Prinzipien des römischen Rechts.: Vorlesungen. 3428113470, 9783428113477

Im Sommersemester 1933 las Fritz Schulz (1879-1957) an der Universität Berlin über "Prinzipien des römischen Rechts

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German Pages 200 [201] Year 2003

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Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen
Aufgabe
I. Prinzipien des römischen Rechts.
1. Begriff
2. Gewißheit
3. Konstanz
II. Vorarbeiten
III. Begrenzung der Aufgabe
Geseiz und Recht
I. Gesetz hier jede staatliche generelle Rechtssatzung
II. Das römische Prinzip
III. Römische Kodifikationen
IV. Verwendung der lex rogata und lex data
1. Wenige leges trotz Klagens über 'unzählige Gesetze'
2. Einzelne leges der Republik und des Prinzipats
V. Verwendung des Senatsbeschlusses zur Schaffung genereller Rechtsnormen
VI. Die Kaisererlasse
VII. Die Edikte
VIII. Savignys Haltung gegenüber der Gesetzgebung
IX. Das römische Gewohnheitsrecht
Isolierung
I. Die Rechtswissenschaft eine Scheidekunst. Römische Neigung und deutsche Abneigung
II. Sonderung des Rechts vom Nichtrecht
1. Strenge Sonderung in Rom; deutsche Abneigung gegen die Sonderung
2. Römische Isolierung des Rechts
Mangelndes Interesse der römischen Juristen an der typischen Gestalt des Rechtsgeschäfts
Nichterwähnung außerrechtlicher Pflichten
Fehlen einer wirtschaftlich- politischen Betrachtung des Rechts
III. Sonderung des geistlichen und weltlichen Rechts
IV. Sonderung des öffentlichen Rechts vom Privatrecht
1. Begriff des ius publicum
2. Isolierung der beiden Normengruppen
Literarische Vernachlässigung des Staatsund Verwaltungsrechts
Strafrecht und Strafprozeßrecht
Zivilprozeßrecht
Vernachlässigung der Beweislehre
IV. Sonderungen innerhalb des Privatrechts
Der stadtrömische Standpunkt der Jurisprudenz
V. Ergebnis der verschiedenen Isolierungen
1. Die römische Jurisprudenz ist vorwiegend Privatrechtswissenschaft, Jurisprudenz des stadtrömischen und italischen Privatrechts
2. Der naturrechtliche Charakter des römischen Privatrechts
Savignys Charakterisierung der klassischen Jurisprudenz
Das nachklassische Naturrecht
VI. Das Isolierungsprinzip in der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrh.
1. Der naturrechtliche Zug der gemeinrechtlichen Jurisprudenz
2. Ignorierung der typischen Gestalt des Rechtsgeschäfts und moderne Rechtstatsachenforschung
Vernachlässigung wirtschaftlich-politischer Betrachtung des Rechts
Isolierung des Staatsrechts; Laband und Gierke
Abstraktion
I. Fallentscheidung und abstrakte Rechtsnorm
II. Das römische Prinzip: Zurückhaltung in der Abstraktion
III. Aktionenrechtliche Behandlung des Rechts
Festhalten dieser Behandlungsart in nachklassischer Zeit
IV. Römische Abneigung gegenüber der juristischen Begriffsbestimmung
1. Fehlen technischer Ausdrücke
2. Fehlen von Definitionen
3. Mängel klassischer Definitionen
Nachklassische Definitionen
V. Römische Abneigung gegen abstrakte Formulierung der Rechtssätze
1. Kasuistischer Gesetzesstil
2. Kasuistische Methode in der juristischen Literatur
Republikanische Gutachten- und Fallsammlungen
Abstrakte Fassung der Rechtslehren bei Q. Mucius und Servius
Republikanische Regularjurisprudenz
Die kasuistische Methode bleibt in der klassischen Zeit vorherrschend
Neigung zur Abstraktion in der nachklassischen Zeit; nachklassische Regularjurisprudenz
VI. Systematische Bestrebungen
1. Die römischen Systeme
Das System des Q. Mucius
Das Sabinussystem
Das Ediktssystem
Das Digestensystem
Nachklassische Systeme
2. Systematische Darstellung im Einzelnen
Die genera des Q. Mucius
Die Institutionen des Gaius
Darstellungsart Ulpians
Nachklassische Distinktionen und Kategorien
Verzicht auf systematische Darstellung im einzelnen in den Konstitutionensammlungen und i n den Digesta Justinians
Ciceros Forderung eines Rechtssystems
Einfachheit
I. Das römische Prinzip: Einfachheit nicht Verwickeltheit; Einheitlichkeit nicht Vielfältigkeit; Gegensatz des deutschen Rechts
II. Das römische Prinzip im Privatrecht
1. Sparsamkeit in der Ausbildung und Verwendung der Rechtsinstitute
2. Der römische Sinn für das Lapidare; Formung der Rechtsinstitute als große klare Gegensätze, Ablehnung von Mischbildungen
3. Die vereinfachende Funktion des Formalismus
III. Das Öffentliche Recht
Streben zum Einheitsstaat
Kein Provinzialpartikularismus und -Patriotismus
IV. Die römische Rechtssprache als Ausdruck des römischen Strebens nach Einfachheit und Klarheit
Sprache der Volksschlüsse
der Senatsbeschlüsse und des Edikts
Sondersprache der klassischen Jurisprudenz
Sprache der Kaiserkonstitutionen
Sprache der Erlasse Justinians
Tradition
I. Tradition im römischen Leben und im Rechtsleben; das römische Prinzip
II. Das römische Prinzip im Verfassungsreclit
1. Der Neubau des Staats unter Augustus
2. Der Staatsbau Diokletians
3. Das ostgotische Reich in Italien
III. Das römische Prinzip im Prozeßrecht
1. Strafprozeß
2. Zivilprozeß
IV. Konservativismus im Privatrecht
IV. Ablehnung von Rechtskritik und Rechtspolitik
Klassische Zeit
Nachklassische Zeit
Positivismus der gemeinrechtlichen Jurisprudenz
V. Fehlen rechtsgeschichtlicher Betrachtung
Mangelndes Distanzgefühl der Klassiker
Justinians
VI. Periodenlosigkeit der römischen Rechtsgeschichte und der Geschichte der römischen Rechtswissenschaft
Fehlen ausgesprochener juristischer Individualitäten; Savignys fungible Personen
Nation
I. Begriff der Nation
II. Latinische Nation, italische Nation, Nation des römischen Imperium
III. Die providentielle Mission Roms; imperialistisch-juristisch gefärbtes Sendungsbewußtsein
IV. Das römische Nationalgefühl als Bildungsfaktor des römischen Rechts
1. Zivität und Nation
Die Peregrinen
Das Ergebnis des Bundesgenossenkriegs
Die bevölkerungspolitische Gesetzgebung des Augustus
Die Constitutio Antoniniana
Peregrinen im spätrömischen Reich
Erwerb der Zivität durch Geburt und Freilassung
2. Die Frage nach dem nationalen Verlauf der römischen Rechtsentwicklung
Probleme
a) Die Zeit vom 2. Jahrli. v. Chr. bis zum Ausgang des 2. Jahrh. n. Chr.
Gesamturteil
Einfluß des griechisch-hellenistischen Rechts
Einfluß der internationalen Verkehrssitte
Einfluß der griechischen Philosophie und Rhetorik - Einfluß des orientalischen Rechts
b) Die Zeit der Severer
c) Die Zeit von der Constitutio Antoniniana bis Diokletian einschließlich
d) Das Zeitalter Konstantins
e) Das Zeitalter Justinians
Justinian und die Klassiker
Freiheit
I. Begriff der römischen Freiheit
II. Das Freiheitsprinzip im Verfassungsrecht
1. Kein regnum
2. Die civitates liberae und die Staatsangehörigen Peregrinengemeinden mit Selbstverwaltung
3. Untergang der Freiheit insbesondere der Selbstverwaltung
III. Das Freiheitsprinzip im Privatrecht; individualistische Gestaltung des Privatrechts
1. Privatrechtliche Gemeinschaftsverhältnisse
a) Eheliche Gemeinschaft
b) Privatvereine
c) Gesellschaft
d) Erbengemeinschaft
2. Sachenrecht
Eigentumsbegriff und Eigentumsordnung
Veräußerungsverbote und Verfügungsbeschränkungen
Jagdrecht, Fischereirecht, Bergrecht
Servituten
Ober- und Untereigentum, Stockwerkseigentum, Eigentum an stehenden Früchten
Rechtsschutz des Eigentums
Ersitzung
3. Schuldrecht
4. Erbrecht
Testierhäufigkeit und Testierfreiheit
Pupillarsubstitution
Auslegung des Testaments durch die Jurisprudenz
Erbvertrag
5. Zusammenfassung: liberalistisch, nicht kapitalistisch
6. Rechtsmißbrauch
IV. Das Freiheitsprinzip im Verhältnis des Einzelnen zum Staat
Geringe rechtliche Garantien der Freiheit
Autorität
I. Begriff der Autorität; das römische Prinzip
II. Das Autoritätsprinzip innerhalb des römischen Hauses
1. Ursprünglicher Charakter
2. Spätere Abschwächung
III. Das Autoritätsprinzip im Verhältnis des Staatsangehörigen zum römischen Staat und seinen Magistraten
1. Honoratiorenverwaltung
2. Stellung des Magistrats gegenüber der Volksversammlung
3. Stellung des einzelnen Staatsangehörigen gegenüber dem Staat
a) Im allgemeinen
b) Autoritärer Charakter des römischen Strafrechts
c) Vermögensrechtliche Beziehungen des Einzelnen zum Staat
d) Autoritäre Gestaltung des Zivilprozesses
IV. Haftung des Magistrats
V. Keine Gewaltenteilung
VI. Das consilium der Magistrate insbesondere der Senat
Autorität des Senats; Obstruktionsrecht
VII. Die charismatische Autorität des Princeps
Das echte Charisma des Augustus
Das institutionelle Charisma der späteren Kaiser
VIII. Die Autorität der Juristen
Das Ansehen der republikanischen Juristen
Der Autoritätenkult der klassischen Jurisprudenz
der republikanischen Jurisprudenz
Das ius respondendi
IX. Freiheit und Gebundenheit
Humanität
I. Bedeutung und Geschichte des Wortes humanitas
II. Das Humanitätsprinzip im Kreise der Familie
1. Eherecht
a) Abkommen der Manusehe
b) Persönliche Stellung der Ehefrau
c) Ehegüterrecht
d) Ehegattenerbrecht
2. Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern
a) Humanisierung der patria potestas
b) Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ohne Rücksicht auf die potestas
III. Das Humanitätsprinzip im Kreise der cives Romani
1. Einschränkung der Todesstrafe
2. Nur der Schuldige wird gestraft
3. Der Akkusationsprozeß. Folterung des Angeklagten und Zeugen
4. Rechtsstellung der Frau
5. Humanisierung des Privatrechts
IV. Das Humanitätsprinzip im Rechtskreis der Peregrinen
Die römische Milde
V. Das Humanitätsprinzip im Sklavenrecht
1. Die republikanische Zeit
2. Die Kaiserzeit
Seneca
Sklavenschutz der Kaiserkonstitutionen
Favor libertatis
Treue
I. Die römische Fides
II. Das formlose Rechtsgeschäft
III. Strenge Gebundenheit an den perfekten Schuldvertrag
Rücktritt und Kündigung
IV. Bona fides
V. Römische Eidestreue
VI. Das Treuprinzip in der Rechtsquellenlehre
1. Der Magistrat ist ansein Edikt gebunden
2. Gesetze haben keine rückwirkende Kraft
VII. Dauernde Treuverhältnisse
1. Der Freigelassene und sein Patron
2. Patron und Klienten
3. Gastvertrag
4. Der Quaestor und sein Vorgesetzter
5. Die römische amicitia
Sicherheit
I. Begriff der Rechtssicherheit
I. Rechtssicherheit als Gewißheit, daß das Recht sich im Kampf mit dem Unrecht durchsetzt
1. Zur Rechtspflege geeignete Persönlichkeiten
a) Honoratiorenprinzip
b) Rechtskenntnisse
2. Kosten des Zivilprozesses
3. Dauer des Zivilprozesses
4. Ergebnis
II. Rechtssicherheit als Gewißheit über das, was Recht ist
1. Unsicherheit über Existenz und Inhalt der Rechtsnormen
Mangelhafte Publikation der Gesetze
Das Vertrauen auf die Jurisprudenz
2. Das freie Ermessen der Staatsorgane
3. Anknüpfung der Rechtsfolgen an Tatbestände, die nicht ,,äußere Tatbestände" sind
a) Erwerb kraft guten Glaubens
b) Zeitablauf
c) Das Publizitätsprinzip
d) Anknüpfung der Rechtsfolge an physische und psychische menschliche Sachverhalte
e) Präsumptionen
4. Ergebnis
Begründung der römischen Haltung: Trennung des Privatrechts vom Prozeß, Achtung vor dem ius quaesitum
Schlußwort
Quellen-, Namen- und Sachregister
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Prinzipien des römischen Rechts.: Vorlesungen.
 3428113470, 9783428113477

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Fritz Schulz

Prinzipien des römischen Rechts Unveränderter Nachdruck der 1934 erschienenen ersten Auflage

Duncker & Humblot . Berlin

Fritz Schulz · Prinzipien des römischen Rechts

Prinzipien des römischen Rechts Vorlesungen von Fritz Schulz

Unveränderter Nachdruck der 1934 erschienenen ersten Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

1. unveränderter Nachdruck 1954 (Leinen) 2. unveränderter Nachdruck 2003 (Broschur) Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: WB-Druck GmbH & Co., Rieden im Allgäu Printed in Germany ISBN 3-428-11347-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Θ

C O N I U G I CARIS S I M A E CONSORTI FIDISSIMAE VITAE D. VI. M. AUG. A. M D C C C C X X X I I I I

Inhaltsverzeichnis (Die in Klammern gesetzten Zahlen bedeuten die Seitenzahlen) Seite

Verzeichnis d e r A b k ü r z u n g e n Aufgabe

X® 1

I . P r i n z i p i e n des römischen Rechts. 1. Begriff (1) - 2. G e w i ß h e i t (1) 3. K o n s t a n z (2) - I I . V o r a r b e i t e n (2) - I I I . Begrenzung der Aufgabe (3).

Geseiz u n d Redit

4

I . Gesetz hier jede s t a a t l i c h e generelle Rechtssatzung (4) - I I . Das römische P r i n z i p (4) - I I I . Römische K o d i f i k a t i o n e n (5) - I V . V e r w e n d u n g der lex r o g a t a u n d lex d a t a (5) - 1. W e n i g e leges t r o t z Klagens über ' u n zählige Gesetze' (6) - 2. Einzelne leges der R e p u b l i k u n d des P r i n z i p a t s (6) V . V e r w e n d u n g des Senatsbeschlusses zur Schaffung genereller Rechtsn o r m e n (7) - V I . D i e Kaisererlasse (8) - V I I . D i e E d i k t e (8) - V I I I . S a v i g n y s H a l t u n g gegenüber der Gesetzgebung (8) - I X . Das römische Gewohnheitsrecht (9).

Isolierung

13

I . D i e Rechtswissenschaft eine Scheidekunst. Römische N e i g u n g u n d deutsche A b n e i g u n g (13) - I I . Sonderung des Rechts v o m N i c h t r e c h t (14) 1. Strenge Sonderung i n R o m ; deutsche A b n e i g u n g gegen die Sonder u n g (14) - 2. Römische I s o l i e r u n g des Rechts (15) - Mangelndes Interesse der römischen J u r i s t e n a n der t y p i s c h e n Gestalt des Rechtsgeschäfts (16) N i c h t e r w ä h n u n g außerrechtlicher P f l i c h t e n (16) - F e h l e n einer w i r t s c h a f t l i c h - p o l i t i s c h e n B e t r a c h t u n g des Rechts (17) - I I I . Sonderung des geistl i c h e n u n d w e l t l i c h e n Rechts (18) - I V . Sonderung des öffentlichen Rechts v o m P r i v a t r e c h t (18) - 1. Begriff des ius p u b l i c u m (19) - 2. I s o l i e r u n g der beiden N o r m e n g r u p p e n (19) - L i t e r a r i s c h e Vernachlässigung des Staatsu n d V e r w a l t u n g s r e c h t s (19) - Strafrecht u n d Strafprozeßrecht (21) - Z i v i l prozeßrecht (21) - Vernachlässigung der Beweislehre (22) - I V . Sonder u n g e n i n n e r h a l b des P r i v a t r e c h t s (22) - D e r s t a d t r ö m i s c h e S t a n d p u n k t der J u r i s p r u d e n z (22) - V . Ergebnis der verschiedenen Isolierungen (23) 1. D i e römische J u r i s p r u d e n z ist v o r w i e g e n d Privatrechtswissenschaft, Jurisprudenz des s t a d t r ö m i s c h e n u n d i t a l i s c h e n P r i v a t r e c h t s (23) 2. D e r n a t u r r e c h t l i c h e C h a r a k t e r des römischen P r i v a t r e c h t s (23) - Savignys C h a r a k t e r i s i e r u n g der klassischen J u r i s p r u d e n z (24) - Das nachklassische N a t u r r e c h t (24) - V I . Das Isolierungsprinzip i n der deutschen Rechtswissenschaft des 19. J a h r h . (25) - 1. D e r n a t u r r e c h t l i c h e Z u g der gemeinr e c h t l i c h e n J u r i s p r u d e n z (25) - 2. I g n o r i e r u n g der t y p i s c h e n Gestalt des Rechtsgeschäfts u n d moderne Rechtstatsachenforschung (26) - V e r n a c h lässigung w i r t s c h a f t l i c h - p o l i t i s c h e r B e t r a c h t u n g des Rechts (26) - Isol i e r u n g des S t a a t s r e c h t s ; L a b a n d u n d Gierke (26).

VII

Abstraktion 1. F a l l e n t s c h e i d u n g u n d a b s t r a k t e R e c h t s n o r m (27) - I I . Das römische P r i n z i p : Z u r ü c k h a l t u n g i n der A b s t r a k t i o n (28) - I I I . A k t i o n e n r e c h t l i c h e B e h a n d l u n g des Rechts (28) - F e s t h a l t e n dieser B e h a n d l u n g s a r t i n n a c h klassischer Z e i t (29) - I V . Römische A b n e i g u n g gegenüber der j u r i s t i s c h e n B e g r i f f s b e s t i m m u n g (30) - 1 . Fehlen technischer A u s d r ü c k e (30) - 2 . F e h l e n v o n D e f i n i t i o n e n (30) - 3. M ä n g e l klassischer D e f i n i t i o n e n (31) - N a c h klassische D e f i n i t i o n e n (32) - V . R ö m i s c h e A b n e i g u n g gegen a b s t r a k t e F o r m u l i e r u n g der Rechtssätze (33) - 1. K a s u i s t i s c h e r Gesetzesstil (33) 2. Kasuistische M e t h o d e i n der j u r i s t i s c h e n L i t e r a t u r (33) - R e p u b l i kanische G u t a c h t e n - u n d F a l l s a m m l u n g e n (33) - A b s t r a k t e Fassung der Rechtslehren b e i Q. M u c i u s u n d Servius (33) - R e p u b l i k a n i s c h e R e g u l a r j u r i s p r u d e n z (34) - D i e kasuistische M e t h o d e b l e i b t i n der klassischen Z e i t vorherrschend (34) - N e i g u n g z u r A b s t r a k t i o n i n der nachklassischen Z e i t ; nachklassische R e g u l a r j u r i s p r u d e n z (35) - V I . Systematische Bestrebungen (36) - 1. D i e römischen Systeme (36) - Das S y s t e m des Q. M u c i u s (36) Das Sabinussystem (36) - Das E d i k t s s y s t e m (36) - Das Digestensystem (37) - Nachklassische Systeme (37) - 2. Systematische D a r s t e l l u n g i m E i n zelnen (37) - D i e genera des Q. M u c i u s (37) - D i e I n s t i t u t i o n e n des Gaius (38) — D a r s t e l l u n g s a r t U l p i a n s (39) - Nachklassische D i s t i n k t i o n e n u n d K a t e g o r i e n (43) - V e r z i c h t auf systematische D a r s t e l l u n g i m einzelnen i n den K o n s t i t u t i o n e n s a m m l u n g e n u n d i n den Digesta J u s t i n i a n s (43) Ciceros F o r d e r u n g eines Rechtssystems (44).

Einfachheit I . Das römische P r i n z i p : E i n f a c h h e i t n i c h t V e r w i c k e l t h e i t ; E i n h e i t l i c h k e i t n i c h t V i e l f ä l t i g k e i t ; Gegensatz des deutschen Rechts (45) - I I . Das römische P r i n z i p i m P r i v a t r e c h t (47) - 1. S p a r s a m k e i t i n der A u s b i l d u n g u n d V e r w e n d u n g der R e c h t s i n s t i t u t e (47) - 2. D e r römische S i n n f ü r das L a p i d a r e ; F o r m u n g der R e c h t s i n s t i t u t e als große k l a r e Gegensätze, A b l e h n u n g v o n M i s c h b i l d u n g e n (49) - 3. D i e vereinfachende F u n k t i o n des F o r m a l i s m u s (52) - I I I . Das Öffentliche R e c h t (53) - Streben z u m E i n h e i t s s t a a t (53) - K e i n P r o v i n z i a l p a r t i k u l a r i s m u s u n d - P a t r i o t i s m u s (54) I V . D i e römische Rechtssprache als A u s d r u c k des römischen Strebens nach E i n f a c h h e i t u n d K l a r h e i t (54) - Sprache der Volksschlüsse (54) der Senatsbeschlüsse u n d des E d i k t s (55) - Sondersprache der klassischen J u r i s p r u d e n z (55) - Sprache der K a i s e r k o n s t i t u t i o n e n (56) - Sprache der Erlasse J u s t i n i a n s (56).

Tradition I . T r a d i t i o n i m römischen L e b e n u n d i m R e c h t s l e b e n ; das römische P r i n z i p (57) - I I . Das römische P r i n z i p i m Verfassungsreclit (59) - 1. D e r N e u b a u des Staats u n t e r A u g u s t u s (59) - 2. D e r S t a a t s b a u D i o k l e t i a n s (62)3. Das ostgotische Reich i n I t a l i e n (63) - I I I . Das römische P r i n z i p i m Prozeßrecht (63) - 1. Strafprozeß (63) - 2. Z i v i l p r o z e ß (63) - I V . K o n s e r v a t i v i s m u s i m P r i v a t r e c h t (65) - I V . A b l e h n u n g v o n R e c h t s k r i t i k u n d R e c h t s p o l i t i k (66) - Klassische Z e i t (67) - Nachklassische Z e i t (68) P o s i t i v i s m u s der gemeinrechtlichen J u r i s p r u d e n z (68) - V . F e h l e n rechtsgeschichtlicher B e t r a c h t u n g (69) - Mangelndes D i s t a n z g e f ü h l der K l a s s i ker (69) - J u s t i n i a n s (71) - V I . Periodenlosigkeit der r ö m i s c h e n R e c h t s geschichte u n d der Geschichte der r ö m i s c h e n Rechtswissenschaft (72) Fehlen ausgesprochener j u r i s t i s c h e r I n d i v i d u a l i t ä t e n ; Savignys f u n g i b l e Personen (72).

Nation

.

Seite 74

I . Begriff der N a t i o n (74) - I I . L a t i n i s c h e N a t i o n , italische N a t i o n , N a t i o n des römischen I m p e r i u m (74) - I I I . D i e p r o v i d e n t i e l l e Mission R o m s ; i m p e r i a l i s t i s c h - j u r i s t i s c h gefärbtes Sendungsbewußtsein (78) - I V . Das römische N a t i o n a l g e f ü h l als B i l d u n g s f a k t o r des römischen Rechts (80) 1. Z i v i t ä t u n d N a t i o n (80) - D i e Peregrinen (80) - Das Ergebnis des Bundesgenossenkriegs (81) - D i e bevölkerungspolitische Gesetzgebung des A u g u s t u s (82) - D i e C o n s t i t u t i o A n t o n i n i a n a (82) - Peregrinen i m spätrömischen Reich (82) - E r w e r b der Z i v i t ä t d u r c h G e b u r t u n d Freilassung (83) - 2. Die Frage n a c h d e m n a t i o n a l e n V e r l a u f der römischen R e c h t s e n t w i c k l u n g (84) - Probleme (85) - a) D i e Zeit v o m 2. J a h r l i . v. Chr. bis z u m A u s g a n g des 2. J a h r h . n. Chr. (85) - G e s a m t u r t e i l (85) - E i n f l u ß des griechisch-hellenistischen Rechts (86) - E i n f l u ß der i n t e r n a t i o n a l e n Verkehrssitte (87) - E i n f l u ß der griechischen Philosophie u n d R h e t o r i k E i n f l u ß des orientalischen Rechts (89) - b) D i e Z e i t der Severer (89) c) D i e Z e i t v o n der C o n s t i t u t i o A n t o n i n i a n a bis D i o k l e t i a n einschließlich (91) - d) Das Z e i t a l t e r K o n s t a n t i n s (92) - e) Das Z e i t a l t e r J u s t i n i a n s (94) J u s t i n i a n u n d die K l a s s i k e r (94).

Freiheit

95

I . Begriff der römischen F r e i h e i t (95) - I I . Das F r e i h e i t s p r i n z i p i m Verfassungsrecht (96) - 1. K e i n r e g n u m (96) - 2. D i e c i v i t a t e s liberae u n d die Staatsangehörigen Peregrinengemeinden m i t S e l b s t v e r w a l t u n g (97) 3. U n t e r g a n g der F r e i h e i t insbesondere der S e l b s t v e r w a l t u n g (98) I I I . Das F r e i h e i t s p r i n z i p i m P r i v a t r e c h t ; i n d i v i d u a l i s t i s c h e G e s t a l t u n g des P r i v a t r e c h t s (99) - 1 . P r i v a t r e c h t l i c h e Gemeinschaftsverhältnisse (99) a) Eheliche Gemeinschaft (99) - b) P r i v a t v e r e i n e (101) - c) Gesellschaft (101) - d) Erbengemeinschaft (102) - 2. Sachenrecht (102) - E i g e n t u m s begriff u n d E i g e n t u m s o r d n u n g (102) - V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t e u n d V e r fügungsbeschränkungen (104) - J a g d r e c h t , Fischereirecht, Bergrecht (104) - S e r v i t u t e n (104) - Ober- u n d U n t e r e i g e n t u m , S t o c k w e r k s e i g e n t u m , E i g e n t u m a n stehenden F r ü c h t e n (105) - Rechtsschutz des E i g e n t u m s (105) - E r s i t z u n g (105) - 3. Schuldrecht (105) - 4. E r b r e c h t (106) - Testierh ä u f i g k e i t u n d Testierfreiheit (106) - P u p i l l a r s u b s t i t u t i o n (106) - A u s l e g u n g des Testaments d u r c h die J u r i s p r u d e n z (106) - E r b v e r t r a g (107) - 5. Z u sammenfassung: liberalistisch, n i c h t k a p i t a l i s t i s c h (107) - 6. Rechtsm i ß b r a u c h (107) - I V . Das F r e i h e i t s p r i n z i p i m V e r h ä l t n i s des Einzelnen z u m S t a a t (108) - Geringe rechtliche G a r a n t i e n der F r e i h e i t (110).

Autorität

112

I . Begriff der A u t o r i t ä t ; das römische P r i n z i p (112) - I I . Das A u t o r i t ä t s p r i n z i p i n n e r h a l b des römischen Hauses (113) - 1. U r s p r ü n g l i c h e r C h a r a k t e r (113) - 2. Spätere A b s c h w ä c h u n g (114) - I I I . Das A u t o r i t ä t s p r i n z i p i m V e r h ä l t n i s des Staatsangehörigen z u m römischen S t a a t u n d seinen M a g i s t r a t e n (115) - 1. H o n o r a t i o r e n v e r w a l t u n g (115) - 2. S t e l l u n g des M a g i s t r a t s gegenüber der V o l k s v e r s a m m l u n g (116) - 3. S t e l l u n g des einzelnen Staatsangehörigen gegenüber d e m S t a a t (118) - a) I m allgemeinen (118) b) A u t o r i t ä r e r C h a r a k t e r des römischen Strafrechts (118) c) Vermögensrechtliche Beziehungen des E i n z e l n e n z u m S t a a t (120) d) A u t o r i t ä r e G e s t a l t u n g des Zivilprozesses (121) - I V . H a f t u n g des M a g i s t r a t s (122) - V . K e i n e G e w a l t e n t e i l u n g (122) - V I . Das c o n s i l i u m der M a g i s t r a t e insbesondere der Senat (122) - A u t o r i t ä t des Senats; O b s t r u k t i o n s r e c h t (123) - V I I . Die charismatische A u t o r i t ä t des Princeps (123) - Das echte Charisma des A u g u s t u s (123) - Das i n s t i t u t i o n e l l e

IX

Seite

Charisma der späteren K a i s e r (124) - V I I I . D i e A u t o r i t ä t der J u r i s t e n (125) - Das Ansehen der r e p u b l i k a n i s c h e n J u r i s t e n (125) - D e r A u t o r i t ä t e n k u l t der klassischen J u r i s p r u d e n z (125) - der r e p u b l i k a n i s c h e n J u r i s prudenz (126) - Das ius respondendi (127) - I X . F r e i h e i t u n d Gebundenh e i t (127).

Humanität

128

I . B e d e u t u n g u n d Geschichte des W o r t e s h u m a n i t a s (128) - I I . Das H u m a n i t ä t s p r i n z i p i m Kreise der F a m i l i e (130) - 1. Eherecht (130) a) A b k o m m e n der Manusehe (130) - b) Persönliche S t e l l u n g der E h e f r a u (130) - c) Ehegüterrecht (132) - d) E h e g a t t e n e r b r e c h t (133) - 2. Rechtsv e r h ä l t n i s zwischen E l t e r n u n d K i n d e r n (134) - a) H u m a n i s i e r u n g der p a t r i a potestas (134) - b) V e r h ä l t n i s zwischen E l t e r n u n d K i n d e r n ohne R ü c k s i c h t auf die potestas (136) - I I I . Das H u m a n i t ä t s p r i n z i p i m Kreise der cives R o m a n i (137) - 1. E i n s c h r ä n k u n g der Todesstrafe (137) - 2. N u r der Schuldige w i r d gestraft (138) - 3. D e r A k k u s a t i o n s p r o z e ß . F o l t e r u n g des A n g e k l a g t e n u n d Zeugen (138) - 4. R e c h t s s t e l l u n g der F r a u (141) 5. H u m a n i s i e r u n g des P r i v a t r e c h t s (142) - I V . Das H u m a n i t ä t s p r i n z i p i m Rechtskreis der Peregrinen (143) - D i e römische M i l d e (143) - V . Das H u m a n i t ä t s p r i n z i p i m S k l a v e n r e c h t (145) - 1. D i e r e p u b l i k a n i s c h e Zeit (145) - 2. D i e Kaiserzeit (148) - Seneca (148) - S k l a v e n s c h u t z der Kaiserk o n s t i t u t i o n e n (149) - F a v o r l i b e r t a t i s (149).

Treue

151

I . D i e römische Fides (151) - I I . Das formlose Rechtsgeschäft (152) I I I . Strenge G e b u n d e n h e i t a n den p e r f e k t e n S c h u l d v e r t r a g (153) - R ü c k t r i t t u n d K ü n d i g u n g (153) - I V . B o n a fides (154) - V . Römische Eidestreue (155) - V I . Das T r e u p r i n z i p i n der Rechtsquellenlehre (155) - 1. D e r M a g i s t r a t ist a n s e i n E d i k t gebunden (155) - 2. Gesetze haben keine r ü c k w i r k e n d e K r a f t (156) - V I I . D a u e r n d e Treuverhältnisse (157) - 1. Der Freigelassene u n d sein P a t r o n (157) - 2. P a t r o n u n d K l i e n t e n (157) - 3. G a s t v e r t r a g (157)4. D e r Quaestor u n d sein Vorgesetzter (158) - 5. D i e römische a m i c i t i a (158).

Sicherheit

162

I . Begriff der Rechtssicherheit (162) - I . Rechtssicherheit als G e w i ß h e i t , daß das R e c h t sich i m K a m p f m i t d e m U n r e c h t durchsetzt (162) - 1. Z u r Rechtspflege geeignete Persönlichkeiten (162) - a) H o n o r a t i o r e n p r i n z i p (163) - b) Rechtskenntnisse (163) - 2. K o s t e n des Zivilprozesses (164) 3. D a u e r des Zivilprozesses (164) - 4. Ergebnis (165) - I I . Rechtssicherheit als G e w i ß h e i t über das, was R e c h t ist (165) - 1. Unsicherheit über E x i s t e n z u n d I n h a l t der R e c h t s n o r m e n (156) - M a n g e l h a f t e P u b l i k a t i o n der Gesetze (165) - Das V e r t r a u e n auf die J u r i s p r u d e n z (167) - 2. Das freie Ermessen der Staatsorgane (168) - 3. A n k n ü p f u n g der Rechtsfolgen a n Tatbestände, die n i c h t , , ä u ß e r e T a t b e s t ä n d e " sind (168) - a) E r w e r b k r a f t g u t e n Glaubens (168) - b ) Z e i t a b l a u f (169) - c ) Das P u b l i z i t ä t s p r i n z i p (169) - d ) A n k n ü p f u n g der Rechtsfolge a n physische u n d psychische menschliche Sachverhalte (170) - e) P r ä s u m p t i o n e n (170) - 4. Ergebnis (170) - B e g r ü n d u n g der römischen H a l t u n g : T r e n n u n g des P r i v a t r e c h t s v o m Prozeß, A c h t u n g v o r d e m ius q u a e s i t u m (171).

Sdilußwort

172

Q u e l l e n - , N a m e n - u n d Sachregister

173

χ

Abkürzungen Die Rechtsquellen sind durchweg nach der philologischen Methode zitiert; zum Beispiel bedeutet D. (45, 1) 7, 1: Digesten, Buch 45, Titel 1, Fragment 7, § 1. Bruns oder Bruns, Fontes = Fontes iuris Romani antiqui ed. Bruns, 7. ed. Otto Gradenwitz, 1909. Es ist stets die Pars prior (Leges et negotia) zitiert. C. = Codex Justinianus. C. T h . = Codex Theodosianus. Coli. = Collatio Mosaicarum et Romanarum legum. C I L . = Corpus inscriptionum Latinarum. D . = Digesta Justiniani. Epit. U l p . = Epitome U l p i a n i ed. F . Schulz, 1926. Gaius = Gaii Institutiones. Inst. = Institutiones Justiniani. Paul. Sent. = Ps. P a u l i Sententiae. Vat. oder F r . Vat. = Fragmenta Vaticana. I n lateinischen Texten bezeichnen eckige Klammern interpolierte Stücke, spitze Klammern Rekonstruktionen. Bei der Anführung der Literatur ist, wenn nichts anderes angegeben, Band und Seitenzahl zitiert. Albertario, Studi = E. Albertario, Studi d i diritto Romano 1 (1933). Beseler = G. Beseler, Beiträge zur K r i t i k der römischen Rechtsquellen 1—5. Bonfante, Corso = P. Bonfante, Corso di diritto Romano. Bonfante, Scritti = P. Bonfante, Scritti giuridici variii. Bremer = J u r i s p r u d e n c e antehadrianae quae supersunt ed. Bremer. B u l l . = Bullettino dell'Istituto di D i r i t t o Romano. D P . = Deutsches Privatrecht. Heuß, Α . , Grundlagen = A l f r e d Heuß, Die völkerrechtlichen Grundlagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit. 1933. K l i o , Beiheft X X X I . Ihering = R. v. Ihering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Zitiert ist Bd. 1 und 2 in der {χ. Aufl., Bd. 3 in der 3. Aufl. Jörs = P. Jörs, Römisches Recht: Geischichte u n d System des Römischen Privatrechts. 1927. I n eckigen Klammern sind die Paragraphenzahlen der 2. Auflage beigefügt, die demnächst in der Bearbeitung von W . K u n k e l erscheinen wird. Itp.-Index oder Interp.-Index = Index Interpolationum. K r o l l = W . K r o l l , Die K u l t u r der Ciceronischen Zeit. 1933. Krüger — P. Krüger, Geschichte der Quellen uind Literatur des Römischen Rechts. 2. A u f l . 1912. Lenel, Ed. = Otto Lenel, Das Edictum perpetuum. 3. A u f l . 1927. Lenel, Paling. = Otto Lenel, Palingenesia iuris civilis. Lübker-Ziebarth, Reallexikon = F . Lübkers Reallexikon des klass. Altertums. 8. A u f l . v. Geffcken u. Ziebarth. 19 ifr. Mitteis = L . Mitteis, Römisches Privatrecht 1. 1908. R. = Recht. RE. = Ρ aulys Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung von Wissowa, K r o l l u. Mittelhaus. RG. = Rechtsgeschichte. RP. = Römisches Privatrecht. R W . = Rechtswissenschaft. Siber = H . Siber, Römisches Recht i n Grundzügen f ü r die Vorlesung: I I . Römisches Privatrecht. 1928. SZ = Zeitschrift der Savigny-Stiftung f ü r Rechtsgeschichte. W e n n nichts anderes angegeben, ist die romanistische Abteilung gemeint. Schanz = M . Schanz, Geschichte der römischen Literatur 1 (l\. A u f l . von Hosius), 1927. Tijdschrift = Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis. Windscheid oder Windscheid, Pand. = Windscheid-Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts. 9. A u f l . 1906.

XI

Aufgabe 1 The elements (of the " b r e w " of judge-made law) have not come together by chance. Some principle, however unavowed and inarticulate and subconscious, has regulated the infusion . . . a choice there has been, not a submission to the decree of Fate; and the considerations and motives determining the choice, even i f often obscure, do not utterly resist analysis. G a r d o z o , The nature of the judicial process (zuerst 192 1), S. 11.

„ P r i n z i p i e n des römischen Rechts 4 4 bedarf der

Der Ausdruck stellung. W i r

beabsichtigen n i c h t ,

die elementaren, leitenden

Klar-

Normen

des positiven römischen Rechts z u r D a r s t e l l u n g z u b r i n g e n (was m a n heute „ G r u n d z ü g e des r ö m i s c h e n Rechts 4 ' nennt, aber auch „ P r i n z i p i e n des römischen Rechts ' nennen k ö n n t e ) . W i r b e m ü h e n uns vielmehr, die Grundanschauungen

der

an der R e c h t s b i l d u n g

beteiligten R ö m e r von

Recht u n d Gerechtigkeit zu e r k e n n e n ; aus i h n e n sind die Sätze des positiven römischen Rechts geflossen, sie s i n d die w a h r e n p r i n c i p i a , die w a h r e n „ A n f ä n g e " des römischen Rechts. Diese P r i n z i p i e n s i n d aus unserer Ü b e r l i e f e r u n g n i c h t e i n f a c h abzulesen. D i e R ö m e r sprechen sie n i c h t aus, w e i l i h n e n die

Selbstanalyse

u n d die A u f s t e l l u n g von P r i n z i p i e n ü b e r h a u p t n i c h t l i e g t ; vielfach sind sie i h n e n gewiß n i c h t e i n m a l z u m B e w u ß t s e i n gekommen.

Gleichwohl

handelt es sich hier n i c h t etwa u m Phantasien. D i e Gestaltungsprinzipien der

römischen

Juristen

müssen

notwendigerweise

im

Ergebnis

A r b e i t erkennbar sein; sie s i n d aus den rechtsgeschichtlichen

ihrer

Einzeltat-

sachen zu erschließen. Ja, die G e w i ß h e i t dieser P r i n z i p i e n ist vielfach g r ö ß e r als die der einzelnen von Einzelheiten

rechtsgeschichtlichen

der römischen

Rechtsordnung

Tatsachen 2 . H u n d e r t e und ihrer

Geschichte

müssen bei d e m t r ü m m e r h a f t e n u n d i n t e r p o l i e r t e n Zustand unserer Ü b e r l i e f e r u n g n o t w e n d i g problematisch sein u n d bleiben. F ü r die E r k e n n t n i s 1 Zum folgenden i m allgemeinen I h e r i n g 1, Einleitung, insbes. S. i 5 u. 23; J a c . B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgesch. (4- Aufl., herausgeg. v. Jakob Oeri), 1, Einleitung, S. i f f . ; Weltgeschichtl. Betrachtungen (herausgeg. v. Rudolf Marx, Kröners Taschenausgaben), ι . Kapitel, S. 3 f f . ; vgl. auch W a l t e r O t t o , Kulturgeschichte des A l t e r tums (1925), S. 12ff. 2 B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgesch. 1, 3 ; „ D i e Kulturgeschichte hat p r i m u m gradum certitudinis".

1 Schulz, Prinzipien des römischen Rechts

1

der Grundanschauungen u n d Denkweisen der römischen O r d n e r dagegen fließen die Quellen reich u n d k l a r . Gegenüber

den

rechtsgeschichtlichen Einzeltatsachen

erscheinen die

P r i n z i p i e n i n dem h i e r bezeichneten Sinne als ein K o n s t a n t e s 3 , aber auch sie unterliegen n a t ü r l i c h d e m Gesetz der W a n d l u n g , auch sie haben eine Geschichte. Diese W a n d l u n g e n s i n d zu e r m i t t e l n u n d darzustellen;

ja,

es l i e g t ein besonderer Reiz i n der B e t r a c h t u n g des Ringens u m e i n P r i n zip, w i e es sich seine A n e r k e n n u n g e r k ä m p f t , von anderen P r i n z i p i e n gekreuzt u n d z u r ü c k g e d r ä n g t w i r d , auch w o h l w i e d e r ganz verblaßt seine Gestaltungskraft

und

einbüßt.

D i e geschichtliche A u f g a b e , die h i e r z u bewältigen ist, ist bisher n u r e i n m a l i n i h r e r T o t a l i t ä t i n A n g r i f f g e n o m m e n w o r d e n : von von I h e r i n g in

seinem großen,

Rudolph

leider unvollendet gebliebenen

Werk

„ G e i s t des römischen Rechts a u f den verschiedenen S t u f e n seiner E n t w i c k l u n g " 4 . Das n i c h t allein

für

seine Z e i t

großartige, freilich

auch

chaotische W e r k 5 , das auch n i c h t ausschließlich das behandelt, was h i e r „ P r i n z i p i e n des römischen Rechts" genannt w i r d , w a r bahnbrechend; vieles Wesentliche ist r i c h t i g gesehen u n d z u m ersten M a l e n a c h d r ü c k l i c h betont worden. A b e r n a t u r g e m ä ß ist heute, nachdem über ein halbes J a h r h u n d e r t seit dem Erscheinen des W e r k e s vergangen ist, i m einzelnen manches zu berichtigen u n d vieles zu ergänzen ; ist doch die ganze klassische u n d n a c h klassische

Periode

worden, da hinausgelangt

des römischen

sein W e r k ist.

Eine

über

Rechts von

Ihering

nur

gestreift

das sechste J a h r h u n d e r t der Stadt

Iherings

Arbeit

weiterführende

nicht

Gesamtdar-

stellung der r ö m i s c h e n P r i n z i p i e n ist bisher n i c h t g e l u n g e n 6 , aber die 3 Vgl. B u r c k h a r d t , 1. c. i , [\: „Vielleicht ist aber das K o n s t a n t e . . . der wahrste ,Realinhalt' des Altertums . . . W i r lernen hier den ewigen Griechen kennen, w i r Ionien eine Gestalt kennen anstatt eines einzelnen Faktors." ά Über die Ausgaben siehe E . L a n d s b e r g , Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft 3, 2, Notenband S. 336. F ü r uns kommt namentlich die i . Abteilung des 2. Teils i n Betracht. (Zuerst ι 8 5 4 · ) 5 Einen „magischen Hexenbräukessel" nennt es L a n d s b e r g , 1. c., Textband S. 792; vgl. auch M i t t e i s , Allgem. deutsche Biographie 5o (1905), S. 6Ö2ff., 6 5 6 f . , der aber der Leistung Iherings nicht ganz gerecht wird. 6 Arbeiten i n dieser Richtung: C a r l A d o l f S c h m i d t , Der prinzipielle Unterschied zwischen dem röm. u. german. Rechte, 1 ( i 8 5 3 ) ; dazu L < a n d s b e r g , Gesch. d. deutsch. Rechtsw. 3, 2, Noteniband S. 275 u. 3 3 3 ; K . D . A . R ö d e r , Grundgedanken u. Bedeutung d. röm. u. german. Rechts ( i 8 5 5 ) , dazu L a n d s b e r g , 1. c., Textband, S. 6 5 6 ; F r i e d r i c h v. H a h n , Die materielle Übereinstimmung der röm. u. german. Rechtsprinzipien ( i 8 5 6 ) , dazu L a n d s b e r g , 1. c., Textband, S. 636; W i l h e l m A r n o l d , K u l t u r u. Recht d. Römer (1868), dazu L a n i d s i b e r g , 1. c., Textband, S. 761. V i e l interessanter sind die, römisches und englisches Recht vergleichenden Arbeiten von J a m e s B r y c e (Schüler VangeTOws), Studies in history and jurisprudence, 2 vol. 1901; zwei dieser Studien sind 1914 gesondert veröffentlicht worden unter dem T i t e l : The ancient Roman empire and the British empire in India. The diffusion o f Roman and English law throughout the world.

2

neuere rechtsgeschichtliche F o r s c h u n g hat i n einer F ü l l e v o n

Einzel-

beobachtungen i h r e E r k e n n t n i s erheblich gefördert. Unsere „ V o r l e s u n g e n " erstreben

eine solche

Gesamtdarstellung

nicht;

die

hier

behandelten

„ P r i n z i p i e n des römischen Rechts" sind n i c h t die P r i n z i p i e n des römischen Rechts, w i e w i r

überhaupt

von dem Recht

der

Vorlesung

Gebrauch

machen, auszuwählen u n d aphoristisch zu sein. Oder u m m i t S e n e c a zu sprechen : M u l t u m adhuc restât operis m u l t u m q u e restabit ; nec u l l i praecludetur occasio a l i q u i d adhuc a d i i e i e n d i 7 . D i e folgenden Vorlesungen h a l t e n d r e i Grundsätze fest: ι . W i r beschränken uns a u f die d r e i g r o ß e n Perioden des römischen Rechts, die i m hellen L i c h t e der Geschichte liegen : a u f die beiden letzten J a h r h u n d e r t e der R e p u b l i k (die vorklassische Periode), die d r e i ersten Jahrhunderte

der

Kaiserzeit

(die

klassische

Periode),

schließlich

die

Kaiserzeit v o m A u s g a n g des d r i t t e n J a h r h u n d e r t s bis z u m Zeitalter J u s t i nians (die

nachklassische Periode). W i r

glauben

mit Jacob

Rurck-

h a r d t : „ Ü b e r a l l i m S t u d i u m m a g m a n m i t den A n f ä n g e n beginnen, n u r i n der Geschichte n i c h t 8 . " 2. D i e einzelnen rechtsgeschichtlichen Tatsachen werden von uns h i e r n i c h t u m i h r e r selbst w i l l e n vorgetragen, sondern als Relege f ü r die von uns behaupteten Gestaltungsprinzipien. E i n e gewisse W i l l k ü r i n der A u s w a h l dieses Relegmaterials l ä ß t sich vorerst n i c h t vermeiden.

Wieder-

h o l u n g e n sind n i c h t zu umgehen, da dieselbe Tatsache als Releg f ü r verschiedene P r i n z i p i e n geeignet sein k a n n 9 ; auch die

Retrachtungskreise

überschneiden sich m i t u n t e r . V o n selbst versteht es sich schließlich, daß das Releg- u n d I l l u s t r a t i o n s m a t e r i a l grundsätzlich n u r a n g e f ü h r t , mitgeteilt

und

erläutert

werden

kann;

diese A u f g a b e

muß

dem

nicht ge-

sprochenen V o r t r a g vorbehalten bleiben. 3. N u r die r ö m i s c h e n P r i n z i p i e n sollen dargestellt werden, diese aber ohne Unterschied, ob sie m i t den P r i n z i p i e n anderer Rechte

überein-

s t i m m e n oder n i c h t . Gelegentliche Vergleiche m i t anderen Rechten sollen n u r der V e r d e u t l i c h u n g der r ö m i s c h e n P r i n z i p i e n dienen; eine d u r c h gehende Rechtsvergleichung

auch n u r m i t

d e m griechischen u n d ger-

manischen Rechte ist n i c h t b e a b s i c h t i g t 1 0 . 7

Epist. 64, 7. B u r c k h a r d t , Weltgesch. Betrachtungen, S. 7. 9 B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgeschichte, 1, 6. 10 Über die Prinzipien des germanischen Rechts: A . W a g e m a n n , Der Geist des deutschen Rechts, 19ι'ό; W . M e r k , Vom Werden und Wesen des deutschen Rechts, 2. A u f l . 1926; v. S c h w e r i n , Der Geist des altgermanischen Rechts, in dem Sammelwerk „Germanische Wiedererstehung", herausgeg. von Hermann N o l l a u , 1926, S. 2o5ff.; W . M e r k , Deutsche Reohtserneuerung, Süddeutsche Monatshefte, 3 i . Jahrg., H e f t 5 (1934). Siehe auch die oben N. 6 genannten Schriften. 8

3

Gesetz und R e d i t 1 . . . leges rem surdam, inexorabilem esse. L i v i u s 2, 3.

Wir

sprechen

stehungsquellen

hier

von

der

römischen

Bewertung

des R e c h t s , i n s b e s o n d e r e γ ο η d e r

des G e s e t z e s 1 * . W i r

gebrauchen

dabei das W o r t

der

Ent-

Bewertung

„ G e s e t z " i n einem

weiteren Sinne u n d verstehen d a r u n t e r j e d e staatliche generelle Rechtssatzung ohne R ü c k s i c h t a u f i h r e n staatsrechtlichen Sondercharakter, also die l e x rogata w i e die l e x data, aber auch den Senatsbeschluß (seitdem er rechtsbildende K r a f t g e w o n n e n hatte) u n d die constitutio p r i n c i p i s ,

ja

selbst das E d i k t , insbesondere die „ l e x annua 4 4 2 des J u r i s d i k t i o n s - E d i k t s der

beiden

Jurisdiktions-Praetoren,

der

Ädilen

und

der

Provinzial-

statthalter. Ü b e r b l i c k t m a n den römischen Rechtsstoff, der d u r c h solche staatliche Rechtssatzung geschaffen w o r d e n ist, so erweist er sich als von raschend

geringem Umfang.

Wenn

i n der Jugendzeit

über-

der V ö l k e r

oder i n einem p r i m i t i v e n Rechtsleben das staatlich gesetzte Recht n u r eine geringe R o l l e spielt, so d a r f m a n daraus f r e i l i c h n i c h t a u f eine A b n e i g u n g j e n e r V ö l k e r gegen diese A r t der R e c h t s b i l d u n g schließen. W e n n aber i n den r u n d 5 o o Jahren einer h o h e n geistigen K u l t u r ( u n d insbesondere auch einer u n g e w ö h n l i c h hohen R e c h t s k u l t u r ) , v o m E n d e des hannibalischen Krieges bis D i o k l e t i a n , die staatliche Rechtssatzung so sehr i m

Hinter-

g r u n d bleibt u n d a u f bestimmte F u n k t i o n e n beschränkt ist, so d a r f m a n daraus allerdings ein römisches P r i n z i p e n t n e h m e n : d i e r ö m i s c h e fassung

lehnt

die K o d i f i k a t i o n

grundsätzlich

gegenüber der Einzelgesetzgebung eine strenge

ab u n d

Aufwahrt

Zurückhaltung.

Das „ V o l k des Rechts 4 4 3 ist n i c h t das V o l k des Gesetzes. 1

Über den entsprechendem römischen Ausdruck „lex jusque" siehe M i t t e i s ι , 3 o f L ; R o t o n d i , Scritti giur. ι , 3 i f f . Z u m folgenden B r y c e , Studies (oben S. 2) 2, (Methods of law-making in Rome and i n England). 2 Cie. i n Verr. I I , 1, l\2, 109. 3 A r n o l d , K u l t u r 1, I h e r i n g 1, 3 2 7 ; S e c k e l , Das römische Recht u. seine Wissenschaft (Beri. Rektoratsrede, 1920), S. 8 ; J ö r s , Röm. Rechtswiss. 1, 263.

4

W e n n a m E i n g a n g der römischen Rechtsgeschichte die K o d i f i k a t i o n des Z w ö l f t a f e l b u c h e s steht, so d a r f uns das n i c h t i r r e machen. Ganz abgesehen davon, daß dieses W e r k n i c h t i n die v o n uns z u behandelnde Periode g e h ö r t : es steht i n der römischen Rechtsgeschichte v o l l k o m m e n isoliert u n d ist i n seiner Gesamtkonzeption wie i n seiner F o r m o f f e n s i c h t l i c h unter d e m E i n d r u c k g r i e c h i s c h e r K o d i f i k a t i o n e n entstanden 4 . U n d w i e die

römische Gesetzgebung

niemals wieder

den spruchartigen,

in

seiner K ü r z e a u f letzte Genauigkeit b e w u ß t verzichtenden S t i l der z w ö l f T a f e l n a u f g e n o m m e n h a t , so ist auch der Gedanke einer das gesamte Recht behandelnden K o d i f i k a t i o n bis z u m Ende der klassischen Zeit nie wieder auch n u r ernsthaft e r w o g e n worden. W e n n J u l i u s seines Lebens den K o d i f i k a t i o n s g e d a n k e n

C ä s a r am Ende

a u f n a h m 5 , so zeigt dies w i e

andere M a ß n a h m e n seiner letzten Zeit n u r , w i e starken E i n f l u ß der Geist des Hellenismus a u f i h n gewonnen hatte. S c h w e r l i c h d ü r f t e es sich a u c h u m m e h r als u m einen f l ü c h t i g e n E i n f a l l gehandelt h a b e n ; m i t der A u s f ü h r u n g ist j e d e n f a l l s n i c h t e i n m a l begonnen worden. D a ß erst

rund

4 5 o Jahre später i m oströmischen Reiche u n t e r Theodosius I I . ( 4 2 9 ) der K o d i f i k a t i o n s p l a n wieder a u f t a u c h t 6 , ist n i c h t weniger bezeichnend, als daß er m i ß l a n g : was 4 3 8 f e r t i g w u r d e 7 , w a r n u r eine a m t l i c h e S a m m l u n g von Kaisererlassen, die auch b l o ß e i n S u p p l e m e n t zu den vorhandenen P r i v a t s a m m l u n g e n sein, n u r die Erlasse seit K o n s t a n t i n enthalten sollte. D i e erste G e s a m t k o d i f i k a t i o n seit den z w ö l f T a f e l n steht a m E n d e der eigentlichen römischen Rechtsgeschichte: so stark das römische Gepräge der K o d i f i k a t i o n

Justinians ( 5 2 9 — 5 3 4 )

h e r v o r t r i t t , als Ganzes ist sie

ein W e r k des griechischen Geistes. K o d i f i k a t i o n e n eines Teilgebietes, e t w a des Verfassungsrechts,

des b ü r g e r l i c h e n

Rechts oder Strafrechts,

sind

niemals auch n u r versucht worden. N u r die Stadtrechte der r ö m i s c h e n u n d latinischen Städte w i r d m a n als K o d i f i k a t i o n e n des l o k a l e n V e r w a l tungsrechts bezeichnen d ü r f e n 8 . Neben dieser

grundsätzlichen A b l e h n u n g

der K o d i f i k a t i o n steht die

prinzipielle Z u r ü c k h a l t u n g gegenüber der staatlichen

Rechts-

satzung überhaupt. W a s zunächst die l e g e s i m t e c h n i s c h e n S i n n e angeht (leges rogatae u n d d a t a e ) 9 , so l ä ß t uns unsere Ü b e r l i e f e r u n g f r e i l i c h n u r einen T e i l dieser 4 V g l . K r ü g e r , 14; v. W i l a m o w i t z - M ö l l e n d o r f , Griech. Verskunst (1921), S. 3 i , N . 3; siehe i m übrigen unten S. 84· 5 6 S u e t o n , Cäs. und dazu K r ü g e r , 17 u. 68. K r ü g e r , 32^. 7 Der Codex Theodosianus; über i h n K r ü g e r , 325. 8 Siehe die Stadtrechte bei B r u n s , Fontes, Leges, Kap. I V . 9 Z u m folgenden siehe die Sammlung der römischen leges rogatae und datae von G. R o t o n d i , Leges publicae populi romani, Sonderdruck aus der Enciclop. giur. ital. v. „Comitialis l e x " u n d dazu R o t o n d i , Scritti ι , 4 n f f · V g l . ferner R o t o n d i , Osservazioni sulla legislazione comiziale romana d i diritto privato (1910),. Scritti 1,1 ff.;

5

Gesetzgebung überblicken, doch d ü r f t e uns n i c h t viel Wesentliches u n b e k a n n t geblieben sein. U n d bedenkt m a n , daß es sich alles i n a l l e m u m das M a t e r i a l von m e h r als einem halben Jahrtausend h a n d e l t 1 0 , so ist ohne weiteres k l a r , w i e sparsam die R ö m e r die lex als Rechtsquelle verwendet haben. W e n n m a n g l e i c h w o h l i n der Kaiserzeit über die übergroße Z a h l der leges nehmen)

11

klagt

(fast

möchte m a n

einen rhetorischen

„Topos"

an-

, so e r k l ä r t sich das w o h l aus d e m F e h l e n einer Gesetzsamm-

l u n g 1 2 : die Unübersehbarkeit der leges erweckte den E i n d r u c k einer u n geheuren Anzahl. D i e r e p u b l i k a n i s c h e A b s c h l u ß von Staatsverträgen

14

Z e i t verwendet die l e x 1 3

beim

, bei der O r d n u n g von Provinzen u n d Ge-

meinden, bei der R e g e l u n g verfassungs- u n d verwaltungsrechtlicher Einzelf r a g e n ; h i e r w a r die staatliche Satzung u n e n t b e h r l i c h . D a v o n abgesehen gebraucht m a n die l e x , w e n n es sich u m die S c h ö p f u n g organisatorischer, wirtschaftsrechtlicher u n d sozialrechtlicher N o r m e n handelt. Beispiele sind die Prozeßgesetze, w i e die Quästionengesetze u n d die lex Aebutia, die leges agrariae u n d die A u f w a n d s - u n d Zinsgesetze. N o r m e n dieser A r t k ö n n e n wegen ihres e x t r e m - p o s i t i v e n u n d r e f o r m a t o r i s c h e n

Charakters

n i c h t anders als d u r c h staatliche Satzung geschaffen werden. Das eigentliche P r i v a t - u n d Strafrecht aber w i r d v o n der Gesetzgebung n u r w e n i g b e r ü h r t . Das S t r a f r e c h t n u r i n V e r b i n d u n g u n d i m R a h m e n der Prozeßgesetze 1 5 , oder w e n n es sich, w i e bei der Provokationsgesetzgebung,

um

höchst positive N o r m e n handelt. I n das P r i v a t r e c h t g r e i f t die lex e i n 1 6 , w e n n es sich u m die Beseitigung sozialer M i ß s t ä n d e handelt (wie die lex C i n c i a 1 7 , P l a e t o r i a 1 8 u n d V o c o n i a 1 9 ) , oder w e n n die N o r m e n so positiv R o t o n d i , Ricerche sulla produzione legislativa dei comizi romani ( 1 9 1 1 ) , Scritti 1, 43ff. Siehe auch L e n e l bei H o l t z e n d o r f f - K ö h l e r , Enzyklopädie ι , 3 3 6 f . , und E b r a r d , S Ζ. 44, 54off. 10 I c h rechne von der ersten lex der Sammlung R o t o n d i s vom Jahre 510. W i r kennen von dieser Zeit bis zum ersten Jahrhundert des Prinzipats etwa 800 leges rogatae ( R o t o n d i , Scritti ι , 4). Dabei sind aber auch die bloß formellen Gesetze ( P e r n i c e , Formelle Gesetze i m Röm. R., Festg. f . G n e i s t , 1888) mitgezählt. 1 1 L i v i u s 3, 34 spricht von einem „inmensus aliarum super alias acervatarum legum c u m u l u s " ; S u e t o n , Gäs. 44, 2 von einer „immensa diffusaque legum copia"; T a c i t u s , Ann. 3, 25 von einer „ m u l t i t u d o infinita ac varietas l e g u m " . Vgl. auch schon C i e . p r o Balbo 8, 2 1 : „innumerabiles aliae leges de c i v i l i iure sunt latae". 12 Siehe darüber unten S. i 6 5 . 13 Siehe die Übersicht bei R o t o n d i , Leges publicae, cap. I I I no. 91 S. 7 3 l ï . des Sonderdrucks. 14 Dazu besonders T ä u b l e r , I m p e r i u m romanum 1 (1913), S. 99, 126, 357. 15 Vgl. den Anfang des Repetundengesetzes bei B r u n s , Fontes, N r . 10, und die lex Cornelia de sicariis bei B r u n s , N r . i 3 . V g l . auch die peinliche Gerichtsordnung Karls V., A r t . i o 4 f f . 16 Siehe die Übersicht bei R o t o n d i , Scritti ι , 5, und Leges publicae, S. 100. 17 Über Einschränkung der Schenkungsfreiheit; siehe M i t t e is 1, i 5 3 . 18 Über Schutz der Minderjährigen gegen Übervorteilungen. 19 Über Beschränkung des Frauenerbrechts; siehe R o t o n d i , Leges publicae, S. 283.

6

sind (insbesondere m i t bestimmten Z a h l e n operieren), daß sie n u r d u r c h staatliche Satzung geschaffen werden können (wie die lex A q u i l i a 2 0 , F a l c i d i a 2 1 oder die Bürgschaftsgesetze 2 2 ); oder aber, w e n n die p r i v a t r e c h t lichen N o r m e n i n V e r b i n d u n g m i t organisationsrechtlichen a u f t r e t e n (so die l e x A t i l i a 2 3 u n d die lex Cornelia de i n i u r i i s 2 4 ) . D i e g r o ß e n zentralen Gebiete des Privatrechts dagegen, w i e das Vertragsrecht, das E i g e n t u m s - , Servituten- u n d P f a n d r e c h t , das E h e - u n d K i n d e r r e c h t sowie das E r b r e c h t , sind v o n der Gesetzgebung so g u t wie ganz u n b e r ü h r t geblieben, selbst d o r t , w o , w i e bei der Festsetzung des Beginns der vollen Geschäftsfähigkeit, die Sache d r i n g e n d eine gesetzliche Regelung forderte. A u c h i n der K a i s e r z e i t ä n d e r t sich die H a l t u n g gegenüber der Gesetzgebung n i c h t . Es hätte ( f ü r N i c h t r ö m e r ) nahe gelegen, den Neubau des augusteischen Staates i n einer zusammenfassenden Gesetzgebung a u f z u f ü h r e n ; aber das ist n i c h t geschehen. A u g u s t u s h a t sich d a r a u f beschränkt, sich d u r c h einzelne leges bestimmte Kompetenzen verleihen zu lassen 2 5 . D a v o n abgesehen h a t er — durchaus die republikanische T r a d i t i o n festhaltend die l e x n u r v e r w a n d t zur S c h a f f u n g von Prozeßrecht u n d i m



Rahmen

des Prozeßrechts von S t r a f r e c h t 2 6 sowie z u r A u f s t e l l u n g sozialpolitischer 2 7 u n d verwaltungsrechtlicher N o r m e n 2 8 . D a b e i bleibt es auch i n der n a c h augusteischen Zeit. I m L a u f e des ersten J a h r h u n d e r t s verschwindet die lex so g u t wie g a n z 2 9 . D e r S e n a t erhält i n der Zeit des Prinzipats die Rechtsmacht, generelle Rechtsnormen zu s c h a f f e n 3 0 , aber er hat von dieser B e f u g n i s n u r nach denselben Grundsätzen Gebrauch gemacht, die soeben f ü r die Volksgesetzgebung entwickelt w o r d e n sind. V o n verwaltungsrechtlichen V o r s c h r i f t e n 3 1 20 Über Sachbeschädigung; vgl. G a i u s 3, 2 i o f t \ ; B r u n s , Fontes, N r . 2 (dazu L e n e l , SZ. 43, 21 E i n Viertel des Nachlasses m u ß f r e i von Legaten bleiben; vgl. G a i u s 2, 227; 22 B r u n s , Fontes, N r . 19. Vgl. G a i u s 3, 12 i f f . 23 Über Vormundsbestellung durch den Stadtprätor; vgl. G a i u s 1, i 8 5 . 24 I n gewissen Fällen der iniuria kann die Bußklage in einem iudicium publicum geltend gemacht werden; vgl. D . (47, i o ) 37, ι , und R o t o n d i , Leges publicae 3 5 q ; R u d o r f f , Rom. RG. 1, 101. 25 Vgl. S i b e r , Zur Entwicklung der römischen Prinzip at Verfassung (Abh. d. Sachs. Akad. der Wiss., phil.-hist. Klasse, , 1933). 26 Die leges Juliae iudiciorum publicorum et privatorum, und dazu R o t o n d i , Leges publicae 448, und M o m m s e n , StrafR. 128. 27 W i e die Lex Julia et Papia Poppaea; vgl. B r u n s , Fontes, N r . 233, und dazu J ö r s S 109. 28 Zum Beispiel die lex Quinctia über die Wasserleitungen; vgl. B r u n s , Fontes, 29 N r . 22. Vgl. M o m m s e n , StaatsR. 3, 1, S. 3 4 5 f . 30 G a i u s ι , 4; M o m m s e n , StaatsR. 3, 2, S. i 2 6 5 f . 31 Zum Beispiel über die Wasserleitungen: F r o n t i n , De aquae ductu urbis Romaé (ed. K r o h n 1922), § 125 u. 127. A u c h das SC. Juventianum ( B r u n s , Fontes, N r . 60) gehört hierher. Siehe i m übrigen B r u n s , Fontes, Kap. V .

7

abgesehen, g r e i f t der Senat als Gesetzgeber n u r ein, w e n n es g i l t , soziale M ä n g e l der R e c h t s o r d n u n g z u beseitigen 3 2 , oder aber i n den seltenen Fällen, i n denen das Privatrecht d e m R e c h t s g e f ü h l n i c h t m e h r entspricht, u n d L e h r e u n d P r a x i s d o c h keine Ä n d e r u n g schaffen k ö n n e n 3 3 . D i e K a i s e r e r l a s s e der beiden ersten J a h r h u n d e r t e beschäftigen sich vorwiegend m i t d e m A u f b a u eines Verwaltungsrechts u n d V e r w a l t u n g s strafrechts. I m ü b r i g e n g r e i f e n sie i n Einzelfällen, sehr selten a u f

dem

Gebiet des Privatrechts, ein, w o Mißstände vorzuliegen scheinen, zu deren Beseitigung Jurisprudenz

u n d Magistrate sich n i c h t imstande

fühlen 34.

E r s t i m V e r l a u f des d r i t t e n J a h r h u n d e r t s , u n d n a m e n t l i c h seit D i o k l e t i a n u n d K o n s t a n t i n , steigert sich die u n r ö m i s c h e N e i g u n g z u staatlicher Rechtssatzung auch a u f d e m Gebiete des Privatrechts. W a s die E d i k t e angeht, so enthalten die Justizedikte zwar schließlich eine beträchtliche A n z a h l von N o r m e n — alles i n a l l e m ist doch auch das hadrianische E d i k t n u r ein „kurzes B ü c h l e i n " 3 5 — , aber doch i n strenger B e s c h r ä n k u n g a u f das H a n d e l n des M a g i s t r a t s : der M a g i s t r a t

ediziert

über sein O f f i c i u m 3 6 . I n s o f e r n steht das E d i k t , ohne eine P r o z e ß o r d n u n g zu s e i n 3 7 , doch den Prozeß-leges nahe. V o r a l l e m f e h l t aber d e m E d i k t bis z u r R e d a k t i o n H a d r i a n s die Starrheit des Gesetzes, d a es eben n u r eine „ l e x a n n u a " ist, u n d r e c h t l i c h j e d e r neue M a g i s t r a t z u r grundstürzenden N e u o r d n u n g des E d i k t s b e f u g t ist. D i e E d i k t e außerhalb der J u r i s d i k t i o n s i n d n u r dem Verwaltungsrecht

gewidmet.

I n seiner b e r ü h m t e n S c h r i f t „ V o m B e r u f unserer Z e i t f ü r Gesetzgebung u n d Rechtswissenschaft" h a t S a y i g n y

i8i4

die A u f g a b e der Gesetz-

g e b u n g d a h i n f o r m u l i e r t 3 8 : Gesetzbücher ( K o d i f i k a t i o n e n ) sind v o m Ü b e l u n d ganz z u vermeiden. D i e Einzelgesetzgebung ist u n v e r m e i d l i c h , soll sich aber i n engen Grenzen h a l t e n ; sie s o l l eingreifen, w e n n „ h ö h e r e politische Zwecke die A b ä n d e r u n g des bestehenden Rechts f o r d e r n " , w e n n einzelne Rechtssätze z w e i f e l h a f t sind, oder w e n n die N o n n e n (etwa wie bei der 32 Z u m Beispiel das SC. Macedonianum (Verbot der Darlehnsgewährung an Hauskinder; vgl. B r u n s N r . 5η, J ö r s S 121 [ i 3 5 , 4 ] ) ; das SC. Vellaeanum (Verbot der Fraueninterzession; vgl. B r u n s N r . 5o, J ö r s § 119 [ i 3 3 ] ) ; das SC. Claudianum (Verbot des Geschlechtsverkehrs freier Frauen m i t fremden Sklaven; vgl. J ö r s S 4o). 33 So das SC. Trebellianum und Pegasianum über das Universalfideikommiß (vgl. J ö r s § 2 i 5 t 2 2 7 l ) sowie das SC. Tertullianum und O r i i t i a n u m über das Intestaterbrecht zwischen Mutter u n d K i n d (vgl. J ö r s § 187 [198]). 34 Vgl. B r u n s , Fontes, Kap. V I I , und die Erlasse des Augustus aus Kyrene bei S t r o u x - W e n g e r , A b h . d. Bayr. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Klasse, 34, 2. 35 εν βραχεί βιβλίω, sagt Justinian in der Const. Δέ&ωκεν, S 18. 3 37 ® L e n e l , Ed., S. 16. L e n e l , S. ι 4 · 38 Namentlich S. 9ff. (Neudruck nach der 3. A u f l . 1892; S. i 6 f f . der 3. A u f l . ) . H . K a n t o r o w i c z , Was ist uns Savigny? (Sonderabdruck aus Recht u. Wirtschaft 1, 1 9 I i , Sonderdruck 1912.) S. 3 5 f . w i r d Savigny nicht gerecht. Richtiger urteilt R o t o n d i , Scritti ι , 25, Ν . 6.

8

B e s t i m m u n g der V e r j ä h r u n g s f r i s t )

so positiv sein müssen, daß sie n u r

d u r c h staatliche Rechtssatzung geschaffen werden können. M a n h a t diese Thesen S a v i g n y s o f t angegriffen, eins aber leuchtet ohne weiteres e i n : sie entsprechen genau den r ö m i s c h e n P r i n z i p i e n , den Anschauungen, die j a h r h u n d e r t e l a n g die M ä n n e r beherrschten, i n deren H ä n d e n die w i c k l u n g des r ö m i s c h e n Rechts lag, u n d i n die sich S a v i g n y

Ent-

so v o l l -

k o m m e n eingelebt hatte. D i e G r ü n d e , die die R ö m e r zu i h r e r H a l t u n g veranlaßten, müssen denen ä h n l i c h gewesen sein, die f ü r S a v i g n y

maß-

gebend waren : die K o d i f i k a t i o n verleitet z u r W o r t i n t e r p r e t a t i o n u n d l e n k t ab von der R e t r a c h t u n g der N a t u r der Sache; sie täuscht eine Geschlossenh e i t u n d V o l l s t ä n d i g k e i t vor, die sie n i c h t hat ; sie f o r d e r t eine den R ö m e r n g e f ä h r l i c h dünkende abstrakte F o r m u l i e r u n g der Rechtssätze, legt auch die R e c h t s o r d n u n g zu stark f ü r die Z u k u n f t fest. Gegen das Einzelgesetz sprechen ähnliche, w e n n g l e i c h schwächere Redenken; es ist unter

Um-

ständen unentbehrlich, soll aber n u r verwandt werden, soweit es u n e n t b e h r l i c h ist. Als

die angemessenste A r t

der E n t w i c k l u n g v o n Rechtsnormen

scheint der republikanischen u n d klassischen Z e i t die d u r c h eine von der J u r i s p r u d e n z

er-

Normenbildung

geleitete Praxis;

das g i l t

das Privatrecht u n d den Z i v i l p r o z e ß , aber auch f ü r das S t r a f r e c h t

für und

Staatsrecht. D i e t r a d i t i o n e l l e n Sätze, die sich aus solcher Zusammenarbeit von Jurisprudenz u n d Praxis ergeben, m a g m a n

Gewohnheitsrecht39

nennen, d a r f aber dann n i c h t vergessen, daß dieses „ G e w o h n h e i t s r e c h t ' ' bis z u m A u s g a n g der klassischen Periode m i t d e m Gewohnheitsrecht des j u s t i n i a n i s c h e n Rechts u n d der m o d e r n e n T h e o r i e n i c h t identisch ist. D e m römischen Gewohnheitsrecht n o c h der klassischen Zeit k o m m t n i c h t die gleiche rechtliche Redeutung z u w i e dem Gesetzesrecht. Es ist n i c h t i m stande, die L e x zu beseitigen 4 0 . E i n e L e x k a n n tatsächlich i n desuetudinem k o m m e n , aber das h e i ß t eben nichts weiter, als daß die gesetzliche Rechtsn o r m t a t s ä c h l i c h n i c h t angewandt w i r d ; auch w e n n die N i c h t a n w e n d u n g 39 Die ältere Literatur zum römischen Gewohnheitsrecht ist unkritisch und1 nicht mehr brauchbar. Dazu gehört auch B r i e , Lehre vom Gewohnheitsrecht ι (189g). Die moderne Betrachtung beginnt m i t I h e r i n g 2, 1, S. 274ff. Sodann P e r n i c e , Parerga X , SZ. 20, 1 2 7 0 . u. 21, 5 g f ï . ; K n i e b e , Z u r Lehre vom Gewohnheitsrecht in vorjust. Zeit, Heidelb. Diss. 1908; S t e i n w e n t e r , Studi Bonfante 2, £ 2 i f f . , u. A r t . „ M o r e s " i n der R E . ; S o l a z z i , La desuetudine della legge, Arch. giur. 102; B e s e l e r , SZ. 5 i , 5 7 ; A . B e c k , Römisches Recht bei Tertullian ( i 9 3 o ) , S. 3 6 ; S o l a z z i , Dispute romanistiche (Studi Albertoni 1), S. 35 ff.; S e h e r i l l o , Sul valore della consuetudine nella lex romana Wisigothorum (Riv. d i storia del diritto ital. 5, 4^9 ff.). — Siehe auch E h r l i c h , Beiträge zur Theorie der Rechts quell en, 1, insbes. S. 43, 4 7 ; K r e l l e r , Das Problem des Juristenrechts in der römischen Rechtegeschichte ( 1 9 3 2 ) ; S t e i n w e n t e r , SZ. 54 (Kan. A b t . ) , S. 21. 40 Das ist m. E. durch P e r n i c e , S o l a z z i und S c h e r i l l o bewiesen, wenn auch nicht alle ihre Argumente zutreffen.

9

geraume Zeit w ä h r t , ist das Gesetz g l e i c h w o h l n i c h t beseitigt, es k a n n jederzeit w i e d e r u m z u r A n w e n d u n g k o m m e n . Aber auch praeter legem h a t das klassische Gewohnheitsrecht n i c h t die gleiche B e d e u t u n g w i e das Gesetz. Das staatlich gesetzte Recht e n t h ä l t das P o s t u l a t , b e f o l g t

zu

werden, auch w e n n m a n (insbesondere der Richter) es m i ß b i l l i g t ;

das

römische Gewohnheitsrecht f o r d e r t

Reobachtung n u r bis a u f

weiteres,

n u r w e n n m a n es b i l l i g t oder wenigstens keine wesentlich bessere Regel weiß,

wobei

freilich

das A l t e r

der gewohnten Regel e i n

gewichtiges

A r g u m e n t f ü r i h r e R i c h t i g k e i t i s t 4 1 . W i e es gelegentlich i n e i n e m deutschen Weistum heißt: „ A u c h bekennen w i r obengenannte gemein, daß diese Weisung unser eitern u n d f a h r e n von vielen Jahren a u f uns bracht u n d so gehalten haben u n d v e r s e h e n u n s n i t bessere a u f

diesmal42/'

Das U r t e i l , das u n t e r A n w e n d u n g einer solchen Regel ergeht, schafft n a t ü r l i c h Recht, aber n u r eine i n d i v i d u e l l e , i n t e r partes geltende Rechtsn o r m , keine generelle Rechtsnorm. Ob m a n aber a u c h die gewohnheitsm ä ß i g geübte generelle Regel als „ R e c h t s n o r m 4 4 bezeichnen k a n n , ist allerdings die Frage. D i e R ö m e r rechnen sie z u m „ i u s " , d o c h dazu zählen sie auch die Juristenlehren, die die A u t o r i t ä t des H e r k o m m e n s n o c h n i c h t gewonnen h a b e n ; was z u m Reispiel U l p i a n i n seinen l i b r i ad S a b i n u m v o r t r ä g t , ist i n seinen A u g e n „ i u s c i v i l e " . G a i u s f r e i l i c h nennt i n seiner A u f z ä h l u n g der R e c h t s q u e l l e n 4 3 die G e w o h n h e i t absichtlich n i c h t 4 4 , offenbar

deshalb, w e i l

die Redeutung des Gewohnheitsrechts von der der

staatlichen Rechtssatzung ( u n d der responsa p r u d e n t i u m )

grundsätzlich

verschieden i s t 4 5 . Aber denke m a n über den R e c h t s c h a r a k t e r des römischen „ G e w o h n heitsrechts" wie m a n w o l l e , sehe m a n i n i h m i m m e r h i n

Rechtsnormen,

so ist es doch, wie gesagt, von den staatlich gesetzten Rechtsnormen g r u n d sätzlich d a d u r c h verschieden, daß es n i c h t wie diese unbedingte Reoba c h t u n g auch v o n d e m f o r d e r t , der es i n h a l t l i c h m i ß b i l l i g t . Daher d a r f 4 1 So schon P e r n i c e i n den angeführten Schriften; seine radikalen, freilich nicht überall ganz klaren Ausführungen haben nicht die gehörige Beachtung erfahren. 42 G r i m m , Deutsche Rechtsaltertümer 4 2 (1899), 386; vgl. S. 5 o i . 43 ι , 2 — 7 ; in 3, 82 dürften die Worte ,,sed eo — receptum est" eine Glosse sein. 44 Unrichtig bewertet das Schweigen des Gaius I h e r i n g 2, 4 i f f . 45 Daß die rhetorischen Lehrbücher die Gewohnheit unter den Rechtsquellen aufführen (Auetor ad Herennium 2, i 3 , 19; Cie. de invent. 2, 22, 65, Top. 5, 28; auch T e r t u l l i a n , De Corona gehört hierher), besagt f ü r ihre juristische Bewertung nichts. Die Rhetoren lehren, worauf man sich i m Plädoyer berufen kann und soll; dazu gehört auch die consuetudo; denn die Tradition ist e i n Argument; daß sie neben der lex und der consuetudo die Billigkeit, die „ N a t u r " und das Präjudiz nennen, zeigt deutlich, daß es den Rhetoren hier wie immer darum zu tun ist, eine Anweisung f ü r das Plädoyer, nicht f ü r die richterliche Entscheidung zu geben.

10

auch eine i n langer Ü b u n g festgehaltene Regel i n der j u r i s t i s c h e n D i s kussion wegen i h r e r U n z u l ä n g l i c h k e i t angegriffen u n d der Versuch gem a c h t werden, sie d u r c h eine andre zu e r s e t z e n , was gegenüber einer gesetzlichen von den Magistraten beschworenen 4 6 Regel v o l l k o m m e n ausgeschlossen i s t 4 7 . So streiten noch die klassischen Rechtsschulen über den B e g i n n der vollen G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t 4 8 , o b w o h l sie doch h i e r sicher a u f eine lange „ Ü b u n g " zurücksehen konnten. D e r Tausch ist j a h r h u n d e r t e l a n g n i c h t als K o n s e n s u a l k o n t r a k t , sondern als datio ob r e m behandelt worden, u n d doch d a r f die Schule des S a b i n us den Versuch machen, i h n z u m Konsensualkontrakt z u erheben 4 9 . D e r verus t i t u l u s ist g e w i ß i n längerer Ü b u n g als Ersitzungs-Voraussetzung g e f o r d e r t worden. Gleichw o h l w i l l i n hadrianischer Z e i t eine G r u p p e von J u r i s t e n den P u t a t i v t i t e l genügen lassen 5 0 . So bleibt alles i m F l u ß , u n d m a n w i r d a u f das G e w o h n heitsrecht der republikanischen u n d klassischen Zeit die W o r t e anwenden können, m i t

denen M u n r o e

Smith51

das amerikanische

Richterrecht

schildert, n u r daß d o r t der leitende E i n f l u ß der Jurisprudenz f e h l t , der i n R o m so bedeutsam i s t : I n their effort to give to the social sense of justice articulate expression in rules and i n principles, the method of the lawiinding experts has always been experimental. The rules and principles of case law have never been treated as final truths, but as working hypotheses, continually retested in those great laboratories of the law, the courts of justice. Every new case is an experiment; and i f the accepted rule which seems applicable yields a result which is felt to be unjust, the rule is reconsidered. I t may not be modified at once . . . but i f a rule continues to work injustice, it w i l l eventually be reformulated. The principles themselves are continually retested; f o r i f the rules derived f r o m a principle do not work well, the principle itself must ultimately be re-examined.

Das ist die A r t der Rechtsbildung, der die R e p u b l i k a n e r u n d Klassiker grundsätzlich den V o r z u g geben: die leise a l l m ä h l i c h e F o r t b i l d u n g

an

der H a n d der Fälle u n d i m W e g e der j u r i s t i s c h e n Diskussion, n i c h t festgelegt d u r c h die starren Regeln eines Gesetzes oder eines bindenden Gewohnheitsrechts,

H a n d i n Hand m i t dem Jurisdiktions-Magistrat,

der

seine R e c h t s m i t t e l (insbesondere actio u n d exceptio) i m Einzelfalle geben 46

Es ist der E i d i n leges, später auch auf die acta principis, nicht auch auf das Gewohnheitsrecht; vgl. M o m ms e n , StaatsR. i , 620 f . 47 Ergänzung des Gesetzes ist nach röm. Auffassung keine Verletzung des Gesetzes; zum Beispiel die actiones i n factum neben der Lex Aquilia ( J ö r s § i(\2 [ 158]). 48 G a i u s ι , 196. 49 G a i u s 3, I 4 I . öo S i b e r , 8 7 f . ; S c h u l z , SZ. 52, 5^751 Jurisprudence, Columbia University Press, 1909, S. 21, hier zitiert nach C a r d o z o , The nature of the judicial process, S. 23. V g l . auch A . S. S c h u l t z e, Privatrecht u. Prozeß, S. 97 ff-, dessen Aufstellungen größere Beachtung verdient hätten. Siehe auch H a t s c h e k , Jahrb. d. öffentl. R. 3 (1909), S. 4 u. 3 4 f . ; S a v e l k o u l s , Das englische Kabinettsystem (1934), S. 383ff.

11

oder denegieren k a n n . D a ß m i t diesem u n g e m e i n elastischen, unstarren System eine große Rechtsunsicherheit n o t w e n d i g verbunden w a r , l i e g t a u f der H a n d ; die R ö m e r der republikanischen u n d klassischen Z e i t haben sie i n K a u f g e n o m m e n 5 2 . E r s t das nachklassische Zeitalter h a t eine L e h r e entwickelt, die das Gewohnheitsrecht d e m Gesetzesrecht gleichstellte; sie d r a n g i n die klassischen T e x t e e i n 5 3 u n d f a n d auch A u f n a h m e i n die K o d i f i k a t i o n e n , die die G r u n d l a g e der weiteren E n t w i c k l u n g w u r d e n , i n das Corpus i u r i s Justinians u n d i n das Breviar der W e s t g o t e n 5 4 . 62 \ Y i r kommen darauf unten S. i 6 5 f f . zurück. 53

Insbesondere ist die Hauptstelle D . ( i , 3) 32, ι interpoliert. A u f die sonstigen Interpolationen kann hier nicht eingegangen werden. 54 Interpretatio zu Brev. 5, 12, i : „Longa consuetudo, quae utilitatibus publicis non inpedit, pro lege servabitur". Dazu sowie über das justinianische Recht S c h é r i 11 ο i n der oben abgeführten Schrift.

12

Isolierung F u i t haec sapientia quondam Publica privatis secernere, sacra profanis. H o r a z , Ars poetica, ν. 396. „ N i h i l hoc ad nos, ad Ciceronem", inquiebat Gallus noster, si quis ad eum quid tale rettulerat, ut de facto quaereretur. C i c e r o , Topica 12, 5 i .

„ U r s p r ü n g l i c h w a r alles beisammen, da k a m der Geist, schied u n d s c h u f O r d n u n g . " M i t diesem W o r t des A n a x a g o r a s 1 ist eine wesentliche A u f g a b e j e d e r Wissenschaft u n d also auch der Rechtswissenschaft bezeichnet; a u c h die Rechtswissenschaft ist eine „ S c h e i d e k u n s t " 2 . Sie m u ß die k o m p l e x e n Erscheinungen des Lebens analysieren, w e n n sie z u i h r e r wissenschaftlichen E r k e n n t n i s , n ä m l i c h z u r E r k e n n t n i s i h r e r

Elemente

gelangen w i l l . D i e besondere j u r i s t i s c h e Regabung der R ö m e r h a t sie schon f r ü h m i t der Ü b u n g dieser Scheidekunst beginnen lassen. D e m deutschen Menschen l i e g t sie anscheinend weniger, e r zieht die Gesamtschau, die T o t a l b e t r a c h t u n g der j u r i s t i s c h e n E r s c h e i n u n g e n 3 v o r 4 , offenbar i n der Resorgnis, das Ergebnis j e n e r Scheidungen möchte sein: D a n n h a t er die Teile i n seiner H a n d , f e h l t leider n u r das geist'ge Rand. I n der Ta,t ist die G e f a h r n i c h t zu verkennen, daß dasjenige, was des genauen S t u d i u m s halber getrennt w o r d e n ist, geradezu isoliert u n d der Zusammenhang,

das „geistige R a n d " , aus den A u g e n verloren

wird.

1 Π ά ν τ α χ ρ ή μ α τ α ή ν όμοΰ. ε ί τ α νους έλθών αύτά διεκόσμησεν. ( D i e l s , Fragmente der Vorsokratiker 1 [1922], 375 u. 386 ff.) 2 I h e r i n g 2, 3 9 ; 3, 1. 3

U n d nicht n u r der juristischen Erscheinungen! Auch in der Kunst w i l l der Deutsche die Teile des Bildes, des Baues, der F i g u r nicht oder nicht zu deutlich gesondert sehen, vielmehr als verflochten, voneinander abhängig und ineinander strömend. Die italienische Renaissance w i l l dagegen trotz aller Komposition die Elemente auch f ü r sich sehen und isoliert daher die Figuren, Säulen usw. Darüber H . W ö l f f l i n , Italien und das deutsche Formgefühl, 1931, S. 9ff., n o f f . und sonst passim. Siehe auch unten S. 45. 4

Siehe unten S. i 4 f · u. 26.

13

G l e i c h w o h l k a n n auch die Rechtswissenschaft die Scheidekunst n i c h t e n t behren, w e n n sie m e h r als eine Beschreibung bieten w i l l 5 . Zunächst handelt es sich d a r u m , d a s R e c h t v o m N i c h t r e c h t e

zu

s o n d e r n , das Gebiet des Rechts abzustecken u n d die R e c h t s o r d n u n g z u m selbständigen System zu e n t w i c k e l n 6 . I m Leben erscheint das Recht eingebettet i n das soziale Gesamtleben der Rechtsgemeinschaft. A u f Entstehung

haben

die

ökonomisch-politischen

Verhältnisse

und

seine An-

schauungen, aber a u c h die A u f f a s s u n g e n der Sitte u n d S i t t l i c h k e i t E i n f l u ß : es ist g e n e t i s c h m i t d e m N i c h t r e c h t verbunden. Aber auch f u n k t i o n e l l ist die R e c h t s o r d n u n g m i t der n i c h t r e c h t l i c h e n

Sozialordnung

v e r k n ü p f t : neben der R e c h t s o r d n u n g steht die O r d n u n g der Sitte u n d S i t t l i c h k e i t , jener, gerade i n der römischen W e l t f ü r das Rechtsleben besonders bedeutsame K r e i s außerrechtlicher B i n d u n g e n , die den H a u p t gehalt des W o r t e s „ o f f i c i u m ' 4

ausmachen 7 .

I n der Jugendzeit der V ö l k e r sind Recht, S i t t l i c h k e i t u n d Sitte ü b e r a l l ineinander verwoben. W ä h r e n d aber manche V ö l k e r — zu i h n e n gehört auch das griechische u n d das deutsche V o l k — sich n u r schwer u n d n i c h t ohne R ü c k f ä l l e zur S o n d e r u n g der N o r m e n entschließen 8 , haben die R ö m e r bereits i n f r ü h e r Z e i t m i t i h r e r D u r c h f ü h r u n g begonnen. Das Z w ö l f t a f e l b u c h enthält ausschließlich Rechtsnormen, u n d die spätere Jurisprudenz hat a u f dem d u r c h Gesetze n i c h t geregelten Gebiete die Sonderung m i t römischer Strenge w e i t e r g e f ü h r t . D i e r ö m i s c h e Rechtswissenschaft ist bei dieser A b l ö s u n g des Rechtes von den N o r m e n der Sitte u n d S i t t l i c h k e i t n i c h t ohne W i l l k ü r verfahren. Es ist z u m Beispiel n i c h t einzusehen, w a r u m m a n die ü b l i c h e n F o r m e l n bei der m a n c i p a t i o 9 oder der heredis i n s t i t u t i o 1 0 f ü r rechtlich n o t w e n d i g erklärte, die alte F o r m e l bei der E h e s c h l i e ß u n g 1 1 aber n i c h t ; gesetzliche V o r s c h r i f t e n f e h l t e n i n allen drei Fällen. D i e a l l gemeine T e n d e n z d e r J u r i s t e n bei dieser G r e n z a b m a r k u n g ist f r e i l i c h 5 I h e r i n g 2, 31 : „denn der Fortschritt des Rechts besteht in der Zerstörung jenes natürlichen Zusammenhangs, in unausgesetzter Trennung u n d Isolierung." Vgl. L a b a n d , Staatsr. ι (1876), Vorwort S. V I . 6 Zum folgenden I h e r i n g 2, 19ff.; A r n o l d 5 i f f . ; G i e r k e , Schmollers Jahrb. f . Gesetzgebung, Verwaltung u. Volkswirtschaft 7 ( i 8 8 3 ) , n o 3 . 7 Siehe B e r n e r t , De vi atque usu vocabuli officii. Breslauer p h i l . Diss. 1930. 8 Vgl. J o l l y i m Grundriß d. indoiranischen Philologie (herausgeg. v. Bühler) I I , 8, Recht u. Sitte (1898), S. 1: „Das Recht bildet i n Indien wie bei andern orientalischen Völkern noch einen integrierenden Bestandteil der Religion oder E t h i k . " Genau dasselbe gilt zum Beispiel vom Talmudrecht. Über das griechische Recht siehe E. W e i ß , Griech. PrivR. ι (1923), 1 7 $ . , 26 u. 68ff. Das Gesetz von Gortyn enthält nur Recht: B ü c h e l e r - Z i t e l m a n n , Recht v. Gortyn, S. 5 i (Rhein. Museum f . Philologie, N . F. ίio, Erg.-Band). I n Deutschland ist Recht und Sitte erst spät, i m ι 4 · und i 5 . Jahrhundert, gesondert worden: G i e r k e , D P . 1, 122; H . F e h r , Deutsche Rechtsgeschichte 9 10 (1921) S und S 7. G a i u s 1, 119. G a i u s 2, 117. 11 „ U b i tu Gaius, ego G a i a " ; vgl. J ö r s $ 162 [175].

U

u n v e r k e n n b a r : das r ö m i s c h e F r e i h e i t s b e d ü r f n i s f o r d e r t Z u r ü c k h a l t u n g der S c h ö p f u n g u n d A n e r k e n n u n g von R e c h t s n o r m e n weiten rechtsnormenfreien

12

in

. M a n w ü n s c h t einen

R a u m i m Vertrauen a u f die F ü l l e u n d

Stärke

außerrechtlicher R i n d u n g e n 1 3 . D e r römische M e n s c h ist i n ein Netz solcher Rindungen

versponnen,

v o n dessen D i c h t i g k e i t

und

Festigkeit

isolierte Mensch der m o d e r n e n K u l t u r n u r schwer die rechte

sich

machen kann. V o n Verwandten u n d Verschwägerten, Freunden u n d nern,

j a von der

Urteil

Öffentlichkeit

bindet ihn,

oft

überhaupt

viel stärker

als

Gön-

ist er w e i t h i n abhängig,

das U r t e i l

Richters14.

des

der

Vorstellung

s c h l i e ß t das f e i n e r ö m i s c h e G e f ü h l f ü r die G r e n z e n des R e c h t e s

ihr Auch

Gebiete

w i e das p e r s ö n l i c h e F a m i l i e n r e c h t v o n der r e c h t l i c h e n R e g e l u n g a u s : d i e I n t e r n a des E h e - u n d F a m i l i e n l e b e n s v o r G e r i c h t z u v e r h a n d e l n , den

Römer

moderner

sein ausgesprochenes

Ehescheidungsprozeß

Gefühl

würde

für

ihm

Würde

und

schamlos

hindert

Dezenz;

dünken.

Er

d a h e r k e i n e n W e r t d a r a u f , d i e „ I n n i g k e i t des F a m i l i e n l e b e n s " i m transparent

werden

z u lassen;

so w e n i g

als m ö g l i c h

Recht!

ein legt

Recht

lautet

auf

d i e s e m G e b i e t seine P a r o l e . Als Gegensatz zu diesen römischen Prinzipien sehe man das P r e u ß i s c h e A l l g e m e i n e L a n d r e c h t v o n 1 7 9 4 , I I , 2, § 67—69 1 : S 67. Eine gesunde Mutter ist ihr K i n d selbst zu säugen verpflichtet. § 68. W i e lange sie aber dem Kinde die Brust reichen solle, hängt von der Bestimmung des Vaters ab. § 69. Doch m u ß dieser, wenn die Gesundheit der Mutter oder des Kindes unter seiner Bestimmung leiden würde, dem Gutachten der Sachverständigen sich unterwerfen. — I I , 1, § 174—1811: § 174. Eheleute sind schuldig, sich in allen Vorfallenheiten nach ihren Kräften wechselseitigen Beistand zu leisten. § 175. Sie müssen vereint miteinander leben und dürfen ihre V e r bindung eigenmächtig nicht aufheben. § 176. Auch wegen Widerwärtigkeiten »dürfen sie einander nicht verlassen. S 177. Öffentliche Geschäfte, dringende Privatangelegenheiten und Gesundheitsreisen entschuldigen die Abwesenheit. § 178. Eheleute dürfen einander die eheliche Pflicht anhaltend nicht versagen. S 179. W e n n deren Leistung der Gesundheit des einen oder des anderen Ehegatten nachteilig sein würde, kann sie nicht gefordert werden. § 180. A u c h säugende Ehefrauen verweigern die Beiwohnung m i t Recht. § 181. Zur ehelichen Treue sind beide Ehegatten wechselseitig verpflichtet. — I I , 20. S 738. Mütter und Ammen sollen Kinder unter zwei Jahren bei Nachtzeit nicht in ihre Betten nehmen u n d bei sich oder andern schlafen lassen. — Neuerdings wünscht ähnliche Rechtsnormen F . v. H i p p e l , Zur Gesetzmäßigkeit juristischer Systembildung (1930), S. 27; zum Beispiel: „Ehegatten sollen einander lieben und ehren"; dagegen G. H u s s e r l , Negatives Sollen i m Bürgerlichen Recht (1931), S. 11. — Die g r i e c h i s c h e G e s e t z g e b u n g (auch außerhalb Spartas) kennt Strafen f ü r schlechten Umgang, f ü r den Genuß ungemischten Weines, f ü r Arbeitsscheu und f ü r Nicht-Parteiergreifon in öffentlichen Zwistigkeiten. Vgl. H e r m a n n - T h a l h e i m , Lehrbuch d. griechischen Rechtsaltertümer (1895), S. 3 4 f . ; Walter G. B e k k e r , Piatons Gesetze u n d das griech. Familienrecht (1932), S. 3 i , N r . 7; M a x M ü h l , Die Gesetze des Zaleukos u. Charondas, K l i o 22 (1929), S. i o ö f f . Die römische Jurisprudenz nicht 12 13 14

allein

mit

Strenge

von

h a t indessen die außerrechtlichen den rechtlichen

gesondert,

Normen

sondern

sie

I h e r i n g 2, 26. Siehe dazu die schönen Ausführungen bei I h e r i n g 2, 141 ff. Siehe auch unten S. 107, i 5 8 f f .

15

auch grundsätzlich v o n i h r e n B e t r a c h t u n g e n a u s g e s c h l o s s e n .

Die

freie Ehe z u m Beispiel k o m m t d u r c h f o r m l o s e n Konsens z u s t a n d e 1 5 ; das ist der Rechtsatz u n d i h n allein erwähnen die Rechtsbücher. V o n den u m ständlichen römischen H o c h z e i t s g e b r ä u c h e n 1 6 schweigen die J u r i s t e n v o l l s t ä n d i g 1 7 , u n d w i r w ü r d e n davon i n i h r e n S c h r i f t e n auch dann nichts lesen, w e n n sie uns v o l l s t ä n d i g erhalten wären. V o n den E r b s i t t e n 1 8 erf a h r e n w i r nichts, o b w o h l die Sitte a u c h das Testament w e i t h i n t y p i s i e r t hatte. V o n d e m t y p i s c h e n I n h a l t e eines K a u f - , M i e t - o d e r

Gesell-

s c h a f t s v e r t r a g e s , von d e m t y p i s c h e n A u f b a u d e r h i e r ü b e r

auf-

g e n o m m e n e n U r k u n d e n h ö r e n w i r von den J u r i s t e n so g u t w i e n i c h t s ; gelegentlich w i r d hervorgehoben, es sei ü b l i c h , dies u n d das zu vereinb a r e n 1 9 , gelegentlich w i r d auch die A u s l e g u n g einer

Urkundenklausel

e r ö r t e r t : das ist alles. D a ß es auch i m römischen Rechtsleben F o r m u l a r b ü c h e r gegeben hat, u n d die Geschäftsurkunden w e i t h i n stereotyp ausfielen,

k ö n n t e m a n aus den römischen J u r i s t e n s c h r i f t e n a l l e i n n i c h t e r -

raten. D i e ältere republikanische Jurisprudenz hat sich w o h l n o c h m i t der H e r s t e l l u n g von F o r m u l a r b ü c h e r n b e f a ß t 2 0 , aber schon gegen E n d e der R e p u b l i k ü b e r l ä ß t m a n dies subalterneren G e i s t e r n 2 1 . D e r bloße B r a u c h , das b l o ß übliche der Geschäftssitte, bleibt grundsätzlich beiseite u n d w i r d n u r z u r A u s l e g u n g des Rechtsgeschäftes herangezogen. A u c h die a u ß e r rechtlichen

Bindungen,

die sich aus pietas,

fides,

reverentia,

kurz

aus d e m o f f i c i u m ergeben, werden k a u m e r w ä h n t 2 2 , o b w o h l vieles d a d u r c h f ü r den unverständlich w i r d , der n u r die Rechtsbücher kennt. D i e schroffe R e g e l u n g der p a t r i a potestas, des Testierrechtes, des ehelichen

Güter-

rechtes i s t n i c h t verständlich ohne die K e n n t n i s der vielen u n d höchst k r ä f t i g e n außerrechtlichen B i n d u n g e n , deren Existenz den J u r i s t e n w o h l bekannt ist, die sie stets voraussetzen, aber grundsätzlich n i c h t erwähnen. Es entspricht dieser H a l t u n g der klassischen r ö m i s c h e n Juristen, daß auch der g e n e t i s c h e Z u s a m m e n h a n g des R e c h t s m i t d e r

nicht-

r e c h t l i c h e n W e l t grundsätzlich aus der j u r i s t i s c h e n B e t r a c h t u n g aus16 Vielleicht war die deductio i n domum erforderlich: E. L e v y , Hergang der röm. Ehescheidung 68ff., J ö r s S i 6 i [175]. 16 J ö r s 1. c. 17 I n den Anfragen an die Juristen werden sie gelegentlich von den Parteien erwähnt D . (24, 1) 66, ι . 18 v. W o e ß , Das röm. Erbrecht u. d. Erbanwärter (1911), S. 29ff. 19 D . (47, 2) 62, 8 ; (46, 8) 16, 1; (34, 2) 2 ; (44, 7) a3 p r . ; (20, 1) i 5 , 1. 20 K r ü g e r 6of. 21 P e r n i c e , Labeo 1, 3. Ihre Tätigkeit erkennt man i n der Formula Baetica (dazu G r a d e n w i t z , Sitzungsber. d. Heidelb. Akad. 1916, Abh. 9, S. i 3 ) u n d den Siebeinbürgener Urkunden ( B r u n s , Fontes N r . i 3 o f f . , insbes. N r . i 3 i Note 7). Siehe auch M i t t e i s , Reichsrecht, S. 196 f . 22 D . (38, 1) 48 pr.

6

geschieden w i r d 2 3 . Gestaltung

eines

Die

wirtschaftlich-politischen

Rechtssatzes

bestimmt

Verhältnisse,

haben,

werden

die

nirgends

die ge-

schildert oder auch n u r e r w ä h n t 2 4 . Jede w i r t s c h a f t l i c h e R e t r a c h t u n g des Rechtes fehlt. D e r w i r t s c h a f t l i c h e S i n n eines Rechtsinstituts, seine n o r m a l e n w i r t s c h a f t l i c h e n F u n k t i o n e n , die es e r f ü l l e n soll, die w i r t s c h a f t lichen Gründe,

die seine E i n f ü h r u n g

veranlaßt haben: das alles w i r d

grundsätzlich als „ u n j u r i s t i s c h " vor die T ü r gewiesen. M a n nehme z u m Reispiel das römische M i e t - u n d P a c h t r e c h t 2 5 .

D i e Rechtsstellung des

Mieters u n d Pächters ist bekanntlich w e n i g gefestigt. D e r V e r m i e t e r bzw. Verpächter k a n n sie bei w ä h r e n d e m Vertrage u n d u n t e r R r u c h dieses V e r trages aus d e m Genuß der Sache heraussetzen; M i e t e r u n d Pächter s i n d a u f eine Ersatzklage (actio conducti) angewiesen.

D i e Klassiker legen

diesen Rechtszustand einfach d a r ; M i e t e r u n d Pächter sind n i c h t Resitzer der Sache, k ö n n e n sich also gegenüber den I n t e r d i k t e n des Vermieters bzw. Verpächters i m Genuß der Sache n i c h t behaupten. Aber w a r u m s i n d M i e t e r u n d Pächter n i c h t Resitzer? W a r u m u r n f a ß t der K r e i s der F r e m d besitzer n u r den Prekaristen, Sequester u n d F a u s t p f a n d g l ä u b i g e r ? Diese Frage w i r d ü b e r h a u p t n i c h t a u f g e w o r f e n ,

so w e n i g wie Dutzende v o n

anderen: W a r u m ist der N i e ß b r a u c h höchst persönlich? W a r u m g i b t es nur

eine G e l d k o n d e m n a t i o n ?

Warum

gilt beim K a u f

das

Eviktions-

p r i n z i p ? W a r u m g i b t es keine direkte Stellvertretung oder berechtigende Verträge zugunsten d r i t t e r ? W a s ist die w i r t s c h a f t l i c h e

F u n k t i o n des

Pfandrechtes, der Gesellschaft, der K o r p o r a t i o n ? A u c h der Zweck der Strafe w i r d von den Juristen n i c h t näher e r ö r t e r t 2 6 , w i e auch der S t r a f prozeß, insbesondere

der Quästionenprozeß,

nicht

unter

dem

Zweck-

gesichtspunkte behandelt w i r d . I n der nachklassischen Zeit g e w i n n t die F r a g e nach den außerrechtlichen G r ü n d e n u n d Zwecken des Rechts w o h l etwas größeres

Interesse,

aber bei der R e a n t w o r t u n g bleibt m a n , den

geistigen K r ä f t e n entsprechend, an der O b e r f l ä c h e 2 7 . 23

Z u m folgenden P e r n i c e , Über wirtschaftl. Voraussetzungen röm. Rechtssätze, SZ. 19, 8a ff. 24 P e r n i c e 89. 2 * P e r n i c e 890. 26 Man sehe die Zusammenstellung bei F e r r i n i , D i r i t t o penale romano, cap. I I . 27 D . (4, 9) ι , ι : Begründung der Haftung der Gastwirte, Schiffer und Stallwirte bis zur Grenze der höheren Gewalt: „ M a x i m a utilitas est huius edicti, quia necesse est, plerumque eorum fidem sequi et res custodiae eorum committere. ne quisquam putet graviter hoc adversus eos constitutum: nam est i n ipsorum arbitrio ne quem rècipiant, et nisi hoc esset statutum, materia daretur cum furibus adversus eos quos recipiünt coeundi, cum ne nunc quidem abstineant huiusmodi fraudibus." (Vollständig unecht, siehe d. I t p . - I n d e x ) . Ähnliche Begründungen D . (11, 6) 1 p r . (unecht: I v ü b l e r , SZ. 39, 2 0 9 ) ; (11, 7) 12, 3 (unecht); ( i 4 , 1) 1 pr. (unecht: siehe d. I t p . - I n d e x ) ; (38, 1) 2 pr. (unecht); (3g, 4) 12 pr. (unecht). Es handelt sich in allen diesen Stellen um die bekannten nachklassischen Einleitungen zu den T i t e l n des Ulpianschen Edikts2 Schulz, Prinzipien des römischen Itcchts

17

I n n e r h a l b des Bereichs des Rechtes geht die Scheide- u n d Isolierarbeit weiter. Zunächst ist bereits i n f r ü h e r r e p u b l i k a n i s c h e r Z e i t das

geistliche

u n d d a s w e l t l i c h e R e c h t 2 8 geschieden w o r d e n , u n d wieder f ü h r t

die

Sonderung z u r Isolierung. N o c h P. S c ä v o l a ( K o n s u l

zu

i33)

pflegte

sagen: ein guter P o n t i f e x müsse auch das w e l t l i c h e Recht k e n n e n 2 9 , aber diese Überzeugung verschwand a l l m ä h l i c h 3 0 . Schon zur Z e i t C i c e r o s g i b t es Spezialisten des geistlichen Rechts, die das w e l t l i c h e Recht n i c h t oder doch n i c h t m i t gleicher G r ü n d l i c h k e i t behandeln; ein sakralrechtlicher Schriftsteller w i e C a p i t o scheint a u f dem Gebiete des w e l t l i c h e n Rechts n u r Unbeträchtliches geleistet zu h a b e n 3 1 . D i e beiden Rechtskreise beeinflussen sich aber auch n i c h t m e h r . Parallelen oder Gegensätze aus d e m Sakralrecht werden i n den p r o f a n r e c h t l i c h e n S c h r i f t e n n i c h t herangezogen, die L e h r e von den res sacrae, sanctae u n d religiosae w i r d h i e r n u r sehr u n v o l l k o m m e n dargestellt, w e i l n u r soweit das P r o f a n r e c h t sich m i t i h n e n b e s c h ä f t i g t 3 2 . D a ß m i t d e m Schwinden des Götterglaubens a u c h das I n t e r esse a m Sakralrecht verschwindet, ist n a t ü r l i c h . N o c h bedeutsamer w a r die T r e n n u n g des ö f f e n t l i c h e n R e c h t s (ius publicum) v o m P r i v a t r e c h t

(ius

privatum)33.

kommentars; darüber siehe S c h u l z , E i n f ü h r u n g i n d. Studium d. Digesten, S. 35, N i e d e r m e y e r , Studi Riccobono i , 195. Hinweis auf die Verkehrssitte zur Begründung: D . (12, 1) 9, 8 (unecht, siehe d. I t p . - I n d e x ) ; (43, 26) 6, 4 (unecht: P e r n i c e , Labeo 3, ι , S. 222, N . 4). 28 Zum folgenden P e r n i c e , Labeo 1, 4, und SZ. 5, 3 f . ; M i t t e i s 1, 22ff. B u e r g e r , Art. ius sacrum i n d. R E . 29 C i e . de legibus 2, 19, 47* „Saepe", inquit P u b i i i filius, „ex patre audivi pontifìcem bonum neminem esse, nisi q u i ius civile cognosset". A u c h der pontifex Coruncanius (Konsul 280) w i r d als hervorragender Kenner des Profanrechts genannt: C i e . de or. 3, 33, i 3 4 ; Pomp. D . (1, 2) 2, 35 u. 8, K r ü g e r 55. 30 Cie. de legibus 1. c. u n d 2, 21, 52. 31 P e r n i c e , SZ. 5, 4· Die Fragmente bei B r e m e r 2, 1, S. 266ff. Wesentlich profanrechtliche Schriftsteller, die sich aber auch m i t dem Sakralrecht beschäftigt haben, sind Servius ( K r ü g e r 68) und Labeo ( K r ü g e r i 5 6 ) . 32 Das römische Grabreoht zum Beispiel läßt sich aus den'Rechtsbüchern n u r unvollkommen erkennen, da das Pontifikairecht (schwerlich erst durch die Komp ila tor^n) ausgeschieden ist. Selbst dort, wo geistliches und weltliches Recht auseinandergehen, w i r d die Diskrepanz nicht hervorgehoben. Vgl. M o m m s e n , Jur. Sehr. 3, 198ff.; Kollision bei der Behandlung der Freigelassenen: M o m m s e n 206 und 2 i 3 ; bei der Behandlung des Geschlechtergrabs: M o m m s e n 2o4 und 2 i 3 . Siehe auch P e r n i c e , Z u m röm. Sakralrecht I u. I I (Sitzungsber. d. Berliner Akad. 5 i [ i 8 8 5 / 8 6 ] , S. i i 4 3 f f . , 1169 ff.). 33 Z u m folgenden S a v i g n y , System 2, 455; P e r n i c e , Beziehungen des öffentlichen röm. Rechtes zum Privatrechte (SZ. 5, i f f . ) , u n d D e r privatrechtliche Standpunkt in der Lehre der röm. Juristen \(SZ. 19, , i 4 o f f . ) ; B o n f a n t e , L a progressiva diversificazione del diritto pubblico e privato (Scritti giur. 4, 2 8 f f . ) ; G i e r k e , Deutsches GenossenschaftsR. 3, 3 5 f f . ; D P . 1 , 2 7 ; Die soziale Aufgabe d. PrivatR. (1889) S . 5 f f . V g l . auch D i r k s e n , Verm. Schriften ι , 173 ff.; S a n i o , Varroniana 29.

18

D . ( ι , ι ) ι , 2 : P u b l i c u m ius est q u o d ad istatum r e i Romanae spectat, p r i v a t u m q u o d ad s i n g u l o r u m u t i l i t a t e m 3 4 . Das öffentliche Recht ist

das Recht,

das die Rechtsverhältnisse des

p o p u l u s R o m a n u s n o r m i e r t ; w o i m m e r also der römische S t a a t 3 5 a k t i v oder passiv S u b j e k t eines Rechtsverhältnisses ist, ist dieses d e m P r i v a t recht e n t z o g e n 3 6 u n d dem öffentlichen Recht u n t e r w o r f e n 3 7 . D i e U n t e r scheidung, die andern v o m römischen Recht unabhängigen Rechten n i c h t bekannt i s t 3 8 , hat schwere Nachteile z u r F o l g e gehabt. D e n n auch h i e r f ü h r t die S o n d e r u n g z u r I s o l i e r u n g , werden die beiden N o r m e n g r u p p e n , die i m

Leben

so eng m i t e i n a n d e r

verflochten sind, m i t

wunderlicher

Strenge auseinandergehalten. W a s zunächst das S t a a t s - u n d V e r w a l t u n g s r e c h t angeht, so d a r f m a n bezweifeln, ob es ü b e r h a u p t j e m a l s eine größere selbständige L i t e ratur

hervorgebracht

republikanischen

hat39.

Einige

staatsrechtliche

Schriften

aus

der

Z e i t s i n d uns bekannt, aber ihre Verfasser scheinen

keine eigentlichen Juristen zu s e i n 4 0 , j e d e n f a l l s n i c h t zu dem Kreise z u gehören,

den der A b r i ß

des P o m p o n i u s

schildert41.

Auch

scheint

die

L i t e r a t u r n i c h t g r o ß gewesen zu sein: Als P o m p e i u s sich a u f sein K o n sulat vorbereitete, bat er seinen F r e u n d V a r r ò u m die Abfassung einer 34

Der in den Digesten folgende Satz „ p u b l i c u m ius i n siacris, i n sacerdotibus, i n magistratibus consistit" ist w o h l unecht. D i e Verfasser der Institutionen ( ι , i , 4) haben den Satz in ihrer Vorlage anscheinend nicht gelesen. Es scheint auch die einzige Stelle zu sein, i n der das ius sacrum zum ius publicum gerechnet w i r d (an sich gewiß nicht unverständig: P e r n i c e , SakralR. i , u 4 3 ) ; das übliche ist die Dreiteilung: ius sacrum, publicum und privatum. F ü r das Sakralrecht ist m i t der Aufzählung nichts anzufangen ( M o m m s e n , StaatsR. i , 4, N . i ) ; bei dem ius publicum hätte der Klassiker sicher den Senat nicht unerwähnt gelassen. 30 Die Gemeinden stehen dem Staat nicht gleich. I h r e Rechtsstellung ist noch nicht ganz aufgeklärt: M i t t e i s i , 3 7 6 s . ; S c h n o r r v o n C a r o l s f e l d , Geschichte der j u r . Person 1 ( i g 3 3 ) , 1 ff. 36 Doch gleicht das ius publicum seine Normen teilweise dem Privatrecht an, namentl i c h i m Fiskalrecht: M i t t e i s 1, 365. 37 Andere Bedeutungen des Ausdrucks „ius p u b l i c u m " interessieren hier nicht; darüber M o m m s e n , StaatsR. 1, 3 ; L e o n h a r d , A r t . ius priv. u. ius publicum in d. R E . 38

Über das deutsche Recht siehe G i e r k e , D P . 1, 28.

39

A n d r . Ans. B o n f a n t e ,

Scritti 4» 4o, N . 1.

40

Das g i l t von Cassius Hemina ( S c h a n z 1, 194), Sempron. Tuditanus ( S c h a n z I , 196), Junius Gracchanus ( S c h a n z 1, 235), Cincius ( S c h a n z 1, 174) und selbstredend auch von dem sogleich zu erwähnenden Varrò. Richtig K r ü g e r 52 und 75, N . 89. Tubero (Mitte des letzten Jahrh. der Republik) ist der erste uns bekannte Jurist, der sich literarisch m i t dem öffentlichen Recht beschäftigt hat ( K r ü g e r 1. c.). Pompon. ( D . ι , 2, 2, 46) nennt ihn daher auch „doctissimus iuris pubiici et privati' 4 . 41 D . ( 1 , 2 ) 2, 35 ff. sind die Genannten außer Tubero nicht erwähnt. A u c h Cie. de legibus 1, 4, i 4 macht den Juristen den V o r w u r f , daß sie sich nicht m i t dem „ius civitatis" beschäftigten, sondern in der zivilistischen Gutachtertätigkeit aufgingen.

2

19

„ E i n f ü h r u n g ins S t a a t s r e c h t " 4 2 , die vorhandene L i t e r a t u r w a r also unzul ä n g l i c h . D i e f ü h r e n d e n Geister der römischen Jurisprudenz v o m letzten J a h r h u n d e r t der R e p u b l i k bis z u m A u s g a n g des zweiten

Jahrhunderts

des Prinzipats haben sich v o m Staats- u n d V e r w a l t u n g s r e c h t

beinahe

ängstlich f e r n g e h a l t e n 4 3 . Selbst das öffentliche V e r m ö g e n s r e c h t 4 4 w i r d von i h n e n grundsätzlich i g n o r i e r t : die römische B r o t k a r t e (tessera f r u m e n taria) w i r d i n den Juristenschriften n u r gelegentlich bei der Frage des Eigentumserwerbs

an

der

Karte

u n d des Karten-Vermächtnisses

h a n d e l t 4 5 . Das Recht der W a s s e r l e i t u n g e n ,

be-

u n d die e i g e n t ü m l i c h e n

Rechtsverhältnisse, die sich h i e r ergeben, finden i n den J u r i s t e n s c h r i f t e n keine S t ä t t e 4 6 . D a ß i m römischen öffentlichen Recht die direkte Stellvert r e t u n g 4 7 ebenso wie die R e a l l a s t 4 8 a n e r k a n n t ist, w i r d i n den Darstellungen des Privatrechts n i c h t bedenklichsten

ist

e i n m a l e r w ä h n t ; h i e r s i n d das Ketzereien.

vielleicht,

daß

das ö f f e n t l i c h e

Bodenrecht

Am so

vollständig ausgeschieden w i r d , der öffentliche E r w e r b des G r u n d e i g e n t u m s 4 9 u n d vor a l l e m die p u b l i z i s t i s c h e n

Schranken

des

Boden-

e i g e n t u r n s 49 a. D i e N o r m e n gegen den A b b r u c h von H ä u s e r n 5 0 werden von unseren J u r i s t e n n u r gelegentlich, n i c h t i m E i g e n t u m s r e c h t u n d u n t e r 42

Gellius il\y 7, ι ( B r e m e r 1, 124): „ E u m magistratum (das Konsulat) Pompeius cum initurus foret, quoniam per militiae tempora senatus habendi consulendique rerum expers urbanarum f u i t , M . Varronem familiarem suum rogavit, u t i commentarium faceret isagogicum, sic enim Varrò ipse appellai, ex quo disceret, quid facere dicereque deberet, cum senatum consuleret." Varrò schrieb das Buch, es ist aber schon zu seinen Lebzeiten untergegangen (Gell. 1. c.). 43 Vom Ausgang des 2. Jahrh. an entsteht eine verwaltungsrechtliche Literatur, de re m i l i t a r i (Taruntenus Paternus, Macer, Menander), de iure fìsci (Paulus), sowie isagogische Schriften f ü r die einzelnen Beamten, de officio consulis, proconsulis usw., Schriften, deren Echtheit übrigens zum T e i l zweifelhaft ist. 44 M o m m s e n , StaatsR. 1, i ö g f f . , 234ff.; P e r n i c e 5, i f . 45 Dazu P e r n i c e , SZ. 5, 99. 46 F r o n t i n , De aquaeduetu urbis Romae, insbes. 94 ff· B r u n s , Fontes N r . 77 und 188, und dazu M o m m s e n , Jur. Sehr. 3, 75ff., 97ff. Siehe auch W e i ß , SZ. 45, 8 7 0 . ; L ü b k e r - Z i e b a r t h , Reallexikon, A r t . Wasserleitungen und Wasserrecht. — Auch um Dinge, wie zum Beispiel die Rechtslage des Wächterhäuschens neben der Marcussäule, kümmern sich die Juristen nicht; siehe die Akten darüber B r u n s , Fontes N r . i 4 4 , und dazu M o m m s e n , 1. c. i 0 2 f f . , A r a n g i o - R u i z , Ist. (3. ed.) 249. D . (18, 1) 32 ist cum rei. unecht ( B e s e l e r 2, 86). Vgl. auch A r a n g i o - R u i z - O l i v i e r i , Inscript. Graec. Siliciae (1925), S. 62 ff., 66. 47 M o m m s e n , StaatsR. 1, 235; P e r n i c e , SZ. 5, 111; M i t t e i s 1, 3 8 i . 48 P e r n i c e , SZ. 5, 5 7 « . , 7 2 « . ; 19., 85. 49 M o m m s e n , StaatsR. 1, 170. *9a Über Wasserrecht C o s t a , Le acque nel diritto romano 1919; W e n g e r , SZ. 4 i , 307ff. 50 SC. Hosidianum ( B r u n s , Fontes N r . 5 4 ) ; Lex Tarentina ν. 32 ( B r u n s N r . 2 7 ) ; Lex Ursonensis 75 ( B r u n s N r . 2 8 ) ; Lex Malacitana 62 ( B r u n s N r . 3 o b ) . Dazu B a c h o f e n , Ausgew. Lehren d. röm. Zivilrechts ( i 8 4 8 ) , S. i 8 5 f f . ; M o m m s e n , Jur. Sehr, ι , 2133 u. 371.

20

rein

privatrechtlichen

Gesichtspunkten

behandelt51.

Entsprechend

ver-

f a h r e n sie m i t den V o r s c h r i f t e n , die die B e e r d i g u n g i n n e r h a l b der Stadt, die E r r i c h t u n g eines K r e m a t o r i u m i n o d e r i n d e r N ä h e d e r Stadt v e r b i e t e n 5 2 , die E r r i c h t u n g v o n F a b r i k e n beschränken oder S t r a ß e n a n l i e g e r Pflichten

b e g r ü n d e n 5 3 . Das r ö m i s c h e

G r u n d e i g e n t u m erscheint

infolge

dieser I s o l i e r u n g o f t l i b e r a l e r u n d i n d i v i d u a l i s t i s c h e r , als es i n W a h r h e i t — u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der p u b l i z i s t i s c h e n B i n d u n g e n — i s t 5 3 a . So stark s i n d die beiden N o r m e n k r e i s e i s o l i e r t , o b w o h l unsere J u r i s t e n z u m T e i l eine längere oder k ü r z e r e V e r w a l t u n g s l a u f b a h n d u r c h g e m a c h t h a b e n u n d Staats- u n d V e r w a l t u n g s r e c h t i h n e n aus der P r a x i s g e l ä u f i g i s t 5 4 . Strafrecht

und Strafprozeß

s i n d n i c h t ganz so stark

gegenüber

d e m P r i v a t r e c h t i s o l i e r t w o r d e n . A b e r die r ö m i s c h e k r i m i n a l i s t i s c h e L i t e r a t u r ist d o c h n a c h U m f a n g u n d I n h a l t sehr bescheiden gewesen. S e l b ständige, das ganze S t r a f r e c h t u n d S t r a f v e r f a h r e n umfassende

Schriften

k e n n e n w i r erst aus n a c h h a d r i a n i s c h e r Zeit. D i e v o r h a d r i a n i s c h e

Juris-

prudenz scheint sich m i t S t r a f - u n d S t r a f p r o z e ß r e c h t n i c h t sehr g r ü n d l i c h beschäftigt zu h a b e n 5 5 . Was

das Z i v i l p r o z e ß r e c h t

anbelangt,

so i s t

die r ö m i s c h e

Juris-

p r u d e n z f r e i l i c h w e i t h i n a k t i o n e n r e c h t l i c h o r i e n t i e r t 5 6 ; eine v ö l l i g e

Iso-

l i e r u n g des Privatrechts gegenüber d e m P r o z e ß r e c h t i s t d e m n a c h n i c h t e r f o l g t . A u c h n ö t i g t e n die T i t e l des E d i k t e s die K o m m e n t a t o r e n dazu, sich 61 P a u l u s bei der Ersitzung ( L e n e l , Paling. Paul. N r . 675); U l p i a n bei den „legata inutiliter relicta" ( L e n e l , Ulp. Nr. 2622). D. (1, 18) 7 stammt aus den ps eudo-Ulpianischen , ,Opiniones ' '. 52 Lex Ursonensis 73 u. η[\ und dazu M o m m s e n , Jur. Sehr. 1, 262. Die Klassiker handeln davon nur im Titel de sepülcro violato: Ulpf. D . (47, 12) 3, 4 u. 5; Paul. :Sent. (1, 21) 2 u. 3. 53 Lex Ursonensis 76; Lex Julia municipalis v. 53ff. 53 a Darüber noch unten S. 102. 54 Siehe P e r n i c e , Labeo i , 4 f · ; B r e m e r , Rechtslehrer 35. Von einzelnen Juristen siehe N e r v a ( K r ü g e r 166), C a s s i u s ( K r ü g e r 168), P e g a s u s ( K r ü g e r 170), J a v o l e n u s ( K r ü g e r 176), C e l s u s ( K r ü g e r 180), J u l i a n (lange, inschriftlich erhaltene Ämterliste bei K r ü g e r 182, dazu M o m m s e n , Ges. Sehr. 2, 1; D e F r a n c i s c i , Rend. Lomb. [ \ i [1908], 442 ff.), N e r a z ( K r ü g e r 187), M a e c i a n ( K r ü g e r 200; L e v y , SZ. 52, 352; M i t t e i s - W i l c k e n 2, 2, S. 102), T a r r u n t f c n u s P a t e r n u s ( K r ü g e r 2 i 5 ) , S c a e v o l a (siehe P. M . M e y e r , SZ. 48, 586), P a p i n i a n ( K r ü g e r 220), P a u l u s ( K r ü g e r 227), U l p i a n ( K r ü g e r 239), M o d e s t i n (praefectus vigilum: B r u n s Nr. 188, M o m m s e n , Jur. Sehr. 3, 98). I n der Juristenliste des Pomponius (D. 1, 2, 2, 35ff.) w i r d nur T u b e r o (im § 46) als „doctissimus iuris publici et p r i v a t i " bezeichnet. G e l l i u s 10, 20, 2 nennt C a p i t o „ p u b l i c i privatique iuris peritissimus" (siehe auch oben N. 4o). Eine Pränestiner Grabschrift C I L . i 4 , 2916 ist gewidmet „ T . Aelio T. f. Largo eq. R. proc. Aug. Bybliothecarum iuris publici et privati peritissimo". 55 Vgl. M o m m s e n , StrafR. 534, F e r r i n i , D i r . pen. Rom. Cap. I . Allerdings enthielten die Digestensysteme einen Abschnitt „de publicis iudieiis", aber einen großen Raum hat er in diesen Werken nicht eingenommen; siehe die Listen bei K r ü g e r , SZ. 7, 2, S. 97 ff. 56 Darüber näher unten S. 29.

21

m i t Rechtskraft u n d V o l l s t r e c k u n g zu beschäftigen. Aber das V e r f a h r e n v o r d e m J u d e x , also doch der eigentliche Z i v i l p r o z e ß , interessiert

die

Klassiker w enig. Sie lehren, wie der J u d e x die F o r m e l auszulegen u n d w i e er zu entscheiden h a t ; aber das s i n d keine verfahrensrechtlichen

Fragen.

D i e ganze B e w e i s l e h r e dagegen w i r d von i h n e n isoliert u n d n u r legentlich

berührt 57.

prudenz

den

Grundsätzlich

Tatbestand

als

nimmt

die

römische

festgestellt

an

und

ge-

Juris-

beschäftigt

s i c h a l l e i n m i t d e r R e c h t s f r a g e . S c h r i f t e n „ O n evidence" (de p r o bationibus) g i b t es n i c h t ; die S c h r i f t des Arcadius Gharisius „ d e testibus" gehört schon der nachklassischen Z e i t a n 5 8 . D a h e r auch das geringe I n t e r esse der Klassiker an P r ä s u m p t i o n e n , die i n der Hauptsache erst die nachklassische Z e i t ausgebildet h a t 5 9 . D i e römische Jurisprudenz ist eben aus der Gutachtertätigkeit h e r v o r g e g a n g e n 6 0 ; als A n w a l t 6 1 oder als R i c h t e r 6 2 s i n d die J u r i s t e n n u r gelegentlich t ä t i g g e w e s e n 6 3 ; f ü r den Gutachter aber spielt die Beweisfrage keine Rolle. A q u i l i u s Gallus w a r m i t seinem D i k t u m , das w i r an die Spitze dieses K a p i t e l s gestellt haben, f ü r die römische Rechtswissenschaft

repräsentativ 6i.

Aber a u c h i n n e r h a l b des P r i v a t r e c h t s w i r d n o c h e i n m a l eine A u s sonderung vorgenommen. D i e republikanische u n d klassische Jurisprudenz bearbeitet das Privatrecht v o r w i e g e n d v o m stadtrömischen

Standpunkt.

Sie lassen n i c h t n u r das i m römischen Reiche geltende P e r e g r i n e n R e c h t v ö l l i g beiseite 6 5 , sondern beschäftigen sich auch fast ausschließlich m i t d e m römischen Privatrecht, w i e es i n den s t a d t r ö m i s c h e n 6 6 oder wenig 1 57

I h e r i n g 2, ίχΐι. Siehe auch unten S. 28, ιηοΐ. L e n e l , Paling. 1, 5 9 ; K r ü g e r 255. Über die Schrift des Domitius A f e r „de testibus" siehe K r ü g e r 171 N . 91. 59 Siehe die beiden Abhandlungen von G. D o n a t u t i , L e praesumptiones iuris i n diritto romano (1930), und L e praesujnptiones iuris come mezzi d i svolgimento del diritto sostanziale romano (Riv. d i d i r i t t o privato 3, 1933, S. 161 ff.). 60 Danach heißen die Juristen (iurisconsulti oder consulti), und die gesamte Überlieferung weist auf diesen Zusammenhang. M o m m s e n s Behauptung (StaatsR. 1, 4), die juristische Literatur sei aus Instruktionsschriften f ü r die einzelnen Magistraturen hervorgegangen, ist unhaltbar. Solche instruktionelle Notizen mögen bestanden haben, sind aber nicht veröffentlicht worden; die Juristenschriften waren anfangs Gutachtensammlungen, wie C i c e r o , de or. 2, 33, ιί\2 ausdrücklich sagt. 61 Siehe I h e r i n g 2, £ n ; K r ü g e r 5 3 f . 62 Über die Richtertätigkeit des Aquilius Gallus siehe B r e m e r i , i n ; S c h a n z ι , 594. 63 Zum Teil sind die Juristen Beamte (oben S. 21 N . 54) und als solche laufend richterlich tätig. 64 Siehe B o e t h i u s zu diesem Ausspruch (ad. Cie. Top. 1. c . ) : „ J u r i s peritus de facti qualitate, non etiam de ipsius facti verità te respondet." 65 Die Notizen des Gaius (Inst. 1, 55 u. 193) über das Recht der Galater und Bithyner sind vielleicht späterer Zusatz: S o l a z z i , Glosse a Gaio, Studi Riccobono ι , 129 u. 191. 66 L e n e l EP. 5. 58

22

stens italischen Gerichten zur A n w e n d u n g k o m m t . P a r t i k u l ä r e , d u r c h die R e i c h s g e s e t z g e b u n g f ü r die Provinzen geschaffene N o r m e n i n t e r essieren w e n i g , gar n i c h t die p a r t i k u l ä r e n J u s t i z - E d i k t e , die i n den einzelnen Provinzen galten«?7. D i e E d i k t s k o m m e n t a r e behandeln das E d i k t des Stadtprätors ; der K o m m e n t a r des Gaius a d edictum provinciale steht ganz allein, a u c h k ö n n e n w i r uns v o n d e m I n h a l t des Buches aus den erhaltenen Bruchstücken k e i n klares B i l d m a c h e n 6 8 . Bezeichnend ist auch, daß die C ö n s t i t u t i o A n t o n i n i a n a i n der Geschichte der r ö m i s c h e n J u r i s prudenz keinen E i n s c h n i t t macht. M a n m ö c h t e eine L i t e r a t u r

erwarten,

die das römische Reichsrecht darstellt u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der P r o bleme, die sich aus der plötzlichen V e r d r ä n g u n g des Peregrinenrechts ergab; aber diese f e h l t . E r s t die Reskripte D i o k l e t i a n s scheinen diese A r b e i t wenigstens z u m T e i l geleistet zu h a b e n 6 9 . Das

wichtige

klassische

Gesamtergebnis

Jurisprudenz

ist

aller

dieser

vorwiegend

Isolierungen

ist:

die

Privatrechtswissen-

s c h a f t , Jurisprudenz des stadtrömischen u n d italischen Privatrechts. W i e selbstverständlich diese Beschränkung den Juristen ist, zeigt vielleicht am deutlichsten der Anfang der G a i u s - I n s t i t u t i o n e n . Sie setzen an, wie wenn das g e s a m t e römische Recht dargestellt werden sollte (§ 2 : Constant autem iura populi Romani ex legibus rei.). Ja selbst nach Erledigung der Rechtsquellenlehre, die in der Tat das ganze römische Recht betrifft, erwartet man nach den Anf ang&worben des S 8 (Ο m ne autem ius, quo utimuT . . .) die Behandlung des gesamten römischen Rechts. Aber m i t einem Salto mortale ist der Verfasser plötzlich in der W e l t des Privatrechts, wie wenn es außer dem Privatrecht kein Recht gäbe.

Das römische Privatrecht erhält i n der D a r s t e l l u n g der Klassiker eine ungemeine, fast logische Geschlossenheit 7 0 . D i e Z a h l der j u r i s t i s c h e n Spielf i g u r e n ist v e r h ä l t n i s m ä ß i g k l e i n , da alle p a r t i k u l a r r e c h t l i c h e n oder n i c h t römischen V a r i a t i o n e n beiseite geschoben werden. D i e Rechtssätze

ge-

w i n n e n an apodiktischer A l l g e m e i n h e i t , da alle E i n s c h r ä n k u n g e n , die sich aus dem öffentlichen Recht oder d e m außerrechtlichen

Pflichtenkreise

ergeben, i g n o r i e r t werden. W e i t h i n m a c h t der V o r t r a g der J u r i s t e n einen fast mathematischen E i n d r u c k oder besser den E i n d r u c k eines N a t u r rechtes.

F r e i l i c h eines Naturrechts von geringerer

Allgemeingültigkeit,

67 Siehe darüber E. W e i ß , Studien zu d. röm. Rechtsquellen 6 3 f f . ; L e n e l , EP. 4; T a u b e n s c h l a g , Diokletian i 4 2 . 68 K r ü g e r g 5 ; A V e i ß i 3 o ; L e n e l 4 f . ; B u c k l a n d , Rev. Hist. 4· sér. ·ι3 ( i g 3 4 ) , S. 8 1 ff. 69 Taubenschlag i4iff. ™ Z u m folgenden S t a h l , Philosophie d. Rechts 21 (5. A u f l . 1878), 517; A r n o l d 5 i , 85, 89, 2 9 2 ; D i l t h e y , Arch. f . Gesch. d. Philosophie 4 (1891), 6 i 6 f . = Ges. Sehr. 2, ι i f . ; K a e r s t , Geschichte d. Hellenismus 2 (2. A u f l . 1926), i 3 i f . ; R o s c o e P o u n d , A n introduction to the philosophy of law (2. Abdr. 1924), 6 2 : " l a w may be conceived as a philosophically discovered system of principles which express the nature of things . . . Such was the idea of the Roman jurisconsult . . Vgl. auch I h e r i n g 2, 6 0 1 ; 3, ι , S. 3 0 9 ; P e r n i c e , SZ. 19, 87, 89.

23

als sie die Sätze des stoischen Naturrechts beanspruchen, eines Naturrechts i m R a h m e n der r ö m i s c h e n Gesetzgebung u n d unter F e s t h a l t u n g gewisser ü b e r k o m m e n e r Grundbegriffe u n d axiomatischer Sätze: eben eines r ö m i s c h e n Naturrechts, d e m die spekulative L u f t i g k e i t des griechischen N a t u r rechts fehlt. W a s die r ö m i s c h e n Juristen erstreben, ist — i n d e m bezeichneten R a h m e n — , die Regel zu finden,

die sich aus der N a t u r der

Sache, aus der N a t u r der Lebensverhältnisse ergibt. M a n betrachte v o r a l l e m Rechtsgebiete, a u f denen die römische Gesetzgebung keine oder n u r eine

geringe

Rolle

spielt:

Erwerb

des Besitzes

u n d E i g e n t u m s (insr-

besondere E i g e n t u m s e r w e r b d u r c h T r a d i t i o n , E r s i t z u n g , V e r b i n d u n g , V e r arbeitung, O k k u p a t i o n ) , Stipulationsrecht

(Wahlschuld,

Unmöglichkeit,

V e r z u g ) , A n Weisungsrecht, aber auch K a u f - u n d M i e t r e c h t ,

Geschäfts-

f ä h i g k e i t , L e h r e v o m G r a d der H a f t u n g usw. Ü b e r a l l ist h i e r ohne weiteres deutlich, daß die Jurisprudenz sich n i c h t begnügen w i l l m i t der D a r s t e l l u n g des positiven, derzeit geltenden r ö m i s c h e n Rechts, daß sie v i e l m e h r u m die Herausarbeitung eines Naturrechts b e m ü h t ist. D a h e r auch die eigentümliche A r t der D a r s t e l l u n g , die i h r e Sätze n i c h t eigentlich beweist, sondern u n m i t t e l b a r aus der B e t r a c h t u n g der Lebensverhältnisse

findet,

sie aus der r a t i o i u r i s schöpft. D a h e r i h r e naturrechtliche Sicherheit, daher aber n a t ü r l i c h a u c h gelegentlich i h r e o r t h o d o x e B o r n i e r t h e i t . Sehr f e i n u n d behutsam hat S a v i g n y dieses Wesen der Klassiker g e s c h i l d e r t 7 1 : „ D i e Begriffe u n d Sätze ihrer Wissenschaft erscheinen ihnen nicht wie durch ihre W i l l k ü r hervorgebracht, es sind w i r k l i c h e Wesen, deren Dasein Und deren Genealogie ihnen durch langen, vertrauten Umgang bekannt geworden ist. D a r u m eben hat i h r ganzes Verfahren eine Sicherheit, wie sie sich sonst außer der Mathematik nicht findet, u n d man kann ohne Übertreibung sagen, daß sie m i t ihren Begriffen rechnen."

I n der K o m p i l a t i o n Justinians t r i t t dieser naturrechtliche

Charakter

des römischen Privatrechts n o c h deutlicher zutage. J u s t i n i a n hat m a n c h e spezifisch römische Elemente beseitigt ( m a n c i p a t i o , i n i u r e cessio, V e r mögenslosigkeit des H a u s k i n d e s ) , die Z a h l der j u r i s t i s c h e n F i g u r e n n o c h weiter reduziert (es g i b t n u r noch e i n e B ü r g s c h a f t s f o r m , die

fideiussio*

n u r n o c h e i n e E h e f o r m , die freie Ehe, n u r noch e i n e Ersitzungsart, n u r n o c h e i n e V e r m ä c h t n i s a r t ) . E r h a t aber auch manche, aus nachklassischer Zeit stammenden Zusätze z u den klassischen T e x t e n a u f g e n o m m e n , die

das V e r n u n f t r e c h t

denen die „ r a t i o "

weiter

auszubauen suchen:

einen Rechtssatz f o r d e r t ,

manche Texte,

dazu rät oder

in

umgekehrt

i h n a u s s c h l i e ß t 7 2 , sind als nachklassische A r b e i t bereits erkannt w o r d e n 7 3 ; 71 V o m B e r u f unserer Zeit f . Gesetzgebung u. Rechtswissenschaft S. 29 d. 3. A u f l . ( i 8 4 o ) , S. 17 d. Neudrucks dieser A u f l . 1892. D e r Schlußsatz Savignys ( u n d man kann . . .) w i r d f r e i l i c h der intuitiven A r t der Klassiker nicht gerecht. 72 „ r a t i o expostulat", „ r a t i o suadet", „ r a t i o non p a t i t u r " . 73 Siehe die Belege i m Voc. J u r . Rom. 5, 16, u n d zu diesen B e & e l e r , Beiträge 5 (I93I).

24

auch die nachklassischen E r w ä g u n g e n über die „ N a t u r

4

rechtlicher E r -

scheinungen (natura actionis, contractus, obligationis usw.) gehören h i e r h e r 7 4 . Es ist daher durchaus n i c h t v e r w u n d e r l i c h , daß die Männer, d i e i m M i t t e l a l t e r das r ö m i s c h e Privatrecht i n I t a l i e n wieder zur G e l t u n g e r weckten, die es nach F r a n k r e i c h , Spanien, E n g l a n d u n d schließlich auch nach Deutschland verpflanzten oder verpflanzen w o l l t e n , i m

römischen

Privatrecht eine A r t N a t u r r e c h t , eine r a t i o scripta sahen u n d e b e n d a r u m f ü r seine

praktische V e r w e r t u n g

eintraten. M a n

m u ß i n der T a t das

römische Privatrecht erst wieder aus der k ü n s t l i c h e n I s o l i e r u n g der klassischen Jurisprudenz befreien u n d unter H e r a n z i e h u n g des Quellenmaterials außerhalb der Rechtsbücher das römische Recht i n seiner T o t a l i t ä t u n d unter B e r ü c k s i c h t i g u n g der r ö m i s c h e n Lebensverhältnisse betrachten, u m zu erkennen, daß das römische Privatrecht w i r k l i c h n u r das der R ö m e r war75. Das I s o l i e r u n g s p r i n z i p der römischen Jurisprudenz hat auch a u f die n e u e r e R e c h t s w i s s e n s c h a f t E i n f l u ß gewonnen, w o h l a m stärksten a u f die deutsche i m 19. J a h r h u n d e r t . A u c h h i e r w u r d e das Privatrecht v o m öffentlichen Rechte streng g e s o n d e r t 7 6 .

In

der

Privatrechtslehre

aber,

n a m e n t l i c h i n der romanistischen, t r a t — aller historischen Schule z u m T r o t z , j a gerade bei i h r e n F ü h r e r n — der n a t u r r e c h t l i c h e

Z u g der

römischen Jurisprudenz wieder zu T a g e : jene — u m m i t I h e r i n g reden, der den Sachverhalt u n ü b e r t r e f f l i c h f o r m u l i e r t h a t

77

zu

— „juristische

D i a l e k t i k , welche d e m Positiven den N i m b u s des Logischen zu geben versteht; die A u t o n o m i e des juristischen Denkens zur m ö g l i c h s t e n G e l t u n g zu b r i n g e n u n d auch das Positive zur idealen H ö h e einer logisch j u r i s t i schen W a h r h e i t zu erheben s u c h t " . R i c h t i g h a t I h e r i n g aber auch erk a n n t , daß die deutsche Jurisprudenz h i e r „geblendet d u r c h den Glanz des Logischen, der das römische Recht bedeckt", gehandelt hat. D i e A r t u n d Weise, w i e i n der R o m a n i s t i k P u c h t a s u n d seiner N a c h f o l g e r

be-

s t i m m t e römische B i l d u n g e n als die allein m ö g l i c h e n hingestellt w u r d e n , 74

Über n a t u r a a c t i o n i s L o n g o , Studi Scialoja 1, 6 0 7 ^ . , und Bull. 17, 34ff. C o l l i n e t , Etudes hist, sur le droit de Justinien, 1, 1 9 2 0 . Weitere Literatur bei G u a r n e r i C i t a t i , Indice S. 4 (v. actionis natura). Über n a t u r a c o n t r a c t u s R o t o n d i , Scritti 2, i 5 9 f f . ; C o i l i n e t 1. c. Weitere Literatur bei Guarneri Citati S. 22 (v, contractus natura). Über obligationis natura A l b e r t a r i o , B u l l . 25, 25. — Siehe auch G u a r n e r i C i t a t i S. 28 (v. natura, naturalis) und A l b e r t a r i o , Sul concetto di ius naturale, Rend. Lomb. 57 (1924), S. i 6 8 f f . 75 M o m m s e n an P e r n i c e (Reden u. Aufsätze 2o4): „ I n Ihnen ist das Bewußtsein lebendig, daß das römische Recht i n der Tat das der Römer gewesen ist und nur im Zusammenhang m i t dem Wesen des römischen Staats, der Republik wie des Cäsarenreiches, als ein Teil der eigenartigen römischen Zivilisation recht und voll begriffen werden kann. 4 4 76 Vgl. H e d e m a n n , Fortschritte des Zivilrechts i m 19. Jahrh. 2, 1 ( i g ß o ) , S. 3 i 2 , 77 226ff. 3, ι , S. 309.

25

direkte

Stellvertretung,

Forderungsabtretung,

Eigentumserwerb

vom

Nichtberechtigten, Reallast, E i g e n t ü m e r h y p o t h e k usw. als u n m ö g l i c h , als der r a t i o j u r i s widerstreitend, als u n k o n s t r u i e r b a r abgelehnt

wurden78,

erinnert i n der T a t an die O r t h o d o x i e der r ö m i s c h e n Jurisprudenz. Nichtrechtliche

E l e m e n t e werden i n der deutschen Wissenschaft

wie i n der römischen aus der B e t r a c h t u n g ausgeschieden. Das b l o ß Ü b l i c h e bleibt beiseite, besonders i n der f ü h r e n d e n D i s z i p l i n des Privatrechtes. Dem

typischen

Inhalt

der

Geschäftsurkunde

(des

Grundstücks-Kauf-

vertrags, des W o h n u n g s m i e t v e r t r a g s , des Seetransportvertrags usw.), der typischen tatsächlichen V e r w e n d u n g der Rechtsinstitute u n d Rechtssätze w u r d e w e n i g oder keine B e a c h t u n g geschenkt. E r s t die RechtstateachenF o r s c h u n g des 20. Jahrhunderts h a t i n Deutschland W a n d e l geschaffen 7 9 . A u c h die Lebensverhältnisse, die das Recht ordnen w i l l , die Bedürfnisse, insbesondere die w i r t s c h a f t l i c h e n Bedürfnisse, die es befriedigen w i l l , der „ Z w e c k i m R e c h t " : das alles hat die Privatrechtswissenschaft des 19. J a h r hunderts lange Z e i t zu w e n i g beachtet* I h e r i n g hat diese R i c h t u n g der Wissenschaft k r ä f t i g b e k ä m p f t , u n d l a n g s a m ist es anders g e w o r d e n 8 0 . Aber a u f d e m Gebiete des öffentlichen Rechts h a t die römische I s o l i e r u n g s methode

noch

e i n m a l einen

großen T r i u m p h

gefeiert:

in

Lab and s

Staatsrecht. I n seiner strengen Sonderung des Rechts von den politischen, w i r t s c h a f t l i c h e n u n d sozialen Lebensverhältnissen, von den ö k o n o m i s c h politischen, ethischen u n d religiösen Anschauungen u n d Bestrebungen ist dieses W e r k ein echt romanistisches B u c h , o b w o h l der Verfasser,

aka-

demisch gesprochen, Germanist war. G i e r k e hat i n seiner n o c h heute lesenswerten Anzeige dieses W e r k e s 8 1 die echt deutsche F o r d e r u n g nach einer Gesamtschau g r o ß a r t i g z u m A u s d r u c k g e b r a c h t 8 2 : selten haben sich das römische u n d das deutsche P r i n z i p i n zwei so kongenialen V e r t r e t e r n gegenübergestanden. 78 Siehe über diese Richtung I h e r i n g 3, 1, S. 3 i o , und L a n d s » b e r g , Gesch. d. deutsch. RechtsW. 3, 2, S. 453. V g l . auch G. H u s s e r l , Rechtsgegenstand (1933), S. 4 N . 12. 79 E u g . E h r l i c h , Freie Rechtsfindung u. freie Rechtsvviss. (1903), S. 3 3 f f . ; M a r t i n W o l f f , Jur. Wochenschr. 1906, S e g a l , Arch, f . BürgR. 32, 4 i o f f . ; E i t z b a c h e r , Großberliner Mietverträge ( 1 9 1 3 ) ; A . N u ß b a u m , Die Rechtstatsachenforschung ( 1 9 1 4 ) ; Beiträge zur Kenntnis des Rechtslebens, herausgeg. v. N u ß b a u m (seit 1926). 80 M ü l l e r - E r z b a c h , Deutsches Handelsrecht (1921), S. I I I : „ D i e Wahrheit beginnt (1) Allgemeingut zu werden, daß ein Recht nur aus der Kenntnis der von i h m geordneten Lebensverhältnisse heraus verstanden werden k a n n . " 81 I n Schmollers Jahrb. (siehe oben S. i 4 N. 6), namentlich S. i n 3 f f . u. n g o f f . Siehe dazu T r i e p e l , Staatsrecht u. Politik, bes. S. ηΐ. (Berliner Rektoratsrede 1926). 82 Man sehe dazu die Darstellung des englischen Verfassungsrechts bei D i c e y ( I n t r o duction to the study of the law o f the Constitution, 8. ed. 1923), die die nichtrechtlichen conventions of the constitution ausdrücklich einbezieht (S. 2 2 I Ï . u. 4 i 3 f ï . ) . Dazu H . S a v e l k o u l s , Das englische Kabinettsystem (1934), insbes. S. 383ff.

26

Abstraktion Omnis defìnitio 1 in iure civili periculosa est. J a v o l e n u s , D . (5o, 17) 202. Allgemeine Begriffe u n d großer Dünkel sind immer auf dem Wege, entsetzliches Unglück anzurichten. G o e t h e , Maximen u n d Reflexionen.

I m A n f a n g w a r der „ F a l l " . A b e r jede Fallentsçheidung w i r d gegeben i n der Überzeugung u n d m i t d e m W i l l e n , daß bei der W i e d e r k e h r des Falles dieselbe E n t s c h e i d u n g z u ergehen h a t 2 . D a n u n der F a l l i n a l l e n Einzelheiten niemals wiederkehren k a n n , so enthält jede Fallentscheidung schon m e h r als die E n t s c h e i d u n g eines i n d i v i d u e l l e n Falles : eine Rechtsn o r m , die von gewissen U m s t ä n d e n des Falles absieht, abstrahiert, eine abstrakte Rechtsnorm. Es bedarf f r e i l i c h eines weiteren Schrittes, j a o f t mehrerer weiterer Schritte, u m diese A b s t r a k t i o n i n W o r t e n z u f o r m u l i e r e n 3 . W e n n der K ä u f e r Κ eines b e s t i m m t e n Pferdes von seinem V e r k ä u f e r V Schadensersatz wegen Verzugs f o r d e r t , u n d der R i c h t e r i h m den Schadensersatz

zuspricht, so

s i n d jedenfalls folgende S t u f e n der

Ab-

straktion m ö g l i c h : e i n Verkäufer e i n e s Pferdes hat dem Käufer Schadensersatz wegen V e r z u g s zu leisten; ein Verkäufer e i n e s T i e r e s hat dem Käufer wegen V i e r z u g s Schadensersatz zu leisten ; ein Verkäufer e i n e r S a c h e hat dem Käufer wegen V e r z u g s Schadensersatz zu leisten; ein S c h u l d n e r hat seinem G l ä u b i g e r wegen V e r z u g s Schadensersatz zu leisten; ein S c h u l d n e r hat seinem G l ä u b i g e r wegen F o r d e r u n g s v e r l e t z u n g Schadensersatz zu leisten.

D i e ersten S t u f e n solcher A b s t r a k t i o n werden von den V ö l k e r n f r ü h u n d l e i c h t g e n o m m e n ; ein B l i c k a u f das Bundesbuch, die Gesetzgebung H a m u 1 „ D e f ì n i t i o " ist gleichbedeutend m i t „ r e g u l a " : K r ü g e r ι 4 ι N . 11; H e u m a n n S e c k e l , v. „ D e f ì n i t i o " . 2 C a r d o z o , Nature of the judicial process ( 1 9 2 1 ; 8. Abdr. 1932), S. 21 u. 33. 3 M i t paradigmatischer Deutlichkeit ist dieser Sachverhalt 4. Mose 27 dargestellt: Tatbestand ν. 1 — 5 ; U r t e i l v. 6 — 7 ; die daraus entwickelte abstrakte Rechtsnorm v. 8 — I i .

27

rapis, die griechischen Gesetze, die germanischen Volksrechte u n d Rechtsbücher, die Z w ö l f T a f e l n , zeigt das. W e n n also h i e r die Frage nach der F ä h i g k e i t u n d d e m W i l l e n der römischen Juristen zur abstrakten F o r m u l i e r u n g des Rechtes a u f g e w o r f e n w i r d , so k a n n es sich dabei n u r u m den G r a d d e r A b s t r a k t i o n handeln, denn über die bloße Fallentscheidung u n d P r ä j u d i z i e n s a m m l u n g ist schon die Z w ö l f T a f e l - Z e i t längst hinaus. H i e r zeigt n u n schon ein f l ü c h t i g e r B l i c k a u f die r ö m i s c h e n Rechtsquellen die ungemeine Z u r ü c k h a l t u n g d e r R ö m e r i n d e r

Abstrak-

t i o n 4 . G e w i ß ist die römische H a l t u n g auch i n dieser H i n s i c h t i n den verschiedenen Zeiten n i c h t stets die gleiche geblieben; das letzte J a h r h u n d e r t der R e p u b l i k n e i g t w o h l etwas stärker zur A b s t r a k t i o n als die klassische Z e i t ; die nachklassische-byzantinische Z e i t w i e d e r u m energischer als die klassische. Aber verglichen m i t der Jurisprudenz des Naturrechtes des 18. Jahrhunderts oder auch der deutschen Jurisprudenz des 19. J a h r hunderts erscheint die römische Jurisprudenz i m ganzen der A b s t r a k t i o n eher abgeneigt. Diese H a l t u n g entspringt n i c h t etwa p r i m i t i v e r U n f ä h i g k e i t — steht doch die klassische Rechtswissenschaft m i t t e n i n d e m g r o ß a r t i g e n hellenistischen

Wissenschaftsbetriebe 5

— , sondern

sie b e r u h t

auf

der

k l a r e n E r k e n n t n i s der G e f ä h r l i c h k e i t j e d e r gesteigerten A b s t r a k t i o n 6 . A l l gemeine Begriffe u n d Regeln sind i m Rechte i m m e r a u f d e m W e g e , U n glück anzurichten, w e i l die m ö g l i c h e n V e r w i c k l u n g e n des Lebens bei der A u f s t e l l u n g der Rechtsregei n i c h t vollständig zu übersehen sind. Dieses römische G r u n d p r i n z i p zeigt sich i n m a n n i g f a c h e r Weise w i r k sam. N o c h die klassische Jurisprudenz betrachtet u n d behandelt das P r i v a t recht gern v o m S t a n d p u n k t der R e c h t s b e h e l f e , die der D u r c h s e t z u n g des Privatrechts dienen (actio, exceptio, I n t e r d i c t , i n i n t e g r u m r e s t i t u t i o ) 7 . D e r o f t wiederholte Satz: „ d i e Klassiker behandeln das Privatrecht v o m S t a n d p u n k t des Prozesses ' ist u n g e n a u ; sie behandeln das Recht, wie w i r schon sahen 8 , grundsätzlich n i c h t v o m S t a n d p u n k t des Beweis erhebenden Richters. D i e k l a s s i s c h e J u r i s p r u d e n z

ist nicht

schlechthin

4

V g l . B r y c e , Studies (oben S. 2 N . 6) 2, 172ff. ( T h e methods o f legal science). W e n n A r n o l d 112 umgekehrt von einem „ z u r Abstraktion neigenden Sinn des R ö m e r s " spricht, so meint er den Sinn f ü r E i n h e i t l i c h k e i t u n d G l e i c h f ö r m i g k e i t . Darüber unten S. 46. A l l z u apologetisch C h i a z z e s e , Introduzione, S. 191 ff. N r . 83. 5 W a l t e r O t t o , Kulturgeschichte d. A l t e r t u m s ( 1 9 2 5 ) ι ο 4 · 6 Siehe den an die Spitze dieses Kapitels gestellten Ausspruch des Javolen; der T e x t f ä h r t f o r t : „ p a r u m est enim, u t non subverti posset." V i e l l e i c h t ist „ p a r u m " i n „ r a r u m " zu ändern; der Sinn ist jedenfalls klar u n d entspricht klassischer Anschauung. 7

Z u m folgenden B i o n d i ,

D i r i t t o e processo nella legislazione giustinianea

ferenze per i l X I V . centenario delle Pandette, Milano 1913), S. 1 2 9 0 . 8

28

Oben S. 22.

(Con-

prozeßrechtlich

orientiert,

sondern

aktionenrechtlich.

weiten Gebieten des Rechtes beschränkt sich die Jurisprudenz

auf

Auf die

I n t e r p r e t a t i o n der i m E d i k t p r o p o n i e r t e n Rechtsbehelfe, insbesondere der A k t i o n e n . M a n erörtert die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, d a m i t der M a g i s t r a t die i n Aussicht gestellten Rechtsbehelfe gewährt, u n d das, was m a n schließlich m i t i h n e n e r h ä l t ; m a n m a c h t Vorschläge, ob u n d unter welchen Voraussetzungen der M a g i s t r a t n i c h t i m E d i k t p r o p o n i e r t e Rechtsmittel, insbesondere actiones utiles gewähren soll. M a n e r ö r t e r t z u m Beispiel n i c h t , ob der Schuldner einer G e l d s c h u l d i m F a l l des Verzugs Zinsen zu zahlen h a t ; aber bei der B e h a n d l u n g der actio venditi, bei Besprechung dessen, q u o d venit i n i u d i c i u m , d. h., was der J u d e x zusprechen d a r f u n d soll, behandelt m a n auch die Z i n s p f l i c h t des K ä u f e r s i m F a l l e seines Verzuges. M a n

kann

englische Jurisprudenz

dieser E r s c h e i n u n g zur Seite

die

mittelalterliche

stellen, die M a i t l a n d w i e

folgt

charakterisiert 9: Legal remedies, legal procedure, these are the all-important topics for the student. These being mastered, a knowledge of substantive law w i l l come of itself. Not the nature of rights but the nature of w r i t s 1 0 must be his t h e m e . . . so thought our forefathers.

Diese aktionenrechtliche O r i e n t i e r u n g w i r d auch i n nachklassischer Zeit, j a auch i n Justinians Gesetzgebung n i c h t aufgegeben 1 1 , so schwere V e r w i r r u n g die K o n s e r v i e r u n g bei d e m ganz veränderten V e r f a h r e n h e r v o r r u f e n m u ß t e . D i e nachklassisch-byzantinische Z e i t hätte m i t M a i t l a n d 1 2 (der v o m m o d e r n e n englischen Recht s p r i c h t ) sagen k ö n n e n : „ T h e f o r m s o f action we have buried, b u t they s t i l l r u l e us f r o m t h e i r graves." Das materielle Recht aus d e m Aktionenrechte herauszulösen, w a r eine Aufgabe, die a u c h ein stärkeres Geschlecht als es die Byzantiner waren, n i c h t i n wenigen Jahren hätte v o l l b r i n g e n können. I s t doch auch das j ü n g s t e gemeine Recht m i t dieser A r b e i t n i c h t z u m A b s c h l u ß gekommen. Übrigens d a r f m a n hier n i c h t ü b e r t r e i b e n 1 3 . Es g i b t Gebiete des Rechts, die die klassische Jurisprudenz n i c h t a k t i o n e n r e c h t l i c h darstellt; so die L e h r e v o m E r w e r b u n d V e r l u s t des E i g e n t u m s , das Stipulationsrecht, E r w e r b u n d V e r l u s t der p a t r i a potestas, Freilassung, T e s t a m e n t s e m c h t u n g u n d manches andere. — 9 Select essays in Anglo-American legal history 2 (1908), 54910 W r i t bezeichnet die Schriftformel des älteren englischen Prozesses. Stehe P o l l o c k and M a i t l a n d , History of english law 2, 558ff. 11 Siehe die bei W e n g e r , Institutionen d. röm. Zivilprozeßrechts, S. 278 N . 8 angeführte Literatur; weiter z. B. K u n k e l , SZ. 49> 160 N . 2; B i o n d i 1. c. S. i 6 5 f f . 12 Equity and forms of action S. 296, hier angeführt nach C a r d o z o S. 56. 13 Übertreibung m. E. bei B i o n d i , Diritto e processo (Conferenze etc. S. ι 5 ο ) : „ I I diritto classico è t u t t o un sistema d i actiones."

29

Die

römische

neigung

Abstraktionsfeindschaft

gegenüber

der

zeigt

juristischen

sich weiter

in

der

Begriffsbestimmung

Es g i b t eine ganze R e i h e w i c h t i g e r Begriffe, f ü r die den R ö m e r n haupt

ein t e c h n i s c h e r

Ausdruck

fehlt,

obwohl

die Begriffe

Ab-

1 4

.

überselbst,

i h n e n b e w u ß t oder u n b e w u ß t , i h r e n E r ö r t e r u n g e n z u g r u n d e liegen. So fehlt ein Ausdruck f ü r R e c h t s f ä h i g k e i t und P e r s o n i m Sinne eines rechtsfähigen Wesens („persona" bedeutet Persönlichkeit, Mensch, weshalb man auch von einer „persona servi 4 ' sprechen k a n n 1 5 ; darüber hinaus hat das W o r t keine juristischtechnische B e d e u t u n g 1 6 . E i n Terminus f ü r R e c h t s g e s c h ä f t fehlt („negotium 4 ' u m faßt viel m e h r 1 7 , ebenso f ü r W i l l e n s e r k l ä r u n g („declaratio voluntatis 4 ' und „ v o luntatem deci arare" sind nachklassische A u s d r ü c k e 1 8 , f ü r V e r t r a g („contractus" u n d „pactum 4 ' sind engere B e g r i f f e 1 9 ) und f ü r G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t (die Klassiker sind daher bei allen möglichen Einzellehren genötigt, Erörterungen über die Fähigkeit zur Vornahme bestimmter rechtsgeschäftlicher A k t e e i n z u f ü g e n 2 0 ) . E i n so vielfach bedeutsamer Begriff wie der des d i n g l i c h e n oder S a c h e n r e c h t s , der Hunderten von E n t scheidungen zugrunde liegt, hat nicht einmal einen N a m e n 2 1 . F ü r die D i e n s t b a r k e i t kennt erst das nachklassisch-byzantinische Recht einen Terminus („servitus"); i m klassischen Recht bezeichnet „servitus 4 ' allein die G r u n d d i e n s t b a r k e i t , ein Terminus, der Personal- u n d Grunddienstbarkeit zusammengefaßt hätte, f e h l t 2 2 . A u c h f ü r „Schuldverhältnis" fehlt noch den Klassikern ein Terminus. Das W o r t „obligatio 4 ' hat eine engere B e d e u t u n g 2 3 . F ü r manche Begriffe

ist ein T e r m i n u s

vorhanden,

es f e h l t

aber

a n e i n e r D e f i n i t i o n . S c h w e r l i c h ist dieser M a n g e l a u f S t r e i c h u n g e n d e r Kompilatoren

zurückzuführen,

denn die pädagogischen u n d

doktrinären

B y z a n t i n e r l i e b e n die D e f i n i t i o n , w i e s c h o n i h r D i g e s t e n t i t e l de v e r b o r u m significatione

(5o,

16)

zeigt.

D i e Lektüre der I n s t i t u t i o n e n des G a i u s zeigt, daß dieser sich nur selten zu> einer Definition entschließt (man lese etwa 3, 89, 90, 139, 142, i 4 8 , i 5 5 ) . So fehlt zum Beispiel eine Definition des wichtigen und schwierigen Begriffes „actio 4 '. Das 4- Buch, das den Aktionen gewidmet ist, beginnt sofort m i t den genera actionum, genau wie die Darstellung der Legate ohne Definition des Legats m i t den genera legatorum anfängt (2, 192), die Testamentslehre ohne Definition des Testaments m i t den testa mentorum genera (2, 101). Eine Definition der actio scheint aber auch von andern 14 S a v i g n y , Beruf 29 (Neudr. 18); A r n o l d 9 1 ; P r i n g s h e i m , Beryt u. Bologna (Festschr. f . L e n e l 1921), S. 2 Ö i f f . ; W e n g e r , Von der Staatskunst der Römer (1925), S. 12. 15 Z u m Beispiel Gaius 1, 48 ff. 16 Über „persona" jetzt statt aller S c h n o r r v. C a r o l s f e l d , Geschichte der j u r . Person 1 ( 1 9 3 3 ) , 52 ff. 17 J ö r s S 48; S i b e r , Röm. P r R . § 123. 18 Darüber S t e i n w e n t e r , Studi Bonfante 2, 425 N . 20. 19 S i b e r 1. c. $ 72 und die hier angeführte Literatur. J ö r s [§ 49]. 20 Man sehe nur G a i u s 2, 8off. (Veräußerungsgeschäfte), 3, 106 ff. (Stipulation); U l p i a n D . ( i 3 , 6), 1, 2 (Kommodat), (16, 3) 1, i 5 (Depositum), (19, 1) i 3 , 29 ( K a u f ) usw. 2 1 Der Ausdruck „ius i n re' 4 hat die Bedeutung „dingliches Recht' 4 bei den Römern n i c h t : W T i n d s c h e i d 1 S 38 N . 4, § i 6 5 N . 1. 22 J ö r s § 7 5 [ 8 3 ] ; S i b e r S 59. 23 S i b e r S 69.

30

Schriftstellern nicht gegeben worden zu sein. Die berüchtigte Definition des Celsus: „ n i h i l aliud est actio quam ius quod sibi debeatur iudicio persequendi", ist sicherlich k e i n e klassische Definition d e r actio (auf die Vindikation zum Beispiel und auf die Präjudizialklagen, Gaius 4, 44, paßt sie n i c h t ) 2 4 . U n d ' d o c h fanden die Byzantiner i n ihrem Material offenbar nichts besseres 25 und mußten sie daher, da sie nun einmal eine Definition wünschten, sowohl i n dem Digestentitel de obligationibus et actionibus (D. 44, 7, 5 i ) wie i n dem Institutionentitel de actionibus (4, 6 pr.) verwerten. — Auch eine Definition des E i g e n t u m s (dominium) fehlt. Die berüchtigte Definition „Eigentum ist das dingliche Recht an einer Sache, kraft dessen der Berechtigte m i t der Sache nach seinem Belieben verfahren kann", w i r d man i n den römischen Quellen vergebens suchen 2 6 . — Auch f ü r d o l u s (als Verschuldungsbegriff), c u l p a , c o n t r a c t u s , s e r v i t u s , d o s , h e r e s , p o t e s t a s , m a n u s , i m p e r i u m usw. finden w i r i n unseren Quellen keine Begriffsbestimmung, wohl weil die Klassiker eine solche niemals versucht haben.

F ü r manche Begriffe g e b e n u n s e r e Q u e l l e n n a t ü r l i c h

Begriffs-

b e s t i m m u n g e n . Sie s i n d vielfach recht u n v o l l k o m m e n gearbeitet.

Zum

T e i l e r k l ä r t sich das f r e i l i c h daraus, daß sie erst von nachklassischer H a n d g e f o r m t w o r d e n sind. Aber auch, w o uns sicher echte klassische D e f i n i t i o n e n vorliegen, zeigt

sich

doch, daß i n

der B e g r i f f s b e s t i m m u n g

die

Stärke der römischen J u r i s t e n n i c h t liegt. C i c e r o berichtet uns, wie der d o l u s b e i d e r a c t i o de d o l o von ihrem Schöpfer A q u i l i u s G a l l u s definiert wurde: „ c u m ex eo quaereretur, quid esset dolus malus, respondebat, cum esset aliud simulatum, aliud a c t u m " ; das heißt, er definierte den dolus als arglistiges Vorspiegeln, als arglistige Täuschung 2 7 . Es mag sein, daß A q u i l i u s m i t seiner neuen Klage wirklich nur die arglistige Täuschung treffen wollte, dann verdient seine Definition das Lob, das i h r C i c e r o spendet 2 8 . Aber der späteren Jurisprudenz erschien die Definition zu eng, sie wollte unter dolus jede arglistige Veranstaltung zum Nachteile eines andern verstehen. Der Digestentext, der uns diese Entwicklung schildert, ist freilich durch nachklassische Glossen e n t s t e l l t 2 9 ; aber selbst, wenn man ihn davon befreit, so bleibt die neue Definition des L a b e o m i t ihrem Wortschwall und ihrer Verwendung von Worten, die selbst wieder der Definition bedürfen, unerfreulich. D . ( 4 , 3 ) 1 , 2 : Dolum malum S e r v i u s quidem ita définit: [machinationem quandam alterius decipiendi causa,] cum aliud simulatur et aliud agitur. L a b e o auten < a i f > posse et sine simulatione i d agi, ut quis circumveniatur; posse et sine dolo malo aliud agi, aliud simulari, [sicuti faciunt, q u i per eiusmodi dissimulationem deserviant et tuentur vel sua vel aliena]. Itaque ipse sic définit: dolum (malum esse omnem calliditatem fallaciam machinationem ad circumveniendum fallendum decipiendum alterum adhibitum. — Auch die D e f i n i t i o n e n d e r F o r m e l b e s t a n d t e i l e bei Gaius 4, 3gff. sind nicht alle gelungen. „ I n t e n t i o est ea pars formulae, qua actor desiderium suum concludit": 24 Dazu W e n g e r , Rom. Institutionen d. röm. Zivilprozeßrechts S. i 3 ; B i n d e r , Prozeß u. Recht (1927) 56. Gegen die Echtheit des Ausspruchs siehe die bei E b r a r d , SZ. 38, 329 N. 4 angeführte Literatur und B i o n d i , D i r i t t o e processo (Conferenze etc.), S. 1760. I c h halte den Text f ü r eine nachklassische Randdefinition. Das nachklassische Schriftchen de actionibus (SZ. i 4 , 89) enthält keine Definition der actio. 25 B i o n d i S. 176 übertreibt, wenn er behauptet, daß die Klassiker eine allgemeine Definition der actio nicht hätten bilden k ö n n e n . 26 Sie ist auch nicht „aus römischer Auffassung, geschöpft", wie, G i e r k e , D P . 2, 3 4 $ N. 2, behauptet; darüber unten S. 102. 27 P e r n i c e , Labeo 2, 1, S. 209; P a r t s c h , SZ. 43, 2 4 9 f . 28 De off. 3, i 4 , 6 0 : „hoc quidem sane luculente, u t ab homine perito definiendi." 29 B e s e l e r 3, 9 7 ; B e s e l e r hält auch die Worte „posse-circumveniatur" f ü r unecht; möglich.

31

das kann nicht heißen „ d e r Formelteil, i n dem der K l ä g e r sein Begehren e i n s c h l i e ß t " 3 0 ; aber auch wenn man m i t J u n c k e r übersetzt „ d e r Formelteil, i n dem der Kläger sein Begehren b e g r e n z t " 3 1 , so ist nicht n u r die Verwendung des undeutlichen Wortes „concludere" zu tadeln, sondern auch, daß der Gegensatz zur Demonstratio nicht klar hervortritt. — „ D e m o n s t r a t i o est ea pars formulae, quae principio ideo inseritur, ut demonstretur res, de qua a g i t u r . " Aber i n der intentio der rei vindicatio „ s i paret f u n d u m Gornelianum, de quo agitur, A i A i esse ex iure Q u i r i t i u m " w i r d doch offenbar auch die res de qua agitur demonstriert! — Die „schöne" D e f i n i t i o n d e r E h e bei Modestin ( D . 23, 2, i ) ist nach griechischen V o r b i l d e r n g e a r b e i t e t 3 2 . D i e beiden D e f i n i t i o n e n des L e g a t s , die Florentin D . (3o) 116 p r . und Modestin D . ( 3 i ) 36 geben, sind keine klassischen Begriffsbestimmungen des Legats, sondern nur des V i n d i k a t i o n s l e g a t s 3 3 . D i e Klassiker haben eine D e f i n i t i o n des Legats offenbar nirgends g e g e b e n 3 4 . D u r c h die Beziehung der klassischen Definitionen des Vindikationslegats auf das Legat überhaupt sind sie ungenau geworden. — Nachklassisches Fabrikat ist die berühmte D e f i n i t i o n d e r O b l i g a t i o n durch Paulus: D . 44, 7, 3 pr. „ O b l i g a t i o n u m substantia non i n eo consistit, ut aliquod corpus nostrum aut servitutem nostrani faciat, sed ut alium nobis obstringat ad dandum a l i q u i d vel faciendum vel p r a e s t a n d u m 3 5 . A u c h die D e f i n i t i o n der C o n d i c t i o bei Gaius 4, 5 scheint unecht zu s e i n 3 6 . V o n der D e f i n i t i o n der a c t i o ist schon gesprochen worden. Echte republikanische Definitionen überliefert C i c e r o , Topica 4, 2 4 ambitus, 5, 27 res corporalis u n d incorporalis, 5, 28 abalienato, 5, 29 hereditas u n d gens. D i e Definitionen sind offensichtlich Juristenschriften entnommen, u n d nicht, wie der Verfasser (1, 5) behauptet, aus dem Gedächtnis geschrieben 3 7 . V o n nachklassischer Hand überarbeitet ist die D e f i n i t i o n des f u r t u m i n D . Ιχη, 2, ι , 3 : „ F u r t u m est contrectatio rei fraudulosa l u c r i faciendi gratia vel ipsius r e i vel etiam usus eius possessionisve; quod lege naturali p r o h i b i t u m est a d m i t t e r e 3 8 . " Bedenklich ist auch 30

Juncker,

D i e Gaianische D e f i n i t i o n

der Intentio, Studi Riccobono 2

(1932),

327ff. 3 1

Juncker 337. Plato, Leges 6, ι 5 , 2 3 ; Aristoteles, E t h . N i k o m . 8, 12, 1162a, 16; Xenophon, Oekon. 8, 3 o ; vgl. W a l t e r G. B e c k e r , Piatons Gesetze u n d das griech. Familienrecht ( 1 9 3 2 ) , S. 32. — F ü r unecht halten die Definition B o n f a n t e , Corso 1, 193; S o l a z z i , Consortium omnis vitae ( A n n a l i Macerata 5, 1929); f ü r echt ( r i c h t i g ) A l b e r t a r i o , Studi A l b e r t o n i 1 ( i 9 3 3 ) , S. 2 4 3 f f . , Studi 1 ( 1 9 3 3 ) , S. 181 ff. 33 W l a s s a k , SZ. 3 i , 2 0 7 ; B i o n d i , A p p u n t i intorno alla donatio mortis causa ( A n n a l i Perugia 19i4)> S. 22 d. Sonderdr. 34 I n den Gaius-Institutionen fehlt sie, wie oben S. 3o hervorgehoben. 35 Siehe Ρ e r o z z i , L e obligazione Romane ( 1 9 0 3 ) , S. 8 Ν . ι ; Istituzioni 2 (2. ed. 1928), S. i 5 ; M a r c h i , L e definizioni romane dell' obligazione B u l l . 29 ( 1 9 1 6 ) , i f f . ; A l b e r t a r i o , L e definizioni dell' obligazione Romana, Raccolta d i scritti i n onore d i F . Ramorino, S. 3 9 i f f . , w o weitere L i t e r a t u r angegeben ist. D i e Definition Inst. ( 3 , i 3 ) p r . ist auch mangelhaft (necessitate!, „solvendae r e i " zu eng! Falsche Stellung der Schlußworte, die ΥΟΓ „ a d s t r i n g i m u r " gehören; siehe dazu M a r c h i S. 3 2 f f . ) . Die herrschende Lehre hält diese n u r durch die Institutionen Justinians überlieferte D e f i nition f ü r echt: Ρ e r o z z i , Ist. 2, 11 u n d die dort Genannten. F ü r die Unechtheit m i t Recht A l b e r t a r i o 1. c. 36 Β e s e l e r , T i j d s c h r i f t 10, i 6 9 f . 37 Siehe I m m i s c h , W i r k l i c h k e i t u n d L i t e r a t u r f o r m , Rhein. Mus. f . Philologie, N F . 78 ( 1 9 2 9 ) , S. n 3 f f . 38 H u v e l i n , Etudes sur le f u r t u m ι ( 1 9 1 5 ) , 7 8 3 ; D o n a t u t i , Rend. L o m b . 56 ( 1 9 2 3 ) , S. 356 N o t e ; „ f r a u d o l u s a " k o m m t nach dem Thes. Linguae L a t . 6, 1, S. 1266 i n der ganzen Latinität n u r hier v o r ; ; die Klassiker gebrauchen keine ausgefallenen W o r t e (siehe unten S. 55 N . 65), darum ist das ein Interpolationsindiz: dies gegen K ü h l e r , Conferenze (oben S. 28 N . 7), S. 111, und B e r g e r , Studi Riccobono 1 ( 1 9 3 3 ) , 5 9 7 N . 46. 32

32

die bekannte. D e f i n i t i o n des I s u s f r u k t in D. η. ι , i 3 9 ; der N o v a t i o n in D. /jG. 2, ι p r . 4 0 ; der d o n a t i o m o r t i s c a u s a 111 D. 33fl\; K a r i o w a , Rom. Rechtsgesch. 1, 888ff.; K ü b l e r , Gesch. d. Röm. R. 332ff. 27 M o m m s e n , Abriß 3 ^ 7 f f . ; K ü b l e r 3o6ff.; E. S t e i n , Geschichte d. spätrömischen Reiches 1 ( 1 9 2 8 ) , 9 8 f r . ; E d . S c h w a r t z , Kaiser Konstantin und die christliche Kirche (1913), S. 10ff. 28 S t e i n , S. 2; E d . S c h w a r t z , Kaiser Konstantin, 1. c.; K o r n e m a n n , Vom antiken Staat ( 1 9 2 7 ) , S. 2 7 . 29 S t e i n , S. 101 ; H a h n , Das Kaisertum (D. Erbe d. Alten V I , 1913), S. 5o. Man bedenke, daß P l i n i u s in seinen Briefen den Kaiser Trajan ständig m i t „ d o m i n u s " anredet. Vgl. auch K r e l l e r , Z. f . HandelsR. 85, 3 6 i mit L i t . 30 Noch J u s t i n i a n ist überzeugt, i m „ d r i t t e n R e i c h " zu leben, das von Augustus an kontinuierlich bestanden hat und, wie er hofft, i n alle Ewigkeit bestehen werde; Nov. 47 praef. (das 1. Reich rechnet er von Aenaeas, das 2. von Romulus und Numa). (. . . sive etiam tertia principia sumat quilibet imperii, Caesarem maximum et Augustum p i u m et ita rem publicam nobis inveniet hanc, quae nunc est, valentem, sitque immortalis 31 ab illis proveniens!) 1. c. S. 2.

62

des v i e r t e n J a h r h u n d e r t s n i c h t s o s e h r i n d e r S c h ö p f u n g v o n N e u e m i n der großartigen System besteht". Lehrreich

O r d n u n g von regellos entstandenem Alten zu



ist schließlich

das o s t g o t i s c h e

die letzte staatsrechtliche

Reich in

Italien.

Wie

Schöpfung

Roms,

h i e r das p o l i t i s c h s c h o n

h a n d e n e g e r m a n i s c h e K ö n i g r e i c h j u r i s t i s c h d o c h als T e i l des

vor-

römischen

Reiches gestaltet ist, d e r o s t g o t i s c h e K ö n i g als m a g i s t e r m i l i t u m m i t weiterter

als

einem

K o m p e t e n z , als B e a m t e r

des b y z a n t i n i s c h e n K a i s e r s

er-

erscheint;

w i e d e m g e r m a n i s c h e n K ö n i g als r ö m i s c h e m B e a m t e n z w a r das i u s e d i c e n d i zugesprochen, die Gesetzgebung aber d e m römischen Kaiser

vorbehalten

w i r d , diese a b e r d o c h w i e d e r g e g e n ü b e r d e n g o t i s c h e n E d i k t e n keine Rolle spielt32, — Augustus, perium

das alles e n t s p r i c h t

praktisch

durchaus den Methoden

der m i t d e r t r i b u n i c i a potestas, d e m p r o k o n s u l a r i s c h e n

und

einigen

weiteren

Einzelkompetenzen

das

des Im-

Kaiserreich

be-

z e i g t g e n a u das g l e i c h e B i l d .

Der

g r ü n d e t e . r— D i e G e s c h i c h t e des P r o z e ß r e c h t s Ouästionenprozeß

mag

Anregungen

durch

das

ausländische

seine E n t s t e h u n g v e r d a n k e n 3 3 , seine A u s a r b e i t u n g ist r ö m i s c h .

Langsam

w i r d er S c h r i t t f ü r S c h r i t t f ü r einzelne D e l i k t e u n d D e l i k t s g r u p p e n j e e i n besonderes Gesetz e i n g e f ü h r t

34

u n d bleibt i n der

vention

wie

der

magistratisch-komitiale

entscheidet.

Aber

Ouästionengerichten langsam

zum

36

zulässig35;

die Beamten überlassen m e h r

d i e B e s t r a f u n g , u n d so w i r d

ordentlichen

deutlich auftritt

Prozeß

Verfahren,

als

der

das e r

durch

republikanischen

Z e i t a u c h stets e i n f a k u l t a t i v e s V e r f a h r e n . D a n e b e n b l e i b t d e r r e i n stratische

Recht

und

magi-

die

Prä-

mehr

den

QuästionenpiOzeß

unter

dem

. E b e n s o l a n g s a m s t i r b t er g e g e n E n d e des

Prinzipat Prinzipats

ab, e r d r ü c k t d u r c h d i e k o n k u r r i e r e n d e G e r i c h t s b a r k e i t des K a i s e r g e r i c h t s , des S e n a t s g e r i c h t s Im

u n d der

Zivilprozeß

stellt

Beamtengerichte37. die L e x

Aebutia

fahren, den sogenannten Formularprozeß,

das

neue

Schriftformelver-

z u n ä c h s t als f a k u l t a t i v e s

Ver-

fahren neben den Legisaktionenprozeß 38. Zähe hält m a n trotzdem an d e m alten V e r f a h r e n n o c h weiter fest, ungeachtet seiner S c h w e r f ä l l i g k e i t Gefährlichkeit 39,

unangefochten

auch von

den Witzen,

die

und

aufgeklärte

32 Darüber die wundervollen „Ostgothischen Studien" M o m m s e n s , Ges. Sehr. G, namentlich S. 457ff., 45g, 476ff. 33 H i t z i g , D. Herkunft d. Schwurgerichts i m röm. Strafprozeß, S. 47 ff· 34 M o m m s e n , StrafR. i Q o f . 35 M o m m s e n , StrafR. i 5 o , 1 7 8 f . 30 M o m m s e n 186, 193. 37 Mommsen aigf. 38 W l a s s a k , Röm. Prozeßgesetze 1, i o 4 : W e n g e r , Institutionen d. röm. Z Ì Y Ì I prozeßR. 20. 39 G a i u s 4. I i und 3o.

63

Herren über den altmodischen Hausrat m a c h e n 4 0 . Aber a l l m ä h l i c h

dringt

der F o r m u l a r p r o z e ß n a t ü r l i c h doch d u r c h ; die augusteische Prozeßgesetzgebung

bestätigt

Formularprozeß

die E n t w i c k l u n g

und

schließt

z u m ordentlichen Verfahren

sie

ab,

indem

sie

erhebt u n d den alten

den Pro-

zeß n u r i n A u s n a h m e f ä l l e n k o n s e r v i e r t 4 1 . N u n w i r d w i e d e r der

Formular-

prozeß d r e i J a h r h u n d e r t e l a n g festgehalten, o b w o h l auch sein

Formalis-

m u s k e i n e s w e g s das W u n d e r w e r k

j u r i s t i s c h e r L o g i k u n d P l a s t i k ist, als

d a s i h n d i e W i s s e n s c h a f t des n e u n z e h n t e n J a h r h u n d e r t s a u s g e g e b e n

hat.

F ü r d i e J u r i s p r u d e n z des z w e i t e n u n d d r i t t e n J a h r h u n d e r t s i s t d i e s e r F o r m a l i s m u s e i n d r ü c k e n d e r S c h u h g e w e s e n , d e r sie a n k r ä f t i g e m A u s s c h r e i t e n gehindert

hat.

Langsam

wächst

neben

dem

Formularprozeß

B e a m t e n p r o z e ß a u f , d e r s c h l i e ß l i c h g e g e n E n d e des d r i t t e n den F o r m u l a r p r o z e ß

ganz beiseite schiebt, w i r

ein bestimmtes Reformgesetz auch

dieser neue,

rein

der

wissen n i c h t recht,

magistratische

desgleichen

wie;

können wir nicht namhaft machen42. Zivilprozeß

wahrt

der

terminologische

prozesses; actio, exceptio, a c t i o n e m

Apparat

Aber

wiederum

K o n t i n u i t ä t : d i e Z w e i t e i l u n g des V e r f a h r e n s u n d d i e S c h r i f t f o r m e l beibehalten43,

reine

Jahrhunderts

des

dare u n d denegare, litis

die

werden

Formularcontestatio

u s w . — alle diese T e r m i n i w e r d e n w e i t e r v e r w e n d e t , n u r e r h a l t e n sie j e t z t e i n e n a n d e r n S i n n ; sie w e r d e n u m g e d e u t e t , a b e r d o c h k o n s e r v i e r t . J u s t i n i a n u n d seine L e u t e k o n n t e n n i c h t anders h a n d e l n 4 4 . D a ß 40

Auch gerade

C i e . pro Murena 12. G a i u s 4, 3o, 3 i . 4:2 P e r n i c e , SZ. 7, i o 3 f f . ; W l a s s a k , Zum röm. Provinzialprozeß (Sitzungsber. el. Wiener Akad. d. Wiss. 190, 4. Abhandl. 1919), S. 11 und S. 29 und die hier Zitierten. 43 W e n g e r , Inst. d. röm. ZivilprozeßR. 6 0 und 2 Ö 2 f f . ; M e y e r - L e v y , SZ. 46, 276ff., 284, und die hier angeführten Arbeiten W l a s s a k s . 44 W e n g e r 1. c. 2 5 6 ; L e v y , SZ. 49> 242ff.; B i o n d i , D i r i t t o e processo nella legislazione giustinianea (Conferenze etc. siehe oben S. 28 Ν . η), S. 129ff-, i 6 5 f f . ; C o l l i n e t , Etudes historiques sur le droit de Justinien 4 (La procédure par libelle); über actio, exceptio und Interdikte i m justinianischen Sinne w i r d C o l l i n e t i m 5. Bande seiner „ E t u d e s " handeln. — „ A c t i o " erhält i n der nachklassischen Zeit auch eine materielle Bedeutung: der „klagbare Anspruch", so wie es die unklassische Definition der actio i n D. (44» 7) 5 i (dazu oben S. 3 i ) ausspricht: B i o n d i 1. c. 176. Auch „exceptio" erhält eine materielle Bedeutung. I n klassischer Zeit bezeichnet „exceptio" ausschließlich einen Formelbestandteil, der eine Ausnahme von der Kondemnationsermächtigung enthält ( G a i u s 4, n 5 f f . , 119). I n nachklassischer Zeit bezeichnet der Ausdruck auch ein Gegenrecht des Beklagten ( W e n g e r § 2 9 , S. 280). Jetzt werden Regeln möglich wie „exceptio pacti (oder doli) bonae fidei iudieiis inest", die i m klassischen Recht eine contradictio i n acliecto darstellen: eine exceptio, die nicht Formelbestandteil ist, ist keine exceptio! (Zu diesen Problemen B i o n d i , Indicia bonae fidei, S. i f f . ; B e s e l e r , SZ. 45, 191.) Erst i n nachklassischer Zeit spricht man beim K a u f von einer „exceptio" des nicht erfüllten Vertrages. I m klassischen Recht macht die Klausel „ex fide bona" i n der Formel die Einfügung einer solchen exceptio ( i m Sinne eines Formelbestandteils, und das ist der einzige klassische Sinn!) unnötig; die Klassiker sprechen von einer „exceptio mercis non traditae", wenn es sich nicht um die actio venditi handelt, sondern der Käufer den Preis durch Stipulation versprochen hat und 41

64

h i e r der römische T r a d i t i o n a l i s m u s die K l a r h e i t des Rechts aufs schwerste bedrohte, l ä ß t sich n i c h t l e u g n e n ; es ist vielfach schwierig,

Justinians

Pandekten k l a r u n d b ü n d i g ins byzantinische Recht zu übersetzen 4 5 . — D e n Konservativismus i m

Privatrecht

zu veranschaulichen

ist

im

G r u n d e u n n ö t i g , m a n k a n n i h n fast an j e d e r beliebigen L e h r e studieren. E i n i g e wenige Beispiele müssen h i e r genügen. D i e d o p p e l t e

Rechts-

o r d n u n g des zivilen u n d prätorischen Rechts w i r d die ganze klassische Z e i t h i n d u r c h getreulich b e w a h r t ; erst i n der nachklassischen Z e i t beg i n n e n die Vereinheitlichungsbestrebungen, die aber doch auch i m j u s t i nianischen Recht zu einem vollen E r f o l g e n o c h n i c h t g e f ü h r t Die M a n c i p a t i o

als Übereignungsgeschäft

ist i m G r u n d e

haben46.

entbehrlich

geworden seit der A n e r k e n n u n g des bonitarischen E i g e n t u m s ; g l e i c h w o h l erhält sie sich bis i n die nachklassische Z e i t 4 7 . Charakteristisch ist die E n t w i c k l u n g des Klageschutzes b e i m P f a n d r e c h t

48

. Ursprünglich wird nur

der F a u s t p f a n d g l ä u b i g e r geschützt, n ä m l i c h d u r c h die Besitzklagen. D a n n w i r d zuerst das besitzlose P f a n d r e c h t des Verpächters an den invecta et i l l a t a des Pächters geschützt, anfangs n u r d u r c h ein I n t e r d i k t (das i n t e r d i c t u m S a l v i a n u m ) , dann d u r c h eine d i n g l i c h e K l a g e (actio Serviana). Später w i r d die actio Serviana a u f andre F ä l l e des besitzlosen Pfandrechts ausgedehnt, s c h l i e ß l i c h

auch a u f

das Besitzpfand.

Die

Forderungs-

a b t r e t u n g 4 9 l ä ß t sich n i c h t durchsetzen. M a n m u ß , u m das offenbare B e d ü r f n i s danach zu befriedigen, zu Künsteleien greifen u n d die Prozeßv o l l m a c h t als Zessionssurrogat gestalten. D a b e i v e r f ä h r t m a n wieder echt r ö m i s c h : der Zessionar erhält eine „ a c t i o u t i l i s " , aber zunächst n u r , w e n n die F o r d e r u n g zu einer verkauften E r b s c h a f t gehörte, d a n n bei j e d e m nun aus dieser belangt wird. So ganz klar D. (19, 1) 25 und dazu L e n e l , Paling. 1, 458, Ν . ι . Ebenso steht es D . (21, 2) 68 pr. und G a i u s 4, 126a. I n D. (44, 4) 5, 4 ist von „etiam mercis" ab alles unecht: F . H a y m a n n , SZ. l \ i , 55; B e s e l e r , SZ. 45, 483. — Über die Bedeutung von „litis contestatio" i m nachklassischen Sinne siehe W e n g e r , § 2 8 , S. 2 7 6 ! ! . ; C o l l i n e t , Etudes 4, 2 i 5 f f . ; L e v y , SZ. 49, 242. 45 Eine historische Darstellung des justinianischen Rechts, das heißt dessen, was auf Grund der Kodifikation als eines oströmischen Gesetzbuches Recht sein sollte, forderte schon M i t t e i s , SZ. 3 i , 393. C o l l i n e t löst in den soeben erwähnten Etudes diese x\ufgabe f ü r eine Reihe von Problemen. 46 Inst. Just. (2, 10) 3 : „Sed cum paulatim tarn ex usu hominum quam ex constitutionum emendationibus coepit i n u n a m c o n s o n a n t i a m i u s c i v i l e et p r a e torium iungi . . Dazu statt aller R i c c o b o n o , D a l diritto romano classico al diritto moderno (Ann. Palermo 1915), S. 588ff.; derselbe i m Arch. f. Rechts- und Wirtschaftsphilosophie 16, 5o3if., und i n den Mélanges Cornil 2, 235ff., 3o8, N r . 32 (wo „ 5 2 8 " i n „ 5 8 8 " zu verbessern ist). 47 C o l l i n e t , Etudes 1, 222 ff.; J ö r s S 62 am Ende [54, 5 ] ; K i r c h e r , SZ. 32, 100; E h r h a r d t , SZ. 5 i , i 2 6 f f . ; H a z e w i n k e l - S u r i n g a , Mancipatio en Traditio (gründliche Amsterd. Diss. i g 3 i ) i o i f f . 48 Dazu J ö r s S§ 85, 86 [91, 93, 94]. 49 J ö r s § i n [127]; B o n f a n t e , Ist., § 129 am Ende; P e r o z z i , Ist. 2, 186. 5 Schulz, Prinzipien des römischen Rechts

65

V e r k a u f einer F o r d e r u n g , erst i m j u s t i n i a n i s c h e n Recht bei j e d e r Zession schlechtweg. A u c h die d i r e k t e S t e l l v e r t r e t u n g w i r d , v o n wenigen A u s n a h m e f ä l l e n abgesehen, abgelehnt, o b w o h l sie d e m griechischen Recht bek a n n t w a r 5 0 , u n d das B e d ü r f n i s danach den reskribierenden Kaisern u n d respondierenden Juristen dauernd entgegentrat. Aber i m m e r n u r wieder das o r t h o d o x e A c h s e k u c k e n : es geht n i c h t 5 1 . Vertrag

zugunsten

Dritter

52

wird

A u c h der

berechtigende

erst i n nachklassischer

Zeit

in

einigen Sonderfällen a n e r k a n n t ; ob er i m j u s t i n i a n i s c h e n Recht a l l g e m e i n anerkannt werden sollte, l ä ß t sich n i c h t sagen* Das E v i k t i o n s p r i n z i p , das aus einer w ö r t l i c h e n A u s l e g u n g der n o t a r i e l l e n K a u f f o r m u l a r e

durch

die republikanische Jurisprudenz entstanden sein m a g 5 3 , l ä ß t sich n i c h t beseitigen, o b w o h l die K l a s s i k e r seine M a n g e l h a f t i g k e i t e r k e n n e n 5 4 ; eine große A u t o r i t ä t w i e J u l i a n stößt e i n m a l an einer Stelle d u r c h 5 5 : a n d e m P r i n z i p h i e l t m a n f e s t 5 6 . I m E r b r e c h t scheint die republikanische Regel s e m e l h e r e s s e m p e r h e r e s u n u m s t ö ß l i c h , so offenbar das B e d ü r f n i s nach der Nacherbschaft ist. M a n g r e i f t lieber zu d e m Surrogat des U n i versalfideikommisses, o b w o h l m a n dabei i n Schwierigkeiten u n d K ü n s t e leien g e r ä t 5 7 . — Aus d e m r ö m i s c h e n Konservativismus ergibt sich auch die A b l e h n u n g einer

methodischen

Rechtspolitik.

Freilich

und

systematischen

verschließt

man

nicht

Rechtskritik

und

die

den

Augen

vor

m a n n i g f a c h e n U n v o l l k o m m e n h e i t e n des geltenden Rechts ; aber r e i n negative K r i t i k ist verpönt, ü b l i c h n u r die positive, die das U n v o l l k o m m e n e d u r c h V o r f ü h r u n g des V o l l k o m m e n e n k r i t i s i e r t . Gar jedes Rechtsinstitut u n d jeden Rechtssatz nach seiner B e r e c h t i g u n g fragen, die Gründe, die d a f ü r u n d dagegen sprechen, an den F i n g e r n herzählen, andre Gestaltungsm ö g l i c h k e i t e n erwägen insbesondere a u c h u n t e r H e r a n z i e h u n g des ausländischen Rechts: diese ganze rationalistische D i s k u s s i o n l e h n t der k o n 50

J ö r s § 55 [58]. Siehe die folgenden Reskripte: C. (4, 12) 3 ; (4, 26) 7, 3; (7, 27) 1 pr., $ 1; (4, 5o) 6 und 7 . 52 Dazu S i b e r S 74; R a b e l , Grundzüge, § 117; T a u b e n s c h l a g , Das röm. Privatrecht zur Zeit Diokletians 258. 53 Die alten Urkundenschreiber wollten den Verkäufer zur Übereignung verpflichten, sie wußten das aber nicht anders auszudrücken als durch Beschreibung des Inhalts des Eigentums: „ u t i f r u i habere possidere". (So werden die Ausdrücke noch i n der Lex Antonia de Termessibus v. 2 3 — 3 5 [Bruns N r . i 4 ] verstanden. M o m m s e n , StaatsR. 3, 687, N . 4·) Die spätere Jurisprudenz nahm die Urkunden beim W o r t : also n u r u t i f r u i habere possidere, also nicht auch Eigentum. 54 R a b e l , Haftung d. Verkäufers 1, i o 8 f . 55 Bei Dolus des Verkäufers: D . (19, 1) 3o, 1. Andere Abschwächungen: J ö r s § 127 am Ende [ i 4 3 , 4]. 5 6 Rabel n 3 . 57 J ö r s § 215 [227]; S i b e r 362. 51

66

servative S i n n der r ö m i s c h e n Juristen w o r t l o s ab ; vor solchem k r i t i s c h e m Bestreben w i r d d e m echten R ö m e r i n K o p f u n d Busen bang. W e n n N e r a z gelegentlich sagt, „ m a n d ü r f e n i c h t nach den G r ü n d e n der R e c h t s o r d n u n g fragen, sonst bräche vieles von dein, was sicher ist, zusammen'

so ist

d a m i t w i r k l i c h ein römisches P r i n z i p f o r m u l i e r t , u n d die K o m p i l a t o r e n taten Recht, w e n n sie den S p r u c h aus seinem Z u s a m m e n h a n g lösten u n d i h m d u r c h E i n r e i h e n i n den Digestentitel i , 3 p r i n z i p i e l l e B e d e u t u n g verliehen58. recht,

Kritische

Betrachtungen

Erörterungen

über

das römische

über die beste Staatsform

Verfassungs-

m ö g e n w o h l auch i n

römischen Kreisen a u f griechische A n r e g u n g e n h i n gepflogen

Avorden

sein, aber literarischen Niederschlag haben diese Bestrebungen i n

Rom

doch n u r gefunden i n d e m B u c h eines Griechen ( P o l y b i o s ) 5 9 u n d eines von griechischen V o r b i l d e r n a l l z u abhängigen Römers ( C i c e r o ) 6 0 . A u c h die verfassungsrechtliche Rechtsvergleichung, w i e sie i n der Schule des A r i s t o t e l e s gepflegt w u r d e 6 1 , ist von den R ö m e r n n i c h t a u f g e n o m m e n w o r d e n ; verfassungsrechtliche U t o p i e n gar w i e Piatos Politeia sind den R ö m e r n ganz f r e m d . — I m P r i v a t r e c h t k a n n m a n die römische G r u n d h a l t u n g von jeder Seite unsrer Quellen ablesen. V o n einer B e g r ü n d u n g der Rechtsinstitute u n d f u n d a m e n t a l e n Rechtssätze ist m i t verschwindenden Ausnahmen ü b e r h a u p t gerade f ü n f

n i c h t die Rede: W a r u m

Zeugen e r f o r d e r l i c h ?

sind zur

Manzipation

W a r u m kann niemand mehr

Recht

übertragen als er selbst h a t ? W a r u m k a n n die Servitut n i c h t i n einem T u n bestehen? W a r u m s i n d M i e t e r u n d Pächter n i c h t Besitzer? W a r u m sind Zession, direkte Stellvertretung u n d berechtigender D r i t t e r ausgeschlossen? W a r u m g i l t b e i m K a u f

das

Vertrag

zugunsten

Eviktionsprinzip?

W a r u m ist der Tausch n i c h t Konsensualvertrag? W a r u m g i l t der Satz semel heres

semper

heres? usw. usw.

A l l e diese Fragen, denen

man

Dutzende ähnliche anfügen k ö n n t e , werden von den Juristen nirgends auch n u r a u f g e w o r f e n , geschweige denn erörtert u n d beantwortet. P i a t o s Gesetze, aber auch T h e o p h r a s t s P r i v a t r e c h t s v e r g l e i c h u n g 6 2 haben i n R o m gar

keinen

Eindruck

gemacht.

Wenn

Gaius

gelegentlich

nach

den

G r ü n d e n der Rechtssätze f r a g t , den einen oder andern als m a n g e l h a f t be58 D . ( i , 3) 2 ο I u l i a n : „ N o n omnium quae a maioribus consti tuta sunt, ratio reddi potest. 4 ' D . ( i , 3) 2 1 N e r a z : „et ideo rationes eorum quae constituuntur i n q u i r i non oportet: alioquin multa ex his quae certa sunt subvertuntur." 59 Namentlich Buch 6, cap. i f f . seiner Geschichte. 60 M i t seinen beiden Schriften de legibus und de re publica. 61 Über die Πολ&τεΐαι. des Aristoteles, i n der 158 Verfassungen verglichen wurden, siehe Z e l l e r , Philosophie d. Griechen 2, 2 (3. Aufl. 1 8 7 9 ) , S. i o 5 . Außer Fragmenten

ist nur die Πολιτεία 'Αθηναίων erhalten. 62

Von seiner Schrift über Verträge überliefert ein Stück S t o b a e u s , Flor. 44, 22. M i t Übersetzung auch bei H e r m a n n - T h a l h e i m , Lehrb. d. griech. Rechtsaltertümer ( I 8 5 ) I46. 9

67

g r ü n d e t e r k l ä r t 6 3 u n d auch Ansätze z u r Rechtsvergleichung m a c h t 6 4 , so zeigt sich auch d a r i n wieder seine Sonderstellung, w e n n diese Ä u ß e r u n g e n überhaupt

echt

sind.

I n der η a c h k l a s s i s c h e n Z e i t f r e i l i c h ,

in

der

die griechischen Einflüsse auch i m Recht sich verstärken u n d bei der L o c k e r u n g der T r a d i t i o n manche klassischen Sätze unverständlich w e r d e n 6 5 , wächst auch die R e c h t s k r i t i k ein w e n i g : m a n sucht Rechtssätze zu beg r ü n d e n 6 6 , oder m a c h t doch wenigstens e i n F r a g e z e i c h e n 6 7 ; Ansätze zu der „ q u a r e - L i t e r a t u r "

der Bologneser s i n d u n v e r k e n n b a r 6 8 . D e n

p u n k t erreicht diese W e l l e i n der j u s t i n i a n i s c h e n

Höhe-

Reformgesetzgebung.

Aber a u c h das Gesetzgebungswerk J u s t i n i a n s — da j a nirgends ausd r ü c k l i c h gesagt w i r d , daß die Reformgesetzgebung a u f die rechtskritische R i c h t u n g i n der byzantinischen Jurisprudenz z u r ü c k f ü h r t — den E i n d r u c k ,

daß die römische Rechtswissenschaft

Rechtspolitik n i c h t i n i h r e n Aufgabenkreis

hinterläßt

Rechtskritik

und

gezogen hat, u n d so blieb

denn auch die neuere Rechtswissenschaft v o n den Bolognesen bis ins Z e i t a l t e r des .Naturrechts r e i n positiv gerichtet. Das A b k l i n g e n des N a t u r rechts u m die W e n d e u n d i m A n f a n g des neunzehnten Jahrhunderts bedeutet zugleich wieder das V o r d r i n g e n

der

konservativ-positivistischen

Rechtswissenschaft, deren A u f g a b e n der gute G l ü c k i m Jahre 1 8 2 5 gelegentlich i n e i n f ä l t i g k l a r e r Weise d a h i n f o r m u l i e r t e 6 9 : „ E s geziemt sich ü b e r h a u p t n i c h t , über die Gesetze, welche e i n m a l als noch g ü l t i g anerkannt sind, z u urteilen, sondern nach denselben z u sprechen." U n d n o c h der letzten A u f l a g e der Pandekten W i n d s c h e i d s

in

k a n n m a n den Satz

l e s e n 7 0 : „ W a s der N a t u r der D i n g e , d e m B e d ü r f n i s des Verkehrs e n t 63 G a i u s 1, 190, gegen dessen Echtheit B e s e l e r 5, 2 und S o l a z z i , Glosse a Gaio 187; G a i u s 2, 78, dazu B e s e l e r 5, 3; G a i u s 2, 232, dazu B e s e l e r 5, 4 ; G a i u s 3, 79, dazu B e s e l e r 1. c.; G a i u s 3, 98, dazu B e s e l e r 1. c.; G a i u s 4» 24, dazu B e s e l e r 1. c.; G a i u s 4, 20. 64 65 Siehe die Stellen oben S. 22 N . 65 m i t L i t . * S c h u l z , Ζ. 5o, 248. 66 Die Zahl der unechten Begründungssätze in unseren Quellen ist sehr groß. Vgl. S c h u l z , Einführung 22. Man arbeite an der Hand von B e s e l e r s A r t . r a t i o (Beiträge 5) die Stellen durch, i n denen ratio „ G r u n d " heißt; ebenso die Stellen m i t c u r = w a r u m i n d i r e k t e r F r a g e ( B e s e l e r 2, 85ff., 5, 10), in denen eine Antwort folgt. Siehe auch die soeben N . 63 angeführten Gaius-S teilen; A l b e r t a r i o , Elementi postgaiani nelle ist. di Gaio, Rend. L o m b . 59 ( 1 9 2 6 ) ; B e t t i , Arch. g i u r . 100 (1928), S. 59. 67 Solche Stellen, i n denen eine (nicht bloß rhetorische) Frage aufgeworfen, aber nicht beantwortet wird, sind zum Beispiel D . (2, i 4 ) 7, 6, dazu B e s e l e r 2, 8 6 ; 5, 10; D. (6, 2) ι , ι und 2, dazu B e s e l e r 88. 68 Bedenkliche quare-Stellen bei G a i u s 2, 54, 55; 3, 79, und dazu B e s e l e r 5, 3 f . Auch G a i u s 4, 20 w i r d nachklassisch sein. — Über die Bologneser Quare-Literatur siehe S e c k e l - G e n z m e r i n der Gedächtnisschrift f ü r Seckel (1927), S. i f f . 69 Erläuterung d. Pand. 27, 452. 70 Pand. ι , S 22, Ν . 8. Wissenschaftsgeschichtlich interessant ist die protestierende Note, die K i p p dazu schrieb: „ W i r müssen den M u t haben, auch unsere fernere M i t arbeit an der Fortbildung des Rechts bewußt ins Auge zu fassen und f ü r uns (seil, f ü r uns Juristen!) offen in Anspruch zu nehmen."

68

spreche, darüber k a n n m a n verschiedener A n s i c h t sein; es k o m m t n i c h t d a r a u f an, was w i r darüber denken, sondern was der Gesetzgeber darüber gedacht h a t . " D e r klassische Konservativismus ist h i e r zu e i n e m grotesken u n d ganz unklassischen Positivismus gesteigert. — Aus d e m römischen Konservativismus erklärt sich weiter das vollständige F e h l e n r e c h t s g e s c h i c h t l i c h e r B e t r a c h t u n g i n einer sonst so h o c h entwickelten Rechtswissenschaft wie der römischen. D i e Rechtsgeschichte setzt D i s t a n z g e f ü h l voraus. D i e allgemeine Geschichte bedarf dessen n i c h t , soweit sie patriotische E r b a u u n g erstrebt oder die Freude an w u n d e r w ü r d i g e n küriösen Begebenheiten genießen u n d v e r m i t t e l n w i l l . B e i der Rechtsgeschichte f ä l l t das i m wesentlichen weg. Ohne das G e f ü h l , g r u n d sätzlich anders z u sein als die Vergangenheit u n d doch wieder m i t i h r entwicklungsgeschichtlich verbunden zu sein, ist S i n n u n d Interesse f ü r Rechtsgeschichte schwer denkbar. G e w i ß ist dieses Iiis torische D i s t a n z g e f ü h l nichts Ursprüngliches. Es w i r d niemanden v e r w u n d e r n , w e n n er sieht, w i e der t u m b e Verfasser des Schwaben spiegeis das römische Recht naiv i n seine m i t t e l a l t e r l i c h e Vorstellungswelt einbaut, w i e i h m der U r h e b e r des beneficium divisionis bei der M i t b ü r g s c h a f t erscheint als „ e i n meister, heizet A d r i a n u s , der des landrehtes v i l gemachet h a t ' 4 7 1 ; der J u r i s t M a r cellus als „ e i n meister von landrehte, der h a l f den k ü n i g e n v i l guter l a n d rehte m a c h e n " 7 2 ; wie i h m das prätorische E d i k t über die Postulationsu n f ä h i g k e i t der F r a u e n als eine Satzung erscheint, die der K ö n i g seinem F ü r s t e n r a t aufgestellt h a t

73

mit

. D a ß aber auch noch den i m hellen

L i c h t griechischer Wissenschaft stehenden Klassikern das geschichtliche D i s t a n z g e f ü h l so v o l l s t ä n d i g abgeht, ist allerdings bemerkenswert.

Aber

das G e f ü h l i n n i g e r V e r b u n d e n h e i t m i t den V o r f a h r e n , m i t i h n e n eins zu sein, herrscht v o r 7 4 . Das Recht, das n i c h t m e h r g i l t , w i r d einfach vergessen, n u r u n j u r i s ü s c h e K u r i o s i t ä t e n s a m m l e r interessieren sich d a f ü r . Das geltende Recht aber w i r d als geistige E i n h e i t e m p f u n d e n . Differenzen geschichtlicher Schichten sieht m a n n i c h t oder w i l l m a n n i c h t sehen, alte N o r m e n werden b e w u ß t oder u n b e w u ß t umgedeutet, m i t d e m M o d e r n e n verbunden u n d i h m angepaßt. So erscheint i n den J u r i s t en Schriften des Cap. g, ι (ed. Gengier, 2. Aufl. 1875). Cap. 56. 73 Cap. 2O3: „Daz verwohrte i n allen ein edeliu romerin, diu hiez Cafrania, diu vor dem gerillte ze rome also missebarte, daz si in also grozen zorn kom, daz si den künic ( ! ) beschalt. . . Do nam der künic die gewanheit ab m i t der f ürsten rate ze einem hove, daz dehein frowe nimer me fürspreche mac gesin . . . " 74 Die Verwandtschaft des römischen m i t dem englischen Geiste zeigt sich auch hier: S a v e l k o u l s , Das englische Kabinettsystem ( i g 3 4 ) , S. V I I : „ D i e Engländer erleben ihre Geschichte als Einheit, und ihnen sind die früheren Jahrhunderte in Wesen und Denken stärker gegenwärtig als uns die früheren Jahrzehnte. Die Vergangenheit dringt lebendig i n die Gegenwart ein." 72

69

ersten bis d r i t t e n Jahrhunderts n a c h C h r i s t i das gesamte Recht — Z w ö l f tafelrecht,

altes

Zivilrecht,

Ediktsrecht,

Kaisererlasse

und

Senats-

beschlüsse — i n durchaus flächenartiger D a r s t e l l u n g , ohne alle Perspektive. Rechtsgeschichtliche, entwicklungsgeschichtliche B e t r a c h t u n g ist n u r i n d ü r f t i g e n Ansätzen v o r h a n d e n 7 5 . Wenige Beispiele müssen hier zur Veranschaulichung des Gesagten genügen. Man betrachte zunächst die kleine Szene, die G e l I i us (Noct. 16, 10) komponiert hat (denn geschichtliche Wirklichkeit hat sie so wenig, wie etwa die i n Ciceros Dialog de senectute oder de amicitia). G e l l i u s sitzt, so fingiert er, i n einem müßigen Kreise auf dem Forum, i n dem E n n i u s vorgelesen wird. I n einem Verse kommt das W o r t „ p r o letarius" vor, über dessen Sinn man diskutiert. G e l l i u s sieht i n dem Kreise einen juristischen Freund (ius civile callentem, familiarem meum) und bittet ihn u m die Begriffsbestimmung. Dieser lehnt ab: er sei Jurist und nicht Philologe (se iuris, non rei grammaticae peritum esse). G e l l i u s antwortet ihm, gerade darum müsse er die Bedeutung des Wortes kennen, es komme nämlich i n den zwölf Tafeln vor. Der Jurist bricht darauf i n die unmutigen Worte aus: „Das müßte ich wissen, wenn ich das Recht der italischen Ureinwohner studiert hätte. Da aber der ganze alte K r a m der zwölf Tafeln (omnis duodecim tabularum antiquitas) längst unpraktisch geworden ist, brauche ich mich damit nicht mehr abzugeben, da ich mich nur m i t dem lebenden Recht zu beschäftigen habe (studium scientiamque ego praestare debeo iuris et legum vocumque earum quibus u t i m u r ) . " Man muß einen vorübergehenden doctus poeta anrufen, der denn auch w i r k l i c h die Erklärung gibt. Es ist f ü r uns ganz unerheblich, wer der juristische Freund des G e l l i u s war, und aus welchen Quellen G e l l i u s geschöpft hat; als Beleg f ü r das mangelnde geschichtliche Interesse der Juristen hat der Text gleichwohl p r i m u m gradum certitudinis. — Höchst bezeichnend sind weiter Äußerungen des L a b e o i n der Lehre von der Iniuria. Die zwölf Tafeln behandelten die Körperverletzung u n d gaben bei den leichteren Fällen derselben eine Bußklage auf 25 A s s e 7 6 . Das prätorische Edikt verhieß i n allen Fällen der iniuria eine Bußklage auf eine vom Richter i n freier Schätzung festzusetzenden Buße (actio iniuriarum aestimatoria), verhieß aber i m Zusammenhang damit auch i n einigen andern, genau bestimmten Fällen des Eingriffs i n die Persönlichkeit eine ähnliche B u ß k l a g e 7 7 . Labeo bespricht die Bestimmung der zwölf Tafeln i n seinem Kommentar zu diesem Gesetz ( G e l l i u s 20, 1, i 3 ) . Statt nun etwa zu sagen, daß eine Klage auf eine feste Bußsumme einer primitiven Zeit angemessen war, auch 2 5 Asse damals einen beträchtlichen W e r t bedeuteten, daß aber die Bestimmung durch Entwertung des As ihren Sinn verloren habe, „ m i ß b i l l i g t " Labeo die Bestimmung der zwölf Tafeln (non probat), weil die Buße zu niedrig bemessen sei, erzählt die Geschichte von den Ohrfeigen des L . Veracius und schließt: Darum haben die Prätoren das Zwölf-Tafelgesetz beiseite geschoben und ihre actio aestimatoria proponiert. Derselbe L a b e o behandelt, anscheinend i n seinem Ediktskommentar, das Sonderedikt i m Injurientitel ne quid infamandi causa fìat 78. E r fragt, warum der Prätor diese Sonderklausel aufgenommen habe, da doch durch das erste Edikt, das die actio iniuriarum aestimatoria verhieß, auch f ü r diesen Sonderfall vorgesorgt sei; die I n 75 Das ist das Richtige an den überspitzten Ausführungen \ r on 0 . S p e n g l e r , Untergang des Abendlandes 2, 71. 76 B r u n s , Fontes, S. 29 (tab. 8, 2). 77 B r u n s 227. 78 D . (47, 10) I 5 , 26. Der Text scheint überarbeitet zu sein ( B e s e l e r 4, 2 3 I ) , aber inhaltlich kann Labeo nichts anderes gesagt haben. Es ist übrigens nicht einzusehen, warum er gerade die Überflüssigkeit d i e s e s Edikts hervorgehoben haben sollte. Auch das Edict über das convicium zum Beispiel wäre nach dieser Logik überflüssig, denn convicium ist nach Labeo iniuria (D. [\η, i o ; i 5 , 3). Labeo w i r d das aber auch gesagt haben, denn den abgerissenen Satz des $ 3 hat so Ulpian nicht geschrieben.

70

famation sei doch iniuria. Labeo erklärt das Sonderedikt f ü r überflüssig, der Prätor habe es nur zur Verdeutlichung aufgenommen. Die naheliegende E r k l ä r u n g 7 9 : die iniuria der zwölf Tafeln umfaßte nur die Körperverletzung; als der Prätor die actio iniuriarum aestimatoria schuf, gab er damit also nur eine Klage wegen Körperverletzung; i n die Nähe dieser Klage wurden später, vielleicht sukzessive, die Klagen der Sonderfälle gestellt, die durch das erste Edikt, das nur die Körperverletzung betraf, natürlich nicht gedeckt wurden. Noch später hat sich ein Iniuriabegriff gebildet, der die sämtlichen Fälle des Titels de iniuriis zusammenfaßte und schließlich unter „ i n i u r i a " jeden gewollten Eingriff i n die Persönlichkeit verstand; damit waren die Sonderedikte i n der Tat überflüssig geworden — dieser Gedankengang liegt L a b e o ganz fern. E r kommt gar nicht darauf, die Edikte i n einem zeitlichen Nacheinander zu sehen und das Edikt geschichtlich zu erklären. Die Rechtsmittel des Edikts liegen f ü r ihn alle nebeneinander, bilden eine Einheit, „ d e r P r ä t o r " hat sie geschaffen. — Auch aus späterer Zeit findet man nur gelegentliche versprengte geschichtliche Ausführungen: Erklärung der Rechtsstellung der sui heredes aus der alten Hausgemeinschaft: D. (28, 2) 11, Gaius 2, ι 5 η ; Geschichte des Soldatentestaments: D . (29, 1) 1 p r . 8 0 ; Geschichte des Edikts de bonis libertorum: D . ( 3 8 , 2 ) 1 8 1 . I m übrigen hört man wohl von den Juristen, daß das eine oder andere Rechtsmittel des Edikts von dieser oder jener Persönlichkeit eingeführt worden s e i 8 2 , aber ein genaueres Studium der alten Edikte, die man i n den öffentlichen Bibliotheken lesen k o n n t e 8 3 , kommt f ü r sie nicht i n Frage. — Die dürftige Zusammenstellung geschichtlicher Notizen i m Enchiridion des P o m p o n i u s 8 4 zählt kaum, selbst wenn das Werkchen, was w i r nicht glauben, wirklich von i h m stammen sollte. Eine Sonderstellung n i m m t wieder G a i u s ein. E r zeigt ein gewisses geschichtliches Interesse. E r erklärt nicht nur in der pomphaft-rhetorischen E i n l e i t u n g 8 5 seines Z w ö l f - T a f elkommentars 8 6 Kenntnis der Rechtsgeschichte f ü r erforderlich und geschichtslose Interpretation als ein Arbeiten „ m i t ungewaschenen H ä n d e n " 8 7 , sondern seine Institutionen enthalten auch wirklich historische Partien: Geschichte des Testaments, namentlich auch des Manzipationstestaments ( 2 , 1 0 1 ff.); der Präskriptionen (4, i 3 3 ) ; der Geldkondemnation (4, 48), des Legisaktionenprozesses usw.

I n den klassischen T r a d i t i o n e n ist auch n o c h J u s t i n i a n u n d sein K r e i s befangen. E i n P l a n wie der der Pandekten, e i n Gesetzbuch zu schaffen aus den Exzerpten einer Jurisprudenz, die 3 o o bis 5 o o Jahre z u r ü c k l a g , k o n n t e n u r i n K ö p f e n von Menschen entstehen, die die geschichtlichen Bedingtheiten

dieser

Jurisprudenz

übersahen,

die

klassische

Rechts-

wissenschaft n i c h t als Vergangenheit, sondern als Gegenwart empfanden, 79

Vgl. P e r n i c e , Labeo 2, 1, S. 2 3 f . Kein schöner Text! 81 Dieser Text stammt — ob von Ulpian geschrieben oder nicht — aus S e r v i u s , der sich, wie w i r auch sonst wissen, f ü r Geschichtliches interessierte (früherer R h e t o r ! ) ; siehe L e n e l , Paling. Servius N r . 2 und 3. 82 W e i ß , SZ. 5o, 255. 83 G e l l i u s I I , 17 und dazu W e i ß 256. 84 D . (1, 2 ) 2 . 85 W i e i m Mittelalter, so sind auch i m A l t e r t u m die Einleitungen bisweilen in einem anderen, stark rhetorischen S t i l geschrieben als das eigentliche W e r k : B e s e l e r , T i j d schrift 1 0 , i 6 4 , Ν . ι . G. E n g e l , De a n t i q u o r u m . . . proemiis (Marb. phil. Diss. 1 9 1 0 ) . Über den rhetorischen Stil m i t t e l a l t e r l i c h e r Einleitungen siehe S e c k e l , SZ. 21, 33o. Das hübscheste Beispiel ist die pomphafte Einleitung zu der Codex-Summe des A z o , der sie sich von B o n c o m p a g n o hat machen lassen! ( S e c k e l 1. c.). SE D . ( 1 , 2 ) I. 87 „illotis ut ita dixerim manibus". 80

71

als eine E i n h e i t zusammen m i t der byzantinischen J u r i s p r u d e n z ;

denen

die Distanz von U l p i a n u n d J u l i a n n i c h t viel g r ö ß e r schien als von den byzantinischen Heroen. Aus alledem ergibt sich schließlich auch die P e r i o d e n l o s i g k e i t

der

r ö m i s c h e n R e c h t s g e s c h i c h t e . D i e ü b l i c h e n Perioden, die unsre D a r stellungen notgedrungen machen, R e p u b l i k , P r i n z i p a t , D o m i n â t , betonen gewisse E r s c h e i n u n g e n

88

über-

u n d r e i ß e n Zusammengehöriges

einander. Es ist k e i n Z u f a l l , daß T h . M o m m s e n

aus-

sich a u f die syste-

matische D a r s t e l l u n g b e s t i m m t e r Teilgebiete u n d die geschichtliche D a r stellung

der Einzellehren

in

Längsschnitten i n n e r h a l b

dieses

Systems

beschränkt h a t ; so i m r ö m i s c h e n Staatsrecht wie i m römischen S t r a f - u n d Strafprozeßrecht. I n der T a t ist das die einzige d e m Stoff adäquate D a r stellungsmethode. D e r Periodenlosigkeit der römischen Rechtsgeschichte i m allgemeinen entspricht

die P e r i o d e n l o s i g k e i t

Rechtswissenschaft Juristen,

und

juristische

seien

im es

der

besonderen, die

Geschichte ja

die

bedeutendsten,

der

römischen

Schwierigkeit, als

einzelne

wissenschaftlich-

I n d i v i d u a l i t ä t e n zu fassen u n d a n d e r n k l a r u n d scharf

gegenüberzustellen.

Die

Schilderung

der

römischen

Jurisprudenz,

die

S a v i g n y 1 8 1 k gab — bewundert viel u n d viel gescholten — , hat a u f diese Tatsache k u r z u n d schlagend hingewiesen: Vom Beruf ( 3 . A u f l . ) , S.29 und 157: Diese (römische) Methode ist keineswegs das ausschließliche Eigentum eines großen oder weniger großen Schriftstellers, sie ist vielmehr Gemeingut aller, und obgleich unter sie ein sehr verschiedenes Maß glücklicher A n wendung verteilt war, so ist doch die Methode überall dieselbe. Selbst wenn w i r ihre Schriften vollständig vor uns hätten, würden w i r darin weit weniger Individualitäten finden, als in irgendeiner anderen Literatur, sie alle arbeiten gewissermaßen an einem und demselben großen Werke, und die Idee, welche der Kompilation der Pandekten zugrunde liegt, ist darum nicht ganz zu verwerfen. Ihre ganze juristische Literatur war ein organisches Ganzes; man könnte (mit einem Kunstausdruck der neueren Juristen) sagen, daß damals die einzelnen Juristen fungible Personen waren.

D e r A u s d r u c k „ f u n g i b l e Personen' 4 ist überspitzt, die Charakterisierung i m ü b r i g e n aber von gewohnter F e i n h e i t u n d R i c h t i g k e i t 8 9 . Unterschiede unter den einzelnen Juristen i n der Darstellungsart u n d der Selbständigkeit des Denkens sind n a t ü r l i c h v o r h a n d e n ; S a v i g n y hat sie n i c h t geleugnet, i m Gegenteil sie a u s d r ü c k l i c h betont. M a n m a g sprachliche B e sonderheiten des einen oder andern J u r i s t e n zusammenstellen 9 0 , m a g die 88

Siehe oben S. 60, 62. W i e hier L e n e l bei Holtzendorff-Köhler 1, 35g; A r a n g i o R u i z , Corso d i storia del diritto Rom. 265ff.; C h i a z z e s e , Introduzione 168, N r . η5. Das Gegenteil behauptete zum Beispiel B e k k e r , SZ. 6, 77. 90 Die älteren Arbeiten in dieser Richtung sind veraltet: K a l b , Roms Juristen nach ihrer Sprache dargestellt; S c h u l z e , SZ. 12, 100ff.; C o s t a , Papiniano 1, 2 0 7 0 . ; von noch älteren Schriften zu schweigen, die man bei Z i m m e r n , Gesch. d. Röm. PrivR. 1 89

72

L e h r e n aufzählen, die der eine oder andre J u r i s t gefördert h a t : das alles ändert nichts an der Tatsache, daß grundsätzliche W a n d l u n g e n der M e thode i n der römischen Jurisprudenz n i c h t a u f zuweisen sind, daß die Rechtssprache bis i n die M i t t e des d r i t t e n J a h r h u n d e r t s i m ganzen k o n stant bleibt, d a ß ü b e r h a u p t d i e w i s s e n s c h a f t l i c h e

Individualität

s c h w a c h e n t w i c k e l t i s t . Zäsuren, wie sie die deutsche Rechtswissenschaft seit d e m sechzehnten J a h r h u n d e r t a u f w e i s t , sind der r ö m i s c h e n Rechtswissenschaft Cujaz,

Anton

unbekannt.

Faber,

Donellus,

Wissenschaftliche Hugo

Grotius,

Individualitäten Thomasius,

wie

Savigny,

I h e r i n g , O t t o Gierke, W i n d s c h e i d , B r i n z , Josef K o h l e r — u m n u r einige wenige zu nennen — w i r d m a n i n der römischen Jurisprudenz

immer

vergebens suchen. K e i n e r der römischen J u r i s t e n hat etwas grundsätzlich andres gelehrt wie seine Vorgänger u n d N a c h f o l g e r , w i e denn auch i n den Rechtsschulen des Sabinus u n d Proculus so w e n i g etwas p r i n z i p i e l l V e r schiedenes gelehrt w u r d e 9 1 w i e i n O x f o r d u n d Cambridge. „ I n short, a f a m i l y likeness prevailed t h r o u g h all, and p r o p e r l y speaking, they h a d b u t one c h a r a c t e r 9 2 . " Das individualistische neunzehnte J a h r h u n d e r t h a t diesen M a n g e l an I n d i v i d u a l i t ä t als M a n g e l der römischen Jurisprudenz e m p f u n d e n u n d — n a t ü r l i c h vergebens — versucht, die so heiß verehrten römischen Meister von diesem M a n g e l zu reinigen. Aber i n d e m kleinen, konservativen, i n fester h a n d w e r k l i c h e r T r a d i t i o n gebundenen Kreise der römischen Juristen wäre u m g e k e h r t das Heraustreten des I n d i v i d u u m s als r e v o l u t i o n ä r u n d d a r u m als tadelnswert u n d als M a n g e l e m p f u n d e n w o r d e n 9 3 . H i e r w i l l der einzelne i n einem großen T y p u s u n t e r t a u c h e n 9 4 . I n einem solchen Kreise ist F o r t e n t w i c k l u n g allein i n der A r t der A l l u v i o erlaubt. bei den einzelnen Juristen findet. Man mag die Forschungen weiterführen, wie K ü b l e r , Conferenze (oben S. 28 N. 7), S. 112 fordest; ich glaube, entgegen K ü b l e r , nicht, daß dabei viel herauskommen wird. Die angeblichen sprachlichen Besonderheiten des einen oder anderen Klassikers werden sich meist als Besonderheiten eines nachklassischen Glossators herausstellen. Vgl. zum Beispiel B e s e l e r , SZ. 52, 58; 5 i , 199; T i j d s c h r i f t 10, 24 ο oben. 91 Alle Versuche, prinzipielle Gegensätze aufzufinden, sind gescheitert: K ü b l e r , Geschichte d. röm. Rechts 261. 92 G o l d s m i t h , Vicar o f Wakefield ch. ι . 93 Vgl. E d . N o r d e n , i n Gerke-Norden, Einleitung i n die Altertumswissenschaft ι (2. A u f l . 1912), 457: „Hieraus ergibt sich als weiteres Postulat der Nachweis der Schriftstellerindividualitäten. E r ist f ü r die antike Literatur deshalb schwerer zu erbringen als f ü r die modernen, w e i l i n d i e s e n d e r E n t f a l t u n g i n d i v i d u e l l e r E i g e n a r t v i e l g r ö ß e r e F r e i h e i t e i n g e r ä u m t w i r d , f ü r die römische noch u m so schwerer, weil i n i h r zu der k o n v e n t i o n e l l e n V e r b i n d l i c h k e i t des S t i l s . . 94 N i e t z s c h e , W i l l e zur Macht, N r . 783.

73

Nation Roma communis nostra patria est. M o d e s t i n u s D.(5o, i)33.

U n t e r „ N a t i o n 4 4 verstehen w i r 1 ein V o l k , das sich als politische Sondergemeinschaft

f ü h l t , sich p o l i t i s c h i n d i v i d u a l i s i e r t u n d i n Gegensatz z u

andern politischen Gemeinschaften stellt. Nationalbewußtsein

(National-

g e f ü h l ) ist eben jenes die N a t i o n bildende, p o l i t i s c h individualisierende Bewußtsein, das Bewußtsein, politische Gemeinschaften. Nationalbewußtseins

ist

so

u n d d a m i t anders zu sein als andre

Ein wichtiger

die

Faktor für

Sprachgemeinschaft,

die B i l d u n g des

die aber n i c h t

ent-

scheidend ist u n d n i c h t stets gegeben sein m u ß . W e s e n t l i c h ist die Gemeinschaft g r o ß e r politischer u n d k u l t u r e l l e r Schicksale, eine geschichtliche Schicksalsgemeinschaft; w e n n i n einer solchen Gemeinschaft

der

W i l l e zu einer politischen Sonderorganisation entsteht, ist das N a t i o n a l bewußtsein u n d d a m i t die N a t i o n geboren. Geht das Nationalbewußtsein verloren,

so verschwindet

die

Nation.

Neue

geschichtliche

Schicksale

k ö n n e n alte i n Vergessenheit b r i n g e n , Teile der N a t i o n zu einer andern h i n ü b e r f ü h r e n oder die N a t i o n i n einer neuen größeren N a t i o n aufgehen lassen. Rassenmäßige E i n h e i t oder V e r w a n d t s c h a f t ist f ü r den B e g r i f f der N a t i o n weder e r f o r d e r l i c h

noch genügend, so sehr der W o r t s i n n des

W o r t e s „ N a t i o n 4 4 a u f eine Abstammungsgemeinschaft h i n w e i s t , u n d i n der T a t auch i n der N a t i o n o f t eine m e h r oder m i n d e r klare V o r s t e l l u n g lebt, es müsse i h r wenigstens als K e r n eine A b s t a m m u n g s g e m e i n s c h a f t zugrunde liegen. — D i e E i n w o h n e r von L a t i u m bilden, soweit w i r zurücksehen können, eine N a t i o n . M a g der u r s p r ü n g l i c h e latinische B u n d wie i m m e r gestaltet gewesen sein, er g r ü n d e t sich a u f das Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t s g e f ü h l , das i n den latinischen Gemeinden lebt. V o n diesem G e f ü h l ist auch der neuere 1

Z u m folgenden F . M e i η e c k e , W e l t b ü r g e r t u m u n d Nationalstaat, S. i f f . ; M a x W e b e r , W i r t s c h a f t u n d Gesellschaft 22/iff., 2. T e i l , K a p . 3, § 4 ; u n d S. 6 2 7 f f . , 3. T e i l , K a p . 3, S 3 ; M o m m s e n , Reden u n d Aufsätze 4 u f f . ; B i n d e r , Fichte u n d die Nation, Logos 1 0 ( 1 9 2 2 ) , S. 75, S. 2 7 5 f f . , S. 2 8 1 ff. m i t L i t . ; C a r l S c h m i t t , Verfassungslehre ( 1 9 2 8 ) , S. 2 3 1 ; H . 0 . Z i e g l e r , D i e moderne N a t i o n ( i g 3 i ) .

74

latinische B u n d , r i c h t i g e r das System von Bündnisverträgen zwischen R o m u n d den latinischen Gemeinden getragen. L a n g s a m entwickelt sich neben der l a t i n i s c h e n N a t i o n die i t a l i s c h e N a t i o n ; entscheidend w a r hier das gemeinsame große Erlebnis des hannibalischen Krieges. D i e italische N a t i o n h a t schließlich die latinische aufgesogen, w i e die deutsche N a t i o n die schleswig-holsteinische oder hannoversche. I n den beiden ersten J a h r h u n d e r t e n der Kaiserzeit geht die italische N a t i o n ihrerseits a u f i n der N a t i o n des r ö m i s c h e n I m p e r i u m 2 . D i e Z i v i t ä t f i e l m i t der r ö m i s c h italischen N a t i o n schon längst n i c h t m e h r zusammen ; der K r e i s der cives, die n i c h t zu i h r gehörten, w u r d e n u n aber i m m e r g r ö ß e r u n d w i c h t i g e r . E i n neues G e f ü h l der Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t wächst i n dieser V o l k s g r u p p e , so verschieden i h r e Glieder sein m ö g e n ; das stolze Bekenntnis z u m R ö m e r t u m einigt sie, u n d die magischen W o r t e „ i c h b i n ein römischer B ü r g e r klingen i n Sizilien

3

4

4

so g u t w i e i n J u d ä a , d e n n „es genügt zur Sicherheit,

ein R ö m e r zu s e i n " 5 ; fast f ü h l t m a n sich blutsverbunden: „ n a m c i v i u m R o m a n o r u m o m n i u m sanguis coniunctus existimandus e s t 6 . " Aber über diesen Kreis h i n a u s g r e i f e n d

w i r d jetzt f ü r

alle Reichsangehörigen

die

kaiserliche V e r w a l t u n g das neue gemeinsame geschichtliche Erlebnis, das das neue Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t s g e f ü h l begründet. D e r Kaiser w i r d der allverehrte W o h l t ä t e r u n d Vater der Menschheit des R e i c h s 7 . D i e K o n quistadorenstatthalter, wie sie die letzte Zeit der R e p u b l i k gesehen hatte, werden

seltener,

die

Beamten

aus der

Schule des Augustus u n d des

2

Richtig J ü t h n e r , Hellenen und Barbaren. Aus der Geschichte des Nationalbewußtseins (Das Erbe der Alten V I I I , 1923), S. 85: „ D e r Unterschied der Rasse ist verwischt, das alte Nationalbewußtsein aufgelöst und an seine Stelle ein neuer Begriff der ,Nation 4 getreten, der auf der staatlichen Zugehörigkeit aufgebaut i s t . " Ebenso B r y c e , Ancient Roman Empire (oben S. 2 N. 6), S. 3, 3g (f., 68 f. und sonst. 3 C i e . i n Verrem I I , 5, 57, 147: ilia vox et imploratio „civis Romanus sum", quae saepe multis i n ultimis terris opem inter barbaros et salutem tulit . . . 4 Acta apost. 22, 25ff. 5 A r i s t e i d e s (Rhetor des 2. Jahrh. n. Chr.), Σ ί ς Ρώμην S 100: εις άσφάλειαν έξαρκεΐ Ρωμαίο ν είναι. (Opera ed. K e i l , I I , 1 8 9 8 . ) 6 C i e . i n Verr. I I , 5, 67, 172. 7 Siehe zum Beispiel die Inschrift von Priene vom Jahre 9 v . C h r . D i t t e n b e r g e r , Orient. Graeci Inscr. 2 (1905), N r . 458 v. 3 5 . . . . Augustus, den die Vorsehung m i t A rete erfüllt zur W o h l f a h r t der Menschen, gleichwie sie ihn uns und unsern Kindern gesandt hat, Frieden zu bringen und die ganze W e l t zu ordnen, (τον Σεβαστό ν, òv εις εύεργεσίαν άνθρώπων επλήρωσεν αρετής ή Πρόνοια, ώσπερ ήμεΐν κ α ί τοις μεθ* ήμας σωτήρα πεμψασα τον παύσαντα μέν πόλεμον, κοσμήσαντα δε πάντα.) Etwas später P h i l o , Leg. ad Gaium 2 1 : Augustus hat aus dem Chaos zur Ordnung geführt, er ist der Friedefürst (ο είρηνοφύλαξ). D i o Chrys. Π ε ρ ί Βασιλείας or. I I I c. 5 f. nennt den Kaiser den Heiland und Hüter der Menschheit. Ρ a us a n i a s 8, 43, 6 nennt Antoninus Pius den Vater der Menschen, πατήρ άνθρώπων καλούμενος. Viele weitere Belege bei L u d w i g H a h n , Das Kaisertum (Das Erbe der Alten V I , I 9 i 3 ) , S. 8ff., 19ff., 24ff·; M a x M ü h l , Die antike Menschheitsidee i n ihrer geschichtlichen E n t wicklung (Das Erbe der Alten, 2. Reihe X I V , 1928), S. 79ff., 102 ff. Vgl. auch W i l h e l m W e b e r , Zur Geschichte der Monarchie (1919), S. 7 f .

75

T i b e r i u s treten an i h r e Stelle ; v o r n e h m e Provinzialen, die n u r n o c h d u r c h Erziehung

Römer

sind,

kommen

in

den Senat u n d

in hohe

Beamten-

stellen8; u n d bei a l l e m D r u c k b r i n g t die römische V e r w a l t u n g doch auch Willkommenes:

Wasserleitung

und

Kanalisation,

Volksbad

und

t h e a t e r , feste S t r a ß e n u n d festes R e c h t , v o n d e r h e l l e n i s t i s c h e n Kunst,

Literatur

hänglichkeit

und

Schule ganz zu schweigen9.

und Zugehörigkeit

Ein

VolksBildung,

Gefühl

z u m Reich w a r die notwendige

der

An-

Folge10.

R o m w i r d zum „Vaterland" : Roma communis patria11. Die Sprachgemeinschaft fehlte dieser neuen N a t i o n f r e i l i c h ,

aber i m Osten h a l f

chische G e m e i n s p r a c h e , die K o i n e aus, die m a n s c h l i e ß l i c h i n

die

grie-

gebildeten

K r e i s e n a u c h i m W e s t e n v e r s t a n d ; i m W e s t e n w u r d e das L a t e i n i s c h e Gemeinsprache 8

12

.

I m übrigen

a b e r w i r d , w i e es d e r r ö m i s c h e n A r t

die ent-

Darüber D e s s a u , Hermes 45 ( 1 9 1 0 ) , S. 2 2 f ï . ; W . W e b e r , Z u der Inschrift des Julius Quadratus (Abh. d. Preuß. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. K l . , 1982, N r \ 5), S. 6 8 f . 9 „Alles ist v o l l " , sagt A r i s t e i d e s , „von Gymnasien, Brunnen, Vorhallen, Tempeln, εις Ρώμην § 9 7 : πάντα δέ μεστά γυμνασίων, Kunst u n d Handwerk, Schulen": κρηνών, προπυλαίων, νεών, δ η μ ι ο υ ρ γ ι ώ ν , διδασκαλείων. Über die Wohlfahrtspolitik der Monarchie siehe H a h n S. 8ff. Jedes neu bekannt werdende Aktenstück zeigt sie immer wieder aufs neue, zum Beispiel die Augustus - Inschrift von Kyrene (ed. W e n g e r - S t r ο u χ , oben S. 53 Ν . 53). Das Urteil M o m m i s e n s (Römische Geschichte 5, 4) w i r d bestehen bleiben: „ I n den Ackerstädten Afrikas, in den W i n z e r heimstätten an der Mosel, i n den blühenden Ortschaften der lykischen Gebirge und des syrischen Wüstenrandes ist die Arbeit der Kaiserzeit zu suchen und auch zu finden. Noch heute gibt es manche Landschaft des Orients wie des Okzidents, f ü r welche die Kaiserzeit den an sich sehr bescheidenen, aber doch vorher wie nachher nie erreichten Höhepunkt des guten Regiments bezeichnet; und wenn einmal ein Engel des H e r r n die Bilanz aufmachen sollte, ob das von Severus Antoninus beherrschte Gebiet damals oder heute m i t größerem Verstände und m i t größerer Humanität regiert worden ist, ob Gesittung oder Völkerglück i m allgemeinen seitdem vorwärts oder zurückgegangen sind, so ist es sehr zweifelhaft, ob der Spruch zugunsten der Gegenwart ausfallen würde." Z u pessimistisch W . E. H e i t l a n d , Last words on the Roman municipalities (1928), S. 64ff. 10 Viele Belege bei H a h n 24ff. und M ü h l 8 1 ; F . K l i n g n e r , Die Antike 3 (1927), S. 2 4 f . 11 P l i n i u s , Hist. nat. 3, 5, 3 9 : „Italia una coniunctarum gentium in toto orbe p a t r i a " ; vgl. M o m m s e n , StaatsR. 3, 1, S. 781 N . 1. D e R u g g i e r o , La patria nel diritto pubblico Romano 1921, S. 7 0 f . Äußerungen von A r i s t e i d e s bei S c h ö n b a u e r , SZ. 5 i , 323. Vgl. W i l h e l m W e b e r , 1. c. 69 u. 9 5 ; B r y c e , The ancient Roman empire (oben S. 2 Ν . 6), S. 4 i : „ T h e City o f Rome became the Empire, and the Empire became Rome. National independence was not regretted, f o r the East had been denationalized before the Italian conqueror appeared, and the tribes o f the West, even those who fought best for freedom, had not reached a genuine national life, when Spain, Gaul and Britain were brought under the yoke. I n the t h i r d century a Gaul, a Spaniard, a Panonian, a Bithynian, a Syrian called himself a Roman, and for all practical purposes was a Roman. The interests of the Empire were his interests, its glory his glory, almost as much as i f he had been born in the shadow of the Capitol." H . v. A r n i m , Leben und Werke des Dio v. Prusa, i i 7 f f . C l a u d i e n , De consulatu Stilichonis (a. 4oo) (ed. B i r t , Mon. Germ. hist. Auct. antiquiss. X ) 3, i 3 6 f f . : „cuncti gens una sumus"; R u t i l . N a m a t i a n u s , De reditu suo (a. 416) ι , 6 3 : „Fecisti 12 pa triam diversis gentibus unam." B r y c e 4o u. 65.

76

spricht, ein i m ganzen einheitlicher K u l t u r s t a n d a r d erstrebt u n d erreicht; u n d wie die Igeler Säule, die sich T r i e r e r T u c h m a c h e r a m M o s e l u f e r als

Familiengrab

errichteten,

Reichs Verwandte

hat13,

an

weit

entfernten

Orten

des

großen

so ist es m i t a l l e m : ü b e r a l l liest m a n

die-

selben Bücher, sieht i m Theater dasselbe, b a u t u n d f o r m t nach einem K l i s c h e e 1 4 , verehrt dieselben Götter, ü b e r a l l b l ü h t der K a i s e r k u l t .

Pro-

vinziale S o n d e r k u l t u r b i l d e t sich i n den beiden ersten J a h r h u n d e r t e n des Prinzipats n i c h t oder doch n u r i n höchst bescheidenem A u s m a ß e ; die provinzialen Talente, z. B . Julian

16

Q u i n t i l i a n , M a r t i a l , Seneca 1 5 , die

Juristen

, P a p i n i a n u n d U l p i a n 1 7 , w a n d e r n n a c h R o m ab, u m h i e r i n den

g r o ß e n S t r o m der gemeinrömischen K u l t u r e n t w i c k l u n g

einzumünden18.

I n der gleichen R i c h t u n g w i r k t — n a t ü r l i c h auch ihrerseits von der allgemeinen S t i m m u n g — die kosmopolitische

beeinflußt

Humanitätsidee

der P h i l o s o p h i e 1 9 u n d später des C h r i s t e n t u m s : „ n i c h t f ü r einen trauten W i n k e l ist der Mensch geboren, sein V a t e r l a n d ist die W e l t " 2 0 , er ist „Weltbürger" 21.

Diese

Formulierungen

sind

philosophisch-rhetorisch

überspitzt; die „ W e l t " , die m a n m e i n t u n d als deren B ü r g e r m a n sich f ü h l t , ist die „ b e w o h n t e E r d e " , die „ οικουμένη γ η " , die K u l t u r w e l t des römischen

Weltreiches22.

Es ist also eine w i r k l i c h e

neue N a t i o n

des

römischen Reiches, die sich so i n den beiden ersten J a h r h u n d e r t e n der Kaiserzeit bildet, keineswegs n u r ein „blasser Schemen" einer N a t i o n 2 3 . N o c h weniger d a r f m a n — u n t e r v ö l l i g e r V e r k e n n u n g des Begriffs N a t i o n — die Kaiserzeit

als n u r

beherrscht

von

der

entnationalisierenden

Tendenzen e r k l ä r e n 2 4 . D i e Z e i t ist „ e n t n a t i o n a l i s i e r e n d "

in

ähnlichem

13 D r a g e n d o r f f - K r ü g e r , Grabmal v. Igel ( 1 9 2 4 ) , S. 9 3 ; D r e x e l , Mitteilungen d. deutsch, arch. Inst. Röm. A b t . 35 ( 1 9 2 0 ) , S. 2 7 f f . ; R o s t o v t z e f f , Social and economic history 53414 Z u dieser Standardisierung siehe R o s t o v t z e f f , Social and economic history, 166; B r y c e 66. 15 Aus Spanien; andere Spanier bei M o m m s e n , Röm. Gesch. 5, 69. 16 Aus A f r i k a (siehe unten S. 90 N . 123); andere A f r i k a n e r bei M o m m s e n 656. 17 18 Aus Syrien. W i l h e l m W e b e r 1. c. 19 J ü t h n e r 17 ff., 48 ff·» vor allem aber M ü h l , auf dessen ganzes Buch hier k u r z weg verwiesen werden m u ß . K a e r s t , Geschichte des Hellenismus 1 ( 3 . A u f l . 1 9 2 7 ) ,

S. 8 7 ;

2 (2. Aufl.

1 9 2 6 ) , S. 8 7 ,

ii9ff.,

289.

20

S e n e c a , Epist. 28, 4 : C u m hac persuasione vivendum est: „ n o n sum u n i angulo na tus, patria mea totus hic mundus est." 21 Das W o r t κοσμοπολίτης stammt von Diogenes: Diog., Laert. 6, 6 3 . 22 J ü t h n e r 5 o f . ; K r o l l 1, 7 ; K a e r s t , D i e antike Idee der Ökumene 1903. 23 So M o m m s e n , Reden u n d Aufsätze 417. 24 So namentlich M a x M ü h l i n seinem oben genannten Buch, namentlich S. 8 3 f f . Aber auch die These, m i t der I h e r i n g sein W e r k eröffnet (Geist 1, i f f . ) : „ D i e w e l t historische Mission Roms i n ein W o r t zusammengefaßt ist die Überwindung des Nationalitätenprinzips durch den Gedanken der Universalität", ist unhaltbar; man darf f ü r eine Nation nicht fordern ein έον ομαιμόν τ ε κ α ι όμόγλωσσον, κ α ΐ θεών ί δ ρ ύ μ α τ ά τ ε κοινά κ α ι θυσίαι ήθεά τ ε όμότροπα. (Herodot. 8, ι 4 4 ) .

77

Sinne, w i e die G r ü n d u n g des Deutschen Reichs 1 8 7 1 entnationalisierend w a r , die preußische, bayrische, schwäbische N a t i o n zugunsten der deutschen v e r f l ü c h t i g t e 2 5 . Das italische N a t i o n a l g e f ü h l verschwindet f r e i l i c h , nachdem es u n t e r A u g u s t u s einen letzten A u f s c h w u n g g e n o m m e n hatte, aber d a f ü r erstarkt das R e i c h s g e f ü h l 2 6 . Ohne dieses hätte das Reich sich n i c h t so lange J a h r h u n d e r t e h i n d u r c h h a l t e n k ö n n e n ; weder noch

Spanien,

Gallien, n o c h B r i t a n n i e n — u m v o n den östlichen Gebieten

zu

schweigen — haben sich jemals v o m römischen Reich u n d der römischen N a t i o n losgesagt 2 7 . N i c h t der M a n g e l des Nationalbewußtseins, sondern der M a n g e l nationaler M a c h t hat schließlich den U n t e r g a n g des römischen Reiches h e r b e i g e f ü h r t . I m energisch ausgeprägten Nationalbewußtsein ist auch enthalten d a s Bewußtsein,

Träger

einer

bestimmten

schicksalhaften

ge-

s c h i c h t l i c h e n M i s s i o n zu s e i n 2 8 . B e s t i m m t e geschichtliche Aufgaben, so e m p f i n d e t m a n , s i n d der N a t i o n anvertraut, die i h r e r E i g e n a r t e n t sprechen u n d die sie n u r d u r c h treue Pflege dieser E i g e n a r t e r f ü l l e n k a n n . D e m k l a r e n nüchternen S i n n des Römers s i n d die Grenzen seiner Beg a b u n g n i c h t verborgen, m i t fast h e i t r e r Gelassenheit weist er andre selbst a u f diese Grenzen h i n . D i e Überlegenheit des griechischen Geistes i n allen D i n g e n der K u n s t u n d der P h i l o s o p h i e ( w i r w ü r d e n heute sagen d e r „ r e i n e n W i s s e n s c h a f t " ) w i r d i n R o m z u m T e i l s t ü r m i s c h b e j a h t u n d ohne Neid anerkannt 29. Den berühmten Vers: Graecia capta ferum victorem cepit et artes I n t u l i t agresti Latio . . .

d u r f t e H o r a z 3 0 auch i n einer Z e i t besonders lebhaften

Nationalgefühls

schreiben, ohne f ü r c h t e n zu müssen, d a m i t nationale E m p f i n d l i c h k e i t z u 25

B r y c e 7 0 : „ I n the end, Rome ceases to have any history o f her o w n . . . sd completely is she merged i n her Empire. T o a great extent this is true of Italy as well as of Rome. Italy, which has subjected so many provinces, ends by becoming herself a province . . . Her history, f r o m the time o f Vespasian t i l l that o f Theodoric the Ostrogoth, is only a part of the history of the E m p i r e . " Dazu A l b e r t a r i o , Sui testi Romano-classici che annoverano l ' I t a l i a f r a le provincie romane, Riv. di philologia e d i istruz. class. N . S. 5 ( 1 9 2 7 ) . 26 M o m m s e n , Reden u n d Aufsätze ί\2l\\ „ D e r E i n t r i t t in eine große Nation kostet seinen Preis; die Hannoveraner und die Hessen u n d w i r Schleswig-Holsteiner sind daran (1880), ihn zu bezahlen, und w i r fühlen es wohl, daß w i r damit von unserm Eigensten ein Stück hingeben. Aber w i r geben es dem gemeinsamen Vaterland." 27 Vgl. M o m m s e n , Röm. Geschichte 5, 76 u. 177; B r y c e 69. 28 M a x W e b e r , Wirtschaft und Gesellschaft, 3. Teil, Kap. 3;, § 3, S. 629. 29 Siehe außer dem i m Text folgenden Vers H o r a z , Ars poet. ν. 323; C i e . , Brutus 73, 2 5 4 : „vincebamur a vieta Graecia"; C i c . ad. Q. fratrem 1, 1, 28: „ n o n enim me hoc iam dicere p u d e b i t . . . nos ea quae consecuti sumus, üs studiis et artibus esse adeptos, quae sint nobis Graeciae monumentis disciplinisque tradita." Dazu K r o l l , Römer u n d Griechen, Studien ( 1 9 2 4 ) , S. i f f . 30 Epist. 2, 1 v. i 5 6 .

78

verletzen; daß er die geschichtliche W a h r h e i t enthält, ist bekannt. Das römische Selbstgefühl w i r d d u r c h solche Zugeständnisse n i c h t g e k r ä n k t ; es g r ü n d e t sich a u f das B e w u ß t s e i n m i l i t ä r i s c h e r u n d einer besonderen praktischen Begabung

32

Überlegenheit31 namentlich

auf

d e m G e b i e t d e r s o z i a l e n O r d n u n g , i n s b e s o n d e r e des R e c h t s 3 3 . Auf

diesen Gebieten k a n n auch der R ö m e r gelegentlich

chauvinistisch

w e r d e n : dann n e n n t er das griechische Recht „ v e r w o r r e n u n d nahezu lächerlich

verglichen m i t

dem römischen" 34,

sieht überlegen a u f

die

griechischen Staatsverfassungen h e r u n t e r 3 5 , preist die gewaltigen N u t z bauten seiner Wasserleitungen m i t verächtlichem Seitenblick a u f den u n nützen P r u n k der P y r a m i d e n u n d der griechischen W e l t w u n d e r 3 6 .

Aus

diesen E m p f i n d u n g e n heraus wächst schon i n den beiden letzten J a h r hunderten

der

Republik

langsam

die römische

„ L e g e n d e der

provi-

dentiellen M i s s i o n " 3 7 R o m s : Seine historische Sendung ist, m i t W a f f e n u n d Gesetzen das W e l t r e i c h zu organisieren u n d zu leiten, den „ r ö m i s c h e n F r i e d e n " 3 8 zu schaffen u n d zu sichern, i n dem die römisch-hellenistische K u l t u r gepflegt w i r d u n d allen A n g e h ö r i g e n des Reichs zugute k o m m t . D i e pathetische F o r m u l i e r u n g dieser Legende hat V e r g i l i n b e r ü h m t e n Versen der Aenaeis gegeben: 6, 847 seq.: Excudent alii spirantia mollius aera — credo equidem—vivos ducent de marmore voltus; orabunt causas melius, caelique meatus describent radio, et surgentia sidera dicent: t u regere imperio populos Romane memento — haec tibi erunt artes—pacique imponere morem, parcere subiectis et debellare superbos 3 9 . 31

K r o l l ι , 24. -Zum Beispiel C i e . Tusc. 1, 1, 2. C i e . Tusc. ι , 2, 5: „ I n sommo apud iilos honore geometria f u i t itaque n i h i l mathematicis illustrius: at nos metiendi ratiocinandique utilitate huius artis terminavimus m o d u m . " 33 Dazu gehört auch eine entsprechende Charakteranlage: gravitas, constantia, magnitudo animi, probitas, fides; C i e . Tusc. ι , 1, 2; de oratore 3, 34, 137. 34 C i e . de or. 1, 44, 197: „quantum praestiterint nostri maiores prudentia ceteris gentibus, t u m facillime intellegetis, si cum illorum Lycurgo et Dracone et Solone nostras leges conferre volueritis. Incredibile est enim, quam sit omne ius civile praeter hoc nostrum inconditum ac paene r i d i c u l u m . " Vgl. auch ι , 45, 198; Tusc. 1, 1, 2; pro 3:> Fiacco 7, i 5 f . C i e . Tusc. 1. c. 36 F r o n t i n . de aquaeductu 16: „ T o t aquarum tam multis necessaribus molibus pyramidas videlicet otiosas compares aut cetera inertia sed fama celebrata opera Graecorum!" 37 Formel M a x W e b e r s , Wirtschaft u n d Recht 1. c. 38 „ P a x romana": dazu H . F u c h s , Augustin und der antike Friedensgedanke (1926) 182IT.; H a h n , Kaisertum 26. 39 Dazu E d . N o r d e n , P. Vergilius Maro Aenaeis, Buch V I (3. A u f l . 1926), S. 334ff·; K r o l l ι , 7 f . , S. 122 N . i 4 u. 18; S. 123 N . 2 1 ; G e r n e n t z , Laudes Romae (Rostocker Diss. 1918). Schon ganz das Programm der Kaiserzeit in Caesars Brief, bell. civ. 3, 57, (χ: „quietem Italiae, pacem provinciarum, salutem i m p e r i i . " 32

79

W o h l glaub ich, andern w i r d es eher glücken, E i n leise atmend B i l d aus Erz zu schaffen, Dem Steine lebensvolle Züge prägen, Den Hörer zwingen m i t der Macht der Rede, Der Sonne Bahnen mit dem Stabe zeichnen Und üns den Aufgang der Gestirne künden: D u Römer bleibe D e i n e r Sendung treu, Die Kunst, die D i r verliehen, halte fest: Das Reich der W e l t zu gründen und zu lenken, Das Reich des Friedens und das Reich des Rechts, Die Unterworfnen gnadevoll zu schonen Und m i t dem Schwert den Übermut zu brechen! Dieses so entschieden i m p e r i a l i s t i s c h - j u r i s t i s c h g e f ä r b t e sein40 ist d e m R ö m e r t u m Gesetze":

diese F o r m e l

Sendungsbewußt-

nicht mehr verlorengegangen 41.

stellt

sich auch i n

der

„Waffen

späteren Zeit gern

w e n n von r ö m i s c h e n A u f g a b e n die Rede i s t 4 2 , u n d n o c h J u s t i n i a n

und ein, liebt

es, s i e i n d e n E i n l e i t u n g e n s e i n e r E r l a s s e z u v e r w e n d e n 4 3 . Es

ist

nun

unsre

Bildungsfaktor

Aufgabe,

das

des r ö m i s c h e n

römische

Nationalgefühl

als

R e c h t s zu betrachten.

V o n j e h e r steht d e m r ö m i s c h e n B ü r g e r der „ F r e m d e "

(peregrinus)

gegenüber. Seit d e m d r i t t e n J a h r h u n d e r t v o r C h r i s t i k e n n t das r ö m i s c h e R e c h t d r e i G r u p p e n dieser F r e m d e n : die Staatsangehörigen

Peregrinen,

die bloß reichsangehörigen Peregrinen, die reichsfremden Peregrinen. D i e erste G r u p p e Imperium vinzialen.

bilden

der

diejenigen

römischen

D i e zweite

Peregrinen,

Magistrate

Gruppe

bilden

unter

dem

stehen, w i e r e g e l m ä ß i g die

die

unmittelbar

Pro-

die Angehörigen

derjenigen

Pere-

g r i n e n g e m e i n d e n , die m i t R o m e i n ewiges B ü n d n i s geschlossen u n d sich 40 I m Gegensatz dazu steht das ganz andersartige nationale Prestigebewu.ßtsein W a l t h e r s v o n d e r V o g e j w e i d e i n den berühmten Versen: I c h han lande v i l gesehen (56, i 4 Lachm.). Es ruht auf dem Bewußtsein des Besitzes besonderer ethischer Eigenschaften (tiuschiu zuht gât vor i n allen; tugent u n d reine minne, swer die suochen wil„ der sol körnen in unser lant). 41 Besonders deutlich P l i n i u s , hist. nat. 3, 5, 3 9 : „ I t a l i a . . . terra omnium ter« rarum alumna eadem et parens, numine. deum electa, quae caelum ipsum clarius faceret, sparsa congregaret, imperia ritusque molliret et tot populorum discordes ferasque linguas sermonis commercio contraheret ad conloquia, et humanitatem hominibus daret, breviterque u n a c o n i u n c t a r u m g e n t i u m i n t o t o o r b e p a t r i a f i e r e t . " E i n wichtiger Beleg ist auch die Rede des A r i s t e i d es auf R o m ; dazu S c h ö n b a u e r , SZ. 5 i , 32 2 ff. 42 A u r e l . V i c t o r (unter Konstantin), De Caesaribus 17: „ Q u o d sane populus Romanus aegerrime tulit, quippe cuius a r m is l e g i b u s clementi imperio quasi novatam urbem Romam arbitraretur." L i b a n i o s an Theodos. d. Großen, Op. vol. I V , S. 7, 1 (ed. Foerster) : οΐμαι δή πάντας άνομολογησαι, δύο τ α ΰ τ α των τ η ν άρχήν ή μ ΐ ν συνεχόντων ε ί ν α ι τ ά μ έ γ ι σ τ α , τ ή ν τ ε των οπλών ισχύν κ α ι τ ή ν των νόμων. I I I S. 477, 1 4 f . έλαύνων γάρ σύ τους πολεμίους κ α ι νόμους καινοΐς εδ ποιείς τούς άρχομένους. C l a u d i a n , De consulatu Stilich. (oben S. 76 Ν . ι ι ) , 3, i 3 6 : A r m o r u m legumque parens. 43 Const, imperatoriam maiestatem p r . ; Const. Deo auctore p r . ; Const, summa rei publicae p r . ; Nov. 2(\ p r .

80

d a d u r c h der völkerrechtlichen Selbständigkeit begeben h a b e n 4 4 . D i e d r i t t e Gruppe

umfaßt

alle ü b r i g e n

Peregrinen

außerhalb

der Grenzen

des

römischen Reichs. I m Negativen ist die Rechtslage a l l e r d r e i G r u p p e n die gleiche: sie s i n d n i c h t r ö m i s c h e B ü r g e r . Das g i l t insbesondere m i t allen Konsequenzen auch f ü r die Staatsangehörigen Peregrinen: sie haben ihre — r e c h t l i c h f r e i l i c h n i c h t weiter gesicherte — Selbstverwaltung, leben nach i h r e m eigenen Recht, soweit n i c h t die Reichsgesetzgebung e i n g r e i f t , aber sie s i n d ausgeschlossen von den K o m i t i e n , v o m Senat u n d von der M a g i s t r a t u r sowie i n der R e p u b l i k v o m D i e n s t i n den L e g i o n e n 4 5 . Pereg r i n e ist anfangs jeder, der der latinischen N a t i o n n i c h t angehört, sofern er n i c h t ausnahmsweise d o c h das B ü r g e r r e c h t oder das latinische Recht erworben hat. I m

korrekten

Sprachgebrauch w i r d der L a t i n e r

nicht

„ p e r e g r i n u s " g e n a n n t 4 6 , eben w e i l er zwar N i c h t b ü r g e r , aber doch N i c h t b ü r g e r der gleichen N a t i o n a l i t ä t u n d also k e i n „ F r e m d e r " i s t 4 7 ; u n d der bundesstaatliche Charakter des latinischen B ü n d n i s s y s t e m s 4 8 zeigt deutl i c h , daß es a u f nationaler G r u n d l a g e r u h t . D e r römische Staat aber u n d das römische R e i c h sind zunächst keine nationalstaatlichen Gebilde ; i h r e n , der f ü h r e n d e n N a t i o n n i c h t angehörenden V o l k s g r u p p e n ist j e d e r A n t e i l an der Staats- u n d Reichsverwaltung (von der l o k a l e n Selbstverwaltung abgesehen) versagt. Mit

dem Erstarken

des italischen N a t i o n a l g e f ü h l s

w i r d die Rechts-

stellung der italischen Gemeinden der der latinischen a n g e n ä h e r t 4 9 , bis d a n n als Ergebnis des Bundesgenossenkrieges ganz I t a l i e n 5 0 das B ü r g e r 41

Darüber schon oben S. 53. M o m m s e n , Ges. Sehr. 6, 2off., 3off., 34; M a r q u a r d t , Röm. Staatsverwaltung 2 (2. A u f l . i 8 8 4 ) , S. 54o. 46 M o m m s e n , StaatsR. 3, 598. Der Schluß von G a i u s 1, 79, der latinische Gemeinden nicht mehr kennt, über den sich schon M o m m s e n , StaatsR. 3, 625 Ν . 1 wunderte, m u ß nach der Constitutio Antonina geschrieben sein. 47 Daran hielt man fest, auch nachdem peregrinische Gemeinden m i t latinischem Recht bewidmet worden waren. 48 M o m m s e n 6 2 7 f ï . ; K ü b l e r , Gesch. d. röm. R. i i 4 f L ; S t e i n w e n t e r , A r t . ius L a t i i in d. R E . ; L ü b k e r , R L . A r t . colonia und A r t . Socii. Der Latiner hat das Recht, sich auf römischem Gebiet aufzuhalten, römischen Boden zu Eigentum zu erwerben; der Erwerb des Bürgerrechts ist erleichtert: er erhält es durch Verlegung seines Wohnsitzes nach Rom oder durch Bekleidung eines Gemeindeamts i n einer latinischen Gemeinde oder durch E i n t r i t t i n den Senat einer solchen Gemeinde; ja, er hat ein Stimmrecht i n den römischen Komitien, ohne das römische Bürgerrecht erworben zu haben. A u c h das römische Privatrecht ist i h m zugänglich ( „ c o m m e r c i u m " ; dazu freilich W l a s s a k , SZ. 28, i i 4 f f · ) . Natürlich sind Abstufungen dieses „Latinischen Rechts" möglich; darüber siehe die angeführte Literatur. — Z u den,Textworten „bundesstaatlichen Charakter" vgl. die Bismarcksche Verfassung A r t . 3 („gemeinsames Indigenat'), Weimarer V e r f . A r t . 17 u. 110. 49 M o m m s e n , StaatsR. 3, 644ff.; 682, 689, 691, 694, 7 i 5 . B e l o c h , Der italische Bund 1880. 50 Die Transpadana aber erst i m Jahre 49· 45

6 Schulz, Prinzipien des römischen Rechts

81

recht erhält, u n d d a m i t n i c h t n u r abermals die große Masse der römischen B ü r g e r ein nationales Corpus darstellt, sondern auch u m g e k e h r t die neue römisch-italische N a t i o n i h r e juristische A u s p r ä g u n g erhält. Es w a r der W u n s c h des A u g u s t u s , daß es dabei bleiben möge. Seine E h e - u n d K i n d e r g e s e t z g e b u n g 5 1 sucht die italische N a t i o n zu erhalten u n d zu k r ä f t i g e n ; seine gesetzlichen Beschränkungen der F r e i l a s s u n g 5 2 u n d seine p r i n z i p i e l l e Z u r ü c k h a l t u n g i n der V e r l e i h u n g des Bürgerrechts e r strebt i h r e rassische R e i n e r h a l t u n g 5 3 . A b e r diesen ganzen bevölkerungspolitischen

Maßnahmen

war

der

Erfolg

versagt54;

die

Maxime

des

Augustus bei der V e r l e i h u n g des Bürgerrechts erwies sich als u n d u r c h f ü h r b a r u n d m u ß t e schon f r ü h wieder aufgegeben w e r d e n 5 5 . D i e neue N a t i o n des „ g r ö ß e r e n

I t a l i e n s " , die N a t i o n des römischen.

Imperium

forderte rechtliche A n e r k e n n u n g . I h r e n A b s c h l u ß findet diese E n t w i c k l u n g i n der allgemeinen V e r l e i h u n g des Bürgerrechts d u r c h C a r a c a l l a i m Jahre 2 1 2 5 6 . W i e damals nach d e m Bundesgenossenkriege die italische N a t i o n , so erhält j e t z t die N a t i o n des I m p e r i u m i h r e juristische

An-

erkennung. N i c h t b ü r g e r i n n e r h a l b des römischen Reiches g i b t es f r e i l i c h n o c h weiter, n i c h t b l o ß , w e i l die k ü n s t l i c h e n K a t e g o r i e n der p e r e g r i n i d e d i t i c i i 5 7 u n d der l a t i n i J u n i a n i 5 8 bis J u s t i n i a n 5 9 fortbestehen, sondern 51

Darüber K ü b l e r , Geschichte 2 3 8 f f . ; J ö r s § 159. K ü b l e r 2 / i i f f . ; J ö r s § 4 i a. E. 53 S u e t o n , A u g . ίio, 3 : M a g n i praeterea existimans sincerum atque ab o m n i c o l l u v i o n e p e r e g r i n i ac s e r v i l i s s a n g u i n i s i n c o r r u p t u m servare p o p u l u m , et civitates Romanas parcissime dedit et manumittendi m o d u m terminavit. A u c h i n seinem politischen Testament riet A u g u s t u s dem Nachfolger, m i t der Verleihung des B ü r g e r rechts sparsam zu sein: D i o Cass. 56, 33. V g l . auch S c h ö n b a u e r , SZ. 49, 3 g 8 f . 54 T a c i t u s , A n n . 3, 25: ,,nec ideo coniugia et educationes liberum frequentabantur, praevalida orbitate." Über die (sehr verschiedenartigen) G r ü n d e dieses Versagens ist hier nicht zu handeln. 55 T i b e r i u s hielt sich hier wie i m m e r an die P o l i t i k des Augustus; seit C l a u d i u s w i r d m i t i h r gebrochen: D i o Cass. 60, 17, 5 f . ; S e n e c a , Apocol. 3, 3 ; V o i g t , Jus naturale 2, 7 8 6 f f . ; F r i e d l ä n d e r - W i s s o w a , Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms ι ( 1 9 1 9 ) , io5,. Aus der Praxis sehe man die Briefe des P l i n i u s an T r a j a n , in denen er f ü r seine Freunde u n d Bekannte das Bürgerrecht erbittet und erhält. Andere Freunde des Kaisers werden nicht anders gehandelt haben. P I i n . ad. Traian. E p . 5, 6, 52

7,

10,

I I ,

106,

107.

Ö6 Es genügt hier ein Hinweis auf die letzten Arbeiten über diesen E r l a ß : S c h ö n b a u e r , SZ. 5 i , 2 7 7 f ï . ; 54, 3 3 7 ; S t r o u x , Philologus 88, 2 7 2 3 . Ob die Constitutio Antoniniana gewisse Volksgruppen vom Bürgerrecht ausschloß (so nach S t r o u x die peregrini dediticii, darüber noch unten S. 83 N . 69), ist hier nicht zu erörtern. A u c h m i t einschränkenden Ausführungsbestimmungen m u ß man rechnen. 57 K ü b l e r , Geschichte 2/Ì2 u n d unten S. 83 N . 69. W e n n Caracallas Erlaß oder Ausführungsbestimmungen auch dieser Klasse das Bürgerrecht verliehen haben sollten, so konnten sie doch aufs neue entstehen, da die L e x Aelia Sentia nicht aufgehoben war^ 58 K ü b l e r 2 43. A l l e zur Zeit der Const. A n t o n i n . vorhandenen L a t i n er haben das römische Bürgerrecht erhalten, aber die L e x Junia war nicht aufgehoben, und so konnten l a t i n i I u n i a n i aufs neue entstehen. 59 C. ( 7 , 5) u n d ( 7 , 6 ) .

82

auch w e i l eine Reihe barbarischer Grenzvölker Peregrinen bleiben, bis sie sich k u l t u r e l l

der Reichsnation angeschlossen h a b e n 6 0 .

Schließlich

b r i n g t auch das E i n d r i n g e n der Germanen i n das römische R e i c h neue große Peregrinengruppen, die sich dauernd i m Reich a u f h a l t e n u n d i n dieses eingegliedert s i n d 6 1 . Bis zuletzt w i r d an d e m römischen

Prinzip

festgehalten, N a t i o n u n d Z i v i t ä t i n Ü b e r e i n s t i m m u n g zu halten. M e r k w ü r d i g sorglos verhält sich dabei das römische Recht gegenüber dem E r w e r b des Bürgerrechts Ehe zwischen B ü r g e r n

durch G e b u r t

und F r e i l a s s u n g .

Die

u n d Peregrinen, gleichviel welcher Rasse oder

welchem V o l k sie angehören, ist n i c h t verboten; sie ist g ü l t i g , w e n n sie auch — falls das ius c o n n u b i i f e h l t — die vollen W i r k u n g e n der (römischen Ehe n i c h t h a t 6 2 . L a n g e Z e i t folgte das K i n d d e m Recht der M u t t e r , so d a ß also

die

Kinder

einer

mit

einem

Peregrinen

verheirateten

Römerin

römische B ü r g e r w u r d e n ; erst ein Gesetz des letzten J a h r h u n d e r t s der R e p u b l i k h a t sie f ü r Peregrinen e r k l ä r t 6 3 . Ganz vereinzelt steht ein Gesetz Valentinians u m 3 7 0 , das die Ehe zwischen R ö m e r n u n d Barbaren m i t K a p i t a l s t r a f e b e d r o h t 6 4 . Das uneheliche K i n d einer R ö m e r i n e r w i r b t stets das römische B ü r g e r r e c h t , auch w e n n der Erzeuger ein Peregrine ist. B e merkenswert ist auch, daß der Sklave eines r ö m i s c h e n Bürgers m i t der Freilassung das B ü r g e r r e c h t

e r w i r b t , ohne daß d e m Staate das Recht

zustünde, bei der Freilassung i r g e n d w i e m i t z u w i r k e n u n d das E i n d r i n g e n unerwünschter Personen i n den Kreis der r ö m i s c h e n B ü r g e r z u verhindern. I s t der Freigelassene selbst auch e i n B ü r g e r m i n d e r e n R e c h t s 6 5 , so ist doch schon

die Rechtsstellung

seiner

Kinder

günstiger66,

u n d den

Enkeln

schadet der freigelassene Großvater ü b e r h a u p t n i c h t m e h r , sie sind V o l l b ü r g e r 6 7 . D i e Gesetzgebung der ersten Kaiserzeit h a t zwar die Freilassung e r s c h w e r t 6 8 , das B ü r g e r r e c h t aber n u r v o l l s t ä n d i g disqualifizierten gelassenen v e r s a g t 6 9 . Diese u r s p r ü n g l i c h

wohl nur für

latinische

Freioder

60

M o m m s e n , Ostgoth. Studien, Ges. Sehr. 6, 4 6 7 f . ; K ü b l e r , Gesch. S. 228 N . 2. M o m m s e n 1. c. 465ff., 46g. 62 J ö r s § i 5 8 [ 1 7 1 , 2 ; 1 7 2 , 1]; K u n k e l , A r t . matrimonium in der RE. Sp. 2 2 6 8 . 63 Ε ρ i t . U l p . 5, 8. Es handelt sich u m eine Lex Minicia aus dem letzten Jahrhundert v. Chr. 64 C. Th. (3, ι 4 ) ι . 65 M o m m s e n , StaatsR. 3, 4^0 ff. Der Freigelassene ist ausgeschlossen von allen Staats- und Kirchenämtern, vom Ritterpferd und vom Senat, i m komitialen Stimmrecht benachteiligt, dem Hausgericht des Patrons unterworfen und i h m zu Frondiensten verpflichtet. 66 A u c h sie sind noch von den Ämtern, dem Senat und dem Ritterpferd ausgeschlossen. I n der Kaiserzeit w i r d ihre Rechtsstellung noch besser; siehe zum Beispiel M o m m s e n 452. 67 M o m m s e n 422. 68 Siehe die oben S. 82 N . 52 erwähnte Gesetzgebung des Augustus. 69 Die Lex Aelia Sentia enthielt einen Katalog von bestimmten Freigelassenen, denen das Bürgerrecht versagt und die Rechtsstellung von Staatsangehörigen Peregrinen zu61

83

wenigstens italische Sklaven g e d a c h t e 7 0 O r d n u n g , die aber d a n n m i t g r o ß artig

unbekümmerter

gehalten

w o r d e n ist,

Liberalität fiel

im

Vollgefühle

schjon i m

Altertum

nationaler

den

Kraft

fest-

auf:

Phi-

Politikern

l i p p V . v o n M a k e d o n i e n , der Bundesgenosse H a n n i b a l s u n d Besiegte v o n Kynoskephalae,

wies i n

einem

sie h i n u n d e r k l ä r t e s i e f ü r Freigelassenen

vermehre

uns i n s c h r i f t l i c h

erhaltenen71

Brief

eine w i c h t i g e K r a f t q u e l l e R o m s ; m i t

Rom

nicht

nur

seine eigene B ü r g e r s c h a f t ,

sei a u c h i n d e r L a g e , z a h l r e i c h e K o l o n i e n z u g r ü n d e n 7 2 .

Rechtsentwicklung

es



W e n n w i r uns jetzt d e r F r a g e n a c h derni n a t i o n a l e n V e r l a u f römischen

auf

seinen

z u w e n d e n 7 3 , so ist —

auch wenn

der wir

unserm Plan entsprechend 74 die dunkle Urzeit, aber a u c h die z w ö l f T a f e l n u n d ihre griechischen

Vorbilder75

g a n z beiseite lassen u n d u n s a u f

die

Zeit v o m zweiten J a h r h u n d e r t vor Christi an beschränken — e i n e einfache gewiesen wurde: „ u t eiusdem condicionis liberi fiant cuius condicionis sunt peregrini dediticii" ( G a i u s i , i 3 ) . Der Ausdruck „peregrini dediticii" kann in der Lex Aelia Sentia nichts anderes bedeuten als „Staatsangehörige Peregrinen" i n dem oben S. 80 angegebenen Sinne; das Gesetz wollte diese Freigelassenen nicht zum (Bürgerrecht gelangen lassen, sie aber doch natürlich nicht außerhalb des römischen Staates stellen; um das auszudrücken, war die Einreihung in den Kreis der „peregrini dediticii" die einzig mögliche Formulierung. D i e weitere Verschlechterung ihrer Stellung, verglichen m i t a n d e r n Staatsangehörigen Peregrinen, ergab sich aus dem Gesetz (so sicher G a i u s ι , 27, aber auch wohl 1, 26) oder aus seiner Interpretation (so G a i u s 1, 25). Doch bezeichnet i n nachklassischer Zeit „dediticius" oder „peregrinus dediticius" speziell den peregrinus dediticius der Lex Aelia Sentia ( E p i t . U l p . 1, i 4 ; C o l i . 4» 3, 4 [bei K ü b l e r 4, 3, 3 ] ; P a u l , Sent. 4, 12, 6 ; E p i t . G a i i 1, 1 p r . 3, 4), und es ist möglich, daß dieser Sprachgebrauch schon in der Const. Antoniniana angewandt ist. A l l e andern Auslegungen des Terminus „peregrinus dediticius" sind m. E . unhaltbar, insbesondere auch die letzte von S t r o u x , Philologus 88, 2 88 ff. (Die Lex Aelia Sentia muß m i t ihrem Hinweis auf die peregrini dediticii auf eine r e c h t l i c h bereits anerkannte Gruppe verwiesen haben; die Gaius 1, i 4 genannte Gruppe hat keine rechtliche Sonderstellung gehabt. Übrigens ist dieser § i 4 sicherlich ein später Einschub; das „ e r g o " des S i 5 schließt unmittelbar an S i 3 an. So richtig schon K n i e p , der Rechtsgelehrte Gaius 38 und Gai Inst. 1, 5.) 70 Die Deutung des Instituts bei M o m m s e n , StaatsR. 3, i 3 i , N . 1, ist schwerlich richtig. 71 D i t t e n b e r g e r , Sylloge (3. Aufl.) 2, N r . 543; D e s s a u , Inscr. Lat. 2, 2, Nr. 8763. Dazu M o m m s e n , Ges. Sehr. 4, 49®., 52; M . G e i z e r , Hermes 68, i 4 6 . 7 2

Vgl.

auch

D i o n y s .

Halic.

4,

23.

73

Z u m folgenden vor allem D e F r a n c i s c i , L'azione degli elementi stranieri sullo sviluppo e sulla crisi del diritto romano; Arch. giur. 93 (1925), 157ff.; A r a n g i o R u i z , Corso d i storia del dir. rom. (1931) 264|ff·; C h i a z z e s e , N u o v i orientamenti nella storia del diritto romano (Arch. giur. i o 3 [1930] pass.); P a r t s c h , Aus nachgelass. und kleineren verstreuten Schriften (1931), S. 346ff. 74 75

Oben S. 3.

Darüber M i t t e i s 1, 1 5 f . ; K r ü g e r i 4 ; S c h a n z 1, 33; P a i s , Storia crit. di Roma 2, 2 6 9 0 . ; B o n f a n t e , Histoire de droit Rom. 1. partie ch. X no. 5; A r a n g i o R u i z , Corso di Storia 55ff.; D e F r a n c i s c i , Storia 1, 2 0 9 f . , Note 3 o — 3 i , Arch, giur. 1. c. i 6 5 f f .

A n t w o r t n i c h t m ö g l i c h ; error veritate s i m p l i c i o r . Vieles ist auseinanderzuhalten : ι . die verschiedenen Z e i t e n ; 2. die verschiedenen S t o f f g e b i e t e des Rechts, die sich gegenüber ausländischer Beeinflussung ganz verschieden verhalten haben; 3. die Beeinflussung d u r c h ausländisches R e c h t , d u r c h ^Wissenschaft

(Philosophie m i t Einschluß

ausländische

der R h e t o r i k ) ,

durch

die internationale V e r k e h r s s i t t e ; P a r a l l e l e n und B e e i n f l u s s u n g e n .

Parallelen f ü r sich a l l e i n be-

weisen n o c h keine Beeinflussung oder Rezeption, ganz besonders n i c h t bei zwei V ö l k e r n w i e den Griechen u n d R ö m e r n , bei denen die nahe V e r w a n d t s c h a f t führen Wir

kann

76

auch spontan z u ähnlichen

Rechtsbildungen

.

betrachten zunächst die P e r i o d e v o m z w e i t e n

Jahrhundert

v o r C h r i s t i b i s z u m A u s g a n g des z w e i t e n n a c h c h r i s t l i c h e n

Jahr-

hunderts. Für

diese Periode

darf

man m i t

Seckel77

sagen:

„Die

römische

R e c h t s e n t w i c k l u n g verlief i n der Hauptsache n a t i o n a l , d u r c h Rezeptionen fremden

Stoffes u n d f r e m d e r

Gedanken w e n i g g e s t ö r t / ' M i t d e m E r -

starken des römisch-italischen N a t i o n a l g e f ü h l s u n d des i n i h m enthaltenen kräftigen

Bewußtseins j u r i s t i s c h e r Ü b e r l e g e n h e i t 7 8 wächst auch gerade

a u f dem Gebiete des Rechts W i d e r s t a n d s f ä h i g k e i t u n d W i d e r s t a n d s w i l l e gegenüber ausländischen Einflüssen. Aber v o l l k o m m e n e i n h e i t l i c h ist die römische H a l t u n g i n dieser Frage keineswegs. I n der R e p u b l i k , i n der n o c h so vieles i m F l u ß ist, sind auch die r ö m i s c h e n Juristen u n d Staatsm ä n n e r sichtlich aufgeschlossener u n d aufnahmebereiter als die o r t h o doxen Klassiker des P r i n z i p a t s 7 9 . D i e überlegenen, w e l t b ü r g e r l i c h - f r e i e n W o r t e , die S a l l u s t d e m C ä s a r i n den M u n d l e g t 8 0 : „ D i e

Vorfahren

seien n i c h t zu stolz gewesen, ausländische E i n r i c h t u n g e n nachzuahmen; was i h n e n bei F r e u n d u n d F e i n d brauchbar schien, das haben sie m i t g r o ß e m E i f e r a u c h z u Hause d u r c h g e f ü h r t ;

sie haben es vorgezogen,

die T ü c h t i g e n nachzuahmen statt sie zu beneiden'

— geben die römische

S t i m m u n g der letzten h u n d e r t f ü n f z i g Jahre der R e p u b l i k r i c h t i g wieder, w i e die B e t r a c h t u n g der Einzelheiten zeigt. D i e Z e i t des Prinzipats, w o h l 76

Vgl. K o s c h a k e r , SZ. 4g, i 9 4 f . D . röm. Recht und seine Wissenschaft i m Wandel der Jahrh. Berliner Rektoratsrede 1920, S. 8 ; ebenso P a r t s c h 348. 78 Siehe oben S. 79. 79 Diesen Eindruck hat auch K u n k e l , SZ. 48, 722. 80 Catil. 5 i , 3 7 : „neque maioribus nostris superbia obstabat, quo minus aliena instituta, si modo proba erant, imitarentur . . ; quod ubique apud socios aut hostis idoneum videbatur, cum summo studio domi exsequebantur: imitari quam invidere bonis malebant." 77

85

auch u n t e r d e m E i n d r u c k der nationalen Tendenzen des Augustus, ist h i e r viel zurückhaltender. Betrachten w i r n u n vorerst römische einnimmt

Recht gegenüber 81

die H a l t u n g , die i n dieser Periode das

dem g r i e c h i s c h - h e l l e n i s t i s c h e n

Recht

, so ergibt sich zunächst die Sonderstellung des römischen

Provinzialverwaltungsrechts,

namentlich

des

Steuer-

und

Wirt-

schaftsrechts 8 2 . D i e R ö m e r standen h i e r — zuerst nach d e m E r w e r b S i ziliens — v o r ganz neuen A u f g a b e n , waren d u r c h heimische T r a d i t i o n e n n i c h t gebunden u n d ü b e r n a h m e n daher das hellenistische V e r w a l t u n g s recht, das sie i n den einzelnen Provinzen vorfanden, oder ließen sich wenigstens v o n i h m stark beeinflussen. M a n denke z u m Beispiel an die L e x H i e r o n i c a i n S i z i l i e n 8 3 , an die B e r g w e r k s o r d n u n g v o n V i p a s c a 8 4 , a n das ägyptische Katasterwesen 8 5 u n d andres m e h r 8 6 . Solange uns eine D a r stellung des römischen Verwaltungsrechts f e h l t (ein dringendes B e d ü r f n i s unsrer W i s s e n s c h a f t ) , ist ein Ü b e r b l i c k über das Ganze n i c h t m ö g l i c h . A u f den Gebieten des S t r a f r e c h t s u n d S t r a f p r o z e ß r e c h t s flüsse

des griechischen Rechts k a u m w a h r n e h m b a r 8 7 . Es ist

sind E i n möglich,

aber n i c h t erwiesen, daß der Quästionenprozeß A n r e g u n g e n des g r i e c h i schen Rechts seine E n t s t e h u n g v e r d a n k t 8 8 ; von einer einfachen Übernahme ist jedenfalls keine Rede. W a s endlich das Gebiet des und P r i v a t p r o z e ß r e c h t s

Privatrechts

angeht, so ma,g der F o r m u l a r p r o z ' e ß

auf

griechische A n r e g u n g e n z u r ü c k g e h e n 8 9 , die Ausgestaltung i m einzelnen zeigt ü b e r a l l die römische F a b r i k m a r k e 9 0 . I m P r i v a t r e c h t s i n d es versi Z u m folgenden M i t t e i s , R P . i , i 7 f . M i t t e i s 1. c.; D e F r a n c i s c i , Arch. giur. 93, i 7 Ö f . 83 R o s t o w z e w , Studien zur Geschichte d. Kolonats 229ff., 236. 84 Siehe S c h ö n b a u e r , SZ. 46, 211 ff. 85 M i t t e i s - W i l c k e n , Grundzüge u. Chrest. 1, 1, S. 2Θ5. 86 Daß das S. C. de Bacchanalibus durch eine Verordnung des Ptolemaios Philopator beeinflußt sei, behauptet C i c h o r i u s , Röm. Studien ( 1 9 2 2 ) , S. 2 1 ff.; Griechische V o r bilder zur lex frumentaria des C. Gracchus: C i c h o r i u s 24. 87 Das Recht des Vaters, den Ehebrecher der Tochter zu töten, das das Ehebruchsgesetz des Augustus einführte ( M o m m s e n , StrafR. 624), ist nach M i t t e i s 1, 18 aus den Gesetzen des Solon und Dracon übernommen. Aber M i t t eis stützt sich allein auf den Schluß von D . (48, 5) 2 4 p r . : „et hoc est quod Solo et Draco dicunt ε ν ε ρ γ ώ " . Die Echtheit dieses Sätzchens ist aber zweifelhaft: die fraglichen Worte standen anscheinend gar nicht i n den griechischen Gesetzen, die sich viel deutlicher ausdrückten: P e r n i c e , SZ. 17, 191; B e a u c h e t , Droit privé de la rép. A t h . 1. 2 3 4 f · ; H r u z a , Beitr. zur Gesch. d. griech. und röm. Familienrechts 2 (1894), S. 76, N. 9. — Vgl. noch M i t t e i s 21. 82

88

So H i t z i g , D . Herkunft des Schwurgerichts i m röm. Strafprozeß 1909. N a b e r , Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 1, 24off., 245. Vgl. B e r t o l i n i , A p p u n t i didattici d i dir. rom. Ser. 2 , I l processo civile 1 ( 1 9 1 3 ) , S. 2 1 6 ; W e n g e r , Inst, d. röm. Zivilprozeßrechts, S. 20, N . 6a. 90 Daß der Zentumviralgerichtshof und die cessio bonorum griechische Vorbilder gehabt hat ( M i t t e i s 1, 21), ist bloße Vermutung. 89

86

s c h w i n d e n d w e n i g e u n d n i c h t f u n d a m e n t a l e Sätze, die m a n m i t S i c h e r h e i t oder Wahrscheinlichkeit

auf

das g r i e c h i s c h e R e c h t z u r ü c k f ü h r e n

kann.

M i t t e i s (Röm. PrivR. i , i 8 f f . ) hat einiges zusammengestellt; die Liste ist klein, und doch ist noch manches zu Unrecht aufgenommen. W e n n Antoninus Pius bestimmte, die ins Asyl geflüchteten Sklaven sollten verkauft werden, wenn sie der Herr grausam behandelt h a t t e 9 1 , so darf dieser dem griechischen Recht bekannte S a t z 9 2 , der dem Kaiser nicht unbekannt geblieben sein konnte, als aus dem griechischen Recht rezipiert bezeichnet w e r d e n 9 3 . — Daß es sich bei der „Rezeption der Lex Rhodia" nicht u m die Übernahme eines rhodischen Gesetzes oder Normenkomplexes handelte, hat Κ r e l i e r gezeigt 9 4 . — W e n g e r 9 5 hat auf eine kürzlich zutage getretene ptolemäische Verordnung hingewiesen, die bestimmte: „wenn jemand auf fremdem Boden baut, so verliert er sein Eigentum". Daß aber deshalb der römische Satz „superficies solo cedit" aus dem griechischen Recht stammt (was W e n g e r übrigens auch n i c h t behauptet), ist höchst unwahrscheinlich. W e n n die Klassiker sich f ü r diesen Satz auf S e r v i u s und L a b e o b e r u f e n 9 6 , so betrifft das die abstrakte Fassung der Regel, nicht den Rechtssatz selbst. — Das griechische Recht soll auch das Vorbild gewesen sein, f ü r die actio iniuriarum aestimatoria 9 7 . Aber auch das läßt sich nicht beweisen. Selbst wenn wirklich Labeo die „ i n i u r i a " dieser Klage als „ h y b r i s " bezeichnet h a t 9 8 , so besagt das f ü r eine Entlehnung nichts. Hätte L a b e o an eine Rezeption aus dem Griechischen geglaubt, so würde er das i n seinen von G e i l i u s 9 9 berichteten Ausführungen gesagt haben, und G e 11 i u s würde uns dieses interessante Faktum sicherlich nicht unterschlagen haben. Bei der actio iniuriarum noxalis ist freilich der Einfluß des griechischen Rechts erkennbar, der Text ist aber i n t e r p o l i e r t 1 0 0 . — Daß das besitzlose Pfandrecht dem griechischen Recht entnommen ist, w i r d man heute nicht mehr behaupten, nachdem man längst erkannt hat, daß der Terminus „hypotheca" in der römischen Jurisprudenz frühestens i n spätklassischer Zeit a u f t a u c h t 1 0 1 . — Den griechischen Ursprung des Aedilen-Edicts hat P a r t s c h b e h a u p t e t 1 0 2 . D i e internationale hellenistische V e r k e h r s s i t t e

h a t a u f das r ö m i s c h e

Recht vielleicht etwas stärker eingewirkt. D i e r ö m i s c h e steht offensichtlich kunde

103

in starker

Geschäftsurkunde

Abhängigkeit von der hellenistischen

. Aus der U r k u n d e n p r a x i s

a b e r h a b e n s i c h s c h l i e ß l i c h Sätze des

o b j e k t i v e n R e c h t s e n t w i c k e l t : so die B e s c h r ä n k u n g d e r

Verkäuferhaftung

a u f das „ h a b e r e l i c e r e " 1 0 4 , d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g des r h o d i s c h e n 91

Ur-

Haverei-

G a i u s ι , 53. P e r n i c e , SZ. 17, 178; M i t t e i s 1, 18. So auch P e r n i c e und M i t t e i s 1. c. 94 Z. f . Handelsrecht 85, 257fr., 3 5 7 « . , 367. 95 Philologus 88, 254ff-, 257. 96 D . ( 4 i , 1) 2 6 p r . ; (43, 1 7 ) 3, 7 . 97 H i t z i g , Iniuria ( 1 8 9 9 ) , S· 7 1 ; P a r t s c h , Arch. f . PapForsch. 6 , 6 o f f . 98 Coli. 2, 5, ι ist ein schlimmer T e x t ; siehe auch A l b e r t a r i o , Da Diocleziano a Giustiniano (Conferenze 33o, Ν . ι ) . 99 2ο, ι , ι 3 oben S. ηο. 100 D . (47» Ι Ο ) i r J t 4 und dazu L e n e l , Edict., S. 4θ2; B i o n d i , Actiones noxales i 6 3 ; D e V i s s c h e r , Tijdschrift 11, 3g = Etudes de droit romain (1931) 33off. und die i n diesen Schriften angeführte weitere L i t . Ι 0 1 J ö r s S 86 [ 9 4 ] ; S i b e r 125, N . 1. 102 1. c. 347. P. überschätzt den Einfluß des griechischen Rechts. 103 S t e i n a c k e r , Die antiken Grundlagen der frühmittelalterlichen Privaturkunde (1927), S. 66ff. und 170. 104 Oben S. 66 N . 53. 92 93

r e c h t s 1 0 5 , die B e g r ü n d u n g der Servituten pactionibus et s t i p u l a t i o n i b u s 1 0 6 , d a s P f a n d r e c h t des V e r p ä c h t e r s a n d e n i n v e c t a et i l l a t a 1 0 7 . A u c h i m schen B a n k w e s e n ist der griechische E i n f l u ß

W a s e n d l i c h die B e e i n f l u s s u n g des r ö m i s c h e n Rechts d u r c h d i e chische läßt

Philosophie

sich zur

strebungen

Zeit

einschließlich

darüber

der

auf

philosophische

sagen. D i e

Beund

zurückzuführen

sein.

Aber

Untersuchungen sind oft nicht kritisch genug verfahren Prüfung

die

111

d e r T e x t e zeigt, d a ß m i t u n t e r diese A u f n a h m e

Anregungen

griechi-

die A u s b i l d u n g einzelner juristischer L e h r e n

Lehren

so

der Republik nach abstrakter

s y s t e m a t i s c h e r D a r s t e l l u n g des R e c h t s 1 1 0 s t e h e n s i c h e r l i c h u n t e r schem Einfluß. A u c h

grie-

angeht109,

Rhetorik

noch nichts Abschließendes

der letzten Jahrhunderte

römi-

unverkennbar108.

erst d e r n a c h k l a s s i s c h e n

Zeit

mag

bisherigen

. Eine kritische

philosophischer

angehören.

Der Gedanke, die Anfechtung des inoffiziosen Testaments m i t dem „color insaniae" zu rechtfertigen, stammt sicher aus der griechischen R h e t o r i k 1 1 2 ; aber erst die nachklassische Zeit hat i h n ins römische Recht r e z i p i e r t 1 1 3 . — Die Erörterungen der RhetorenLehrbücher und Rhetoren-Schulen über die Auslegung von Gesetzen und Rechtsgeschäften, über die Bedeutung von W o r t und W i l l e (verba et voluntas) haben sicherlich auch bei den Juristen Beachtung gefunden und auf sie eine gewisse a n r e g e n d e W i r k u n g ausgeübt. Aber mehr als die Anregung, diese Probleme zu prüfen, konnten die Juristen aus dem Rhetorenbetrieb nicht e n t n e h m e n 1 1 4 und haben sie nicht e n t n o m m e n 1 1 5 . — 105 106 107 108 1 0 9

Siehe K r e l l e r oben S. 87 N. 94. G a i u s 2, 3 i u n d dazu J ö r s § 78 [ 8 6 ] ; S i b e r 110. M i t t e i s , R P . ι , 19 unten. M i t t e i s 1. c. 20, dort auch noch weitere Beispiele. Dazu

S o k o l o w s k i ,

Die

Philosophie

im

Privatrecht

1

(1902),

2

(1907);

J. S t r o u x , Summum ius summa iniuria (ital. Übersetzung dieser Schrift m i t Vorwort v. R i c c o b o n o i n d. Annali Palermo X I I , 63gff.; Rezension v. L e v y , SZ. 48, 6 6 8 f f ; m i t L i t . A l b e r t a r i o , Studi Bonfante 1, 6 3 i f f . ) ; K ü b l e r , Griech. Einflüsse auf die Entwicklung der röm. Rechtswissenschaft gegen Ende der republik. Zeit ( A t t i del Congresso internaz. d i diritto Romano Roma 1933; voi. 1, 81 ff.); bei K ü b l e r , S. 84, auch eine Zusammenstellung der älteren L i t . ; S t r o u x , dieselb. A t t i 1, n 3 f f . 110 Siehe oben S. 33, 35, 3 7 . 111 Vgl. auch K u n k e l , SZ. 48, 722. 112 v < W o e ß , Das röm. Erbrecht u. d. Erbanwärter (1911), S. 1 7 8 0 . ; B e a u c h e t , Histoire du droit privé de la rép. A t h . 2, 3 8 f . 113 B e s e l e r , Studi Bonfante 2, 82; S c h u l z , Überlieferungsgeschichte der Responsa des Cervidius Scaevola (Symbolae Friburg. i n hon. O. L e n e l ) , S. 197. 114 Die Rhetoren lehrten k e i n e s w e g s , daß dem W i l l e n nach Möglichkeit gegenüber den W o r t e n der Vorzug zu geben sei. Sie leiteten hier wie immer an zum disputare in utramque partem, genau wie Carneades i n seinen berühmten Propagandareden am ersten Tage f ü r die Gerechtigkeit sprach, am zweiten Tage dagegen ( K ü b l e r 1. c. 82). Ob i m Einzelfall der Redner f ü r das Haften am W o r t oder f ü r die Berücksichtigung des Willens spricht, hängt von der Instruktion ab, die er γοη dem von i h m befragten Juristen erhalten hat, oder einfach von dem Interesse seines Mandanten. Denn der Rhetor strebt nicht nach Wahrheit und Gerechtigkeit, sondern nach dem Sieg seines Mandanten, selbst wenn die Sache faul ist ( G e l l i u s 1, 6 : „ t u r p e est rhetori, si quid i n mala causa (1) destitutum atque inpropugnatum relinquat") ; er darf dabei auch lügen, wenn er nur Erfolg hat ( G e l l i u s 1. c.; Q u i n t , inst. or. 2, 17, 18, 21, 23, 2Öff.); der

88

Die aus der stoischen Philosophie übernommene Formel „coactus v o l u i " scheint erst aus nachklassischer Zeit zu s t a m m e n 1 1 6 ; ebenso eine Definition wie D . (4, 2) 5 : „ M e t u m " accipiendum Labeo dicit non quemlibet timorem sed maioris m a l i t a t i s 1 1 7 : timor maioris malitatis = φόβος μειζόνων κακών bei Aristoteles, Ethic. Nie. 3, 1 p. i n o . — Die Lehre vom Eigentumserwerb durch Spezifikation steht stark unter dem Einfluß philosophischer L e h r e n 1 1 8 ; ebenso die I r r t u m s l e h r e 1 1 9 usw. Wahrt

sich also das r ö m i s c h e R e c h t i n dieser P e r i o d e gegenüber

griechisch-hellenistischen selbstredend

in

noch

dem

so e n t s c h i e d e n s e i n e S e l b s t ä n d i g k e i t , s o g i l t d a s

stärkerem

Maße

gegenüber

dem

orientalisch-

h e l l e n i s t i s c h e n R e c h t E i n e B e e i n f l u s s u n g des r ö m i s c h e n R e c h t s d u r c h diesen Rechtskreis l ä ß t

sich

für

unsere Periode überhaupt

nicht

nach-

weisen. Insbesondere k a n n von einer E i n w i r k u n g der j ü d i s c h - t a l m u d i s c h e n J u r i s p r u d e n z a u f das r ö m i s c h e R e c h t k e i n e R e d e s e i n 1 2 0 . S o w e i t d i e b e i d e n Rechte

Ähnlichkeiten

aufweisen,

die

ein Abhängigkeitsverhältnis

wahr-

s c h e i n l i c h m a c h e n , h a n d e l t es s i c h u m e i n e B e e i n f l u s s u n g des j ü d i s c h e n R e c h t s d u r c h das r ö m i s c h e 1 2 1 , n i c h t u m das U m g e k e h r t e .



B i s z u m A u s g a n g des z w e i t e n J a h r h u n d e r t s n a c h C h r i s t i s t e l l t s i c h a l s o das

römische

Recht

mit

geringen

Ausnahmen

dar

als

das R e c h t

der

Redner ist nicht wie der iurisconsultus ein sanctus vir gravitate ac fide praeditus. Daß i n der causa Curiana ( J ö r s § 49) der Rhetor C r a s s u s f ü r die Berücksichtigung des Willens plädiert, der Jurist Scaevola f ü r das Festhalten am Wortlaut, besagt f ü r die Haltung der Rhetorik gar nichts: hätte Crassus die Gegenpartei verteidigt, so hätte er m i t demselben Schwung f ü r das Festhalten am W o r t gesprochen! Aus solchem Rhetorenbetrieb konnte niemals eine juristische Theorie der Auslegung des Rechtsgeschäfts entstehen, d e n n e i n e s o l c h e T h e o r i e i s t e i n e A n w e i s u n g z u m g e r e c h t e n U r t e i l e n , n i c h t z u m S c h w ä t z e n u n d D i s p u t i e r e n i n u t r a m q u e p a r t e m . Aber anregen konnten solche Diskussionen die Juristen freilich, die Frage ihrerseits j u r i s t i s c h zu behandeln. 115 Das zeigt die von S t r o u χ nicht berücksichtigte Digestenüberlieferung. Sie zeigt, daß die Entscheidung i n der causa Curiana ein kühner Husarenstreich und ganz und gar nicht repräsentativ f ü r die republikanische und klassische Jurisprudenz war. Richtig B e s e l e r , T i j d s c h r i f t 10, 190 unten und SZ. 53, i4> aber auch i m Grunde L e v y , SZ. 48, 675. 116 D . (4, 2 ) 2 1 , 5 und dazu S c h u l z , SZ. 43, i 8 o f . ; B e s e l e r , SZ. 44, 3 6 2 . S c h u l z 1. c. 182. Das W o r t „malitas" kommt anscheinend in der ganzen Latinität nur hier vor (vgl. auch B e s e l e r , SZ. 53, 21). 118 J ö r s § 66 am Ende [73]. 119 B e s e l e r , Byzant.-Neugriech. Jahrb. 1, 343; L e n e l , Arch. f . d. ziv. Prax. 123, 173ff. Überholt: S o k o l o w s k i 1, 238ff.; E h r l i c h , Ulpians oäöxa-Theorie i n den Studi Scialo ja. 120 C a r u s i , I rapporti tra diritto romano e d i r i t t i greco-orientali (Scritti della facoltà giur. d i Roma i n onore die A . Salandra 1 9 2 8 ) , S. 175 scheint sie f ü r möglich zu halten. 1 2 1 K r ü g e r , Geschichte 129. R. Jehuda, der Verfasser der Mischna, konnte freilich anscheinend kein Latein, wohl aber Griechisch; seine Freundschaft m i t einem römischen Kaiser „ A n t o n i n u s " ist wohl Legende: S t r a c k , Einleitung i n d. Talmud ( 1 9 0 8 ) , S. 9 7 . Nicht einmal der antike kirchliche Prozeß ist vom Talmudrecht beeinflußt: S t e i η w e n t e r , SZ. 54 (Kan. A b t . ) , S. 86ff. Beeinflussung des Talmudrechts durch das römische Recht: J o s t , Geschichte der Israeliten 4 ( 1 8 2 4 ) , S. 2 3 9 f . Vgl. auch W e n g e r , Arch. f . Rechts- u. Wirtschaftsphil. i 4 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) , 1 1 7 f .

römisch-italischen Dynastie

Nation.

Es

fragt

sich,

ob

bereits

die

Seve r i s che

eine W e n d u n g bedeutet. I n O s w a l d S p e n g l e r s

des A b e n d l a n d s ' 4 l e s e n w i r

folgende erstaunliche

„Untergang

Behauptungen:

Bd. 2, S. 78: Die klassischen Juristen waren sämtlich Aramäer. S. 82: Die Geschichte des lateinisch geschriebenen Rechts gehört seit 160 dem arabischen Osten... Die klassischen Juristen ( 1 6 0 — 2 2 0 ) Papinian, Ulpian, Paulus, waren Aramäer. Ulpian hat sich m i t Stolz einen Phöniker aus Tyrus genannt. Sie entstammen also derselben Bevölkerung wie die T a n n a i m 1 2 2 , welche bald nach 200 die Mischna abschlossen. S. 8 3 : A m orientalischen Charakter der Tausende von Konstitutionen zweifelt heute niemand mehr. S. 7 9 f . : Die allgemeine Bürgerrechtsverleihung stammt von dem „ A r a m ä e r " Caracalla. Diese

(auf ernstem Quellenstudium

stellen die W a h r h e i t

auf

Anfang

Jahrhunderts

des

dritten

den K o p f .

nicht beruhenden)

Um

Behauptungen

die J a h r h u n d e r t w e n d e

gewinnt

freilich

und

am

der Osten a u f

be-

s t i m m t e n Gebieten, namentlich a u f d e m religiösen, entschieden i m Westen Raum; leistet

das R e c h t a b e r , d i e u r e i g e n s t e S c h ö p f u n g des r ö m i s c h e n Widerstand:

von

einer

östlichen

Beeinflussung

Rechts ist unter den Severern n o c h nichts zu

des

Geistes,

römischen

spüren.

S e p t i m i u s S e v e r u s stammt aus A f r i k a , aber aus einer römischen, der römischen K u l t u r freilich entfremdeten F a m i l i e 1 2 3 . Seine zweite Frau, J u l i a D o m n a , ist die Tochter des Sonnenpriesters von Emesa i n S y r i e n 1 2 4 , sie ist also freilich Aramäerin, und so mag man auch ihren Sohn C a r a c a l l a als „ A r a m ä e r " bezeichnen. S p e n g l e r s Bemerkung, daß „die klassischen Juristen sämtlich Aramäer waren 44 , soll sich wohl nur auf die drei nachher namentlich Genannten beziehen, aber auch dann ist sie unbewiesen;. Daß P a p i n i a n aus Syrien stammt, erschließt m a n 1 2 5 allein aus einer Notiz der Historia Augusta; Carac. 8: „Papinianum amicissimum fuisse imperatori Severo et, u t a l i q u i l o q u u n t u r , a d f i n e m e t i a m p e r s e c u n d a m u x o r e m , memoriae t r a d i t u r " . Wenn aber eine unsichere Quelle wie die Historia Augusta etwas als unsicher berichtet, so w i r d man gut tun, darauf nicht weiter zu bauen. Von der Herkunft des P a u l u s wissen w i r überhaupt n i c h t s 1 2 6 . U l p i a n r ü h m t sich n i c h t , wie S p e n g l e r behauptet, Phöniker zu sein; er erklärt D . (5o, i 5 ) 1 pr. lediglich, daß er aus Tyrus stamme (Tyriorum colonia, unde m i h i origo e s t ) 1 2 7 . W e n n daraus folgen soll, daß er ein Phöniker war, so muß auch der Apostel Paulus ein Grieche oder Römer gewesen sein, weil er aus der griechisch-römischen Stadt Tarsos s t a m m t 1 2 8 . So gut es in Tarsos j ü d i s c h e Kolonisten gab, gab es i n Tyrus r ö m i s c h e Kolonisten! Die Hauptsache ist aber, daß es gerade bei U l p i a n immer unmöglich sein wird, i n seiner Methode und i n den von i h m vor122

S t r a c k 84ff. L . H a h n , Das Kaisertum 4 i ; F l u ß , A r t . Severus (Septimius) in der R E . Sp. 1944· A u c h der größte klassische Jurist Salvius Julianus stammt aus A f r i k a ; M o m m s e n , Ges. Sehr. 2, 2. Unberechtigte Zweifel bei W i l h . W e b e r , Hermes 5o, 52. 123

124

G. H e r z o g , A r t . Julia Domna i n der R E . Sp. 929. 125 K r ü g e r 220, 224, N. 84; R e u s c h , Der hist. W e r t d. Caracallavita ( i g 3 i )

53.

126

K r ü g e r 227; B e r g e r , A r t . Julius Paulus i n der R E . Die Seltenheit des Namens „ P a u l u s " i m Osten ( D e s s a u , Hermes 45, 352) spricht g e g e n östliche Herkunft. 127 „ o r i g o " ist auch nicht eindeutig: J ö r s , A r t . Domitius Ulpianus in der RE. Sp. i 4 3 6 . 128 Act. Apost. 21, 39: έγώ άνθρωπος μέν ε ί μ ι Ιουδαίος, Τάρσευς της Κ ι λ ι κ ί α ς ούκ άσήμου πόλεως.

90

getragenen Lehren etwas Östliches zu finden 1 2 8 a . Dasselbe g i l t f ü r P a p i n i a n und P a u l u s , aber auch f ü r die Konstitutionen der Severischen Kaiser; auch hier ist von einem orientalischen Einschlag nichts zu spüren. Selbst wenn unsere Juristen blutmäßig keine Italiker gewesen sein sollten, so gelten doch f ü r jeden von ihnen die Worte, die W i l h e l m W e b e r über Julius Q u a d r a t u s 1 2 9 schrieb: „ E r hat sich Rom geschenkt, dem Geist seiner disciplina, seiner virtus, seiner gloria. Durch sein T u n hat er selbst freilich auch sein Leben lang den Nachweis geführt, daß auch der Nichtitaliker von Blut i n diesen Geist hineinwachsen, i n i h m alles leisten kann."

M i t der a l l g e m e i n e n V e r l e i h u n g des B ü r g e r r e c h t s d u r c h C a r a c a l l a ( 2 1 2 ) w u r d e das römische Recht z u m einheitlichen Recht der N a t i o n des römischen I m p e r i u m e r h o b e n 1 3 0 .

I n d e m kolossalen Stile der Cara-

c a l l a - T h e r m e n sollte auch die Rechtseinheit f ü r die neue N a t i o n m i t einem Schlage geschaffen w e r d e n 1 3 1 .

Die

Verwirrung,

die

damit

angerichtet

w u r d e , n a m e n t l i c h i n den östlichen Reichsprovinzen, die ein ausgebildetes einheimisches Recht besaßen, m a g n i c h t geringer gewesen sein als die, d i e die A u f n a h m e des r ö m i s c h e n Rechts nach Deutschland i m

fünfzehnten

J a h r h u n d e r t zur F o l g e h a t t e 1 3 2 . Das römische Recht t r u g noch z u stark den Charakter eines Rechts der römisch-italischen N a t i o n ; es w a r den Peregrinen auch f o r m e l l schwer erreichbar d u r c h seine Sprache, d u r c h das Fehlen von Gesetzbüchern u n d Gesetzsammlungen, a u c h w e n n m a n berücksichtigt,

daß zahlreiche

Peregrinen

schon i n den beiden ersten

J a h r h u n d e r t e n nach C h r i s t i a u f römischen Rechtsschulen studiert haben mögen. Es hätte nahe gelegen, die Rezeption des r ö m i s c h e n Rechts dad u r c h zu erleichtern, daß m a n seine ausgesprochen r ö m i s c h - n a t i o n a l e n Züge m i l d e r t e , aber davon ist zunächst keine Rede. Ü b e r h a u p t scheint v o n der römischen Zentrale aus anfangs n i c h t viel geschehen z u sein, u m den kolossalen Gedanken der C o n s t i t u t i o A n t o n i n a i n die T a t

umzusetzen,

w e n n w i r auch f r e i l i c h m i t einigen uns unbekannten A u s f ü h r u n g s v e r o r d n u n g e n rechnen m ü s s e n 1 3 3 . E r s t i n der Z e i t D i o k l e t i a n s geht m a n zu energischer A k t i o n ü b e r 1 3 4 . M a n versucht allen Ernstes, das Peregrinenrecht n i e d e r z u k ä m p f e n u n d das römische Recht z u m alleinigen Recht der 128a Gegen angebliche Hebraismen schon H e i n e c c i u s , De U l p i a n i i c t i hebraismis, Opera 2 (Genevae 1746), 707ff.; Z i m m e r n , Gesch. d. röm. PrivR. 1, 36g. * 2 9 I n der oben S. 76 N. 8 angeführten Schrift, S. g5. 130 Über Ausnahmen siehe oben S. 82 N. 57, 58. 131 S t r o u x , Philologus 88, 279. 132 M i t t e i s , Reichsrecht und Volksrecht i ö g f f . ; F e r r i n i , Lotte antiche e recenti contro i l diritto romano, Opere 4 i 3 f f . , 4 i 5 f f . ; T a u b e η s c h l a g , Geschichte der Rezeption des röm. Privatrechts i n Ägypten, Studi Bonfante 1, 4o2 ff. 133 M i t t e i s 161. 134 Z u m folgenden siehe F e r r i n i 421; D e F r a n c i s c i , Arch. giur. 93, 1 8 7 0 . ; T a u b e n s c h l a g , Das röm. Privatrecht zur Zeit Diokletians, 1923 (Bulletin de l'Académie Polonaise des sciences et des lettres, Cracovie 1919—1920, S. i 4 i f f · Das Schlußurteil, S. 280, ist nicht zutreffend. Richtig A l b e r t a r i o , Da Diocleziano a Giustiniano, Conferenze per i l X I V . centenario delle Pandette (Milano I 9 3 i ) , S. 323ff.; A r a n g i o R u i z , Corso d i storia 273ff. ; F e i g e n t r ä g e r , Antikes Lösungsrecht, S. 9, Ν . 3 ι .

r ö m i s c h e n Reichsnation zu machen. D i e klassische J u r i s p r u d e n z die kräftigste W o r t f ü h r e r i n

freilich,

des r ö m i s c h e n R e c h t s , w a r v e r s t u m m t ;

aber

die Schüler d e r letzten K l a s s i k e r u n d deren S c h ü l e r sitzen offenbar i n d e r Kanzlei135

kaiserlichen

und

führen

von hier

aus den

Kampf.

Die

Re-

skripte D i o k l e t i a n s , die w i r jetzt e i n i g e r m a ß e n übersehen 136, zeigen die kaiserliche Kanzlei i m heroischen K a m p f e m i t den peregrinischen rechten,

die

sich

der

Konstitution

Caracallas

zum

Trotz

Volks-

erhalten

h a t t e n ; sie v e r s u c h t v e r m i t t e l s t m a s s e n h a f t e r R e s k r i p t e d i e K e n n t n i s römischen tilgen. der

Rechts

zu verbreiten

Aus diesem Kreise

die B e n u t z u n g

Arbeiten Paulus'

der

Zeit,

wird

u n d volksrechtliche auch der Codex

der Kaisererlasse wie

erleichtert.

die „ M e i n u n g e n

Gregorianus Auch andre

Ulpians",

die

der Ps. U l p i a n s c h e ü b e r singularis r e g u l a r u m

137

Eine tins138.

deutliche

Cäsur

Der novator

stammen, literarische

Darstellung

der deutschen Rezeptionszeit137 a.

bedeutet

turbatorque

hier

die R e g i e r u n g

priscarum legum139

des

, d i e das r ö m i s c h e

Recht einigermaßen popularisieren wie

populäre romanistische Literatur

des

auszu-

„Meinungen

Recht i n kurzer, a u f den Kognitionenprozeß zugeschnittener b i e t e n , w o l l e n das r ö m i s c h e

4

„Irrtümer

die —

Konstan-

ist k e i n

„Römer"

H o f m a n n , K r i t . Studien i m röm. Recht 2 o f f . , 2 5 ; K r ü g e r 2 5 5 . Siehe das S. 91 N . i 3 4 genannte Buch T a u b e n s c h l a g s über Diokletian. 137 Daß es sich bei allen drei Schriften u m nachklassische Arbeiten handelt, w i r d heute wohl von den meisten anerkannt. Zu den „ O p i n i ο η e s " siehe R o t o n d i , Scritti ι , 453ff. — Z u den „ S e n t e n t i a e " statt vieler L e v y , SZ. 5o, 2 7 2 ; anders jetzt leider wieder ( m i t unzureichenden Gründen) V o l t e r r a , Süll' uso delle sententiae d i Paolo etc. i n den A t t i del congresso intern, d i dir. rom. 1, 162 if. — Z u m „ l i b e r singularis" S c h u l z , Die Epitome Ulpiani, S. 18. Noch eine ganze Reihe anderer pseudoklassischer Schriften, die dieselben Zwecke verfolgen, werden aus dieser Zeit stammen. Es bedarf darüber noch weiterer Untersuchungen. 137a Vgl. S t i n t z i n g , Geschichte d. populären Literatur d. röm.-kanon. Rechts in Deutschland ( 1 8 6 7 ) ; E. S e c k e l , Beiträge zur Geschichte beider Rechte i m M i t t e l alter ι ( 1 8 9 8 ) . Z u r Geschichte der populären Literatur d. röm.-kanon. Rechts. 138 Darüber ist man sich einig. Man streitet nur über das M a ß der griechischorientalischen Beeinflussung. Z u m folgenden M i t t e i s , Reichsrecht 2θ4, 548ff.; F e r r i n i 421; D e F r a n c i s c i , Arch. giur. 93, 192; A r a n g i o R u i z , Corso d i storia 2 7 6 0 . ; E d . S c h w a r t z , Kaiser Konstantin und d. christl. Kirche 7 5 f ï . ; Κ . S t a d e , Diokletian 68ff.; A l b e r t a r i o , I l diritto privato romano nella sua formazione storica ( 1 9 2 7 ) , S. i 6 f f . ; Da Diocleziano a Giustiniano (Conferenze etc. oben S. 28 Ν . η), S'. 3 2 5 ; R i c c o b o n o i n zahlreichen Schriften, namentlich Fasi e fattori dell' evoluzione del diritto romano, Mélanges Cornil 2, 237ff. m i t Übersicht über seine Schriften, S. 3o3ff.: Storia del diritto antico e studio del diritto romano (Ann. Palermo X I I ) , namentlich S. 5 i i ff.; C a r u s i in der oben S. 89 N . 120 angeführten Schrift; S a n N i c o l ò , Beiträge zur Rechtsgeschichte i m Bereiche der keilschriftl. Rechtsquellen ( i 9 3 i ) , passim (siehe d. Register unter Röm. R . ) ; Röm. und antike Rechtsgeschichte, Prager Rektoratsrede 1931, S. 15ff.; K o s c h a k e r , SZ. 49, 192fr. und die dort S. 193 angeführten Arbeiten von N a l l i n o ; N a l l i n o , Studi Bonfante 1, 2o3ff.; E. L e v y , Westen und Osten i n der nachklass. Entwicklung des röm. R., SZ. 49, 2 3 o f f . ; W e n g e r , Arch. f . PapForsch. 9, i o ß f f . , 2 5 8 ; D e Z u l u e t a , Mélanges Fournier 8 0 2 ; C o l l i n e t , L e rôle de la doctrine et de la pratique dans le dévelopement du droit romain privé au bas-empire 1 3 5

136

92

F.

m e h r wie D i o k l e t i a n : der Osten s o l l j e t z t „ z u seinem R e c h t e " k o m m e n , zu seinem Anteile an der A u s b i l d u n g des Rechts der Gesamtnation des römischen Reichs. Das vierte u n d f ü n f t e J a h r h u n d e r t ist eine Periode, in

der der

bisherige

römisch-italische

nationale

Charakter

Charakter

eine

Griechische, j a auch orientalische

des r ö m i s c h e n

erhebliche

Rechts,

Abschwächung

der

erfährt.

Rechtsanschauungen gewinnen

jetzt

k r ä f t i g e n E i n f l u ß , auch die griechische P h i l o s o p h i e u n d R h e t o r i k

wird

n o c h e i n m a l 1 4 0 f ü r die römische R e c h t s b i l d u n g bedeutsam. Aber auch die Eigenbewegung des römischen Rechts geht i n der R i c h t u n g a u f Abschleifung

nationaler

Besonderheiten

und

Angleichung

an

volksrechtliche

Rechtsanschauungen : insbesondere beseitigt die F u s i o n des Zivilrechts u n d H o n o r a r r e c h t s 1 4 1 (die nach Abschaffung des Formularprozesses auch ohne volksrechtliche Einflüsse i m Zuge der r ö m i s c h e n E n t w i c k l u n g lag) u n d die M i l d e r u n g des rechtsgeschäftlichen F o r m a l i s m u s 1 4 2 vieles den volksrechtlichen

Rechtsanschauungen

besonders

Fremdartige.

Die

Rechts-

geschichte des vierten u n d f ü n f t e n J a h r h u n d e r t s ist eine höchst k o m p l e x e Erscheinung, ein auch n u r einigermaßen scharfes Gesamtbild des Rechtszustandes u n d seiner E n t w i c k l u n g l ä ß t sich heute n o c h n i c h t geben, besitzen w i r j a doch n o c h n i c h t e i n m a l eine zusammenfassende D a r s t e l l u n g der Erlasse K o n s t a n t i n s 1 4 3 . A l l z u lange h a t die F o r s c h u n g diese Periode als „ Z e i t des Niedergangs u n d der E n t a r t u n g " beiseite geschoben, o b w o h l i n solchen F o r m e l n W e r t u r t e i l e n i c h t enthalten s i n d : denn auch das Schöne m u ß sterben, der Niedergang des einen ist der A u f g a n g des andern, Geb u r t u n d Grab ein ewiges Meer. V o n den verschiedensten Seiten her m u ß weiter an der Analyse dieser Periode gearbeitet w e r d e n ; auch die I n t e r p o l a t i o n e n f o r s c h u n g w i r d sich n i c h t länger d a r a u f beschränken d ü r f e n , die i n die klassischen Texte eingedrungenen Glossen u n d

Paraphrasen

als „ U n k r a u t " auszuraufen u n d wegzuwerfen, sondern w i r d versuchen müssen, aus d e m gewonnenen, n u n schon beträchtlichen nachklassischen M a t e r i a l ein, w e n n a u c h n u r vorläufiges G e s a m t b i l d der nachklassischen = Rev. Hist. 1 9 2 8 , S. 5 5 i f f . , 1 9 2 9 , S. 5 f î . ; F e l g e n t r ä g e r 1 2 u n d 121 ff.; C h i a z z e s e , Introduzione, S. 2 65, N r . 112. — Die Einzelforschung kommt natürlich auf diese Probleme oft zu sprechen; eine Zusammenstellung hätte keinen Zweck. W i r erwähnen γόη den neuesten Schriften etwa: K o s c h a k e r , Studi Riccobono 3, 3 6 i f f . ; V o l t e r r a , Bull, 4 i , 2 8 9 0 . (beide über die adoptio i n fratrem), und F e l g e n t r ä g e r passim. 139 140 A m m i a n 21, 10, 8. Richtig K u n k e l , SZ. 48, 722. 141 R i c c o b o n o , Dal dir. class, al dir. moderno (Ann. Palermo 1915), S. 587ff. und L a fusione del ius civile e del ius praetorium i n unico ordinamento, Arch. f . Rechts- und Wirtschaftsphilosophie 16, 5o3, Fasi e fattori 3o8, N r . 32 (wo 52 8 in 588 zu verbessern ist); P a r t s c h , SZ. 44, 559ff. 142 R i c c o b o n o , Storia del dir. antico (oben S. 92 Ν . i 3 8 ) , S. 522ff. 143 M i t t e i s , Reichsrecht 548 (Beilage I I I . Die Gesetzgebung Konstantins) ist unzureichend. (1929)

93

Jurisprudenz zu entwerfen. I m A u g e n b l i c k w i r d es sich e m p f e h l e n , a l l gemeine W a h r s p r ü c h e über diese Periode zu unterlassen : L a scienza n o n p u ò essere i n t o l l e r a n t e ; è figlia dell' osservazione e della p a z i e n z a 1 4 4 . N u r dreierlei d a r f heute schon gesagt w e r d e n : i . ü b e r der zweifellosen B e einflussung des römischen Rechts d u r c h die Volksrechte d a r f die spontane Eigenbewegung des römischen Rechts n i c h t vergessen werden, die auch i n dieser Periode vorhanden i s t ; 2. das orientalische Recht scheint auch i n dieser Periode n u r einen v e r h ä l t n i s m ä ß i g bescheidenen E i n f l u ß

aus-

geübt z u h a b e n 1 4 5 ; 3. das G e s a m t e r g e b n i s 1 4 6 i s t ein Recht, das m a n als das nationale Recht der Gesamtnation des r ö m i s c h e n Reichs bezeichnen darf. — Das Z e i t a l t e r J u s t i n i a n s setzt n i c h t einfach die Bestrebungen des vierten u n d f ü n f t e n J a h r h u n d e r t s f o r t . Es w a r vielleicht keine g l ü c k l i c h e F o r m u l i e r u n g , w e n n m a n von „archaistischen Tendenzen J u s t i n i a n s " gesprochen h a t 1 4 7 . A b e r soviel steht doch fest: J u s t i n i a n u n d seine L e u t e sind von einer ehrlichen Begeisterung f ü r die K l a s s i k e r e r f ü l l t , die sich n i c h t n u r i n Phrasen, sondern vor allem i n r e d l i c h e r A r b e i t betätigt. S i e haben die entscheidenden W e r k e der Klassiker gelesen u n d allem

Wesentlichen

auch

verstanden.

Das

neugewonnene

in

Ver-

ständnis der Klassiker befähigt sie, eine Reihe aus Unverstand geborener M i ß b i l d u n g e n der nachklassischen Jurisprudenz, unverständige Quästionen u n d unverständige A n t w o r t e n ,

beiseitezuschieben

und zum

klassischen

Recht z u r ü c k z u k e h r e n 1 4 8 . A b e r auch sonst sehen w i r sie da u n d d o r t einen S c h r i t t zurücktreten i n der R i c h t u n g a u f das klassische R e c h t 1 4 9 . E i n a l l gemeines Rückwärtsrevidieren k o n n t e i h n e n f r e i l i c h n i c h t i n den S i n n k o m m e n , s i n d sie doch i n vielen F r a g e n die V o l l e n d e r der B e w e g u n g des vierten u n d f ü n f t e n

Jahrhunderts 150.

Aber

Justinian

wählt hier

wie

i n so mancher Einzelfrage einen M i t t e l w e g ; was er erstrebt, ist : eine V e r mittlung

zwischen

Diokletian

dem

Römer

und

Konstantin

dem

Griechen; d a r i n h e g t die Schwäche, aber auch die Stärke seines W e r k s . 144

145 R i c c o b o n o , Fasi K o s c h a k e r , SZ. £9, 1 g4 (wohl zu skeptisch). 146 Vorläufige Zusammenstellung bei D e F r a n c i s c i , Arch. giur. 93, 202ff. und R i c c o b o n o , Fasi 3o3ff. Siehe auch C o l l i n e t , Etudes hist, sur le droit de Justinien 1

(1912). 147 P r i n g s h e i m , Die archaistische Tendenz Justinians, dagegen R i c c o b o n o , La verità sulle pretese tendenze arcaiche per i l X I V centenario delle Pandette (Milano 1931), S. 2 3 7 f ï . ; I , 587fr. und in den A t t i del Congresso internaz. di dir. rom. ! " S c h u l z , SZ. 5o, 212ff., 248.

Studi Bonfante 1, 5 5 i f f . ; di Giustiniano, Conferenze B e r g e r , Studi Riccobono Roma 1933, Voi. 1, 39ff.

149 P r i n g s h e i m 573. Auch i n der Sprache nähern sie sich den Klassikern an (verglichen etwa m i t Konstantin), natürlich ohne sie zu erreichen und erreichen zu wollen. Siehe oben S. 56. 150 So zum Beispiel i n der Frage der Vermögensfähigkeit der Hauskinder: J ö r s S 1 7 2 am Ende [ i 8 5 , 2 u. 3].

94

Freiheit 0 nomen dulce libertatis! ο ius eximium hostrae civitatis! C i c e r o , I n Verrem I I , 5, 63, i 6 3 . D e m römischen Freiheitsbegriff

ist die Begrenzung i m m a n e n t ,

darum

k a n n das F r e i h e i t s p r i n z i p i n R o m e i n P r i n z i p d e r R e c h t s g e s t a l t u n g s e i n 1 . N i e m a l s i s t d e n R ö m e r n F r e i h e i t , die F ä h i g k e i t t u n u n d lassen z u k ö n n e n , Avas m a n w i l l , n a c h s e i n e m e i g e n e n K o p f e z u l e b e n 2 ; u n f r e i i s t f ü r

sie

allein der, der einen d o m i n u s hat, einen H e r r n , der i h n regiert u n d d e m gegenüber unfrei,

ihm

jedes

Selbstbestimmungsrecht

fehlt.

So ist der

einzelne

w e n n er Sklave ist, e i n ganzes V o l k , w e n n a n seiner Spitze

ein

a b s o l u t e r M o n a r c h s t e h t , o d e r w e n n es d e m D o m i n â t e i n e s f r e m d e n S t a a t s unterworfen Römer

ist. F e h l t aber der „ H e r r "

der einzelne

wie

i n d i e s e m ! S i n n e , so i s t f ü r

die Volksgesamtheit

frei,

so v e r s c h i e d e n

den groß

a u c h das M a ß d e r l i b e r t a s sein m a g . D a r u m i s t d i e r ö m i s c h e „ l i b e r a

res

p u b l i c a " v o r h a n d e n , a u c h w e n n S u l l a a n d e r S p i t z e des S t a a t e s s t e h t . A u c h d e r r ö m i s c h e Staat des P r i n z i p a t s i s t e i n f r e i e s G e m e i n w e s e n 3 , d e n n 4

Prinzipat ist kein D o m i n â t ,

ja Augustus

rühmt

sich i n seiner

der

Denk-

1

Z u m folgenden I h e r i n g 2 , i 3 3 f f . , 2 9 2 Î Ï . ; K r o l l 1, i o f f . Siehe A r i s t o t e l e s , Politik 6, 2, 7, p. 1317b: το ζην ώς βούλεταί τ ι ς ; 5, 9» 2 2 > p. i 3 i o a : ελεύθερον δέ το δ τ ι αν βούληταί τις ποιεΐν. Arist. wendet sich i n der zweiten Stelle gegen diesen Freiheitsbegriff; er fährt f o r t : ώστε ζ η έν τ α ι ς τοιαύταις δημοκρατίαις έκαστος ώς βούλεται . . . τοΰτο δ'έστί φαΰλον . . . Und vorher κακώς ορίζονται το ελεύθερον. Vgl. dazu H e r m a n n - S w o b o d a , Lehrb. d. griech. A n t i quitäten, ι . Staatsaltertümer, 3. Abt. (6. Auflage I 9 i 3 ) , S. i o 5 . Siehe auch v. A r n i m , Stoicorum veteruum fragmenta 3, N r . 354 ff- Dagegen die römische, sich an das griechische Vorbild offenbar anlehnende Definition bei F l o r en t i n D. ( ι , 5) 4 p r . : Libertas est [naturalis] facultas eius quod cuique facere übet, nisi si quid v i aut iure prohibetur. Selbst wenn diese Definition nicht klassisch sein sollte, ist sie f ü r unsere Zwecke gleichwohl ein Beleg („naturalis" streicht A l b e r t a r i o , Sul concetto d i ius naturale, Rend. Lomb. 5η, 1924, S. 176). Vielleicht hat diese Interpolation auch den Einschub der Worte „ v i a u t " herbeigeführt; über deren Bedenklichkeit S c i a l o j a , Teoria della proprietà ι (1928), 261. 2

.

3

B e s e l e r , Jur. Miniaturen ι 6 3 ; Β i e k e l , Bonner Jahrbücher i 3 3 ( 1 9 2 8 ) , S. 27. P l i n i u s redet Trajan i n seinen Briefen unbefangen m i t „dominus" an, in seiner Staatsrede auf Trajan (Panegyricus) vermeidet er den Ausdruck peinlichst: „ c i v i u m d o m i n i " sind die schlechten Kaiser (cap. 88), der wahre prineeps w i r d zum dominus i n Gegensatz gestellt (z. B. cap. 2 „ n o n enim de tyranno, sed de cive, non de domino, 4

95

schrift,

das Gemeinwesen — wie e i n assertor l i b e r tatis i m

Freiheits-

prozeß — i n die F r e i h e i t v i n d i z i e r t z u haben aus der D o m i n a t i o einer Partei : Monumentimi Ancyranum libertatem vindicavi 5 .

i:

rem

publicam dominatione

factionis

oppressam

in

D a h e r nennen die R ö m e r aber auch eine Gemeinde f r e i , o b w o h l sie d u r c h E i n t r i t t i n die römische Wehrgenossenschaft i h r e völkerrechtliche Souveränität verloren h a t ; denn a u c h h i e r ist v o n einer Beherrschung d u r c h R o m i n den F o r m e n des D o m i n a t s keine Rede. D i e römische libertas ist ein echt r ö m i s c h e r B e g r i f f : k l a r , begrenzt, p r a k t i s c h - j u r i s t i s c h , viell e i c h t ein w e n i g n ü c h t e r n . Diese F r e i h e i t ist es, die die R ö m e r als i h r höchstes G u t preisen 6 !und die sie so lange m i t zäher B e h a r r l i c h k e i t festgehalten haben. I h r F r e i h e i t s streben erscheint i h n e n als nationale Besonderheit, alle Nationen können, so m e i n e n sie, die K n e c h t s c h a f t ertragen, n u r die römische N a t i o n n i c h t 7 ; i h r Staat erscheint i h n e n als „ d e r F r e i h e i t P a r a d i e s " 8 , u n d i m

Kampf

m i t den M o n a r c h e n des Ostens f ü h l e n sie sich als V o r k ä m p f e r der F r e i heit9.



Das römische F r e i h e i t s p r i n z i p erscheint zunächst i n der Geschichte des römischen V e r f a s s u n g s r e c h t s a m W e r k . W i e n a c h d r ü c k l i c h die absolute Monarchie (regnum)

i n republikanischer u n d klassischer Z e i t ab-

gelehnt w o r d e n ist, b e d a r f keiner weiteren Schilderung. A u c h der P r i n z i p a t ist k e i n „ r e g n u m 4 \ D e r B e g r ü n d e r des Prinzipats erhält den E h r e n n a m e n „ A u g u s t u s " u n d n i c h t , w o r a n m a n gedacht h a t t e 1 0 , den des ersten r ö m i schen K ö n i g s ; u n d m i t bezeichnender H e f t i g k e i t haben A u g u s t u s

wie

sed de parente l o q u i m u r " ; cap. 7 „ n o n enim servulis tuis dominum . . . sed principem civibus daturus es imperator"). Derselbe Gegensatz bei T a c i t u s , A n n . 1, 9 „ n o n regno tarnen neque dictatura sed principis nomine constitutam rem publicam"; und (in tendenziöser Verdrehung der Sache) 1, 3 „Augustus subsidia d o m i n a t i o n i " ; 1, 3 am Ende; ι , 7 „ruere i n s e r v i t i u m " . Vgl. M o m m s e n , StaatsR. 2 , 7 6 0 ® . 5 Dazu richtig B i c k e l 1. c. 2 Ö f f . , 2 7 , gegen M o m m s e n , Ges. Sehr. 4, 347 ff. 6 C i e . ad A t t . i 5 , i 3 , 3 „ . . . d e übertäte retinenda, qua certe n i h i l est dulcius", D . (5o, 17) 106: Libetrtas inaestimabilis res est. I m Sinne J u s t i n i a n s heißt das nichts andres als was C i e . i n Verr. I I , 5, 9, 2 3 meint: haec quae vel vita redimì recte possunt, aestimare pecunia non queo. 7 C i e . Phil. 10, 2 0 : „Omnes nationes servitutem ferre possunt, nostra civitas non potest." 8 C i e . de lege agraria 2, 2 9 : „ i n hac civitate, quae longe iure libertatis ceteris civitatibus antecellit." 9 L i v i us 45, 18: „ u t omnibus gentibus apparerei arma p o p u l i Romani non liberis servitutem, sed contra servientibus libertatem adferre." Vgl. auch L i v . όη, 54, 6 und 17, Sätze, die Livius nicht aus seiner Vorlage Polyb. 22, 5, 8 und 6, entnommen, sondern f r e i zugesetzt hat. Vgl. K r o l l , 1, 125; M . G e i z e r , Hermes 68 ( i 9 3 3 ) , S. i 4 5 . 10 S u e t o n , Aug. 7, 2 : „quibusdam censentibus ,Romulum' appellar! oportere, quasi et ipsum conditorem urbis. " Dazu S c o t t , Hermes 63, 28.

96

T i b e r i u s den T i t e l „ D o m i n u s " auch i n der Anrede a b g e l e h n t 1 1 . I n der R e p u b l i k wie u n t e r dem P r i n z i p a t e r h ä l t der B ü r g e r einen A n t e i l an der staatlichen W i l l e n s b i l d u n g , i n der Reichsregierung wie i n der k o m m u nalen

Selbstverwaltung.

Die

Formen

dieses Mitregierens

und

Mitver-

waltens haben gewechselt. D i e V o l k s v e r s a m m l u n g h a t i n R o m u n d w o h l auch i n den K o m m u n e n die R e p u b l i k n i c h t lange ü b e r l e b t 1 2 , u n d die staatsbürgerliche

Freiheit

hat

damit

natürlich

eine

wesentliche

Ein-

s c h r ä n k u n g erfahren. Aber auch d a n n n o c h ist der Prinzeps k e i n absoluter M o n a r c h , es bleiben neben i h m der Senat u n d dessen Statthalter, sowie die k o m m u n a l e Selbstverwaltung. A n die G e w ä h r u n g g l e i c h e r

staats-

bürgerlicher Rechte, an einen Wechsel i n der M a c h t , so daß j e d e r A u s sicht h a t , e i n m a l a n die M a c h t zu k o m m e n , wie es die F r e i h e i t der g r i e chischen D e m o k r a t i e f o r d e r t 1 3 , hat m a n i n R o m niemals gedacht. „ E s ist ein S y m p t o m der F r e i h e i t des Menschen, daß er andern F r e i heit g i b t 1 4 . " L i v i u s (37, 54, 6) läßt die Gesandten der Rhodier i m römischen Senat folgendermaßen reden: „Nos rerum natura, quae potentissima est, disiungit, u t nos l i b e r i e t i a m a l i o r u m l i b e r t a t i s c a u s a m a g a m u s , reges serva omnia et subiecta imperio suo esse velint." Den ersten Halbsatz über die Freiheit hat L i v i u s frei komponiert, seine Vorlage (Polyb. 21, 22, 8) enthält ihn n i c h t 1 5 ; er ist eine römische Reflexion.

Es ist etwas anderes, ob griechische Staatsmänner die H e r r s c h a f t der V o r m a c h t über die Bundesgenoss en m i t machiavellis tisch er Off enheit als T y r a n n i s bezeichnen, die e i n f a c h d u r c h das Recht des Stärkeren gerechtf e r t i g t s e i 1 6 , oder ob die R ö m e r erklären, daß sie die F r e i h e i t b r i n g e n w o l l e n 1 7 . Es ist k l a r , daß i n w i r t s c h a f t l i c h e r u n d politischer H i n s i c h t die römische F r e i h e i t o f t n i c h t leichter w a r als die D o m i n a t i o des bisherigen 1 1 Bez. A u g u s t u s siehe Sue t o n , Aug. 53: „dominum"que se posthac appellari ne a liberis quidem aut nepotibus suis vel serio vel ioco passus est. Bez. T i b e r i u s S u e t o n , Tib. 2 7 : „ d o m i n u s " appellatus a quodam denuntiavit, ne se amplius contumelia© causa nominaret. T a c i t u s , Ann. 2, 8 7 : acerbeque increpuit eos qui . . . ipsumque „ d o m i n u m " dixerant. Dio Cass. 5η, 8, 2: δεσπότης μεν των δούλων, αύτοκράτωρ δε των στρατιωτών, τών δέ λοιπών πρόκριτος ε ί μ ι . Lateinisch also: dominus sum servorum, imperator m i l i t u m , ceterorum princeps. 12 Über die stadtrömischen Komitien siehe oben S. 61; über die Munizipalkomitien M o m m s e n , StaatsR. 3, 349« 13 Siehe A r i s t o t e l e s , Politik 6, 2, 6, p. 1317b: έλευθερίας δέ εν μέν το έν μέρει άρχεσθαι καΐ άρχειν. κ α ι γάρ το δίκαιον το δημοκρατικον το ίσον εχειν εστίν. 14 G e o r g S i m m e l , Logos 11 (1923), 25. 15 P o l y b i u s sagt n u r : φύσει γάρ πασαν μοναρχίαν τό μέν ισον έχθαίρειν, ζ η τ ε ΐ ν δέ πάντας . . . ύπηκόους ε ί ν α ι σφίσι . . . 16 T h u c y d i d e s 5, ι ο 5 ; 3, 3η und dazu K a e r s t , Geschichte d. Hellenismus ι (3. Aufl. 1 9 2 7 ) , S. 75. G o e t h e zu Riemer ( B i e d e r m a n n , Goethes Gespräche I I , N r . IÖ22, 2 . A u f l . 1 9 0 9 ) : „ D i e Griechen waren Freunde der Freiheit, j a ! Aber ein jeder nur seiner eigenen. Daher stak i n jedem Griechen ein Tyrannos, dem es nur an Gelegenheit fehlte, sich zu entwickeln." 17 Oben S. 96 N . 9. Richtig H a r d e r , Hermes 69 (1934), 6ηί.

7 S chul z, Prinzipien des römischen Bechts

97

M o n a r c h e n 1 8 , aber f ü r das „ V o l k des Rechts" ist der Unterschied gleichw o h l so evident w i e der zwischen f r e i e m Arbeiter u n d Sklaven, m a g es d e m F r e i e n vielleicht w i r t s c h a f t l i c h ebenso schlecht oder schlechter gehen als d e m Sklaven. W e r f ü r juristische Unterscheidungen keinen S i n n hat, d e m werden die R ö m e r i m m e r unverständlich bleiben; es w i r d i h m als verlogener

Gant erscheinen,

was

von ihnen

ehrlich,

nur

freilich

j u r i s t i s c h e n Sinne gemeint i s t 1 9 . D i e Gemeinden, die die R ö m e r

im

„civi-

t a t e s l i b e r a e " n e n n e n 2 0 , s i n d i m r ö m i s c h e n Sinne w i r k l i c h frei,

mag

auch die libertas begrenzt sein (was, w i e gesagt, f ü r den R ö m e r n i c h t i m W i d e r s p r u c h zur libertas steht, sondern v i e l m e h r zu i h r e m B e g r i f f g e h ö r t ) , m a g i h r e politische A b h ä n g i g k e i t evident sein. Diese Gemeinden sind v o n d e m statthalterlichen R e g i m e n t e x i m i e r t , haben eigene T e r r i t o r i e n Autonomie

einschließlich

der

Finanz autonomie ;

und

Meinungsverschieden-

heiten zwischen civitas u n d R o m werden d u r c h V e r h a n d l u n g i m Senat erledigt. Das ist f ü r den R ö m e r „ F r e i h e i t " t r o t z des Fehlens der v ö l k e r rechtlichen Souveränität, trotz der Leistungen v o n T r u p p e n , G e l d u n d G u t , zu denen sie verpflichtet sind. Ja selbst die

Staatsangehörigen

P e r e g r i n e n g e m e i n d e n 2 1 , die d e m statthalterlichen R e g i m e n t unterstellt sind, regieren die R ö m e r n i c h t i m Stile eines absoluten Monarchen. S i n d diese Gemeinden auch keine „civitates l i b e r a e " i m technischen

Sinne:

tatsächlich s i n d sie den civitates liberae angenähert, sie behalten i h r Gebiet, i h r eigenes Recht u n d i h r e eigene V e r w a l t u n g , f r e i l i c h — i m Gegensatz zu den „civitates l i b e r a e " — m i t steter K o n t r o l l e u n d E i n g r i f f s m ö g l i c h k e i t des Statthalters. Es ist bezeichnend, daß diese Gemeinden sich selbst als „ f r e i " e m p f i n d e n u n d bezeichnen 2 2 . W i e diese staatsbürgerliche F r e i h e i t a l l m ä h l i c h z u s a m m e n g e s c h r u m p f t ist, k a n n h i e r n i c h t weiter geschildert werden. D a ß die r ö m i s c h e n K o m i t i e n p r a k t i s c h schon i n der ersten Kaiserzeit verschwanden, w e i l sie i h r e n politischen S i n n eingebüßt h a t t e n 2 3 , daß der Senat seine B e d e u t u n g 18 K r o l l Ι , I I . Die enttäuschten „ B e f r e i t e n " klagen dann wohl, sie hätten n u r die Ketten gewechselt ( P o l y b . 18, 4 5 ) . 19 M a n hat es zum Beispiel auch als Heuchelei bezeichnet, daß Augustus — j u r i stisch betrachtet vollkommen r i c h t i g (oben S. 6o) — seinen Staatsneubau als W i e d e r herstellung der libera res publica bezeichnete. 20 D a z u M o m m s e n , StaatsR. 3, 6 4 5 f f . , 6 8 7 f ï . ; M a r q u a r d t , verwaltung ι ( 2 . A u f l . 1881), ι , 71 f . ; A . H e u ß , Grundlagen 9 9 f f . 2 1 ü b e r den Begriff oben S. 80. Über die Rechtsstellung M o m m s e n , StaatsR. 3, 7 i 6 f f . ; M a r q u a r d t 1. c. Soff.

Röm.

dieser

Staats-

Gemeinden

22 C i e . ad A t t . 6, ι , i 5 ; A r i s t e i d e s , εις Ρώμην § 36 (ed. K e i l ) ; M o m m s e n η Ι \ ί { ΐ . \ M a r q u a r d t 8 3 f . — M o m m s e n 717 u n d 723 vergleicht i h r e Rechtsstellung m i t der eines ohne Beobachtung der zivilrechtlichen F o r m e n freigelassenen Sklaven (ehe der Praetor seinen Schutz versprach), dem „ m o r a r i i n l i b e r i a t e " ( J ö r s § 4 i ) . 23 Oben S. 61.

98

d u r c h die Arbeitsuiilust u n d F e i g h e i t seiner M i t g l i e d e r v e r l o r 2 4 , schon hervorgehoben. M i t

der

kommunalen

wurde

Selbstverwaltung g i n g es

n i c h t anders. W e n n m a n aus den u n b e d i n g t wahrheitsgetreuen Eingaben des Statthalters P l i n i u s

an den Kaiser T r a j a n s i e h t 2 5 , wie die Stadt-

verwaltungen arbeiten, w i e sie Wasserleitungen verfallen u n d versumpfen, die öffentlichen Gebäude berauben u n d verfallen lassen, Neubauten u n genügend vorbereiten, den angefangenen B a u unvollendet stehen u n d zu R u i n e n werden lassen, w i e sie m i t der F i n a n z v e r w a l t u n g n i c h t z u Rande k o m m e n u n d die H i l f e der R e g i e r u n g i n A n s p r u c h n e h m e n müssen, so erkennt m a n allerdings, daß die Selbstverwaltung sich überlebt u n d die Glocke f ü r den Staatskommissar geschlagen h a t t e 2 6 . Höchst bezeichnend ist auch ein Brief desselben P l i n i u s an (Ep. 7, 18). Dieser w i l l einer Gemeinde eine Summe f ü r ein jährliches er fragt den Plinius, wie das am praktischsten zu machen sei. P l i n i u s du der Gemeinde das Geld, so w i r d es verschleudert; gibst du i h r werden sie heruntergewirtschaftet." (Numeres rei publicae summam? dilabatur. Des agros? ut publici neglegentur. ( ! ) —

Im

Privatrecht

geprägt

führt

das römische F r e i h e i t s p r i n z i p

individualistischen

G e s t a l t u n g des

einen Bekannten Gastmahl stiften; antwortet: „Gibst Grundstücke, so verendum est ne

zu einer aus-

Privatrechts.

Auch

die R ö m e r werden eine Periode eines m i t t e l a l t e r l i c h gebundenen Rechts durchgemacht haben, aber i n d e m Z e i t r a u m , den w i r f ü r unsre Betracht u n g e n gewählt haben, v o m zweiten J a h r h u n d e r t vor C h r i s t i an, ist der individualistische Charakterzug des römischen Privatrechts unbestreitbar u n d a u c h niemals bestritten worden. Dieser Z u g t r i t t zunächst zutage i n der Behandlung· der p r i v a t r e c h t lichen

Gemeinschaftsverhältnisse.

Die römischen

J u r i s t e n stehen

der privatrechtlichen Gemeinschaft n i c h t f r e u n d l i c h gegenüber; der gemeinrechtliche S p r u c h : „ c o m m u n i o mater r i x a r u m " 2 7 hat diese r ö m i s c h e G r u n d h a l t u n g durchaus r i c h t i g erraten. D i e e h e l i c h e G e m e i n s c h a f t ist, soweit n i c h t (bei der manus-Ehe) das A u t o r i t ä t s p r i n z i p

eingreift,

extrem

individualistisch

gestaltet.

Ab-

schluß der Ehe u n d Ehescheidung e r f o l g e n ohne M i t w i r k u n g des Staates 2 8 . D i e Ehe ist f r e i scheidbar, u n d zwar n i c h t a l l e i n nach Ü b e r e i n k u n f t der Ehegatten, sondern auch d u r c h einseitige E r k l ä r u n g . Ehescheidungsgründe i m Sinne der § § i 5 6 4 f f . B G B . g i b t es nicht. Grundlose einseitige Schei24

A u r e l . V i c t . de Caes. 3η, 5 und 7; siehe oben S. 62. P l i n . ad Traian. 23, 37, 39, 70, 90, 98. Vgl. auch L i e b e n a m , Städteverwaltung i m röm. Kaiserreiche, S. 476S· 26 Über diese „curatores rei publicae" siehe M o m m s e n , StaatsR. 2, i o 8 i f ï . ; M a r q u a r d t 83, 162, 228; L i e b e n a m 48off.; K ü b l e r , Geschichte d. röm. R. 221. 27 Gebildet auf Grund der interpolierten Äußerungen i n D. (8, 2) 26 und ( 3 i ) 77, 20. 28 J ö r s §§ 161, i 6 3 [175, 177]. 25

7*

99

d u n g m a g Rechtsnachteile zur F o l g e haben, die E h e l ö s u n g aber ist m i t allen Rechtsfolgen vollzogen. A n diesen Grundsätzen hat das römische Recht unentwegt festgehalten, auch das christliche Kaiserrecht, selbst das justinianische Recht, o b w o h l schon den K l a s s i k e r n die m i ß l i c h e U n s i c h e r heit über den Bestand eines so f u n d a m e n t a l e n Rechtsverhältnisses,

die

sich m i t N o t w e n d i g k e i t aus dieser R e c h t s o r d n u n g ergab, n i c h t verborgen geblieben i s t 2 9 . D i e personenrechtliche Seite der ehelichen Gemeinschaft ist (von der m a n u s - E h e i m m e r abgesehen) j u r i s tisch n u r schwach ausgeprägt;

Treupflicht,

Namens- u n d

Wohnsitzgemeinschaft,

Ausschluß

gewisser K l a g e n unter Ehegatten, Rechtswohltat des Notbedarfs — das ist i m wesentlichen a l l e s 3 0 . V o n Schlüsselgewalt, U n t e r h a l t s - u n d Arbeitsp f l i c h t ist keine R e d e 3 1 ; das gesetzliche E r b r e c h t des Ehegatten ist sehr schwach e n t w i c k e l t 3 2 . D e r Gedanke der ehelichen Gütergemeinschaft w i r d radikal

abgelehnt,

empfinden

obwohl

auch

dem

römischen

populären

Rechts-

die Gütergemeinschaft e n t s p r i c h t u n d der Satz: „ M a n

und

w î b eil haben chein gezweiget g u t z u i r m e l i b e " 3 3 auch das römische I d e a l i s t 3 4 . A b e r j u r i s t i s c h g i b t es (bei der f r e i e n Ehe, von der h i e r allein die Rede sein soll) n u r A l l e i n e i g e n t u m des Mannes u n d A l l e i n e i g e n t u m der F r a u . D i e Eheschließung als solche ändert an den Vermögensverhältnissen der Ehegatten n i c h t s ; j e d e r bleibt A l l e i n e i g e n t ü m e r seines Vermögens, k a n n darüber f r e i verfügen

u n d ist v o l l u n d f r e i

verpflichtungsfähig.

E i n e Rechtspflicht der F r a u , d e m M a n n eine dos zu bestellen, besteht n i c h t 3 5 . W i r d sie bestellt, so w i r d der M a n n A l l e i n e i g e n t ü m e r des D o t a l vermögens; n u r i n den Verfügungsbeschränkungen der K a i s e r z e i t 3 6 , der gesetzlichen R ü c k g a b e p f l i c h t nach A u f l ö s u n g der Ehe, d e m Ausschluß der Rückgabe b e i m Tode der F r a u u n d d e m Recht d e r R e t e n t i o n e n 3 7 k o m m t 29 L e v y , Hergang d. röm. Ehescheidung 86ff. Über Scheidungsstrafen J ö r s § i 6 3 [ 1 7 7 ] ; B o n f a n t e , Corso 1, 2Ö7ff. 30 W i n d s c h e i d , Pand. 3, $ 490, 491; B o n f a n t e , Corso 1, 2 0 7 Î Î . 31 Über Unterhaltspflicht W i n d s c h e i d , Pand. § 491, N . 2 u n d § öog, N . 5; B o n f a n t e 211. Eine Arbeitspflicht der Frau ergibt sich nur aus dem officium, so ausdrücklich D . (38, 1) 48 pr. 3 2

33

Jörs

§ 186

[197,

1 9 9 , 4J.

Sachsenspiegel Landr. 1, 3 i .

34

C o l u m e l l a de re rust, praef. lib. X I I : N i h i l conspiciebatur i n domo dividuum, nihil quod aut maritus aut f emina proprium esse iuris sui diceret; sed i n commune conspirabatur ab utroque. Grabrede auf eine Ehefrau (Bruns, Fontes N r . 126) 2, 3 6 f . ; 1, 37 und dazu M o m m s e n , Ges. Sehr. 1, 4 i 5 ; Nerva und Cassius lehnen ein f u r t u m der Ehefrau am Mannesgut ab, quia societas vitae quodammodo dominam earn faceret: D . (2 5, 2) 1; I h e r i n g 2, 208. 35 36 37

Über die Pietätspflicht zur DosbesteJlung und D. (12, 6) 32, 2 unten S. i 3 2 f . S i b e r 3o3; B o n f a n t e , Corso 1, 329fr. Jörs S

1 9 2 8 ) , S.

100

168 [182].

5i5f.

Vgl. auch R i c c o b o n o , Storia del dir. antico (Annali Palermo X I I ,

der Gemeinschaftsgedanke z u m Ausdruck. E r s t die nachklassische Z e i t t r ä g t k e i n Bedenken, h i e r von einer A r t Gütergemeinschaft zu s p r e c h e n 3 8 . Das höchst d ü r f t i g ausgebildete römische P r i v a t v e r e i n s r e c h t 3 9

ist

besonders bezeichnend. D i e Z a h l der P r i v a t v e r e i n e 4 0 ist, wenn m a n von H a n d w e r k e r i n n u n g e n u n d Sterbekassen absieht, sicherlich sehr k l e i n gewesen.

Wenn

der

Kaiser

Trajan

w i l l i g e n F e u e r w e h r ablehnte, o b w o h l

die

Konzessionierung

einer

an dem Orte ein g r o ß e r

freiBrand

soeben die N o t w e n d i g k e i t eines solchen Vereins d e u t l i c h gezeigt, u n d der Statthalter u n d F r e u n d des Kaisers, P l i n i u s , die G r ü n d u n g b e f ü r w o r t e t h a t t e 4 1 , so l ä ß t das erkennen, w i e selten die Konzession erteilt w o r d e n sein m a g 4 2 . F r e i l i c h s i n d es politische G r ü n d e gewesen, die die Kaiser i n i h r e r V e r e i n s p o l i t i k b e s t i m m t haben; aber daß die politische Ä n g s t l i c h k e i t dauernd eine so entscheidende R o l l e spielen konnte, zeigt, w i e schwach bei den R ö m e r n das genossenschaftliche G e f ü h l , Vereinsfreude u n d Vereinsmeierei e n t w i c k e l t

sind.

D e r große Gedanke der

Kapital-

konzentration i m W e g e der V e r e i n s b i l d u n g ist den R ö m e r n niemals gekommen

43

.

D i e römische G e s e l l s c h a f t ( s o c i e t a s ) enthält ein M i n i m u m von B i n d u n g des I n d i v i d u u m s . Das Gesellschaftsvermögen ist gemeinschaftliches V e r m ö g e n der Genossen nach B r u c h t e i l e n ; j e d e r k a n n über seine ideelle Quote v e r f ü g e n 4 4 . T o d eines Gesellschafters löst die ganze Gesellschaft unter allen Umständen a u f , ebenso w i e Capitis D e m i n u t i o u n d E i n z e l k o n k u r s . D i e F o r t d a u e r der Gesellschaft trotz dieser Ereignisse k a n n erst i m justinianischen Recht, der Ü b e r g a n g a u f den Erben eines Genossen 38 Beseler 2θ3 (über D. 23, 3, 75), dann vor allem A l b e r t a r i o , Subtilitas legum et moderamen naturalis iuris nel diritto dotale romano, Rend. Lomb. 58 (1925) 8o8fî., Studi ι , 3 6 9 f î . ; Interpolazioni in D . ( 2 0 , 4) 9, 3 Rend. Lomb. 59 ( 1 9 2 6 ) ; R i c c o b o n o 1. c. 5 i 5 f . ; S i b e r 3o6. 39 Man sehe nur den kurzen Pandektentitel 3, 4, i n dem noch dazu die Korporation des öffentlichen Rechts i m Vordergründe steht. 40

N u r von diesen wird hier gesprochen, nicht von den ganz oder teilweise publizistischen Korporationen; darüber R o s t o v t z e f f , Social and economic history of the roman empire, S. 532. 4

1 Plin. ad Trajan. 33 und 34-

42

D . (3, 4) ι pr. „paucis admodum in causis concessa sunt [huiusmodi] corpora." Der Text des pr. ist überarbeitet (siehe d. Interp.-Index), aber selbst wenn auch dieser Satz unecht sein sollte (was w i r nicht glauben), so wäre er gleichwohl ein Beleg f ü r den obigen Text, denn sein Inhalt kann nicht erfunden sein. — Der nicht konzessionierte Verein konnte sicherlich nur als societas bestehen. Die Ausführungen von S c h n o r r v. C a r o l s f e l d , Geschichte d. j u r . Person 1, 236ff. sind meines Erachtens nicht geeignet, die herrschende Lehre zu erschüttern. 43

R o s t o v t z e f f 159. Also wie bei der ohne den W i l l e n der Gemeinschafter entstandenen Rechtsgemeinschaft: J ö r s § 63 am Ende [ 6 7 , 2 ] ; S i b e r 71. 44

101

ü b e r h a u p t n i c h t i m Gesellschaf tsvertrage vereinbart w e r d e n 4 5 . Jeder Gesellschafter k a n n jederzeit einseitig k ü n d i g e n , entgegenstehende Abreden sind w i r k u n g s l o s 4 6 , u n d zwar b e w i r k t die K ü n d i g u n g n i c h t etwa b l o ß das Ausscheiden des k ü n d i g e n d e n Gesellschafters, sondern die A u f l ö s u n g der ganzen Gesellschaft 4 7 » 4 8 . A u c h die E r b e n g e m e i n s c h a f t ist i n d i v i d u a l i s t i s c h gestaltet. F ü r die Nachlaßschulden

haften

die M i t e r b e n ,

w e n n die L e i s t u n g teilbar

ist,

n i c h t solidarisch, sondern nach Verhältnis i h r e r E r b q u o t e n : n o m i n a ipso i u r e divisa s u n t 4 9 . Jeder M i t e r b e k a n n über seinen ideellen A n t e i l an den einzelnen Nachlaßgegenständen v e r f ü g e n 5 0 , auch n u r von einem V o r k a u f s rechte der M i t e r b e n ist keine R e d e 5 1 . Jeder Miterbe k a n n jederzeit T e i l u n g fordern,

auch V e r f ü g u n g e n

nicht nehmen52,

53

des Erblassers

können i h m

dieses Recht

.

A l l e diese Gemeinschaften s i n d nach d e m gleichen P r i n z i p

gestaltet:

so w e n i g w i e m ö g l i c h G e m e i n s c h a f t ; soweit sie besteht, so w e n i g w i e m ö g l i c h B i n d u n g , v o r a l l e m m u ß j e d e m Gemeinschafter stets die M ö g lichkeit

gewahrt bleiben, jederzeit

B i n d u n g e n zu e n t s c h l ü p f e n 5 4 .

der Gemeinschaft

u n d allen

ihren



D e r individualistische Charakter des r ö m i s c h e n E i g e n t u m s ist o f t u n d n i c h t ohne Übertreibungen betont worden. D i e V o r w ü r f e , die gegen den römischen E i g e n t u m s be g r i f f erhoben w o r d e n sind, sollten e n d l i c h verstummen.

Der

römische

Eigentumsbegriff

ist

kein

anderer

als

der

deutsche 5 5 . D e f i n i t i o n e n m o d e r n e r Romanisten, n a c h denen das E i g e n 45

S i b e r 2 o 6 f . ; J ö r s § i 3 4 am Ende [ i 5 i , 4]· Ungerechtfertigte Kündigung macht aber haftbar (wie grundlose Scheidung, oben S. i o o N . 29): D e r n b u r g , Pand. 2, § 128; J ö r s § i 3 4 am Ende [ i 5 i , 4]· Die Quellen sind hier verschiedentlich interpoliert. 47 I m justinianischen Recht durfte der Gesellschaftsvertrag wohl das bloße Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters bestimmen: D e r n b u r g , Pand. 2, S 128, Ν . ι 4 · 48 Von den societates publicanorum handeln w i r hier nicht, da sie nicht rein privatrechtliche Gesellschaften sind. 49 J ö r s § 204 [ 2 1 7 ] ; S i b e r 399; K o r o â e c , Die Erbenhaftung nach röm. Recht I , 52 ff. 50 Teilbare Nachlaßforderungen verwandeln sich sofort i n Teilforderungen: S i b e r 399. 51 Ober Bindung durch das officium siehe unten S. 108. 52 W i n d s c h e i d , Pand. 3, § 608, N. 4; D e r n b u r g , Pand. § 176, N. 2. 63 A u c h f ü r das consortium gilt i n unserer Periode (vom 2. Jahrh. v. Chr. an) nichts anderes; darüber P e r n i c e , SZ. 3, 6 6 f . ; J ö r s § ι 3 4 , 2θ4 [ ι 5 ι , 2o4]; L e v y , SZ. 54 (1934), S. 285ff. 54 C. (3, 37) 5 Diocletian: „ I n communionem vel societatem nemo compellitur invitus detineri." 55 Die Definition des r ö m i s c h e n Eigentums in der hier von uns zu behandelnden Periode (oben S. 3) könnte nur lauten: „Eigentum ist dasjenige dingliche Recht an einer körperlichen Sache, das aktuell oder potentiell die relativ größte Rechtsmacht verleiht"; oder etwa: „dasjenige dingliche Recht an einer körperlichen Sache, das dem 46

102

t u m ein „ a n sich schrankenloses Sachenrecht" d a r s t e l l t 5 6 , sind f r e i l i c h verfehlt, unsrer

aber die R ö m e r sind an i h n e n auch u n s c h u l d i g : es g i b t antiken Überlieferung

keine

römische

Definition

in des

E i g e n t u m s 5 7 , u n d w i r d ü r f e n m i t Sicherheit annehmen, daß das n i c h t an der L ü c k e n h a f t i g k e i t unsrer Ü b e r l i e f e r u n g l i e g t 5 8 , daß v i e l m e h r die Römer

eine

Begriffsbestimmung

römische E i g e n t u m s b e g r i f f

niemals

gegeben

haben.

Nicht

der

ist individualistisch gestaltet, sondern die

römische E i g e n t u m s r e c h t s o r d n u n g. D a ß

auch der I n h a l t des r ö m i -

schen E i g e n t u m s r e c h t l i c h begrenzt ist, versteht sich f r e i l i c h von selbst: die Befugnisse geschränkt

59

des Sklaveneigentümers

werden i n der Kaiserzeit; e i n -

; das G r u n d e i g e n t u m w i r d n i c h t allein d u r c h das N a c h b a r -

recht, sondern auch d u r c h das öffentliche Recht m a n n i g f a c h b e g r e n z t 6 0 . A u c h P f l i c h t e n k ö n n e n m i t d e m römischen E i g e n t u m verbunden sein, die i m m e r wieder betonte P f l i c h t e n f e i n d l i c h k e i t ist einfach n i c h t v o r h a n d e n

62

des römischen E i g e n t u m s 6 1

. Aber von den nachbarrechtlichen P f l i c h t e n

abgesehen handelt es sich dabei u m P f l i c h t e n des öff entlichen Rechts, u n d bei

der scharfen

Trennung

des öffentlichen

Rechts v o m

Privatrecht

k o m m e n i n der wesentlich p r i v a t r e c h t l i c h eingestellten Jurisprudenz diese P f l i c h t e n selten oder nie z u r S p r a c h e 6 3 . R i c h t i g ist aber f r e i l i c h , daß die Berechtigten generell alle Befugnisse über die Sache zuweist, soweit sie nicht durch die Rechtsordnung oder durch rechtsgeschäftliche Akte speziell ausgenommen werden". Das deutsche Eigentum könnte nicht anders definiert werden. Unrichtig G i e r k e , D P . 2, 358, 36o; F e h r , Recht u n d W i r k l i c h k e i t ( 1 9 2 7 ) , S. 1 8 8 ; richtig M o l i t o r , Festschrift f . A l f r e d Schultze (1934), S. 35. 56 Vgl. G i e r k e 348, Ν . 2. Über Versuche das Eigentum zu definieren siehe ausführlich S c i a l o j a , Teoria della proprietà ι , 2 55 fî. ; B o n f a n t e , Corso 2, ι , S. i 9 o f f . Siehe auch H e d e m a n n , Fortschritte des Zivilrechts i m 19. Jahrh. 2, 1, S. 119, 3 i 3 f f . ; M o l i t o r 3 3 f . ; G. H u s s e r l , Rechtsgegenstand ( i 9 3 3 ) , S. 175ft. 5 7

S c i a l o j a

263;

B o n f a n t e

195.

58

W e n n die Kompilatoren i n ihrem Material eine solche Definition gefunden hätten, so hätten sie sie nur zu gern aufgenommen und an den Anfang von D. ( \ i , 1 gestellt oder i n einem der beiden letzten Pandektentitel untergebracht. 59 J ö r s § 4o; S c i a l o j a 3o7ff. 60 Darüber ausführlich B o n f a n t e 2 3 ο f f . ; S c i a l o j a 2o3ff. Beispiele haben wir schon oben S. 2 0 f . angeführt. 61 Vgl. S t a h l , Philosophie d. Rechts 2, 1 (5. Aufl.), 510ff. ( i n dem Anhang über den W e r t des röm. Privatrechts); G i e r k e 358. 62 Der Bauer ist verpflichtet, seinen Acker instand zu halten, zu pflügen und ihn nicht verwildern zu lassen, sonst trifft i h n zensorische Strafe: G e l l i u s 4, 12 und dazu S c i a l o j a , Teoria della proprietà ι , 3 ι 4 · Vgl. auch C. T h . (5, 11) 12; K ü b l e r , SZ. 24.. 458ff. Nach der Lex Ursonensis (Bruns N r . 28) c. 98 liegt die Wegebaulast auf dem Grundstück: „ Q u i i n ea colonia intrave eius coloniae fines domioilium p r a e d i u m v e h a b e b i t , n e q u e e i u s c o l o n i a e c o l o n u s e r i t , is eidem munitioni u t i colonus pareto." Ebenso Lex Julia municipalis (Bruns N r . 18) v. 53ff. Weiteres bei P e r n i c e , SZ. 5, 81 ff. 63 Siehe oben S. 20. Das deutsche (mittelalterliche) Recht, das die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht nicht kannte, konnte solche Pflichten einfach i n den Inhalt des Eigentums einbeziehen; das römische Recht, das die Scheidung streng

103

privatrechtlichen u n d öffentlichrechtlichen

Grenzen des E i g e n t u m s sehr

w e i t gezogen sind, v i e l weiter w i e i m deutschen Recht. Es ist offenbar römisches

Prinzip,

individueller

das

Eigentumsrecht

möglichst

frei

zu

gestalten,

B e t ä t i g u n g u n d I n i t i a t i v e m ö g l i c h s t w e i t e n S p i e l r a u m zu

geben. G r u n d e i g e n t u m wie F a h r n i s e i g e n t u m sind f r e i v e r ä u ß e r l i c h u n d teilbar64;

gesetzliche

beschränkungen

Veräußerungsverbote

sind

dem

republikanischen

und

Recht

Verfügungsüberhaupt

un-

bekannt, der klassischen Kaiserzeit n u r i n w e n i g e n F ä l l e n ; das n a c h klassische Recht h a t i h r e Z a h l e r h ö h t u n d s c h l i e ß l i c h sogar die d i n g l i c h e Wirkung rechtsgeschäftlicher schränkungen

des

Eigentums,

Verfügungsverbote

die

sich

heute

anerkannt65.

aus d e m

Jagd-

Einund

F i s c h e r e i r e c h t 6 6 ergeben, s i n d d e m römischen Recht ganz u n b e k a n n t ; bergrechtliche

Beschränkungen des Grundeigentums

tauchen erst i n

nachklassischer Zeit a u f 6 7 . D i e römische R e c h t s o r d n u n g w i l l aber auch die rechtsgeschäftlichen Belastungen des E i g e n t u m s n i c h t zu sehr anwachsen lassen, insbesondere soll die Schlingpflanze der S e r v i t u t die F r e i h e i t des Eigentums nicht ersticken68. Die z e i t l i c h u n b e g r e n z t e

Dienstbarkeit

( G r u n d d i e n s t b a r k e i t ) w i r d daher i n h a l t l i c h b e g r e n z t d u r c h E r f o r d e r nis der utilitas p r a e d i i 6 9 u n d den Ausschluß der servitus i n f a d e n d o 7 0 ; die i n h a l t l i c h p r i n z i p i e l l u n b e g r e n z t e D i e n s t b a r k e i t des Nießbrauchs wird

zeitlich

begrenzt

durch

den Ausschluß der Ü b e r t r a g u n g

und

V e r e r b u n g 7 1 . Dienstbarkeiten, die diesem P r i n z i p widersprechen, w i e das Erbbaurecht u n d E r b p a c h t r e c h t , sind als p r i v a t e d i n g l i c h e Rechte erst i n nachklassischer Z e i t anerkannt w o r d e n 7 2 . Belastungen gar, die a u f eine durchführte, konnte das nicht; v o r h a n d e n s i n d d i e P f l i c h t e n d e s h a l b doch,' Praktische Bedeutung hat der Unterschied nicht, es ist nicht zu verstehen, weshalb ihn die Germanisten f ü r gar so wichtig halten. 64

I h e r i n g 2, i 5 o . Vgl. M i t t e i s , R P . 1, 253, vor allem aber B o n f a n t e , Corso 2, 2, S. 4 8 f . Über magistratische Veräußerungsverbote M i t t e i s und B o n f a n t e 1. c. 65

66

W i n d s c h e i d , Pand.

1, § i 8 4 .

67

Darüber S c i a l o j a 3 4 6 f . ; B o n f a n t e , Corso 2, 1, S. 2 6 2 ^ . ; S c h ö n b a u e r , Beiträge zur Geschichte des Bergbaurechts (1929), S. i 3 6 f f . D . (8, 4) i 3 , 1 ist natürlich interpoliert: B o n f a n t e 263; S c h ö n b a u e r i 4 5 ; siehe auch den Interp. Index, zu d. Stelle. 68 69 7 0

Z u m folgenden I h e r i n g 2, 226ff. Siber Jörs

109. S 73

[81];

S i b e r

106.

71

J ö r s § 76 [84]. F ü r die beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten, soweit sie klassisch sind, g i l t das gleiche: J ö r s S 77 [85]. 72 Dem ö f f e n t l i c h e n (Verwaltungs-) Recht waren Erbpacht- wie Erbbaurecht schon i n klassischer Zeit bekannt (Hingabe von Staats- und Gemeindeland als ager vectigalis ; über Bauten auf öffentlichem Boden schon oben S. 20). Als reine Privatrechte sind sie erst dem nachklassischen Recht bekannt. L i t . : S i b e r S 6 1 ; J ö r s § 8 1 [89, 90] m i t weiteren Angaben.

104

A r t Gemeinschaft hinauslaufen, w i e das germanische O b e r - u n d U n t e r e i g e n t u m 7 3 , das Sondereigentum a u f f r e m d e m G r u n d u n d B o d e n 7 4 , i n s besondere das S t o c k w e r k s e i g e n t u m 7 5 oder das E i g e n t u m a n s t e h e n d e n F r ü c h t e n 7 6 schließt der I n d i v i d u a l i s m u s des r ö m i s c h e n Privatrechts schlechthin aus. E i n Agrarrechtszustand, w i e er i n Deutschland, Österreich u n d F r a n k r e i c h

vor

der Ablösungsgesetzgebung des

ausgehenden

achtzehnten u n d beginnenden neunzehnten Jahrhunderts b e s t a n d 7 7 , i n d e m das B o d e n e i g e n t u m von d e m Gestrüpp der Belastungen schier erstickt w u r d e , k a n n nach r ö m i s c h e m Rechte niemals entstehen. W i e die A b grenzung des I n h a l t s , so ist auch der R e c h t s s c h u t z des

Eigentums

i n d i v i d u a l i s t i s c h gestaltet. D i e r e i v i n d i c a t i o m a c h t v o r d e m g u t g l ä u b i g e n E r w e r b e r n i c h t h a l t , o b w o h l das Interesse der Gesamtheit, das V e r k e h r s interesse, f ü r

seinen Schutz spricht. E i n e M i l d e r u n g dieser

schroffen

V i n d i k a t i o n d u r c h ein Lösungsrecht des Besitzers oder e i n Recht deis B e sitzers, die A u s l ö s u n g d u r c h den K l ä g e r z u verlangen, ist v o n der klassischen Z e i t stets a u s d r ü c k l i c h abgelehnt w o r d e n 7 8 . Bezeichnend i s t auch, i n w i e engen Grenzen die E r s i t z u n g gehalten w i r d . D i e E r s i t z u n g einer gestohlenen oder unterschlagenen Sache ist ausgeschlossen, auch w e n n sie i n die H a n d eines gutgläubigen Besitzers gelangt 7 ?: das s i n d aber gerade die H a u p t f ä l l e 8 0 , i n denen eine E r s i t z u n g i n F r a g e k ä m e ! — W a s das S c h u l d r e c h t angeht, so ist von der individualistischen Gestaltung der Societas bereits gesprochen w o r d e n ; es sei h i e r n o c h a u f die O r d n u n g der S o l i d a r s c h u l d hingewiesen. D i e Solidarschuld w i r d nach M ö g l i c h k e i t vermieden. V e r p f l i c h t e n sich mehrere d u r c h V e r t r a g zu einer teilbaren L e i s t u n g , so h a f t e n sie i m Z w e i f e l n i c h t als G e s a m t s c h u l d n e r 8 1 ; der a u f B e g r ü n d u n g einer Gesamtschuld gerichtete W i l l e m u ß besonders geäußert werden. A u c h die M i t e r b e n h a f t e n , w i e schon f r ü h e r gesagt 8 2 , bei T e i l b a r k e i t der L e i s t u n g f ü r die Nachlaßschulden n i c h t als Gesamt73 Dem römischen ö f f e n t l i c h e n Recht war auch dies bekannt: Das Rechtsverhältnis am Provinzialboden kann man als Obereigentum des römischen Staates und Untereigentum des Inhabers bezeichnen; die Quellen reden freilich nicht so: S i b e r 71; K ü b l e r , Geschichte 12^; B o n f a n t e , Corso 2, 2, S. 3 i 2 f . ; K r e l l e r , Aegyptus i 3 ( i g 3 3 ) , S. 2o5. 74 „Superficies solo cedit." Scheinbestandteile des Grundstücks (BGB. 97) kennt freilich auch das römische Recht: D. ( 4 i , 1) 60. Zur Sache siehe R i c c o b o n o , Dal diritto class, al dir. moderno, Ann. Palermo 1915, S. 5ο8ίΓ. 75 R i c c o b o n o 1. c. 515ff.; J ö r s § [χη m i t L i t . P a p p u l i a s , SZ. 27, 363. 76 Vgl. S c h u l z , Bonner Festgabe f . Zitelmann i 5 3 f . 77 Siehe statt aller H e d e m a n n , Fortschritte des Zivilrechts i m 19. Jahrh. 2, 1, S. 2 ff. 78 Obwohl das Peregrinenrecht sie nahelegte. Siehe dazu die schon oben S. i o 4 N. 27 erwähnte Arbeit von F e l g e n t r ä g e r . ™ G a i u s 2, 49. 80 So auch ausdrücklich G a i u s 2, 5o. 8 * Anders BGB. 427. s2 Oben S. 102.

105

Schuldner. Bezeichnend s i n d auch die Schwierigkeiten, die den R ö m e r n der R e g r e ß u n t e r Solidarschuldnern m a c h t ; a u f den Gedanken, h i e r ein genossenschaftliches Rechtsverhältnis u n t e r den S c h u l d n e r n anzunehmen u n d daraus den Regreßanspruch zu e n t w i c k e l n 8 3 , k o m m e n die Klassiker n i c h t 8 4 u n d drängen daher z u den Künsteleien der Klagenzession 8 5 . — Individualistisch

ist

schließlich

auch

das E r b r e c h t

gestaltet.

Das

gesetzliche E r b r e c h t steht f ü r den R ö m e r an zweiter Stelle, es ist, w i e es bezeichnenderweise genannt w i r d , Intestaterbrecht, d. h. es soll n u r e i n greifen, w e n n die als das N o r m a l e gedachte testamentarische

Erbfolge

n i c h t eingreift. D i e E r b f o l g e d u r c h Testament u n d daher i n d i v i d u e l l zu gestalten u n d es n i c h t zu der notwendigerweise typischen O r d n u n g des Intestaterbrechts k o m m e n zu lassen, ist d e m r ö m i s c h e n Menschen B e d ü r f n i s . W e n n der alte G a t ο zu den d r e i D i n g e n , die er sich i n seinem Leben z u m V o r w u r f machte, auch rechnete, daß er e i n m a l einen T a g ohne Testament gelebt h a b e 8 6 , so zeigt diese Anekdote — gleichviel ob sie w a h r oder e r f u n d e n ist — besser als j e d e r andre Beleg die T e s t i e r h ä u f i g k e i t schon i m zweiten J a h r h u n d e r t v o r C h r i s t i 8 7 ; die Testamentserrichtung erscheint als P f l i c h t eines ordentlichen Römers wie die F ü h r u n g eines geordneten

Rechnungsbuchs88.

Dieser

Grundauffassung

entspricht

die

weitgehende V e r f ü g u n g s f r e i h e i t , die dem Testator gewährt w i r d : d i e A n o r d n u n g von L e g a t e n h a t m a n erst seit d e m A n f a n g des zweiten J a h r hunderts v o r C h r i s t i etwas einzuschränken gesucht; das maßgebende Gesetz w u r d e s c h l i e ß l i c h die L e x F a l c i d i a v o m Jahre 4 ο v. Chr., die d e m Erben ein V i e r t e l des Nachlasses (oder seiner Nachlaßquote) von Legaten f r e i s t e l l t e 8 9 ; das P f l i c h t t e i l s r e c h t

h a t sich erst gegen E n d e der R e -

p u b l i k e n t w i c k e l t 9 0 . A u c h die P u p i l l a r s u b s t i t u t i o n 9 1 ist w o h l n u r verständlich u n t e r Menschen, denen die Intestaterbfolge fast als ein U n g l ü c k erscheint: f ü r den F a l l , daß der p u p i l l u s i n t r a pubertatem u n d also v o r erreichter T e s t i e r f ä h i g k e i t s t i r b t , d a r f der Vater d e m pupillus; ein Testa-» m e n t errichten. D i e römische Jurisprudenz h a t die höchst i n d i v i d u e l l e n P r o d u k t i o n e n der römischen Testatoren u n d i h r e o f t krausen u n d w u n d e r es Vgl. G i e r k e , D P . 3, 255 und 263. Obwohl die republikanische Lex Apuleia inter sponsores et ildepromissores quandam societatem introduxit (Gaius 3, 122), also den richtigen Gesichtspunkt schon gefunden hatte. 84

85

Vgl. W i n d s c h e i d , Pand. 2, § 294. P l u t a r c h , Cato maior 9, 6. 87 v. W o e ß , Das röm. Erbrecht u. d. Erbanwärter, S. 29 ff., hat sich i n seinen Untersuchungen über die Testierhäufigkeit gerade diesen Beleg entgehen lassen. 88 C i c . i n Verrem I I , 1, 2 3, 60. 89 G a i u s 2, 224—227; J ö r s § 210 [224]. 86

9 0

Jörs

91

J ö r s § 194 [2o4].

IO6

§

197

[209].

liehen K l a u s e l n m i t liebevollem Verständnis behandelt. W e n n n o c h die Digesten Justinians ein gewaltiges

(zur Z e i t n o c h n i c h t entfernt

auf-

gearbeitetes) M a t e r i a l über die A u s l e g u n g des Testaments enthalten, so d a r f m a n daraus den U m f a n g der klassischen S c h r i f t s t e l l e r e i ermessen, die diesem T h e m a — i n f ü r die R ö m e r höchst bezeichnender Überschätzung der W i c h t i g k e i t solcher höchst i n d i v i d u e l l e r Probleme — g e w i d m e t w a r . Aus dem F r e i h e i t s p r i n z i p heraus ist e n d l i c h auch der E r b v e r t r a g abgelehnt w o r d e n 9 2 , so nahe es gelegen hätte, von] der M a n z i p a t i o n an den f a m i l i a e e m p t o r 9 3 z u m E r b v e r t r a g überzugehen. — So ist also i n der T a t das römische Privatrecht ein m o n u m e n t u m aere perennius des r ö m i s c h e n

Freiheitssinns.

Der junge (31 jährige) M o m m s e n sprach i n einer Rede i m Jahre 1 8 4 8 9 4 folgende W o r t e : „ D i e Freiheit des Bürgers hat i m römischen Zivilrecht einen so ausgedehnten Umfang, daß derselbe keiner Erweiterung, wohl aber vielfacher Beschränkung bedarf . . . W e n n w i r also streben, ein Recht zu entwickeln, das sich f ü r freie Bürger schickt, so dürfen wir, was das Zivilrecht betrifft, i n dieser Beziehung unbedingt auf das römische Recht der klassischen Periode fußen und sicher sein, einen Geist darin zu finden, der wohl oft dem Prinzip der Solidarität der Staatsbürger untereinander, nicht aber dem der Freiheit des Individuums widerstreitet." Der jugendliche Redner behauptete sogar: „ D i e Wiederbelebung des klassischen Zivilrechts in Deutschland ist völlig gleichbedeutend m i t den Anfängen jener Revolution, welche die Völker Europas zur Freiheit zu führen begonnen h a t . " Gegenüber dem L i b e r a l i s m u s des römischen Privatrechts w i r d es nicht überflüssig sein, hervorzuheben, daß sämtliche charakteristischen Rechtsinstitute des modernen K a p i t a l i s m u s n i c h t aus dem römischen Recht stammen: Rentenbrief, Inhaberpapier, Aktie, Wechsel, Handelsgesellschaft (in ihrer modernen, kapitalistischen Form), Hypothek (als Kapitalsanlage), direkte Stellvertretung 9 4 a.

Aber auch i m Privatrecht bedeutet die große h i e r gewährte r e c h t l i c h e F r e i h e i t n i c h t , i m R a h m e n der Privatrechtsschranken t u n d ü r f e n , was m a n w i l l . V o n den Schranken des öffentlichen Rechts abgesehen sind die B i n d u n g e n der pietas, fides, Mächte

95

h u m a n i t a s , k u r z des o f f i c i u m höchst reale

. W e n n a u c h die allgemeine Regel „ m a l e nostro i u r e u t i n o n

debemus" vielleicht erst i n nachklassischer Z e i t f o r m u l i e r t w o r d e n i s t 9 6 : daß der R e c h t s m i ß b r a u c h n i c h t erlaubt ist, ist schon eine E r k e n n t n i s der republikanischen u n d klassischen Zeit, die i n der exceptio d o l i generalis 92

D e r n b u r g , Pand. 3, S 126; S i b e r 343.

93

G a i u s 2, 102.

94 94

Ges. Sehr. 3, 582 f . a M a x W e b e r , Wirtschaftsgeschichte (2. A u f l .

1924), S. 292.

95

Darüber schon oben S. i 5 . W i r kommen darauf zurück i n den Kapiteln über Humanität u n d Treue. Das Richtige hat bereits I h e r i n g 1, 8 2 f . , 2, i 4 i f f - , 2, 3 o 7 f . erkannt und schön ausgeführt. 96 G a i u s ι , 53 und dazu S c h u l z , SZ. 5o, 227. Möglich aber auch, daß der ganze Satz „male enim-administratio" ein späterer Zusatz ist, wie S o l a ζ z i , Glosse a Gaio. Studi Riccobono 1, i 2 o f f . meint.

107

u n d i n m a n c h e m andern Einzelsatz auch rechtliche A n e r k e n n u n g erfahren h a t 9 7 , die aber a u c h d o r t g i l t , w o die R e c h t s o r d n u n g gegen den Rechtsm i ß b r a u c h n i c h t reagiert. A u f den v e r n ü n f t i g e n Gebrauch der Testierf r e i h e i t z u m Beispiel arbeitet die öffentliche M e i n u n g h i n . Es interessiert allgemein, w i e der u n d j e n e r sein Testament gemacht hat, die Testamente

erscheinen als „ S i t t e n s p i e g e l " 9 8 .

Über

ein Testament, das

den

Testator überraschenderweise besser i m T o d e als i m Leben z e i g t 9 9 , „ q u o d pietas fides p u d o r s c r i p s i t " , redet m a n i n der Stadt t a g e l a n g 1 0 0 , n a t ü r l i c h n o c h viel m e h r , w e n n diese Mächte verletzt sind : f ü r R ö m e r ein n i c h t zu unterschätzender D r u c k . D e r M i t e r b e k a n n , w i e w i r oben sagten, über seine Quote a m N a c h l a ß verfügen, aber das o f f i c i u m f o r d e r t , daß er das n i c h t ohne Z u s t i m m u n g der M i t e r b e n t u t , es sei denn, daß eine höhere P f l i c h t davon d i s p e n s i e r t 1 0 1 . A u c h i m V e r h ä l t n i s des e i n z e l n e n z u m S t a a t w i r d das F r e i h e i t s p r i n z i p festgehalten. So g r o ß die A n f o r d e r u n g e n sind, die der römische Staat i n m i l i t ä r i s c h e r u n d anfangs a u c h i n steuerlicher H i n s i c h t an seine B ü r g e r stellt, so g r o ß ist doch auch die F r e i h e i t , die er i h n e n der G e m e i n schaft

gegenüber

einräumt.

Eine

Periode

totaler

Polis102

kennt

die

römische Geschichte n i c h t , w e i l i h r die griechische D e m o k r a t i e 1 0 3 w i e das spartanische L a g e r l e b e n 1 0 4 unbekannt blieb. U n d so ist denn jenes „ b e sondere Dasein neben d e m Staat u n d der Ö f f e n t l i c h k e i t " , von d e m J a c o b B u r c k h a r d t s a g t e 1 0 5 , daß es „ d e r Mensch unsrer Rasse verlangt, sobald er aus der Barbarei a u f t a u c h t , ein ungestörtes H e i m u n d ein unabhängiger K r e i s von Gedanken u n d G e f ü h l e n " , i n der republikanischen u n d klassischen Z e i t p r i n z i p i e l l n i c h t angetastet worden. M e i n u n g s - , Glaubens- u n d K u l t u s f r e i h e i t werden n i c h t schrankenlos, aber i n w e i t e m Ausmaße ge97 Über Rechtsmißbrauch siehe P e r n i c e , Labeo 2, i , S. 5 7 f ï . ; P e r o z z i , Arch, giur. 53, 3 5 i f f . ; R a b e l , Grundz., S. 409; M . R o t o n d i , Riv. d i diritto civ. i 5 , i o 5 ; S t o l l , SZ. Ιχη , 42 5 ff.; S i b e r , Schranken d. priv. Rechte (Leipz. Rektoratsrede 1 9 2 6 ) , S. 2 7 ; B a l o g h , Studi Bonfante 4, 636ff.; S o l a z z i , Glosse a Gaio, Studi Riccobono ι , 120ff. S o l a z z i geht zu weit, wenn er nicht nur die formulierte Regel, sondern auch die ganze Idee dem klassischen Recht absprechen w i l l . Daß die Verordnung des Antoninus Pius gegen den Sklavenmißbrauch auch aus Humanitätsgründen erlassen worden ist, w i r d nicht (wie S o l a z z i meint) dadurch ausgeschlossen, daß die offizielle Begründung sie nicht erwähnte, sondern auf das Interesse der Eigentümer selbst hinwies. 98 P l i n i u s , Epist. 8, 18: „creditur vulgo testamenta hominum speculum essemorum." 99 plonge melior morte quam v i t a " : P l i n . 1. c. 100 P l i n i u s 1. c.: „habes omnes fabulas urbis; nam sunt omnes fabulae Tullus (der Testator)/' 101 P I i n . , Epist. 7, 11: „Cupio enim et tibi probatum et coheredibus meis excusaturn esse, quod me ab illis maiore officio iubente secerno." 102 J. B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgeschichte (4. Aufl.) 1, 81. 103 B u r c k h a r d t 1, 22off., 235ff., 274; 4, 1 9 0 « . 10 ± Kurz und bündig P l u t a r c h , Lycurg. 24, dazu B u r c k h a r d t 1, 9 9 « . , n 3 , n 5 f . 105 Griech. Kulturgesch. 1, 2 35.

108

währt106.

Das Hausrecht

wird

geachtet107.

Auch

der Schutz

des

kationsrechts u n d die gesetzliche B e s c h r ä n k u n g der k ö r p e r l i c h e n

Provo-

Züchti-

g u n g w i r d i n R o m als F r e i h e i t s s c h u t z e m p f u n d e n 1 0 8 . D i e r ä u m l i c h e wirtschaftliche

Bewegungsfreiheit

ist

groß109.

Wenn

in

den

gelegentlich u n d i n nachklassischer

Zeit i n steigendem U m f a n g uns

gebundene

mit

Wirtschaft

innungen110, Auffassung

entgegentritt

so s i n d das des

griechisch-hellenistischen römische

Rechts

des E i n g r i f f s

Es ist bezeichnend,

die i m tiefsten

widerstreiten"111

Recht stammen112.

Staat g r u n d s ä t z l i c h 1 1 3

Privatrechte 114.

ihren Monopolen und

„Rechtsbildungen,

römischen

Vor

und

Provinzen die

Zwangs-

Grunde

u n d die aus

allem enthält sich

i n bestehende

der dem der

individuelle

d a ß das R e c h t s i n s t i t u t d e r

Enteig-

n u n g i m Sinne einer staatlichen E n t z i e h u n g von Privatrechten i m öffentlichen Interesse d e m r ö m i s c h e n Recht fast u n b e k a n n t i s t 1 1 5 . N u r gelegentlich i n der P r o v i n z 1 1 6 sie a n . A u g u s t u s

u n d i n besonderen A u s n a h m e f ä l l e n 1 1 7 wendet

wagte

es n i c h t , b e i m B a u s e i n e s n e u e n F o r u m

f o r o d' Augusto) zur E n t e i g n u n g zu schreiten, o b w o h l der zur

man

(des

Verfügung

106

I h e r i n g 2, i 3 8 f . ; M o m m s e n , Ges. Sehr. 3, 38gff. I h e r i n g 2, 157ff. Bezeichnend C i e . i n Vatin. 9, 22, und dazu M o m m s e n , StrafR. 49, Ν . ι . 108 C i e . i n Yerrem I I , 5, 63, i 6 3 ; 66, 170. 109 I h e r i n g 2, i 3 6 und i 5 i ; S c h ö n b a u e r , SZ. 46, 2 i i f f . und Beiträge zur Geschichte d. BergbauR. i 4 5 ; R o s t o v t z e f f , Social and economic history 159. 110 S c h ö n b a u e r 1. c.; K ü b l e r , Geschichte 345, 3 4 7 0 . und SZ. 53, 6o4111 M o m m s e n , Ges. Sehr. 3, 176. 112 S c h ö n b a u e r , SZ. 46, 212. Eine zusammenfassende wirtschafte- und rechtsgeschichtliche Darstellung dieser Entwicklung fehlt zur Zeit noch. ι 1 1 3 Heroisches Kurieren wirtschaftlicher Krisen durch • Zinsherabsetzungen und Schuldenstreichungen sind auch i m römischen Staat bekannt, hier aber doch erheblich seltener als i n den griechischen Demokratien. Vgl. I h e r i n g 2, 73ff., 258; P ö h l m a n n , Geschichte d. sozialen Frage u. d. Sozialismus i n d. antiken W e l t (3. Aufl. 1925), siehe i m Register des Werkes unter „Schuldentilgung"; R o s t o v t z e f f 1. c. an den i m Register unter „cancellation of debts" angegebenen Stellen. Vgl. auch A f f o l t e r , Das intertemporale Recht 1, 1, S. 4 i f · , 5 8 f . ; F r ü c h t l , Die Geldgeschäfte bei Cicero (Erlanger Diss. 1912) 60; K r o l l 1, 94 und ι ο 4 · Die Sache bedarf erneuter juristischer Betrachtung. — Über griechische Schuldenstreichungen P ö h l m a n n 1. c.; R o s t o v t z e f f 2; B e a u c h e t , Histoire du droit privé de la république Athénienne 4, 5 3 i f f . 114 Das römische Prinzip formuliert kurz und bündig A n t o n i n u s P i u s in Coli. 3, 3, 2 = D. (1, 6) 2: „ D o m i n o r u m quidem potestatem i n suos servos inlibatum esse oportet nec cuiquam hominum ius suum detrahi." Vgl. auch I h e r i n g 2, 67. 115 Gründliche P r ü f u n g der Quellen bei S c i a l o j a , Teoria della proprietà nel diritto Romano 1, 3 i 5 f f . und B o n f a n t e , Corso 2, 1, S. 2 3 7 Î Î . Dazu aber (sehr richtig!) B i o n d i , Romanità e Fascismo, S. 38 und unten S. I i i Ν . 123. 116 Lex Ursonens. (Bruns N r . 28), cap. 99. 117 U m einen besonderen Fall handelt es sich bei dem Senatsbeschluß, den F r o n t i n , De aquaeduetu 125 berichtet. A u g u s t u s hatte versprochen auf eigene Kosten eine Reihe von Wasserleitungen instand zu setzen; er erhält vom Senat das Recht, Baumaterial (Sand, Steine, Holz usw.) von den anliegenden Grundstücken zu nehmen, natürlich gegen Entschädigung. 107

109

stehende Platz zu eng w a r u n d der A r c h i t e k t Schwierigkeiten

hatte118;

auch i n diesem Respekt v o r d e m erworbenen Privatrecht ist A u g u s t u s ein echter R ö m e r 1 1 9 . N i c h t m i n d e r charakteristisch f ü r die römische F r e i h e i t ist, daß sich Staats- u n d K o m m u n a l v e r w a l t u n g w e i t h i n a u f die I n i t i a t i v e u n d den Gem e i n s i n n i h r e r B ü r g e r verlassen. D i e f r e i w i l l i g e n Spenden b i l d e n i m E t a t des Staates u n d n o c h m e h r der K o m m u n e n einen sehr erheblichen Posten. D e r lebendige römische Gemeinsinn w e i ß , daß das Einzelinteresse

un-

lösbar m i t d e m Staatsinteresse verbunden i s t 1 2 0 . D a h e r denn jenes g r o ß artige System öffentlicher Spenden, das uns die I n s c h r i f t e n allenthalben offenbaren, an i h r e r Spitze die regina i n s c r i p t i o n u m , der Rechenschaftsbericht des A u g u s t u s 1 2 1 . A b e r das alles geschieht ohne Z w a n g 1 2 1 *

und

ohne Rechtsnorm, „ i n F r e i h e i t u n d unter eigener V e r a n t w o r t u n g " 1 2 2 . W e n n der römische Staat so seinen B ü r g e r n — u n d i n geringerem U m fange auch den Staatsangehörigen Peregrinen — einen weiten R a u m f ü r die freie i n d i v i d u e l l e B e t ä t i g u n g g e w ä h r t , so ist d o c h die Garantie

dieser

Freiheit

vom

Staat

und

gegenüber

rechtliche

dem

Staat

nur

schwach ausgeprägt. V o n der gesteigerten verfassungsrechtlichen Garantie der

Freiheitsrechte

moderner

Verfassungen

ist i n

Rom

keine

Rede,

118 Sue t o n , Aug. 56: „ F o r u m angustius fecit, non ausus extorquere possessoribus proximas domos." 119 Über Augustus als „echten R ö m e r " fein und richtig H e i n z e , Hermes 65, S. 3 6 o f . ; F r o n t i n , De aquaeductu 128: „ . . . c u m m a i o r e s n o s t r i ne ea q u i d e m e r i p u e r i n t p r i v a t i s q u a e a d c o m m o d u m p u b l i c u m p e r t i n e b a n t , sed cum aquas perducerent, si diffìcilior possessor i n parte vendunda fuerat, pro toto agro pecuniam intulerint et post determinata necessaria loca rursus eum agrum vendiderint, ut i n suis fìnibus proprium ius tarn res publica quam privata haberent." Das f ü r die Wasserleitung nötige Terrain w i r d also durch K a u f erworben, und ist der Grundeigentümer nicht bereit, die Parzelle, die man braucht, abzugeben, so kauft man i h m das ganze Grundstück ab und verkauft dann wieder die Parzellen, die man zum Bau nicht braucht. Bei L i v i u s 4o, 5 i macht ein Grundeigentümer, der nicht verkaufen w i l l , den Bau der geplanten Wasserleitung tatsächlich unmöglich. 120 L i v i u s 26, 36 sagt der Konsul bei einer Aufforderung zum Spenden: „res publica incolumis et privatas res facile salvas praestat; publica prodendo tua nequiquam serves." 121 Über die Spenden des A u g u s t u s aus seiner Privatkasse siehe seinen Rechenschaftsbericht Mon. Ancyr. 3, i 4 f f . und Schlußnachtrag, und dazu W i l c k e n , Z u den impensae der res gestae divi Augusti, Sitzungsber. d. Preuß. Akad. d. Wiss. 1931 (phil.hist. K l . ) , 772ff. und 1932, S. 232, N. 1. — Selbst T r i m a l c h i o spendet, natürlich ein „Essen" ( P e t r o n , Cena. 71, 9 : scis enim quod epulum dedi binos denarios). — Siehe über dieses Spendensystem L i e b e n a m , Städte ver waltung i n d. röm. Kaiserzeit i 6 5 f f . ; F r i e d l ä n d e r - W i s s o w a , Röm. Sittengesch. 2, 3 7 7 0 . ; R o s t o v t z e f f , Social and economic history, S. i 4 o f . 121

a Anders i n den griechischen Demokratien; vgl. B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgesch.

ι , 236ff. 122

110

I b s e n , Frau vom Meere, Schluß.

grundsätzlich

fehlt die Rechtsgarantie g a n z 1 2 3 .

„ D i e römische

Gemeinde

h a t m e h r als d i e m e i s t e n s i c h w i l l k ü r l i c h e r E i n g r i f f e i n d i e R e c h t s s p h ä r e des e i n z e l n e n e n t h a l t e n , a b e r n i c h t s d e s t o w e n i g e r i m m e r a n d e m G e d a n k e n festgehalten, fügt"

124

...

daß

der

Staat ü b e r

seine B ü r g e r

nach Ermessen

ver-

. I m V e r h ä l t n i s des e i n z e l n e n z u m S t a a t k r e u z t s i c h e b e n d a s F r e i -

heitsprinzip

mit

dem

Autoritätsprinzip.

Der

römische

autoritäre

Staat

n i m m t das F r e i h e i t s p r i n z i p a u c h f ü r s i c h selbst i n A n s p r u c h u n d g e w ä h r t die B ü r g e r f r e i h e i t

a u c h seinerseits

„in

Freiheit"125.

123 Der Staat kann i m Wege der einfachen Gesetzgebung die Freiheit einschränken, was bezüglich des Provokationsrechts geschehen ist. Aber auch magistratische Eingriffe sind, wenn nicht Gesetze entgegenstehen, möglich: daß A u g u s t u s zum Beispiel hätte e n t e i g n e n d ü r f e n , geht aus der oben N . 118 angeführten Suetonstelle hervor; das Enteignungsrecht ist i m imperium enthalten. Vgl. B i o n d i , Romanità e Fascismo 3 8 : „ I Romani non ebbero l'istituto giuridico (espropriazione per pubblica utilità) ma i l fatto; non si trattava cioè dell' applicazione d i una legge, in verità mai esistita, ma piuttosto della esplicazione d i quell' imperium dei magistrati, a cui tutto, anche i più fondamentali d i r i t t i dei singoli, erano sempre subordinati." über Eingriffe i n die religiöse Kultusfreiheit durch die Konsuln, zum Beispiel i m Bacchanalienskandal, vgl. auch M o m m s e n , Ges. Sehr. 3, 397 ff. 124

M o m m s e n , StaatsR. 3, 3 6 i . 125 W i e auch diese Bürgerfreiheit i n nachklassischer Zeit allmählich zugrunde ging, soll hier nicht dargestellt werden.

111

Autorität 1 Tenebat non modo auctoritatem, sed etiam imperium i n suos; metuebant servi, verebantur liberi, carum omnes habebant: vigebat i n illa domo mos patrius et disciplina. C i c e r o , Cator maior n , 3η.

U n t e r „ A u t o r i t ä t " w o l l e n w i r das soziale Ansehen einer Person oder Institution

verstehen;

unter

„Autoritätsprinzip"

den

Grundsatz,

die

A u t o r i t ä t i m sozialen Leben insbesondere i m Rechtsleben z u verwerten. D i e A u t o r i t ä t ist eine normative Eigenschaft. Sie ist r i c h t u n g w e i s e n d ; sie hat die K r a f t , andre, die die A u t o r i t ä t anerkennen, zu einem b e s t i m m t e n Verhalten z u veranlassen,

z u m Unterlassen wie z u m H a n d e l n .

die A u t o r i t ä t erziehende, leitende F u n k t i o n e n , sie w i r k t Folge,

So

hat

Zucht,

D i s z i p l i n 2 , u n d zwar ohne einer rationalen B e g r ü n d u n g zu bedürfen, d i e zu p r ü f e n u n d z u begreifen der einzelne ohnedies w e i t h i n n i c h t i n der Lage i s t : stat p r o ratione a u c t o r i t a s 3 . Das Recht k a n n diese n o r m a t i v e K r a f t der A u t o r i t ä t nutzen, i n d e m es sie i n R e c h t s o r d n u n g u n d Rechtsleben e i n o r d n e t ; es k a n n die A u t o r i t ä t organisieren, sie schützen, f ö r d e r n , i h r B e t ä t i g u n g s r a u m gewähren. Selbstverständlich ist diese H a l t u n g n i c h t . D e r Staat der W e i m a r e r Verfassung z u m Beispiel h a t i n seiner Rechtso r d n u n g u n d n o c h m e h r i n i h r e r H a n d h a b u n g a u f eine energische V e r w e n d u n g des A u t o r i t ä t s p r i n z i p s b e w u ß t oder u n b e w u ß t verzichtet, v o n der Beseitigung der T i t e l , O r d e n u n d Ehrenzeichen angefangen bis z u m ungenügenden Rechtsschutz der höchsten Reichs- u n d Staatsbeamten, zur 1 Zum Ganzen G o e t h e , Geschichte der Farbenlehre, 2. Abt., Kap. A u t o r i t ä t ; M a x W e b e r , Wirtschaft u n d Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, I I I . Abt.), S. 170, i 4 o f f . , 6 0 0 , 6 0 9 , 6 8 1 , 753ff.; H e i n z e , Auctoritas, Hermes 6 0 ( 1 9 2 5 ) , 348ff.; C a r l S c h m i t t , Verfassungslehre ( 1 9 2 8 ) , S. η5 Ν . ι ; B i o n d i , Romanità e Fascismo (Annuario della R. Università d i Catania 1 9 2 8 — 2 9 ; i m folgenden nach dem Sonderabdruck zitiert), namentlich S. 11 ff. 2 S h a k e s p e a r e , K i n g Lear 1, 4: K e n t : You have that i n your countenance, which I would fain call master. L e a r : What's that? K e n t : Authority. 3 G o e t h e 1. c. „ W i r lassen die Existenz, die Würde, die Gewalt von irgendeinem Dinge gelten, ohne daß w i r seinen Ursprung, sein Herkommen, seinen W e r t deutlich einsehen und erkennen . . . Dagegen kann man dem Verstand gar keine Autorität zuschreiben; denn er bringt nur immer seinesgleichen hervor; so wie denn offenbar aller Verstandesunterricht zur Anarchie f ü h r t . "

112

Gestaltung

der

Minister

autoritätsmindernden

als

autoritätslose

Wirkung

Parteiexponenten

weitgetriebener

und

Justizförmigkeit

der des

Staatslebens 4 . D e r römische Staat, der, wie w i r sahen 5 , I n d i v i d u a l f reiheit so weitgehend gewährt u n d schützt, h a t niemals vergessen, d e m A u t o r i t ä t s p r i n z i p n a c h d r ü c k l i c h G e l t u n g zu verschaffen, wie denn I n d i v i d u a l f r e i h e i t ohne A u t o r i t ä t a u f

die D a u e r u n m ö g l i c h i s t 6 . W e l c h große R o l l e die

auctoritas i m r ö m i s c h e n Leben ü b e r h a u p t spielt, w i e A u t o r i t ä t erstrebt, aber auch anerkannt w i r d 7 , l e h r t ein B l i c k i n die S c h r i f t e n Ciceros 8 , u n d so stehen denn a u c h i n der Stichwortliste der r ö m i s c h e n politischen D i s kussion

,,auctoritas' 4 w i e

„disciplina";

gern stellt m a n die

„römische

Z u c h t " neben den mos patrius oder die mores m a i o r u m 9 , u n d i n der T a t ist j a das Ansehen des d u r c h A l t e r u n d D a u e r Bewährten e i n besonders w i c h t i g e r F a l l der A u t o r i t ä t . — Die

O r d n u n g des r ö m i s c h e n

H a u s e s ist entscheidend d u r c h

das

A u t o r i t ä t s p r i n z i p bestimmt. Das natürliche Autoritätsverhältnis zwischen Hausvater u n d Hausangehörigen ( E h e f r a u , K i n d e r n u n d K n e c h t e n ) , das die

Hausangehörigen

Rechtsverhältnis, staltet.

Es

gehört

verhältnisses,

zur

reverentia

verpflichtet,

ist

zum

autoritären

u n d zwar z u m autoritären Herrschafts Verhältnis gezum

Wesen

eines

autoritären

daß die Grenzen dieser H e r r s c h a f t

Herrschafts-

möglichst

hinaus-

geschoben werden, d e m Ermessen der A u t o r i t ä t weiter B e w e g u n g s r a u m gewährt u n d die j u s t i z f ö r m i g e Ü b e r p r ü f u n g ihres W a l t e n s ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. Das römische Recht h a t dieses P r i n z i p m i t r ü c k sichtsloser Strenge d u r c h g e f ü h r t . Das Leben des Hauses w i r d d u r c h den pater f a m i l i a s souverän geregelt. E r b e s t i m m t das persönliche Leben der Hausangehörigen, E r z i e h u n g u n d T ä t i g k e i t , er verheiratet die Tochter, erteilt oder verweigert n a c h seinem Ermessen die Z u s t i m m u n g z u r V e r h e i r a t u n g des Sohnes 1 0 . E r ü b t die Hauszucht nach seinem f r e i e n

Er-

messen, jede Z ü c h t i g u n g ist erlaubt, auch die T o d e s s t r a f e 1 1 . A u c h die G ü t e r v e r t e i l u n g i n n e r h a l b des Hauses w i r d souverän d u r c h den H a u s vater b e s t i m m t . Das römische Recht f o r m u l i e r t diesen Satz m i t r ö m i s c h e r K l a r h e i t u n d Schroffheit

d a h i n : die Hausangehörigen s i n d vermögens-

4

Siehe C a r l S c h m i t t , Verfassungslehre 133ff. Oben S. 99 ff., 108 ff. 6 B i o n d i 18, 22. 7 H e i n z e 358: „ D i e gesamte Lebensführung des römischen Volks war von dem Gefühl f ü r auctoritas durchtränkt." 8 Man sehe die Stellen i n den Cicero-Lexika von M e r g u e t ; vgl. auch den Artikel „auctoritas" i m Thes. L i n g . Lat. 9 Siehe M e r g u e t , v. „disciplina". 10 B o n f a n t e , Corso 1, 198; J ö r s [§ 172, 2b]. 11 M o m m s e n , StrafR. -16 ff.; S i b e r S 43; J ö r s § 171 [184] ; B o n f a n t e , Corso ι, 7if. 5

8 S chulz, Prinzipien des römischen Rechts

113

u n f ä h i g , alles was sie erwerben, f ä l l t a n den Gewalthaber, der darüber nach f r e i e m Ermessen u n t e r Lebenden w i e v o n Todes wegen v e r f ü g e n kann. Privatrechtliche Beziehungen zwischen Gewalthaber u n d G e w a l t unterworfenen

g i b t es n i c h t

( v o m Herrschaftsrecht

selbst abgesehen),

keine A n s p r ü c h e des Hausangehörigen gegen den pater familias,

auch

keinen Unterhaltsanspruch, keinen A n s p r u c h der T o c h t e r a u f D o t i e r u n g , aber

auch keine

privatrechtlichen

Pflichten,

weder vertragliche

noch

d e l i k t i s c h e 1 2 . Das öffentliche Strafrecht g r e i f t f r e i l i c h a u c h ein bei verletzenden H a n d l u n g e n zwischen Gewalthaber u n d Gewaltunterworfenen, aber die Verletzungen des Hausangehörigen d u r c h den Gewalthaber f a l l e n doch grundsätzlich i n den Bereich der D i s z i p l i n a r g e w a l t u n d s i n d daher straflos. A l s a m Ende des zweiten J a h r h u n d e r t s vor C h r i s t i ein V a t e r wegen Mordes angeklagt u n d v e r u r t e i l t w u r d e , der seinen von i h m a u f s L a n d verbannten Sohn d u r c h seine Sklaven hatte töten lassen, erschien das den Chronisten der Z e i t als ein aufseheneiregender F a l l u n d des N o tierens w e r t 1 3 . I m ü b r i g e n k o n n t e n die Magistrate k r a f t i h r e r K o e r z i t i o n s gewalt bei M i ß b r a u c h des Zuchtrechts eingreifen, haben aber von dieser B e f u g n i s s c h w e r l i c h erheblichen Gebrauch

gemacht14.

D i e geschichtliche E n t w i c k l u n g h a t den autoritären Charakter dieses Verhältnisses langsam abgeschwächt. D i e E h e f r a u ist f r ü h der domestica disciplina des Ehemanns entzogen w o r d e n 1 5 ; m i t d e m V o r d r i n g e n

der

freien E h e scheidet sie aus d e m j u r i s t i s c h e n K r e i s e der Hausangehörigen ganz aus. Gegenüber K i n d e r n u n d Sklaven aber bleibt die A u t o r i t ä t s stellung des pater f a m i l i a s i n der republikanischen Z e i t fast unangetastet; n u r d i e V e r h e i r a t u n g der T o c h t e r ohne i h r e Z u s t i m m u n g v e r s c h w i n d e t 1 6 , u n d gegen E n d e der R e p u b l i k setzt sich das Pflichtteilsrecht d u r c h . E r s t die Kaiserzeit b r i n g t u n t e r d e m E i n f l u ß des H u m a n i t ä t s p r i n z i p s 1 7

und

griechischer Rechtsgedanken weitere Abschwächungen. Gegen den M i ß brauch des Zuchtrechtes k a n n schon i n klassischer Z e i t die Behörde angerufen werden, die den F a l l , allerdings e x t r a o r d i n e m , ü b e r p r ü f t 1 8 . A u c h die A l i m e n t a t i o n s p f l i c h t des Vaters gegenüber den K i n d e r n k a n n schon i n klassischer Z e i t a u f G r u n d von kaiserlichen R e s k r i p t e n extra o r d i n e m erzwungen w e r d e n 1 9 . D i e nachklassische Z e i t entwickelt den klagbaren 12

D . (ίιη, 2) i 6 u. 17 pr., und dazu M o m m s e n 1. c. 22; B e s e l e r 2, 121. M o m m s e n 1. c. 25. 14 M o m m s e n 2Ì\ Ν . ι . 15 Mommsen i8f. iß B o n f a n t e , Corso 1, 198; V o l t e r r a , Sul consenso della fìliafamilias agli sponsali ( 1 9 2 9 ) ; a. M . S o l a z z i , Dispute Romanistiche, Studi Albertoni 1, £ ι ί ϊ . 17 Darüber unten S. i 3 4 f ï . 18 Siehe unten S. ι 3 4 · 19 D . (25, 3) 5, ι ; B o n f a n t e , Corso 1, 2 7 9 ^ ; J ö r s [§ i 8 4 , 6]. 13

II4

D o t i e r u n g s a n s p r u c h der T o c h t e r 2 0 u n d s c h l i e ß l i c h die V e r m ö g e n s f ä h i g k e i t des Hauskindes u n d d a m i t die A n e r k e n n u n g weiterer privatrechtlicher Rechtsbeziehungen

zwischen

Gewalthaber

und

Gewaltunterworfenen 21.

Diese E n t w i c k l u n g soll h i e r i m einzelnen n i c h t dargestellt werden. H e r v o r zuheben

ist

aber

noch,

daß

von j e h e r neben die A u t o r i t ä t des pater

f a m i l i a s eine zweite A u t o r i t ä t t r i t t 2 2 , die d e m Vater gegenüber r e c h t l i c h f r e i l i c h n u r beratende F u n k t i o n e n hat. W i e i m römischen Leben regelm ä ß i g i n w i c h t i g e n D i n g e n der E n t s c h l u ß erst gefaßt w i r d nach A n h ö r u n g des Rats von F r e u n d e n u n d Vertrauenspersonen 2 3 , so ü b t der pater f a m i l i a s i n ernsteren F ä l l e n die Hauszucht n u r aus u n t e r Z u z i e h u n g eines Konsilium,

einer A r t

Familienrat,

dessen Zusammensetzung der Vater

f r e i l i c h f r e i b e s t i m m t u n d zu d e m er auch H a u s f r e u n d e u n d autoritäre Persönlichkeiten zuziehen k a n n 2 4 . D i e M e i n u n g dieser Personen w i e der S p r u c h des K o n s i l i u m , w e n n es z u einem solchen k o m m t , ist f ü r

den

Vater r e c h t l i c h n i c h t v e r b i n d l i c h ; es h ä n g t von d e m M a ß der A u t o r i t ä t ab, die das K o n s i l i u m u n d dessen M i t g l i e d e r d e m Vater gegenüber besitzen, wieweit es a u f die E n t s c h e i d u n g des Gewalthabers b e s t i m m e n d e i n w i r k t . — Nach

diesen

angehörigen

Grundsätzen

ist

auch

das

Verhältnis

des

Staats-

z u m r ö m i s c h e n S t a a t u n d s e i n e n M a g i s t r a t e n ge-

staltet25. N a c h der B e e n d i g u n g des S t ä n d e k a m p f es ist j e d e r unbescholtene m ä n n liche römische B ü r g e r r e c h t l i c h grundsätzlich f ü r jede M a g i s t r a t u r q u a l i fiziert 26.

I n W a h r h e i t ist aber die Staatsverwaltung der R e p u b l i k u n d des

Prinzipats eine typische „ H o n o r a t i o r e n v e r w a l t u n g ' 2 7 : „Ansehen"

erhalten eine M a g i s t r a t u r 2 8 ;

n u r Männer

u n d wie der römische

von

Soldat

keineswegs den Marschallstab i m T o r n i s t e r t r ä g t 2 9 , so k o m m t auch der gewöhnliche römische B ü r g e r als K a n d i d a t f ü r eine M a g i s t r a t u r

prak-

tisch n i c h t i n Frage. N u r die A n g e h ö r i g e n des Senatoren- u n d Ritterstands sind tatsächlich f ü r das Staatsamt qualifiziert, also Personen, die m i n d e 20

21 S i b e r 3oo m i t L i t e r a t u r . J ö r s § 172 [ i 8 5 ] . V g l . M o m m s e n , StaatsR. 3, i o 3 4 N . 1. 23 Selbst die Künstler der Laokoongruppe haben ihren E n t w u r f vor der A u s f ü h r u n g einem consilium von Freunden vorgelegt: P l i n . hist. nat. 36, δ, 37, u n d dazu M o m m s e n , Ges. Sehr. 5, 5 n f . V g l . auch S t r o u x , Philologus 89 ( 1 9 3 4 ) , i 3 o . 24 M o m m s e n , StaatsR. 1, 3 0 7 I , StrafR. 2Öf. 25 W e n g e r , Hausgewalt u n d Staatsgewalt, Miscellanea F r . E h r l e 1, /to ff. I n t e r essantes über „ A u t o r i t ä t " i n der Staatsordnung bei H . S a v e l k o u l s , Das englische Kabinettsystem ( 1 9 3 4 ) . Siehe auch H . 0 . Z i e g l e r , Autoritärer oder totaler Staat ( 1 9 3 2 ) ; H . G e r b e r , Freiheit u n d B i n d u n g der Staatsgewalt ( 1 9 3 2 ) . 26 Genaueres bei M o m m s e n 1, 468 i L 27 E i n Terminus M a x W e b e r s , 1. c. S. 170, 609, 681. 28 P o l y b . 6, i / j , 9 : τας αρχάς ό δήμος δίδωσι τοις άξίοις. 29 Das Avancement endet beim centurio: M a r q u a r d t , Röm. Staatsverwaltung 2 (2. A u f l . von D e s s a u u. D o m a s z e w s k i 188/ί), S. 5 4 3 f . 22

115

stens d u r c h i h r V e r m ö g e n „ A n s e h e n " besitzen. F ü r die höchsten Ä m t e r , für

das K o n s u l a t u n d die D i k t a t u r , w i r d n o c h m e h r g e f o r d e r t ;

man

w ü n s c h t d a f ü r nach M ö g l i c h k e i t Personen zu gewinnen, deren V o r f a h r e n bereits e i n m a l ein Staatsamt, m ö g l i c h s t das K o n s u l a t oder die D i k t a t u r , bekleidet h a b e n 3 0 . N e u l i n g e , homines novi, d. h. R i t t e r , die als die ersten i h r e r F a m i l i e zu einem Staatsamt g e l a n g e n 3 1 , b r i n g e n es r e g e l m ä ß i g n u r bis zur Prä t u r 3 2 , n u r ein besonderes „ A n s e h e n " eröffnet i h n e n den W e g z u m K o n s u l a t : C i c e r o r ü h m t sich, seit einem Menschenalter der erste zu sein, der als h o m o novus das K o n s u l a t eroberte 3 3 . U n t e r d e m P r i n z i p a t ist seit A u g u s t u s f ü r die republikanischen Ä m t e r a l l e i n der Senatorenstand qualifiziert, f ü r die neuen kaiserlichen Ä m t e r der Senatoren- u n d R i t t e r s t a n d 3 4 . E r s t unter D i o k l e t i a n verliert der Staat e n d g ü l t i g seinen aristokratisch-timokratischen

Charakter 35.

D i e r ö m i s c h e n Beamten h a b e n also bereits ein gesellschaftliches A n sehen, ehe sie Beamte werden, das A m t steigert i h r e A u t o r i t ä t , u n d a u f V e r w e r t u n g u n d E r h a l t u n g i h r e r A u t o r i t ä t ist das ganze A m t s r e c h t zugeschnitten. M a n betrachte zunächst die S t e l l u n g d e s M a g i s t r a t s der

gegenüber

Volksversammlung.

I n der C o n t i o soll der B ü r g e r hören, was i h m der einberufende M a gistrat m i t z u t e i l e n hat. D i e C o n t i o i s t k e i n Parlament. Es s p r i c h t a l l e i n der einberufende Magistrat u n d derjenige, d e m er n a c h seinem f r e i e n Ermessen das W o r t erteilt. E i n Rederecht hat der B ü r g e r n i c h t 3 6 . I n den C o m i t i a , den A b s t i m m u n g s v e r s a m m l u n g e n , ist die „ R e d e "

vollständig

ausgeschlossen. Es f e h l t diesen V e r s a m m l u n g e n a u c h das Recht der I n i tiative u n d des Amendements. Sie haben l e d i g l i c h a b z u s t i m m e n über den A n t r a g des die V e r s a m m l u n g leitenden Magistrats, über seinen Gesetzesvorschlag, über seinen S t r a f a n t r a g i m k o m i t i a l e n Strafprozeß, ü b e r die v o m M a g i s t r a t vorgelegte Kandidatenliste i n den W a h l k o m i t i e n 3 7 . W e i t e r h i n steht der A n t r a g i m freien Ermessen des Magistrats. Das g i l t selbst f ü r die W a h l k o m i t i e n : w e n n der eine der beiden K o n s u l n vor oder nach d e m 30

Das hat M . G e l ζ e r , D i e Nobilität der röm. Republik ( 1 9 1 2 ) , nachgewiesen (S. i f f . , 42). 31 Dies ist der Begriff des homo novus: G e i z e r 27. 32 G e i z e r 1. c. 33 C i e . de lege agraria 2, 1, 3 f f . : „ n i e perlongo intervallo prope memoriae temporumque nostrorum p r i m u m hominem novum consulem fecistis et eum locum, quem nobilitas praesidiis f i r m a t u m atque o m n i ratione obvallatum tenebat, me duce recidistis r e i . " D i e hier erwähnte „ N o b i l i t ä t " u m f a ß t die gewesenen Diktatoren u n d K o n suln u n d deren Deszendenz: G e i z er 22 ff., t\2. 34 M o m m s e n , StaatsR. 1, 4 9 8 ; 2, 9 3 3 f f . 35 E . S t e i n , Geschichte des spätrömischen Reiches 1, 101. 36 3 M o m m s e n 1, 198fr., 201. ? M o m m s e n 1, 199; 3, 3o4, 369ff.

II6

A m t s a n t r i t t w e g f ä l l t , so steht es i m Ermessen des andern, eine N a c h w a h l zu veranstalten oder sine collega z u r e g i e r e n 3 8 . A u c h die A u f s t e l l u n g der Kandidatenliste steht i m freien Ermessen des die W a h l veranstaltenden Magistrats ; n i e m a n d h a t ein Recht, a u f die Wahlliste) gesetzt zu werden, w e n n auch f r e i l i c h h i e r der Magistrat i n der späteren R e p u b l i k v o n seiner M a c h t keinen Gebrauch m e h r gemacht u n d tatsächlich j e d e n f ü r das A m t qualifizierten B ü r g e r nach seinem x^ntrag a u f die L i s t e gesetzt h a t 3 9 . D i e i m Gange befindliche A b s t i m m u n g k a n n der die V e r s a m m l u n g leitende Magistrat jederzeit nach seinem Ermessen abbrechen, insbesondere w e n n er glaubt, daß sie zu einem unerwünschten Ergebnis f ü h r e n w i r d 4 0 . A b e r a u c h nach B e e n d i g u n g der A b s t i m m u n g steht es noch i m Ermessen des Magistrats, das Ergebnis z u akzeptieren, da er nach f r e i e m Ermessen die R e n u n t i a t i o vornehmen oder verweigern k a n n 4 1 . D e r

Komitialbeschluß

ist eben ein zweiseitiger A k t , der Sache nach eine V e r e i n b a r u n g zwischen B ü r g e r s c h a f t u n d M a g i s t r a t 4 2 . Das ist „ j e n e herrliche Z u c h t u n d Sitte der Vorfahren", Fiacco43

die

zu

Cicero

der

in

einer

Volksabstimmung

berühmten der

Stelle

griechischen

seiner Rede p r o Demokratien

in

Gegensatz s t e l l t ; u n d so tendenziös gerade dieser T e i l der Rede ist, i n dem der Verteidiger eines wegen Erpressung angeklagten Statthalters die g r i e chischen Belastungszeugen i n ü b l e r Weise z u diskreditieren sucht, so ist die Gegenüberstellung selbst d o c h r i c h t i g : d o r t die souveräne, i m Theater sitzende 4 4 griechische

und

das Theater

des politischen

Volksversammlung,

besonnenen Beschlüsse f a ß t

45

Redekampfes

die i n emotionaler

genießende

Erregung ihre

un-

; h i e r die römische V o l k s v e r s a m m l u n g , die

stehend u n d schweigend, diskussionslos u n d u n t e r der n i c h t n u r f o r m a l e n L e i t u n g des Magistrats z u r A b s t i m m u n g schreitet 4 6 . D i e Z u c h t der r ö m i schen V o l k s v e r s a m m l u n g , die die A u t o r i t ä t des von i h r selbst gewählten 38

39 M o m m s e n i , 29; 2, 81. M o m m s e n 1, 472. 41 M o m m s e n 3, 4 i 5 . M o m m s e n 1, £72; 3, 4 i 5 . 42 M o m m s e n 3, 3 o 3 f . Von einem Vertrage, durch den sich die Bürger gegenseitig verpflichten ( I h e r i n g 1, 216; vgl. dazu B r u n n e r , Deutsche Rechtsgeschichte 1, 419), ist freilich keine Rede; insofern richtig P e r n i c e , SZ. 22, 66. 4 3 7 , i 5 u. 16. 44 Vgl. B u s o l t , Griech. Staatskunde, 3. A u f l . 1 (1910), 448. 45 Vgl. J a c o b B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgeschichte 1, 24ο, 244f.> 2 η 3 ΐ . ; vgl. auch M a x W e b e r , 1. c. S. 600. Über die Disziplinlosigkeit der Athener P o l y b . 6, 4446 C i c . 1. c.: „ O morem praeclarum disciplinamque, quam a maioribus accepimus . . . n u l l a m e n i m i l l i nostri, sapientissimi et sanctissimi viri, v i m c o n t i o n i s esse v o l u e r u n t : quae scisceret plebes aut quae populus iuberet, submota contione, distributis partibus, tributim et centuriatim discriptis ordinibus, classibus, aetatibus, auditis auctoribus, re multos dies promulgata et cognita, iuberi vetarique voluerunt. Graecorum autem totae res publicae s e d e n t i s contionis temeritate administrantur . . . cum i n theatro imperiti homines rerum omnium rudes ignarique c o n s e d e r a n t , t u m bella inutilia suscipiebant, tum seditiosos homines rei publicae praefìciebant, tum optime meritos civ es e civita te eiciebant." 40

117

Magistrats anerkennt, hat den r ö m i s c h e n B ü r g e r auch vor der t y r a n n i schen Mehrheitsherrschaft

der griechischen D e m o k r a t i e n bewahrt,

und

nirgends erkennt m a n so d e u t l i c h wie h i e r , daß die römische D i s z i p l i n der Schlüssel zur römischen F r e i h e i t i s t 4 7 . — D i e S t e l l u n g des e i n z e l n e n S t a a t s a n g e h ö r i g e n g e g e n ü b e r

dem

S t a a t ist, wie w i r schon a m Ende des vorigen Kapitels h e r v o r h o b e n 4 8 , r e c h t l i c h w e n i g gesichert.

Innerhalb

der sachlich u n d r ä u m l i c h

grenzten K o m p e t e n z des Magistrats ist angesichts der

abge-

verhältnismäßig

geringen A n z a h l einschränkender Rechtsnormen d e m freien Ermessen e i n ungemein weiter B e t ä t i g u n g s r a u m überlassen. W e n n auch n u r der Censor von diesem freien Abschätzen den N a m e n erhalten h a t 4 9 , w e i l er nach f r e i e m Ermessen die v o m einzelnen zu entrichtende Steuer festsetzt, das R i t t e r p f e r d zuteilt oder es d e m derzeitigen I n h a b e r n i m m t , den Tadelnswerten i n eine ungünstige S t i m m a b t e i l u n g stellt oder aus d e m Senat e n t f e r n t , so ist es bei den andern M a g i s t r a t e n i m G r u n d e d o c h n i c h t anders. I n der Stadt R o m ü b t die Nähe der V o l k s v e r s a m m l u n g , des Senats u n d der z u r Interzession berechtigten Magistrate n a t ü r l i c h eine h e m m e n d e W i r k u n g 5 0 , außerhalb der Stadt u n d n a m e n t l i c h i n der Provinz ist die dem M a g i s t r a t z u r V e r f ü g u n g stehende Rechtsmacht g e w a l t i g g r o ß . D e m römischen S t r a f r e c h t

ist u n d bleibt u n t e r

dem Einfluß

des

A u t o r i t ä t s p r i n z i p s der Satz „ n u l l u m c r i m e n sine lege, n u l l a poena sine lege" i m m e r u n b e k a n n t 5 1 . I n den H ä n d e n der I m p e r i u m t r ä g e r aber auch der Zensoren, Ä d i l e n u n d T r i b u n e n Jiegt die Staatszucht, die p u b l i c a discip l i n a w i e i n der H a n d des Hausvaters die Hauszucht, die domestica discip l i n a ; w i e der Vater ist auch der M a g i s t r a t z u r Z ü c h t i g u n g n a c h f r e i e m Ermessen befugt. F r e i l i c h s i n d hier d e m Z u c h t r e c h t (coercitio) f r ü h , insbesondere d u r c h die Provokationsgesetzgebung, gesetzliche Schranken gezogen w o r d e n 5 2 , auch ist die volle Koerzitionsgewalt, w e n n n i c h t d u r c h Rechtssatz, so doch tatsächlich n u r den I m p e r i u m t r ä g e r n u n d den V o l k s t r i b u n e n e i n g e r ä u m t 5 3 . I n n e r h a l b dieser Grenzen aber v e r f ä h r t der M a g i strat nach f r e i e m Ermessen wie der pater f a m i l i a s gegenüber d e m H a u s 47

B i o n d i 1. c. 18 u. 22. Oben S. 110. 49 M o m m s e n , StaatsR. 2, 331. 50 C i e . i n Yerrem I I , 5, 55, 143; ad Quintum fratrem 1, 1, 7, 22. 51 P e r n i c e , Labeo 2, 1 (2. Aufl.), 18; B e s e l e r , Jur. Miniaturen 46. Vgl. S c h o t t l ä n d e r , Die geschichtliche Entwicklung des Satzes nulla poena sine lege, 1911 (Strafrechtliche Abhandl., herausgeg. von Schoetensack, H e f t I 3 2 ) ; G e r l a n d bei Nipperdey, Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung 1, 379ff. Vgl. auch L i s z t S c h m i d t , Lehrbuch d. deutsch. StrafR. 1 (1932), § 18. 52 M o m m s e n , StrafR. 35ff. B i o n d i 17 übertreibt also, wenn er behauptet, auf die Frage „quali l i m i t i ha r i m p e r i u m ? La risposta romana è precisa : nessuno". 53 M o m m s e n 1. c. 39. «

118

angehörigen: der

er b e s t i m m t S t r a f w ü r d i g k e i t ,

Kaiserzeit

ist

das

magistratische

Straf art u n d S t r a f m a ß

Koerzitionsrecht

durch

54

.

In

Senats-

beschlüsse u n d Kaisererlasse eingeschränkt w o r d e n , bleibt aber d o c h n o c h umfassend

genug.

Wer

den

ungeheuren

Umfang

der

republikanischen

K o e r z i t i o n s g e w a l t s i c h v e r g e g e n w ä r t i g e n w i l l , d e r lese d a s f ü n f t e B u c h d e r Verrinen,

vergesse a b e r

dabei nicht, was der Leser leicht vergißt,

wegen der hier berichteten H i n r i c h t u n g e n von Peregrinen u n d

daß

römischen

B ü r g e r n Verres n i c h t angeklagt ist u n d w o h l auch n i c h t m i t E r f o l g Quästionenverfahren tische da

angeklagt werden konnte55,

S c h i l d e r u n g dieser J u s t i z m o r d e

der

Ankläger

in

einem

nur

der

Repetundenprozeß

daß

die ganze

im

drama-

Stimmungsmache

dient,

spricht.

magi-

Für

die

s t r a t i s c h e K o e r z i t i o n des P r i n z i p a t s m ö g e es g e n ü g e n , a u f d a s V e r f a h r e n eines s p a n i s c h e n S t a t t h a l t e r s h i n z u w e i s e n , das v o n H a d r i a n gebilligt

ausdrücklich

wird56.

Coli. Ι , Ι Ι . Ulpian: Cum quidam per lasciviam causam mortis praebuisset, comprobatum est factum Taurini Egnatii proconsulis Baeticae a divo Hadriano, quod eum i n quinquennium relegasset. Verba consultationis et rescripti ita se habent: Inter Claudium, optime imperator, et Euaristum cognovi, quod Claudius L u p i filius in convivio., dum sago iactatur, culpa M a r i i Euaristi ita male acceptus fuerit, ut post diem quintum moreretur. Atque apparebat nullam inimicitiam cum Euaristo ei fuisse. Sed cupiditatis culpam coercendam credidi, ut ceteri eiusdem aetatis iuvenes emendarentur. Ideoque Mario Euaristo urbe, Italia, provincia Baetica i n quinquennium interdixi et decrevi, ut impendii causa HS duo milia patri iuvenis persolveret Euaristus, quod manifestata eius fuerat paupertas. Velis rescribere. Verba rescripti: Poenam M a r i i Euaristi recte Taurine moderatus es ad modum culpae: refert enim et i n maioribus delictis, consulto aliquid admittatur an casu. Beim Spiel des Prellens 5 7 ist durch Verschulden des Marius Euaristus der „geprellte" Claudius m i t dem Soldatenmantel schlecht aufgefangen worden und an der Verletzung des Sturzes gestorben. Eine gesetzliche Grundlage f ü r ein Strafverfahren fehlte; eine Bestrafung i m Quaestionenprozeß de sicariis setzte Vorsatz voraus. Der Statthalter straft ohne gesetzliche Grundlage kraft seiner Coercitionsge\valt nach freiem Ermessen: er verurteilt den Marius zu fünfjähriger Verbannung und, da der Vater des Verstorbenen arm ist ( I ) , zum Ersatz der Auslagen, die der Vater durch den Tod gehabt hat 58. Aber nicht n u r i m rein magistratischen Strafprozeß w i r d nach Ermessen g e s t r a f t . K o m m t es a u f d i e p r o v o c a t i o a d p o p u l u m h i n z u m k o m i t i a l e η Strafverfahren,

so

entscheiden

Magistrat

und

Volksversammlung

w i e d e r u m nach Ermessen, ohne bei der Feststellung der 54 55 56 57

Strafwürdigkeit

P e r n i c e 1. c. i 5 f f . ; M o m m s e n 3 8 f . Dazu M o m m s e n 1. c. 79 Ν . 1 u n d i 4 6 . Dazu B e s e l e r , Jur. Miniaturen 45ff. Dazu H a n s S c h u l z , „ P r e l l e n " , i n Kluges Zeitschr. f . deutsche Wortforschung

9 (1907),

I02ff.;

Beseler

1. c .

58

B G U . 1024 S. 21 Z. I i ff. spricht der Statthalter ein Zehntel des Vermögens eines Mörders der Mutter einer ermordeten Prostituierten zu, die durch den Tod der Tochter des Unterhalts beraubt ist. Dazu W e n g e r , Arch. f . Kriminalanthropol. 16 (1904), 3 i 7 f f . , 323; B r a ß l o f f , Z. f . vergi. Rechtsw. 25, 3 7 8 0 . , 383.

9

u n d Strafe an Rechtsnormen gebunden zu s e i n 5 9 . Dasselbe g i l t f ü r das konsularisch-senatorische k a i s e r l i c h e Strafgericht

61

Strafverfahren

des P r i n z i p a t s 6 0

u n d das

. A l l e i n i m Quästionenprozeß ist das Gericht

an die gesetzliche B e s t i m m u n g des Deliktstatbestands u n d der Strafe gebunden. A b e r neben d e m Quästionenverfahren

bleiben die andern V e r -

fahrensarten stets zulässig, insbesondere der m a g i s t r a t i s c h - k o m i t i a l e S t r a f p r o z e ß 6 2 , so daß also a u c h d u r c h das Quästionenverfahren der Satz n u l l u m c r i m e n usw. i n das römische Strafrecht n i c h t e i n g e f ü h r t w o r d e n ist. W e n n der j u n g e M o m m s e n

1 8 5 2 6 3 v o n d e m „ g a n z schlechten u n d z u m

T e i l w i r k l i c h niederträchtigen römischen K r i m i n a l r e c h t " sprach, so ist dieses U r t e i l ebenso bezeichnend f ü r den L i b e r a l i s m u s des Redners w i e f ü r den a u t o r i t ä r e n Charakter des römischen Strafrechts. D e r L i b e r a l i s m u s erstrebt i m Strafrecht auch eine m a g n a carta, einen Freiheitsschutz des einzelnen gegenüber der S t r a f w i l l k ü r des Staats u n d seiner Beamten, daher eine m ö g l i c h s t exakte gesetzliche Feststellung der strafrechtlichen Tatbestände sowie die gesetzliche B e s t i m m u n g der Strafe oder wenigstens der Strafart u n d des Strafrahmens, m ö g l i c h s t starkes Z u r ü c k d r ä n g e n des r i c h t e r l i c h e n Ermessens, k u r z strenge D u r c h f ü h r u n g des Satzes „ n u l l u m c r i m e n sine lege, n u l l a poena sine l e g e " 6 4 . D e m römischen Strafrecht ist dieser Gesichtspunkt ganz i m b e k a n n t , es erstrebt i m S t r a f recht n i c h t F r e i heitsschutz, sondern a l l e i n n a c h d r ü c k l i c h e aber gerechte, die i n d i v i d u e l l e n Umstände des F a l l s berücksichtigende B e s t r a f u n g 6 5 . Das weitgehende freie Ermessen, das dazu e r f o r d e r l i c h

ist, d a r f u n d m u ß einem autoritären;

R i c h t e r — f r e i l i c h n u r i h m — e i n g e r ä u m t werden. Auch

die

vermögensrechtlichen



Beziehungen

des

einzelnen

z u m S t a a t s i n d nach d e m A u t o r i t ä t s p r i n z i p geordnet. P r i v a t r e c h t

und

Privatprozeßrecht sind h i e r grundsätzlich unanwendbar, die A u t o r i t ä t des 59 M o m m s e n , StrafR. 171 f . Z u Kapitalstrafe kann freilich nur in den Zenturiatkomitien verurteilt werden: M o m m s e n 168. 60 M o m m s e n StrafR. 25461 M o m m s e n 262. 62 M o m m s e n 174. C i c e r o droht ( i n Verrem I I , 5, 67, 173), falls Verres i m Repetunden - Quaestioneo - Prozeß freigesprochen werden sollte, i n seiner Eigenschaft als Aedil einen komitialen Strafprozeß in Gang, zu bringen. Dazu M o m m s e n , StaatsR. 2, 492. 63 Ges. Sehr. 3, 595. 64 L i s z t , Strafr. Aufsätze u n d Vorträge 2 (1906), S. 8 0 : „ N a c h meiner Meinung ist, so paradox es klingen mag, das Strafgesetzbuch die magna charta des Verbrechers... Der Doppelsatz n u l l u m crimen sine lege, nulla poena sine lege ist das Bollwerk des Staatsbürgers gegenüber der staatlichen Allgewalt. 4 ' Dazu D a n n e n b e r g , Liberalismus und Strafrecht i m 19. Jahrhundert (1925), und vom antiliberalen Standpunkt B i o n d i 17: „ L a nostra mentalità giuridica, che per atavismo vede nell' autorità i l nemico, pone sempre ansiosamente la stessa domanda: quali l i m i t i ha Γ i m p e r i u m ? " 65 B e s e l e r 47.

120

Staates zieht diese Rechtsverhältnisse i n den Bereich des ius p u b l i c u m 6 6 . A m deutlichsten ist dies b e i den Rechtsbeziehungen des einzelnen z u m Ärar.

Das h i e r geltende materielle Recht ist n i c h t das P r i v a t r e c h t 6 7 , es

enthält Rechtsinstitute, die d e m Privatrecht ganz f r e m d s i n d 6 8 . D e r o r d e n t l i c h e Rechtsweg ist ausgeschlossen. D e r Private, der sich beschwert f ü h l t , k a n n n u r den Vertreter des Ä r a r s a n r u f e n , die Sache n o c h e i n m a l z u p r ü f e n ; dieser entscheidet d a n n nach f r e i e m Ermessen. E i n V e r f a h r e n , i n d e m der römische Staat v o r einem unabhängigen G e r i c h t — sei dies das ordentliche P r i v a t p r o z e ß g e r i c h t , sei es ein V e r w a l t t m g s g e r i c h t —

Recht

z u nehmen u n d z u geben hat, duldet die Auctoritas des r ö m i s c h e n Staates n i c h t 6 9 . W a s den F i s k u s a n g e h t 7 0 , so h a t er anfangs d e m Privatrecht u n d Privatprozeßrecht

u n t e r s t a n d e n 7 1 , aber seit C l a u d i u s w i r d das anders.

A u c h der Fiskalsache w i r d j e t z t der ordentliche Rechtsweg verschlossen, m a ß g e b e n d ist der K o g n i t i o n s p r o z e ß ; i n der P r o v i n z entscheidet auch der Vertreter

des F i s k u s w i e der Zensor i m Ä r a r p r o z e ß 7 2 . Das materielle

F i s k a l r e c h t ist zwar n i c h t das ärarische Recht, aber d o c h auch m i t d e m allgemeinen Privatrecht n i c h t v o l l s t ä n d i g i d e n t i s c h 7 3 . Der Z i v i l p r o z e ß

ist von der A u t o r i t ä t des Jurisdiktionsmagistra,ts,

insbesondere des Prä tors beherrscht. D i e leges, die er beschworen h a t 7 4 , soll er f r e i l i c h beobachten, aber bei der geringen Z a h l dieser Gesetze u n d der einschränkenden Auslegung, die m a n i h n e n angedeihen l ä ß t , ist seinem Ermessen weitester S p i e l r a u m gewährt. N a c h seinem f r e i e n

Ermessen,

g e w ä h r t oder verweigert er actio u n d exceptio, e r z w i n g t er Defension u n d S t e l l u n g v o n K a u t i o n e n , g e w ä h r t oder verweigert er die i n i n t e g r u m restit u t i o usw. D e r Gedanke des Rechtsschutzanspruchs ist, von a l l e m andern, abgesehen, v o l l k o m m e n u n r ö m i s c h ; ein A n s p r u c h des einzelnen gegen 66 Der Satz „ p u b l i c u m ius est, quod ad statum rei Romanae spectat" (D. ι , ι , i , 2) g i l t i n vollem Ernst. 67 M o m m s e n , StaatsR. 1, 1 6 9 ^ . , 234ff.; H e y r o v s k y , Über die rechtliche Grundlage der leges contractus bei Rechtsgeschäften zwischen dem römischen Staat u n d P r i vaten (18S1), S. P e r n i c e , SZ. 5, i f f . 68 Z u m Beispiel die Praediatur; dazu M o m m s e n , Ges. Sehr. 1, 307ff., 3, i 4 i ; V i a r d , Le Praes (Thèse D i j o n 1907); S c h u l z , SZ. 28, 470; S e t h e - P a r t s « c h , Demot. Urkunden zum ägypt. Bürgschaftsrecht (Abh. d. sächs. A k . d. Wiss. phil.-hist. K l . 32, 1920), S. 659ff. 69 M o m m s e n , StaatsR. 1, 172JŒ., 2, 4 6 i f f . ; M i t t e i s , RP. 1, 348; W e n g e r , Institutionen des römischen ZivilprozeßR., S. 17, m i t Literatur. 70

Dazu M i t t e i s 1. c. 349ff.

71

M i t t e i s 364· Der Fiskus ist zuerst als Privatvermögen des Princeps angesehen worden: L o n g o , Arch. giur. [χη, 109. Der von M i t t e i s S. 352 N. 7 vermißte Beweis liegt i n den Belegen, die den Rechtszustand v o r Claudius bezeugen. 72

Mitteis

364.

73

Mitteis

365.

74

M o m m s e n , StaatsR. 1, 620. Siehe auch oben S. 11.

121

einen Magistrat a u f V o r n a h m e einer A m t s h a n d l u n g h a t i n der römischen Begriffswelt keinen R a u m 7 5 . D i e H a f t u n g d e s M a g i s t r a t s ist m i t deutlicher R ü c k s i c h t a u f sein Ansehen gestaltet. D e r Beamte schuldet d e m Staat finanzielle

Rechen-

schaftsablage, d e m einzelnen h a f t e t er nach den Sätzen des allgemeinen Privatrechts e i n s c h l i e ß l i c h des Privatstrafrechts,

i m ü b r i g e n untersteht

er d e m öffentlichen S t r a f r e c h t 7 6 . A b e r soweit diese H a f t u n g

überhaupt

gegen den amtierenden M a g i s t r a t nach den Regeln über die p a r maiorve potestas geltend gemacht werden k a n n , w i r d d o c h p r a k t i s c h die Geltendm a c h u n g meist bis nach d e m A b l a u f der Amtszeit v e r t a g t 7 7 ,

der A u s -

schluß der S t r a f v e r f o l g u n g ist schließlich auch gesetzlich ausgesprochen worden78. D e m A u t o r i t ä t s p r i n z i p entspricht es schließlich, daß das P r i n z i p Gewaltenteilung

unbeachtet

bleibt. Gesetzgebung u n d

der

(strafrecht-

liche) Rechtsprechung s i n d i n der H a n d der K o m i t i e n vereinigt w i e i n der des kaiserlichen Senats. D e r Prinzeps vereinigt zivile u n d k r i m i n e l l e Rechtsprechung m i t der Rechtschöpfung. V e r w a l t u n g u n d Rechtsprechung s i n d n i c h t getrennt, denn alle J u r i s d i k t i o n s m a g i s t r a t e sowie der kaiserliche Senat haben a u c h V e r w a l t u n g s f u n k t i o n e n . V e r w a l t u n g u n d Gesetzgebung sind i n der H a n d der K o m i t i e n , des kaiserlichen Senats u n d des Prinzeps vereinigt. — D i e domestica d i s c i p l i n a soll, so sahen w i r 7 9 , i n ernsteren F ä l l e n n i c h t ohne Z u z i e h u n g eines c o n s i l i u m ausgeübt werden. D i e s e r gilt auch f ü r

Grundsatz

d e n M a g i s t r a t 8 0 . R e c h t l i c h f r e i l i c h ist er i n der

Zu-

z i e h u n g des c o n s i l i u m ebenso f r e i wie i n seiner Zusammensetzung, aber die gute Sitte f o r d e r t d o c h gebieterisch, daß er v o r der E n t s c h e i d u n g u n parteiische Berater h ö r t 8 1 . Es g i b t indes auch e i n v o m Staat selbst o r g a n i siertes

ständiges

consilium:

dies ist

der S e n a t 8 2 .

A b e r die gewaltige

A u t o r i t ä t dieser V e r s a m m l u n g ehemaliger Magistrate (sie b i l d e n den K e r n des Senats), die j a h r e l a n g die Staatsgeschäfte aus nächster Nähe v e r f o l g t hatten, u n d die die A k t e n meist u n g l e i c h besser kannten, als der amtierende M a g i s t r a t , hat diesen R a t w e i t über das n o r m a l e c o n s i l i u m z u m P a r l a m e n t 8 3 hinaufgehoben. D i e auctoritas des Magistrats zeigt sich f r e i l i c h 75 A u c h f ü r den j u d e x ist der Praetor A u t o r i t ä t : G a i u s 3, 2 2 ^ : . . . e t iudex q u i possit vel minoris damnare plerumque tarnen p r o p t e r i p s i u s p r a e t o r i s a u c t o r i 76 t a t e m n o n a u d e t minuere condemnationem. M o m m s e n , StaatsR. i , 6 g 8 f . 77 78 79 M o m m s e n 707. M o m m s e n 708. Oben S. n 5 . 80 M o m m s e n 3 0 7 f f . Über das consilium des Princeps M o m m s e n 2, 9 8 8 f f . 81 V g l . C i e . i n V e r r e m I I , 2, 29, 7 2 : hier weigert sich e i n römischer Verteidiger, vor dem Statthalter zu plädieren, w e i l dieser das consilium weggeschickt hatte. 82 M o m m s e n , StaatsR. 3, i 0 2 8 f f . 83 M o m m s e n s Einwendungen gegen die Verwendung dieses Ausdrucks (StaatsR. 3, i o 3 4 ) sind nicht berechtigt.

122

auch dem Staat gegenüber i n d e m Recht, n a c h seinem Ermessen den Senatsbeschluß z u befolgen oder i h n i n den W i n d zu s c h l a g e n 8 4 ,

die

A u t o r i t ä t des Senats aber f o r d e r t u n d erreicht, daß der M a g i s t r a t den M i t g l i e d e r n a u f Verlangen das W o r t erteilt u n d den Redner n i c h t u n t e r b r i c h t , auch w e n n er n i c h t z u r Sache s p r i c h t 8 5 . D e r republikanische Senat h a t dieses Rederecht, das das Recht z u r Obstruktionsrede

einschloß85*,

m u t i g u n d m i t E r f o l g selbst gegenüber J u l i u s Cäsar verteidigt. Capito bei Gellius 4> 10, 8 : C. Caesar consul M . Catonem sententiam roga vit. Cato rem quae consulebatur, quoniam non e re publica videbatur, perfìci nolebat. Eius rei ducendae gratia longa oratione utebatur eximebatque dicendo diem. Erat enim ius senatori, ut sententiam rogatus diceret ante, quidquid vellet aliae r e i et quoad vellet. Caesar consul viatorem vocavit eumque cum fìnem non faceret, prendi loquentem et. i n carcerem d u c i iussit. Senatus consurrexit et prosequebatur Catonem i n carcerem. Hac invidia facta Caesar destitit et m i t t i Catonem iussit.

D i e A u t o r i t ä t des Senate ist aber auch g r o ß genug, u m den M a g i s t r a t i n a l l e r Regel z u r B e f o l g u n g des Senatsbeschlusses zu b e s t i m m e n 8 6 . E i n e besonders geartete A u t o r i t ä t ist die des P r i n c e p s . D i e Kategorie· der c h a r i s m a t i s c h e n

Autorität

i m Sinne M a x W e b e r s

A n w e n d u n g finden. W e b e r versteht d a r u n t e r eine „ a l s

muß

hier

außeralltäglich

geltende Q u a l i t ä t einer Persönlichkeit, u m deretwillen sie m i t ü b e r n a t ü r l i c h e n oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch

außeralltäg-

lichen n i c h t j e d e m zugänglichen K r ä f t e n oder Eigenschaften oder als gottgesendet oder als v o r b i l d l i c h u n d deshalb als F ü h r e r gewertet w i r d " 8 7 . Eine Autorität

dieser A r t



die n a t ü r l i c h wieder m a n n i g f a c h e

Aus-

prägungen zuläßt — besitzt A u g u s t u s 8 7 3 . E r erscheint seinen A n h ä n g e r n als der m a n o f destiny, als der gottähnliche (die D i c h t e r sagen d e r g o t t g l e i c h e 8 8 ) R e t t e r 8 9 u n d F ü h r e r ( F ü h r e r ,,ήγεμών" nennt er sich i n seinem S4 M o m m s e n 1027; vgl. aber IO32. D e r k a i s e r l i c h e Senat kann seinen Beschlüssen Gesetzeskraft verleihen: K r ü g e r , Geschichte 9 0 . 85 M o m m s e n 989. 85a Dazu G r o e b e , D i e Obstruktion i m römischen Senat, K l i o 5 ( 1 9 0 5 ) , S. 229 ff. 86 M o m m s e n IO32 glaubt, daß schon i n frührepublikanischer Zeit der Magistrat an den Senatsbeschluß rechtlich gebunden war. W i e hier H e i n z e 357. 87 W i r t s c h a f t u n d Gesellschaft i 4 o , vgl. ^ 5 3 f f . Dazu G. H u s s e r l , A r c h . f . d. ziv. Praxis 127 ( 1 9 2 7 ) , i 3 6 f f . 87a Von dem jungen Octavian meinte freilich Cicero i m November 44- i n isto iuvene quamquam animi satis, a u c t o r i t a t i s p a r u m e s t (ad A t t . 16, i 4 ) · 88 H o r a z , Carm. 1, 2 ; 3, 5 ; 4, 5; 4, i 5 ; V e r g i l , Eclog. 1. V g l . P a s c a l , Rend. L o m b . 44 ( 1 9 1 1 ) , 4 3 8 f . ; S c o t t , Hermes 5 3 „ i 5 f f . Über den sakralen K u l t des Augustus (tendenziös übertreibend T a c i t u s , A n n . ι , 10), M o m m s e n , StaatsR. 2 f 7 5 5 f f . ; W i s s o w a , Religion u n d K u l t u s der Römer (2. A u f l . 1912), 3 4 i f . J L . H a h n , Das Kaisertum 19. 89 Siehe die oben S. 75 N . 7 angeführte I n s c h r i f t ; H . L i e t z m a n n , Weltheiland ( 1 9 0 9 ) , S. i 3 f f . ; W e n d l a n d , Z. f . Neutest. Wiss. 5 ( 1 9 0 4 ) , 3 4 2 f f . ; O t t o , Augustus Soter, Hermes 45 ( 1 9 1 0 ) , 4 4 8 f f . ; A r t . Herrscherkult i n L ü b k e r - Z i e b a r t h , Reallex. d. klass. Altertums.

123

Rechenschaftsbericht i n Übersetzung des lateinischen „ p r i n c e p s " 9 0 , der! Senat nennt i h n „ u n s e r n F ü h r e r " ήγεμών η μ έ τ ε ρ ο ς 9 1 ) , der Senat verleiht i h m den E h r e n n a m e n „ d e r G e w e i h t e " ( A u g u s t u s ) 9 2 . E r besitzt b e s t i m m t e i h m d u r c h Gesetz übertragene a m t l i c h e E i n z e l b e f u g n i s s e 9 3 , wie das bei der charismatischen politischen A u t o r i t ä t o f t der F a l l ist, aber Augustus e r k l ä r t selbst ausdrücklich, daß er n i c h t n u r m i t t e l s dieser A m t s b e f u g nisse regiert habe. E r b e r u f t sich a u f seine einzigartige, alles andere „ A n sehen" überragende auctoritas. M o n u m . Ancyran. 3 4 : Post i d tempus (27 v. Chr.) omnibus auctoritate praestiti, potestatis autem nihilo amplius habui quam q u i fuerunt m i h i quoque i n magistrata conlegae.

K r a f t seines überragenden charismatischen „ A n s e h e n s " — denn nichts andres k a n n „ a u c t o r i t a s " h i e r h e i ß e n 9 4 — h a t Augustus V o l k s v e r s a m m l u n g , Senat, die Magistrate u n d s c h l i e ß l i c h das gesamte soziale L e b e n dirigiert 96. Man betrachte den Bericht der Institutionen (2, 2 5) über die Entstehung der Kodizille. V o r Augustus, w i r d hier berichtet, habe es Kodizille nicht gegeben. Zuerst habe solche L . Cornelius Lentulus geschrieben, der Konsul des Jahres 3 v . C h r . u n d spätere Prokonsul von A f r i k a , und darin Augu-stus gewisse Fideikommisse auferlegt. Augustus e r f ü l l t e seinen letzten W i l l e n , und der A u t o r i t ä t des Prinzeps folgten die andern von Lentulus m i t Fideikommissen Beschwerten; die Tochter des Lentulus zahlte die ungültigen i h r auferlegten Legate aus: cum divus Augustus voluntatem eius implesset, deinceps r e l i q u i a u c t o r i t a t e m e i u s s e c u t i fìdeicommissa praestabant et fìlia L e n t u l i legata quae iure non debebat solvit.

Sein N a c h f o l g e r T i b e r i u s hat i n der k l a r e n E r k e n n t n i s , daß i h m i n W a h r h e i t das C h a r i s m a des Augustus mangelte, versucht, den charismatischen C h a r a k t e r

des Prinzipats

abzustreifen,

u n d m i t bezeichnender

H e f t i g k e i t hat er den charismatischen N a m e n „ A u g u s t u s " u n d die g ö t t l i c h e oder h a l b g ö t t l i c h e V e r e h r u i i g a b g e l e h n t 9 6 . I n der T a t

widerstrebt

das echte C h a r i s m a der K o n t i n u i e r u n g , es ist e i n m a l i g u n d u n ü b e r t r a g bar. A b e r an die Stelle des echten C h a r i s m a p f l e g t u n t e r den N a c h f o l g e r n 90 M o n u m . A n c y r . i 3 . M o m m s e n , StaatsR. 2, 77/;. D e r Terminus hat sich aber nicht eingebürgert : M o m m s e n 776. D a v i d M a g i e , D e Romanorum iuris p u b l i c i sacrique vocabulis sollemnibus i n graecum sermonem conversis ( i g o 5 ) S. 32 u. 63. 9 1 Inschrift von Kyrene v. 86 (ed. S t r o u x - W e n g e r ) . 92 Mommsen 77if. 93 Darüber jetzt am besten B e s e l e r , J u r . M i n i a t u r e n i 5 i f f . ; S i b e r , Z u r E n t wicklung d. röm. Prinzipatsverfassung ( A b h . d. sächs. Akad. d. Wiss., p h i l . - h i s t . K l . 42, N r . I I I , I 9 3 3 ) S. i f f . 94 R i c h t i g H e i n z e , Hermes 60, 355, u n d Hermes 65, 3 g 4 ; B e s e l e r , Studi Riccobono ι , 2 9 0 ; D e F r a n c i s c i , Studi Bonfante 1, 26, u n d Storia 2, 1, S. a 4 i . 95 V g l . S c h ö n b a u e r , SZ. 49, 4oo. Siehe auch oben S. 61. 96 T a c i t u s , A n n . 4, 3 8 : „ E g o me, patres conscripti, mortalem esse et h o m i n u m officia f u n g i satisque habere, si locum p r i n c i p e m impleam et vos tostor et meminisse posteros volo." S u e t o n , T i b . 26, 28. M o m m s e n , StaatsR. 2, 758, Dessau, Geschichte d. röm. Kaiserzeit 2, 1 ( 1 9 2 6 ) , S. 3.

124

des echten charismatischen Herrschers ein Surrogat z u t r e t e n 9 7 , e i n i n stitutionelles C h a r i s m a 9 8 , insbesondere e i n A m t s c h a r i s m a 9 9 . Diese E n t w i c k l u n g h a t sich auch i n R o m vollzogen, u n d i n diesem Sinne ist die Autorität Eine

geblieben100.

des Prinzeps weiter eine charismatische große

Rolle

spielt

schließlich

im

r ö m i s c h e n Rechtsleben d i e

a u c t o r i t a s d e r J u r i s t e n ; sie ist bezeichnend f ü r das „ V o l k des -Rechts', u n d m i t berechtigtem n a t i o n a l e m Selbstgefühl stellt C i c e r o den h o c h angesehenen

römischen

i u r i s con suit us

dem

armseligen

griechischen

π ρ α γ μ α τ ι κ ό ς g e g e n ü b e r 1 0 1 . I n R o m w i d m e n sich A n g e h ö r i g e der v o r nehmsten Geschlechter der Jurisprudenz, u n d die A u s ü b u n g der sultativpraxis

ist ein wichtiges M i t t e l ,

das so heiß erstrebte

zu erwerben oder zu s t e i g e r n 1 0 2 . C i c e r o s A n g r i f f

Kon-

Ansehen

a u f die J u r i s t e n

in

seiner Rede p r o M u r e n a ist eine Burleske, über die die corona lachen s o l l t e 1 0 3 u n d gelacht hat, w e i l jeder w u ß t e , daß er eine K a r i k a t u r gab. Dieses Ansehen der Juristen hat n a t ü r l i c h zunächst B e d e u t u n g gegenüber den N i c h t j u r i s t e n , gegenüber den Parteien, die den J u r i s t e n u m R a t an-^ gehen, aber auch gegenüber dem J u r i s d i k t i o n s m a g i s t r a t e n d e m Prä t o r

104

,

den Geschworenen

insbesondere

(iudices), j a selbst gegenüber

dem

P r i n z e p s 1 0 5 . A b e r auch i m Verhältnis der J u r i s t e n untereinander spielt die auctoritas

eine Rolle.

Gewiß

ist

der

r ö m i s c h e n Jurisprudenz

blinder

Autoritätsglaube f r e m d , aber andrerseits ist es d o c h n i c h t g l e i c h g ü l t i g , w e r eine bestimmte j u r i s t i s c h e L e h r e v e r t r i t t : die auctoritas des V e r treters einer L e h r e ist i n der j u r i s t i s c h e n D i s k u s s i o n e i n Argument

für

ihre

Richtigkeit.

Schon P e r n i c e

rechten 1 0 ' 5 K r i t i k des , , U l p i a n als Schriftsteller

4

gewichtiges

ist bei seiner

unge-

diese E r s c h e i n u n g a u f -

g e f a l l e n 1 0 7 : „ D i e A u t o r i t ä t r ü c k t an Stelle der Gründe. Bezeichnend d a f ü r ist die z u r E r m ü d u n g scheiden:

denn i n

oft

wiederkehrende W e n d u n g

„ s o ist zu ent-

gleichem oder ä h n l i c h e m F a l l e hat ein

namhafter

J u r i s t sich so g e ä u ß e r t " . D i e A n k n ü p f u n g m i t n a m et-, quia et-, e n i n r w i r k t m a n c h m a l geradezu k o m i s c h " . D i e Stellensammlung, die P e r n i c e z u m Belege v o r f ü h r t , ist f r e i l i c h n i c h t g l ü c k l i c h , da viele dieser Stellen 97

M a x AVeber spricht von der „Veralltäglicliung des Charisma": 1. c. 144ίΐ., η 5 8 & . 99 W e b e r 774. W e b e r i 4 4 , 775. 100 Über den späteren Herrscherkult M o m m s e n 2, 760; L . H a h n , Kaisertum 19ff.; A r t . Herrscherkult bei L ü b k e r - Z i e b a r t h (oben N. 89). 101 102 C i c . de or. 1, 45, 198. K r ü g e r , Geschichte Ö2f. 103 C i c . de fin. 4, 27, 7 4 : „ n o n ego tecum iam ita iocabor, ut isdem his de rebus, cum L . Murenam te accusante defenderem . . . aliquid etiam coronae datum . . . " 104 Dazu vor allem W l a s s a k , Die klassische Prozeßformel ι (Sitzungsbericht d. Akad. d. Wiss. in W i e n 202 N r . 0 (1924), S. 6ff. 105 Vgl. Inst. 2, 25 pr. u n d M o m m s e n , StaatsR. 2, 990. 98

106

S c h u l z , E i n f ü h r u n g i n das Studium der Digesten (1916), S. 62. Ulpian als Schriftsteller (Sitzungsberichte der Berliner Akad. d. Wiss., phil.-hist. K l . 25, i 8 8 5 ) , S. 478. 107

25

unecht sind. A b e r die B e o b a c h t u n g selbst ist r i c h t i g , es finden sich genug Stellen, an deren E c h t h e i t n i c h t gerüttelt werden d a r f , u n d i n denen die auctoritas als A r g u m e n t v e r w a n d t w i r d . Sicher echt ist die folgende Stelle aus J u l i a n D . (4o, 2) 5 1 0 8 : A n apud se manumittere possit is qui consilium praebeat, saepe quaesitum est. Ego qui meminissem l a v o l e n u m praeceptorem meum et i n Africa et i n Syria servos suos manumisisse, cum consilium praeberet, exemplum eius secutus et i n praetura et i n consulatu meo quosdam ex servis meis vindicta liberavi et quibusdam praetoribus consulentibus me idem suasi. Julian begründet seine Entscheidung m i t dem Hinweis auf die Autorität seines Lehrers und auf sein eigenes autoritäres Handeln. Gedanke: W e n n zwei iurisconsulti tantae auctoritatis sich f ü r eine Lehre aussprechen, so w i r d sie richtig sein. Auch wenn zum Beispiel I a v o l e n u s i n seinen Noten zu Labeo kurzweg sagt: Das billige ich, das ist richtig, so w i r f t er statt Gründen seine auctoritas i n die Wagschale: D. (18, 1) 77 „hoc p r o b o " ; ( 1 9 , 2 57 „hoc p r o b o " ; ( 3 4 , 2 ) 3 9 , 1 „et hoc p r o b o " ; ( 4 0 , 1 2 ) 42 Iavolenus: „haec vera s u n t " ; (9, 2) 5η „ v e r u m p u t o " usw. Wenn also S e n e c a epist. 94 sagt: „iurisconsultorum valent responsa, etiamsi ratio non redditur", so ist das noch kein Beleg f ü r die bindende K r a f t der Responsa, wie K r ü g e r , Geschichte 121, glaubt.

D i e Klassiker setzen aber h i e r n u r die T r a d i t i o n der R e p u b l i k a n e r f o r t ; über i h r e n A u t o r i t ä t e n k u l t h a t sich schon der v o m griechischen R a t i o n a lismus

stark

Pernice.

In

beeinflußte

Cicero109

seinen B r i e f e n

an

nicht

weniger

l u s t i g gemacht als

T r e b a t i u s T e s t a , den damals n o c h

j u g e n d l i c h e n Juristen, der später unter Augustus z u so g r o ß e m Ansehen g e l a n g t e 1 1 0 , p f l e g t C i c e r o gern das „ g e n u s i o c o s u m " des Briefs. I n zwei B r i e f e n a h m t er k o m i s c h die Z i t i e r f r e u d i g k e i t der Juristen nach. I n d e m einen e r m a h n t er T r e b a t i u s , der sich i m Gefolge C ä s a r s i n G a l l i e n a u f h i e l t , d o c h j a die Gelegenheit z u benutzen, u m die F r e u n d s c h a f t des „ b e r ü h m t e s t e n u n d freigebigsten M a n n e s " ( J u l i u s Cäsar) zu erwerben: „ v e r säumst D u diese Gelegenheit, so w i r s t D u nie wieder eine g l e i c h günstige finden;

dieser A n s i c h t w a r auch Q. C o r n e l i u s 1 1 1 , „ w i e i h r J u r i s t e n i n

E u r e n B ü c h e r n z u s c h r e i b e n p f l e g t " . D e r zweite B r i e f ist i m D e zember desselben Jahres ( 5 4 v. C h r . ) geschrieben an den i m k a l t e n N o r d gallien

sich aufhaltenden

Trebatius:

„Du

schreibst m i r nichts über

Deine Angelegenheiten, die m i r w a h r h a f t i g n i c h t weniger

am

Herzen

liegen als die meinigen. I c h f ü r c h t e sehr, D u frierst i m W i n t e r q u a r t i e r ; daher b i n i c h der Ansicht, daß D u ein helles K a m i n f e u e r anzünden m u ß t — derselben A n s i c h t s i n d auch M u c i u s u n d M a n i l i u s ! — , besonders da D u an M ä n t e l n keinen Ü b e r f l u ß hast." A d . fam. 7, 17: tantum moneo neque amicitiae confirmandae clarissimi ac libéralissimi v i r i neque uberioris provinciae neque aetatis magis idoneum tempus, si hoc amiseris, te esse u l l u m umquam reperturum: hoc, quemadmodum vos scribere soletis i°8 Dazu W l a s s a l e , SZ. 28, 44ff. * 109 D e r a b e r doch wieder Römer genug ist, u m selbst gelegentlich die auctoritas als Argument zu verwenden: H e i n z e 362. 110 K r ü g e r , Geschichte 74. 111 Gemeint ist 0 . Cornelius Maximus, der Lehrer des Trebatius: K r ü g e r I . e .

126

i n vestris libris, idem Q. Cornelio videbatur. — Ad. Farn. 7, 10: sed tu in ista epistula n i h i l m i h i scripsisti de tuis rebus, quae mehercule m i h i non m i n o r i curae sunt quam meae. valde metuo ne frigeas i n hibernis; quam ob rem camino luculento utendum censeo-idem Mucio et Manilio placebat-, praesertim qui sagis non abundares.

A u g u s t u s h a t dieses Ansehen der Juristen i n sein System einzuordnen gesucht, i n d e m er — „ u t m a i o r i u r i s auctoritas h a b e r e t u r " — bestimmte J u r i s t e n bezeichnete „ u t ex auctoritate eius r e s p o n d e r e n t " 1 1 2 , das h e i ß t w o h l n i c h t n u r : „ d a ß sie a u f G r u n d seiner E r m ä c h t i g u n g oder m i t seiner Z u s t i m m u n g i h r e Gutachten e r t e i l t e n " , sondern auch u n d vielleicht v o r n e h m l i c h : „ d a ß sie a u f G r u n d seiner A u t o r i t ä t respondierten" : der Kaiser dachte w o h l an eine A r t Ü b e r t r a g u n g seines Charisma. E i n e rechtliche B i n d u n g des Richters oder g a r des J u r i s d i k t i o n s m a g i s t r a t s an das G u t achten

solcher

mit

dem

ius

respondendi

ausgestatteten Juristen

hat

Augustus sicherlich n i c h t b e a b s i c h t i g t 1 1 3 , er w o l l t e offenbar h i e r wieder e i n m a l wie sonst m i t d e m „ A n s e h e n " arbeiten. Jedoch eine solche B i n d u n g scheint sich später (aber n i c h t schon i n klassischer Z e i t ! 1 1 4 )

entwickelt

zu haben, w e n n sich auch aus unsrer k a r g e n u n d unsicheren Ü b e r l i e f e r u n g über die Einzelheiten dieser E n t w i c k l u n g nichts Sicheres entnehmen läßt115. — Das ist das o r i g i n e l l e u n d doch einfache System der R ö m e r , F r e i h e i t u n d Gebundenheit zu vereinen, das schon die B e w u n d e r u n g des P o l y b i o s gefunden h a t 1 1 6 . W e n n i h m , ernster Studien ungeachtet, die dieses K u n s t w e r k treibende Feder verborgen blieb, so l a g dies daran, daß diese Feder eben das A u t o r i t ä t s p r i n z i p w a r 1 1 7 , u n d i h m , d e m ganz r a t i o n a l eingestellten Griechen, dieses P r i n z i p

unverständlich

bleiben m u ß t e . Das

römische

System setzt f r e i l i c h Menschen voraus, die trotz a l l e r rationalen

Helle

ihres Lebensraumes den festen u n d dauernden W i l l e n haben, A u t o r i t ä t e n anzuerkennen, ohne doch dabei zu Sklavenseelen zu w e r d e n ; die aber auch, selbst u n t e r O p f e r n , danach streben, A u t o r i t ä t z u erwerben, ohne doch, w e n n sie erworben ist, z u m T y r a n n e n zu w e r d e n 1 1 8 . D·. (1, 2) 2, /ig. 113

So auch W l a s s a k , Prozeßformel 1, 45 gegen K r ü g e r , Geschichte 121. W l a s s a k 1. c. 115 Vgl. S o l a z z i , Glosse a Gaio, Studi Riccobono ι , 95ff. 116 I n dem berühmten 6. Buch; siehe zum Beispiel 18, 1 (p. 513) : ώστε μ ή οίον τ 5 ε ί ν α ι ταύτης εύρεΐν άμείνω πολιτείας σύστασιν. 117 Richtig H e i n z e 307 f . : „Das System der republikanischen Verfassung w i r d getragen durch das i m Volke lebende Gefühl, gebunden zu sein an den Rat der verhältnismäßig wenigen, denen man politische Einsicht u n d Verantwortungsgefühl zutraut." 118 B i o n d i 1. c. 18: „libertà ed autorità non si escludano, ma si presuppongono a vicenda: la libertà è tanto p i ù effetiva quanto maggiore è l'autorità; libertà senza autorità è anarchia, nello stesso modo che autorità senza libertà è tirannia." H e i n z e , Hermes 65, 3 9 4 : „Augustus wäre sich nicht als echter Römer erschienen, wenn er, sobald der Bürgerkrieg vorüber war, über willenlose Untertanen geherrscht h ä t t e ! " 114

127

Humanität Italia . . . terra omnium terrarum alumna eadem et parens, numine deum electa, quae . . . sparsa congregaret, imperia ritusque molliret et tot populorum discordes ferasque linguas sermonis commercio contraheret ad conloquia et h u m a n i t a t e m h o m i n i b u s d a r e t . P l i n i u s , Hist. nat. 3, 5, 39.

Das W o r t „ h u m a n i t a s " ist eine selbständige römische S c h ö p f u n g 1 , ein i h m entsprechendes griechisches W o r t g i b t es n i c h t 2 . Es ist entstanden i m Kreise des j ü n g e r e n S c i p i o 3 (consul ιίχη

ν. C h r . ) , i n d e m die g r i e -

chische P h i l o s o p h i e n i c h t weniger als die lateinische Sprache u n d L i t e r a t u r 4 i h r e Pflege f a n d . L e h r e n der griechischen Philosophie, insbesondere des P a n a i t i o s , gaben die A n r e g u n g zu der W o r t s c h ö p f u n g 5 .

Mit

d e m neuen W o r t w i l l m a n A u s d r u c k geben d e m G e f ü h l v o n der W ü r d e u n d G r o ß a r t i g k e i t der Persönlichkeit des Menschen, die i h n aus d e m Kreise

aller

andern

Geschöpfe

dieser

E r d e heraushebt. Dieser e i n z i g -

artige W e r t der menschlichen Persönlichkeit v e r p f l i c h t e t den Menschen, seine Persönlichkeit auszubilden, s i c h zu bilden, aber a u c h die P e r s ö n l i c h k e i t andrer zu achten u n d zu f ö r d e r n ; wer diese P f l i c h t e n f ü l i l t u n d bet ä t i g t , h e i ß t n i c h t n u r Mensch, sondern i s t es 6 , er ist „ h u m a n u s " . So u m f a ß t der B e g r i f f der „ h u m a n i t a s " die sittliche u n d geistige B i l d u n g , 1 Z u m folgenden M a x S c h n e i d e w i n , Die antike Humanität 1897 (behandelt i n Wahrheit nur die Anschauungen C i c e r o s ) ; Z i e l i n s k i , Ilbergs Neue Jahrb. f . d. klass. A l t e r t u m 1, i f f . ; Η . K r ü g e r , Die humanitas und die pietas nach den Quellen des römischen Rechts, SZ. 19, 6 i f . ; R i e h . R e i t z e n s t e i n , Werden und Wachsen der Humanität i m Altertum, Straßburger Universitätsrede zur Feier des Geburtstags des Kaisers 1907; J ü ' t h n e r , Hellenen und Barbaren (Das Erbe der Alten, N F . 8, 1923), S. 66 f . ; K a e r s t , Geschichte des Hellenismus 2 (2. Aufl. 1926), 119ÎÏ., 121; M a x M ü h l , Die antike Menschheitsidee in ihrer geschichtlichen Entwicklung 1928; R. H a r d e r , Die Antike 5 (1929), 3ooff.; H e i n e m a n n , A r t . humanitas in der RE. Supplementband 5 (1931), Sp. 2 8 2 Î Î . ; K r o l l , 2, n 5 f . , 121; R. H a r d e r , Nachträgliches zur Humanitas, Hermes 69 (1934), 64ff. 2 R e i t z e n s t e i n 4; das W o r t 'φιλανθρωπία' umfaßt nur einen Teil des Inhalts von „humanitas", vgl. unten S. 129. 3 R e i t z e n s t e i n 7. 4 S c h a n z - H o s i u s , Geschichte d. röm. Literatur 1 (1927), S. 212 f. 5 R e i t z e n s t e i n 7; H e i n e m a n n 293, 3o3; H a r d e r , Hermes 69, 74. 6 R e i t z e n s t e i n i 5 , 18.

128

aber auch W o h l w o l l e n , W o h l t u n u n d A n t e i l n a h m e , die D ä m p f u n g des „Willens",

um

schopenhauerisch

zu

sprechen: R ü c k s i c h t n e h m e n

auf

andre, sich selbst Schranken setzen, n i c h t sein Recht u n d seinen V o r t e i l rücksichtslos verfolgen, lieber m i t R ü c k s i c h t a u f den andern etwas n a c h lassen u n d verzichten. 7 . Das W o r t h a t eine eigentümliche Geschichte gehabt. W ä h r e n d es zu den

Lieblingsworten

Tacitus

Cicero,s

gehört,

w i r d es von C a e s a r ,

Livius,

u n d andern Schriftstellern geradezu gemieden 8 . A u c h die klassi-

sche J u r i s p r u d e n z h a t das W o r t a b g e l e h n t ; w o i m m e r es i n klassischen T e x t e n erscheint, ist es i n t e r p o l i e r t 9 . D i e kaiserliche Kanzlei h a t das W o r t schon i n klassischer Z e i t g e b r a u c h t 1 0 , die nachklassische Z e i t hat überh a u p t die Scheu v o r d e m W o r t verloren. A u c h ein Bedeutungswandel ist zu verzeichnen. Schon u m die M i t t e des zweiten Jahrhunderts n a c h C h r i s t i w i r d das W o r t allgemein n u r noch i m Sinne von φιλανθρωπία, verwandt, hat also die B e d e u t u n g „ B i l d u n g "

v e r l o r e n 1 1 ; diese engere

Bedeutung

hat es auch i n der Folgezeit b e h a l t e n 1 2 . D i e eigentümliche W o r t g e s c h i c h t e erklärt s i c h w o h l f o l g e n d e r m a ß e n : daß das W o r t i n der Kaiserzeit v o r w i e g e n d verwendet w u r d e z u r B e zeichnung des p r a k t i s c h e n Teils des u r s p r ü n g l i c h e n W o r t i n h a l t s , des Teils, der sich a u f das V e r h a l t e n der Menschen zueinander bezieht, ist ohne weiteres verständlich. D a ß strenge Stilisten w i e C a e s a r u n d unsre j u r i s t i s c h e n Klassiker das W o r t vermieden, hatte w o h l d a r i n seinen Grund., daß es, wie C i c e r o s S c h r i f t e n z e i g e n 1 3 , z u m M o d e w o r t geworden w a r , u n d andre altgewohnte W o r t e w i e „ c l e m e n t i a " u n d „ p i e t a s " zur

Ver-

7

Diesen doppelten Inhalt des Wortes hat R e i t z e n s t e i n erwiesen; siehe auch die sogleich zu erwähnende Gellius-Stelle. 8 R e i t z e n s t e i n 6. Ich spreche kurzweg von „humanitas", meine damit aber auch die damit zusammenhängenden Wortbildungen „inhumanitas", „humanus", „inhumanus". 9 H . K r ü g e r 1. c. und die bei G u a r n e r i C i t a t i , Indice ν. „humanitas", „humanus", „inhumanus" angeführte L i t . 10 Siehe das Reskript D o m i t i a n s bei P l i n i u s , Ep. ad Traian. 58. P l i n i u s braucht das W o r t i n seinen Eingaben an Traian Epist. 86 und i o 6 . E. L e v y s , „Ergänzungsindex zu ius und leges" weist nur zwei Belege f ü r „humanitas" auf: Vat. 281, eine Verordnung Diokletians, und Vat. 2/^8, ein Erlaß Konstantins. 11 G e l l i u s i 3 , 17: „ Q u i verba Latina fecerunt quique his probe usi sunt, ,humanitatem' non i d esse voluerunt, quod volgus existimat quodque a Graecis 'φιλανθρωπία' dicitur et significai dexteritatem quandam benivolentiamque erga omnes homines promiscuam, sed ,humanitatem' appellaverunt i d propemodum, quod Graeci 'παιδείαν* vocani, nos eruditionem institutionemque i n bonas artes dicimus." G e l l i u s i r r t aber, wenn er diese zweite Bedeutung als die einzige Bedeutung des Wortes bei Cicero erklärt. Richtig R e i t z e n s t e i n 2 3 ; unrichtig W . J a e g e r , Paideia 1 (1934), i 3 , der die vulgäre Bedeutung des Wortes ( = φιλανθρωπία) f ü r die ältere erklärt. 12 R e i t z e n s t e i n 26. 13 Siehe auch „humane salutare": Seneca Rhet. Controv. 2, 7, 3; S e n e c a phil. Dialog. /,, 2/I, 1; R e i t z e n s t e i n 6. 9 Schulz, Prinzipien des römischen Rechts

129

f ü g u n g s t a n d e n 1 4 . Eben d a r u m d a r f v o n der W o r t g e s c h i c h t e n i c h t einf a c h a u f die Geschichte der Sache geschlossen werden, d a r f die Geschichte der H u m a n i t ä t n i c h t l e x i k o g r a p h i s c h an der H a n d der das W o r t „ h u m a n i t a s " enthaltenden Belege geschrieben w e r d e n 1 5 . D i e Humanitätsidee, zunächst der Besitz einer k l e i n e n G r u p p e v o r n e h m e r u n d hochgebildeter M ä n n e r , e r g r e i f t schon i n der republikanischen Zeit i m m e r weitere Kreise. D i e Kaiserzeit b r i n g t keinen Rückschlag, der S t r o m der H u m a n i t ä t

fließt

vielmehr i m m e r breiter, bis er schließlich i n den der christlichen H u m a n i tät einmündet. Die

Einwirkung

der

Humanitätsidee

auf

das römische

Recht

und

Rechtsleben ist so umfassend u n d t i e f g r e i f e n d , daß sie h i e r n i c h t erschöpf e n d geschildert werden k a n n . A l l e r d i n g s n i m m t diese Idee i m römischen Recht alsbald jene e i g e n t ü m l i c h praktische Gestalt an, die sich ein f ü r allemal

von

der

luftig-utopistischen

griechischen

Spekulation

unter-

scheidet. V o n einer A u f l ö s u n g des Rechts i n eine allgemeine B r ü d e r l i c h keit ist

keine

Rede.

Sorgfältig

werden die einzelnen Rechtskreise ge-

schieden; danach w i r d die H u m a n i t ä t abgestuft u n d i n j e d e m Kreise besonders begrenzt. D e n engsten Kreis b i l d e t die F a m i l i e . Soweit w i r zurücksehen können, k e n n t das römische Recht neben der M a n u s e h e die f r e i e E h e , b e i der die F r a u n i c h t

Gewaltunterworfene

ihres Mannes w i r d 1 6 . D i e Manusehe w i r d f r e i l i c h anfangs das N o r m a l e gewesen sein, denn die freie Ehe verwandelt sich nach einem Jahre i n eine Manusehe; die Manus w i r d d u r c h E r s i t z u n g erworben, wenn n i c h t die E h e f r a u d u r c h Abwesenheit von der E h e w o h n u n g w ä h r e n d

dreier

Nächte die E r s i t z u n g u n t e r b r i c h t 1 7 . U n t e r d e m E i n f l u ß der H u m a n i t ä t s idee w i r d die E r s i t z u n g der Manus beseitigt, es erscheint menschenunw ü r d i g , h i e r die f ü r Sachen bestimmten N o r m e n a n z u w e n d e n 1 8 , n i e m a n d b e r u f t sich j e t z t m e h r a u f diese E r s i t z u n g , so k o m m t sie tatsächlich a b 1 9 . 14

Bei V a l e r i u s M a x i m u s 5, ι „de humanitale et d e m e n t i a " werden beide Worte offenbar synonym gebraucht. Richtig spricht H a r d e r , Hermes 69, η[\ von einer Neubelebung der dementia. Siehe auch H . D a h l m a n n , d e m e n t i a Caesaris, Neue Jahrb. f. Wissensch, u. Jugendbildung 10 (1934), S. 17 ff. 15 Die Konstruktion R e i t z e n s t e i n s S. 17 ist meines Erachlens unrichtig. Richtig H a r d e r , Hermes 69, 68. 16 Die freie Ehe w i r d schon i n den 12 Tafeln vorausgesetzt. Vgl. J ö r s § 162; H e r b e r t M e y e r , Munlehe und Friedelehe, SZ. 1\η (germ. Abt.), S. 245ff.; B i c k e l , Rhein. Mus., N F . 65, 6o4; K u n k e l , A r t . matrimonium in der RE., Sp. 2261. 17 G a i u s ι , i n . I m Sinne der 12 Tafeln handelt es sich um Ersitzung, gleichgültig ob nach k l a s s i s c h e m Recht die Ersitzungsvoraussetzungen gegeben sind oder nicht. Enthält also die Gaius-Stelle Glossen, so sind sie doch sachlich richtig: vgl. S o l a z z i , 13 Glosse a Gaio, Studi Riccobono ι , i 4 5 f f . Siehe unten S. i 4 6 N. i 6 4 19 G a i u 9 1. c. „hoc totum ius partim legibus sublatum est, partim ipsa desuetudine obliteratum est". Die hier erwähnten Gesetze kennen w i r nicht; vielleicht waren es Ge-

130

D i e Manusehe erscheint aber überhaupt n i c h t m e h r als eine w ü r d i g e Ehef o r m ; m a n verwendet sie weniger u n d weniger, u n d bereits i n r e p u b l i k a n i scher Zeit steht die freie Ehe i m V o r d e r g r u n d . D i e coemptio w i r d schon zu

Ciceros

Zeit selten

geübt,

manche

Gerichtsredner kennen schon

die C o e m p t i o n s f o r m e l n i c h t m e h r . 2 0 . D i e C o n f a r r e a t i o

w a r bereits

zur

Zeit des T i b e r i u s so selten geworden, daß f ü r den Posten des f l a m e n Dialis, f ü r

den A b s t a m m u n g aus k o n f a r r e i e r t e r

Ehe e r f o r d e r l i c h

war,

die übliche A n z a h l von Bewerbern fehlte; 2 1 . I m m e r h i n m a g die c o n f a r reatio n o c h h ä u f i g e r geübt worden s e i n 2 2 als die coemptio. Gänzlich verschwunden ist die Manusehe erst i n nachklassischer Z e i t 2 3 ; das

justi-

nianische Beoht k e n n t allein die h u m a n e freie Ehe. D i e tatsächliche p e r s ö n l i c h e S t e l l u n g d e r E h e f r a u i n der Manusehe m a g anfangs i h r e r R e c h t s s t e l l u n g entsprochen h a b e n ; sie m a g w i r k l i c h einmal „ f i l i a e l o c o " , wie eine T o c h t e r i n potestate des Mannes, gestanden h a b e n 2 4 . A b e r schon i m zweiten J a h r h u n d e r t vor C h r i s t i ist von der vollen A u s ü b u n g dieser Rechte d u r c h den M a n n keine Rede m e h r . D i e hausgerichtliche S t r a f g e w a l t des Mannes über die F r a u ist ein verschollenes R e c h t s i n s t i t u t 2 5 , der V e r k a u f der F r a u ist sakrales D e l i k t 2 6 . D i e E h e f r a u stellt, m a g sie i n m a n u sein oder n i c h t , tatsächlich d e m Manne g l e i c h 2 7 ; sie w i r d „ d o m i n a " angeredet u n d sie i s t es a u c h 2 8 . D i e attische E h e f r a u der klassischen Z e i t ist fast eine H a r e m s f r a u , die i n den F r a u e n setze des Augustus; T a c i t u s , Ann. t\, i 6 : ...sicut Augustus quaedam ex horrida ille antiquitate ad praesentem usum flexisset. Vgl. K u n k e l 2262. Nicht richtig S o l a z z i , La desuetudine della legge, Arch. giur. 102, 8 f. 20 C i c . de or. 1, 56, 287; C o s t a , Cicerone giureconsulto 1, 53. 21 T a c i t u s , Ann. l\, 16: „omissa confarreandi adsuetudine aut inter paucos retenta". Dazu B r a ß l o f f , Studi Bonfante 2, 365ff. 22 Sie w i r d in der Epit. Ulp. 9, 1 noch als geltendes Recht erwähnt, doch führte sie seit Tiberius nicht mehr zur vollen Muntgewalt des Mannes: K u n k e l 2271; B r a ß l o f f 1. c. 23 Die coemptio ist f ü r das [χ. Jahrh. ein verschollenes Rechtsinstitut: S c h u l z , Epitome Ulpiani 34; B o n f a n t e , Corso 1, 55ff.; K u n k e l 2270. Die confarreatio kann den Sieg des Christentums nicht lange überdauert haben: K u n k e l 2271. 24 G a i u s ι , I i ( \ , n 5 b , 118; 3, ιίχ. 2 5

raschte

M o m m s e n , Ehefrau

zu

StrafR. töten,

19.

Über

das

siehe G e l l i u s

Recht 10,

23,

des und

Mannes,

die

beim

dazu M o m m s e n

Ehebruch 1. c .

über-

625.

26

B r u n s , Fontes, S. 6, N r . 9; S c h l e s i n g e r , Z. f. Rechtsgesch. 8, 5 8 f . Über die Stellung der römischen Ehefrau siehe M a r q u a r d t - M a u , Das Privatleben d. Römer 1 (1886), 57fr.; S c h r o f f , A r t . matrona in der R E . : K r o l l , 2, 2GÌT. 28 E i n Witzwort Ca tos (das aber, um witzig zu sein, etwas Wahres enthalten haben muß) sagte: Πάντες άνθρωποι των γυναικών άρχουσιν, ήμεΐς δέ πάντων ανθρώπου, ήμών δέ α ι γυναίκες. P l u t a r c h , Apophtegm. p. 198 D. J o r d a n , M . Catonis praeter lib. de re rust, quae extant 1861 S. 98, Nr. [χ. Terentia, die Gattin Ciceros, ist eine bedeutende F^au, „tapfrer als ein M a n n " ( C i c . ad fam. ιίχ, η , 2), „die an den politischen Sorgen ihres Mannes mehr Anteil nahm, als sie ihn an den häuslichen teilnehmen l i e ß " ( P l u t a r c h , Cicero 20). Über sie K r o l l 2, 35; L . N e u b a u e r , Wiener Studien 3 i (1909), 211; S c h m i d t , Ilbergs Neue Jahrb. f ü r d. klass. Altertum 1 (1898), 1 f f . 27

9*

IS!

gemächern lebt u n d gesellschaftlich überhaupt p i c h t a u f t r i t t , u n d so ist es v i e l f a c h

in

Griechenland

gewesen u n d geblieben. N o c h

Cornelius

Ν e p o s stellt k o p f s c h ü t t e l n d fest, daß i n Griechenland die E h e f r a u Mahlzeit n u r

zur

erscheint, w e n n (ausschließlich Verwandte anwesend s i n d ;

sonst sitzt sie i n den innersten R ä u m e n des Hauses, z u denen n u r die A n gehörigen Z u t r i t t haben. E r hebt zugleich hervor, wie grundsätzlich anders die S t e l l u n g der römischen E h e f r a u ist, die die erste Stelle i n Haus u n d Gesellschaft e i n n i m m t . Praef. 6: Quem enim Romanorum pudet uxorem ducere in convivium? aut cuius non materfamilias p r i m u m locum tenet aedium atque in celebritate versatur? Quod multo fit aliter i n Graecia. Nam neque i n convivium adhibetur nisi propinquorum, neque sedet nisi i n interiore parte aedium, quae gynocitis appellatur, quo nemo accedit. nisi propinqua cognatione coniunctus.

D i e griechische, r a t i o n a l i s t i s c h - k ü h l e D r e i t e i l u n g der Frauen, deren der M a n n b e d a r f : „ F r e u n d i n n e n " zur U n t e r h a l t u n g , Sklavinnen z u r K ö r p e r pflege, die E h e f r a u zur G e w i n n u n g ehelicher K i n d e r u n d z u r B e w a h r u n g des H a u s e s 2 9 , ist der guten römischen Sitte unbekannt. D i e Verletzung der

ehelichen Treue

bleibt

freilich

b e i m M a n n e straflos,

ist

niemals

a d u l t e r i u m , auch n i c h t i m Recht der christlichen K a i s e r z e i t 3 0 . W e n n aber i n einer K o m ö d i e des Plautus eine F r a u k l a g t , der E h e m a n n d ü r f e seine D i r n e straflos m i t i n die E h e w o h n u n g bringen,

die F r a u aber werde

wegen eines F e h l t r i t t s aus der E h e getrieben, so ist das sicher dem g r i e chischen O r i g i n a l des P h i l e m o n e n t n o m m e n ; es entspricht griechischen Verhältnissen, aber n i c h t römischen, besonders n i c h t z u r Z e i t des Plautus. Plautus, Mercator 5, 8 1 7 0 . : Ecastor lege dura vivont mulieres Multoque iniquiore miserae quam viri. Nam si vir scortum duxit clam uxorem suam, I d si rescivit uxor, impunest viro. Uxor virum si clam domo egregasset foras, V i r o fit causa, egreditur matrumonio. Utinam lex esset eadem quae uxorist viro!

W a s das E h e g ü t e r r e c h t angeht, so ist d i e F r a u bei der Manusehe v e r m ö g e n s u n f ä h i g ; alles was sie hat u n d e r w i r b t , f ä l l t an den M a n n zu dessen f r e i e r V e r f ü g u n g . B e i d e r freien E h e g i l t G ü t e r t r e n n u n g , u n d n u r d u r c h die Dosbestellung erhält der M a n n Rechte a m F r a u e n g u t 3 1 .

Die

humanitas m i l d e r t diese s c h r o f f e n Rechtssätze. Sie v e r p f l i c h t e t d i e F r a u , 29

D e m o s t h e n e s , κ α τ ά Ν ε α ί ρ α ς 122: τάς μέν γάρ εταίρας ήδονης ένεκ* εχομεν, τάς δέ παλλακάς της καθ' ήμέραν θεραπείας του σώματος, τάς δε γυναίκας του παιδοποιεΐσθαι γνησίως κ α ΐ των ένδον φύλακα πιστήν έχειν. 30 M o m m s e n , StrafR. 688, 691. Siehe aber die Augustinbelege bei MarquardtMau 6 7 . 31 Die Frau kann freilich bei der freien Ehe auch i h r Vermögen dem Manne zur Verwaltung übergeben, dann gelten die allgemeinen Mandatsgrundsätze.

132

wenn i r g e n d m ö g l i c h , d e m M a n n eine dos z u b e s t e l l e n 3 2 ; sie b e w i r k t auch, daß die römischen Ehegatten t a t s ä c h l i c h i n Gütergemeinschaft leben: alles ist gemeinschaftlich, k e i n e r h a t ein S o n d e r g u t ; die F r a u hat die V e r w a l t u n g des Hauses, die weitere V e r w a l t u n g , n a m e n t l i c h soweit sie externer N a t u r ist, h a t der M a n n ; die Erträge des Vermögens u n d d e r A r b e i t f a l l e n an den M a n n , der sie n a t ü r l i c h i m gemeinschaftlichen I n t e r esse verwenden soll u n d verwendet. So schildert uns C o l u m e l l a das r ö mische H a u s w e s e n 3 3 , u n d die Grabrede eines Ehemanns a u f seine F r a u bestätigt

diese

Schilderung34.

Unterhaltsansprüche

der Ehegatten s i n d

r e c h t l i c h n i c h t anerkannt, ergeben sich aber aus der humanitas ebenso wie die P f l i c h t der E h e f r a u zur A r b e i t i m Hauswesen 3 5 . E i n g e s e t z l i c h e s E h e g a t t e n e r b r e c h t k o m m t bei der Manusehe n u r f ü r die F r a u a m Nachlaß des Mannes i n F r a g e ; sie erbt h i e r w i e eine T o c h t e r i n potestate. E i n E r b r e c h t des Mannes ist ausgeschlossen, da die F r a u vermögenslos ist. B e i der f r e i e n Ehe k e n n t das Z i v i l r e c h t

über-

h a u p t k e i n gesetzliches Ehegattenerbrecht. Das p r ä t o r i s c h e Recht g i b t dem Ehegatten die b o n o r u m possessio, aber erst b e i m Fehlen aller agnatischen u n d cognatischen V e r w a n d t e n des verstorbenen E h e g a t t e n 3 6 . Bestrebungen i n nachklassischer Z e i t , das Ehegattenerbrecht zu verbessern, haben n u r zu einem bescheidenen E r f o l g e g e f ü h r t : die arme u n d n i c h t dotierte

Witwe

erhält

ein

Viertel des Nachlasses ihres M a n n e s 3 7 .

Im

ü b r i g e n hat das justinianische R e c h t das gesetzliche Ehegattenerbrecht n o c h verschlechtert, w e i l die Verwandtenerbfolge j e t z t n i c h t m e h r w i e i m klassischen Recht begrenzt ist, u n d d o c h der Ehegatte erst h i n t e r allen Verwandten

des Verstorbenen

berufen wird,38. Ein

Pflichtteilsrecht

d e s E h e g a t t e n ist dem römischen Recht ganz u n b e k a n n t ; n u r die soeben erwähnte „ Q u a r t der armen W i t w e " ist ein N o t e r b r e c h t 3 9 . D o c h a u c h h i e r g r e i f t w i e d e r u m die h u m a n i t a s ein. D i e E r r i c h t u n g eines Testaments entspricht, wie schon f r ü h e r g e s a g t 4 0 , der römischen Sitte; i h r entspricht es aber auch, daß die Ehegatten sich wechselseitig bedenken, sich als E r b e n 32 D . (12, 6) 32, 2, f ü r unsere Zwecke ein Beleg, selbst wenn der Text interpoliert sein sollte; siehe d. Interp.-Index und S i b e r , Naturalis obligatio 76; Stella Maranca, Studi Bonfante 4> 2 45 ff. 33 1. 12 praef. 8. 34 B r u n s N r . 126, I , 36ff., I I , / ^ i f . Dazu M o m m s e n , Ges. Sehr. 1, 4 i 5 . Vgl. oben S. 100. 35 Darüber schon oben S. 100 N. 01. se J ö r s S 186 [197]. 37 Durch zwei Novellen J u s t i n i a n s , Nov. 53 c. 6 und 117 c. 5. Dazu W i n d s c h e i d , Pand. 3, § 574, N. 2; B r a ß l o f f , Österr. GerichtsZ, 1924, V I I I , und Sozialpolitische Motive i n der röm. Rechtsentwicklung ( i g 3 3 ) , S. i 3 5 f . 38 W i n d s c h e i d § 570; D e r n b u r g , Pand. 3, S i 3 6 . 39 W i n d s c h e i d S 5g3. 40 Oben S. 106.

133

oder Vermächtnisnehmer

einsetzen 4 1 . D e r M a n n vermacht insbesondere

der F r a u gern i h r e „ G e r a d e " ( u x o r i s causa parata) u n d den „ M u ß t e i l " (penus)42.

A u c h die nachklassische

Eheschenkung des Mannes an die

F r a u 4 3 ist ein S u r r o g a t f ü r die fehlende p o r t i o statutaria. D i e humanitas erstrebt das Geziemende, w i e es sich aus der I n d i v i d u a l i t ä t des einzelnen e r g i b t 4 1 ; - d a h e r hier statt eines starren gesetzlichen Erbrechts eine i n d i vidualisierende

angemessene O r d n u n g

der

Verhältnisse

durch

Rechts-

zwischen

Eltern

geschäft 45. D i e H u m a n i s i e r u n g des R e c h t s v e r h ä l t n i s s e s und Kindern

ist n u r sehr langsam g e l u n g e n 4 6 ; n a m e n t l i c h w i r d

die

schroffe patria potestas zähe festgehalten; selbst der h u m a n e C i c e r o erk l ä r t noch, f ü r K i n d e r sei der Vater n i c h t viel weniger als ein G o t t 4 7 . Juristische E i n s c h r ä n k u n g e n d e r H a u s z u c h t , die sich, wie w i r f r ü h e r s a h e n 4 8 , bis zur H i n r i c h t u n g steigern k a n n , b r i n g t erst die

Kaiserzeit

u n d auch sie s p ä t 4 9 : T r a j a n h a t gelegentlich einen Vater, der den Sohn contra

pietatem

gezüchtigt

hatte,

zur

Emanzipation

genötigt50;

das

Tötungsrecht ist d e m pater f a m i l i a s erst i n christlicher Zeit genommen w o r d e n 5 1 . A u c h das Recht des Vaters, das neugeborene K i n d „ a u f z u h e b e n " 41

v. W o e ß , Das r ö m . Erbrecht u. d. Erbanwärter ( 1 9 1 1 ) , S. 451Γ. v. W o e ß 6 3 f . V g l . S c h r ö d e r - v . K ü n s s b e r g , L e h r b . d. deutsch, llochtsgeschichte (7. A u f l . 1932) S 6 i , S. 8 0 7 f . 43 S i b e r 3o8. 44 R e i t z e n s t e i n 1. c., S. i 5 . 45 v. W o e ß 122 w i l l das „ k ü m m e r l i c h e " römische Intestaterbrecht des Ehegatten ( G i e r k e , H o l t z e n d o r f f - K o h l e r , Enzyklop. d. RechtsW. 1, 294) aus dem V e r f a l l der Ehe durch A u f k o m m e n der freien Ehe erklären. V e r f e h l t : die freie Ehe bestand von A n f a n g an, auch zeigt gerade die erwähnte Erbsitte, daß die römische Ehe n i c h t „ v e r f a l l e n " war. Die Erbsitte läßt ein Abgehen von dem überkommenen Recht unnötig erscheinen. 42

4(J

Z u m folgenden W e n g e r , Miscellanea F . Ehrle 1, 3 3 f f . C i c . pro Plancio 12, 2 9 : „parente . . . quem veretur ut deum, neque enim m u l t o secus est parens l i b e r i s . " V g l . S h a k e s p e a r e , Midsummernights D r e a m 1, 1: „ W h a t say you, H e r m i a ? be advised, f a i r maid. T o you your father should be as a god. One that composed y o u r beauties, yea and one, To w h o m you are but as a f o r m o f wax, By h i m i m p r i n t e d and w i t h i n his powers, T o leave the figure or disfigure i t . " 47

48

Oben S. 113. B o n f a n t e , Corso ι , 79ff. 50 D . ( 3 7 , 1 2 ) 5. 51 Das Tötungsrecht ist von P a p i n i a n , Coli. 4, 8, 1 bezeugt; H a d r i a n , D . (48, 9) 5 widerspricht dem nicht (siehe oben S. n 4 ) . A b e r auch K o n s t a n t i n hat C. T h . 9, i 5 , 1 das Tötungsrecht so wenig wie H a d r i a n beseitigt, wie seine spätere Verordnung C. T h . 4, 8, 6 p r . beweist: „ . . . patribus, quibus ius vitae i n liberos necisque potestas permiissa e s t . " V g l . B o n f a n t e , S c r i t t i 1, 65, Corso 1, 81. Beseitigt ist das Tötungsrecht jedenfalls seit dem E r l a ß Valentinians C. T h . 9, i 3 , 1; i m justinianischen Recht besteht es nicht mehr, wie die interpolierten Texte zeigen: besonders deutlich C. (8, 4 6 ) 10; D . (48, 8) 2 (sed rei. unecht M o m m s e n , StrafR. 618, N . 4 ) ; D . (28, 2) 11 (licebat statt l i c e t ) ; B o n f a n t e , Corso 8 3 f . , 85, N . 2. 49

134

(tollere) iund d a m i t anzuerkennen oder aber nach seinem Ermessen löten oder aussetzen zu lassen 5 2 , i s t erst d u r c h Valentianian I . i m Jahre

473

beseitigt w o r d e n 5 3 . D e r pater f a m i l i a s hat u r s p r ü n g l i c h auch das Recht, das K i n d zu v e r k a u f e n

51

,

aber n u r der V e r k a u f ins Ausland

(trans

T i b e r i n i ) f ü h r t zur Sklaverei, sonst n u r zu dem h y b r i d e n Rechtsverhältnis des „ i n m a n c i p i o esse" 5 5 .

A b e r schon i n klassischer Zeit ist, von

der noxae datio abgesehen, die M a n c i p a t i o n des Hauskindes n u r n o c h clicis causa v o r g e n o m m e n w o r d e n 5 6 ; der eigentliche V e r k a u f u n d die k a u f weise M a n c i p a t i o n ist i l l i c i t a et i n h o n e s t a 5 7 , also w o h l n i c h t i g 5 8 . Jedenfalls behauptet schon K o n s t a n t i n — ungeschichtlich g e n u g — , „ d a ß die V o r f a h r e n niemals den Vätern erlaubt hätten, i h r e n K i n d e r n die zu n e h m e n "

59

Freiheit

. D o c h ist es der h u m a n e n römischen Rechtsordnung trotz

energischen K a m p f e s n i c h t gelungen, i m Osten des Reichs den K i n d e r v e r k a u f auszurotten. U n t e r dem E i n d r u c k dieser üblen Praxis w i r d von K o n s t a n t i n der römische Grundsatz aufgegeben, u n d der V e r k a u f

von

K i n d e r n gleich nach der G e b u r t gestattet 6 0 . Justinian ist auch hier wieder e i n m a l 6 1 bestrebt, zu den klassischen T r a d i t i o n e n zurückzufinden, f r e i l i c h i n seiner k o m p r o m i ß f r e u d i g e n

A r t : p r o p t e r n i i n i a m paupertatcm ege-

statemque victus, aber auch n u r unter dieser Voraussetzung, w i r d d e m Vater das Verkaufsrecht belassen 6 2 . Das K i n d w i r d übrigens i n diesem F a l l e Sklave, denn das Gewaltverhältnis des „ i n m a n c i p i o esse" hat J u s t i n i a n beseitigt63.

Zum

Inhalt

Recht, die K i n d e r

der

patria potestas gehörte anfangs auch das

zu verloben

u n d zu v e r h e i r a t e n 6 4 .

In

klassi-

scher Z e i t k a n n aber der Vater seine K i n d e r n i c h t m e h r ohne i h r e Z u s t i m m u n g verloben; die Z u s t i m m u n g der N u p t u r i e n t e n ist e r f o r d e r l i c h , 52

M o m m s e n , StrafR. 619; G r i m m , Deutsche Rechtsaltertümer (4. Aufl. 1899) 1,

62 7 ff. 53

C. T h . (9, i i ) ι und dazu B o n f a n to 8 4 f · Siehe auch E. W e i ß , A r t . Kinderaussetzung i n der RE., Sp. 470. 54 Zum folgenden M o m m s e n , Ges. Sehr. 3, 3 und 8; StrafR. 782; M i t t e i s . Reichsrecht und Volksrecht 3 5 7 i î . , 363; B o n f a n t e , Scritti 1, G4ff. und Corso 1, 85; Costa, La vendita e l'esposizione della prole nella legislazione di Costantino (Acaclem. Bologna, ser. 1 voi 4 1910), S. 1 1 7 0 . 55 Darüber M o m m s e n , Ges. Sehr. 1. c.; J ö r s S 171 [ ι 8 4 ] . 56 G a i u s ι , i 4 i : „sed plerumque hoc fit dicis gratia, nisi scilicet ex noxali causa mancipantur." Diese Worte halte ich f ü r echt; anders S o l a z z i , Glosse a Gaio, Studi Riccobono 1, i 6 4 f f . 57 C a r a c a l l a C. (7, 16) 1. 58 D i o c l e t . C. (4, 43) 1; B o n f a n t e , Corso 1, 80. 59 C. T h . (4, 8) 6 pr. 60 C. T h . (5, 10) Ι . 61 Siehe oben S. 56, 94. 62 Siehe die justinianische Bearbeitung der konstantinischen Verordnung C. (4, 43) 2 und dazu B o n f a n t e , Corso 1, 85. 63 Inst. 4, 8, 7, dazu aber S c h u l z , Epitome Ulp. 34. 64 Die L i t . zum folgenden ist bereits oben S. n 4 N. 16 angeführt worden.

135

oder aber d i e V e r l o b u n g e r f o l g t d u r c h die N u p t u r i e n t e n selbst m i t Z u s t i m m u n g des Gewalthabers. Das jiachklassische Recht m a c h t unter hellenistisch-orientalischem E i n f l u ß

einen S c h r i t t z u r ü c k : die T o c h t e r d a r f

n u r widersprechen, wenn d e r Vater sie m i t e i n e m U n w ü r d i g e n verloben w i l l 6 5 . A u c h z u m Eheabschluß ist i m klassischen Recht die Z u s t i m m u n g der N u p t u r i e n t e n erforderlich. Schließen diese d i e Ehe, so bedürfen sie der Z u s t i m m u n g der Gewalthaber, i m justinianischen Recht w i r d sogar von diesem E r f o r d e r n i s

i n b e s t i m m t e n F ä l l e n abgesehen 6 6 . Das Recht

des Gewalthabers, die freie Ehe z u scheiden, a u c h w i d e r den W i l l e n des Gewaltunterworfenen, der i n der Ehe bleiben w i l l , ist d u r c h die h u m a n e n Kaiser A n t o n i n u s Pius u n d M a r c A u r e l beseitigt w o r d e n 6 7 .

Wiederum

m a c h t das nachklassische Reohit einen S c h r i t t z u r ü c k : i m justinianischen Recht d a r f der Vater ex m a g n a et iusta causa w i d e r den W i l l e n

der

T o c h t e r die Ehe scheiden 6 8 . Das Verhältnis zwischen E l t e r n u n d K i n d e r n o h n e R ü c k s i c h t a u f d i e p o t e s t a s 6 9 h a t m a n anfangs ganz, der Sitte überlassen; unter d e m E i n f l u ß der

h u m a n i t a s werden

eine

Reihe von Rechtsnormen jentwickelt·

Schon der republikanischen Z e i t gehört das prätorische Intestaterbrecht der Blutsverwandten a n (die b o n o r u m possessio sine tabulis unde l i b e r i u n d unde c o g n a t i 7 0 ) , ebenso der Ausschluß i n f a m i e r e n d e r K l a g e n von K i n d e r n gegen i h r e E l t e r n , sowie das V e r b o t einer L a d u n g der E l t e r n d u r c h i h r e K i n d e r w i d e r den W i l l e n der E l t e r n 7 1 . Das testamentum i n h u m a n u m 7 2 oder i n o f f i c i o s u m w i r d gegen E n d e der R e p u b l i k auch r e c h t l i c h m i ß b i l l i g t u n d d a m i t das Pflichtteilsrecht e n t w i c k e l t 7 3 . Daä zweite J a h r h u n d e r t der Kaiserzeit, das den H ö h e p u n k t i n der E n t w i c k l u n g der heidnischen Humanitätsidee darstellt, h a t das bevorzugte Intestaterbrecht der M u t t e r a m Nachlaß i h r e r K i n d e r u n d u m g e k e h r t

gebracht (S. C.

T e r t u l l i a n u m u n d O r f i t i a n u m ) 7 * . Das Erziehungsrecht der M u t t e r w i r d i n Reskripten des A n t o n i n u s Pius u n d M a r c A u r e l a n e r k a n n t 7 5 , ebenso 65

D . (23, 1) 12, ι unecht, siehe Interp.-Index und B o n f a n t e , Corso 1, 227, N. 5. Ansätze sind i m klassischen Recht vorhanden, doch ist das Material durch Interpolationen verdunkelt: J ö r s § 161 [ 1 7 2 ] ; B o n f a n t e , Corso 1, 198; K u n k e l , A r t . matrimonium i n d. RE., Sp. 2 2 65 m i t L i t . 66

67

E. L e v y , Hergang d. röm. Ehescheidung I/J5; B o n f a n t e , Corso 1, 25ο.

68

C. (5, 17) 5 pr. (Schluß justinianisch). Z u m folgenden W i n d s c h e i d 3, § 5 i / i ; B o n f a n t e , Corso 1, 278. J ö r s § 186 [ 1 9 7 ] ; C o s t a , Cicerone giureconsulto 1, 215.

69 70 71

B o n f a n t e 1. c. C i c . i n Verr. I I , 1, 42, 107: „testamentum P. Annius fecerat non improbum, non inofficiosum, non inhumanum." 72

73 74 75

36

J ö r s § 197 [209]. J ö r s § 187 [198]. D. (43, 3o) ι , 3 und 3, 5. Dazu W i n d s c h e i d , Pand. 3, S 5 i 4 , N. 7.

die

Klagbarkeit

(extra

Eltern und Kindern.

76

ordinem)

von

Unterhaltsansprüchen

zwischen

. Seit Alters verpflichtete die pietas d e n Vater oder

den väterlichen Agnaten zur D o t i e r u n g der Tochter. Erst i n nachklassischer Zeit entsteht eine R e c h t s p f l i c h t ; i m justinianischen Recht h a f t e t auch die M u t t e r ex m a g n a et p r o b a b i l i causa 7 7 . I m K r e i s e d e r c i v e s R o m a n i ist der E i n f l u ß des H u m a n i t ä t s p r i n z i p s a m deutlichsten i m S t r a f r e c h t

und S t r a f p r o z e ß r e c h t

zu verfolgen.

D i e Humanitätsidee f o r d e r t E i n s c h r ä n k u n g , j a Reseitigung der T o d e s s t r a f e 7 8 . D i e z w ö l f T a f e l n kennen i m öffentlichen Strafverfahren n u r eine Strafe:

die T o d e s s t r a f e 7 9 .

Rezeichnend aber f ü r die Grundanschauung

der Gesetzgeber ist die R e h a n d l u n g des Diebstahls. N u r der Erntediebstahl w i r d k a p i t a l b e s t r a f t 8 0 . I m ü b r i g e n erhält der Restohlene gegenüber d e m f u r manifestus ein T ö t u n g s r e c h t , w e n n der D i e b sich m i t der W a f f e

in

der H a n d verteidigte, oder d e r D i e b s t a h l z u r Nachtzeit verübt w u r d e 8 1 , davon abgesehen w i r d der f u r manifestus d e m Restohlenen zugesprochen, der f u r nec manifestus aber n u r m i t Geldstrafe g e s t r a f t 8 2 . Das ist zweifellos H u m a n i t ä t 8 3 , w e n n a u c h lange v o r der Periode d e r

hellenistischen

Humanitätsbewegung. M a n vergleiche d a m i t die Restrafung des Diebstahls i n D e u t s c h l a n d : die Strafe ist h i e r bis ins 18. J a h r h u n d e r t r e g e l m ä ß i g die Todesstrafe, erst die Humanitätsbestrebungen des 18. Jahrhunderts haben sie beseitigt ( F r i e d r i c h d e r Große

1 7 4 s ) 8 4 . D i e Zeit nach den

z w ö l f T a f e l n schränkt die Todesstrafe erheblich ein, seit dem zweiten J a h r h u n d e r t v o r C h r i s t i s i c h t l i c h unter d e m E i n f l u ß der H u m a n i t ä t s i d e e ; es waren,

sagt C i c e r o ,

„tapfere

Männer',

die sich zutrauten, ohne die

Todesstrafe a u s z u k o m m e n 8 5 . F o r m e l l ist sie f r e i l i c h n i c h t beseitigt worden, aber tatsächlich ist sie n u r n o c h b e i m M o r d u n d b e i m Staatsverbrechen u n d auch hier n u r selten angewandt w o r d e n ; sie w i r d ersetzt d u r c h Geldbußen u n d F r i e d l o s l e g u n g (aquae et ignis i n t e r d i c t i o 8 6 ) . U n t e r dem P r i n z i p a t 76

P e r n i c e , SZ. 5, 22; W i n c l s c h e i d S 475, N. 3 a f f . ; B o n f a n t e , Corso 1 , 2 7 9 . W i n d s c h e i d S 493, N . 4ff.; S i b e r 3o3 m i t L i t . ; B o n f a n t e , Corso 1, 298fr.; C a s t e l l i , Scritti giur. (1923) i 2 9 f î . 78 Z u m folgenden siehe M o m m s e n , Geschichte der Todesstrafe i m röm. Staat, Reden und Aufsätze 437ff.; Röm. StrafR. 939ff.; E. L e v y , Die röm. Kapitalstrafe. Sitzungsber. d. Heidelb. Akad. d. Wiss. phil.-hist. K l . i 9 3 o / 3 i , 5. Abh. 79 M o m m s e n , StrafR. g 4 i . 80 Tab. 8, 9 ; M o m m s e n 772. 81 Tab. 8, 12 und i 3 , und dazu B e r g e r , Studi Albertoni 1 (1933), 385. 82 G a i u s 3, 189, 190. S3 M o m m s e n , Reden u. Aufs. 4 3 8 f . , StrafR. 941, N. 1. 84 Vgl. L i s z t - S c h m i d t , Lehrb. d. deutsch. StrafR. (25. Aufl. 1927) § 126 a. E . ; v. H i p p e l , Deutsch. StrafR. 1 (1925), 249, 273, Lehrb. d. StrafR. (1932) 235. 85 C i e . pro Rabirio 3, 10: sed is ta laus p r i m u m est maiorum nostrorum . . . deinde multorum virorum fortium, qui vestram libertatem non acerbitate suppliciorum infestam, sed lenitate legum munitam esse voluerunt. 86 P o l y b . 6, i 4 , 7; L e v y 5ff., 2Öf., 29. 77

137

d r i n g t f r e i l i c h die Todesstrafe wieder v o r : das konsularisch-senatorische S t r a f g e r i c h t u n d das Kaisergericht haben n i c h t n u r a u f Todesstrafe k a n n t , sondern sie a u c h v o l l z o g e n 8 7 .

er-

A b e r rechtlich handelt es sich

dabei doch u m Ausnahmefälle, u n d unter T r a j a n , H a d r i a n , A n t o n i n u s Pius l i n d M a r c A u r e l werden sie das auch tatsächlich geblieben sein. E r s t i m 3. J a h r h u n d e r t w i r d die Todesstrafe die ordentliche Strafe des schweren Verbrechens, j a auch bei geringeren Verbrechen v e r w a n d t 8 8 . D e r humanitas -entspricht es, daß a l l e i n d e r S c h u l d i g e

gestraft

w i r d . Niemals scheint es den römischen Juristen i n den Sinn g e k o m m e n zu sein, die Sünden der Väter an den K i n d e r n heimzusuchen; m i t berechtigtem Selbstgefühl weisen sie a u f diesen Grundsatz ihres Rechts h i n , der den Griechen n i c h t geläufig i s t 8 9 . Selbst Arcadius· bekennt sich n o c h zu i h m 9 0 , er ist aber doch der Vater der b e r ü h m t e n „ L e x q u i s q u i s " 9 1 , die den K i n d e r n von Staatsverbrechern zwar das (nach A n s i c h t des Kaisers eigentlich v e r w i r k t e )

Leben schenkte, aber sie v o m E r w e r b von Todes-

wegen u n d von den öffentlichen

Ä m t e r n ausschloß; das ist leider ins

justinianische Recht übergegangen 9 2 . W e i t e r e Ausnahmen aber h a t das römische Recht nie g e m a c h t 9 3 ; die H i n r i c h t u n g der K i n d e r des S e i a n u s d u r c h T i b e r i u s 9 4 ; die B e s t r a f u n g der K i n d e r von Verschworenen d u r c h N e r o 9 5 s i n d Untaten, aber keine Rechtspflege 9 6 . D i e E r b e n des D e l i n q u e n t e n h a f t e n p r i v a t r e c h t l i c h a u f Herausgabe dessen, Avas sie aus dem Delikt

erworben

haben.

F ü r eine v o m Erblasser v e r w i r k t e

Geldstrafe

h a f t e n sie n u r , wenn schon bei Lebzeiten des Delinquenten die K l a g e erhoben w o r d e n w a r 9 7 ; allerdings g i b t es von diesem Satze A u s n a h m e n 9 8 . I m S t r a f p r o z eß f o r d e r t die humanitas den Schutz des Angeklagten gegenüber d e m übermächtigen Staat d u r c h Sicherung der V e r t e i d i g u n g 87

M o m m s e n , StrafR. 9/12 f . ; L e v y 1\η. M o m m s e n 943. 89 Ausführlich D i o n y s . H a l i c . 8, 80; C i c . de deorum nat. 3, 38, 9 0 : „ferreine civitas ulla latorem istius mocli legis, ut condemnarentur filius aut nepos, si pater aut avus deliquisset?" Reskript der divi fratres D. (48, 19) 26. M o m m s e n , StrafR. 690; B u r c k h a r d t , Griech. Kulturgesch. 1, 2 Ö 3 f . 90 C. T h . (9, ί\ο) 18: „Sancimus ibi esse poenam ubi et noxa est." 9 * C. Th. (9, i 4 ) 3. M o m m s e n , StrafR. 594. 92 C. Just. (9, 8) 5. 93 Wenn ein S. C. aus dem 1. Jahrh. der Kaiserzeit (D. 1, 16, 4, 2) erklärt, falls die Frau des Prokonsul sich vergangen habe (quid deliquerit), so hafte der Mann (ab ipso ratio et vindicta exigatur), so mag das eine ganz vereinzelte Ausnahme sein; vielleicht soll aber auch der Mann nur auf Ersatz haften. Zu diesem S. C. H i r s e I l f e l d , K l . Schriften 4 o 5 f . 94 T a c i t u s , Ann. 5, 9. 95 Sue t o n , Nero 36. 96 M o m m s e n 594. 97 M o m m s e n , StrafR. 67. 98 F e r r i n i , Diritto penale 346fî.; M o m m s e n 772. 88

138

u n d M i t w i r k u n g von Nichtbeaniten bei der U r t e i l s f ä l l u n g ; sodann den Ausschluß der F o l t e r gegenüber d e m Angeklagten u n d den Zeugen.

In

der E r f ü l l u n g dieser Postulate ist das republikanische Recht a m weitesten gelangt, v o r a l l e m i m Quästionen- oder Geschworenenprozeß, dessen Ausb i l d u n g gerade i n die Z e i t des energischen Vordringens der Humanitätsidee fällt.

Der

Geschworenenprozeß ist reiner

Akkusationsprozeß. D e r A n -

geklagte ist dem A n k l ä g e r , der P r i v a t m a n n ist, fast vollständig gleichg e s t e l l t " . D i e Beweisaufnahme

erfolgt

d u r c h die Parteien, ein V e r h ö r

des Angeklagten ist ausgeschlossen 1 0 0 , der Zeuge w i r d i m W e g e des K r e u z verhörs von den Parteien oder deren A n w ä l t e n v e r n o m m e n 1 0 1 . Das Ger i c h t ist bei der Beweisaufnahme a u f eine wesentlich passive H a l t u n g verwiesen: der Vorsitzende h a t die Prozeßleitung, d a r f aber weder den A n geklagten n o c h die Zeugen vernehmen ; auch den Geschworenen steht ein Fragerecht gegenüber dem Angeklagten u n d den Zeugen n i c h t z u 1 0 2 . D e r V e r t e i d i g u n g w i r d ein sehr weiter S p i e l r a u m gewährt. Gegen Ende der R e p u b l i k ist das A u f t r e t e n mehrerer Verteidiger h ä u f i g ; w i r hören von vier, sechs, j a von z w ö l f V e r t e i d i g e r n 1 0 3 . F r e i l i c h k a n n die Redezeit d u r c h den Vorsitzenden oder das Gesetz beschränkt s e i n 1 0 1 , aber sie w i r d t a t sächlich sehr r e i c h l i c h bemessen u n d stets so, daß die Redezeit der V e r t e i d i g u n g g r ö ß e r ist als die der A n k l a g e , vielfach i m \ r e r h ä l t n i s von 2 zu 3. I n der L e x Ursonensis erhält der H a u p t k l ä g e r f\ Stunden, jeder Nebenkläger 2, die V e r t e i d i g u n g doppelt soviel wie alle A n k l ä g e r z u s a m m e n 1 0 5 . D e r großartige römische S i n n f ü r f a i r play f o r d e r t v o m Vorsitzenden u n d Geschworenen, nehmen.

daß

sie g e d u l d i g

Schließlich ist

die

und a u f m e r k s a m die Redefülle

Folter

ausgeschlossen

gegenüber

aufjedem

Freien, m a g er Angeklagter oder Zeuge s e i n 1 0 6 . Der

rein

magistratische

Strafprozeß

ist r e c h t l i c h

ein

Inqui-

s i t i o n s verfahren, i n dem der Magistrat die F u n k t i o n e n des Anklägers, Verteidigers u n d Richters i n einer Person v e r e i n i g t 1 0 7 . Aber d i e humanitas sorgt d a f ü r ,

daß

tatsächlich

die

F o r m e n des A k k u s a t i o n s p r o z e s s e s

innegehalten werden : crimen sine accusatore, sententia sine Consilio, d a m natio sine defensione: a estima te l i a r u m o m n i u m r e r u m p r e t i a ! 1 0 8

Der

99

Vgl. C i e . div. in Caec. 21, 71. M o m m s e n 4o8. 101 M o m m s e n 43of. 102 2VX ο m m s e η ί\2 ι f.

100

103

M o m m s e n 877M o m m s e n 42 7 if· 105 B r u n s , Fontes Nr. 28, c. 102, und dazu M o m m s e n 429, N. 1, wo aber i r r tümlich dem Angeklagten nur die anderthalbfache Redezeit der Ankläger zugesprochen wird. 106 M o m m s e n 4o5. 10

pro

i 6

3 5

117

Murena 6440

12 12.29

i34

4 7

3, 10

i37

8 5

160™

pro Sestio Ö72

67, I 4 I i,5

32

4,24

32

5.27

32

12,5ι

ι3

(7,3)

.

.

. 5 7 2 , 7931, 7933, 7935 7932

1,2, 5

i5oi96

(7.5)

8259

( 7 . 6 )

8 2 59

( 7 , l 6 ) l

i3557 I pr. § I

6651 i53

(8, 46)

13451

10

(9,8)5

i3892 Theodosianus

(2, 13) ι

i63

Claudian

(4,8) 6 pr

13451 i35

(5, 1 1 ) 1 2 (9,12)1

I49

3, i 3 6 f f

7611

3, i 3 6

80*2

(9,14) 3

i38

9 i

(9, ι 5 ) ι

i34

5 1

(9,40)18

i38

9 0

119 8 7

I49

3 . 3 . 2

1091

3.3.4

I49

3.3.5

I49

1 8 6

8469

Columella

Const.

8

Const.

3 4

Const. S u m m a

.

.

. 1 0 0 ^

102

835

Deo

auct.

pr Imp.

i55

(4,8) 6 pr

I3559

80

4 3

80

4 3

80

4 3

maiest.

pr

(4,1)2

ι3333

Δέδωκεν

§ 18

i63

5 1

De re rust.

17

(3, 3

) 5

51 30 i34

P r a e f . 8 l i b . 12

Justinianus

4

1 8 3

Const.

civile

s 8

1 8 6

3,3,1—3

4917

(2, i 3 ) 2

1 8 7

13553

4,8,1

49

6 0

ι o 3 ®2

4,6,1

De consulatu Stilichonis

Art. 920

8

8364

4; 3, 4

Code civil Art. ιο36

1 9

(8,37)14,2

2 . 5 . 1

Tusc. Disp.

7

142135

i 4 u . i5

Ι, I I

32

5.29

Codex

1/Ì2135

(6,58)

Collatio

32 IO45,

5.28

Codice

(6,55)i2

(9, i 4 ) I

Topica

1,1,2

5348

( 5 , 10) ι

Am.

3 8 , i n

136®8

(3, ι 4 ) ι

pro Rabirio pro Rose.

5243

5348

Codex

pro Plancio

2 8

i54

(6,37)21

(7, 27)

117

6651 i5 426,

i5

(6,23)

10,20

i35 2 ) 9 (9,2)11 pr.—5

.

. .

. .

6 7

35,39 .

^5, 39 35,39

( 9 , 2 ) 57

1727 3

( 1 2 , 6) 32, 2

1727 1827 .

.

.

- ioo35,

pr.

7 -

i33

3 2

1

5569

(30) 116 pr

.

32

(31) 36

32

(31)77,20

9927 1619 126

( 3 5 , 1) i 5

5i

3 4

(37,12)5

i34

5 0

(38, i ) 4 8 p r .

1727 .

.

.

1622,

(38,2)i

10031 71

( 3 9 , 4) 10, I

i54

( 4 o , 2) 5

2 6

4727

(39, 4 ) i 2 p r •

126

( 4 o , 12) 42

126

( 4 i , 1) 2 6 p r

8

(4i, 1)60

7

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( 4 i , 2) 12, ι

5o24

(41.2)20

52

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( 4 i , 3) 33

3

*I

( 4 I , 4) 7 -

39«Ι

(43,17) (43,26) (43, 3o) (43, 3o)

9

5242

(43, Ι6) i2

126

( i l , 6) i p r (11,7) I 2 > (12,1)9,8

7

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71

(34,2)39,1

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. . . . . .

(34,2)2

3 3

i48

38

(29, i ) i p r 7

1 9

n 4 -

(28, 2) π

6867

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ι

(25.3)5,1

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1617

(38, i ) 2 p r

(4, 9 ) 1 . 1 (5.1)l2,2

i 6

32 IOI

(26,7) 39

3i

(5,2)9



(2 4 , 3 ) 66 p r 2

1 7 4

1 3 6 65

( 2 4 , I ) 66, I

toi39 io42 5565, s 9 89116

(4.3)i,2

6544 i48

(23.3)75

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2 6

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(23.2) I

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i54

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(1,18)7 ( 2 , i 4 ) 7, 6

.

126

( 2 3 , 1) 1 2 , 1

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.

.

( 1 9 , 2 ) 6 0 pr.

589

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.

.

( 2 2 , 1) 2 8 , I

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(1.2)2,49 (1.3) 2 0 U . 21 (1.3) 32,1

.

( 1 9 , 2) 5 7

( 2 1 , 2) 6 8 p r

1829 19*0,5566

.

.

* 2 7 i5426

(20,4)9,3

1829

(1,2) 2,38 (1,2)2,46

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( 2 0 . 1) ι 5 , ι

Justiniani

2 6

i54

(*9> 2 ) 21> 1 (19.2)54,1.

102

2, 2 N r . 8 7 6 8 Digesta

6544

(19.1)25

Demosthenes Κατά Νεαίρας

Dessau,

3o20

(19.1)13,29

2154

1/1,2916

8796 1827 ι367δ i3675

3,7 6,4 ι, 3 3,5

4 4

( 4 4 , 4) 5 , 4

65

( 4 4 , 7) 3 p r

32 1619

i54

2 5

( 4 4 , 7) 2 3 p r .

( i 4 , 1) I p r

17

27

( 4 4 , 7) 5 i

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3o20

( 4 5 , 1) 5 6

398i

204«

( 4 6 , 2) ι p r

33

( 4 6 . 3 ) 34

3

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( 1 8 , 1) 3 2 (18,1)77

176

126

3i,

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9

3i

Seite

(46,8) ι6,ι

E p i t o m e

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2 1 52

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S e i t e

U l p i a n i

8469 8363

ι, i4 5,8 9, I

13122

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I49

1 8 8

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1 0

J o h a n n i s

19,22

Frontin De aquaedacta 16

79

3 G

94ff

20

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86

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i 3 4

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125

109

1 1 7

(48.9)5

i 3 4

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128

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1 1 9

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D i o

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17) 2 0 2

(5o,

124

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( 5 o , 17) 3 o

3 4

27, 2 8 6

Gassius

56,33

8 2 53

57,8,2

9711

60, 17, 5 f

8255

D i o

Chrysost.

Περί Βασιλείας o r .

7

7

5

i529

2 7 , 4, I Dionys.

Hal.

2 , 16

144

4,23

84

8,36

i 4 4

8,80

i38

Diogenes

146 7 2

u l a 8 9

L a e r t i u s

7721

6,63 D i t t e n b e r g e r ,

Sylloge

ι Nr. h i

I 0

2 Nr. 543 Graec.

ι, i3 1,20 1.25 1.26 1.27 1,28ft

D u o d e c i m

87, 91, i o 7

9 G

70™ 147

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I37

8 0

I 3

7

I37

8 1 8 1

ι, ι pr

846;)

i , 3 , 4

84

12 Schulz, Prinzipien des römischen Rechts

6 9

1 8 6

2 2 8i*6

.

.

.

.

i3o17u. «

14616I i 4

9

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ι , 185 1,190

.

.

.

5458 142130

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1, 1 9 3

2265

ι , 195 ι, 196 2,3i

5458

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2, 12 1 2, 122 2, 157

4 8

5458,88105

2, 101

2,117

G a i i

1 9 4

I49

I, I 5 7

2.49 2.50 2, 5 4 2, 5 5 2,78 2,8off

7

3

I,i4i

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,

1,119

84

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.

1,79

2.46

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8,12

.

2.45

T a b u l a e

8.2

i5o .

I,55

4 0

Inscript.

2 Nr. 458

*

23 8469 5458 8469 8469 8469

1,8

i56

D i t t e n b e r g e r ,

E p i t o m e

23

1,2 — 7

Ι,ΙΙί

D i o d o r

Orient.

Institutiones . .

i , 5 3

III

c. 5 f

Gaius, 1,2

966

i o i4

1 0

,

7

52

9 3 4 8

I 42 I"® I 42 130 71

177

Seite

Seite 2, 192 2,I93ff 2 , 22Î\ —227 2,227 2,232 3,79 3,82 3, 88 3.89 3.90 3,98

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137

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6441 6441 3i

4,44

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4

i 3 , 17

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16, 10

70

i4,2,

-

ι

.

.

.

.

.

.

20, ι , i 3

7 0 , 8 7 "

H e r o d o t 8,14,4

Carmina 1.2 3,5 4,5 . 4, i 5

12388 I2388 I2388 I2 3 8 8

.

Epistulae 2,1, i56

7830

Ars poetica 23

45

323

. .

8811* l46l6* 123

4,12

io3

5,19,10 6,3,52 6, i 5 10, 20, 2 i o , 2 3 II,17

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78

396

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(1,1) 4

1934

(2.7)1

33

4 1

(2, 10) 3

65

4 6

(2,13)

5

142iss

(2.19)12

.

.

.

.

.

.

15319

(2, 20) 2

49

2 0

(2.20)3

4g

2 1

(2,23)1

i53

1 6

(2,25)

124

(2, 25) pr

125105

(2, l3)p.V

3235

(4.8)7 Das

i3563

jütsche

L o w

Vorrede I n s c h r i f t

167 aus

3 9

K y r e n e

834 769, I 2 4 9 l L i b a n i o s 80

I,6 3,2,12 4 , 10, 8

2 4

77

H o r a z

Gellius.

78

.

4 2

Livius. Praef.

11

172

2.3

4

3,34

611

26,36 30,7,6 30,42,17

noi20 572 i44i4i

33,12,7

1441«

3 7 , 54, 6 u . 17 4o, 5 i

96 n o

s 1 1 9

Seite

45,4,7

U4

45,18

g6

Maccab.

Macrob. 3,

9

Libri 1529

1 , 8 , I U . 12 -

Saturnalia

I6,

I 5 U.

M o n u m .

I 6

1 6 3

9

3 I 3

i4ff 3 4

6 6

1 4

,

Ï 2 4

9 0

IIO

121

108101

l 8

99 10898

5 , 6, 7, 10, 11

82

3

23,37

gg *

33,34 3g

i o 4 i 9925 1291° 16736

7°·9°>9

Just. 80

47 p r

4 3 3 0

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5 3 c. 6

Ï 3 3

3 7

1 1 7 c. 5

i33

3 7

118

48

Novellae Valent.

Theodos.

δ

III.

Ps. P a u l u s ,

1 7

g54 96* g54

2 1 88 P l u t a r c h

i3i 28

1, 2 1 , 2 u . 3

21

5 2

4 , 1 2 , 6

8 4

6 9

I 5 , 6

I 4 7

1 7 2

5 , 1 6 , 2

I 4 7

1 7 2

Pausanias 8 , 4 3 , 6

7

5

7

Petron

Cena Trimalch. 71

n o

1 2 1

,

1 7 7

i 4 8

Art. io4iï.

'

6 «

P h i l o

Leg. ad

Gaium.

21

7

Plato,

5

24

.

2,6

Ι 5 , 23

-

3 2

172I

6, 1 4 , 7 6,14, g

i378ß n528

6, 18, ι

127I16

6,56

i55

7

I32

Plinius 3,5,3g

i8,45

g8i8 g6

9

22,6

g6

9

In Symmachum

. . . .

.

.

7611,80«,

128

-.

.

88114 6 4

55

11,2, 4 i

5564 Fuchs

ι , 3 5 v. 2 g 7 4 f f

De reditu .

5gii

orat.

5,i4,34

R u t i l i u s

nat.

3 5

1 4 1 a

22,5,8

Reinecke

f f

Historia

i44

Q u i n t i l i a n , Inst.

147

1 0 4

6, 11, 7

3 2

169

108

Polybius

2, 17, 18, 21, 2 3 , 26ff.

Casina prol, 68 Mercator

2 8

586

β

7

Plautus

i 3 I

Lucullus

P r u d e n t i u s ,

Leges

8 6

Lycurg

18,37,7

PGO.

106

Cicero 20

Sententiae

5 5

Panegyr.

g, 6 i64

ι

2 5

99 82

Apophtegm Cato maior

et

5 5

2

i o 6 , 107

24 pr.

12*

i43

7,11

65 2 7

Novellae

5, 8 i

i43

5,7

58

124

4 , 2 7

6,

i43

4, 10

Epistulae ad Traianum. 1 4 6

Moses

5,

2, 16

8, 18

6

1/4 4

Epistulae

7 >

6

Ancyr.

ι

S e i t e

P l i n i u s

1 4 1

i,63

i55

Namat.,

suo 76

1 1

I 7 9

Scriptores

hist.

Seite

S e i t e

Aug.

28

Hadrian 18

ϊ^ιβΑ,ιβδ-

Ι24

Claudius

Caracalla 8

25



Sachsenspiegel,

148182

Nero

Landr. 3 3

36

i3895

ι, 3i

ioo

3, 4 i

i553Sa

Vespasianus 10

8580

Tacitus,

S al l u s t ,

Catilina

5I,37

9, ι

69™

56

69^

2O3

69™

Schweiz.

ZGB. 4917

Art. 5 ι ι rhet.

Controv. Seneca

12913

2, 7, 3 philos.

3,5

8255 beneficiis 1/16160

ira I 45152

2,5 2, 2 4 ( = D i a l o g . 4, 2/i)

.

.

12913

Epistulae 28,4

77

64,7 Silius

2 0

3 Italicus,

151

.

3

Florileg . .

.

.

.

.

.

.

67e2

Sueton 44, 2

611

Augustus 588

4o, 3

2

7

I8O

6 2 25

3,65

I 4 5 153

4,l6

I 3 119 U . 21

4,38

12496

5,9

i38

9 4

58

Thucydides. 3,37

97I6

5, i o 5

97

ί β

i3o

1 4

Valerius

Maximus

5, ι

6,6

ι51 34

Vaticana

Fragmenta

248

1291°

281

12910 5669

294,2 Paterculus

2,89,3

6014

2,124,3

6119

Aenaeis

8 2 53 ·.

.

.

6122 9711 622* n o n » 961°

6,84

7

ff

79

Eclogac ι

13388

Walther von der

Vogelweide 8040

56, ι 4

Tiberius 26

6 2 25 9711 611,8251

Vergil

25,4

72

1.74 2,87 3,25

Velleius

Caesar

46 53 54,55 56

96* 96* 12388 i5534

8,2,4

Punica

i,634 Stobaeus, 44,22

96*

i,7 1,9 I , IO 1.73

14, 43

3,2 2 De

16521 Annales

3, 6 6 f f

Apocol. De

6224

4I

i,3

Schwabenspiegel

Seneca

9 δ

6224

3o

12496 97

1 1

Xenophon, 7,3o

Oeconom. 3232

Namen- und Sachregister A Abschriften

von

Kaisererlassen

166.

Abstraktion

depositi

Augustus,

2 7 ff. 3 i , 6 4 4 4 . ; a. a q u a e

4 1

arcend. 52

, a. c o m m o d a t i 1 4

I52

6. Rechtsgeschäfts

des

,

a. d e

dote

pluv.

i52

1 4

, a.

5 2 , a.

r e m s c r i p t a 5 2 , a. m e t u s causa

in

52

4 1

a. m i x t a 5 2 , a. P u b l i c i a n a 5 i , a. S e r v i a n a 6 5 , a. u t i l i s d e s Z e s s i o n a r s

65.

,

Name

96,

124;

Aussetzung von K i n d e r n

i34. i 5 , 16, siehe

auch

Officium.

Austin

164.

Adulterium Aerar

Azo

i32,

Aedilen-Edikt

des

Verlobten

Äußerer Tatbestand Akkusationsprozeß Alkidamas Allgem.

1 5 7

i45

139,

Amerikanisches Anaxagoras

gung

i4i.

Preußisches

Richterrecht

Constitutio

Aramäer

i3,

23,

53,

22,

54,

Gharisius

Archaistische

10031. 55.

Tendenzen

94.

i4o.

Assertor

libertatis

Athener

i4o.

Attische Ehefrau

Bona

96.

fides

Straf recht

Brotkarte

7185. 12.

20.

Jurist

34,

147;

Freund

Ci-

159. 53,

Antoniniana Bürgschaft Bundesbuch 120.

20.

i54.

75.

Bürgerrechtsverleihung

112.

171.

Verfas-

8148.

Bürgerrecht

i3i.

i63.

22, 28,

Bismarcksche

Breviarium Alaricianum

ceros

1 1 2 ff.

Autoritäres

Richter

Bithyner 2 265.

Brutus, 55,

Auctoritas

87.

der

i46,

B oncompagno

22.

34.

Aristoteles

5i.

Beweislehre, Beweisfrage sung

5i.

48.

Bodenrecht, öffentliches Ehefrau

Archaismen, sprachliche

Autorität

137. 3i.

90. d.

21.

Abnei-

65.

Bestechlichkeit

149.

Bismarck

Arbeitspflicht

Stadt

1 0 4.

Besitzloses P f a n d

24.

A q u a e et ignis interdietio

Ariccia

Bergrecht

11.

82, 91.

Arcadius

Bereicherungs-Condictio Besitz u n d E i g e n t u m

87, i36,

Gallus

der

römische

3o.

Besitzpfand

Antoninus Pius

Aquilius

i5.

i3.

Antoniniana

innerhalb

Beneficium divisionis 69, inventarli

12 5.

Anweisungsrecht

61.

Begriffsbestimmung,

.

Landrecht,

Amtscharisma

Β Beerdigung

168.

6121.

115.

7185.

Beamten wählen

121.

Akklamation

463.

45,

5130.

87.

58

Außerrechtliche Pflichten

A v a n c e m e n t des S o l d a t e n

Adsessores

12,

7 8 , 8 2 , 8 6 , 9 5 , 9 6 , 1 0 9 , 1 1 0 , 116, 124, 1 2 7 , i 4 5 , 1 4 9 , i 5 3 , i 6 5 .

Aktionenrechtliche Darstellung 21, 29. 29.

7,

(Eile m i t Weile), 59, 60, 61, 63, 64,

Aktionenrecht,

Fortleben

52,

8811 4 .

A b s t i m m u n g außerhalb R o m s 54, 61. Actio, Begriff

Aufwandsgesetze Auslegung

7,

8 2 , siehe a u c h

Constitutio. 4g,

160.

27.

Bundesgenossenkrieg

81.

181

Deutsche

c Caesar, J u l i u s

5,

Calor

88.

insaniae

Capito

18,

Caracalla

5 4

21

54,

85,

38.

106,

Cautio usufructuaria ,

Charismatische Chrysippus 152,

Autorität

i55,

161.

6440,

44,

67,

sum

Civitates liberae Claudius

121,

12 5 ,

i46,

Coactus

volui 3η,

i66;

Theodosianus Coemptio

Hermo-

Justinianus

37;

mater 5454.

Confarreatio Consilium

rixarum

Domina,

Anrede

i3i.

Dominât

60,

62,

95.

Dominus,

Anrede

97.

Domitius

Afer

2 258.

mortis

causa,

100,

II5,

137,

Conventus

i5o,

161,

Ehe.

Definition und

32,

89114. 49.

Curator rei publicae

9926.

Ehescheidung

ßung

i4,

99,

89115.

Deductio

iÖ2. Zivilprozesses

in

domum

Ciceros

unvollkommene

Depositum Deutsche rechte

182

.

32,

3i. Ver-

62.

99,

Treue

D e f i n i t i o n 31, 102,

i32,

Nichtberechtigten

vom und

II

4 6

,

Eigen-

Erwerb

Weile

48,

Eheschlie-

Rechtsschutz

io5, 26,

Besitz 5o. 26, 5o.

5o.

58.

E i n f a c h h e i t 4 5 ff. E i n l e i t u n g e n z u d e n T i t e l n d e s U l p manschen K o m m e n t a r s a d e d i c t u m

32.

Empfehlungswesen Englisches

58.

Rechtsbücher 28.

eheliché

Einheitsstaat 53. der

i52. 9,

Ehe-

i33,

i55.

Eigentümerpfandrecht

Topica

Charakter

fassung Diocletians Demonstratio

114, i 3 i ,

47,

Eile m i t

Demokratischer

Ehe-

51.

Eigentümerservitut

in

i3o,

82,

tumsrecht-7, Eigentum

27.

Definitionen,

Desuetudo

16

i64. 16

121.

Defmitio

52.

E i d , e r z w u n g e n e r i 5 5 , i n leges Eigentum,

D e f ension

114,

Ehe

7,

eheliche

Ehewirkungen

D

des

34,

,

Ehegüterrecht

122,

121, Eidestreue

Dauer

freie

100,

Gemeinschaft 99,

54.

(Redner)

Darlehn

48,

Kinderrecht

gattenerbrecht

causa

3 5

ioo

.

frau, Rechtsstellung

ι5ι.

Cura m i n o r u m

Mannes

Dotalklage

4 0

i56

des

Bestellung

E

116.

Curiana

Haftung zur

33.

65.

36.

122, 139f.,

5η,

Definition

Rechtsordnung

Pflicht

Ehe-

Constantia

Definition

E d i k t 8, B i n d u n g i 5 5 , S t i l 55, System

i64.

Crassus

69. 38.

99.

i3i.

115,

94,

113.

131.

Concilium

62, 91,

( b e i d e r a. d e d o l o ) ,

Draco

3η.

Communio

Contio

112,

D istin ctiones

Dos i66;

5o. 56,

52.

Doppelte

ι49·

89. 3η,

3o,

23, 38,

I4I.

Donatio ι4ι,

Gregorianus

genianus

75.

98.

129,

169.

3I.

1940.

Civis R o m a n u s

8,

Dolus

123.

i58.

Cincius

Codex

120,

des

68.

3η.

Diokletian

Dissens

i46.

1941,

Cicero

^ 7 ,

Distanzgefühl

118,

25f.,

3o.

Recht

Disciplina

43.

5o.

5η.

6 2

47,

Dingliches

116,

i52.

Causam m o r t i s praestare Censoren-Edikt

Diebstahl

Digestensystem

90. 1940.

58,

io3

ι65.

.

Cassius L o n g i n u s

Censores

129,

Rechtswissenschaft

Jahrhunderts

Dienstbarkeit

62,

Cassius H e m i n a Cato maior

126,

19.

englischer und

Volks-

und und

1727.

i63.

römisches römischer

Recht- 45, Gesetzes-

stil 5 4 6 0 , englische Jurisprudenz Mittelalters 29,

167.

des

G

E n n i u s 70. 111123.

Enteignung 109, Epitome

Ulpiani,

System 87.

E r b r e c h t 7, 48, 49, 5 i , u.

Gaius ad e d i c t u m prov. 2 3,

106,

Vermächtnisfolge 51,

zung 5348, ven 147,

Erbfolge Erbeinset-

Erbeinsetzung

Erbfolge

des

Skla-

nach

Massen 51,

102,

Erbsitten

Erbengemeinschaft 16, E r b v e r t r a g

zum

107.

Erbpachtrecht Erlaß,

io4.

Rechte 109,

Erziehungsrecht

der

17, 6 6 f .

64

,

nicht

,

Mutter

Begriff 6444,

des

169.

i36. 6444,

erfüllten

Vertrags

b. f.

iudiciis

149.

164. 7, 11, 24, 3o,

104.

i65.

Gewereprozeß 121.

ι/|5,

Ι47·

26,

i63,

33.

51.

G e s e t z u n d R e c h t 4 ff. siehe

Glaubensfreiheit

108.

Glück 68.

62.

Grabrecht 1832,

Rechtsgeschäfte

i52.

Gracchus,

Ti.

Foro d'Augusto

109.

Gravitas 57.

Formularbücher

16.

Griechische

F o r m u l a r p r o z e ß 6 3 f . , 86. Rechtsstellung

gehört ins Haus Frauentutel 49,

i4i,

i46,

Frau

i4i.

Gesetze

147.

139.

D e m o k r a t i e 10S,

131,'Folter 5,

147, i5,

97,

Philosophie

88,

28,

versammlung

5565.

117.

Griechisch-hellenistisches

F r e i h e i t 9 5 ff.

G r u n d d i e n s t b a r k e i t 10 4.

Freiheitsschutz 110, 120.

Grundregister

Freilassung 82 f.,

Friedrich

157.

der

Gutachtertätigkeit

158.

siehe a u c h

187.

Guter 187.

an stehenden



Juristen

1941,

Glaube io5,

168.

io5,

Güterrecht,

eheliche 100,

i33.

eheliches 16, 48.

partus.

F u r t u m , Begriff 32, 47, f u r t u m



Ι 0

Eigentum.

der

Gütergemeinschaft,

Η

F ü h r e r 12 3 .

4

86, ί

33.

Große

Früchte, Eigentum

Recht

169.

G r u n d e i g e n t u m , siehe

17.

Friedloslegung

Ehefrau

Freiheitsliebe

R h e t o r i k 88, T r e u e 151,155?5, V o l k s -

i4i.

Fraudulosus 3238,

Freundschaft

60.

122.

Gewohnheitsrecht 9, 587.

Zession.

Fremdbesitz

147.

101.

Gewaltenteilung

F o l t e r i 3 g , ι 4 ο , ιΐχΐ,

Frau,

J u r i s p r u d e n z 2 5.

i34.

Gesetzesstil, r ö m i s c h e r

162.

privat-

99.

Gesetzgebungs-Komitien

Forderungsabtretung

1935.

157.

Gemeinrechtliche

Gesetzblatt

E4O.

F i s k u s 1 2 1 , F i s k a l r e c h t 19 3 92· Rhetoren 57, 7 1 8 1 , 88. Rhodier i o 4 5 , 87, i 4 o . Ritterstand n 5 , i58, i63. Römisches Reich 53. R o m a c o m unis patria 76. Romulus 9610. Rücktrittsrecht i53. Rückwirkung i56.

Prozeßgesetze 6. Prüdentius

religiosae

18.

19.

Possessorium 51.

Prellen

chung

Rederecht

io3.

Pflichtteilsrecht 88, 106, 114, Philemon

121,

Tatsachenforschung

P f a n d r e c h t 7, 17, 47, 65, 160.

io3.

- Cognitionsprozeß

64.

i5i.

Pupillar-Substitution 5 i ,

S chuldenstreich u n g 109.

106.

S c h u l d Verhältnis 3 o . Schwabenspiegel 69.

Q Quaestionenprozeß 6, 63, 86, 139, Quaestor

i45.

i58.

Qualifikation

zur

Magistratur

115,

I 4 I .

Quare-Literatur

Witwe

Ratio 24, 68, ratio

i45.

Stil

55,

Veröffent-

scripta I 5 2 .

Gemeinschaft

47,

832,

- Orfitianum

i36,

Pegasianum

833,

Orfitianum

833,

i36, Vellaeanum 832,

Nichtrecht

Geschäft

142.

Senatorenstand n 5 , i 5 8 ,

14.

Fähigkeit 3o, 3o,

147, 93,

K e n n t n i s 163, K r i t i k 66, P o l i t i k 66,

Ma-

cedonianum

Trebellianum 833, Tertullianum

I52.

Rechts-Einheit 54,

Hosi-

dianum 2050, Juventianum 731,

Reallast 20, 26, 5o.

186

Selbstverwaltung 53, 99,

lichung 165, C l a u d i a n u m 8 3 2 ,

Rassische R e i n e r h a l t u n g 8 2 .

und

ι64·

i38.

Senatsbeschlüsse,

R

Recht

Seianus

Senat 7, 61, 62, 122.

i33.

Q u i n t i l i a n 77.

Realkontrakt

128.

Scribae 5 5 6 2 ,

Seltene W o r t e 55.

68.

Quart der armen

Scipio

i63.

S e m e l heres s e m p e r heres 66. Sempronius Tuditanus Seneca 4, 77,

i48.

1940.

833,

Septimius Servius

Severus 9 0 , ι 41.

Theodora

31,71.

ι42

Theophrast

Servitut 3o, 67, 88,

io4.

Servus publicus i 4 9

1 8 8

Tiberius

.

i4I,

60,

Todesstrafe Tötungsrecht

S i c h e r h e i t 1 6 2 ff.

kind

Sklaven

Sklaven

S k l a v e als res

i46f.

Societas 49, 101, Solidarschuld

48.

47.

Spengler, 0 .

89.

Spendensystem

Treue 72.

126. dauernde

1 2 1 δ 4

jur.

Klas-

Staat, der römische u n d

das

Übereignung, formlose

Staatsrecht

Staatspraxis 53,

und

aus

9 χ i28a }

99.

und

und

Verwaltungsrecht

19, staatsrechtliche L i t e r a t u r

19.

92,

Uber

2151,

Opiniones

Interesse

d i r e k t e 17, 20, 26, 6 6 ,

02.

io5.

Stoisches N a t u r r e c h t

24. ,

I38,

1/Ì7, i 5 6 .

169.

Straßenanliegerpflichten

67.

V

Strafrecht u n d Strafprozeßrecht 6, 21, 7

Vaterland Varrò

76.

19.

Veräußerungsverbot Verbindung,

21.

10/3.

Vermischung,

102.

Verba

et

Voluntas 88,

Vereine 101,

Sulla 60.

i43.

160.

Verfügungsbeschränkung io5.

Verheiratung

5911.

der

Verjährung Verkauf

Τ

von

Kindern

Verkehrssicherheit

129.

Verlöbnis

5of.

T a u s c h 11, 67.

Verschuldungsprinzip .

Tessera f r u m e n t a r i a 106. i33.

i63. 170.

Verteidigung i m Strafprozeß 20.

Testament 48, 108, Häufigkeit der richtung

i35.

171.

Verres 159,

Testiersitten

i35.

169.

Tarsos 90. 2 7

1 0 4.

Kinder

V e r h ö r des A n g e k l a g t e n r 3 9 f.

S y s t e m a t i s c h e B e s t r e b u n g e n 3 6 ff.

i3i

Verarbei-

t u n g 2 4.

53. solo cedit 87,

i36.

io4.

Utopie, staatsrechtliche

Stockwerkseigentum

C i , 6 3 , 8 6 , 118, I 3

1 0 0 3 1 , 11 4,

U r k u n d e 16, 87. Utilitas praedii

Symmachus

regularom

systematisches

39.

Unierhaltsansprüche

S t a n d p u n k t 2 2.

ιοη.

Superficies

Hebraismen

singularis

U n m ö g l i c h k e i t s l e h r e 2 4-

S t i p u l a t i o n s r e c h t 2 4.

Terentia

102.

T y r u s 77, 90,

Universalfideikommiß

i65.

Stundujngsvertrag

Geschäftsurkunde

90.

Ulpian

Staatskommissar

Tacitus

i48. 556δ.

U römische

Reich 53.

Sujet mixte

157.

'26. Tyrus

Straf klagen 52,

, ,

Typischer Inhalt der der

siker 54ff.

Stellvertretung,

i52.

i5iff.

Sprachgemeinschaft 74, 76.

Stadtrömischer

dem

101.

Trimalchio ι io

Gesetze,

Staatszeitung

Haus-

108.

Tubero 1941, 2ΐ

89.

26,

dem

gegenüber

147.

Treuverhältnisse,

110.

Sprache

Politik

i38,

T r i b u n i c i a potestas 63.

Spezifikation der

i34,

Trebatius Testa

der Klassiker

Sparsamkeit

gegenüber

Ii3,

Trajan 61,

io5f.

Sondersprache

124,

T r a d i t i o n 57ff., Ü b e r e i g n u n g : 24,

162.

Soldatentestament

97,

137.

Totale Polis i48.

6225,

i45.

Severische Dynastie 89.

Sklavenzahl, Rückgang

.

61,

Severus 62.

i45ff.

1 3 δ

67.

V e r t r a g 7, 3o, z u g u n s t e n Er-

189.

Dritter

66.

Verw raltungsrecht 1 9 L , 86. Vokabular der Klassiker Volesus

Messala

55.

i45.

187

Yolksgesetze 5ff., tion

Stil 54, 60,

Zeitablauf

Volksversammlung 60f., Vorrede,

Ζ

Publika-

i65. 116.

Zeno

i65.

Zentumviralgerichtshof 8690,

Stil 71.

Vorkaufsrecht

169.

der Miterben

102.

i65.

Zession 65. Zinsgesetze 6.

W

Zinsherabsetzungen Zitierfreudigkeit

W a h l s c h u l d 2 4. Wasserleitungen

2θ49».

Wasserrecht Weimarer

20.

Verfassung

Weltbürger

77.

Wille i43,

170.

Wirtschaft

Writ

188

29.

.

3o.

Zivilprozeß

21, 28, 63, 86,

3

,

147,

Züchtigungsrecht d. Gewalthabers

113.

i5o.

Zwangsinnungen gebundene

im

109.

Recht 17, 26.

Z w e i t e i l u n g des V e r f a h r e n s i m tions-Prozeß

45.

126.

121,

Zweck Recht 17,

109.

H. i3

167.

164.

68. und

Wirtschaft Wölfflin,

2

Juristen

Zitiergesetz

Zivität 53, 75,

Willenserklärung Windscheid

II

109113.

der

Zwölf

165,

Tafeln

169.

Cogni-

64. 5,

i4,

28,

70, 84,

i46,