch die Hauptversammlung, in der P&G über 99,6% der Stimmen verfügte, dem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag zu. Im Juli 2004 stellte daraufhin die Wella AG bei der Deutschen Börse einen Antrag auf Widerruf der Zulassung zum Prime Standard und auf Wechsel in den General Standard. Diesem Antrag wurde stattgegeben. Zudem schied Wella zum 30.10.2004 aus dem MDAX aus. Wella ist damit weiterhin amtlich notiert, unterliegt allerdings nicht mehr den mit dem Prime Standard verbundenen Zulassungsfolgepflichten, wie etwa der quartalsweisen Berichterstattung in deutscher und englischer Sprache und dem jährlichen Abhalten mindestens einer Analystenkonferenz. Doch auch der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag und die damit verbundene Leitungsmacht genügte P&G noch nicht. Daher initiierte P&G im Herbst 2005 ein so genanntes „Squeeze-Out“ der Minderheitsaktionäre, das aufgrund des Stimmrechtanteils von über 95% möglich wurde. Auf der Hauptversammlung im Dezember 2005 erfolgte – wenig überraschend – die Zustimmung zum „Squeeze-Out“. Den verbleibenden Minderheitsaktionären wurden 80,37 € für

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Procter & Gamble und Wella

jede Stamm- bzw. Vorzugsaktie geboten, und P&G wurde auf diese Weise zum Alleineigentümer von Wella.

3

Die Phase nach der Übernahme

Im Geschäftsjahr 2004 (1. Juli 2003 bis 30. Juni 2004) erzielte P&G einen Umsatz in Höhe von 51,4 Mrd. US$. 50% davon wurden in Nordamerika erzielt, 24% in Westeuropa, 5% in Nordostasien und 21% in Entwicklungsländern. In Abbildung 4 ist die Aufteilung des Umsatzes nach Geschäftsbereichen dargestellt. Der Geschäftsbereich „Beauty Care“ steuerte 33% zum Gesamtumsatz und 35% zum Nettogewinn bei. Die Wella AG konnte im ersten Halbjahr 2004 insbesondere in der Friseursparte und im Bereich Kosmetik und Duft zulegen. Wella erreichte ein Umsatzwachstum von 5%. Im Rumpfgeschäftsjahr 2004 (1. Januar bis 30. Juni 2004) wurde das Konzernergebnis von Restrukturierungskosten und Sonderaufwendungen belastet, so dass P&G als beherrschendes Unternehmen die entstandenen Verluste auszugleichen hatte. Die Integration der Wella AG in das US-Unternehmen wurde zunächst durch den andauernden Widerstand der Minderheitsaktionäre behindert, so dass nicht sicher war, ob und wann P&G endgültig an sein Ziel käme. Als „Rückfalloption“ wurde daher die Zusammenführung der Aktivitäten im Rahmen einer „kooperativen Zusammenarbeit“ über weltweite Lizenzverträge zwischen P&G und Wella vorangetrieben. P&G übernahm beispielsweise Anfang 2004 das weltweite Marketing der Wella-Produkte für den Endverbrauchermarkt. Nach Zustimmung der Hauptversammlung zum Gewinnabführungsund Beherrschungsvertrag im Juni 2004 konnte jedoch – mit fast einjähriger Verspätung – die geplante Integration der Wella AG in den P&G-Konzern fortgesetzt werden. Es wurden Maßnahmen ergriffen, Wella mit den Zielen, Überkapazitäten abzubauen und Synergien zu nutzen, in die Konzernstruktur von P&G einzugliedern. Innerhalb von P&G wurden die Teilbereiche „Düfte“ beider Unternehmen sowie das Friseurgeschäft von Wella in einem Bereich („P&G Global Prestige and Professional Care“) zusammengeführt. Heiner Gürtler übernahm zunächst die Leitung dieses Bereiches und unterstand damit direkt P&Gs CEO Alan G. Lafley. Seit Oktober 2005 wird „P&G Global Prestige and Professional Care“ von Susan E. Arnold, der Leiterin des P&G-Geschäftsbereichs Schönheitspflege, mitverantwortet, nachdem Heiner Gürtler im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand trat.

Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel

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Umsatz 2003

Nahrungsmittel und Getränke Gesundheitspflege

7%

Umsatz 2004

Nahrungsmittel und Getränke Textil- und Haushaltspflege 29%

Gesundheitspflege

Textil- und Haushaltspflege

7%

27%

13%

13%

Babypflege und Hygiene

Babypflege und Hygiene

20%

23% Schönheitspflege

Schönheitspflege

28%

33%

Abb. 4: Procter & Gambles Umsatzanteile nach Geschäftsbereichen Quelle: Procter & Gamble (2004a), S. 59, und Procter & Gamble (2004d), S. 30. Zur Realisierung der geplanten Synergien kam ein Prozess in Gang, im Laufe dessen die weltweiten Produktions- und Distributionsaktivitäten konsolidiert werden. Anvisiert ist die Zusammenlegung von Produktionsstandorten: Ein Drittel der 20 Wella-Werke, wie z.B. Fertigungsstätten in Deutschland, Indonesien, Italien und Korea, sollte geschlossen bzw. verkauft werden. Man ging davon aus, dass davon weltweit ca. 1.800 Mitarbeiter (1.300 Mitarbeiter in Produktionsstätten und 500 Mitarbeiter in der Verwaltung) betroffen sein würden. Zusätzliche Synergien sollten über die Zentralisierung der Einkaufs- und Forschungsaktivitäten erreicht werden. Des Weiteren wurde der Verkauf einzelner nationaler Marken aus dem Wella-Portfolio erwartet, da sich P&G meist auf umsatzstarke internationale Marken konzentriert. So nahmen Branchenexperten an, dass die Marken Wellaflex und Shock Waves wohl im P&G-Portfolio verbleiben würden, während Vivality und Crisan als Verkaufskandidaten galten.

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4

Procter & Gamble und Wella

Ausblick

Bis 2004 war die Übernahme von Wella durch P&G die größte Akquisition in der Unternehmensgeschichte des Konsumgütergiganten. Doch im Januar 2005 überraschte P&G mit einem Übernahmeangebot für das US-amerikanische Unternehmen Gillette. Rund 57 Mrd. US$ bot P&G über einen Aktientausch für das Unternehmen und seine Marken, wie etwa Gillette, Duracell, Oral-B und Braun. Gillette erzielte 2004 einen Umsatz von 10,5 Mrd. US$ und beschäftigte 30.000 Mitarbeiter. Mit der Übernahme machte Alan G. Lafley P&G zum weltgrößten Konsumgüterhersteller vor Unilever. Der mit einem Anteil von 10% größte Einzelaktionär von Gillette, Warren E. Buffet, erteilte seine Zustimmung unmittelbar nach der Ankündigung. Mit einem relativ hohen Aufschlag von 18% auf den Schlusskurs der Gillette-Aktie vor dem Übernahmeangebot konnten zudem auch zahlreiche weitere Aktionäre davon überzeugt werden, ihre Aktien in P&G-Aktien zu tauschen. Die Genehmigungen der US-amerikanischen und der europäischen Kartellbehörde erfolgten bis September 2005, und die Übernahmetransaktion wurde im Oktober 2005 vollzogen. P&G trieb seither die Integration der beiden Unternehmen voran, die – trotz des gemeinsamen Heimatmarktes USA – allein aufgrund der Größe von Gillette eine ausgesprochen große Herausforderung war. Ob P&G erst einmal der Konsolidierung erworbener Unternehmen Vorrang einräumte oder aber weitere Akquisitionen anvisierte, blieb damals offen. Schließlich wollte sich Alan G. Lafley, wie die Interviewausschnitte in Abbildung 5 zeigen, alle strategischen Optionen erhalten. Alan G. Lafley 2005 zur Wachstumsstrategie von Procter & Gamble „Zukäufe müssen langfristig strategischen Sinn machen. Wir beachten strikt eine Regel: Feindliche Übernahmen kommen nicht in Frage. Die Wella-Eigentümer sind zu uns gekommen…“ „Größere Zukäufe stehen nicht an. … Ich glaube nicht, dass sich Beiersdorf morgen meldet.“ „Trotz der Zukäufe war in den vergangenen Jahren der größere Teil unserer Zuwächse organisch. Andererseits standen Clairol, Wella und Gillette bereits 1998 auf einer internen Liste möglicher Übernahmeziele. Und wenn ein Unternehmen zum Verkauf steht, das zu unserer Strategie passt, dann greifen wir zu.“ „Unsere größten 16 Marken erzielen etwas mehr als 60 Prozent unserer Erlöse. Obwohl wir mit der Akquisition von Wella einige lokale Marken eingekauft haben, werden wir uns auf größere Namen konzentrieren. Wir brauchen eine kritische Masse.“ „Wenn die Umsätze nicht um 4 Prozent jährlich wachsen und die Gewinne um 10 Prozent zulegen, überlegen wir, die Lebensmittelsparten aufzugeben.“

Abb. 5: Interviewaussagen von Alan G. Lafley Quelle: Balzer/Rickens (2005), S. 70 und 72, und Jahn/Schneider (2005), S. 47-48.

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375

Fragen und Aufgaben 1.

Procter & Gamble boten sich unterschiedliche Möglichkeiten, seine Geschäftsaktivitäten zu erweitern. Eine der Möglichkeiten stellte die gewählte grenzüberschreitende Akquisition dar. a) Wie kann die Art der Akquisition von Wella durch Procter & Gamble näher charakterisiert werden? b) Welche Motive lagen der Akquisition von Wella durch Procter & Gamble zu Grunde? c) Welche Vor- und Nachteile hat die Akquisition von Wella durch Procter & Gamble im Vergleich zu internem Wachstum?

2.

Die Erzielung von Synergieeffekten ist das Ziel zahlreicher Unternehmensübernahmen. a) Welche Arten von Synergien lassen sich – unabhängig vom vorliegenden Fall – unterscheiden? b) Welche Arten von Synergien können durch die Integration von Wella in den Konzern Procter & Gamble realisiert werden? In welchen Bereichen sehen Sie die größten Synergiepotentiale? c) Welche Hindernisse können die Realisierung des prognostizierten Synergievolumens in Höhe von 300 Mio. € gefährden?

3.

Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für Unternehmensakquisitionen in Deutschland. Besorgen Sie sich bitte den Gesetzestext und beantworten Sie auf dessen Basis nachfolgende Fragen. a) Zu welchen allgemeinen Grundsätzen für den Wertpapiererwerb und eine Übernahme verpflichtet das Gesetz? b) Ab wann ist ein Unternehmen, wie Procter & Gamble, verpflichtet, ein öffentliches Angebot für ein Akquisitionsobjekt, wie Wella, abzugeben? c) Wen musste Procter & Gamble über das Übernahmeangebot informieren, und welchen Bedingungen musste das Übernahmeangebot genügen?

4.

Das Grundkapital der Wella AG war vor der Übernahme in 67.517.346 Stückaktien eingeteilt. Davon sind 44.135.676 Aktien Stammaktien und 23.381.670 Aktien Vorzugsaktien. a) Welcher Wert für das gesamte Aktienkapital der Wella AG ergibt sich beim ersten Angebot von Procter & Gamble?

376

Procter & Gamble und Wella b) Wie lässt sich die Ungleichbehandlung von Vorzugs- und Stammaktien erklären? Bei Bedarf können Sie Hintergrundinformationen zu Vorzugs- und Stammaktien im Aktiengesetz finden: §§ 134, 139, 140 AktG. c) Welchen Kaufpreis hätte Procter & Gamble insgesamt für die Wella AG bezahlt, wenn alle verbleibenden Minderheitsaktionäre das Abfindungsangebot in Höhe von 72,86 € je Stamm- und Vorzugsaktie angenommen hätten?

5.

Die Hauptversammlung der Wella AG beschloss im Dezember 2005 ein so genanntes „Squeeze-Out“ der Minderheitsaktionäre. Beantworten Sie bitte auf Basis des im Aktiengesetz geregelten „Ausschlusses von Minderheitsaktionären“ (§§ 327a ff. AktG) nachfolgende Fragen. a) Wer kann einen Ausschluss der Minderheitsaktionäre verlangen? b) Welche Voraussetzungen sind für einen Ausschluss der Minderheitsaktionäre zu erfüllen? c) Welche Möglichkeiten stehen einem Minderheitsaktionär im Rahmen eines „Squeeze-Outs“ zur Verfügung, wenn er seinen Ausschluss verhindern möchte? d) Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Minderheitsaktionär von Wella und haben die Angebote von Procter & Gamble bislang abgelehnt. Wie hätten Sie auf den Hauptversammlungsbeschluss zum Squeeze-Out vom 14.12.2005 reagiert?

6.

Im Fallstudientext ist die Rede davon, dass die Akquisition von Wella auch Gegenstand der Überprüfung durch Kartellbehörden war. a) Warum schalten sich bei Akquisitionen oftmals Kartellbehören ein? b) Welche Auflagen machten die europäischen Kartellbehörden Procter & Gamble vor der Genehmigung der Akquisition? Suchen Sie bitte die entsprechenden – nicht im Fall erwähnten – Informationen, indem Sie sich anderer Quellen bedienen. c) Identifizieren Sie bitte drei weitere grenzüberschreitende Akquisitionen Ihrer Wahl, in denen sich die Kartellbehörden eingeschaltet haben. Recherchieren Sie bitte, welche Auflagen die Kartellbehörden in diesen Fällen erteilt haben, und beurteilen Sie dann, ob die Auflagen für Procter & Gamble Ihrer Meinung nach angemessen oder unangemessen waren.

7.

Bei Akquisitionen können die beteiligten Anspruchsgruppen divergierende Interessen und Ansichten haben. Dies trifft auch im Fall der Übernahme von Wella durch Procter & Gamble zu. a) Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Mitarbeiter der Wella AG. Würden Sie die Übernahme von Wella durch Procter & Gamble als freundlich oder feindlich beurteilen? Begründen Sie bitte Ihre Aussage.

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b) Wählen Sie bitte zwei weitere Anspruchsgruppen aus (z.B. Konsumenten, Einzelhandel, Lizenzgeber, Lieferanten, Staat) und diskutieren Sie die Einschätzung der Akquisition aus Sicht dieser Anspruchsgruppen. 8.

Procter & Gamble und Wella unterscheiden sich in ihrer Unternehmenskultur. a) Worin könnten zentrale Unterschiede in der Unternehmenskultur von Procter & Gamble und Wella liegen, die auf die jeweilige Landeskultur zurückzuführen sind? Nutzen Sie für den Vergleich die von Hofstede und Trompenaars in ihren Studien ermittelten Kulturdimensionen und deren Ausprägungen. b) Es gibt unterschiedliche Varianten der Akkulturation von Akquisitionen. Welche Form der Akkulturation verfolgte Procter & Gamble vermutlich zur Integration von Wella? Von welchen Alternativen der Akkulturation wurde dagegen vermutlich abgesehen? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung.

9.

Die Wella AG wurde ab 2004 in den Procter & Gamble-Konzern integriert. Bei Integrationen kann es einerseits zu Widerständen im Kreise der Mitarbeiter kommen, andererseits können die beiden Unternehmen voneinander lernen. a) Stellen Sie sich bitte vor, Sie wären damals im Integrations-Team von Procter & Gamble gewesen. Wie hätten Sie einen Wella-Mitarbeiter von der Vorteilhaftigkeit der Akquisition durch Procter & Gamble überzeugt? b) Entscheiden Sie sich bitte Ihren Interessen entsprechend für einen der Funktionalbereiche Marketing/Vertrieb, Personal oder Controlling bzw. die Management-Ebene eines Werkes und beantworten Sie die jeweilige Frage. Nehmen Sie dabei an, dass Sie sich im Jahr 2004 befinden. Marketing/ Vertrieb

Stellen Sie sich vor, Sie sind im Marketing- und Vertriebsbereich der Wella AG beschäftigt. In allen großen deutschen Städten werden „Wella-Showrooms" unterhalten. Dort organisieren Sie seit langem Schulungs- und Weiterbildungsveranstaltungen für Friseure, bei denen diese von Starfriseuren lernen können und direkt mit Wella-Produkten arbeiten. P&G-Vertreter haben angedeutet, dass ihnen diese „Marketing- und Vertriebsmaßnahmen" zu kostenintensiv sind. Sie setzen eher auf Außendienstler, die im Jahresrhythmus neue Produkte in zentral gelegenen Friseursalons vorstellen. Wie überzeugen Sie die P&G-Mitarbeiter von Ihren bewährten Initiativen? Welche Daten und Unterlagen benötigen Sie zur Unterstützung Ihrer Argumentation?

Personal

Stellen Sie sich vor, Sie sind in der Personalabteilung der Wella AG beschäftigt. Als Auswahlverfahren für Ihr Traineeprogramm führen Sie ein Assessment Center mit Gruppenarbeiten, Präsentationen und simulierten Verkaufsgesprächen durch, das sich innerhalb der letzten Jahre sehr gut bewährt hat. Ihre neue Kollegin von Procter & Gamble skizziert Ihnen das dortige Auswahlverfahren. Bei P&G muss jeder Bewerber zunächst an einem logischmathematischen Test sowie einem Test zum Textverständnis teilnehmen. Danach folgen Einzelinterviews, deren Anzahl mit dem Einstiegslevel variiert. Für ein Angebot müssen die Tests bestanden werden und sämtliche Einzelinterviews erfolgreich verlaufen. Was halten Sie von dem P&G-Auswahlverfahren? Welche Vorteile sehen Sie in Ihrem Assessment Center? Welche Position vertreten Sie schließlich gegenüber Ihrer Kollegin von Procter & Gamble?

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Procter & Gamble und Wella Controlling

Stellen Sie sich vor, Sie sind bisher in der rein funktional aufgestellten Controllingabteilung der Wella AG tätig. Nach der Übernahme wird Ihnen eine Stelle im Finance-Bereich von Procter & Gamble angeboten. Dort würden Sie in einem Team mit einem Marketingspezialisten, einem Einkäufer und einem Chemiker aus der Produktentwicklung die Produktsparte „Haarfärbemittel" verantworten. Welche Chancen und Risiken bietet Ihnen das Angebot? Nehmen Sie es an?

Management eines Werkes

Stellen Sie sich vor, Sie sind Werksleiter des Werks Huenfeld, das zur WellaTochter Ondal gehört und 1.170 Mitarbeiter beschäftigt. Im Werk Huenfeld werden friseurtechnische Geräte, wie z.B. Trockenhauben, hergestellt. Nach der Übernahme wird ein Projekt zur Effizienzsteigerung initiiert, das im Ergebnis die Einsparung von 80 Mitarbeitern fordert. Wie planen Sie, das vorgegebene Ziel zu erreichen? Welche Vorschläge bereiten Sie für die Verhandlungen mit dem Betriebsrat des Werkes vor?

10. Nach der Übernahme der Wella-Gruppe akquirierte Procter & Gamble das US-Unternehmen Gillette. a) Zeichnen Sie bitte mit Hilfe von Unternehmensveröffentlichungen, Presseartikeln und Informationen aus dem Internet den Übernahmeprozess von Gillette durch Procter & Gamble nach. b) Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sehen Sie zur Übernahme der Wella AG? c) Welche der Übernahmen halten Sie im Rückblick – aus heutiger Sicht – für erfolgreicher? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung und gehen Sie dabei auch auf die Problematik der Erfolgsbeurteilung von Akquisitionen ein. 11. Procter & Gamble vergrößert sich nicht nur über Akquisitionen, sondern verkauft auch häufig Tochtergesellschaften, Unternehmensteile und/oder Marken und desinvestiert somit in Teilbereichen. Im Dezember 2006 erwarb so das deutsche Parfümhaus Mäurer & Wirtz die Marken 4711, Tosca, Sir Irisch Moos und Extase von Procter & Gamble. Drei Monate später übernahm der schwedische Hygienepapierhersteller SCA das Europa-Hygienegeschäft von Procter & Gamble. a) Welche Vorteile erhofft sich Procter & Gamble Ihrer Auffassung nach aus derartigen Verkäufen? b) Überlegen Sie, welche Kriterien Procter & Gamble zur Bewertung einzelner Einheiten und/oder Marken heranziehen könnte. Bitte erstellen Sie ein Kriterienraster für Procter & Gamble.

Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel

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12. Nachfolgend finden Sie einen Zeitungsausschnitt, in dem die Karriere eines Mitarbeiters von Procter & Gamble beschrieben wird: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.05.2007: „Ein Deutscher in Amerika – Werner Geissler steigt bei Procter & Gamble auf“, S. 21. „Internationale Konzerne ermöglichen internationale Karrieren, und so durchlief Werner Geissler fast alle Zeitzonen. Die Standorte hießen zuletzt Los Angeles und Istanbul, Kobe und Genf. Nun löst der in Köln ausgebildete Betriebswirt in Cincinnati, der Zentrale von Procter & Gamble, das ein, was ihm der Konsumgüterkonzern 1979 in einer Anzeige im Stellenmarkt dieser Zeitung versprochen hatte: „Wir suchen den General Manager von morgen.“ Geissler hatte es gelockt, dass allein Leistung zählt. Von diesem Sommer an wird er als Vice Chairman und damit als einer der Stellvertreter des Verwaltungsratsvorsitzenden (Chairman) und CEO Alan Lafley für alle „globalen Operationen“ zuständig sein. Konkret hat er für die Maximierung der Marktanteile und Umsätze aller Produkte des Konzerns zu sorgen. In diesem Jahr erwirtschaften die mehr als 100 Markenprodukte des Konzerns - sie reichen von Pampers über Olay zu Wella und Gillette - einen Umsatz von 76 Milliarden Dollar. Bislang war Geissler für einzelne Produkte und Regionen zuständig, nun übernimmt er eine globale Verantwortung. Begonnen hatte es ganz klein, in Schwalbach bei Frankfurt, am Sitz der deutschen Tochtergesellschaft. Der Berufseinsteiger hatte die Farbe des Waschmittels „Meister Proper“ von Grün auf Gelb umzustellen. 1987 wurde er Marketingdirektor für die Niederlande, wo er auch gesellschaftlich Anerkennung fand: Die Rotterdamer Kneipe de Pijp, die im Zweiten Weltkrieg Sitz des Widerstands war, ernannte ihn als ersten und bisher einzigen Deutschen zum Ehrenmitglied. Zurück im wiedervereinten Deutschland war er für das Waschmittelgeschäft verantwortlich. In die neuen Bundesländer wollte er nicht die westdeutsche Werbung übertragen. Er zog es vor, bei Hausbesuchen selbst herauszufinden, was die Kunden denken. Zum Sprungbrett für Kalifornien wurde, dass er in Deutschland für die Produkte von Ellen Betrix und Max Factorein bahnbrechendes Werbekonzept entwickelte. Danach integrierte er in Los Angeles das neu erworbene Parfümgeschäft von „Georgio Beverly Hills“ in den Konzern. Von 1998 bis 2001 machte Geissler die Türkei, die auch für den Kaukasus und Zentralasien zuständig ist, zur profitabelsten Tochtergesellschaft des Konzerns, und in Japan sorgte er dafür, dass das Mengenwachstum in dem schwierigen Markt 16 Quartale lang zweistellig war. Dass die Japaner als die anspruchsvollsten Verbraucher gelten, nutzte er als Chance zur Weiterentwicklung von Produkten. In Genf hatte er zuletzt die Gesamtverantwortung für die 105 Länder in Zentral- und Osteuropa, im Nahen Osten und in Afrika, die Region, die im Konzern am schnellsten wächst. Geissler wehrt ab. Nein, nicht im Jahr 28 seiner Karriere erreiche er den Zenit. Vielmehr übernehme er im Jahr 140 seit der Gründung des Konzerns Verantwortung von seinem Vorgänger. Er wolle das Erreichte weiterentwickeln und es irgendwann in besserem Zustand übergeben. Zentraler Begriff ist für ihn nicht das schnelle Geschäft, sondern die Nachhaltigkeit, der dauerhafte Erfolg. Wichtig ist Substanz, nicht Flamboyanz. Seinen Erfolg begründet Geissler, der ein humanistisches Gymnasium besucht hatte, mit der Befolgung des Kantschen Imperativs und der Menschenführung, der er die Hälfte jeden Erfolgs zuschreibt. Allein könne man keinen Erfolg haben, auch die anderen müssten an das Ziel glauben. Zudem müsse man in der Lage sein, sich auf die wichtigsten Aufgaben zu fokussieren, und man müsse sich bei aller Komplexität der Wirklichkeit die Gabe bewahren, strategisch zu denken. Völlig verschiedene Unternehmenskulturen diesseits und jenseits des Pazifiks sieht Geissler nicht. Spitzenunternehmen würden nach den gleichen Prinzipien geführt. Aus der Heimat wird sich Geissler, der verheirateter Vater zweier Töchter ist, aber weiter den badischen Wein kommen lassen. Gewiss fehlen werden ihm im flachen Cincinnati die Berge Japans und die Schweizer Alpen. In ihnen hatte er sich auf einem Mountainbike fit gehalten und seine physischen Grenzen getestet. Dafür stehen ihm nun die Weiten des Mittleren Westens offen.“

Quelle: Hermann, Rainer (2007): Ein Deutscher in Amerika – Werner Geissler steigt bei Procter & Gamble auf. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.05.2007, S. 21.

380

Procter & Gamble und Wella a) Welche Vorteile verspricht sich Procter & Gamble von Managern wie Werner Geissler, die im Laufe ihrer Karriere in unterschiedlichen Funktionen und Ländern für den Konzern tätig sind? b) Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der von Procter & Gamble praktizierten Personalpolitik, die auf langjährige unternehmensinterne Karrieren setzt, und den Argumenten des nachfolgend genannten Artikels? Bitte begründen Sie Ihre Meinung. ҜSoeters, Joseph L. (1986): Excellent Companies as Social Movements. In: Journal of Management Studies, 23. Jg., Nr. 3, 1986, S. 299-312.

13. Die UNCTAD errechnet seit Jahren für viele Unternehmen den so genannten Transnationality-Index (TNI). Procter & Gamble kommt im Jahre 2009 auf einen TNIndexwert von 60,9%. Finden Sie nachfolgend eine ausführliche Tabelle, welche für 100 Unternehmen die TN-Indexwerte wieder gibt. a) Bitte erläutern Sie – unabhängig von Procter & Gamble und den präsentierten Daten – ausführlich, was man unter dem TNI versteht und wie sich dieser zusammensetzt. Gehen Sie dann auch darauf ein, ob der TNI die Internationalität eines Unternehmens umfassend abbildet. b) Ist die Position von Procter & Gamble innerhalb der aufgelisteten Unternehmen für Sie überraschend? Hätten Sie – vor Lektüre der Tabelle – intuitiv Procter & Gamble eine höhere oder niedrigere Position zugeschrieben? Bitte begründen Sie Ihre Meinung ausführlich. c) Oftmals wird in der Literatur zum Internationalen Management ein Zusammenhang zwischen Internationalität einerseits und Erfolg andererseits zu ermitteln versucht. Gibt es Ihrer Meinung nach einen linearen Zusammenhang nach der Maxime „Je mehr Internationalität, umso größer der Erfolg eines Unternehmens“? Bitte nehmen Sie begründet Stellung.

TNI %

94.1 89.5 89.4 88.8 88.1 87.0 86.6 85.2 84.2 83.8 83.7 83.2 82.7 82.6 82.4 82.3 82.2 81.9 81.0 80.8 79.9 79.9 79.9 79.3 78.5 74.5 74.2 74.0 73.7 73.1 73.0 72.2 72.0 71.9 71.3 70.4 70.1 70.0 69.3 68.6

TNI Rank

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

Xstrata PLC Linde AG ArcelorMittal Pernod Ricard SA WPP Group Plc Vodafone Group Plc c Nestlé SA AkzoNobel Nokia Thomson Reuters Corporation Anglo Americanc AstraZeneca Plc Hutchison Whampoa Limited Lafarge SA Philips Electronics Honda Motor Co Ltd Cemex S.A. c Inbev SA Volvo AB Liberty Global Inc CRH Plc c Roche Group British Petroleum Company Plc AES Corporation c SAB Miller Total BAE Systems Plc Diageo Plc Eads c Unilever LVMH Moët-Hennessy L.V. SA Coca-Cola Company Siemens AG Compagnie De Saint-Gobain SA Royal Dutch/Shell Group Telenor Asa TeliaSonera AB Telefónica SA Suez BHP Billiton Group

Corporation United Kingdom Germany Luxembourg France United Kingdom United Kingdom Switzerland Netherlands Finland Canada United Kingdom United Kingdom Hong Kong, China France Netherlands Japan Mexico Netherlands Sweden United States Ireland Switzerland United Kingdom United States United Kingdom France United Kingdom United Kingdom Netherlands Netherlands/UK France United States Germany France Netherlands/UK Telenor Asa Sweden Spain France Australia

Country Mining & quarrying Chemicals Metals and metal products Food, beverages and tobacco Other business services Telecommunications Food, beverages and tobacco Pharmaceuticals Telecommunications Other business services Mining & quarrying Pharmaceuticals Diversified Non-metallic mineral products Electrical & electronic equipment Motor vehicles Non-metalic mineral products Food, beverages and tobacco Motor vehicles Telecommunications Non-metalic mineral products Pharmaceuticals Petroleum expl./ref./distr. Electricity, gas and water Food, beverages and tobacco Petroleum expl./ref./distr. Aircrafts and parts Food, beverages and tobacco Aircraft and parts Diversified Other consumer goods Food, beverages and tobacco Electrical & electronic equipment Non-metallic mineral products Petroleum expl./ref./distr: Telecommunications Telecommunications Telecommunications Electricity, gas and water Mining & quarrying

a

Industry 50.0 33.4 119.5 24.6 30.7 230.6 65.7 22.8 43.1 22.0 36.6 35.4 83.4 35.9 35.0 83.2 44.3 34.9 38.2 30.8 27.5 58.8 185.3 23.4 28.1 143.8 32.3 27.4 75.1 29.6 30.7 29.3 103.1 43.6 196.8 22.1 28.0 107.6 90.7 39.9

Foreign 52.2 36.7 133.6 27.1 34.6 254.9 101.9 28.3 55.4 22.8 44.8 48.0 102.4 41.7 53.5 110.7 49.9 42.2 50.2 32.6 29.1 69.5 236.1 34.5 35.8 167.1 40.6 32.1 111.1 54.9 51.1 43.3 134.8 60.6 269.5 29.7 33.8 155.9 116.5 75.9

Total

Assets (Billion US-$) 25.9 16.3 105.2 8.9 10.6 60.3 94.1 13.0 74.7 7.1 20.5 27.6 33.3 22.0 37.7 87.3 18.0 16.2 42.3 8.0 28.8 40.6 223.2 10.9 16.2 177.8 22.3 18.3 52.5 53.6 21.8 18.3 76.0 44.9 207.3 11.2 9.4 52.1 52.3 53.6

Foreign 28.5 18.1 105.2 9.7 12.4 71.1 95.6 15.0 75.2 7.3 25.5 29.6 39.6 25.9 39.4 105.3 21.8 21.2 44.5 9.0 30.9 41.0 284.4 13.6 21.4 233.7 28.7 21.3 57.6 59.2 25.4 28.9 106.7 63.9 355.8 17.1 15.0 83.1 69.9 59.5

Total

Sales (Billion US-$) 36,175 44,477 244,872 14,800 76,305 62,008 b 267,264 37,700 75,836 18,911 89,000 56,100 190,428 b 53,167 106,715 158,962 50,041 77,209 73,040 12,951 47,771 44,094 80,600 b 25,106 56,195 59,146 57,459 b 12,432 72,471 131,000 54,771 77,300 272,000 151,085 86,000 25,600 18,374 192,127 82,070 26,306

Foreign 37,698 50,645 311,000 17,625 84,848 72,375 276,000 42,600 100,534 33,000 100,000 67,900 230,000 69,319 123,801 178,96 66,612 88,690 101,700 22,000 92,033 78,604 97,600 28,000 69,116 96,442 88,000 24,373 116,493 175,000 74,834 90,500 398,000 205,730 104,000 35,800 28,376 245,427 149,131 41,732

Total

Number of Employees

Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel

Quelle: Daten aus UNCTAD (2009): World Investment Report 2009. Eigenverlag der Vereinten Nationen, New York, Genf, 2009, S. 225-227 (Teil 1).

381

TNI %

68.0 67.7 66.5 64.5 64.5 62.4 62.1 61.3 61.0 60.9 60.5 60.0 59.6 58.8 58.7 58.0 57.9 57.8 56.9 56.4 56.2 56.0 55.5 55.4 55.3 54.5 54.5 53.8 53.6 53.6 53.5 53.1 52.0 52.0 51.9 51.4 51.4 51.4 51.3 51.3

TNI Rank

41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80

ExxonMobil c Holcim AG Mitsui & Co Ltd Pinault-Printemps Redoute SA Fiat Spa c British American Tobacco Plc Nissan Motor Co Ltd Veolia Environnement SA Sony Corporation Procter & Gamble Alcoa c Novartis c Sanofi-aventis Hewlett-Packard IBM Chevron Corporation BASF AG Metro AG Volkswagen Group National Grid Transco BMW AG Glaxosmithkline Plcc DaimlerChrysler AG LG Corp. United Technologies Corporation Thyssenkrupp AG d Dow Chemical Company Eni Group E.ON AG Carrefour SA Pfizer Inc Renault SA Repsol YPF SA France Telecom Toyota Motor Corporation General Electric Johnson & Johnson Ford Motor Company Vivendi Universal Marubeni Corporation

Corporation United States Switzerland Japan France Italy United Kingdom Japan France Japan United States United States Switzerland France United States United States United States Germany Germany Germany United Kingdom Germany United Kingdom Germany/US Republic of Korea United States Germany United States Italy Germany France United States France Spain France Japan United States United States United States France Japan

Country Petroleum expl./ref./distr. Non-metallic mineral products Wholesale trade Wholesale trade Motor vehicles Food, beverages and tobacco Motor vehicles Electricity, gas and water Electrical & electronic equipment Diversified Metals and metal products Pharmaceuticals Pharmaceuticals Electrical & electronic equipment Electrical & electronic equipment Petroleum expl./ref./distr. Chemicals Retail Motor vehicles Electricity, gas and water Motor vehicles Pharmaceuticals Motor vehicles Electrical & electronic equipment Aircrafts and parts Metal and metal products Chemicals Petroleum expl./ref./distr. Electricity, gas and water Retail Pharmaceuticals Motor vehicles Petroleum expl./ref./distr. Telecommunications Motor vehicles Electrical & electronic equipment Pharmaceuticals Motor vehicles Diversified Wholesale trade

Industrya 174.7 28.7 50.4 30.4 54.3 23.1 61.7 43.7 45.4 70.2 28.0 23.5 53.8 39.5 57.7 97.5 44.6 29.6 104.4 36.7 84.4 28.1 100.5 30.5 26.4 24.6 23.1 78.4 123.4 28.5 54.4 40.2 38.7 97.0 153.4 420.3 39.4 127.9 31.7 28.1

Foreign 242.1 42.8 85.0 41.5 88.5 37.5 104.7 68.2 110.1 144.0 38.8 75.5 105.9 88.7 120.4 148.8 68.9 49.9 214.0 75.8 131.0 62.1 198.9 57.8 54.6 56.0 48.8 149.4 202.1 76.4 115.3 100.4 69.4 149.0 284.7 795.3 81.0 276.5 66.4 45.7

Total

Assets (Billion US-$) 269.2 14.9 22.9 17.1 62.8 31.8 72.5 27.0 58.8 50.5 13.8 37.6 23.4 69.5 62.3 120.1 49.5 56.0 120.8 13.3 64.9 31.0 113.1 50.4 28.1 48.8 35.2 73.5 41.4 65.5 25.3 40.6 39.2 37.0 145.8 86.5 28.7 91.6 12.2 11.4

Foreign 390.3 24.0 50.3 29.1 86.2 52.6 94.9 48.0 77.8 83.5 30.7 38.1 41.3 104.3 98.8 214.1 85.3 94.7 160.3 22.9 82.5 45.5 146.3 81.5 54.8 76.1 53.5 128.5 101.2 120.9 48.4 59.9 76.7 78.0 230.6 172.7 61.1 172.5 31.9 36.5

Total

Sales (Billion US-$) 50,904 66,459 40,425 56,977 109,476 34,994 92,122 202,884 119,500 101,220 69,000 49,260 70,903 112,367 251,262 34,000 48,285 138,973 153,388 17,150 27,376 56,614 105,703 40,688 148,896 106,351 23,100 39,319 53,344 339,135 b 52,859 67,092 18,074 81,159 121,775 168,112 69,994 134,734 31,881 2,289

Foreign

80,800 89,364 42,621 92,454 185,227 53,907 180,535 319,502 180,500 138,000 107,000 98,200 99,495 172,000 386,558 65,000 95,175 253,769 328,594 27,373 107,539 103,483 272,382 79,000 225,600 191,350 45,900 75,862 90,758 490,042 86,600 130,179 36,701 187,331 316,121 327,000 119,200 246,000 37,223 3,729

Total

Number of Employees

382 Procter & Gamble und Wella

Quelle: Daten aus UNCTAD (2009): World Investment Report 2009. Eigenverlag der Vereinten Nationen, New York, Genf, 2009, S. 225-227 (Teil 2).

Rio Tinto Plc Japan Tobacco Inc Kraft Foods Inc. General Motors Deutsche Telekom AG Samsung Electronics Co., Ltd. Endesa Itochu Corporation Deutsche Post AG ConocoPhillips c Bayer AG RWE Group Mitsubishi Motors Corporation Electricité De France Statoil Asa Hitachi Ltd Wal-Mart Stores Hyundai Motor Company Petronas - Petroliam Nasional CITIC Group

e

Corporation Australia/UK Japan United States United States Germany Republic of Korea Spain Japan Germany United States Germany Germany Japan France Norway Japan United States Republic of Korea Malaysia China

Country Mining & quarrying Food, beverages and tobacco Food, beverages and tobacco Motor vehicles Telecommunications Electrical & electronic equipment Electricity, gas and water Wholesale trade Transport and storage Petroleum expl./ref./distr. Pharmaceuticals Electricity, gas and water Motor vehicles Electricity, gas and water Petroleum expl./ref./distr. Electrical & electronic equipment Retail Motor vehicles Petroleum expl./ref./distr. Diversified

a

Industry 50.6 34.4 29.7 61.5 96.0 29.2 55.1 22.1 68.3 103.5 24.6 56.1 54.6 129.0 34.3 24.8 63.0 25.9 27.4 25.5

Foreign 101.4 44.6 68.0 148.9 177.6 99.7 120.2 46.1 346.6 177.8 75.6 123.1 103.1 274.0 89.3 92.4 163.5 89.6 102.6 180.9

Total

Assets (Billion US-$) 15.6 23.2 15.7 80.6 46.8 82.7 16.0 10.9 56.7 56.0 24.7 26.0 43.4 40.3 25.0 33.8 90.6 33.7 27.2 3.3

Foreign 33.5 56.2 37.2 181.1 92.0 105.2 36.9 25.1 93.5 187.4 47.7 62.6 202.7 87.8 96.4 98.5 374.5 74.4 67.5 15.0

Total

Sales (Billion US-$) 24,653 14,251 62,000 158,975 92,488 29,097 14,229 23,324 279,523 b 14,591 50,000 25,156 b 20,683 16,971 b 11,000 120,982 635,000 b 5,178 3,965 18,305

Foreign 45,997 47,459 103,000 266,000 241,426 84,721 27,019 48,657 475,100 32,600 106,200 63,439 60,664 154,033 29,500 347,810 2,055,000 5,178 36,027 107,340

Total

Number of Employees

Note: The list covers non-financial TNCs of 2007 only. In some companies, foreign investors may hold a minority share of more than 10%. All data are based on the companies’ annual reports unless otherwise stated.

Industry classification for companies follows the United States Standard Industrial Classification as used by the United States Securities and Exchange Commission (SEC). In the number of cases foreign employment data are calculated by applying the share of foreign employment in total employment of the previous year to total employment of 2007. Data for foreign activities are outside Europe. Data for foreign activities are outside of North America. Data for foreign activities are outside Australia, New Zealand and Europe.

50.0 49.5 48.7 48.5 47.8 47.4 47.3 46.5 46.4 44.3 43.8 42.3 36.2 34.7 33.9 32.0 31.2 27.9 26.0 17.7

81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100

a. b. c. d. e.

TNI %

TNI Rank

Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel 383

Quelle: Daten aus UNCTAD (2009): World Investment Report 2009. Eigenverlag der Vereinten Nationen, New York, Genf, 2009, S. 225-227 (Teil 3).

384

Procter & Gamble und Wella

14. Im Jahr 2010 kaufte Procter & Gamble die Geschäftssparte für Lufterfrischer von Sara Lee, zu der unter anderem die Marke AmbiPur gehört. Lesen Sie dazu den folgenden Zeitungsausschnitt: Handelsblatt, 10.12.2009: „Procter & Gamble kauft Sara Lee – Der US-Konsumgütermulti wagt sich in neue Geschäftsbereiche vor“, S. 27. „Der weltweit größte Konsumgüterhersteller Procter & Gamble bastelt an seinem Produktportfolio. Wie am Mittwoch bekannt wurde, steht der Konzern aus Cincinnati kurz vor der Übernahme des Geschäftes mit Lufterfrischern von Sara Lee. Zu der Duftsparte gehört unter anderem die Marke AmbiPur, mit der Sara Lee im Jahr knapp 500 Mio. Dollar umsetzt. Für die Übernahme, die dem „Wallstreet Journal“ zufolge in den nächsten Tagen erfolgen soll, ist Procter bereit, bis zu 700 Mio. Dollar auf den Tisch zu legen. Der Grund dürfte darin liegen, dass sich die Konsumgüterkonzerne neu orientieren müssen. Die wichtigsten Absatzmärkte in Europa und den USA sind bei Produkten wie Shampoos, Windeln, Zahnpasta und Kosmetik gesättigt. „Vor allem aus dem klassischen Waschmittelgeschäft kann nicht mehr soviel Wachstum erzielt werden“, sagt Sebastian Frericks, Analyst beim Bankhaus Metzler. Mit dem Erwerb von Sara Lee wagt Procter sich in ein Nischensegment, das laut Frericks gute Margen verspricht. Allerdings tummeln sich hier bereits auch andere Konsumgüterhersteller. Henkel etwa hat erst im September einen WC-Frische-Kreisel auf den deutschen Markt gebracht, der, an der Klorolle pappend, Zitrusduft verströmen soll. Auch in Amerika vertreibt der Konzern unter der Marke Renuzit erfolgreich Lufterfrischer. Der Deal von Procter und Sara Lee sei „eine gute Erweiterung, um für mehr Wachstumsimpulse zu sorgen“, sagt Analyst Frericks. Über die Fusion war bereits Ende Oktober spekuliert worden. Auch Procter-Konkurrent S.C. Johnson & Son Inc soll Interesse bekundet, sich aber nicht durchgesetzt haben. Sara Lee will sich künftig ganz auf das Geschäft mit Lebensmitteln und Getränken konzentrieren und hat deshalb bereits auch andere Unternehmensteile zum Verkauf gestellt. Das Körperpflegegeschäft mit Marken wie Duschdas, Badedas oder Sanex ging im September für 1,9 Mrd. Dollar an den britisch-niederländischen Konzern Unilever. Weder Sara Lee noch Procter & Gamble wollten zu den Vorgängen Stellung nehmen. Auch bei der in Racine ansässigen S.C. Johnson war niemand für einen Kommentar zu erreichen.“

Quelle: Weissenborn, Christine (2009): Procter & Gamble kauft Sara Lee – Der USKonsumgütermulti wagt sich in neue Geschäftsbereiche vor. In: Handelsblatt, 10.12.2009, S. 27. a) Fassen Sie bitte zunächst die bereits im Zeitungsausschnitt genannten Gründe und Motive zusamen, die für Procter & Gamble hinter dieser Akquisition stehen. Könnte es – über den Zeitungsausschnitt hinaus – noch weitere Gründe und Motive geben, die für Procter & Gamble relevant gewesen sein könnten? b) Wie kann die Art der von Procter & Gamble hier getätigten Akquisition näher charakterisiert werden? Hätte sich Procter & Gamble Ihrer Meinung nach für eine andere Art der Akquisition entscheiden können bzw. müssen, um die unter a) von Ihnen herausgearbeiteten Gründe und Motive zu realisieren? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.

Nach einem Übernahmemarathon endlich am Ziel

385

15. Es wird immer wieder kritisch diskutiert, ob die kulturelle Nähe bzw. die kulturelle Distanz zwischen Käufer und Kaufobjekt einen Einfluss auf den Akquisitionserfolg hat. Bitte lesen Sie folgenden Artikel: Chakrabarti, Rajesh/Gupta-Mukherjee, Swasti/Jayaraman, Narayanan (2009): Mars-Venus Marriages: Culture and Cross-Border M&A. In: Journal of International Business Studies, 40. Jg., Nr. 2, 2009, S. 216-236.

a) Wie wird im genannten Artikel von den Autoren die kulturelle Nähe bzw. die kulturelle Distanz gemessen? b) Welche Hauptergebnisse erzielen die Autoren in ihrem Artikel im Hinblick auf die Zusammenhänge zwischen kultureller Nähe bzw. kultureller Distanz und Erfolg? c) Wie würden Sie den Erfolg der Akquisition von Wella durch Procter & Gamble beurteilen? Steht Ihre Aussage im Einklang oder im Widerspruch zu den Ergebnissen des Artikels? 16. Bartlett/Ghoshal differenzieren zwischen internationalen, multinationalen, globalen und transnationalen Unternehmen. a) Bitte erläutern Sie die einzelnen Unternehmenstypen von Bartlett/Ghoshal – unabhängig vom Fall – anhand geeigneter Kriterien. b) Wie würden Sie Procter & Gamble in die Typologie von Bartlett/Ghoshal einordnen? Beschaffen Sie sich bei Bedarf bitte weitere Informationen über Strategie, Struktur und Kultur von Procter & Gamble. c) Würden Sie als Unternehmensberater Procter & Gamble für die Zukunft eine Veränderung im Hinblick auf die Bartlett/Ghoshalsche Ausrichtung empfehlen? Bitte begründen Sie Ihre Meinung ausführlich.

Renault und Nissan Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Swantje Hartmann Stefan Schmid und Swantje Hartmann Renault und Nissan: Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

Die Allianz zwischen Renault und Nissan wird oftmals als Musterbeispiel für den Erfolg der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen dargestellt. Während Daimler die Zusammenarbeit mit dem früheren Partner Mitsubishi weitgehend beendet, sich auch von der Minderheitsbeteiligung bei Hyundai getrennt hat und schließlich Chrysler verkauft hat, funktioniert die Allianz des französischen und des japanischen Autoherstellers von Anfang an scheinbar reibungslos. In dieser Fallstudie soll sowohl geklärt werden, wie und aus welchen Gründen die Allianz zustande kam, als auch, wie sie konkret ausgestaltet ist. Dazu werden zunächst die beiden Unternehmen vorgestellt, um anschließend auf die Motive von Renault und Nissan für eine Zusammenarbeit und die Entwicklung der Kooperation einzugehen. Als zweiten Schwerpunkt rückt die Fallstudie verschiedene Charakteristika der Partnerschaft in den Mittelpunkt. Neben der Rolle des Top-Managers Carlos Ghosn als maßgeblichem Förderer und Gestalter der Allianz werden die Struktur der Allianz sowie die Bereiche der Zusammenarbeit zwischen den Partnern beschrieben. Zum Abschluss werden die aktuelle Lage der beiden Unternehmen betrachtet sowie Probleme in der Allianz kurz angeschnitten. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

388

Renault und Nissan

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Die Situation vor der Partnerschaft ...................................................................... 389 1.1 Die Ausgangslage in der Automobilbranche.................................................... 389 1.2 Renault ............................................................................................................ 389 1.3 Nissan ............................................................................................................. 390 2 Das Eingehen und der Verlauf der Partnerschaft ............................................... 392 2.1 Motive von Renault und Nissan für eine Partnerschaft .................................... 392 2.2 Die Chronologie der Partnerschaft zwischen Renault und Nissan .................. 393 3 Die Partnerschaft ................................................................................................... 395 3.1 Die besondere Bedeutung von Carlos Ghosn in Japan ................................... 395 3.2 Die Struktur der Partnerschaft ......................................................................... 397 3.3 Die Bereiche der Zusammenarbeit in der Partnerschaft .................................. 398 4 Die Situation von Renault und Nissan heute ....................................................... 402

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

1

389

Die Situation vor der Partnerschaft

1.1 Die Ausgangslage in der Automobilbranche Wir befinden uns Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Automobilhersteller haben mit den Widrigkeiten eines gesättigten Marktes zu kämpfen. Die Kunden fordern niedrige Preise bei gleichzeitig hoher Qualität. Hinzu kommt für europäische und amerikanische Anbieter die starke Konkurrenz aus Japan und Südkorea, die sich besonders auf dem wichtigen US-amerikanischen Markt weiter intensiviert. Dem dadurch steigenden Kostendruck versuchen die Hersteller durch die Realisierung von Größenvorteilen zu begegnen. Unternehmenszusammenschlüsse und -übernahmen stellen eine Möglichkeit dar, schnell an Größe zu gewinnen und gleichzeitig den Wettbewerb zu reduzieren. Aus diesem Grund kommt es zu zahlreichen Fusionen mit bzw. Akquisitionen von anderen Automobilherstellern. In der Automobilbranche hat dies zu einer weiteren Konsolidierung geführt. Von 52 ehemals selbständigen Automobilherstellern im Jahr 1964 reduzierte sich die Anzahl – ohne Berücksichtigung neu aufkommender Unternehmen in ehemals planwirtschaftlich orientierten Ländern wie China – auf 19 Anbieter Ende der 1990er Jahre. In diesen Zeitraum fielen beispielsweise die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler im Jahr 1998 sowie die Akquisition von Volvo durch Ford im Jahr 1999. Auch Renault und Nissan begaben sich 1998 auf die Suche nach einem Partner.

1.2 Renault Bei der Renault S.A. (im Folgenden: Renault), dem zweitgrößten französischen Automobilhersteller, waren 1997 weltweit mehr als 141.000 Mitarbeiter tätig. Renault befand sich nach der 1996 erfolgten Privatisierung noch zu 44,2% in staatlichem Besitz und erzielte zu diesem Zeitpunkt einen Umsatz von 31,7 Mrd. €, davon 79,8% im PKWGeschäft, 16,4% in der Nutzfahrzeugsparte und 3,8% im Finanzbereich. Ca. 84% des mit 1.837.029 verkauften Fahrzeugen erwirtschafteten Umsatzes wurden in Europa erreicht, weitere 10,5% wurden in Lateinamerika und Kanada generiert. Das Unternehmen konnte zwar in den 1990er Jahren fast immer Gewinne verbuchen; diese waren aber relativ gering. Ein Hauptgrund dafür lag darin, dass vor der Privatisierung weniger die Gewinnerzielung als vielmehr die Durchsetzung hoher Sozialstandards im Fokus der Unternehmenspolitik lagen. Eine bedeutende Episode im Hinblick auf die Internationalisierung war für Renault die Akquisition des amerikanischen Autobauers AMC (American Motors Corporation) im Jahr 1980, die dem Unternehmen hohe Investitionen abverlangte, ohne ihm aber den

390

Renault und Nissan

gewünschten Erfolg zu bringen. Besonders unerfreulich war die Tatsache, dass die Umgestaltung der französischen Renault-Modelle und deren Anpassung an den USamerikanischen Markt nicht von Erfolg gekrönt war und der Eintritt der Marke Renault in den US-amerikanischen Markt scheiterte. Außerdem hatte die einst umsatzstärkste Modellreihe von AMC, der Jeep, in der Rezession nach den Ölkrisen von 1973 und 1979/80 wegen des hohen Benzinverbrauchs der Fahrzeuge mit hohen Absatzeinbußen zu kämpfen. Die Folge war, dass Renault AMC bereits sieben Jahre nach dem Kauf wieder veräußerte; AMC ging 1987 an Chrysler. Einen weiteren Versuch, sich einen ausländischen Partner zu suchen, unternahm Renault 1993. Renault dachte zu diesem Zeitpunkt an eine Fusion mit dem schwedischen Automobilhersteller Volvo. Ziel war neben dem Zuwachs an Größe die geographische Ergänzung vor allem innerhalb Europas. Volvo hatte in Nordeuropa großen Erfolg, wohingegen Renault im Süden Europas stark vertreten war. Zusammen hätten beide Hersteller in Europa einen Marktanteil von etwa 12% erreicht. Zudem ergänzte sich das Produktportfolio der Unternehmen sehr gut: Während Volvo in der PKW-Sparte vorrangig große Limousinen und Kombis herstellte, war Renault auf so genannte Compact Cars spezialisiert. Darüber hinaus wäre die fusionierte Renault-Volvo-Gruppe nach Mercedes-Benz zum zweitgrößten Anbieter von Nutzfahrzeugen geworden. Doch nationale Sensibilitäten und der Aktionismus der französischen Regierung ließen die Fusionspläne scheitern. So wollte die französische Regierung sich nicht auf einen Zeitpunkt für die Privatisierung festlegen, und der französische Staat hätte nach der Fusion 65% der Renault-Volvo-Aktien gehalten, wohingegen Volvo nur 35% besessen hätte. Dies schürte das Misstrauen unter den Aktionären und Mitarbeitern von Volvo. Besonders fürchteten sie, dass im Fall notwendiger Entlassungen zur Kostenreduktion bei der Renault-Volvo-Gruppe vor allem schwedische Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren würden. Die schwedische Gewerkschaft CIF überzeugte schließlich Teile des VolvoVorstands, gegen die Fusion zu stimmen. Am 2. Dezember 1993 wurden die Fusionspläne „ad acta gelegt“ und die Fusion abgesagt.

1.3 Nissan Der mit 135.000 Mitarbeitern zweitgrößte Automobilhersteller Japans, Nissan Motor Co., Ltd. (im Folgenden: Nissan), hatte 1997 enorme Probleme. Er besaß 30-40% Überkapazitäten und wies vor allem in Japan ein sehr großes Lieferanten- und Händlernetzwerk auf, das teilweise ineffizient arbeitete. Obwohl die Einkaufspreise aufgrund der geringen Einkaufsmengen bei einzelnen Lieferanten 20-25% über denen der Konkurrenz lagen, hielt Nissan an diesen Lieferanten fest – vor allem, weil sie zu demselben Keiretsu wie der Nissan-Konzern, dem Fuyo-Keiretsu um die Fuji Bank, gehörten. Unter anderem deswegen war ein Teil des Kapitals bei Nissan gebunden und konnte nicht in

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

391

(1) Net Income: Operating Income nach Finanzergebnis und Steuern.

Abb. 1: Gewinne und Verluste von Renault und Nissan 1993-2004 Quelle: Daten aus den Geschäftsberichten 1993-2004 von Renault und Nissan.

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1994

-6 1993

Mrd. €

-6 2004

-4

2003

-4

2002

-2

2001

-2

2000

0

1999

0

1998

2

1997

2

1996

4

1995

4

1994

Nissan Net Income(1)

6

1995

Renault Net Income(1)

6

1993

Mrd. €

die Entwicklung neuer Modelle gesteckt werden. Das Unternehmen hatte ein älteres Produktportfolio als seine Wettbewerber, das zwar gute Qualität aufwies, aber oftmals ein nicht mehr zeitgemäßes Design hatte. Unter anderem aus diesem Grund fuhren – nach Aussagen von Nissan-Managern – zum damaligen Zeitpunkt nur vier von 43 Modellen Gewinne ein. Das Augenmerk des Managements lag bei Nissan vor allem auf dem Erreichen eines hohen Marktanteils und weniger auf der Erzielung hoher Gewinne. Nissan erlitt, wie in Abbildung 1 erkennbar, in mehreren Jahren Verluste, die die Schulden stark anwachsen ließen. Die finanziellen Probleme des Unternehmens wurden noch dadurch verschärft, dass Nissan – wie die meisten anderen japanischen Firmen zu dieser Zeit – sehr stark von den Banken des Landes abhängig war. Nach der Krise des japanischen Finanzmarktes von 1997 und 1998 waren die Banken weniger als zuvor bereit, angeschlagene Unternehmen mit Krediten zu unterstützen – und dies selbst dann, wenn es sich um Banken des eigenen Keiretsu-Verbundes handelte.

392

2

Renault und Nissan

Das Eingehen und der Verlauf der Partnerschaft

2.1 Motive von Renault und Nissan für eine Partnerschaft Beide Unternehmen, Renault und Nissan, wollten sich international strategisch neu ausrichten. Aufgrund der starken Abhängigkeit vom europäischen Markt wünschte sich Renault einen Kooperationspartner, der den Zugang zum asiatischen Markt und zum US-amerikanischen Markt erleichtern konnte. Zudem wollte Renault an Größe gewinnen, um Economies of Scale realisieren zu können. Analysten hatten berechnet und zu dieser Zeit immer wieder propagiert, dass Automobilhersteller, die jährlich weniger als vier Millionen Fahrzeuge herstellen, dem internationalen Wettbewerb kaum standhalten würden. An eine Akquisition oder eine Fusion wollte sich Renault – unter anderem aufgrund der historisch negativen Erfahrungen – nicht heranwagen, sondern dachte eher an eine Kooperation. Da Renault eine gleichberechtigte Partnerschaft anstrebte, kamen die großen amerikanischen und deutschen Unternehmen, wie etwa General Motors, Ford oder Volkswagen, als Allianzpartner nicht in Frage. Der Vorstand von Renault entschloss sich letztendlich, aufgrund der strategischen Bedeutung des asiatischen Marktes nach einem dort beheimateten Unternehmen als Partner zu suchen. In die engere Wahl kamen zunächst Mitsubishi und Nissan. Bei beiden potentiellen Partnern schätzte der Vorstand den Aufwand, die Unternehmen in einer Allianz zu integrieren, als gleich hoch ein. Da durch eine Allianz mit einem größeren Unternehmen höhere Economies of Scale realisiert werden können, tendierte Renault eher zu dem absatzstärkeren Nissan. Nissan bot darüber hinaus eine überlegene Produktionstechnik und hohe Qualitätsstandards, an denen Renault sich orientieren konnte. Bei Nissan lag das Hauptmotiv für die Kooperation mit einem anderen Automobilunternehmen in den finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens. Gesucht wurde ein Investor – auch, um eine drohende Herabsetzung in den Ratings zu verhindern. Darüber hinaus sollte die Präsenz auf dem europäischen und auf dem lateinamerikanischen Markt verstärkt werden; denn von den im Jahr 1997 verkauften 2.567.878 Fahrzeugen wurden 38,2% in Japan abgesetzt, 26,4% in Nordamerika und nur 19,2% in Europa. Für Renault sprachen zwar die Erfahrung in der Restrukturierung eines Konzerns und das in den letzten Jahren am Markt sehr erfolgreiche Design; dennoch war das französische Unternehmen nicht zwingend die erste Wahl von Nissan. Angedacht wurde zunächst auch eine Kooperation mit DaimlerChrysler und mit Ford. Japanische Automobilunternehmen kamen für eine Allianz nicht in Frage, denn sie hatten entweder kein Interesse, eine Partnerschaft einzugehen – wie die erfolgreichen Hersteller Toyota und Honda – oder aber sie waren bereits unter der Kontrolle von Ford (Mazda) oder General Motors (Isuzu, Suzuki oder Fuji Heavy mit Subaru). Allein Mitsubishi war noch selbständig, hatte aber ebenfalls mit finanziellen Problemen zu kämpfen und schied somit als Partner für eine mögliche Zusammenarbeit aus.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

393

2.2 Die Chronologie der Partnerschaft zwischen Renault und Nissan Im Juni 1998 wandte sich der Vorstandsvorsitzende von Renault, Louis Schweitzer, sowohl an Mitsubishi als auch an Nissan und schlug beiden eine umfassende Strategische Allianz vor. Während Mitsubishi zögerte, erklärte sich der Vorstandsvorsitzende von Nissan, Yoshikazu Hanawa, schon im Juli zu Gesprächen bereit. Nissan suchte damals, wie erwähnt, bereits nach Kooperationspartnern und hatte DaimlerChrysler sowie Ford in die engere Wahl gezogen. Ford zeigte kein Interesse, da es durch seine 33,4%-ige Beteiligung an Mazda bereits einen Zugang zum asiatischen Markt hatte. Jürgen Schrempp hingegen – zu dieser Zeit Vorstandsvorsitzender von DaimlerChrysler – sah in einer möglichen Akquisition von Nissan einen weiteren Baustein auf dem Weg zur „Welt AG“ und trat mit Yoshikazu Hanawa in Verhandlungen. Im Juli und August 1998 trafen sich Verhandlungsführer von Renault und Nissan, um 20 potentielle Felder der Zusammenarbeit zu identifizieren. Diese wurden unmittelbar danach von Teams aus je 100 Ingenieuren und Betriebswirten der beiden Firmen überprüft, um damit die Synergiemöglichkeiten, etwa über die gemeinsame Nutzung von Plattformen, auszuloten. Die Verhandlungen zwischen Renault und Nissan schlossen dabei jeweils den gesamten Konzern ein. So gehörte zu Nissan nicht nur die Automobilsparte, sondern auch der Nutzfahrzeugbereich Nissan Diesel. Die CEOs (Chief Executive Officers) der beiden Partner begegneten sich in zwölf Gesprächen unter vier Augen, um auch auf persönlicher Ebene eine Vertrauensbasis zu schaffen. Im Oktober 1998 schlug Louis Schweitzer seinem Pendant auf japanischer Seite – Yoshikazu Hanawa – vor, im Falle einer Kooperation den Vorstand von Nissan mit drei hochrangigen Mitarbeitern von Renault zu verstärken. Yoshikazu Hanawa stimmte zu, den Chief Operating Officer (COO), den Vorstand für Produktplanung und Konzernstrategie sowie den stellvertretenden Finanzvorstand in Nissans Board of Directors aufzunehmen. Im Gegenzug ließ sich Yoshikazu Hanawa garantieren, dass im Falle einer Kooperation Nissan als Firmen- und Markenname erhalten bleiben würde, der CEO weiterhin vom Vorstand des Unternehmens bestimmt würde und Nissan den entscheidenden Einfluss auf den Restrukturierungsplan (den Nissan Revival Plan) ausüben könnte. Zudem sollte auch ein Mitglied des Nissan-Vorstandes in das Board von Renault entsandt werden. Im November flog Louis Schweitzer mit zwei weiteren Vorstandsmitgliedern nach Tokio, um die Vorstellung der französischen Seite im Hinblick auf die Allianz vor der Unternehmensleitung von Nissan zu präsentieren. Aber auch DaimlerChrysler war immer noch im Rennen um Nissan. Da die Marktkapitalisierung von DaimlerChrysler etwa zehn Mal so hoch war wie die von Renault und da die Marke Mercedes-Benz sehr großes Ansehen in Japan genießt, wurde eine Übernahme durch DaimlerChrysler von den meisten Nissan-Vorstandsmitgliedern präferiert. Auch die Tatsache, dass DaimlerChrysler mit den Truck-Marken Mercedes-Benz und Freightliner im Nutzfahrzeugbereich die weltweite Nummer eins darstellte, untermauerte

394

Renault und Nissan

die Favoritenrolle. Nissan hoffte auf Unterstützung für die Nutzfahrzeugsparte Nissan Diesel, um die es besonders schlecht stand, und rechnete mit Ausstrahlungseffekten. Nachdem DaimlerChrysler Nissan ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht hatte, forderte Nissan auch Renault im Dezember 1998 auf, mit einem Angebot sowohl für die PKW-Sparte Nissan Motor als auch für Nissan Diesel auf die Offerte von DaimlerChrysler zu reagieren. Ursprünglich war es die Absicht von Renault, nur das PKW-Geschäftsfeld zu übernehmen; dies jedoch wies Nissan zurück. Da Nissan die Kooperation besiegeln wollte, wurde beiden Verhandlungspartnern eine Frist bis zum 31. März 1999 gesetzt. Renault bot daraufhin 5 Mrd. US$ für 36,8% der Aktien von Nissan Motor sowie 15,2% der Aktien von Nissan Diesel. DaimlerChrysler zog sich am 10. März 1999 aus den Verhandlungen zurück; das finanzielle Risiko wurde vor allem von den US-amerikanischen Vorstandsmitgliedern als zu hoch eingeschätzt. So unterzeichneten Louis Schweitzer und Yoshikazu Hanawa den Allianz-Vertrag zwischen Renault und Nissan am 27. März 1999 in Tokio. Zwei Monate später übernahm Renault 36,8% der Aktien von Nissan Motor und 15,2% an Nissan Diesel.1 Im März 2002 erhöhte Renault seinen Anteil am PKW-Geschäft von Nissan dann auf 44,4%, woraufhin Nissan 13,5% der Renault-Aktien erwarb und wenig später weitere 1,5% kaufte. Im selben Monat gründeten die beiden Partner die Renault-Nissan B.V., eine GmbH niederländischen Rechts, die ihren Sitz in Amsterdam hat und Büros in Paris und Tokio unterhält. Sie gehört Renault und Nissan zu gleichen Teilen und ist der rechtliche Rahmen der Kooperation, die nach eigenen Angaben von Renault und Nissan als Strategische Allianz ausgestaltet ist. Sie ist auch Träger des Alliance Board, das die Aktivitäten der Kooperation koordiniert. Für bestimmte Aktivitäten hat die Allianz aber Joint Ventures gegründet: die Renault-Nissan Purchasing Organization (RNPO) und die Renault-Nissan Information Services (RNIS). Diese beiden Joint Ventures sind zu 100% im Besitz der Renault-Nissan B.V. Die finanzielle und rechtliche Struktur der Allianz wird aus Abbildung 3, Abschnitt 3.2, graphisch ersichtlich. Vorsitzender der Renault-Nissan B.V. ist Carlos Ghosn. Er war im Juni 1999 gemeinsam mit zwei weiteren Vorstandsmitgliedern von Renault – Patrick Pélata (Vorstand für Produktplanung und Konzernstrategie) und Thierry Moulonguet (stellvertretender Finanzvorstand) – als COO in das Top-Management von Nissan gewechselt. Im Gegenzug war Yoshikazu Hanawa dem Vorstand von Renault beigetreten. Carlos Ghosn wurde im Juni 2001 schließlich sogar als CEO von Nissan berufen; seit April 2005 hat er darüber hinaus die Nachfolge von Louis Schweitzer bei Renault angetreten. Seither führt Carlos Ghosn beide Unternehmen in Personalunion. Da Carlos Ghosn bei der Sanierung von Nissan und der Umsetzung der Allianz eine besondere Rolle spielte und immer noch

1

Die sukzessive auf 17,9% angestiegene Beteiligung von Renault an Nissan Diesel wurde im März 2005 nach erfolgter Restrukturierung der Nutzfahrzeugsparte vollständig an J.P. Morgan Securities, Ltd. verkauft, da sie für Renault keine strategische Bedeutung hatte.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

395

spielt, werden seine Person und sein Führungskonzept im folgenden Abschnitt vorgestellt.

3

Die Partnerschaft

3.1 Die besondere Bedeutung von Carlos Ghosn in Japan Geboren am 9. März 1954 in Brasilien, zog Carlos Ghosn im Alter von sechs Jahren mit seiner Familie in den Libanon, die Heimat seiner Eltern. Im Alter von 17 Jahren begann er, an der École Polytechnique in Paris Ingenieurwesen zu studieren, und graduierte 1978 an der École des Mines de Paris. Anschließend arbeitete er in verschiedenen Funktionen bei Michelin in Frankreich und wurde 1985 als COO für Südamerika bestellt. Nach vier Jahren, die er in Brasilien verbrachte, wurde er zum Geschäftsführer von Michelin Nordamerika berufen. Dort forcierte er die Fusion von Michelin mit Uniroyal Goodrich und integrierte die beiden vormals unabhängigen Unternehmensteile. Da er bei Michelin keine Aussicht auf den Posten des CEO sah – Michelin ist ein familiengeführtes Unternehmen –, wechselte Carlos Ghosn im Jahr 1996 zu Renault. Er übernahm die Position als Vorstandsmitglied für F&E, Produktion und Einkauf und diente als Louis Schweitzers „rechte Hand“. Er führte die Restrukturierung des Renault-Konzerns an und erhielt – aufgrund seiner Erfolge bei der Kostenreduktion – den Beinamen „le cost-killer“. Nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages zwischen Renault und Nissan wurde Carlos Ghosn, der Französisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Arabisch spricht, von Louis Schweitzer unter anderem wegen seines internationalen Hintergrundes, der Fähigkeit, in einer fremden Kultur zu leben und zu arbeiten, und seiner Erfahrungen mit der Restrukturierung von Unternehmen in den Vorstand von Nissan entsandt. Aufgrund seiner internationalen Führungserfahrung und -überzeugung war sich Carlos Ghosn bewusst, dass er Nissan keinen französischen Stempel aufdrücken kann. Seiner eigenen Aussage nach hat Ghosn nur drei Prinzipien, die sich auf jede Kultur anwenden lassen: •

Sowohl die Richtung, die das Unternehmen einschlagen muss, als auch die Prioritäten des Managements sind klar zu kommunizieren. • Transparenz: Die Mitarbeiter müssen sich darauf verlassen können, dass das Management das tut, was es denkt und kommuniziert. • Das Geschäft eines Managers besteht nur zu 5% aus Strategie, zu 95% aber aus der Umsetzung. Maßnahmen müssen also messbaren Erfolg aufweisen.

396

Renault und Nissan

Der Schlüssel zum Erfolg bei Nissan lag und liegt für Carlos Ghosn jedoch darin, seine eigene Persönlichkeit und kulturelle Prägung zu bewahren, die japanische aber gleichzeitig zu verstehen und anzunehmen. Ghosn akzeptiert die japanische Denk- und Handlungsweise nur dann nicht, wenn dies den Erfolg der Restrukturierung des Unternehmens gefährdet. Einige Äußerungen Carlos Ghosns über kulturelle Besonderheiten Japans und die daraus resultierenden Probleme bei Nissan sind in Abbildung 2 dargestellt. Carlos Ghosn über die „Advisers“: „In a typically bureaucratic move, Nissan had even diluted managers’ responsibilities by creating a whole corps of „advisers” and „coordinators”. These people had no direct operational functions, but they were placed alongside managers on the ground. Originally, such advisers were active in the foreign subsidiaries of Japanese companies, facilitating the dissemination of Japanese „best practices” in management or production. Growing familiarity with these practices had eliminated the usefulness of the advisers, but they stayed in place all the same. The only result they produced was to undermine the authority of the people with operational responsibilities. We eliminated this function, gave all those who fitted such roles direct responsibilities, and put them back to work. The role of „advisers” in the big Japanese companies exemplifies the ossification of principles or values that originally were quite positive. The respect due to „elders” in Confucian societies, the role of the master, the sensei, in the transmission of experience and knowledge, the desire to be gentle with people who are at the end of their careers and who must be eased out slowly – all these are worthwhile, perhaps even useful notions. But they invite abuses. How many companies are still carrying the financial burden of their „senior advisers”, generally former CEOs and presidents, with offices, secretaries, and chauffeured automobiles?” Carlos Ghosn über die Beförderung auf Basis des Alters: „Obviously, we couldn’t ask the entire management for significant contributions to the development of the company performance if we didn’t judge people essentially on their ability to contribute. If we wanted to make a qualitative leap, if we wanted to effect a rapid change in the level of performance, we couldn’t maintain the seniority system. We had to be logical. We were going to judge our people according to their contribution to the NRP (Nissan Revival Plan). Their performance would be decisive in determining their salaries as well as their professional future. Age and seniority were no longer going to be the determining factors in a career; they’d be elements to take into consideration after an examination of the individual’s performance. In this area, we brought about a really significant change.”

Abb. 2: Aussagen von Carlos Ghosn über kulturell bedingte Probleme bei Nissan Quelle: Ghosn/Riès (2005), S. 149-150. Carlos Ghosn wollte und will keinem Mitarbeiter die eigene Kultur aufzwingen, der nicht bereit ist, sie anzunehmen. Er pochte und pocht nach eigenen Angaben nicht auf seine Autorität, sondern bezieht die japanische Kultur in den notwendigen Umbruch bei Nissan ein. So regte er Diskussionen mit mehreren hundert japanischen Managern verschiedener Hierarchieebenen an, um ihre Ideen für eine Restrukturierung des Konzerns zu hören. Darüber hinaus bildete er neun Cross-Functional-Teams, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette nach Verbesserungspotential suchten. Sie waren es auch, die die Schließung von Werken und die Entlassung von Mitarbeitern vorschlugen. Indem er die Mitarbeiter zur Übernahme von Verantwortung veranlasste und den Dialog zwischen den Abteilungen förderte, stärkte er die Motivation der Mitarbeiter. Außerdem gab er ihnen auf diese Weise nicht das Gefühl, dass der Umbruch Nissan von außen aufgezwungen wurde.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

397

Nicht nur während des Restrukturierungsprozesses von Nissan setzte Carlos Ghosn Teams ein. Wie im nächsten Abschnitt deutlich wird, sind sie auch weiterhin ein integraler Bestandteil der Organisation der Allianz.

3.2 Die Struktur der Partnerschaft In diesem Abschnitt werden nun zunächst die Hauptelemente der Allianzstruktur – das Alliance Board, die Cross-Company Teams (CCTs) und die Functional Task Teams (FTTs) – vorgestellt. Anschließend werden kurz die weiteren Gremien beschrieben, die für die Partnerschaft eine Rolle spielen. (1) Alliance Board: Als das höchste Gremium der Strategischen Allianz gilt das Alliance Board, das von Carlos Ghosn geleitet wird. Je drei Mitglieder jedes Partners komplettieren dieses Gremium. Das Gremium legt die mittel- und langfristige Strategie der Allianz fest und steuert gemeinsame Aktivitäten auf weltweiter Ebene. Nicht zuständig ist das Alliance Board für das Management des operativen Geschäfts, für das weiterhin die Unternehmen Renault und Nissan verantwortlich zeichnen. (2) Cross-Company Teams (CCTs): Es existieren 19 CCTs, die aus Mitarbeitern von Renault und Nissan gebildet werden. Sie decken sowohl regionale als auch funktionale Arbeitsfelder entlang der Wertschöpfungskette ab. Das CCT für Produktplanung wird von Vertretern beider Firmen geleitet, den anderen CCTs steht jeweils ein Mitarbeiter eines Partners vor, wobei dessen Stellvertreter jeweils aus der anderen Firma stammt. Die CCTs ermitteln Möglichkeiten für Synergien, entwickeln gemeinsame Projekte und überwachen deren Umsetzung. Die CCTs liefern ihre Ergebnisse an die Steering Committees (SCs). (3) Functional Task Teams (FTTs): Es gibt neun FTTs, die die Arbeit der CCTs unterstützen und wie diese aus Mitarbeitern beider Partnerfirmen bestehen. Die Teams helfen bei der Realisierung von Synergien und stellen Leistungsvergleiche zwischen Renault und Nissan an, um die effizienteren der genutzten Verfahren für eine allianzweite Umsetzung empfehlen zu können. Im Gegensatz zu den CCTs führen sie vor allem unterstützende Tätigkeiten aus, etwa im (steuer-)rechtlichen und informationstechnischen Bereich. Ebenso wie die CCTs berichten die FTTs an die Steering Committees (SCs). (4) Weitere Gremien: Die Steering Committees, die Task Teams und das Coordination Bureau existieren ergänzend zu den genannten Gremien. Die SCs koordinieren die Arbeit der FTTs und der CCTs. Gleichzeitig forcieren sie Entscheidungen auf operativer Ebene und setzen besonders „brennende“ Themen auf die Tagesordnung eines Alliance

398

Renault und Nissan

Board Meetings. Neben den CCTs und den FTTs wurden vier Task Teams gebildet. Diese sollen auftretende Probleme lösen. Die vier Task Teams sind: Industrial Strategy, Custom and Trade, Business-to-Employee (B2E) sowie Home Market. Task Teams, Functional Task Teams, Cross-Company Teams und Steering Committees werden vom Coordination Bureau koordiniert. Darüber hinaus bereitet das Coordination Bureau die Alliance Board Meetings vor. Die organisatorische Struktur der Allianz wird in Abbildung 3 im Überblick dargestellt; gleichzeitig findet sich in der Abbildung die Illustration der bereits oben dargestellten finanziellen Verflechtungen. Nachfolgend werden die funktionalen Felder der Zusammenarbeit zwischen Renault und Nissan beschrieben sowie die regionale Zusammenarbeit exemplarisch dargestellt.

Finanzielle Verflechtungen

Organisatorische Struktur

44,4%

Alliance Board Strategisches Management

50%

100% Joint Ventures

Nissan

Renault

RENAULT-NISSAN B.V.

Strategisches Management

Joint Ventures RNPO/RNIS

Nissan

Renault

50%

7 Steering Committees (SCs)

RNPO (Renault-Nissan Purchasing Organization)

19 Cross-Company Teams (CCTs)

RNIS (Renault-Nissan Information Services)

9 Functional Task Teams (FTTs) 4 Task Teams (TTs) Coordination Bureau

15% Stand 2005.

Abb. 3: Finanzielle und organisatorische Struktur der Renault-Nissan-Allianz Quelle: in Anlehnung an Renault-Nissan (2005), S. 4 und 8.

3.3 Die Bereiche der Zusammenarbeit in der Partnerschaft Seit der Bildung der Allianz 1999 wird die Zusammenarbeit auf zahlreichen Gebieten in die Tat umgesetzt. So wurden auf allen Stufen der Wertschöpfungskette und deren

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

399

Teilabschnitten gemeinsame Projekte angestoßen, von denen einige im Folgenden aufgeführt sind: •

Produktplanung: Im Allgemeinen entwickeln Renault und Nissan ihre Modelle in Eigenregie, um ihre Markenidentität nicht zu verwässern. Auf wenigen Märkten und bei einigen spezifischen Fahrzeugen, z.B. im Segment der Light Commercial Vehicles, übernehmen Renault und Nissan jedoch auch einzelne Modelle vom Partner, die später unter dem eigenen Markennamen verkauft werden („Rebadging“). • Forschung und Entwicklung: Eines der Ziele der Allianz ist es, auf dem Gebiet der Schlüsseltechnologien zu den besten drei Automobilherstellergruppen weltweit zu zählen. Daher kooperieren Renault und Nissan in bestimmten Forschungs- und Entwicklungsfeldern, um das besondere Wissen und Können jedes Partners optimal zu nutzen. − Besonders hervorzuheben sind die gemeinsame Entwicklung und Nutzung von Plattformen. Abbildung 4 zeigt, dass von den derzeit 25 Plattformen in Zukunft nur noch 13 verwendet und zwei weitere neu entwickelt werden. − Auch bei den Antriebssystemen tauschen sich die Unternehmen aus, indem sie für- und miteinander Komponenten erarbeiten. So nutzen die Firmen nicht nur vom Partner konstruierte Motoren und Getriebe, sondern sind auch gemeinsam an deren Weiterentwicklung beteiligt. Zudem stellt Renault ein von Nissan konzipiertes manuelles Getriebe in seinem Werk in Portugal her. − Da es ein weiteres Ziel der Renault-Nissan-Allianz ist, von den Kunden als eine der besten drei Automobilherstellergruppen hinsichtlich der Qualität der Fahrzeuge anerkannt zu werden, wurde die Alliance Quality Charter aufgestellt. Sie behandelt beispielsweise die Qualität bei der Entwicklung neuer Modelle.

Plattform

Renault-Modelle (einschließlich Renault Samsung Motors und Dacia)

Nissan-Modelle

Produzierte Einheiten in 2005

Produzierte Einheiten in 2011 (geplant)

AD Wagon, Bluebird Sylphy, Cube, Cube Cubic, March, Micra, Micro, Note, Sentra, Sunny, Tiida, Tiida Latio, Versa, Tone, Wingroad

1.179.883

2.907.558

B

Clio, Logan, Modus, SUV 77

B41

Dacia Solenza

5.628

0

C

Kangoo, Mégane, Scénic, SM3, SM4

Kubistar, Lafesta, Sentra, Serena, X-Trail

953.011

1.829.249

-

Caravan, Elgrand, Terrano, Urvan

108.835

42.401

-

Paris, Patrol, Safari

32.681

3.431

0

745.230

CV-L CV-M D

Espace, Fluence, Laguna, SM5, SM7, Vel Satis

-

Elgrand, Murano, Presage, Primera, Teana

400

Renault und Nissan

D21/QW

FF-L

SM5, SM7

FR-L

-

Frontier, Hardbody, Paladin, Pick-Up, Roniz, TX-A Chassis, Xterra

204.334

88.909

Altima, Maxima, Murano, Presage, Quest, Teana

732.471

425.502

CX25/35, Fairlady Z, Fuga, FX35/45, G35, JX35/47, M35/45, Q45, Skyline, Stagea

212.159

320.202

3.404

505

FR-LL

-

Cima, President, Q45

GS/HF

-

Bakkie, Tsuru

75.687

0

JGM/JGM (2)

-

Cedric, Crew

8.160

0

K

-

March, Verita

M

-

Avenir, Vanetta

M2

Espace, Laguna, Vel Satis

650

0

13.824

6.484

191.546

0

737.574

0

21.047

0

19.586

0

3.994

0

Frontier, Hardbody, Navara, Pathfinder, Safari, Xterra

332.328

498.062

-

26.198

0

802.079

153.555

198.163

23.511

-

MS

SM3

Almera/Tino, Bluebird Sylphy, Primera, Pulsar, Sentra, Serena, Sunny, Wingroad, X-Trail

PQ/SD/ASD

SM5

Cefiro, Maxima

Renault 12

Dacia 1304-9

UX70/B-CV

-

X61B

-

Terrano II

X64

Mégane, Scénic

X65/X76

Clio, Kangoo, Sepand, Twingo

X70

Master

-

X70(2)

Master

-

0

195.523

XO6/P-O

Twingo

-

93.843

0

Kubistar, Platina

ZQ

-

Bluebird

ZW/ZW(2)

-

Armada, QX56, Titan

Grand Total

20.073

0

174.358

299.278

6.151.516

7.539.400

Abb. 4: Vergleich der 2005 und 2011 von Renault und Nissan genutzten Plattformen Quelle: in Anlehnung an Rumpelt (2006), S. 16. •

Einkauf: Um Einkaufskosten zu sparen, wurde das Joint-Venture-Unternehmen RNPO (Renault-Nissan Purchasing Organization) gegründet. Es bezieht weltweit die Zulieferteile für beide Firmen und macht mit 25 Mrd. € jährlich bereits 70% des gesamten Einkaufsvolumens von Renault und Nissan aus. Von der RNPO werden weiterhin Zulieferer in den Beschaffungsprozess eingebunden, die zum Fuyo-Keiretsu gehören.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

401



Produktion: Um die Produktionszeit zu verkürzen und die Qualität der Fahrzeuge sicherzustellen, vergleichen Renault und Nissan ihre „best practices“ und haben das Qualitätssicherungssystem AVES (Alliance Vehicle Evaluation System) erarbeitet. Auch die Produktionskapazitäten werden gemeinsam genutzt. Nissan baut beispielsweise den Renault Platina in seinem mexikanischen Werk, während Renault Nissans Xterra in seiner brasilianischen Fabrik herstellt. So profitieren beide Seiten durch eine bessere Kapazitätsauslastung und niedrigere Investitionen. • Logistik: Die Allianz hat sechs Teams gebildet, um die Abläufe in und zwischen den Werken sowie zwischen den Fabriken und den Händlern der beiden Unternehmen reibungslos zu gestalten. • Informationssysteme und Technologie: Neben der RNPO gibt es ein zweites JointVenture-Unternehmen: RNIS (Renault-Nissan Information Services). Es dient der Standardisierung der Infrastruktur in den Unternehmen, um eine reibungslose Kommunikation der Partner zu ermöglichen. Die Allianzpartner arbeiten nicht nur auf funktionaler, sondern dabei auch auf regionaler Ebene zusammen. In Abbildung 5 werden einzelne Regionen exemplarisch dargestellt und beschrieben. Es wird gezeigt, wie Renault und Nissan sich dort unterstützen.

Mexiko: Renault Scénic und Clio in NissanWerken produziert

Westeuropa: 7 Rechtsträger gegründet, die beide Marken vertreiben

Osteuropa: Renault vertreibt auch Modelle von Nissan, teilweise auch von Dacia

Asien/Pazifik: Renault kann Nissans Backoffice nutzen, und RenaultModelle werden von Nissan vertrieben

Mittelamerika: Nissan vertreibt auch RenaultModelle

Südamerika: Nissan nutzt Fabriken und Infrastruktur von Renault

Nordafrika: Renault importiert und verkauft Nissan-Modelle

Mittlerer Osten: Nissan vertreibt Renault-Modelle

Stand 2004.

Abb. 5: Regionale Zusammenarbeit von Renault und Nissan Quelle: Renault-Nissan (2005), S. 32-37.

402

Renault und Nissan

In Abbildung 6 wird der Absatz der Partner in verschiedenen Ländern veranschaulicht und dadurch verdeutlicht, wie stark die Marken Renault und Nissan dort vetreten sind. Dabei wird ersichtlich, dass Renault zwar in der Mehrzahl der hier genannten Länder höhere Verkaufszahlen erzielt als Nissan, die japanische Marke jedoch gerade in absatzstarken Ländern wie den USA, Japan, China und Mexiko „die Nase vorn hat“. Absatz in 1.200 Tausend

1.000 800 600 400 200

USA Renault Nissan

Japan

Frankreich

Spanien

Großbritannien

China

BR

CDN

TR

RO

Nissan

Korea

Renault

I

D

Mex

CN

GB

E

F

USA

J

0

Mexiko

0

3.532

704.869

238.216

197.366

2.031

24.086

1.076.670

866.157

48.388

70.796

102.048

297.270

234.932

Deutschland

Italien

Rumänien

Türkei

Korea

Kanada

Brasilien

Renault

185.654

162.490

137.244

116.511

115.425

0

47.528

Nissan

53.050

54.002

2.288

10.511

537

70.983

8.083

Stand 2005.

Abb. 6: Fahrzeug-Absatz von Renault und Nissan in ausgewählten Ländern (umfasst PKW und Light Commercial Vehicle) Quelle: Renault (2006b), S. 32-34.

4

Die Situation von Renault und Nissan in den Jahren 2005 und 2006

Gemeinsam verkauften Renault und Nissan im Jahr 2005 über 6 Millionen Fahrzeuge. Besonders Nissan hat sich positiv entwickelt. Zu den im Jahr 2005 6,131 Millionen von der Allianz verkauften Fahrzeugen trug Nissan fast 3,6 Millionen Einheiten, Renault etwa 2,5 Millionen Einheiten bei. Der im Rahmen der Allianz erzielte Nettogewinn von Renault lag im Jahr 2005 bei 1.178 Mio. €, während sich der Nettogewinn von Nissan auf 5.186 Mio. € belief. Nissan hatte allein im Jahr 2004 weltweit neun neue Modelle auf den Markt

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

403

gebracht. Der ehemals sechstgrößte Autobauer Nissan und das ehemals neuntgrößte Unternehmen der Automobilbranche Renault bilden durch ihre Zusammenarbeit – hinsichtlich des Kriteriums Produktionsvolumen – den viertgrößten Automobilhersteller weltweit. Aus Abbildung 7 geht die Position Renault-Nissans in der Automobilbranche hervor.

GM Toyota Ford Renault-Nissan VW DaimlerChrysler Hyundai PSA Honda Suzuki Mitsubishi Fiat BMW AO AvtoVAZ 0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

Stand 2005.

6.000 7.000 8.000 9.000 10.000 Produktionsvolumen in Tausend Fahrzeugen

Abb. 7: Rangfolge der 14 größten Automobilgruppen Quelle: in Anlehnung an Götz (2006), S. 14. Wenn auch beide Unternehmen nach außen die Allianz weitgehend positiv darstellen, so sollte nicht vergessen werden, dass jede Partnerschaft Schwierigkeiten mit sich bringt. Ein Beispiel stellt die Nicht-Erreichung der anvisierten geographischen Komplementaritäten dar. So ist, wie in Abbildung 6 deutlich wurde, Nissan immer noch vorrangig in Asien und Nordamerika vertreten. Lediglich in Mexiko ist der Marktanteil von Nissan seit Beginn der Partnerschaft deutlich gestiegen. War hier zunächst Renault präsent, wurden 2004 mehr Fahrzeuge von Nissan verkauft. Und Renault ist weiterhin dort stark, wo das Unternehmen schon vor 1998 Schwerpunkte setzte – vor allem in Westeuropa. Den größten Absatz erzielt die Marke Renault nach wie vor auf ihrem Heimatmarkt Frankreich sowie in Spanien. Nissan verkauft auf dem US-amerikanischen Markt mehr Autos als auf dem japanischen Heimatmarkt. Da Renault im Jahr 2000 70% der Anteile des koreanischen Automobilherstellers Samsung Motors erwarb, zeigt das Unternehmen auch in Südkorea starke Präsenz. In den anderen asiatischen Ländern

404

Renault und Nissan

konnte Renault allerdings bisher nicht Fuß fassen. Außerdem hat die Partnerschaft noch nicht dazu geführt, dass Renault auf den wichtigen US-amerikanischen Markt zurückgekehrt ist. Probleme finden sich auch im Vertriebssystem in einzelnen Ländern. Renault und Nissan hatten in vielen Ländern ihre Vertriebsorganisation nach Eingehen der Partnerschaft zusammengelegt. In Deutschland wurde beispielsweise im Jahr 2002 die Renault Nissan Deutschland AG gegründet. Diese sollte im Laufe des Jahres 2006 wieder aufgelöst werden. Und da sich aufgrund von Qualitätsproblemen bei Nissan und dem grundlegend veränderten Design einiger Modelle die Absatzzahlen von Nissan in Deutschland in den letzten Jahren keineswegs wie geplant und wie gewünscht entwickelt haben, wurde eine grundlegende Re-Restrukturierung des Vertriebs von Nissan in Deutschland beschlossen. Die Vertriebsgesellschaften von Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden in einer Gesellschaft zusammengefasst, und das Händlersystem in Deutschland wurde komplett „umgekrempelt“. Viele bisherige Händler, mit denen Nissan seit Jahren und Jahrzehnten (erfolgreich) zusammenarbeitete, erhielten Vertragskündigungen. Neue Händler, vor allem auch große Automobilgruppen, wie die AVAG und die Kroymanns-Gruppe, sollten helfen, Nissan in Deutschland wieder auf die Erfolgsspur zu führen.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

405

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408

Renault und Nissan

Fragen und Aufgaben 1.

Mit ihrer strategischen Entscheidung für eine Zusammenarbeit folgen Renault und Nissan einem Trend in der globalen Automobilindustrie. Akquisitionen, Fusionen und Kooperationen sind an der Tagesordnung. a) Welche Motive für Renault und Nissan finden Sie im Text, die Kooperation einzugehen? Sehen Sie – außer jenen im Text genannten – weitere Motive, die eine Rolle gespielt haben (könnten) und noch immer spielen (könnten)? b) Kooperationen sind auch mit einer Reihe von Risiken und Problemen verbunden. Welche Risiken und Probleme sehen Sie im Fall von Renault und Nissan? c) Gibt es aus Ihrer Sicht andere Formen der Zusammenarbeit, die vorteilhafter für Renault und Nissan gewesen wären? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

2.

Wenn man von Kooperationen spricht, so sind damit viele unterschiedliche Assoziationen verknüpft. Es existieren auch unterschiedliche Formen der Kooperation. a) Nennen und erläutern Sie bitte die Kooperationsformen, die bei Renault und Nissan eine Rolle gespielt haben bzw. weiterhin eine Rolle spielen. b) Stellen Sie bitte die einzelnen Kooperationsformen, die Sie identifizieren, hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile einander gegenüber.

3.

In bestimmten Bereichen der Kooperation haben sich Renault und Nissan für ein Joint Venture entschieden. a) Charakterisieren Sie bitte die im Text genannten Joint Ventures kurz anhand geeigneter Kriterien. b) In welchen Bereichen haben die Unternehmen auf diese Form der Kooperation gesetzt? c) Begründen Sie bitte, warum Renault und Nissan gerade in diesen Bereichen die Gründung eines Joint Ventures gewählt haben (könnten).

4.

Das zentrale Element der Kooperation zwischen Renault und Nissan ist die Strategische Allianz. a) Welcher der vier Allianztypen – Volumens-, Komplementaritäts-, Burden-Sharing- und Markterschließungsallianzen – ist aus Ihrer Sicht hier der dominierende? Hängt Ihre Antwort auch von den Bereichen der Zusammenarbeit ab? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung. b) Erläutern Sie bitte, was man unter dem Begriff „Co-opetition“ versteht und welche Rolle Co-opetition für die Zusammenarbeit von Renault und Nissan spielt.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme? 5.

409

Renault und Nissan sind auch eine wechselseitige Minderheitsbeteiligung eingegangen. a) Nennen Sie bitte Gründe für die wechselseitige finanzielle Beteiligung beider Unternehmen. b) Sehen Sie auch Probleme in der engen finanziellen Verflechtung beider Unternehmen? Wenn ja, welche Probleme identifizieren Sie? Wenn nein, warum gibt es Ihrer Meinung nach keine Probleme? c) Sollten die beiden Unternehmen ihre gegenseitigen finanziellen Beteiligungen in Zukunft weiter ausbauen oder verringern? Begründen Sie bitte Ihre Empfehlung. d) Würden Sie auch die wechselseitigen Beteiligungen als Kooperationsform interpretieren? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

6.

Die Renault-Nissan-Allianz wurde in der Presse lange Zeit meist als ein Musterbeispiel einer Partnerschaft angesehen, während die Zusammenarbeit von DaimlerChrysler und Mitsubishi nicht von Erfolg gekrönt war. a) Welche Gründe werden im Fallstudientext genannt, die auf den Erfolg der Zusammenarbeit von Renault und Nissan verweisen? b) Könnte es weitere Gründe geben, die nicht im Fallstudientext genannt sind, die aber für den Erfolg Bedeutung haben oder gehabt haben könnten? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. c) Informieren Sie sich über die Zusammenarbeit von DaimlerChrysler und Mitsubishi. Worin sehen Sie im Vergleich zu Renault und Nissan Gemeinsamkeiten und Unterschiede?

7.

Renault und Nissan arbeiten in vielen Wertschöpfungsbereichen zusammen. a) Welche Kooperationsfelder sind im Text genannt? Ordnen Sie die Kooperationen bitte systematisch entlang der Wertschöpfungskette. b) Fallen Ihnen weitere Bereiche ein, in denen die beiden Firmen über die im Text genannten Bereiche hinaus kooperieren könnten? c) Welche Chancen und Risiken sehen Sie in der engen Bindung in vielen Wertschöpfungsbereichen?

8.

Durch die weitreichende Zusammenarbeit der beiden Allianzpartner entsteht großer Koordinationsbedarf. a) Ordnen Sie bitte die in der Fallstudie beschriebenen Koordinationsmechanismen in die koordinationsbedarfsdeckenden Strategien ein. b) In der Renault-Nissan-Allianz werden Cross-Company-Teams eingesetzt. Welche Probleme können in diesen Teams auftreten, und wie können diese Ihrer Einschätzung nach effektiv und effizient gelöst werden?

410 9.

Renault und Nissan In der Fallstudie wird darauf verwiesen, dass insbesondere Mitte der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts suggeriert wurde, die Automobilbranche müsse sich – vor allem über Akquisitionen und Fusionen – konsolidieren. a) Wie erklären Sie es sich, dass BMW und Porsche dem Ratschlag vieler Analysten nicht gefolgt sind und dennoch heute auf eine positive Entwicklung zurückblicken? b) Wo stünden Renault und Nissan Ihrer Meinung nach heute, wenn sie sich nicht für die Kooperation entschieden hätten? Bitte erarbeiten Sie mögliche Szenarien, die Sie auch begründen.

10. Es gibt zahlreiche Ansätze, die versuchen, Internationalisierung theoretisch zu erklären. a) Informieren Sie sich zunächst über die so genannten Internalisierungsansätze, die auf der Transaktionskostentheorie aufbauen. Welche Erklärungskraft kommt den Internalisierungsansätzen Ihrer Meinung nach für die Zusammenarbeit zwischen Renault und Nissan zu? Bitte begründen Sie Ihre Aussage ausführlich. b) Geben Sie bitte – unabhängig vom Fall – einen Überblick über die Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens. Ist die Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens Ihrer Einschätzung nach auf das strategische Verhalten von Renault und Nissan innerhalb der weltweiten Automobilbranche anwendbar? Geben Sie bitte eine ausführliche Begründung Ihrer Einschätzung. c) In welchen (weiteren) Theorien, die sich auf internationale Unternehmenstätigkeit beziehen, finden Sie ein theoretisches Fundament für die Zusammenarbeit von Renault und Nissan? Bitte unterlegen Sie Ihre Antwort durch adäquate Argumente und gehen Sie dabei auch darauf ein, welche Fragen der Internationalisierung (Warum?, Wie?, Wann? und Wo?) jeweils tangiert werden. 11. Wie die meisten japanischen Unternehmen ist auch Nissan in ein so genanntes Keiretsu eingebunden. a) Wie sind Keiretsu generell aufgebaut, und welche Typen von Keiretsu werden unterschieden? Geben Sie bitte – unabhängig vom Fall – einen Überblick. b) Welche Vorteile können Ihrer Meinung nach für Renault daraus entstehen, dass der Kooperationspartner Nissan Teil eines Keiretsu ist? c) Welche Probleme können sich aus der Einbettung von Nissan in ein Keiretsu für den Partner Renault ergeben?

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

411

12. In Japan wird traditionell älteren Menschen großer Respekt gezollt, da Alter oftmals mit Weisheit gleichgesetzt wird. Eine Konsequenz dessen ist auch das seit langem in japanischen Unternehmen praktizierte Senioritätsprinzip. a) Welche Aussagen finden Sie im Text, die sich auf diese Traditionen zurückführen lassen? b) Wie ist Carlos Ghosn mit diesen Traditionen umgegangen? Welche Probleme könnten Ihrer Meinung nach bei Carlos Ghosns Vorgehen aufgetreten sein? 13. In der Presse wird immer wieder vom Einfluss der Persönlichkeit des Vorstandsvorsitzenden auf das Unternehmen gesprochen. a) Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach die Persönlichkeit von Carlos Ghosn auf seinen Führungsstil? Um sich über den Fallstudientext hinausgehend mit der Thematik zu beschäftigen, lesen Sie bitte den folgenden Artikel: Peterson, Randall S./Smith, D. Brent/Martorana, Paul V./Owens, Pamela D. (2003): The Impact of Chief Executive Officer Personality on Top Management Team Dynamics: One Mechanism by which Leadership Affects Organizational Performance. In: Journal of Applied Psychology, 88. Jg., Nr. 5, 2003, S. 795-808.

b) Informieren Sie sich bitte über die Kultur Japans. Welche Vorteile und Schwierigkeiten könnte ein japanisches Unternehmen haben, wenn es in sein TopManagement ein ausländisches Mitglied aufnimmt? c) Der Erfolg bestimmter Führungsstile hängt auch von der Situation ab. Können Sie sich eine Situation vorstellen, in der Carlos Ghosn nicht erfolgreich war bzw. ist? 14. Carlos Ghosn wurde zur Sanierung von Nissan nach Japan entsandt. Später pendelte er aufgrund seiner Doppelfunktion zwischen Frankreich und Japan. a) Informieren Sie sich bitte in der Literatur zum Internationalen Personalmanagement über die Funktionen der Expatriierung und Repatriierung. Welche dieser Funktionen standen Ihres Erachtens im Falle von Carlos Ghosn im Mittelpunkt? b) Hätte Ihrer Ansicht nach Nissan auch mit Hilfe eines ausschließlich japanisch besetzten Top-Managements saniert werden können? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. c) Im März 2007 hat Carlos Ghosn die Verantwortung für das US-amerikanische Geschäft des japanischen Automobilherstellers Nissan abgegeben. Immer wieder wurde auch darüber spekuliert, dass Carlos Ghosn vom Vorsitz von Renault oder Nissan zurücktreten könnte. Welche Auswirkungen hätte dies Ihrer Meinung nach auf die Zusammenarbeit und die Entwicklung der Unternehmen? Beschreiben Sie bitte ein mögliches Szenario, und begründen Sie, warum Sie dieses für wahrscheinlich halten.

412

Renault und Nissan

15. Stellen Sie sich vor, Sie wären in der Rolle eines Vorstandsassistenten von Carlos Ghosn, der in Personalunion an der Spitze von Renault und Nissan steht. a) Carlos Ghosn wurde gebeten, einen Vortrag vor Studierenden einer deutschen Universität zu halten. Sein Thema lautet „Renault-Nissan in the Global Market Place – Challenges for the Future". Bitte entwerfen Sie für Carlos Ghosn eine Folienpräsentation mit einem Umfang von ca. 15-20 Schaubildern. b) Carlos Ghosn möchte sein Assistententeam als „Think Tank“ nutzen. Sie werden von Carlos Ghosn gebeten, ihm Ihre ersten Ideen über einen möglichen Markteintritt der PKW-Marke Renault in den Vereinigten Staaten mitzuteilen. Gehen Sie dabei gleichzeitig auch auf Timing- und Allokationsfragen ein. Würden Sie einen Markteintritt in die Vereinigten Staaten empfehlen? Geben Sie bitte eine ausführliche Begründung ab. 16. Im Fallstudientext finden Sie Aussagen von Carlos Ghosn zur Bedeutung von Kultur im Management. a) Informieren Sie sich zunächst über die so genannte „Culture-free-" und die „Culture-bound-These". Würden Sie – aufgrund der Informationen im Fallstudientext – Carlos Ghosn als Vertreter der „Culture-free-These" oder der "Culture-boundThese" ansehen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Sehen Sie – ausgehend vom Fallstudientext – Anzeichen dafür, dass eine zunehmende weltweite Konvergenz bei Managementtechniken, -methoden und -konzepten feststellbar ist? c) Bitte gehen Sie über den Fallstudientext hinaus und identifizieren Sie Beispiele für eine Konvergenz von Managementtechniken, -methoden und -konzepten. Stellen Sie diesen Beispielen bitte auch Gegenbeispiele gegenüber, in denen Unterschiede zwischen Ländern und Kulturen fortbestehen. d) Legen Sie abschließend bitte Ihre persönliche Auffassung dar und „outen“ Sie sich entweder als Vertreter der Kultur(al)ismusthese oder der Universalismusthese bzw. als Vertreter der Konvergenzthese oder der Divergenzthese. 17. Die Kooperation zwischen Renault und Nissan wird in den meisten Berichten als sehr erfolgreich beschrieben. Doch wie im letzten Abschnitt der Fallstudie dargestellt wurde, existieren durchaus Probleme. a) Welche Gründe gibt es Ihrer Meinung nach für die oftmals in den Medien zu findende positive Darstellung? b) Sehen Sie Anhaltspunkte, dass gerade französische und japanische Unternehmen Situationen „beschönigen“? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. c) Welche Probleme der Kooperation werden im Text der Fallstudie genannt? Welche weiteren Probleme könnten Sie sich vorstellen, und wie würden Sie als TopManager von Renault und Nissan reagieren, um die Probleme zu lösen?

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

413

18. Carlos Ghosn und die Allianz zwischen Renault und Nissan wurden im Laufe der Zeit von den Medien immer kritischer beurteilt. Lesen Sie dazu den folgenden Ausschnitt des „Manager Magazins“: Manager Magazin, 41. Jg., Nr. 11, 2011: „Absturz eines Autogottes“, S. 27-28. „Wer in Paris kennt denn schon Carlos Ghosn? Niemand!“, sagt ein französischer Topmanager, noch ehe er auch nur einmal an seiner Cola light genippt hat. Und dann empört er sich, dass es der Chef der Autokonzerne Renault und Nissan nie für nötig befand, sich ein Netzwerk in Frankreichs Politik und Unternehmenswelt zu stricken. „Das fehlt ihm jetzt wohl, wo seine Geschäfte stocken.“ Mitleid? Nein, bestimmt nicht. Geht es um die Autoindustrie, sehen Frankreichs Topmanager schwarz. Autos bauen, das könnten die Deutschen einfach besser als Renault und PSA, heißt es dieser Tage in den obersten Etagen französischer Großkonzerne. Peugeot passe wunderbar zu BMW, die kooperierten doch bereits: Warum also nicht auch eine Übernahme durch die Bayern? Aber Renault? Achselzucken. „Ich weiß nicht, wer Ghosn noch helfen kann“, sagt ein Unternehmensboss. Es ist noch nicht allzu lange her, da war Carlos Ghosn (57) der Superstar der internationalen Autoindustrie, mit einer Attitüde wie Napoleon auf dem Höhepunkt seiner Eroberungsfeldzüge. Der Renault-Manager hatte den Sanierungsfall Nissan – die Franzosen halten 44 Prozent der Nissan-Anteile, die Japaner umgekehrt 15 Prozent an Renault – vor zehn Jahren in einen hochprofitablen Konzern verwandelt. Er übernahm erst die Nissan-Spitze, später auch den Vorstandsvorsitz in Paris; er versprach Gewinn- und Absatzrekorde; er traute sich anscheinend alles zu, inklusive des Sprungs an die Weltspitze und der Übernahme des damals maroden Konkurrenten GM. Und heute? Spottet Frankreichs Elite über den Absturz eines Autogottes. Renault schwächelt. Im Boomjahr 2010 kam Ghosn im Autogeschäft mit Mühe auf eine operative Winzrendite von gut einem Prozent. 2011 verkaufte die Marke in Europa bis Ende August gut 80.000 Autos weniger als im Vorjahr. Ghosns Modelle kommen bei den Käufern nicht an, die für die Franzosen so wichtigen südeuropäischen Märkte leiden unter der Schuldenkrise, Kooperationen stecken im Anfangsstadium (Daimler) oder sind bereits gescheitert (Bajaj in Indien). Und in China, dem global mit Abstand wichtigsten Zukunftsmarkt, fehlt Ghosn ein nationaler Partner. Die Folge: Wo Konkurrent Volkswagen auf siebenstellige Absatzzahlen kommt, plant Renault für 2011 mit 25.000 verkauften Autos. Flössen keine Dividenden des japanischen Partners Nissan, stünde nicht die rumänische Billigtochter Dacia einigermaßen gut da und gäbe es nicht den Großaktionär Frankreich (15 Prozent der Anteile) im Hintergrund, könnte schon die nächste Rezession dramatische Folgen haben. Angesichts immer neuer Probleme muss sich Ghosn längst fühlen wie ein Testfahrer auf dem Schleuderparcours. … Beispiel Nissan: Ein gemeinsamer Vorstandschef, eine bedeutende Überkreuzbeteiligung, die erfolgreiche Nissan-Sanierung als Traumstart; keine andere Kooperation unabhängiger Autokonzerne genießt so günstige Bedingungen wie die japanisch-französische Allianz. Doch Doppelchef Carlos Ghosn kämpft noch immer mit zahlreichen Problemen. Nur der gemeinsame Einkauf funktioniert einigermaßen. Doch in wichtigen Bereichen wie Entwicklung, Produktion und Vertrieb steckt die Kooperation noch in den Anfängen. So bieten die Partner weiter höchst unterschiedliche Modellpaletten an. Die Folge: Was gemeinsame Plattformen und Kostenvorteile angeht, ist die Allianz vom Niveau der Rivalen Volkswagen und GM weit entfernt. Ghosn hat die Probleme zwar früh vorausgesehen und müht sich, die Zusammenarbeit über die im neutralen Amsterdam angesiedelte Renault Nissan BV zu verstärken. Doch „vorangebracht hat uns das bislang kaum“, kritisiert ein beteiligter Manager. Selbst in Tokio wachsen die Sorgen. Von ihrem Chef offenbar im Unklaren gehalten, bemühen sich Nissan-Topmanager derzeit über inoffizielle Renault-Kanäle um Aufklärung: Wie schlimm steht es eigentlich wirklich um euch?“

Quelle: Freitag, Michael/Katzensteiner, Thomas (2011): Absturz eines Autogottes. In: Manager Magazin, 41. Jg., Nr. 11, 2011, S. 27-28. a) Führen Sie – über den Ausschnitt des „Manager Magazins“ hinaus – weitere Recherchen durch und systematisieren Sie die Probleme, die in den Medien im Zusammenhang mit der Allianz und den Allianzpartnern genannt werden.

414

Renault und Nissan b) Nehmen Sie an, Sie sind Aktionär von Renault. Welche Maßnahmen sollte das Renault-Management Ihrer Meinung nach ergreifen, um die unter a) genannten Probleme zu lösen?

19. Im Laufe der Zeit versuchten Renault und Nissan, ihre Allianz um weitere Partner auszubauen. a) Im Sommer 2006 fanden Verhandlungen zwischen Renault und Nissan und dem US-amerikanischen Automobilkonzern General Motors über dessen Aufnahme in die Strategische Allianz statt, die jedoch im Oktober 2006 erfolglos abgebrochen wurden. Warum kam es Ihrer Meinung nach nicht zu dieser Erweiterung der Allianz? Erläutern Sie bitte mögliche Gründe aus der Perspektive von Renault, Nissan und General Motors. b) Im Jahr 2010 wurde eine vertiefte Zusammenarbeit von Renault und Daimler bekannt gegeben, in die auch Nissan einbezogen sein wird. Bitte erläutern Sie, welche Form der Zusammenarbeit von den Partnern beschlossen wurde und welche Vorteile und Motive sich die jeweiligen Partner von der Zusammenarbeit versprechen. 20. Für Renault hat sich die Tochtergesellschaft Dacia und deren Entwicklung als „Glücksfall“ erwiesen. Lesen Sie folgenden Beitrag, der sich ausführlicher mit der Entwicklung von Dacia beschäftigt: Schmid, Stefan/Grosche, Philipp (2008): Dezentrale Zentralisierung – Rumänien im Zentrum der Wertschöpfung für Renaults Logan. In: Schmid, Stefan/Grosche, Philipp (2008): Management internationaler Wertschöpfung in der Automobilindustrie. Strategie, Struktur und Kultur. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, 2008, S. 66-97.

a) Warum ist die Veröffentlichung Ihrer Meinung nach mit der Überschrift „Dezentrale Zentralisierung“ versehen? Erläutern Sie bitte Ihre Auffassung. b) Wodurch lässt sich der Verkaufserfolg des Dacia Logan in zahlreichen Ländern Ihrer Meinung nach erklären? c) Inwiefern profitiert Nissan als Partner von Renault Ihrer Einschätzung nach von Dacias Erfolg? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung ausführlich. 21. Renault hält mit mehr als 80,1% die Mehrheit an Renault Samsung Motors (RSM); mit 19,9% ist die Samsung Group beteiligt. a) Bei der Samsung Group handelt es sich um ein koreanisches Chaebol. Bitte geben Sie – unabhängig vom Fall – einen Überblick über die typischen Charakteristika koreanischer Chaebol. b) Welche Vorteile und Probleme könnten sich für Renault aus der Tatsache ergeben, dass Samsung Teil eines Chaebols ist? Bitte erläutern Sie Ihre Argumente.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

415

22. Für Automobilhersteller bzw. -importeure spielt der Handel eine wichtige Rolle. Doch während Nissan selbst als Konzern erfolgreich ist, zeigte sich der NissanHandel vor einigen Jahren mit dem Konzern eher mittelmäßig zufrieden. Sie finden anbei eine Untersuchung von Markt Intern, bei der 31 Automobilmarken in Deutschland berücksichtigt wurden. Note von 1 (sehr gut) bis 5 (mangelhaft) für Nissan aus der Sicht des Handels

Rang für Nissan (innerhalb von 31 Automobilmarken)

Partnerschaftliche Kommunikation mit den Händlern

3,16

12

Modell- und Preispolitik

3,53

22

Fairness bei den Absatzzielgesprächen

3,18

17

Vertriebspolitik/Vertriebskonzepte gegen die Rabattschleuderei

3,71

23

Betreuung durch den Außendienst

2,97

18

Am Markt tatsächlich realisierbare Betriebshandelsspanne

4,46

24

Überregionale Werbung für die Leistungen und die Kompetenz der Händler

3,18

7

Direkte Verkaufsförderung der Autohäuser vor Ort

3,72

26

Vertriebspolitische Konzepte gegen ruinöse Grau-Importe

3,64

21

Leistungen für das Gebrauchtwagengeschäft der Vertragshändler

3,73

21

Gesamtergebnis

3,53

23

Kriterium

Quelle: o.V. (2007): Škoda gewinnt den großen Auto-Leistungsspiegel 2006. Markt Intern, Informationsbrief Nr. A 02/34. Jahrgang, 2007. Ebenso zeigt nachfolgender Beitrag aus der „Automobilwoche“ exemplarisch auf, warum die Zufriedenheit der Händler generell niedrig ist: Automobilwoche, 12.03.2007: „Keiner fühlt sich zuständig“, S. 8. „Alles Geschwätz!" Die Kommentare in Richtung Podium waren deftig. Was sich auf der jüngsten Jahreshauptversammlung des Nissan-Händlerverbands im Kölner Renaissance-Hotel abspielte, war meilenweit entfernt von einem partnerschaftlichen Umgang zwischen Importeur und Händlern. Wütende Einwürfe, höhnisches Gelächter und eindringliche Appelle aus dem Plenum begleiteten den Auftritt von Nissan-Deutschland-Chef Rainer Landwehr und seinen Geschäftsführungskollegen. Auch Landwehrs Eingeständnis, er habe Verständnis für den tief sitzenden Frust, und seine Zusage, die Probleme zügig lösen zu wollen, konnten die Händler nicht besänftigen. Ein gutes Jahr nach Kündigung des deutschen Händlernetzes ist Nissan von dem viel beschworenen Start in eine neue Vertriebszukunft offenbar noch weit entfernt. Gründe für den Ärger sind nach Aussage der Händler auch die Neuorganisation von Nissan auf europäischer Ebene zu

416

Renault und Nissan Jahresbeginn und die Einführung eines neuen EDV-Systems. Zudem wurden 24 Mitarbeiter bei Nissan in Brühl entlassen. „Man weiß nicht mehr, wen man ansprechen soll", klagt ein Händler. „Keiner fühlt sich zuständig." Die Folgen sind fatal. Für mehrere Hundert seit Januar verkaufte Nissan-Fahrzeuge fehlten Rechnungen, Kfz-Briefe und Zulassungen, klagen die Händler. Fahrzeuge können zum Teil nicht ausgeliefert, Vorführwagen nicht angemeldet werden. „Wenn wir beispielsweise nur den Kfz-Brief, aber keine Rechnung haben, können wir das Fahrzeug bei Nissan auch nicht als verkauft melden. Das gibt interne Probleme", erklärt Bernd Hornbacher vom Vorstand des Händlerverbands. Komplettiert werde das Chaos durch eine „wirre Gutschriftenpolitik". Neben noch ausstehenden Geldern gebe es zwar auch immer wieder Überweisungen von Nissan, berichten Händler. Aus diesen gehe allerdings nicht hervor, für welche Fahrzeuge sie getätigt wurden. Dies mache für viele Betriebe einen ordentlichen Jahresabschluss 2006 derzeit unmöglich. Als Desaster empfinden die Händler den Absturz der Nissan-Absatzzahlen. In den ersten zwei Monaten 2007 wurden nach Händlerangaben nur rund 4500 Fahrzeuge verkauft, im Februar blieb der Verkauf um 55 Prozent hinter dem Vorjahresmonat zurück. „Nissan wird zur Beistellmarke", bilanziert der Inhaber eines süddeutschen Mehrmarken-Autohauses. Schuld an der Misere ist den Händlern zufolge auch das schlechte Marketing des Importeurs. So klagen die Vertragspartner beispielsweise über oft wochenlang fehlende Prospekte und mangelnde Verkaufsunterstützung. Für Unverständnis sorgt zudem, dass Nissan dem Handel weder die individuelle Einkaufsmarge für die Zeit ab dem 1. April noch die Jahreszielvorgaben mitgeteilt hat. „Wir verkaufen derzeit Autos", stellt der frisch gewählte Händlerverbandsvorsitzende Peter Gerards fest, „ohne zu wissen, wie viel wir daran verdienen."

Quelle: Ussler, Wolf R. (2007): Keiner fühlt sich zuständig. In: Automobilwoche, 12.03.2007, S. 8. a) Bitte informieren Sie sich in der Marketing-Literatur über Ziele, Methoden, Aussagen und Probleme der Zufriedenheitsforschung, und erläutern Sie Ihre Erkenntnisse aus der Perspektive der Händlerzufriedenheit. b) Können Sie sich vorstellen, dass die Zufriedenheit der Händler in Bezug auf eine Marke von Land zu Land differiert? Welche Argumente könnten Unterschiede erklären? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. c) War es Ihrer Meinung nach eine gute Entscheidung von Nissan Deutschland, das Händlersystem komplett zu reorganisieren? Begründen Sie bitte Ihre Ansicht. 23. In der Fallstudie wurde in Abbildung 4 die Zahl von etwa 7,5 Millionen produzierten Einheiten für das Jahr 2011 als Plan ausgegeben. Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, um zu prüfen, ob dieser Plan erreicht wurde und welchen Beitrag Renault und Nissan zur Realisierung des Plans jeweils geleistet haben. Wie erklären Sie sich eventuelle positive oder negative Abweichungen von den geplanten Produktionszahlen? Suchen Sie bitte nach Gründen, die sowohl mit den Unternehmen Renault und Nissan selbst als auch mit der Umwelt zu tun haben.

Eine französisch-japanische Partnerschaft ohne Probleme?

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24. Renaults französischer Konkurrent PSA Peugeot Citroën steckt in einer Krise. Im Jahr 2012 wurde bekannt gegeben, dass General Motors eine Minderheitsbeteiligung an PSA Peugeot Citroën eingegangen ist. a) Welche Gründe und Motive sprechen aus der Sicht von PSA Peugeot Citroën, welche Gründe und Motive sprechen aus der Sicht von General Motors für diese Minderheitsbeteiligung? b) Wie beurteilen Sie aus der Sicht des Opel-Managements in Deutschland die Minderheitsbeteiligung von General Motors and PSA Peugeot Citroën? Bitte erläutern Sie Ihre Auffassung.

Sanofi-Aventis und Genta Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

Prof. Dr. Stefan Schmid, Dr. Mario Machulik und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze

Stefan Schmid, Mario Machulik und Stephan Schulze Sanofi-Aventis und Genta: Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

Lizenzverträge können entscheidend zum Ausbau internationaler Geschäftsaktivitäten beitragen; sie sind aber auch mit erheblichen Risiken behaftet. Am Beispiel eines Lizenzvertrags zwischen dem französischen Pharmaunternehmen Sanofi-Aventis und dem US-amerikanischen Pharmaunternehmen Genta sollen sowohl die Motive als auch die sich ergebenden Probleme einer derartigen grenzüberschreitenden Kooperation verdeutlicht werden. Um ein tieferes Verständnis der Zusammenarbeit zu erreichen, werden die Vertragsvereinbarungen detailliert vorgestellt. Da die Zusammenarbeit zwischen Sanofi-Aventis und Genta inzwischen beendet wurde, wird auch auf die Trennung und deren Ursachen eingegangen. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

420

Sanofi-Aventis und Genta

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Die Lizenzpartner im Kontext der Pharmabranche ............................................. 421 1.1 Sanofi-Aventis ................................................................................................. 421 1.2 Genta............................................................................................................... 422 1.3 Lizenzen in der Pharmabranche...................................................................... 423 2 Die Hintergründe der Lizenzvereinbarung ........................................................... 425 2.1 Ausgangslage .................................................................................................. 425 2.2 Motive für die Vertragspartner ......................................................................... 426 2.3 Risiken für die Vertragspartner ........................................................................ 427 3 Die Kooperation zwischen Aventis und Genta .................................................... 428 3.1 Die Lizenzvereinbarung zwischen Aventis und Genta ..................................... 428 3.2 Weitere Regelungen über die Zusammenarbeit zwischen Aventis und Genta............................................................................................................... 430 4 Der Verlauf der Kooperation zwischen Aventis und Genta ................................ 431 4.1 Der Start der Zusammenarbeit zwischen Aventis und Genta nach Abschluss der Vereinbarungen ....................................................................... 431 4.2 Die schnelle Beendigung der Beziehungen zwischen Aventis und Genta............................................................................................................... 432 5 Die Entwicklung von Genta und Aventis nach Ende der Beziehung ................. 432

Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

1

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Die Lizenzpartner im Kontext der Pharmabranche

1.1 Sanofi-Aventis Sanofi, ein Unternehmen der Pharmabranche, hat seinen Hauptsitz in Paris und ist auf allen fünf Kontinenten in ca. 100 Ländern vertreten. Sanofi ging aus einer Fusion der beiden Unternehmen Sanofi-Synthélabo und Aventis im Jahr 2004 hervor. Diese Unternehmen wiederum hatten selbst erst eine kurze Historie. Sanofi-Synthélabo ist Ergebnis einer 1999 erfolgten Unternehmenshochzeit zwischen Sanofi und Synthélabo. Aventis war ebenfalls 1999 aus dem Zusammenschluss zweier vormals unabhängiger Unternehmen – der französischen Rhône-Poulenc und der deutschen Hoechst – entstanden. Durch die Fusion von Sanofi-Synthélabo und Aventis formierte sich im Jahr 2004 der damals zweitgrößte Pharmakonzern der Welt, der mit einem Weltmarktanteil von etwa 6% im Jahre 2005 auf Rang drei lag. Dies lässt sich auch in Abbildung 1 erkennen. Mit 44% wurde damals ein beträchtlicher Teil dieses Umsatzes in Europa erwirtschaftet. Der US-amerikanische Markt war ebenso von sehr großer Bedeutung. Er trug mit ca. 35% annähernd genauso viel zum Konzernumsatz bei wie die europäischen Märkte in ihrer Gesamtheit.

Die größten Pharmakonzerne der Welt (Pharmaumsatz 2005 in Mrd. US$)

Weltmarktanteil der größten Pharmakonzerne 2005

51,3

Pfizer (USA)

GlaxoSmithKline (UK)

7% GlaxoSmithKline

37,3

9% Pfizer

6% Sanofi-Aventis Sanofi-Aventis (F)

32,3

6% Novartis Novartis (CH)

32,2

6% Roche 30,9

Roche (CH) 0

20

40

60

Umsatz Mrd. US$

Abb. 1: Die größten Pharmakonzerne der Welt Quelle: Daten aus Datamonitor (2006), S. 3, und o.V. (2006), S. 11.

66% Sonstige

422

Sanofi-Aventis und Genta

Weltweit wurden von Sanofi-Aventis im Jahr 2005 ca. 100.000 Mitarbeiter beschäftigt. Im Produktportfolio von Sanofi-Aventis befinden sich sechs Blockbuster, wie etwa Lovenox, Plavix und Allegra. Als Blockbuster werden in der Pharmabranche Medikamente bezeichnet, deren weltweiter Jahresumsatz sich auf mehr als 1 Mrd. € beläuft. Im Mai 2011 wurde Sanofi-Aventis in Sanofi umbenannt.

1.2 Genta Beim Unternehmen Genta handelt es sich um ein vergleichsweise kleines US-amerikanisches Pharmaunternehmen mit Sitz in Berkley Heights (New Jersey). Genta wurde 1988 aus dem US-amerikanischen Unternehmen Gen-Probe ausgegründet – einem Unternehmen, das sich auf die Herstellung und Entwicklung von Tests zu Diagnosezwecken spezialisiert hat. Genta stellt somit ein Spin-Off dar. Seit 1996 ist Genta an der Börse notiert. Von Anfang an konzentrierte sich Genta auf die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Krebs. Genta war zunächst noch in mehreren Spezialgebieten der Onkologie (Onkologie bezeichnet die Teildisziplin der Medizin, die sich mit Krebserkrankungen beschäftigt) tätig, fokussierte sich im Laufe der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts dann aber immer stärker auf ein einziges Forschungsprogramm – das so genannte „Antisense-Programm“. Im Rahmen dieses Programms sollten Medikamente entwickelt werden, welche die Wirkung angewandter Krebstherapien verbessern, indem sie die Produktion bestimmter Proteine behindern. Das Forschungsgebiet, in dem das Antisense-Programm angesiedelt war, galt Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts weitgehend als Neuland. Genta konnte – in diesem Frühstadium seiner Forschungen – mit den Ergebnissen noch keine Einnahmen erzielen. Und auch in den anderen, anfänglich noch existierenden weiteren Geschäftsbereichen wies Genta mit eigenen Produkten nur geringe Einnahmen auf. Beispielsweise hatte Genta im Jahr 2001 – dem Jahr vor der Zusammenarbeit mit Aventis – im Bereich der Lizenzgebühren lediglich Einnahmen in Höhe von 146.000 US$. Diesen Einnahmen standen jedoch zahlreiche Ausgaben – etwa für Löhne und Gehälter sowie für Forschung und Entwicklung – gegenüber. So kam es, dass Jahr für Jahr Verluste ausgewiesen wurden. Seit der Ausgründung im Jahr 1988 bis zum Jahr 2002 hatte Genta insgesamt 198,7 Mio. US$ Verluste angehäuft. Dies wird auch durch die Daten in Abbildung 2 zum Ausdruck gebracht. Unter anderem aufgrund der finanziellen Situation war Genta von jeher stark auf die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und auf öffentliche Mittel angewiesen.

Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

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Umsatz in Mio. US$

Mitarbeiterzahl 200

16 14 12 10 8 6 4 2 0

150 100 50 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Verlust in Mio. US$ 80

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Aktien-Schlusskurse zum Jahresende in US$ 15

60 10 40 5 20 0

0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Abb. 2: Mitarbeiterzahl, Umsatz, Verluste und Börsenkurse von Genta Quelle: Daten aus Geschäftsberichten von Genta von 1997-2005 und OnVista Media (2005).

1.3 Lizenzen in der Pharmabranche Gerade für Unternehmen der Pharmabranche spielen die Bereiche Forschung und Entwicklung (F&E) eine zentrale Rolle innerhalb der Wertschöpfungskette. Dabei werden heutzutage keineswegs mehr alle F&E-Aktivitäten selbst durchgeführt; vielmehr kommt es immer öfter auch zu kooperativen Arrangements. Sanofi-Aventis arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung beispielsweise mit wissenschaftlichen Institutionen, mit Biotechnologiefirmen und mit anderen, teilweise auch konkurrierenden, Pharmaunternehmen zusammen. Ein Ausschnitt aus diesen Kooperationen findet sich in Abbildung 3.

424

Sanofi-Aventis und Genta

Kooperationen im Forschungsstadium(1) Unternehmen

Bereich

• Amphora (USA)

• Profilierung und Selektion von Bibliotheken mit Hilfe von Mikroflüssigkeiten

• Astex (GB)

• Bindungseigenschaften von Substanzen an Apo-P450-Enzymen

• Cerep (F)

• chemische Bibliotheken

• GeneLogic (USA)

• toxikogenomische Technologien • Datenbanken mit Expressionsprofilen

• Genfit (F)

• Atherosklerose • Diabetes • metabolisches Syndrom • Multiple Sklerose • Entzündungen

• Millenium (USA)

• Entzündungen

• Mitsubishi Pharmaceuticals (J)

• neurodegenerative Krankheiten

Kooperationen im Entwicklungsstadium(1) Unternehmen

Bereich

• Altana (D)

• Entwicklung und Vermarktung von Alvesco (Dosierinhalator zur Behandlung von Asthma)

• Pfizer (USA)

• Entwicklung eines inhalativen Insulins zur Behandlung von Diabetes

• Procter&Gamble Pharmaceuticals (USA)

• Entwicklung von Actonel (Medikament zur Behandlung von Osteoporose)

(1) In alphabetischer Reihenfolge. Die Buchstaben in Klammern, die an Autokennzeichnen angelehnt sind, geben das Land des Stammsitzes des kooperierenden Unternehmens an.

Abb. 3: Ausgewählte Forschungs- und Entwicklungskooperationen von Sanofi-Aventis Quelle: Informationen aus dem Geschäfts- und Finanzbericht 2004 von Sanofi-Aventis (2005a), S. 49-50. Wie für alle Unternehmen der Branche leisten Lizenzverträge auch für Sanofi-Aventis einen wichtigen Beitrag zu erfolgreicher Forschung und Entwicklung. In Ergänzung zu eigenen F&E-Bemühungen wird mit ihrer Hilfe unter anderem versucht, neue Felder zu erschließen, komplementäre Kompetenzen zu erhalten, Risiken zu reduzieren bzw. zu teilen sowie Entwicklungszeiten für neue Produkte zu verkürzen und deren Markteinführung signifikant zu beschleunigen. Geordnet nach Geschäftsfeldern, in denen SanofiAventis agiert, gibt Abbildung 4 einen Überblick über ausgewählte Partnerunternehmen, mit denen Lizenzverträge bestehen oder bestanden haben. Dabei wird danach differenziert, welche Lizenzpartnerschaften von Aventis und welche Lizenzpartnerschaften von Sanofi in das fusionierte Unternehmen Sanofi-Aventis eingebracht wurden.

Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

2

425

Die Hintergründe der Lizenzvereinbarung

2.1 Ausgangslage Wir schreiben das Jahr 2002. Aventis war noch nicht mit Sanofi-Synthélabo fusioniert, und Genta suchte nun schon seit zwei Jahren nach einem Lizenznehmer für das Medikament Genasense, das führende Medikament des „Antisense-Programms“. Genasense befand sich im Jahr 2002 bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Es wurde für zahlreiche Krebsarten an Patienten getestet, weshalb dem Medikament zu diesem Zeitpunkt eine Vorreiterrolle zukam.

Bereiche

Erkrankungen des ZNS(1)

Onkologie

Innere Medizin(2)

Impfstoffe/ Andere(3)

• Dainippon (J) • Neurogen (USA) • Targacept (USA) • Teva Pharmaceuticals (IL)

• Ajinomoto (J) • Genta (USA) • ImmunoGen (USA) • Regeneron (USA)

• Genfit (F) • Peptor (IL) • Pfizer (USA) • Mercury (USA) • Novo Nordisk (DK) • Zealand Pharma (DK)

• Altana Pharma (D) • Biotie (FIN) • Celera (USA) • Coley (USA) • Daiichi (J) • Etypharm (F) • Indevus (USA) • Inflazyme (CDN) • Jerini (D) • Millenium (USA) • Procter & Gamble (USA) • ProSkelia (GB)

• Crucell (NL) • Intercell (A) • Klosterfrau (D) • Monsanto (USA) • Viro-Pharma (USA)

• Genset (F) • Novo Nordisk (DK)

• Atrix (USA) • Biosyn (D) • Debiopharm (CH) • IDM (USA)

• Bayer (D)

• Abbot (USA) • Alza (GB) • Organon (NL) • Orion (FIN) • Nippon Shinyaku (J)

• Skye-Pharma (GB) • ViroPharma (USA)

Lizenzpartner von Aventis(4)

Lizenzpartner von Sanofi(4)

Diabetes

(1) ZNS = Zentrales Nervensystem, (2) inkl. Thrombose- und kardiovaskulärer Erkrankungen, (3) inkl. Generika, OTC (over-the-counter-Handel mit rezeptfreien Medikamenten), Biotechnologie und Urologie, (4) Bei den Lizenzpartnerschaften kann es sich um Lizenznahme oder Lizenzvergabe handeln. Nicht alle der Lizenzpartnerschaften müssen zum Abschluss der Arbeiten an der Fallstudie (April 2006) noch bestehen. Die Buchstaben in Klammern, die an Autokennzeichnen angelehnt sind, geben das Land des Stammsitzes des kooperierenden Unternehmens an.

Abb. 4: Ausgewählte Lizenzpartnerschaften von Sanofi und Aventis Quelle: Informationen aus diversen Presseveröffentlichungen. Der in Verbindung mit dem Medikament Genasense anvisierte Therapieansatz wurde in Fachkreisen zweigeteilt betrachtet. Einerseits galt er als innovativ und als Erfolg versprechend, andererseits war mehreren ähnlichen Medikamenten die behördliche Zulassung Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts versagt worden. Zwischen Genta und Aventis fanden erste Verhandlungen über eine Zusammenarbeit zu einem Zeitpunkt statt, als die behördliche Medikamentenzulassung noch nicht sicher war. Vor allem für Aventis bedeutete dies neben aussichtsreichen Chancen auch erhebliche Risiken. Doch

426

Sanofi-Aventis und Genta

was motivierte beide Seiten überhaupt, in Verhandlungen über eine mögliche Zusammenarbeit einzutreten?

2.2 Motive für die Vertragspartner Genta benötigte zur weiteren Entwicklung von Genasense dringend finanzielle Mittel, weshalb man nach einem Partner suchte, der zu größeren Investitionen bereit war. Darüber hinaus sollte ein Partnerunternehmen, so die Vorstellung von Genta, eine dominante Position in wenigstens einem Segment der Krebstherapien haben. Genta stellte sich zur Unterstützung der F&E-Aktivitäten ein Unternehmen mit aktivem Interesse, langfristigem Engagement und ausgeprägter Expertise in der experimentellen Forschung (Forschung im Labor) sowie in der klinischen Forschung (Forschung an Patienten, z.B. im Krankenhaus) im Onkologiebereich vor. Genta wusste auch, dass eine erfolgreiche internationale Markteinführung von Genasense für ein kleines Unternehmen alleine nicht zu bewältigen war. Daher suchte Genta Zugang zu einem starken Marketing- und Vertriebspartner. Obwohl Genta selbst keine größeren Produktionsanlagen besaß, musste ein potentieller Partner nicht zwingend über entsprechende Fertigungskapazitäten verfügen, da Genta bereits Kooperationspartner in diesem Bereich hatte. Aventis hatte damals nicht nur ein weltweites Netzwerk an Tochtergesellschaften, sondern auch die größte auf den Vertrieb von Medikamenten zur Krebstherapie spezialisierte Sales Force in den Vereinigten Staaten. Dies sollte eine zügige und großflächige Vermarktung von Genasense unterstützen. Weiterhin verfügte Aventis zu dieser Zeit über ein ertragsstarkes Produktportfolio, das sehr gute Umsätze erwarten ließ. Doch Aventis betrachtete sein Portfolio an geplanten Neuentwicklungen als nicht ausreichend und blickte deshalb skeptisch auf die mittel- bis langfristige Zukunft. Für Aventis wurde die Lizenznahme von Medikamenten – und auch von Wirkstoffen – in späten Entwicklungsphasen daher zum ausdrücklichen Bestandteil der Unternehmensstrategie. Die zu lizenzierenden Medikamente sollten sich durch aussichtsreiche klinische Testergebnisse und ein hohes Absatzpotential auszeichnen. Im Bereich der Onkologie wollte Aventis mit neuen Medikamenten auch in neue Therapiegebiete vorstoßen. Aventis beabsichtigte, das Medikament Taxotere (Aventis’ führendes Medikament zur Behandlung von Krebs) mit Genasense gemeinsam zu vermarkten. Davon versprach sich Aventis eine höhere Krebsheilungsrate und somit einen Beitrag zum Ausbau und zur Sicherung des weltweiten Onkologiegeschäfts. Aufgrund seines fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums und seiner guten Ertragsaussichten schien eine mögliche Lizenznahme von Genasense also hervorragend zur Strategie von Aventis zu passen.

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2.3 Risiken für die Vertragspartner Natürlich wurde von beiden Seiten auch die Negativseite betrachtet. Welche Probleme und Risiken wurden von Aventis diskutiert? Zunächst einmal war dem Management klar, dass eine Lizenznahme generell mit hohen Kosten verbunden ist – Kosten, die nicht zwingend niedriger als die Kosten einer eigenen Entwicklung sind. Zudem bestand das Risiko, eine Lizenzvereinbarung für ein Medikament einzugehen, welches noch keine behördliche Zulassung hatte. Dies stellte nicht nur ein finanzielles Risiko dar, sondern war auch mit möglichen negativen Konsequenzen für die Reputation verbunden. Zwar beliefen sich optimistische Schätzungen für das gesamte jährliche Umsatzpotential von Genasense auf 1,0 bis 2,5 Mrd. US$; doch selbst unter der Annahme, dass die behördliche Zulassung von Genasense für mehrere Krebsarten erfolgen würde, war es für Aventis schwierig, das gesamte Marktpotential einzuschätzen. Ein Hauptgrund dafür lag darin, dass noch nicht bekannt war, ob Genasense bei der Therapie der einzelnen Krebsarten die gleiche positive Wirkung haben würde. Somit war zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher, bei welchen Krebstherapien Genasense später besonders starken Einsatz finden könnte. Für Aventis bestand also ein hohes finanzielles Verlustrisiko – dies umso mehr, als es Genta bei einer möglichen Lizenzvereinbarung auf Vorauszahlungen ankam. Schließlich waren bei Genta die Kassen leer und anderweitige zukünftige Einnahmen nicht in Sicht. Um die Risiken einer Zusammenarbeit mit Genta besser einschätzen zu können, führte Aventis vor Vertragsabschluss intensive Due-Diligence-Maßnahmen durch. Zu diesen Maßnahmen gehörte eine In-House-Prüfung hinsichtlich des gemeinsamen Einsatzes von Genasense mit Aventis’ eigenem Krebsmedikament Taxotere. Zudem verlangte Aventis die Einsichtnahme in die Aufzeichnungen der Treffen von Genta mit der USamerikanischen Zulassungsbehörde FDA (U.S. Food and Drug Administration), die Genta auch gewährte. Schließlich wollte Aventis prüfen, ob die Kulturen und Strategien beider Unternehmen zusammenpassten, wozu man Treffen der Vertreter der Personalund Marketingabteilungen arrangierte. Nicht nur für Aventis, auch für Genta existierten bestimmte Probleme und Risiken. Die bereits während der Vertragsverhandlungen durchgeführten Due-Diligence-Maßnahmen seitens Aventis stellten einen erheblichen potentiellen Know-how Abfluss für Genta dar. Darüber hinaus befürchtete das kleine Unternehmen Genta, im Falle einer Zusammenarbeit mit Aventis von einem „Goliath“ überwältigt zu werden. Zudem war Genta klar, dass Aventis im Falle eines sehr großen Markterfolgs von Genasense überdurchschnittlich stark profitieren und somit die Früchte langjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit ernten würde.

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Die Kooperation zwischen Aventis und Genta

Am 26. April 2002 wurde die Lizenzvereinbarung von Vertretern beider Seiten unterzeichnet. Da die Entwicklung von Genasense noch nicht abgeschlossen war, enthielt die Vereinbarung neben den Regelungen über die Objekte, Restriktionen und das Entgelt der Lizenzierung auch Bestimmungen über die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen bei der Weiterentwicklung von Genasense, die nun erläutert werden.

3.1 Die Lizenzvereinbarung zwischen Aventis und Genta Die Objekte der Lizenzvereinbarung zwischen Aventis und Genta waren sämtliche Rechte zur Nutzung von Patenten, Technologien, Markenzeichen und Copyrights, die in Zusammenhang mit Genasense standen. Die Nutzung dieser Rechte war sowohl sachlich als auch räumlich begrenzt. Je nach Anwendungsfeld wurde die Lizenzvereinbarung unterschiedlich gestaltet: •

Forschungs- und Entwicklungslizenz: Aventis erhielt das weltweite co-exklusive Recht, die Technologie in Zusammenhang mit Genasense – gemeinsam mit Genta – für eigene Forschungszwecke zu nutzen, zu reproduzieren und zu verändern. • Produktionslizenz: Aventis wurde das weltweite exklusive Recht zur Produktion von Genasense übertragen. • Vertriebslizenz: Aventis sicherte sich das weltweite exklusive Recht zum Vertrieb von Genasense. Zusätzlich zu diesem Recht erwarb Aventis auch die Markenrechte und das Copyright für Genasense in den Märkten außerhalb der USA. Damit konnte Aventis Genasense auf internationalem Parkett als „Eigenentwicklung“ vermarkten und alle Marketingaktivitäten nach eigenen Vorstellungen gestalten. Außerhalb der USA behielt sich Genta lediglich ein Zustimmungsrecht für den Fall vor, dass Aventis eine internationale Marktbearbeitung über Dritte anstrebte, und verlangte von Aventis, über alle geplanten und durchgeführten internationalen Marketingaktivitäten informiert zu werden. Neben den sachlichen und räumlichen Restriktionen existierten Vereinbarungen über die Laufzeit der Lizenzvereinbarung. Mit Ablauf des letzten Patentes für eine bestimmte Krebsart sollte auch die bestehende Lizenzvereinbarung für Genasense auslaufen. Zudem hatte sich Aventis im Vertragswerk vorbehalten, vor Ablauf des Patentschutzes die Vereinbarung mit sechsmonatiger Kündigungsfrist zu beenden. Welche Regelungen wurden hinsichtlich der Lizenzgebühren getroffen? Die Höhe der gesamten Lizenzgebühren, die Aventis an Genta zu zahlen hatte, war enorm. In Fach-

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kreisen galt die Lizenznahme als die bis dahin weltweit zweitteuerste Lizenznahme eines einzelnen Medikaments. Die einzelnen finanziellen Vereinbarungen des Lizenzvertrags sind in Abbildung 5 wiedergegeben. Daraus geht hervor, das Genta anfängliche Zahlungen von insgesamt 132 Mio. US$ in Form von Barzahlungen, Eigenkapitalbeteiligung und wandelbarem Fremdkapital erhalten sollte. Diese waren so genannte „UpfrontPayments“, d.h. Vorausleistungen, die ohne jegliche Gegenleistungen erbracht wurden. Weitere Zahlungen waren dann bereits an das Erreichen so genannter „Meilensteine“ gebunden, d.h. an vertraglich festgelegte Zielvereinbarungen, die sich auf den Erhalt der behördlichen Zulassungen in den einzelnen Ländern richteten. Für die laufenden Lizenzgebühren wurden Sätze festgelegt, die sich je nach Region zwischen 15% und 22% des Umsatzes bewegten.

1) Vorausleistungen von Aventis an Genta

insgesamt 132 Mio. US$

• 50 Mio. US$ Barzahlungen • 72 Mio. US$ Eigenkapital-Beteiligung (entspricht 9%-Beteiligung an Genta) • 10 Mio. US$ Sonstiges (wandelbares Fremdkapital)

Fixe Kosten der Lizenzvereinbarung

2) Leistungen nach Projektfortschritt von Aventis an Genta • • • • • • •

95 Mio. 40 Mio. 20 Mio. 20 Mio. 40 Mio. 40 Mio. 45 Mio.

insgesamt 300 Mio. US$

US$ für die 1. FDA Zulassung (inklusive 20 Mio. US$ wandelbares Fremdkapital) US$ für die 2. FDA Zulassung US$ für die 1. europäische Zulassung US$ für die 2. europäische Zulassung US$ für die 1. „solid tumor“ Zulassung in den USA US$ für die 1. front line „major tumor“ Zulassung in USA US$ für die 2. „major tumor“ Zulassung in USA

3) Entwicklungskosten • Aventis übernimmt 75% der US-Entwicklungskosten und 100% der sonstigen Entwicklungskosten.

Variable Kosten der Lizenzvereinbarung

4) Marketingkosten • Aventis übernimmt 100% der Marketingkosten und bezahlt 50 Genta-Vertriebsmitarbeiter. 5) Lizenzgebühren von Aventis an Genta • Schätzungsweise 18-22% in den USA und 15% in Europa der jeweiligen Umsatzerlöse

Abb. 5: Die finanziellen Vereinbarungen zwischen Aventis und Genta Quelle: in Anlehnung an Bear-Stearns (2003), S. 33.

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3.2 Weitere Regelungen über die Zusammenarbeit zwischen Aventis und Genta Obwohl sich Aventis durch die im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Lizenzvereinbarung umfassende Rechte gesichert hatte, war es notwendig, in bestimmten Bereichen eine weitreichende Zusammenarbeit mit Genta zu pflegen, um das letztendliche Ziel einer kommerziellen Nutzung auch zu erreichen. Aus diesem Grund beschlossen Aventis und Genta im Rahmen der Lizenzvereinbarung, eine Reihe von Aktivitäten gemeinsam durchzuführen. Dazu gehörten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zur Erlangung der behördlichen Zulassung in den USA, die Organisation der weltweiten Produktion und Logistik sowie die Vorbereitung von Marketingaktivitäten in den USA. Alle anderen Aktivitäten sollten von Aventis allein durchgeführt werden. Zur Koordination der Zusammenarbeit wurde ein Allianzkomitee („Alliance Management Committee“) mit Repräsentanten beider Unternehmen gegründet. Auf operativer Ebene übernahmen drei Managementteams in den Bereichen Forschung und Entwicklung („Research and Development Team“), Produktion und Logistik („Supply Chain Team“) und Marketing und Vertrieb („U.S. Commercialization Team”) die konkrete Planung und Umsetzung für die kommerzielle Nutzung von Genasense. Die Aufgaben der einzelnen Teams werden im Folgenden kurz beschrieben. •

„Research and Development Team”: Zunächst wurde ein „Development Plan“ erarbeitet, in dem die Verantwortung für die F&E-Aktivitäten zwischen Genta und Aventis geregelt und ein Budget veranschlagt wurden. Außerdem sollte das Team die Planimplementierung kontrollieren und dem Allianzkomitee regelmäßig darüber Bericht erstatten. Hauptaufgabe war dabei die Zuständigkeit für die Erlangung der behördlichen Zulassungen bei der FDA, die als wichtigster Meilenstein betrachtet wurden. • „Supply Chain Team“: Die Aufgabe dieses Teams bestand in der Erarbeitung eines „Supply Plan“, der die weltweite Organisation der Lieferkette für Genasense regeln sollte. Im Rahmen dieses Plans sollten potentielle Zulieferer identifiziert, auf eine mögliche Zusammenarbeit geprüft und schließlich die besten Zulieferer dem Allianzkomitee vorgeschlagen werden. Nach einer Markteinführung von Genasense, so die Vereinbarung, sollte das Team die Steuerung sämtlicher Produktionsaktivitäten und der weltweiten Logistik übernehmen. Dazu zählte man insbesondere die Erfüllung der internationalen Produktkennzeichnungs- und Verpackungspflichten sowie regelmäßige Qualitätskontrollen. • „U.S. Commercialization Team”: Die primäre Aufgabe dieses Teams lag darin, den Marketingplan für die USA zu entwickeln. Aufbauend auf einer zu entwickelnden Marketingstrategie sollten insbesondere Maßnahmen im Rahmen der Kommunikationsund Preispolitik und die Zeitpunkte der Markteinführung von Genasense für die einzelnen Therapiegebiete festlegt werden. Außerdem erwartete man die Erstellung kurz- und langfristiger Absatzprognosen. Das Team bekam darüber hinaus den Auf-

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trag, nach einer Markteinführung von Genasense die Effizienz der durchgeführten Vermarktungs- und Vertriebsaktivitäten zu bewerten und dem Allianzkomitee regelmäßig über deren Verlauf Bericht zu erstatten. Die Arbeit in den Teams und die anfänglich erzielten Ergebnisse werden im folgenden Abschnitt erläutert.

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Der Verlauf der Kooperation zwischen Aventis und Genta

4.1 Der Start der Zusammenarbeit zwischen Aventis und Genta nach Abschluss der Vereinbarungen Nach Abschluss des Lizenzvertrages und der weiteren Vereinbarungen begannen die beiden Unternehmen, wie geplant die kommerzielle Nutzung von Genasense vorzubereiten. Dazu wurden aus jedem Unternehmen erfahrene Manager in die jeweiligen Gremien entsandt. Die ersten Ergebnisse der Arbeit in den einzelnen Managementteams werden im Folgenden kurz umrissen. Im Bereich der Forschung und Entwicklung wurden von 2002 bis 2003 mehrere separate Projekte zur Erforschung der Behandlungsmöglichkeiten unterschiedlicher Krebsarten mit Genasense eingeleitet. Man beabsichtigte, die Anzahl der Zulassungen für verschiedene Therapiegebiete systematisch auszubauen. Im Bereich des Supply Chain Managements hatte Aventis sein ursprünglich von Genta im Rahmen der Lizenzvereinbarung erworbenes Recht zur alleinigen Produktion an Genta weitergegeben. Im Dezember 2002 wurde von Genta mit dem britischen Chemieunternehmen Avecia, das für Genta schon seit Jahren zahlreiche Produktionsaktivitäten übernahm, ein Zuliefervertrag für Genasense über fünf Jahre unterzeichnet. Dieser Vertrag sollte ausreichende Produktionskapazitäten für Genasense hinsichtlich der Versorgung der klinischen Tests und der späteren weltweiten kommerziellen Vermarktung sicherstellen. Im Marketingbereich beschäftigte sich das „U.S. Commercialization Team“ zunächst mit der Organisation des Vertriebsbereichs bei Genta. Bis zum Frühjahr 2004 wurde dieser völlig neu strukturiert und ausgerichtet. Darüber hinaus arbeitete man an einem weltweit angelegten Marktforschungsprojekt zur Festlegung einer zukünftigen internationalen Preispolitik. Genta investierte die Einnahmen, die aus der Lizenzvereinbarung mit Aventis resultierten, konsequent in den Ausbau des Unternehmens, insbesondere in neues Personal. Im Frühjahr des Jahres 2004 beschäftigte Genta ca. 190 Mitarbeiter. Dies kann unter anderem als Grund dafür angesehen werden, dass es im März 2003 zu einer Erweiterung der ursprünglichen Lizenzvereinbarung kam. Zusätzlich zu den in Abbildung 5 dargestellten

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Abmachungen leistete Aventis eine weitere Zahlung in der Form eines kurzfristigen Kredits in Höhe von 40 Mio. US$.

4.2 Die schnelle Beendigung der Beziehungen zwischen Aventis und Genta Im Oktober 2003, also etwa eineinhalb Jahre nach Abschluss der Lizenzvereinbarung, wurden neue Ergebnisse klinischer Tests von Genasense veröffentlicht. Aventis und Genta erachteten die Ergebnisse als vielversprechend und initiierten im Dezember 2003 ein Zulassungsverfahren mit der FDA. In der Fachpresse und von Analysten wurden die Ergebnisse jedoch kritisch betrachtet. Genasense verfehlte in ihren Augen angeblich das primäre Ziel der Studien – signifikante Ergebnisse hinsichtlich der Verlängerung der Lebenszeit der behandelten Patienten vorzulegen. Am 30. April 2004 wurden erste kritische Stellungnahmen von Mitarbeitern der FDA öffentlich. Am 3. Mai 2004 gab das für den Onkologiebereich zuständige Beratungskomitee der FDA seine Entscheidung bekannt, der FDA von einer Zulassung für Genasense im Rahmen der Hautkrebstherapie abzuraten. Obwohl diese Empfehlung für die endgültige Entscheidung der FDA nicht bindend war, zog Genta den Zulassungsantrag für Genasense bereits am 13. Mai 2004 zurück. Die Fusion von Aventis mit Sanofi-Synthélabo war zu dieser Zeit bereits in vollem Gange. Sämtliche Vertragsvereinbarungen blieben dadurch allerdings unverändert. SanofiAventis teilte Genta am 8. November 2004 mit, die Zusammenarbeit beenden zu wollen. Ausschlaggebend dafür war das Bekanntwerden weiterer schwacher Testergebnisse von Genasense im Bereich der Blutkrebserkrankungen. Sanofi-Aventis war vertraglich dazu verpflichtet, innerhalb der halbjährigen Kündigungsfrist bis zum 8. Mai 2005 finanzielle Ausgleichszahlungen für die weiterlaufenden Entwicklungsaktivitäten zu leisten. Damit sollte Genta eine möglichst reibungslose Übergangsphase ermöglicht werden.

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Die Entwicklung von Genta und Aventis nach Ende der Beziehung

In den Tagen zwischen dem 30. April und dem 3. Mai 2004 verlor der Aktienkurs von Genta ca. 60% seines Wertes – er sank von 14,43 US$ auf 5,11 US$. Daraufhin gab Genta am 13. Mai 2004 ein groß angelegtes Restrukturierungsprogramm bekannt, das unter anderem die Entlassung von 85 Mitarbeitern – ca. 45% der zu dieser Zeit Beschäftigten – beinhaltete. Die letztendliche Kündigung der Lizenzvereinbarung durch Sanofi-

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Aventis wurde von Analysten auch als „Todesstoß“ bezeichnet, denn sie kostete Genta weitere 45% seines Aktienkurses. Die Aktie notierte zum Börsenschluss am 9. November 2004 noch bei 1,43 US$. Dieser Kurseinbruch bedeutete auch für Sanofi-Aventis eine erhebliche Wertminderung der im Jahre 2002 eingegangenen Kapitalbeteiligung an Genta. Vor allem aber war mit der Kündigung für Sanofi-Aventis der Verlust sämtlicher geleisteter Zahlungen verbunden. Diese beliefen sich laut Schätzungen von Fachkreisen bis zum 31. Dezember 2004 – aufgrund der 132 Mio. US$ Vorausleistungen, der ca. 127,6 Mio. US$ Entwicklungskostenzuschüsse und einer offenen Kreditforderung in Höhe von 7,3 Mio. US$ – auf insgesamt ca. 266,9 Mio. US$. Das Genasense-Programm wird seit der Beendigung der Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen von Genta alleine fortgeführt. Am 30. Juni 2005 teilte Genta mit, dass man mit der europäischen Zulassungsbehörde EMEA (European Medicines Agency) erste Schritte für ein Zulassungsverfahren von Genasense im Bereich der Hautkrebserkrankungen veranlasst habe. Von Seiten Gentas ist geplant, ein erneutes Zulassungsverfahren in den USA im Bereich der Blutkrebserkrankungen Ende 2005 einzuleiten. Entscheidend hierfür sind nach Angaben Gentas die wesentlich besseren Resultate neuer Studien im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2004. Hat Sanofi-Aventis also zu schnell „die Reißleine gezogen“?

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Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

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438

Sanofi-Aventis und Genta

Fragen und Aufgaben 1.

Internationale Zusammenarbeit im Rahmen von Lizenzvereinbarungen hat in der Pharma- und Biotechnologiebranche einen hohen Stellenwert. a) Charakterisieren Sie bitte die Lizenzvereinbarung zwischen Aventis und Genta hinsichtlich ihrer Objekte, Restriktionen und finanziellen Regelungen. b) Fassen Sie bitte die in der Fallstudie genannten Motive zusammen, die zum Abschluss der Lizenzvereinbarung geführt haben. Differenzieren Sie dabei bitte zwischen Motiven des Lizenznehmers und Lizenzgebers. c) Gibt es weitere Motive, die in der geschilderten Konstellation eine Rolle gespielt haben könnten, aber in der Fallstudie nicht genannt sind? Wenn ja, welche Motive könnten dies sein?

2.

Lizenzverträge im Bereich der Forschung und Entwicklung bergen für die beteiligten Vertragspartner meist auch erhebliche Risiken. a) Welche Risiken ergaben sich im vorliegenden Fall für beide Unternehmen aus dem Eingehen der Lizenzvereinbarung? b) Welche Maßnahmen haben die Unternehmen ergriffen, um die Risiken der Lizenzvereinbarung zu minimieren? Hätten Sie als Manager weitere Maßnahmen empfohlen? Wenn ja, skizzieren Sie bitte diese Maßnahmen. Wenn nein, so argumentieren Sie bitte, warum Sie die geschilderten Maßnahmen als ausreichend betrachten. c) Gibt es weitere Risiken, die in dem geschilderten Fall eine Rolle gespielt haben könnten, aber im Text nicht erwähnt sind? Wenn ja, welche Risiken könnten dies sein?

3.

Neben der „eigentlichen“ Lizenz haben Aventis und Genta auch eine weitergehende Kooperation beider Unternehmen in verschiedenen Bereichen vereinbart. a) Es gibt verschiedene Formen der Kooperation. Geben Sie bitte – unabhängig vom Fall – einen Überblick über verschiedene Kooperationsformen. b) Wie würden Sie die Art der Kooperation zwischen Aventis und Genta bezeichnen? Begründen Sie bitte Ihre Antwort. c) Welche Vorteile sahen beide Unternehmen im Eingehen einer über die Lizenzvereinbarung hinausgehenden Kooperation?

4.

Aventis hat stark in die Lizenzierung investiert. Es gab Kritiker, die den Vorschlag machten, dass Aventis Genta hätte vollständig kaufen sollen. a) Vergleichen Sie bitte die durch Aventis gewählte Strategie der Lizenzierung im Vergleich zur Akquisition, und gehen Sie dabei auf Vorteile und Nachteile ein.

Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

439

b) Führen Sie bitte mögliche Gründe auf, warum sich Aventis für eine Lizenzierung und nicht für eine Akquisition entschieden hat. 5.

Im Rahmen der Lizenzvereinbarung ist Aventis durch eine Kapitalbeteiligung auch zu einem Anteilseigner von Genta geworden. a) Handelt es sich bei dieser Investition Ihrer Meinung nach um eine Portfolioinvestition oder um eine Direktinvestition? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung, indem Sie sowohl auf die Motive von Aventis als auch auf die so genannte Direktinvestitionsannahme eingehen. b) Welche Vorteile und Nachteile brachte in dem geschilderten Fall die Kapitalbeteiligung von Aventis an Genta mit sich? c) Wie sollte Aventis Ihres Erachtens nach der Kündigung der Lizenzvereinbarung mit der Kapitalbeteiligung umgehen? Zeigen Sie bitte verschiedene Optionen auf und bewerten Sie diese.

6.

Für die Zusammenarbeit zwischen Aventis und Genta wurden verschiedene koordinationsbedarfsdeckende Strategien angewandt. a) Geben Sie bitte zunächst einen allgemeinen Überblick über mögliche koordinationsbedarfsdeckende Strategien. b) Ordnen Sie die Maßnahmen von Aventis bitte den drei Hauptkategorien – strukturelle, technokratische und personenorientierte Koordinationsstrategien – zu. c) Identifizieren Sie in dem spezifischen Fall weitere sinnvolle Strategien bzw. Maßnahmen zur Deckung des Koordinationsbedarfes? Wenn ja, welche Strategien bzw. Maßnahmen sind dies Ihrer Meinung nach?

7.

Aus der Perspektive von Genta stellte die Lizenzvereinbarung mit Aventis einen Internationalisierungsschritt dar, der auch theoretisch begründbar ist. a) Bitte ordnen Sie zunächst die Lizenzierung in das Dunningsche OLI-Paradigma (eklektische Paradigma) ein. b) Warum hat sich Genta Ihrer Meinung nach für Lizenzierung und nicht für Exporte oder Direktinvestitionen entschieden? Ist Ihre Antwort im Einklang mit den Aussagen, die Dunning mit seinem OLI-Paradigma (eklektischen Paradigma) liefert? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

8.

Bei der vorliegenden Kooperation handelt es sich um die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Unternehmen. Welche kulturellen Konfliktpotentiale identifizieren Sie, wenn Sie an unterschiedliche Kulturfelder denken? Wie würden Sie als TopManager agieren, um diese kulturellen Konfliktpotentiale zu handhaben? Entwickeln Sie bitte einen Katalog an Strategien und Maßnahmen.

440 9.

Sanofi-Aventis und Genta Hätte Genta Ihrer Ansicht nach mit der sofortigen Kündigung von Aventis bzw. Sanofi-Aventis rechnen müssen? Beantworten Sie diese Frage bitte, indem Sie die Sachlage mit Hilfe der folgenden Theorien, die häufig zur Erklärung von Kooperationen herangezogen werden, analysieren: a) Prinzipal-Agenten-Theorie, b) Spieltheorie.

10. Die Lizenzvereinbarung wurde zu einer Zeit abgeschlossen, als Aventis noch nicht mit Sanofi fusioniert war. Die Lizenzvereinbarung wurde zu einer Zeit beendet, als Aventis nicht mehr unabhängig war. Könnten Sie sich vorstellen, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre (und somit die Lizenzvereinbarung nicht gekündigt worden wäre), wenn Aventis noch unabhängig gewesen wäre? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung ausführlich. 11. Stellen Sie sich vor, Sie sind Unternehmensberater und sollen entscheiden, ob der Lizenzvertrag aus ökonomischer Sicht für Aventis vorteilhaft ist. Gehen Sie dazu bitte von folgenden Annahmen aus: • Genasense hat 2004 Zulassungen für die Anwendung bei zwei Krebsarten in den USA von der FDA erhalten. • Sanofi-Aventis hat alle vertraglich vorgesehenen Zahlungen für den USamerikanischen Raum geleistet (132 Mio. US$ Vorausleistungen und 260 Mio. US$ „Meilensteinzahlungen“). • Bis zum 31. Dezember 2004 sind Entwicklungskosten von insgesamt 150 Mio. US$ für den US-Markt angefallen. Seitdem belaufen sich die jährlichen USEntwicklungskosten auf 50 Mio. US$ und die jährlichen durch den Lizenznehmer zu tragenden Herstellungskosten auf 100 Mio. US$. Die jährlichen Marketingkosten inkl. der Kosten für Gentas Verkaufsteam werden auf 200 Mio. US$ beziffert. • Genasense generiert im Jahr 2005 für beide Krebsarten einen Umsatz von insgesamt ca. 200 Mio. US$. Bis 2010 steigt dieser pro Jahr um 100 Mio. US$ an. Ab 2011 wird von einem gleichbleibenden Umsatz in Höhe des 2010 erreichten Umsatzes ausgegangen. • Unterstellen Sie Lizenzgebühren von 22% (bezogen auf den Umsatz). Wie lange müsste die Lizenzvereinbarung zwischen Aventis und Genta für den USMarkt mindestens bestehen, damit Sie die von Aventis geforderte Gesamtkapitalrendite für solche Projekte von 10% erreicht? Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass die Kalkulation im Jahr 2004 stattfindet, und berücksichtigen Sie nur die in der Fallstudie und Aufgabenstellung genannten Positionen der Cashflow-Rechnung.

Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

441

12. Die Vereinbarung von Genta mit Avecia über die Produktion von Genasense kann als Vertragsfertigung charakterisiert werden. Überlegen Sie bitte, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten es zwischen der Vertragsfertigung im Pharmabereich und im Automobilbereich (z.B. Vertragsfertigung von Porsche mit Valmet in Finnland) gibt. 13. Anfang des Jahres 2011 akquirierte Sanofi-Aventis das US-amerikanische Biotech-Unternehmen Genzyme. a) Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, um herauszufinden, welche Gründe und Motive mit der Akquisition verbunden waren. b) Stellen Sie den Gründen und Motiven der Akquisition bitte auch die möglichen Risiken und Probleme gegenüber. c) Auch wenn es zur Akquisition im Jahr 2011 kam, so ist bekannt, dass das Management von Genzyme die Offerte von Sanofi-Aventis im Jahr 2010 zunächst nicht annahm. Welche Gründe hatte Genzyme, der Akquisition zunächst skeptisch bzw. ablehnend gegenüberzustehen? 14. Im Mai 2011 hat sich Sanofi-Aventis in Sanofi umbenannt. Im November 2011 wurde bekannt, dass Sanofi am ehemaligen Höchst-Standort Arbeitsplätze streichen möchte. Lesen Sie dazu folgenden Zeitungsausschnitt: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.11.2011: „Sanofi lagert Forschung und Entwicklung aus – Pharmahersteller streicht in Frankfurt 330 Arbeitsplätze“, S. 17.

„Der französische Arzneimittelhersteller Sanofi verändert seine Forschungs- und Entwicklungsstrategie grundlegend. Künftig will der Konzern neuartige Medikamente deutlich mehr als bisher zusammen mit externen Partnern wie öffentlichen Forschungseinrichtungen und kleineren Biotechunternehmen entwickeln. Intern werden im Gegenzug Stellen und Budgets gekürzt. Am Standort im Frankfurter Stadtteil Höchst, wo knapp 1.600 Beschäftigte in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung arbeiten, sollen bis Ende 2012 rund 330 Arbeitsplätze wegfallen. Schon vor einem Jahr waren zudem die Schließung einer Tierversuchsanstalt am Frankfurter Stadtrand und die Streichung von 80 Stellen angekündigt worden, weil externe Dienstleister diese Aufgaben nach Angaben des Managements deutlich günstiger anbieten. „Die Entwicklungsdauer für neue Wirkstoffe ist in der Vergangenheit stetig länger geworden, die Anzahl der Marktzulassungen ist stetig gesunken, die Kosten haben stetig zugenommen“, fasste der für Forschung und Entwicklung in Deutschland zuständige Geschäftsführer Jochen Maas am Mittwoch vor Journalisten die Gründe für die Neuorientierung zusammen. „Wir wollen in Zukunft produktiver, flexibler und auf keinen Fall teurer sein als bisher.“ Dazu werde der Konzern seine mehr als 20 Forschungsstandorte auf der Welt in vier Zentren zusammenfassen, die mehr als bisher in eigener Verantwortung Innovationspartnerschaften abschließen sollen. „Wir wollen dafür die gesamte deutsche Forschungslandschaft nutzen“, kündigte Maas an. Bisher sei das Budget für Forschung und Entwicklung, das konzernweit im vergangenen Jahr bei 4,4 Milliarden Euro und für die deutsche Tochtergesellschaft bei 620 Millionen Euro lag, zu rund drei Vierteln intern und nur zu einem Viertel extern eingesetzt worden. „Unser Ziel ist eine Quote von 50 zu 50“, sagte Maas. Inhaltlich solle es dabei vor allem um neue Arzneimittel gegen die Stoffwechselkrankheit Diabetes sowie Alterserkrankungen wie Muskelschwäche und Arthrose gehen. Dass Frankfurt trotz der anstehenden Stellenstreichung, von der die Beschäftigten am Mittwochnachmittag in Kenntnis gesetzt wurden, neben Paris, Boston und Peking eines der vier Forschungszentren sein soll, wertete der Deutschlandchef von Sanofi, Martin Siewert, am Mittwoch

442

Sanofi-Aventis und Genta als „eine große Chance für den Standort“. Zwar würden eine Reihe von Einzelprojekten eingestellt, die bestehenden Abteilungen und Funktionen aber blieben allesamt erhalten. Wie viele Stellen an den anderen Forschungs- und Entwicklungsstandorten des Konzerns der Restrukturierung zum Opfer fallen werden, sagte er nicht. Siewert räumte indes ein, dass Sanofi – mit einem Arzneimittelumsatz von knapp 26 Milliarden Euro 2010 der fünftgrößte Pharmakonzern der Welt – bislang zu wenige Kooperationen etwa mit Biotechunternehmen eingegangen sei. Unter den Wettbewerbern betreibt dagegen beispielsweise der Schweizer Pharmakonzern Novartis eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Münchener Biotechunternehmen Morphosys. Sanofi hat auf die Innovationsschwäche bisher mit dem Aufbau anderer Geschäftsfelder wie der Tiermedizin und der Produktion günstiger Nachahmermedikamente reagiert. Vor Rückschlägen in der Entwicklung neuer Arzneimittel war zuletzt allerdings auch die Konkurrenz nicht gefeit, was sich quer durch die Branche an der rückläufigen Zahl neu zugelassener Arzneimittel ablesen lässt. Darunter befinden sich zudem nur noch selten Medikamente für große Patientengruppen, mit denen mehr als eine Milliarde Dollar im Jahr umgesetzt werden können. „Die Zeit der Blockbuster ist vorbei“, fasste Siewert diesen Trend zusammen.“

Quelle: o.V. (2011): Sanofi lagert Forschung und Entwicklung aus – Pharmahersteller streicht in Frankfurt 330 Arbeitsplätze. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.11.2011, S. 17. a) Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Auslagerung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten aus der Sicht des „resource-based view“ des Strategischen Managements? b) In dem obigen Zeitungsausschnitt ist auch die Rede davon, dass Sanofi seine Forschungsstandorte reduzieren und weltweit auf einige Zentren bündeln möchte. Erachten Sie dies als den richtigen Schritt? Bitte begründen Sie Ihre Meinung. 15. Sanofi ist ein Konzern, der in Frankreich beheimatet ist. Der Handelsblatt-Journalist Thomas Hanke titelte in einem Beitrag zum französischen Arbeitsmarkt „FreizeitChampion France“. Lesen Sie dazu folgenden Artikel: Handelsblatt, 07.05.2012: „Freizeit-Champion France“, S. 7.

„Zusammen mit Finnland ist Frankreich Europameister bei der Verringerung der Arbeitszeit. 1.679 Stunden pro Jahr leistet ein französischer Arbeitnehmer mit Vollzeitbeschäftigung, während sein deutscher Kollege es auf 1.904 Stunden bringt. Die Ursache für diesen großen Unterschied ist die im Jahr 2000 von den Sozialisten eingeführte Beschränkung der gesetzlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche. Die Linke hatte gehofft, damit die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen und die Arbeitslosigkeit verringern zu können. Erreicht hat die Linke mit der Reform, dass die Kosten der Arbeit in Frankreich gestiegen sind – und zwar kräftig: War eine Stunde Industriearbeit vor zehn Jahren noch billiger als in Deutschland, ist sie heute Eurostat zufolge mit 35,60 Euro etwas teurer als bei uns. Der Anstieg hat damit zu tun, dass auch der scheidende Staatspräsident Nicolas Sarkozy sich nicht getraut hat, die 35-Stunden-Woche wieder abzuschaffen. Er hat lediglich erlaubt, mit Überstunden über dieses Limit hinauszugehen. Das schafft den Unternehmen zwar eine gewisse Flexibilität, steigert aber ihre Kostenbelastung. Jobs gerettet – so viel steht fest – hat die Arbeitszeitverkürzung nicht. Im Gegenteil: Die Arbeitslosenquote liegt in Frankreich den harmonisierten EU-Statistiken nach mit 10,0 Prozent fast doppelt so hoch wie derzeit in der Bundesrepublik. Dazu trägt auch bei, dass nur zehn Prozent der französischen Arbeitslosen eine Weiterbildung erhalten. Der schlecht funktionierende Arbeitsmarkt

Eine Lizenzpartnerschaft von kurzer Dauer

443

mindert vor allem die Chancen der Jugendlichen in Frankreich: Von ihnen sind mit 23 Prozent fast dreimal so viele ohne Job wie in Deutschland.“

Quelle: Hanke, Thomas (2012): Freizeit-Champion France. In: Handelsblatt, 07.05.2012, S. 7. a) Informieren Sie sich über Sanofis Auslandsquoten hinsichtlich Umsatz, Beschäftigten und Vermögenswerten und berechnen Sie daraus den so genannten Transnationality-Index. b) Welche Zusammenhänge sehen Sie zwischen der Arbeitszeit in Frankreich und der Wettbewerbsfähigkeit von Sanofi auf dem Weltmarkt? Bitte berücksichtigen Sie bei Ihrer Antwort auch das Ergebnis Ihrer Recherchen zum Aufgabenteil a).

SkyTeam Eine Strategische Allianz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel?

Prof. Dr. Stefan Schmid, Dr. Thomas Kotulla und Dipl.-Kfm. Stephan Schulze

Stefan Schmid, Thomas Kotulla und Stephan Schulze SkyTeam: Eine Strategische Allianz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel?

Strategische Allianzen haben in der Luftverkehrsbranche große Bedeutung erlangt. Zentrale Ursachen hierfür sind neben der teilweise noch immer existierenden staatlichen Regulierung der Branche vor allem das Streben nach Kosten- und Ertragssynergien. Ein beeindruckendes Wachstum hat in letzter Zeit die Strategische Allianz SkyTeam vorzuweisen. SkyTeam kämpft gegen Star Alliance und gegen oneworld um die Vorherrschaft im Wettbewerb der Allianznetzwerke. In dieser Fallstudie werden zunächst die Grundzüge der Luftverkehrsbranche vorgestellt, bevor die Internationalisierung von SkyTeam im Vergleich zu den konkurrierenden Strategischen Allianzen ausführlich beschrieben wird. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zur ursprünglichen Fassung dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Mai 2007 wurde die Fallstudie für die 2. Auflage des vorliegenden Werkes vollständig überarbeitet. Im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert.

446

SkyTeam

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Einführung in die Luftverkehrsbranche ............................................................... 447 2 Kooperationen in der Luftverkehrsbranche ........................................................ 449 3 Der Aufstieg von SkyTeam ................................................................................... 451 3.1 Die Entwicklung von SkyTeam bis zur Übernahme von Wings ....................... 451 3.2 Die Übernahme von Wings durch SkyTeam.................................................... 452 4 Veränderungen des Kräfteverhältnisses in der Luftverkehrsbranche .............. 453 5 Die zukünftigen Strategien von SkyTeam und den Wettbewerbern .................. 455

Eine Strategische Allilanz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel?

1

447

Einführung in die Luftverkehrsbranche

Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts hat sich die Luftverkehrsbranche zu einer der größten Industrien der Welt entwickelt:1 Die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft, die Ausweitung des Tourismus sowie Verbesserungen im Flugzeugbau (wie z.B. im Falle der Boeing 747) führten zu einem starken Wachstum im weltweiten Flugverkehr. Als die nach Anzahl der Passagiere bedeutendsten Märkte gelten Europa, Nordamerika und Asien. Zu den international führenden Fluggesellschaften zählten um die Jahrtausendwende neben zahlreichen US-amerikanischen Gesellschaften – wie American Airlines, Delta Air Lines und United Airlines – die europäischen Gesellschaften British Airways, Lufthansa und Air France. Eine Übersicht über die zum damaligen Zeitpunkt wichtigsten Gesellschaften in der Passagierbeförderung findet sich in Abbildung 1. Rang

Fluggesellschaft

Passagierkapazitäten 2000 (Mio.)

Passagierkapazitäten 2001 (Mio.)

Allianzzugehörigkeit (Stand 2001)

1

American Airlines

197,5

191,4

oneworld

2

Delta Air Lines

187,3

177,6

SkyTeam

3

United Airlines

161,3

150,2

Star Alliance

4

Southwest Airlines

121,8

128,2



5

US Airways

124,8

122,9



6

Northwest Airlines

101,8

100,0

Wings

7

Continental Airlines

84,2

83,6

Wings

8

British Airways

71,9

70,9

oneworld

9

Lufthansa

68,5

69,5

Star Alliance

10

Air France

60,8

65,4

SkyTeam

11

All Nippon Airways

57,7

57,8

Star Alliance

12

Air Canada

41,0

53,6

Star Alliance

13

Japan Airlines

48,6

48,1



14

Iberia

40,9

44,5

oneworld

15

SAS Scandinavian Airlines

40,4

42,5

Star Alliance

16

Qantas Airways

34,3

39,0

oneworld

17

Japan Air System

35,0

35,3



18

America West Airlines

34,9

33,8



19

Alaska Airlines

33,3

33,0



20

Korean Air

29,3

31,7

SkyTeam

Abb. 1: Die 20 größten Fluggesellschaften nach bereitgestellten Passagierkapazitäten Quelle: Reid (2002), S. 7.

1

In der Luftverkehrsbranche werden in der Regel die Segmente Passagierbeförderung und Güterbeförderung (Cargo) unterschieden. In der vorliegenden Fallstudie wird innerhalb der Luftverkehrsbranche nur das Segment der Passagierbeförderung betrachtet.

448

SkyTeam

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts erlebte die Luftverkehrsbranche eine ihrer schwersten Krisen. Die Ursachen hierfür lagen sowohl in einer zu optimistischen Kapazitätsplanung vieler Fluggesellschaften als auch in externen Einflüssen. So hatten die Anschläge auf das World Trade Center in New York City, die in Asien ausgebrochene Lungenkrankheit SARS und der Krieg im Irak einen starken Rückgang der Passagierzahlen zur Folge. Aufgrund der ohnehin in der Branche bestehenden Überkapazitäten verschlechterte sich bei fallender Auslastung die finanzielle Situation vieler Fluggesellschaften dramatisch, so dass über 300.000 Angestellte in der gesamten Branche entlassen und über 100 Flugzeuge stillgelegt werden mussten. Selbst große, traditionelle Airlines erlitten erhebliche Verluste und kämpften um ihr Überleben. United Airlines, US Airways, Delta Air Lines und British Airways gehörten zu den Gesellschaften, die besonders stark in Schwierigkeiten gerieten. Neben der gesunkenen Auslastung hatten die Fluggesellschaften Anfang des 21. Jahrhunderts auch mit einem starken Anstieg ihrer Kosten zu kämpfen. So haben sich nach den Anschlägen auf das World Trade Center die Sicherheitsanforderungen sowie die damit verbundenen Aufwendungen für Mitarbeitertrainings und zusätzliche Sicherheitschecks stark erhöht. Außerdem kletterte der Preis für Rohöl – und damit auch der Preis für Kerosin – in völlig neue Sphären. Auch wenn sich die Fluggesellschaften kurzfristig, etwa durch Termingeschäfte, gegen die Preiserhöhungen absichern konnten, so mussten sie dennoch mit dem Trend der langfristig erhöhten Kosten leben. Zudem wurden die profitablen Geschäftsreisenden immer anspruchsvoller und verlangten einen weiter verbesserten Service und Komfort. Als Reaktion darauf haben beispielsweise Fluggesellschaften wie Lufthansa und British Airways in den Jahren 2003 und 2004 ihre Business Class umgestaltet, um den Ansprüchen der Reisenden in den teuren Buchungsklassen gerecht zu werden. Zu all diesen Herausforderungen gesellte sich der verstärkte Preisdruck auf dem Markt; vor allem die aufstrebenden so genannten „LowCost-Carriers“, wie etwa Ryanair oder Easyjet, brachten das Preisgefüge – insbesondere in den Tarifgruppen der Economy Class – auf zahlreichen Strecken durcheinander. Seit ihren Anfängen unterlag die Luftverkehrsbranche starken staatlichen Reglementierungen. Die ohnehin oftmals im staatlichen Besitz befindlichen Fluggesellschaften waren vor allem von zwischenstaatlichen Luftverkehrsabkommen abhängig, in denen Flugrouten, Flugkapazitäten, Flughäufigkeiten und Ticketpreise für den Flugverkehr zwischen zwei Nationen festgelegt wurden. Erst Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden diese Regulierungen langsam gelockert und zum Teil durch die so genannten „Open-Skies-Vereinbarungen“ ersetzt. Die traditionellen Open-Skies-Abkommen ermöglichen es einem Luftfahrtunternehmen, unbegrenzt in ein bestimmtes Land zu fliegen, wenn dessen Eigentümer aus einem der beiden Vertragsstaaten stammt. Der Flugverkehr innerhalb eines Landes bleibt aber weiterhin den nationalen Fluggesellschaften vorbehalten. Dies bedeutet, dass eine Fluglinie bei Verlust ihrer

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Nationalität (z.B. bei der Fusion mit einem ausländischen Partner) auch die Streckenrechte innerhalb ihres Herkunftslandes verlieren kann.2 Aus diesem Grund ist eine Expansion außerhalb des Heimatmarktes für Fluggesellschaften oftmals nur durch eine Kooperation mit einem lokalen Partner möglich. Erst die im April 2007 beschlossenen und im März 2008 in Kraft tretenden erweiterten Open-Skies-Vereinbarungen zwischen den USA und der EU heben diese Einschränkung – zumindest für Fluglinien innerhalb der EU – auf und machen damit den Weg für innereuropäische Akquisitionen und Fusionen frei. Darüber hinaus ermöglichen es die erweiterten Open-Skies-Vereinbarungen Fluggesellschaften aus der EU, von jedem EU-Mitgliedsland aus in die Vereinigten Staaten zu fliegen und von dort aus Weiterflüge in Drittstaaten anzubieten. Umgekehrt gelten diese Rechte auch für US-amerikanische Fluglinien. Reine innerstaatliche Flüge im Ausland bleiben jedoch auch von den erweiterten Open-Skies-Abkommen ausgeschlossen. Darüber hinaus ist es Fluggesellschaften aus der EU weiterhin verwehrt, mehr als 25% der Stimmrechte an US-amerikanischen Fluglinien zu erwerben.

2

Kooperationen in der Luftverkehrsbranche

Kooperationen haben in der Luftverkehrsbranche eine lange Tradition. Bereits seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts arbeiteten zahlreiche Fluggesellschaften mit anderen Fluggesellschaften zusammen, um kapitalbedingte Wachstumshürden zu überwinden und um operative Synergien zu realisieren. Während sich die Kooperationen in ihren Anfängen meist nur auf einen einzelnen Wertschöpfungsbereich beschränkten, kam es ab Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts zu einer Ausweitung auf mehrere Bereiche. Die Anzahl der Kooperationspartner wuchs; und ebenso nahm neben der Breite auch die Tiefe der Zusammenarbeit zu. In den 1990er Jahren entwickelten sich einzelne Kooperationen zu so genannten Strategischen Allianzen, durch die deren Mitglieder ihre Aktivitäten immer weiter verzahnten. Während Kooperationen früher oftmals nicht nach außen wirkten und somit den meisten Stakeholdern verborgen blieben, wurde die Zusammenarbeit nun zunehmend – etwa für Kunden und Aktionäre – sichtbar. Bis Anfang 2003 hatten sich vier bedeutende internationale Allianzen im Flugverkehr herausgebildet: Star Alliance, oneworld, SkyTeam und Wings, die auch in Abbildung 2 dargestellt werden. Wie man erkennen kann, war die Anzahl der Partner innerhalb der einzelnen Flugallianzen dabei sehr unterschiedlich; sie variierte von drei bis 16 Fluggesellschaften. Die mit 16 Mitgliedern größte Flugallianz war die 1997 als erste Strate-

2

Bei den grenzüberschreitenden Fusionen (z.B. Air France und KLM) und Akquisitionen (z.B. Lufthansa und Swiss) in den letzten Jahren haben die beteiligten Unternehmen dieses Problem zunächst durch komplizierte rechtliche Konstrukte und die Begrenzung der Beteiligungshöhe auf unter 50% umgangen.

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SkyTeam

gische Allianz gegründete Star Alliance. Wings war die kleinste der vier Flugallianzen mit nur drei Mitgliedern. Im Unterschied zu den anderen Flugallianzen stellte sie auch keine Marke dar, sondern repräsentierte lediglich einen losen Verbund von Partnern. Partner nach Regionen Flugallianz Nordamerika

Europa

Asien/Pazifik

Südamerika

Star Alliance

United Airlines Air Canada Mexicana

Lufthansa SAS bmi Austrian Airlines Tyrolean Airways Lauda Air Spanair

All Nippon Airways Asiana Airlines Thai Airways Singapore Airlines Air New Zealand

VARIG

oneworld

American Airlines

British Airways Iberia Finnair Aer Lingus

Qantas Airways Cathay Pacific

LAN Chile

SkyTeam

Delta Air Lines Aeroméxico

Air France Alitalia CSA Czech Airlines

Korean Air

Wings

Continental Airlines Northwest Airlines

KLM Royal Dutch

Stand 2003.

Abb. 2: Partner der führenden Flugallianzen und ihre regionale Verteilung Quelle: in Anlehnung an Donofrio/Poliniak (2003), S. 8. Neben der Größe der Flugallianzen ist auch deren regionale Präsenz von Bedeutung. Bis 2003 hatten Star Alliance und oneworld das dichteste Streckennetz aufgebaut. So wurden z.B. von Star Alliance fast 700 Zielorte in über 120 Ländern angeflogen, während Wings nur 450 Zielorte in 100 Ländern bediente. Gerade bei den kleineren Flugallianzen, SkyTeam und Wings, taten sich dadurch – vor allem in Asien und Südamerika – Lücken im Streckennetz auf. Diese konnten aber trotz fehlender lokaler Präsenz teilweise durch bestehende Netzwerke der amerikanischen Partnerfluggesellschaften kompensiert werden. So verfügte Wings durch Continental Airlines über ein ausgedehntes Netzwerk nach Mexiko und Südamerika sowie durch Northwest Airlines über ein ähnlich gut ausgebautes Streckennetz im pazifischen Raum. Die Vorteile der Strategischen Allianzen im Luftverkehr sind vielfältig – sie liegen in der Ausweitung der geographischen Präsenz, in der Nutzung von Kostensynergien sowie in der Realisierung von Ertragssynergien. Diese Aspekte spiegeln sich auch in den zahlreichen Kooperationselementen wider, die die Strategischen Allianzen mit sich bringen. Dazu gehören beispielsweise das Angebot weltumspannender Verbindungen aus einer Hand, der Zugriff auf attraktive Start- und Landezeiten sowie -plätze (durch Gemein-

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schaftsflüge über so genanntes „Code Sharing“), die gegenseitige Anerkennung der Vielfliegerprogramme, der erweiterte Zugang zu den Lounges der „Partner Airlines“ oder die gemeinsame Abwicklung der Check-ins. Diese Kooperationselemente sind typisch für nahezu alle Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche. Zukünftig soll insbesondere die Realisierung von Kostensynergien noch stärker in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Beispiele hierfür stellen die gemeinsame Beschaffung und der gemeinsame Einsatz von Flugzeugen sowie sonstige gemeinsame Dienstleistungen, insbesondere IT-Dienstleistungen, dar.

3

Der Aufstieg von SkyTeam

3.1 Die Entwicklung von SkyTeam bis zur Übernahme von Wings SkyTeam wurde im Juni 2000 gegründet und ist somit die jüngste der dominanten internationalen Flugallianzen. Zunächst schlossen sich vier Fluggesellschaften (Delta Air Lines, Air France, Czech Airlines und Korean Air) zusammen, denen dann ein Jahr später zwei weitere Fluglinien (Alitalia, Aeroméxico) folgten. Durch diese Partner verfügte SkyTeam über Verbindungen in viele Teile der Welt: durch Delta Air Lines und Aeroméxico nach Nord- und Lateinamerika, durch Air France und Alitalia nach Westeuropa, durch Czech Airlines nach Osteuropa und durch Korean Air in die Region Asien/Pazifik. Nachdem in den folgenden Jahren die Allianz weiter gefestigt und die Marke „SkyTeam“ auch in der Öffentlichkeit etabliert wurde, stellte sich die Frage nach der zukünftigen Entwicklung. Gegenüber den Wettbewerbern hatte SkyTeam zwei wesentliche Nachteile. Zum einen war es sehr viel kleiner, d.h. es flog deutlich weniger Ziele an, hatte weniger Flugzeuge und transportierte weniger Passagiere, zum anderen wies es Lücken in seinem Streckennetz auf, z.B. in Südamerika und in Afrika, zum Teil aber auch in der Region Asien/Pazifik. Trotz dieser Schwächen äußerte sich Jean-Cyril Spinetta, Président Directeur Général (PDG)3 des SkyTeam-Mitglieds Air France, am Rande einer 2002 stattfindenden Konferenz zur weiteren Entwicklung der Flugallianz wie folgt: „SkyTeam wünscht es nicht, mehr als vier weitere Fluggesellschaften in die Allianz zu integrieren. Diese vier neuen Partner sollten vor allem aus Lateinamerika, China, Südasien und Europa stammen. Mit mehr Mitgliedern würde es zu schwierig werden, die Allianz wirksam zu führen.“

3

Der PDG stellt eine Funktion dar, die in Personalunion dem CEO und dem Chairman im US-amerikanischen System entspricht.

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SkyTeam

3.2 Die Übernahme von Wings durch SkyTeam Die treibende Kraft hinter der Erweiterung von SkyTeam war aber nicht nur SkyTeam selbst, sondern auch eine andere Flugallianz – Wings. Eine besondere Rolle spielten hierbei die US-amerikanischen Partnerfluggesellschaften von Wings (Continental Airlines und Northwest Airlines) und von SkyTeam (Delta Air Lines). Diese hatten bereits 2002 ihre Zusammenarbeit auf dem amerikanischen Markt durch ein gemeinsames Marketingabkommen intensiviert. Spekulationen zufolge sollen diese amerikanischen Gesellschaften ihre europäischen Partner Air France und KLM zur Aufnahme von Gesprächen über eine engere Partnerschaft gedrängt haben. Nach intensiven Verhandlungen zwischen Air France und KLM wurden schließlich im September 2004 die ehemaligen Wings-Partner in die SkyTeam-Allianz aufgenommen. Durch diese Erweiterung stieg SkyTeam mit einem Schlag zur Nummer zwei unter den Strategischen Flugallianzen und damit zum stärksten Konkurrenten des Marktführers Star Alliance auf. Dies zeigen auch die Daten in Abbildung 3. Nach dem Anteil an den weltweiten Passagierkapazitäten kam der Aufsteiger zwar „nur“ auf den zweiten Rang, aber auf dem nordamerikanischen Markt hatte er bereits die größten Kapazitäten unter seiner Kontrolle. Und auch auf den drei wichtigsten internationalen Flugrouten (Nordamerika/Europa, Nordamerika/Asien-Pazifik, Europa/Asien-Pazifik) konnte SkyTeam seine Position erheblich verbessern. Mit der Aufnahme der neuen Mitglieder gewann die Flugallianz in Bezug auf ihre Größe also entscheidend hinzu. In den folgenden Jahren wurde der Fokus zunächst stärker auf die Integration der einzelnen Partner in das Netzwerk gelegt. Der Président Directeur Général des SkyTeamMitglieds Air France, Spinetta, führte dazu aus: „Jetzt wollen wir den Schwerpunkt auf die Integration der Partner in die Allianz legen und nicht darauf, neue Mitglieder zu gewinnen.“ Die Verstärkung der Integrationsbemühungen betonte Spinetta aus gutem Grund; denn mit Ausnahme der Kerosinbeschaffung existierten, insbesondere unter Kostengesichtspunkten, lange Zeit keine weiteren wesentlichen Kooperationen zwischen den Partnern von SkyTeam. Erst im Jahr 2006 – und damit deutlich später als Star Alliance – gab SkyTeam bekannt, die elektronischen Systeme seiner Mitglieder so harmonisiert zu haben, dass E-Ticket-Buchungen über mehrere SkyTeam-Fluggesellschaften hinweg möglich sind. Hiervon versprechen sich die Allianzmitglieder unter anderem eine signifikante Senkung ihrer Distributionskosten. Zusätzlich strebt SkyTeam inzwischen jedoch wieder eine Erweiterung seines Partnernetzwerks an, wie die Ausführungen in den folgenden Abschnitten zeigen werden.

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Nordamerika/ 2003 2004 Europa Star Alliance 23% 26% 27% 25% Oneworld 18% 31% SkyTeam 32% 18% Andere

Europa/ Asien-Pazifik 2003 2004 Star Alliance 31% 30% 11% 17% Oneworld 10% 18% SkyTeam Andere 48% 35%

Nordamerika/ Asien-Pazifik Star Alliance Oneworld SkyTeam Andere Name der Allianz

453

2003 2004 31% 11% 10% 48%

34% 11% 23% 32%

Marktanteil an verfügbaren Passagierkapazitäten

Abb. 3: Vergleich der Marktanteile der Strategischen Flugallianzen auf den internationalen Hauptflugrouten (nach Passagierkapazitäten) Quelle: in Anlehnung an Lufthansa (2003), S. 19, und Lufthansa (2004), S. 19.

4

Veränderungen des Kräfteverhältnisses in der Luftverkehrsbranche

Unter den Kooperationen im Luftverkehr steht Star Alliance hinsichtlich seiner Größe weiterhin an der Spitze. Die Strategische Allianz verfügt nicht nur über die längste Erfahrung, sondern auch über das dichteste Streckennetz und die meisten Flugzeuge. Ihre Mitglieder haben ein annähernd homogenes Qualitätsniveau. Die regionalen Stärken der Flugallianz liegen in Europa und im Wachstumsmarkt Asien; als regionaler Schwachpunkt gilt der amerikanische Markt: In den USA hat Star Alliance mit United Airlines und US Airways zwei Fluglinien als Partner, die beide noch immer unter gewissen finanziellen Problemen leiden. In Südamerika ist die Flugallianz seit der Trennung von der brasilianischen Fluggesellschaft VARIG im Januar 2007 gar nicht mehr direkt vertreten. Im Gegenzug konnte Star Alliance jedoch durch den kürzlich erfolgten Beitritt von Swiss seine Marktposition in Europa weiter ausbauen und durch den Beitritt von South African Airways als erste der drei dominanten Flugallianzen auf den afrikanischen Kontinent

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vordringen. Einen weiteren Vorteil weist die Flugallianz bei der Ausschöpfung von Kostenvorteilen durch eine Vielzahl von Kooperationselementen auf. Dieser Vorteil könnte allerdings schnell verloren gehen, da der Integrationsaufwand aufgrund der Vielzahl der Mitglieder deutlich höher ist als bei den anderen beiden Strategischen Allianzen. SkyTeam ist durch die Übernahme von Wings auf Platz zwei der Flugallianzen vorgerückt. Durch die Integration von Continental Airlines und Northwest Airlines dominiert die Strategische Allianz die Atlantikstrecke und das Nordamerikageschäft. In Europa, so die Einschätzung von Experten, ist SkyTeam jedoch schwächer aufgestellt. Zwar gelang der Flugallianz durch die Aufnahme von Aeroflot-Russian Airlines im Jahr 2006 ein „Überraschungscoup“, doch in Südeuropa ist sie mit der am Rande der Insolvenz fliegenden staatlichen Fluggesellschaft Alitalia „belastet“. Die größte Schwäche von SkyTeam stellt bislang das Asiengeschäft dar. In dieser Region ist die Flugallianz zurzeit nur mit Korean Air vertreten; doch der Beitritt von China Southern Airlines, der größten Fluggesellschaft Chinas, gilt in Branchenkreisen inzwischen als sicher. In Südamerika und Afrika ist SkyTeam hingegen gar nicht direkt vertreten. Oneworld geriet durch den Aufstieg von SkyTeam zunehmend unter Druck. Insbesondere in Europa standen – nach dem Scheitern der Beitrittsverhandlungen mit Swiss, das inzwischen zu Star Alliance gehört – lange Zeit nur zwei internationale Drehkreuze, nämlich London und Madrid, zur Verfügung. Im April 2007 konnte oneworld die ungarische Fluggesellschaft Malév, die insbesondere den Flughafen Budapest bedient, als neues Allianzmitglied begrüßen. In der Region Asien/Pazifik ist die Strategische Allianz vergleichsweise stark aufgestellt, während sie in den Vereinigten Staaten mit American Airlines nur einen Partner aufweist und in Afrika – genau wie SkyTeam – gar nicht präsent ist. Dafür stellt oneworld jedoch die einzige Flugallianz dar, die in Südamerika – und dabei insbesondere in Argentinien, Chile, Ecuador und Peru – direkt vertreten ist. Ein vergleichender Überblick über die wichtigsten Kennzahlen der drei Flugallianzen wird in Abbildung 4 gegeben.

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Star Alliance

Oneworld

455

SkyTeam

Gründung

Mai 1997

Februar 1999

Juni 2000

Partnergesellschaften

Air Canada, Air New Zealand, All Nippon Airways, Asiana Airlines, Austrian Airlines Group, bmi, LOT, Lufthansa, SAS, Singapore Airlines, South African Airways, Spanair, Swiss, TAP Portugal, Thai Airways, United Airlines, US Airways

American Airlines, British Airways, Cathay Pacific, Finnair, Iberia, Japan Airlines, LAN, Malév, Qantas, Royal Jordanian

Aeroflot-Russian Airlines, Aeroméxico, Air France-KLM, Alitalia, Continental Airlines, CSA Czech Airlines, Delta Air Lines, Korean Air, Northwest Airlines

Angeflogene Länder

157

142

149

Zielorte

841

692

728

16.409

9.190

14.615

413,0

319,7

372,9

350.125

266.426

286.958

650

392

400

2.831

2.453

2.018

27,2%

15,4%

20,2%

Anzahl Flüge pro Tag Anzahl Fluggäste pro Jahr (Mio.) Anzahl Mitarbeiter Anzahl Lounges Flottengröße Weltmarktanteil nach Umsatz

Stand 2006/2007.

Abb. 4: Vergleich der drei dominanten Flugallianzen anhand wesentlicher Kriterien Quelle: Daten aus Star Alliance (2007), SkyTeam (2007b) sowie Oneworld (2007b).

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Die zukünftigen Strategien von SkyTeam und den Wettbewerbern

Zur zukünftigen Entwicklung der Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche existieren unterschiedliche Positionen. Als primäres Ziel wird immer wieder die Verwirklichung von Kosten- und Ertragssynergien in den Mittelpunkt gestellt. Insbesondere die Mitglieder von Star Alliance und oneworld sehen in der Kooperation über Strategische Allianzen einen entscheidenden Faktor für ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. So führt der Vorstandsvorsitzende des Star-Alliance-Mitglieds Lufthansa, Wolfgang Mayrhuber, aus: „Wir haben Synergien, die bis zu 80 Prozent von dem ausmachen, was über Fusionen zu erzielen wäre.“ Vor dem Hintergrund dieser Aussage wird verständlich,

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SkyTeam

warum Star Alliance momentan mit Shanghai Airlines (China), Air China und Turkish Airlines Gespräche über eine Aufnahme in die Flugallianz führt. Und auch oneworld scheint sein Partnernetzwerk inzwischen wieder ausbauen zu wollen, wie die aktuellen Kooperationsverhandlungen mit der chinesischen Fluggesellschaft Dragonair zeigen. Der Président Directeur Général des SkyTeam-Mitglieds Air France, Spinetta, ist hingegen der Meinung, dass neben Kooperationen auch Akquisitionen und Fusionen eine entscheidende Rolle in der Branche spielen werden: „Für eine wirkliche Zusammenarbeit ist das freie Paktieren unbrauchbar. Die Abstimmung dauert einfach zu lange.“ Durch den Zusammenschluss von Air France und KLM zur größten Fluggesellschaft der Welt hinsichtlich des Umsatzes hat Spinetta gezeigt, wie er die Zukunft in der Luftverkehrsbranche aktiv mitgestalten möchte. Nichtsdestotrotz stellt auch für SkyTeam die Erweiterung seines Partnernetzwerks weiterhin einen wichtigen Bestandteil der zukünftigen Strategie dar. So führt SkyTeam momentan Kooperationsgespräche mit Air Europa (Spanien), Copa Airlines (Panama), Kenya Airways (Kenia), Middle East Airlines (Libanon), Portugália Airlines (Portugal) und Tarom (Rumänien). Somit scheinen zurzeit alle drei führenden Flugallianzen – wenn auch in unterschiedlichem Maße – Expansionsstrategien in Form der Erweiterung ihrer Partnernetzwerke zu verfolgen. Nach Ansicht von Experten hat dies vor allem zwei Gründe. Erstens suchen die Fluggesellschaften verstärkt nach Kooperationspartnern, um dem weiter steigenden Wettbewerbsdruck in der Branche gewachsen zu sein. Denn neben den Low-CostCarriers auf nationaler Ebene entwickelt sich die arabische Fluggesellschaft Emirates auf internationaler Ebene mehr und mehr zu einem der meistgefürchteten Wettbewerber innerhalb der Luftfahrtbranche. So kann Emirates – unter anderem aufgrund geringerer Flughafengebühren und geringerer Personalkosten in den Vereinigten Arabischen Emiraten – das aus Expertensicht beste Preis-Leistungs-Verhältnis der Branche anbieten und wird nach Analystenschätzungen mit seinem Drehkreuz in Dubai bis 2015 zur größten Airline der Welt aufsteigen. Zweitens erschwert die teilweise noch immer existierende staatliche Regulierung in der Branche die Durchführung interkontinentaler Akquisitionen und Fusionen, wodurch Kooperationen in Form von Strategischen Allianzen weiter attraktiv bleiben. Auch die erweiterten Open-Skies-Vereinbarungen zwischen den USA und der EU, deren wesentliche Punkte in Abbildung 5 zusammengefasst sind, werden diese Situation nicht völlig ändern. Zumindest innerhalb der EU wird im Zuge der fortschreitenden Liberalisierung von vielen Experten jedoch kurz- bis mittelfristig eine Konsolidierung in Form von Akquisitionen und Fusionen erwartet. Sollte sich dies bewahrheiten und käme es darüber hinaus – wie insbesondere von der britischen Regierung gefordert – zu einer weiteren Öffnung des US-amerikanischen Luftverkehrsmarktes, so könnte es zur Bewegung in der gesamten Branche kommen – und das Spiel um die Vorherrschaft am Himmel ginge in eine neue Runde.

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U.S. Department of State, 30.04.2007: „U.S.-EU Air Transport Agreement“.

Today, the United States and European Union are signing a comprehensive, first-stage Air Transport Agreement that will have significant economic benefits for America and Europe. The Agreement will replace existing bilateral agreements between the United States and EU member states and establish an Open-Skies Plus framework between the United States and all 27 EU Member States. Valuable Open Skies Benefits: The Agreement will authorize every U.S. and every EU airline to:

• fly between every city in the European Union and every city in the United States; • operate without restriction on the number of flights, aircraft, and routes; • set fares according to market demand; and • enter into cooperative arrangements, including codesharing, franchising, and leasing. In addition, the Agreement will foster enhanced regulatory cooperation in areas as diverse as competition law, government subsidies, the environment, consumer protection, and security. It establishes a consultative Joint Committee through which the U.S. and the EU can resolve questions and further develop areas of cooperation. Investment Measures: Under the Agreement:

• U.S. investors are allowed to invest in a European Community airline, as long as the airline is majority owned and effectively controlled by a member state and/or nationals of member states. • The Agreement makes clear that, under U.S. law, EU investors may hold up to 49.9 percent of the total equity in a U.S. airline and, on a case-by-case basis, even more, provided that foreign nationals do not own more than 25% of the voting stock and the airline is under the actual control of U.S. citizens. • The Agreement also opens the possibility for EU investors to own or control airlines from Switzerland, Liechtenstein, members of the European Common Aviation Area (ECAA), Kenya, and America’s Open Skies partners in Africa without putting at risk such airlines’ rights to operate to the United States. • Finally, the grant of new traffic rights to EU carriers opens the door to cross-border airline mergers and acquisitions within the EU, which is possible today only if airlines are prepared to place their international operating rights in legal jeopardy. Other Benefits: The Agreement erects a pro-growth, pro-competitive, pro-consumer framework that:

• Eliminates outmoded restrictive arrangements affecting London Heathrow airport, where U.S.-UK service is now limited to four airlines. • Allows EU airline transport of non-DOD USG passengers (employees and civilian-agency-funded contractors) and cargo on scheduled and charter flights between two foreign points and on all U.S.EU routes not covered by a GSA “city pair” contract. • Allows EU airline transport of cargo between the United States and all third (non-EU) countries, and transport of passengers between the United States and members of the ECAA as of the date of signature of the Agreement. The EU Transport Council approved the Agreement March 22, 2007. The Agreement is to be provisionally applied starting March 30, 2008, and calls for U.S.-EU negotiations on a second stage of aviation liberalization to commence within two months of that date.

Abb. 5: Eckpunkte des erweiterten Open-Skies-Abkommens zwischen den USA und der EU Quelle: U.S. Department of State (2007).

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o.V. (2007a): Ein richtiger Coup. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.01.2007, S. R2. o.V. (2007b): EU und Amerika öffnen den Luftverkehr. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.03.2007, S. 11. o.V. (2007c): „Der Luftverkehr muss weiter liberalisiert werden“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2007, S. 12. o.V. (2007d): Mehr Freiheit für transatlantischen Luftverkehr. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.03.07, S. 13. o.V. (2010a): „Open Skies“-Pakt erweitert – EU und Nordamerika wollen Luftverkehrsmarkt öffnen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.03.2010, S. 12. o.V. (2010b): Transatlantischer Luftverkehr. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2010, S. 13. Oneworld (2006): Dragonair tritt oneworld bei. Pressemitteilung vom 13.12.2006. Internetseiten von oneworld, 2006. URL: http://www.oneworld.com/ow/news/details?objectID=9219 (Stand 20.04.2007). Oneworld (2007a): Oneworld jetzt mit zehn Mitgliedern. Pressemitteilung vom 01.04.2007. Internetseiten von oneworld, 2007. URL: http://www.oneworld.com/ow/news/details?ObjectID=9939 (Stand 20.04. 2007). Oneworld (2007b): Oneworld at a Glance With New Members. Internetseiten von oneworld, 2007. URL: http://www.oneworld.com/ow/news-and-information/fact-sheets/details?objectID=23&tempURLPara m= (Stand 20.04.2007). Petersen, Dietmar (2004): SkyTeam kommt Marktführer Star Alliance gefährlich nahe. Mit dem Beitritt von KLM, Continental und Northwest wächst das Luftfahrtbündnis kräftig. Internetseiten des Handelsblattes, 2004. URL: http://www.handelsblatt.de/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/GoPage/202829,203165/ bmc/cn_hnavi/bmc/cn_archiv_warenkorb/ArtAddID7/HBONLINE_553190/cnct/0/detail/0/vText/sky team/vAls/0/vZeit/all/vZeit1/1.1.1986/vZeit2/12.10.2004/iHB/1/iTop/1/vRubrik/0/Last/0/wid/0/sgen/0/ SH/0/depot/0/index.html (Stand 10.10.2004). Reid, Chris (2002): Global Airlines. The Global Alliances. Credit Suisse First Boston, Zürich, 2002. SkyTeam (2004): About SkyTeam. History. Internetseiten von SkyTeam, 2004. URL: http://www.sky team.com/EN/aboutSkyteam/history.jsp#1999 (Stand 11.10.2004). SkyTeam (2005): Four Carriers to Join SkyTeam Associate Program. Pressemitteilung vom 09.06.2005. Internetseiten von SkyTeam, 2005. URL: http://www.skyteam.com/EN/aboutSkyteam/pressCenter/ pr060905.jsp (Stand 18.04.2007). SkyTeam (2006a): SkyTeam Welcomes Middle East Airlines, Air Liban (MEA) Interest in SkyTeam Associate Program. Pressemitteilung vom 16.01.2006. Internetseiten von SkyTeam, 2006. URL: http://www.skyteam.com/EN/aboutSkyteam/pressCenter/pr011606.jsp (Stand 18.04.2007). SkyTeam (2006b): Aeroflot Joins the SkyTeam Alliance. Pressemitteilung vom 14.04.2006. Internetseiten von SkyTeam, 2006. URL: http://skyteam.com/EN/aboutSkyteam/pressCenter/pr140406.jsp (Stand 18.04.2007). SkyTeam (2006c): SkyTeam konzentriert sich auf die Weiterentwicklung der Allianz. Pressemitteilung vom 02.06.2006. Internetseiten von SkyTeam, 2006. URL: http://www.skyteam.com/DE/about Skyteam/pressCenter/pr030606.jsp (Stand 18.04.2007). SkyTeam (2007a): SkyTeam unterzeichnet Abkommen mit drei Associate-Airline-Kandidaten. Pressemitteilung vom 02.02.2007. Internetseiten von SkyTeam, 2007. URL: http://www.skyteam.com/DE/ aboutSkyteam/pressCenter/pr020207.jsp (Stand 18.04.2007). SkyTeam (2007b): Fakten und Zahlen. Internetseiten von SkyTeam, 2007. URL: http://www.skyteam.com/ DE/aboutSkyteam/skyteamInformation.jsp (Stand 20.04.2007). Star Alliance (2006a): Star Alliance Welcomes SWISS as Its Newest Member. Pressemitteilung vom 07.04.2006. Internetseiten von Star Alliance, 2006. URL: http://www.staralliance.com/de/press/ press_releases/2006/20060407_swissjoinsstar.html (Stand 19.04.2007). Star Alliance (2006b): Star Alliance Welcomes South African Airways. Pressemitteilung vom 10.04.2006. Internetseiten von Star Alliance, 2006. URL: http://www.staralliance.com/de/press/press_releases/ 2006/20060410_southafricajoins.html (Stand 19.04.2007).

460

SkyTeam

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Eine Strategische Allilanz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel?

461

Fragen und Aufgaben 1.

Strategische Allianzen haben sich in der Luftverkehrsbranche zu einer dominanten Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie entwickelt. a) Welche Argumente sprechen für die Gründung von Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche? Erläutern Sie bitte die einzelnen Argumente, und gehen Sie auch darauf ein, welche konkreten Möglichkeiten es gibt, im Rahmen Strategischer Allianzen zu kooperieren. Zusätzlich zu den Informationen in der Fallstudie kann Ihnen die folgende Abbildung Impulse zur Beantwortung der Frage geben: 1. Freiheit Überflugsrecht

Heimatland

Gastland A

Gastland B

2. Freiheit Recht zur nicht-kommerziellen Zwischenlandung (z.B. für Tankstopps, Notfälle, Wechsel der Besatzung)

Heimatland

Gastland A

Gastland B

3. Freiheit: Recht zur kommerziellen Landung (Hinflugsrecht)

Heimatland

Gastland A

4. Freiheit: Recht zum kommerziellen Start (Rückflugsrecht)

Heimatland

Gastland A

5. Freiheit: Recht zum Flug zwischen zwei Gastländern, jedoch mit Start im Heimatland (Unterwegsverkehrsrecht)

Heimatland

Gastland A

Gastland B

Gastland A

Heimatland

Gastland B

Gastland A

Heimatland

Gastland B

Heimatland

Gastland A

Heimatland

Gastland A

6. Freiheit: Recht zum Flug zwischen zwei Gastländern mit Zwischenlandung im Heimatland (grenzüberschreitender Zubringerverkehr) 7. Freiheit: Recht zum Flug zwischen zwei Gastländern ohne Zwischenlandung im Heimatland 8. Freiheit: Recht zum Flug innerhalb eines Gastlands, aber in Verbindung mit dem Heimatland (Consecutive Cabotage) 9. Freiheit: Recht zum Flug innerhalb eines Gastlands (Stand Alone Cabotage)

Quelle: Wiedemann, Katja (2011): Internationalisierung von Fluggesellschaften – Konfiguration und Kooperation. Rainer Hampp, München, Mering, 2011, S. 21. b) Welche Risiken existieren für die innerhalb einer Strategischen Allianz kooperierenden Luftverkehrsunternehmen? Erläutern Sie bitte die einzelnen Risiken genauer, und diskutieren Sie, wie sich die möglichen Risiken minimieren oder eliminieren lassen.

462 2.

SkyTeam Stellen Sie sich vor, Sie sind an der Gestaltung und am Management einer Strategischen Allianz in der Luftverkehrsbranche beteiligt. a) Welche Anforderungen würden Sie an die Auswahl der Partner für eine Strategische Allianz stellen? b) Wie würden Sie die Zusammenarbeit zwischen den Partnern einer Strategischen Allianz koordinieren? Erläutern Sie bitte die Vorteile und Nachteile unterschiedlicher Koordinationsalternativen. c) Wie würden Sie die Stabilität einer Strategischen Allianz sicherstellen? Entwickeln Sie bitte entsprechende Strategien und Maßnahmen und begründen Sie diese. d) In einer Strategischen Allianz bewegt man sich permanent im Spannungsfeld zwischen Wettbewerb und Kooperation: Man arbeitet mit Konkurrenten kooperativ zusammen und tritt auf dem Markt dennoch auch als Wettbewerber auf. Welche Empfehlungen würden Sie einer Strategischen Allianz in der Luftverkehrsbranche geben, um mit der so genannten „Co-opetition“ optimal umzugehen? Begründen Sie bitte Ihre Aussagen.

3.

Jean-Cyril Spinetta, Président Directeur Général des SkyTeam-Mitglieds Air France, hat sich für eine engere Zusammenarbeit der einzelnen SkyTeam-Partner ausgesprochen. a) Zeigen Sie bitte Möglichkeiten auf, wie Fluggesellschaften durch die Zusammenlegung von Aktivitäten Economies of Scale und Economies of Scope erzielen können. b) Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die unter a) angesprochenen Economies of Scale und Economies of Scope zu realisieren? c) Welche Aktivitäten der SkyTeam-Partner sollte Jean-Cyril Spinetta – vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen bei den Fragen a) und b) – Ihrer Meinung nach möglichst schnell integrieren? Begründen Sie bitte Ihre Empfehlung.

4.

Die einzelnen Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Strategie, ihrer Struktur und ihrer Effizienz. a) Identifizieren Sie bitte einige Strategie- und Struktur-Kriterien, anhand derer man Strategische Allianzen in der Luftfahrtbranche differenzieren kann. b) Bitte identifizieren Sie einige Effizienzkriterien und – davon abgeleitet – geeignete Kennzahlen zur Bewertung von Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche. c) Analysieren und erläutern Sie bitte anhand der unter a) und b) identifizierten Kriterien und Kennzahlen Unterschiede zwischen den in der Luftverkehrsbranche existierenden Strategischen Allianzen.

Eine Strategische Allilanz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel? 5.

463

Strategische Allianzen und ihre Mitglieder sind einem Wandel unterworfen. a) Erläutern Sie bitte die Gründe, warum die Flugallianz Wings nicht selbständig blieb, sondern in der Flugallianz SkyTeam aufging. b) Stellen Sie bitte Argumente zusammen, die Aeroflot-Russian Airlines dazu bewogen haben könnten, sich nicht Star Alliance, sondern SkyTeam anzuschließen. c) Hat Star Alliance Ihrer Meinung nach zu viele Partner in der Region Asien/ Pazifik? Begründen Sie bitte Ihre Empfehlung, die Sie Star Alliance im Hinblick auf die Entwicklung in der Region Asien/Pazifik geben würden.

6.

Die internationale Luftverkehrsbranche wird auch in Zukunft externen Einflüssen unterliegen. a) Welche Chancen und Risiken ergeben sich durch die Einführung des neuen „Riesenflugzeugs“ Airbus A380 für die Strategischen Allianzen innerhalb der Luftverkehrsbranche? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung. b) Informieren Sie sich bitte über die Urteile des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich der nationalen Open-Skies-Vereinbarungen einzelner EU-Mitgliedsstaaten. Erläutern Sie bitte, wie sich diese Urteile und wie sich das erweiterte OpenSkies-Abkommen zwischen den USA und der EU auf die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien der europäischen Luftfahrtgesellschaften auswirken (könnten). c) Bitte informieren Sie sich über die – insbesondere von Großbritannien geforderte – weitere Ausdehnung der transatlantischen Open-Skies-Abkommen, für die im Jahr 2010 eine erste Grundsatzvereinbarung zwischen den USA und der EU unterzeichnet wurde. Für wie wahrscheinlich halten Sie die vollständige Realisierung dieser Pläne? Welche Konsequenzen hätte die Ausdehnung Ihrer Ansicht nach für die Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Ausführungen.

7.

Durch die teilweise noch immer existierende staatliche Regulierung innerhalb der internationalen Luftverkehrsbranche werden Markteintrittsbarrieren geschaffen, die das freie Agieren der einzelnen Fluglinien – insbesondere im Rahmen transatlantischer Akquisitionen und Fusionen – behindern. a) Bitte erläutern Sie – unabhängig vom vorliegenden Fall – die Vorteile und die Nachteile, die mit dem staatlichen Protektionismus einer einzelnen Branche einhergehen (können). b) Welche Vorteile und welche Nachteile resultieren aus der teilweise noch immer existierenden staatlichen Regulierung innerhalb der internationalen Luftfahrtbranche? Bitte berücksichtigen Sie bei der Beantwortung der Frage die Perspektiven möglichst aller Stakeholder (Anspruchsgruppen) einer Fluggesellschaft.

464

SkyTeam c) Bitte zeigen Sie weitere Markteintrittsbarrieren auf, die innerhalb der internationalen Luftverkehrsbranche existieren. Welche Möglichkeiten sehen Sie für nichtetablierte Fluglinien, um die bestehenden Markteintrittsbarrieren zu überwinden?

8.

Zur stärkeren Nutzung von Synergien plant SkyTeam, die Integration der einzelnen Airlines weiter auszubauen. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass sich die Partner innerhalb einer Strategischen Allianz opportunistisch verhalten und die engere Zusammenarbeit zum eigenen Vorteil ausnutzen. a) Stellen Sie bitte theoretisch – unabhängig von der Luftverkehrsbranche – mit Hilfe der Prinzipal-Agenten-Theorie dar, wann es zu opportunistischem Verhalten kommen kann und welche Gegenmaßnahmen getroffen werden können. b) Bitte wenden Sie die unter a) erläuterte Prinzipal-Agenten-Theorie auf Strategische Allianzen in der Luftverkehrsbranche an, und schlagen Sie SkyTeam Maßnahmen zur Vermeidung von opportunistischem Verhalten vor. Wie lösen Sie das Problem, wer innerhalb einer Flugallianz als Prinzipal und wer als Agent zu bezeichnen ist? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

9.

Der Président Directeur Général des SkyTeam-Mitglieds Air France, Jean-Cyril Spinetta, ist der Meinung, dass Akquisitionen und Fusionen in Zukunft eine größere Bedeutung in der Luftverkehrsbranche einnehmen werden. a) Stellen Sie bitte zunächst die allgemeinen Vorteile und Nachteile von Akquisitionen und Fusionen gegenüber Strategischen Allianzen dar. b) Unter welchen Bedingungen sind in der Luftverkehrsbranche Akquisitionen und Fusionen und unter welchen Bedingungen Strategische Allianzen von Vorteil? Bitte begründen Sie Ihre Antwort, und entwickeln Sie zwei unterschiedliche Szenarien. c) Welches der beiden unter b) entwickelten Szenarien halten Sie für wahrscheinlicher? Oder sehen Sie Möglichkeiten, beide Szenarien zu kombinieren? Begründen Sie bitte Ihre Einschätzung.

10. Im Jahr 2011 wurde spekuliert, dass Air France-KLM seine 25%-ige-Beteiligung an Alitalia erhöhen könnte. a) Bitte geben Sie eine ausführliche Empfehlung ab, ob Air France-KLM Alitalia akquirieren sollte. Wägen Sie dabei potentielle Vorteile gegenüber möglichen Nachteilen und Problemen ab. b) Wäre es Ihrer Meinung nach ein Problem, wenn eines Tages eine Luftverkehrsgesellschaft, die zur Star Alliance oder zu oneworld gehört, Alitalia kaufen würde?

Eine Strategische Allilanz auf dem Weg zur Nummer eins am Himmel?

465

11. Strategische Allianzen werden oftmals als (Strategische) Netzwerke interpretiert. Nehmen Sie sich bitte den deutschsprachigen Klassiker zum Thema „Strategische Netzwerke“ zur Hand: Sydow, Jörg (1993): Strategische Netzwerke: Evolution und Organisation. Gabler, Wiesbaden, 1993, zugl. Habil. FU Berlin (Schriftenreihe Neue betriebswirtschaftiche Forschung, Bd. 100).

a) Welche theoretischen Ansätze führt Sydow auf, um Strategische Netzwerke zu erklären? Sind all diese Ansätze auch dazu geeignet, um die Existenz und die Entwicklung Strategischer Allianzen zu erhellen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. b) Welche weiteren Netzwerktypen werden von Sydow identifiziert? Welche dieser Netzwerktypen kämen für Luftverkehrsunternehmen Ihrer Meinung nach als Alternativen zu Strategischen Allianzen in Frage? Begründen Sie bitte Ihre Aussagen ausführlich. 12. Eine Möglichkeit, die Leistung eines Unternehmens mit der Leistung anderer Unternehmen zu vergleichen, stellt das Benchmarking dar. Benchmarking lässt sich auch auf Netzwerke von Unternehmen – und somit auf Strategische Allianzen – anwenden. a) Bitte erläutern Sie, was man unter Benchmarking versteht und wie man Benchmarking einsetzen kann. b) Wie „gut“ ist SkyTeam im Vergleich zu den anderen Flugallianzen? Vergleichen Sie bitte die drei dominanten internationalen Strategischen Allianzen der Luftverkehrsbranche anhand so genannter geeigneter Benchmarks. Bitte identifizieren Sie darauf aufbauend die herausragenden Stärken und Schwächen von SkyTeam im Wettbewerb der Strategischen Allianzen. c) Was macht Ihrer Meinung nach das Benchmarking von Strategischen Allianzen schwieriger als das Benchmarking einzelner Unternehmen? Welche Möglichkeiten sehen Sie, um diese Schwierigkeiten zumindest ansatzweise zu überwinden? 13. Die so genannten Low-Cost-Carriers bringen seit einigen Jahren Bewegung in die internationale Luftverkehrsbranche. Informieren Sie sich bitte über die Low-CostCarriers, wobei Sie z.B. das folgende Werk heranziehen können: Groß, Sven/Schröder, Alexander (2007, Hrsg.): Handbook of Low Cost Airlines. Strategies, Business Processes and Market Environment. Erich Schmidt, Berlin, 2007.

a) Welche Auswirkungen hat das Auftreten von Wettbewerbern, wie Ryanair oder Easyjet, auf traditionelle Fluglinien, wie etwa Air France-KLM, British Airways oder Lufthansa, und deren Strategien? Geben Sie bitte einen Überblick über die zentralen Konsequenzen, die Sie sehen.

466

SkyTeam b) Wie können traditionelle Fluglinien auf die Low-Cost-Carriers reagieren? Entwickeln Sie bitte mehrere strategische Optionen für die nächsten fünf Jahre. Sie können bei Bedarf selbst Annahmen treffen und verschiedene Szenarien erarbeiten.

14. Zusätzlich zu den Low-Cost-Carriers entwickelt sich die arabische Fluglinie Emirates zu einem immer wichtigeren Konkurrenten für die etablierten Fluggesellschaften. a) Bitte informieren Sie sich über die Geschäftsmodelle von Emirates und von Air France-KLM. Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zwischen den Geschäftsmodellen der beiden Fluggesellschaften? Worin liegen diese Unterschiede begründet? b) Für wie realistisch halten Sie die Einschätzung von Analysten, dass Emirates bis zum Jahr 2015 zur größten Fluglinie der Welt aufsteigen wird? Welche Konsequenzen hätte dieser Aufstieg Ihrer Ansicht nach für die dominanten Strategischen Allianzen in der Luftverkehrsbranche? c) Welche Möglichkeiten bieten sich den momentan führenden Fluggesellschaften, um dem rasanten Aufstieg von Emirates entgegenzutreten? Bitte entwickeln Sie begründete Strategien und Maßnahmen, die Sie den Managern der etablierten Fluggesellschaften für die kommenden fünf Jahre empfehlen würden. 15. Air France-KLM hat Anfang 2012 einen harten Sparkurs angekündigt. a) Bitte informieren Sie sich über die geplanten Maßnahmen von Air France-KLM und systematisieren Sie diese. b) Welchen Einfluss könnten die geplanten Maßnahmen Ihrer Meinung nach auf die Partner innerhalb der SkyTeam-Allianz haben? 16. In den vorangegangenen Fragen wurden bereits Elemente der SWOT-Analyse thematisiert. Allerdings konnten damit noch nicht alle Bereiche der SWOT-Analyse berücksichtigt werden. a) Bitte führen Sie eine umfassende SWOT-Analyse für SkyTeam durch, in der Sie Ergebnisse aus vorangegangen Fragen integrieren, aber auch weitere zentrale Themen berücksichtigen. b) Welche Schlussfolgerungen würden Sie aus der Perspektive von SkyTeam aus der SWOT-Analyse ziehen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. c) Welche Schlussfolgerungen würden Sie aus der Perspektive von Air FranceKLM aus den Ergebnissen der SWOT-Analyse ziehen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

Telia Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedischfinnische Ehe

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Andrea Luber

Stefan Schmid und Andrea Luber Telia: Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

Das schwedische Telekommunikationsunternehmen Telia schloss sich im Jahr 2002 mit dem finnischen Telekommunikationsunternehmen Sonera zusammen. Bevor es zu dieser Fusion kam, hatte Telia bereits einen Fusionsversuch mit Telenor, einem norwegischen Telekommunikationsunternehmen, hinter sich. Dieser Versuch hatte in einem Debakel geendet; die schon fast vollzogene „Firmen-Ehe“ war 1999 nach nur zwei Monaten wieder gelöst worden. In der vorliegenden Fallstudie wird zunächst die fehlgeschlagene Fusion Telias mit Telenor beleuchtet. Insbesondere werden nationale Interessenskonflikte und Machtspiele von Politikern und Führungskräften als Hauptgründe des Scheiterns in den Mittelpunkt gestellt. Im Anschluss daran wird die Fusion Telias mit Sonera geschildert, die ein Beispiel für einen politisch wie kulturell ebenfalls nicht unproblematischen, jedoch bis heute bestehenden Zusammenschluss darstellt. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2006 abgeschlossen. Im Juni 2007 und im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert. Die Autoren danken Herrn Dr. Matthias Daub und Herrn Dr. Stephan Weinert, MBA, für wertvolle Vorarbeiten zu früheren Versionen dieser Fallstudie.

470

Telia

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Einführung in die Telekommunikationsbranche ................................................. 471 2 Die erfolglose Fusion zwischen Telia und Telenor ............................................. 472 2.1 Die beteiligten Unternehmen und ihre Motive.................................................. 472 2.2 Der Verlauf der Fusionsverhandlungen ........................................................... 473 2.3 Das Scheitern der Fusion ................................................................................ 474 3 Die erfolgte Fusion zwischen Telia und Sonera .................................................. 477 3.1 Die beteiligten Unternehmen und ihre Motive.................................................. 477 3.2 Der Verlauf der Fusionsverhandlungen ........................................................... 479 3.3 Die ersten Jahre nach der Fusion ................................................................... 479 4 TeliaSonera innerhalb der europäischen Telekommunikationsbranche .......... 482

Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

1

471

Einführung in die Telekommunikationsbranche

Die Telekommunikationsbranche blickt in den meisten Ländern unserer Welt auf Jahre starken Wandels zurück. Ursprünglich waren die Unternehmen dieser Branche in fast allen Ländern fest in staatlicher Hand; sie waren in der Regel nur auf ihren Heimatmärkten vertreten und verfügten dort über unangreifbare Monopolstellungen. Aufgrund von Deregulierungs- und Privatisierungstendenzen mussten sich die nationalen Telekommunikationsunternehmen allerdings mehr und mehr dem Wettbewerb stellen. Dieser Wettbewerb eröffnete bislang nicht gekannte Wachstumschancen, brachte aber auch neue Herausforderungen und Risiken mit sich. Einerseits wurde es für die Unternehmen beispielsweise möglich, verstärkt in ausländische Märkte einzutreten und dort neue Umsatz- und Ertragsquellen zu erschließen. Andererseits wurden die Unternehmen auch mit neuen Konkurrenten – im Inland wie im Ausland – konfrontiert. Zudem führte der technologische Fortschritt zu großen Veränderungen in der Telekommunikationsbranche. War früher vor allem die Festnetztelefonie von Bedeutung, so kam in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Mobiltelefonie hinzu. Die Entwicklung mobiler Kommunikationstechnologien verschaffte den Telekommunikationsunternehmen neue Geschäftsmöglichkeiten. Allerdings ist der technologische Fortschritt nicht nur „auf der Positivseite zu verbuchen“; auf der Negativseite lässt sich beispielsweise die Konkurrenz von Internet-Dienstleistern wie AOL anführen, die mit Internettelefonie den „klassischen“ Telekommunikationsunternehmen den Kampf ansagen. Informations- und Kommunikationstechnologien sind einem schnellen Wandel unterworfen. Unternehmen, die in diesem Umfeld erfolgreich konkurrieren wollen, müssen innovativ sein. Zudem erwarten die Kunden neben Innovation auch guten Service, einen adäquaten Preis und ein flächendeckendes Netz. Um diese Kriterien erfüllen zu können, scheint es für viele Unternehmen der Telekommunikationsbranche – zumindest für Anbieter des vollen Leistungsspektrums – unabdingbar, eine gewisse Größe zu besitzen. Diese Größe durch generisches Wachstum schnell zu erreichen, ist allerdings aufgrund der hohen Marktsättigung, vor allem im Festnetzbereich, schwierig. Deshalb werden die Alternativen „Wachstum durch Akquisition“, „Wachstum durch Fusion“ und „Wachstum durch Kooperation“ häufig bevorzugt, was zu einer Konsolidierung der Branche geführt hat. Unternehmen, die noch keine ausreichende Größe besitzen, sehen sich unter Zugzwang, diese alsbald zu erreichen. Vor diesem Hintergrund sind die Fusionsbemühungen der schwedischen Firma Telia zu betrachten.

472

2

Telia

Die erfolglose Fusion zwischen Telia und Telenor

2.1 Die beteiligten Unternehmen und ihre Motive Wir schreiben das Jahr 1997. Als die ersten Verhandlungen der beiden späteren Fusionspartner begannen, waren sowohl die schwedische Telia als auch die norwegische Telenor noch zu 100% im Besitz ihrer jeweiligen Staaten. In ihren Heimatländern verfügten beide über eine staatlich gewollte Monopolstellung im Telekommunikationssektor; in der Öffentlichkeit wurden Telia und Telenor als „nationale Symbole“ der jeweiligen Volkswirtschaft angesehen. So stark beide Fusionskandidaten in ihrem Heimatmarkt auch verwurzelt waren – beide hatten durchaus schon die Grenzen des Heimatlandes überschritten und andere Märkte betreten. Telia war zum damaligen Zeitpunkt nicht nur der führende Anbieter von Telekommunikationsdiensten in Schweden, sondern bereits über die Landesgrenzen hinaus in der nordischen und baltischen Region präsent. Telia hatte vor allem die politische und wirtschaftliche Öffnung zentral- und osteuropäischer Länder genutzt, um zu expandieren. Auch Telenor war schon zu dieser Zeit in mehr als 40 Ländern außerhalb des Heimatmarktes Norwegens aktiv. Die starke Auslandsorientierung rührte unter anderem daher, dass sich das Unternehmen nicht nur als Telekommunikations-, sondern auch als Informationstechnologie-Dienstleister verstand und insbesondere in diesen Bereichen grenzüberschreitende Aktivitäten aufgebaut hatte. Abbildung 1 porträtiert Telia und Telenor mit Stand des Jahres 1997; gleichzeitig vermittelt der Vergleich mit anderen Telekommunikationsunternehmen aus den nordischen Ländern, der finnischen Sonera und der dänischen Tele Danmark, einen Eindruck von der Größe und Leistungsfähigkeit der beiden Fusionskandidaten. Wenngleich die Deregulierung und Privatisierung innerhalb der Telekommunikationsbranche in Europa zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war, so war die Verschärfung des Wettbewerbs bereits in vollem Gange. Weder Telia noch Telenor besaßen ihrer Wahrnehmung nach allein die nötige Größe, um im Wettbewerb langfristig erfolgreich bestehen zu können. Gemeinsam, so hofften sie, würden sie ihre Stellung im Markt deutlich verbessern. Mit Skalen- und mit Synergieeffekten wurde nicht nur im Entwicklungsbereich gerechnet, sondern auch im innerskandinavischen Endkundengeschäft, wo Telia und Telenor bislang konkurrierten. Es wurden Umsatzsteigerungen von 160 bis 270 Mio. € pro Jahr erwartet. Zusätzlich ging man von möglichen Kosteneinsparungen von 320 bis 440 Mio. € pro Jahr aus.

Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

Herkunftsland Staatlicher Kapitalanteil Mitarbeiterzahl Zahl der Festnetzkunden/Anschlüsse Mobilfunkkunden Net Sales EBITDA

(1)

(2)

Operating Income

(3)

473

Telia

Telenor

Sonera

Tele Danmark

Schweden

Norwegen

Finnland

Dänemark

100%

100%

100%

52%

32.549

20.848

7.967

17.268

(4)

ca. 6,7 Mio.

(5)

ca. 2,7 Mio.

(6)

ca. 0,8 Mio.

(7)

ca. 3,3 Mio.

ca. 1,9 Mio.

ca. 1,3 Mio.

ca. 1,6 Mio.

ca. 0,9 Mio.

5.289 Mio. €

3.178 Mio. €

1.352 Mio. €

3.891 Mio. €

1.218 Mio. €

851 Mio. €

489 Mio. €

1.314 Mio. €

373 Mio. €

345 Mio. €

285 Mio. €

384 Mio. €

(1) Net Sales: Umsatzerlöse, enthalten u.a. Verbindungen, Roaming, Bestellkosten, Anschluss- und Installationsgebühren, Servicegebühren. (2) EBITDA: Abkürzung für „Earnings Before Interest, Tax, Depreciation and Amortization". (3) Operating Income: EBITDA nach Abzug von Abschreibungen. (4) Setzt sich zusammen aus den Positionen „Fixed telephony PSTN subscriptions“ in Schweden, „Fixed telephony ISDN subscriptions“ in Schweden und „Fixed telephony prefix and contract customers“ in Dänemark und Finnland. (5) „Number of telephone connections“. (6) „Total number of the company‘s access lines“. (7) „Subscribers in the landline network“. Stand 1997.

Abb. 1: Vergleich von Telia, Telenor, Sonera und Tele Danmark Quelle: Daten aus Sonera (1999), S. 10-11, 15, 17, 48, 55, Tele Danmark (1998), S. 2, 32, Telenor (1998), S. 1, 7, 69-70, Telenor (2006), Telia (2000), S. 1, 12, und TeliaSonera (2003), S. 123.

2.2 Der Verlauf der Fusionsverhandlungen Die ersten Gespräche über eine mögliche Fusion fanden im September 1997 statt. Der damalige Managing Director der schwedischen Telia, Lars Berg, kontaktierte Tormod Hermansen, den Managing Director der norwegischen Telenor. Beide waren sich schnell einig, dass eine Fusion für Telia und Telenor große wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen könnte. Da sich die beiden Unternehmen in Staatsbesitz befanden, musste die Entscheidung über eine Fusion auf politischer Ebene genehmigt werden. Erste Gespräche zwischen den Regierungen beider Länder, die von November 1997 bis Februar 1998 andauerten, scheiterten allerdings aufgrund nationaler Eigeninteressen. Im Januar

474

Telia

1998 brach zunächst die norwegische Regierung die Kontakte ab, wurde jedoch vom Parlament zum Weiterführen der Verhandlungen gezwungen. Einen Monat später erklärte der schwedische Minister für Handel und Industrie, Anders Sundström, die Verhandlungen überraschend für beendet. Spürbare Feindseligkeiten zwischen den beiden Ländern sollten auch den weiteren Verlauf der Fusion immer wieder belasten. Als eine der Ursachen der Animositäten gilt, dass Norwegen bis 1905 knapp hundert Jahre lang unter schwedischer Herrschaft gestanden hatte. Dies schürt in der norwegischen Bevölkerung noch immer Misstrauen gegenüber dem „großen Bruder im Osten“. Lars Berg und Tormod Hermansen setzten ihre Gespräche jedoch im Geheimen fort, da beide – trotz der politischen Absage – vom Nutzen eines Zusammenschlusses fest überzeugt waren. Nachdem im November 1998 ein Wechsel im Amt des schwedischen Ministers für Handel und Industrie stattgefunden hatte und Anders Sundström durch Björn Rosengren ersetzt worden war, konnte schließlich eine Wiederaufnahme der offiziellen Gespräche auf Seiten der Anteilseigner erreicht werden. Am 20. Januar 1999 wurde eine Fusions-Absichtserklärung unterzeichnet. In dieser Absichtserklärung waren die wichtigsten Eckpunkte der Fusion geregelt, wie die Besitzstruktur des neuen Unternehmens, der geographische Firmensitz, die Aufteilung von Führungspositionen sowie der Zeitablauf und die Rahmenbedingungen eines geplanten Börsengangs. Als der Zusammenschluss auch von der EU-Kommission unter strengen Auflagen genehmigt worden war, mündete die Absichtserklärung am 18. Oktober 1999 in einen offiziellen Vertrag.

2.3 Das Scheitern der Fusion Schon in der Nacht vor der feierlichen Vertragsunterzeichnung war es zu Streitigkeiten über die personelle Besetzung der Unternehmensspitze gekommen. Designierter Managing Director des neuen Unternehmens war Tormod Hermansen, der zuvor Telenor geleitet hatte. Die schwedische Seite versuchte, hierzu ein „Gegengewicht“ zu schaffen. Sie setzte schließlich nach einer als „chaotisch“ beschriebenen letzten Verhandlungsrunde ihre Forderung durch, Lars Bergs Nachfolger an der Spitze von Telia, Jan-Åke Kark, zum „arbeitenden“ Vorsitzenden des Board of Directors zu ernennen. Abbildung 2 illustriert, wie die Art der Verhandlungen und des Verhandlungsabschlusses in der Öffentlichkeit aufgenommen wurde.

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Die Welt, 20.10.1999: „Telenor und Telia bilden den größten Konzern Nordeuropas – Fusion der Telekom-Firmen nach langem Gerangel“

„…Der Weg zu dieser Fusion war steinig und holprig. Analysten behaupten sogar, die Streitereien, die oft stark politisch-nationale Züge trugen, würden sich an der Börse negativ auf die Bewertung auswirken. Einige erklärten, nachdem auch die bereits angekündigte Unterzeichnungszeremonie wegen erneuter Meinungsunterschiede und ‚Klarstellungsbedarfs‘ um 19 Stunden auf gestern früh 6.15 Uhr verschoben worden war, es wäre für beide Unternehmen besser gewesen, nicht zusammen zu gehen. (1) Auf der Zielgeraden hatte es noch Uneinigkeit über die Zahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gegeben. Worte wie ‚Zirkus‘ und ‚Farce‘ fielen und die Frage wurde gestellt: ‚Wer kauft Aktien eines Sandkastenunternehmens?‘…“ Financial Times, 20.10.1999: „Telia and Telenor are dragged to the altar – Telecommunications smiles seem forced amid bickering“, S. 36.

„After many stumbles up the aisle, Telia and Telenor, the Swedish and Norwegian state-owned telecommunications groups, finally made it to the altar yesterday. … But the smiles looked forced, and no one is pretending that the nationalistic bickering between the two governments has done anything but leave a legacy of distrust and ill feeling. … A key test will come in the next few weeks, when the group decides where the headquarters of its 14 business operations, such as mobile and internet, will be located. Will business logic prevail or nationalistic sentiment? Will there be trade-offs to placate national interests? … If the optimists are right, yesterday will be a turning point, with the feuding owners taking a back seat and the management showing what they are capable of. But then, as one observer said: ‘History provides us with little cause for optimism.” (1) Die Autoren der Zeitung „Die Welt“ verwenden hier Begriffe aus dem deutschen CorporateGovernance-System. Der Begriff „Aufsichtsrat“ bezieht sich auf das schwedische „Board of Directors“.

Abb. 2: Pressestimmen zu den Fusionsverhandlungen zwischen Telia und Telenor Quelle: o.V. (1999c) und Brown-Humes (1999), S. 36. Nur wenig später entbrannte neuer Streit – dieses Mal über den zukünftigen Sitz der Mobilfunksparte. Tormod Hermansen hatte mit Unterstützung der norwegischen Regierung Oslo vorgeschlagen. Jan-Åke Kark hingegen favorisierte Stockholm als Standort und setzte dies am 8. Dezember 1999 in dem paritätisch mit Schweden und Norwegern besetzten Board of Directors unter Zuhilfenahme seines doppelten Stimmrechts als Chairman durch. Der norwegische Ministerpräsident Kjell Magne Bondevik bezweifelte allerdings die Rechtmäßigkeit des Beschlusses. Nach seiner Interpretation des Fusionsvertrags konnte eine derartige Entscheidung nur durch eine qualifizierte Mehrheit getroffen werden. Auch Managing Director Tormod Hermansen übte öffentlich heftige Kritik an dem Beschluss, was sogar in einer Handgreiflichkeit mit einem Journalisten gipfelte. Schwedens Minister für Industrie und Handel, Björn Rosengren, reiste daraufhin nach Oslo und unterbreitete der norwegischen Regierung einen Vermittlungsvorschlag, der jedoch bis zum Ablauf des gesetzten Ultimatums am 16. Dezember 1999 unbeantwortet blieb. Die norwegische Regierung hätte darin der Entlassung von Geschäftsführer Tormod Hermansen sowie Stockholm als Standort für die Mobilfunksparte zustimmen sollen. Dass dieser letzte Versuch nicht fruchtbar war, verwundert kaum, wenn man bedenkt, wie angespannt die Beziehungen zwischen beiden Seiten zu diesem Zeitpunkt waren.

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Telia

Der Streit um den Standort der Mobilfunksparte und die Besetzung der Führungspositionen besiegelte somit nur zwei Monate nach der Unterzeichnung des Fusionsvertrags das Ende der aufreibenden Bemühungen um eine potentiell erfolgreiche Zusammenarbeit der beiden Firmen. Die Fusion wurde wieder aufgehoben. Während allgemeine Einigkeit bestand, dass die wirtschaftlichen Argumente für den Zusammenschluss gesprochen hatten, wurden in der Presse „nationalistische Kleinkrämerei“ und andere in Abbildung 3 dokumentierte Gründe für das Scheitern verantwortlich gemacht. Süddeutsche Zeitung, 13.12.1999: „Streit von Telenor und Telia eskaliert. Unruhe in Skandinavien – Inzwischen gerät auch die norwegische Regierung unter Beschuss“, S. 31.

„Die Telefongesellschaften Telia aus Schweden und Telenor aus Norwegen werden mit ihrer Fusion (1) nicht glücklich. Der Vorstandsvorsitzende der neuen Gesellschaft, Tormod Hermansen, bis zur Fusion Telenor-Chef, wies am Wochenende Forderungen aus Schweden zurück, sein Amt zur Verfügung zu stellen. … Hermansen selbst bezichtigte die schwedische Seite, sich schon immer mehr über die politischen Auswirkungen der Fusion gesorgt zu haben als über die wirtschaftlichen Folgen. Der norwegische König Harald sagte, der Nationalismus in seinem Land sei womöglich auf Minderwertigkeitskomplexe seiner Landsleute zurückzuführen. Norwegen hatte vor seiner Unabhängigkeit im Jahr 1905 für mehrere Jahrhunderte unter zunächst dänischer und anschließend schwedischer Herrschaft gestanden. Nach wochenlangem Streit hatten sich Telia und Telenor im Oktober zu Europas sechstgrößtem Telekommunikationskonzern mit 43 Milliarden schwedischen Kronen Umsatz zusammengeschlossen. Zuvor hatte sich Schwedens Industrieminister Björn Rosengren beim Nachbarland öffentlich dafür entschuldigen müssen, Norwegen als „letzte der Sowjet-Republiken“ und „unglaublich nationalistisch“ bezeichnet zu haben. … “ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.12.1999: „Mit ‚Teleskandal‘ endet ein Lehrstück über staatsgläubige Politik“, S. 24.

„Das Aufatmen fiel so deutlich aus, dass am Freitag die Frage laut wurde, warum man zwei Jahre lang eine Schlammschlacht ertragen hatte, ohne je aus Konstruktionsfehlern schlau zu werden. Kritiker hatten schon zu Beginn der schwedisch-norwegischen Verhandlungen – sie datieren zurück in das Jahr 1997 – davor gewarnt, zwei politisch geführte Staatsunternehmen zusammenzuschmieden, um erst danach an deren Börsengang und die Privatisierung zu denken. Das jahrelange Schmierentheater gipfelte in diesem Herbst im Ausspruch des schwedischen Wirtschaftsministers Björn Rosengren über seine norwegischen Partner, sie seien ‚fürchterlich nationalistisch‘ und lebten im ‚letzten Sowjetstaat‘…. Am Ende erschöpfte sich die Leistung dieser Fusion in ihrem Unterhaltungswert als Lehrstück über Politiker, die glaubten, im Zeichen der Globalisierung ihr Tafelsilber selbst in die Hand nehmen zu müssen. Anfang und Ende der Fusion bestanden aus politischen Inszenierungen, in denen selbst die Erinnerung daran eine Rolle spielte, dass Norwegen als Teil des schwedischen Königreichs bis 1905 ‚schon einmal‘ an der Entfaltung seiner nationalen Freiheit gehindert wurde. Eine Einigung über die Streitpunkte – Standortfragen und die Interpretation des Fusionsvertrags – wäre leicht möglich gewesen, wenn nicht beide Regierungen gefürchtet hätten, das Gesicht zu verlieren. In Oslo und Stockholm herrschte derselbe national eingestellte Korporatismus, der bislang auch verhindert hatte, dass die beiden Unternehmen privatisiert wurden, um sie anschließend der Konkurrenz auf dem europäischen Markt preiszugeben. Die Politiker endeten damit als Gefangene ihrer selbst.“ (1) Die Autoren der „Süddeutschen Zeitung“ verwenden hier Begriffe aus dem deutschen CorporateGovernance-System. Der Begriff „Vorstandsvorsitzender“ bezieht sich auf den Managing Director bzw. CEO im schwedischen Corporate-Governance-System.

Abb. 3: Pressestimmen zur Fusion zwischen Telia und Telenor Quelle: o.V. (1999d), S. 31, und von Altenbockum (1999a), S. 24.

Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

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Einige Jahre gingen nun ins Land, bevor Telia einen neuen Fusionsversuch unternahm. Im Jahr 2001 begannen ernsthafte Überlegungen, die Fühler in die andere Himmelsrichtung auszustrecken – ins benachbarte Finnland. Erste Fusionsgespräche zwischen Telia und Sonera fanden statt; sie wurden allerdings aufgrund von Differenzen in der Bewertung von Sonera erfolglos abgebrochen. Im März 2002 bestätigten die beiden Unternehmen offiziell erneute Gespräche über eine denkbare Fusion.

3

Die erfolgte Fusion zwischen Telia und Sonera

3.1 Die beteiligten Unternehmen und ihre Motive Das Telekommunikationsunternehmen Sonera, an dem der finnische Staat im Jahr 2002 nur noch 53% der Anteile hielt, hatte nach der Deregulierung und Teilprivatisierung Stärken im Mobilfunkbereich aufgebaut. Sonera war mit 2,5 Millionen Abonnenten der größte Mobilfunkanbieter seines nur knapp über 5 Millionen Einwohner zählenden Landes. Im Festnetzbereich stellte das Unternehmen in Finnland etwa 770.000 Anschlüsse, was einem Anteil von ungefähr einem Viertel entsprach. Der Marktanteil bei Ferngesprächen und internationalen Gesprächen in und aus Finnland lag mit knapp 40% bzw. etwa 50% noch deutlich höher. Das Unternehmen stand jedoch zu diesem Zeitpunkt vor allem aufgrund von Investitionen in UMTS (Universal Mobile Telecommunications System)-Lizenzen in Spanien, Italien und Deutschland, die im Laufe der Zeit von vielen externen Betrachtern als Fehlinvestitionen tituliert wurden, stark in der Kritik. Sonera hatte im Jahr 2000 UMTSLizenzen in den drei Ländern erworben. Während dieses Jahres hatten sich die gesamten Verbindlichkeiten von Sonera von 1,2 Mrd. € im Vorjahr auf 5,6 Mrd. € erhöht. Um Schulden abzubauen und Kosten zu senken, fuhr Sonera seine Investitionen in die dritte Mobilfunkgeneration zurück und beendete den Auf- und Ausbau der Aktivitäten auf mehreren Auslandsmärkten. Derartige Maßnahmen, die dazu beitrugen, dass die Verbindlichkeiten bis 2002 wieder auf 2,1 Mrd. € gesenkt wurden, waren zwar dazu geeignet, das kurzfristige Überleben zu sichern; es wurde aber befürchtet, dass sie Sonera langfristig in die Position eines eher unbedeutenden Regionalanbieters manövrieren könnten. Eine Fusion mit einem kapitalstarken Partner, der das als notwendig erachtete Wachstum finanzieren helfen sollte, erschien als ein möglicher Ausweg. Telia war inzwischen zu 30% in Privatbesitz und nach der gescheiterten Fusion mit Telenor schon seit längerem auf der Suche nach einem neuen Partner. Telia wollte seine Position im nordischen, baltischen und eurasischen Raum weiter ausbauen. Sonera schien dafür bestens geeignet. In den nordischen Ländern würden beide Unterneh-

478

Telia

men zusammen zum größten Telekommunikationsanbieter werden. Gemessen an der Zahl der Mobilfunkkunden würde das Unternehmen zum größten Anbieter in Schweden und Finnland, zum zweitgrößten in Norwegen und zum viertgrößten in Dänemark. Auch im Festnetzbereich winkte die Marktführerschaft in Schweden, Finnland und Dänemark. Im Baltikum und in Russland waren Sonera und Telia bereits an mehreren Unternehmen gleichzeitig beteiligt. Diese Beteiligungen zeigt Abbildung 4. Sonera besaß zudem 37,1% an dem türkischen Mobilfunkunternehmen Turkcell und hielt 58,6% der Anteile an der holländischen Fintur Holding. Über die Fintur Holding war Sonera an Telekommunikationsunternehmen in Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan und Moldawien beteiligt.

Lettland

Estland

Eesti Mobiltelefon

Mobilfunk

Andere 50%

Telia 25%

Latvijas Mobilais Telefon Telia 25%

Andere 39%

Russland

UAB Omnitel Andere 44%

Telia 28% MegaFon

Sonera 25% AS Eesti Telefon

Festnetz

Litauen

Andere 50%

Telia 25%

Sonera 25%

Sonera 28%

Sonera 36% Lattelekom Andere 51%

Telia 0%

Telia 18%

AB Lietuvos Telekomas Andere 40%

Sonera 49%

Andere 56%

Telia 30%

Sonera 26%

Sonera 30%

Stand 2002.

Abb. 4: Gemeinsame Beteiligungen von Telia und Sonera an baltischen und russischen Telekommunikationsunternehmen Quelle: M&A Monitor (2002), S. 6. Auch die Aussicht, von Soneras Know-how im Mobilfunkbereich zu profitieren, war für Telia verlockend. Martin Ahlgren, Analyst bei JP Nordiska, führte in diesem Zusammenhang aus: „Telia wächst im Mobilfunkbereich langsam, gleichzeitig hat das Unternehmen eine starke Bilanz. Eine Fusion mit Sonera könnte Telia rascher zum Erreichen seiner Wachstumsziele bringen.“ Damit war Telias Hoffnung verbunden, im wachstumsträchtigen Mobilfunkbereich in Europa Marktanteile zu gewinnen.

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479

3.2 Der Verlauf der Fusionsverhandlungen Am 26. März 2002 wurde von Telia und Sonera kundgetan, dass Fusionsgespräche begonnen hätten. Schon kurze Zeit später formulierte Telia ein Umtauschangebot an die Sonera-Aktionäre. Darin wurden diesen für jede Sonera-Aktie 1,514 Telia-Aktien geboten, was zu diesem Zeitpunkt einem Plus von knapp 16% auf den damaligen SoneraMarktwert entsprach. Die Aktionäre hatten bis November 2002 Zeit, über die Offerte zu entscheiden. Die Ankündigung des Fusionsvorhabens wurde von den Regierungen beider Länder begrüßt. Sowohl die schwedische als auch die finnische Regierung erklärten sich bereit, ihren Anteil an den jeweiligen Unternehmen deutlich zu reduzieren. Doch auch in diesem Fall konnten gute Absichten Konflikte zwischen den beiden Seiten nicht verhindern. Die Besetzung der Führungspositionen wurde erneut zum Streitfall: Im März 2002 war vereinbart worden, dass der bisherige Managing Director von Telia, Anders Igel, diese Position auch in dem neuen Unternehmen innehaben sollte. Anfang November kündigte Telia an, dass Igel zusätzlich auch in das Board of Directors des neuen Unternehmens berufen werden solle. Die finnische Regierung betrachtete das als eine Verletzung der Vereinbarung, die mit der schwedischen Regierung geschlossen worden war, und widersetzte sich der Nominierung. Nach einem Krisengespräch der Regierungschefs beider Länder ließ Anders Igel verlauten, er werde auf die Mitgliedschaft im Board of Directors verzichten, um bei der geplanten Fusion Ruhe einkehren zu lassen. Diese Machtspiele waren einer der Gründe, die es bis zuletzt ungewiss machten, ob sich bis zur gesetzten Frist die nötigen 90% der Sonera-Aktionäre entschließen würden, ihre Wertpapiere gegen Telia-Aktien zu tauschen. Hinzu kam ein starker Kursfall der Telia-Aktien, durch den sich der Wert des ursprünglichen Angebots deutlich verringerte. Trotz aller Querelen konnte am 18. November 2002 gemeldet werden, dass 94,8% der Sonera-Aktionäre ihre Wertpapiere gegen Telia-Aktien getauscht hatten. Somit stand der Fusion nichts mehr im Wege.

3.3 Die ersten Jahre nach der Fusion Das erste Jahr nach der Fusion war von wechselhaften Meldungen geprägt. Zu Beginn des Jahres 2003 wurde von Milliardenverlusten aufgrund hoher Abschreibungen bei beiden Partnern berichtet. Der Aktienkurs des neuen Unternehmens fiel zeitweise deutlich ab. Analysten waren enttäuscht von der schwachen Entwicklung seit der Fusion. TeliaSonera-Chef Anders Igel sprach dennoch von „einer gelungenen Integration von zwei starken Unternehmen“, durch die die Gewinnmargen beim Mobilfunk in Nordeuropa und beim Festnetz in Schweden nennenswert erhöht worden seien.

480

Telia

Im zweiten Jahr nach der Fusion kam es zu Personalstreitigkeiten. Im März 2004 plädierte der finnische Chairman des Board of Directors, Tapio Hintikka, mit Blick auf die geplante weitere Expansion in Europa für die Besetzung von Board-Positionen mit unabhängigen und international erfahrenen Managern. Die schwedische Regierung, die mit 45,3% weiterhin größter Aktionär des Unternehmens war, bestand jedoch darauf, ihren Anteil an Sitzen im Board of Directors zu behalten. Die Auseinandersetzung endete mit Hintikkas Rücktritt. Dies machte wiederum deutlich, dass der Einfluss der Politik auf die Unternehmensführung weiterhin für Unruhe sorgte. Neben dem staatlichen Einfluss wurden jedoch auch kulturelle Differenzen als Ursache für die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit gesehen. Dies veranschaulichen auch die in Abbildung 5 zitierten Pressestimmen. Süddeutsche Zeitung, 05.04.2004: „Kampf der Kulturen – Tom von Weymarn soll bei TeliaSonera die Gräben überbrücken“, S. 23. (1)

„…Anfang der vergangenen Woche war der bisherige Aufsichtsratschef Tapio Hintikka zurückgetreten. Der Finne hatte sich mit seinen schwedischen Kollegen in diesem Gremium überworfen. Schwedische Zeitungen gaben dem Finnen die Schuld, finnische Zeitungen den Schweden. ‚Hintikka glaubte, dass er im Geschäftsleben tätig sei, aber nun merkte er, dass er in die schwedische Politik geraten war, schrieb die finnische Finanzzeitung Taloussanomat. Sie räsonierte über ‚unterschiedliche Chefkulturen in den beiden Ländern‘ und traf damit den Nagel auf den Kopf. Das schwedische Svenska Dagbladet warf Hintikka vor, er sei ‚zu eigensinnig und kann nicht zuhören‘. Chefgehabe ist den Schweden zuwider, sie mögen keine Hierarchie. …“ Financial Times Deutschland, 30.03.2004: „Machtkampf erschüttert Telefonkonzern Telia-Sonera (1) – Finnischer Aufsichtsratschef tritt im Streit um Einflussnahme der schwedischen Regierung zurück“, S. 4.

„Der größte skandinavische Telekomkonzern TeliaSonera wird von einem Machtkampf zwischen den Großaktionären, dem finnischen und dem schwedischen Staat, erschüttert. Gestern erklärte der finni(1) sche Aufsichtsratschef Tapio Hintikka seinen Rücktritt, weil die schwedische Regierung einen zu großen Einfluss auf die Konzerngeschäfte nehme. Die Schweden würden TeliaSonera nicht als normales gewinnorientiertes Unternehmen führen wollen, sagte Hintikka der Financial Times Deutschland. Mit seinem Rücktritt kam Hintikka seiner Abberufung zuvor. Der schwedische Wirtschaftsminister Leif Pagrotsky deutete in einer Pressemitteilung an, dass Hintikka auf der Hauptversammlung Ende April entmachtet worden wäre. Der Wirtschaftsminister sprach von einer Vertrauenskluft. ‚Er war ein Jahr lang Aufsichtsratschef, ein Jahr zuviel. Und es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn er ein weiteres Jahr geblieben wäre.’ … Dem Rücktritt Hintikkas vorausgegangen war wieder ein Streit um die Besetzung des Aufsichtsrates. … ‚Die schwedische Regierung sagt, dass sie ihren Anteil an Aufsichtsratssitzen behalten will. Wenn ich mehr internationale Leute will, dann sollen gefälligst die Finnen verschwinden’, sagte Hintikka. … Zudem geraten finnische und schwedische Führungskräfte im operativen Geschäft ständig aneinander. Konzernkenner führen das auf die unterschiedlichen Mentalitäten zurück. Während die Schweden stark konsensorientiert sind und Entscheidungen nur nach langen Diskussionen treffen, gelten die Finnen als entscheidungsfreudig. In Hintikkas Fall hat das offenbar zu Verstimmungen geführt. Hintikkas Führungsstil sei im Kontrollgre(1) mium auf Widerspruch gestoßen, sagte Carl Bennet, schwedischer Aufsichtsratsvize , der nach Hintikkas Rücktritt übergangsweise das Kontrollgremium führt. ‚Wir haben unterschiedliche Auffassungen (1) darüber, wie Aufsichtsratsangelegenheiten behandelt und Beschlüsse umgesetzt werden sagte Bennet. Hintikka habe nicht akzeptieren wollen, dass alle Aufsichtsratmitglieder an Entscheidungsprozessen sollten‘,beteiligt sein müssten. …“

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Helsingin Sanomat, 06.04.2004: “Behind Every Good Manager Lurks a Strong Mother – Dutch Psychoanalyst and Business Expert Admires Finnish Style of Management“ (2)

„The unexpected resignation of TeliaSonera CEO Tapio Hintikka sparked a brisk discussion last week on differences between corporate management styles in Finland and in Sweden. In light of the comments, the situation would seem quite comically stereotypical. The public perception of „one-syllable Hintikka” is one of an archetypal boss of the Finnish school of management by perkele („perkele”, a popular Finnish swear word, is a reference to the devil), whose doctrine seems to be derived from the classic Finnish war novel The Unknown Soldier, in which decisions are pushed through without wasting time asking the opinions of others. Just as stereotypically, the Swedes were seen as being aimless babblers, who just wanted to discuss things to death. …” (1) Die Autoren der Süddeutschen Zeitung und der Financial Times Deutschland verwenden hier Begriffe aus dem deutschen Corporate-Governance-System. Wenn vom Aufsichtsrat die Rede ist, wird Bezug genommen auf das schwedische „Board of Directors“. (2) Tapio Hintikka war Chairman des Board of Directors, nicht CEO. Der Titel wird vom Autor des Helsingin Sanomat falsch verwendet.

Abb. 5: Pressestimmen zum Rücktritt des Chairman des Board of Directors Tapio Hintikka Quelle: Informationen aus Fischer (2004), S. 23, Bomsdorf/Gribnitz (2004), S. 4, Junkkari (2004). Trotz derartiger Probleme konnte TeliaSonera die Zahl seiner Kunden kontinuierlich erhöhen. Auch wenn der Umsatz des Unternehmens aufgrund sinkender Preise in den nordischen Ländern stagnierte, ermöglichte es ein strikter Sparkurs, den Gewinn sogar stärker als erwartet zu steigern. Effekte der Fusion zeigten sich zudem in den deutlich gesunkenen Verbindlichkeiten und in dem Zuwachs an liquiden Mitteln, wodurch neue Investitionen möglich wurden. Abbildung 6 fasst die Entwicklung von Telia und Sonera in den Jahren vor und nach der Fusion zusammen.

482

Telia

Mio. € 10

Net Sales(2)

Mio. € 4

Operating Income(4)

Mio. € 4

8

2

6

0

0

4

-2

-2

2 (1)

Mio. €

EBITDA(3)

-4

-6

2000 2001 2002 2003 2004

10

2

-4

0

-6

(1)

2000 2001 2002 2003 2004 Mio. € 10

Mio. € 4

Net Debt(5)

8

6

6

0

4

4

-2

2

2

-4

0

0

(1)

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)

(1)

2000 2001 2002 2003 2004

8

Free Cash Flow(7)

2

-6 2000 2001 2002(1)2003 2004

2000 2001 2002 2003 2004

Net Income(6)

(1)

2000 2001 2002 2003 2004

Bei den Werten für das Jahr 2002 handelt es sich um Pro-Forma-Zahlen. Net Sales: Umsatzerlöse, enthalten u.a. Verbindungen, Roaming, Bestellkosten, Anschluss- und Installationsgebühren, Servicegebühren. EBITDA: Abkürzung für „Earnings Before Interest, Tax, Depreciation and Amortization". Operating Income: EBITDA nach Abzug von Abschreibungen. Net Debt: Verzinste Verbindlichkeiten abzüglich kurzfristige Anlagen, Barvermögen und Bankguthaben. Net Income: Operating Income nach Finanzergebnis und Steuern. Free Cash Flow: Cash Flow der Betriebsaktivitäten abzüglich erworbener immaterieller und materieller Vermögensgegenstände.

Telia

Sonera

TeliaSonera

Abb. 6: Entwicklung von TeliaSonera während der Jahre 2000 bis 2004 Quelle: Daten aus Sonera (2002), S. 1, 38, 52 und 71, TeliaSonera (2003), S. 47 und 52, und TeliaSonera (2005), S. 103.

4

TeliaSonera innerhalb der europäischen Telekommunikationsbranche

Die Konsolidierung auf dem nordischen Telekommunikationsmarkt hat sich inzwischen fortgesetzt. In den letzten Jahren wurden regelmäßig Übernahmen und Fusionen gemeldet. TeliaSonera gelang es vor allem mit der Akquisition von Orange Denmark, seine Position auf dem nordischen Markt auszubauen. Das Unternehmen wurde hierdurch zum drittgrößten Mobilfunkanbieter in Dänemark. Telias einstiger Partner Telenor beispielsweise akquirierte den schwedischen Mobilfunkbetreiber Europolitan Vodafone und engagierte sich zudem stark im Internetgeschäft. Im Mai 2005 kaufte Telenor zwei der größten Breitbandanbieter in Dänemark und Schweden und übernahm Anfang 2006 den schwedischen Telekommunikations- und Breitbandanbieter Glocalnet. Da der nordische Markt weitgehend gesättigt ist und kaum noch Wachstumschancen bietet, orientieren sich viele der nordischen Telekommunikationsanbieter verstärkt in

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Richtung Osten. TeliaSonera versuchte, seine Präsenz in den baltischen Staaten und im eurasischen Raum weiter auszubauen. Ende 2004 hatte TeliaSonera die litauische Omnitel komplett übernommen und den Anteil an der estländischen Eesti Telekom auf über 50% erhöht. Dagegen war der Plan, den Anteil an der türkischen Turkcell auf 66,4% zu steigern, im letzten Moment gescheitert. TeliaSoneras schwedischer Konkurrent Tele2 ist ein anderes Beispiel für die Tendenz nordischer Telekommunikationsunternehmen, in Osteuropa zu investieren. Das Unternehmen erhöhte Anfang des Jahres 2006 fünf seiner Beteiligungen in Russland und verfügt dort inzwischen über elf vollständig beherrschte Gesellschaften. TeliaSonera hat es geschafft, sich als größtes Telekommunikationsunternehmen der nordischen Länder zu etablieren. Trotz des Vorsprungs gegenüber seinen Wettbewerbern aus der Region lag das Unternehmen aber gemessen am Umsatz unter den europäischen Telekommunikationsunternehmen im Jahr 2004 lediglich auf Rang 10, was in Abbildung 7 zum Ausdruck kommt.

Deutsche Telekom (Deutschland) Vodafone (Großbritannien) France Télécom (Frankreich) Telecom Italia (Italien) Telefónica (Spanien) British Telecom Group (Großbritannien) KPN Telecom (Niederlande) Vivendi Universal Télécommunications (Frankreich) O2 (Großbritannien) TeliaSonera (Schweden/Finnland) Telenor (Norwegen) Swisscom (Schweiz) Portugal Telecom (Portugal) TDC (Dänemark) Belgacom (Belgien) 0 Stand 2004.

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

Umsatz in Mio. €

Abb. 7: Die umsatzstärksten Telekommunikationsunternehmen Europas Quelle: Daten aus den Geschäftsberichten für die Jahre 2004 bzw. 2005 der genannten Unternehmen.

484

Telia

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Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

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486

Telia

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Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

487

Fragen und Aufgaben 1.

Deregulierung und Privatisierung werden als Treiber für die Internationalisierung bzw. Globalisierung der Wirtschaft und von Unternehmen angesehen. a) Inwiefern kann man in der Telekommunikationsbranche Deregulierung und Privatisierung als Motor der Internationalisierung bzw. Globalisierung interpretieren? b) Welche weiteren „Treiber“ der Internationalisierung bzw. Globalisierung erkennen Sie in der Telekommunikationsbranche?

2.

In der Fallstudie werden zwei grenzüberschreitende Fusionen diskutiert – die versuchte Fusion mit Telenor und die erfolgte Fusion mit Sonera. a) Erstellen Sie eine tabellarische Übersicht, anhand derer Sie die beiden Fusionen vergleichen. Gehen Sie bei Ihrem Vergleich bitte auf folgende Aspekte ein: i)

Ausgangsbedingungen

ii) Motive für Telia iii) Verlauf der Verhandlungen iv) Ergebnis der Verhandlungen b) Wo liegen Ihrer Meinung nach entscheidende Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Fusionen? 3.

Telia entschied sich für die Option einer Fusion als internationale Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie. a) Welche anderen Möglichkeiten für internationale Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien gibt es im Allgemeinen? b) Welche Vorteile brachte aus der Perspektive von Telia die Fusion mit Sonera im Vergleich zu anderen Strategiealternativen mit sich? c) Welche Nachteile und Probleme von Fusionen als Strategiealternativen werden aus der Fallstudie heraus deutlich?

4.

Es lassen sich Fusionen zwischen gleichberechtigten Partnern und Fusionen zwischen ungleichberechtigten Partnern unterscheiden. a) Wie würden Sie die Fusionen zwischen Telia und Telenor bzw. zwischen Telia und Sonera einordnen? Erläutern Sie bitte Ihre Aussagen. b) Welche Vorteile und welche Probleme bringen Fusionen zwischen gleichberechtigten und zwischen ungleichberechtigten Partnern mit sich?

488 5.

Telia Kritiker hatten bereits zu Beginn der Verhandlungen zwischen der schwedischen und der norwegischen Regierung davor gewarnt, zwei politisch geführte Staatsunternehmen zusammenzuschließen und erst anschließend an deren Börsengang und die Privatisierung zu denken. a) Inwiefern konnte bei diesem Vorhaben aus Ihrer Sicht von Anfang an mit Schwierigkeiten gerechnet werden? b) Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb in ihrer Ausgabe vom 18.12.1999: „Eine Einigung über die Streitpunkte – Standortfragen und die Interpretation des Fusionsvertrags – wäre leicht möglich gewesen, wenn nicht beide Regierungen gefürchtet hätten, das Gesicht zu verlieren.“ Nehmen Sie zu dieser Aussage Stellung. c) Ist der Fall Telia Ihres Erachtens ein Beispiel dafür, dass sich der Staat und die Politik generell aus der Führung von internationalen Unternehmen heraushalten sollten? Bitte begründen Sie Ihre Aussage.

6.

Vor der Fusion von Telia und Sonera warnte das auf Mobilfunkunternehmen spezialisierte Marktforschungsunternehmen Redeye unter Hinweis auf die gescheiterte Fusion mit Telenor vor politischen, aber auch vor finanziellen Risiken. a) Erläutern Sie bitte mit Bezug auf die tatsächlich aufgetretenen Schwierigkeiten, was in diesem Fall mit politischen Risiken gemeint war. b) Worin bestanden Ihrer Meinung nach die finanziellen Risiken bei der Fusion mit Sonera? c) Welche weiteren Aspekte hätten Telia und Sonera bei der Fusion aus Ihrer Sicht Schwierigkeiten bereiten können? d) Mit welchen Risiken sieht sich TeliaSonera zukünftig weiterhin konfrontiert?

7.

Der Erfolg einer Fusion wird häufig an der Entwicklung der finanziellen Kennzahlen gemessen. a) War die Fusion zwischen Telia und Sonera ein finanzieller Erfolg? Begründen Sie Ihre Einschätzung bitte auf Basis der in Abbildung 6 dargestellten Größen. b) Welche weiteren Angaben brauchten Sie, um letztlich den Erfolg der Fusion beurteilen zu können? Entwickeln Sie bitte einige Ideen.

Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe 8.

489

Hofstede ermittelte für die drei Länder Schweden, Norwegen und Finnland folgende Werte für die Kulturdimensionen Machtdistanz, Individualismus, Unsicherheitsvermeidung und Maskulinität: Schweden

Norwegen

Finnland

Wert

Rang (von 53)

Wert

Rang (von 53)

Wert

Rang (von 53)

Machtdistanz

31

47

31

47

33

46

Individualismus

71

10

69

13

63

17

Unsicherheitsvermeidung

29

49

50

38

59

31

5

53

8

52

26

47

Maskulinität

a) Definieren Sie bitte, was sich generell hinter den vier Kulturdimensionen verbirgt. Sollten Sie bisher noch nichts von Hofstedes Kulturdimensionen gehört haben, so informieren Sie sich in Lehrbüchern zum Internationalen Management. b) Bitte vergleichen Sie die Werte für Schweden und Norwegen. Inwiefern halten Sie kulturelle Unterschiede als Ursache des Scheiterns der Fusion zwischen Telia und Telenor für wahrscheinlich? Oder sehen Sie andere Ursachen – ob im Text genannt oder von Ihnen vermutet – als relevanter an? c) Betrachten Sie nun die schwedischen Werte im Vergleich zu den finnischen. Lassen sich die Unterschiede mit den geschilderten Schwierigkeiten in Verbindung bringen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. 9.

Sowohl Telia als auch Sonera waren bereits vor ihrer Fusion in den baltischen Staaten und in Russland aktiv, wie Abbildung 4 zeigt. Derartige internationale Aktivitäten können auf unterschiedliche Arten in die Organisationsstruktur von Unternehmen eingegliedert werden. a) Beschreiben Sie zunächst – unabhängig vom Fall – die folgenden Optionen für Organisationsstrukturen: • • • • •

Integrierte Funktionalstruktur, Integrierte Geschäftsbereichs- und Produktstrukturen, Integrierte Regionalstrukturen, Integrierte Key-Account-Strukturen sowie die Möglichkeit, Inlands- und Auslandsgeschäft zu trennen und eine Internationale Division zu installieren.

b) Welche Möglichkeit würden Sie TeliaSonera im dargestellten Fall empfehlen? Begründen Sie bitte Ihre Entscheidung. c) Wie beurteilen Sie die Chance für TeliaSonera, das Engagement in den baltischen Staaten und in Russland als Brückenkopf für weitere Beteiligungen in Osteuropa zu nutzen? Begründen Sie bitte Ihre Meinung.

490

Telia

10. Stellen Sie sich vor, Sie gehören zu einem Consulting-Team, welches TeliaSonera im Hinblick auf zukünftiges Wachstum ab dem Jahr 2006 beraten soll. Eine der Optionen besteht in weiteren Akquisitionen im Ausland. a) Welche Fragen muss Ihnen das Top-Management zunächst beantworten, bevor Sie Wachstumsalternativen prüfen können? b) Wie würden Sie bei der Auswahl möglicher Akquisitionskandidaten vorgehen? Begründen Sie bitte Ihre Aussagen. c) Wie würden Sie die Auswahl möglicher Zielmärkte angehen? Bitte unterlegen Sie Ihre Aussagen mit geeigneten Argumenten. 11. Am 31. Juli 2007 musste Telias bisheriger Managing Director, Anders Igel, das Unternehmen verlassen. Bitte lesen Sie dazu folgenden Artikel aus dem Handelsblatt: Handelsblatt, 13.06.2007: „Rauswurf auf die direkte Art“, S. 13.

„Deutlicher hätte der Rausschmiss nicht ausfallen können: Anders Igel, 56, muss als Chef des führenden nordeuropäischen Telekomkonzerns TeliaSonera schon in sechs Wochen abtreten. Am 31. Juli ist Schluss für den glücklosen Igel. Und TeliaSoneras Aufsichtsratschef Tom von Wyman verlor sich nicht in sonst üblichen Dankesreden für alles Geleistete in den vergangenen fünf Jahren, sondern redete Klartext: „TeliaSonera braucht einen neuen Chef mit einem neuen Führungsstil, der die Mitarbeiter motivieren kann.“ ... Von Igel war am Tag seines überraschenden Rauswurfs nichts zu hören. Der stets überkorrekt wirkende Vorstandschef tauchte unter, wollte sich nicht zu seinem Abgang äußern. So war er in der Vergangenheit auch: Verschwiegen bis schüchtern wirkte er im Gespräch. Auch intern galt der ausgebildete Ingenieur als ziemlich unnahbar. Seine Distanz zum Fußvolk hatte Auswirkungen auf das Betriebsklima bei dem Konzern, der 2002 aus der Fusion der beiden Ex-Monopolisten Telia aus Schweden und Sonera aus Finnland hervorgegangen war. Mitarbeiter berichten über eine Lustlosigkeit, die sich seit längerem im Unternehmen breit gemacht habe. ... Tatsächlich hat TeliaSonera unter Igel seine Position als umsatzstärkster Telekomkonzern in Nordeuropa an den norwegischen Konkurrenten Telenor verloren. Außerdem reagierte Igel zu spät auf die Internet-Telefonie und verlor Kunden. Der Streit beim türkischen Mobilfunkbetreiber Turkcell, an dem TeliaSonera 37 Prozent hält, mit zwei anderen Großaktionären über die Kontrolle haben den Konzern gelähmt. Auch den Konflikt zwischen TeliaSonera und der russischen Alfa Group über die Kontrolle beim drittgrößten russischen Mobilfunkbetreiber MegaFon konnte Igel bislang nicht lösen. ...“

Quelle: Steuer, Helmut (2007): Rauswurf auf die direkte Art. In: Handelsblatt, 13.06.2007, S. 13. Was könnte sich zwischen 2002 und 2007 bei TeliaSonera geändert haben und einen neuen Top-Manager mit einem anderen Führungsstil erfordern? Hätten Sie an der Stelle von Tom von Wyman auch so gehandelt und sich von Anders Igel getrennt?

Nach schwedisch-norwegischem Flirt eine schwedisch-finnische Ehe

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12. France Télécom wollte im Jahr 2008 TeliaSonera übernehmen. Bitte arbeiten Sie heraus, a) welche Motive France Télécom für eine Akquisition hatte, b) warum die geplante Transaktion von France Télécom letztlich nicht zustande kam und c) welche Schlussfolgerung Sie für TeliaSonera ziehen. 13. Im Jahr 2008 wurde folgende Pressemitteilung über die dpa veröffentlicht: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.09.2008: „Telia Sonera kauft in Asien zu “, S. 19.

„Die skandinavische Telefongesellschaft Telia Sonera hat in Nepal und Kambodscha Beteiligungen gekauft. Für 488 Millionen Dollar werde die 51-prozentige Beteiligung der kasachischen Visor Group an Telia Sonera Asia erworben, teilte Telia Sonera am Freitag in Helsinki mit. Damit hätten die Nordeuropäer 80 Prozent der Anteile an der nepalischen Spice Nepal sowie 100 Prozent an der kambodschanischen Applifone. Die Transaktion soll am 1. Oktober abgeschlossen werden.“

Quelle: o.V. (2008): Telia Sonera kauft in Asien zu. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.09.2008, S. 19. a) Erachten Sie die Engagements von TeliaSonera in Nepal und Kambodscha als überraschend? Bitte begründen Sie Ihre Meinung, indem Sie auch auf die Ihnen bekannten Kritieren eingehen, die bei der Auswahl von Zielmarktstrategien relevant sind. b) Nehmen Sie an, TeliaSonera möchte sich eines Tages aus Nepal oder Kambodscha wieder zurückziehen. Welche strategischen Alternativen gibt es für TeliaSonera? Spielen dabei auch Marktaustrittsbarrieren eine Rolle? 14. Im Jahr 2011 hat die Deutsche Telekom ihre US-Tochter T-Mobile verkauft; Vodafone veräußerte seine Beteiligung in Frankreich. Das Handelsblatt schrieb damals: „Schiere Größe ist out – es zählt die Profitabilität“ (Hennes, Markus/Slodczyk, Katharina (2011): Wenn die Telekomriesen schrumpfen. In: Handelsblatt, 05.04.2011, S. 22-23). a) Bitte nehmen Sie zu der Aussage „Schiere Größe ist out – es zählt die Profitabilität“ Stellung. Ist diese Aussage nicht ohnehin für Unternehmen aller Branchen und zu allen Zeiten gültig? b) Bitte untersuchen Sie die Profitabilität von TeliaSonera im Zeitraum von 2004 bis 2011 und vergleichen Sie diese mit der Profitablität von Telenor, France Télécom und der Deutschen Telekom. Wählen Sie bitte mehrere Kennzahlen, die sich zur Messung von Profitabilität eignen. Welche Schlussfolgerung ziehen Sie?

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Telia

15. Die Telekommunikationsbranche ist großen Änderungen unterworfen. Bitte führen Sie eine eigene Recherche durch, deren Ergebnis a) eine aktuelle Rangliste der umsatzstärksten Telekommunikationsunternehmen Europas b) eine Branchenanalyse und brancheninterne Strukturanalyse für Europa sowie c) einen Vergleich von TeliaSonera mit den Wettbewerbern der gleichen Strategischen Gruppe beinhaltet. Wie ist TeliaSonera Ihrer Meinung nach strategisch positioniert? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung ausführlich.

UniCredit Group Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dr. Thomas Kotulla

Stefan Schmid und Thomas Kotulla UniCredit Group: Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

Ende 2005 kam es zur bis dahin größten grenzüberschreitenden Bankenfusion Europas – dem Zusammenschluss der italienischen UniCredit Group mit der deutschen HVB Group. Durch die Fusion entstand eine der größten europäischen Banken sowie die mit Abstand führende Bankengruppe in Osteuropa. Nach einer kurzen Vorstellung der Fusionspartner sowie nach einem Überblick über die Fusion an sich steht in dieser Fallstudie die Osteuropa-Strategie der Bankengruppe im Mittelpunkt. Dabei werden nicht nur die Marktpräsenzstrategien, sondern auch die Timingstrategien thematisiert. Es wird ferner auf die Marktsegmentierungsstrategien sowie auf damit zusammenhängende regionale und divisionale Überschneidungen eingegangen, die sich als Folge der Fusion ergaben. Dies beinhaltet eine Diskussion der kartellrechtlichen Schwierigkeiten sowie der notwendig werdenden organisatorischen Umstrukturierungen der fusionierten Bankengruppe. Die vorliegende Fallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im April 2007 abgeschlossen. Im Juni 2012 wurde der Fragen- und Aufgabenteil zum Fall ergänzt und aktualisiert. Die Autoren danken Herrn Prof. Dr. Leo Schuster für wertvolle Hinweise zu früheren Versionen dieser Fallstudie.

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UniCredit Group

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Die UniCredit Group und die HVB Group sowie deren Fusion .......................... 497 1.1 Die UniCredit Group vor der Fusion ................................................................ 497 1.2 Die HVB Group vor der Fusion ........................................................................ 498 1.3 Die fusionierte UniCredit Group ....................................................................... 499 2 Die Osteuropa-Strategie der fusionierten UniCredit Group ............................... 501 2.1 Die Marktpräsenzstrategien............................................................................. 501 2.2 Die Timingstrategien........................................................................................ 504 2.3 Die Marktsegmentierungsstrategien ................................................................ 506 3 Die Integration der fusionierten UniCredit Group ............................................... 509 3.1 Die kartellrechtlichen Hürden .......................................................................... 509 3.2 Die organisatorischen Umstrukturierungen ..................................................... 510 4 Ausblick .................................................................................................................. 511

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

1

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Die UniCredit Group und die HVB Group sowie deren Fusion

Im Jahr 2005 erfolgte der Zusammenschluss der italienischen UniCredit Group mit der deutschen HVB Group. Es sollen zunächst die beteiligten Partner UniCredit Group (Abschnitt 1.1) und HVB Group (Abschnitt 1.2) näher skizziert werden, bevor dann die Fusion kurz dargestellt wird (Abschnitt 1.3).

1.1 Die UniCredit Group vor der Fusion Der Ursprung der UniCredit Group fällt in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts – eine Zeit, als die gesamte italienische Bankenlandschaft großen Veränderungen unterworfen war: Die vormals existierende Trennung zwischen Großbanken, Regionalbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen geriet als Folge mehrerer Gesetzesänderungen im italienischen Bankenrecht ins Wanken. Die Gründung der UniCredit Group mit rechtlichem Sitz in Genua und Unternehmenszentrale in Mailand resultierte aus einem in den Jahren 1998 und 1999 erfolgten Zusammenschluss der damaligen italienischen Großbank Credito Italiano (früherer Sitz in Genua) mit der italienischen Regionalbank Rolo Banca (regionaler Schwerpunkt in der Emilia-Romagna), den drei zur Unicredito gehörenden Regionalsparkassen Banca CRT (regionaler Schwerpunkt im Piemont), CariVerona (regionaler Schwerpunkt in Venetien) und Cassamarca (regionaler Schwerpunkt in Venetien) sowie den beiden Regionalsparkassen CRTrieste Banca (regionaler Schwerpunkt in Friaul-Julisch Venetien) und Caritro (regionaler Schwerpunkt in Trentino-Südtirol). Unmittelbar nach ihrer Entstehung umfasste die UniCredit Group bereits über 100 direkte und indirekte Beteiligungen an verschiedenen, vorwiegend italienischen Finanzunternehmen. Zwischen 1999 und 2004 wurde die neu entstandene Bankengruppe organisatorisch auf ein primär nach Kundengruppen gegliedertes Geschäftsbereichsmodell umgestellt. Hierdurch entstanden die Geschäftsbereiche (1) Retail Banking für Privatkunden und kleine Unternehmen, (2) Corporate & Investment Banking für mittlere und große Unternehmen und Institutionen sowie (3) Private Banking & Asset Management für vermögende Privatkunden. Ergänzt wurden diese drei Bereiche damals durch den Geschäftsbereich (4) New Europe zur Bündelung aller Aktivitäten in der als strategisch bedeutsam

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UniCredit Group

betrachteten Region Osteuropa1 sowie durch den Geschäftsbereich (5) Global Banking Services, der Querschnittsfunktionen für die übrigen vier Bereiche übernehmen sollte. Durch organisches Wachstum und zahlreiche, meist osteuropäische Akquisitionen, auf die im Rahmen dieser Fallstudie vor allem in Abschnitt 2.1 näher eingegangen wird, stärkte die UniCredit Group zwischen 1999 und 2005 ihre Position als – gemessen an der Bilanzsumme – zweitgrößte Bankengruppe Italiens. Im weltweiten Bankenmarkt spielte sie allerdings noch keine wesentliche Rolle; gemessen am Kernkapital2 galt sie Ende 2004, im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vor der Fusion, als 39-größte Bank der Welt. Im selben Jahr erwirtschaftete die UniCredit Group einen Zins- und Provisionsüberschuss von 8,5 Mrd. €, einen Jahresüberschuss von 2,1 Mrd. €, beschäftigte etwa 68.600 Mitarbeiter und betrieb insgesamt etwa 4.400 Bankfilialen.

1.2 Die HVB Group vor der Fusion Die HVB Group mit rechtlichem Sitz und mit Unternehmenszentrale in München entstand im Jahr 2000 im Zuge der Akquisition der österreichischen Bank Austria Creditanstalt durch die Bayerische Hypo- und Vereinsbank.3 Dabei war die Bayerische Hypound Vereinsbank selbst das Ergebnis einer Fusion, die noch gar nicht so lange zurück lag und deren Integration in ihrer Tiefe noch keineswegs abgeschlossen war – im Jahr 1998 hatten sich die Bayerische Vereinsbank und die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank zum Zusammenschluss entschieden. Auch die Bank Austria Creditanstalt war nicht nur aus organischem Wachstum heraus groß geworden; sie ist das Ergebnis einer Übernahme der österreichischen Creditanstalt durch die Bank Austria im Jahr 1997. Unmittelbar nach ihrer Entstehung umfasste die HVB Group ebenfalls bereits über 100 direkte und indirekte Beteiligungen an unterschiedlichen Finanzunternehmen. Der regionale Schwerpunkt lag dabei vorwiegend in Deutschland, Österreich und Osteuropa.

1

2

3

Unter Osteuropa (im weiteren Sinne) werden in dieser Fallstudie das östliche Zentraleuropa (Kroatien, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn), das östliche Südeuropa (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien, Türkei) sowie Osteuropa im engeren Sinne (Estland, Lettland, Litauen, Moldawien, Russland, Ukraine, Weißrussland) subsumiert. Damit wird von den durch die UniCredit Group und durch die HVB Group verwendeten Termini „New Europe“ sowie „Central Eastern Europe“ (CEE) bzw. „Zentral- und Osteuropa“ (ZOE) abgewichen. Das Kernkapital ist ein Teil des haftenden Eigenkapitals eines Kreditinstituts und besteht – im Falle einer Aktiengesellschaft – aus eingezahltem Grundkapital (ohne Vorzugsaktien), Rücklagen, einbehaltenen Gewinnen sowie Sonderposten für allgemeine Bankrisiken. Nicht bereits seit der Entstehung der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank im Jahr 1998, sondern erst seit der Akquisition der Bank Austria Creditanstalt im Jahr 2000 wird in den entsprechenden Geschäftsberichten die Firmierung „HVB Group“ verwendet.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

499

In den Jahren 2000 bis 2002 erfolgte zwischen der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank sowie der Bank Austria Creditanstalt, die beide unter der Holding HVB Group als selbständige Unternehmen bestehen blieben, ein teilweiser Austausch von Unternehmensbeteiligungen: Während der Bank Austria Creditanstalt überwiegend die Beteiligungen an den osteuropäischen Finanzunternehmen zugewiesen wurden, erhielt die Bayerische Hypo- und Vereinsbank die west- und außereuropäischen Unternehmensbeteiligungen. In diesem Zusammenhang wurde die Bankengruppe außerdem in drei neue Geschäftsbereiche unterteilt: Die Geschäftsbereiche (1) Deutschland sowie (2) Österreich & Zentral- und Osteuropa bearbeiteten den deutschen, österreichischen sowie osteuropäischen Markt jeweils separat, wohingegen im Geschäftsbereich (3) Corporates & Markets regionsübergreifend die kapitalmarktorientierten Geschäftstätigkeiten der Bankengruppe zusammengefasst wurden. Vor allem aufgrund von Schwierigkeiten im Immobiliengeschäft verlor die HVB Group im Jahr 2004 ihre Position als bis dahin zweitgrößte Bankengruppe Deutschlands nach Bilanzsumme. 2005 konnte die HVB Group den zweiten Rang im deutschen Bankenmarkt jedoch zurückgewinnen. Durch die Gründung mehrerer osteuropäischer Tochtergesellschaften sowie durch zahlreiche, meist in Osteuropa erfolgte Akquisitionen, auf die in Abschnitt 2.1 dieser Fallstudie noch näher eingegangen wird, entwickelte sie sich bis Ende 2004, im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vor der Fusion, zur nach Kernkapital 29-größten Bank der Welt. Im selben Jahr erwirtschaftete die HVB Group einen Zins- und Provisionsüberschuss von 8,5 Mrd. €, beschäftigte etwa 57.800 Mitarbeiter und betrieb zirka 2.000 Bankfilialen. Anders als die UniCredit Group war die HVB Group jedoch nicht profitabel; sie wies einen Jahresfehlbetrag von 2,3 Mrd. € aus.

1.3 Die fusionierte UniCredit Group Am 23. November 2005 erfolgte die Fusion der UniCredit Group und der HVB Group durch Einlösung je einer HVB-Aktie gegen fünf UniCredit-Aktien. Darüber hinaus erwarb die UniCredit Group die Anteile der HVB Group an deren Tochtergesellschaften Bank Austria Creditanstalt sowie Bank Przemyslowo-Handlowy (BPH), Polen. Seit der Transaktion, die mit einem Volumen von insgesamt 19,2 Mrd. € als die bis dahin größte grenzüberschreitende Bankenfusion Europas gilt, umfasst die neue UniCredit Group über 500 direkte und indirekte Beteiligungen an verschiedenen Finanzunternehmen, vorwiegend in Italien, Deutschland, Österreich und Osteuropa, jedoch auch in geringerem Umfang in anderen Teilen Westeuropas und im Rest der Welt. Als Hauptmotive der Fusion gelten die Stärkung der Marktposition in den Heimatmärkten und in der Wachstumsregion Osteuropa, die Steigerung der Erlöse aufgrund von Ertragssynergien sowie die Erzielung von Kostensynergien durch Bereinigung von Überschneidungen in mehreren Ländern.

500

UniCredit Group

Sowohl die Bayerische Hypo- und Vereinsbank als auch die Bank Austria Creditanstalt firmieren seit der Fusion mit der UniCredit Group weiterhin unter eigenem Namen. Hinsichtlich der Geschäftsbereiche fand nach der Fusion eine Umstrukturierung in folgende sieben Divisionen statt: (1) die Retail Division für Privatkunden und kleine Unternehmen, (2) die Corporate Division für mittlere und große Unternehmen und Institutionen, (3) die Private Banking & Asset Management Division für vermögende Privatkunden, (4) die Markets & Investment Banking Division zur Bündelung der kapitalmarktorientierten Geschäftstätigkeiten, (5) die Central Eastern Europe Division zur Konzentration auf den strategisch bedeutsamen osteuropäischen Raum, (6) die Poland Markets Division für den strategisch besonders wichtigen polnischen Markt sowie (7) die Global Banking Services Division, die Querschnittsfunktionen für die übrigen sechs Bereiche übernimmt.

Kernkapital (1) (in Mrd. US$)

Bilanzsumme (1) (in Mrd. US$)

Marktkapitalisierung (2) (in Mrd. US$)

VollzeitMitarbeiter (1) (in Tausend)

Trotz einiger Unstimmigkeiten zwischen Mitgliedern des Managements der UniCredit Group und der HVB Group – mit der Konsequenz des Ausscheidens mehrerer hochrangiger HVB-Manager – stieg die UniCredit Group im Jahr 2005 zur 13-größten Bankengruppe der Welt nach Kernkapital mit über 28 Millionen Kunden in 19 Ländern auf. Im selben Jahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Zins- und Provisionsüberschuss von 19,5 Mrd. €, einen Jahresüberschuss von 3,4 Mrd. €, beschäftigte etwa 132.900 Mitarbeiter und betrieb zirka 7.200 Bankfilialen. Abbildung 1 vermittelt einen Überblick über die Position der fusionierten UniCredit Group in der Bankenbranche.

1

Citigroup

USA

79,4

1.494,0

242,0

299,0

2

HSBC Holdings

Großbritannien

74,4

1.502,0

195,4

284,0

3

Bank of America

USA

74,0

1.291,8

218,6

176,6

4

JP Morgan Chase

USA

72,5

1.198,9

141,1

168,0

5

Mitsubishi UFJ Financial Group

Japan

63,9

1.508,5

128,3

80,0

6

Crédit Agricole Groupe

Frankreich

60,6

1.380,6

53,0

134,3

7

Royal Bank of Scotland

Großbritannien

48,6

1.337,5

101,8

137,0

8

Sumitomo Mitsui Financial Group

Japan

39,6

881,6

71,1

40,7

9

Kreditinstitut

Heimatland

Mizuho Financial Group

Japan

38,8

1.226,6

88,8

27,5

10

Santander Central Hispano

Spanien

38,4

954,5

85,3

129,2

11

China Construction Bank

China

35,6

521,8

95,5

275,0

12

HBOS

Großbritannien

35,6

931,3

66,2

55,4

13

UniCredit Group

Italien

34,0

928,4

75,7

132,9

14

Barclays Bank

Großbritannien

32,5

1.591,5

71,7

113,3

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

501

15

ABN Amro Bank

Niederlande

32,3

1.039,1

n.v.

80,4

16

Industrial and Commercial Bank of China

China

31,7

799,7

n.v.

361,6

17

Bank of China

China

31,3

592,5

n.v.

209,3

18

UBS

Schweiz

30,4

1.567,6

113,0

69,6

19

Wells Fargo

USA

29,9

481,7

112,4

153,5

20

Rabobank Group

Niederlande

29,3

597,2

n.v.

45,6

(1) Stand Ende des jeweiligen Geschäftsjahres 2005. (2) Stand 16.06.2006. n.v. = nicht verfügbar.

Abb. 1: Die fusionierte UniCredit Group innerhalb der weltweiten Top-20-Kreditinstitute nach Kernkapital Quelle: Daten aus Timewell (2006), S. 179-182, sowie aus den Geschäftsberichten der Unternehmen, ergänzt um Direktauskünfte der Unternehmen, Dezember 2006.

2

Die Osteuropa-Strategie der fusionierten UniCredit Group

Ein bedeutender regionaler Schwerpunkt der UniCredit Group und der HVB Group lag bereits vor der Fusion in Osteuropa, was sich auch in der fusionierten UniCredit Group widerspiegelt. Im Folgenden sollen daher zunächst die auf Osteuropa bezogenen Marktpräsenzstrategien (Abschnitt 2.1) und Timingstrategien (Abschnitt 2.2) der Bankengruppen skizziert werden, bevor anschließend die osteuropäischen Marktsegmentierungsstrategien (Abschnitt 2.3) ausführlich dargestellt werden.

2.1 Die Marktpräsenzstrategien Bereits vor der Fusion mit der HVB Group war die italienische UniCredit Group relativ stark in Osteuropa aktiv. Die Akquisition der polnischen Bank Pekao im Jahr 1999 markiert hierbei den Beginn der nordostwärts gerichteten Expansionsstrategie der Bankengruppe. In Abbildung 2 sind die wichtigsten osteuropäischen Akquisitionen der UniCredit Group seit ihrer Gründung zusammengefasst. Insgesamt war die Bankengruppe unmittelbar vor der Fusion in acht osteuropäischen Ländern vertreten, besonders erfolgreich in Kroatien, Polen, Bulgarien sowie Bosnien und Herzegowina. Während sie in Kroatien mit der Zagrebaçka Marktführer war (mit 26% Marktanteil), besaß sie in Polen mit der Bank Pekao, in Bulgarien mit der Bulbank und in Bosnien und Herzegowina mit der Zagrebaçka die jeweils zweitgrößte Bank des Landes (mit 11% bzw. 15% bzw. 14%

502

UniCredit Group

Marktanteil).4 Der Anteil des Geschäftsbereichs New Europe am Betriebsergebnis der gesamten UniCredit Group stieg von 7,0% im Jahr 1999 auf 18,5% im Jahr 2004. Jahr der Akquisition

1999

Akquirierte Bank

Bank Pekao

Heimatland

KapitalbeteiliBilanzsumme (1) gungsquote 2005 2005 (in Mio. €)

Polen (2)

52,9%

19.038,1

2000

Pol’nobanka

Slowakei

77,2%

1.418,4

2000

Zagrebaçka

Kroatien, Bosnien und Herzeg.

81,9%

9.723,1

2002

Demirbank

100,0%

552,2

(3)

Rumänien

2002

Bulbank

2003

Živnostenská Banka Tschechien

Bulgarien

86,1%

1.781,5

96,6%

1.682,1

(1) Umrechnung auf Basis des jeweiligen Wechselkurses vom 31.12.2005. (2) Inzwischen umfirmiert in UniBanka. (3) Inzwischen umfirmiert in UniCredit Romania.

Abb. 2: Bedeutende Akquisitionen der UniCredit Group zwischen 1999 und 2005 Quelle: Daten aus UniCredit Group (2005a), S. 38-39, sowie aus den Geschäftsberichten der Unternehmen. Die Geschichte der HVB Group ist noch stärker von osteuropäischen Engagements geprägt als die der UniCredit Group, denn bereits vor der Akquisition der in Osteuropa stark aktiven Bank Austria Creditanstalt besaß die Bayerische Hypo- und Vereinsbank unter anderem eine 86%-ige Beteiligung an der polnischen BPH sowie eine 40%-ige Beteiligung an der russischen International Moscow Bank. Abbildung 3 zeigt weitere bedeutende Akquisitionen der HVB Group seit ihrer Gründung. Insgesamt war die Bankengruppe unmittelbar vor der Fusion in 15 osteuropäischen Ländern vertreten, besonders erfolgreich in Polen, Bulgarien, Tschechien sowie Bosnien und Herzegowina. Während sie in Polen mit der BPH und in Bulgarien mit der HVB Bank Biochim sowie der Hebros Bank jeweils drittstärkster Anbieter war (mit je 10% Marktanteil), besaß sie in Tschechien mit der HVB Bank Czech Republic sowie in Bosnien und Herzegowina mit der HVB Central Profit Banka die jeweils viertgrößte Bank des Landes (mit 6% bzw. 10% Marktanteil).5 Der Anteil der Region Osteuropa am Betriebsergebnis der gesamten HVB Group stieg seit 2000 auf schließlich 39,4% im Jahr 2004. Durch die Fusion zwischen der UniCredit Group und der HVB Group im November 2005 entstand die bei weitem größte in Osteuropa aktive Bankengruppe der Welt. Gemessen an der Bilanzsumme ist das fusionierte Unternehmen in der Wachstumsregion Osteuropa mehr als doppelt so groß wie sein stärkster Wettbewerber, die Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen. Insgesamt betreut die UniCredit Group über 16 Millionen osteuropäische Kunden und besitzt, wie Abbildung 4 verdeutlicht, einen jeweils mehr als 20%-igen Marktanteil nach Bilanzsumme in Polen, Bulgarien, Kroatien sowie Bosnien

4 5

Alle Marktanteilsangaben beziehen sich auf die jeweiligen Bilanzsummen. Alle Marktanteilsangaben beziehen sich auf die jeweiligen Bilanzsummen.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

503

und Herzegowina. Das Unternehmen ist zum Marktführer in drei osteuropäischen Ländern aufgestiegen und zählt zu den Top-3-Banken in drei weiteren Ländern sowie zu den Top-5-Banken in vier weiteren Ländern.6 Alessandro Profumo, CEO der UniCredit Group, beschreibt die Osteuropa-Strategie seines Unternehmens wie folgt: „The new UniCredit Group is the first truly European bank. We are market leader in [Eastern Europe and want to make] full use of opportunities for growth.“ Jahr der Akquisition

Akquirierte Bank (2)

Heimatland

KapitalbeteiliBilanzsumme (1) gungsquote 2005 2005 (in Mio. €)

2002

Bank Biochim

Bulgarien

99,8%

1.448,7

2002

Splitska Banka

Kroatien

99,7%

3.163,4

2004

Hebros Bank

509,9

2004

Eksimbanka

2005

Banca Tiriac

2005

Nova Banjalucka Banka Bosnien und Herzegowina

Bulgarien

99,9%

(3)

Serbien

98,3%

566,4

(4)

Rumänien

50,0%

850,9

83,3%

152,1

(1) Umrechnung auf Basis des jeweiligen Wechselkurses vom 31.12.2005. (2) Inzwischen umfirmiert in HVB Bank Biochim. (3) Inzwischen umfirmiert in HVB Bank Serbia and Montenegro. (4) Inzwischen umfirmiert in HVB Tiriac Bank.

Abb. 3: Bedeutende Akquisitionen der HVB Group zwischen 2000 und 2005 Quelle: Daten aus HVB Group (2006), S. 2 und S. 12, UniCredit Group (2005a), S. 208 sowie aus den Geschäftsberichten der Unternehmen. Aus Abbildung 4 wird ersichtlich, inwieweit sich die osteuropäischen Engagements der beiden fusionierten Bankengruppen innerhalb der neuen UniCredit Group ergänzen. Während in acht der Länder zuvor nur die HVB Group und in einem Land nur die UniCredit Group vertreten war, treffen in sieben Ländern die Aktivitäten beider Bankengruppen aufeinander. Letzteres zieht zwar zum einen den Vorteil einer nun deutlich stärkeren Marktposition nach sich, birgt zum anderen aber auch rechtliche, vor allem kartellrechtliche, und organisatorische Schwierigkeiten, auf die in Abschnitt 3 dieser Fallstudie näher eingegangen wird.

6

Alle Angaben beziehen sich auf die jeweiligen Marktanteile in Prozent nach Bilanzsumme.

504

UniCredit Group

Marktanteil nach Bilanzsumme

35%

Rang 1

30%

9%

Rang 1

25%

Rang 2 Rang 1

20%

10%

10% 10%

15% 26%

Rang 5 Rang 5 Rang 7

Stand 2005.

Tschechien

HVB Group

6%

4%

4%

Rang 10

k.A.

2%

1%

Ukraine

2%

Rumänien

Slowakei

Polen

Bosnien & Herzegow.

Kroatien

Bulgarien

UniCredit Group

1%

6%

Russland

6%

4%

0%

k.A. Rang 3

6%

Türkei

8%

Estland/ Lettland/ Litauen

11%

5%

Rang 4

10%

Ungarn

14%

Rang 3

Slowenien

15%

Serbien

Rang 4

10%

Zu Estland, Lettland und Litauen liegen keine separaten Marktanteilsangaben vor.

Abb. 4: Präsenz der fusionierten UniCredit Group in Osteuropa Quelle: in Anlehnung an Bank Austria Creditanstalt (2006a), S. 17 und S. 79, ergänzt um Daten aus Redman (2006), S. 1-2 sowie Direktauskünfte der UniCredit Group, Dezember 2006.1

2.2 Die Timingstrategien Während die größten Bankengruppen der Welt, wie Citigroup, HSBC oder Bank of America, bis heute kaum in Osteuropa aktiv sind, galten die UniCredit Group und die HVB Group bereits vor ihrer Fusion als Vorreiter für die Expansion westlicher Banken nach Osteuropa. Noch vor der ersten EU-Osterweiterung im Jahr 2004 dehnte sich die UniCredit Group durch zahlreiche Akquisitionen in Osteuropa aus und entwickelte sich aufgrund ihrer Early-Mover-Rolle zu einer der führenden ausländischen Banken der Region. Eine noch bedeutsamere Pionierrolle wird von Branchenexperten der HVB Group bzw. deren Vorgängerinstituten zugeschrieben: Als erste westliche Bank eröffnete die später zur HVB Group gehörende österreichische Creditanstalt im Jahr 1975 eine Repräsentanz im damals noch kommunistischen Ungarn und gründete 1991 die erste ausländische Bank Polens. Durch zahlreiche weitere osteuropäische Gründungen in den 1980er und 1990er Jahren entwickelte sich die später zur HVB Group gehörende

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

505

Bank Austria Creditanstalt zur nach Bilanzsumme größten flächendeckenden Auslandsbank in Osteuropa. Abbildung 5 zeigt – unabhängig von der jeweils gewählten Markteintrittsstrategie – die zeitliche Abfolge der (erstmaligen) osteuropäischen Markteintritte der UniCredit Group und HVB Group und verdeutlicht, dass die später zur HVB Group gehörenden Unternehmen bereits lange vor der UniCredit Group in fast allen osteuropäischen Ländern vertreten waren. Die UniCredit Group vollzog ihre osteuropäischen Markteintritte zwar erst später, dafür aber in einem deutlich kürzeren Zeitraum. 1975

...

1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Kroatien

(1)

Bulgarien

(4)

Bosnien u. Herzegowina Polen

(2)

Slowakei

(2)

Rumänien

(3)

Tschechien

(2)

Serbien Slowenien Ungarn

(2) (2)

Estland Lettland

(5)

Litauen Türkei Russland

(2)

Ukraine

(1) Damals Bank Austria (ab 2000 HVB Group). (2) Damals Creditanstalt (ab 2000 HVB Group). (3) Damals Bank Austria Creditanstalt (ab 2000 HVB Group). (4) Damals Bayerische Vereinsbank (ab 2000 HVB Group). (5) Damals Vereins- und Westbank (ab 2000 HVB Group).

(2)

UniCredit Group HVB Group

Abb. 5: Erstmalige Markteintritte der UniCredit Group und der HVB Group bzw. deren Vorgängerinstituten in Osteuropa Quelle: Informationen aus Bank Austria Creditanstalt (2006b) und aus den Geschäftsberichten der Unternehmen und Direktauskünfte aus dem Historischen Archiv der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank, Dezember 2006. Durch die Fusion mit der HVB Group nimmt die UniCredit Group eine Vorreiterrolle in Osteuropa ein. Die Tatsache, dass die fusionierte UniCredit Group in Osteuropa nun mehr als doppelt so groß ist wie ihr stärkster Wettbewerber, verdeutlicht die Bedeutung und das Ausmaß des (zeitlichen) Vorsprungs, der mit dem Zusammenschluss zweier

506

UniCredit Group

Partner erreicht wurde. Und das Potential der meisten osteuropäischen Märkte gilt für viele Experten der Bankenbranche noch immer als nicht ausgeschöpft.

2.3 Die Marktsegmentierungsstrategien Wie bereits in Abschnitt 1.1 beschrieben, richtete die UniCredit Group ihre Geschäftsbereiche vor der Fusion primär nach Kundensegmenten aus: Während es für den italienischen Markt jeweils einen eigenen Geschäftsbereich für die Segmente (1) Privatkunden und kleine Unternehmen, (2) mittlere und große Unternehmen und Institutionen sowie (3) vermögende Privatkunden gab, wurden (4) die einzelnen Kundengruppen innerhalb der Region Osteuropa im Geschäftsbereich New Europe zusammengefasst. Die HVB Group war hinsichtlich ihrer Geschäftsbereiche vor der Fusion primär nach geographischen Gesichtspunkten strukturiert: Jedoch existierten innerhalb des Geschäftsbereichs mit Verantwortung für (1) Deutschland eigene Ressorts für die Kundensegmente (1a) Privatkunden, (1b) Unternehmen und Institutionen sowie (1c) Immobilienkunden. Innerhalb des Geschäftsbereichs mit Zuständigkeit für (2) Österreich & Zentral- und Osteuropa gab es ebenfalls eigene Ressorts für die Kundensegmente (2a) Privatkunden in Österreich, (2b) kleine und mittlere Unternehmen in Österreich sowie (2c) große Unternehmen, Institutionen und Immobilienkunden in Österreich, während (2d) die einzelnen Kundengruppen in den osteuropäischen Ländern – ähnlich wie bei der UniCredit Group – im Ressort Zentral- und Osteuropa zusammengefasst wurden. Der Geschäftsbereich (3) Corporates & Markets wandte sich speziell an kapitalmarktorientierte, große Unternehmen und Institutionen. Aus Abbildung 6 wird ersichtlich, wie die genannten Geschäftsbereiche sowie die damit verbundene Marktsegmentierung in die fusionierte UniCredit Group eingeflossen sind: Gemeinsam für den italienischen, deutschen und österreichischen Markt werden in Zukunft (1) die Privatkunden und kleinen Unternehmen durch den Geschäftsbereich Retail Banking, (2) die mittleren und großen Unternehmen und Institutionen durch den Geschäftsbereich Corporate Banking und (3) die vermögenden Privatkunden durch den Geschäftsbereich Private Banking & Asset Management betreut. Der Geschäftsbereich Markets & Investment Banking widmet sich speziell (4) den kapitalmarktorientierten Unternehmen und Institutionen, der Geschäftsbereich Central Eastern Europe bündelt das Geschäft mit (5) den Kunden in Osteuropa (ohne Polen) und der Geschäftsbereich Poland Markets konzentriert sich speziell auf (6) die Kunden in Polen. Insgesamt wird deutlich, dass die UniCredit Group ihre Geschäftsbereichsstruktur inklusive der entsprechenden Marktsegmentierung weitgehend beibehalten hat, während sich die HVB Group im Zuge der Fusion stärker in eine neue Struktur einfügen und an eine neue Segmentierung anpassen musste.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

UniCredit Group vor der Fusion

UniCredit Group nach der Fusion

Retail Banking: Privatkunden und kleine Unternehmen in I (1)

Retail Banking: Privatkunden und kleine Unternehmen in I, D und A (1)

Corporate & Investment Banking: mittlere und große Unternehmen und Institutionen in I (1)

Corporate Banking: mittlere und große Unternehmen und Institutionen in I, D und A (1)

Private Banking & Asset Management: vermögende Privatkunden in I (1)

Private Banking & Asset Management: vermög. Privatkunden in I, D und A (1) Markets & Investment Banking: kapitalmarktorientierte Unternehmen und Institutionen Central Eastern Europe: alle Kunden in Osteuropa (ohne Polen)

New Europe: alle Kunden in Osteuropa

Global Banking Services: Querschnittsfunktionen

Poland Markets: alle Kunden in Polen

507

HVB Group vor der Fusion

Deutschland: Privatkunden, Unternehmen, Institutionen, Immobilienkunden

Corporates & Markets: kapitalmarktorientierte, große Unternehmen und Institutionen

Österreich: Privatkunden, Unternehmen, Institutionen, Immobilienkunden Zentral- und Osteuropa: alle Kunden in Osteuropa

Global Banking Services: Querschnittsfunktionen

(1) I = Italien, D = Deutschland, A = Österreich.

Abb. 6: Geschäftsbereiche und Marktsegmente der UniCredit Group und HVB Group vor und nach der Fusion Quelle: Informationen aus UniCredit Group (2006b) sowie aus den Geschäftsberichten der Unternehmen. Abbildung 7 vermittelt darüber hinaus einen Überblick, welche Kundensegmente die Tochtergesellschaften der UniCredit Group und HVB Group unmittelbar nach der Fusion im Jahr 2005 in den einzelnen osteuropäischen Ländern bedienten. Dabei wird deutlich, dass sowohl die Tochtergesellschaften mit UniCredit-Group-Vergangenheit als auch diejenigen mit HVB-Group-Vergangenheit stark im klassischen Privatkundensegment sowie in den Geschäftskundensegmenten tätig waren. Auffällig ist darüber hinaus, dass die ehemaligen Tochtergesellschaften der HVB Group stärker im Kapitalmarktgeschäft vertreten waren, während sich die Tochtergesellschaften der UniCredit Group im Rahmen des so genannten Private Banking – zumindest auf den ersten Blick – tendenziell stärker auf die vermögenden Privatkunden konzentrierten.

U

BA-CA Ljubljana

HVB Bank Hungary

HVB Bank Estonia

HVB Bank Latvia

HVB Bank Lithuania

Koç Financial Services

International Moscow Bank

HVB Bank Ukraine

Slowenien

Ungarn

Estland

Lettland

Litauen

Türkei

Russland

Ukraine

H

H

U

H

H

H

H

H

H

(1) MG = Muttergesellschaft (U = UniCredit Group, H = HVB Group). Stand 2005.

HVB Bank Serbia and Montenegro

H

Živnostenská Banka

HVB Bank Czech Republic

H H

Banca Tiriac

U

UniCredit Romania

HVB Bank Romania

H

HVB Bank Slovakia

U

UniBanka

U

Bank Pekao H

H

Nova Banjalucka Banka

Bank BPH

H

U

Zagrebaçka

HVB Central Profit Banka

H H

Hebros Bank

U

Bulbank

HVB Bank Biochim

H

U

MG(1)

Splitska Banka

Zagrebaçka

Bank

Serbien

Tschechien

Rumänien

Slowakei

Polen

Bosnien und Herzegowina

Bulgarien

Kroatien

Heimatland

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

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Kleine Unternehmen

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X

Vermögende Privatkunden

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X

Klassische Privatkunden

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Mittlere Unternehmen/ Institutionen

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X

X

X

Große Unternehmen/ Institutionen

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Kapitalmarktorientierte Unternehmen/ Institutionen

508 UniCredit Group

Abb. 7: Kundensegmente der fusionierten UniCredit Group in Osteuropa Quelle: Informationen aus den Geschäftsberichten der Unternehmen sowie Direktauskünfte der UniCredit Group, Dezember 2006.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

3

509

Die Integration der fusionierten UniCredit Group

Aufgrund der starken Osteuropa-Präsenz der Bankengruppe kam es – wie durch die bisherigen Ausführungen deutlich geworden sein dürfte – zu Überschneidungen der Aktivitäten der UniCredit Group und der HVB Group in mehreren Ländern: Kroatien, Bulgarien, Bosnien und Herzegowina, Polen, Slowakei, Rumänien und Tschechien. Welche kartellrechtlichen Hürden die fusionierte Bankengruppe aus diesem Grund zu überwinden hatte, soll in Abschnitt 3.1 erläutert werden, bevor in Abschnitt 3.2 die in diesem Zusammenhang erfolgten organisatorischen Umstrukturierungen der UniCredit Group thematisiert werden.

3.1 Die kartellrechtlichen Hürden Von den sieben osteuropäischen Ländern, in denen die Aktivitäten der UniCredit Group und HVB Group durch die Fusion nebeneinander existierten, brachten die Behörden in Kroatien, Bulgarien, Bosnien und Herzegowina sowie Polen kartellrechtliche Bedenken vor: In diesen vier Ländern bestand die Gefahr, dass die Bankengruppe durch die Fusion eine dominante Marktposition erlangen könnte. In Kroatien, wo die fusionierte UniCredit Group auf einen gemeinsamen Marktanteil nach Bilanzsumme von etwa 35% gekommen war, signalisierten die Kartellbehörden bereits im Oktober 2005, dass sie dem Zusammenschluss von Zagrebaçka (UniCredit Group) und Splitska Banka (HVB Group) aufgrund der drohenden marktbeherrschenden Stellung nicht zustimmen würden. Daraufhin gab die UniCredit Group im Januar 2006 bekannt, sich von ihren durch die Fusion erworbenen Anteilen an der Splitska Banka zu trennen. Da die kroatische Nationalbank in diesem Zusammenhang festlegte, dass keine der sechs größten kroatischen Banken die zum Verkauf stehenden Anteile erwerben darf, ist die UniCredit Group auch nach der Fusion und dem Verkauf der Splitska Banka Marktführer in Kroatien geblieben. Wie gestaltete sich die Situation in Bulgarien sowie in Bosnien und Herzegowina? In Bulgarien, wo sich der an der Bilanzsumme gemessene Marktanteil der UniCredit Group durch die Fusion auf knapp 25% erhöht hatte, gaben die Behörden bereits im November 2005 grünes Licht für einen Zusammenschluss von Bulbank (UniCredit Group), HVB Bank Biochim und Hebros Bank (beide HVB Group), da ihrer Ansicht nach keine marktbeherrschende Stellung durch die zum Marktführer aufsteigende Bankengruppe zu erwarten ist. In Bosnien und Herzegowina, wo die fusionierte UniCredit Group auf einen kombinierten Marktanteil nach Bilanzsumme von etwa 24% gekommen war und damit ihre Position als zweitgrößte Bankengruppe des Landes gestärkt hatte, sahen die Kartellbehörden ebenfalls keinen Grund für eine Blockade der Fusion zwischen Zagrebaçka

510

UniCredit Group

(UniCredit Group) und HVB Central Profit Banka (HVB Group). Im Jahr 2006 erhöhte sich der kombinierte Marktanteil beider Banken sogar auf 25%, wodurch die Bankengruppe Marktführer in Bosnien und Herzegowina wurde. Deutlich komplizierter gestaltete sich die Situation in Polen: Obwohl die für EU-Kartellrechtsfragen allein zuständige Europäische Kommission dem Zusammenschluss der zweitgrößten polnischen Bank Pekao (UniCredit Group) mit der drittgrößten polnischen Bank BPH (HVB Group) bereits im Oktober 2005 ohne Auflagen zugestimmt hatte, nahmen die polnischen Kartellbehörden lange Zeit eine Blockadehaltung gegenüber der Fusion ein. Durch den Zusammenschluss beider Banken würde die fusionierte UniCredit Group zur größten Bankengruppe Polens aufsteigen (mit 21% Marktanteil nach Bilanzsumme) und den bisherigen Marktführer, die mehrheitlich in polnischem Staatsbesitz befindliche Bank PKO BP, auf Platz 2 verdrängen. Im Dezember 2005 forderten die polnischen Behörden von der UniCredit Group daher den Verkauf ihrer durch die Fusion erworbenen Anteile an der BPH innerhalb einer Frist von drei Monaten. Sie beriefen sich dabei insbesondere auf einen im Jahr 1999 durch die UniCredit Group unterzeichneten Privatisierungsvertrag, mit dem sich die italienische Bankengruppe im Zuge der Akquisition der Bank Pekao dazu verpflichtet hatte, bis 2009 keine weiteren Akquisitionen auf dem polnischen Bankenmarkt zu tätigen. Da sich dieser Privatisierungsvertrag jedoch als europarechtswidrig herausstellte, leitete die Europäische Kommission im März 2006 ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die polnische Regierung ein und forderte sie dazu auf, innerhalb einer Frist von drei Wochen zu ihrer Position Stellung zu beziehen und den Zusammenschluss der beiden polnischen Banken zu genehmigen. Im April 2006 kam es schließlich zu einem Kompromiss zwischen der UniCredit Group und der polnischen Regierung. Demnach durfte die UniCredit Group die Mehrheit an der BPH übernehmen, verpflichtete sich jedoch, zuvor 200 der insgesamt etwa 500 BPH-Filialen sowie die Marke BPH zu verkaufen. Ferner, so die Vereinbarung, durfte sie in Polen vor April 2008 keine Arbeitsplätze abbauen und musste ihre polnischen Bankaktivitäten weiterhin von Italien aus steuern (anstatt sie an ihre in Osteuropa dominante Tochtergesellschaft Bank Austria Creditanstalt zu übergeben). Trotz dieser Auflagen stieg die UniCredit Group nach dem Zusammenschluss ihrer beiden polnischen Tochtergesellschaften zur größten Bankengruppe Polens nach Bilanzsumme auf.

3.2 Die organisatorischen Umstrukturierungen Als Folge der Fusion kam es zu einer teilweise grundlegenden Umstrukturierung und Neuausrichtung der Bankengruppe. Entsprechend den bereits in Abschnitt 2.3 vorgestellten Schwerpunktsetzungen wird das Geschäft mit den kapitalmarktorientierten Unternehmen (Investment Banking) zukünftig von Deutschland aus gesteuert, während das Geschäft mit den vermögenden Privatkunden (Private Banking) von Italien aus geführt

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wird. Das Management des gesamten Osteuropa-Geschäfts erfolgt von Österreich aus, wobei zu diesem Zweck alle osteuropäischen Tochtergesellschaften rechtlich und kapitalmäßig auf die Bank Austria Creditanstalt übertragen werden – mit Ausnahme der Tochtergesellschaften in Polen. Insgesamt wird im Rahmen der Umstrukturierungen ein Arbeitsplatzabbau von 7% innerhalb der UniCredit Group erwartet. Aufgrund der starken geographischen Überschneidungen wird der Schwerpunkt des Arbeitsplatzabbaus in Osteuropa liegen, wo fast jeder zehnte der etwa 58.000 Arbeitsplätze wegfallen wird – die meisten davon in Polen. In Polen war aufgrund der starken Überlappungen ohnehin die Schließung von etwa 250 Bankfilialen im Gespräch, was das Ausmaß der kartellrechtlichen Auflagen in Polen stark relativiert. Doch auch in den anderen osteuropäischen Ländern sollen Überschneidungen weitgehend abgebaut werden, wodurch sich die UniCredit Group allein bis Ende 2008 Kosteneinsparungen vor Steuern in Höhe von insgesamt 165 Mio. € erhofft. Ähnlich wie in Polen werden auch in Bulgarien, Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Tschechien und in der Slowakei die jeweiligen Tochtergesellschaften der Bankengruppe fusioniert und eine einheitliche Markenarchitektur geschaffen: Außer in den Fällen, in denen die heimischen Markennamen als besonders etabliert und wertvoll gelten (etwa in Kroatien mit der Marke Zagrebaçka oder in Bulgarien mit der Marke Bulbank), werden die osteuropäischen Tochtergesellschaften der Bankengruppe dann den Markennamen „UniCredit Bank“ tragen.

4

Ausblick

Trotz der erwähnten Herausforderungen, die die Fusion der UniCredit Group und der HVB Group mit sich brachte, deuten die bisherigen Entwicklungen nach Ansicht vieler Branchenexperten darauf hin, dass der Zusammenschluss beider Bankengruppen mit all seinen Konsequenzen insgesamt ohne größere Schwierigkeiten und deutlich schneller als geplant vollzogen werden kann. Die bisherigen Finanzdaten bestätigen dieses positive Bild: So erhöhte sich der Zins- und Provisionsüberschuss der UniCredit Group im Geschäftsjahr 2006 auf 21,2 Mrd. €, während der Jahresüberschuss im Vergleich zum Vorjahr sogar um über 60% auf 5,5 Mrd. € gesteigert werden konnte. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass auch die ehemals zur HVB Group gehörenden Geschäftsbereiche nach Unternehmensangaben inzwischen wieder profitabel sind. Einen bedeutenden Teil ihres Gewinns erwirtschaftet die UniCredit Group weiterhin in Osteuropa – ein Trend, der sich in den nächsten Jahren noch verstärken dürfte. Denn aktuelle Prognosen sagen für die osteuropäische Bankenwirtschaft durchschnittliche Wachstumsraten von jährlich 18% bis zum Jahr 2014 voraus. Mit dem Ende 2006 unterzeichneten Kaufvertrag für das institutionelle Geschäft von Aton Capital, einer der fünf

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UniCredit Group

größten Investmentbanken Russlands, zeigte die UniCredit Group erneut, dass sie auf Osteuropa setzt. Bedeutende Rollen im Wachstumsmarkt Osteuropa werden vor allem auch Bulgarien und Rumänien zugesprochen, die aus Expertensicht deutlich von ihren EU-Beitritten Anfang 2007 wirtschaftlich profitieren werden. Es ist kaum verwunderlich, dass die UniCredit Group bereits mehrfach für ihre Osteuropa-Aktivitäten ausgezeichnet wurde. So verlieh ihr das britische Magazin „Retail Banker International“ erst kürzlich die Auszeichnung „Best Cross-Border Expansion Strategy“ und die für das Osteuropa-Geschäft verantwortlich zeichnende Bank Austria Creditanstalt wurde vom US-amerikanischen Finanzmagazin „Global Finance“ zur „Best Bank in CEE“ gekürt. Alessandro Profumo, CEO der UniCredit Group, kommentiert die Erfolge seines Unternehmens wie folgt: „It … indicates that the concept of leveraging best practices and ideas from the … countries in which we operate, and putting these at the benefit of all of our customers everywhere, is starting to deliver benefits.” Und er fügt hinzu: „That is what we meant by wanting to be the first truly European bank.”

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UniCredit Group

Fragen und Aufgaben 1.

Die Transaktion, die von der UniCredit Group aus Italien und der HVB Group aus Deutschland vollzogen wurde, wird von den betroffenen Unternehmen selbst als Fusion bezeichnet. In der Wirtschaftspresse ist jedoch, wie dies beispielsweise der nachfolgende Zeitungsausschnitt suggeriert, teilweise auch von einer Übernahme bzw. Akquisition der HVB Group durch die UniCredit Group die Rede: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.06.2005: „Profumo will kein Eroberer und Rampl kein Opfer sein“, S. 14.

„Die nüchternen Tatsachen scheinen für sich zu sprechen: Der hochprofitable Mailänder Unicredit kauft die von Milliardenverlusten gebeutelte Münchner Hypo-Vereinsbank (HVB) . Schließlich sollen deren Aktionäre ihre Aktien in Unicredit-Papiere tauschen. Doch die beiden Architekten des Milliarden-Coups wollen das nicht hören. HVB-Chef Dieter Rampl, 57 Jahre, will nicht als Übernahmebeute gelten und Unicredit-Lenker Alessandro Profumo nicht als Eroberer dastehen. „Wir übernehmen die HVB nicht“, behauptet der Italiener. Und wer von einem Verkauf der HVB spricht, den korrigiert Rampl umgehend: „Wir standen nicht zum Verkauf.“ Rampl will Haltung bewahren. Müde und abgekämpft wirkt der im Vergleich zu Profumo ältere Bayer in diesen Tagen. Aber auch dem Partner sind die Verhandlungsstrapazen der vergangenen Wochen deutlich anzumerken. Der Italiener spricht leise und langsam. Nur selten gleitet ihm ein Lächeln über die Lippen. Der Terminplan des Fusions-Doppels ist weiterhin randvoll. In dieser und in den kommenden Wochen gilt es, den Aktionären das Geschäft schmackhaft zu machen. Ein ums andere Mal breiten Profumo und Rampl auf ihrer Werbetour (Roadshow) quer über die Kontinente vor den mächtigen Fondsmanagern ihren Plan aus – eine Knochenarbeit. Für den italienischen Starbanker Profumo, 48 Jahre, könnte der Sprung über die Alpen der endgültige Durchbruch in die oberste Liga der europäischen Großbanken bedeuten. Der Absolvent einer Eliteuniversität, der auch einige Jahre als Unternehmensberater gearbeitet hat, war in den vergangenen Jahren einer der großen Aufsteiger im Bankgeschäft. Seit 1997 ist er Vorstandschef von Unicredit, einem Zusammenschluss aus dem damaligen Credito Italiano, einer weiteren Regionalbank und fünf Sparkassen. Profumo formte daraus eine einheitliche Bankengruppe und expandierte schon bald nach Osteuropa. Heute ist Unicredit die profitabelste Bank Italiens. Während Profumo in Mailand Erfolge feierte, musste Rampl in München kämpfen. Die Immobilienflaute und das Ende der Aktienhausse hatten die HVB nach der Jahrtausendwende in höchste Bedrängnis gebracht. Die vergangenen zweieinhalb Jahre an der HVB-Spitze waren für Rampl wohl die härtesten seiner Laufbahn.“

Quelle: Theurer, Marcus (2005): Profumo will kein Eroberer und Rampl kein Opfer sein. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.06.2005, S. 14. a) Bitte grenzen Sie – unabhängig vom Fall – die beiden Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien Fusion und Akquisition voneinander ab. Wo liegen Ihrer Meinung nach Gemeinsamkeiten und wo liegen Unterschiede? b) Welcher Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie entspricht der Zusammenschluss der UniCredit Group und der HVB Group Ihrer Ansicht nach am ehesten – einer Fusion oder einer Akquisition? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Antwort und denken Sie dabei auch an die Alternativen „Fusion zwischen ungleichberechtigten Partnern“ sowie „Fusion zwischen gleichberechtigten Partnern“.

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c) Welche Motive sprechen laut Informationen im Fallstudientext für die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie, die im vorliegenden Fall gewählt wurde? Welche über den Fallstudientext hinausgehenden Motive wären – sowohl auf Seiten der UniCredit Group als auch auf Seiten der HVB Group – denkbar (gewesen)? d) Existieren alternative Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, mit denen die von Ihnen unter c) genannten Motive ebenfalls hätten realisiert werden können? Bitte beschreiben und bewerten Sie diese Alternativen. 2.

Bereits vor dem Zusammenschluss der UniCredit Group und der HVB Group lag ein starker regionaler Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der beiden Bankengruppen auf Osteuropa. Durch den Zusammenschluss hat sich die geographische Konzentration weiter verstärkt. a) Um welche Form der geographischen Marktpräsenzstrategie handelt es sich in einer solchen Situation? Welche Vor- und Nachteile können – unabhängig vom dargestellten Fall – mit der Konzentration der Geschäftsaktivitäten auf eine bestimmte Region verbunden sein? b) Welche Motive für eine intensive Geschäftstätigkeit der Bankengruppe in Osteuropa werden im vorliegenden Fall angeführt? Welche darüber hinausgehenden Motive wären denkbar? c) Welche Risiken und Probleme sehen Sie bei der Geschäftstätigkeit der Bankengruppe in Osteuropa? d) Bitte erarbeiten Sie auf der Basis Ihrer Antworten unter b) und c) auch ein Chancen-Risiken-Profil für den osteuropäischen Bankenmarkt. e) Welche Unterschiede in der Bearbeitung des osteuropäischen Marktes erkennen Sie zwischen der ehemaligen UniCredit Group und der ehemaligen HVB Group? Worin könnten diese Unterschiede begründet liegen?

3.

Die UniCredit Group setzt im Rahmen ihrer Osteuropa-Strategie auf Länder, die erst kürzlich der EU beigetreten sind bzw. noch gar nicht Mitglied der EU sind. a) Informieren Sie sich bitte über die Entwicklung der EU seit ihrem Ursprung im Jahr 1958 und finden Sie heraus, seit wann die einzelnen osteuropäischen Länder, in denen die UniCredit Group aktiv ist, der EU angehören bzw. in welchem Gesprächsstatus mit der EU sie sich im Falle der Nicht-Mitgliedschaft befinden. b) Inwieweit macht es für die UniCredit Group einen Unterschied, ob eine ausländische Tochtergesellschaft in einem EU-Land oder in einem Nicht-EU-Land angesiedelt ist? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

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UniCredit Group c) Auch auf anderen Kontinenten sind zahlreiche Beispiele für die wirtschaftliche Integration von Ländern vorzufinden – wie etwa die NAFTA in Nordamerika, die LAIA in Lateinamerika oder die AFTA in Südostasien. Wählen Sie bitte eines dieser Beispiele aus, und vergleichen Sie es – anhand der für eine Bank relevanten Kriterien – mit der EU. Welchen Unterschied macht es, ob eine Bank innerhalb der EU oder innerhalb der von Ihnen recherchierten Wirtschaftsregion länderübergreifend tätig ist? d) Zwischen den einzelnen Ländern, in denen die UniCredit Group stark vertreten ist, existieren auf politischer Ebene zuweilen durchaus Konflikte. Ebenso bestehen in manchen Fällen aufgrund der historischen Entwicklung Animositäten zwischen den Bevölkerungen der unterschiedlichen Länder (z.B. Tschechien und Slowakei). Kann sich dies Ihrer Meinung nach auch negativ auf die Geschäftsaktivitäten der UniCredit Group auswirken? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung, und entwickeln Sie Maßnahmen, um eventuelle negative Konsequenzen zu begrenzen bzw. zu minimieren.

4.

Auch nach dem Zusammenschluss der UniCredit Group und der HVB Group werden die Wertschöpfungsaktivitäten der neuen Bankengruppe nicht vollständig in der Mailänder Unternehmenszentrale gebündelt, sondern verteilen sich zu einem gewissen Grad auf die unterschiedlichen Länder, in denen das Unternehmen tätig ist. a) Um welche Form der Konfigurationsstrategie handelt es sich in einer solchen Situation? Welche Vor- und Nachteile können – unabhängig vom dargestellten Fall – mit dieser Strategie verbunden sein? b) Welche besonderen Rollen übernehmen die Bayerische Hypo- und Vereinsbank sowie die Bank Austria Creditanstalt innerhalb der neuen UniCredit Group? Wie bewerten Sie diese Rollen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. c) Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, und erläutern Sie, welche langfristigen Konsequenzen der Zusammenschluss zwischen UniCredit Group und HVB Group Ihrer Meinung nach für die Bank Austria Creditanstalt im Speziellen sowie für den österreichischen Bankenmarkt im Allgemeinen haben wird.

5.

Im Hinblick auf die Aktivitäten in Osteuropa können sowohl die ehemalige UniCredit Group als auch die ehemalige HVB Group als First Mover bzw. Early Mover bezeichnet werden. a) Bitte nennen Sie – unabhängig vom vorliegenden Fall – die Vor- und Nachteile, die mit einer First- bzw. Early-Mover-Strategie im Gegensatz zu einer Followerbzw. Late-Mover-Strategie verbunden sein können.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

519

b) Begründen Sie bitte, inwieweit die frühen Markteintritte der UniCredit Group und der HVB Group in Osteuropa eher von Vorteil oder eher von Nachteil für die beiden Bankengruppen waren. Welche weiteren, nicht im Fall genannten Informationen brauchten Sie, um eine bessere Einschätzung vornehmen zu können? c) Spielt Ihrer Meinung nach in der Bankenbranche der Zeitpunkt des ersten Markteintritts in einem Land überhaupt eine zentrale Rolle, um gegenüber Wettbewerbern Vorteile zu erlangen? Begründen Sie bitte Ihre Meinung. d) Würden Sie den Zusammenschluss der UniCredit Group und der HVB Group im Hinblick auf die Konsequenzen für die Geschäftstätigkeit in Osteuropa ebenfalls als einen First Move bzw. einen Early Move bezeichnen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. 6.

Zwar lassen sich sowohl die UniCredit Group als auch die HVB Group als First Mover bzw. Early Mover in Osteuropa bezeichnen; hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der Markteintritte über Länder hinweg existieren jedoch große Unterschiede. a) Nennen Sie bitte – unabhängig vom Fall – die grundlegenden Optionen länderübergreifender Timingstrategien sowie deren Vor- und Nachteile. b) Durch welche länderübergreifenden Timingstrategien lassen sich die unterschiedlichen Zeitabfolgen der Markteintritte der UniCredit Group und der HVB Group in Osteuropa am ehesten beschreiben? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

7.

Bei der Segmentierung von Ländermärkten bieten sich Unternehmen unterschiedliche Segmentierungsvarianten und -kriterien. a) Bitte nennen und beschreiben Sie – unabhängig vom Fall – die Grundvarianten, die im internationalen Kontext bei der Segmentierung von Ländermärkten bestehen. Geben Sie bitte auch – unabhängig vom Fall – einen Überblick über mögliche Kriterien, die zur Segmentierung von Märkten herangezogen werden können. b) Bitte führen Sie die unterschiedlichen Marktsegmente auf, die die UniCredit Group und die HVB Group vor ihrem Zusammenschluss bedient haben. Anhand welcher Kriterien wurde die Marktsegmentierung – den Informationen im Text zufolge – jeweils vorgenommen? c) Vergleichen Sie die von der UniCredit Group und der HVB Group praktizierte Segmentierung mit Segmentierungen, die andere Banken wählen. Führen Sie dazu bitte eine eigene Recherche durch, und stellen Sie die Segmentierungsalternativen systematisch gegenüber. Finden Sie abschließend wichtige Einflussfaktoren, die auf die Segmentierungsentscheidung einwirken. d) Die im Fall geschilderten Informationen geben eher Hinweise auf eine Grobsegmentierung des Bankenmarktes. Wie würden Sie aus der Perspektive der UniCredit Group im Hinblick auf die Feinsegmentierung vorgehen?

520 8.

UniCredit Group Durch den Zusammenschluss der UniCredit Group und der HVB Group kam es zu Veränderungen in der Struktur der neuen Bankengruppe. a) Bitte erläutern Sie die wesentlichen, im Zuge des Zusammenschlusses erfolgten Veränderungen in der Unternehmensstruktur der neuen Bankengruppe. b) Musste die UniCredit Group oder die HVB Group größere Kompromisse bei den unter a) genannten Veränderungen eingehen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. c) Nach welcher Logik wurde Ihrer Meinung nach die Restrukturierung vorgenommen? Hätten Sie sich als Vorstandschef für eine andere Restrukturierung entschieden? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

9.

Die UniCredit Group musste in Kroatien, Bulgarien, Bosnien und Herzegowina sowie Polen mit kartellrechtlichen Schwierigkeiten rechnen. a) Bitte recherchieren Sie, welche Institutionen für kartellrechtliche Fragen in diesen vier osteuropäischen Ländern zuständig sind. Nach welchen Kriterien treffen diese Institutionen ihre kartellrechtlichen Entscheidungen? b) Wie können Sie es sich erklären, dass die UniCredit Group in Bulgarien sowie Bosnien und Herzegowina keine kartellrechtlichen Auflagen zu erfüllen hatte, während die Fusion ihrer Tochtergesellschaften in Polen fast an den dortigen Kartellbehörden gescheitert wäre? Welche unterschiedlichen Motive könnten die Positionen der jeweiligen Kartellbehörden und Regierungen beeinflusst haben? c) Für wie problematisch halten Sie die starke Marktposition der UniCredit Group in Kroatien, Bulgarien, Bosnien und Herzegowina sowie Polen für die dortigen Bankkunden? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Auffassung.

10. Eine weitere Konsequenz der Überschneidungen in der neu entstandenen Bankengruppe sind zahlreiche Umstrukturierungen, die unter anderem auch den Abbau von Arbeitsplätzen nach sich ziehen. a) Bitte nennen Sie – unabhängig vom Fall – die typischen Stakeholder (Anspruchsgruppen) einer Bank sowie deren (potentielle) Interessen. b) Wählen Sie zunächst eines der drei folgenden Länder: Italien, Deutschland oder Österreich. Welche der unter a) genannten Stakeholder zählen Ihrer Ansicht nach in diesem Land zu den Verlierern und welche zu den Gewinnern des Zusammenschlusses der UniCredit Group und der HVB Group? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Welchen Hinweis auf die Machtverteilung zwischen der Anspruchsgruppe „Unternehmensführung“ und der Anspruchsgruppe „Mitarbeiter“ geben die im vorliegenden Fall enthaltenen Informationen? Welche Vor- und Nachteile können Ihrer Ansicht nach langfristig aus dieser Machtverteilung resultieren? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung sowohl aus einer gesamtunternehmerischen Perspektive als auch aus der Perspektive der Mitarbeiter.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

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d) Lesen Sie bitte den nachfolgenden Zeitungsausschnitt, in dem über personelle Wechsel im ehemaligen HVB-Group-Management, einer der Anspruchsgruppen, im Zuge bzw. im Nachgang des Zusammenschlusses mit der UniCredit Group berichtet wird: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.11.2005: „Unicredit-Übernahme vergrault HVB-Manager“, S. 15.

„Nach der Übernahme durch den italienischen Unicredit-Konzern steht die Münchner HypoVereinsbank (HVB) vor einem Exodus in ihrem Topmanagement. Der im Vorstand für das Kapitalmarktgeschäft verantwortliche Investmentbanker Stefan Jentzsch werde die Bank verlassen, hieß es am Wochenende in Münchner Finanzkreisen. Dem Vernehmen nach verhandelt er mit der Dresdner Bank über einen Wechsel. Die bislang für das deutsche Privatkundengeschäft verantwortliche Christine Licci werde auch ausscheiden, heißt es weiter. Auf dem Absprung ist nach einer monatelangen Hängepartie auch Vorstand Johann Berger, der bisher das Firmenkunden- und Immobiliengeschäft der HVB in Deutschland leitet. Berger ist offenbar zunehmend frustriert darüber, dass seine künftige Rolle im Managementtableau des neuen vergrößerten Unicredit-Konzerns noch immer unklar ist. Die Übernahme der HVB durch Unicredit wurde bereits im Juni vereinbart. Die Umtauschofferte der Italiener an die HVB-Aktionäre wurde vorletzte Woche erfolgreich abgeschlossen. Mit dem bevorstehenden Ausscheiden der drei HVB-Vorstände wachsen in München die Zweifel daran, ob die deutsche Seite im Unicredit-Konzern überhaupt noch wesentlichen Einfluss bekommen werde. Dieter Rampl, bislang Vorstandssprecher der HVB und designierter Aufsichtsratschef von Unicredit, hat bislang stets versucht, die Übernahme als einen Zusammenschluss zweier annähernd gleichstarker Partner darzustellen. In München mache sich nun aber immer mehr der Verdacht breit, dass Unicredit-Vorstandschef Alessandro Profumo die deutschen Manager aus ihren Ämtern drängen wolle, heißt es in der HVB. Während die Münchner Großbank in den vergangenen Jahren Milliardenverluste erlitten hat, arbeitet Unicredit hochprofitabel. Vor allem der abrupte Abgang des Investmentbankers Jentzsch trifft Unicredit und HVB unvorbereitet. „Das kommt sehr überraschend und ist ein großer Verlust für die Bank“, hieß es in Finanzkreisen. Jentzsch zieht offenbar die Konsequenzen aus Meinungsverschiedenheiten mit Unicredit-Vorstandschef Alessandro Profumo über die künftige Ausrichtung des Kapitalmarktgeschäfts. Eigentlich sollte Jentzsch diesen Bereich auch im neuen vergrößerten Konzernvorstand von Unicredit verantworten. Doch während Profumo die Sparte angeblich vor allem zu einem Dienstleister für das bei Unicredit dominierende Privatkundengeschäft zurückstutzen will, beharrte Jentzsch dem Vernehmen nach auf einer breiteren Aufstellung des Investmentbankings im Konzern. Ein Nachfolger für Jentzsch steht offenbar noch nicht fest. „Der Zeitdruck ist groß“, hieß es am Wochenende. Sollte nicht rasch Klarheit über Ausrichtung und Führung des Unicredit-Investmentbankings geschaffen werden, drohe die Bank weitere wichtige Mitarbeiter im Kapitalmarktgeschäft zu verlieren. Auch das immer wahrscheinlicher werdende Ausscheiden von Berger hängt unmittelbar mit dem Führungsstreit im Zuge der Unicredit-Übernahme zusammen. Berger fühlt sich offenbar von Rampl nicht ausreichend unterstützt. Rampl soll Berger einen Posten im Unicredit-Konzernvorstand in Aussicht gestellt haben, konnte diesen bei Profumo bislang aber noch nicht durchsetzen. Rampl hat Berger ebenso wie Licci erst in diesem Jahr in den HVB-Vorstand geholt. Berger hat derzeit alle Hände voll zu tun, die Bereinigung notleidender Immobilienkredite in Milliardenhöhe vorzubereiten. Dass Privatkundenchefin Licci die Bank verlässt, ist unterdessen keine allzu große Überraschung mehr. Der ehrgeizigen Bankerin wurde in München und Mailand schon seit dem Sommer angekreidet, dass sie zu offensiv um den Posten eines Deutschland-Chefs gebuhlt habe. Sollten Licci und Berger ausscheiden, wäre dies für Unicredit gleichwohl ein schlechter Start in Deutschland. Beide Manager galten noch im Frühjahr als Hoffnungsträger für das ertragsschwache und von Milliardenaltlasten gebeutelte Inlandsgeschäft der HVB. Dem Vernehmen nach plant Unicredit die Führungsmannschaft für seine Deutschlandsparte auf einer Verwaltungsratssitzung am 18. November zu berufen. Den Posten des Vorstandschefs der HVB AG, die dann als Deutsch-

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UniCredit Group land-Tochtergesellschaft des italienischen Instituts agiert, soll nun der bisherige HVB-Finanzvorstand Wolfgang Sprißler übernehmen, der eigentlich zum Jahresende in Ruhestand gehen wollte. „Sprißler wird aber selbst nicht das operative Geschäft führen“, hieß es am Wochenende. In München geht man weiterhin davon aus, dass sowohl das deutsche Privatkundengeschäft als auch das Firmen- und Immobiliengeschäft im HVB-Heimatmarkt von deutschen Managern geführt werden wird. Ein HVB-Sprecher wollte sich am Sonntag auf Anfrage nicht zu den Personalquerelen äußern und verwies lediglich auf die anstehende Verwaltungsratssitzung von Unicredit.“

Quelle: Theurer, Marcus (2005): Unicredit-Übernahme vergrault HVB-Manager. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.11.2005, S. 15. Hätten Sie anstelle von UniCredit-Group-Chef Alessandro Profumo versucht, Stefan Jentzsch, Christine Licci und Johann Berger im Unternehmen zu halten? Falls ja, was hätten Sie an Profumos Stelle anders gemacht? Bitte begründen Sie Ihre Ansicht. 11. An zahlreichen Stellen im Text der Fallstudie ist davon die Rede, dass die UniCredit Group und die HVB Group zu den größten Banken Europas gehören und durch ihren Zusammenschluss zur mit Abstand größten Bankengruppe Osteuropas aufgestiegen sind. a) Inwieweit stellt die Größe eines Unternehmens in der Bankenbranche ein Ihrer Meinung nach erstrebenswertes Ziel dar? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus steigender Unternehmensgröße? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Antwort. b) Bitte recherchieren Sie, welche alternativen Maßstäbe zur Messung des Erfolges eines Unternehmens in der Literatur – und dabei speziell in der BankenLiteratur – genannt werden. Ist Ihrer Meinung nach einer dieser Maßstäbe dominant gegenüber allen anderen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Bitte analysieren Sie die Geschäftsberichte und Pressemitteilungen der UniCredit Group sowie aktuelle Artikel in der Wirtschaftspresse. Sind Sie der Meinung, dass der Zusammenschluss der UniCredit Group und der HVB Group als erfolgreich bezeichnet werden kann? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Antwort. 12. Die bayerische Staatsregierung hatte lange Zeit das Ziel, München zu einem starken Finanzplatz auszubauen und als zweites deutsches Finanzzentrum neben Frankfurt/Main zu etablieren. a) Informieren Sie sich bitte darüber, inwieweit man München als Finanzplatz bezeichnen kann. Definieren Sie hierzu, was Sie unter einem Finanzplatz verstehen, und ziehen Sie geeignete Indikatoren (wie z.B. Unternehmenssitze oder Arbeitsplätze) heran. b) Bitte diskutieren Sie, welche Konsequenzen die Bankenfusion für die zukünftige Strukturpolitik der bayerischen Staatsregierung haben könnte.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

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13. Italienische Unternehmen galten bisher – z.B. im Vergleich zu deutschen, französischen, japanischen oder US-amerikanischen Unternehmen – eher selten als international aktiv. a) Woran könnte es Ihrer Meinung nach liegen, dass viele italienische Unternehmen im Hinblick auf die Internationalisierung oder Globalisierung als eher zurückhaltend gelten? Gehen Sie bitte bei Ihrer Antwort auch auf mögliche Unterschiede zwischen nord- und süditalienischen Unternehmen ein. b) Bitte recherchieren Sie selbst in der Wirtschaftspresse und identifizieren Sie Unternehmen aus Italien, die hinsichtlich traditioneller Internationalitätskennzahlen (z.B. im Hinblick auf Auslandsumsatz oder Auslandsmitarbeiter) als vergleichsweise stark international gelten. Wie erklären Sie sich die ausgeprägte Internationalität der von Ihnen gewählten Unternehmen im Vergleich zu anderen italienischen Unternehmen? 14. Die gesamte italienische Bankenlandschaft war in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts großen Veränderungen unterworfen. Der Grundstein hierfür wurde durch mehrere Gesetzesänderungen in den Jahren 1990 bis 1992 gelegt. Bitte lesen Sie dazu den folgenden Artikel: Berlanda, Paolo/Masera, Rainer (1993): The Italy Case. In: Annals of Public & Cooperative Economics, 64. Jg., Nr. 1, 1993, S. 71-91.

a) Skizzieren Sie bitte die wesentlichen Änderungen im italienischen Bankenrecht zu Beginn der 1990er Jahre sowie deren Konsequenzen für die italienische Bankenlandschaft – auch in Bezug auf die internationalen Aktivitäten italienischer Banken. b) In Deutschland existieren seit geraumer Zeit ebenfalls Bestrebungen zur Veränderung des Bankenrechts – insbesondere in Bezug auf eine Privatisierung der Sparkassen. Recherchieren Sie bitte selbst in der Wirtschaftspresse, wie weit diese Bestrebungen inzwischen vorangeschritten sind. Mit welchen Konsequenzen hätten die deutschen Banken und Sparkassen im Falle einer Umsetzung zu rechnen? Hätte dies Ihrer Ansicht nach auch Einfluss auf die internationalen Aktivitäten der deutschen Kreditinstitute? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. 15. Der CEO der UniCredit Group, Alessandro Profumo, gilt als starke, aber gleichzeitig auch umstrittene Führungspersönlichkeit. Lesen Sie hierzu bitte den nachfolgenden Ausschnitt aus dem Manager Magazin:

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UniCredit Group

Manager Magazin, 36. Jg., Nr. 3, 2006: „Mailänder Machiavelli“, S. 16-18.

„Auf den Antrittsbesuch ihres neuen Chefs, des Unicredit-Vorstands Sergio Ermotti (45), mussten die Investmentbanker der HypoVereinsbank (HVB) lange warten. Der Nachfolger des im November ausgestiegenen HVB-Manns Stefan Jentzsch (45) ließ sich einen geschlagenen Monat Zeit. Mitte Januar schaute Ermotti erstmals bei seiner Truppe in München vorbei. Wie es mit dem Kapitalmarktgeschäft der HVB weitergehen würde, nachdem der Mailänder Unicredit-Konzern die Bank übernommen hatte, wussten die Investmentprofis nach dem Besuch allerdings immer noch nicht so recht. Für das Gespräch mit seinem deutschen Bereichsleiter Ronald Seilheimer (47) hatte Ermotti gerade mal eine halbe Stunde übrig. Dann eilte der Italo-Schweizer weiter – in den Bierkeller des Münchener Nobelhotels „Arabella Sheraton“. Dort feierte er mit Unicredit-Chef Alessandro Profumo (49) und anderen italienischen Topmanagern bei Weißbier und Brezen den HVB-Deal. Der herablassende Umgang mit der deutschen Mannschaft hat System. Seit der Übernahme der HVB durch den Unicredit hat sich die Führungskultur im Geldinstitut grundlegend verändert. Das liegt in erster Linie an Profumo selbst. Der vermeintlich teamorientierte ehemalige McKinsey-Mann erweist sich als autokratischer Macho-Manager. Italiens Vorzeigebanker, berichten Insider, fälle wichtige Entscheidungen ohne Rücksprache mit den Betroffenen, akzeptiere keinerlei Kritik und sei nicht bereit, selbst engsten Mitarbeitern Verantwortung zu überlassen. Die Folgen dieser in Italien nicht unüblichen Managementmethode sind hier zu Lande verheerend: Vier von sechs früheren deutschen HVB-Vorständen haben die Bank seit Bekanntgabe der Übernahme verlassen. Weitere Topleute stehen vor dem Absprung. Zuletzt gab der erst Anfang des Jahres angetretene deutsche Privatkundenvorstand Jan-Christian Dreesen (38) auf. „Der Erfolg des Zusammenschlusses“, warnt ein HVB-Insider, „wird durch Profumos Führungsstil massiv gefährdet.“ Ein Einlenken der Italiener scheint trotz des Exodus kaum wahrscheinlich. Zwar bemühte sich der 1,95-Meter-Mann Profumo im Januar nach München, um vor deutschen Führungskräften für die gemeinsame Sache zu werben. Im kleinen Kreis, berichten Insider, erweise sich der Mailänder Bankchef aber weiter als beratungsresistent. „Wenn der große Vorsitzende gesprochen hat“, ätzt ein HVB-Mann, „dann muss das umgesetzt werden.“ So hätte eine Delegation deutscher Topbanker, die eigens zum Antrittsbesuch nach Mailand geflogen war, kaum mehr sagen dürfen als „Yes, Sir“ – ein unter HVB-Managern mittlerweile geflügeltes Wort für das Verhältnis zum Chef in Italien. Gehör findet bei Profumo nur sein Küchenkabinett, vor allem der italienische McKinsey-Chef Vittorio Terzi, den viele für die eigentliche Nummer zwei in der Bank halten. Münchener Manager hingegen werden selbst in wichtige Personalien ihres Bereichs nicht eingeweiht. So erfuhr der einst als Risikovorstand in Italien designierte HVB-Mann Michael Kemmer (48) erst im Nachhinein, dass der Italiener Andrea Umberto Varese (41) das deutsche Risikomanagement übernehmen und damit Kemmers wichtigster Mitarbeiter werden sollte. Als ihm Profumo dann auch noch einen Posten im HVB-Aufsichtsrat verweigerte, gab der entnervte Kemmer auf. Ähnlich erging es dem ebenfalls für einen Posten im Mailänder Unicredit-Vorstand vorgesehenen Kapitalmarktchef Stefan Jentzsch. Der frühere Goldman-Sachs-Banker versuchte wochenlang, den auf das Geschäft mit Kleinkunden spezialisierten Italienern die Vorzüge des Investmentbankings nahe zu bringen – ohne indes Gehör zu finden. Ein Gegengewicht zur Mailänder Übermacht gibt es in München nicht. Anders als der Vorstand der österreichischen HVB-Tochter Bank Austria, der sich durch ein geschlossenes Auftreten gegenüber den Italienern Mitspracherechte bewahren konnte, ergaben sich die intern nicht immer miteinander harmonierenden HVB-Vorstände kampflos. Der frühere HVB-Vormann und heutige UnicreditAufsichtsratschef Dieter Rampl (58) saß zwar in den wichtigen Integrationsrunden und wusste über die Nöte seiner Vorstandskollegen Bescheid. Einfluss auf Profumo zu nehmen gelang Rampl indes nicht. Was viele deutsche Topleute besonders frustriert: Eigentlich ist die Kombination aus Unicredit und HVB hoch attraktiv. Sofern es den im Retailgeschäft hervorragend aufgestellten Italienern gelingt, die Kosten in Deutschland deutlich zu senken, können sie hier zu Lande gute Gewinne einfahren. Vorausgesetzt, es bleiben genügend gute Führungskräfte an Bord.“

Quelle: Papendick, Ulric (2006): Mailänder Machiavelli. In: Manager Magazin, 36. Jg., Nr. 3, 2006, S. 16-18.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

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a) Wie lässt sich der Führungsstil Profumos – auf der Basis der Einschätzung des Manager Magazins – am ehesten beschreiben? Welche Vor- und Nachteile kann ein solcher Führungsstil Ihrer Ansicht nach für ein großes, länderübergreifend agierendes Unternehmen haben? b) Inwieweit hat der Führungsstil Profumos Ihrer Meinung nach Einfluss darauf, ob man im Falle der fusionierten UniCredit Group am ehesten von einem ethnozentrischen, polyzentrischen, regiozentrischen oder geozentrischen Unternehmen sprechen kann? Bitte erläutern und begründen Sie Ihre Auffassung. c) Profumo war vor seiner Zeit als Chef der UniCredit Group bei der Beratungsgesellschaft McKinsey & Company aktiv. Er gehört damit zum Netzwerk derer, die nach ihrer Beratungstätigkeit bei McKinsey & Company in Industrie-, Handelsund Dienstleistungsunternehmen wichtige Positionen bekleiden bzw. bekleideten (etwa Klaus Zumwinkel oder Frank Appel bei der Deutschen Post, Nancy Karch bei MasterCard und Alexander Dibelius bei Goldman Sachs). Inwiefern gehen Sie davon aus, dass die Zeit bei McKinsey & Company Profumo geprägt hat und ihn noch heute beeinflusst? Welche sonstigen, insbesondere kulturellen Einflüsse könnten Profumos Persönlichkeit darüber hinaus geprägt haben? 16. Im Laufe der Zeit zog die damalige Bayerische Hypo- und Vereinsbank auch andere strategische Optionen in Erwägung. Eine der Optionen war eine Fusion mit der deutschen Commerzbank. Bitte vergleichen und bewerten Sie – aufgrund eigener Recherchen und anhand selbst gewählter Kriterien – einen möglichen Zusammenschluss mit der Commerzbank gegenüber dem jetzt erfolgten Zusammenschluss mit der UniCredit Group. 17. Die Direkt Anlage Bank (DAB) gehört als Online-Bank ebenfalls zur UniCredit Group. Zumindest bisher ist die DAB in Osteuropa jedoch nicht in nennenswertem Umfang aktiv. In der Zeitung „Die Welt“ vom 28. Dezember 2006 wurde DAB-Vorstand Alexander von Uslar nun aber mit folgenden Worten zitiert: „Wir haben Interesse an … Osteuropa.“ a) Welche Strategien könnte die DAB entwickeln, um nach Osteuropa zu expandieren? Denken Sie dabei an die verschiedenen Strategiedimensionen (Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, Zielmarktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien, Koordinationsstrategien), und arbeiten Sie erste Überlegungen aus, die Sie dem Vorstand der DAB präsentieren können. b) Inwiefern könnte und sollte die DAB bei der internationalen Expansion Ihrer Meinung nach auch das Potential der UniCredit Group nutzen?

526

UniCredit Group

18. Stellen Sie sich vor, Sie sollen als Vorstandsassistent Empfehlungen hinsichtlich der zukünftigen Zielmarktstrategien und Markteintritts- bzw. Marktaustrittsstrategien der UniCredit Group abgeben. Wie würden Sie vorgehen? Zu welchen Aussagen kämen Sie? Bitte begründen Sie Ihre Überlegungen und berücksichtigen Sie die Annahme, dass auch ein Wachstum bzw. eine Schrumpfung außerhalb Europas für das Top-Management der UniCredit Group „kein Tabu“ ist. Sie können selbst entscheiden, ob Sie als Startpunkt für Ihre Empfehlungen das Jahr 2005 oder das aktuelle Jahr wählen. 19. Laut den Informationen des Fallstudientextes ist die UniCredit Group in zahlreichen Geschäftsfeldern aktiv. Nicht in allen dieser Geschäftsfelder gilt sie jedoch als führend. Ein Bereich, der von der UniCredit Group als „ausbaufähig“ eingeschätzt wird, ist etwa das so genannte „Corporate Banking“. Stellen Sie sich vor, Sie wären Unternehmensberater. a) Welche Elemente des Unternehmens und seiner Umwelt müssten Sie analysieren, um der UniCredit Group eine sinnvolle Empfehlung im Hinblick auf die Entwicklung des Corporate Banking geben zu können? b) Skizzieren Sie bitte – unter Zugrundelegung notwendiger Prämissen bzw. Annahmen – erste Empfehlungen für das „Corporate Banking“, und gehen Sie dabei auch darauf ein, ob und wie Sie Italien, Deutschland, Österreich sowie Polen differenziert betrachten. 20. Die Hypo Real Estate (HRE) Holding ging teilweise aus Vorgängerinstituten der HVB Group hervor. Im Jahr 2007 wurde die HRE aufgrund massiver staatlicher Eingriffe gerettet. Bitte lesen Sie folgenden Beitrag: Wieandt, Axel/Moenninghoff, Sebastian, C. (2011): The Financial Crisis: Observations and Implications. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 63. Jg., Nr. 8, 2011, S. 508530.

a) Bitte fassen Sie den Artikel zunächst im Hinblick auf den HRE-Fall an sich zusammen. b) Nehmen Sie anschließend Stellung, ob Sie im Vergleich zu den Autoren des Artikels andere und/oder weitere Lehren aus der Finanzkrise ziehen bzw. weitere Schritte fordern, um den Banken- und Finanzmarkt zu regulieren. 21. In den Jahren 2011 und 2012 kam die UniCredit Group in eine finanzielle Schieflage. Nachfolgend finden Sie Ausschnitte aus einem Interview mit Frederico Ghizzoni, der seit 2010 Vorstandschef der UniCredit Group ist und der Alessandro Profumo abgelöst hat:

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Wirtschaftswoche, 66. Jg., Nr. 7, 2012: „Wir müssen sehr vorsichtig sein“, S. 63-65.

„Herr Ghizzoni, es gibt immer wieder Sorgen um die Stabilität der UniCredit, die Sie mit einem Quartalsverlust von zuletzt fast zehn Milliarden Euro nicht unbedingt beruhigt haben. Wie sicher ist Ihre Bank? Ghizzoni: Sehr sicher. Der Verlust basierte auf einmaligen Abschreibungen. Nach unserer erfolgreichen Kapitalerhöhung gehören wir mit einer Kernkapitalquote von 10,4 Prozent und mit unserer Liquiditätsausstattung zur Spitze in Europa. Sie mussten die neuen Aktien mit einem Abschlag von 43 Prozent anbieten und hatten Probleme, Investoren zu finden. Ghizzoni: Im Januar war der Markt schwierig, auch weil die Herabstufung Italiens und anderer europäischer Länder durch die Ratingagenturen kurz bevorstand. Aus heutiger Sicht war die Transaktion in Höhe von 7,5 Milliarden Euro aber für unsere Investoren ein gutes Geschäft und für uns ein großer Vertrauensbeweis. Inwiefern? Ghizzoni: Die Nachfrage war zuletzt nicht nur in Italien groß, sondern auch im übrigen Europa, in den USA und im Mittleren Osten. Einige US-Fonds, die sich aus Europa verabschiedet hatten, haben sich bei uns wieder engagiert. Zudem haben wir den Anteil langfristiger Investoren erhöht. Das ist ein positives Signal für Italien und Europa, genauso wie die sinkenden Finanzierungskosten italienischer Banken. Italien steckt in der Rezession. Wenn mehr Kredite ausfallen, bleibt von Ihrem neuen Eigenkapital nicht viel übrig. Ghizzoni: Wir rechnen damit, dass die Rezession spätestens Anfang 2013 vorbei ist. Wenn ich mit Unternehmern spreche, ist die Stimmung nicht schlecht. Wir machen drei Viertel unseres italienischen Geschäfts im Norden, wo die Unternehmen denen in Deutschland ähnlich sind. Sie sind in deutlich besserer Verfassung als 2009, für viele war 2011 sogar ein Rekordjahr. … Ist Osteuropa trotz des Abschwungs weiter ein Wachstumsmarkt für UniCredit? Ghizzoni: Ja, die wichtigsten Märkte für uns sind Polen, die Türkei, Russland, Tschechien und bis zu einem gewissen Grad Kroatien. Dort machen wir 80 Prozent unseres Osteuropageschäfts und wachsen weiter. In Zukunft werden wir uns auf diese Länder konzentrieren, in denen wir stark und ausreichend groß sind. Die Präsenz in den übrigen Staaten müssen wir überdenken. Wir könnten unser Geschäftsmodell etwa über Kooperationen, den Verkauf einzelner Teile und Investitionen in andere anpassen. UniCredit bleibt eine europäische Bank, auch wenn wir uns stärker fokussieren. Steigen die Kreditrisiken in Osteuropa? Ghizzoni: Wir bleiben sehr vorsichtig. In unseren Kernländern rechne ich mit Wachstum, auch wenn es niedriger ausfällt. Wir waren bei der Kreditvergabe konservativ und haben etwa in den meisten Ländern schon lange das Geschäft mit Fremdwährungskrediten eingestellt. Ihr derzeitiges Prunkstück ist die deutsche HypoVereinsbank (HVB), die lange ein Sorgenkind der UniCredit war. Finanzieren die deutschen Sparer mit ihren Einlagen nun eine europäische Krisenbank? Ghizzoni: Die HVB ist wegen der niedrigen Refinanzierungskosten, der guten Kapitalausstattung und des Wachstums in Deutschland für uns noch wichtiger als bisher. Aber die Bank hängt nicht am Tropf der HVB. Jede Ländergesellschaft muss eigenständig agieren können. Die Geschäfte in einem Land sollen auch dort finanziert werden. Einlagen und Kredite sollen sich jeweils in etwa die Waage halten. Es gibt auch keinen Plan, Kapital von der HVB auf andere Teile von UniCredit zu übertragen. Was die Organisation und die erzielten Ergebnisse angeht, ist die HVB aber in der Tat ein Vorbild. Was dort erreicht worden ist, müssen wir jetzt auch in Italien schaffen. Viele bei der HVB können sich über das Lob nicht freuen. Sie erwirtschaften Rekordergebnisse, aber jede Sparwelle trifft sie härter als die Kollegen in Italien. Ghizzoni: Wenn das die Wahrnehmung ist, stimmt sie nicht. Wir bauen in Italien jetzt 6.000 Stellen ab, das sind zwölf Prozent aller Beschäftigten. Das sind harte Schnitte, wie sie in keinem anderen Land anstehen. Wir müssen aber an allen Standorten weiter an unserer Effizienz arbeiten, weshalb wir auch bei der HVB den Abbau von zuletzt 700 von knapp 20.000 Stellen angekündigt haben. Der Wettbewerb wird überall härter, und wir müssen uns darauf einstellen. Gekürzt wird auch bei der in München angesiedelten Investmentbank, die sogar Teile ihres

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UniCredit Group Geschäfts komplett aufgibt. Welche Zukunft hat sie noch? Ghizzoni: Wir haben in der Tat unser Aktiengeschäft umgestellt, bauen unser Investmentbanking aber an anderer Stelle von München aus weiter aus. Wir konzentrieren uns noch stärker auf unsere Kunden. Die suchen zum Beispiel zunehmend den Zugang zum Anleihemarkt. Denn so wichtig die Kreditvergabe ist: Allein davon kann eine Bank nicht leben. Derzeit gibt es wieder Gerüchte, Sie wollten die HVB verkaufen? Ghizzoni: Die Gerüchte sind falsch. …“

Quelle: Welp, Cornelius (2012): Wir müssen sehr vorsichtig sein. In: Wirtschaftswoche, 66. Jg., Nr. 7, 2012, S. 63-65. a) Hat die Finanzkrise in Europa Ihrer Meinung nach zur Krise der UniCredit Group beigetragen? b) Wird die UniCredit Group laut Aussagen von Ghizzoni auch in Zukunft am Osteuropageschäft festhalten? Welche Rolle würden Sie an Ghizzonis Stelle dem Osteuropageschäft in Zukunft einräumen? c) Welche Bedeutung hat die HVB gemäß den Aussagen von Ghizzoni für die UniCredit Group? Sehen Sie Anzeichen dafür, dass sich diese Bedeutung in Zukunft verändern könnte? Begründen Sie bitte Ihre Meinung. 22. Es existiert eine Vielzahl von theoretischen Ansätzen, die die Internationalisierung von Unternehmen beschreiben und erklären (wollen). a) Wie beurteilen Sie die Erklärungskraft der Theorie des monopolistischen Vorteils, der Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens sowie des Porterschen Diamant-Ansatzes im Falle der Internationalisierung der UniCredit Group? Bitte stellen Sie zur Beantwortung der Frage die drei theoretischen Ansätze mit Bezug auf den UniCredit-Group-Fall gegenüber. b) Die Uppsala-Schule macht Aussagen über die zeitliche Abfolge des Eintritts in Ländermärkte. Steht das Internationalisierungsverhalten der UniCredit Group und ihrer Vorgängerinstitute in Einklang mit oder im Widerspruch zu den Aussagen der Uppsala-Schule? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. c) Inwieweit kann die Prozesstrilogie der 3 E (internationale Evolution, internationale Episoden, internationale Epochen) einen Beitrag dazu leisten, den Internationalisierungsprozess der UniCredit Group und ihrer Vorgängerinstitute besser zu verstehen? 23. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit Akquisitionen in der Bankenbranche. Bitte lesen Sie den Beitrag: Kim, Ji-Yub J./Haleblian, Jerayr J./Finkelstein, Sydney (2011): When Firms Are Desperate to Grow via Acquisition: The Effect of Growth Patterns and Acquisition Experience on Acquisition Premiums. In: Administrative Science Quarterly, 56. Jg., Nr. 1, 2011, S. 26-60.

a) Bitte fassen Sie mit Ihren eigenen Worten die Hauptaussagen des Beitrags zusammen.

Vom Local Player aus Norditalien zum Marktführer in Osteuropa

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b) Wählen Sie eine der getesteten Hypothesen aus und erläutern Sie, ob und inwiefern diese Hypothese durch die empirische Studie der Autoren des Beitrags bestätigt werden konnte. c) Bitte werfen Sie einen Blick auf den Methodenteil des Beitrags. Würde sich die UniCredit Group Ihrer Meinung nach dazu eignen, auch in den Datensatz der Autoren aufgenommen zu werden? Bitte geben Sie Ihre Einschätzung begründet ab.

Vierter Teil Intensivfallstudien

Aldi und Lidl Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

Prof. Dr. Stefan Schmid, Dr. Tobias Dauth und Dr. Thomas Kotulla

Stefan Schmid, Tobias Dauth und Thomas Kotulla Aldi und Lidl: Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der deutsche Lebensmitteldiscount mit einem jährlichen weltweiten Umsatzvolumen von inzwischen mehr als 100 Mrd. € zu einem bedeutenden Segment innerhalb der weltweiten Lebensmitteleinzelhandelsbranche entwickelt. Die besondere Stellung des deutschen Lebensmitteldiscounts zeigt sich insbesondere darin, dass die aus Deutschland stammenden Unternehmen Aldi und Lidl als umsatzstärkste Lebensmitteldiscounter der Welt gelten und nicht nur in ihrem Heimatmarkt, sondern auch europa- und weltweit zu den Top 10 bzw. Top 20 der Lebensmitteleinzelhandelsbranche zählen. Aufbauend auf einer Darstellung der nationalen und internationalen Branchenbedingungen sowie der Unternehmenscharakteristika wird in der vorliegenden Fallstudie die Internationalisierung der beiden Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl untersucht. Dabei werden die internationalen Marktpräsenz-, Markteintritts-, Timing- und Leistungsstrategien der Unternehmen detailliert betrachtet und gegenübergestellt. Ferner werden die Probleme und Widerstände aufgezeigt, mit denen sich Aldi und Lidl im Rahmen ihrer Auslandsaktivitäten immer wieder konfrontiert sehen. Daraus wird ersichtlich, welche Möglichkeiten und Grenzen bei der Übertragung eines im Inland erfolgreichen Geschäftsmodells auf das Ausland existieren können. Die vorliegende Intensivfallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im Juni 2012 abgeschlossen. Der vorliegende Text basiert dabei auf folgender früher erschienener Veröffentlichung: Schmid, Stefan/Dauth, Tobias/Kotulla, Thomas (2009): Die Internationalisierung von Aldi und Lidl – Möglichkeiten und Grenzen bei der Übertragung von im Inland erfolgreichen Geschäftsmodellen auf das Ausland. Working Paper Nr. 46, ESCP-EAP Europäische Wirtschaftshochschule Berlin, Juni 2009.

534

Aldi und Lidl

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Aldi und Lidl innerhalb der Lebensmitteldiscounterbranche ............................ 535 1.1  Die Lebensmitteleinzelhandelsbranche ........................................................... 535 1.2 Die Lebensmitteldiscounterbranche ................................................................ 538 1.3 Der Lebensmitteldiscounter Aldi ...................................................................... 541 1.4 Der Lebensmitteldiscounter Lidl ...................................................................... 543 2 Die Strategien bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl .......................... 545 2.1 Die internationalen Marktpräsenzstrategien von Aldi und Lidl ......................... 545 2.2 Die internationalen Markteintrittsstrategien von Aldi und Lidl .......................... 547 2.3 Die internationalen Timingstrategien von Aldi und Lidl .................................... 548 2.4 Die internationalen Leistungsstrategien von Aldi und Lidl ............................... 550 3 Die Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl ................ 552 3.1 Die Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Aldi .............................. 552 3.2 Die Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Lidl............................... 555 4 Ausblick .................................................................................................................. 557

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

1

535

Aldi und Lidl innerhalb der Lebensmitteldiscounterbranche

1.1 Die Lebensmitteleinzelhandelsbranche Mit einem weltweiten Umsatzvolumen von 3,7 Bil. € im Jahr 2007 und einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von 2,7% innerhalb der letzten zehn Jahre zählt die Lebensmitteileinzelhandelsbranche zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen der Welt. Das Kerngeschäft des Lebensmitteleinzelhandels bildet der Handel mit Produkten aus dem Bereich „Food“. Hierzu zählen nicht nur Nahrungsmittel und Getränke, sondern auch Tabakprodukte, Drogeriewaren und kleinere Haushaltsprodukte. Darüber hinaus bieten einige Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen ihren Kunden Artikel aus dem Bereich „Non-Food“ an, wobei der Schwerpunkt oftmals auf Textilien und Elektronikartikeln liegt.1 Abbildung 1 gibt einen Überblick über die weltweit und europaweit führenden Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen im Jahr 2007. Weltweite Top 10 der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen im Jahr 2007 Unternehmen

Land

Europaweite Top 10 der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen im Jahr 2007

Weltweiter Umsatz in Mrd. €

Unternehmen

Land

Europaweiter Umsatz in Mrd. €

1

Wal-Mart

USA

287,6

1

Carrefour

Frankreich

83,4

2

Carrefour

Frankreich

103,2

2

Metro

Deutschland

67,4

3

Metro

Deutschland

74,8

3

Tesco

UK

66,1

4

Tesco

UK

73,3

4

Schwarz (1)

Deutschland

51,9

5

The Kroger

USA

53,8

5

REWE

Deutschland

48,4

6

Schwarz (1)

Deutschland

51,9

6

Auchan

Frankreich

39,3

7

Seven & I

Japan

51,1

7

Aldi

Deutschland

39,0

8

Costco

USA

50,9

8

Edeka

Deutschland

38,8

9

Target

USA

50,5

9

E.Leclerc

Frankreich

33,7

Aldi

Deutschland

47,1

10 ITM

Frankreich

31,0

10

(1) Etwa 69% des Umsatzes von Schwarz entfallen auf Lidl (35,9 Mrd. €). Somit läge Lidl im Umsatzranking der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen weltweit auf Platz 19 und europaweit auf Platz 9.

Abb. 1: Weltweite und europaweite Top 10 der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen nach Umsatz Quelle: Daten aus Lebensmittelzeitung (2008a) sowie Lebensmittelzeitung (2008b). Die Geschäftsmodelle der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen unterscheiden sich teilweise erheblich voneinander. Die Gegensätze zeigen sich dabei nicht nur bei der Größe der Verkaufsfläche der jeweiligen Märkte, sondern auch beim Umfang des Warenangebots, bei der Anzahl und Art der gelisteten Markenartikel sowie bei den angebo-

1

Die vorliegende Fallstudie bezieht sich in ihren Ausführungen ausschließlich auf den Bereich „Food“, um die Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen Lebensmitteleinzelhandelstypen zu gewährleisten.

536

Aldi und Lidl

tenen Waren- und Preiskategorien. Die existierenden Filialtypen lassen sich in die vier Oberkategorien (1) Hypermärkte, (2) Supermärkte, (3) Discountmärkte und (4) Sonstige Märkte unterteilen. Abbildung 2 stellt zentrale Charakteristika dieser Filialtypen gegenüber. Warenangebot

Food

Non-Food

Hoch

Mittel

Niedrig

X

X

X

X

X

X

X

X

Kleine Hypermärkte

1.500 bis 5.000

X

X

X

X

X

X

X

X

Große Supermärkte

400 bis 1.500

Supermärkte

X

X

X

X

X

X

X

Kleine Supermärkte

100 bis 400

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Softgut Discount1.000 Discount- märkte märkte Hardknapp Discount1.000 märkte Sonstige Märkte

(1)

unter 400

Klein

über 5.000

Mittel

Handelsmarken

Hypermärkte

Preiskategorien

Herstellermarken

Fläche in m²

Warenkategorien

Große Hypermärkte

Filialtyp

Groß

Kategorie

Markenangebot

X

X

X

X

X

X

X

X

(1) Zu den sonstigen Märkten zählen Nachbarschaftsmärkte, Reformhäuser sowie Tankstellenshops und Kioske mit größerem Lebensmittelangebot.

Abb. 2: Kategorien und Filialtypen des Lebensmitteleinzelhandels Quelle: Informationen aus Bundesverband des Deutschen Lebensmitteleinzelhandels (2007a), S. 118, sowie Planet Retail (2008), ergänzt um Informationen aus Lademann (2004) und Nielsen (2008). Auf internationaler Ebene haben sich in den letzten Jahrzehnten insbesondere die großflächigen Märkte etabliert. So betreiben zahlreiche international führende Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, wie das französische Unternehmen Carrefour oder das deutsche Unternehmen Metro über seine Marke Real, vor allem Hypermärkte. Als Vorreiter dieser Entwicklung kann das US-amerikanische Unternehmen Wal-Mart gelten, das mit seinem „Supercenter“, einem mehr als 5.000 m² großen Einkaufszentrum, bereits in den frühen 1960er Jahren die rasche Ausbreitung der Hypermärkte maßgeblich beeinflusste. Mitte der 1960er Jahre gewannen die großflächigen Märkte auch in zahlreichen anderen Ländern zunehmend an Bedeutung.

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

537

Auf europäischer Ebene und insbesondere in Deutschland konnten in der Vergangenheit neben den Hypermärkten vor allem die Discountmärkte ihre Marktanteile steigern. Mit ihrem auf Minimalismus und Niedrigpreisen basierenden Geschäftsmodell, welches in Abschnitt 1.2 detailliert dargestellt wird, haben die Discountmärkte seit den 1980er Jahren zu entscheidenden Veränderungen in der Lebensmitteleinzelhandelsbranche beigetragen. So bewirkten sie einen Wandel der Einkaufsgewohnheiten vieler Konsumenten hin zu einer stärkeren Preissensibilität und erhöhten durch ihre „Billigangebote“ den Wettbewerbsdruck in der Branche. Dadurch beschleunigten sie den ohnehin bestehenden Trend der Branchenkonsolidierung, in deren Rahmen die Anzahl der Lebensmitteleinzelhandelsfilialen zwischen 1966 und 2007 deutschlandweit von etwa 160.000 auf gut 55.000 sank. Die Konsolidierungswelle traf dabei jedoch nicht alle Filialtypen in derselben Intensität: Während die Hyper- und Discountmärkte ihren Umsatz und die Anzahl ihrer Filialen deutlich steigern konnten, verzeichneten die Supermärkte und insbesondere die sonstigen Märkte teils hohe Einbußen. Abbildung 3 veranschaulicht diese Entwicklung sowie die starke Dominanz der Hyper- und Discountmärkte in Deutschland. Wie Abbildung 3 ebenfalls zeigt, vereinen die beiden Filialtypen Hyper- und Discountmarkt inzwischen knapp 84% des gesamten deutschen Lebensmitteleinzelhandelsumsatzes. Eine ähnlich starke Konzentration lässt sich auch auf der Ebene der Unternehmen feststellen. So erzielten die Top 5 des deutschen Lebensmitteleinzelhandels im Jahr 2007 einen gemeinsamen Marktanteil nach Umsatz von etwa 71%. Und die zehn führenden Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen erreichten sogar einen Wert von rund 89%. Damit nähert sich Deutschland vielen anderen europäischen Ländern an, in denen die jeweiligen Top 10 der Lebensmitteleinzelhandelsbranche bereits mehr als 90% des nationalen Umsatzvolumens auf sich vereinen. Durch die zunehmende Konzentration auf Seiten der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen wurde auch deren Machtposition gegenüber den Lieferanten gestärkt. So können insbesondere die Betreiber von Hyper- und Discountmärkten aufgrund ihrer hohen Einkaufsmengen harte Preisverhandlungen mit Großhändlern und Herstellern führen. Entsprechen die angebotenen Konditionen nicht den Vorstellungen der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, so droht den Lieferanten oftmals eine Auslistung aus dem jeweiligen Sortiment. Vor allem die Betreiber von Discountmärkten nutzen ihre gestiegene Machtposition aus, um günstige Einkaufskonditionen zu verhandeln und ihren Kunden attraktive Preise anbieten zu können.

538

Aldi und Lidl

Verteilung des deutschlandweiten Umsatzvolumens des Lebensmitteleinzelhandels (135,7 Mrd. €) nach Filialtypen im Jahr 2007

Supermärkte 9,0%

Sonstige Märkte 7,3%

Verteilung der deutschlandweiten Filialen des Lebensmitteleinzelhandels nach Filialtypen in den Jahren 2000 und 2007 Ȉ = 66.400

Supermärkte

4.730

Hypermärkte

7.150

Discountmärkte

Ȉ = 55.191 9.672

3.580 7.708

Hypermärkte 43,2%

15.154

Sonstige Märkte

44.848 28.749

Discountmärkte 40,5%

2000

2007

Abb. 3: Deutschlandweites Umsatzvolumen und Anzahl Filialen des Lebensmitteleinzelhandels nach Filialtypen Quelle: Daten aus Nielsen (2002), S. 15, sowie Nielsen (2008), S. 22.

1.2 Die Lebensmitteldiscounterbranche Wie durch die bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist, sind die Discountmärkte – insbesondere in Deutschland und in Europa – zu einer führenden Größe innerhalb des Lebensmitteleinzelhandels aufgestiegen und haben weitreichende Veränderungen in der Branche hervorgerufen. Doch worin liegt der Erfolg dieses Filialtyps begründet? Erste Antworten auf diese Frage können durch eine Betrachtung der (1) Produkt-, (2) Kommunikations- (3) Distributions- und (4) Preispolitik von Lebensmitteldiscountern gefunden werden; denn hier zeigen sich einige wesentliche Unterschiede zu anderen Filialtypen. (1) Das Warenangebot klassischer Lebensmitteldiscounter ist mit 600 bis 1.000 gelisteten Artikeln wesentlich kleiner als das von Hyper- und Supermärkten, in denen teilweise mehr als 80.000 unterschiedliche Artikel zum Kauf angeboten werden. Das Sortiment der Discounter beschränkt sich weitgehend auf Artikel des täglichen Bedarfs, die möglichst schnell und in großer Menge an die Kunden verkauft werden (so genannte „Schnelldreher“). Demgegenüber bieten Hypermärkte ihren Kunden meist ein so genanntes „One-Stop-Shopping“ an, in dessen Rahmen an einem zentralen Ort nicht nur Lebensmittel, sondern auch eine große Auswahl an dauerhaft gelisteten Textilien, Elektronikartikeln und weiteren Produkten aus dem Bereich „Non-Food“ (z.B. Spiel- und Schreibwaren) zur Verfügung stehen. Ferner beschränkt sich das Warenangebot klassi-

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

539

scher Lebensmitteldiscounter weitgehend auf unbekannte Handelsmarken, die teilweise jedoch lediglich „umbenannte“ Herstellermarkenprodukte darstellen. Das Serviceangebot von Lebensmitteldiscountern ist im Vergleich zu dem von Hyper- und Supermärkten ebenfalls stark eingeschränkt. So wird den Kunden der meisten Discounter bei ihrem Einkauf weder eine Beratung durch Fachpersonal noch eine ansprechende Warenpräsentation geboten. (2) Im Gegensatz zu Hyper- und Supermärkten verzichten klassische Lebensmitteldiscounter größtenteils auf kostenintensive Werbemaßnahmen. Dies betrifft sowohl die imagebildenden Bereiche der klassischen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit als auch das Gebiet der eher aktionsorientierten Verkaufsförderung. Die Möglichkeit der Kommunikation mit den Kunden wird vorwiegend über Flyer und Zeitungsanzeigen sowie über den eigenen Internetauftritt genutzt, in denen die Discounter über ihr jeweils aktuelles Warenangebot informieren. Erst in jüngster Zeit wird teilweise auch auf Radio- und Fernsehwerbung zurückgegriffen. (3) Falls möglich, nutzen Lebensmitteldiscounter für ihre Filialen Grundstücke in den Randbezirken von Ballungsräumen, da die in Innenstädten gelegenen Grundstücke aufgrund der höheren Preise bzw. Mieten für sie meist unattraktiv sind. Da viele Kunden ihre Einkäufe mit dem Auto erledigen, müssen die Filialen darüber hinaus über eine ausreichende Anzahl an Parkplätzen verfügen. Aus diesem Grund befinden sich viele Discountmärkte auf Grundstücken von mehr als 4.000 m², auch wenn die eigentliche Verkaufsfläche der Märkte häufig weniger als 1.000 m² beträgt. Im Gegensatz dazu weisen die Verkaufsflächen von Hypermärkten oftmals eine Größe von weit mehr als 5.000 m² auf. (4) Durch den beschriebenen Minimalismus in den Bereichen der Produkt-, Kommunikations- und Distributionspolitik entstehen den Lebensmitteldiscountern Kostenvorteile, die sie in der Form niedriger Verkaufspreise größtenteils an ihre Kunden weiterreichen. Ihren Gewinn erwirtschaften Discounter daher nicht primär durch hohe Gewinnmargen, sondern durch den Verkauf einer hohen Anzahl an günstigen „Schnelldrehern“ innerhalb kürzester Zeit. Im Gegensatz dazu versuchen die Hypermärkte, Supermärkte und sonstigen Märkte, höhere Deckungsbeiträge je Produkt durchzusetzen, und rechtfertigen den damit verbundenen Aufpreis gegenüber den Kunden durch die größere Produktauswahl, das umfangreichere Serviceangebot oder die zentrale Lage ihrer Filialen. Zwar bieten auch Hyper- und Supermärkte ihren Kunden oftmals Niedrigpreisartikel an, doch diese erstrecken sich normalerweise nicht auf das gesamte Warenangebot einer Filiale, sondern sind Teil einer sortimentsbezogenen Mischkalkulation. Wie in Abbildung 2 bereits ausgeführt, wird innerhalb der Kategorie der Discountmärkte nochmals zwischen Hard- und Soft-Discountmärkten unterschieden. Während sich Hard-Discountmärkte in ihrer Produkt-, Kommunikations-, Distributions- und Preispolitik konsequent an den soeben dargestellten „Discount-Prinzipien“ orientieren, weichen

540

Aldi und Lidl

Soft-Discountmärkte hiervon in einzelnen Bereichen ab. Dies zeigt sich insbesondere innerhalb der Produktpolitik. So ist das Warenangebot von Soft-Discountmärkten häufig etwas größer und umfasst einen deutlich höheren Anteil an Herstellermarken als das Angebot von Hard-Discountmärkten. Doch auch in anderen Bereichen können sich die Besonderheiten von Soft-Discountmärkten – z.B. in der Form imagebildender TVWerbung oder größerer Verkaufsflächen – widerspiegeln. Bereits in den frühen 1950er Jahren setzten die deutschen Brüder Theo und Karl Albrecht die beschriebenen Discount-Prinzipien in ihren Aldi-Filialen (Aldi = Albrecht Discount) um und gelten unter Branchenexperten seitdem als Pioniere im Bereich des Lebensmitteldiscounts. Ausgehend vom nationalen und internationalen Erfolg der AldiFilialen hat sich der deutsche Lebensmitteldiscount mit inzwischen sechs großen Discountern und einem jährlichen Umsatzvolumen von mehr als 50 Mrd. € deutschlandweit und über 100 Mrd. € weltweit zu einem bedeutenden Segment innerhalb der weltweiten Lebensmitteleinzelhandelsbranche entwickelt. Die besondere Stellung des deutschen Lebensmitteldiscounts zeigt sich insbesondere darin, dass die beiden aus Deutschland stammenden Unternehmen Aldi und Lidl als umsatzstärkste Lebensmitteldiscounter der Welt gelten und, wie in Abbildung 1 bereits dargestellt, nicht nur in ihrem Heimatmarkt, sondern auch europa- und weltweit zu den Top 10 bzw. Top 20 der Lebensmitteleinzelhandelsbranche zählen. In Abbildung 4 werden die sechs großen deutschen Lebensmitteldiscounter anhand ihrer deutschlandweiten Umsatz- und Filialzahlen gegenübergestellt.

Deutsche Top 6 der Lebensmitteldiscounter nach deutschlandweitem Umsatz in Mrd. € im Jahr 2007

Deutsche Top 6 der Lebensmitteldiscounter nach deutschlandweiter Anzahl an Filialen im Jahr 2007

24,3

4.228

2.912

2.902

14,3 2.000 1.279

6,9

5,9 3,7

Aldi

Lidl

(1)

Plus

Penny

1.200

3,1

(1)

Netto

Norma

Aldi

(1)

Plus

Lidl

Penny

(1)

Netto

Norma

(1) Im Jahr 2008 haben sich der zu Tengelmann gehörende Discounter Plus und der zu Edeka gehörende Discounter Netto unter kartellrechtlichen Auflagen zu einem neuen Discounter namens „Netto-Marken-Discount“ zusammengeschlossen.

Abb. 4: Deutschlandweite Top 6 der Lebensmitteldiscounter nach Umsatz und Anzahl Filialen Quelle: Daten aus Planet Retail (2008), ergänzt um Daten aus Lebensmittelzeitung (2008c) und den Geschäftsberichten der Unternehmen.

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

541

Während die sechs Discounter ihre Marktanteile innerhalb des deutschen Lebensmitteleinzelhandels in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich ausbauen konnten, stoßen die Unternehmen inzwischen im Heimatmarkt an ihre Wachstumsgrenzen. So stagniert der deutschlandweite Marktanteil der Lebensmitteldiscounter nach Umsatz nun schon seit einigen Jahren auf dem in Abbildung 3 dargestellten Niveau von rund 40%. Branchenexperten sehen dies in der hohen Marktsättigung des deutschen Lebensmitteldiscounts begründet und konstatieren, dass sich den Discountern im Rahmen ihrer Wachstumsbestrebungen zwei zentrale Handlungsoptionen bieten: Sie können versuchen, (1) innerhalb Deutschlands neue Zielgruppen zu erschließen oder (2) ihr Wachstum durch verstärkte Expansion im Ausland voranzutreiben. (1) Lidl, Plus und Penny haben in der Vergangenheit beispielsweise ihr Warensortiment durch die Aufnahme zahlreicher Herstellermarken erweitert, ohne dabei von ihrer Niedrigpreisstrategie abzuweichen. Dadurch versuchen die Unternehmen, ihre Preisführerschaft um Aspekte der Qualitätsführerschaft bzw. Differenzierung zu ergänzen und neue Käuferschichten in ihre Geschäfte zu locken. Aufgrund der damit verbundenen Neupositionierung als Soft-Discounter verschwimmen die Grenzen zwischen diesen Discountmärkten und den großen Supermärkten zunehmend. (2) Was die Expansion ins Ausland anbelangt, so haben Aldi und Lidl in den letzten Jahrzehnten eine klare Vorreiterrolle unter den deutschen Lebensmitteldiscountern eingenommen: Beide Unternehmen erzielen inzwischen jeweils deutlich über 40% ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands. Im Gegensatz dazu beschränkt sich die Geschäftstätigkeit der übrigen deutschen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen meist weitgehend auf das Territorium innerhalb der eigenen Landesgrenzen. Im weiteren Verlauf dieser Fallstudie werden die beiden führenden Lebensmitteldiscounter der Welt, Aldi und Lidl, im Hinblick auf ihre Auslandsaktivitäten detailliert betrachtet und analysiert.

1.3 Der Lebensmitteldiscounter Aldi Die Wurzeln des weltweit größten Lebensmitteldiscounters Aldi liegen im nordrheinwestfälischen Essen, wo die beiden Brüder Theo und Karl Albrecht bereits im Jahr 1946 das elterliche Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft gemeinsam betrieben. Die nach dem Zweiten Weltkrieg vorherrschende Warenknappheit zwang die Unternehmer dazu, ein sehr schmales Sortiment von nur 250 bis 280 Artikeln in ihren Geschäften zu führen. Eine Ausweitung des Warenangebots sollte nach den Plänen der Albrecht-Brüder jedoch rasch folgen: „Wir glaubten, späterhin unser Verkaufsprogramm zu erweitern. Wir wollten unsere Filialen dann wie ein normales Einzelhandelsgeschäft mit einem breiten Lebensmittelsortiment eindecken.“ Nach dem überraschenden Erfolg des Geschäftsmo-

542

Aldi und Lidl

dells und der schnellen Expansion durch die Gründung mehrerer Filialen fassten Theo und Karl Albrecht im Jahr 1950 den Entschluss, ihre Märkte – entgegen den ursprünglichen Planungen – als erstes deutsches Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen flächendeckend nach den oben beschriebenen Discount-Prinzipien auszurichten. Die Gründung des Hard-Discounters Aldi war demnach weniger das Resultat langfristiger Planungen und deliberater Strategien, sondern wurde durchaus emergent von den besonderen Umständen in den deutschen Nachkriegsjahren begünstigt. Dieter Brandes, Unternehmensberater und ehemaliger Aldi-Geschäftsführer, bezeichnet die Strategie der Albrecht-Brüder als das „Ergebnis eines dynamischen Prozesses, geleitet von Intuition, unbewusstem wie bewusstem Handeln und einer wachsenden Reflexion darüber.“ Im Jahr 1961 teilten die beiden Brüder ihre deutschlandweiten Geschäftsaktivitäten in einen Nord- und einen Südbereich auf. Nach Ansicht von Experten lösten sie damit ihre Auseinandersetzungen hinsichtlich der Sortimentsstrategie: Theo Albrecht gründete die Aldi Nord GmbH & Co. OHG mit Sitz in Essen und erweiterte das Warenangebot seiner Märkte auf etwa 600 Artikel. Karl Albrecht übernahm die Leitung der Aldi Süd GmbH & Co. OHG mit Sitz im nordrhein-westfälischen Mülheim und bevorzugte zunächst ein schmaleres Sortiment von insgesamt 450 Artikeln. Die Grenze, welche die beiden Verkaufsgebiete bis heute voneinander trennt, verläuft vom nordrhein-westfälischen Bocholt über das hessische Fulda bis zur bayerischen Stadt Hof. Aldi Nord und Aldi Süd operieren weitgehend unabhängig voneinander. Die beiden Unternehmen sind aber freundschaftlich miteinander verbunden, was sich insbesondere im gegenseitigen Austausch bei strategischen Entscheidungen und teilweise in gemeinsam geführten Einkaufsverhandlungen zeigt. Im Jahr 1962 eröffnete Theo Albrecht die erste nach dem DiscountPrinzip ausgerichtete Filiale im nordrhein-westfälischen Dortmund und legte damit den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte, die bis heute ihresgleichen sucht. Den ersten Schritt über die eigenen Landesgrenzen wagte der Hard-Discounter Aldi mit der Übernahme des österreichischen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmens Hofer im Jahr 1967. Der Eintritt in 13 weitere Auslandsmärkte erfolgte sukzessive im Zeitraum von 1976 bis 2006. Dabei wurde das Prinzip der Gebietsabsprachen zwischen Aldi Nord und Aldi Süd auch auf die Auslandsaktivitäten der beiden Unternehmen übertragen. So beschränkt sich Aldi Nord im Rahmen seiner Auslandsexpansion auf die nordöstlichen, westlichen und südwestlichen Länder Europas, während Aldi Süd im Süden und Südosten Europas aktiv ist und zusätzlich die englischsprachigen Märkte Australien, Irland, Vereinigtes Königreich und USA bearbeitet. Mit Hilfe zahlreicher Tochtergesellschaften und komplizierter Überkreuzverflechtungen im In- und Ausland hat Aldi in den letzten Jahrzehnten eine komplexe Organisations- und Beteiligungsstruktur geschaffen, die das Unternehmen unter anderem vor feindlichen Übernahmen und verschärften Publizitätsvorschriften schützen soll. Im Jahr 2007 erzielte Aldi mit seinen mehr als 8.500 Filialen einen weltweiten Umsatz von rund 47 Mrd. €. Dabei entfielen etwa 52% des Umsatzes auf Deutschland, 31% auf

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

543

das europäische Ausland und 17% auf das nicht-europäische Ausland. Die konkreten Internationalisierungsstrategien von Aldi werden in Kapitel 2 detailliert vorgestellt.

1.4 Der Lebensmitteldiscounter Lidl Erst elf Jahre später als Aldi, im Jahr 1973, nahm der heute weltweit zweitgrößte Lebensmitteldiscounter Lidl mit Sitz im baden-württembergischen Neckarsulm seine Geschäftstätigkeiten auf. Dieter Schwarz, der Gründer des inzwischen als Stiftung GmbH & Co. KG organisierten Unternehmens, war zuvor bereits an dem von Vater Josef Schwarz im Jahr 1930 ins Leben gerufenen Lebensmittelgroßhandelsunternehmen Lidl & Schwarz beteiligt. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1970 erwarb Dieter Schwarz für umgerechnet rund 500 € die Rechte an dem Namen „Lidl“ und eröffnete drei Jahre später die erste nach den Discount-Prinzipien ausgerichtete Lidl-Filiale im rheinlandpfälzischen Ludwigshafen. Das Unternehmen Lidl ist Teil der Unternehmensgruppe Schwarz, zu der neben Lidl die Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen Kaufland und MegaCent gehören. Genau wie Aldi hat auch Lidl in der Vergangenheit eine komplexe Organisations- und Beteiligungsstruktur mit zahlreichen Überkreuzverflechtungen geschaffen. Während sich die Expansion von Lidl lange Zeit auf den deutschen Markt beschränkte, trat das Unternehmen zwischen 1989 und 2007 in 21 verschiedene Auslandsmärkte ein und überholte damit hinsichtlich der Anzahl der bearbeiteten Länder sogar seinen Rivalen Aldi. Nichtsdestotrotz liegt Lidl in Bezug auf den Umsatz und die Anzahl an Filialen sowohl deutschland- als auch weltweit noch immer hinter Aldi. Europaweit kann Lidl mit seinen insgesamt knapp 7.900 Filialen inzwischen allerdings ein etwas größeres Filialnetz vorweisen als Aldi mit seinen knapp 7.200 Geschäften. Auch wenn die Erfolgsgeschichte von Lidl auf den ersten Blick das Resultat einer weitgehenden Kopie von Aldi zu sein scheint, unterscheiden sich die Geschäftsmodelle der beiden Unternehmen insbesondere in Bezug auf die Produktpolitik: Während der HardDiscounter Aldi noch immer an dem Konzept eines sehr schmalen Warensortiments (von inzwischen 600 bis 1.000 Artikeln pro Filiale) festhält, weisen die meisten LidlFilialen heute ein Warenangebot von 2.500 bis 3.000 Artikeln auf. Darüber hinaus hat Lidl im Gegensatz zu Aldi sein ursprünglich überwiegend aus Handelsmarken bestehendes Warensortiment in den letzten Jahren um zahlreiche Herstellermarken erweitert. Und auch im Hinblick auf die Kommunikationspolitik hebt sich Lidl von seinem Rivalen Aldi seit einiger Zeit durch eine deutschlandweite TV-Werbekampagne ab. Diese Neupositionierung in Richtung Soft-Discount bietet Lidl die Möglichkeit, seinen Ruf als Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis zu festigen und sein Image gleichzeitig um Aspekte der Qualitätsführerschaft bzw. Differenzierung zu erweitern.

544

Aldi und Lidl

Der Erfolg des von Lidl praktizierten Soft-Discount-Konzepts ist unbestritten. So erwirtschaftete das Unternehmen im Jahr 2007 mit seinen knapp 7.900 Filialen einen weltweiten Umsatz von rund 36 Mrd. €, was einem Umsatzanteil von etwa 69% an der gesamten Schwarz-Gruppe entspricht. Dabei entfielen knapp 40% des Lidl-Umsatzes auf Deutschland und gut 60% auf das europäische Ausland. Die konkreten Strategien bei der Internationalisierung von Lidl werden umgehend detailliert betrachtet. Zuvor fasst Abbildung 5 die wesentlichen Unterschiede zwischen Aldi und Lidl nochmals überblicksartig zusammen. Aldi Gründungsjahr Geschäftsmodell Umsatz in Mrd. € 2007

Lidl

1962

1973

Hard-Discount

Soft-Discount

47,1

35,9

- davon Deutschland

24,3 (52%)

14,3 (40%)

- davon europäisches Ausland

14,7 (31%)

21,6 (60%)

- davon nicht-europäisches Ausland

8,1 (17%)

0,0 (0%)

Anzahl Filialen 2007

8.541

7.879

- davon Deutschland

4.228 (49%)

2.902 (37%)

- davon europäisches Ausland

2.963 (35%)

4.977 (63%)

- davon nicht-europäisches Ausland

1.350 (16%)

Anzahl Auslandsmärkte 2007

- davon europäisches Ausland - davon nicht-europäisches Ausland

14

0 (0%) 21

12 (86%)

21 (100%)

2 (14%)

0 (0%)

Abb. 5: Gegenüberstellung von Aldi und Lidl anhand zentraler Kriterien Quelle: Daten aus Planet Retail (2008), ergänzt um Daten aus Lebensmittelzeitung (2008a) und Lebensmittelzeitung (2008b).

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

2

545

Die Strategien bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl

2.1 Die internationalen Marktpräsenzstrategien von Aldi und Lidl Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass sowohl Aldi als auch Lidl mit ihren Geschäftsmodellen nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen erfolgreich tätig sind. So erzielte Aldi im Jahr 2007 mit seinen mehr als 4.300 Auslandsfilialen in 14 Ländern einen Umsatz von knapp 23 Mrd. €, was einem Auslandsanteil von gut 48% entspricht. Lidl erwirtschaftete mit seinen knapp 5.000 Auslandsfilialen in 21 Ländern einen Umsatz von knapp 22 Mrd. € und konnte damit sogar rund 60% seines Gesamtumsatzes außerhalb Deutschlands verbuchen. Doch trotz der vergleichbar starken Auslandspräsenz der beiden Unternehmen lassen sich in Bezug auf die geographischen Schwerpunkte zwei zentrale Unterschiede feststellen. Zum einen beschränkt sich Lidl im Rahmen seiner Internationalisierung bislang ausschließlich auf das europäische Ausland, während Aldi auch zwei nicht-europäische Auslandsmärkte bearbeitet: Aldi ist bereits seit Mitte der 1970er Jahre in den USA und seit der Jahrtausendwende in Australien aktiv. Im Gegenzug – und dies stellt den zweiten Unterschied dar – operiert Lidl innerhalb von Europa nahezu flächendeckend, während sich Aldi bei seinen innerkontinentalen Auslandsaktivitäten bislang vorwiegend auf die Länder Mittel-, Nordwest- und Südwesteuropas konzentriert. Abbildung 6 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen geographischen Schwerpunkte der beiden Unternehmen sowie über die Anzahl an Filialen in den einzelnen Ländern. Es ist wichtig zu betonen, dass die internationale Marktpräsenz von Aldi und Lidl nicht immer auf einer langfristig geplanten und deliberaten Internationalisierungsstrategie basiert. Dieter Brandes bezeichnet die Internationalisierung von Aldi vielmehr als ein Prinzip von „ständigem Versuch und Irrtum“ und verdeutlicht dies am Beispiel des Markteintritts von Aldi in Australien: „So hat Karl – der aus dem Süden – Läden in Australien eröffnet. Jetzt kann man sich fragen: Warum zum Teufel in Australien? Das ist doch völlig überflüssig. Da entstehen keine Synergien, keine Einkaufsmacht, nichts. Ich denke, die einzige Erklärung dafür ist ein ausgeprägtes Unternehmertum. Es heißt: ,Australien – warum eigentlich nicht?’ Da wird was ausprobiert, um zu sehen, was dabei herauskommt.“

Abb. 6: Länderpräsenz und Anzahl Filialen von Aldi und Lidl Quelle: Daten aus Planet Retail (2008).

Stand 2007.

(1) In den USA operieren 295 der insgesamt 1.190 Aldi-Filialen unter dem Namen „Trader Joe’s“ (2) In Österreich und Slowenien operieren alle 443 Aldi-Filialen unter dem Namen „Hofer“

= Anzahl Filialen Aldi = Anzahl Filialen Lidl

1,190(1)

9 198 168 440

51 90

740 1,988 57

183

130

465

35

407(2) 170 36(2) 23

413 292 365 435 460 280 13 4.228 4 2,902

252 48

50

75

86

272

205

121

Länderpräsenz und Anzahl an Filialen von Aldi und Lidl im Jahr 2007

160

546 Aldi und Lidl

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

547

2.2 Die internationalen Markteintrittsstrategien von Aldi und Lidl Während sich in Bezug auf die geographische Marktpräsenz von Aldi und Lidl zahlreiche Unterschiede in der Internationalisierung feststellen lassen, zeigen sich bei den gewählten internationalen Markteintrittsstrategien der beiden Unternehmen ähnliche Muster. Erscheint ein bislang unbearbeiteter Ländermarkt attraktiv, so erfolgt der Markteintritt von Aldi bzw. Lidl entweder durch die Übernahme eines kleineren ausländischen Lebensmitteldiscounters oder – was deutlich häufiger der Fall ist – durch die Neugründung einer 100%-igen ausländischen Tochtergesellschaft. Kurze Zeit später errichten die Unternehmen Logistikzentren im jeweiligen Land, welche für die kontinuierliche Versorgung der Discountmärkte mit Waren zuständig sind. In Fällen, in denen der Aufbau solcher Logistikzentren nicht schnell genug möglich ist, nutzen die Discounter für eine befristete Zeitspanne teilweise auch bestehende eigene Logistikzentren in angrenzenden Staaten. Anschließend erwerben oder pachten Aldi bzw. Lidl eine hohe Anzahl an Grundstücken und errichten darauf ihre Filialen – meist etwa 40 bis 80 innerhalb von drei Jahren. Wie sich die beschriebene Vorgehensweise bei den Auslandsmarkteintritten von Aldi konkret äußern kann, lässt sich am Beispiel von Belgien und Frankreich verdeutlichen: In Belgien übernahm Aldi im Jahr 1976 das Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen Lansa und eröffnete innerhalb von drei Jahren 80 Aldi-Filialen. Die französischsprachige Region Wallonien bildete im Jahr 1988 schließlich die Ausgangsbasis für den Markteintritt nach Frankreich. Dort akquirierte Aldi die „Dia“-Filialen des Lebensmitteleinzelhandelsunternehmens Promodès und nutzte zunächst seine belgischen Logistikzentren für die Belieferung der französischen Discountmärkte, bevor kurze Zeit später die Logistikzentren in Frankreich ihren Betrieb aufnahmen. Inzwischen betreibt Aldi über seine beiden Tochtergesellschaften in Belgien und Frankreich knapp 1.200 Filialen und erzielt einen Umsatz von insgesamt rund 5 Mrd. €. Am Beispiel von Nordeuropa lässt sich zeigen, dass die Vorgehensweise bei den Auslandsmarkteintritten von Lidl derjenigen von Aldi sehr stark ähnelt. So begann Lidl im Jahr 2002 seine nordeuropäische Expansion in Finnland durch die Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft, den Bau mehrerer Logistikzentren und die Eröffnung von zehn Discountmärkten. Kurze Zeit später bildete Finnland die Ausgangsbasis für die weitere Expansion von Lidl in die skandinavischen Länder. So eröffnete das Unternehmen im Jahr 2003 seine ersten Filialen in Schweden, 2004 in Norwegen und 2005 in Dänemark. Inzwischen betreibt Lidl über seine vier Tochtergesellschaften in Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland knapp 350 Filialen und erwirtschaftet einen Umsatz von insgesamt gut 1 Mrd. €.

548

Aldi und Lidl

2.3 Die internationalen Timingstrategien von Aldi und Lidl Die wohl deutlichsten Unterschiede in der Internationalisierung von Aldi und Lidl lassen sich in Bezug auf das Timing der einzelnen Markteintritte feststellen. Abbildung 7 gibt einen Überblick über die insgesamt 35 Auslandsmarkteintritte der beiden Discounter in den letzten gut 40 Jahren. Dabei sind sowohl in Bezug auf (1) das länderübergreifende Timing als auch hinsichtlich (2) des länderspezifischen Timings zahlreiche Auffälligkeiten zu erkennen. (1) Wie in Abschnitt 1.3 erwähnt, wagte Aldi bereits im Jahr 1967, lediglich vier Jahre nach der Unternehmensgründung, den ersten Schritt über die eigenen Landesgrenzen ins benachbarte Österreich. Die weitere Internationalisierung erfolgte jedoch deutlich weniger schnell und war immer wieder durch lange Phasen der „Ruhe“ gekennzeichnet. So unternahm Aldi erst knapp zehn Jahre nach seinem ersten Auslandsmarkteintritt den zweiten großen Internationalisierungsschritt – dafür jedoch umso konzentrierter: In den Jahren 1976 und 1977 trat das Unternehmen nahezu zeitgleich in die fünf Auslandsmärkte Belgien, Dänemark, Luxemburg, Niederlande und USA ein. Ein ähnliches Muster zeigte sich auch in den anschließenden Jahrzehnten. So erfolgten die nächsten beiden Markteintritte von Aldi in den Jahren 1988 und 1990 ebenfalls erst nach einer langen „Internationalisierungspause“ von zehn Jahren. Danach kamen wiederum neun Jahre, in denen das Unternehmen keine weiteren Auslandsmärkte erschloss. Erst seit der Jahrtausendwende hat Aldi sein Internationalisierungstempo erhöht und tritt seitdem in durchschnittlich knapp einen neuen Ländermarkt pro Jahr ein. Ein völlig anderes zeitliches Bild zeigt sich bei den Auslandsmarkteintritten von Lidl: Erst 16 Jahre nach seiner Gründung, im Jahr 1989, wagte das Unternehmen aus Neckarsulm den ersten Schritt über die eigenen Landesgrenzen ins benachbarte Frankreich. Trotz dieses anfänglichen Zögerns kann von „Langsamkeit“ in der weiteren Internationalisierung von Lidl jedoch keine Rede sein. So erschloss das Unternehmen innerhalb weniger Jahre, zwischen 1992 und 2007, 20 weitere Auslandsmärkte und überholte dadurch hinsichtlich der Gesamtzahl der bearbeiteten Ländermärkte sogar seinen Konkurrenten Aldi. Besonders offensichtlich wird der Unterschied in der Internationalisierungsgeschwindigkeit der beiden Discounter, wenn man sich verdeutlicht, dass Aldi seit seinem ersten Auslandsmarkteintritt im Jahr 1967 durchschnittlich nur alle drei Jahre einen neuen Ländermarkt erschlossen hat, während es bei Lidl weniger als elf Monate sind, die die unterschiedlichen Markteintritte im Durchschnitt voneinander trennen. Betrachtet man die Internationalisierung der beiden Discounter über den gesamten Zeitablauf, so kann Lidl eine Internationalisierungsgeschwindigkeit vorweisen, die dreimal so hoch ist wie die von Aldi.

A

1974

1973

1972

1971

1970

1969

1968

= Anzahl Markteintritte Aldi pro Jahr

DK NL

1984

1983

1982

1981

1980

1979

1978

= Anzahl Markteintritte Lidl pro Jahr

F

F UK

I

E B UK P

1993

1991

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= Anzahl Markteintritte Aldi kumuliert

1996

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1965

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NL A GR IRL E

AUS IRL

L S CZ DK H FIN PL

= Anzahl Markteintritte Lidl kumuliert

HR SLO

CH

N P SK SLO

A = Österreich; AUS = Australien; B = Belgien; CH = Schweiz; CZ = Tschechische Republik; DK = Dänemark; E = Spanien; F = Frankreich; FIN = Finnland; GR = Griechenland; H = Ungarn; HR = Kroatien; I = Italien; IRL = Irland; L = Luxemburg; N = Norwegen; NL = Niederlande; P = Portugal; PL = Polen; S = Schweden; SK = Slowakei; SLO = Slowenien; UK = Vereinigtes Königreich.

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Markteintritte von Aldi und Lidl im Zeitablauf

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Abb. 7: Markteintritte von Aldi und Lidl im Zeitablauf Quelle: Daten aus Planet Retail (2008), ergänzt um Daten aus Lebensmittelzeitung (2007) und Lebensmittelzeitung (2008e).

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Aldi und Lidl

(2) Dadurch, dass Aldi bereits äußerst früh damit begonnen hat, in unterschiedliche Auslandsmärkte einzutreten, kann das Unternehmen in Bezug auf fast all seine Markteintritte vor der Jahrtausendwende als First bzw. Early Mover gelten. Ein deutlich differenzierteres Bild zeigt sich bei der Betrachtung von Lidl. So befinden sich unter den 21 Auslandsmärkten, in die das Unternehmen seit 1989 eingetreten ist, acht Staaten, in denen Aldi zuvor bereits tätig war. Bei den übrigen 13 Markteintritten hat sich Lidl hingegen für Länder entschieden, in denen sein deutscher Konkurrent – zum damaligen Zeitpunkt – nicht aktiv war. In zehn dieser 13 Staaten ist Aldi sogar bis heute nicht vertreten. In den acht Ländern, in die Lidl später als sein deutscher Konkurrent eingetreten ist, errichtete das Unternehmen seine Filialen auffällig häufig in direkter Nähe zu den bereits existierenden Aldi-Märkten. Von dieser Vorgehensweise verspricht sich Lidl nach Ansicht von Branchenexperten zwei Vorteile: Zum einen kann aufgrund von Erfahrungswerten berechnet werden, wie viele Kunden von den benachbarten Aldi-Filialen voraussichtlich gewonnen werden und welche Menge an Waren daher in einem bestimmten Zeitraum in den Lidl-Filialen vorrätig sein muss. Zum anderen gelingt es Lidl durch seine Nähe zu den Aldi-Märkten, sehr schnell seine landesweite Bekanntheit bei den relevanten Zielgruppen zu erhöhen, da die meisten Aldi-Kunden auch als potentielle Kunden von Lidl gelten. Betrachtet man die beschriebenen zeitlichen Unterschiede in den Markteintritten der beiden Discounter, so kann das Internationalisierungsverhalten von Aldi – im Vergleich zu dem von Lidl – als deutlich „behutsamer“ bezeichnet werden. Auch innerhalb neu erschlossener Länder verhält sich Aldi vorsichtiger als sein deutscher Konkurrent: In der Schweiz war Aldi im Jahr 2005 zwar der erste ausländische Lebensmitteldiscounter des Landes, die Marktbearbeitung erfolgte zunächst jedoch nur in den deutschsprachigen Gebieten. Erst nach und nach sollen weitere Filialen in den übrigen Landesregionen hinzukommen. Im Gegensatz dazu eröffnet Lidl seine Filialen im Rahmen seiner Markteintritte meist flächendeckend in den unterschiedlichen Regionen eines Landes. Dadurch gelingt es dem Unternehmen, schnell einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung aufzubauen und von Größenkostenvorteilen zu profitieren.

2.4 Die internationalen Leistungsstrategien von Aldi und Lidl Im Gegensatz zum Timing bei den Auslandsmarkteintritten von Aldi und Lidl zeigen sich im Rahmen der internationalen Leistungsstrategien wieder deutlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den beiden größten Lebensmitteldiscountern der Welt. So verfolgen sowohl Aldi als auch Lidl bei ihrer Internationalisierung eine weitgehende Standardisierungsstrategie – wenn auch mit vereinzelten landesspezifischen Anpassungen innerhalb ihres Discount-Konzepts. Eine überblicksartige Betrachtung der internationalen (1) Produkt-, (2) Kommunikations-, (3) Distributions- und (4) Preispolitik der beiden Unternehmen verdeutlicht dies.

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(1) Genau wie in Deutschland setzen Aldi und Lidl auch im Ausland auf das Konzept eines schmalen Warensortiments mit zahlreichen „Schnelldrehern“ und Handelsmarkenprodukten sowie einem stark eingeschränkten Serviceangebot. Die Unterschiede zwischen dem Hard-Discount-Konzept von Aldi und dem Soft-Discount-Konzept von Lidl spiegeln sich dabei auch jenseits der eigenen Landesgrenzen weitgehend wider. Lediglich bei Aldi in Großbritannien und der Schweiz ist in jüngster Vergangenheit eine Umorientierung in Richtung Soft-Discount zu beobachten, was sich in einer größeren Produktauswahl und einer höheren Serviceorientierung niederschlägt. In Bezug auf das konkrete Warenangebot führen Aldi und Lidl in den einzelnen Ländern Anpassungen durch, um den Bedürfnissen der jeweiligen Bevölkerung zu entsprechen. So hat beispielsweise eine Untersuchung des Sortiments von spanischen Aldi-Märkten ergeben, dass nur 70% der angebotenen Produkte identisch mit denen der deutschen Geschäfte sind. In den USA werden – mit Ausnahme von Christstollen und Marzipan zur Weihnachtszeit – grundsätzlich keine deutschen Produkte in den Aldi-Filialen angeboten. In Australien finden die Kunden neben einigen deutschen Produkten auch zahlreiche australische Produkte, jedoch – genau wie in Deutschland – unter dem Namen der AldiHerstellermarken. In der Schweiz bietet Aldi zwar weitgehend das gleiche Warensortiment an wie in Deutschland, allerdings erhalten die Produkte dort schweizerische Namen, um die Akzeptanz bei den Kunden zu erhöhen. (2) In Bezug auf die Kommunikationspolitik von Aldi und Lidl ist ebenfalls eine weitgehende Übertragung der im Heimatmarkt bewährten Strategien auf das Ausland festzustellen. So verzichten die beiden Discounter auch jenseits der eigenen Landesgrenzen größtenteils auf klassische Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Verkaufsförderung. Stattdessen informieren sie ihre Kunden – ähnlich wie in Deutschland – vor allem mit Hilfe von Flyern und Zeitungsanzeigen sowie durch ihren Internetauftritt über das jeweils aktuelle Warenangebot. In Großbritannien geht Aldi seit kurzem allerdings neue Wege. So lancierte das Unternehmen im Jahr 2008 eine 12 Mio. € teure Werbekampagne mit Fernsehspots und Kochshows, um die britische Bevölkerung von der Vielfalt und Qualität des eigenen Warensortiments zu überzeugen. (3) Trotz der relativ kleinen Verkaufsfläche ihrer Filialen nutzen Aldi und Lidl auch außerhalb Deutschlands Grundstücke von meist über 4.000 m², um ihren Kunden eine ausreichende Anzahl an Parkplätzen anbieten zu können. Genau wie in Deutschland befinden sich die Grundstücke auch dort üblicherweise in den Randbezirken von Ballungsräumen, da die in Innenstädten gelegenen Grundstücke meist zu teuer sind. (4) In Bezug auf die Preispolitik ist schließlich ebenfalls eine weitgehende Übertragung der Strategien von Aldi und Lidl auf das Ausland zu beobachten. So verfolgen die beiden Discounter in allen ausländischen Märkten eine konsequente Niedrigpreisstrategie, in deren Rahmen sie versuchen, stets günstiger zu sein als die Hyper- und Supermärkte innerhalb des Landes. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Verkaufspreise von Aldi und Lidl in allen Ländern auf demselben Niveau liegen. In der Schweiz beispielsweise kann

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Aldi aufgrund des im Vergleich zu Deutschland rund 38% höheren Lebensmittelpreisniveaus seine Waren durchschnittlich etwa 16% teurer als im Heimatmarkt anbieten, ohne dadurch seine Position als günstigster Anbieter im Land zu gefährden. Wie die Ausführungen in den Abschnitten 2.1 bis 2.4 gezeigt haben, existieren trotz des vergleichbar hohen Auslandserfolgs von Aldi und Lidl zahlreiche strategische Unterschiede zwischen den beiden Discountern – insbesondere in Bezug auf die Marktpräsenz sowie auf das Timing bei den Auslandsmarkteintritten. Unabhängig von diesen Unterschieden stoßen sowohl Aldi als auch Lidl bei ihrer Internationalisierung immer wieder auf Probleme und Widerstände in einzelnen Ländern. Diese sollen im folgenden Kapitel thematisiert werden.

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Die Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl

3.1 Die Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Aldi Die in bestimmten Ländermärkten aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Aldi liegen in den Widerständen unterschiedlicher Stakeholder innerhalb dieser Länder begründet. Hierzu zählen insbesondere (1) Widerstände von Seiten des Staates, (2) Widerstände innerhalb der Gesellschaft, (3) Widerstände von Seiten der Wettbewerber, (4) Widerstände von Seiten der Konsumenten sowie (5) Widerstände von Seiten der Mitarbeiter. (1) Mit staatlichen Widerständen hatte Aldi unter anderem in Dänemark zu kämpfen, wo sich das Unternehmen Mitte der 1970er Jahre mit dem Entwurf eines Gesetzes konfrontiert sah, laut dem alle Discounter innerhalb des Landes Molkereiprodukte und Brot in ihrem Sortiment führen mussten. Mit Hilfe dieses Gesetzesentwurfs versuchte die dänische Regierung, die einheimischen Supermärkte zu schützen: Durch den zusätzlichen Aufwand und die damit verbundenen Kosten für die Lagerung von Molkereiprodukten und Brot sollte den Discountern – und dabei insbesondere Aldi – ein wichtiger Kostenvorteil entzogen werden. Auch wenn der Gesetzesentwurf von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof gestoppt wurde, so beeinträchtigte er dennoch die strategische und logistische Planung von Aldi in Dänemark. In Polen, Irland und der Schweiz musste sich das Aldi-Management mehrfach mit langwierigen Prozessen staatlicher Behörden auseinandersetzen und teilweise mehrere Monate lang auf Grundstücks- und Baugenehmigungen für die geplanten Aldi-Filialen warten. So verweigerten zum Beispiel viele Schweizer Stadträte lange Zeit ihre Zustimmung zum Verkauf von Bauland an Aldi, da durch die Filialen des Discounters ein erhöhtes Verkehrsauf-

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kommen befürchtet wurde. Branchenexperten vermuten in dem Verhalten darüber hinaus versteckte protektionistische Maßnahmen zugunsten der einheimischen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen Migros und Coop. (2) Auf gesellschaftliche Widerstände traf Aldi insbesondere in Australien. Dort protestierten Einheimische bereits kurze Zeit nach Aldis Markteintritt im Jahr 2000 gegen den deutschen Discounter, da sie in Aldi eine Bedrohung für die etablierten australischen Geschäfte und Arbeitsplätze sahen. In Dänemark führte die Tageszeitung B.T. (Berlingske Tidende) im Jahr 1977 eine Kampagne gegen die angeblich arbeitnehmerfeindliche Personalpolitik von Aldi durch und erschwerte dem Discounter dadurch seine Expansion innerhalb des Landes. (3) Auch von Seiten der Wettbewerber sah sich Aldi in mehreren Ländern mit Widerständen konfrontiert. So planten die Schweizer Hauptkonkurrenten Migros und Coop in den Jahren 2004 und 2005, freies Bauland in für Aldi attraktiven Lagen zu erwerben, um auf diese Weise die Ansiedlung von Aldi-Filialen zu verhindern. Zudem versuchten die beiden großen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, ihren Wettbewerbsnachteil gegenüber dem deutschen Discounter zu reduzieren, indem sie ihre Verkaufspreise für Nahrungsmittel senkten und ihr Warensortiment um zahlreiche „Billigprodukte“ erweiterten. Kurze Zeit später forderten sie ihre Lieferanten sogar zum Boykott von Aldi auf und drohten im Falle der Zuwiderhandlung mit einer Beendigung der Zusammenarbeit. In Großbritannien und Australien riefen die einheimischen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen nach dem Markteintritt von Aldi ihre Lieferanten ebenfalls dazu auf, den Discounter zu boykottieren. Darüber hinaus stellte das Management des australischen Lebensmitteldiscounters Franklins im Jahr 2000 ein Budget von umgerechnet rund 63 Mio. € bereit, um Grundstücke in für Aldi attraktiven Lagen aufzukaufen und dem deutschen Discounter dadurch seinen Markteintritt zu erschweren. (4) Mit Widerständen von Seiten der Konsumenten hatte und hat Aldi vor allem in Großbritannien zu kämpfen. Zum einen machte Aldi lange Zeit ein Akzeptanzproblem bei den britischen Konsumenten zu schaffen, da die jahrelange Vorherrschaft der Hyper- und Supermärkte dazu geführt hatte, dass die meisten Kunden bei ihrem Einkauf nicht auf das gewohnt breite Warensortiment an Premiumprodukten verzichten wollten. Zum anderen hat Aldi in Großbritannien bis heute ein Imageproblem: Das Unternehmen hat viele seiner Filialen in sozial schwächeren Gebieten angesiedelt und erwarb dadurch innerhalb kurzer Zeit den Ruf als „Unterschichten-Discounter“. Die genannten Probleme halten noch immer zahlreiche britische Konsumenten aus den mittleren und hohen Einkommensschichten davon ab, Kunde von Aldi zu werden. Wie bereits erwähnt, soll die vom Unternehmen im Jahr 2008 lancierte, 12 Mio. € teure Werbekampagne die britische Bevölkerung von der Vielfalt und Qualität des eigenen Warensortiments überzeugen.

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(5) Auf Widerstände von Seiten der Mitarbeiter traf Aldi insbesondere in den Niederlanden, wo es in den vergangenen zehn Jahren immer wieder zu Streiks unter der Belegschaft kam. So legten im Jahr 2003 beispielsweise mehr als 90 Mitarbeiter des AldiLogistikzentrums ihre Arbeit nieder und forderten humanere Umgangsformen bei der täglichen Arbeit. Die Geschäftsführung von Aldi in den Niederlanden bezeichnete den Ausstand als unrechtmäßig und stoppte umgehend die Lohnzahlung an die streikenden Mitarbeiter. Das Interview in Abbildung 8 zeigt die Einschätzung von Thomas Roeb, Fachhochschulprofessor und ehemaliger Aldi-Bezirksleiter, hinsichtlich der Schwierigkeiten bei der Internationalisierung des Unternehmens. Trotz der beschriebenen Probleme können die Auslandsaktivitäten von Aldi als insgesamt erfolgreich gelten. Der Auslandserfolg des Unternehmens hat vor allem dessen deutschen Konkurrenten Lidl zur Nachahmung angeregt – doch wie der folgende Abschnitt zeigen wird, musste auch Lidl lernen, zahlreiche Herausforderungen im Rahmen seiner Auslandsengagements zu meistern. Interview des Manager Magazins mit Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg sowie Aldi-Bezirksleiter von 1988 bis 1990, Manager Magazin, 23.01.2006. „Herr Roeb, Aldi Nord hat kürzlich angekündigt, Läden in Polen zu eröffnen. Bei Aldi Süd steht Griechenland auf dem Plan, mittelfristig sogar die Türkei und Russland. Rollen die deutschen Discountkönige jetzt auch Europa auf? Roeb: Vorsicht, man darf Aldis Rolle im Ausland nicht mit der im Inland gleichsetzen. Auf den meisten neu erschlossenen Märkten lief es bislang für beide Aldis nicht optimal, weder in Großbritannien noch in Frankreich oder Spanien. Wo liegt das Problem? Roeb: Sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd fehlte in der Vergangenheit eine spezifische Strategie für die Auslandsexpansion. Das Management übertrug weitgehend sein deutsches Erfolgsmodell auf die Auslandsmärkte. Das allein reicht aber nicht. Mögen Engländer oder Schotten keine billigen Lebensmittel? Roeb: Doch, aber vor allem mögen sie gute Lebensmittel. Die bieten ihnen die großen britischen Supermarktketten wie Tesco und Asda auf jeden Fall, während viele Menschen Aldi nicht glaubten, da mithalten zu können. Deshalb hatten es die etablierten Wettbewerber bislang ziemlich einfach, den AldiAngriff mit eigenen Billigmarken zu kontern. Was hätte Aldi besser machen können? Roeb: Zum einen hätte man die Standortpolitik strategisch besser anlegen können. Die Standorte liegen nämlich oft in sozial schwachen Gegenden. Das bringt zwar im Einzelfall gute Umsätze, schreckt aber viele Käufer aus der Mittelklasse ab und verleiht Aldi das Image des Unterklasseladens – viel stärker als etwa in Deutschland. Zum anderen hätte Aldi sein Sortiment besser auf die Landesbedürfnisse abstimmen müssen. Beide Fehler scheinen jetzt allerdings korrigiert zu werden. Mit einem höherwertigen Sortiment versucht sich Aldi auch in der Schweiz. Ist das der Weg für die Zukunft? Roeb: Das ist von Land zu Land unterschiedlich. Für die Schweiz ist dieser Weg sicher richtig. Da ist die Frage eher, wie weit er führt, denn es stellt sich die Frage, was Aldi in die Schweiz zieht, einen sehr komplizierten, dreisprachigen Markt, der noch dazu klein ist. Da gibt es sinnvollere Ziele. In der Aldi-Spitze heißt es, Aldi komme als Preisführer niemals zu spät auf einen Markt ... Roeb: Das stimmte, wenn Aldi wirklich objektiv Preisführer wäre. Sie können es aber gegen etablierte Wettbewerber nicht sein, wenn sie nicht einen Preiskrieg lostreten und jahrelang hohe Anlaufverluste akzeptieren wollen – und das wollen sie nicht. Entsprechend ist das, was jetzt passiert, vielleicht schon zu wenig und zu spät. Aldis größter Konkurrent Lidl ist im Ausland viel weiter, kann viel größere Syner-

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gien aus seinem Auslandsgeschäft schöpfen. Noch hat Aldi einen Effizienz- und Kostenvorsprung vor Lidl. Roeb: In Deutschland zumindest Aldi Süd. Da müht sich Lidl schon seit 30 Jahren vergeblich um die dafür nötige Kundenakzeptanz. Aber im Ausland ist die Situation eher umgekehrt, und das Ausland ist der größere Markt. Lidl hat damit mehr Wachstumspotenzial. Ihre Zukunftsprognose für Aldi? Roeb: Die Situation ist gefährlich. In den nächsten fünf Jahren wird Aldi zwar kaum Verlust schreiben, weder im Norden noch im Süden. Aber gerade Handelsunternehmen sind nur so stark wie der Abstand zum Wettbewerb – und der erodiert.“

Abb. 8: Zeitungsinterview mit Prof. Dr. Thomas Roeb Quelle: Freitag (2006).

3.2 Die Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Lidl Bei seiner Expansion ins Ausland sah sich Lidl mit ähnlichen Problemen konfrontiert wie sein Hauptwettbewerber Aldi: Auch der Discounter aus Neckarsulm musste sich mit Widerständen von Seiten des Staates, der Gesellschaft, der Wettbewerber, der Konsumenten sowie der Mitarbeiter auseinandersetzen. Genauso wie bei Aldi zeigen sich in diesen Problembereichen auch bei Lidl die Versuche unterschiedlicher ausländischer Stakeholder, dem „Eindringling“ aus Deutschland seinen Markteintritt und seine Marktbearbeitung zu erschweren. Doch neben zahlreichen Überschneidungen bei den Schwierigkeiten der beiden größten Lebensmitteldiscounter der Welt werden im Rahmen der Internationalisierung von Lidl auch zwei unternehmensspezifische Problembereiche deutlich. Es handelt sich dabei um (1) Schwierigkeiten mit der Finanzierung sowie um (2) Schwierigkeiten mit dem Management. (1) Im Gegensatz zu Aldi setzte der Discounter aus Neckarsulm bei der Finanzierung seiner Auslandsexpansion von Beginn an weitgehend auf Fremdkapital. Dies führte sogar so weit, dass Lidl seinen Mitarbeitern im Jahr 1995 die Möglichkeit bot, dem Unternehmen gegen Verzinsung Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. So konnten LidlAngestellte dem Discounter Geldbeträge zwischen umgerechnet rund 2.000 € und 39.000 € leihen, die dann über einen Zeitraum von sechs Jahren verzinst wurden. Im Jahr 2006 lag die Gesamtverschuldung des Unternehmens bei etwa 15 Mrd. €, was laut Experten mittelfristig zu einer Gefährdung der weiteren Expansion von Lidl führen kann. Erste Folgen der riskanten Finanzierungsstrategie zeigten sich im Jahr 2006, als mehrere Lidl-Filialen in Deutschland und der Schweiz an Finanzinvestoren verkauft und anschließend zurückgemietet werden mussten. Erst durch diese Verkäufe konnte Lidl seinen Schuldenstand verringern und damit seinen Spielraum für die Erschließung weiterer Ländermärkte bewahren.

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(2) Schwierigkeiten, die sich in der Form von hoher Managerfluktuation und Managementfehlentscheidungen äußern, sind ein weiteres Kernproblem von Lidl. So kam es in der schwedischen Tochtergesellschaft von Lidl im Zeitraum von 2003 bis 2006 viermal zu einem Wechsel der Geschäftsführung. Und auch in Norwegen verließ der Leiter der Tochtergesellschaft nach nur 20 Monaten im Amt das Unternehmen. Doch noch schwerer als die hohe Fluktuation wiegen die Fehlentscheidungen des Lidl-Managements: In Estland, Lettland und Litauen musste Lidl seine 50 bereits erworbenen Grundstücke wieder verkaufen und die ursprünglich für das Jahr 2006 geplanten Markteintritte auf unbestimmte Zeit verschieben. Als Grund hierfür gilt laut Presseberichten eine zu optimistische Einschätzung des Umsatzpotentials und der Wettbewerbsintensität in diesen Ländern. Auch Expansionspläne nach Kanada wurden vorerst gestoppt: Nachdem Lidl auf seinen Internetseiten bereits mit der Rekrutierung kanadischer Mitarbeiter begonnen sowie den Bau von 200 Filialen geplant hatte, wurde der Markteintritt im Jahr 2004 auf unbestimmte Zeit verschoben. Als Grund für diese Entscheidung wird von Branchenexperten die unerwartet hohe Wettbewerbsintensität innerhalb der kanadischen Lebensmitteleinzelhandelsbranche vermutet. In Norwegen musste sich Lidl im Jahr 2008 sogar erstmals vollständig aus einem Land zurückziehen und seine 50 bereits existierenden Filialen an den dortigen Wettbewerber Rema verkaufen. Die geographischen Herausforderungen des norwegischen Marktes gelten als Hauptgrund für die Schwierigkeiten des Discounters in dem Land: In Norwegen existieren nur wenige dicht besiedelte Regionen, so dass mehrere Zentrallager notwendig waren, um alle Lidl-Filialen effizient mit Waren versorgen zu können. Dies wiederum führte zu einer beträchtlichen Steigerung der Logistikkosten in dem Land, die das Lidl-Management bei seiner Planung nicht einkalkuliert hatte. Doch auch die Wettbewerber und die Medien trugen zu dem Misserfolg von Lidl in Norwegen bei: Zahlreiche Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen reduzierten ihre Verkaufspreise so stark, dass eine Abwanderung der Kunden zur deutschen Konkurrenz weitgehend verhindert werden konnte. Die Presse wiederum berichtete über die Logistikprobleme und die angeblich schlechten Zustände in den Lidl-Filialen, was zahlreiche potentielle Kunden vom Einkauf bei dem Discounter abhielt. Trotz der beschriebenen Schwierigkeiten im Rahmen der Internationalisierung hat Lidl in den vergangenen Jahren bewiesen, dass der weltweit größte Lebensmitteldiscounter Aldi angreifbar ist. So konnte Lidl inzwischen in deutlich mehr Ländern Fuß fassen und teilweise sogar höhere Umsätze erzielen als sein Rivale aus Nordrhein-Westfalen. Die Schwierigkeiten bei der Auslandsexpansion von Lidl verdeutlichen jedoch, dass das Unternehmen noch immer weit davon entfernt ist, seinen deutschen Konkurrenten von der Spitze der weltweiten Lebensmitteldiscounterbranche zu verdrängen.

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Ausblick

Die Ausführungen haben gezeigt, dass Aldi und Lidl mit ihrem in Deutschland bewährten Discount-Konzept auch international erfolgreich sind – jedoch nicht in allen Ländern gleichermaßen. Aus diesem Grund werden die beiden Unternehmen ihre Geschäftsmodelle in einigen Märkten den nationalen Gegebenheiten anpassen müssen – eine Entwicklung, die sich teilweise bereits vollzogen hat: In Großbritannien und der Schweiz bietet Aldi seinen Kunden neben den klassischen preiswerten Artikeln auch Produkte aus dem Premiumsegment an und gestaltet die Warenpräsentation deutlich ansprechender als in seinen deutschen Filialen. Durch das Angebot von verzehrfertigen Produkten versucht Aldi darüber hinaus, mehr Laufkundschaft in seine Geschäfte zu locken. Lidl hat durch das Angebot von Bio- und Herstellermarkenprodukten in vielen Ländern bereits eine ähnliche Entwicklung vollzogen. Bei der Preispolitik macht sich der Wandel von Lidl zum reinen Soft-Discounter ebenfalls immer stärker bemerkbar: Während Aldi in zahlreichen Ländern nach wie vor äußerst preisaggressiv auftritt, setzt Lidl in jüngster Vergangenheit auf etwas höhere Verkaufspreise. Auch in Ländermärkten, in denen Lidl aufgrund der lokalen Besonderheiten keine Herstellermarken in seinem Sortiment führt, liegt das Preisniveau des Unternehmens über dem von Aldi. Durch die beschriebenen Entwicklungen verändern sich nicht nur die internationalen Geschäftsmodelle von Aldi und Lidl; auch die Grenze zwischen großen Supermärkten und Discountmärkten verschwimmt zunehmend. Welche Internationalisierungsstrategien die beiden Unternehmen zukünftig verfolgen werden, könnte sich bereits im Rahmen der nächsten Markteintritte zeigen. So hat Aldi im Jahr 2008 seine ersten Filialen in Griechenland, Polen und Ungarn eröffnet; aus dem griechischen Markt zog sich der Lebensmitteldiscounter jedoch bereits 2010 wieder zurück. Für die folgenden Jahre sind weitere Markteintritte durch die Gründung von Tochtergesellschaften in Rumänien und Tschechien geplant. Mittelfristig wird darüber hinaus der Eintritt in den türkischen, russischen, neuseeländischen sowie in den südafrikanischen Markt angestrebt. Und auch Lidl scheint seine internationale Präsenz ausbauen zu wollen: Im Jahr 2008 eröffnete der Discounter Filialen in Malta und Zypern, und im Frühjahr 2009 erfolgte der Markteintritt in der Schweiz. Im Jahr 2010 übernahm Lidl die Filialen des Konkurrenten Plus in Bulgarien und Rumänien und forcierte damit seine Expansion in den osteuropäischen Ländern. Außerdem möchte das Unternehmen mittelfristig in Brasilien, Mexiko, Russland und den USA mit seinen Discountmärkten vertreten sein.

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Fragen und Aufgaben 1.

In den vergangenen Jahrzehnten sind Discountmärkte – insbesondere in Deutschland und in Europa – zu einer führenden Größe innerhalb des Lebensmitteleinzelhandels aufgestiegen. a) Bitte nennen Sie die wesentlichen Charakteristika, die Lebensmitteldiscountmärkte von anderen Filialtypen des Lebensmitteleinzelhandels unterscheiden. Gehen Sie dabei auch auf die Differenzen zwischen Hard- und Softdiscountmärkten ein. b) Beschreiben Sie bitte, wie sich die Bedeutung der Discountmärkte innerhalb des Lebensmitteleinzelhandels in den letzten Jahren gewandelt hat. Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für diese Entwicklung? c) Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass Lebensmitteldiscountmärkte vor allem in Europa – und dabei insbesondere in Deutschland – erfolgreich sind?

2.

Genauso wie andere Filialtypen beziehen auch Discounter ihre Waren von unterschiedlichen Herstellern. Dabei können sowohl klassische Markenartikelhersteller als auch Hersteller von Handelsmarken, wie etwa die Dalli-Werke aus Stollberg, eine Rolle spielen. a) Bitte stellen Sie eigene Überlegungen an, um herauszufinden, welche Konsequenzen die zunehmende Bedeutung des Discountkonzepts für die klassischen Hersteller von Markenartikeln hat. b) Führen Sie bitte eigene Recherchen durch, um herauszufinden, ob Aldi und Lidl von den Herstellern unterschiedlich beurteilt werden. Suchen Sie bitte nach Gründen für eventuell von Ihnen identifizierte Differenzen in den Beurteilungen von Aldi und Lidl.

3. Handelsmarken weisen in Europa inzwischen einen hohen Marktanteil innerhalb der Lebensmitteleinzelhandelsbranche auf. Lesen Sie in diesem Zusammenhang bitte den folgenden Beitrag: Schuiling, Isabelle/Cogels, Renaud (2012): Private Label Strategies in Europe. In: Rudolph, Thomas/Schlegelmilch, Bodo B./Franch, Josep/Bauer, András/Meise, Jan N. (2012, Hrsg.): Diversity in European Marketing. Text and Cases. Gabler, Wiesbaden, 2012, S. 155-175.

a) In dem Beitrag werden unterschiedliche Typen von Handelsmarken („Private Labels“) vorgestellt. Bitte erläutern Sie, welche Typen von Handelsmarken generell existieren und in welche Kategorie die Handelsmarken von Aldi und Lidl fallen.

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Aldi und Lidl b) Innerhalb von Europa gibt es zwischen den einzelnen Ländern große Unterschiede in der Bedeutung von Handelsmarken. So weist beispielsweise Italien noch einen sehr geringen Anteil an Handelsmarken auf. Suchen Sie bitte nach Erklärungen, warum Handelsmarken in Italien keine hohe Bedeutung haben. c) Manjeshwar und Sternquist versuchen in einem Beitrag, die Internationalisierung von Handelsmarken unter Rückgriff auf Dunnings eklektisches Paradigma, die ressourcenbasierten Ansätze und institutionalistische Ansätze zu erklären. Bitte lesen Sie diesen Beitrag: Manjeshwar, Sonia/Sternquist, Brenda (2011): Private Label and International Retailing Strategy. In: Sternquist, Brenda (2011, Hrsg.): International Retailing Theory and Research. BSC Publishing, Haslett, 2011, S. 109-129.

Bitte fällen Sie Ihr eigenes Urteil darüber, für wie überzeugend Sie die Aufstellung der Propositions von Manjeshwar und Sternquist halten. 4. Bei der Wahl ausländischer Zielmärkte stehen Unternehmen verschiedene Optionen für ihre Marktpräsenzstrategie zur Verfügung. a) Bitte erläutern Sie – unabhängig vom Fall – die grundsätzlichen Arten von Marktpräsenzstrategien sowie deren Vor- und Nachteile. b) Beschreiben und vergleichen Sie bitte die Marktpräsenzstrategien von Aldi und Lidl. Worin liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Strategien der beiden Unternehmen? c) Halten Sie die Marktpräsenzstrategie von Aldi oder die Marktpräsenzstrategie von Lidl für langfristig erfolgversprechender? Bitte liefern Sie eine ausführliche Begründung für Ihre Antwort und berücksichtigen Sie dabei auch die Spezifika des Lebensmitteleinzelhandels sowie die Entwicklung der Europäischen Union. 5. Stellen Sie sich vor, Sie sind Assistent der Geschäftsleitung bei Lidl. Ihr Vorgesetzter betraut Sie mit der Aufgabe, einen Zehn-Jahres-Plan für die zukünftige Marktpräsenz-, Marktselektions- und Marktsegmentierungsstrategie des Unternehmens zu entwickeln. Bitte erstellen Sie auf Basis einer detaillierten Zielmarktanalyse eine Entscheidungsvorlage für Ihren Vorgesetzten und begründen Sie Ihre Empfehlungen.

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6. Bei ihren ausländischen Markteintritten konnten die Unternehmen Aldi und Lidl aus einer Vielzahl von Markteintrittsstrategien die präferierte Option wählen. Dennoch haben sich beide Discounter ausschließlich für Tochtergesellschaften entschieden. a) Bitte charakterisieren Sie – unabhängig vom Fall – die Markteintrittsstrategien des Exports, des Joint Ventures, der Minderheitsbeteiligung, der Tochtergesellschaft und des Franchisings. Gehen Sie dabei auch auf die situativen Bedingungen ein, unter denen sich die einzelnen Strategiealternativen besonders gut oder besonders schlecht für international expandierende Lebensmitteldiscounter eignen. b) Was könnte Ihrer Einschätzung nach der Grund dafür sein, dass sich Aldi und Lidl im Rahmen ihrer Markteintritte fast ausschließlich für Tochtergesellschaften entschieden haben? Warum sind die meisten Tochtergesellschaften Ihrer Meinung nach nicht durch Akquisitionen, sondern durch Neugründungen entstanden? c) Hätten Sie anstelle des Aldi- oder Lidl-Managements eine andere Markteintrittsstrategie gewählt? Bitte begründen Sie Ihre Antwort ausführlich. 7.

Nach dem Eintritt in einen Auslandsmarkt haben Unternehmen häufig die Möglichkeit, ihre ursprüngliche Markteintrittsstrategie zu modifizieren, z.B. indem sie eine Minderheitsbeteiligung in eine 100%-ige Tochtergesellschaft umwandeln oder vom Export zu einer Lizenzvergabe übergehen. a) Bitte suchen Sie in der Wirtschaftspresse nach Beispielen, bei denen Sie derartige Modifikationen, so genannte Switching Options, ausmachen können. Ihre Beispiele können durchaus aus anderen Branchen als der Lebensmitteleinzelhandelsbranche stammen. b) Bitte erläutern und begründen Sie, ob, unter welchen Bedingungen und in welchen Ländern eine derartige Strategieanpassung zukünftig für Aldi und/oder Lidl sinnvoll sein könnte.

8.

Die Leistungsstrategien von Aldi und Lidl zeichnen sich durch eine weitgehende internationale Standardisierung aus – wenn auch mit vereinzelten landesspezifischen Anpassungen. a) Worin sehen Sie – unabhängig vom Fall – die Vor- und Nachteile einer internationalen Standardisierungsstrategie im Vergleich zu einer internationalen Differenzierungsstrategie? Von welchen Einflussfaktoren sollten Unternehmen ihre Entscheidung hinsichtlich des Grades der internationalen Standardisierung bzw. Differenzierung abhängig machen? b) Beschreiben Sie bitte die Leistungsstrategien von Aldi und Lidl in Bezug auf die Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik. Welche möglichen Gründe sehen Sie dafür, dass Aldi und Lidl Strategien einer weitgehenden internationalen Standardisierung verfolgen?

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Aldi und Lidl c) Im Vereinigten Königreich und in der Schweiz hat Aldi jüngst damit begonnen, sein Leistungsangebot „aufzuwerten“, um seinen Ruf als „UnterschichtenDiscounter“ abzulegen. Welche Vor- und Nachteile sind Ihrer Einschätzung nach mit dieser Strategie verbunden? Würde sich diese Strategie auch für andere Ländermärkte eignen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

9.

Im Zuge ihres Auslandsengagements verfolgen Aldi und Lidl unterschiedliche länderübergreifende Timingstrategien. a) Bitte nennen und beschreiben Sie – unabhängig vom Fall – die Varianten länderübergreifender Timingstrategien. Welche Vor- und Nachteile weisen die einzelnen Strategiealternativen auf? Unter welchen situativen Bedingungen sind die Strategiealternativen besonders gut oder besonders schlecht geeignet? b) Charakterisieren und vergleichen Sie bitte die länderübergreifenden Timingstrategien von Aldi und Lidl. Worin könnten die Unterschiede in den Strategien der beiden Unternehmen begründet liegen? Bitte erläutern Sie Ihre Antworten. c) Erachten Sie die länderübergreifende Timingstrategie von Aldi oder diejenige von Lidl für langfristig erfolgversprechender?

10. Aldi und Lidl lassen sich auch im Hinblick auf ihre länderspezifischen Timingstrategien analysieren. a) Bitte nennen und beschreiben Sie – unabhängig vom Fall – die Varianten länderspezifischer Timingstrategien. Welche Vor- und Nachteile weisen die einzelnen Strategiealternativen auf? Unter welchen situativen Bedingungen sind die Strategiealternativen besonders gut oder besonders schlecht geeignet? b) Im Hinblick auf das länderspezifische Timing kann Aldi als „First- bzw. EarlyMover“ gelten, während Lidl eine Mischstrategie verfolgt. Bitte liefern Sie mögliche Gründe, warum Lidl diese Strategie gewählt hat. Gehen Sie bei Ihrer Antwort auch auf etwaige Zusammenhänge zur Marktpräsenzstrategie von Lidl ein. 11. In der Literatur zum Internationalen Management gibt es zahlreiche Theorien, die Internationalisierung zu erklären versuchen. Innerhalb dieser Theorien existieren unter anderem die Theorie des monopolistischen Vorteils und die Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens. Inwiefern können die beiden Theorien Ihrer Meinung nach dazu beitragen, die Unterschiede in den länderübergreifenden und länderspezifischen Timingstrategien von Aldi und Lidl zu erklären?

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12. Eine weitere Theorie zur Erklärung der Internationalisierung von Unternehmen stellt der Ansatz von Aharoni dar. a) Bitte fassen Sie kurz die wesentlichen Annahmen und Aussagen des Ansatzes von Aharoni zusammen. b) Hilft der Ansatz von Aharoni Ihrer Meinung nach, die Internationalisierung von Aldi und/oder Lidl zu erklären? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung. 13. Die Internationalisierung von Lidl und – noch stärker – die Internationalisierung von Aldi waren weniger das Resultat langfristiger Planungen und deliberater Strategien, sondern haben sich durchaus emergent entwickelt und waren immer wieder von „Versuch und Irrtum“ geprägt. a) Worin sehen Sie die grundsätzlichen Vor- und Nachteile eines solchen Vorgehens? b) Inwieweit könnte dieses Vorgehen für die in der Fallstudie beschriebenen Schwierigkeiten bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl verantwortlich sein? Bitte liefern Sie eine ausführliche Begründung für Ihre Antworten. 14. Im Fallstudientext wird auf einige Schwierigkeiten verwiesen, die bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl aufgetreten sind. a) Können Sie sich weitere – nicht im Text genannte – Schwierigkeiten vorstellen, mit denen Aldi und Lidl im Rahmen ihrer internationalen Expansion konfrontiert wurden? b) Bitte lesen Sie den folgenden Zeitungsausschnitt, in dem auf die Markteintritts-

und Marktbearbeitungsstrategien von Lidl in Bulgarien und Rumänien eingegangen wird: Handelsblatt, 22./23.10.2010: „EU: Lidl verzerrt Wettbewerb mit Übernahmen in Bulgarien und Rumänien“, S. 24. „Der Einstieg des Discounters Lidl beim Konkurrenten Tengelmann in Bulgarien und Rumänien stößt bei der EU auf Bedenken. Wenn Lidl wie geplant die Supermärkte der TengelmannTochter Plus in Bulgarien und Rumänien übernimmt, könnte der Konzern nach Ansicht der EUKommission den dortigen Markt beherrschen und andere Konkurrenten verdrängen. Die geplante Transaktion würde „den Wettbewerb auf dem bulgarischen und rumänischen Markt für Waren des täglichen Bedarfs erheblich beeinträchtigen“, schrieb die EU-Kommission. In beiden Ländern haben die Plus-Töchter führende Marktpositionen. Die Kommission verwies den Fall an die nationalen Behörden zurück, die nun die Auswirkungen der Übernahme prüfen sollen.“

Quelle: o.V. (2010): EU: Lidl verzerrt Wettbewerb mit Übernahmen in Bulgarien und Rumänien. In: Handelsblatt, 22./23.10.2010, S. 24. Welche alternativen Markteintrittsformen hätte Lidl wählen können, um die Wahrscheinlichkeit einer Klage durch die EU-Kommission zu verringern?

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Aldi und Lidl

15. Aus der Fallstudie wird deutlich, dass Lidl im Rahmen seiner Internationalisierung mit besonders großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. So musste das Unternehmen etwa seine geplanten Eintritte in die Märkte Estland, Lettland und Litauen verschieben, da das Umsatzpotential und die Wettbewerbsintensität in diesen Märkten zu optimistisch eingeschätzt wurden. a) Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitglied der Geschäftsführung von Lidl. Welche Konzepte und Instrumente würden Sie heranziehen, um das Umsatzpotential und die Wettbewerbsintensität in einem Land zu ermitteln? b) Bewerten Sie auf Basis eigener Recherchen die Ländermärkte Estland, Lettland und Litauen hinsichtlich der Dimensionen „Umsatzpotential“ und „Wettbewerbsintensität“. c) Gehen Sie anschließend auf die Frage ein, ob Sie Lidl auf der Basis Ihrer Recherchen zu Umsatzpotentialen und Wettbewerbsintensitäten in den nächsten zehn Jahren erneut den Eintritt in eines (oder mehrere) dieser Länder empfehlen würden. 16. Lidl hat sich im Jahr 2008 aus dem norwegischen Markt zurückgezogen. Der Austritt aus einem Auslandsmarkt stellt ein Teilphänomen der De-Internationalisierung dar. Lesen Sie in diesem Zusammenhang die folgenden Artikel:

Benito, Gabriel R.G. (1997): Divestment of Foreign Production Operations. In: Applied Economics, 29. Jg. Nr. 10, 1997, S. 1365-1377. Benito, Gabriel R.G./Welch, Lawrence S. (1997): De-Internationalization. In: Management International Review, 37. Jg. Special Issue, Nr. 2, 1997, S. 7-25.

a) Im Aufsatz von Benito (1997) werden drei theoretische Strömungen vorgestellt, die sich der Desinvestition widmen. Lassen sich die Aussagen dieser drei Strömungen Ihrer Meinung nach auch auf den Austritt von Lidl aus dem norwegischen Markt übertragen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Im Beitrag von Benito/Welch (1997) werden neben dem Marktaustritt auch andere Teilphänomene der De-Internationalisierung genannt. Bitte machen Sie sich mit diesen Teilphänomenen vertraut und erläutern Sie, ob diese in den letzten Jahren auch für Lidl eine Rolle gespielt haben könnten. Ihre Antwort kann allein auf logischen Überlegungen beruhen. Es ist nicht erforderlich, dass Sie eigene Recherchen durchführen. 17. Im Jahr 2010 hat sich Aldi aus dem griechischen Markt zurückgezogen. Lesen Sie dazu bitte den folgenden Artikel: Handelsblatt, 16.07.2010: „Aldi verlässt Griechenland“.

„Aldi streicht in Griechenland bereits nach weniger als zwei Jahren wieder die Segel. Aldi Süd beendet die Geschäftstätigkeit der 38 Filialen in Griechenland, teilte der Lebensmitteldiscounter am Freitag in Mülheim an der Ruhr auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Nach Einschätzung des Handels-Informationsunternehmens Planet Retail ist dies der erste Rückzug von

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

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Aldi überhaupt aus einem Land, in dem schon ein Filialnetz bestand. Mit mehreren Interessenten würden Gespräche über die Übernahme und Weiterführung der Geschäftstätigkeit geführt, heißt es in einer Stellungnahme von Aldi Süd zu den Plänen aus Griechenland. Aldi wollte sich nicht dazu äußern, ob der Rückzug aus Griechenland mit der Schuldenkrise in dem Land zusammenhängt. Aldi Süd wird sich nach eigenen Angaben verstärkt der Expansion in allen anderen neuen Ländern widmen, in denen das Unternehmen mit insgesamt mehr als 4.200 Filialen tätig ist. Das sind Deutschland, Österreich, Schweiz, Slowenien, Ungarn, Großbritannien, Irland, USA, Australien. Aldi Süd äußerte sich nicht dazu, ob dies der allererste Rückzug der Firmengeschichte ist. Über den Rückzug aus Griechenland hatte Planet Retail berichtet. Aldi Süd ist ein Schwesterunternehmen von Aldi Nord, die sich die Märkte im In- und Ausland aufgeteilt haben.“

Quelle: o.V. (2010): Aldi verlässt Griechenland. Internetseiten von Handelsblatt, 2010. URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handeldienstleister/ rueckzug-aldi-verlaesst-griechenland/3492242.html (Stand: 07.06.2012). a) Welche Gründe könnten Aldi zu einem Rückzug aus dem griechischen Markt bewogen haben? Bitte begründen Sie Ihre Antwort auf Basis eigener Recherchen. b) Beurteilen Sie die gegenwärtige und zukünftige Marktattraktivität Griechenlands. Sollte Aldi in den kommenden zehn Jahren den Wiedereintritt in den griechischen Markt wagen? Bitte erläutern Sie, welche Kriterien Sie für Ihre Entscheidung heranziehen. 18. Aldi Nord und Aldi Süd verfolgen nicht in allen Bereichen völlig identische Strategien. Bitte lesen Sie hierzu den folgenden Zeitungsausschnitt aus dem Handelsblatt: Handelsblatt, 17./18.02.2012: „Discounter Aldi steckt viel Geld ins Filialnetz“, S. 23.

„Der Discounter Aldi plant dem „Manager Magazin“ zufolge, mehrere Milliarden Euro im In- und Ausland zu investieren. Aldi Nord wolle in den nächsten Jahren rund drei Milliarden Euro in das Filialnetz stecken und die Geschäfte modernisieren, berichtete das Magazin am Donnerstag vorab. Auch das Sortiment solle hochwertiger werden: Aldi Nord beabsichtige, mehr Delikatessen anzubieten. Bei Aldi Süd hingegen liege der Fokus auf der internationalen Expansion, hieß es. Allerdings sollen keine neuen Länder erschlossen, sondern das Filialnetz in Märkten wie den USA oder Australien verdichtet werden. Aldi äußerte sich gestern nicht zu dem Bericht. Schon im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass Aldi Nord das größte Investitionsprogramm der Unternehmensgeschichte plant. Der Discounter betreibt rund 2.500 Filialen in Nord- und Ostdeutschland. Die Läden sollen nicht nur aufgefrischt, sondern auch flächendeckend mit Backautomaten ausgestattet werden. Bislang war aber lediglich von Investitionen im hohen dreistelligen Millionenbereich die Rede, nicht von Milliarden. Im Vergleich zu Aldi Süd sind die Filialen von Aldi Nord – beide sind rechtlich und finanziell unabhängig voneinander – weniger ansprechend. Helle und größere Läden finden sich bislang nur in Belgien, wo das neue Konzept bereits umgesetzt wurde. Auch bei Innovationen und neuen Angeboten gilt Aldi Süd als Vorreiter. Aldi Süd unterhält rund 1.790 Filialen in West- und Süddeutschland. Hinzu kommen mehr als 2.700 Läden im Ausland. Allein in den USA sind es rund 1.150, in Australien etwa 270 Geschäfte.“

Quelle: o.V. (2012): Discounter Aldi steckt viel Geld ins Filialnetz. In: Handelsblatt, 17./18.02.2012, S. 23.

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Aldi und Lidl a) Welche Vor- und Nachteile sind Ihrer Meinung nach mit den im Zeitungsausschnitt beschriebenen Strategien von Aldi Nord und Aldi Süd verbunden? b) Für welche der beiden Strategieoptionen (Aufwertung des inländischen Filialnetzes/des Warenangebots oder Erweiterung des internationalen Filialnetzes) würden Sie sich entscheiden? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. c) Aldi Süd plant, das Filialnetz in den USA und in Australien auszubauen. Neue Länder sollen hingegen nicht erschlossen werden. Welche Vor- und Nachteile hat der stärkere Ausbau des bereits existierenden internationalen Filialnetzes im Vergleich zu einer Erschließung neuer Ländermärkte?

19. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 19. April 2012 ist auf S. 15 zu lesen, was Philip Clarke, Vorstandsvorsitzender des britischen Handelskonzerns Tesco, kundgetan hat: „Die rund 2.700 Filialen in Großbritannien seien zu lange ausgequetscht worden, um das Geld für die internationale Expansion zu verdienen. … ‚Wir haben mehr rausgenommen, als wir reinsteckten, und das geht auf Dauer nicht‘, sagte der Tesco-Chef.“ (o.V. (2012): Tesco will schöner werden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.04.2012, S. 15). a) Ist die Situation von Tesco Ihrer Meinung nach mit der Situation von Aldi und Lidl vergleichbar – haben Aldi und Lidl also ebenfalls das Geschäft in Deutschland vernachlässigt und sich zu stark der internationalen Expansion gewidmet? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung. b) Informieren Sie sich bitte über das Unternehmen Tesco und finden Sie heraus, welche Probleme Tesco vor allem mit seinem Geschäft in den USA hat. Bitte versuchen Sie, diese Probleme strukturiert darzulegen. 20. Aldi und Lidl erweitern ihr Warensortiment in Deutschland – und auch in anderen Ländern – zunehmend um Produkte aus dem Bereich „Non-Food“. So bietet Aldi beispielsweise Fernreisen, Mobilfunktarife und einen Blumenlieferservice an. a) Welche Vor- und Nachteile sind Ihrer Meinung nach mit der Erweiterung des Warensortiments verbunden? b) Bevor Aldi und Lidl neue Produkte in ihr Warensortiment aufnehmen, wird der Verkaufserfolg neuer Artikel in so genannten „Testmärkten“ (wie etwa in Österreich oder Ungarn) überprüft. Welche Vorteile bietet ein derartiges Vorgehen? Welche Risiken sind damit verbunden? c) Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitglied der Geschäftsführung von Aldi. In einem Interview konfrontiert Sie ein Reporter mit der folgenden provokativen Behauptung: „Glauben Sie, dass Ihr Hard-Discount-Konzept noch zukunftsfähig ist? Ich finde, Aldi ähnelt durch die Aufnahme von Non-Food-Artikeln immer mehr dem klassischen Supermarkt.“ Wie lautet Ihre Antwort auf die Behauptung des Reporters?

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

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21. Nehmen Sie an, Sie sind Dieter Schwarz im Jahr 1973. Sie verfolgen das Ziel, Ihr Unternehmen Lidl zum international führenden Lebensmitteldiscounter zu entwickeln. a) Hätten Sie im Jahr 1973 eine andere Wettbewerbsstrategie als Dieter Schwarz gewählt? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. b) Hätten Sie – anders als Dieter Schwarz – Filialen außerhalb Europas errichtet und wären Sie Aldi dabei in die Länder USA und Australien gefolgt? Bitte liefern Sie fundierte Argumente. c) Hätten Sie die internationale Expansion von Lidl vorwiegend mit Hilfe von Fremdkapital finanziert? Bitte begründen Sie Ihre Antwort. 22. Die Internationalisierungsstrategien einzelner Handelsunternehmen weisen Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. Bitte lesen Sie hierzu die folgende Fallstudie: Swoboda, Bernhard/Olejnik, Edith (2011): International Market Selection in Retailing: Metro Cash & Carry. In: Zentes, Joachim/Swoboda, Bernhard/Morschett, Dirk (2011, Hrsg.): Fallstudien zum Internationalen Management. Grundlagen – Praxiserfahrungen – Perspektiven. 4. Aufl., Gabler, Wiesbaden, 2011, S. 329-340.

a) Inwiefern unterscheiden sich die Geschäftsmodelle von Aldi und Lidl und Metro Cash & Carry? b) Inwiefern sehen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Internationalisierungsstrategien von Aldi, Lidl und Metro Cash & Carry? c) In der Fallstudie von Swoboda/Olejnik (2011) wird erwähnt, dass Metro Cash & Carry im Jahr 2010 in den ägyptischen Markt eingetreten ist. Sollten Aldi und Lidl ebenfalls in diesem Land vertreten sein? Welche Chancen und Risiken wären für Aldi und Lidl mit einem Markteintritt in Ägypten verbunden? 23. Einige Branchenexperten vertreten die Meinung, dass die Übertragung der Geschäftsmodelle von Aldi und Lidl auf asiatische Länder mit großen Schwierigkeiten verbunden wäre. Bitte begründen Sie auf Basis eigener Recherchen, ob Sie die Einschätzung der Branchenexperten teilen. Sollten Aldi und Lidl in den kommenden Jahren in ausgewählte asiatische Länder eintreten? 24. Aldi ist in den USA zwar präsent, doch der Ländermarkt spielt – im Vergleich zu Deutschland – noch eine relativ geringe Rolle für das Unternehmen. Kürzlich hat sich auch der Harvard Business Review in dem folgenden Artikel mit dem Erfolg des aus Deutschland stammenden Discountkonzepts beschäftigt: Steenkamp, Jan-Benedict E.M./Kumar, Nirmalya (2009): Don’t Be Undersold! In: Harvard Business Review, 87. Jg., Dezember 2009, S. 91-95.

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Aldi und Lidl a) Argumentieren Sie bitte, ob und inwiefern Steenkamp/Kumar davon ausgehen, dass das Discountkonzept auch in den Vereinigten Staaten in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. b) Oftmals wurde in der Vergangenheit angenommen, dass deutsche Unternehmen mehr von US-amerikanischen Unternehmen lernen können als umgekehrt. Meinen Sie, dass traditionelle US-amerikanische Handelsunternehmen, wie z.B. Wal-Mart, auch etwas von Aldi und Lidl lernen können? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung.

25. Beschäftigt man sich mit Aldi und Lidl, so könnte man – trotz einiger in der Fallstudie dargestellter Schwierigkeiten – den Eindruck erlangen, dass das Discountkonzept insgesamt eine deutsche „Erfolgsstory“ ist. Doch auch im Discountsegment gibt es nicht nur Erfolge. a) Es ist bekannt, dass der Handelskonzern REWE große Probleme mit seiner Discountmarke Penny hat. Penny gilt als stark defizitär, und im Zuge von Restrukturierungen mussten in Deutschland sogar zahlreiche Penny-Märkte geschlossen werden. Bitte führen Sie eigene Recherchen durch und stellen Sie dar, welche Probleme der REWE-Konzern mit Penny in der Vergangenheit hatte und bis heute hat. b) Penny-Märkte gibt es auch in Österreich, Ungarn, Tschechien, Italien, Bulgarien und Rumänien. Branchenkennern zufolge ist das Auslandsgeschäft von Penny erfolgreicher als das Inlandsgeschäft. Bitte führen Sie auf Basis eigener Recherchen eine SWOT-Analyse für Penny Deutschland sowie für zwei weitere Ländermärkte durch, in denen Penny vertreten ist. Machen Sie sich dabei bewusst, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zwischen Ländern gibt. Sie können dazu auch den folgenden Beitrag zur Vertiefung heranziehen: Schmid, Stefan (2011): Strategische Analysen und ihre Bedeutung im Kontext der Internationalisierung. In: Puck, Jonas F./Leitl, Christoph (2011, Hrsg.): Außenhandel im Wandel. Festschrift zum 60. Geburtstag von Reinhard Moser. Physika, Berlin, Heidelberg, 2011, S. 153-174.

c) Nehmen Sie an, REWE-Chef Alain Caparros bittet Sie, aus der von Ihnen durchgeführten internationalen SWOT-Analyse Schlussfolgerungen zu ziehen. Welche strategischen Implikationen würden Sie aus der von Ihnen durchgeführten SWOT-Analyse für Penny ableiten? d) In manchen Unternehmen ist es in den letzten Jahren nicht nur zu einer Internationalisierung der Geschäftsaktivitäten, sondern auch zu einer Internationalisierung des Top-Managements gekommen. Im Falle von REWE – der Muttergesellschaft von Penny – ist das Vorstandsteam um Alain Caparros ebenfalls zu einem gewissen Grad international. Nachfolgend finden Sie eine Formel, mit deren Hilfe sich die Internationalität eines Top-Management-Teams anhand von vier Dimensionen ermitteln lässt:

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

INT = n Fi Ei Wi Ai

= = = = =

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§ 1 n ª 1 §¨ 1 · § 1 · § 1 · ·¸º ¸¸ + ¨¨1 − ¸¸ + ¨¨1 − ¸¸ » * ¦ « ¨ Fi + ¨¨1 − ¸ n i =1 «¬ 4 © © E i + 1 ¹ © W i + 1 ¹ © Ai + 1 ¹ ¹»¼

Gesamtzahl der Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder eines Unternehmens Nationalität von Person i (0 für Deutschland; 1 für Ausland) Anzahl der im Ausland verbrachten Ausbildungsjahre von Person i Anzahl der im Ausland verbrachten Berufsjahre von Person i Anzahl der Mandate bei Unternehmen im Ausland von Person i

Quelle: Schmid, Stefan/Daniel, Andrea (2007): Die Internationalität der Vorstände und Aufsichtsräte in Deutschland. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, 2007, S. 14. Berechnen Sie bitte auf Basis eigener Recherchen den so genannten Internationalitätsindex für das Vorstandsteam von REWE. 26. In der wissenschaftlichen und der praxisorientierten Literatur werden zahlreiche Führungsstile unterschieden, die in Unternehmen existieren. a) Bitte führen Sie eigene Recherchen durch, um den von Theodor und Karl Albrecht praktizierten Führungsstil zu identifizieren und zu charakterisieren. Sie können beispielsweise folgende Quellen heranziehen: Brandes, Dieter (1999): Konsequent einfach. Die ALDI-Erfolgsstory. 4. Aufl., Campus, Frankfurt/Main, 1999.

Brandes, Dieter (2006): Die 11 Geheimnisse des ALDI-Erfolgs. Piper, München, 2006. Fedtke, Eberhard (2012): ALDI Geschichten. Ein Gesellschafter erinnert sich. NWB, Herne, 2012.

Es wird kontrovers diskutiert, ob Führungsstile kulturgebunden oder kulturfrei sind. Wie die folgende Abbildung zeigt, kommt die GLOBE-Studie zu dem Schluss, dass der „charismatische“ Führungsstil in allen Ländern sehr geschätzt wird. Wie erklären Sie es sich, dass Aldi über Ländergrenzen hinweg Erfolg hat, obwohl der Führungsstil von Theodor und Karl Albrecht nicht als charismatisch bezeichnet werden kann? Bitte begründen Sie Ihre Aussagen ausführlich.

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Aldi und Lidl Charismatisch

Teamorientiert

Partizipativ

Human- AutonomieDefensiv orientiert orientiert

Angelsächsischer Raum

6,05

5,74

5,73

5,08

3,82

3,08

Germanisches Europa

5,93

5,62

5,86

4,71

4,16

3,03

Romanisches Europa

5,78

5,73

5,37

4,45

3,66

3,19

Nordeuropa

5,93

5,77

5,75

4,42

3,94

2,72

Osteuropa

5,74

5,88

5,08

4,76

4,20

3,67

Lateinamerika

5,99

5,96

5,42

4,85

3,51

3,62

Konfuzianisches Asien

5,63

5,61

4,99

5,04

4,04

3,72

Südasien

5,97

5,86

5,06

5,38

3,99

3,83

Naher Osten

5,35

5,47

4,97

4,80

3,68

3,79

Schwarzafrika

5,79

5,70

5,31

5,16

3,63

3,55

Alle Werte liegen auf einer Skala von 1 (sehr nachteilig für eine erfolgreiche Führung) bis 7 (sehr vorteilhaft für eine erfolgreiche Führung) und stellen arithmetische Mittel über zahlreiche Länder innerhalb des jeweiligen Kulturkreises dar.

Quelle: Schmid, Stefan/Kotulla, Thomas (2010): Die GLOBE-Studie: Kultur und erfolgreiches Leadership in Zeiten der Globalisierung. In: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 39. Jg., Nr. 2, 2010, S. 65.

27. In einem Vortrag hat der ehemalige Aldi-Manager Dieter Brandes betont, dass die Unternehmenskultur von Aldi seiner Meinung nach wesentlich mit dem Erfolg von Aldi zusammenhängt. a) Bitte definieren Sie, was man allgemein unter „Unternehmenskultur“ versteht, und versuchen Sie, die Unternehmenskultur von Aldi zu beschreiben. b) Nehmen Sie zum eingangs genannten Statement von Dieter Brandes Stellung, indem Sie aufzeigen, welche Zusammenhänge Sie zwischen der Unternehmenskultur und dem Erfolg von Aldi sehen. 28. Aldi und Lidl haben durch die Gründung ihrer Tochtergesellschaften im Ausland Direktinvestitionen vorgenommen. a) Bitte erläutern Sie unabhängig vom Fall, wie sich Direktinvestitionen von Portfolioinvestitionen abgrenzen. b) John H. Dunning unterscheidet zwischen unterschiedlichen Motiven, die Direktinvestitionen zugrunde liegen können. Erläutern Sie bitte, welche dieser Direktinvestitionsmotive Ihrer Meinung nach bei der Internationalisierung von Aldi und Lidl relevant waren bzw. sind. c) Direktinvestitionen ziehen bekanntlich so genannten Intra-Firmen-Handel nach sich. Kommt es Ihrer Meinung nach bei Aldi und Lidl auch zum grenzüberschreitenden Intra-Firmen-Handel? Falls ja, so erläutern Sie bitte, welche Konstellationen des Intra-Firmen-Handels Sie sich bei Aldi und Lidl vorstellen können. Falls nein, so begründen Sie bitte, warum Ihrer Meinung nach im Falle von Aldi und Lidl grenzüberschreitender Intra-Firmen-Handel nicht relevant ist.

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

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29. Es existieren zahlreiche Möglichkeiten, ein Unternehmen hinsichtlich seiner Internationalität darzustellen. Nachstehend sehen Sie das Internationalisierungsporträt von Siemens: Das „Internationalisierungsporträt“ des Siemens-Konzerns

Der Siemens-Konzern generierte im Geschäftsjahr 2009 einen Umsatz von ungefähr 76,7 Mrd. € (fortgeführte Aktivitäten). Davon wurden 11,5 Mrd. € oder rund 15% im Inland erzielt; mehr als 65 Mrd. € oder etwa 85% wurden im Ausland erwirtschaftet. Vom Auslandsumsatz stammen etwa 31,8 Mrd. € aus der Region „Europa (außer Deutschland), GUS, Afrika, Naher und Mittlerer Osten“, 20,8 Mrd. € aus Amerika und 12,6 Mrd. € aus dem asiatisch-pazifischen Raum. Weltweit wies der Konzern einen Gewinn aus fortgeführten Aktivitäten vor Ertragssteuern von rund 3,9 Mrd. € aus. Davon entfielen Ertragssteueraufwendungen von 269 Mio. € (ca. 18%) auf Deutschland und mehr als 1,2 Mrd. € (ca. 82%) auf das Ausland. Der Auftragseingang von Siemens belief sich im Jahr 2009 auf 79 Mrd. €, wobei der Auslandsanteil mit 66,7 Mrd. € bzw. ca. 84% zu Buche schlägt. Dies deutet darauf hin, dass das Auslandsgeschäft auch in den kommenden Jahren für Siemens eine große Bedeutung haben wird. Die zentrale Rolle des Auslandsgeschäfts unterstreicht auch die Existenz von mehr als 250 ausländischen Produktions-Tochtergesellschaften. Siemens ist in über 190 Ländern präsent und beschäftigte im Geschäftsjahr 2009 insgesamt 405.000 Mitarbeiter (fortgeführte Aktivitäten). Davon waren mehr als 275.000 bzw. 68% im Ausland beschäftigt – etwa 113.000 Mitarbeiter in der Region „Europa, GUS, Afrika, Naher und Mittlerer Osten“, 93.000 Mitarbeiter in Amerika und 69.000 im asiatisch-pazifischen Raum. Unter den Beschäftigten finden sich nur wenige Entsandte; die meisten Mitarbeiter im Ausland haben also keinen deutschen Pass. Im Geschäftsjahr 2009 investierte Siemens rund 3,9 Mrd. € in Forschung und Entwicklung für neue Energie-, Industrie- und Gesundheitslösungen. Mit 176 F&E-Einrichtungen in mehr als 30 Ländern – nur sieben davon befinden sich in Deutschland – unterhält der Konzern ein weltweites Innovationsnetzwerk. Von den langfristigen Vermögenswerten in Höhe von insgesamt rund 32,2 Mrd. € befanden sich zum Bilanzstichtag am 30. September 2009 7,5 Mrd. € (ca. 23%) in Deutschland und 24,7 Mrd. € (ca. 77%) im Ausland. Auch das Aktienkapital der Siemens AG ist breit gestreut. Einer aktuellen Erhebung zufolge liegt der Anteil ausländischer Aktionäre am Eigenkapital bei etwa 58% – im Vergleich zu lediglich 38% im Jahr 1993. Ungefähr 16% werden gemäß Aktienbuch in Großbritannien und Irland gehalten, 27% entfallen auf Kontinentaleuropa und ca. 16% auf die USA. Weniger als 1% des Aktienkapitals stammt aus weiteren Ländern (z.B. Asien, Südamerika). In manchen Märkten der Welt gehören die Tochtergesellschaften von Siemens zu den größten Unternehmen des Landes. In den USA ist Siemens mit inzwischen etwa 64.000 Mitarbeitern an mehr als 100 Standorten in allen Bundesstaaten ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor und auch ein bedeutender Wettbewerber für nationale Unternehmen. Für Siemens sind die Vereinigten Staaten seit Jahren weltweit der bedeutendste Markt, da hier mit rund 15,6 Mrd. € ein deutlich höherer Umsatz erzielt wird als im Mutterland Deutschland.

Quelle: o.V. (1998): Siemens in Amerika auf Wachstumskurs. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.1998, S. 27; http://w1.siemens.com (Stand: 01.05.2010); http://w1.siemens.com/press/pool/de/homepage/the_company_2010.pdf (Stand: 01.05.2010); Kutschker, Michael/Schmid, Stefan (2011): Internationales Management. 7. Aufl., Oldenbourg, München, 2011, S. 243-244.

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Aldi und Lidl a) Nutzen Sie die Angaben aus der Fallstudie, um so genannte Internationalisierungsporträts von Aldi und von Lidl zu erstellen. Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede erkennen Sie? b) Führen Sie zusätzliche Recherchen durch, um zu überprüfen, ob Sie die Internationalisierungsporträts von Aldi und Lidl durch weitere Informationen ergänzen können. c) Woran könnte es Ihrer Meinung nach liegen, dass zu Siemens deutlich mehr Informationen hinsichtlich der Internationalität verfügbar sind als zu Aldi und zu Lidl? Begründen Sie bitte Ihre Auffassung.

30. Grenzüberschreitende Unternehmen können sehr unterschiedliche Orientierungen aufweisen; sie können ethnozentrisch, polyzentrisch, regiozentrisch oder geozentrisch ausgerichtet sein. a) Analysiert man Aldi und Lidl genauer, so erkennt man trotz der fortgeschrittenen Internationalisierung bei beiden Unternehmen noch immer stark ethnozentrische Züge. Bitte suchen Sie nach Faktoren, die eine Dominanz der ethnozentrischen Orientierung bei Aldi und Lidl begründen könnten. b) Würden Sie es persönlich als vorteilhaft ansehen, wenn Aldi und Lidl in den nächsten zehn bis 15 Jahren eine geozentrische Orientierung im Sinne Perlmutters anstreben würden? Bitte begründen Sie Ihre Meinung ausführlich. 31. Aldi und die Schwarz-Gruppe, zu der auch Lidl gehört, sind zwei der vielen – für die deutsche Wirtschaft typischen – Familienunternehmen, die im Laufe der Zeit sowohl im Inland als auch im Ausland stark expandierten. Weitere prominente Beispiele stellen Bertelsmann, Braun-Melsungen, die Schaeffler-Gruppe oder Würth dar. a) Bitte charakterisieren Sie anhand einiger selbstgewählter Kriterien, wie sich Familienunternehmen von familienunabhängigen, an der Börse notierten Aktiengesellschaften unterscheiden (können). b) Brun-Hagen Hennerkes, Rechtsanwalt und Berater vieler deutscher Familienunternehmen, tätigte in einem Interview, das er anlässlich des Todes von Theo Albrecht im Jahr 2010 im Spiegel gab, unter anderem die folgenden Aussagen über Familienunternehmen: Der Spiegel, 28.07.2010: „Nach dem Tod Theo Albrechts. Mehr Kreativität, mehr Flexibilität, mehr Mut“. „… Viele [Familienunternehmen] geben sich mit geringeren Renditen zufrieden als zum Beispiel börsennotierte Unternehmen. Es fehlt schlicht der Druck durch die Anteilseigner für echte Veränderungen. Das kann wichtige Anpassungen und Innovationen ausbremsen. Es gibt aber auch Faktoren, die in Krisenzeiten eindeutig für Familienunternehmen sprechen. Viele Familienkonzerne haben sehr solide Zahlenwerke. Gewinne werden hier allein schon aus steuerlichen Gründen – bilanziell nicht sichtbar – eher in Firmenwerte investiert als bei börsennotierten Konzernen. Viele inhabergeführte Firmen sind also besser und stabiler als ihr Ruf. Und das ist gerade in einem schwierigen Umfeld ein Ausweis von Stärke. Außerdem planen Familienunternehmer viel langfristiger als angestellte Manager. Ein Konzern kann davon profitieren, wenn er

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sich die Strategie nicht allein auf den schnellen Gewinn fokussiert. …“ Prof. Dr. Dr. h.c. Brun-Hagen Hennerkes, Rechtsanwalt und Seniorpartner, Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz.

Quelle: Sucher, Jörn (2010): Nach dem Tod Theo Albrechts. Mehr Kreativität, mehr Flexibilität, mehr Mut. Internetseiten von „Der Spiegel“, 2010. URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/nach-dem-tod-theo -albrechts-mehr-kreativitaet-mehr-flexibilitaet-mehr-mut-a-708968.html (Stand: 07.06.2012). Was halten Sie von den Aussagen Hennerkes‘? Welche Vorteile und welche Nachteile könnten Familienunternehmen im Rahmen ihrer Internationalisierung aufweisen? Arbeiten Sie bitte einige potentiell positive Konsequenzen und einige potentielle Problembereiche heraus. c) Nehmen Sie an, Sie sollen im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit (Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertationsschrift) Unterschiede zwischen den familiengeführten Unternehmen Aldi und Lidl einerseits sowie genossenschaftlich organisierten Unternehmen (wie z.B. Edeka) andererseits untersuchen und dabei analysieren, wie sich diese Unterschiede auf die Internationalisierungsstrategien der Unternehmen auswirken. Bitte beschäftigen Sie sich mit Literatur zum wissenschaftlichen Arbeiten sowie mit Literatur zu unterschiedlichen Forschungsmethoden und geben Sie anschließend einen kurzen Überblick, welches Vorgehen Sie wählen würden. Sie können gerne weitere Annahmen treffen, die Sie im Rahmen Ihrer Antwort artikulieren sollten. 32. Discountkonzepten wie denen von Aldi und Lidl wird zuweilen der Vorwurf gemacht, zwar für Verbraucher günstige Preise anzubieten, gleichzeitig aber andere Stakeholder inadäquat zu behandeln. So wurde in den Medien u.a. darüber berichtet, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Lidl bespitzelt worden seien und dass Lidl seine Lieferanten unfair behandle. a) Bitte geben Sie – weitgehend unabhängig vom Fall – einen Überblick darüber, welche Erwartungen unterschiedliche Stakeholdergruppen (wie z.B. Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Banken, Gemeinden, Staat) üblicherweise an einen Lebensmitteldiscounter stellen. b) Ist Ihrer Meinung nach bei den Lebensmitteldiscountern Aldi und Lidl der Kunde tatsächlich der primäre Stakeholder, dessen Interessen stärker berücksichtigt werden als die der anderen Stakeholder? Bitte begründen Sie Ihre Aussage. c) In der Fallstudie werden einige Probleme geschildert, die die Discounter Aldi und Lidl mit unterschiedlichen Stakeholdergruppen im Ausland hatten. Warum, denken Sie, kam bzw. kommt es je nach Ländermarkt zu unterschiedlichen Problemen mit den Stakeholdern?

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Aldi und Lidl

33. Im Jahr 2012 wurde öffentlich bekannt, dass ein Bestechungsskandal die Nr. 1 des Lebensmitteleinzelhandels, Wal-Mart, betroffen hatte. Das rasante Wachstum von Wal-Mart im Ausland und dabei insbesondere in Mexiko wurde offenbar über „Schmiergelder“ vorangetrieben. Lesen Sie hierzu bitte den folgenden Ausschnitt aus dem Handelsblatt: Handelsblatt, 23.04.2012: „Bestechungsskandal erschüttert Wal-Mart“, S. 33.

„Der Einzelhandelsriese beflügelte sein Mexiko-Geschäft mit Schmiergeld in Millionenhöhe. Statt die Sache aufzuklären, unterdrückte die Konzernspitze die Affäre. Mexiko gilt als das Erfolgsmodell bei Wal-Mart. Die größte Einzelhandelskette der Welt umwirbt Investoren gerne mit ihrem rasanten Wachstum in dem Land der Tacos und Tequilas: Jeder fünfte der insgesamt 10.130 Läden in 27 Ländern steht in Mexiko. Was der US-Konzern aber bislang nicht sagte: Das rasante Wachstum beflügelte Wal-Mart nach Informationen der „New York Times“ mit insgesamt 24 Millionen Dollar Schmiergeld. Das Geld gab der Konzern aus, um rasch an Baugenehmigungen für seine Riesenläden zu kommen. Am Samstag bestätigte das Unternehmen, seit 2005 von den „weit verbreiteten Bestechungen“ in Mexiko gewusst zu haben. Was auf den ersten Blick wie eine regionale Bestechungsaffäre wirken könnte, wiegt tatsächlich weitaus schwerer. Bereits vor vielen Jahren wiesen konzerninterne Ermittler auf die kriminelle Entwicklung bei der Einzelhandelskette hin – der Fall wurde aber von der Konzernspitze vertuscht. So sollen laut New York Times unter Anweisung von Mexiko-Chef Eduardo Castro-Wright die Bestechungsgelder geflossen sein. Als Castro-Wright 2002 die Führung des Mexiko-Geschäfts übernahm, setzte er laut dem ehemaligen Wal-Mart-Manager Sergio Cicero „sehr aggressive Wachstumsziele“, die nur mit Neueröffnungen „im Rekordtempo“ zu erfüllen waren. Die Schmiergelder waren für Castro-Wright laut Cicero ein legitimes Mittel zum Zweck, das Wachstum anzutreiben – damit die Konkurrenz nicht mithalten könne. 2004 stieg der Umsatz von Wal-Mex um elf Prozent auf 12,5 Milliarden Dollar, in der Welt des Einzelhandels eine erstaunliche Expansion. Im September 2005 meldete ein Rechtsanwalt von Wal-Mart Mexiko die Sache nach Bentonville, dem Konzernsitz von Wal-Mart. Eine interne Untersuchung unter Führung eines früheren FBIAgenten deutete auf schwerwiegende Verfehlungen hin. Nicht nur wurden Millionen Dollar bezahlt, lange Zeit vertuschte die mexikanische Geschäftsführung die Sache. Und damit nicht genug: Anstatt diese Entwicklung zu unterbinden, reagierte die Konzernführung in Amerika ähnlich – und vertuschte ebenfalls. In einem Briefing tadelte der frühere Vorstandschef Lee Scott die interne Polizeitruppe als „zu aggressiv“. Die weitere Aufklärung wurde danach in die Hände des Chefjuristen von Wal-Mart in Mexiko gelegt – der laut Untersuchungsbericht die Bestechungsgelder genehmigt hatte. Da überraschte es wenig, dass der Vorfall zu den Akten gelegt wurde. Castro-Wright machte Karriere im Unternehmen. Vorstandschef Scott holte ihn in die USA und lobte ihn als Vorbild, denn Wal-Mart müsse „schneller besser werden“. Zuerst erhielt Castro-Wright 2005 die Schlüsselrolle des US-Chefs für die Wal-Mart-Geschäfte, 2008 stieg er zum Vice-Chairman des Konzerns auf. Diese Position ist einer der wichtigsten Posten im globalen Einzelhandelsgeschäft. Eine Zeit lang galt Castro-Wright als Anwärter auf den Chefposten, allerdings erhielt der Amerikaner Mike Duke 2009 den Zuschlag. Castro-Wright wuchs in Ekuador mit acht Geschwistern in der Familie des bekanntesten Supermarkt-Gründers des Landes auf. „Wenn man in einer großen Familie aufwächst, lernt man schnell, was Leute motiviert“, sagte Castro-Wright vor Jahren dem US-Wirtschaftsmagazin Fortune. „Das hilft einem später im Geschäftsleben.“ Allerdings sollten dabei besser nur Mittel eingesetzt werden, die erlaubt sind.“

Quelle: Jahn, Thomas (2012): Bestechungsskandal erschüttert Wal-Mart. In: Handelsblatt, 23.04.2012, S. 33. a) Bitte recherchieren Sie, wann Wal-Mart in den mexikanischen Markt eingetreten ist und wie Wal-Mart im Zeitablauf im mexikanischen Markt gewachsen ist. Fassen Sie Ihre Ergebnisse sowohl verbal als auch graphisch zusammen.

Zwei deutsche Discounter auf Expansionskurs

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b) Nehmen Sie an, Aldi und Lidl überlegen ebenfalls, mit ihrem Discountmodell in den mexikanischen Markt einzutreten. Bitte führen Sie eine Branchenanalyse des mexikanischen Lebensmitteleinzelhandelsmarktes durch. Nutzen Sie hierzu die von Michael Porter entwickelte „Five-Forces-Analyse“. Ergänzen Sie Ihre Branchenanalyse durch eine brancheninterne Strukturanalyse des mexikanischen Marktes, um darauf aufbauend eine Empfehlung auszusprechen, ob Aldi und/oder Lidl in den mexikanischen Markt eintreten sollten. c) Informieren Sie sich bitte über die Praxis von Schmiergeldzahlungen in Mexiko. Würden Sie auf Basis Ihrer Recherchen Aldi und/oder Lidl empfehlen, bei einem eventuellen Markteintritt in Mexiko ähnlich wie Wal-Mart Schmiergelder zu zahlen, um schneller an Baugenehmigungen zu kommen oder andere Prozesse zu beschleunigen? Bitte begründen Sie Ihre Meinung ausführlich. 34. Zuweilen wird Aldi und Lidl der Vorwurf gemacht, sich bei Eigenmarken zu stark an die Originale anzulehnen. Lesen Sie hierzu den folgenden Ausschnitt aus dem Handelsblatt: Handelsblatt, 26.04.2012: „Plagiate: Einige schaffen es sogar ins Museum“, S. 20-21.

„Seit sieben Jahren bewirbt der Lebensmittelkonzern Dr. Oetker seinen Kinderpudding „Paula“ mit großen Kampagnen. Ende vergangenen Jahres brachte der Discounter Aldi Süd ein ähnliches Produkt auf den Markt: „Flecki“, ebenfalls ein Kinderpudding, ebenfalls mit prägnanten Schokound Vanilleflecken, ebenfalls mit einer lustigen Kuh auf dem Deckel. Dr. Oetker zog vor Gericht – und unterlag. Das Düsseldorfer Landgericht schlug sich auf die Seite des Handelsriesen. Die Begründung: Das Aldi-Produkt halte in seiner gesamten Gestaltung ausreichend Distanz zu seinem Konkurrenten. So werde die Oetker-Verpackung von „Paula“, einer Sonnenbrille tragenden Kuh, dominiert, die „Coolness“ ausstrahle. „Flecki“ dagegen sei mit einer weißen, eher mageren Kuh bebildert, die – vor der Kulisse eines Bauernhofs – vom Rand her ins Bild schaue.“

Quelle: o.V. (2012): Plagiate: Einige schaffen es sogar ins Museum. In: Handelsblatt, 26.04.2012, S. 20-21. a) Weltweit gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was man unter einem Plagiat versteht. Welche der Ihnen bekannten Kulturdimensionen – etwa von Kluckhohn/Strodtbeck, von Hall/Hall, von Hofstede, von Trompenaars oder aus der GLOBE-Studie – könnten Ihrer Meinung nach Zusammenhänge zu Fragen des Plagiats aufweisen? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung. b) Die Frage des Plagiats stellt sich nicht nur bei einzelnen Produkten, sondern auch bei übergreifenden Geschäftsmodellen. Handelt es sich Ihrer Ansicht nach beim Geschäftsmodell von Lidl um ein direktes Plagiat des Geschäftsmodells von Aldi? Erläutern Sie bitte Ihre Auffassung.

Arçelik Durch Export zum „Weißen Riesen“

Prof. Dr. Stefan Schmid und Dipl.-Kfm. Ruben Dost, MBA (INCAE)

Stefan Schmid und Ruben Dost Arçelik: Durch Export zum „Weißen Riesen“

Arçelik, eine Tochtergesellschaft der türkischen Koç Holding, ist zu einem der größten Hersteller für Haushaltsgroßgeräte („Weiße Waren“) aufgestiegen. Während Arçelik in der Türkei schon seit längerer Zeit Marktführer ist, konnten in den letzten Jahren auch ausländische Märkte erfolgreich erobert werden – insbesondere in Westeuropa. Die vorliegende Fallstudie stellt die Internationalisierung Arçeliks dar. Dabei wird deutlich, dass Arçeliks Wachstum vor allem auf eine konsequente Exportstrategie zurückgeht. Auch in Zeiten der so genannten Globalisierung spielt Export also eine Rolle: Anders als es zuweilen in den Medien (und auch manchmal in der wissenschaftlichen Literatur) den Anschein hat – die Expansion wird nicht nur über spektakuläre Akquisitionen oder Fusionen sowie Kooperationen vorangetrieben. Die vorliegende Fallstudie betrachtet Arçeliks Strategie nicht isoliert, sondern bettet diese in den Branchenkontext ein. Sie zeigt auf, wie die Nr. 10 der „White Goods Industry“ expandiert. Die vorliegende Intensivfallstudie wurde von den Autoren auf der Basis der am Ende des Textes angegebenen Quellen verfasst. Es handelt sich nicht um einen fiktiven, sondern um einen primär für didaktische Zwecke erstellten realen Fall, der selbstverständlich Interpretationen der Autoren enthalten kann, die von Unternehmensinformationen abweichen. Die Arbeiten zu dieser Fallstudie wurden im September 2010 abgeschlossen. Der vorliegende Text basiert dabei auf folgender früher erschienener Veröffentlichung: Schmid, Stefan/Dost, Ruben (2010): Export als zentrale Internationalisierungsstrategie – Der Fall des türkischen Unternehmens Arçelik. Working Paper Nr. 55, ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin, November 2010.

582

Arçelik

Inhaltsverzeichnis der Fallstudie 1 Der Markt für „Weiße Ware“ .................................................................................. 583 1.1 Der weltweite Markt für „Weiße Ware“............................................................. 583 1.2 Der europäische Markt für „Weiße Ware“ ........................................................ 588 2 Die Wettbewerber im Markt für „Weiße Ware“ .................................................... 590 2.1 Die wichtigsten Wettbewerber ......................................................................... 590 2.2 Die Konzentration im Wettbewerb ................................................................... 592 2.3 Die regionalen Schwerpunkte der Wettbewerber ............................................ 594 3 Das Unternehmen Arçelik ..................................................................................... 596 4 Die Internationalisierungsstrategie Arçeliks ....................................................... 600 4.1 Der Beginn der Exporttätigkeiten ..................................................................... 600 4.2 Der Aufbau von Vertriebsgesellschaften ......................................................... 603 4.3 Die Akquisition von Wettbewerbern ................................................................. 608 4.4 Weitere Internationalisierungsschritte.............................................................. 615 5 Ausblick .................................................................................................................. 618



Durch Export zum „Weißen Riesen“

1

583

Der Markt für „Weiße Ware“

1.1 Der weltweite Markt für „Weiße Ware“ Haushaltsgroßgeräte zählen inzwischen zur Standardausstattung vieler Haushalte – nicht nur in der westlichen Welt. Die Kategorie der Haushaltsgroßgeräte – oftmals auch synonym als Kategorie der „Weißen Ware“ bezeichnet – beinhaltet Kühl-/Gefriergeräte, Waschmaschinen und Wäschetrockner, Geschirrspülmaschinen sowie Kochgeräte (Elektro- und Gasherde).1 Weltweit werden pro Jahr ca. 370 Mio. Einheiten verkauft, was einem Wert von ca. 120 Mrd. € entspricht. In Abbildung 1 wird aufgezeigt, wie sich der Weltmarkt sowohl im Hinblick auf die verkauften Einheiten als auch im Hinblick auf deren Wert regional aufteilt.

Verkaufte Einheiten 2008 (in Mio. Stück) (in Mio. Einheiten) Verkaufte Haushaltsgroßgeräte

Asien/Pazifik 153,8 (42%)

Westeuropa 82,9 (22%)

Wert der verkauften Haushaltsgroßgeräte (in Mrd. €) Wert der verkauften Einheiten 2008 (in Mrd. Euro)

Westeuropa 36,7 (30%)

Asien/Pazifik 29,9 (25%)

Osteuropa 24,5 (7%)

Australasien 2,2 (2%)

Nordamerika 54,2 (15%)

Lateinamerika 13,7 (11%)

Osteuropa 8,8 (7%) Naher Osten/ Afrika 13,7 (4%)

Lateinamerika 36,4 (10%)

Australasien 4,2 (1%)

Nordamerika 25,9 (21%)

Naher Osten/ Afrika 3,9 (3%)

Stand 2008.

Abb. 1: Der Weltmarkt für „Weiße Ware“ nach Regionen Quelle: Daten aus Euromonitor (2009a).

1

Eine einheitliche Abgrenzung des Begriffes der Haushaltsgroßgeräte existiert nicht; neben den oben genannten Geräten werden insbesondere Mikrowellengeräte zuweilen noch den Haushaltsgroßgeräten zugerechnet. Im Rahmen dieser Fallstudie sind Mikrowellengeräte jedoch – soweit nicht anders angegeben – nicht Bestandteil der Haushaltsgroßgeräte, sondern werden zu den Haushaltskleingeräten gerechnet.

584

Arçelik

Was lässt sich aus Abbildung 1 herauskristallisieren? Während die Region Asien/Pazifik inzwischen die meisten verkauften Einheiten auf sich vereint, ist für die Hersteller wertmäßig Westeuropa immer noch die wichtigste Absatzregion in der Welt.2 Den größten mengenmäßigen Anteil der verkauften Haushaltsgroßgeräte stellen Kochgeräte dar, gefolgt von Waschmaschinen/Wäschetrocknern sowie Kühl-/Gefriergeräten. Wertmäßig ist das Segment der Kühl-/Gefriergeräte das umsatzstärkste Segment, Kochgeräte und Waschmaschinen/Wäschetrockner belegen die Plätze zwei und drei. Geschirrspülmaschinen spielen weltweit sowohl mengen- als auch wertmäßig nur eine untergeordnete Rolle. Dies kommt auch in Abbildung 2 zum Ausdruck.

Verkaufte Einheiten 2008 (in(in Mio.Mio. Stück) Einheiten) Verkaufte Haushaltsgroßgeräte

Kochgeräte 134,0 (36%)

Kühl-/ Gefriergeräte 104,4 (28%)

der verkauften Haushaltsgroßgeräte Einheiten 2008 (in Mrd. Euro) Wert der Wert verkauften (in Mrd. €)

Kochgeräte 34,1 (28%)

Kühl-/ Gefriergeräte 44,6 (37%)

Geschirrspülmaschinen 8,7 (7%) Geschirrspülmaschinen 19,5 (5%)

Waschmaschinen/ Wäschetrockner 111,7 (30%)

Waschmaschinen/ Wäschetrockner 33,7 (28%)

Stand 2008.

Abb. 2: Der Weltmarkt für „Weiße Ware“ nach Warengruppen Quelle: Daten aus Euromonitor (2009a). In den letzten Jahren ergab sich in fast allen Regionen der Welt ein allgemeiner Preisverfall.3 Dieser Preisverfall traf vor allem die Hersteller, die mit ihren Haushaltsgroßgeräten im unteren Preissegment vertreten sind; jedoch sind auch Hersteller im mittleren und oberen Preissegment davon nicht ausgenommen. Insgesamt wurden in den letzten

2

3

Die in dieser Fallstudie vorgenommene Unterscheidung zwischen West- und Osteuropa lehnt sich an die Einteilung von Euromonitor an. Dabei zählen zu Westeuropa die Länder westlich des ehemaligen „Eisernen Vorhanges“, d.h. Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien und die Türkei. Zu Osteuropa gehören Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn und Weißrussland. Für die weiteren, hier nicht genannten Länder Europas sind bei Euromonitor keine Daten verfügbar. Da das im Fokus dieser Fallstudie stehende Unternehmen Arçelik neben der Türkei hauptsächlich den europäischen Markt bearbeitet, haben wir uns in diesem Abschnitt für eine Betrachtung der Preisentwicklung auf Euro-Basis entschieden, auch wenn dies natürlich nicht unkritisch ist und bei der Interpretation der Daten berücksichtigt werden sollte.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

585

Jahren zwar kontinuierlich mehr Haushaltsgroßgeräte abgesetzt, der durchschnittliche Euro-Verkaufspreis pro Gerät nahm jedoch ab. Abbildung 3 zeichnet die durchschnittliche Entwicklung der Verkaufspreise über die letzten fünf Jahre hinweg nach – sowohl differenziert nach den wichtigsten Kategorien von Haushaltsgroßgeräten als auch differenziert nach Regionen. Darüber hinaus findet sich im Anhang dieser Veröffentlichung eine detaillierte Übersicht zur Entwicklung des Marktes für Haushaltsgroßgeräte während der letzten fünf Jahre. Preisentwicklung in % +30

+20

+10

0

-10

-20

-30

-40

Welt

Asien/Pazifik Australasien Lateinamerika Naher Osten/ Nordamerika Afrika

Kühl-/Gefriergeräte

Waschmaschinen/Wäschetrockner

Osteuropa

Geschirrspülmaschinen

Westeuropa

Kochgeräte

Abb. 3: Durchschnittliche Preisentwicklung für Haushaltsgroßgeräte zwischen den Jahren 2003 und 20084 Quelle: Daten aus Euromonitor (2009a). Hilfreich für das Verständnis des Marktes für „Weiße Ware“ sind Kenntnisse über Unterschiede im Kaufverhalten. In Ländern mit geringerem Durchschnittseinkommen achten viele Käufer eher auf einen günstigen Kaufpreis, in Ländern mit höherem Durchschnittseinkommen sind inzwischen Faktoren wie das Design der Geräte, eine komfortable Bedienung und verschiedene Zusatzproduktmerkmale (wie z.B. Höhenverstellung der Einsätze bei Geschirrspülmaschinen) immer wichtiger geworden. Ein Anstieg der Haushaltseinkommen führt auch dazu, dass Haushaltsgroßgeräte oftmals von Verbrauchern gegen höherwertige Geräte ausgetauscht werden – und dies selbst dann, wenn bisheri-

4

Die berechnete Preisentwicklung bezieht sich auf die durchschnittlich erzielten – nicht inflationsbereinigten – Endverbraucherpreise des Jahres 2008 im Vergleich zu denjenigen im Jahr 2003 in Euro. Zur Berechnung der Preisentwicklung wurden die Daten aus Anhang 1 herangezogen. Die berechnete Preisentwicklung wird von Währungsschwankungen beeinflusst; bei einer Betrachtung auf Basis der Endverbraucherpreise in US-Dollar war für den gleichen Zeitraum eine durchschnittliche – ebenfalls nicht inflationsbereinigte – Preissteigerung von etwa 30% zu beobachten (vgl. Euromonitor 2009a).

586

Arçelik

ge Geräte noch funktionsfähig sind. Ferner ist eine gewisse Rangfolge beim Kauf von Haushaltsgroßgeräten zu beobachten: Koch- und Kühl-/Gefriergeräte zählen – gerade in Regionen mit geringem Durchschnittseinkommen – eher zur Grundausstattung von Haushalten, während Waschmaschinen und insbesondere Geschirrspülmaschinen sowie Wäschetrockner zu den Haushaltsgroßgeräten gehören, die später angeschafft werden. Nur in Ländern mit höherem bzw. sehr hohem Durchschnittseinkommen zählen auch diese Geräte mittlerweile zur Standardausstattung vieler Haushalte. Soziodemographische Faktoren spielen im Markt eine besondere Rolle. So hat beispielsweise der Anteil der berufstätigen Frauen – insbesondere in industrialisierten Gesellschaften – einen Einfluss auf die Nachfrage; ein hoher Anteil berufstätiger Frauen erhöht dort insbesondere die Nachfrage nach solchen Produkten, die noch nicht zur Standardausstattung der Haushalte gehören, aber den Alltag weiter erleichtern können, wie Geschirrspülmaschinen und Wäschetrockner. Der Anteil der älteren Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung ist für Hersteller ebenfalls relevant; in klassischen Industrieländern, vor allem in Europa, ist deren Nachfrage nach Haushaltsgroßgeräten wichtig, da durchaus – zumindest in frühen Rentenjahren – eine Tendenz zum Konsum (statt zum Sparen) festzustellen ist. In den meisten Ländern wirkt sich ferner die wachsende Anzahl der Singlehaushalte positiv auf die Nachfrage in den meisten Gerätekategorien aus. Als weitere wichtige Einflussfaktoren für die Nachfrage nach Haushaltsgroßgeräten gelten die Entwicklung des Wohnungsneubaus, die Entwicklung des Preisniveaus von Rohstoffen sowie ein wachsendes Umweltbewusstsein der Verbraucher. Diese Entwicklung wird auch durch die Gesetzgebung in manchen Regionen, etwa innerhalb der Europäischen Union, verstärkt: Um den Energieverbrauch für den Kunden beim Kauf transparent zu machen, müssen seit 1998 alle in der Europäischen Union verkauften Haushaltsgroßgeräte mit dem so genannten „EU-Label“ gekennzeichnet werden. Dieses Label teilt Haushaltsgroßgeräte in sieben Energieeffizienzklassen – von A bis G – ein: Ein Gerät der Klasse A ist besonders sparsam, während ein Gerät der Klasse G sehr viel Strom verbraucht. Das jährliche Einsparpotential für einen Vier-Personen-Haushalt, der mit den neuesten Haushaltsgroßgeräten ausgestattet ist, zeigt Abbildung 4. Für besonders sparsame Haushaltsgroßgeräte, die den Stromverbrauch von Geräten der Klasse A um bis zu 20% bzw. 40% unterschreiten, wurden im Jahr 2003 zusätzlich die Klassen A+ bzw. A++ eingeführt. Mittlerweile gibt es bereits Geräte der Klasse A+++, die den Stromverbrauch um mehr als 50% gegenüber Geräten der Klasse A verringern. Heute weisen ca. 95% der in Europa verkauften Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen und Kühl-/Gefriergeräte mindestens die Energieeffizienzklasse A auf; bei Kochgeräten ist der Anteil noch geringer und liegt bei etwa 60%. Haushaltsgroßgeräte der vorteilhaftesten Energieeffizienzklassen A++ und A+++ haben in Europa bislang einen Marktanteil von weniger als 4%. Viele Kunden zögern (noch?), pro Gerät ca. 150 bis 200 € mehr zu investieren, da sich die Zusatzkosten erst innerhalb von etwa acht Jahren über die dann erzielten Einsparungen amortisieren.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

587

Kosten in €

197

200

-59%

150 133 -47%

100

105

95

93 80

71

-58%

-21%

83

-42%

55 50

0

39

1998

2008

Kühl-/Gefriergerät

1998

2008

Waschmaschine

1998

2008

Wäschetrockner

jährliche Kosten für Stromverbrauch

1998

2008

Geschirrspülmaschine

1998

2008

Elektroherd

jährliche Kosten für Wasserverbrauch

Abb. 4: Einsparpotential neuer Haushaltsgroßgeräte im Vergleich zu zehn Jahre alten Geräten Quelle: Daten aus Dena (2008) sowie GfK (2008). Fragen der Energieeffizienz sind allerdings zum heutigen Zeitpunkt nicht überall auf der Welt von gleicher Relevanz. So ist zwar von einer weltweit steigenden Sensibilität für Umweltfragen auszugehen, insbesondere aber in Regionen mit niedrigen Haushaltseinkommen – etwa in weiten Teilen des asiatisch-pazifischen Raums sowie in Lateinamerika – wird beim Kauf von Haushaltsgroßgeräten weniger Wert auf Energieeffizienz gelegt als etwa in Westeuropa und Nordamerika, da sehr sparsame Geräte in der Anschaffung teurer sind. Dennoch ist auch hier eine differenzierte Betrachtung wichtig. So legte zum Beispiel die Regierung Brasiliens großen Wert darauf, dass die Bürger ihren Stromverbrauch reduzieren. Auslöser dafür war eine Energiekrise im Jahr 2001, die – neben fehlenden Investitionen in das Stromnetz und neue Kraftwerke – insbesondere durch nicht ausreichend gefallene Niederschläge bedingt war. Da Brasilien seinen Strombedarf zu etwa 90-95% durch Wasserkraft deckt und die fehlenden Niederschläge zu einem Absinken des Wasserspiegels der Stauseen führte, herrschte Stromknappheit. An diesem Beispiel ist zu sehen, dass nicht nur das verfügbare Haushaltseinkommen, sondern auch andere Faktoren zu einer gesteigerten Nachfrage an effizienteren Geräten führen können. Die Kundenpräferenzen und Produktanforderungen in den einzelnen geographischen Regionen unterscheiden sich. So werden zum Beispiel in Nordamerika vermehrt große, so genannte Side-by-Side-Kühl-/Gefriergeräte (Kühlschränke mit zwei nebeneinander liegenden Türen, die oftmals auch ein Gefrierfach, einen Eiswürfelbereiter und einen Trinkwasserspender beinhalten) nachgefragt. Dagegen werden etwa in Osteuropa

588

Arçelik

platzsparende kleinere Kühl-/Gefrierkombinationsgeräte präferiert. In China werden in der Regel drei, in Japan gar fünf Türen in Kühl-/Gefriergeräten gewünscht. In manchen Ländern wird Wert darauf gelegt, dass das Gefrierfach oben im Kühlschrank eingebaut ist (z.B. Großbritannien), während in anderen Ländern das Gefrierfach eher unten im Gerät platziert sein soll (z.B. Türkei). Ein weiteres Beispiel bezüglich verschiedener Vorlieben bei Haushaltsgroßgeräten stammt aus der Kategorie der Waschmaschinen: „Frontlader“ (die Wäsche wird von vorn in die Waschmaschine gefüllt) sind der bevorzugte Waschmaschinentyp in Europa, während sich in Lateinamerika und Asien „Toplader“ (die Wäsche wird von oben in die Waschmaschine gefüllt) größerer Beliebtheit erfreuen. Dabei sind Frontlader zwar die technisch aufwendigeren und teureren Maschinen, erzielen aber bessere Waschergebnisse und haben einen geringeren Wasserverbrauch. Bei den Kochgeräten differieren die Kundenpräferenzen ebenfalls. Während in vielen europäischen Küchen eher die klassische Kochstelle – auf Elektro- oder Gasbasis – benutzt wird, favorisieren englische Haushalte den Backofen (und legen dabei oftmals Wert auf eine hochwertige Ausstattung). In chinesischen Küchen gibt es in der Regel gar keine Backöfen. Stattdessen sind zur Nahrungszubereitung spezielle Kochstellen wichtig, die zum einen zur Aufnahme des traditionellen Kochgeschirrs im asiatischen Raum – des Woks – geeignet sind und zum anderen auch eine höhere Leistung als herkömmliche Elektro- oder Gasherde aufweisen, um ein schnelles Garen der Speisen zu ermöglichen. Aufgrund der geschilderten Unterschiede verfolgen viele Haushaltsgroßgerätehersteller eine so genannte Plattformstrategie, bei der – aufbauend auf einer einheitlichen Plattform – verschiedene Komponenten eingesetzt und somit unterschiedliche Produktvariationen in großer Stückzahl kostengünstig hergestellt werden können. Durch eine derartige Komponentenlösung kann auf technische Besonderheiten reagiert werden, die in bestimmten Ländermärkten erforderlich sein mögen – zum Beispiel eine unterschiedliche elektrische Spannung oder verschiedene Systeme der Wasserzuleitung für Waschund Geschirrspülmaschinen.

1.2 Der europäische Markt für „Weiße Ware“ Wenden wir uns nun noch kurz dem europäischen Markt zu und betrachten dabei Westeuropa und Osteuropa separat; dies wird – wie noch zu sehen sein wird – helfen, die Strategie des Unternehmens Arçelik besser zu verstehen. Von den weltweit insgesamt 370 Millionen Einheiten werden jährlich ca. 107 Millionen Einheiten in Europa verkauft. Wie sich die Einheiten auf West- und Osteuropa verteilen und welche Rolle dabei einzelne Länder spielen, kann dem Überblick in Abbildung 5 entnommen werden. Generell ist zu beobachten, dass die durchschnittlich erzielbaren Verkaufspreise für alle Kategorien – Kühl-/Gefriergeräte, Waschmaschinen und Wäschetrockner, Geschirrspülmaschi-

Durch Export zum „Weißen Riesen“

589

nen sowie Kochgeräte – in Osteuropa (immer noch) etwas niedriger als in Westeuropa liegen. Aufgrund der relativ starken Marktsättigung liegt das für die nächsten fünf Jahre zu erwartende jährliche wertmäßige Wachstum des westeuropäischen Haushaltsgroßgerätemarktes bei ca. 2,5%. Insbesondere Kochgeräte, Kühl-/Gefriergeräte und Waschmaschinen sind in den westeuropäischen Haushalten sehr verbreitet, während Wäschetrockner und Geschirrspülmaschinen noch eine geringere Marktpenetration und somit stärkere Wachstumspotentiale aufweisen. Der osteuropäische Haushaltsgroßgerätemarkt ist insgesamt weniger stark gesättigt. Die für die nächsten fünf Jahre von Experten erwartete jährliche Wachstumsrate des osteuropäischen Marktes für Haushaltsgroßgeräte beträgt ca. 10%. Sie ist stark vom russischen Markt abhängig, der – wie Abbildung 5 ebenfalls verdeutlicht – wertmäßig mehr als die Hälfte des osteuropäischen Marktes für „Weiße Ware“ ausmacht. Mengen- und wertmäßige Verteilung nach Gerätetypen Westeuropa Verkaufte Geräte (in Tsd. Einheiten)

Osteuropa Wert (in Mio. €)

Verkaufte Geräte (in Tsd. Einheiten)

Wert (in Mio. €)

Kühl-/Gefriergeräte

22.774,1

10.295,3

8.321,8

3.236,5

Waschmaschinen/ Wäschetrockner

23.796,5

10.919,8

8.870,9

3.252,5

8.862,3

4.648,3

720,8

324,3

Kochgeräte

27.470,5

10.822,6

6.563,1

2.014,1

Gesamt

82.903,4

36.686,0

24.476,6

8.827,4

Geschirrspülmaschinen

Wertmäßige geographische Verteilung Westeuropa Dänemark 2% Belgien 2%

Griechenland 2%

Portugal 2%

andere 5%

Osteuropa

Deutschland 19%

Norwegen 2% Schweden 3% Niederlande 4%

Frankreich 16%

Slowakei 3%

Bulgarien 2%

andere 7%

Rumänien 4% Ungarn 5% Tschechische Republik 6%

Russland 54%

Spanien 7%

Polen 19%

Türkei 9% Italien 11%

Großbritannien 16%

Stand 2008.

Abb. 5: Überblick über den europäischen Markt für Haushaltsgroßgeräte Quelle: Daten aus Euromonitor (2009a).

590

2

Arçelik

Die Wettbewerber im Markt für „Weiße Ware“

2.1 Die wichtigsten Wettbewerber Zu den wichtigsten Unternehmen der Haushaltsgroßgerätebranche gehören heute • der Marktführer Whirlpool aus den USA (mit Marken wie Whirlpool, Maytag und Bauknecht), • Electrolux aus Schweden (mit Marken wie Electrolux, Zanussi und AEG-Electrolux), • Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) aus Deutschland (mit Marken wie Bosch, Siemens, Neff, Constructa und Profilo), • die Haushaltsgroßgerätesparte von General Electric aus den USA (mit Marken wie GE, GE Monogram und GE Profile) sowie • Indesit aus Italien (mit den Marken Indesit, Hotpoint-Ariston und Scholtès). Diese fünf Wettbewerber, die nun noch genauer charakterisiert werden, dominieren den Weltmarkt: (1) Whirlpool: Das Unternehmen Whirlpool wurde im Jahre 1911 als „Upton Machine Co.“ zur Produktion von Waschmaschinen gegründet. Heute – ca. 100 Jahre später – ist Whirlpool mit einem Volumenanteil von 11% aller verkauften Haushaltsgroßgeräte der Weltmarktführer in jeder der einzelnen Warenkategorien. Den Sprung zum Weltmarktführer schaffte das Unternehmen im Jahre 2006 durch die Übernahme des USamerikanischen Wettbewerbers Maytag. Whirlpool erzielt den größten Teil seines Umsatzes in Nord- (57%) und Lateinamerika (19%) sowie in Westeuropa (16%); inzwischen expandiert Whirlpool aber auch verstärkt nach Indien und China. Seine Haushaltsgroßgeräte vertreibt das Unternehmen weltweit unter dem Markennamen Whirlpool; daneben nutzt es noch regional verschiedene Markennamen, etwa Maytag insbesondere in Nordamerika, Brastemp und Consul in Lateinamerika sowie Bauknecht in Westeuropa. Whirlpool ist vorrangig im mittleren und hohen Preissegment vertreten. Den größten Teil seiner Geräte produziert Whirlpool in den USA und in Mexiko, hat jedoch auch eine ganze Reihe an weiteren Produktionsstätten, unter anderem in Deutschland und in China. (2) Electrolux: Electrolux ist ein schwedisches Unternehmen, das unter dem Namen Elektromekaniska im Jahr 1910 zur Produktion von Staubsaugern gegründet wurde. Im Jahr 1923 erweiterte Electrolux sein Sortiment und begann mit der Produktion von Kühlschränken, 1951 kamen Waschmaschinen und 1959 Geschirrspülmaschinen dazu. Heute bietet Electrolux Haushaltsgroßgeräte aller Kategorien sowie Staubsauger an. Electrolux ist vor allem in Westeuropa und Nordamerika vertreten. In diesen beiden Regionen werden ca. zwei Drittel der gesamten Umsätze erzielt. Das Unternehmen

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591

bietet seine Geräte insbesondere im höheren Preissegment unter der global verwendeten Marke Electrolux an. Daneben werden in verschiedenen Regionen noch weitere Marken genutzt, zum Beispiel Frigidaire im unteren Preissegment in den USA oder aber Zanussi für das untere sowie AEG-Electrolux für das mittlere bis hohe Preissegment in Europa. Seit dem Jahr 2004 hat Electrolux seine Produktion radikal umgebaut: Mittlerweile werden mehr als 60% der Haushaltsgroßgeräte in Niedriglohnländern hergestellt. Geschlossen wurden dafür mehrere Produktionsstätten in Schweden, Deutschland, Dänemark, Großbritannien und Australien; neue Produktionsstätten wurden in Polen, Ungarn, Mexiko, China und Thailand errichtet. (3) Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH): Das dritte Unternehmen, Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH), stellt ein im Jahre 1967 geschlossenes Joint-Venture zur Produktion von Haushaltsgroßgeräten zwischen der Siemens AG und der Robert Bosch GmbH dar, die beide jeweils einen Anteil von 50% an dem Unternehmen halten. Das Unternehmen BSH steht in dem Ruf, innovative, zuverlässige und technisch überlegene Haushaltsgroßgeräte zu produzieren, und hat sich dadurch im höheren Preissegment positionieren können. BSH nutzt weltweit die Marken Bosch und Siemens als die beiden Hauptmarken im gehobenen Preissegment. Daneben werden zum Beispiel die Marken Neff (insbesondere Einbaugeräte), Gaggenau (Höchstpreissegment) und Constructa (unteres Preissegment) verwendet. Als Folge verschiedener Akquisitionen von Wettbewerbern besitzt BSH ferner noch mehrere Regionalmarken, zum Beispiel Profilo und Coldex. BSH erzielt 70% seines Umsatzes in Westeuropa – davon allein 20% in Deutschland – sowie weitere 10% in Osteuropa. BSH gilt als Marktführer in Deutschland und Westeuropa. Das Unternehmen produziert den größten Teil seiner Haushaltsgroßgeräte in Europa, hauptsächlich in Deutschland und der Türkei, aber auch in Spanien, Russland, Polen, Italien und Griechenland. Daneben hat BSH Produktionsstätten in China, Thailand, Peru und in den USA. Eine Produktionsstätte in Brasilien wurde im Jahr 2009 an den mexikanischen Haushaltsgroßgerätehersteller Mabe veräußert. Etwa 35% aller Mitarbeiter von BSH sind in Deutschland sowie weitere 28% in Westeuropa beschäftigt. (4) Indesit: Indesit aus Italien ist das vierte große Unternehmen im globalen Haushaltsgroßgerätemarkt. Es wurde im Jahre 1930 als Industrie Merloni zur Produktion von Waagen gegründet und stellte später auch Warmwasserbereiter her. Im Jahr 1975 wurde die Haushaltsgerätesparte ausgegründet und trug zwischenzeitlich den Namen Merloni Elettrodomestici. Im Jahr 1987 akquirierte Merloni seinen Wettbewerber Indesit, unter dessen Namen das Unternehmen seit 2005 firmiert. Indesit verkauft seine Geräte insbesondere unter den Marken Indesit, Hotpoint-Ariston und Scholtès. Die Platzierung der Marken erscheint manchen Branchenbeobachtern etwas unklar – die Marke Indesit richtet sich nach Unternehmensangaben an eher junge Konsumenten, die Marke Hotpoint-Ariston an moderne Familien. Indesit ist – zumindest in Deutschland – im unteren Preissegment angesiedelt, Hotpoint-Ariston im mittleren Preissegment. Die Positionierung der Marke Scholtès wird klarer vorgenommen: Scholtès ist im Hochpreissegment

592

Arçelik

positioniert. Indesit erzielt 59% seiner Umsätze in Westeuropa – davon etwa 12% in Italien – sowie weitere 33% in Osteuropa, wo das Unternehmen Marktführer ist. Indesit produziert den Großteil seiner Geräte in Italien, besitzt aber weitere Produktionsstätten in Großbritannien, Polen, Russland und der Türkei. (5) General Electric: Als letztes wird nun noch kurz auf die Haushaltsgerätesparte von General Electric (GE) eingegangen. General Electric wurde im Jahr 1892 in New York gegründet und stellt seit dem Jahr 1907 Haushaltsgroßgeräte her. Im Jahr 2008 erzielte die Haushaltsgerätesparte von GE einen Anteil von 6,4% am Gesamtumsatz und 1,4% am Gesamtgewinn von GE. Das Unternehmen verkauft seine Haushaltsgroßgeräte unter den Marken GE Monogram, GE Profile, GE Café und GE. GE Monogram ist dabei im Hochpreissegment positioniert, die anderen Marken im mittleren Preissegment. GE Profile soll insbesondere durch ein modernes Design überzeugen; unter der Marke GE Café werden Geräte angeboten, die vom Design denjenigen in einem Restaurant ähneln. Produkte der Marke GE sollen zeitlose Eleganz ausstrahlen. Ungefähr 85% seiner Geräte setzt GE in Nordamerika ab, wo das Unternehmen einen Marktanteil von etwa 20% hält. Weitere 11% der Geräte werden in Lateinamerika verkauft. In den anderen Regionen ist GE bisher kaum präsent. GE produziert seine Geräte hauptsächlich in seinem so genannten „Appliance Park“ in Louisville/USA sowie in Mexiko.

2.2 Die Konzentration im Wettbewerb Die Haushaltsgroßgerätebranche gilt nach der kontinuierlichen Konsolidierung in den letzten Jahrzehnten inzwischen als relativ stark konzentriert und weist oligopolistische Tendenzen auf. Gerade in den 1980er und 1990er Jahren reduzierte sich beispielsweise die Anzahl der europäischen Haushaltsgroßgerätehersteller drastisch. Existierten im Jahr 1982 noch 350 eigenständige Hersteller in Europa, so waren es im Jahr 1992 noch 100 und im Jahr 1998 noch 15 Unternehmen. Eine Übersicht über die wichtigsten Unternehmenszusammenschlüsse und -übernahmen, die zeigt, wie die fünf größten Unternehmen während der letzten fünf Jahrzehnte gewachsen sind, bietet Abbildung 6. Selbst diese Abbildung kann aber nur einen Anhaltspunkt für die zahlreichen Übernahmen geben: So hat beispielsweise allein Electrolux in den vergangenen 35 Jahren mehr als 450 Unternehmen übernommen – einhergehend mit einer Multiplizierung seiner Marken und Produktionsstätten. Insgesamt führte die Konsolidierung bei genauer Betrachtung nicht zu wahrhaft globalen Unternehmen, sondern eher zur Entstehung von Marktführern auf regionaler Ebene. So erzielen – wie später noch zu sehen sein wird – die größten Unternehmen der Branche in der Regel die meisten Umsätze in ihren jeweiligen Heimatmärkten bzw. -regionen und sind mit wenigen Ausnahmen nicht global erfolgreich. Dieser Trend zur Regionalisierung

Durch Export zum „Weißen Riesen“

593

zeichnete sich übrigens bereits seit den 1980er Jahren ab, während derer sich europäische Hersteller auf den europäischen Markt beschränkten und sich amerikanische Hersteller aus Europa zurückzogen, um sich auf ihren Heimatmarkt zu konzentrieren. Zeitraum 1955 - 1960

1960 - 1965

1965 - 1970

1970 - 1975

1975 - 1980

1980 - 1985

1985 - 1990

KitchenAid/Roper/RCA/Seeger/Aspera

1990 - 1995

1995 - 2000

2000 - 2008

Whirlpool Whirlpool

Kelvinator/Vitromatic SA Naricissus/Brasmotor/Multibras Ignis

Philips Philips

Whirlpool

Iberna/Bauknecht

Whirlpool

Hardwick Stove US/Jenn-Air US

Maytag Maytag

Magic Chef, US/Hoover, UK

Maytag

Amana

Raytheon Polar SA

Witter/Linde/ Zanker/BBC

AEG-Linde-BBC

Becchi/Triple/Castor

Zanussi

Tappan/Therma/Husqvarna/Tricity UK

Electrolux Electrolux

Electrolux

AlpenInox/Domar/Thorn EMI/Design & Man USA/Alfatec/White Consolidated Inc

Electrolux

Refrigeração Parana/Email Ltd./Voltas Siemens/Bosch

BSH BSH Pitsos S.A.

BSH BSH

Neff BSH Continental/Refrigeração Parana SA/Yangzi BSH pro Elektrikli Gerec Ufesa/Eval/Masco Corp

BSH GEC Hotpoint

TI Group Uk

GE GE

Creda UK/Modosa/Godrej & Boyce/Mabe/DAKO SA/Philacor

GE

Honeywell Merloni/Smeg/Scholtès/Colston UK

Merloni Merloni

Indesit

Philco/Indesit

Abb. 6: Die wichtigsten Zusammenschlüsse und Übernahmen im Haushaltsgroßgerätemarkt in den letzten 50 Jahren Quelle: Carr/Liu (2009), aktualisiert mit Daten von Liu (2005), S. 67 und BSH (2009).

594

Arçelik

Die fünf führenden Unternehmen produzieren heute ca. 30% aller weltweit verkauften Haushaltsgroßgeräte und erzielen mit fast 44 Mrd. € 37% der Umsätze im weltweiten Haushaltsgroßgerätemarkt.

2.3 Die regionalen Schwerpunkte der Wettbewerber Abbildung 7 führt die geographische Verteilung der Umsätze der größten Wettbewerber auf. Zum Vergleich wird in Abbildung 7 auch das Unternehmen Arçelik, welches im Fokus der weiteren Ausführungen der vorliegenden Fallstudie steht, integriert; Arçelik gilt hinsichtlich des Umsatzes zur Zeit als Nummer 10 auf dem Weltmarkt. Somit wird an dieser Stelle deutlich, dass sich zwischen Indesit – mit ca. 3,2 Mrd. € Umsatz pro Jahr Nummer 5 – und Arçelik – mit 2,2 Mrd. € Umsatz pro Jahr Nummer 10 – zahlreiche Wettbewerber, die allesamt aus dem asiatischen Raum stammen, „tummeln“ (Haier, LG (früher Lucky Goldstar), Panasonic und Samsung) und um Marktanteile kämpfen. Umsatz (Mrd. €)

Unternehmen

Westeuropa

2,1

Whirlpool

6,1

BSH 0

Nordamerika

0,6

3,6

Electrolux

GE

Osteuropa

1,8

Arçelik

1,7

1,0 0,3

1,1

3,4 0,5

0,3 6,8

0

Indesit

2,4

7,3

1,1 0,9

Lateinamerika

0,9

Rest/Nicht näher erläutert

Asien/Pazifik

0,4 1,0

0 0,8

Gesamt

12,9 10,9

0,1

8,8

0

0,3

8,0

0,8

0

0

0

0,3

0

0

0,1

0,1

3,2 2,2

Stand 2008. Umsätze enthalten aufgrund der unterschiedlichen Segmentdefinitionen der Unternehmen teilweise auch Umsätze mit weiteren Haushaltsgeräten (z.B. Mikrowellen- und Klimageräte). Das von GE ausgewiesene Segment „Consumer & Industrial“ enthält neben Umsätzen mit Haushaltsgroß- und Haushaltskleingeräten auch Umsätze mit Leuchtmitteln und Produkten zur Stromübertragung.

Abb. 7: Haushaltsgroßgeräteumsätze der weltweit führenden Unternehmen im Vergleich zu Arçelik5 Quelle: Unternehmensangaben, erweitert um Schätzungen basierend auf Euromonitor (2009a).

5

In Abbildung 7 werden – auf Grundlage von Unternehmensangaben – die wertmäßigen Marktanteile referiert. Abbildung 8 präsentiert – basierend auf Angaben des Marktforschungsunternehmens Euromonitor – die mengenmäßigen Marktanteile. Der Bereich der Haushaltsgroßgeräte wird von den verschiedenen Wettbewerbern unterschiedlich definiert; insbesondere sind zum Teil auch kleine Haushaltsgeräte enthalten. Eine derartige Definition wählt auch Euromonitor. Aus diesem Grund geben die beiden Abbildungen zwar eine ähnliche Tendenz wieder, sind jedoch vor allem hinsichtlich der Rangfolge und der Abstände zwischen den Wettbewerbern nicht völlig kompatibel.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

595

Nicht nur jedes der fünf größten Unternehmen der Haushaltsgroßgerätebranche erzielt den größten Teil seines Umsatzes in seiner Heimatregion. Ähnliches gilt für die großen asiatischen Hersteller, d.h. für Haier aus China, LG und Samsung aus Korea sowie Panasonic aus Japan, die jeweils zwischen 50% und 75% ihrer Geräte in ihrer Heimatregion absetzen. Abbildung 8 gibt einen Überblick der Marktanteile der fünf umsatzstärksten Hersteller von Haushaltsgroßgeräten in den verschiedenen Regionen; wiederum werden im Vergleich dazu auch die Daten zu Arçelik präsentiert. Asien/ Pazifik

Australasien

Osteuropa

Lateinamerika

Naher Osten/ Afrika

Nordamerika

Westeuropa

Welt

Whirlpool

1,5%

3,7%

6,1%

26,6%

10,5%

25,5%

7,0%

9,7%

Electrolux

1,6%

22,3%

13,5%

11,7%

5,4%

8,0%

11,9%

7,1%

BSH

1,5%

2,3%

8,8%

3,2%

6,9%

0,9%

17,7%

5,9%

Indesit

0,5%

0,5%

20,9%

0,2%

1,7%

0,0%

8,7%

3,7%

GE

0,2%

0,1%

0,0%

4,3%

0,0%

19,2%

0,0%

3,5%

Arçelik

0,4%

0,0%

7,7%

0,0%

5,8%

0,0%

8,4%

2,8%

Stand 2008. Die Marktanteile basieren auf die Anzahl der verkauften Geräte, hier einschließlich Mikrowellengeräte.

Abb. 8: Marktanteile der weltweit führenden Unternehmen der Haushaltsgroßgeräteindustrie in einzelnen Regionen bzw. der Welt im Vergleich zu Arçelik Quelle: Daten aus Euromonitor (2009a). Neben den bisher bereits genannten Herstellern sind in Westeuropa – einem der beiden Hauptmärkte Arçeliks – insbesondere noch das spanische Unternehmen Fagor, das italienische Unternehmen Candy sowie das deutsche Unternehmen Miele tätig; diese besitzen zusammen einen Marktanteil von etwa 10%. In Osteuropa spielen regionale Hersteller eine untergeordnete Rolle. Unter den 15 in Osteuropa umsatzstärksten Unternehmen finden sich lediglich zwei lokale Unternehmen: Amica Wronki aus Polen und Atlant aus Weißrussland, die im osteuropäischen Raum zusammen einen Marktanteil von ca. 5% aufweisen. Generell hat sich bei jedem der fünf weltweit dominanten Haushaltsgroßgerätehersteller, deren Heimatbasis die Vereinigten Staaten bzw. Westeuropa ist, ein Trend zur Produktionsverlagerung in Niedriglohnländer ergeben. Und selbst für die Fabriken, die sich (noch) in Hochlohnländern befinden, werden in der Regel zahlreiche Komponenten aus Niedriglohnländern bezogen. Daneben verfolgen die Hersteller – wie bereits erwähnt – eine Plattformstrategie, um effizient und kostengünstig große Stückzahlen zu produzieren, die Produkte gleichzeitig jedoch auch an lokale Wünsche und Gegebenheiten anpassen zu können.

596

3

Arçelik

Das Unternehmen Arçelik

Arçelik wurde 1955 von Vehbi Koç als Unternehmen zur Produktion von Büromöbeln aus Metall gegründet.6 Es erfolgte jedoch sehr schnell ein Wechsel hin zur Produktion von Haushaltsgroßgeräten („Weißer Ware“). Im Jahr 1959 wurde von Arçelik die erste Waschmaschine, im Jahr 1960 der erste Kühlschrank in der Türkei gefertigt. Dabei wurden die Waschmaschinen unter belgischer Lizenz produziert; die Kühlschränke wurden mit Komponenten aus Israel montiert, die von dem Unternehmen Amcor geliefert wurden. In den Jahren 1959 bzw. 1960 konnte Arçelik insgesamt etwa 2.000 Waschmaschinen bzw. 1.500 Kühlschränke absetzen – bei einer damaligen Bevölkerung von 28 Millionen Menschen in der Türkei. Arçelik profitierte ab 1963 von einer in der Türkei eingeführten Politik der Importsubstitution: Durch hohe Zölle und nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen wurde der Import von Haushaltsgroßgeräten aus anderen Ländern erschwert. Somit konnte Arçelik gleichsam ohne Druck ausländischer Wettbewerber seine Produktion aufbauen und den türkischen Markt bedienen. Bereits im Jahre 1965 fertigte Arçelik etwa 75% aller benötigten Komponenten selbst. Später nutzte Arçelik für die Inlandsproduktion Lizenzvereinbarungen mit GE sowie Bosch und Siemens Hausgeräte. Bedingung für diese Verträge war, dass Arçelik im Ausland keine ähnlichen Produkte unter eigenem Markennamen verkaufen durfte. Zu Beginn der 1980er Jahre änderte die Türkei die Politik der Importsubstitution und förderte den Export von Waren und Dienstleistungen. Durch den Abbau von Handelshemmnissen und durch eine mit der Europäischen Union vereinbarte und 1996 in Kraft tretende Zollunion verstärkte sich der Wettbewerb des bis dato vom Weltmarkt weitgehend „abgeschotteten“ Unternehmens Arçelik mit ausländischen Konkurrenten. Die Zollunion erlaubte europäischen Wettbewerbern, ihre Waren ab dem Jahr 1996 gänzlich ohne Zollbeschränkungen in die Türkei einzuführen und dort zu einem dann günstigeren Preis zu verkaufen. Die Einfuhrzölle für Haushaltsgroßgeräte betrugen im Jahr 1992 noch etwa 40% für Kühl-/Gefriergeräte und Waschmaschinen, etwa 50% für Geschirrspülmaschinen und etwa 55% für Kochgeräte. Sie wurden ab dem Jahr 1992 stufenweise reduziert und zum 1. Januar 1996 dann gänzlich abgeschafft. Dies zwang Arçelik dazu, seine Produktionsanlagen zu modernisieren, um kostengünstiger zu pro-

6

Vgl. Koç (2007). Das Unternehmen Arçelik wurde im Jahre 1963 mit anderen von Vehbi Koç gegründeten Unternehmen unter dem Dach der Koç Holding zusammengefasst. Die Koç Holding gilt als das größte Unternehmen der Türkei und belegt Platz 172 der umsatzstärksten Unternehmen der Welt (vgl. Fortune 2009). Wichtigste Geschäftsbereiche der Koç Holding sind die Segmente „Energie“ (Vertrieb von Erdgas, Stromerzeugung, Betrieb von Erdölraffinerien), „Automotive“ (Produktion von PKW und Nutzfahrzeugen), „Haushaltsgeräte“ (Haushaltsgroßgeräte und Unterhaltungselektronik – in diesem Bereich ist die Koç Holding über seine Tochtergesellschaft Arçelik involviert), „Finance“ (Bankdienstleistungen) und „Andere“ (u.a. Yachtbau, Baumärkte und Reisedienstleistungen); für einen ausführlichen Überblick über die Geschäftsbereiche der Koç Holding sei verwiesen auf Koç (2010), S. 20-60. Die Familie Koç engagiert sich auch gesellschaftlich in der Türkei. So zählt zum Beispiel die durch die Vehbi Koç Foundation im Jahr 1993 gegründete Koç University zu den renommiertesten Hochschulen des Landes (vgl. Witzler 2004, S. 50).

Durch Export zum „Weißen Riesen“

597

duzieren und daneben auch Investitionen in die eigene Forschung und Entwicklung vorzunehmen, so dass Geräte angeboten werden konnten, die mit denen der ausländischen Wettbewerber vergleichbar waren. Nur so konnte es Arçelik – als damaliger Marktführer in der Türkei mit einem Marktanteil von etwa 60% im Bereich der Haushaltsgroßgeräte – vermeiden, Marktanteile zu verlieren. Im Jahre 2008 hielt Arçelik im heimischen Markt noch immer einen Marktanteil an Haushaltsgroßgeräten von etwa 55%. Heute verfügt Arçelik über eine Produktionskapazität von insgesamt ca. 14,1 Millionen Geräten und ist mit 9,9 Millionen hergestellten Geräten nach Electrolux, BSH und Indesit der viertgrößte Hersteller von Haushaltsgroßgeräten in Europa. In der Türkei stellte Arçelik bei einer installierten Kapazität von 11,4 Millionen Geräten im Jahr 2008 etwa 8 Millionen Geräte her und ist damit dort der größte Produzent von Haushaltsgroßgeräten. Ein kurzer Überblick über die Haushaltsgroßgeräteindustrie der Türkei wird in Abbildung 9 auf der nächsten Seite gegeben. Arçelik produziert und verkauft neben „Weißer Ware“ auch so genannte „Braune Ware“ (Heimelektronik) – und dabei hauptsächlich Fernsehgeräte – unter dem Markennamen Grundig. Die Unterhaltungselektroniksparte des insolventen deutschen Traditionsherstellers Grundig wurde im Jahr 2004 zu gleichen Teilen von Beko Elektronik – der Unterhaltungselektroniksparte von Arçeliks Muttergesellschaft Koç Holding – und dem britischen Unterhaltungselektronikunternehmen Alba Radio aufgekauft und unter dem Namen Grundig Multimedia geführt. Im Jahr 2006 übernahm Arçelik schließlich die Mehrheit an Beko Elektronik von der Koç Holding. Im Dezember 2007 akquirierte Beko Elektronik auch den von Alba Radio gehaltenen Anteil an Grundig Multimedia. Beko Elektronik wurde im Jahr 2008 in Grundig Elektronik umbenannt und im Jahr 2009 schließlich mit Arçelik fusioniert. Im Jahr 2008 konnte Arçelik in der Türkei im Bereich der Fernsehgeräte einen Marktanteil von etwa 45% erringen.

598

Arçelik

Die Haushaltsgroßgeräteindustrie der Türkei – Ein Kurzüberblick

Die Türkei steht bei der Produktion von Haushaltsgroßgeräten europaweit nach Italien und vor Deutschland an zweiter Stelle. Im Jahr 2008 wurden in der Türkei nahezu 16 Millionen Haushaltsgroßgeräte produziert und davon 11,5 Millionen Geräte exportiert. Die wichtigsten Hersteller sind dabei Arçelik, Vestel, BSH und Indesit. Als Hauptexportmärkte für die türkischen Haushaltsgroßgeräte gelten die Länder Westeuropas mit Großbritannien an erster Stelle liegend (11,9% aller türkischen Haushaltsgroßgeräteexporte), gefolgt von Frankreich (9,7%), Deutschland (8,2%), Italien (6,4%) und Spanien (5,2%). Bei den osteuropäischen Ländern steht Rumänien im Zentrum der Exporte (3,3%), gefolgt von Russland (3,2%) und Polen (2,6%). Exporte in den Nahen Osten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt wurden aus der Türkei im Jahr 2008 Haushaltsgroßgeräte im Wert von 1,87 Mrd. € ausgeführt; dies entspricht etwa 2,1% aller türkischen Warenexporte. Arçelik ist der größte Haushaltsgroßgerätehersteller in der Türkei und hat einen Anteil von etwa 50% an der gesamten Produktion bzw. der gesamten Exporte dieser Branche; damit ist Arçelik mit seinen Haushaltsgroßgeräteexporten mit etwa 1% an den gesamten türkischen Exporten aller Branchen beteiligt. Türkei

Arcelik

Produktion Export Produktion Export Anteil (Tsd. (Tsd. (Tsd. (Tsd. GesamtEinheiten) Einheiten) Einheiten) Einheiten) produktion

Anteil Gesamtexport

Kühl-/Gefriergeräte

6.002

4.370

2.500

1.725

41,7%

39,5%

Waschmaschinen/ Wäschetrockner

4.739

3.555

2.520

1.785

53,2%

50,2%

Geschirrspülmaschinen

2.140

1.101

1.400

770

65,4%

69,9%

Kochgeräte

3.039

2.493

1.600

1.265

52,6%

50,7%

Gesamt

15.920

11.519

8.020

5.545

50,4%

48,1%

Abb. 9: Die Haushaltsgroßgeräteindustrie der Türkei Quelle: BFAI (2007), GTAI (2007), OBG (2008), S. 139, Arçelik (2009a), S. 44-47, Arçelik (2009b), GTAI (2009), IS Investment (2009), S. 40, IGEME (2010), S. 25. Arçelik hat heute insgesamt etwa 17.500 Mitarbeiter; damit hat sich die Anzahl der Mitarbeiter in den vergangenen 10 Jahren nahezu verdreifacht. Im Jahr 2008 erzielte Arçelik bei einem Umsatz von 3,57 Mrd. € (davon etwa 2,20 Mrd. € mit Haushaltsgroßgeräten, etwa 750 Mio. € mit Unterhaltungselektronik und etwa 620 Mio. € mit sonstigen – nicht näher spezifizierten – Umsätzen) einen operativen Gewinn von 231 Mio. €.7 Der inländische Umsatz stieg dabei zwischen 1999 und 2008 – trotz einer starken Wirtschaftskrise in der Türkei im Jahr 2001 sowie politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten im Jahr 2007 – jährlich um durchschnittlich 8%, der internationale Umsatz (einschließlich Exporte) jährlich um 27%. Abbildung 10 verdeutlicht die Einzelheiten dieser Entwicklung.

7

Arçelik weist den operativen Gewinn nicht nach Segmenten aus. Der Rohgewinn (Umsatzerlöse abzüglich der Herstellungskosten) ist in Arçeliks Haushaltsgroßgerätesparte mit 34,3% des Umsatzes verhältnismäßig größer als in dem im Jahr 2008 noch eigenständigen, aber vollständig konsolidierten Tochterunternehmen Grundig Elektronik mit 18,3% des Umsatzes.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

599

in Mrd. €

4

3

55,9%

Westeuropa

26,0%

Osteuropa/ GUS

2

1 11,1% 7,0%

0 1999

2000

2001 2002

2003

2004

Export/International

2005

2006 2007

Afrika/ Naher Osten Sonstige

2008

Inland

Als Exporte werden Umsatzerlöse durch Produkte bezeichnet, die in der Türkei hergestellt und im Ausland verkauft wurden; internationale Umsatzerlöse beschreiben Umsatzerlöse durch Produkte, die im Ausland produziert und verkauft wurden.

Abb. 10: Arçeliks Inlandsumsätze und Exporte/Internationale Umsätze im Zeitverlauf Quelle: Arçelik (2002), S. 13, Arçelik (2003), S. 3, Arçelik (2005a), S. 7, Arçelik (2006), S. 2, Arçelik (2007a), S. 6, Arçelik (2008a), Arçelik (2009c). Seit Beginn der 1990er Jahre investierte Arçelik mit Nachdruck in Forschung und Entwicklung und gilt heute als innovatives Unternehmen.8 Dadurch konnten Arçeliks Produkte auf internationaler Ebene bereits einige wichtige Auszeichnungen – zum Beispiel verschiedene „Plus X Awards“ in den Bereichen Design, Benutzerfreundlichkeit und Ökologie oder auch „iF product design awards“ gewinnen. In Deutschland erhielten Arçeliks Produkte wiederholt Kaufempfehlungen der Stiftung Warentest.9 Die hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung spiegeln sich auch in der Zahl der Patentanmeldungen wider: Weltweit rangierte Arçelik im Jahr 2008 mit 134 angemeldeten internationalen Patenten auf Platz 114 aller Unternehmen. 35% aller angemeldeten

8

9

Im Jahr 2008 erfolgte in der Türkei eine Modifikation des Steuerrechts. Unternehmen, die mehr als 50 Mitarbeiter im Bereich der Forschung und Entwicklung (F&E) beschäftigen, dürfen 100% aller für F&E aufgewendeten Kosten steuerlich absetzen. Weiterhin werden die Sozialversicherungskosten der F&EMitarbeiter für fünf Jahre durch den Staat übernommen. Daneben gibt es für die F&E-Mitarbeiter auch persönliche Anreize in Form von hohen Einkommenssteuervorteilen (vgl. zur Besteuerung im Bereich F&E Revenue Administration 2009). Der „Plus X Award“ ist Europas größter Technologie-Wettbewerb und honoriert Konsumgüterhersteller in den Branchen Elektro-/Elektronikprodukte sowie Sport-/Lifestyleartikel für eine Überlegenheit ihrer Produkte in den Bereichen Innovation, Qualität, Design, Bedienkomfort/Funktionalität, Ergonomie und Ökologie. Mit dem weltweit vergebenen „iF product design award“ werden Produkte ausgezeichnet, die Funktionalität, Komfort und Ästhetik verbinden.

600

Arçelik

internationalen Patente türkischer Unternehmen entstammen Arçeliks Forschungsabteilung für Haushaltsgroßgeräte. Die weitere Diskussion der Internationalisierungsstrategie Arçeliks beschränkt sich auf den Bereich der „Weißen Ware“.

4

Die Internationalisierungsstrategie Arçeliks

Nedim Esgin, der frühere Vorstandsvorsitzende von Arçelik, hat im Jahr 2005 die Unternehmensstrategie wie folgt beschrieben: „The aim of Arçelik ... is to grow in the international markets. Domestic and international partnerships, acquisitions, and mergers are all means of reaching this aim.“ Im Folgenden soll nun der Internationalisierungsprozess Arçeliks seit dessen Anfängen vorgestellt werden. Hierbei wird insbesondere die Strategie des Exports erläutert, welche die Grundlage für das Wachstum Arçeliks war. Daneben werden der Aufbau und die Akquisition von Tochtergesellschaften im Ausland betrachtet, die in jüngerer Zeit ebenso zur internationalen Expansion genutzt werden.

4.1 Der Beginn der Exporttätigkeiten Arçelik begann in den 1980er Jahren mit dem Export von Haushaltsgroßgeräten in Nachbarländer – zunächst allerdings nur auf Gelegenheitsbasis. Dafür wurden insbesondere die Bestände aus Überproduktionen in das Ausland, vor allem in den Nahen Osten und nach Nordafrika, abgesetzt. Arçelik hatte keine speziell für den Auslandsmarkt bestimmten Geräte konzipiert. Selbst die Bedienungsanleitungen lagen nicht in der Landessprache des Ziellandes vor; die Geräte wurden damals mit Bedienungsanleitungen in türkischer Sprache ausgeliefert. Im Jahre 1983 wurde von Arçelik eine eigene Exportabteilung gegründet, die sich insbesondere an Bietverfahren für Ausschreibungen von ausländischen Regierungen und von Firmen, die im Wohnungsbau für einkommensschwache Familien tätig waren, beteiligte. Speziell nach dem gegen Ende der 1980er Jahre vereinbarten und Anfang der 1990er Jahre in Kraft getretenen schrittweisen Zollabbau mit der Europäischen Union gewann der Export stärker an Bedeutung. Arçelik reagierte damit auf den – in Abschnitt 3 kurz angesprochenen – verstärkten Wettbewerb von ausländischen Herstellern, die nach der Zollunion mit der Europäischen Union vermehrt in den türkischen Markt eindrangen. Zusätzlich wollte Arçelik durch größere Absatzzahlen höhere Skalenvorteile bei der Produktion erreichen. Arçelik exportierte vorrangig Kühl-/Gefriergeräte und Waschma-

Durch Export zum „Weißen Riesen“

601

schinen; aufgrund verschiedener Verträge, die Arçelik als Lizenznehmer abgeschlossen hatte, durfte das Unternehmen zu Beginn der 1990er Jahre noch keine Geschirrspülmaschinen ausführen. Neben den Hauptexportmärkten Großbritannien, Frankreich und Deutschland, in denen Arçelik Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er Jahre eigene Vertriebsgesellschaften aufgebaut hatte, exportierte das Unternehmen insbesondere in den Nahen Osten und nach Nordafrika. Seit Ende der 1980er Jahre war Arçelik ferner auf OEM-Zuliefererbasis tätig (zu einer Diskussion des OEM-Begriffes siehe Abbildung 11). Im Jahr 1988 wurde ein Vertrag mit der US-amerikanischen Versandhandels- und Kaufhauskette Sears, Roebuck and Co. geschlossen, um Kühl-/Gefriergeräte als OEM-Zulieferer zu produzieren, die dann und unter dem Markennamen Kenmore in der Karibik und in Lateinamerika verkauft wurden. Dies gestaltete sich jedoch problematisch. Tunc Berkman, ehemaliger Marketingmanager bei Arçelik, erklärte: „The Americas were too far away, in terms of both, transportation costs, product adaptation requirements (for 110 volt current), and our ability to understand consumers.“ Seit Beginn der 1990er Jahre exportierte Arçelik Kühl-/Gefriergeräte und Waschmaschinen als OEM-Zulieferer insbesondere nach Großbritannien, Frankreich und Deutschland, was in Abschnitt 4.2 noch näher erläutert werden wird. Im Jahr 1996 resultierten etwa 30% aller Kühl-/Gefriergeräteexporte und 50% aller Waschmaschinenexporte Arçeliks aus dem Geschäft mit OEM-Zuliefererverträgen. 1997 folgte ein Fünfjahresvertrag mit dem US-amerikanischen Unternehmen Whirlpool – und damit mit einem direkten Konkurrenten – zur OEM-Zulieferung von jährlich 100.000 Geschirrspülmaschinen für den europäischen Markt. Für Arçelik war diese Strategie jedoch nach eigenen Aussagen wenig rentabel. So vertrat Gündüz Özdemir – damaliger Vorstandsvorsitzender von Arçelik – die Meinung: „In the long term, OEM-based growth is a price-oriented strategy and does not result in profitability and sustainability.“ Um auch im lukrativeren Geschäft mit eigenen Marken vertreten zu sein, verstärkte Arçelik seine Investitionen in die eigene Forschung und Entwicklung. Gündüz Özdemir nimmt zur Unternehmensstrategie wie folgt Stellung: „We as Arçelik A.S. definitely know the magnitude of our own branded sales on Company’s efficiency and profitability. Thus, increasing our own branded sales in international markets has become our key strategy.“ Auch aus diesem Grund wurden – wie später noch näher erläutert wird – im Jahr 2002 verschiedene Wettbewerber akquiriert, die wertvolle Marken in ihrem Portfolio hatten. Im Jahr 2007 wurden schließlich ungefähr 75% aller internationalen Umsätze durch Arçeliks eigene Markenprodukte generiert; nur noch 25% der internationalen Umsätze stammten aus dem so genannten OEM-Zulieferergeschäft.

602

Arçelik

Original Equipment Manufacturer (OEM)

Das Akronym OEM steht für „Original Equipment Manufacturer“ bzw. – in deutscher Sprache – für „Originalausrüstungshersteller“. Damit werden Unternehmen bezeichnet, die Produkte unter eigenem Markennamen vertreiben. In der Branche der Haushaltsgroßgeräte kann man generell zwischen OEM im eigentlichen Wortsinne unterscheiden, die selbst Hersteller von Haushaltsgroßgeräten sind, und OEM im weiteren Sinne, die primär im Handel tätig sind und fremdgefertigte Haushaltsgroßgeräte unter einer eigenen Marke anbieten. Ein Haushaltsgroßgerätehersteller gilt dabei als OEM, wenn er • seine Haushaltsgroßgeräte selbst produziert, diese unter Umständen mit wichtigen Baugruppen von Zulieferern ergänzt und sie dann unter seinem eigenen Markennamen verkauft oder • seine Haushaltsgroßgeräte (zum Teil) von einem dritten Anbieter produzieren lässt, sie jedoch unter seinem eigenen Markennamen absetzt. Als Beispiel kann Whirlpool dienen: Zum einen besitzt Whirlpool eigene Produktionsstätten für Haushaltsgroßgeräte, zum anderen bezieht Whirlpool vom türkischen Unternehmen Vestel – welches den westeuropäischen Markt ausschließlich als OEM-Zulieferer bedient – gefertigte Haushaltsgroßgeräte und vertreibt diese in Europa unter seinem eigenen Namen. Damit kann Whirlpool unter anderem Nachfrageschwankungen ausgleichen: Bei hoher Nachfrage müssen keine eigenen Kapazitäten aufgebaut und bei geringer Nachfrage kann wieder auf die Dienste des Auftragsfertigers verzichtet werden. Auch Handelsunternehmen können – wie bereits erwähnt – als OEM auftreten. Zum Beispiel verkaufte das (inzwischen insolvente) Versandhandelsunternehmen Quelle lange Zeit Haushaltsgroßgeräte unter der Eigenmarke Privileg; diese Geräte produzierte Quelle jedoch nicht selbst, sondern ließ sie von Electrolux herstellen. Mit der Marke Privileg wurde Quelle sogar Marktführer in Deutschland beim Verkauf von Waschmaschinen, Wäschetrocknern und Elektroherden. Für den Endverbraucher ist aufgrund der oben geschilderten Fälle heute zumeist nicht mehr ersichtlich, wer der eigentliche Hersteller der gekauften Geräte (oder wichtiger Baugruppen davon) ist. Zum besseren Verständnis werden die vorgestellten drei Konstellationen nochmals schematisch dargestellt. Zulieferer 1 1

OEM

Zulieferer 2 Zulieferer n liefern Bauteile/Baugruppen

Haushaltsgroßgerätehersteller

Handelsunternehmen (Groß-/Einzelhandel)

produziert Geräte und verkauft diese unter eigener Marke

verkauft Geräte unter der Marke des OEM

Zulieferer 1 2

Zulieferer 2 Zulieferer n liefern Bauteile/Baugruppen

Zulieferer 2 Zulieferer n liefern Bauteile/Baugruppen

kauft Geräte

OEM

Haushaltsgroßgerätehersteller als Auftragsfertiger

Haushaltsgroßgerätehersteller

Handelsunternehmen (Groß-/Einzelhandel)

produziert Geräte und verkauft diese an OEM

verkauft Geräte unter eigener Marke

verkauft Geräte unter der Marke des OEM

Zulieferer 1 3

Endverbraucher

Endverbraucher kauft Geräte

OEM

Haushaltsgroßgerätehersteller als Auftragsfertiger

Handelsunternehmen (Groß-/Einzelhandel)

produziert Geräte und verkauft diese an OEM

verkauft Geräte unter eigener Marke

Endverbraucher kauft Geräte

Insgesamt ist jedoch zu beachten, dass der Begriff eines OEM verwirrenderweise oftmals – auch in der Haushaltsgroßgerätebranche – genau umgekehrt verstanden und genutzt wird, und zwar als Bezeichnung für die Zulieferer bzw. Auftragsfertiger.

Abb. 11: Original Equipment Manufacturer Quelle: Kim (1997), S. 13-17, Root/Quelch (1997), S. 65, Vahrenkamp (2005), S. 173184, Ekspresinvest (2006), S. 1-2, Becker (2007), S. 167-169, Kang/Mahoney/ Tan (2009), S. 117, Dierig/Nicolai (2010), Kotler/Pfoertsch (2010), S. 12, Lange (2010), S. 3, Schlautmann (2010), Vestel (2010), S. 17.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

603

4.2 Der Aufbau von Vertriebsgesellschaften Die Initialphase bis 1996 Seit Ende der 1980er bzw. seit Beginn der 1990er Jahre baute Arçelik zum Verkauf seiner Produkte ein Vertriebsnetz zuerst in West- und später auch in Osteuropa auf. Den Beginn markierte dabei die Gründung einer Vertriebsgesellschaft in Großbritannien im Jahr 1989; anschließend wurden weitere Vertriebsgesellschaften in Frankreich (1993) und Deutschland (1994) etabliert. Diese drei großen westeuropäischen Märkte wurden von Arçelik gezielt ausgewählt, da hier die größte Aussicht bestand, am schnellsten eine kritische Masse an Geräten zu verkaufen und gewinnbringend zu arbeiten. Im Folgenden wird skizziert, wie sich diese drei Märkte bis zum Jahr 1996 entwickelt haben. (1) Großbritannien: Die erste ausländische Vertriebsgesellschaft errichtete Arçelik in Großbritannien. Der britische Markt hatte den Vorteil, dass er nicht von lokalen Marken beherrscht wurde und die Kunden darüber hinaus sehr preissensibel waren. Letzteres war für Arçelik vorteilhaft, da das Unternehmen mit seinen Geräten im unteren Preissegment vertreten war. Somit gelang es Arçelik zum Beispiel, mit 30.000 verkauften Kühl-/Gefriergeräten im Jahr 1996 einen Marktanteil von etwa 8% in diesem Produktbereich zu erringen. Arçelik vertrieb seine Haushaltsgroßgeräte zu diesem Zeitpunkt in Großbritannien vorrangig unter der Marke Beko, unter welcher das Unternehmen seine Produkte mittlerweile in vielen internationalen Märkten verkauft. Das OEMZulieferergeschäft machte zu dieser Zeit weniger als ein Drittel von Arçeliks Umsätzen in Großbritannien aus. Das relativ starke Wachstum in Großbritannien war unter anderem deshalb möglich, weil die dortige Vertriebsgesellschaft es geschafft hatte, Arçeliks Geräte in ca. zwei Drittel aller Verkaufsstätten für Haushaltsgroßgeräte zu platzieren. Dabei gelang es der britischen Vertriebsgesellschaft auch, die drei größten Elektrofachmärkte – Curry's, Comet und Iceland – zum Verkauf von Arçeliks Produkten zu gewinnen.10 Daneben wurden Arçeliks Geräte durch die beiden großen Versandhandelsunternehmen Empire und Littlewoods in deren Katalogen angeboten. (2) Frankreich: In Frankreich hatte Arçelik mit großen Problemen zu kämpfen. Aufgrund des starken Wettbewerbs und der Dominanz einzelner Anbieter konnte sich Arçeliks eigene Marke Beko nur schwer durchsetzen. Lediglich 25% der verkauften Geräte wurden unter der Marke Beko vertrieben, der Rest wurde unter OEM-Verträgen an andere Hersteller oder Handelshäuser verkauft. Der Durchbruch, bei großen Kaufhausketten oder Versandhandelshäusern gelistet zu sein, gelang der französischen Vertriebsgesell-

10

Auch heute noch vertreibt Arçelik in Großbritannien seine Geräte in den Märkten Curry's und Comet. Die Supermarktkette Iceland hat im Jahr 2009 beschlossen, ihren Vertrieb von Haushaltsgroßgeräten einzustellen.

604

Arçelik

schaft bis zum Jahr 1996 nicht. Immerhin konnte die Vertriebsgesellschaft einen Vertrag zur Belieferung der zum damaligen Zeitpunkt drittgrößten französischen Super- und Hypermarktkette Leclerc abschließen. Mit der Belieferung von Leclerc und einiger weiterer Hypermärkte konnten zusammen etwa 50% der insgesamt ca. 75.000 im Jahr 1996 in Frankreich vertriebenen Kühl-/Gefriergeräte und Waschmaschinen abgesetzt werden. Weitere 20% der Geräte wurden an Fachgeschäfte verkauft. Zusätzliche 15% der Geräte wurden unter einem OEM-Vertrag an Frigidaire, einem zu Electrolux gehörigen Hersteller von Haushaltsgroßgeräten, geliefert. Die verbleibenden 15% der abgesetzten Geräte gingen an verschiedene Hersteller von Einbauküchen. (3) Deutschland: In Deutschland war der Markteintritt ebenfalls vergleichsweise schwierig. Insbesondere die gut bekannten Marken Bosch, Siemens, AEG und Miele hielten etwa 60% des Marktes. Die verbleibenden 40% verteilten sich auf eine ganze Reihe kleinerer – insbesondere italienischer und osteuropäischer – Hersteller, von denen kein Hersteller mehr als 4% Marktanteil besaß. In diesem Bereich sah Arçelik seine Chance – und hier speziell im Osten Deutschlands, wo das verfügbare Haushaltseinkommen bedeutend geringer war. So konnten im Jahr 1996 insgesamt 30.000 Kühl-/Gefriergeräte und 20.000 Waschmaschinen abgesetzt werden – 80% davon an Großhändler und 20% an Hersteller von Einbauküchen. Alle diese Geräte wurden im Rahmen von OEMVerträgen verkauft; Arçelik war also im Jahr 1996 in Deutschland noch mit keiner eigenen Marke vertreten. Arçeliks Marktanteil in Deutschland betrug zu dieser Zeit weniger als 1%. Während 1991 lediglich 2,4% des Gesamtumsatzes von Arçelik durch Exporte erzielt wurden, waren es im Jahr 1996 bereits 7,6%. Diese Umsätze wurden vor allem durch den Verkauf von Kühl-/Gefriergeräten sowie in einem geringeren Maße durch den Verkauf von Waschmaschinen im Ausland generiert. Von den 990.000 produzierten Kühl-/ Gefriergeräten gingen 430.000 (bzw. etwa 43%) in den Export. Weiterhin konnten 55.000 (bzw. 7%) der insgesamt 750.000 produzierten Waschmaschinen im Ausland abgesetzt werden. 70% der exportierten Kühl-/Gefriergeräte und 50% der exportierten Waschmaschinen wurden unter dem Markennamen Beko im Ausland verkauft. Die verbleibenden 30% der exportierten Kühl-/Gefriergeräte bzw. 50% der exportierten Waschmaschinen wurden im OEM-Zulieferergeschäft an fremde Hersteller abgesetzt. Die geographische Aufteilung von Arçeliks Gesamtumsatz im Jahr 1996 wird in Abbildung 12 näher dargestellt.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

Großbritannien

605

Frankreich

28%

Sonstige EU

18%

14%

Nordafrika

Osteuropa/Asien

17%

6%

882,4

0

100

200

300

400

Sonstige

17%

72,6

500

600

700

800

900

1000

in Mio. € Inland

Export

Stand 1996. Der ursprünglich in US$ angegebene Umsatz wurde zum Jahresmittelkurs von 1996 in DM umgerechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit mit den anderen Daten im vorliegenden Fall wurde dieser Betrag dann mit dem Kurs 1,95583 DM = 1,00 € transformiert.

Abb. 12: Arçeliks Inlandsumsätze und Exporte im Jahr 1996 Quelle: Root/Quelch (1997), S. 69, 76-77.

Die Ausbauphase ab 1996 Heute ist Arçelik nicht nur in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, sondern innerhalb Westeuropas auch in Italien, Österreich und Spanien sowie innerhalb Osteuropas in Polen, Rumänien, Russland, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn mit eigenen Vertriebsgesellschaften vertreten. Über diese Gesellschaften werden die vor allem in der Türkei produzierten Haushaltsgroßgeräte dann in den jeweiligen Ländern abgesetzt. Es findet also kein direkter Export zum Handel oder zum Endverbraucher im Zielland statt, sondern ein Export in eigene Unternehmenseinheiten im Ausland. Bis zum Jahr 2002 wurden alle von Arçelik in Europa verkauften Haushaltsgroßgeräte in der Türkei produziert und anschließend an die Vertriebsgesellschaften bzw. Partner exportiert. Ab dem Jahr 2002 erfolgten insbesondere zur Bedienung des osteuropäischen Marktes zusätzliche Investitionen in Produktionsstätten in Rumänien (für Kühl-/ Gefriergeräte) und in Russland (für Waschmaschinen sowie Kühl-/Gefriergeräte); noch heute werden jedoch alle von Arçelik verkauften Kochgeräte, Geschirrspülmaschinen und Wäschetrockner – und auch ein Großteil der verkauften Waschmaschinen sowie Kühl-/Gefriergeräte – in der Türkei hergestellt und neben der lokalen Vermarktung in die jeweiligen Zielländer exportiert. Einen Überblick über Arçeliks Produktionsstätten sowie den Anteil der exportierten Geräte bietet Abbildung 13.

606

Land

Türkei

Rumänien Russland China Gesamt

Arçelik Exportanteil (in % der produzierten Einheiten)

Kapazität 2008 (in Einheiten)

Produktion 2008 (in Einheiten)

Kühl-/Gefriergeräte

3.000.000

2.500.000

69%

Waschmaschinen

3.500.000

2.200.000

69%

Typ

Wäschetrockner

800.000

320.000

83%

Geschirrspülmaschinen

1.650.000

1.400.000

55%

Kochgeräte

2.425.000

1.600.000

79%

Kühl-/Gefriergeräte

1.500.000

1.200.000

60%

Kühl-/Gefriergeräte

300.000

200.000

Waschmaschinen

600.000

320.000

Waschmaschinen

18%

300.000

200.000

0%

14.075.000

9.940.000

64%

Über den Exportanteil der in China produzierten Waschmaschinen ist nichts bekannt. Da Arçelik die dortige Produktionsstätte jedoch explizit zur Bedienung des chinesischen Marktes akquiriert und erweitert hatte, kann davon ausgegangen werden, dass die gesamte Produktion auch lokal verkauft wurde.

Abb. 13: Kapazitäten aller Produktionsstätten Arçeliks sowie tatsächlich produzierte und exportierte Einheiten Quelle: Arçelik (2009a), S. 44-47, Arçelik (2009b), Arçelik (2009c), S. 5. Eine Übersicht zur geographischen Lage von Arçeliks Vertriebsgesellschaften und Produktionsstätten in Europa wird in Abbildung 14 gegeben. Ferner verfügt Arçelik weltweit noch über jeweils eine Produktionsstätte und Vertriebsgesellschaft in China. Doch gleichzeitig ist Arçelik über Export in weitaus mehr Ländern vertreten. Insgesamt exportiert Arçelik „Weiße Waren“ – hauptsächlich unter dem Markennamen Beko – in mehr als 100 Länder. Die Art des Vertriebs variiert in den verschiedenen Ländermärkten. In der Türkei vertreibt Arçelik seine Haushaltsgroßgeräte über das so genannte „Beko-Exclusive-Shop“System. Damit ist im Grunde ein klassisches Vertragshändlersystem mit Ausschließlichkeitsbindung gemeint: Arçelik beliefert solche Fachgeschäfte mit seinen Haushaltsgroßgeräten, die sich vertraglich dazu verpflichten, ausschließlich Arçeliks eigene Produkte zu vertreiben.11 In der Türkei nutzt Arçelik grundsätzlich ein solches System mit insgesamt 4.500 Vertragshändlern; ein Vertrieb über andere Kanäle – z.B. durch Elektro-

11

Neben den Haushaltsgeräten von Arçelik verkaufen diese Vertragshändler jedoch auch oft andere Produkte der Koç Holding, zum Beispiel Fahrzeuge oder Lieferverträge für Erdgas.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

607

fachmärkte – findet in der Türkei nicht statt.12 Auch im Nahen Osten, dem Balkan, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und in China setzt Arçelik vermehrt auf diese Art des Vertriebs (siehe Abbildung 15). Die Anzahl dieser exklusiv an Arçelik gebundenen Vertragshändler von momentan 270 soll in diesen Regionen weiter gesteigert werden. Neben den erwähnten Fachgeschäften, die ausschließlich an Arçelik gebunden sind, nutzt Arçelik in diesen Ländern aber auch Fachgeschäfte als Distributionskanal, die Haushaltsgroßgeräte weiterer Hersteller im Sortiment haben. Über die klassischen Fachgeschäfte hinaus beliefert Arçelik außerdem andere Unternehmen des Groß- und Einzelhandels, also z.B. auch Warenhäuser oder Elektrofachmärkte.

Waschmaschinen/ Kühl-/Gefriergeräte

Beko L.L.C.

Beko Plc.

Beko Deutschland GmbH Beko Cesko S.R.O.

Beko France S.A.

Beko S.A.

Beko Slovakia S.R.O.

Elektra Bregenz AG Beko Magyarorszag K.F.T.

Arctic S.A. Kühl-/Gefriergeräte

Arcelitalia S.r.l.

Arçelik A.S. Wäschetrockner

Kochgeräte Waschmaschinen Geschirrspülmaschinen

Beko Electronics Espana S.L.

Kühl-/Gefriergeräte

Unternehmenssitz

Vertriebsgesellschaften

Produktionsstätten

Abb. 14: Arçeliks europäische Produktionsstätten für Haushaltsgroßgeräte und Vertriebsgesellschaften Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Arçelik (2009a), S. 11.

12

Vgl. Cheuvreux (2010), S. 13. Arçeliks stärkster Wettbewerber in der Türkei – BSH – vertreibt seine Geräte zwar auch über den klassischen Fachhandel (mit insgesamt 4.200 Fachgeschäften, von denen 2.000 exklusiv an BSH gebunden sind), nutzt daneben jedoch verstärkt Elektrofachmärkte zum Verkauf seiner Produkte. Der dritte große Wettbewerber im türkischen Markt – Vestel – vertreibt seine Geräte durch 1.250 vertraglich an Vestel gebundene Fachgeschäfte; ein Verkauf über Elektromärkte findet nicht statt. Insgesamt dient das türkische System aus vertraglich gebundenen Fachgeschäften als wichtige Eintrittsbarriere für weitere Wettbewerber (vgl. IS Investment 2009, S. 22, 29).

608

Arçelik

Afghanistan (5) Algerien (1) Armenien (15) Aserbaidschan (60) Benin (3) Bosnien-Herzegowina (4) China (15) Dubai (3) Georgien (24) Kirgistan (15) Kosovo (1)

Irak (40) Iran (10) Libanon (5) Nigeria (1) Serbien (25) Turkmenistan (15) Türkei (4.500) Ukraine (4) Usbekistan (20) Zypern (7)

Stand 2008. Die Zahlen in Klammern stehen für die Anzahl der Vertragshändler, die am „Beko Exclusive Shop“-System teilnehmen. Schwarz markiert: Arçeliks Heimatmarkt Türkei; dunkelgrau markiert: Länder mit „Beko Exclusive Shops“.

Abb. 15: Länder mit Vertragshändlern des „Beko-Exclusive-Shop“-Systems Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Arçelik (2009c), S. 13, 16. Auch in Westeuropa nutzt Arçelik in den einzelnen Ländern unterschiedliche Distributionskanäle. Dies soll exemplarisch am Beispiel von Österreich und Deutschland verdeutlicht werden: In Österreich werden die unter dem Markennamen Beko vertriebenen Geräte lediglich über den Fachhandel an die Endverbraucher veräußert, während Arçelik in Deutschland die gleichen Geräte auch über große Elektrofachmärkte (z.B. Saturn und ProMarkt) sowie über den Versandhandel (z.B. Otto und Neckermann) vertreibt. In Westeuropa existierten bis zum Ende des Jahres 2008 keine der so genannten „BekoExclusive-Shops“.13

4.3 Die Akquisition von Wettbewerbern Arçelik erweiterte das Spektrum seiner Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien vor einigen Jahren. Bereits im Jahr 1995 plante Arçelik mit dem erzgebirgischen Kühl-/

13

Mitte des Jahres 2009 wurde in Wien der erste „Beko Exclusive Shop“ Westeuropas gegründet; mittlerweile wurde auch noch ein zweiter solcher Shop in Wien eröffnet.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

609

Gefriergerätehersteller Foron14 seine erste Übernahme auf dem deutschen Markt. Das Unternehmen Foron, welches kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhanges mit 5.300 Mitarbeitern mehr als eine Million Kühl-/Gefriergeräte jährlich gefertigt15 und neben der damaligen DDR vorrangig den westeuropäischen Markt bedient hatte,16 befand sich nach der Privatisierung in einer prekären Finanzlage. Im Jahr 1992 erlangte Foron Aufmerksamkeit: In Zusammenarbeit mit Greenpeace konnte das Unternehmen im Jahr 1992 den weltweit ersten FCKW17-freien Kühlschrank auf den Markt bringen. Damit hatte das Unternehmen – neben der hohen Markenbekanntheit in den Gebieten der ehemaligen DDR (wo es im Jahr 1995 bei einer gestützten Markenbekanntheit von 95% einen Marktanteil von ca. 30% bei Kühl-/Gefriergeräten hielt) – auch eine hohe Bekanntheit im alten Bundesgebiet erreicht.18 Zum Ende des Jahres 1995 bzw. zu Beginn des Jahres 1996 meldeten die großen deutschen Tageszeitungen Handelsblatt und Frankfurter Allgemeine Zeitung den Verkauf von Foron an Arçelik; vorausgegangen war eine einstimmige Entscheidung des Aufsichtsrates von Arçeliks Muttergesellschaft Koç. In Foron – welches zum Zeitpunkt der geplanten Übernahme mit ca. 620 Beschäftigten jährlich 230.000 Kühl-/Gefriergeräte produzierte und dabei bei einem Umsatz von etwa 60 Mio. € einen Verlust von 13 Mio. € generierte – plante Arçelik etwa 100 Mio. € zu investieren.19 Dabei sollte etwa die Hälfte dieser Summe in die Produktionsanlagen investiert und mit der anderen Hälfte ein Vertrieb aufgebaut und die Marke Foron im Hochpreissegment positioniert werden. Aus nicht kommunizierten Gründen zog sich Arçelik jedoch zwei Wochen vor der geplanten Vertragsunterzeichnung selbst von dem Geschäft zurück. In einem weiteren Versuch wollte Arçelik im Jahr 2001 Teile des insolventen französisch-italienischen Haushaltsgeräteherstellers Moulinex-Brandt – insbesondere die vor-

14

15

16

17

18

19

Das Unternehmen hieß bis zum Jahr 1990 VEB DKK Scharfenstein, danach bis zum Jahr 1993 DKK Scharfenstein GmbH und ab 1993 Foron Hausgeräte GmbH. Foron war der Markenname, den das Unternehmen seit 1983 nutzte (vgl. Meyer 2006, S. 8 sowie Wölfel 2009, S. 183-184, 197). Im Folgenden wird das Unternehmen generell als Foron bezeichnet. Im Jahr 1989 wurden insgesamt 1,05 Mio. Kühl-/Gefriergeräte von Foron produziert; dies stellte etwa 25% der gesamtdeutschen Produktion und 11% der gesamten Produktion des so genannten Ostblocks dar; vgl. Meyer (2006), S. 9. Foron exportierte im Rahmen von OEM-Verträgen hauptsächlich nach Frankreich, Holland, Dänemark, Österreich und die Bundesrepublik Deutschland (vgl. Meyer 2006, S. 8). Dabei wurden technologisch veraltete bzw. einfacher zu produzierende Geräte auf dem Heimatmarkt vertrieben, technisch anspruchsvollere Geräte wurden exportiert. In der Bundesrepublik Deutschland wurden die von Foron exportierten Geräte vorrangig vom Versandhandelsunternehmen Quelle verkauft (vgl. Wölfel 2009, S. 183-184). Die Abkürzung FCKW steht für Fluorchlorkohlenwasserstoffe und dient als ein Sammelbegriff für verschiedene – für die Ozonschicht der Erde schädliche – Gase. FCKW wurden lange Zeit als Kältemittel in Kühl-/Gefriergeräten verwendet; dies ist seit dem Jahr 1995 verboten. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war quasi in jedem Haushalt der ehemaligen DDR ein DKK-bzw. Foron-Kühl-/Gefriergerät vorhanden, da dies die einzige in der ehemaligen DDR angebotene Marke war; dies erklärt auch die hohe Markenbekanntheit in den neuen Bundesländern (vgl. Schmidt 2001, Wölfel 2009, S. 183). Für eine bessere Vergleichbarkeit wurden diese Daten mit dem – offiziell erst ab 01.01.1999 geltenden – DM/€-Umrechnungskurs von 1,95583 DM = 1,00 € umgewandelt.

610

Arçelik

mals zu Brandt gehörenden Unternehmensteile – erwerben.20 Arçelik hatte die Intention, sechs der sieben vormals im Eigentum von Brandt stehenden Produktionsstätten für Haushaltsgroßgeräte weiterzuführen, etwa 4.100 Mitarbeiter von Brandt zu übernehmen und ca. 500 Mio. € (über einen Zeitraum von zwei Jahren) zu investieren.21 Dieser Versuch scheiterte, da das zuständige Insolvenzgericht den israelischen Mitbewerber Elco bevorzugte. Dieser war bereit, alle sieben vormals zu Brandt gehörenden Standorte weiterzuführen. Dennoch kam Arçelik im Jahr 2002 noch teilweise zum Zug, als es aus der insolventen Moulinex-Brandt-Gruppe den vormals deutschen Haushaltsgroßgerätehersteller Blomberg sowie das österreichische Unternehmen Elektra Bregenz übernehmen konnte. Eine weitere Akquisition tätigte Arçelik mit dem Kühl-/Gefriergerätehersteller Arctic – und dessen Distributionsnetzwerk – in Rumänien. Daneben erfolgte der Kauf der beiden englischen Haushaltsgroßgerätemarken Flavel und Leisure von Aga Foodservices, einem englischen Hersteller von Haushaltsgroßgeräten im Hochpreissegment sowie von Geräten für die Backwarenindustrie. Trotz der erfolgten Akquisitionen lässt sich die Strategie Arçeliks in Westeuropa weiterhin als exportorientiert bezeichnen: Die Produktionsstätten von Blomberg und Elektra Bregenz wurden innerhalb von einem bzw. zwei Jahren nach der Übernahme geschlossen; die Produktion wurde in die vorhandenen türkischen Werke verlagert. Auch die Geräte, die unter den Marken Leisure und Flavel vertrieben werden, entstammen der türkischen Produktion; der britische Markt wird durch Exporte bedient. In all diesen Fällen wurde neben umfangreichem Know-how und einem lokal sehr bekannten Markennamen ein Vertriebsnetz erworben, mit dem der Vertrieb von Arçeliks niedriger positionierten Produkten unter dem Markennamen Beko erleichtert werden sollte. Bei der Akquisition von Arctic in Rumänien ging Arçelik einen anderen Weg. Arctic war zum Zeitpunkt des Kaufs durch Arçelik Marktführer für Kühl-/Gefriergeräte in Rumänien. Arçelik übernahm Arctics Produktionsstätte für Kühl-/Gefriergeräte, produzierte dort weiter und baute diese noch aus. Dies stellt einen Gegensatz zum Vorgehen in Deutschland und Österreich dar: In diesen Ländern wurden – wie oben bereits erwähnt – die vorhandenen Produktionsstätten nach der Übernahme geschlossen und die Produktion in die vorhandenen Fertigungsstätten in der Türkei verlagert. Hinsichtlich der Beweggründe der Akquisition in Rumänien führte Nedim Esgin, damaliger CEO von Arçelik, aus: „Known brand, new market share, competitive production cost, and potential of additional capacity are not only great opportunities for our business goals, but also values that contribute to our target to become a ‚global company’. … The investment in

20

21

Der italienische Konzern El.Fi. übernahm im Jahr 1992 den Haushaltsgroßgerätehersteller Brandt und fusionierte diesen im Jahr 2000 mit dem ebenfalls zu El.Fi. gehörenden Unternehmen Moulinex, welches vorrangig kleinere Haushaltsgeräte herstellte (vgl. o.V. 2001a). Arçeliks Kaufinteresse bezog sich auf die vormalig zu Brandt gehörenden Unternehmensteile. Zum besseren Verständnis des Ausmaßes der geplanten Akquisition: Arçelik verfügte zu diesem Zeitpunkt über ca. 5.700 Mitarbeiter; somit hätte sich die Anzahl der Mitarbeiter im Falle einer erfolgreichen Akquisition um etwa 70% erhöht (vgl. Arçelik 2002, S. 13).

Durch Export zum „Weißen Riesen“

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Arctic plays an important role in targeting one of our primary focuses, the East European market, and also providing cost advantages in logistics in this area.“ Mittlerweile bietet Arçelik ein umfangreiches Sortiment an „Weißer Ware“ unter den beiden Markennamen Arctic und Beko in Rumänien an, wo es mit einem Marktanteil von 31% im Segment der Haushaltsgroßgeräte Marktführer ist. Einen Überblick über die akquirierten Unternehmen bietet Abbildung 16. Kurzporträts der von Arçelik akquirierten Haushaltsgroßgerätehersteller Arctic

Das rumänische Unternehmen Arctic begann im Jahr 1968 mit der Produktion von Kühl-/Gefriergeräten unter Lizenz von Thompson-Houston (Frankreich) und exportierte bereits zu Beginn der 1970er Jahre nach Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Im Jahr 1980 erreichte das Unternehmen eine Produktionskapazität von 360.000 Geräten pro Jahr. Das bis dahin in Staatshand befindliche Unternehmen wurde im Jahr 1997 privatisiert – die Hauptanteilseigner wurden die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (29,35%), die Société Générale mit ihrem Romania Fund (25,48%), die rumänische Beteiligungsgesellschaft Cyprus (17,61%) und der rumänische Privatisierungsfonds RPPF (10%). Nach einer umfangreichen Modernisierung der Produktionsanlagen und der Erweiterung des Kühl-/Gefriergerätesortiments wurde das bis dahin defizitäre Unternehmen im Jahr 2002 von den oben genannten institutionellen Investoren nach langer Käufersuche für ca. 21 Mio. € an Arçelik verkauft. Zum Zeitpunkt der Akquisition war Arctic lokaler Marktführer mit einem Marktanteil von 47% im Bereich der Kühl-/Gefriergeräte. Die gestützte Markenbekanntheit Arctics betrug zu diesem Zeitpunkt in Rumänien 91%, die ungestützte Markenbekanntheit 35%. Insgesamt stellte Arctic im Jahr 2002 mit 2.100 Mitarbeitern ca. 350.000 Kühl-/Gefriergeräte her, von denen 55% – mehrheitlich ins osteuropäische Ausland – exportiert wurden, und erzielte insgesamt einen Umsatz von 41 Mio. €. Arçelik verdoppelte Arctics Produktionskapazität im Jahr 2003 und konnte im folgenden Jahr bereits eine Kapazitätsauslastung von 93% erreichen. Neben den von Arctic produzierten Kühl-/Gefriergeräten vertreibt Arçelik in Rumänien heute auch weitere Haushaltsgroßgeräte unter dem Markennamen Arctic. Arçelik nutzte dabei die hohe Markenbekanntheit von Arctic aus und „brandete" auch andere Haushaltsgroßgeräte mit diesem Namen. So konnte Arçelik neben der Marktführerschaft im Bereich der Kühl-/Gefriergeräte auch die Marktführerschaft im Segment der Waschmaschinen und im Segment der Kochgeräte erlangen. Im Jahr 2008 trug Arctic mit 213 Mio. € etwa 6% zum Gesamtumsatz von Arçelik bei. Blomberg

Blomberg wurde im Jahr 1883 als metallverarbeitendes Unternehmen in Deutschland gegründet und begann im Jahr 1949 mit der Produktion von Waschmaschinen; im Lauf der Zeit wurden weitere Haushaltsgroßgeräte ins Sortiment aufgenommen. Im Jahr 1978 wurde das österreichische Unternehmen Elektra Bregenz – ebenfalls ein Hersteller für Haushaltsgroßgeräte – aufgekauft. In den darauffolgenden Jahren zeichnete sich Blomberg insbesondere durch die Entwicklung und Herstellung von innovativen Waschmaschinen aus. 1992 wurde Blomberg vom italienischen El.Fi. -Konzern übernommen und später in dessen Haushaltsgerätesparte Moulinex-Brandt integriert. Nach der Insolvenz von Moulinex-Brandt im Jahr 2001 wurde nach einem Investor gesucht; den Zuschlag bekam schließlich Arçelik im Jahr 2002. Zum Zeitpunkt der Übernahme durch Arçelik stellte Blomberg mit 395 Mitarbeitern etwa 175.000 Haushaltsgroßgeräte (insbesondere Waschmaschinen und Wäschetrockner) und Geräte der Heißwassertechnik (Wärmepumpen, Elektrospeicher und Heizungsspeicher) her und erzielte einen Umsatz von ungefähr 130 Mio. €. Dabei war Blomberg mit seinen Haushaltsgroßgeräten insbesondere im Hochpreissegment vertreten. Ungefähr zwei Drittel der hergestellten Geräte wurden exportiert. Im Jahr 2004 schließlich wurde die komplette Produktion in die Türkei verlagert und das deutsche Werk geschlossen. Elektra Bregenz

Das österreichische Unternehmen begann in den 1890er Jahren mit der Produktion von Haushaltskleingeräten (z.B. Tauchsieder, Bügeleisen, Toaster und Kaffeemaschinen) und wurde für seine innovativen Produkte 1893 auf der Weltausstellung in Chicago ausgezeichnet. Innerhalb der nächsten 50 Jahre wurde das Sortiment stetig erweitert und auch Haushaltsgroßgeräte – insbesondere Kühl-/Gefriergeräte sowie Elektrokochgeräte – vertrieben. Im Jahr 1965 erfolgte die Übernahme durch den schweizerischen

612

Arçelik

Konzern Brown Boveri; 1978 wurde Elektra Bregenz an Blomberg weiterveräußert. Die Entwicklung ab 1992 lehnt sich an der soeben skizzierten Entwicklung Blombergs an. Zum Zeitpunkt der Übernahme durch Arçelik im Jahr 2002 produzierte Elektra Bregenz in seinem Werk in Schwaz ca. 200.000 Einheiten von Elektrokochgeräten sowie komplementäre Produkte z.B. Dunstabzugshauben und Cerankochfelder), von denen mehr als 90% exportiert wurden. Weitere von Elektra Bregenz vertriebene Haushaltsgroßgeräte – so zum Beispiel Geschirrspülmaschinen, Kühl-/Gefriergeräte sowie Waschmaschinen – wurden nicht selbst produziert. Im Jahr 2003 schließlich wurde die Produktion von Österreich in die Türkei verlagert.

Abb. 16: Kurzporträts der von Arçelik akquirierten Haushaltsgroßgerätehersteller Quelle: o.V. (2001a), o.V. (2001b), o.V. (2002b), o.V. (2002c), o.V. (2002d), Arçelik (2003), S. 9, 12, Arçelik (2004), S. 13, 15, Arçelik (2005a), S. 27, 94, Arctic (2009), Blomberg (2009), Elektra Bregenz (2009), RCTI (2010). Nachdem dargelegt wurde, wie Arçelik durch Akquisitionen internationalisierte, wird nun noch darauf eingegangen, wie die „zugekauften“ Marken Arçeliks Produkt- und Markenpolitik beeinflussen. Schließlich war bei der Akquisition der verschiedenen Unternehmen eines der Hauptmotive Arçeliks, in den verschiedenen europäischen Märkten national bekannte Marken zu erwerben, um dort den Einstieg ins Hochpreissegment zu schaffen. Zuvor war Arçelik in internationalen Märkten – wie bereits kurz erwähnt – zum großen Teil im als wenig lukrativ erachteten OEM-Zulieferergeschäft sowie mit seiner Marke Beko im unteren Preissegment aktiv. Daneben verfolgte Arçelik das Ziel, Marken aufzubauen, mit denen das Unternehmen weltweit im mittleren sowie im hohen Preissegment präsent sein konnte. Abbildung 17 stellt das Markenportfolio Arçeliks graphisch dar. Arçelik vertreibt seine Haushaltsgroßgeräte unter acht verschiedenen Marken – die meisten davon werden jedoch ausschließlich in einzelnen Ländern genutzt. Dazu gehören die Marken Arçelik in der Türkei sowie Leisure und Flavel in Großbritannien; mit diesen Marken ist Arçelik in den dortigen Märkten jeweils im Hochpreissegment tätig. Daneben bringt Arçelik seine Haushaltsgroßgeräte unter dem Markennamen Elektra Bregenz im mittleren Preissegment in Österreich in den Handel; mit den Marken Altus in der Türkei und Arctic in Rumänien ist Arçelik in diesen Ländern im unteren Preissegment vertreten. Neben diesen sechs ausschließlich landesspezifisch genutzten Marken vertreibt Arçelik seine Geräte unter der Marke Beko in der Türkei und unter der Marke Blomberg in Deutschland im mittleren Preissegment, verwendet diese beide Marken jedoch auch in weiteren Ländern. Die Marke Beko wurde dabei von Arçelik als künftige „Weltmarke“ für das untere Preissegment designiert. Die Marke Blomberg wurde neben der ursprünglichen Nutzung in Deutschland auch international als Marke in der mittleren Preisklasse eingeführt. Im Hochpreissegment verfügt Arçelik noch über keine Marke, mit der das Unternehmen global präsent ist; deshalb ist Arçelik bereits seit einigen Jahren auf der Suche nach einem geeigneten Akquisitionsziel.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

613

Global genutzte Marken

Lokal genutzte Marken

(Türkei)

Hochpreissegment (Großbritannien)

(Österreich)

Mittleres Preissegment (Türkei)

Unteres Preissegment

(Deutschland)

(Rumänien)

(Türkei)

Abb. 17: Arçeliks Markenportfolio Quelle: in Anlehnung an Arçelik (2009c), S. 6. Im Hinblick auf Arçeliks Markenpolitik werden nun zwei Länder – Österreich und Deutschland – stärker in den Fokus des Interesses rücken: In Österreich bietet Arçelik Haushaltsgroßgeräte unter den Markennamen Elektra Bregenz im oberen Bereich22 und Beko im unteren Bereich des mittleren Preissegments an. Letzteres ist nicht vollständig im Einklang mit Arçeliks eigentlichem Ziel, die Marke Beko in internationalen Märkten im unteren Preissegment zu positionieren. Weiterhin nutzt Arçelik die designierte globale Marke Blomberg in Österreich nicht: Die in anderen internationalen Märkten unter der Marke Blomberg vertriebenen Geräte werden baugleich in Österreich unter der Marke Elektra Bregenz verkauft. Etwa 80% von Arçeliks österreichischen Umsätzen entfallen auf die Marke Elektra Bregenz, die verbleibenden 20% auf die Marke Beko.23 Bezüglich der Unterschiede zwischen diesen beiden Marken erklärt Karl Matousek, der ehemalige Vertriebsleiter von Elektra Bregenz: „Mit Elektra Bregenz im hochwertigen Segment und Beko für eine jüngere Zielgruppe haben wir genug. Wobei – darauf lege ich Wert – die Beko-Geräte dieselbe Qualität haben und auch aus denselben Produktionsstraßen stammen.“ Aus diesem Grund soll die Marke Beko, die – wie bereits zu sehen war – in Österreich lediglich über den Fachhandel vertrieben wird, zukünftig etwas höher positioniert werden. Der Vorstandsvorsitzende von Elektra Bregenz, Serdal Sözenoglu, formuliert die Gründe wie folgt: „... wir sind jetzt eine Marke für den Fachhandel. Andere setzen hier vielleicht auf Quantität, allerdings müssen sie dann beim Preis Abschläge hinnehmen. Bei uns hat die Marken-Positionierung eindeutig Vorrang vor dem Volumen.“

22

23

Elektra Bregenz soll zukünftig zur Premiummarke in Österreich ausgebaut werden (vgl. o.V. 2009a, S. 66-67). Insgesamt hält Arçelik in Österreich einen Marktanteil von schätzungsweise weniger als 7% – über genaue Zahlen schweigt sich das Unternehmen aus; auch Euromonitor stellt hierzu keine Daten bereit (vgl. Stary 1999, o.V. 2003c, o.V. 2006a, o.V. 2008b).

614

Arçelik

Auch in Deutschland verfolgt Arçelik eine Zweimarkenstrategie: Beko wird als Marke in der unteren und Blomberg in der mittleren Preisklasse angeboten. Im Vergleich zu Österreich ist die Marke Beko in Deutschland jedoch niedriger – als wirkliche Einstiegsmarke im unteren Preissegment – positioniert. Die Marke Blomberg gilt als in der Mittelklasse angesiedelt und wird als Produkt einer „Deutschen Qualitätsmarke“ beworben. Dennoch sind beide Marken in Deutschland noch nicht erfolgreich: Beko verfügte im Jahr 2008 über einen Marktanteil von 0,6%, Blomberg über weniger als 0,1%. Trotz aller Anstrengungen Arçeliks ist noch unklar, ob Arçeliks Markenstrategie – insbesondere hinsichtlich der Marken Elektra Bregenz und Blomberg – erfolgreich sein wird. Bisher bleiben die beiden Marken in den jeweiligen lokalen Märkten hinter ihren Erwartungen zurück. Auch die globale Markenpositionierung erweist sich als komplex. So haben die Marken Beko und Blomberg keine über die Ländergrenzen hinweg einheitliche Positionierung, wie es von Arçelik angestrebt wurde. In Russland etwa werden Blomberg-Geräte zum gleichen Preis verkauft wie ein vergleichbares Gerät des Wettbewerbers BSH, während in Deutschland ein derart hoher Verkaufspreis nicht durchsetzbar ist: Hier ist der Verkaufspreis des Blomberg-Gerätes unter dem Verkaufspreis eines vergleichbaren Gerätes von BSH angesiedelt. Insgesamt liegt der Marktanteil von Blomberg in keiner der bearbeiteten Regionen höher als 0,1%.24 Im Hochpreissegment – in welchem in der Regel höhere Gewinnmargen zu erzielen sind25 – ist Arçelik überhaupt nicht mit einer globalen Marke vertreten. Arçelik versucht zwar schon seit einigen Jahren, eine Marke für dieses Segment zu akquirieren; dies ist jedoch bisher noch nicht gelungen. Durch die Marke Beko konnte Arçelik dem OEM-Zulieferergeschäft zwar „entfliehen“ und sich im lukrativeren Geschäft mit eigenen Marken etablieren; aber Arçelik ist auf internationaler Ebene mit der Marke Beko vorrangig im unteren, von starkem Wettbewerb getriebenen Segment vertreten, in dem nur geringe Gewinnmargen möglich sind. Insofern wird von manchen Experten sogar die Meinung vertreten, dass Arçelik mit OEM-Zuliefererverträgen höhere Gewinne erzielen würde, da im Geschäft mit eigenen Marken hohe Kosten für Marketing und Vertrieb anfielen. Insgesamt zeigt auch ein Blick auf die internationalen Absatzzahlen und die dazugehörigen Umsätze, dass Arçelik besonders im niederen Preissegment vertreten ist: So konnte Arçelik im Jahr 2007 zwar 72% aller verkauften Geräte im Ausland (internationale Umsätze und Exporte) absetzen – dies entspricht aber nur einem wertmäßigen Anteil

24

25

Vgl. Euromonitor (2009a). Betrachtet man nicht Regionen, sondern Länder, sieht Euromonitor lediglich in Belgien (0,9%) und Dänemark (1,1%) einen höheren Marktanteil. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass insbesondere die osteuropäischen Länder nicht detailliert von Euromonitor betrachtet werden. Hanslik (2008), S. 218, geht zum Beispiel davon aus, dass der Haushaltsgerätehersteller Miele aufgrund einer höheren Qualität und Lebensdauer seiner Produkte einen Preispremium von 73% bei seinen angebotenen Waschmaschinen durchsetzen kann. Dies bedeutet, dass Miele für seine Geräte einen Verkaufspreis erzielen kann, der 73% über dem durchschnittlichen Verkaufspreis technisch vergleichbarer Konkurrenzprodukte liegt.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

615

von 55% des insgesamt erzielten Umsatzes. Arçelik kann also seine Geräte in seinem Heimatmarkt zu einem höheren Preis vertreiben als im Ausland. Dies hat neben den weniger lukrativen OEM-Zuliefererverträgen, mit denen Arçelik in internationalen Märkten tätig ist, noch einen weiteren Grund: Arçelik genießt in der Türkei mit seinen beiden Marken Arçelik und Beko – die dort in der mittleren und hohen Preisklasse positioniert sind – bei den Kunden ein höheres Ansehen als mit seiner Marke Beko in globalen Märkten, mit der das Unternehmen vorrangig in der unteren Preisklasse agiert. Auch das exklusiv an Arçelik gebundene Händlernetzwerk dient als Eintrittsbarriere für weitere Wettbewerber und hilft Arçelik, relativ hohe Preise auf dem Heimatmarkt durchzusetzen.

4.4 Weitere Internationalisierungsschritte Den russischen Markt bearbeitet Arçelik verstärkt seit dem Jahr 2006: In diesem Jahr eröffnete Arçelik eine Produktionsstätte für Kühl-/Gefriergeräte sowie Waschmaschinen in der Nähe von Moskau. Rahmi Koç, Ehrenvorsitzender von Koç, merkte hierzu an: „This is one of the most exceptional days in Koç Holding’s 80-year history. We are honored to see the first facility we planned and built in a foreign country begin production.“ Mit einer jährlichen Produktionskapazität von 600.000 Waschmaschinen und 300.000 Kühl-/Gefriergeräten soll der Markt der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) bearbeitet werden. Im Jahr 2008 wurden 520.000 Einheiten von Waschmaschinen und Kühl-/Gefriergeräten produziert und davon ungefähr 97.000 Einheiten exportiert. Der Vorteil einer Produktion in Russland liegt für Arçelik nicht nur in der Nähe zum Absatzmarkt und den geringen Lohnkosten, sondern auch in der Vermeidung von Zöllen. Weiterhin ermöglicht das Freihandelsabkommen innerhalb der GUS auch einen zollfreien Export von Russland in die anderen Länder der GUS. Somit wird trotz geringerer Skalenvorteile (die Produktionskapazität für Kühl-/Gefriergeräte bzw. Waschmaschinen in der russischen Fabrik entspricht nur ca. 10% bzw. 17% der Produktionskapazitäten der türkischen Fertigungsstätten) von Arçelik insgesamt ein Kostenvorteil von 10% bis 15% durch die Produktion in Russland erzielt. Zum Vertrieb der „Weißen Ware“ in der GUS hat Arçelik eine Vertriebsgesellschaft in Moskau gegründet. Da Arçelik in Russland aber nur Kühl-/Gefriergeräte und Waschmaschinen produziert, muss das Unternehmen die anderen Haushaltsgroßgeräte nach Russland exportieren. In Abbildung 18 auf den folgenden zwei Seiten wird aufgezeigt, mit welchen Bedingungen Arçelik – und andere Unternehmen – bei einem Export nach Russland konfrontiert werden. Im Jahr 2005 hatte Arçelik bereits mit dem Export von Waschmaschinen und Geschirrspülmaschinen nach China begonnen, um den dortigen Markt zu testen. Dazu wurde eine eigene Vertriebsgesellschaft in Shanghai gegründet. Nachdem sich Arçeliks Produkte als marktfähig erwiesen haben, akquirierte Arçelik im Jahr 2007 vollständig den chinesischen Waschmaschinenhersteller Changzhou Casa Shinco Appliances Co.

616

Arçelik

mit einer jährlichen Produktionskapazität von 300.000 Einheiten. Die Gründe für das Investment in China sind laut dem früheren Vorstandsvorsitzenden von Arçelik, Gündüz Özdemir, vielfältig: „The key factors are China’s huge market size, its strong prospective for growth, the low penetration rate and the logistic advantage over distant locations.“ Neben diesen Vorteilen will Arçelik China als Brückenkopf zur Erschließung des asiatischen Raums nutzen. Aufgrund von hohen Transportkosten und Zöllen wäre eine reine Exportstrategie, die auf einer Produktion in der Türkei fußt, nicht angebracht. Gleichzeitig sieht Arçelik in den chinesischen Produzenten keine erdrückende Konkurrenz für den europäischen Markt: Eventuelle Kostenvorteile durch eine Produktion in China würden durch hohe Transportkosten nach Europa wieder aufgezehrt. Das Zollregime in Russland Überblick

Für die Einfuhr von Haushaltsgroßgeräten nach Russland fallen unterschiedliche Zollsätze an. Für Kühl-/Gefriergeräte sind 20% des Wertes, mindestens jedoch 0,24 € je Liter Kühl-/Gefriervolumen als Einfuhrzoll zu entrichten; der Zollsatz für Waschmaschinen und Wäschetrockner beträgt 15%, für Kochgeräte 10%. Geschirrspülmaschinen können zollfrei in Russland eingeführt werden. Trotz des Freihandels innerhalb der GUS erheben die verschiedenen Mitgliedsstaaten gegenüber Drittländern unterschiedliche Zollsätze. So gibt es zum Beispiel besonders große Unterschiede zwischen den Tarifen in Russland und Kirgisistan: Kirgisistan hat aufgrund seines WTO-Beitritts die Importzölle massiv gesenkt und damit den Außenhandel weitgehend liberalisiert. Eine Ausnahme zu diesem Wirrwarr an verschiedenen Zollsätzen innerhalb der GUS bilden die Länder Russland, Weißrussland und Kasachstan, die sich im Jahr 2010 zu einer Zollunion zusammengeschlossen haben: Diese Länder erheben nun Drittländern gegenüber einheitliche Zollsätze. Doch Unternehmen, die nach Russland exportieren (oder aber von Russland importieren) haben nicht nur mit diesen teilweise verwirrenden formalen Zollregelungen zu kämpfen, sondern auch mit weiteren Problemen – insbesondere, weil Russland kein Mitglied der WTO ist und damit auch nicht an deren Regelungen gebunden ist. Damit müssen sich Unternehmen, die Handel mit Russland betreiben, „auch künftig auf eine wenig berechenbare russische Zollpolitik einstellen“. Aber nicht nur diese wenig berechenbare Zollpolitik, sondern auch eine Reihe an anderen Faktoren, die nachfolgend kurz erläutert werden sollen, führen zu Problemen beim Außenhandel mit Russland. Insgesamt liegt Russland bei einer Betrachtung der installierten Handelsbarrieren nach einer Untersuchung des Global Trade Alert weltweit an erster Stelle. Administrative Probleme

Im Moment gibt es große Probleme bei der Zollabfertigung: Die verschiedenen russischen Binnenzollämter werden schrittweise direkt an die russischen Außengrenzen verlegt; dies führt zu Einschränkungen, wie der folgende Ausschnitt aus dem Handelsblatt demonstrieren soll: „Die russischen Binnenzollämter werden an die Staatsgrenzen verlegt. … Güter nach Russland zu liefern, war schon immer kompliziert. Jetzt ändert sich das Prozedere erneut, die Entzollung soll direkt an der Staatsgrenze erfolgen. ... Zolltechnisch geht in Moskau und Sankt Petersburg so gut wie nichts mehr. Fast alle Abfertigungsstationen der beiden größten russischen Städte wurden 2009 geschlossen. ... Offiziell sollen so die Ballungsräume in Zentralrussland von Lkw-Schlangen entlastet werden. ... „Es war sinnlos, Gefahrenguttransporte erst durch halb Russland nach Moskau zu schicken, um dann bei der Entzollung festzustellen, dass der Lkw gar nicht ins Land gedurft hätte“, verteidigt Zollexperte Konstantin Piskun vom russischen Logistikunternehmen Transcontainer das Reformprojekt. Doch was in der Theorie gut ist, zeigt in der Praxis Tücken. „Jeder Kunde muss sich jetzt neue Zollposten für die Deklarierung suchen, muss neue Verträge mit Brokern aushandeln“, sagt Uwe Leuschner, der bei der Schenker AG das Russlandgeschäft koordiniert. ... Seit der Schließung der Moskauer Zollposten ist die Abwicklung vorübergehend auf die Zollämter im Umland übergegangen, deren Zahl aber auch verringert wurde. Das Personal ist nun überfordert mit dem Ansturm. Daher kommt es zu deutlich längeren Wartezeiten bei der Zollanmeldung ... . Selbst die Zollbehörde räumt in ihrer Konzeption für die Verlagerung

Durch Export zum „Weißen Riesen“

617

der Kontrollposten ein, dass dafür ihre Mitarbeiter geschult und erheblich in die Infrastruktur investiert werden muss. ... „Eigentlich müsste erst die Infrastruktur an den Grenzen geschaffen werden, dann kann die Verlegung der Zollposten beginnen. Leider läuft es umgekehrt, und das wird zu Problemen führen“, fürchtet Logistiker Piskun. ... Bis die neuen Zollterminals an den Grenzen reibungslos funktionieren, müssen deutsche Exporteure sich aber wohl noch ein paar Jahre gedulden.“ Politische Willkür

Auch politische Willkür hemmt den Handel mit Russland. Im Jahr 2008 kam es zum Beispiel zu Problemen bei der Einfuhr von türkischen Waren nach Russland, wie im Handelsblatt berichtet wird: „Ein Großteil der türkischen Exporte nach Russland läuft auf dem Landweg über Georgien. Seit Beginn der Kaukasus-Krise hält der russische Zoll dort rund 10.000 türkische Lastzüge fest. Die russischen Behörden begründen die Verzögerungen mit neuen Zollbestimmungen. In Ankara vermutet man aber politische Motive: Russland wolle der Türkei mit den Schikanen demonstrieren, dass Georgien kein verlässliches Transitland sei. Georgien hat für die Türkei nicht nur für die Exporte nach Russland und Mittelasien große Bedeutung. Das Land ist auch ein wichtiger Energiekorridor: Öl- und Gaspipelines verlaufen aus der Region am kaspischen Meer über Georgien in die Türkei. Weitere Leitungen sind in der Planung – sehr zum Ärger Russlands, das Öl und Gas vom kaspischen Meer durch eigene Pipelines nach Westeuropa bringen möchte.“ Korruption

Neben diesen – vor allem durch die offizielle staatliche Seite bedingten und oftmals willkürlichen – Handelshemmnissen gibt es jedoch auch Probleme mit der Korruption von Mitarbeitern des Zolls und von Regierungsmitgliedern, wie die folgenden Zitate belegen: „Erst vor zwei Monaten erklärte Putin die Zustände beim Zoll, wo sich Staatsdiener und private Maklerfirmen in „ökonomischer Ekstase“ umarmten, für untragbar. Wenig später wurden der Chef des Bundeszolldienstes und zwei seiner Stellvertreter gefeuert. Doch auf vereinzelte spektakuläre Entlassungen folgen keine Strafprozesse. Und wenn ausnahmsweise Funktionäre wegen Amtsmißbrauchs [sic] vor Gericht kommen, ... wird das Verfahren eingestellt oder endet mit Bewährungsstrafen. ... Daß [sic] die russische Korruption kein Mißstand [sic] sei, sondern Regierungsmethode, bemerkten scharfsichtige Beobachter schon Ende der neunziger Jahre. Da die Oligarchen ihre Vermögen sämtlich unter eklatanter Gesetzesverletzung erwarben, sammelten die weitsichtigsten von ihnen kompromittierendes Material gegen Konkurrenten und hohe Beamte, die im Fall des Falles aktiviert werden konnten. Die alte Geheimdienstmethode wirkt stabilisierend nach dem Modell der atomaren Abschreckung. Auch die heutige Stabilität sei dadurch erkauft, daß [sic] alle Mitglieder des byzantinischen Machtclubs kompromittiert in einem Glashaus säßen.“ „Er selbst [Putin, Anm. d. Verf.] habe vor Jahren fast die gesamte Führung des Zolls auseinandergejagt, aber „die Kanäle arbeiten weiter, wie sie immer gearbeitet haben“, beschwerte sich der Premier.“ „Die Bestechlichkeit habe in Russland längst „System-Charakter angenommen“, urteilt Michael Deljagin, der Direktor des Moskauer Instituts für Globalisierung. In der Korruptionsrangliste von Transparency International belegt das Land Platz 126, gleichauf mit Niger, Sierra Leone und Albanien.“ Direktinvestitionen – als Alternative zu einer Marktbearbeitung durch Export – können diese Probleme für ausländische Unternehmen aber nur bedingt lösen: Unternehmen berichten nicht nur im Rahmen von Exporten nach Russland, sondern auch im Rahmen von geplanten Direktinvestitionen von Korruption und staatlicher Willkür. Ferner exportieren viele Unternehmen die in Russland gefertigten Produkte in angrenzende Länder – und haben dann wiederum mit dem russischen Zollsystem zu kämpfen.

Abb. 18: Das Zollregime in Russland Quelle: o.V. (2006d), S. 112, o.V. (2006e), S. 37, HIK (2007), Höhler (2008), S. 7, Quiring (2009), GTAI (2010a), GTAI (2010b), GTAI (2010c), MADB (2010), Schulze (2010).

618

Arçelik

Zusätzlich zu den genannten Greenfield- und Brownfieldinvestments wählte Arçelik vor kurzem noch eine weitere Strategie des Markteintritts bzw. der Marktbearbeitung. Im Oktober 2007 ging Arçelik eine Strategische Allianz mit Fisher & Paykel Appliances aus Neuseeland ein.26 Mit dieser Allianz wollen die beiden Partner verstärkt in den Bereichen „Technische Entwicklung“ sowie „Marketing“ und „Vertrieb“ kooperieren. Dies ermöglicht Arçelik, seine Aktivitäten auf Neuseeland, Australien und die USA auszuweiten. Außer dem Zugang zu neuen Märkten wird damit auch das Produktangebot beider Hersteller komplementiert. So verkauft Arçelik zum Beispiel eine besonders innovative Geschirrspülmaschine von Fisher & Paykel unter eigener Marke in der Türkei. Daneben vertreibt Arçelik weitere Haushaltswaren – sowohl selbst hergestellte als auch von Fisher & Paykel bezogene Produkte – unter der Marke Fisher & Paykel in Osteuropa. Jedoch ist Fisher & Paykel seit einiger Zeit in finanziellen Schwierigkeiten, so dass unklar bleibt, ob diese Allianz zu den gewünschten Ergebnissen führt. Auch die Tatsache, dass das chinesische Unternehmen Haier im Jahr 2009 eine 20%-ige Beteiligung an Fisher & Paykel erwarb, könnte die Strategische Allianz beeinflussen. Haier möchte damit seine Position in Australien und Neuseeland stärken – ein Ziel, das Arçelik mit der Strategischen Allianz mit Fisher & Paykel verfolgte. Daneben strebt Haier selbst eine stärkere Position auf dem europäischen Markt an.

5

Ausblick

In den letzten Jahren konnte Arçelik zu einem der größten Produzenten für Haushaltsgroßgeräte in der Welt aufsteigen, was insbesondere durch eine erfolgreiche Exportstrategie nach Westeuropa erreicht wurde. Arçelik hat inzwischen im Segment der Haushaltsgroßgeräte in Europa einen Marktanteil von ca. 10% errungen. Durch die Produktion in der Türkei und den Export nach Westeuropa konnte Arçelik Standortvorteile ausnutzen: Die im Vergleich zu Westeuropa relativ niedrigen Arbeitskosten und eine im Vergleich zu anderen osteuropäischen Standorten höhere Produktivität sprechen für die Türkei. So braucht Arçelik in der Türkei zur Produktion einer Waschmaschine lediglich eine Mannstunde, während es in Rumänien drei Mannstunden sind.27 Auch die vergleichsweise gute Ausbildung der türkischen Arbeitskräfte lässt den Standort Türkei für

26

27

Fisher & Paykel ging im Jahr 2004 bereits eine Strategische Allianz mit dem Unternehmen Whirlpool ein. Kern dieser Allianz war zum einen der Vertrieb bestimmter Produkte von Fisher & Paykel durch Whirlpool und zum anderen eine gegenseitige Lizenzierung verschiedener – durch Patente geschützter – Technologien. Auch Einsparungen durch einen gemeinsamen Einkauf von Komponenten sollten erzielt werden (vgl. Fisher & Paykel 2004). Im Jahr 2008 erwarb Fisher & Paykel von Whirlpool eine Produktionsstätte für Kühl-/Gefriergeräte in Mexiko (vgl. Fisher & Paykel 2008a). Vgl. Höhler (2005), S. 42. Die Schätzungen des direkten Lohnkostenanteils an einem produzierten Haushaltsgroßgerät variieren relativ stark und betragen zwischen 4% und 25% (vgl. Root/Quelch 1997, S. 74, Ghemawat 2008, S. 15, IS Investment 2009, S. 25).

Durch Export zum „Weißen Riesen“

619

Arçelik vorteilhaft erscheinen. Die weitere Entwicklung wird zeigen, ob Arçeliks türkische Produktionsstätten diesen Vorsprung auch in Zukunft verteidigen können. „Noch ist die Türkei zwar der beste Produktionsstandort für uns“, schlussfolgert Atilla Ilbaú, COO von Arçelik, „aber wir sehen uns auch auf neuen Märkten um.“ Eine Möglichkeit wäre ein stärkeres Engagement im Nahen Osten, wie Levent Çakiroglu, CEO von Arçelik, bemerkt: „Although Europe will be our major market, we will be growing faster in the Middle East.”28 Dabei wird neben einer stärkeren Marktbearbeitung durch Export auch der Aufbau einer Produktionsstätte in Ägypten in Erwägung gezogen.29 Levent Çakiroglu bemerkt jedoch im selben Atemzug, dass die Produktionsstätten in der Türkei sehr effizient arbeiten und die Türkei durch die Zollunion mit der EU Lohnkostennachteile gegenüber anderen Ländern in der Region bis zu einem gewissen Grad in Kauf nehmen kann. Eine andere Alternative der Expansion ist der Ausbau des Engagements in China, wie Arçelik nach seiner ersten dortigen Investition betonte: „With this investment there will be an increase in our pace of growth in the Chinese market, which has an important place in our growth strategy.”30 Insbesondere die durch einen Export aus der Türkei anfallenden Logistikkosten dürften langfristig eine lokale Produktion nicht nur von Waschmaschinen, sondern auch von anderen Haushaltsgeräten erforderlich machen.31 Arçelik wirft indes nicht nur ein Auge auf den Nahen Osten und auf China, sondern auch auf den gesamten asiatisch-pazifischen Raum sowie auf den nordamerikanischen Markt und möchte dort vorrangig durch die Akquisition von Wettbewerbern wachsen, wie Gündüz Özdemir darlegt: „We will continue to buy companies in harmony with our strategy.“ Lediglich Lateinamerika und Afrika (mit Ausnahme von Ägypten) finden in Arçeliks Aussagen zur strategischen Entwicklung des Unternehmens keine Erwähnung.

28

29

30

31

Dies ist auch konsistent mit der Einschätzung von Höhler/Heilmann (2010), S. 18-19, dass der Handel mit der arabischen Welt für die Türkei an Bedeutung gewinnt. Für einen Überblick über die wirtschaftliche und politische Situation in der Türkei sei daneben verwiesen auf Höhler (2010), S. 20-21. Arçelik war bereits von 1998 bis zum Jahr 2003 in Tunesien engagiert. Dort wurde im Jahr 1998 das Unternehmen Tunusdan gegründet – vermutlich als Joint Venture zusammen mit dem tunesischen Unternehmen ABS Electro, das zu diesem Zeitpunkt Arçeliks Haushaltsgroßgeräte importierte und dort vertrieb. Weitere Details sind jedoch nicht bekannt. Arçelik verkaufte seine Anteile an Tunusdan im Jahr 2003, als das Unternehmen die Erwartungen Arçeliks nicht erfüllte. Im Jahr 2002 wurden insgesamt 30.000 Kühl-/Gefriergeräte, Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen und Kochgeräte produziert und die gesamte Produktion über eine ebenfalls in Tunesien ansässige Vertriebsgesellschaft in Tunesien und im Nachbarland Libyen verkauft (vgl. Remich 1997, S. 11, Arçelik 2003, S. 5, 12, 31, Arçelik 2004, S. 39, Colpan 2010, S. 507). o.V. (2007). Ein stärkeres Engagement in China erscheint relativ schwierig: Arçelik muss sich nicht nur gegen die lokalen bzw. regionalen Hersteller aus China, Korea und Japan durchsetzen, die den größten Teil des Marktes beherrschen, sondern auch gegen die anderen großen „Player“ der Haushaltsgroßgeräteindustrie, welche bereits seit einiger Zeit vor Ort agieren. Dieser starke Wettbewerb wird von Branchenkennern als Barriere für Arçelik gesehen, dort Fuß zu fassen (vgl. IS Investment 2009, S. 48). Zur Rolle der Logistikkosten bei der Distribution von Haushaltsgroßgeräten sei verwiesen auf Perona et al. (2001), S. 233-234. Die Autoren gehen davon aus, dass die Logistikkosten (betrachtet über die gesamte Wertschöpfungskette) im Schnitt 18% des Endverkaufspreises eines Haushaltsgroßgerätes betragen. Der Gewinn pro Haushaltsgroßgerät beträgt (ebenfalls über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet) im Schnitt lediglich 5,5% des Endverkaufspreises; vgl. auch Electrolux (2006), S. 14.

620

Arçelik

Auch wenn Arçelik nun verstärkt auf Akquisitionen zur weiteren Internationalisierung setzt – einen Verzicht auf Exporte wird dies nicht bedeuten. Aufgrund hoher erzielbarer Skalenvorteile wird Arçelik nach wie vor auf Produktionsstätten mit hohen Kapazitäten bzw. Produktionsmengen angewiesen sein; der Absatz der gesamten Produktionsmenge in einem einzigen Ländermarkt ist jedoch kaum möglich. Dementsprechend wird Arçelik auch in Zukunft ausgehend von den verschiedenen Produktionsstätten geographisch naheliegende Märkte durch Exporte bedienen.

Durch Export zum „Weißen Riesen“

621

Anhang: Entwicklung des Marktes für Haushaltsgroßgeräte Welt

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

282.155

301.605

317.486

337.766

356.359

369.661

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

108.351

104.007

105.565

114.387

121.050

121.017

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

79.229

84.042

87.890

93.946

100.366

104.428

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

38.512

36.888

37.614

41.305

44.381

44.573

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

83.241

89.622

95.273

101.555

107.227

111.709

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

28.671

27.608

28.336

30.915

33.099

33.666

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

16.254

17.472

18.270

18.856

19.311

19.506

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

8.470

8.280

8.356

8.699

8.867

8.663

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

103.431

110.469

116.053

123.409

129.455

134.019

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

32.698

31.232

31.259

33.469

34.702

34.114

Asien/Pazifik

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

104.417

112.185

119.816

130.248

142.563

153.793

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

26.810

24.729

24.761

27.060

29.279

29.883

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

24.881

26.479

27.896

30.686

35.085

38.871

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

9.568

8.822

8.825

9.686

10.785

11.240

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

29.949

32.743

35.215

38.209

41.255

43.872

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

7.177

6.757

6.892

7.611

8.249

8.328

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

1.484

1.625

1.679

1.748

1.828

1.921

638

627

603

621

629

604

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

48.103

51.338

55.026

59.606

64.395

69.129

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

9.428

8.523

8.441

9.142

9.617

9.711

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

Australasien

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

3.073

3.254

3.459

3.757

4.022

4.151

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

1.546

1.629

1.786

1.989

2.072

2.152

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

1.056

1.109

1.167

1.261

1.370

1.419

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

629

660

715

782

819

837

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

902

982

1.079

1.227

1.329

1.372

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

327

362

426

513

555

600

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

325

346

369

392

414

432

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

179

183

193

203

195

196

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

790

817

844

877

910

928

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

412

424

451

491

504

519

622

Lateinamerika

Arçelik

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

22.730

26.144

27.390

30.111

34.092

36.407

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

7.282

6.808

7.294

9.271

12.073

13.667

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

7.095

8.403

9.053

10.149

12.000

12.633

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

3.274

3.140

3.523

4.618

6.241

7.043

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

6.587

7.526

7.818

8.679

9.843

10.765

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

2.060

1.855

1.884

2.324

2.905

3.225

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

81

97

103

111

150

181

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

42

40

42

48

67

82

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

8.966

10.118

10.416

11.171

12.099

12.828

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

1.907

1.773

1.845

2.281

2.860

3.319

Naher Osten/Afrika

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

10.991

11.825

12.568

13.549

13.982

13.704

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

3.929

3.902

3.950

4.230

4.280

3.885

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

3.534

3.845

4.109

4.413

4.512

4.327

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

1.582

1.578

1.621

1.747

1.736

1.551

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

4.547

4.751

4.945

5.261

5.429

5.323

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

1.508

1.437

1.399

1.460

1.499

1.379

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

125

145

161

170

181

183

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

82

77

77

81

83

78

2.784

3.084

3.354

3.706

3.859

3.871

757

810

853

943

962

877

Kochgeräte (Tsd. Einheiten) Kochgeräte (EVP in Mio. €)

Nordamerika

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

54.536

58.416

60.227

60.194

57.705

54.227

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

30.809

29.404

28.953

29.911

29.390

25.917

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

16.993

17.789

18.042

18.084

17.119

16.082

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

12.137

11.596

11.382

11.899

11.686

10.370

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

16.768

18.037

18.935

19.144

18.424

17.711

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

6.436

6.239

6.307

6.607

6.562

5.962

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

6.971

7.667

8.041

7.933

7.739

7.205

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

3.337

3.161

3.134

3.149

3.128

2.732

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

13.805

14.923

15.209

15.033

14.423

13.230

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

8.900

8.408

8.130

8.256

8.015

6.852

Durch Export zum „Weißen Riesen“

Osteuropa

623

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

15.436

16.601

18.388

19.866

22.470

24.477

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

5.756

5.497

5.905

6.787

8.031

8.827

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

5.098

5.466

6.073

6.754

7.603

8.322

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

1.932

1.831

2.027

2.449

2.941

3.237

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

5.359

5.911

6.735

7.097

8.130

8.871

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

2.163

2.099

2.246

2.445

2.911

3.253

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

303

336

388

468

586

721

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

156

156

171

214

266

324

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

4.676

4.887

5.192

5.548

6.150

6.563

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

1.506

1.412

1.461

1.680

1.913

2.014

Westeuropa

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Haushaltsgroßgeräte gesamt (Tsd. Einheiten)

70.973

73.181

75.638

80.041

81.527

82.903

Haushaltsgroßgeräte gesamt (EVP in Mio. €)

32.219

32.037

32.916

35.140

35.923

36.686

Kühl-/Gefriergeräte (Tsd. Einheiten)

20.573

20.951

21.551

22.599

22.677

22.774

Kühl-/Gefriergeräte (EVP in Mio. €)

9.391

9.262

9.521

10.124

10.173

10.295

Waschmaschinen/Wäschetrockner (Tsd. Einheiten)

19.129

19.672

20.546

21.939

22.818

23.797

Waschmaschinen/Wäschetrockner (EVP in Mio. €)

9.002

8.859

9.181

9.955

10.419

10.920

Geschirrspülmaschinen (Tsd. Einheiten)

6.965

7.256

7.529

8.035

8.413

8.862

Geschirrspülmaschinen (EVP in Mio. €)

4.038

4.036

4.136

4.384

4.499

4.648

Kochgeräte (Tsd. Einheiten)

24.307

25.303

26.013

27.469

27.619

27.471

Kochgeräte (EVP in Mio. €)

9.788

9.881

10.078

10.677

10.832

10.823

EVP = Endverbraucherpreis Stand 04.06.2009.

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Fragen und Aufgaben 1.

Arçelik ist in der Branche der „Weißen Ware“ aktiv. Branchen werden laut vieler Autoren im Internationalen Management, wie z.B. Doz/Prahalad oder Bartlett/ Ghoshal, durch Lokalisierungs- und Globalisierungskräfte beeinflusst. a) Bitte argumentieren Sie, in welchem Umfang in der Branche der Haushaltsgroßgeräte Lokalisierungs- und Globalisierungskräfte wirken. Versuchen Sie abschließend zu beurteilen, ob es sich bei der Branche der „Weißen Ware“ Ihrer Meinung nach um eine internationale, eine multinationale, eine globale oder eine transnationale Branche handelt. b) Sehen Sie Anhaltspunkte dafür, dass die Lokalisierungs- und Globalisierungskräfte in unterschiedlichen Gerätekategorien (z.B. Kochgeräte, Waschmaschinen etc.), in unterschiedlichen Funktionen (z.B. Produktion, Vertrieb) oder Regionen (z.B. Westeuropa, Osteuropa, Nordamerika) unterschiedlich ausgeprägt sind?

2.

Bereits im Fallstudientext wurde die Frage aufgeworfen, ob es sich bei der vorliegenden Branche um eine globale Branche und ob es sich bei den meisten der Wettbewerber um globale Wettbewerber handelt. a) Bitte definieren Sie zunächst, was Sie unter Globalisierung und einem globalen Unternehmen sowie unter Regionalisierung und einem regionalen Unternehmen verstehen. Sie können dazu z.B. folgende Literatur zu Rate ziehen: Kutschker, Michael/Schmid, Stefan (2001): Internationales Management. 7. Aufl., Oldenbourg, München, 2011, v.a. S. 159-200.

Rugman, Alan/Hodgetts, Richard (2011): The End of Global Strategy. In: European Management Journal, 19. Jg., Nr. 4, 2001, S. 333-343.

Schmid, Stefan (2000): Was versteht man eigentlich unter Globalisierung …? Ein kritischer Überblick über die Globalisierungsdiskussion. Diskussionsbeitrag Nr. 144 der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt, Kath. Universität Eichstätt, Dezember 2000. Stopford, John M./Baden-Fuller, Charles W.F. (1987): Regional-Level Competition in a Mature Industry: The Case of European Domestic Appliances. In: Journal of Common Market Studies, 26. Jg., Nr. 2, 1987, S. 173-192.

b) Nehmen Sie im Anschluss dazu Stellung, wie Sie selbst die Branche der Haushaltsgroßgeräte und die Unternehmen dieser Branche im Hinblick auf die Frage „global/regional“ einordnen würden. 3.

In der Fallstudie wurden Whirlpool, Electrolux, BSH, GE und Indesit als die fünf größten Unternehmen der Branche identifiziert. a) Welche zwei der fünf genannten Unternehmen stellen Ihrer Meinung nach die stärksten Wettbewerber für Arçelik dar? Bitte begründen Sie kurz Ihre Auswahl.

634

Arçelik b) Erstellen Sie SWOT-Analysen für Arçelik sowie die beiden von Ihnen unter a) genannten Wettbewerber und identifizieren Sie darauf aufbauend Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Konkurrenten.

4.

Arçelik begann seine Internationalisierung mit der Lizenznahme und mit dem Export von Geräten im Rahmen von OEM-Zuliefererverträgen. a) Erläutern Sie zunächst, welche Vor- und Nachteile die Lizenznahme für Arçelik hatte bzw. gehabt haben könnte. b) Diskutieren Sie ferner, welche Vor- und Nachteile die OEM-Zuliefererverträge für Arçelik hatten bzw. gehabt haben könnten.

5.

Arçelik hat seit Jahren das Ziel, seinen Anteil im OEM-Zulieferergeschäft zu verringern. Vestel – ebenfalls ein türkischer Haushaltsgroßgerätehersteller – verfolgt dagegen die Strategie, in Westeuropa ausschließlich als OEM-Zulieferer zu fungieren. Informieren Sie sich durch eigene Recherchen über Vestel und stellen Sie die beiden Unternehmen und ihre jeweiligen Strategien anhand von Kriterien, die Sie vorab definieren, gegenüber. Welches Unternehmen hat sich Ihrer Meinung nach für die bessere Strategie entschieden?

6.

In einer frühen Phase der Internationalisierung exportierte Arçelik seine Haushaltsgroßgeräte auf Gelegenheitsbasis. Auch später nutzte Arçelik vorrangig die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie des Exports. a) Welche Motive haben Arçelik Ihrer Meinung nach dazu bewogen, die Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie des Exports zu wählen? Sehen Sie im Hinblick auf die Motive Veränderungen im Zeitablauf? b) Erläutern Sie, welche Formen des Exports für Arçelik grundsätzlich möglich gewesen wären. Gehen Sie dabei auch auf die Vor- und Nachteile der jeweiligen Formen ein.

7.

Im weiteren Verlauf der Internationalisierung Arçeliks wurden die in der Türkei hergestellten Geräte ab Beginn der 1990er Jahre durch eigene im Ausland errichtete Vertriebsgesellschaften verkauft, wodurch es zum Intra-Firmen-Export bzw. IntraFirmen-Handel kommt. a) Recherchieren Sie, welche Bedeutung der Intra-Firmen-Handel im internationalen Wirtschaftsverkehr generell hat – also nicht nur im Rahmen von Vertriebsgesellschaften, sondern auch z.B. im Rahmen von Produktionsverlagerungen.

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b) Würden Sie den Export über eigene Vertriebsgesellschaften als indirekten Export oder als direkten Export klassifizieren? Kennen Sie neben dieser Klassifizierung noch weitere mögliche Klassifizierungen? Zur Beantwortung der Frage werden folgende Quellen empfohlen: Benkenstein, Martin/Stephan, Anja (2004): Direkter vs. Indirekter Export: Eine vergleichende Analyse. In: Zentes, Joachim/Morschett, Dirk/Schramm-Klein, Hanna (2004, Hrsg.): Außenhandel: Marketingstrategien und Managementkonzepte, Gabler, Wiesbaden, 2004, S. 353-367. Kutschker, Michael/Schmid, Stefan (2011): Internationales Management. 7. Aufl., Oldenbourg, München, 2011, v.a. S. 159-200. Schmid, Stefan (2004): Importe als Basisform des Außenhandels – Erschließung ausländischer Beschaffungsmärkte und Produktionsstandorte. In: Zentes, Joachim/Morschett, Dirk/Schramm-Klein, Hanna (2004, Hrsg.): Außenhandel: Marketingstrategien und Managementkonzepte, Gabler, Wiesbaden, 2004, S. 59-81.

c) Warum wählte Arçelik Ihrer Meinung nach für den Export in einige zentrale westeuropäische Länder eigene Vertriebsgesellschaften? Welche Vor- und Nachteile bietet diese Strategie? 8.

Arçelik entschied sich vor einigen Jahren, Wettbewerber in Westeuropa zu akquirieren, wie zum Beispiel Blomberg aus Deutschland und Elektra Bregenz aus Österreich. a) Welche Motive lagen den Akquisitionen von Blomberg und Elektra Bregenz zugrunde? b) War die Übernahme dieser beiden Unternehmen für Arçelik Ihrer Meinung nach vorteilhaft? Begründen Sie bitte Ihre Meinung. c) Arçelik verlagerte nach dem Kauf die Produktion beider Unternehmen in die Türkei und schloss die deutschen bzw. österreichischen Werke. Welche Gefahren sehen Sie in einem solchen Vorgehen? Lesen Sie dazu auch den folgenden Text, der Arçeliks Wettbewerber Electrolux betrifft. Hinweis: Die von Ihnen zu identifizierenden Gefahren sollen sich nicht auf die Problematik des untenstehenden Textes beschränken, sondern weitere Argumente beinhalten. Zur Beantwortung dieser Frage können Sie ferner auf folgende Literatur zurückgreifen, die sich mit Konsumentenboykotten im Allgemeinen bzw. mit dem Konsumentenboykott von Electrolux im Speziellen beschäftigt: Hoffmann, Stefan (2008): Boykottpartizipation: Entwicklung und Validierung eines Erklärungsmodells durch ein vollständig integriertes Forschungsdesign. Gabler, Wiesbaden, 2008. Klein, Jill G./Smith, N. Craig/John, Andrew (2004): Why we Boycott: Consumer Motivations for Boycott Participation. In: Journal of Marketing, 68. Jg., Nr. 3, 2004, S. 92-109. Müller, Stefan/Wittig, Katja/Hoffmann, Stefan (2006): Empirische Befunde zum Konsumentenboykott: Der Fall AEG/Electrolux. Working Paper der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, TU Dresden, Dresdner Beiträge zur Betriebswirtschaft Nr. 116/06, Dresden 2006.

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Probleme bei der Verlagerung von Produktionsstätten

Im Dezember 2005 entschied Arçeliks Wettbewerber Electrolux, seine deutschen Produktionsstätten (diese hatte Electrolux im Rahmen der Übernahme von AEG akquiriert) in Nürnberg zu schließen. Die Folge war ein Aufruf zum Konsumentenboykott von Electrolux-Produkten (einschließlich der Marken Electrolux, Zanussi und AEG) durch verschiedene Anspruchsgruppen. Es wurde eigens eine Internetseite eingerichtet (www.jobkiller-electrolux.de), mit welcher der Boykottaufruf schneller verbreitet werden sollte. Daneben wurde auch das Werk in Nürnberg mehrere Wochen bestreikt. Zwischen 2005 und 2007 reduzierte sich der Umsatz von Electrolux in Deutschland von etwa 1 Mrd. € auf ca. 760 Mio. €. Dies entspricht einem Rückgang des Marktanteils von 10,8% im Jahr 2005 auf 8,8% im Jahr 2007.

Logo zum Boykottaufruf Quelle: www.jobkiller-electrolux.de Im Jahresbericht von Electrolux für 2006 wird über die Probleme und Folgen der Produktionsverlagerung berichtet: „… In 2006, Electrolux took new initiatives for the future production structure. At the end of 2005, it was decided that the plant in Nuremberg, Germany, would be closed. A long strike at the plant early in 2006 meant that products could not be delivered as planned, which led to loss of market share. On the whole, the problems at Nuremberg in 2006 generated an extra cost of approximately SEK 500 million [entspricht etwa 54 Mio. €; Anm. d. Verf.] for the Group. … In December 2005, the decision to close the factory in Nuremberg, Germany, was announced. Following the decision, a workers’ strike was staged. The agreement that ended the strike on March 7, 2006, featured a social tariff contract including the severance payment of 1.8 monthly salaries per year of employment. Employees were also offered temporary employment in a training company while older employees were offered pre-retirement schemes. … Moving production from Germany to Hungary has cut costs in Europe by more than 20 percent. Labor costs have been drastically reduced, while transportation costs have increased somewhat. … The Group’s market share recovered by year-end after a decline due to the strike in Nuremburg in Germany at the beginning of the year. …”

Quelle: Electrolux (2007): Annual Report 2006. Stockholm, 2007.

Durch Export zum „Weißen Riesen“ 9.

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Stellen Sie sich folgende Ausgangssituation vor: Arçelik plant, einen kleineren französischen Konkurrenten mit einer lokal sehr bekannten Premiummarke zu übernehmen. Der Marktanteil dieses Unternehmens, das ausschließlich Kochgeräte herstellt, liegt in Frankreich bei ca. 18% (bezogen auf das Hochpreissegment); in Westeuropa – der einzigen bearbeiteten Auslandsregion – besitzt das Unternehmen einen Marktanteil von etwa 3% im Hochpreissegment. Arçelik verfolgt mit der geplanten Akquisition zwei Ziele: Zum einen soll der Marktanteil in Frankreich ausgebaut und zum anderen die französische Marke als Premiummarke für Kochgeräte in ganz Europa positioniert werden. Problematisch erscheint jedoch, dass sich die beiden Werke des französischen Unternehmens auf einem technologisch veralteten Stand befinden, da die Produktion größtenteils in Handarbeit erfolgte; eine kostendeckende Produktion ist somit dort nicht mehr gewährleistet. In der Türkei verfügt Arçelik momentan über freie Kapazitäten und könnte die Produktion ohne größere Investitionen durchführen. Der Vorstandsvorsitzende von Arçelik bittet Sie um eine fundierte Einschätzung, ob eine Produktionsverlagerung in die Türkei sinnvoll wäre. Liefern Sie ihm eine Entscheidungsvorlage.

10. In der Fallstudie wurde darauf verwiesen, dass Arçelik im Jahr 1996 den ostdeutschen Kühl-/Gefriergerätehersteller Foron übernehmen wollte. Dazu nutzte Arçelik z.B. auch die Hilfe von zwei Unternehmensberatungen, die das potentielle Akquisitionsobjekt über einen Zeitraum von 10 Monaten intensiv begutachteten. Letztlich entschied sich Arçelik gegen diese Akquisition. Später beschloss Arçelik, ein anderes Unternehmen in Deutschland zu übernehmen. In Österreich, Rumänien oder China kam es nach ausführlichen Analysen ebenfalls zur Akquisition von lokalen Unternehmen. a) Nennen Sie – unabhängig von der Fallstudie – die Vor- und Nachteile von Akquisitionen gegenüber Neugründungen einerseits und weiteren Markteintrittsund Marktbearbeitungsstrategien andererseits. b) Erstellen Sie eine kurze Übersicht mit Voraussetzungen, die Foron Ihrer Meinung nach hätte erfüllen müssen, um ein attraktives Akquisitionsobjekt für Arçelik zu sein. c) Zeichnen Sie beispielhaft nach, wie eine Akquisition eines anderen Unternehmens verläuft. Nehmen Sie dabei Bezug auf die verschiedenen Phasen einer Akquisition, auf die rechtlichen Rahmenbedingungen bzw. Restriktionen, auf die verschiedenen an einer Akquisition beteiligten Akteure und auf mögliche Probleme, die durch länderübergreifende Akquisitionen entstehen können. d) Im Rahmen von Akquisitionen kann es zu Integrationsproblemen kommen. Welche Möglichkeiten der kulturellen Integration stehen grundsätzlich zur Verfügung? Welche dieser Möglichkeiten würden Sie Arçelik für seine in China akquirierte Produktionstochtergesellschaft empfehlen?

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Arçelik e) Wie im Text bereits erwähnt wurde, bemerkte der frühere Vorstandsvorsitzende von Arçelik, Nedim Esgin, im Jahr 2005 enthusiastisch: „The aim of Arçelik ... is to grow in the international markets. Domestic and international partnerships, acquisitions, and mergers are all means of reaching this aim.” Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Arçeliks Wettbewerber Electrolux, Michael Treschow, sah Akquisitionen dagegen eher kritisch: „I would prefer to grow organically, but sometimes you don’t have that luxury.” Welche Vorteile hat organisches Wachstum für ein Unternehmen? Was könnte Michael Treschow damit meinen, dass man manchmal ‚nicht den Luxus hat’, organisch zu wachsen?

11. Arçelik ging im Jahr 2007 eine Strategische Allianz mit Fisher & Paykel ein. Dadurch kann es verstärkt zu einem Phänomen kommen, welches als Kooperationswettbewerb bzw. Co-opetition bezeichnet wird. Durch den Einstieg von Haier bei Fisher & Paykel kann sich dieses Phänomen für Arçelik noch verstärken. a) Erläutern Sie den Begriff der Co-opetition genauer. Gehen Sie anschließend auf die Probleme von Coopetition im Allgemeinen, d.h. unabhängig vom vorliegenden Fall, ein. b) Würden Sie Arçelik empfehlen, die Allianz mit Fisher & Paykel beizubehalten, zu verändern oder zu kündigen? Begründen Sie Ihre Meinung. c) Auch Arçelik galt – neben Haier, Whirlpool und LG – im Jahr 2009 als potentieller strategischer Investor für Fisher & Paykel. Das neuseeländische Traditionsunternehmen wollte einen Anteil von etwa 20 bis 25% verkaufen, um mit der Kapitalzufuhr der Insolvenz zu entgehen. Hätten Sie als Assistent des Vorstandsvorsitzenden von Arçelik zu einer Investition geraten? Begründen Sie Ihre Meinung. Nutzen Sie bitte auch eigene Recherchen zur Beantwortung dieser Frage. 12. Die 20%-ige Beteiligung von Haier an Fisher & Paykel im Jahr 2009 weckte unter vielen Aktionären des neuseeländischen Unternehmens große Bedenken. Zur Verdeutlichung dieser Bedenken werden im Folgenden Zitate aus einem Zeitungsartikel vorgestellt: Sunday Star-Times, 07.06.2009: „Foreign Investment a Tale of Partners and Parasites”.

„… But after the fact, [shareholder; Anm. d. Verfassers] association chairman Bruce Sheppard posted a blog expressing „alarm“ at the placement of a 20% stake with Chinese interests. „If this is racist, then get over it“, says straight-talking Sheppard. „But my concern is that the Chinese don't think like us. Whether they think better or worse is a moot point, but they run on different and maybe better business principles and codes.“ If other listed companies that had fallen under Chinese control were anything to go by, cultural change meant management change, says Sheppard. And that could mean outcomes minority shareholders were not always happy about. … But one analyst told the Sunday Star-Times: „This deal looks like taking advantage of a company on its knees, with the intent of stripping out the intellectual property and then buggering off. But for heaven's sake, don't quote me.“ … No sinophobia here, but still-bright memories of the track-record of mainly American and Australi-

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an companies which have taken significant cornerstone shareholdings in New Zealand companies, and with sometimes very unhappy results not only for the company involved, but for NZ Inc itself. … Instead of managing the companies well, the acquirers concentrated on extracting as much cash as possible by paying themselves huge dividends, significant management fees, over-charging for services and then buggering off, leaving the company and small shareholders damaged in the process. … So what kind of cornerstone shareholder will Haier prove for Fisher & Paykel Appliances? The short answer is we don't yet know, says market commentator Arthur Lim. Investment by Chinese corporations of their considerable cash reserves in companies around the world had really only picked up this year, he says. And most of it was in resource companies, not industrial companies such as F&P. … „Any partnership is a two-way affair, and this one holds real promise for F&P if both sides can stick to that agreement“, he says. The danger for F&P was not so much that equity would be stripped from its balance sheet, but that the company would lose its identity and considerable reputation as a high-end, high-tech business. …“

Quelle: Sheeran, Gary (2009): Foreign Investment a Tale of Partners and Parasites. Internetseiten von Sunday Star-Times, 2009. URL: http://www.stuff.co.nz/ sunday-star-times/business/2477783/Foreign-investment-a-tale-ofpartnersand-parasites (Stand: 05.09.2010). a) Welche grundlegenden Vor- und Nachteile sehen Sie in der Beteiligung von Haier an Fisher & Paykel aus Sicht der Aktionäre? b) Welche Vor- und Nachteile bringt die Beteiligung von Haier an Fisher & Paykel aus Sicht von Arçelik? c) Recherchieren Sie zur Beantwortung beider Fragen auch Informationen über die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen Haier und Fisher & Paykel bzw. zwischen Arçelik und Fisher & Paykel. 13. Innerhalb der theoretischen Ansätze zur Erklärung der Internationalisierung von Unternehmen existieren die Ansätze des oligopolistischen Parallelverhaltens. Bitte diskutieren Sie, inwiefern Ihrer Meinung nach die Internationalisierung von Arçelik den Ansätzen des oligopolistischen Parallelverhaltens folgt. 14. Zur theoretischen Beschreibung und Erklärung von Internationalisierungsprozessen wird immer wieder der Ansatz der Uppsala-Schule herangezogen. a) Fassen Sie kurz zusammen, welche Aussagen die Uppsala-Schule im Hinblick auf das Internationalisierungsmuster von Unternehmen trifft. b) Erläutern Sie ausführlich, ob die bisherige Internationalisierung Arçeliks dem Internationalisierungsmuster der Uppsala-Schule folgt.

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15. Arçelik überlegt, die zum Unternehmen gehörende Marke Grundig nun auch für Haushaltsgroßgeräte zu verwenden. a) Bitte informieren Sie sich zunächst über das Phänomen des Markenimagetransfers und diskutieren Sie anschließend die Vor- und Nachteile, die der Transfer von Markenimages im Allgemeinen bietet. b) Sollte Arçelik Ihrer Meinung nach Grundig als Premiummarke für den europäischen Markt der Haushaltsgroßgeräte verwenden? Begründen Sie Ihre Meinung. 16. Die Identifikation von relevanten zu bearbeitenden Marktsegmenten ist für Arçelik sehr wichtig. a) Arçeliks Marketingleiter möchte im deutschen Markt relevante Segmente auf der Basis von Persönlichkeitsmerkmalen identifizieren. Er bittet Sie um ein kurzes Statement, welche Vor- und Nachteile eine psychographische Segmentierung auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen bietet. Hinweis: Ein guter Überblick über die psychographische Segmentierung auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen findet sich z.B. in folgendem Werk: Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred (2008): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. 10. Aufl., Gabler, Wiesbaden, 2008, S. 200-204.

b) Sehen Sie sich nun bitte die Sinus-Milieus als ein Beispiel einer psychographischen Segmentierung auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen an. Welches Segment oder welche Segmente sollte Arçelik Ihrer Meinung nach bearbeiten? Mit welchen Produkten bzw. Marken sollte Arçelik auf dieses Segment/diese Segmente Ihrer Auffassung nach abzielen? c) Bei Ihrer Recherche zu den Sinus-Milieus sind Sie auch auf die Euro-SocioStyles gestoßen. Wären diese Ihrer Meinung nach besser geeignet, da sie eine integrale Marktsegmentierung zulassen? Wie würden Sie Arçeliks Marketingleiter davon überzeugen, eine Marktsegmentierung basierend auf Euro-SocioStyles vorzunehmen? Gehen Sie zu Beginn Ihrer Antwort kurz darauf ein, wie sich intranationale von integralen Marktsegmentierungen abgrenzen lassen und worin die jeweiligen Vorteile dieser beiden Segmentierungen liegen. 17. In der Türkei und im Nahen Osten vertreibt Beko seine Produkte zu einem großen Teil in „Beko-Exclusive-Shops“. Kürzlich wurden in Wien die ersten beiden „BekoExclusive-Shops“ in Westeuropa eröffnet. Ist dieses System für Westeuropa im Allgemeinen geeignet? Stellen Sie zur Beantwortung dieser Frage unter anderem Recherchen darüber an, welche Vertriebswege in verschiedenen Ländern Westeuropas für den Verkauf von Haushaltsgroßgeräten hauptsächlich genutzt werden.

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18. Georg Lackner, ehemaliges Vorstandsmitglied von Elektra Bregenz, gab zur Vertriebspolitik seines Unternehmens folgendes Statement ab: „Eine Anbindung an Deutschland wird’s nicht geben. Lokale Märkte müssen auch lokal bearbeitet werden.“ Im Hinblick auf das Design und die Ausstattung der verschiedenen Geräte vertritt Theresia Heitzinger, Produktmanagerin bei Elektra Bregenz, einen anderen Standpunkt: „Wir sind das Vorzeigeland, das sagt, wo es langgeht. Was für Österreich recht ist, ist für die ganze Welt recht.“ Nehmen Sie zu beiden Aussagen kritisch Stellung. 19. Innerhalb von vielen grenzüberschreitend tätigen Unternehmen kommt es auch zu Beziehungen zwischen den einzelnen Tochtergesellschaften (und nicht nur zu Beziehungen zwischen der Muttergesellschaft und den Tochtergesellschaften). a) Bitte informieren Sie sich zunächst über unterschiedliche Beziehungen, die zwischen den Tochtergesellschaften bestehen können. Greifen Sie dazu z.B. auf folgende Literatur zurück: Schmid, Stefan/Maurer, Julia (2011): Relationships Between MNC Subsidiaries – Opening a Black Box in the International Business Field. In: Schmid, Stefan (2011, Hrsg.): Internationale Unternehmungen und das Management ausländischer Tochtergesellschaften. Gabler, Wiesbaden, 2011, S. 53-83.

b) Versetzen Sie sich in die Rolle des Managements von Arçelik. Würden Sie stärker Wettbewerb oder stärker Kooperation zwischen den Tochtergesellschaften fördern? Begründen Sie bitte Ihre Meinung und entwickeln Sie auch Maßnahmen, die Sie ergreifen würden, um die von Ihnen als optimal empfundene Balance zwischen Wettbewerb und Kooperation sicherzustellen. 20. Gehen Sie bitte von folgender Situation aus: Arçelik plant, seine Internationalisierung weiter voranzutreiben. Sie sind Assistent des Vorstandsvorsitzenden und sollen ihn bei seinen Planungen beraten. Bitte machen Sie einen Vorschlag zu Arçeliks a) Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, b) Zielmarktstrategien, c) Timingstrategien, d) Allokationsstrategien und e) Koordinationsstrategien für die nächsten 5 Jahre.

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21. Die Außenhandelspolitik der Türkei war zu Beginn der 1980er Jahre von einem grundsätzlichen Wandel geprägt: Von einer Politik der Importsubstitution schwenkte die Türkei zu einer Politik der Exportförderung um. Russland dagegen setzt auch heute noch auf eine Abschottung der heimischen Wirtschaft. Hinweis: Nutzen Sie zur Beantwortung der folgenden Fragen auch Ihr Wissen aus dem Bereich der Volkswirtschaftslehre. a) Welche Gründe gibt es für ein Land, eine Politik der Importsubstitution zu verfolgen und sich gegenüber einem verstärkten Handel mit dem Ausland abzuschotten? Welche handelshemmenden Mechanismen stehen für eine solche Politik grundsätzlich zur Verfügung? b) Welche Vorteile bietet ein freier Handel mit dem Ausland im Allgemeinen und für die Türkei im Speziellen? c) Die Türkei weist seit mehr als 60 Jahren durchgängig einen Importüberschuss auf. Welche Auswirkungen hat ein solches fortgesetztes Handelsbilanzdefizit für die Türkei? Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Türkei, um das Handelsbilanzdefizit zu verringern? d) Die Türkei ist im Jahr 1996 einer Zollunion mit der Europäischen Union beigetreten. Prüfen Sie zunächst, ob sich der Außenhandel der Türkei seitdem verändert hat. Analysieren Sie anschließend, welche Bedeutung die Türkei als Handelspartner für die EU – und umgekehrt die EU für die Türkei – besitzt. 22. Zur Liberalisierung des Außenhandels werden bilaterale und multilaterale Freihandelsvereinbarungen getroffen; darüber hinaus gibt es in verschiedenen Regionen eine verstärkte ökonomische und politische Integration. a) Geben Sie einen Überblick, welche Formen der regionalen Integration grundsätzlich bestehen. Zeigen Sie anschließend auf, in welchen Regionen der Welt eine verstärkte Integration zu beobachten ist. b) Sind Ihrer Meinung nach bilaterale Handelsabkommen fördernd oder hemmend für eine verstärkte regionale Integration? Zur Beantwortung beider Fragen können Sie – unter anderem – folgende Literatur heranziehen:

Baldwin, Richard E. (2006): Multilateralising Regionalism: Spaghetti Bowls as Building Blocs on the Path to Global Free Trade. In: The World Economy, 29 Jg., Nr. 11, 2006, S. 14511518. Kutschker, Michael/Schmid, Stefan (2011): Internationales Management. 7. Aufl., Oldenbourg, München, 2011, v.a. S. 184-191. McDonald, Frank/Dearden, Stephen (2005, Hrsg.): European Economic Integration. 4. Aufl., Pearson, Harlow, 2005. World Bank (2005a): Global Economic Prospects Trade, Regionalism, and Development. World Bank, Washington, 2005. World Bank (2005b): From Disintegration to Reintegration: Eastern Europe and the Former Soviet Union in International Trade. World Bank, Washington, 2005.

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23. Seit geraumer Zeit ist ein EU-Beitritt der Türkei in der Diskussion. Informieren Sie sich über den aktuellen Stand der Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei. Welche Auswirkungen hätte ein EU-Beitritt Ihrer Meinung nach für Arçelik? 24. Unternehmen, die international tätig sind, werden mit Währungsrisiken konfrontiert. a) Arçeliks Herstellkosten für Haushaltsgroßgeräte fallen zu 65% in US-Dollar und zu 35% in Türkischen Lira an. Arçeliks Umsatz wird zu großen Teilen in Türkischen Lira und in Euro generiert. Sehen Sie Probleme in dieser Konstellation? Welche Wechselkursentwicklungen zwischen den erwähnten Währungen wären für Arçelik positiv? b) Geben Sie einen kurzen Überblick, welche Art von Währungsrisiken für international tätige Unternehmen relevant sind. Welche Möglichkeiten haben Unternehmen im Allgemeinen, um sich gegen Währungsrisiken abzusichern? c) Recherchieren Sie, welche konkreten Maßnahmen Arçelik zum Schutz vor Wechselkursrisiken nutzt. d) Zusätzlich zu reinen Währungsrisiken ist Arçelik insbesondere beim Kauf von Rohstoffen auch dem Risiko allgemeiner Preissteigerungen ausgesetzt. Da Haushaltsgroßgeräte zu einem großen Teil aus Stahl und petrochemischen Materialien hergestellt werden, sind Preissteigerungen in diesen Bereichen für Arçelik ein Risiko. Wie kann sich Arçelik vor solchen Preissteigerungen schützen? 25. Die Erforschung kultureller Unterschiede stellt einen Kernbereich des Internationalen Managements dar. Eine der neueren und zugleich umfangreichsten Studien ist die GLOBE-Studie. Bevor Sie die nachstehenden Fragen beantworten, können Sie die folgende Literatur konsultieren: Die zentralen Ergebnisse der GLOBE-Studie sind in folgenden beiden Werken enthalten:

Chhokar, Jagdeep S./Brodbeck, Felix C./House, Robert J. (2007, Hrsg.): Culture and Leadership Across the World. The GLOBE Book of In-Depth Studies of 25 Societies. Lawrence Erlbaum Associates, New York, 2007. House, Robert J./Hanges, Paul J./Javidan, Mansour/Dorfman, Peter W./Gupta, Vipin (2004, Hrsg.): Culture, Leadership and Organizations. The GLOBE Study of 62 Societies. Sage, Thousand Oaks u.a., 2004.

Einen ersten Überblick über die GLOBE-Studie bieten z.B. folgende Beiträge:

Schmid, Stefan/Dost, Ruben (2009): Management in unterschiedlichen Kulturen – Zentrale Ergebnisse der GLOBE-Studie. In: WISU – Das Wirtschaftsstudium, 38. Jg., Nr. 11, 2009, S. 1467-1472, 1513. Schmid, Stefan/Kotulla, Thomas (2010): Die GLOBE-Studie – Kultur und erfolgreiches Leadership in Zeiten der Globalisierung. In: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 39. Jg., Nr. 2, 2010, S. 61-67.

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Arçelik a) Geben Sie einen kurzen Überblick über die GLOBE-Studie. Beschreiben Sie dabei auch die in der Studie erwähnten Kulturdimensionen. b) In welchen Bereichen könnten kulturelle Unterschiede Ihrer Meinung nach Auswirkungen auf Arçelik als Unternehmen haben?

26. Insbesondere im Bereich des Personalwesens wird die Bedeutung kultureller Unterschiede häufig thematisiert. a) In der Regel stammen alle Manager Arçeliks – auch die Manager der Tochtergesellschaften – aus der Türkei. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in der Praxis der Besetzung von Schlüsselpositionen im Unternehmen mit Managern aus dem Land der Muttergesellschaft? b) Es ist Teil von Arçeliks Personalpolitik, dass führende Manager in Abständen von etwa fünf Jahren den Verantwortungsbereich – und damit oftmals das Zielland – wechseln. Wie beurteilen Sie diese Personalpolitik? c) Stellen Sie sich vor, Sie bekämen das Angebot, Assistent des Vorstandes von Arçelik zu werden. Wie bereiten Sie sich auf einen Einsatz in der Türkei vor? Geben Sie dazu auch bitte einen kurzen Einblick in die kulturellen Besonderheiten der Türkei. Zur Beantwortung dieser Frage können Sie die folgenden Beiträge bzw. Werke heranziehen: Appl, Claudia/Koytek, Annalena/Schmid, Stefan (2007): Beruflich in der Türkei. Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte. Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen, 2007. Kabasakal, Hayat/Bodur, Muzaffer (2007): Leadership and Culture in Turkey: A Multifaceted Phenomenon. In: Chhokar, Jagdeep S./Brodbeck, Felix C./House, Robert J. (2007, Hrsg.): Culture and Leadership Across the World. The GLOBE Book of In-Depth Studies of 25 Societies. Lawrence Erlbaum Associates, New York, 2007, S. 833-874. Kemmler, Iúinay (2008): Business Know-how Türkei. So wird Ihre Geschäftsreise zum Erfolg. Redline, München, 2008.

27. Arçelik ist zum großen Teil im Besitz der Familie Koç. Insgesamt sind familiengeführte Unternehmen ein wichtiger Bestandteil vieler Volkswirtschaften. a) Erkundigen Sie sich, welche volkswirtschaftliche Bedeutung familiengeführte Unternehmen in der Türkei, in Deutschland und in einem weiteren europäischen Land Ihrer Wahl haben. Hierzu kann Ihnen unter anderem folgende Literatur helfen: Colpan, Asli M. (2010): Business Groups in Turkey. In: Colpan, Asli. M./Hikino, Takashi/Lincoln, James R. (2010, Hrsg.): The Oxford Handbook of Business Groups. Oxford University Press, Oxford, 2010. KMU Forschung Austria (2008): Overview of Family Business Relevant Issues – Final Report. KMU Forschung Austria, Wien, 2008. (Diese Übersichtsstudie und weitere Einzelbetrachtungen der Bedeutung von familiengeführten Unternehmen in einer ganzen Reihe an Ländern können unter dem folgendem Link kostenlos heruntergeladen werden: http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/documents/family-business/index_en.htm).

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b) Nachfolgend sind die Eigentumsstrukturen von Arçelik dargestellt, wie sie im Jahr 2007 – also noch vor der in Abschnitt 3 erwähnten Verschmelzung mit Beko bzw. Grundig Elektronik – bestanden. Berechnen Sie, zu welchem Grad die Familie Koç zu diesem Zeitpunkt direkt und indirekt an der Koç Holding, an Arçelik und an Beko Elektronik beteiligt war. Recherchieren Sie anschließend, inwieweit sich diese Eigentumsverhältnisse in den letzten Jahren verändert haben. Hinweis: Für Ihre Recherche können Ihnen die Internetseiten der Public Disclosure Platform der Istanbul Stock Exchange helfen (http://www.kap. gov.tr/yay/English/ek/index.aspx).

19.79%

Beko Elektronik A.ù.

72.46%

7.45% 4.50%

0.30%

Koç Holding Emekli ve Yardım Sandı÷ı Vakfı (pension fund)

21.29% Public (widely held)

Arçelik A.ù. 14.68%

Teknosan Büro Makina ve Lev. Tic. ve San. A.ù.

0.10%

Vehbi Koç Vakfı (non-profit fund)

7.66% Burla Ticaret ve Yatırım A.ù.

9.82% 2.81% 39.14% 7.17% 1.97%

20.25%

Koç Holding A.ù.

42.44%

Temel Ticaret ve Yatırım A.ù. (investment company)

100.00%

Koç family members

28.06%

Stand 2007. Die Unternehmen Burla Ticaret ve Yatırım A.ù. und Teknosan Büro Makina ve Lev. Tic. ve San. A.ù. gehören der Familie Burla, die langjährige Geschäftspartner der Familie Koç sind.

Quelle: Colpan, Asli M. (2010): Business Groups in Turkey. In: Colpan, Asli M./Hikino, Takashi/Lincoln, James R. (2010, Hrsg.): The Oxford Handbook of Business Groups. Oxford University Press, Oxford, 2010, S. 512. c) Das Unternehmen Koç weist – wie in der Abbildung bei b) ausschnittsweise dargestellt – eine Holdingstruktur auf. Geben Sie einen kurzen Überblick darüber, welche Arten von Holdings es generell gibt, zu welcher Art das Unternehmen Koç gehört und inwiefern sich eine Holding von einem Konzern unterscheidet. 28. Lesen Sie bitte folgenden Artikel: Singh, Deeksha A. (2009): Export Performance of Emerging Market Firms. In: International Business Review, 18. Jg., Nr. 4, 2009, S. 321-330.

a) Geben Sie kurz in eigenen Worten die Hauptergebnisse der Studie wieder. b) Sehen Sie Parallelen zwischen den Hauptergebnissen der Studie und der Strategie von Arçelik?

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Arçelik c) Wählen Sie zwei weitere Haushaltsgroßgerätehersteller aus Emerging Markets aus, recherchieren Sie Informationen über die Unternehmen und analysieren Sie, ob diese die in der Studie genannten Charakteristika erfolgreicher exportorientierter Unternehmen aufweisen.

29. Mittlerweile produzieren nicht nur die einheimischen Unternehmen Arçelik oder Vestel in der Türkei, sondern auch weitere Unternehmen der Haushaltsgroßgerätebranche, wie BSH oder Indesit. Inwiefern kann der Portersche Diamant-Ansatz Ihrer Meinung nach eine Erklärung dafür liefern, warum sich verschiedene Unternehmen der Haushaltsgerätebranche gerade in der Türkei angesiedelt haben? Geben Sie zu Beginn Ihrer Antwort einen Überblick über die zentralen Annahmen des Porterschen Diamant-Ansatzes. 30. Immer mehr Unternehmen veröffentlichen einen ausführlichen Nachhaltigkeitsbericht. a) Was ist Ihrer Meinung nach im Allgemeinen unter einem „nachhaltigen“ Unternehmen zu verstehen? Prüfen Sie, ob Ihre Auffassung von Nachhaltigkeit auch mit der Auffassung von Wissenschaftlern übereinstimmt. b) Welchen Sinn sehen Sie darin, dass Unternehmen immer mehr Ressourcen für Nachhaltigkeit aufwenden? Ziehen Sie bitte auch eine Verbindung zu dem folgenden Artikel von: ҜMeyer, John W./Rowan, Brian (1977): Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony. In: American Journal of Sociology, 83. Jg., Nr. 2, 1977, S. 340-363.

c) Das Unternehmen Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) wurde im Jahr 2008 von der „Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis“ als Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen ausgezeichnet und wirbt seither mit diesem Titel. Hat BSH durch diesen Titel Ihrer Meinung nach gegenüber Arçelik einen Wettbewerbsvorteil in Deutschland und/oder in Auslandsmärkten? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.

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31. In den letzten Jahren wird in vielen Ländern verstärkt auf den Klimaschutz geachtet. Unter anderem soll durch die Reduktion des Ausstoßes von CO2 der Klimawandel gebremst werden. Mit einer Einsparung von Strom – und einem damit in der Regel einhergehenden geringeren Verbrauch fossiler Energieträger, die zur Stromerzeugung genutzt werden – kann eine solche Reduktion von CO2 erfolgen. Da etwa ein Drittel des von privaten Haushalten verbrauchten Stromes für Haushaltsgroßgeräte verwendet wird, scheint der Kauf von sehr effizienten Haushaltsgroßgeräten eine lohnende Investition zu sein – sowohl für den Nutzer als auch für die Umwelt. Für die exemplarische Betrachtung von Kühl-/Gefriergeräten gelten folgende Daten: Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gerätes beträgt zwischen 14 und 18 Jahre. Die durchschnittliche Stromeinsparung eines neuen Gerätes mit der Energieeffizienzklasse A++ beläuft sich auf ungefähr 40 bis 50 € pro Jahr im Vergleich zu einem Gerät mit der Energieeffizienzklasse A, kostet in der Anschaffung jedoch etwa 200 € mehr. Viele Haushalte sind wegen dieser Preisdifferenz – und eines eventuell nicht ausreichend kommunizierten Einsparpotentials – nicht bereit, beim Neukauf ein Gerät mit der höchsten Energieeffizienzklasse zu erwerben; noch weniger Haushalte würden ein noch funktionierendes Gerät vorzeitig durch ein neues Gerät ersetzen. Somit wird in deutschen Haushalten eine große Anzahl an wenig effizienten Haushaltsgroßgeräten betrieben und damit unnötig Strom verbraucht. Insbesondere von den Haushaltsgroßgeräteherstellern wird verstärkt die Forderung geäußert, dass der Staat eine Prämie in Höhe von etwa 150 € für jedes verkaufte Kühl-/Gefriergerät mit der höchsten momentan angebotenen Energieeffizienzklasse an die Käufer zahlen sollte. Auch der Vorstandsvorsitzende von Arçelik, Levent Çakiroglu, befürwortete kürzlich eine solche Förderung. Beantworten Sie nun vor diesem Hintergrund folgende Fragen: a) Würden Sie als privater Haushalt ein noch funktionierendes Kühl-/Gefriergerät gegen ein neues Gerät mit der höchsten Energieeffizienzklasse austauschen, sofern der Staat eine/keine Prämie zahlt? Würden Sie als privater Haushalt ein existierendes Kühl-/Gefriergerät mit einem neuen Gerät der höchsten Energieeffizienzklasse ersetzen, wenn das alte Gerät defekt ist und der Staat eine solche Förderung bietet/nicht bietet? b) Sollte der Staat Ihrer Meinung nach steuernd eingreifen und eine Prämie für Geräte mit der höchsten Energieeffizienzklasse zahlen? Beziehen Sie in Ihren auch eine volkswirtschaftliche Betrachtung der staatlichen Konjunkturpolitik im Allgemeinen und von Subventionen im Speziellen mit ein.

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Arçelik c) Der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn nahm zur im Jahr 2009 eingeführten Umweltprämie für den Kauf neuer Kraftfahrzeuge (umgangssprachlich „Abwrackprämie“ genannt) – die der oben vorgestellten Prämie zum Kauf energieeffizienter Kühl-/Gefriergeräte sehr ähnlich ist – wie folgt Stellung: „Ich halte die Abwrackprämie für pervers, weil sie Anreize setzt, ökonomische Werte zu vernichten.“ Deutsche Autos seien nach neun Jahren „noch keine Schrottkisten, die man vernichten muss“. Daneben führt Sinn aus: „Nein, das war keine sinnvolle Politik. Wenn ich ein ökonomisches Gut stark fördere, fließt die Nachfrage von anderen Gütern dorthin. Dann gibt es einen optisch starken Effekt, der einen übersehen lässt, dass die Nachfrage an anderer Stelle fehlt. … Das Schlimmste ist doch, dass mit der Abwrackprämie die Vernichtung von ökonomischen Gütern bezuschusst wird – ein widersinniges Programm. Da sträuben sich bei mir als Ökonom die Nackenhaare. Auch ist es keine ökologische Maßnahme. Die Neuproduktion eines Fahrzeugs stößt so viel CO2 aus, dass der ganze Vorteil einer vielleicht geringen Verbrauchsminderung beim Wechsel zum neuen Modell mehr als aufgewogen wird.“ Setzen Sie sich (kritisch) mit den Aussagen von Hans-Werner Sinn auseinander. Sehen Sie sich durch seine Argumentation in Ihrer Antwort zu Frage b) bestätigt? Recherchieren Sie zur Beantwortung dieser Frage auch Informationen zum Erfolg der Abwrackprämie im Allgemeinen und zu eventuellen Konsumeinbrüchen in anderen Branchen. Ziehen Sie anschließend Parallelen zu möglichen Auswirkungen einer Prämie zum Kauf von Kühl-/ Gefriergeräten. d) Würde Ihrer Meinung nach Arçelik mit seinen Geräten in der unteren Preisklasse, oder BSH mit seinen Geräten in der mittleren bis oberen Preisklasse eher von einer solchen Prämie profitieren? Begründen Sie Ihre Meinung. e) Informieren Sie sich über das Konzept der Messung von Markttransaktionen aus gesamtgesellschaftlicher Sichtweise. Einen guten Überblick bieten hierzu: ҜMeffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred (2008): Marketing, Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. 10. Aufl., Gabler, Wiesbaden, 2008, S. 810-813.

Aus dieser Sichtweise hat das Öko-Institut Freiburg eine Analyse erstellt, die Kosten und Nutzen eines Prämienprogramms für den Austausch von Kühl-/Gefriergeräten ermittelt. Die zentralen Ergebnisse sind in der Abbildung auf der folgenden Seite dargestellt. Sie – als Assistent des Vorstandsvorsitzenden von Arçelik – werden gebeten, bei einem Treffen mit Vertretern des Wirtschafts- und Umweltministeriums der Bundesrepublik Deutschland für eine solche Prämie zu werben. Wie würden Sie argumentieren?

Durch Export zum „Weißen Riesen“

649

Hinweis: Auch, wenn die wesentlichen Analyseergebnisse des Öko-Instituts Freiburg der Abbildung zu entnehmen sind, wird empfohlen, die gesamte Studie von Rüdenauer/Seifried/Gensch (2007) zu lesen. In der Studie werden auch die zentralen Annahmen der Untersuchung ausführlich erläutert. Die Veröffentlichung kann kostenlos unter www.oeko.de/oekodoc/584/2007-136-de.pdf heruntergeladen werden. Bilanz des Prämienprogrammes aus Sicht von Gesellschaft Mehrpreis/-kosten Haushaltsgerät

Staat

101.408.700

Haushalte

Hersteller/ Händler

460.001.780

-358.593.080

Prämien

263.377.750

Mehrwertsteuer Gerätekauf

-87.400.338

87.400.338

7.260.000

19.018.888

Transaktionskosten Programm (netto) Kosteneinsparung Stromerzeugung

26.278.888 -354.509.564

-354.509.564 -60.097.812

Vertrieb, Zählerkosten, Abrechnung

-60.773.068 69.213.772

EEG- und KWKAbgabe

60.773.068

-69.213.772

109.567.089

32.074.675

-109.567.089

Gewerbesteuer Zwischensumme

60.097.812

-32.074.675

Mehrwertsteuer Strom

Stadt

-263.377.750

Konzessionsabgabe

Stromsteuer

Energieversorger

9.762.939

-226.821.976

362.018.273

Vermiedene Kosten Arbeitslosigkeit

-11.700.000

-11.700.000

Vermiedene externe Kosten Umwelt

-261.661.821

-261.661.821

Summe

-500.183.797

88.656.452

-9.762.939

-489.611.950

-242.410.916

92.847.743

50.334.873

-489.611.950

-242.410.916

92.847.743

50.334.873

Angaben in €. Positive Werte = Kosten für die einzelnen Anspruchsgruppen; negative Werte = Nutzen für die einzelnen Anspruchsgruppen.

Quelle: in Anlehnung an Rüdenauer, Ina/Seifried, Dieter/Gensch, Carl-Otto (2007): Kosten und Nutzen eines Prämienprogramms für besonders effiziente Kühl- und Gefriergeräte. Ökoinstitut Freiburg, Freiburg, 2007, S. 27.

Unternehmens- und Markenverzeichnis

651

Unternehmens- und Markenverzeichnis

A A300-600ST .................................. ...79 A320 .............................................. ...81 A330 .............................................. ...88 A350 ......................................81, 87-88 A380 ..................... ...78-81, 87, 90, 463 AB Lietuvos Telekomas .............. ...478 Abbot ........................................... ...425 ABN Amro Bank .......................... ...501 ABS Electro ................................. ...619 Accenture ..........................257-58, 271 Acciona ....................................... ...332 Acer ............................................. ...144 Acura ............................................. ...12 Ad Novum ................................... ...280 Adidas .............. ...5, 55-62, 65-72, 225 Adidas Salomon ............................ ...56 AEG .................................... ...604, 636 AEG-Electrolux ..........................590-91 AEG-Linde-BBC .......................... ...593 Aer Lingus ................................... ...450 Aeroflot-Russian Airlines ...454-55, 463 Aeroméxico .......................450-51, 455 Aérospatiale .................................. ...76 Aérospatiale Matra ............ ...76, 85, 90 AES ............................................. ...381 Aga Foodservices ....................... ...610 Agora .......................................... ...280 Air Canada ............ ...17, 447, 450, 455 Air China ..................................... ...456 Air Europa ................................... ...456 Air France ........447, 449- 52, 456, 462, 464 Air France-KLM .................455, 464-66 Air New Zealand .................. ...450, 455 Airbus ................... ...75-82, 85-95, 463

Ajinomoto .................................... ...425 AkzoNobel .................................. ...381 Alaska Airlines ............................ ...447 Alba Radio .................................. ...597 Alberto Culver ............................. ...365 Alcoa ........................................... ...382 Aldi ...533, 535, 540-57, 563, 565-74, 576-77, 579 Aldi Nord ................ ...542, 554, 569-70 Aldi Süd .... ...542, 554-55, 569-70, 579 Alenia Aeronautica ........................ ...89 Alfa Group ................................... ...490 Alfatec ......................................... ...593 Alitalia ............... ...450-51, 454-55, 464 All Nippon Airways ...... ...447, 450, 455 Allegra ........................................ ...422 Allegro .......................................... ...72 Almendros .............................. ...318-19 AlpenInox .................................... ...593 Alrosa ......................................... ...191 Altana .................................... ...424-25 Altus ....................................... ...612-13 Always ........................................ ...365 Alza ............................................. ...425 Amana ........................................ ...593 AmbiPur ...................................... ...384 AMC ............................................ ...389 Amcor ......................................... ...596 Amer Sports Corporation .............. ...56 America West Airlines ................. ...447 American Airlines ... ...447, 450, 454-55 American Motors Corporation (AMC) .................................... ...389 AMG ........................................... ...110 Amiado ........................................ ...276 Amica Wronki .............................. ...595 Amoco .......................................... ...15 Amphora ..................................... ...424 Ampla .................................... ...325-26 Andersen Consulting .......... ...257, 271

652 Andersen Worldwide .................253-54 Anglo American ........................... ...381 Anheuser-Busch InBev ............... ...121 Antenne Bayern .......................... ...276 AOL ............................................. ...471 Apple ................................... ...144, 225 Applifone ..................................... ...491 Arçelik .......581, 588, 594-601, 603-16, 618-20, 633-35, 637-41, 643-46, 648 ArcelorMittal ................................ ...381 Arctic .........................................610-13 Ariel ............................................. ...365 Arista ........................................... ...211 ARJ-21 .......................................... ...89 Armani ......................................... ...355 Arthur Andersen …...247, 250-61, 26669, 271 Arthur Andersen LLP ........253, 258-59, 262 Arvato .................................. ...276, 309 AS Eesti Telefon ......................... ...478 Asda ............................................ ...554 Asiana Airlines .................... ...450, 455 Asics ............................................. ...71 Aspera ......................................... ...593 AST ............................................. ...143 Astex ........................................... ...424 AstraZeneca ................................ ...381 Atkinsons .................................... ...366 Atlant ........................................... ...595 Atlantic Records Group ............... ...211 Aton Capital ................................. ...511 ATR ............................................... ...77 Atrix ............................................. ...425 Auchan ........................................ ...535 Audi ............. ...97-101, 104-10, 163-64 Audi Hungaria Motor ............. ...98, 106 Audi Q5 .......................................108-9 Audi TT .......................................106-7 Austrian Airlines .................. ...450, 455 Auto BILD ....... ...275-76, 278, 294, 307 Auto BILD 4 x 4 ........................... ...294 Auto BILD Alles Allrad ................. ...293

Unternehmens- und Markenverzeichnis Auto BILD Bulgaria ..................... ...293 Auto BILD EESTI ........................ ...294 Auto BILD LATIVJA .................... ...293 Auto BILD Lithuania .................... ...294 Auto BILD Ukraine ...................... ...293 Auto Europe Group ..................... ...307 Auto Press .................................. ...293 Auto SWIAT ................................ ...282 AVAG .......................................... ...404 Avantaje ...................................... ...293 Avecia ......................................... ...441 Aveda ......................................... ...127 Aventis ...........421-22, 424-28, 430-32, 438-40 Aviation Industry Corporation of China (AVIC) ...................... ...89-90 Avon Products ............................ ...365 Axel Springer Editura .................. ...293 Axel Springer Gesellschaft für Publizistik ...................... ...276, 309 Axel Springer Media Logistics ..... ...276 Axel Springer Polska ...281-85, 287-92, 299-302, 307 Axel Springer Russia .................. ...294 Axel Springer Verlag ........273, 275-82, 285, 287-294, 299-304, 306-310 Axel Springer Verlag Vertriebsgesellschaft ............................... ...276

B B. Braun Melsungen ................... ...576 B.T. ............................................. ...553 B.Z. ............................................. ...276 B.Z. am Sonntag ......................... ...276 B/E Aerospace .............................. ...89 BA-CA Ljubljana ......................... ...508 Badedas ...................................... ...384 BAE Systems .............................. ...381 Bajaj ............................................ ...413 Banca CRT ................................. ...497 Banca Tiriac ........................ ...503, 508

Unternehmens- und Markenverzeichnis Bank Austria ................ ...498, 505, 524 Bank Austria Creditanstalt ......498-500, 502, 504-5, 510-11, 518 Bank Biochim .............................. ...503 Bank of America .................. ...500, 504 Bank of China .............................. ...501 Bank Pekao .............. ...501-2, 508, 510 Bank Przemyslowo-Handlowy (BPH) ............ ...499, 502, 508, 510 Bankers Trust .............................. ...280 Barclays Bank ..................... ...138, 500 BASF .................. ...5, 179-80, 187, 382 Bath & Body Works ..................... ...127 Bauknecht ........................... ...590, 593 Bayer ............................... ...5, 383, 425 Bayerische Hypo- und Vereinsbank .........498-500, 502, 516, 518, 521-22, 524, 525 Bayerische Hypotheken- und Wechselbank ....................................... ...498 Bayerische Vereinsbank ..... ...498, 505 BBC ............................................. ...593 BBE Handelsberatung ................. ...355 BCG ............................................ ...271 Bearing Point ............................... ...271 Becchi ......................................... ...593 Beiersdorf .................................... ...365 Beko ...603-4, 606, 608, 610-15, 640, 645 Beko Elektronik ................... ...597, 645 Beko-Exclusive-Shop .. ...606, 608, 640 Belgacom .................................... ...483 Benetton .............................. ...230, 237 Berliner Morgenpost .................... ...276 Berlingske Tidende (B.T.) ........... ...553 Bershka .............................230, 233-34 Bertelsmann .....210, 212-13, 220, 22225, 276, 302, 309-10, 576 Bertelsmann Music Group (BMG) ............... ...209-13, 220, 223 Betania ................................ ...316, 318 BHP Billiton ................................. ...381 Bien-Zenker ...............................357-58

653 Bigi .............................................. ...231 BILD ...273, 275-76, 284, 289-90, 304, 306, 308-9 BILD am Sonntag ....................... ...276 BILD der Frau ................ ...275-76, 282 BILD.T-Online.de ........................ ...276 Bill and Melinda Gates Foundation ..................................... ...356 Billy ................................ ...351, 356-58 Biosyn ......................................... ...425 Biotie ........................................... ...425 Bitburger ........... ...113, 115-17, 120-24 Blomberg ....................... ...610-14, 635 BMG ...................... ...209-13, 220, 223 BMG Music Publishing ................ ...224 BMG Rights Management ...... ...224-25 bmi ...................................... ...450, 455 BMW .....28, 109-10, 164-65, 225, 382, 410, 413 BMW i3 ....................................... ...110 BOCA Foods ............................... ...137 Body Shop .......... ...17, 125-30, 133-39 Boeing ......75-76, 80-81, 85, 87-89, 9395 Boeing 747 .................................. ...447 Boeing 747-8 ................................ ...94 BoKlok ................................... ...357-58 Bombardier .............................. ...88-89 Bombardier Aerospace ................. ...89 Bonnier .................................. ...279-80 Borma ......................................... ...294 Bosch ............. ...104, 590-91, 593, 604 Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) …..590-91, 593-97, 607, 614, 633, 646 Boston Consulting Group (BCG) . ...271 BP ......................................... ...15, 381 BPH .................... ...499, 502, 508, 510 Brandt ......................................... ...610 Brasmotor ................................... ...593 Brastemp .................................... ...590 Brauerei Th. Simon GmbH .......... ...115 Braun .......................................... ...372

654 British Aerospace Systems ..... ...76, 85 British Airways ...447-48, 450, 455, 465 British American Tobacco ........... ...382 British Petroleum (BP) ........... ...15, 381 British Telecom Group ................ ...483 Brokat ............................................ ...28 Brown Boveri ............................... ...612 BSH .............590-91, 593-97, 607, 614, 633, 646 BSH pro Elektrikli Gerec ............. ...593 Buch- und Presse-Großvertrieb Hamburg ................................ ...276 buecher.de .................................. ...276 Bulbank ................ ...501-2, 508-9, 511 Burla Ticaret ve Yatırım ............... ...645

C Cachoeira Dourada ............. ...316, 321 Cadbury ...................................... ...137 Camron ....................................... ...344 Candy .......................................... ...595 Canon ......................................... ...225 Capitol Records ........................... ...211 Caritro ......................................... ...497 CariVerona .................................. ...497 Carlsberg .................................... ...123 Carrefour ...........................382, 535-36 Casa ........................................ ...76, 85 Cassamarca ................................ ...497 Castor ......................................... ...593 Cathay Pacific ..................... ...450, 455 CCE ............................................ ...318 C-Dur ............................................ ...72 Celera ......................................... ...425 Celta .................................... ...316, 318 CEMEX ....................................... ...381 Cemsa ................................. ...316, 321 Centrale de Cas et de Médias Pédagogiques .......................... ...41 Centrica ....................................... ...315 Cerep .......................................... ...424

Unternehmens- und Markenverzeichnis Cerj ............................. ...316, 318, 325 Chambre de Commerce et d’Industrie de Paris ........................................ ...41 Changzhou Casa Shinco Appliances Co. ...................... ...615 Chevron ...................................... ...382 Chilectra ...................... ...316, 318, 325 China Construction Bank ............ ...500 China Southern Airlines .............. ...454 Chispa Dos ............................ ...318-19 Chispa Uno ............................ ...318-19 Chrysalis ..................................... ...224 Chrysler ..................... ...15, 17, 389-90 Cien .................................... ...316, 321 CITIC .......................................... ...383 Citigroup ............................. ...500, 504 Citroën ........................................ ...164 Clairol ................................. ...365, 367 CLARO ....................................... ...304 CNR Records .............................. ...210 Coca-Cola ....................... ...19, 67, 381 Codensa ............................. ...316, 321 Coelba ........................................ ...317 Coelce ................................ ...316, 321 Coldex ........................................ ...591 Coley .......................................... ...425 Colgate-Palmolive ............... ...226, 365 Colston UK .................................. ...593 Columbia Records ...................... ...211 Com ......................................... ...203-4 Comet ......................................... ...603 Commerzbank ............................ ...525 Compagnie de Saint-Gobain ....... ...381 Compañía Chilena de Electricidad (CCE) .................................... ...318 Compaq .............................. ...143, 149 Computer BILD ...... ...275-76, 278, 293 Computer BILD Lietuva .............. ...294 Computer BILD Russia ............... ...294 ConocoPhillips ............................ ...383 Constructa ............................. ...590-91 Consul ........................................ ...590 Continental .................................. ...593

Unternehmens- und Markenverzeichnis Continental Airlines .......447, 450, 452, 454-55 Coop ................................... ...138, 553 Copa Airlines ............................... ...456 Cora-Verlag ................................. ...276 Costanera ........................... ...316, 318 Costco ......................................... ...535 Cox Enterprises ........................... ...280 Crabtree & Evelyn ....................... ...127 Creda UK .................................... ...593 Crédit Agricole Groupe ................ ...500 Creditanstalt ........................498, 504-5 Credito Italiano ............................ ...497 CRH ............................................ ...381 Crisan .......................................... ...371 CRTrieste Banca ......................... ...497 Crucell ......................................... ...425 CSA Czech Airlines ...........450-51, 455 CTM .................................... ...316, 321 Curry’s ......................................... ...603 Curtiss-Wright ............................... ...89 Cyprus ......................................... ...611

D DAB ............................................. ...525 Dacia .................................399, 413-14 Daiichi ......................................... ...425 Daimler ..............5, 104, 110, 225, 352, 413-14 Daimler-Benz .................. ...15, 17, 389 DaimlerChrysler ...17, 77, 382, 392-93, 409 DaimlerChrysler Aerospace .......... ...76 Dainippon .................................... ...425 DAKO .......................................... ...593 Dalli-Werke .................................. ...563 Dasa .................................. ...76, 85, 90 Days Inn ...................................... ...355 Dean Foods ................................. ...137 Debiopharm ................................. ...425

655 Defence & Communication Systems ................................... ...77 Defence Electronics ...................... ...77 Dell ........................... ...143-44, 148-49 Deloitte & Touche .. ...250, 261, 269-70 Delta Air Lines .. ...447-48, 450-52, 455 Demirbank .................................. ...502 Design&Man USA ....................... ...593 Desigual ...................................... ...243 Deutsche Bank ................... ...104, 270 Deutsche Börse .............................. ...5 Deutsche Grammophon .............. ...211 Deutsche Post ................ ...5, 383, 525 Deutsche Telekom …...5, 15, 383, 483, 491 Deutsch-Russische Handelsgemeinschaft ............ ...352 DFS Group .................................. ...129 Dia .............................................. ...547 Diageo ........................................ ...381 Die Welt ......................... ...275-76, 287 Die Welt am Sonntag .................. ...276 Direkt Anlage Bank (DAB) .......... ...525 Disney ......................................... ...225 Distrigaz ...................................... ...333 DKK Scharfenstein ..................... ...609 Dock Sud ............................... ...316-17 Domar ......................................... ...593 Dourada ...................................... ...316 Dow Chemical ............................. ...382 Dr. Oetker ........................... ...123, 579 Dragonair .................................... ...456 Dreamliner ......................... ...87-88, 94 Dresdner Bank ............................ ...521 Ducati .................................... ...109-10 Ducati 1199 Paningale ................ ...109 Duke Energy ............................... ...320 Duracell ....................................... ...372 Dürr AG ....................................... ...124 Dürr Dental ................................. ...124 Duschdas .................................... ...384 DZIENNIK ...... ...285, 287-90, 292, 294 Dziennik Polski ........................... ...280

656 Dziennik Zachodni ....................... ...280

E E.Leclerc ............................. ...535, 604 E.ON .......5, 176, 179-80, 189-90, 270, 332-33, 382 E.ON Pan-European Gas ............ ...186 EADS .. ...75-77, 80-82, 85, 90-92, 381 EADS Astrium ............................... ...77 EADS EFW ................................... ...77 EADS Socata ................................ ...77 EADS Sogerma ............................. ...77 Easyjet ................................ ...448, 465 Ebay ............................................ ...158 EBRD .......................................... ...611 ECGS .......................................... ...269 Echt Kölnisch Wasser 4711 ........ ...378 Edegel ................................. ...316, 318 EDEKA ................................ ...535, 577 Edel Music ................................... ...210 Edelnor ..............................316-18, 324 Edesur ................................. ...316, 318 EdF ............................. ...315, 333, 383 Edipresse .................................... ...293 Edipresse AS Romania ............... ...293 Eesti Mobiltelefon ........................ ...478 Eesti Telekom ............................. ...483 EI.Fi ...........................................610-11 Eksimbanka ................................. ...503 El Chocón ........................... ...316, 318 Elco ............................................. ...610 Electrabel .................................... ...315 Electric and Musical Industries (EMI) ........... ...210-11, 222-23, 226 Électricité de France (EdF) ...315, 333, 383 Electrola ...................................... ...211 Electrolux ..........590-95, 597, 602, 604, 633, 635-36, 638 Elektra Bregenz ...... ...610-14, 635, 641 Elektromekaniska ........................ ...590

Unternehmens- und Markenverzeichnis Elle .............................................. ...293 Ellen Betrix .................................. ...379 Elliot Associates .......................... ...369 Elmshorner Nachrichten ............. ...276 Email Ltd. .................................... ...593 EMAS ............................ ...196-97, 202 Embraer ................................... ...88-89 Emgesa ............................... ...316, 321 EMI ................... ...210-11, 222-23, 226 EMI Publishing ............................ ...224 Emirates .............................. ...456, 466 Empire ........................................ ...603 Empresa Nacional de Electricidad Sociedad Anónima (Endesa) .... ...313, 315-26, 330-32, 334-35, 383 EnBW .................................... ...190-91 Endesa ...313, 315-26, 330-32, 334-35, 383 Endesa Chile ......... ...316, 318-21, 324 Enel ............................... ...315, 332-33 Energie Baden-Württemberg (EnBW) ............................. ...190-91 Energy East ................................ ...334 Enersis .......... ....313, 316-20, 323, 330 Eni .............................................. ...382 Enron ..................... ...247, 258-60, 262 Epic Records .............................. ...211 ERLSB ................... ...195-97, 200, 206 Ernst & Young ... ...250, 260-61, 269-70 Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen ................................... ...502 Escada ........................................ ...366 Esprit .......................... ...230, 237, 241 Estée Lauder Cosmetics ............. ...365 Etevensa ................................ ...316-17 Etypharm .................................... ...425 Euro ............................................ ...276 Eurocopter .................................... ...77 European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) ... ...75-77, 80-82, 85, 90-92, 381 European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) ............ ...611

Unternehmens- und Markenverzeichnis European Case Clearing House (ECCH) .................................... ...40 European School of Management and Technology (ESMT) ................. ...40 Eval ............................................. ...593 Evergreen Copyrights ................. ...224 Expert Corporate Governance Sector (ECGS) .................................. ...269 Express Illustrowany ................... ...280 Express Link Maintenance and Support (EMAS) ........................196-97, 202 Express Rail Link Sdn. Bhd. (ERLSB) ............ ...195-97, 200, 206 Extase ......................................... ...378 Exxent ......................................... ...123 Exxon .................................... ...67, 382

F FACC ............................................ ...89 Fagor ........................................... ...595 Fairy ............................................ ...365 Fakt ...284-85, 287-89, 292, 294, 304, 306-7 Familia Mea – Baby .................... ...293 Fashion for Home ......................354-55 Fayrefield Foods ......................... ...137 Feldschlösschen ......................... ...123 Ferrari ......................................... ...109 Fiat .............................................. ...382 Finnair ................................. ...450, 455 Fintur Holding .............................. ...478 Fisher & Paykel ........................... ...639 Fisher & Paykel Appliances ...... ....618, 638-39 Flavel ................................610, 612-13 Flecki ........................................... ...579 Forbes ........283, 290-91, 294, 299-300 Forbes Company .......................290-91 Forbes POLSKA .......... ...283, 290, 292 Forbes RUSSIA ................... ...291, 294 Ford ................ ...164, 382, 389, 392-93

657 Formel 1 ...................................... ...149 Foron .................................. ...609, 637 Fortune ....................................... ...578 Founder .............................. ...142, 149 France Télécom .......... ...382, 483, 491 Frankfurter Allgemeine Zeitung ... ...609 Franklins ..................................... ...553 Frau von heute ............................ ...276 Freightliner .................................. ...393 Fresenius ........................................ ...5 Frigidaire ............................. ...591, 604 Fuji Bank ..................................... ...390 Fuji Heavy ................................... ...392 Fujitsu ................................... ...17, 144 Fujitsu Siemens Computers ........ ...143 Funhouse .................................... ...211 Funk Uhr ..................................... ...276

G Gaggenau ................................... ...591 GAP .................................... ...230, 237 Garden Botanika ......................... ...127 Gasunie ...................................... ...189 Gaz de France (GdF) .......... ...315, 333 Gazell Records ........................... ...210 Gazeta Lubuska .......................... ...280 Gazeta Pomorska ....................... ...280 Gazeta Wyborcza .....279-80, 282, 285, 287, 289 Gazprom ........... ...175, 177-80, 184-89 GE ......... ...89, 382, 590, 592-596, 633 GE Café ...................................... ...592 GE Monogram .................... ...590, 592 GE Profile ........................... ...590, 592 GEC Hotpoint .............................. ...593 Genasense ............... ...425-28, 430-33 GeneLogic .................................. ...424 General Atlantic .......................... ...145 General Electric (GE) …...89, 382, 590, 592-96, 633

658 General Motors (GM) .....104, 383, 392, 413-14, 417 Genfit ........................................424-25 Gen-Probe .................................. ...422 Genset ........................................ ...425 Genta ...........419, 422, 425-33, 438-41 Gentle Treatment ........................ ...366 Genzyme ..................................... ...441 Georgio Beverly Hills ................... ...379 Gillette ...............................372, 378-79 Giorgio ........................................ ...365 Giugiaro ...................................... ...109 GlaxoSmithKline .................. ...382, 421 GM ......... ...104, 383, 392, 413-14, 417 Godrej & Boyce ........................... ...593 Goldman Sachs .........................524-25 Goodrich ....................................... ...89 Google ........................................ ...225 Graham Webb ............................. ...366 Great Wall ................................... ...149 Green & Black’s Organic ............. ...137 Greenpeace ................................ ...609 Grundig ............................... ...597, 640 Grundig Elektronik .............597-98, 645 Grundig Multimedia ..................... ...597 Gruner + Jahr ........276, 281, 300, 303, 309-10 Gucci ........................................... ...366

H H&M ............................ ...230, 237, 241 Habitat ................................. ...344, 351 Haier ............142, 594-95, 618, 638-39 Haligk .......................................... ...354 hamburg.de ................................. ...276 Hamburger Abendblatt ..............275-76 Hamilton Sundstrand ..................... ...89 Handelsblatt ........................ ...186, 609 Hardwick Stove US ..................... ...593 Harvard Business School ...........39-40, 42, 44

Unternehmens- und Markenverzeichnis Harvard University .................. ...39, 40 HBOS ......................................... ...500 Hebros Bank ................. ...502-3, 508-9 Heinrich Bauer Verlag . ...281, 300, 302 Hellman & Friedman ................... ...276 Henkel ........................... ...368-69, 384 Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz .... ...576 Hennes & Mauritz (H&M) .......230, 237, 241 Hewlett-Packard (HP) ....... .......143-44, 148-49, 158, 382 Hilco .................................... ...344, 351 Hitachi ......................................... ...383 Hoechst ....................................... ...421 Hofer ................................... ...542, 546 Holcim ......................................... ...382 Holtzbrinck Ventures ................... ...354 Honda ................... ...12, 110, 381, 392 Honda 750 .................................. ...109 Honeywell ............................. ...89, 593 Hoover UK .................................. ...593 Hörzu ............................. ...275-76, 309 Hotpoint-Ariston ..................... ...590-91 HP ............. ...143-44, 148-49, 158, 382 HRE ............................................ ...526 HSBC Holdings ................... ...500, 504 Hubert Burda Media ............ ...281, 300 Hugo Boss .................................. ...365 Husqvarna .......................... ...110, 593 Hutchison Whampoa .................. ...381 HVB .............................................. ...15 HVB Bank ................................... ...511 HVB Bank Biochim ....... ...502-3, 508-9 HVB Bank Czech Republic . ...502, 508 HVB Bank Estonia ...................... ...508 HVB Bank Hungary ..................... ...508 HVB Bank Latvia ......................... ...508 HVB Bank Romania .................... ...508 HVB Bank Serbia and Montenegro ............................. ...503, 508 HVB Bank Slovakia ..................... ...508 HVB Bank Ukraine ...................... ...508

Unternehmens- und Markenverzeichnis HVB Central Profit Banka ......502, 508, 510 HVB Group ........495, 497-510, 516-22, 526-28 HVB Lithuania ............................. ...508 HVB Tiriac Bank .......................... ...503 Hypo Real Estate (HRE) ............. ...526 HypoVereinsbank .................. ...15, 527 Hyundai ............................... ...383, 387

I Iberdrola .............................. ...316, 334 Iberia ........................... ...447, 450, 455 Iberna .......................................... ...593 IBM ...............141, 143-49, 152-54, 382 IBM Global Financing .................. ...147 IBM Global Services .................... ...147 Iceland ........................................ ...603 Idealo .......................................... ...276 IDM ............................................. ...425 iF product design awards ............ ...599 Ignis ............................................ ...593 IKEA .... ...337, 339-46, 350-51, 353-60 IKEA Deutschland ....................... ...352 IMD ............................................... ...40 Immonet ...................................... ...276 ImmunoGen ................................ ...425 InBev ........................................... ...381 InBev Deutschland ...................... ...123 Indesit ............ ...590-95, 597, 633, 646 Indevus ....................................... ...425 Inditex ......... ...229-30, 233-34, 239-42 Industrial and Commercial Bank of China ..................................... ...501 Industrie Merloni .......................... ...591 Infasil ........................................... ...365 Infineon ........................................... ...5 Infiniti ............................................. ...12 Inflazyme ..................................... ...425 INGKA Holding .................... ...339, 355 INSEAD ......................................... ...40

659 Inteko .......................................... ...291 Inter IKEA Systems ............. ...339, 356 Intercell ....................................... ...425 International Business Machines (IBM) .... ...141, 143-49, 152-54, 382 International Moscow Bank . ...502, 508 Interogo ....................................... ...356 Intershop ....................................... ...28 Island Def Jam Records .............. ...211 Istanbul Stock Exchange ............ ...645 Isuzu ........................................... ...392 ITM ............................................. ...535 ITOCHU ...................................... ...383 ITT Industries .............................. ...251

J J Records .................................... ...211 J.P. Morgan Securities ................ ...394 Jaguar ......................................... ...164 Jamba ......................................... ...354 Japan Air System ........................ ...447 Japan Airlines ..................... ...447, 455 Japan Tobacco ........................... ...383 Jeep ............................................ ...390 Jenn-Air US ................................ ...593 Jerini ........................................... ...425 Jive ............................................. ...211 Johnson & Johnson ............ ...365, 382 Jolie ............................................ ...276 JP Morgan Chase ....................... ...500 JP Nordiska ................................ ...478 JSC Visor Capital ........................ ...491

K K+S ................................................. ...5 KaDeWe ..................................... ...222 Kanebo ....................................... ...365 Kao Corporation .......................... ...365 Karstadt ...................................... ...354

660 Kaufhaus des Westens (KaDeWe) .............................. ...222 Kaufland ...................................... ...543 Kawasaki ..................................... ...110 KaZaA ......................................... ...210 Kelvinator .................................... ...593 Kenia Airways ............................. ...456 Kenmore ..................................... ...601 Kentucky Fried Chicken ................ ...20 Keretapi Tanah Melayu Berhad (KTMB) .................................. ...206 KfW ....................................... ...91, 196 Kidde Aerospace & Defense ......... ...89 Kiddy’s Class ....................... ...230, 234 KitchenAid ................................... ...593 KKR ............................................. ...224 KLM Royal Dutch ... ...449-50, 452, 456 Klosterfrau ................................... ...425 Knorr-Bremse .............................. ...104 Koo Financial Services ................ ...508 Koç Holding …..581, 596-97, 606, 609, 615, 645 Koç Holding Emekli ve Yardım Sandı÷ı Vakfı ......................... ...645 Koç University ............................. ...596 Kohlberg Kravis Roberts (KKR) ... ...224 Koleston ...................................... ...366 Komputer SWIAT ........................ ...282 König Pilsener ............................. ...124 Korean Air ........ ...447, 450-51, 454-55 Köstritzer ..................................... ...124 KPMG ..........250, 259-61, 269-70, 356 KPN Telecom .............................. ...483 Kraft Foods .................................. ...383 Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) .............................. .....91, 196 Kroger ......................................... ...535 Krombacher ................................. ...114 Kroymanns-Gruppe ..................... ...404 KTMB .......................................... ...206

Unternehmens- und Markenverzeichnis

L L’Oréal ........ ...17, 130, 136-38, 365-67 Lafarge ....................................... ...381 Lagardère ..................................... ...77 Lamborghini ................................ ...109 LAN Chile ............................ ...450, 455 Landrover .................................... ...164 Lansa .......................................... ...547 Lattelekom .................................. ...478 Latvijas Mobilais Telefon ............ ...478 Lauda Air .................................... ...450 Legend ................................... ...142-44 Legend Holdings ......................... ...145 Lego ............................................ ...225 Leisure ........................... ...610, 612-13 Lenovo ...................... ...141-49, 152-58 Lenovo Deutschland ................... ...153 Lenovo Group ............. ...145, 154, 158 Letsbuyit.com ................................ ...28 Levi´s ............................................ ...69 Lexus ............................................ ...12 LG .......................... ...382, 594-95, 638 Libedi .......................................... ...293 Liberis ......................................... ...293 Liberty Globa .............................. ...381 Licher .......................................... ...124 Lidl ...533, 535, 540-41, 543-52, 55457, 563-68, 570-72, 574, 576-77, 579 Lidl & Schwarz ............................ ...543 Liebherr Aerospace ...................... ...89 Limited Brands .................... ...127, 365 Linde ............................... ...5, 381, 593 Littlewoods .................................. ...603 Lockheed Martin ...................... ...93-94 Logan .......................................... ...414 London Business School .............. ...40 LOOK! ......................................... ...293 LOT ............................................. ...455 Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) .......................... ...365, 381 Lovenox ...................................... ...422 Lucky Goldstar ............................ ...594

Unternehmens- und Markenverzeichnis Lufthansa .......5, 17, 447-50, 453, 455, 465 Lunge Manufaktur .......................71-72 Lush ..........................................138-39 Luz ............................................318-19 Luz y Fuerza .............................318-19 LVMH .................................. ...365, 381

M Mabe ........................................... ...593 Magic Chef US ............................ ...593 Malév ........................................454-55 MAN ................................ ...5, 100, 109 Manager Magazin ....................... ...569 Mark Apart ................................... ...355 Marlboro ........................................ ...23 Marubeni ..................................... ...382 Masco ......................................... ...593 Maserati ...................................... ...109 Massimo Dutti ........ ...230, 233-34, 241 Master Card ................................ ...525 Mäurer & Wirtz ............................ ...378 Maverick Records ....................... ...211 Maxim ......................................... ...276 Maytag ................................ ...590, 593 Mazda .................................12, 392-93 MBDA ............................................ ...77 McDonald’s ............................. ...20, 23 McKinsey & Company .......271, 524-25 Media .......................................... ...293 MediaExpress ...........................279-80 Medion ........................................ ...157 Mega ........................................... ...352 MegaCent ................................... ...543 MegaFon ............................. ...478, 490 Mercedes-Benz ...... ...164-65, 390, 393 Merck .............................................. ...5 Mercury ....................................... ...425 Mercury Nashville ........................ ...211 Merloni ........................................ ...593 Merloni Elettrodomestici .............. ...591

661 Messier-Bugatti-Dowty .................. ...89 Metro ......... ...5, 352, 354, 382, 535-36 Metro Cash & Carry .................... ...571 Metzler ........................................ ...384 Mewa .......................................... ...359 Mexicana .................................... ...450 Michelin ....................................... ...395 Microsoft ............................. ...225, 356 Middle East Airlines .................... ...456 Miele ........................... ...595, 604, 614 Migros ......................................... ...553 Military Air Systems ...................... ...77 Military Transport Aircraft .............. ...77 Millenium ................................ ...424-25 Mitsubishi .....12, 17, 89, 163, 383, 387, 392-93, 409 Mitsubishi Pharmaceuticals ........ ...424 Mitsubishi UFJ Financial Group .. ...500 Mitsui .......................................... ...382 Mizuho Financial Group .............. ...500 Modosa ....................................... ...593 Moët Hennessy ............................. ...23 MonSanto ................................... ...425 Morphosys .................................. ...442 Motown Record Company .......... ...211 Moulinex ..................................... ...610 Moulinex-Brandt ..................... ...609-11 Mr. Proper ........................... ...365, 379 Multibras ..................................... ...593 Mute Records ............................. ...211

N Napster ....................................... ...210 Naricissus ................................... ...593 Nasa ............................................. ...87 Nasz Dziennik ........................ ...279-80 National Basketball Association (NBA) ..................................... ...149 National Grid ............................... ...382 Naturewatch ................................ ...137 NBA ............................................ ...149

662 Neckermann ................................ ...608 Neff ...........................................590-91 Nefkens ....................................... ...164 Nestlé .................... ...17, 138, 225, 381 Netmums.com ............................. ...309 Netto ........................................... ...540 Neurogen .................................... ...425 Newbridge Capital ....................... ...145 Newsweek .... ...282, 290, 294, 299-300 Newsweek POLSKA .........283, 288-90, 292 Nike ........55-56, 61, 66, 69, 71-72, 226 Nippon Shinyaku ......................... ...425 Nissan ...12, 164, 382, 387, 389-404, 408-16 Nissan Deutschland .................... ...416 Nokia ........................................... ...381 Nonesuch .................................... ...211 Norma ......................................... ...540 Northern and Shell ...................... ...294 Northwest Airlines ……..447, 450, 452, 454-55 Nova Banjalucka Banka ...... ...503, 508 Novartis ....................... ...382, 421, 442 Novo Nordisk ............................... ...425 Nowa Trybuna Opolska ............... ...280 NPO Saturn JSC ........................... ...89 NSU ............................................ ...110

O O2 ............................................... ...483 Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) ......................... ...191 Oettinger ............................. ...114, 123 OEW ........................................... ...191 Oil of Olaz ................................... ...365 OK! .............................................. ...294 Öko-Institut Freiburg .................648-49 Olay ............................................. ...379 Olivia ................................... ...282, 293 Omnitel ........................................ ...483

Unternehmens- und Markenverzeichnis Ondal .......................................... ...378 oneworld .............17, 445, 447, 449-50, 454-56, 464 Opel ............................ ...104, 164, 417 Oral-B ......................................... ...372 Orange Denmark ........................ ...482 Organon ...................................... ...425 Origins ........................................ ...127 Orion ........................................... ...425 Orkla Group ................... ...279-80, 287 Orkla Media ................................ ...280 Oscar Mayer ............................... ...137 Osram ......................................... ...206 Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft .............................. ...352 Otto ........................ ...231, 240-41, 608 Oysho ................................. ...230, 234

P P&G ..........138, 363, 365, 367-72, 375, 376-80, 382, 384-85, 425 Palmolive .................................... ...251 Pampers ..................................... ...379 Panasonic ...................... ...226, 594-95 Pangue ............................... ...316, 318 Pani domu ................................... ...282 Pantene ...................................... ...365 Parfums Rochas ......................... ...366 Parker Hannifin ............................. ...89 Parlophone ................................. ...211 Passauer Neue Presse ............... ...303 Paula .......................................... ...579 Pehuenche .......................... ...316, 318 Penny ............................ ...540-41, 572 People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) ................ ...137-38 PepsiCo ........................................ ...19 Peptor ......................................... ...425 Percassi ...................................... ...231 Pernod Ricard ............................. ...381 PETA ..................................... ...137-38

Unternehmens- und Markenverzeichnis Petrofina ........................................ ...17 Petronas ...................................... ...383 Peugeot ............................... ...164, 413 Pfizer ...................... ...382, 421, 424-25 PGA ............................................ ...164 Philacor ....................................... ...593 Philco .......................................... ...593 Philip Morris .................................. ...23 Philips ................................. ...381, 593 PIN Group ................................... ...276 Pinault-Printemps Redoute ......... ...382 PIT .............................................. ...117 Pitsos .......................................... ...593 Piura ..........................................316-17 Pivovarni Ivana Taranova (PIT) ... ...117 Pizza Hut ....................................... ...20 PKO BP ....................................... ...510 Planet Retail ..............................568-69 Plavix .......................................... ...422 Plus ........................ ...540-41, 557, 567 Plus X Awards ............................. ...599 Pol’nobanka ................................ ...502 Polar ............................................ ...593 POLITYKA ................................... ...280 POLSAT ...................................... ...292 Polskapresse ....................... ...280, 287 Polydor ........................................ ...211 Popcorn .................. ...275-76, 282, 293 Porsche ......17, 109, 164-65, 172, 410, 441 Porsche España .......................... ...164 Porsche Holding ...161, 163-66, 169-73 Porsche Hungaria ....................... ...164 Porsche Inter Auto Ungarn .......... ...165 Porsche Ljubljana ........................ ...164 Portugal Telecom ........................ ...483 Portugália Airlines ....................... ...456 PowerJet ....................................... ...89 PricewaterhouseCoopers (PwC) ...250, 258, 261, 269-70 Pringles ....................................... ...365 Prinovis ....................................... ...276 Privileg ........................................ ...602

663 Procter & Gamble (P&G) .......138, 363, 365-72, 375-80, 382, 384-85, 425 Procter & Gamble Pharmaceuticals ...................................... ...424 Profilo .................................... ...590-91 Profit ................................... ...283, 288 ProMarkt ..................................... ...608 Promodès ................................... ...547 ProSiebenSat.1 Media ................ ...276 ProSkelia .................................... ...425 PSA Peugeot Citroën .......... ...413, 417 Pull & Bear ..................... ...230, 233-34 Puma ....................................... ...71-72 Puzzle-Hotel ............................... ...355 PwC ............... ...250, 258, 261, 269-70

Q Qantas Airways ........... ...447, 450, 455 QDI ............................................. ...143 Quantum Design (QDI) ............... ...143 Quelle ......................................... ...609

R R2M ............................................ ...224 Rába ........................................... ...100 Rabobank Group ........................ ...501 Radeberger ................................. ...123 radio ffn ....................................... ...276 Radio Hamburg ........................... ...276 radio NRW .................................. ...276 Radio Schleswig-Holstein (RSH) ...276 Random House ........................... ...309 Raytheon .................................... ...593 RCA ............................................ ...593 RCA Records .............................. ...211 Real ............................................ ...536 Reebok ......................................... ...56 Refrigeração Paraná ................... ...593 Regeneron .................................. ...425

664 Rema .......................................... ...556 Renault ...382, 387, 389-95, 397-404, 408-10, 412-14, 416-17 Renault Samsung Motors .... ...399, 414 Reprise Records ......................... ...211 Repsol YPF ................................. ...382 Reputation Institute ..................... ...225 Revlon ......................................... ...365 REWE ...............................535, 572-73 Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk (RWE) ............... ...5, 315, 383 Rhône-Poulenc ........................... ...421 Richard Ivey School of Business ... ...40 Richardson-Vicks ........................ ...365 Ricordi ......................................... ...211 Ringier Verlag .............................307-8 Río Maipo ............................ ...318, 324 Rio Tinto ...................................... ...383 Robert Bosch .............................. ...591 Roche .................................. ...381, 421 Rockwell Collins ............................ ...89 Rolling Stone ............................... ...276 Rolo Banca .................................. ...497 Romania Fund ............................. ...611 Romanian Publishing Group ....... ...293 Roper .......................................... ...593 Rover .................................... ...28, 164 Royal Bank of Scotland ............... ...500 Royal Jordanian .......................... ...455 RPPF .......................................... ...611 RSH ............................................ ...276 RTL Group .......................... ...276, 309 Rudolph Logistik .......................... ...100 Ruhrgas ...............175-80, 184-89, 191 Runner´s World ............................. ...71 RUSSKIJ Newsweek ........... ...291, 294 RWE ................................ ...5, 315, 383 Ryanair ................................ ...448, 465 RZECZPOSPOLITA .........279-80, 285, 289-90

Unternehmens- und Markenverzeichnis

S S.C. Johnson & Son ................... ...384 SAB Miller ........................... ...121, 381 Safran Group ................................ ...89 Sagem .......................................... ...89 Sal. Oppenheim .......................... ...186 Salomon ........................................ ...56 Samsung ................ ...383, 414, 594-95 Samsung Motors ......................... ...403 San Isidro ............................ ...316, 318 Sana ........................................... ...293 Sanex ......................................... ...384 Sanofi .......... ...421-22, 424-25, 440-43 Sanofi-Aventis ..........382, 419, 421-24, 432-33, 440-41 Sanofi-Synthélabo ...... ...421, 425, 432 Santa Zurnals ............................. ...294 Santander Central Hispano ......... ...500 SAP ........................................ ...5, 259 Sara Lee ..................................... ...384 SAS Carlet .................................. ...164 SAS Scandinavian Airlines ......17, 447, 450, 455 Saturn ......................................... ...608 Saunags ...................................... ...293 SCA ............................................ ...378 Schaeffler .................................... ...576 Schenker ............................. ...100, 616 Schichting INGKA Foundation ... ...339, 355-56 Schlitz Brewing Company ........... ...251 Scholtès ......................... ...590-91, 593 Schomburg & Graf ........................ ...71 Schwarz ................. ...535, 543-44, 576 ScottishPower ............................. ...334 Sears, Roebuck and Co. ............. ...601 Seat ...................... ...98, 100, 110, 163 Sebastian .................................... ...366 Seeger ........................................ ...593 SeLoger.com .............................. ...309 SEPI ............................................. ...77 Seregni Printing Group ............... ...287

Unternehmens- und Markenverzeichnis Seven & I .................................... ...535 Shanghai Airlines ........................ ...456 Shell ............................................ ...381 Shiseido ...................................... ...365 Shock Waves .............................. ...371 Siemens .........5, 17, 138, 157, 193-97, 200, 202-7, 270, 381, 575-76, 59091, 593, 604 Siemens Industry ........................ ...206 Siemens Mobility .........................206-7 Siemens Real Estate ................... ...204 Singapore Airlines ............... ...450, 455 Sir Irisch Moos ............................ ...378 Skanska ...................................... ...357 Škoda ............... ...98, 100, 110, 163-64 SkyePharma ................................ ...425 SkyTeam ....17, 445, 447, 449-52, 45455, 462-66 Smeg ........................................... ...593 Snecma ......................................... ...89 Société Générale ........................ ...611 SOGEADE .................................... ...77 Sojuzgazexport ........................... ...177 Sonauto .....................................163-64 Sonera ...........472-73, 477-79, 481-82, 487-89 Sonic Cruiser ................................. ...93 Sony .....209-13, 216, 222, 225-26, 382 Sony BMG Music Entertainment ...20912, 220-24 Sony Corporation of America ..... ...210, 212-13, 220, 223 Sony Music Entertainment ....... .....210, 212-13, 216, 225-26 South African Airways ......... ...453, 455 Southwest Airlines ....................... ...447 Spanair ................................ ...450, 455 SPE ............................................. ...333 SPES .......................................... ...280 Spice Nepal ................................. ...491 Spider .......................................... ...355 Splitska Banka ....................503, 508-9 Sport BILD ........................275-76, 307

665 Star Alliance .......17, 445, 447, 449-50, 452-53, 455, 463-64 Statoil .......................................... ...383 Stella ............................................. ...69 Sterntaler .................................... ...124 Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis ............................... ...646 Stiftung Warentest .............. ...357, 599 Stinnes ........................................ ...100 Stor ............................................. ...342 Stradivarius .................... ...230, 233-34 Subaru ........................................ ...392 Suez ........................... ...315, 333, 381 Sukhoi ...................................... ...89-90 Sukhoi Superjet 100 ..................... ...89 Sumitomo Mitsui Financial Group ...500 SUPER Express ....... ...279-80, 284-89 Suzuki ................... ...12, 100, 110, 392 SVT ..................................... ...356, 358 Swedish Glace ............................ ...137 Swedwood .................................. ...341 Swiss ............................. ...449, 453-55 Swisscom .................................... ...483 Synthélabo .................................. ...421 SYZ Corporation ......................... ...195

T Tabung Haji Technologies ..... ...195-96 Taco Bell ....................................... ...20 Tagesspiegel .............................. ...290 TAP Portugal .............................. ...455 Tappan ....................................... ...593 Targacept .................................... ...425 Target ......................................... ...535 Tarom ......................................... ...456 Taxotere ................................. ...426-27 taz – die tageszeitung ................. ...289 TCL ............................................. ...142 TDC ............................................ ...483 Teknosan Büro Makina ve Lev. Tic. ve San. .......................... ...645

666 Tele Danmark ............................472-73 Tele Danmark Communications (TDC) ..................................... ...483 Telecom Italia .............................. ...483 Telefónica ................... ...241, 381, 483 Telenor .......381, 472-77, 482-83, 487, 489-91 Telia .............469, 471-79, 481, 487-90 TeliaSonera ..............381, 479, 481-83, 488-92 TeliaSonera Asia ......................... ...491 Temel Ticaret ve Yatırım ............. ...645 Tengelmann ................................ ...567 TESA ................................... ...316, 321 Tesco .......................... ...535, 554, 570 Test & Services ............................. ...77 Teva Pharmaceuticals ................. ...425 Texas Pacific Group .................... ...145 Thai Airways .................. ...17, 450, 455 Thales ........................................... ...89 The Body Shop International ...... .....17, 125-30, 133-39 The Gap ...................................... ...129 Therma ........................................ ...593 Think ........................................... ...149 Thompson-Houston ..................... ...611 Thomson Reuters ........................ ...381 Thorn EMI ................................... ...593 ThyssenKrupp ......................... ...5, 382 TI Group UK ................................ ...593 Timberland .................................... ...69 Time Warner ............................... ...211 Timotei .......................................... ...26 T-Mobile ...................................... ...491 Tosca .......................................... ...378 Toshiba ....................................... ...144 Total ...................................... ...17, 381 Toyota ........... ...12, 164, 231, 382, 392 Trader Joe’s ................................ ...546 Transcontainer ............................ ...616 Transelec ............................ ...318, 324 Transquillota ........................ ...316, 318 Tricity UK .................................... ...593

Unternehmens- und Markenverzeichnis Tricon ............................................ ...20 Triple ........................................... ...593 Trybuna .................................. ...279-80 Tunusdan .................................... ...619 Turkcell ....................... ...478, 483, 490 Turkish Airlines ........................... ...456 TV Digital .................................... ...276 Tyrolean Airways ........................ ...450

U UAB Omnitel ............................... ...478 UBS .................................... ...270, 501 Ufesa .......................................... ...593 UniBanka .................................... ...508 UniCredit Bank ....................... ...511-12 UniCredit Group …....15, 495, 497-511, 516-29 UniCredit Romania ..................... ...508 Unicredito .................................... ...497 Unilever ......... ...26, 365, 372, 381, 384 Uniroyal Goodrich ....................... ...395 United Airlines ……….17, 447-48, 450, 453, 455 United Technologies ................... ...382 Universal Music ........ ...210-11, 222-23 Universitätsseminar der Wirtschaft (USW) ...................................... ...40 Upton Machine Co. ..................... ...590 Urban .......................................... ...211 US Airways ............ ...447-48, 453, 455

V Valmet .................................. ...17, 441 VARIG ................................ ...450, 453 Vattenfall ..................................... ...315 VEB DKK Scharfenstein ............. ...609 Vehbi Koç Foundation ................ ...596 Vehbi Koç Vakfı .......................... ...645 Veidas Periodical Publishing ....... ...294

Unternehmens- und Markenverzeichnis Veolia .................................... ...91, 382 Vereins- und Westbank ............... ...505 Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck ..................................... ...302 Verlagsgruppe Passau ................ ...280 Verve Music Group ..................... ...211 Vestel .................. ...602, 607, 634, 646 Vidal Sassoon ............................. ...365 Virgin Music ................................. ...211 ViroPharma ................................. ...425 Visor Capital ................................ ...491 Vitromatic .................................... ...593 Viva ............................................. ...293 Vivality ......................................... ...371 Vivendi ........................................ ...224 Vivendi Universal Télécommunications ................................... ...483 Vivendi-Universal-Gruppe ... ...210, 382 Vodafone ..................... ...381, 483, 491 Voicestream .................................. ...15 Volkswagen (VW) ..........5, 19, 98, 100, 104, 106-10, 163-66, 169-70, 17273, 225, 352, 382, 392, 413 Volkswagen (VW) Passat ............ ...108 Voltas .......................................... ...593 Volvo .................................381, 389-90 VW ....5, 19, 98, 100, 104, 106-10, 163-66, 169-70, 172-73, 225, 352, 382, 392, 413 VW Passat .................................. ...108

W Wallstreet Journal ....................... ...384 Wallstreet-Online ......................... ...276 Wal-Mart ...28, 69, 383, 535-36, 572, 578-79 Wal-Mex ...................................... ...578 Walt Disney Company ................. ...225 Warner Bros. Records ................. ...211 Warner Music Group ...210-12, 222-23 Warner Music International ......... ...211

667 Washington Post Company ........ ...290 WAZ Mediengruppe .................... ...275 Wella ... ...19, 363, 365-72, 375-79, 385 Wellaflex ............................. ...366, 371 Wells Fargo ................................. ...501 Welt kompakt ...................... ...276, 285 Wernesgrüner ............................. ...124 Whirlpool …....590, 593-95, 601-2, 618, 633, 638 White Consolidated ..................... ...593 White Wave ................................ ...137 Wingas ........................................ ...179 Wings ............. ...447, 449-52, 454, 463 Wintershall ............. ...179-80, 187, 189 Witter .......................................... ...593 WPP Group ................................. ...381 wprost ................................. ...280, 290 Würth .......................................... ...576

X XStrata ........................................ ...381

Y Yacylec .................................. ...316-17 Yamaha ...................................... ...163 Yangzi ......................................... ...593 YTL Corporation .................... ...195-96 Yum! ............................................. ...20

Z Zagrebaçka ........... ...501-2, 508-9, 511 Zanker ........................................ ...593 Zanox .......................................... ...276 Zanussi .................. ...590-91, 593, 636 Zara .................. ...229-33, 237-41, 243 Zealand Pharma ......................... ...425

668 Zentrale für Fallstudien e.V. .......... ...40 Živnostenská Banka ............ ...502, 508 Zjednoczone PrzedsiĊbiorstwa Rozrywkowe ...................................... ...280

Unternehmens- und Markenverzeichnis Zodiac ........................................... ...89 ZZ-Kurier Gesellschaft für Zeitungs- und Zeitschriften-Vertrieb ............. ...276

Stichwortverzeichnis

671

Stichwortverzeichnis

A Absatzmittler ...........15-17, 27, 113-17, 119-21, 143, 161-66, 169-73 Abspaltung .......................... ...257, 422 Abstimmung, persönliche ........24, 252, 393, 396-98 Abteilung ..........24, 100, 213, 222, 237, 377-78, 396, 427, 599-600 Abwehrmechanismen .......315-26, 330, 366 Abwertung .................................323-24 Aharoni-Ansatz …………..113-17, 121, 533-57, 567 Akkulturation .....................363-72, 377 Akquisition .....15-17, 25, 28-29, 56, 68, 109-10, 123, 125-30, 136-38, 14149, 152-55, 157, 164, 169, 224-25, 309-10, 315-26, 330-32, 343-44, 350-51, 363-72, 375-85, 389-90, 392, 408, 410, 438-39, 441, 455-57, 464, 471, 491, 497-99, 501-5, 510, 516-17, 542-43, 547, 567, 591-94, 608-16, 635, 637 Akquisitionsepisode ….317-20, 363-72, 637 − Analyse- und Konzeptionsphase ...........................367-68, 637 − Integrationsphase .......136, 371-72, 637 − Transaktionsphase ... ……..318-20, 368-70, 372 Aktienanalyse ............................240-42 Aktiengattungen ................366, 368-69 Aktiengesetz ..............................375-76 Aktienkurs ............229-34, 239-40, 242 Aktientausch ......................144-45, 499

Aktionäre .......76-78, 144-45, 163, 166, 177, 179, 195-96, 241-42, 251, 25354, 276, 318-20, 339, 355-56, 366, 368-69, 372, 398, 449, 477-79, 57677, 597, 609, 644-45, Aktionärsstruktur ...76-78, 144-45, 163, 166, 177, 179, 195-96, 241-42, 251, 253-54, 276, 318-20, 339, 355-56, 366, 368-69, 372, 398, 449, 477-79, 576-77, 597, 609, 644-45, Allianz ........15-17, 25, 27, 141-49, 153, 281-82, 387-404, 408-9, 412-14, 428-32, 445-57, 461-65, 618, 638 Allianzgremien ....... …..397-98, 430-31 Allianzkomitee ..... ......394, 397, 430-32 Allokationsstrategien .....158, 266, 525, 641 − Konfigurationsstrategien .. .....13-15, 22-23, 25, 76-82, 85-86, 97-98, 1056, 145, 173, 206, 231-33, 242, 28788, 371, 398-401, 414, 441-42, 51011, 518, 605-8, 610-11 − Leistungsstrategien ....13-15, 22-23, 25, 127, 231-33, 237, 242, 253-56, 266, 271, 278, 284, 304-6, 342-43, 353, 450-51, 541, 543-44, 550-52, 565-66, 570, 588, 595 Amerikanisierung ........................ ...377 Anlagenbauer ................ ...195-96, 200 Ansoff-Matrix .......... ......97-101, 109-10 Anspruchsgruppen .........27-28, 61, 67, 97-101, 106, 249, 376-77, 389, 449, 510-11, 520, 552-54, 555, 577 Arbeitsbedingungen .............58-62, 67, 358-59, 442-43, 553-54, 577 Arbeitsplatzabbau ..........101, 105, 147, 158, 212-13, 221-22, 371, 441-42, 510-11, 520, 635-36 Arbeitsteilung ...... ...57, 76-80, 399-401

672 Archetypen des internationalen Unternehmens ...7-9, 27, 133, 161-66, 172, 249-60, 266, 273-95, 302, 385, 495-512, 525, 533-57, 576, 581-620, 633 Artefakte ...................................... ...256 Asienkrise ................................... ...391 Attraktivitätsorientierte Marktpräsenzstrategien ... ...........25, 279-81, 299, 495-512 Aufbauorganisation ........121, 205, 249, 251-54, 397-98, 489 Aufgabenumwelt .......122, 172, 195-96, 449-50 Aufsichtsrat .........178-79, 193-97, 205, 393-95, 474-75, 479-82, 609 Aufspaltung ...............................260-62 Ausbildung .................................. ...197 Ausfuhr ....15-17, 27, 101, 113-17, 11921, 161-66, 169-73, 175-80, 184-85, 419-33, 439, 581-620, 634-35, 642 Ausgleichsorientierte Marktpräsenzstrategien ................................. ...25 Ausgliederung .. ...146-47, 210-12, 253 Ausgründung ............................... ...422 Auslandsdivision .....193-97, 205, 46983, 489, 600 Auslandserfahrung ...146, 148, 196-97, 278, 303, 395-97 Auslandsmarktforschung .............97-98 Auslandsmitarbeiter ..........5-6, 27, 166, 171, 287-88, 301, 380-83, 575-76 Auslandsmontage .... ...97-101, 193-97 Auslandsproduktion ...56-62, 71, 78-80, 86, 97-101, 193-97, 231, 401, 59092, 605-7, 610-11, 615, 646 Auslandsquote ..........5-6, 114-16, 121, 166, 171, 194, 237, 292, 301, 38083, 575-76 Auslandsumsatz ..........5-6, 27, 114-16, 121, 146, 166, 171, 194, 230, 292, 301, 380-83, 389, 541-45, 575-76, 590-92, 595, 604

Stichwortverzeichnis Ausschreibungen ........................ ...600 Außendienst ................... ...116-17, 119 Außenhandel ...15-17, 27, 101, 113-17, 119-21, 161-66, 169-73, 175-80, 189, 419-33, 439, 581-620, 642 − Außenhandelsfinanzierung ... ...196, 202 − Motive ............................... ...113-14 − Typen ....................... ...116-17, 119 Außenhandelstheorien ... ...175-80, 189 Automobilbranche ……97-101, 161-66, 170-71, 387-404 Automobilhandel .........161-63, 170-71, 415-16 Autonomie ........................... ...252, 268

B Bankenbranche .................... ...495-512 Bankenrecht ................. ...495-512, 523 Bartlett/Ghoshal-Rollentypologie ...28788, 302-3 Bartlett/Ghoshal-Unternehmenskonzept ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Basale Marktpräsenzstrategien .... ...25 Beherrschungsvertrag ................ ...370 Benchmarking ................ ...454-55, 465 Beratungsgesellschaft ......253, 257-58, 269-71, 495-512, 525, 637 Berichtssysteme ........................... ...24 Beschaffung ........57-62, 65, 68-69, 99, 128, 197, 341, 345-46, 400, 430-32, 450-51, 537 Beschäftigung ............................. ...101 Beschäftigungsabbau ....101, 105, 147, 158, 212-13, 221-22, 371, 441-42, 510-11, 520, 635-36 Bestandsgrößen ......... ...166, 234, 237 Bestechung ......193-97, 203-5, 337-47, 351-52, 533-57, 578-79, 617 Besuche ........ ...24, 58-59, 116-17, 393

Stichwortverzeichnis Beteiligung ...15-17, 25, 76-78, 144-45, 163-64, 177-79, 195-96, 209-16, 240-41, 275-76, 279-80, 309, 31526, 368-70, 393-95, 398, 403-4, 414, 417, 429, 439, 448-49, 457, 464, 478, 497-99, 502, 542-43, 618 Beteiligungsgesellschaft ............144-45 Beteiligungsstruktur ...76-78, 144-45, 163, 177, 179, 195-96, 276, 315-26, 355-56, 366, 368-69, 394, 477-79, 542-43 Betreibergesellschaft ……. .... ..193-97, 200-201 Betreibermodell ...... ...193-97, 200-201 Betriebsrat ...92-93, 109, 213-16, 24041, 378 Betriebsstätte ........................ ...17, 145 Bewegungsgrößen ...... ...166, 230, 237 Beziehungen − zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ...... ...106, 189, 287-88, 301, 644 − zwischen Tochtergesellschaften ................................. ...641 Bierbranche ...............................113-17 Bietverfahren ............................... ...600 Black Hole .................. ...287-88, 302-3 Blockbuster ...............................421-22 Board of Directors ..............76-82, 157, 392-95, 474, 479-80, 578-79 Boykott ............. ...137-38, 553, 635-36 Branchenführer ........... ...315, 365, 372 Branchenstruktur .........210-12, 279-81, 357, 492, 578-79 Brauereibranche ........................113-17 Braune Ware ............................... ...597 Brückenkopf ........319-20, 330-31, 489, 616 Bruttoinlandsprodukt .................321-22 Budget ................................... ...24, 197 Business Conduct Guidelines ... ...19397, 203-4

673

C Center of Competence/ Excellence ............26, 76-78, 86-87, 441-42 Chaebol ...................................... ...414 Checklistenverfahren ..... ...141-49, 158 Chief Executive Officer (CEO) ...76-82, 128, 178-79, 210, 251, 253, 259, 294-95, 306, 339, 350-51, 365, 370, 393-97, 451, 464, 473-75, 479-81, 490, 500, 516, 521-25, 610, 619 Code of Conduct ........ ...57-60, 66, 359 Colleges of Experts ................. ...78, 87 Competitive Advantage ...9-10, 12-25, 28-29, 80-82, 114, 120, 141-49, 156, 231-33, 238, 341, 596, 618-19, 646 Compliance Management System .................. ...193-97, 203-4 Concepta-Ebene ............ ...250-60, 266 Contract Manufacturing ........15-17, 25, 27, 55-62, 65-72, 231, 341, 345-46, 353, 419-33, 441, 601-2, 603-4, 614, 634 Contributor .................. ...287-88, 302-3 Controlling − Management-Controlling . ...193-97, 205 Co-opetition ......175-80, 189, 408, 450, 638, 641 Co-Promotion .............................. ...428 Copyright .................................... ...428 Core Competencies …...77-79, 231-33, 278, 340-41 Corporate Governance .... …….178-79, 193-97, 205, 221, 261-62, 268, 474, 479-80 Corporate Identity .............256, 266-68, 340-41 Corporate Social Responsibility ... ...5862, 66-67, 69, 126-28, 135-36, 25152, 266-68, 358-59, 552-54, 577, 646-49

674 Corruption Perceptions Index (CPI) ............. ...193-97, 203-4, 617 Culture-bound-These ........395-96, 412 Culture-free-These ............395-96, 412 Currency Board ................... ...323, 331

D Dachgesellschaft .......................253-54 De-facto-Struktur .......................253-54 De-Internationalisierung .....28-29, 14344, 260-62, 292, 491, 525-26, 556, 568-69 De-jure-Struktur .........................253-54 Demographische Rahmenbedingungen ...113-17, 122, 585-88 Deregulierung ......164-65, 317, 448-49, 456-57, 471-72, 477, 596-97 Desintegration ............................. ...319 Desinvestition .............................. ...568 Dezentralisierung ...........13, 22, 25-26, 76-82, 85-86, 97-101, 105-6, 145, 253-54, 287-88, 398-401, 414, 51011, 610-11 Dezentralisierungsstrategie .......13, 22, 25-26, 76-82, 85-86, 97-101, 105-6, 145, 253-54, 287-88, 398-401, 414, 510-11, 610-11 Diamant-Ansatz (Porter) ..........98-100, 104-5, 495-512, 528, 596-98, 646 Dienstleistungsunternehmen ....209-16, 247-62, 271, 273-95, 445-57, 46983, 495-512 Differenzierung ....13, 14-15, 22-23, 25, 232-34, 237, 253, 271, 278, 284, 304-6, 342-43, 353, 541, 543-44, 565-66, 570 Differenzierungsstrategie .....13, 14-15, 22-23, 25, 232-34, 237, 253, 271, 278, 284, 304-6, 342-43, 353, 541, 543-44, 565-66, 570

Stichwortverzeichnis Dimensionen − der Internationalität ... ...363-72, 385 − der Landeskultur ...56-62, 68, 19397, 201, 377, 469-83, 489, 552-556, 573-74, 579, 596-98, 616-17, 643-44 Direktexport .....16, 25, 116-17, 175-80, 635 Direktimport ........................... ...175-80 Direktinvestitionen .........76-78, 97-101, 126, 144-45, 156-157, 163-66, 17879, 195-96, 209-16, 316-21, 337-47, 350, 368-70, 398, 426, 439, 448-49, 457, 478, 497-99, 502, 574, 605, 617 − Erstinvestition ...... ...100-101, 107-8 − Folgeinvestition ......100-101, 107-8, 207 − Förderung von ......................... ...98 − Motive ......... ...56, 97-100, 317, 367 Direktinvestitionsannahme .. ...429, 439 Direktinvestitionsmotive . ...97-100, 574 − Efficiency-Seeking-Motiv ......... ...99 − Market-Seeking-Motiv ........99, 317, 367 − Resource-Seeking-Motiv ... ...56, 99 − Strategic-Asset-Seeking-Motiv ...99 Direktinvestitionstheorien − Monopolistischer Vorteil (Hymer) ..........126-30, 135, 273-95, 306, 337-47, 350, 533-57, 566 − Oligopolistisches Parallelverhalten (Knickerbocker, Graham) ...273-95, 306, 387-404, 410, 533-57, 566, 581620, 639 Distanz, psychische ...317, 385, 392-97 Distribution ......57, 97-98, 161-66, 16973, 231, 367, 377-78, 404, 430-32, 547, 610, 616-17 Distributionspolitik .......161-66, 169-73, 231, 538-41, 551, 554, 565-66, 603, 606-8, 641 Diversifikation ...28-29, 123, 143, 27576, 292

Stichwortverzeichnis Division ..........76-78, 144, 146-49, 205, 253, 489, 497-502, 600 Divisionalstruktur .....193-97, 205, 46983, 489, 600 Dow Jones Sustainability Index ... ...5862, 67 Downstream-Aktivitäten ................ ...22 Downstream-Branchen .............179-80 Doz/Prahalad-Unternehmenskonzept ..................... 581-620, 633 Due Diligence ...................... ...427, 637 Dülfersches Schichtenmodell ...... ...220 Dunning-Ansatz ...126-30, 135, 419-33, 439, 533-57, 564 Dynamik − Episode, internationale …..100-101, 126-30, 249-60, 268-69, 317-21, 367-71, 501-511, 528 − Epoche, internationale ........252-53, 268-69, 501-511, 528 − Evolution, internationale .....115-17, 501-511, 528 − Prozesstrilogie (3 E) ...........252-53, 268-69, 501-511, 528

E Early Mover ....504-6, 518-19, 550, 566 Early-Mover-Strategie ...504-6, 518-19, 550, 566 Economies of Scale ...99, 147, 211-12, 220, 231, 277, 341, 343, 389, 392, 449-50, 471-72, 477-78, 595, 600, 615, 620 Economies of Scope .......99, 147, 36768, 449-50, 472, 478 Efficiency-Seeking-Motiv ............... ...99 Effizienz ................................ ...99, 555 Eigentum, geistiges ...........419-33, 579 Eigentümerstruktur ........76-78, 144-45, 163, 166, 177, 179, 195-96, 241-42, 251, 253-54, 276, 318-20, 339, 355-

675 56, 366, 368-69, 372, 398, 449, 472, 477-79, 576-77, 597, 609, 644-45 Einflussfaktoren .......................... ...416 − Demographische ......... 113-17, 122, 585-88 − Politische ...61, 68, 76, 142-43, 155, 177-78, 184-86, 196-97, 275, 28892, 317, 322-24, 333-35, 351-52, 448-50, 473-76, 480-81, 488, 510, 518, 520, 552-53, 596-98, 616-17, 642 − Rechtliche ...210-12, 223-24, 26162, 269-70, 333, 363-72, 375, 44243, 448-50, 463, 503, 509-11, 520, 586, 615, 616-17, 637, 642, 647-49 Einfuhr ...........16, 116-17, 119, 161-66, 169-73, 175-80, 184-85, 581-620, 634-35, 642 Einkauf ........57-62, 65, 68-69, 99, 128, 197, 341, 345-46, 400, 430-32, 45051, 537 Einzelhandel ........148, 161-63, 231-32, 367, 533-57, 607 Eklektisches Paradigma (Dunning) .......126-30, 135, 419-33, 439, 533-57, 564 Elektronikbranche .................. ...193-97 Elektrotechnikbranche ........... ...193-97 Endproduktion .......... .....17, 79-80, 100 Energiebranche ........ ...175-80, 313-26 Energieeffizienz ............. ...587, 647-49 Entmonopolisierung ...317, 448-49, 471 Entscheidung ... ...7-8, 18-19, 22-23, 26 Entscheidungsprozess .......98, 196-97, 212 Entwicklung .........100, 142-43, 147-48, 399, 423-26, 430, 596-97, 599-601 − Internationale ...76-78, 85-86, 11517, 126-30, 252-53, 317-21, 367-71 Episode, internationale .. …….100-101, 126-30, 249-60, 268-69, 317-21, 367-71, 501-511, 528

676 Epoche, internationale ...252-53, 26869, 501-511, 528 EPRG-Schema (Perlmutter) .....7-9, 27, 133, 161-66, 172, 249-60, 266, 27395, 302, 495-512, 525, 533-57, 576 Erdgasbranche ..........................175-80 Erfolg .....5-6, 26-29, 197, 241-42, 28187, 380, 414, 563 Erfolgsfaktor ............... ...79-80, 85, 148 Erfolgsmessung ..... ...241-42, 378, 491 Ergebniskontrolle .......................... ...58 Erstinvestition ........... ...100-101, 107-8 Ethik ...58-62, 65, 67, 126-28, 135-36, 358-59 Ethnozentrisches Unternehmen . ...7-9, 27, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525, 533-57, 576 Ethnozentrismus ...............7-9, 27, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525, 533-57, 576 EU-Beitritt .......504-5, 511-12, 517, 643 EU-Osterweiterung ........504-5, 511-12, 517 Evolution, internationale .........501-511, 528 Expansion ...........99, 126-27, 541, 547, 569-70 Expatriate ...24, 197, 202, 287-88, 346, 395-97, 644 Experiment .................................. ...358 Export ...15-17, 27, 101, 113-17, 11921, 161-66, 169-73, 419-33, 439, 565, 581-620, 642 − Direkt ...16, 25, 116-17, 119, 17580, 184-85, 635 − Indirekt .. ...16, 25, 116-17, 119, 635 − Motive ..........................113-14, 634 − Typen .......... ...116-17, 119, 634-35 Exportorganisation ....................116-17 Exportpartner ........27, 116-17, 161-66, 169-73, 175-80 EXW (Ex Works) ......................... ...116

Stichwortverzeichnis

F Fähigkeiten ......9-10, 12, 19, 26, 28-29, 79, 99-100, 146 Fallstudien − Charakter ............................ ...41-43 − Typen ................................. ...41-43 Fallstudienmethodik − Geschichte ......................... ...39-41 − Grenzen .............................. ...46-47 − Lehr- und Lernziele ............ ...43-45 − Probleme ............................ ...46-47 − Vorteile ............................... ...43-45 Familienunternehmen .......113-17, 163, 241-42, 276, 337-47, 355-56, 366, 576-77, 597, 644-45 FDI (Foreign Direct Investment) ... ...7678, 97-101, 126, 144-45, 156-57, 163-66, 178-79, 195-96, 209-16, 316-21, 337-47, 350, 368-70, 398, 426, 439, 448-49, 457, 478, 497-99, 502, 574, 605, 617 Feindliche Übernahme ...315-26, 33032, 363-72, 368, 375-85, 542-43 Feminität ... ...193-97, 201, 469-83, 489 Fertigung ................................ ...97-101 Filiale .....17, 126-27, 129-30, 134, 23032, 238, 342-45, 498-500, 510, 54144 Filtermodell der Umweltberücksichtigung (Dülfer) .................................. ...220 Finanzbranche ..................... ...495-512 Finanzholding ............................... ...77 Finanzielle Risiken …...177-78, 184-86, 424, 427, 438, 470-83, 488, 555 Finanzierung .....144-45, 152, 196, 202, 555, 571 Finanzierungshilfen ..... ...196, 202, 317 Finanzkrise ................. ...321, 497, 526 Finanzplatz .................... ...497-98, 522 Finanzzentrum ............... ...497-98, 522

Stichwortverzeichnis First Mover .....20-21, 25, 56, 127, 135, 340-43, 449-50, 504-6, 518-19, 550, 566 First-Mover-Strategie ......20-21, 25, 56, 127, 135, 340-43, 449-50, 504-6, 518-19, 550, 566 First-Mover-Vorteile ......20-21, 99, 127, 135, 340-43, 449-50, 504-6 Five-Forces-Analyse (Porter) ...533-57, 579 Fixkostendegression .........231, 449-50 Flexibilität ...................................... ...16 Flexibilität, eingebaute ...58, 231, 238, 341 Flugzeugbau ...............................76-82 Fluktuation .................................. ...556 Fokussierung ............................... ...353 Folgeinvestition ...100-101, 107-8, 207 Folger .....20-21, 25, 56, 281-82, 504-6, 518-19, 550 Folgerstrategie .......20-21, 25, 56, 28182, 504-6, 518-19, 550 Followerstrategie ....20-21, 25, 56, 28182, 504-6, 518-19, 550 Formalisierung ............................58-59 Forschung ...76-78, 142-43, 147-48, 371, 399, 423-26, 430, 441-42, 59697, 599-601 Forschung und Entwicklung .......76-78, 142-43, 147-48, 371, 399, 423-26, 430, 441-42, 596-97, 599-601 Forschungs- und Entwicklungslizenz ................... ...419-33, 438-40 Franchisebetrieb ...17, 125-30, 133-36, 231, 342-45 Franchisebeziehung ...27, 125-30, 13336, 231, 342-45 Franchisegeber .......17, 20-21, 125-30, 133-36, 231, 342-45 Franchisegebühr .................17, 125-30 Franchisenehmer .......17, 125-30, 13336, 231, 342-45

677 Franchising .....16-17, 25, 125-30, 13336, 231, 239, 339, 342-45, 350-51, 357-58, 565 Freihandelsabkommen .. ...615-16, 642 Freundliche Übernahme ....56, 68, 14149, 152-55, 164, 372, 455-57, 464, 498-99, 501-5, 510, 516-17 Führung ...7-8, 11, 76-82, 90-93, 128, 173, 346-47, 395-97 Führungskräftetransfer ....24, 197, 202, 252, 287-88, 301, 346, 379-80, 39395 Führungsmodell .... ...76-82, 90-93, 128 Führungspersönlichkeit ...126-28, 19396, 206, 251, 339, 346, 395-97, 411, 502-3, 523-25, 541-42, 545, 565 Führungsphilosophie ........126-28, 251, 346-47, 395-97, 411 Führungsprinzip ............. ...128, 346-47 Führungsstil ...128, 395-97, 411, 502-3, 523-25, 541-42, 545, 565 Führungsstruktur ............ ...178-79, 370 Funktionalbereich ........ ...371, 397-401 Funktionalbereichsstrategie ........ ...371 Funktionalstruktur, integrierte ...193-97, 205, 469-83, 489 Fusion .......15-17, 25, 76, 211-12, 26061, 268, 333, 389-90, 392, 408, 410, 421, 438-40, 455-57, 464, 469-83, 487-89, 495-512, 516-29, 592-94

G Garantien ....................... ...193-97, 202 Gastmarkt ................................ ...12-13 Gastronomiebranche .................. ...116 Gefahrenübergang ...................... ...178 Gemeinnützige Organisation .. ...59-62, 67, 137-38 Gemeinschaftsunternehmen ... ...15-17, 25, 27, 142, 209-16, 220-26, 231,

678 239-41, 281-82, 293, 307-8, 344-46, 394, 398, 400-401, 565, 591 Generalhandel .......... ...161-66, 169-70 Generalimporteur ...16, 161-66, 169-70 Genossenschaft .......................... ...565 Geographische Marktpräsenzstrategien ...25, 156, 165, 230, 34546, 450, 452, 495-512, 517, 545-46, 606-8, 619 Geozentrisches Unternehmen .... ...7-9, 27, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525, 533-57, 576 Geozentrismus ...7-9, 27, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525, 53357, 576 Gesamtunternehmensstrategie .... ...14, 28-29, 56-58, 340-41, 535-36, 54344 Geschäftsbereich ...14, 28-29, 77, 210, 212, 253, 365-68, 370, 497-502, 5067, 511 Geschäftsbereichsstrategie ......367-68, 506-7, 511 Geschäftsbereichsstruktur .......193-97, 205, 367-68, 469-83, 489, 497-502, 506-7, 511 Geschäftsfeld, strategisches ....148-49, 189, 207 Geschäftsmodell .........141-49, 154-55, 231-33, 238, 340-41, 351-54, 44557, 535-36, 543-44, 563, 571-72, 579 Geschäftsprozessreorganisation . ...147 Geschwindigkeit ............................ ...16 Gesellschaft .................. ...27, 127, 553 Gesellschaftsrechtsformen ...249, 25354 Gesundschrumpfung .. ...28-29, 525-26 Gewinnabführungsvertrag .........369-70 Gewinnorientierung .........57, 127, 135, 232, 257-58, 325-26, 367-68, 37071, 614

Stichwortverzeichnis Gewinnstreben ........57, 127, 135, 142, 148-49, 232, 257-58, 325-26, 36768, 370-71, 614 Gliederungsform, organisationale ...489 Global Innovator ......... ...287-88, 302-3 Global Sourcing ................. ...56-62, 65 Globale Umwelt ...68, 76, 97-100, 110, 122, 172, 317, 321-23, 331, 448-49 Globales Unternehmen (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Globalisierung . ...12, 68, 210, 231, 633 − Globalisierungsbetroffenheit .. ...222 − Globalisierungsnotwendigkeit ................................. ...126, 133 − Globalisierungstreiber ........... ...487 − Globalisierungsvorteil .... ...126, 133 − Konsequenzen ................. ...212-13 − Ursachen ............................... ...487 GLOBE-Studie ...552-56, 573-74, 579, 596-98, 616-17, 643-44 Greenfield-Investment .....16-17, 76-78, 97-101, 104-8, 142, 164-65, 166, 169, 210, 212, 220-24, 231, 239, 253-54, 273-95, 299-300, 309-10, 342-45, 350-51, 547, 557, 574, 6038, 637 Gremien .................... ...397-98, 430-31 Größeneffekte ...99, 147, 211-12, 220, 231, 277, 341, 343, 389, 392, 44950, 471-72, 477-78, 595, 600, 615, 620 Großhandel .........116-17, 119, 161-63, 537, 607 Großprojekt ........... ...76-82, 87, 193-97 Gruppe, strategische ........249-60, 271, 469-83, 492 Gupta/Govindarajan-Rollentypologie ................ ...287-88, 302-3

Stichwortverzeichnis

679

H

I

Haftung .............. ...193-97, 203-4, 249 Haftungsrisikobewertung ..........193-97, 203-4 Hall-Studie .......56-62, 68, 552-56, 579 Handel ...15-17, 27, 101, 113-17, 11921, 126, 128, 161-66, 169-73, 17580, 184-85, 189, 231-32, 337-47, 565, 600-606 Handelsbilanzdefizit .................... ...642 Handelsmakler .............................. ...16 Handelsmittler ............. ...116, 119, 143 Handelspartner ..........................175-80 Handelsunternehmen .......125-30, 16166, 169-73, 175-80, 229-34, 337-47, 533-57 Handelsvertreter ............................ ...16 Haushaltsgroßgerätebranche .... ...581620 Hedlund-Unternehmenskonzept ...19397, 202 Heimatmarkt .........21, 23, 142-44, 149, 277-78, 299, 569-70, 614-15, 618-19 Heimelektronik ............................ ...597 Helsinki-Schule .................175-80, 184 Heterarchie ........................193-97, 202 Hierarchiekultur ........................... ...255 Hofstede-Studie ......56-62, 68, 193-97, 201, 377, 469-83, 489, 552-56, 579 Holding ... ...252-54, 267, 499, 597, 645 − Finanzholding .......................... ...77 − Operative Holding .................... ...77 Home Country Attitude ......126-30, 133 Host Country Orientation ...126-30, 133 Hymer/Kindleberger-Ansatz ....... ...127, 135, 337-47, 350, 495-512, 528, 53357, 566

IAS (International Accounting Standards) ................ ...324-25, 331 IFRS (International Financial Reporting Standards) ................ ...324-25, 331 IKEA-Effekt .................... ...337-47, 358 Image ..........148, 190, 225-26, 358-59, 553, 611, 640 Imitationslücke .............................. ...99 Imperialismusthese ........ ...288-90, 306 Implementer/Implementor ..... ...287-88, 302-3 Implementierung .................... ...212-13 Import ....16, 116-17, 119, 161-66, 16973, 175-80, 184-85, 581-620 − Motive ............................... ...175-76 Importabhängigkeit ..................... ...179 Importeur .............116-17, 119, 161-66, 169-73 Importsubstitution .......... ...596-97, 642 Importüberschuss ....................... ...642 Importzölle ........100, 115, 596-97, 600, 615-17 Incoterms ............................ ...116, 178 Indexbildung ..... ...161-66, 171, 572-73 Individualismus .............. ...469-83, 489 Individualität ................... ...193-97, 201 Industrial-Organization-Ansätze .... ...12 Industriegüter .............. ...76-82, 193-97 Industriegütergeschäft ...76-82, 193-97 Industriepolitik ............................. ...333 Industrieunternehmen .....55-62, 76-82, 97-101, 113-17, 141-49, 193-97, 313-26, 363-72, 387-404, 419-33, 581-620 Inflation .......................... ...322-23, 331 Informationen über Auslandsmärkte . ...98-100, 127-28, 133, 564 Informations- und Kommunikationstechnologien ...141-49, 153, 469-83 Informationsnetzwerk .................. ...142 Infrastruktur ...................... ...98, 193-97

680 Infrastrukturprojekt ....................193-97 Inlandsnachfrage ......................... ...114 Innovationspotential .................... ...471 Insolvenz ..................................... ...609 Institutionelle Investoren ............. ...315 Institutionenökonomie ...193-97, 203-4, 389-404, 410, 445-57, 464, 533-57, 564 Integrale Marktsegmentierungsstrategien ...18-19, 25, 232-34, 495512, 519, 612-13, 640 Integrated Player ........ ...287-88, 302-3 Integration ........137, 147, 149, 153-54, 173, 213, 221-22, 370-71, 452-56, 498, 509-11 − des Auslandsgeschäfts .......... ...489 − des internationalen Unternehmens ............................213, 221-22 − Integrationsphase .......136, 370-71, 377-78, 637 Integration, regionale ... 504-5, 511-12, 517, 642-43, Integrationskraft ............................ ...24 Integrierte Funktionalstruktur ....193-97, 205 Internalisierungsansatz ...389-404, 410 International Accounting Standards (IAS) .............................324-25, 331 International Financial Reporting Standards (IFRS) .........324-25, 331 Internationale Division ......193-97, 205, 469-83, 489, 600 Internationales Projekt ..........76-82, 87 Internationales Team ....76-78, 141-49, 157, 173, 195-96, 393, 430, 572-73 Internationales Unternehmen (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Internationalisierungsepisode .... ...100101, 126-30, 249-60, 268-69, 31721, 367-71, 501-511, 528 Internationalisierungsepoche ...252-53, 268-69, 501-511, 528

Stichwortverzeichnis Internationalisierungserfolg ......5-6, 2629, 126, 197, 292-95, 346, 380 Internationalisierungsgrad ......5-6, 116, 166, 171, 194, 230, 234, 237, 495512, 523 Internationalisierungsindex ....166, 171, 292, 301, 380-83 Internationalisierungsmessung ... ...173 − Quantitativ-absolute .........230, 234, 237, 575-76 − Quantitativ-relative ....5-6, 116, 166, 171, 194, 230, 234, 237, 380-83, 495-512, 523 Internationalisierungsmotive . ...114-15, 146, 194, 277-78, 299, 317, 392, 426, 471, 487, 541, 615-16 Internationalisierungsmuster . ...342-47, 350 Internationalisierungsphilosophie ...7-9, 28-29 Internationalisierungsporträt .. ...575-76 Internationalisierungsprofil .. ...292, 301 Internationalisierungsprozess .... ...117, 120, 126, 161-66, 252-53, 281-88, 342-47, 351-54, 367-72, 471-72, 477-78, 571, 600-618 Internationalisierungsprozessforschung ..............21, 175-80, 184, 342-46, 350, 495-512, 528, 581-620, 639 Internationalisierungstheorien .... ...14149, 156 − Außenhandelstheorien .... ...175-80, 189 − Diamant-Ansatz (Porter) .. ...98-100, 104-5, 495-512, 528, 596-98, 646 − Direktinvestitionstheorien ...126-30, 135, 273-95, 306, 337-47, 350, 387404, 410, 533-57, 566, 581-620, 639 − Eklektisches Paradigma (Dunning) .......126-30, 135, 419-33, 439, 533-57, 564 − Helsinki-Schule ......... ...175-80, 184

Stichwortverzeichnis − Imperialismusthese ......288-90, 306 − Internalisierungstheorie ....387-404, 410 − Internationalisierungsprozessforschung (Uppsala-Schule) ... ...21, 175-80, 184, 342-46, 350, 495-512, 528, 581-620, 639 − Monopolistischer Vorteil (Hymer) ..........126-30, 135, 273-95, 306, 337-47, 350, 533-57, 566 − Oligopolistisches Parallelverhalten (Knickerbocker, Graham) ....273-95, 306, 387-404, 410, 533-57, 566, 581620, 639 − Standortansätze .......97-101, 104-5, 596-98, 646 − Übergreifende Theorien der Internationalisierung ...21, 98-100, 104-5, 113-17, 121, 126-30, 135, 175-80, 184, 337-47, 350, 387-404, 410, 419-33, 439, 528, 533-57, 564, 567, 581-620, 639, 646 − Verhaltenstheorie (Aharoni) . ...11317, 121, 533-57, 567 Internationalitätsindex ...............572-73 Internationalitätsmessung ........... ...173 − Quantitativ-absolute .........194, 230, 234, 237, 575-76 − Quantitativ-relative ....5-6, 116, 166, 171, 194, 230, 234, 237, 380-83, 495-512, 523 Internet ....210-11, 309-10, 354-55, 471 Intra-Firmen-Handel ...........574, 603-8, 634-35 Intranationale Marktsegmentierungsstrategien ...18-19, 25, 232-34, 239, 279-82, 299, 613-15, 640 Investitionen ............. ...107-8, 283, 426 Investitionsgütergeschäft ...76-82, 19396 Investmentgesellschaft ..............144-45 Investor, strategischer ...............638-39 Ist-Kultur ................... ...251-52, 257-60

681 IT-Branche ..................... ...141-49, 153 IT-System ........................... ...231, 401

J Johanson/Vahlne-Ansatz ...21, 175-80, 184, 342-46, 350, 495-512, 528, 581620, 639 Joint Venture ……...15-17, 25, 27, 142, 209-16, 220-26, 231, 239-41, 28182, 293, 307-8, 344-46, 394, 398, 400-401, 565, 591 Just-in-Time-Produktion ...98, 231, 238

K Kapazitäten .......98, 101, 426, 447-48, 452-53, 597, 606, 610-11, 620 Kapazitätsauslastung ...56-62, 69, 114, 341, 401, 448, 611 Kapitalgeber .. ......27, 144-45, 279, 555 Kapitalstruktur ....76-78, 163, 177, 555, 571 Kartellbehörden ...210-12, 333, 363-72, 509-11, 520, 567 Kartellrecht ..........210-12, 223-24, 277, 333, 503, 509-11, 520, 567 Keiretsu .......................... ...390-91, 409 Kennzahl ..... ...166, 230, 237, 491, 523 Kernkompetenzen .........77-79, 231-33, 278, 340-41 Key-Account-Struktur, integrierte ....................... ...469-83, 489 Kluckhohn/Strodtbeck-Studie .. ...56-62, 68 Know-how ...16, 76-78, 86-87, 423-31, 441-42 Know-how-Abfluss ...................... ...427 Know-how-Ausgleich .......... ...146, 153 Kollektivismus ............................. ...489 Kolonialisierung ........................... ...7-8

682 Kommissionär ............................... ...16 Kommunikationspolitik .....72, 232, 28485, 538-41, 543-44, 551, 565-66 Kompetenzen ......9-10, 12, 19, 22, 26, 28-29, 76-78, 86-87, 99-100, 146, 424, 441-42 Kompetenzzentrum .........76-78, 86-87, 441-42 Komplementaritäten ...367-68, 392-93, 398-401, 618 Komplettproduktion ....................... ...17 Konfiguration ...13-15, 22-23, 76-82, 85-86, 97-101, 105-6, 145, 173, 206, 231-33, 242, 253-54, 287-88, 371, 398-401, 414, 441-42, 510-11, 518, 605-8, 610-11 Konfigurationsstrategien .....105-6, 173, 242, 518 − Dezentralisierung ......13, 22, 25-26, 76-82, 85-86, 97-101, 105-6, 145, 253-54, 287-88, 398-401, 414, 51011, 610-11 − Zentralisation ......13, 22, 25-26, 7682, 85-86, 97-101, 206, 231, 237, 371, 414, 441-42, 605-8 Konjunktur .................................321-22 Konkurrent .....11-12, 19-21, 28-29, 56, 66-67, 76, 80, 87-88, 114, 120, 12728, 138-39, 143-44, 149, 175-80, 189, 210-12, 226, 230, 243, 249-50, 260-61, 268, 271, 284-85, 287, 31516, 365-66, 389, 393-94, 403, 421, 447-53, 454-55, 462, 465-66, 471, 502-3, 553, 556, 590-92, 594-95, 633-34 Konkurrenzanalyse ...89, 94-95, 158, 226, 237, 243, 271, 279-81, 315-26, 332, 350, 492, 633-34 Konkurrenzsituation ...9-10, 12, 56, 6667, 76, 80, 87-88, 114, 120, 127-28, 210-12, 230, 249-50, 260-61, 268, 279-81, 315-16, 365-66, 389, 39394, 403, 421, 447-53, 454-55, 462,

Stichwortverzeichnis 465-66, 471, 537, 556, 600, 603-4, 614 Konsolidierung ........389, 456-57, 537, 592-94 Konsortium . ...76, 85, 195-96, 201, 321 Konstruktionsteam ................... ...77-78 Konsumentenboykott ...137-38, 635-36 Konsumgüterbranche ....56-62, 97-101, 113-17, 125-30, 161-66, 175-80, 209-16, 229-34, 313-26, 337-47, 363-72, 387-404, 419-33, 445-57, 469-83, 533-57 Kontrolle ….58-62, 69-70, 249, 290-91, 369 Kontrollmöglichkeit ................ ...16, 249 Kontrollorientierung ....... ...58-62, 69-70 Konvergenzthese ........................ ...412 Konzern .........76-82, 194, 252-54, 267, 645 Kooperationen ..........15-17, 25, 27, 90, 141-49, 153, 195-96, 209-16, 231, 239-41, 281-82, 307-8, 344-46, 370, 387-404, 408-9, 412-14, 423-24, 428-32, 438, 445-57, 461-65, 591, 618, 638 Kooperationspartner ....147-48, 195-96, 281-82, 307-8, 370, 393-404, 40817, 414, 419-33, 438, 449-53 Koordination ...24, 58-62, 69-70, 76-78, 85-86, 196-97, 202, 287-88, 301, 346, 430-32, 439, 451, 641 Koordinationsbedarf ...57, 76-78, 8586, 196-97, 202, 287-88, 353, 43032, 439, 451 Koordinationsbedarfsdeckende Koordinationsstrategien ..... ...24-25, 56-62, 65, 76-78, 85-86, 105-6, 148, 178-79, 196-97, 213, 253-56, 28788, 301, 346, 393-95, 397-98, 409, 430-32, 439, 451, 637, 644 Koordinationsbedarfsreduzierende Koordinationsstrategien .......25, 56-

Stichwortverzeichnis 62, 65, 105-6, 231, 238, 287-88, 341, 600, 637 Koordinationsfunktion ..................58-62 Koordinationsinstrumente ...24, 76-78, 85-86, 196-97, 202, 287-88, 301, 644 Koordinationsstrategien .....13-15, 242, 229-34, 266, 495-512, 525, 641 − Aufbau von Überschussressourcen ............... ...25, 600, 637 − Eingebaute Flexibilität …….58, 231, 238, 341 − Flexibilisierung von Ressourcen ...................... ...25, 231 − Koordinationsbedarfsdeckende .......24-25, 56-62, 65, 7678, 85-86, 105-6, 148, 178-79, 19697, 213, 253-56, 287-88, 301, 346, 393-95, 397-98, 409, 430-32, 439, 441-42, 451, 637, 644 − Koordinationsbedarfsreduzierende .....25, 56-62, 65, 1056, 231, 238, 287-88, 341, 600, 637 − Outsourcing ...25, 55-62, 65, 100, 231, 238, 287, 441-42 − Personenorientierte ...24-25, 85-86, 196-97, 287-88, 301, 637, 644 − Sonstige ................................... ...25 − Strukturelle .....24-25, 76-78, 85-86, 196-97, 213 − Technokratische ........24-25, 58-62, 85-86 − Transferpreise .......................... ...24 − Wissenstransfer ....77-78, 148, 197, 287-88, 397-401 Korruption ........193-97, 203-5, 337-47, 351-52, 533-57, 578-79, 617 Kosmetikbranche ..... ...126-30, 363-72 Kostendruck .......... ...56, 147, 371, 389 Kostenführerschaft ..........14, 339, 341, 343, 448, 541, 554 Kostenvorteile .......56, 97-100, 212-13, 220, 358, 453-54, 471-73, 477-78, 539, 555, 595, 610-11, 615-16

683 Kreditgeber ...144-45, 195-96, 200, 555 Kredithilfen ...144-45, 196, 202, 400, 419-33 Kreditinstitute .....91, 144-45, 400, 495512, 516-26 Kultur ...7-8, 10-12, 23, 175-80, 18788, 250-60, 363-72, 385, 427, 439 − Concepta-Ebene ...... ...250-60, 266 − Geschäftskultur ................ ...196-97 − Hierarchiekultur ................ ...250-60 − Koordinationsfunktion ...... ...250-60, 346-47 − Kulturstudien ......................... ...377 − Landeskultur ...76-82, 90-92, 12728, 134, 141-49, 154, 179-80, 18788, 196-97, 201, 396, 410-12, 48081, 489, 552-56, 573-74, 579, 59698, 616-17, 643-44 − Oberflächen-/Tiefenstruktur .. ...14149, 153-54 − Percepta-Ebene ....... ...250-60, 266 Kulturdimensionen − GLOBE ..........552-56, 573-74, 579, 596-98, 643-44 − Hall .......... ...56-62, 68, 552-56, 579 − Hofstede ....56-62, 68, 196-97, 201, 377, 469-83, 489, 552-56, 579 − Kluckhohn/Strodtbeck .. ...56-62, 68 − Trompenaars ...........56-62, 68, 377, 552-56, 579 Kulturismus .................... ...395-96, 412 Kulturismusthese ........... ...395-96, 412 Kulturorientierte Koordination ...... ...24, 251-52, 254-56, 637, 644 Kunden .....27, 61, 69, 81-82, 116, 12728, 146-48, 177-78, 229-34, 250-51, 257-60, 273-95, 325-26, 337-47, 389, 399, 449, 469-83, 495-512, 537, 553, 557, 577, 585-88 Kundensegmente ........148-49, 232-34, 239, 281-83, 284-87, 497-98, 500, 506-8, 519, 553, 584-85, 590-92, 612-15, 640, 648

684

Stichwortverzeichnis

L

Late-Mover-Strategie ......20-21, 25, 56, 281-82, 504-6, 518-19, 550 Lebensmitteldiscounterbranche . ...53357 Lebensmitteleinzelhandelsbranche ............................ ...533-57 Leistungsbilanz ..................... ...99, 642 Leistungsstrategien ................. ....13-15 − Differenzierung ....13, 14-15, 22-23, 231-33, 237, 253-56, 271, 278, 284, 304-6, 342-43, 353, 541, 543-44, 565-66, 570 − Standardisierung ........23, 25, 127, 231-33, 253-56, 267, 271, 278, 28187, 304-6, 342, 353, 450-51, 550-52, 565-66, 588, 595 Leitbild/-motiv ................. ...251-52, 347 Lerneffekte .... ...99, 148, 153, 342, 346 Lernen, organisationales .... ...148, 153 Lernperiode ................................. ...342 Liberalisierung ….317, 448-49, 456-57, 471, 487, 596-97 Lieferanten ...27, 57-62, 65, 68-70, 79, 231, 341, 345-46, 353, 358-59, 39091, 400, 430, 537, 553, 577 Lizenzen ....16-17, 25, 57-58, 117, 12021, 144, 282-84, 290-95, 299-300, 357-58, 370, 423-33, 438-40, 596, 600-601, 634 Lizenzgeber ...16, 117, 120-21, 282-84, 290-92, 299-300, 425-32 Lizenzgebühren .......16, 117, 283, 42333, 438-40 Lizenzierung ......16-17, 25, 57-58, 117, 120-21, 144, 282-84, 290-95, 299300, 357-58, 370, 423-33, 438-40, 596, 600-601, 634 Lizenznehmer .....16, 117, 120-21, 28284, 290-95, 299-300, 425-32, 596, 600-601, 634 Lizenzobjekte .....57, 117, 120-21, 28284, 290-95, 299-300, 370, 419-33, 438-40, 596, 600-601, 634

Lager ........................ ...58, 129-30, 177 Ländermarktattraktivität ......19, 97-101, 104-5, 114-16, 120, 163-65, 170, 179, 207, 279-81, 317, 331-32, 334, 568-69, 571, 603, 616-19 Ländermarktaustrittsbarrieren ..... ...491 Ländermarkteintrittsbarrieren . ...19-20, 157, 207, 317, 331-32, 334, 552-53, 596-97, 614-17, 642 Ländermarktrisiko .......19, 321-24, 334, 344, 616-17 Länderspezifische Timingstrategien ....... ...300, 302, 550, 566 − Early-Mover-/First-Mover-/PionierStrategie ...20-21, 25, 56, 127, 135, 340-43, 449-50, 504-6, 518-19, 550, 566 − Folger-/Follower-/Late-MoverStrategie ...20-21, 25, 56, 281-82, 504-6, 518-19, 550 Länderübergreifende Timingstrategien ......300, 302, 360, 504-6, 519, 548-49, 566 − Sprinklerstrategie ....20-22, 25, 16365, 169, 318, 330-31, 360, 548, 600601 − Wasserfall-Sprinkler-Strategie ...2022, 25, 163-65, 169, 317-18, 330-31, 548 − Wasserfallstrategie .........20-22, 25, 163-65, 169, 292-94, 330-31, 360 Landesgesellschaft ...129, 163-65, 206, 213, 253-54 Landeskultur ......76-82, 90-92, 127-28, 134, 141-49, 154, 179-80, 187-88, 196-97, 201, 396, 410-12, 480-81, 489, 552-56, 573-74, 579, 596-98, 616-17, 643-44 Langfristorientierung ................... ...177 Late Mover ........20-21, 25, 56, 281-82, 504-6, 518-19, 550

Stichwortverzeichnis Lizenzvertrag ......27, 117, 120-21, 144, 423-33, 438-40 Lobbying ....76-82, 87-88, 175-80, 19091 Local Innovator ........... ...287-88, 302-3 Local-Content-Vorschriften ......... ...100 Logistik .......79-80, 100, 231, 287, 34041, 345-46, 401, 430, 547, 619 Logistiknetzwerk .........79-80, 100, 231, 345-46, 547, 556 Lohnkosten ......56, 61, 71, 56-62, 34546, 615, 635-36 Lokalisierung ....213, 232, 342-43, 557, 633 Lokalisierungsnotwendigkeiten/ -vorteile ...127-28, 133, 342-43, 557 Luftverkehrsbranche .. ...76-82, 445-57

M Machtdistanz .......193-97, 201, 469-83, 489 Makroumwelt ........68, 76, 97-100, 110, 122, 172, 317, 321-23, 331, 448-49 Management-Controlling ..........193-97, 203-4 Managementkonzept ................. ...9, 17 Managementstil ............................... ...9 Managementteam ....141-49, 157, 173, 193-97, 205, 430-32, 439, 572-73 Managementtechnik ................ ...9, 148 Mantelgesellschaft ....................253-54 Marken ....16, 55-62, 97-101, 138, 144, 146, 148-49, 152, 210-11, 225-26, 229-34, 365-66, 378, 387-404, 51011, 563, 590-92, 601, 610-15 Markenartikel .........56-62, 365-66, 372, 563 Markenimage ...148, 190, 225-26, 35859, 553, 611, 640 Markenimagetransfer .......... ...611, 640

685 Markenrechte ...144, 152, 365-66, 371, 378, 428, 610 Market Knowledge ......... ...196-97, 610 Marketing .......127-28, 148-49, 154-55, 452, 614 Marketing, internationales ..... ...229-34, 237, 430-31, 565-66 Marketing-Mix ................ ...229-34, 237 − Distributionspolitik .......161-66, 16973, 231, 538-41, 551, 554, 565-66, 603, 608, 640-41 − Kommunikationspolitik …....72, 232, 284-85, 538-41, 543-44, 551, 565-66 − Preispolitik ...128, 232, 237, 281-82, 284-85, 287, 431, 538-41, 543-44, 551-52, 557, 565-66, 612-15 − Produktpolitik ......126-27, 231, 53841, 543-44, 551, 554, 557, 565-66, 569-70, 612-15, 641 Market-Seeking-Motiv ... ...99, 317, 367 Marktanteilsstärke, relative ....211, 280, 285, 301, 421, 452-53, 595, 618, 637 Marktattraktivität .........19, 114-16, 120, 179, 207, 279-81, 317, 331-32, 334, 568-69, 571, 603, 616, 618-19 Marktaustrittsbarrieren ................ ...491 Marktaustrittsstrategien ......... ...525-26 Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien ...72, 158, 271, 300, 52526, 547, 565, 567, 641 − Akquisition .....15-17, 25, 28-29, 56, 68, 109-10, 123, 125-30, 136-38, 141-49, 152-55, 157, 164, 169, 224225, 309-10, 315-26, 330-32, 34344, 350-51, 363-72, 375-85, 389-90, 392, 408, 410, 438-39, 441, 455-57, 464, 471, 491, 497-99, 501-5, 510, 516-17, 542-43, 547, 567, 591-94, 608-16, 635, 637 − Auswahl ...13-18, 25, 28-29, 337-47 − Betreibermodell . ...193-97, 200-201 − Charakteristika ................... ...15-17 − Einflussfaktoren .................. ...10-12

686 − Export ...15-17, 27, 113-17, 119-21, 161-66, 169-73, 175-80, 419-33, 439, 565, 581-620, 634-35, 642 − Franchising ........16-17, 25, 125-30, 133-36, 231, 239, 339, 342-45, 35051, 357-58, 565 − Fusion ..........15-17, 25, 76, 211-12, 260-61, 268, 333, 389-90, 392, 408, 410, 421, 438-40, 455-57, 464, 46983, 487-89, 495-512, 516-29, 592-94 − im Investitionsgütergeschäft ...19596, 201 − Import ...16, 116-17, 119, 161-66, 169-73, 175-80, 184-85, 581-620 − Joint Venture ...15-17, 25, 27, 142, 209-16, 220-26, 231, 239-41, 28182, 293, 307-8, 344-46, 394, 398, 400-401, 565, 591 − Konsortium ...76, 85, 195-96, 201, 321 − Kooperative Formen .......15-17, 25, 27, 141-49, 153, 195-96, 209-16, 220-26, 231, 239-41, 281-82, 293, 307-8, 344-46, 370, 387-404, 408-9, 412-14, 428-32, 445-57, 461-65, 591, 618, 638 − Lizenzierung ........16-17, 25, 57-58, 117, 120-21, 144, 282-84, 290-95, 299-300, 357-58, 370, 423-33, 43840, 596, 600-601, 634 − Minderheitsbeteiligung ....15-17, 25, 76-78, 144-45, 163-64, 178-79, 187, 240-41, 276, 317-19, 330, 368-70, 393-95, 398, 414, 417, 429, 439, 448-49, 457, 464, 478, 565, 618, 638-39 − Neugründung .......16-17, 25, 76-78, 97-101, 104-8, 142, 164-65, 166, 169, 210, 212, 220-24, 231, 239, 253-54, 273-95, 299-300, 309-10, 342-45, 350-51, 547, 557, 574, 6038, 637 − Repräsentanz ..................17, 504-5

Stichwortverzeichnis − Sonstige .................................. ...25 − Strategische Allianz ........15-17, 25, 27, 141-49, 153, 281-82, 387-404, 408-9, 412-14, 428-32, 445-57, 46165, 618, 638 − Tochtergesellschaft ....15-17, 24-26, 56, 68, 76-78, 97-101, 104-10, 123, 129, 136-38, 141-49, 157, 164-65, 166, 169, 209-16, 220-25, 231, 239, 253-54, 273-95, 299-300, 309-10, 315-26, 330-32, 342-45, 350-51, 363-72, 375-85, 389-90, 392, 408, 410, 414, 438-39, 441, 455-57, 464, 471, 491, 497-99, 501-5, 510, 51617, 542-43, 547, 557, 565, 574, 59194, 603-16, 635, 637 − Überblick ...................... ...15-17, 25 − Übernahme ....15-17, 25, 28-29, 56, 68, 109-10, 123, 125-30, 136-38, 141-49, 152-55, 157, 164, 169, 22425, 309-10, 315-26, 330-32, 343-44, 350-51, 363-72, 375-85, 389-90, 392, 408, 410, 438-39, 441, 455-57, 464, 471, 491, 497-99, 501-5, 510, 516-17, 542-43, 547, 591-94, 60816, 635, 637 − Vertragsfertigung ........5-17, 25, 27, 55-62, 65-72, 231, 341, 345-46, 353, 419-33, 441, 601-2, 603-4, 614-15, 634 Markteintrittsbarrieren ........19-20, 157, 207, 317, 331-32, 448-49, 456-57, 463-64, 552-53, 596-97, 614-17, 642 Marktforschung, internationale .... ...431 Marktführer ...56, 143-44, 149, 166, 210, 365, 367, 372, 421, 447, 501-3, 509-10, 543, 590, 594-95, 611 Marktpräsenzstrategien ........18-19, 97101, 104-5, 179, 317-18, 330-35, 545-46, 564, 566 − Attraktivitätsorientierte …....25, 27981, 299, 495-512 − Ausgleichsorientierte ............... ...25

Stichwortverzeichnis − Basale ...................................... ...25 − Geographische ...25, 156, 165, 230, 345-46, 450, 452, 495-512, 517, 54546, 606-8, 619 Marktrisiko ..........19, 321-24, 334, 344, 616-17 Marktsegmentierungsstrategien .. ...97101, 104-5, 471, 564, 640 − Individualität ...........................18-19 − Integrale .....18-19, 25, 232-34, 495512, 519, 612-13, 640 − Intranationale ......18-19, 25, 23234, 239, 279-82, 299, 613-15, 640 Marktselektionsstrategien ...25, 97-101, 104-5, 116, 317-18, 330-35, 342-45, 360, 477-78, 564, 603 − Individualität ...........................18-19 − Zentrale Kriterien .....18-19, 163-65, 170 − Zentrale Verfahren .......163-65, 170 Markttransaktion .......................... ...648 Marktwissen .....127-28, 133, 148, 282, 317, 332, 610 Maskulinität .........193-97, 201, 469-83, 489 Matrixstruktur ................... 193-97, 205 Medienbranche .........................273-95 Mega-Akquisition ...........14-15, 141-49, 152-55 Mega-Fusionen/-Mergers .....14-15, 76, 469-83, 487-89 Mehrheitsbeteiligung ....17, 76-78, 163, 177, 195-96, 279-80, 309, 316-21, 330, 403-4, 414, 478, 502 Mehrmarkenstrategie .................. ...614 Memorandum of Understanding .. ...179 Mengenrisiko .............................177-78 Mergers and Acquisitions .....15-17, 25, 28-29, 56, 68, 76, 109-10, 125-30, 136-38, 141-49, 152-55, 157, 164, 169, 211-12, 224-25, 260-61, 268, 315-26, 330-32, 343-44, 350-51, 363-72, 375-85, 389-90, 392, 408,

687 410, 414, 417, 438-41, 455-57, 464, 469-83, 487-89, 491, 497-99, 501-5, 510, 516-17, 542-43, 547, 567, 59194, 608-16, 635, 637 Mikroumwelt .....122, 172, 195-96, 44950 Minderheitsaktionäre ……...76-78, 179, 276, 317-19, 330, 368-70, 393-95, 398, 478, 638-39 Minderheitsbeteiligung ...15-17, 25, 7678, 144-45, 163-64, 178-79, 187, 240-41, 276, 279-80, 317-19, 330, 368-70, 393-95, 398, 414, 417, 429, 439, 448-49, 457, 464, 478, 565, 618, 638-39 Mischstrategie ........ ...126, 129-30, 134 Mitarbeiterschulung .................... ...197 Mitarbeitertransfer ............... ...197, 202 Möbelbranche ........................ ...337-47 Modebranche ......................... ...229-34 Monopol .................... ...210-11, 223-24 Monopolistischer Vorteil (Hymer) ..........126-30, 135, 273-95, 306, 337-47, 350, 495-512, 528, 53357, 566 Montage ............. ...79-80, 98, 100, 358 Multinationales Unternehmen (Bartlett/ Ghoshal) .....302, 363-72, 385, 581620, 633 Musikbranche ........................ ...209-16 Mutter-Tochter-Beziehungen ..... ...106, 189, 287-88, 301, 644

N Nachfragebedingungen .............. ...177 Nachhaltigkeit ... 56-62, 67, 69, 126-30, 189, 175-80, 586, 646-49 Negativerfahrung ........... ...165, 389-90 Netzwerk .....142, 153-54, 252-54, 267, 390-91, 409, 426

688 − Franchisenetzwerk ...125-30, 13336 − Heterarchie ..................193-97, 202 − Informationsnetzwerk ............. ...142 − Inter-organisationales .............. ...27 − Netzwerkunternehmen ….142, 15354 − Strategisches ...... ...449-56, 461-65 Netzwerkstruktur ...............249, 251-54 Neuausrichtung, strategische ...... ...224 Neugründung ......16-17, 25, 76-78, 97101, 104-8, 142, 164-65, 166, 169, 210, 212, 220-24, 231, 239, 253-54, 273-95, 299-300, 309-10, 342-45, 350-51, 547, 557, 574, 603-8, 637 Nicht-staatliche Organisation .....61, 67, 137 Niederlassung .....................17, 143-45 Non-Governmental-Organisation (NGO) ................. .....59-62, 67, 137 Non-Profit-Organisation ........59-62, 67, 137 Nordische Schule .......21, 175-80, 184, 342-46, 350, 495-512, 528, 581-620, 639 Normen .............................126-27, 347

O Oberflächen-/Tiefenstruktur .....141-49, 153-54 OEM (Original Equipment Manufacturer) ......15-17, 25, 27, 5562, 65-72, 231, 341, 345-46, 353, 419-33, 441, 601-2, 603-4, 614-15, 634 Offenlegungspflicht ...................542-43 Ökologie ..........56-62, 69, 126-28, 135, 586, 646-49 Oligopol ..........210-11, 223-24, 249-60, 269-70, 592-94 Oligopolistisches Gleichgewicht .... ...99

Stichwortverzeichnis Oligopolistisches Parallelverhalten (Knickerbocker, Graham) ....273-95, 306, 387-404, 410, 495-512, 528, 533-57, 566, 581-620, 639 OLI-Paradigma (Dunning) ..... ...126-30, 135, 419-33, 439, 533-57, 564 Open-Skies-Abkommen . ...448-49, 463 Operative Holding ......................... ...77 Organisation ...7-8, 11, 17, 249, 251-54 Organisationales Lernen ..... ...148, 153 Organisationsstruktur ........24, 77, 121, 173, 195-96, 205, 249, 251-54, 325, 397-98, 430-32, 439 − Funktionalstruktur, integrierte . ... 193-97, 205, 469-83, 489 − Geschäftsbereichsstruktur .... ...19397, 205, 469-83, 489, 497-502, 5067, 511 − Internationale Division ..... ...193-97, 205, 469-83, 489, 600 − Key-Account-Struktur, integrierte ....................... ...469-83, 489 − Matrixstruktur ............ ...193-97, 205 − Produktstruktur, integrierte ... ...19397, 205, 469-83, 489 − Regionalstruktur, integrierte . ...19397, 205, 469-83, 489 − Segregierte ...193-97, 205, 469-83, 489, 600 − Umstrukturierung ...209-16, 509-11, 520 − Unspezifische .......... ... 193-97, 205 Organisationstyp J (japanisch) .... ...396 Organisches Wachstum ........155, 332, 372, 498, 638 Orientierung − EPRG-Schema (Perlmutter) .. ...7-9, 27, 133, 161-66, 172, 249-60, 266, 273-95, 302, 495-512, 533-57, 576 Outplacement ..................... ...147, 215 Outsourcing ....25, 55-62, 65, 100, 231, 238, 287, 441-42

Stichwortverzeichnis

P Paradigma, eklektisches (Dunning) .......126-30, 135, 419-33, 439, 533-57, 564 Parallelverhalten, oligopolistisches (Knickerbocker, Graham) ....273-95, 306, 387-404, 410, 495-512, 528, 533-57, 566, 581-620, 639 Partnerschaft …...58-59, 249, 387-404, 414, 423-24, 428-32, 438, 449-56 Patent ..................... ...16, 428, 599-600 PC-Hersteller .....................141-49, 152 Pensionsfonds ...........................319-20 Percepta-Ebene ................250-60, 266 Perlmutter-Unternehmenskonzept ...79, 27, 133, 161-66, 172, 249-60, 266, 495-512, 525, 533-57, 576 Personal ....................................287-88 Personalpolitik .....212-16, 221-22, 25456, 287-88, 301, 346, 371, 377-80, 553, 556, 644 Personaltransfer .......197, 202, 287-88, 301, 346, 379-80, 393-95, 644 Personalverflechtung .......178-79, 39395, 397-98 Personenorientierte Koordinationsstrategien .... ...24-25, 85-86, 196-97, 287-88, 301, 637, 644 Pharmabranche .........................419-33 Philosophie ....................... ...7-9, 28-29 Pionier ...20-21, 25, 56, 127, 135, 34043, 449-50, 504-6, 518-19, 550, 566 Pioniergewinne ............. ...20-21, 504-6 Pionierstrategie ......20-21, 25, 56, 127, 135, 340-43, 449-50, 504-6, 518-19, 550, 566 Plagiat ......................................... ...579 Pläne ............................................. ...24 Planung ....................................... ...399 Plattformen ........... ...399-400, 588, 595 Plattformstrategie . ...399-400, 588, 595

689 Politik .....76, 142-43, 155, 275, 288-92, 472, 474-76, 479, 596 Politische Rahmenbedingungen .. ...61, 68, 76, 142-43, 155, 177-78, 184-86, 196-97, 275, 288-92, 317, 322-24, 333-35, 351-52, 448-50, 473-76, 480-81, 488, 509-11, 518, 552-53, 596-98, 616-17, 642 Politische Risiken .........61, 68, 177-78, 184-86, 322-24, 334-35, 470-83, 488, 616-17 Polypol ...................... ...210-11, 223-24 Polyzentrisches Unternehmen .... ...7-9, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495512, 525 Polyzentrismus .......7-9, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525 Portersche Five-Forces-Analyse ...53357, 579 Porterscher Diamant-Ansatz . ...98-100, 104-5, 495-512, 528, 596-98, 646 Portfoliobereinigung ......28-29, 146-47, 394, 432 Portfolioinvestitionen ........419-33, 439, 574 Post-Akquisitions-Management . ...371, 637 Prämienprogramm ................. ...647-49 Preisdifferenzierung .................... ...232 Preisentwicklung .................... ...584-85 Preisführerschaft …...284-85, 287, 339, 341, 343, 541, 554 Preisgestaltung ........ .........178, 185-86 Preispolitik ...128, 232, 281-82, 284-85, 287, 431, 538-41, 543-44, 551-52, 557, 565-66, 612-15 Preisrisiko ......... ...177-78, 185-86, 643 Preisverfall ............................. ...584-85 Pressebranche ....................... ...273-95 Prinzipal-Agenten-Theorie .... ...419-33, 440, 445-57, 464 Privatisierung ............315, 317, 333-34, 389, 471-72, 477, 609, 611

690 Produktattraktivität ...................... ...367 Produktion, internationale ….57-62, 71, 79-80, 85-86, 97-101, 231, 238, 341, 401, 430, 590-92, 605-7, 610-11, 615, 646 Produktionsfaktoren ...................... ...99 Produktionskosten .....56-62, 65-66, 71, 98, 341, 346-47, 637 Produktionslizenz .......57, 117, 120-21, 142, 419-33, 438-40 Produktionsverlagerung …....28-29, 5662, 97-101, 595, 610-12, 634-37 Produktpolitik .......126-27, 231, 538-41, 543-44, 551, 554, 557, 565-66, 56970, 612-15, 641 Produktportfolio ........143, 146-47, 231, 238, 281-87, 422, 426, 570 Produktstruktur, integrierte .......193-97, 205, 469-83, 489 Profitabilität ..............82, 133, 149, 165, 282, 294, 491, 499, 511 Projekt .................................24, 325-26 − Großprojekt ..... ...76-82, 87, 193-97 − Infrastrukturprojekt ...............193-97 − Internationales .................76-82, 87 Projektgesellschaft ............195-96, 200 Projektmanagement ..............76-82, 87 Projektorganisation, internationale ........195-96, 200, 419-33, 439 Projektstruktur ...........................195-96 Protektionismus ...........142-43, 448-49, 456-57, 463-64, 552-53, 596, 61617, 642 Prozess − Entscheidungsprozess .........196-97 − Internationalisierungsprozess .......117, 126, 161-66, 25253, 342-47, 351-54, 367-72, 471-72, 477-78, 571, 600-618 − Prozessmuster .....................342-44 Prozesstrilogie (3 E) ....252-53, 268-69, 501-511, 528

Stichwortverzeichnis Psychische Distanz ..........317, 363-72, 385, 392-97 Publizitätspflicht ..................... ...542-43 Punktbewertungsverfahren ... ...337-47, 360

Q Qualifikation ........................ ...100, 215 Qualitätsführerschaft ...... ...541, 543-44 Qualitätsprüfungen ..................... ...100 Quantitativ-absolute Internationalitätsmessung ..... ...194, 230, 234, 237, 575-76 Quantitativ-relative Internationalitätsmessung ...... ...5-6, 116, 166, 171, 194, 230, 234, 237, 495-512, 523

R Rahmenbedingungen .......98-100, 12728, 321-25, 331, 416, 552-54, 571, 586 − Demographische .........113-17, 122, 585-88 − Politische ...61, 68, 76, 142-43, 155, 177-78, 184-86, 196-97, 275, 28892, 317, 333-35, 351-52, 448-50, 473-76, 480-81, 488, 509-11, 518, 552-53, 596-98, 616-17, 642 − Rechtliche ......210-12, 223-24, 26162, 269-70, 333, 363-72, 375, 44243, 448-50, 463, 503, 509-11, 520, 586, 615, 616-17, 637, 647-49 Rationalisierung ...212-16, 220, 325-26 Rechnungslegungsproblematik .. ...32425 Recht − Bankenrecht .................. ...497, 523

Stichwortverzeichnis − Kartellrecht .....210-12, 223-24, 277, 333, 503, 509-11, 520, 567 − Steuerrecht ............................ ...356 − Strafrecht .............. ...193-97, 203-4 Rechtliche Rahmenbedingungen ..........210-12, 223-24, 261-62, 269-70, 333, 363-72, 375, 442-43, 448-50, 463, 503, 509-11, 520, 586, 615, 616-17, 637, 647-49 Rechtsform ...........240-41, 249, 253-54 Rechtsstruktur .......... ...195-97, 253-54 Regionale Integration ... 504-5, 511-12, 517, 642-43 Regionalisierung ...............592-95, 633 Regionalstruktur, integrierte .....193-97, 205, 469-83, 489 Regionalstrukturpolitik .......497-98, 522 Regiozentrisches Unternehmen . ...7-9, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495512, 525 Regiozentrismus ...7-9, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525 Relative Marktanteilsstärke ...211, 280, 285, 301, 421, 452-53, 595, 618, 637 Rentabilität .......82, 133, 149, 165, 282, 294, 491, 499, 511 Repatriierung ......................... ...24, 394 Repräsentanz ........................17, 504-5 Reputation ...148, 190, 225-26, 358-59, 553, 611, 640 Resource-based view .........12, 419-33, 441-42, 533-57, 564 Resource-Seeking-Motiv ......... ...56, 99 Ressourcen ....9-12, 16, 19, 21, 26, 2829, 79-80, 99, 179 Ressourcenbasierte Ansätze ....... ...12, 419-33, 441-42, 533-57, 564 Ressourcenbeanspruchung .......... ...16 Restrukturierung ...56, 65, 99, 146-47, 149, 212-13, 221-22, 325, 365, 371, 392-93, 395-97, 466, 572 Reversibilität ............ ...16, 58, 432, 565 Risiken .......................................... ...12

691 − Finanziell ...177-78, 184-86, 424, 427, 438, 470-83, 488, 555 − Politisch ...61, 68, 177-78, 184-86, 322-24, 334-35, 470-83, 488, 616-17 Risiko .......................................... ...427 − Mengenrisiko .................... ...177-78 − Preisrisiko .... ...177-78, 185-86, 643 Risikoausgleich ........................... ...317 Risikodiversifikation .................... ...317 Rivalität ......................................... ...16 Rohstoffe ....................... ...175-80, 352 Rohstoffvorkommen ....... ...175-76, 352 Rollentypologien − Bartlett/Ghoshal ..... ...287-88, 302-3 − Gupta/Govindarajan ..... ......287-88, 302-3 Rollentypologien (Bartlett/ Ghoshal) ........26, 76-78, 86-87, 97101, 104-5 Royalty ...................... ...419-33, 438-40

S Sarbanes-Oxley Act ....... ...261-62, 268 Schichtenmodell (Dülfer) ............ ...220 Schulung ..................................... ...197 Schutzzölle ............ ...115, 596-97, 642 Schwellenländer ....99, 114-15, 141-49, 242, 498-506, 571, 581-620, 645-46 Schwerpunktmärkte .......116, 119, 498506, 517, 545-46, 619 Schwester-SchwesterBeziehungen ......................... ...641 Segmentierungskriterien ....... ...232-34, 506-8, 519, 640 Segmentierungsvarianten ....18-19, 25, 232-34, 506-8, 519, 640 Segregierte Organisationsstruktur ...93-97, 205, 469-83, 489, 600 Senioritätsprinzip ........................ ...396

692 Service ...146-48, 251-52, 254, 340-41, 344, 366, 448-50, 539, 551 Shareholder Value ..............27-28, 249 Skaleneffekte ......99, 147, 211-12, 220, 231, 277, 341, 343, 389, 392, 44950, 471-72, 477-78, 595, 600, 615, 620 Sogo Shosha ................................. ...16 Soziale Verantwortung .....126-28, 13536, 358-59, 552-54, 577 Sozialplan ........ ...213-16, 221-22, 636 Spezialisierung ............................76-79 Spieltheorie .......................419-33, 440 Spill-Over-Effekte .................. ...99, 394 Spin-Off ....................................... ...422 Sponsoring ............................ ...72, 149 Sportartikelbranche .....................55-62 Sprinklerstrategie ....20-22, 25, 163-65, 169, 318, 330-31, 360, 548, 600-601 Squeeze Out .....................369-70, 376 Staat .........27, 142-43, 144-45, 196-97, 200, 202, 317, 323, 471-73, 526, 552-53, 577 Staatliche Anreize .......99-100, 142-43, 157 Staatliche Reglementierung .....142-43, 157, 269-70, 275, 333, 317, 334-35, 448-49, 456-57, 463-64, 471-72, 526, 552-53, 596-97, 642 Staatsunternehmen ..........144-45, 177, 317, 334-35, 313-26, 389, 471-72 Stäbe ............................................. ...24 Stakeholder .......27-28, 61, 67, 97-101, 106, 249, 376-77, 389, 449, 510-11, 520, 552-54, 555, 577 Standardisierung .......23, 25, 127, 231, 237, 254-56, 267, 271, 278, 281-87, 342, 353, 450-51, 550-52, 565-66, 588, 595 Standardisierungsstrategie ........23, 25, 127, 231, 237, 271, 254-56, 267, 278, 281-87, 342, 353, 450-51, 55052, 565-66, 588, 595

Stichwortverzeichnis Standort ............. ...57, 76-82, 114, 145 − Ländermarktattraktivität .......19, 97101, 104-5, 114-16, 120, 163-65, 170, 179, 207, 279-81, 317, 331-32, 334, 568-69, 571, 603, 616-19 − Standortansätze .......97-101, 104-5, 596-98, 646 − Standortvorteil . ...57, 97-101, 104-5 Standortentscheidungen ....... ...97-101, 104-5, 108-9, 158, 317, 554, 618-19 Stärken-/Schwächen-Analyse ... ...9-12, 76-82, 89, 175-80, 190, 445-57, 466, 533-57, 572, 581-620, 633-34 Start-up .................................... ...28-29 Stellenabbau ..........101, 105, 147, 158, 212-13, 221-22, 371, 441-42, 51011, 520, 635-36 Steuerberatung ........................... ...253 Steuereinnahmen ................. ...99, 110 Steuerhinterziehung .................... ...356 Steuerrecht ................................. ...356 Steuerumgehung ........................ ...356 Steuerung ........................ ...58-62, 249 Steuervergünstigungen .........100, 110, 142-43 Strafrecht .................... ...193-97, 203-4 Strategic Leader ......... ...287-88, 302-3 Strategic-Asset-Seeking-Motiv ...... ...99 Strategie .................................... ...5-29 Strategieentstehung − Emergent .......337-47, 354, 541-42, 545, 567 − Geplant ..........337-47, 354, 541-42, 545, 567 Strategieimplementierung ..... ...212-13, 220-22 Strategische Allianz ........15-17, 25, 27, 141-49, 153, 281-82, 387-404, 4089, 412-14, 428-32, 445-57, 461-65, 618, 638 Strategische Analyse …...9-12, 97-101, 109-10, 175-80, 189, 193-97, 207, 229-34, 237, 315-26, 332, 350, 357,

Stichwortverzeichnis 445-57, 466, 533-57, 571, 581-620, 633-34 Strategische Gruppe ........249-60, 271, 469-83, 492 Strategische Neuausrichtung ...... ...224 Strategischer Investor ...............638-39 Strategisches Netzwerk ...........449-56, 461-65 Streik ................................... ...554, 636 Strukturelle Koordinationsstrategien ........24-25, 76-78, 85-86, 196-97, 213 Strukturmerkmale ... ...5-6, 249, 251-54 Strukturpolitik ....................497-98, 522 Subvention ...76-82, 87-88, 97-99, 14243, 647 Supply Chain Management .......68, 7980, 231, 341, 430-32 Switching Options ....................... ...565 SWOT-Analyse ...9-12, 76-82, 89, 17580, 190, 445-57, 466, 533-57, 572, 581-620, 633-34 Symbole ...................................... ...256 Synergie ...147, 212, 220, 367-68, 371, 375, 393, 398-401, 449-51, 455-56, 464, 472, 499, 554-55 Synergiepotential ................ ...367, 375 Szenario ........134, 190, 237, 332, 41011, 464, 466

T Team, internationales ...76-78, 141-49, 157, 173, 195-96, 393, 430, 572-73 Technokratische Koordinationsstrategien .... ...24-25, 58-62, 85-86 Technologie ........ ...76-77, 194-95, 428 Technologiestrategie .........141-49, 158 Technologietransfer ............ ...195, 197 Telekommunikationsbranche ....469-83

693 Timingstrategien .......13-15, 20-22, 25, 72, 158, 247-62, 266, 309-10, 525, 548-50, 566, 641 − Länderspezifische ...20-21, 25, 56, 127, 135, 163-65, 169, 281-82, 300, 302, 304, 340-43, 501, 504-6, 51819, 550, 566 − Länderübergreifende .......20-22, 25, 163-65, 169, 292-94, 300, 302, 31720, 330-31, 342-46, 360, 489, 501, 504-6, 519, 548-49, 566, 600-601 Tochtergesellschaft .........15-17, 24-26, 104, 414, 565, 605 − Akquisition .....15-17, 25, 28-29, 56, 68, 109-10, 123, 125-30, 136-38, 141-49, 152-55, 157, 164, 169, 22425, 309-10, 315-26, 330-32, 343-44, 350-51, 363-72, 375-85, 389-90, 392, 408, 410, 438-39, 441, 455-57, 464, 471, 491, 497-99, 501-5, 510, 516-17, 542-43, 547, 567, 591-94, 608-16, 635, 637 − Neugründung .......16-17, 25, 76-78, 97-101, 104-8, 142, 164-65, 166, 169, 210, 212, 220-24, 231, 239, 253-54, 273-95, 299-300, 309-10, 342-45, 350-51, 547, 557, 574, 6038, 637 Tochtergesellschaftsbeziehungen .......................... ...641 Tochtergesellschaftstypologien .... ...97101, 104-5 − Bartlett/Ghoshal ..... ...287-88, 302-3 − Gupta/Govindarajan ...287-88, 3023 Top-Management .......76-82, 128, 137, 157, 173, 178-79, 193-97, 203-5, 210, 251, 253, 259, 294-95, 306, 339, 350-51, 365, 370, 393-97, 451, 464, 473-75, 479-81, 490, 500, 516, 521-25, 572-73, 578-79 Transaktionskostenansatz .. ...389-404, 410

694 Transfer − Informationstransfer ....... ...195, 197 − Kapitaltransfer ……316-21, 393-95, 398, 403-4 − Personaltransfer .......197, 202, 28788, 301, 346, 393-95, 644 − Technologietransfer ....... ...195, 197 − Transferpreise .................. ...24, 357 − Wissenstransfer ....77-78, 148, 197, 287-88, 397-401 Transformationsland .....98-99, 164-65, 176-77, 477-78, 483, 557, 615-17 Transformationsprozess .............. ...100 Transithandel .............................. ...617 Transitionsland ......98-99, 164-65, 17677, 477-78, 483, 557, 615-17 Transnationales Unternehmen (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Transnationality-Index (UNCTAD) .. ...301, 380-83, 442-43 Transport .......79-80, 193-97, 232, 34041, 345-46 Transportkosten .........79-80, 115, 287, 358, 556, 616, 619, 635-36 Transportmittel ............................ ...197 Transportmittelbranche .............193-97 Transportwege ....................79-80, 197 Trompenaars-Studie ........68, 377, 55256, 579 Turnkey Operation ...................... ...194

U Übergreifende Theorien der Internationalisierung − Diamant-Ansatz (Porter) .....98-100, 104-5, 495-512, 528, 596-98, 646 − Eklektisches Paradigma (Dunning) .......126-30, 135, 419-33, 439, 533-57, 564 − Imperialismusthese ......288-90, 306

Stichwortverzeichnis − Internalisierungstheorie . ...387-404, 410 − Internationalisierungsprozessforschung (Uppsala-Schule) ... ...21, 175-80, 184, 342-46, 350, 495-512, 528, 581-620, 639 − Porterscher Diamant-Ansatz .. ...98100, 104-5, 495-512, 528, 596-98, 646 − Standortansätze .......97-101, 104-5, 646 − Verhaltenstheorie (Aharoni) .. ...11317, 121, 533-57, 567 Überkapazitäten ....114, 390, 401, 448, 600, 637 Überkreuzbeteiligung ....394, 409, 54243 Übernahme .......15-17, 25, 28-29, 10910, 123, 125-30, 136-38, 157, 169, 224-225, 309-10, 343-44, 350-51, 389-90, 392, 408, 410, 438-39, 441, 464, 471, 491, 497, 542-43, 547, 567, 591-94, 608-16, 635, 637 − Feindliche ......315-26, 330-32, 36372, 368, 375-85, 542-43 − Freundliche .....56, 68, 141-49, 15255, 164, 372, 455-57, 464, 498-99, 501-5, 510, 516-17 Übernahmeangebot ..........317-18, 320, 332, 368-69, 372, 441, 608-10 Umfeld .................... ...10-12, 20-21, 76 Umfeldfaktoren ....................... ...19, 76 Umschuldung ......................... ...323-24 Umstrukturierung ................... ...209-16 Umwelt − Aufgaben-/Mikroumwelt ...122, 172, 195-96, 449-50 − Globale/Makroumwelt ....68, 76, 97100, 110, 122, 172, 317, 321-23, 331, 448-49 Umweltfaktoren ..................... ...19, 416 − Demographische .........113-17, 122 585-88

Stichwortverzeichnis − Politische ...61, 68, 76, 142-43, 155, 177-78, 184-86, 196-97, 275, 28892, 317, 322-24, 333-35, 351-52, 448-50, 473-76, 480-81, 488, 50911, 518, 552-53, 596-98, 616-17, 642 − Rechtliche ......210-12, 223-24, 26162, 269-70, 333, 363-72, 375, 44243, 448-50, 463, 503, 509-11, 520, 586, 615, 616-17, 637, 647-49 Umweltschichten (Dülfer) ............ ...220 Umweltstandards ....... ...58-62, 647-49 Universalismus ..................395-96, 412 Universalismus-KulturismusDebatte ........................395-96, 412 Universalismusthese .........395-96, 412 Unsicherheitsvermeidung .........193-97, 201, 469-83, 489 Unspezifische Organisationsstruktur .........................193-97, 205 Unternehmen, globales (Bartlett/ Ghoshal) ...273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Unternehmen, internationales − Dimensionen ................363-72, 385 − Qualitative Betrachtung ......363-72, 385 Unternehmen, internationales (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Unternehmen, multinationales (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Unternehmen, transnationales (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 Unternehmensberatung ...253, 257-58, 269-70, 271, 495-512, 525, 637 Unternehmensentwicklung, internationale ...117, 120, 126, 33747, 351-54, 471-72, 477-78, 600-618 Unternehmenserfolg ......... ...5-6, 26-29

695 Unternehmensethik …….58-62, 65, 67, 81-82, 92-93, 126-28, 135-36, 19397, 203-4, 250-60 Unternehmensform, kulturgeprägte .......... ....390-91, 409, 414 Unternehmenskennzahlen .. ...482, 488 Unternehmenskonzepte − Diversified Multinational Corporation (Doz/Prahalad) ...... ... 581-620, 633 − Ethnozentrisches Unternehmen ...79, 27, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525, 533-57, 576 − Geozentrisches Unternehmen .. ...79, 27, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525, 533-57, 576 − Globales Unternehmen (Bartlett/ Ghoshal) ........273-95, 302, 363-72, 385, 581-620, 633 − Heterarchie ............... ...193-97, 202 − Internationales Unternehmen (Bartlett/Ghoshal) .......273-95, 302, 36372, 385, 581-620, 633 − Multinationales Unternehmen (Bartlett/Ghoshal) .......273-95, 302, 36372, 385, 581-620, 633 − Polyzentrisches Unternehmen .. ...79, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525 − Regiozentrisches Unternehmen ...79, 133, 161-66, 172, 273-95, 302, 495-512, 525 − Transnationales Unternehmen (Bartlett/Ghoshal) .......273-95, 302, 36372, 385, 581-620, 633 Unternehmenskultur ......7-8, 24, 58-62, 68, 126-28, 136, 141-49, 154, 25060, 266-68, 346, 363-72, 376-77, 427, 439, 541-42, 545, 574 − Hierarchiekultur ..................... ...255 − Merkmale .......................... ...250-60 − Oberflächen-/Tiefenstruktur .. ...14149, 153-54 − Veränderung ..................... ...250-60

696 Unternehmensphilosophie ...7-9, 28-29 Unternehmensrichtlinien ...........193-97 Unternehmenswerte ....126-28, 250-60, 266-68 Unternehmensziele .....126-27, 148-49, 347, 396 Up-or-out-Prinzip ......................... ...255 Uppsala-Schule ..........21, 175-80, 184, 342-46, 350, 495-512, 528, 581-620, 639 Upstream-Aktivitäten ..................... ...22 Upstream-Branchen ..........176, 179-80 Urheberrecht .......................16, 210-12

V Verantwortung .........58-62, 65-66, 127, 135, 358-59, 552-54, 577 Veredelung .................................... ...17 Verhaltenskodex ...57-60, 66, 256, 359 Verhaltenskontrolle .............58-62, 256 Verhaltensrichtlinien .....57-60, 66, 2034, 193-97, 256, 346-47, 359 Verhaltenstheorie (Aharoni) .....113-17, 121, 533-57, 567 Verhaltensweisen ..... ...251-52, 257-58 Verhaltenswelt .......... ...251-52, 257-58 Verhandlungen .........177, 179-80, 195, 260-61, 368-69, 393-94, 457, 47374, 479, 537, 542 Verhandlungsmacht ..................179-80 Verkehrsinfrastruktur ...........98, 194-95 Verluste .......146-47, 149, 209-16, 225, 390-91, 497, 526-28, 572 Vermögenswerte ........................... ...16 Verschuldung ........... ...323-24, 390-91 Versorgungsunternehmen ........175-80, 313-26 Verteidigungsbranche ................... ...76 Vertikale Desintegration .............. ...319 Vertragsbestandteile ...177-78, 184-85, 195-96, 428-31

Stichwortverzeichnis Vertragsfertigung ......15-17, 25, 27, 5562, 65-72, 231, 341, 345-46, 353, 419-33, 441, 601-2, 603-4, 614-15, 634 Vertragshändler ..... ...608, 614-15, 640 Vertrieb ...57, 97-98, 142-43, 146-48, 161-66, 169-73, 231, 367, 377-78, 404, 430-32, 608, 614-15, 640-41 Vertriebslizenz .... ...57, 419-33, 438-40 Vision ..................... ...126-30, 136, 339 Volumenmärkte ............................. ...99 Vorauskoordination ....................... ...61 Vorprodukte ................................ ...100 Vorproduktion .............. ...17, 76-79, 98 Vorstand ...76-82, 128, 178-79, 193-97, 203-5, 210, 251, 253, 259, 294-95, 306, 339, 350-51, 365, 370, 393-97, 451, 464, 473-75, 479-81, 490, 500, 516, 521-25, 572-73, 578-79 Vorteile ........................... ...114, 120-22 − Internationalisierungsvorteil .. ...114, 122 − Standortvorteil . ...57, 97-101, 104-5 − Wettbewerbsvorteil …...9-10, 12-25, 28-29, 80-82, 114, 120, 141-49, 156, 231-33, 238, 341, 596, 618-19, 646

W Wachstum, organisches ........155, 332, 372, 498, 638 Wachstumsmärkte .....99, 114-15, 14149, 242, 498-506, 571, 581-620, 64546 Wachstumsstrategie ....97-101, 109-10, 141-49, 158, 229-34, 238, 278, 332, 342-45, 367, 372, 541, 600 Währungsproblematik ............ ...323-25 Währungsrisiko ..... ....323-25, 331, 643 Währungsumrechnung .......... ...324-25 Warenwirtschaftssystem ............. ...231

Stichwortverzeichnis Wasserfall-Sprinkler-Strategie ...20-22, 25, 163-65, 169, 317-18, 330-31, 548 Wasserfallstrategie …...20-22, 25, 16365, 169, 292-94, 330-31, 360 Wechselkurs ................ ...233, 323, 643 Weiße Ware ............................581-620 Weisungen, persönliche ............196-97 Weiterbildung .............................. ...197 Welthandelsorganisation (WTO) . ...7682, 87-88, 616 Weltmarkt ..............................12-13, 19 Weltmarktanteil .........210-11, 365, 421, 452-53, 535, 594-95 Weltmarktführer ..........56, 143-44, 149, 166, 210, 365, 367, 372, 421, 447, 535, 594-95 Weltmarktführerschaft …..56, 166, 210, 365, 367, 372, 421, 447, 535, 594-95 Weltmarktstrategie ............210-13, 230 Werte ....56-62, 65-66, 126-27, 250-60, 347 Wertkette .....76-80, 85-86, 94-95, 23132, 340-41, 350, 397-401, 423, 51011, 518, 605-7 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) ....................363-72 Wertschöpfungsaktivitäten ...76-80, 8586, 94-95, 105-6, 231-32, 316-17, 340-41, 350, 397-401, 423, 510-11, 518, 605-7 Wertschöpfungskette ......76-80, 85-86, 94-95, 231-32, 340-41, 350, 397401, 423, 510-11, 518, 605-7 Wertsteigerung ....................28-29, 249 Wettbewerber .......11-12, 19-21, 28-29, 56, 66-67, 76, 80, 87-88, 114, 120, 127-28, 138-39, 143-44, 149, 17580, 189, 210-12, 226, 230, 243, 24950, 260-61, 268, 271, 284-85, 287, 315-16, 365-66, 389, 393-94, 403, 421, 447-53, 454-55, 462, 465-66, 471, 502-3, 553, 556, 590-92, 59495, 633-34

697 Wettbewerbsanalyse ....89, 94-95, 158, 226, 237, 243, 271, 279-81, 315-26, 332-34, 350, 357, 492, 633-34 Wettbewerbsfähigkeit ....193-97, 203-4, 231-32, 238, 257-58, 392, 442-43, 449-51 Wettbewerbsnachteil .................. ...553 Wettbewerbssituation .......9-10, 12, 56, 66-67, 76, 80, 87-88, 114, 120, 12728, 210-12, 230, 249-50, 260-61, 268, 279-81, 315-16, 365-66, 389, 393-94, 403, 421, 447-53, 454-55, 462, 465-66, 471, 537, 556, 600, 603-4, 614 Wettbewerbsstrategien ....72, 158, 243, 271, 284-85, 353, 492, 571 Wettbewerbsvorteil .....9-10, 12-25, 2829, 80-82, 114, 120, 141-49, 156, 231-33, 238, 341, 596, 618-19, 646 Wirtschaftsprüfung ................. ...249-60 Wirtschaftsprüfungsbranche .. ...249-60 Wirtschaftswachstum .........99, 321-25, 330-31 Wissenstransfer ……..77-78, 148, 197, 287-88, 397-401 Wissensverlust ....................... ...257-58 WTO ..................... ...76-82, 87-88, 616

Z Zentralisation .......13, 22, 25-26, 76-82, 85-86, 97-101, 206, 231, 237, 371, 414, 441-42, 605-8 Zentralisierungsstrategie .....13, 22, 25, 76-82, 85-86, 97-101, 206, 231, 237, 371, 414, 441-42, 605-8 Zerschlagung .... ...226, 209-16, 260-62 Ziele ..........6-7, 9, 17, 28-29, 127, 135, 367-68 Zielmarktstrategien ....13-15, 72, 110, 141-49, 158, 247-62, 266, 304, 30910, 316-21, 332, 491, 525-26, 641

698 − Informationen über Auslandsmärkte .... ......98-100, 317, 332, 564 − Marktpräsenzstrategien .... ...18-19, 25, 97-101, 104-5, 156, 165, 179, 230, 279-81, 299, 317-18, 330-35, 345-46, 450, 452, 495-512, 517, 54546, 564, 566, 606-8, 619 − Marktsegmentierungsstrategien ...18-19, 25, 97-101, 1045, 232-34, 239, 279-82, 299, 471, 495-512, 519, 564, 612-15, 640 − Marktselektionsstrategien .....18-19, 25, 97-101, 104-5, 116, 163-65, 170, 330-31, 342-45, 360, 477-78, 564, 603

Stichwortverzeichnis Zoll ......100, 115, 596-97, 600, 615-17, 642 Zollformalitäten . ...100, 596-97, 616-17 Zollunion ...... .....596-97, 616, 619, 642 Zulieferunternehmen ......27, 57-62, 65, 68-70, 79, 231, 341, 345-46, 353, 358-59, 390-91, 400, 430, 537, 553, 577 Zusammenarbeit .....76-82, 85, 147-48, 423-24, 428-32, 438, 455-56 Zusammenschluss .........15-17, 25, 76, 211-12, 260-61, 268, 333, 389-90, 392, 408, 410, 421, 438-40, 455-57, 464, 469-83, 487-89, 495-512, 51629, 592-94 Zweimarkenstrategie .................. ...614

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