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German Pages 659 [667] Year 1894
Philosophische Monatshefte. Unter
Mitwirkung
von
Prof. Dr. F r . A s c h e r so n , Bibliothekar an der UnivorHitfitshiblinthek zu Berlin,
s o w i e m e h r e r e r iiaiiili»(*tcii F a c l i s e l e l i r t e u r e d i g i r t und
herausgegeben
von
Prof. Dr.
Paul Natorp.
XXX. B a n d .
B e r l i n .
V e r l a g v o n G-eorg R e i m e r . 1894.
Inhaltsverzeichniss. I.
Abhandlungen und Aufsätze. Seite
Die natürliche Weltansicht. Von W. Schuppe Theorie der Typen-Eintheilungen. I. Von B. Erdmann . . In Sachen der Trieblehre. Von J. Duboc . . . . . . . Ein bisher noch unentdeckter Zusammenhang Kants mit Schiller. Von K. Vorländer Snbjective Kategorien in objectiven Urtheilen. Von Th. Lipps Theorie der Typen-Eintheilungeu. II. Von B. Erdmann . . Psychologische Studien zur elementaren Logik. I. Von E. G. Husserl Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. Mit besonderer Berücksichtigung von Kant und Schiller. 1. Von K. Vorländer Ansichten der experimentellen Psychologie. Von 0. Külpe Von der Unsterblichkeit der Seele. Von A. Spir . . . . De Rerum N a t u r a , von P . Carus Ueber Sokrates. Von P . Natorp Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. II. Von K. Vorländer Das System der Künste. Eine ästhetische Studie. Von 0. Kleinenberg Transcendentalpsychologie. Eine kritische Studie. Von W. Enoch Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. III. Von K. Vorländer
1 — 14 15—4!) 41) —.07 57—ii2 97—128 12!)—158 15!) IUI
225—280 281—294 295—30(1 307—318 337—371 371—405 457—505 506—534 534—577
II. Recensionen. 0. Apelt, Beiträge zur Geschichte der griechischen Philosophie. Von P . Natorp 62—81 A. Buüinger, Aristoteles Metaphysik in Bezug auf E n t stehungsweise, Text und Gedanken klargelegt bis in alle Einzelheiten. Von P . Natorp 81—83 F. Picavet, Les Ideologues. Essai sur l'histoire des idees et des theories scientifiques, philosophiques, religieuses etc. en France depuis 1789. Von E. König 83—92 E. de Boberty, Laphilosophie du sifecle. Criticisme-Positivismefivolutionnisme. Von E. König 191—193 J. Volkelt, Vorträge zur Finführung in die Philosophie der Gegenwart. Von K. Lasswitz 405—414 0. Harnack, Die klassische Aesthetik der Deutschen. Würdigung der kunsttheoretischen Arbeiten Schillers, Goethes und ihrer Freunde. Von E. Kühnemann 414—422 K. Fischer, Schiller als Philosoph. 2. Aufl.; und H. Falkenheim, K. Fischer und die literarhistorische Methode. Von E. Kühnemann 422—43U
IV Seitte L i t t e r a t u r b e r i c h t. I. J. Baumann, Geschichte der Philosophie Dach Ideengehalt und Beweisen, von J. Witte ; E. von Hartmann, Kants Erkenntnisstheorie und Metaphysik in den vier Perioden ihrer Entwicklung, von E. Melzer; B. Liebermann, Der Zweckhegriff bei Trendelenburg, von E. Meieer ; B. Erdmann, Logik, Bd. I, von A. Wernicke; J. M. Bosch, Das menschliche Mitgefühl. Ein Beitrag zur Grundlegung der wissenschaftlichen Ethik, von F. Jodl; W. Wundt, Ethik. Eine Untersuchung der Thatsachen und Geeetze des sittlichen Lebens, 2. Aufl., von F. Jodl; G. Mollat, Lesebuch zur Geschichte der Staatswissenschaft des Auslandes; dess. Lesebuch zur Geschichte der deutschen Staatswissenschaft von Kant bis Bluntschli, P. Barth I !);',—20.S II. H. Richert, Der Gegenstand der Erkenntniss, von 11. Lehmann; H. Bender, Ueber das Wesen der Sittlichkeit und den natürlichen Entwicklungsprocess des sittlichen Gedankens, von F. Jodl 318—322 III. J. Wolff, Ueber Lotzes Metaphysik, von E. Melzer-, E.G.Husserl, Philosophie der Arithmetik; J. E. Kuntze, G. Th. Fechner. Ein deutsches Gelehrtenleben, von A.Elsas-, Zur neueren Psychologie : Th. Ribot, Die Persönlichkeit , von Th. Achelis ; W. Paszkowski, Die Bedeutung der theologischen Vorstellungen für die Ethik, von F. Jodl; F. Traub, Die sittliche Weltordnung; eine systematische Untersuchung, von A. Deissmann ; H. Siebeck, Ueber die Lehre vom genetischen Fortschritte der Menschh e i t ; H. Lietz, die Probleme im Begriff der Gesellschaft bei A. Comte im Gesaramtzusammenhange seines Systems, von P. Barth 430—455 IV. F. Montargis, L'esthétique de Schiller, von E. Kühnemann 577—57!)
III. Verschiedenes. Neu eingegangene Schriften 93—94. 208. 323-324. 455. 580. Bibliographie von Prof. Dr. F. Ascherson 208-217. 325 -334. Recenäionen-Verzeichnias 218—223. Aus Zeitschriften 94. 223—224. 334-33G. 456. 581—582. Namen- und Sachregister zu Band I—XXX (1868-18943.
N a m e n - und S a c h r e g i s t e r zu den
Philosophischen Monatsheften Band I - X X X
(1868-1894).
Die »Philosophischen Monatshefte« erschienen seit 1868, die ersten sechs Bände semesterweise, die weiteren jährlich. Band I—VII sind herausgegeben von J. B e r g m a n n , V I I I - X 1 I von F. A s c h e r s o n , J. B e r g m a n n und E. B r a t u s c h e k , XIII—XXII von C. S c h a a r s e h m i d t , XXIII von P. N a t o r p und C. S c h a a r s c h m i d t , XXIV—XXX von P. N a t o r p . Das nachstehende R e g i s t e r enthält 1) sämmtliche Namen der Mitarbeiter sowie der Autoren, deren Schriften in diesen Bänden besprochen oder von denen sonst darin gehandelt ist. Die Mitarbeiter sind unter den Stichwörtern durch GROSSE BUCHSTABEN kenntlich gemacht; dabei sind jedesmal voran die Originalabhandlungen und sonstigen Beiträge, dann die Verfasser der besprochenen Schriften verzeichnet; die beigesetzte Nummer weist allemal auf den entsprechend numerirten Buchtitel unter dem Stichwort des recensirten Autors, wo übrigens stets auch der Name des Recensenten (in Klammern) angegeben ist. Das Register enthält 2) eine Anzahl sachlicher Rubriken und der Geschichte angehöriger Namen. Unter diesen sind in möglichst übersichtlicher Anordnung die Originalabhandlungen wie die besprochenen Schriften ihrem Inhalt nach verzeichnet; einer Originalabhandlung ist allemal der Autorname (in Klammern) nachgesetzt, während er dem Titel eines besprochenen Buches ohne Klammern voraufgeht. Die angewandten A b k ü r z u n g e n bedürfen meist keiner Erklärung. L bedeutet Lehre, her. herausgegeben, übs. übersetzt, Nekr. Nekrolog. Die Bezeichnungen Chr. Corr. Not. weisen auf die Rubriken Chronik, Correspondenz, Notizen (Kleinere Mittheilungen, Vermischte Nachrichten, Miscellen), die namentlich in den ersten Bänden oft sachlich Interessantes enthalten, daher im Register nicht zu übergehen waren. Die sehr zahlreichen Recensionen von Schaarschmidt sind mit (Sch.) bezeichnet; von demselben rühren ausserdem die ebenfalls zahlreichen nicht unterzeichneten kurzen Anzeigen in den von ihm redigirten Bänden her.
II
—CH. Budde, E. 1. A. T., Philosophie gegen naturwissenschaftliche Ueberhebung. Zurechtweisung des Dr. med. Stiebeling VIII 235. AM. Eine Stelle aus Schillers Don Carlos I 158. Abendroth, Robert, Das Problem der Materie. Beitrag zur Erkenntnisskritik u. Naturphilosophie (König) XXVII 327. Abhandlungen, Strassburger , zur Philosophie, E. Zeller zu seinem 70. Geburtstag (Sch.) XXII 176. Académie française. Die — und V. Cousin I 253. 414. ACHELIS, Ths., Psychologische Streitfragen. Mit bes. Rücks. auf Taine, De l'intelligence XVIII 321. Bewusst u. UnbewusstXX 492. Lotzes praktische Philosophie in ihren Grundzügen XXII 576. — Lehmann, R. 3. Ribot 10. Adam, Ch., Philosophie de Bacou (König) XXIX 89. Adamson, Rob., 1. Ueber Kants Philosophie, übs. v. Schaarschmidt (Volkelt) XVI596. 2. Fichte (Sch.) XVIII 398. Adickes, Erich, I. Kants Kritik der reinen Vernunft, mit Einl. u. Anm. her. (Berendt) XXVIII 208. Aesthetik. Schasler, — XXVI 23. Stöckl, Lehrb. der — XXVI1L 175. Stransky, Allg. — XXVI 170. Trautmann, L. v.Schönen XXV 170. Hartmann, Philos, des Schönen XXV 481. XXVI 17. Bergmann, Ueber das Schöne XXVII 161. Schweisthal, Das Princip des Schönen, Proleg. zur — XXVI 169. Köstlin, Proleg. zur — XXV11167. Begg, Studies in aesthetics XXVI 36. Rubinstein, Psychol.-ästh. Essays XV 438. XXII 411. Der wissenschaftliche Begriff der — (Hermann) VI 205. Guyau, Probl. de l'esthétique contemporaine XXVI 134. Fontana, Morale e estetica XXVII 547. Aesthetisch und schön (Groos) XXIX 531. Hoffmann, Kunst des ästh. Geniessens XXVI 173. Portig, Angewandte — XXVI174. Das Gesetz der ästh. Harmonie u. die Regel des goldenen
Schnitts (Hermann) VII 1. Vischer, Das optische Formgefühl, Beitr. zur — IX 89. Souriau, L'esth. du mouvement XXVII 559. Hermann, ästh. Farbenlehre XII 317. Biese, Zur — des Naturschönen XXVII 173. Göller, Zur - der Architektur XXVI 186. Ders., Entst. der archit. Stilformen XXVI 193. Bechler, Das Wesen der Architektur u. die Formenbildung der klass. Baukunst XXVI194. E n g e n der Tonkunst XXIII 421. Hermann, Die — in ihrer Geschichte u. als SyBtera XII 347. Die Gesch. der — u. ihre neusten Bearbeiter (Hermann) V 197. Stein, Die Entst. der neueren — XXVIII306. Lotze, Gesch. der — in Deutschland II 97. Harnack, Die klass. — der Deutschen XXX 414. Schmidt, Leibniz und Baumgarten, z. Gesch. d. deutschen — XIII 461. Cohen, Kants Begründung der—XXVIII416. Hartmann, Die deutsche — seit Kant XXIII 465. Neudecker, Zur Gesch. d. deutschen — seit Kant XVI 301. Weisses Syst. der - (Engel) VIII 193. Göbel, Zur Gesch. der — des Dramas XXIV '239. Der Begr. des Komischen in der mod. — (Hartmann) XXII 449. Affect. Paulhan, Les phénomènes affectifs XXIII 503. Ahrens, Heinrich (Nekr.) XI 45. Akademie der Wissenschaften, Berliner. Aus der - II 114. Vlll 239. Auszug aus dem Monatsbericht der kgl. — (Beigabe zu Bd. X). Alaux, J. E., Le problème religieux au 19. siècle (König) XXVII 364. Albertus Magnus. Hertling, - XVII 300. — in Geschichte u. Sage (ib.). Eudriss, — als Interpret der aristotelischen Metaphysik XXIV 112. Albinos. Freudenthal, — und Alkinoos XV 429. Alexander, Archibald, Some Problems of philosophy (Sch.) XXV 99. Alt, Theodor, System der Künste (Lipps) XXVII 176. Amersin, Ferdinand , Gemeinverständliche Weisheitslehre ; Wahr heits-, Klugheits- und Geschmackslehre XX 292.
III Anaxagoras. Heinze, Ueber den Aristotelicum XXI 387. Wallace, NoSs des - XXVII 477. Philosophy of — XVI 506. — und die Eleaten (Natorp) XXVI 1. 147. Anaximander. Neuhäuser, — XX Einminger, Die vorsokratischen Phi367. Lutze , Ueber das imetpov —s losophen nach den Berichten des — XIV 308. XIV 308. Zelle, Auff. der Logik bei Anblick. Liebmann, Ueber den objectiven — IV 414. — und Kant VI 319. Schuppe, Die Anhuth, Rob. Otto, Das wahnsinaristot. Kategorien VII 375. Biese, nige Bewusstsein und die unbewusste Erkenntnisstheorie des — u. Kants Vorstellung (Sch.) XIII 536. XIV 540. Bitter, Grundprincipien der Seelenlehre des — XVII 105. Anschauung. Masci, Le forme dell' Barco, Dell' anima vegetativa e senintuizione XX 57. sitiva XIX 226. — L. v. d. sinnl. Anthropologie. Grassmann, — XXI Erkenntnias in ihrer Abhängigkeit 2Ö5. Zwei Versuche einer speciil. Bevon Plato iBiach) XXVI 270. Neugründung der — (Johnson) VIII 296. häuser, — L. v. d. sinnl. ErkenntnissBärenbach, Proleg. zu einer anthropol. Philosophie XV 282. Das anthropol. vermögen u. s. Organen XV 73. Baeumker, L. v. d. äuss. u. inn. Grundprobl. der Philos. (Balenbach) Sinnesvermögen XIV 429. Issigonis, XVI 209. Lombroso, L'anthropologie Theorie des Sehens u. d. Sinne übh. criminelle XXVII 497. Aubry, La XVII 105. Dembowski, xombv ala&rjcontagion dn meurtre. Etüde d'a. zrÎQiov u. »v¡x6ç XVIII 431. Elfes, criminelle XXVII 499. doctr. de mente XXV 604. Luthe, Antoniades, Basilius, Die StaatsBegr. u. Aufg. der Metaphysik des — lehre des Thomas ab Aquino (Melzer) XXII 119. Thema u. Disposition der XXVIII 365. Metaph. (Natorp) XXIII 37. 540. Apelt, Otto, 1. Ueber den ParmeniBullinger, — Metaph. in Bez. auf des des Plato. XVII494. 2. Beiträge Entstehungsweise, Text u. Gedanken zur Geschichte der griechischen PhiXXX 81. Bullinger, Des — Erhabenlosophie (Natorp) XXIX 62. heit über allen Dualismus XIV 309. Appel, Heinrich, Die Lehre der Scholastiker von der Synteresis (Melzer) — L. v. d. Einheit u. VerschiedenXXIX 621. heit der Zeit (Gotschlich) IX 285. Apperception. Lange, Ueber—XVI Eucken, — Anschauung von Freund182. Bertrand, — du corps huiuain schaft u. Lebensgütern XXIV 107. par la conscience XX 561. Werthschätzung von evyéveia und nXovroç bei Sokratikern u. PeripateArbes, Joh., Meine Forschungen im tikern (Rausch) XX 449. Kirchmann, Geb. des Geistes (Jung) XVII 503. Aristokratie, Die, des Geistes als Erl. zu — Politik XVII 301. Bénard, L'esthétique d'A. XXVIII85. Bernays, Lösung der socialen Frage (Jodl) XXII Zwei Abh. üb. d. aristot. Theorie des 267. (Melzer) XXIII 505. Dramas XVI 618. Dehlen, - u. d. Aristoteles. Grant, —, übs. v. Imelruann XIV 373. — in s. Bed, fiir die Tragödie XXIII 622. Manns, L. v. d. tragischen Katharsis u. Hamartia Philos. der Gegenwart (Hermann) X XX 622. 241. Teichmüller, Aristotelische Studien III 133. Essen, Z. Lösung der Arndt, E. M. (Brief v. Hülsmann) arist. Frage XXIII 629. - Topik u. VII 20. Sophist. Widerl. übs. v. Kirchmann, ARNIM, Hans von. Cumont 1. m. Erl. XIX 619. — Psychology in Lewinski 1. Ribbeck 1. greek and english XVIII 491. — Arnim H. von, Quellenstudien zu Metaph. übers, v. Bonitz XXVII 620. Philo v. Alexandria (Natorp) XXVI61. Freudenthal, Die durch Averroes erARNOLDT, Emil. Tobias 1. haltenen Fragm. Alexanders zur MeArnoldt, E., Kants Jugend u. die taph. XXIII 223. — Politik gr. u. fünf ersten Jahre seiner Privatdocendtsch. v. Susemihl XV 394. Bonitz, tur (Sch.) XVIII 238. Index Aristotelicus VI 228. ComArréat, Lucien, 1. La morale dans mentaria in Ar. XVIII 488. Suppl. le drame, l'épopée et le roman (Sch.)
IV XXI 503. 2. dass., 2. A. (Lipps) XXVII 548. ASCHERSON, Ferdinand. Vom Journalistentage I 248. Aus der Berliner Akademie der Wissenschaften II 114. Die Säcularfeier Schleiermachers II 416. — Bastian 1. Twesten 1. — Bibliographie. Asher, David, Das Endergebniss der Schopenhauerschen Philosophie in s. Uebereinstimmung mit einer der ältesten Religionen (Sch.) XXII 122. Asmus, P. 1. Das Ich und das Ding an sich. Geschichte ihrer begrifflichen Entwickelung in der neuesten Philosophie (Becker) IX 395. 2. Die indogermanische Religion in den Hauptpunkten ihrer Entwickelung. Ein Beitrag zur Religionsphilosophie. 1. Bd. (Lambert) XI 355. Association. Stricker, Studien über — der Vorstellungen XIX 421. Ferri, Sulla dottrina psicologica dell' associazione XV 495. Ferri, La psychologie de l'association depuis Hobbee jusqu'à nos jours. Histoire et critique XX 273. Schönlank, Hartley und Priestley, die Begründer des —ismus in England XIX 223. Astronomie. Du Prel, Kampf ums Dasein am Himmel. Versuch einer Philosophie der — XIII 139. XX 426. Huber, Zur Philosophie der — XIV 375. Secchi, Die Grösse der Schöpfung XXI 299. Atheismus. Schaarschmidt, Der — XVI 115. Schmid, Unbewusster — XVII 501. Atom. Zum — Mythus (G. Knauer) XI 463. Die —e kein Mythus (L. Weis) XII 62. Hansemann, Die —e u. ihre Bewegungen VI 222. Wiessner, Das — oder das Kraftelement der Richtung, als letzter Wirklichkeitsfactor XI 322. Wiessner, Vom Punkt zum Geist XV 155. Atomismus. Dynamismus und — (Hartmann) VI 187. Pfaff, Entwicklung der Welt auf atomistischer Grundlage XX 148. Aubiy, Paul, La contagion du meurtre. Étude d'anthropologie criminelle (Wernicke) XXVII 499. Auffarth, A., Die Platonische Ideenlehre (Siebeck) XX 134. Aufklärung. Montesquieu und Car-
tesius. Ein Beitrag zur Geschichte der französischen —sliteratur IV 1. Müller, G. van Swieten ; zur Gesch. der — in Oesterreich XXI 428. Aufmerksamkeit. Ribot, Psychol. de l'attention XXVI 225. Aufsätze, Philosophische, Zeller z. seinem 50j. Doetor-Jubiläum gewidmet (Cohen) XXIV 257. Augustinus. Storz, Philos. des — XX 3U7. Scipio, Des — Metaphysik im Rahmen seiner Lehre vom Uebcl XXIV _ 109. Melzer, - s Lehre v. Causulitätsverhältniss Gottes zur Welt XXIX 365. Christinnecke, Causalität u. Entwicklung bei -- XXIX 364. Kahl, Die Lehre vom Primat des Willens bei —, Duns Scotus u. Descartes XXIV 110. Avenarius, Richard, 1. Kritik der reinen Erfahrung (Barth) XXV11I478. 2. Der menschliche Weltbegriff (Barth) XXVI11 622. Averroes. Die Religionsphilosophie des — (Merx) XI 145. Baader. Darstellung und kritische Beleuchtung der neuesten Apologie —s (Frauenstädt) 1468. — und Schelling (Hoffmann) II 75. Hoffinann und Rosenkranz über — und Hegel in einer amerikanischen Zeitschrift (Chr.) II 120. Franz von - und Douent Dr. G. Hagemann (Hotfmann) II 398. Hegel, K. Rosenkranz und Baader (Hoffmann) III 1. 93. 185. — (Corresp. von H.) IV 71. —s Theismus und mein angeblicher Sernipantheismus (K. Rosenkranz) VII267. 313. Kurze Darstellung der Philosophie — s (Baumann) XIV 321. Bacmeister, Alb., Der Pessimismus und die Sittenlehre, m. bes. Ber. E. v. Hartmanns. Beitrag zur christlichen Apologetik (Sch.) XX 280. Bacon. Adam, Philos. de — XXIX 89. Heussler, — u. s. geschichtliche Stellung XXVII 209. Natge, - s Formenlehre XXIX 87. Valdarini, Classificazione delle umane conoscenze secondo - XVIII 179. BÄRENBACH, Friedrich von, Das anthropologische Grundproblem der Philosophie XVI 209. - Du Mont 1. Schneider, G. H. 4. Baerenbach, F. von, 1. Das Problem
V einer Naturgeschichte des Weibes XIV 183. 2. Heider als V o r g ä n g e r Darwins (Weis) XIV 272. 3. Gedanken über die Teleologie in der N a t u r XIV 375. 4. G r u n d l e g u n g der kritischen Philosophie. l . T h e i l ( R i c h t e r ) X V 282. B ä r t h o l d , Alb., Lessing und die objective W a h r h e i t XIII 536. BAEUMKER, Clemens. Die Ewigkeit der W e l t bei Plato XXIII 513. — Marbach 1. B a e u m k e r , C., 1. Des Aristoteles Lehre von den äusseren und inneren Sinnesveimögen (Neuhäuser) XIV 429. 2. Das Problem der Materie in der griechischen Philosophie ( N a t o r p ) X X V I I 458. 3. Beiträge zur Gesch. der Philos. des Mittelalters 1 1. 2 (Melzer) XXIX 366. BAHNSEN, Julius. Zur Kritik des Kriticismus. Ein W o r t wider die überspannten Kriticisten VI 349; Erwid e r u n g von Frauenstädt V l l 47; Replik von B. VII 144. A n d e u t u n g e n über die Arten des Seins VII 214. Bahnsen, J u l i u s , 1. Beiträge zur Charakterologie. Mit bes. Ber. pädagogischer F r a g e n ; 2. Zum Verhältnisg zwischen Wille und Motiv. Eine metaphysische V o r u n t e r s u c h u n g zur Charakterologie (Hartmann) IV 378. H. Zur Philosophie der Geschichte. Eine kritische Besprechung des HegelHartmannschen Evolutionismus aus Schopenhauerschen Principien (Volkelt) VIII 282. 4. Das Tragische als Weltgesetz und der Humor als ästhetische Gestalt des Metaphysischen. Monographien aus den Grenzgebieten der Realdialektik (Jung) XIV 304. 5. Der Widerspruch im Wissen und Wesen der W e l t . Princip und Einzelb e w ä h r u n g der Realdialektik (Hartmann) XVII 227. Bahnsch, F r d r . , Des Epicureers Philodenius Schritt neui arhueiu>y X V I 120. Bain, A l e x a n d e r , 1. J a m e s Mill. A b i o g r a p h y ; 2. John S t u a r t Mill. A criticism with personal recollections (Sch.) X V I I I 417. 3. Practical Essays (Sch.) X X I I 120. Ballet, Gilbert, Le l a n g a g e intérieur et les diverses formes de l'aphasie (Ziehen) XXIV 612. Baltzer, A., Spinozas E n t w i c k l u n g s -
gang, bes. nach seinen Briefen (Land) XXVI 76. Baltzer, J. Bapt., Ueber die A n f ä n g e der Organismen und die Urgeschichte des Menschen (Gilles) III 490. BARACH, Carl Siegmund. Ueber die Philosophie des Giordano Bruno XIII 40. 179. Miscelle zu P e t r a r c a XVII 191. — Chiappelli 1. Liard 2. Mamiani 1. Masci 1. Neuhäuser 1. Vogt, l'h. 1. Barach, C. S., 1. Bibliotheca Philosophorum mediae aetatis I. Bernardi Silvestris de mundi universitate libri duo (Sch.) XIII 85. II. XIV 537. 3. Kleine philosophische Schriften (Sch.) XIV 169. ß a r c o , G i a m b a t t . , Aristotele dell' anima vegetativa e sensitiva, saggio di interpretazione (Heussler) XIX 226. Bardenhewer, O t t o , 1. Ueber den Ursprung des von den Scholastikern benutzten Textes des Buches de cuusis XV 440. 2. Liber de causis bearb. (Sch.) XX 410. B A R T H , Paul. Avenarius 1. 2. Fester 1. Lietz 1. Mollat 2. 3. Siebeck 4. Weisengrün 2. Barthélemy St.-Hilaire, J . , 1. De la métaphysique. Introd. à la métaphysique d'Ariatote XVI 305. 2. La philosophie dans ses rapporta avec les sciences et la religion (König) XXVII 364. Barzellotti, Giacomo, 1. La morale nella filosofia positiva. Studio critico (T.) VII 430. 2. Le condizioni presenti della filosofia e il problema della morale XIX 115. Basedow. Gössgens, Rousseau und — ; S c h m i d , — u. die Entw. seiner pädagogischen Ideen X X V i l i 115. B a s t i a n , A., 1. Beiträge zur vergleichenden Psychologie (Ascherson) I 409. 2. Die heilige Sage der Polynesier X V I I I 247. 3. Zur n a t u r wissenschaftlichen Behandlungsweise der Psychologie durch und für die Völkerkunde ; 4. Religionsphilosophilosophische Probleme auf dem Forschungsfelde buddhistischer Psychologie u. vergi. Mythologie XXII 306. 5. Die Seele indischer u. hellenischer Philosophie in den Gespenstern moderner Geisterseherei (Hochegger) X X I I I 3 6 0 . 6. Ueber psychische Beob-
VI a c h t u n g e n bei Naturvölkern (Ziehen) XXVII 232. B A U M A N N , Job. Julius. Kurze Darstellung der Philosophie Franz von Baaders XIV 321. Die klassische Moral des Katholicismus XV 449. Historische u. kritische Bemerkungen zum Zweckbegriff XVI 25. Ad. Smiths allgemeine Ansichten über Menschen und menschliche Verhältnisse XVI 385. W u n d t s Lehre vom Willen u. sein aniiuistischer Monismus X V I I 5 5 8 . XIX 354. Zum Gedächtniss Lotzes X V I I 613. Zwei Beiträge zum Verständniss Kants X V I I I 257. — N a t o r p 1. Sommer 1. 2. 3. Baumann, J . J., 1. Die Lehren von B a u m , Zeit und M a t h e m a t i k in der neueren Philosophie (Hermann) IV 425. 2. Handbuch der Moral nebst Abriss der Rechtsphilosophie (Kirchner) XVII 343. 3. Religionsphilosophie auf modern - wissenschaftlicher G r u n d l a g e h r . von — (Sch.) XXIII 337. 4. Ueber die Aufgabe unserer Universisäten (Ziegler) X X V I 244. 5. Piatons Phädon philosophisch e r k l ä r t u. durch die späteren Beweise f ü r die Unsterblichkeit e r g ä n z t (Natorp) X X V I I 615. 6. Geschichte der Philosophie nach Ideengehalt und Beweisen (Witte) XXX 193. Baumeister, A., Gymnasialreform und Anschauung im klassischen Unterricht (Ziegler) XXVI 235. Baumgarten. Schmidt, Leibnizu. —, Beitr. z. Gesch. d. Aesthetik XIII 461. BAUR, August, Eduard Zeller als Religionsphilosph. Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik der neueren Religionsphilosophie X X V I 5 3 6 . Pierre Jurieu (Peter J u r ä u s 1637 -1713) als Staatsphilosoph XXIX 385. — Runze, G. 4. Zöller 2. B a x , Ernest B e i f o r t , Kants Prolegomena and metaphysical foundation of n a t u r a l science transl. w i t h a biog r a p h y and introduction (Sch.) XXI 302. BAYRHOFFER, K. G . , Ueber den g e g e n w ä r t i g e n S t a n d p u n k t der Philosophie III 334. IV 286. 351. Beaussire, fimile, Les principes du droit (Tönnies) XXVI 370. Bechler, E r n s t , Das Wesen der Architektur und die Formenbildung
der klassischen Baukunst ( Lipps ) X X V I 194. Beck, Jos., Encyklopädie der theoretischen Philosophie (Sch.) XIII 137. Becker, A u g u s t , Ueber die tragische Schuld und die poetische Gerechtigkeit (Frauenstädt) VI 64. Becker, Joh. Karl, Briefwechel zwischen A. Schopenhauer und Joh. Aug. Becker (Sch.) XX 416. BECKER, J. P . , E. Zellers Angriff auf das Moralprincip K a n t s XXIV 529. BECKER, Th. Asmus, P. 1. B e e c h e r , Charles, Spiritual manifestations XV 506. Beethoven's 100jährige Geburtstagsfeier (Chr v. Gumprecht u. Engel) VI 245. Begg, W . Proudfort, The developuient of taste and other studies in aesthetics (Lipps) X X V I 36. Beglinger, J o h a n n e s , Das W e l t gesetz oder neue Theorie der allgemeinen Schwere (Weis) X X I I I 599. Begriff. W a s ist - ? (Knauer) XVII 542. Bedeutung der psychologischen — sanalyse (Hoppe) IV 85. 169. Belck, W a l d e m a r , Gesch. des Montanismu8. Religionsphilos. Studie (Sch.) XXI 4 ¿4. Bénard, Ch., L'esthétique d'Aristote et de ses successeurs (Döring) XXVIII 85 Bender, Hedwig, Ueber das Wesen der Sittlichkeit und den natürlichen Entwicklungsprocess des sittlichen Gedankens (Jodl) XXX 320. B E N D E R , Wilhelm. Carriere 2. Gallwitz 1. Keibel 2. Orphal 1. Runze 1. Vorbrodt 1. Bender, W . , 1. Schleiermacheis Theologie (Gass) X I I I 2 5 7 . 2. Schleiermacher und die F r a g e nach dem Wesen der Religion XIV 178. 3. Wesen d. Religion und d. Grundgesetze d. Kirchenbildung (Staudinger) X X V 93. Benedict, Zur Psychophysikd. Moral u. d. Rechts (Kühtmann) XIX 98. Beneke'sche S t i f t u n g III 88. Benloew, Louis, Les lois de l'histoire (Lehmann) X V I I I 623. Benseier, Der Optimismus des Sokrates bei Xenophon u. Piaton gegenüber den pessimistischen Stimmen in der älteren griechischen L i t t e r a t u r (Kleist) XIX 437.
VII Bentivegni, Adolf von, Die Hypnose und ihre ciyilrechtliche Bedeutung (Ziehen) X X V I I 496. Bentley, Richard. J e b b , — XXIil 623. B E R E N D T , M. Adickes 1. D a u r i a c l . Grosse 1. Kappes 1. Schmidt, Arn. 1. S t ö r r i n g 1. W a h l e 4. Zeitschel 1. Berendt, M., Die rationelle Erkenntniss Spinozas (Lülmann) XXVI 613. Bergedorf, Max, F a u s t u. das christliche Volksbewusstsein ( S c h ) XIX 313. Berger, H e r m a n n , Die Herbart-Zillerschen Grundsätze in ihrer Anwend u n g auf den Religionsunterricht R e g l e r ) XXVI 114. B e r g e r , Moritz, Der Materialismus im K a m p f e mit dem Spiritualismus und Idealismus (Melzer) XX 622. Bergk, Theodor, Fünf Abhandlungen zur Geschichte der griechischen Philosophie und Astronomie hr von G. Hinrichs (Sch.) XX 606. Bergmann, E. A., Hermaea. Studien zu Lessings theologischen und philosophischen Schriften (Sch.) 619. BERGMANN, Julius, Programm. I. p. III. Kritische G r u n d l e g u n g zur Metaphysik 11. Julius Schaller (Nekr.) I 434. Ein fliegendes B l a t t Michelets 1483. Der Realismus v. Kirchmanns I I 206. 299. Ueber eine neue Theorie der Zeit (Vortr.) VIII 39. Zur E r i n n e r u n g an J. Hülsmann I X 352. Wissenschaft und Leben (Rede) XIII 161. Die Erkenntniss aus dem praktischen Selbstbewusstsein. Eine Kritik XVI 225. Einige Bemerkungen zu R. Lehmanns Aufsatz: Ueber das Verhältniss des transcendentalen zum metaphysischen Idealismus XVIII 39. Spinoza (Vortr.) X X I I I 1 2 9 . — Bergmann, J. 1. El venich 1. Fortlage 1. George 1. Granella 1. Grapengiesser 1. Harms 1. 9. H a r t m a n n 1. 2. Hebler 1. Hoffmann, F. 1. Hollenberg 1. Hoppe, J. 1 Knauer, G. 1. Köstlin 1. Landau 1. Liebmann 1. Meyer, J. B. 1. Müller, Mor. 1. Olawski 1. Pfleiderer, E. 5. Quäbicker 2. Reinhold 1. Schacht 1. Schmid, F. X. 1. Thaulow 1. Weber, Th. 1. _ B e r g m a n n , J., 1. Grundlinien einer Theorie des Bewusstseins (Selbstanz.) V 208. 2. Reine Logik (LaBson) XVI 338. 3. Sein und E r k e n n e n (Lasson)
X V I I 3 5 2 . 4. Das Ziel der Geschichte XVIII 102. 5. Materialismus und Monismus XIX 242. 6. Die Grundprobleme der Logik (Rabus) XIX 396. 7. Ueber das Richtige (Sch.) XX 153. 8. Ueber den Utilitarianisnius (Sch.) XX 565. 9. Vorlesungen über Metaphysik ( Ü b e r h o r s t ) XXV 477. 10. Ueber das Schöne. Analytische u. hist.-kritische Untersuchungen (Lipps) X X V I I 161. 11. Geschichte der Philosophie 1. Bd. (Glogau) XXIX 76. —s Theorie des Bewusstseins im Verh. zur Hegelschen Philosophie(Bratusehek) VI 330. BERGSON. Ribot 2. Berkeley. F r ä s e r , Seleclions from — XXI 298. Spicker, K a n t , Hiime und — X I I 337. Janitsch, K a n t s Urtheile über — XVI 116. Ueberwegs Kritik der —sehen Lehre ("Simon, Hoppe, Schuppe) V 142. Zur Kritik der —sehen Lehre (Ueberweg) V 416. Zu Ueberwegs Kritik der —sehen Lehre (Hoppe) VII 385. Bernardus Silvestris, De mundi universitate libri d u o , her. v. Barach und Wrobel (Sch.) X I I I 85. Bernays, Jakob, 1. Ps.-Philo Ueber die Unzerstörbarkeit des W e l t a l l s übers. (Sch.) XIII 298. 2. Lucian und die Kyniker (Sch.) XV 180. 3. Zwei Abhdlg. über die aristotelische Theorie des D r a m a (Sch.) X V I 618. 4. Phokion und seine neueren Beurtheiler XVIII 98. Bernstein, Julian, Die mechanische Theorie des Lebens, ihre Grundlagen und Erfolge (Ziehen; X X V I I I 243. Berthold, Gerhard, J o h n T o l a n d und der Monismus der G e g e n w a r t (Sch.) X I I I 135. BERTLING, O., H a r t m a n n 7. Liebm a n n 1. Schmidt, O. 1. Schultze, F. 3. B e r t l i n g , O., Die E r k e n n b a r k e i t Gottes. Grundlinien einer philos. Apologie des christlichen Glaubens (Sch.) XXIII 113. Bertrand, Alex., L'apperception du corps humain par la conscience (Lehniannj XX 561. Besser, Leop., Der Mensch und seine Ideale XV 440. Betz, J. H., 1. Spinoza en de vrijheid (Sch.) XIII 524. 2. Het Spiritisme, een zoogenoemd wetenschappelijk vraagstuk (Sch.) XIX 244.
VIII Bewegung. Uebet relative und abs o l u t e - ( L i e b m a n n ) V I I I 97. E n t g e g n u n g auf L i e b m a n n s A b h a n d l u n g ( K n a u e r ) I X 81. H o p p e , S o h e i n b e w e g u n g e n X V I 551. U e b e r — s w a h r n e h m u n g e n ( P h i l i p p i ) X I X . 175. Beweis. U e b e r d a s Beweisen u n i seine G r e n z e n ( J ü n g e r ) X X I I 193. B e w u s s t s e i n . Michelis, Philos, des — X I V 279. B e r g m a n n , G r u n d l i n i e n e i n e r T h e o r i e des — V 208. Bcitr. z u r T h e o r i e d e s — ( B ö h m ) X I I 145. V ö l k e l , Das V e r n ü n f t i g e u . das Bew u s s t e in der N a t u r X I V 625. W a h l e , G e h i r n u. — X X I I I 617. B e w u s s t u. ü n b e w u s s t (Achelis) X X 492. Cols e n e t , La vie i n c o n s c i e n t e de l ' e s p r i t X V I I I 386. Ochorowicz, B e d i n g u n g e n des B e w u s s t w e r d e n s X I 267. B o u r r u e t ß u r o t , V a r i a t i o n s d e la p e r s o n n a lité X X V I 94. B i n e t , A l t é r a t i o n s de l a p e r s o n n a l i t é X X I X 495. Ribot, M a l a d i e s de la p e r s o n n a l i t é X X I I 367. D e s s o i r , D a s D o p p e l - I c h X X I X 495. B e y d a , H r c h . F r d r . T h e o d . , Sein u n d W e r d e n (Melzer) X X I I 625. B e y e r s d o r f f , R o b e r t , Die R a u m vorstellungen. Metaphysische Unters u c h u n g e n XVI11 109. B I A C H , Adolf, Aristoteles L e h r e von d e r s i n n l i c h e n E r k e n n t n i s s in i h r e r A b h ä n g i g k e i t von P l a t o X X V I 270. B i c k e l l , G u s t . , Der P r e d i g e r ü b e r d e n W e r t h d e s D a s e i n s (Sch.) X X I I 1 2 1 . B i e d e r m a n n , G u s t a v , 1. P h i l o s o p h i e als B e g r i f f s w i s s e n s c h a f t ( W e i s ) X I V 500. 2. E i n B l ä t t e r b u c h X V I 371. з . Philos, d e s Geistes (Melzer) X X I I I 476. 4. P h i l o s o p h i e der G e s c h i c h t e (Sch.) X X I I I 625. Bierendempfel, Descartes als Gegner des Sensualismus und Materialismus ( E u c k e n ) X X I I 431. Biese, A l f r e d , 1. Die E n t w i c k l u n g d e s N a t u r g e f ü h l s bei d e n Griechen и. R ö m e r n (Sch.) X X I I 305. 2. Das M e t a p h o r i s c h e in d e r d i c h t e r i s c h e n P h a n t a s i e . Beitr. zur v e r g l e i c h e n d e n P o e t i k ; 3. DaB A s s o c i a t i o n s p r i n c i p u. d. A n t h r o p o m o r p h i s m u s in d. A e s t h e t i k . Beitr. zur A e s t h e t i k des N a t u r s c h ö n e n ; 4. Die E n t w i c k l u n g des N a t u r g e f ü h l s im M i t t e l a l t e r u n d d e r N e u z e i t (Lipps) X X V I I 172. Biese, R e i n h o l d , 1. Die E r k e n n t n i s s t h e o r i e des A r i s t o t e l e s u n d K a n t s
( P r e d e r i c h s ) X I V . 540. 2. G r u n d z ü g e moderner Humanitätsbildung. Ideale u. N o r m e n (Ziegler - » X X V 110. Bilharz, S. A l p h o n s , 1. Der heliocentrische S t a n d p u n k t der W e l t b e t r a c h t u n g (Weis) X V I I 59; R e p l i k von B. X V I I 803. ' 2. E r l ä u t e r u n g e n zu K a n t s Kr. d. r. V. ( W i t t e ) X X I I I 97. B I L L E W I C Z , J o s e p h von. S u m m a rische Darstellung der Fundamentalsätze d e r K. F. E. T r a h n d o i f F s c h e n P h i l o s o p h i e als B e i t r a g zur E n t s c h e i d u n g des K a m p f e s z w i s c h e n G l a u b e n u n d W i s s e n X X I 561. Binde, Rob., 1. D a s Soll u n d H a b e n der Menschheit. Kritische Einleitung in die P h i l o s o p h i e d e r G e s c h i c h t e ( J u n g l X V I I 502. 2. B e t r i f f , U r t h e i l u n d S c h l u s s in i h r e r g e m e i n s a m e n W u r z e l . Beitr. zur e r k e n n t n i s s t h e o r e tischen L o g i k (Melzer) X X I V 596. B i n e t , A l f r e d , Les a l t é r a t i o n s d e la p e r s o n n a l i t é (I)essoir) X X I X 495. Binz, C., U e b e r den T r a u m ( B ö h m ) X I V 370. Binzer, C. A. L. von, I n s t i n c t , V e r s t a n d u n d Geist bei M e n s c h e n u n d T h i e r e n (Sch.) X X I I 306. Biologie. G r a s s m a n n , L e b e n s l e h r e oder — XXI243. Spencer, Principien d e r - X I V 105. B l e n c k e , F r . , Die T r e n n u n g des Schönen vom A n g e n e h m e n in K a n t s Kritik der Urtheilskraft (Kühnemann) X X V I I 442. BOAS, F., U e b e r d e n U n t e r s c h i e d s s c h w e l l e n w e r t h als ein Maass d e r I n tensität psychischer V o r g ä n g e X V I I I 367. Boeckh, A., E n c y k l o p ä d i e u n d Methodologie der philologischen Wissens c h a f t e n ( V a i h i n g e r ) X I V 299. E. C u r t i u s zum G e d ä c h t n i s s e von B r a n d i s u n d — (Chr.) 180. — als P l a t o n i k e r ( B r a t u s c h e k ) I 257. BÖHM, K a r l , B e i t r ä g e zur T h e o r i e des B e w u s s t s e i n s X l l 145. Zur T h e o r i e des G e d ä c h t n i s s e s u n d der E r i n n e r u n g X I I I 481. D u p l i k ( g e g e n Horwicz) X I V 240. — Hinz 1. D i t t m a r 1. S p i t t a 1. Böhme, J a k . , M a r t e n s e n , - X I X 230. B ö h m e r , H., D. S i n n e s w a h r n e h m u n g in i h r e n p h y s i o l o g i s c h e n u n d p s y c h o logischen Gesetzen. E i n e p h y s i o l o gische G r u n d l a g e d e r A n t h r o p o l o g i e ( H o f f m a n n ) I 224.
IX Bosch, J. M., Das menschliche Mitg e f ü h l . E i n Beitrag; zur G r u n d l e g u n g d Wissenschaft. E t h i k (Jodl) X X X 204. Böse, Das. Kym, Das Probien) des Bösen V 403. Keift', Das — X VIII 100. Bolin, W i l h e l m , L. F e u e r b a c h , sein W i r k e n u. seine Zeitgenossen (Jodl) X X V I I I 471. Bolliger, Adolf, 1. Das P r o b l e m der Ca usali t a t XV 500. 2. A n t i - K a n t oder E l e m e n t e der Logik. Physik u. E t h i k (Kreyenbiihl) XX 128. BOLTZ, Aug. S p a t h a k i s 1. Steint b a i 2. Bonaventura, Nachtwachen, s. Schelling. B O N H Ö F F E l l , Adolf. Sehmekel 1. B o n h ö t f e r , A., E p i k t e t und die Stoa. U n t e r s u c h u n g e n zur stoischen P h i l o s o p h i e ( R i t t e r ) X X V I I I 217. B o n j e a n , Albert, L ' h y p n o t i s m e , ses r a p p o r t s avec !e d r o i t et la t h é r a peutique; la suggestion mentale (Ziehen) X X V I I I 24-1. B o n i t z , H . , 1. Index Aristotelicus ( B r a t u s c h e k ) VI 228. 2. A r i s t o t e l e s M e t a p h y s i k iilis., aus dem N a c h l . hr. von W e l l m a n n ( N a t o r p ) XXV11 620. — üb. d. G y n i n a s i a l u n t e r r i c h t (Chr.) I 77. R e d e von - (Chr.) II 114. B O R E L I U S , J. J. Ueber den Satz des W i d e r s p r u c h s und die B e d e u t u n g der N e g a t i o n X V I I 385. Die Philosophie Boströius und ihre S e l b s t a u f l ö s u n g XXI 235. — Ed fei dt 1. 2. N y b l a e u s 1. 2. Borelius, J. J., 1. E n blick pii den n u n a r a n d e filosoflen i T y s k l a n d X V I 114. 2. Dass. d e u t s c h von J o n a s (Sch.) X X I I I 480. B o r g e a u d , C h a r l e s , J. J. Rousseaus Religionsphilosophie. U n t e r B e n u t z u n g bisher n i c h t v e r ö f f e n t l i c h t e r Quellen (Sch.) X X I 627. Boström , Chr. J . , —s P h i l o s o p h i e (Mätzner) I I I 203. Die Philosophie —s u n d ihre S e l b s t a u f l ö s u n g , zugl. Bericht über bez. S c h r i f t e n von E d f e l d t und N y b l a e u s (Borelius) X X I 2 8 5 . Zöller, G o t t e s b e g r i f f - s X X V I I 90. B o t h m e r , Max Graf von, und M. Carriere, Melchior Meyr. B i o g r a p h i sches. Briefe. G e d i c h t e X I 36. Bourdeau, L., T h e o r i e des sciences. P l a n de science i n t é g r a l e ( R a b u s ) X X 159.
Bourru, H., e t Burot, P., V a r i a t i o n s de la p e r s o n n a l i t é (Ziehen) X X V I 94. Braasch, E., C o m p a r a t i v e D a r s t e l l u n g des R e l i g i o n s b e g r i f f s in den versch. Auflagen der S c h l e i e r m a c h e r schen »Reden« (Eucken) X I X 440. B r a d l e y , F. H . . T h . p r i n c i p l e s of logic (Lasson) X X I I I 307. B r ä u t i g a m , Ludw., Leibniz u. Herb a r t über die F r e i h e i t des m e n s c h lichen W i l l e n s (Sch.) X I X 627. Braid, J., Der H y p n o t i s m u s Ausgew. S c h r i f t e n , deutsch von W . P r e y e r XX 438. B r a i g , C a r l , Die Z u k u n f t s r e l i g i o n des Unbewussten u. das P r i n c i p des S u b j e c t i v i s m u s . A p o l o g e t i s c h e r Versuch (Sch.) X X I 410. Brandis. E. Curtius, Zum G e d ä c h t nisse von — und Boeckh (Chr.) I 80. B r a n d t , Paul, Zur E n t w i c k l u n g der p i a t o n i s c h e n L. von den S c e l e n t h e i l e n ( N a t o r p ) X X V I I 486. Brasch . M o r i t z , 1. M e n d e l s s o h n s Schriften hr. (Sch.) X V I I I 95. 2. Die K l a s s i k e r d e r Philosophie (Sch.) X X I I 432. 3. Ges. Essays und C h a r a k t e r köpfe zur neueren Geschichte u n d Litt e r a t u r (Sch.) X X I I I 624. 4. Schopenh a u e r s W e r k e m i t Einl. etc. in 2 Bdn. ( L e h m a n n ) X X V I I I 616. Vgl. U e b e r w e g 3. B R A T U S C I I E K , E., A u g u s t Boeckh als Platon.iker I 257. F r i e d r . Schleierm a c h e r II 1. K u n o Fischer u n d T r e n d e l e n b u r g V 279. B e r g m a n n s T h e o r i e des Bewusstseins im V e r h ä l t n i s s zur H e g e i s c h e n P h i l o s o p h i e (Vortr.) VI 330. W o r i n b e s t e h e n die u n z ä h l i g e n A t t r i b u t e der S u b s t a n z bei S p i n o z a ? V I I 193. W i e Hegel P l a t o a u s l e g t und b e u r t h e i l t V I I 433. Adolf T r e n d e l e n b u r g V I I I 1. 305. Der Positivismus in der W i s s e n s c h a f t X I 48. S u m m i in p h i l o s o p h i a h o n o r e s X I I 2 4 1 . R. P r u t z V o r t r ä g e ü b e r die d e u t s c h e L i t t e r a t u r d e r G e g e n w a r t (Chr.) I 140. Die S c h u l r e f o r m b e w e g u n g (Chr.) I I I 424. 517. IV 123. Die P h i l o s o p h i e als o b l i g a t o r i s c h e r G e g e n s t a n d d e r S c h u l a i n t s p r ü f u n g X 17. 49. Das Seminar f ü r Gymnasien und Realschulen in Giessen X I I 416. E i n S t r e i t R. Z i m m e r m a n n s und F r a u e n s t ä d t s (Not.) X 9 6 . F. K. L o t t (Nekr.) X 144. Worte der Erinnerung an Georg 1*
X Weissenborn X 231. H. Ahrens (Nekr.) X I 4 5 . Schlusswort zum 9. Bande IX 472. Schlusswort XII 488. — Bonitz 1. Bratuschek 1. Caspari3. Funck-Brent a n o 1. H a r m s 3. L o r t z i n g l . Müller, Mor. 2. Stein, H. von 1. Teichiuöller 1. Bratuschek, E . , 1. Der U n t e r r i c h t in der französischen G r a m m a t i k an der Realschule. Versuch zur Lösung der Realschulfrage (Selbstanz.) V 73. Braun , Heinrich , Socialpolitisches Centralblatt (Diehl) XXIX 360. BRENNECKE, Adolph, Kurzgefasste Darlegung und B e u r t h e i l u n g der von Leibniz aufgestellten Beweise für das Dasein Gottes V 42. BRENTANO, Franz. Herr Horwicz als Recensent XI 180. Brentano, F r a n z , Psychologie vom empirischen S t a n d p u n k t 1. Band. (Rehmcke) X I I 1 3 . — Die Einheit des Bewusstseins mit Rücksicht auf die Psychologie —s (Kreyenbühl) XII 71. —s Reform der Logik (Enoch) XXIX 433. B r o c h a r d , V i c t o r , Les seeptiques grecs (Natorp) XXVI 61. Brodbeck, Ad., Mensch u. Wissen. Untersuchung über die anthropologischen Grundfragen der Erkenntnisstheorie (Henniger) XXI 425. Brucken, II. von, gen. F o c k , Das Wesen Gottes und der W e l t , ihre Begründung und die geschichtliche E n t w i c k e l u n g der Idee über beide (Weis) VIII 518. Brunnhofer, Herrn., G. Brunos W e l t a n s c h a u u n g und Verhängniss (Sch.) XIX 301. Bruno, Giord., De umbris idearum, ed. nov. cur. S. Tugini (Marelle) II 407. Tocco, - - XXIII 619. H. v. S t e i n , Lehre u Person —s XX 304. Brunnhofer, —s W e l t a n s c h a u u n g und Verhängniss XIX 301. Neues über — (Chr.) II 487. Ueber die Philosophie —s (Barach) X I I I 40. 179. BRÜNS, Ivo. Elfes 1. Buchwald, Georg, Der Logosbegrifl des Jo. Scotus Erigena (Sch.) XXII120. Budde, E., Bemerkungen zu Zöllners Buch über die N a t u r der Kometen (-ch) IX 391. Buddhismus. Kern, Der — u. seine Geschichte XXI 624. Bastian, Reigionsphilosophisches zum — X X I I
306. S i n n e t t , Die esoterische Lehre oder Geheimbuddhismus XXI 615. Büchner, Ludw., Die Macht der Vere r b u n g u. ihr Einfluss auf den moralischen u. geistigen F o r t s c h r i t t der Menschheit (Hennigor) XX 298. Bullinger, Ant., 1. Des Aristoteles E r h a b e n h e i t über allen Dualismus etc. XIV 309. 2. Aristoteles Metaphysik in Bez. auf E n t s t e h u n g s w e i s e , Text und Gedanken (Natorp) XXX 81. B u r c k h a r d t , F e r d i n a n d , Die Vorstellungsreihe. Psychologisch - pädagogische Skizze (Ziegler) XXVI Iii). Burger, Anton, Systematische Glied e r u n g der l'adagogik Kants (Ziegler) XXVIII 114. Burger, K o n r a d , Beitr. zur Beurt h e i l u n g Condillacs (Richter) XXIII 626. Burot, P., s. B o u r r u , H. BUSCH, Otto. H. K. Frh. v. Leonhardi (Nekr.) XI 385. Busch, O t t o , A. Schopenhauer. 2. Aufl. XV 625. BUSS, E , Montesquieu und Cartesius. Beitr. z. Gesch. der französischen A u f k l ä r u n g s l i t t e n i t u r IV 1. Buys, Lucien, 1. La science de la q u a n t i t é (Rabus) XV1I1 167. 2. Géométrie, la science de l'espace (Rabus) XX 415. Bywater, J., Heracliti Ephesii reliquiae (J.) XIII 296. Caesar, J u l . , Chr. Wolff in Marb u r g XVI 114. Caird, Edward, 1. The social philosophy and religion of Comte (Sch.) XXII 375. 2. The critical philosophy of 1. K a n t (König) X X V I U 323. Camerer, Theod., Die Lehre Spinozas (Sch.) XIII 524. Cantoni, Carlo, 1. Corso elementare di filosofia Vol. I ; 2. Vorlesungen geh. im lomb. Institut in Mailand (Eberty) VIII 207. 3. Em. K a n t (Lasson) X V U 260. X X I I 500. Capesius, .1.. Die Metaphysik Ilerbarts (Sch.) XVI 170. Caporali, Enrico, La Nuova Scienza XX 440. Carneri, B., E n t w i c k l u n g u. Glückseligkeit. Ethische Essays (Jodl) XXIV 103. Caro, E., 1. Problèmes de morale
XI sociale (Jodl) XIII 286. 2. M. Littré et le positivisme XIX 489. Carrau, Ludovic, 1. Etudes sur la théorie de l'évolution aux points de vue psychologique, religieux et moral (Sch.) X V I 106. 2. La philosophie religieuse en Angleterre depuis Locke j u s q u ' à nos jours (Heussler) XXVI495. C A R R I E R E , Moriz. Begriff und Tliats.iche der sittlichen W e l t o r d n u n g . Zur Verständigung mit A. Lasson u. K. v. H a r t m a n n XV 352. (Jarriere, ¡VI. 1. Die sittliche W e l t cirdnung (L.isson) XIV 594. 2. Jesus Christus und die Wissenschaft der Gegenwart (Bender) XXV 472. 3. Die sittliche W e l t o r d n u n g 2. A. (Wernicke) XXVIII 361. 4. Lebensbilder (Wernicke) X X V I I I 3 6 5 — S. auch Bothmer. Cartesius s. Descartes. CARUS, P n u l , Die Religion der Wissenschaft. Eine Skizze aus dem philosophischen Leben Nordamerikas. XXIX 257. De Rerum N a t u r a XXX 307. Carus, P. 1. Metaphysik in Wissens c h a f t , E t h i k u. Religion XIX 221. 2. Ursache, Grund u. Zweck (0. Lehmann) XXI 430. 3. The soul of man, an investigation of the facts of physiological and expérimental psychology (Ziehen) XXVIII 489. Oaspari, Otto, 1. Die I r r t h ü m e r délai tclassischen Philosophen in ihrer Bedeutung f ü r das philosophische Pi incip (Quäbicker) II 475. 2. Leibniz Philosophie beleuchtet vom Gesichtsp u n k t der physikalischen Begriffe von K r a f t und Stoff (Hoffmann) IV 431. 3. Die Urgeschichte der Menschheit mit Rücksicht auf die n a t ü r l i c h e E n t w i c k l u n g des frühesten Geisteslebens (,Bratuschek) IX 296.334. 4. Die Giundprobleme der E r k e n n t n i s s t h ä t i g k e i t 1. Bd. Die philosophische Evidenz ( M e i n o n g ) X l V 5 4 . 5. 2.Theil (Kreyenbühl) XVI 554. 6. Das Erkennlnissproblem (Rabus) XVIII 175. 7. Lotze in seiner Stellung zur Geschichte der Philosophie (Kirchner) XX 436 vgl. 567. Cathrein, Victor, Moralphilosophie. Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen einschl. der rechtlichen Ordn u n g (Melzer) XXIX 233. Cattell, J a m e s Mc Keen, s. Fullerton, G. S.
Cauer, P., Die E n t s t e h u n g der Moral XIX 441. C a u e r , Paul, 1. Unsere Erziehung durch Griechen und R ö m e r ; 2. Staat und Erziehung. Schulpolitische Bedenken (Ziegler) XXV11I 101. Causalität. Bolliger, Das Problem der — XV 500 2. Ueb. d. vermeintl. Unbegreiflichkeit der — (Wille) IX 1. Das Causalgesetz in seiner rein logischen und in seiner realen Form (Planck) XIV 257. Planck, Logisches Causalgesetz und natürliche Zweckt h ä t i g k e i t XV 65. König, Entw. des Causalproblems XXVIII 195. Cesca, Giovanni, 1. La teorica della conoscenza nella filosofia greca (Natorp) XXV 488. 2. L'insegnamento secondario classico; 3. L'insegnamento della pedagogia nelle facoltà di filosofia e lettere ; 4. Dell' educazione morale (Ziegler) XXIX 117. Charakterologie, s. Bahnsen. Chemie. Meyer, Bestrebungen u. Ziele der wissenschaftlichen - XVII 183. Chiappigli, Alessandro. 1. Della interpretazione panteistica di Platone (Barach'I XIX 592. 2. Sul c a r a t t e r e t'ormale del principio etico (Sch.) XXI 417. 3. La dottrina della realtà del mondo esterno nella filosofia moderna p r i m a di K a n t (Natorp) XXIV 461. 4. Sui f r a m m e n t i e sulle dottrine di Melisso di Samo ( N a t o r p ) XXVII 476. Christ, W. v., Gedächtnissrede auf Karl von P r a n t l (Natorp) XXVI 104. Christenthum. Hollenberg, Beitr. christl. Erkenntniss VII 431. Maass, Christi. Philosophie XX 180. Hamb e r g e r , Aufschi. üb. d. Geheimnisse des — III 157. Schüz, Philos. u. — X X I 101. Carriere, Christus u. die Wissenschaft XXV 472. Romumlt, Vernunft als — XX 3U5. Radenhausen, — ist Heidenthum X V I I I 434. K a h n i s , Vorh. d. a l t e n Philos. z. — X X I I 389. Michelis, Bed. des Neuplatonismus f d. E n t w . der christl. Speculation XXIV 108 Seydel, Das Evang. von Jesu im Verh. zu Buddha XX 289. Schrempf, Die christl. W e l t a n s c h a u u n g u. Kants sittlicher Glaube X X V I I I 6 0 3 . Justus, Das - im Lichte der vergi. Sprach- u. Religionswiss. XXI 427. Happel, Das — u. die vergi.
XII Religionsgeschichte XXI 434. Hartm a n n , Die Selbstzersetzung des — u. d. Religion der Z u k u n f t XI 97. H a r t m a n n , Krisis des — XVII 477. Christinnecke, J o h . , Causalität u. E n t w i c k l u n g in der Metaphysik Augustins (Weber) XXIX 3ö4. Class, G., Ideale und Güter. Untersuchungen zur Ethik (Staudinger) X X I I I 449. Classen, August, Ueber den Einfluss K a n t s auf die Theorie der Sinnesw a h r n e h m u n g u. die Sicherheit ihrer Ergebnisse (Natorp) XXIV 229. COHEN, Hermann. Zur Orientirung in den Losen Blättern aus Kants Nachlass XXVI 287. F. A. L a n g e (Nekr.) XII 46. Zur faktischen Ber i c h t i g u n g XXVI 118. — Aufsätze, Philos. E. Zeller gewidmet (Ree.). Cohen, H., 1. Kants Theorie der E r f a h r u n g (Riehl) V I I I 212. 2. Kants Begründung der E t h i k (Knauer) XIV 403. 3. Piatons Ideenlehre und die M a t h e m a t i k XV 428. 4. Das Princip der In6nitesimalmethode und seine Geschichte (Elsas) XX 556. 5. Kants Theorie der E r f a h r u n g 2. A. (Staudinger) X X I I 402. 6. K a n t s Begründ u n g der Aesthetik (Kühnemann) XXVIII 416. Colerus, J . , Leven van Spinosa. Nieuwe Uitgave XVII 301. Colsenet, E d m o n d , La vie inconsciente de l'esprit (Sch.) X V I I I 386. Comenius, Didactica m a g n a übs. v. P a p p e n h e i r a ; Kvacsala, — Leben u. S c h r i f t e n ; Vrbka, Leben u. Schicksale des — ; Monatshefte der ComeniusGesellschaft (Ziegler) X X I X 101. Commer, Ernst, System der Philosophie. 1. Abth. (Witte) XX 292. Communismus. Freiheit oder — ? (Schellwien) I 35.89.169.350. Királyi, Betrachtungen über Socialismus und — III 497. Comte, Aug., Positive Philosophie im Auszug von Jules R i g , übers, v. Kirchmann (Sch.) X I X 493. XX 422. G r u b e r , — , Leben n. Lehre X X V I I 223. Caird, The social philosophy and religión of - XXII 375. Lietz, Probleme im Begriff der Gesellschaft bei — XXX 454. Concil. Janus, Der Papst und das — (Corr.) IV7 73. L i t e r a r i s c h e s bez.
des —s (Corr.) I V 336. 509- - und Zeitschrift der Cogitanten IV 517. Das Verhältniss des vaticanischen —s zur Philosophie VIII 271. Condillac, t r a i t é des sensations publ. par P i c a v e t (Sch.) X X I I I 616. Burger, Zur B e u r t h e i l u n g - s X X I I I 627. Conradt, C., D i l e t t a n t e n t h u m , Lehrerschaft und V e r w a l t u n g in unserm höheren Schulwesen (Ziegler) X X V I I I 100. Conta, B., Théorie du fatalisme. Essai de philosophie matérialiste (Sch.) XIV 109. Continuität. Zum Problem der — (Lasswitz) XXIV 9. Contradictorisch, Conträr. Knauer, Conträr und Contradictorisch (Bergmann) I 233. Cook, Webster, The Ethics of Bishop Butler und I m m a n u e l Kant (Zipgler) XXVI 618. Cornelius, C. S., 1. Ueber die Ents t e h u n g der W e l t m. bes. Rücks. aut die Frage, ob unserem Sonnensystem, namentlich der Erde und ihren Bewohnern ein zeitlicher A n f a n g zugeschrieben werden muss (Johnson) V I I I 533. 2. Zur Theorie der Wechselwirkung zw. Leib u. Seele (Flügel) XVI 181. Coste, Adolphe, Les conditions sociales du bonheur et de la force (Sch.) XXIII 626. Courmont, Frédéric, Le cervelet e t ses fonctions (Ziehen) XXIX 356. Cousin, V., Die Académie française und - (Chr.) I 253. 414. Criminalogie. Garofalo, La — XXVI 372. Lombroso, L'anthropologie criminelle XXVII 497. Lombroso, Nouv. rech, d'anthrop. crim. XXIX 233. Féré, Dégénérescence et criminalité XXVII 498. A u b r y , La contagion du meurtre XXVII 499. Oumont, Francisons, Philonis de a e t e r n i t a t e mundi ed. (Arnim) XXVIII 402. Ciirtius, E„ Zum Gedächtnisse von Brandis und Boeckh (Chr.) I 80. Czolbe, Heinrich. Die drei Phasen des —sehen Naturalismus (Vaihinger) XII 1. D a h n , Felix, Bausteine. Ges. kl. Schriften (Melzer) XX 620.
XIII P a l l w i g . Fr , Der K a m p f zw. Glauben u. Wissen. Ein W o r t zum Frieden (Sch.) X X I V 105. Danzel, Th. W., und Guhrauer, G. E., G. E. Leasing. Sein Leben u. seine W e r k e . 2. Aufl. hr. von W. v. Maitzahn u. R . Boxbeiger (Sch.) X V I I 489. Darwin. B ä r e n b a c h , Herder als Vorgänger —s X I V 272. Strümpell, Bedenken gegen — X I V (116. Huber, — s Lehre kritisch betrachtet I X 139. Vgl. Romanes. Darwinismus. Dieterici, — im 10. u. 19. J h d t . X I V 548. Piatonismus u. — (Liebmann) I X 441. Häckel, Nat. Schöpfungsgesch. I I I 398. Vogel, Häckel u. die monistische Weltanschauung X I I I 536. Schneider, Der m en schl. W i l l e v. Stdp. des — X X 109. Schmid, Die D.'schen T h e o r i e n ; Dreher, Der — u. s. Consequenzen X I X 235. 236. Gizycki, Philos. Consequenzen der D.'schen Theorie X I I I 391. W i g a n d , Der — ein Zeichen der Zeit X V 547. Wigand u. d. (Weis) X I I I 277. Sittlichkeit u. (Gaspary) V I I 359. Graue, — u. Sittlichkeit X V I 503. Elfeid, Religion u. - X I X 494. Dauriac, Lionel, Le réalisme de Reid (Berendt) X X V I I I 228. Debay, A„ Philosophie du mariage. Etudes sur le bonheur, l'auiour, la fidélité etc. (Hartsen) X 481. Definition. Rethwisch, Begriff der — X V I I I 433. R i c k e r t , Zur Lehre von der — X X V I I 358. Liard, geom. und empirische — X X V 360. De G r e e f , Guillaume, Introd. à la sociologie (Tönnies) X X V I I I 444. Dehlen, A . , Die Theorie des Aristoteles u. die Tragödie der antiken, christlichen, wissenschaftlichen W e l t anschauung (Sch.) X X I I I 622. Deisenberg, W . , Theismus u. Pantheismus XV1I1 438. D E I S S M A N N , A. Traub 1. Do la Forge. S e y f a r t h , — u. der Occasionalismus X X V 241. Delboeuf, J . , La matière brute et la matière vivante ( W e r n i c k e ) X X V I I I 96. D E L F F , H. K. Hugo, Die Methodik der philosophischen Wissenschaft I I I 449. Delff, H. K. H., 1. Ueber den W e g
zum Wissen u. zur Gewissheit zu gelangen (Sch.) X X 42. 2. Grundzüge der Entwicklungsgeschichte der Religion (Sch.) X X I 43. 3. Die Hauptprobleme der Philos, und Religion (Melzer) X X V 619. Dembowski, Joh., Quaestiones Aristotelicae duae (Heussler) X V I I I 431. Di'inokrit. Lortzing, über die ethischen Fragmente —s I X 291. Kahl, Demokrit-Studien X X V I I 87. Demologie, philosophische V I I I 139. Denken. Uphues, Wesen des — X V I I 4 5 0 . Schuppe, Das menschl. — VII 375. Jessen, Physiol. des menschl. —s I X 427. Psychol.-metaph. Analyse der Grundgesetze des — s (Struve) X I I 110. Das — nach realistischer Auffassung (Kirchinann) I 437. Müller, Lect. on thescience of thought X X VIII 353 W i t t e , Anschaulichkeit in den Sinnen und im — X V 434. Das natiirl. — auf Grund des Analogieschlusses (Zahlfleisch) X X V I 513. Die W o r t klassen u. ihre Bed. für die L. vom — (Hermann) I X 273. S p i r , — u. Wirklichkeit X I V 352. D'Ercole, Pasquale, II teismo filosofico cristiano teoricamente e storicamente considerato (Sch.) X X 631. Descartes. K. Fischer, — X V 401. Mahaffy, — X V I I I 430. L i a r d , — X I X 594. Natorp, — Erktheorie X V I I I 595. Stock, — Grundlegung der Philos. X X V 626. L. Fischer, Cogito ergo sum X X V I I 626. Bierendempfei, — als Gegner des Sensualismus u. Materialismus X X I I 4 3 1 . Koch, Psychologie — X V I I I 161. Kahl, P r i m a t des Willens bei Augustin, Duns Scotus u. — X X I V 110. Elvenich, Beweise f. d. Dasein Gottes nach — 1 506. Hann, Spinoza u. — X I I I 524. Sommer, Lockes Verh. zu — X X I V 489. Geil, Abhängigkeit Lockes von — X X I V 490. De Fries, Lockes Substanzenlehre u. — X V I 507. Montesquieu u. — (Buss) IV 1. Descendenzlehro. Spitzer, Beitr. zur — X X I I I 595. N ä g e l i , Theorie der Abstammungslehre X X I 47. Kühl, Die — u. der neue Glaube X V I I 280. Despine, Prosper, Psychologie naturelle. Étnde sur les facultés intellectuelles et morales (Johnson) V 442. Dessaignes, J . P., Études de l'homme
XIV moral fondéeB sur les r a p p o r t s de ses facultés avec son organisation (Melzer) XX 296. Dessaritis, Elias , Die Psychologie u. Pädagogik des Plutarch (Ziegler) X X V I 210. Dessauer, M., Der Sokrates der Neuzeit und sein Gedankenschatz. Lichtstrahlen aus Spinoza (Sch.) XIII524. DESSOIR, Max. Binet 1. Dessoir, Das Doppel-Ich (Ziehen) X X V I I 362. Deter, Chr. G. Joh , Kurzer Abriss dur Geschichte der Philosophie VIII 92. Determinismus. Zur W i d e r l e g u n g des — (Sch.) XX 193. Deubler, Konrad, Tagebücher, Biog r a p h i e u. Briefwechsel hr. von DodelP o r t (Sch.) X X I I I 621. Deussen, Paul, 1. De Piatonis Sop h i s t a ( U e b e r w e g ) III 47:5. 2. Elemente d. Metaphysik (Weis) XIV 161. 3. Das System des Vedânta (Sch.) XX 49. 4. Elem. d. Metaphysik 2. A. (Witte) X X V I I I 620. ü o w e y , J o h n , Leibniz New Essay conc. h u m a n understanding. A critical exposition (Sch.) X X V t 96. Dialektische Methode. H a r t m a n n , Ueber die I 393. Erwiderung auf Miclielets Kritik meiner Schrift über die — (Hartmann) I 502. Diderot. Noch einmal — (Rosenkranz) I 50. Dietfenbach, L., Der menschliche Wille u. seine Grundlagen, die Freiheit des Willens u. die Zurechnung v Wernicke) XXIV 358. DIEI1L, Karl. Braun, II. I. Gerlach 1. Hasbach 1. Oncken 1. Simmel 1. Diels, Herrn., Simplicii in Arist. l'hys. libros ed. XVIII -188. Dieterich, Konrad 1 K a n t und Newton (Sch.) XIII 288. 2. K a n t und Rousseau (Sch.) XV 409. 3. Grundzüge der Metaphysik (Sch.) XXII 286. Dieterici, F r d r . , 1. Der Darwinismus im 10. u. 1!). Jlidt. X I V 548. 2. Die Philosophie der Araber im III. J h d t . (Sch) XV 430. 3. Die sog. Theologie des Aristoteles, h r . , desgi. 4. übs. mit Anm. (Sch.) XX 145. D l L l ' H E Y , Wilhelm. Ueber das Studium der Geschichte der Wissenschaften vom Menschen, der Gesells c h a f t und dem S t a a t XI 118. 241.
D i l t h e y , W . , 1. Leben Schleiermachers (Hülsmann) V 338. 2. Einl. in die Geisteswissenschaften 1. Bd. (Eucken) XX 120 ( W i t t e ) X X I I 99. з. Dichterische E i n b i l d u n g s k r a f t u. W a h n s i n n (Lipps) X X V I 346. Ding an sich. H a r t m a n n , Das — и. s. Beschaffenheit (Eyfferth) VII 162. Asmus, Das Ich u. daB — in der neuesten Philosophie (Becker) IX 395. Diogenes v. Apollonia. Die schriftstellerische T h ä t i g k e i t des - (Geil) XXVI 257. Dionysios v. Alexandreia. Roch, — Schrift über die N a t u r (Sch.) X X I 629. D1TTMAR, Karl. Langer, P. 1. Dittinar, K., Vorlesungen über Psychiatrie für Studirende und Aerzte (Böhm) X I V 601. Dodel-Port, Arnold, Konrad Deubler. Tagebücher, Biographie u. Briefwechsel (Sch.) X X I I I 621. DÖRING, August. Ueber den Begriff des naiven Realismus X X V I 385. Bemerkungen zu E. v. H a r t m a n n s Aufsatz »Zum Begriff des naiven Realismus« X X V I I 38. — Benard 1. Döring, A., 1. Ueber den Begriff der Philosophie XV 87. 2. Grunziige der allgemeinen Logik (Rabus) XVII 150. 3. Philos. Güterlehre. Untersuchungen über die Möglichkeit der Glückseligkeit u die w a h r e Triebfeder des sittlichen Handelns (Jodl) X X V I 440. Doherty, Hugh, Philosophie organique. L'homme et la n a t u r e (Lehmann) XVIII 432. DORNER, A. Veeck 1. Dorner, A., Das menschliche Erkennen. Grundlinien einer Erkenntnisstheorie u. Metaphysik (Knauer) XXV 585. Drama. H a r t m a n n , Aphorismen über das — VI 64. Draper, J. W i l l . , Geschichte der Conflicte zwischen Religion u. Wissenschaft X V I 496. Dreher, Eugen, 1. Beiträge zu einer exaeten Psychophysiologie X V I I 181. 2. Ton und W o r t mit Uezug auf das Musikdrama R. W a g n e r s X V I I I 502. 3. Der Darwinismus u. s. Consequenzen in wissenschaftlicher u. socialer Beziehung (Kirchneri XIX 236. 4. Ueber den Z u s a m m e n h a n g der N a t u r k r ä f t e
XV (Seih.) X X I I 1 2 2 . 5. Ueber den Begriff der K r a f t ni. Her. des Ges. v. d. Erh a l t u n g d. K r a f t (Jünger) XXII 623. 6. Physiologie der Tonkunst (Lipps) X X V I I 5ti4. Dlrews, Arthur, I. E. v. H a r t m a n n s Philosophie und der Materialismus der modernen Kultur (Melzer) XX VIII 96 2. Die deutsche Spéculation seit Karat m. bes. Rücksicht auf das Wesen des Absoluten u. die Persönlichkeit Gotites (Melzer) XXIX 024. 1).obiseh. M. W . , Kants Dinge an »ich u. sein E r f a h r u n g s b e g r i f f ( K n a u e r ) X X I 479. DROSSBACH, Maximilian. Eine Untiers, üb. d. W a h r n e h m b a r k e i t der Erscheinungen u. d. Unwahrnehnibarkeit der Wesen XI 40!. 433. Dirossbach. M., 1. Ueber Erkenntnis.« ( F r a u e n s t ä t t ) III 40. 2. Ueber die verschiedenen Grade der Intelligenz und der Sittlichkeit in der Natur (Sch inid) IX 167. 20. 3. Ueber K r a f t und Bewegung (Sch.) XVII71. 4. Ausg a n g s p u n k t u. Grundlage der Philosophie (Weber) XIX Gl«. Droz, Edouard, Etude sur le scepticisme de Pascal considéré dans le livre des pensées (Sch.) XXII 615. D r u s k o w i t z , H., 1. Moderne Versuche eines Ileligionsersatzes (Staudinger) XXIV 237. 2. Wie ist Vera n t w o r t u n g und Zurechnung ohne A n n a h m e der Willensfreiheit mögl i c h ? (Wernicke) XXIV 358. DUUOC, Julius, In Sachen der T r i e b l e h r e XXX 49. Duboc, J., 1. Der Optimismus als W e l t a n s c h a u u n g u. s. religiös-ethische Bedeutung für die Gegenwart (S . . . d) X V I I I 181. 2. Die Tragik vom Standp u n k t e des Optimismus, mit Bez. auf die moderne Tragödie (Sch.) X X I I I 445. 3. Grundriss einer einheitlichen T r i e b l e h r e vom S t a n d p u n k t e des Det e r m i n i s m u s (Jodl) XXIX 330. Du Bois-Reyniond, Emil, 1. Voltaire u. Goethe als Naturforscher (Chr.) I 150. 2. Die Grenzen d. N a t u r e r k e n n e n s (Weis) X 403. 3. Sieben W e l t r ä t h s e l (Weber) X I X 80. — Th. Weber, — ; Kritik seiner Weltansicht XXII 515. Du Bois Reymond, P a u l , Ueb. d. G r u n d l a g e n der Erkenntniss in den exacten Wissenschaften (Elsas) XXIX 67.
Dühring, E., 1. Kritische Geschichte der Philosophie (Hermann) III 480. 2. 2. Aufl. (Riehl) XI 165. — Zur Charakteristik der »Gesinnungs-Philosophie« (Meinong) XI 452. Vaihing e n Hartmann, — und Lange (Lasson) XIII 218. Du Marchie v;in Vooi thuysen , H., Nagelaten Geschritten, uitg. door A. G. de Geer (Land) XXIV 207. 581. D Ü M M L E R . Ferdinand. Geil 3. Lukas 1. Meyer, P. 1. Simson 1. Diimniler, F., 1. Akademika, Beitr. zur Litteraturgesch. der sokratischen Schulen (Natorp) XXVI 458. 2. Chronologische Beilläge zu einigen platonischen Dialogen ¡IUS den Reden des Isokratea (Natorp) XXVII 4*4. Du M o n t , Etnerich, Das Weib (Berenbach) XVI11 312. Duns Scotus. K a h l , Lehre vom P r i m a t des Willens bei Augustin, — u. Descartes (Richter) XXIV 110. Du Péan, Ch. Alf., Recherches philosophiques et psychologiques sur la n a t u r e de l'homme e t l'être vivant XVIII 249. Du Prel, Karl Frh. v., 1. Der Kampf ums Dasein am Himmel. Versuch einer Philos, der Astronomie (Sch.) X I I I 139. 2. Entwicklungsgesch des Weltalls (Weis! XX 426. 3. Philos, der Mystik (Sp'itta) XXIII 103. Durdik, Jos., Leibnitz und Newton. Versuch üb. 9. Ü. D. Probl. d. Uebels u. d. Theodicee (Kirchner) X X I 422. 4. D. Grundfragen der Erkenntnisstheorie. Grundlegung des krit. Realismus (Melzer) X X I V 597. 5. Theorie der Gesichtswahrnehmung (Münsterberg) X X I X 227. Fischer, J . C., Das Bewusstsein. Materialistische Anschauungen (Schmolke) X 282. 381. Fischer, K u n o , 1. Anti-Trendelen-
XX b ü r g (Qnäbicker) IV 408. 2. Gesch. d. n e u e r e n P h i l o s o p h i e . 1,1. D e s c a r t e s 3. A. (Sch.) XV 401. 3. I, 2. Spinoza. 3. A. (Sch.) X V I I 101. 4. Lessing als R e f o r m a t o r d. deutschen L i t t e r a t u r (Sch.) X V I I 489. 5. G. d. n. P h . I I I . IV. K a n t u. s. L e h r e ( W i t t e ) X I X 27b. 6. Goethes I p h i g e n i e (Lipps) X X V I 345. 7. G. d. n. P h . II. III. I V . 3. ed. (Lasswitz) X X V I I I 611. 8. Schiller als Philosoph ( K ü h n e m a n n ) X X X 422. T r e n d e l e n b u r g , — u. s. K a n t IV 236. T r e n d e l e n b u r g s log. U n t e r s , u. i. G e g n e r ; K r i t i k d e r Wissenschaftsl. — s ( K y m ) IV 435. G r a p e n g i e s s e r , K a n t s L. v . R a u m u . Z e i t ; — u. T r e n d e l e n b u r g V 273. — u. T r e n d e l e n b u r g ( B r a t u s c h e k ) V 279. Krause, K a n t w i d e r — X X I I 300. F a l k e n h e i m , — u n d die l i t t e r a r h i s t . M e t h o d e X X X 422. F i s c h e r , L u d w i g , 1. G r u n d r . des Systems d. Philos. als B e s t i m m u n g s lehre ; 2. Cogito e r g o sum (Zahlfleisch) X X V I I 6Ü5. 626. Flegel, J . , A. G ü n t h e r s D u a l i s m u s v. Geist u. N a t u r (Knoodt) X V I 4 9 1 . F l i n t , R o b e r t , 1. T h e p h i l o s o p h y of h i s t o r y in E u r o p e Vol. I ( H e r m a n n ) X I 107. 2. T h e i s m . XIV 176. 3. Antit h e i s t i c theories (Sch.) XV 612. 4. Vico (Sch.) X X I I 116. F l o u r n o y , T h . , M é t a p h y s i q u e et Psychologie ( W e r n i c k e ) X X V U I 352. FLÜG EL, Otto, Cornelius 2. Lange, P h . K., 1. L o t t 1. Thilo 2. F l ü g e l , O., 1. Die S e e l e n f r a g e m. Rücks. auf d. n e u e r e n W a n d l u n g e n gewisser n a t u r w i s s e n s c h . Begriffe (Sch.) XIV 524. 2. Die specul. T h e o l o g i e d. G e g e n w a r t (Sch.) X V I I I 304. 3. Die Probi, d. Philos. u. i h r e Lösungen (Sch.) X X V I 368. 4. Seelenfrage, 2. A . ( S c h . ) X X V I I 361. F o c k e , R u d o l f , Ueb. d. Wesen d. Seele (Sch.) X X I 297. F o n t a n a , Giacinto, 1. I d e a p e r u n a filosofia della storia (Lasson) X I V 227. 2. L ' e p o p e a e la filosofia della storia (Lasson) X V I 299. 3. Genesi della filosofia morale c o n t e m p o r a n e a ( H a r p f ) X X I I 627. 4. La m o r a l e e l'estetica (Lipps) X X V I I 547. Fornelli, N., l . L a p e d a g o g i a e l'ins e g n a m e n t o classico (Ziegler) X X I X
115. 2. L ' a d d a t t a m e n t o n e l l ' e d u c a zione ( Z g l ) X X I X 117. Fortdauer (vgl. U n s t e r b l i c h k e i t ) . Meyr, Die — n. d. T o d e IV 212. F o r t l a g e , 0 . , A c h t p s y c h o l . Vort r ä g e , desgl. Sechs philos. V o r t r ä g e ( B e r g m a n n ) V 453. F o u c h e r de Careil, Alex., Hegel u. S c h o p e n h a u e r . I h r Leben u. W i r k e n . Uebs. v. S i n g e r , m. Vorw. v. Zimm e r m a n n ( J u n g ) X X V I 498. Fouillée, Alfred, 1. L'idée m o d e r n e d u droit en A l l e m a g n e , en A n g l e t e r r e e t en F r a n c e (Jodl) XV 175. 2. La science sociale c o n t e m p o r a i n e (Jodl) X V I I 266. 3. C r i t i q u e des s y s t è m e s de m o r a l e c o n t e m p o r a i n s (Jodl) XX 549. 4. La l i b e r t é e t le d é t e r m i n i s m e (Melzer) X X I I 113. 5. L a p r o p r i é t é sociale et la d é m o c r a t i e (Jodl) X X I I 281. 6. La m o r a l e , l ' a r t e t la religion d ' a p r è s M. G u y a u (Sch.) X X V I 369. 7. L'avenir de la m é t a p h y s i q u e fondée sur l'experience (Sch.) X X V I I 430. F R A N C K , A d . , Ueber E. v. H a r t m a n n s Philos, d. U n b e w u s s t e n . Urt h e i l eines f r a n z ö s i s c h e n P h i l o s o p h e n XIV 193. F r a n c k , A d . , 1. Des r a p p o r t s de la réligion e t d e l ' é t a t (Sch.) XX11I 615. 2. P h i l o s o p h i e d u d r o i t civil (Jodl) X X V 90. F R A N C K , J., Pieper 1. F r a n k . K r i t . A p h o r i s m e n über Dr. —s Syst. d. christl. G e w i s s h e i t (Marp u r g ) VII 393. F r a n k e , J u l . H e i n r . , Die Wissens c h a f t v. phys. g e i s t i g e n u. socialen Leben etc. X V I I I 438. F r a s e r , A l e x a n d e r C a m p b e l l , Sélections froui Berkeley. 3. ed. (Sch.) X X I 298 F r a u e n f r a g e . Die - (Chr.) V 373. F o r t b i l d u n g s k u r s e f ü r f r a u e n V I 264. F R A U E N S T A D T , J u l i u s . Z. U N s t e r b l i c h k e i t s f r a g e I 105. D a r s t e l l u n g und k r i t . B e l e u c h t u n g der n e u e s t e n Apologie Baaders I 468. Corr. (üb. S c h o p e n h a u e r u. s. Gegner) IV 335. E r w i d e r u n g (an Bahnsen) VII 47 ; A n t w . B a h n s e n s VII 144. Becker, A., 1. Drossbach 1. H a r t m a n n 3. Mayer 1. Zelle 1. F r a u e n s t a d t , J . Ein S t r e i t Z i m m e r m a n n s u. —s (Not. v. B r a t u s c h e k ) X 96.
XXI F R E D E R I C H S , D. B i e s e , R. 1. Horwicz 2. Jessen, P. 1. R a b u s 1. Schlamin, R. 1. Frederichs, D., 1. Ueb. d. Begr. d. Religion u. üb. d. Hauptstufen d. relig. Entwicklung XIV 549. 2. Der Freiheitsbegriff Kants und Fichtes (Melzer) X X I I I 500. F r e g e , G . , Die Grundlagen der Arithmetik (E.) X X I I 421. Freiheit. Hebler, Philos. —slehre XXV 622. L ö w e , Die Idee der — X X V I I I 344. Psychol.-metaph. Analyse des Begr. der — (Struve) X 337. Sommer, Wesen u. Bed. d. menschl. -—XVI1I588. — od. Communisnnis? (Schellwien) I 35. 89. 169. 350. — Vgl. Willensfreiheit. F R E I I I O L D , Friedrich (Pseudon), Grundr. d. Lebensgesch. d. Menschheit VIII 130. 218. Frerichs, Herrn., Die Hypothesen der Physik X V I 505. FREUDENTHAL, J. Ein ungedruckter Brief Kants u. eine verschollene Schritt desselben wider Hamann XV 56. Freudenthal, J . , 1. Der Platoniker Albinos u. d. falsche Alkinoos X V 429. 2. Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders z. Metaph. d. Aristoteles (Sch.) X X U I 223. 3. Ueb. d. Thcol. des Xenophanes (Richter) X X I I I 358. 4. Spinoza u. d. Scholastik (Lülmann) X X V 242. F R E U N D , Leonhard, Bemerkungen üb. S t a a t u. Gesellschaft ni. bes. Rücks. auf Lor. Stein u. Rud. Gneist VI 267. Királyi 1. Struhnneck 1. Freyer, Studien zur Metaph. der Differentialrechnung (Rabus) X X 295. F R I E D L Ä N D E R , L . , Der Idealismus unserer Zeit. Rede X 97. Fries, J. F., K a n t und — (Knauer) XIII 196. Grapengiesser, Kants Kr. d. r. V. u. ihre Fortbildung durch — X I X 423. Strasosky, — als Kritiker d. Kantischen Erkenntnisstheorie XXV11I 226. Fries, A u g . de, Die Substanzenlehre Lockes ni. Bez. auf die cartesianische Philosophie X V I 507. Fröbel. Ueber —s Erziehungsmethode, deren wissenschuftl. Begründung u. Fortbildung (Schliephake) IV 487.
Frohschammer, J., 1. Die Phantasie als Grundprincip des Weltprocesses (Hoffmann) XIII 120. 2. Monaden u. Weltphantasie (Hoffmann) X V I 108. з. Die Philos. als Idealwissenschaft и. System (Kirchner) X X I 421. 4. Ueb. d. Genesis d. Menschheit u. deren geistige Entwicklung in Religion, Sittlichkeit u. Sprac he (Kirchner) X X I 427. 5. Ueb. d. Organisation u. Kultur d. menschl Gesellschaft. Philos. Untersuchungen üb. Recht u. S t a a t , soc. Leben u. Erziehung (Kreyenbühl) X X I I 609. 6. Die Philos. des Thomas v. Aquino (Eucken) X X V I 478. 7. Ueb. das Mysterium Magnum des Daseins (Melzer) X X V I I I 627. 8. Syst. der Philos. im Umriss (Melzer) X X I X 484. — Kirchner, Das Grundprincip des Weltprocesses, m. bes. B e r . — s X I X 233. Fullerton, George Stuart, and J a m e s McKeen Cattell, On the perception of small différences with regard to the extent force and time of movement (Ziehen) X X I X 487. Funck-Brentano, Th., 1. L a pensée exacte en philosophie (Bratuschek) VII 63. 2. Les principes de la découverte (Rabus) X X I I I 95. F u n c k e , C. A . , Platons L v. d. Seelenvermögen X V 104. Galilei. Ueb. d. —sehen Principien (Göbel) X 145. — als Philosoph (Natorp) X V I I I 192. Gall witz, Hans, Das Probl. der Ethik in der Gegenwart (Bender) X X I X 337. G A R B E , Richard, Ueber den Zusammenhang der indischen Philosophie m. d. griechischen X X I X 513. Garofalo, L., L a criminalogie (Tönnies) X X V I 372. G A S P A R Y , Adolf, Sittlichkeit und Darwinismus VII 3ö9. GASS, W., Schleiermacher als Philosoph (mit Bez. auf W. Bender, Schleiermachers Theologie) X I I I 257. Gaupp, Otto, Die Erkenntnisstheorie H. Spencers, ihre Stellung z. Empirismus u. Transcendentalisuius (Lehmann) X X V I I I 231. Gavanescul, J . , Darst. d. pädag. Ansichten Lockes (Ziegler) X X V 100. Gedächtniss. Huber, Das — X V 292. E b b i n g b a u s , Ueb. das - , Unters. z. exper. Psychologie XX111 84.
XXII Schultz, Erinnerung u. - XVIII 440. Zur Theorie des — u. der Erinnerung (Böhm) XIII 481, vgl. (Horwicz) XIV '235 u. (Böhm) 240. Hoppe, Auswendiglernen u. Auswendighersagen XX 624. Ribot, Les maladies de la memoire X V I I I 96. Gefühl. Zur Psychol. der — e(Höttding) XVI 416. Nahlowski, Das —sleben XXI 609. L e h m a n n , Hauptgeselze des '—slebens XXIX 351. Kröner, Das körperliche — XXV 362. Schnbert-Soldern, Reproduction, — u. Wille XXV 223. Geigel, Alois, Ueb. Wissen u. Glauben (Kirchner) XXI 430. Geiger, Lazarus. Romenthal, - , Lehre u. Leben XX11 432. Keller, —s Theorie d. Entstehung des Menschengeschlechts XXI 416. GEIL, Georg. Die schriftstellerische Thätigkeit des Diogenes v. Apollonia XXVI 257. Geil, G., 1. Ueb. d. Abhängigkeit Lockes v. Descartes (Natorp) XXIV 490. 2. Schillers Ethik u. ihr Verh. zur Kantischen (Jung) XXVI 366. 3. D. L.
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Plato (Dümmler) XXVI 491. Geist. Biedermann, Philos, des —es XXIII 476. Arbes, Forschungen im Gebiete des —es XVII 503. Häufte, Entwicklungsgesetz des menschl. —es XX 297. Glogau, Form u. Bewegungsgesetze des —es XVII 347. Glogau, Wesen u. Grundformen d. bewussten - e s XXV 432 Eucken, Proleg. zu Forschungen üb. d. Einheit des Geisteslebens XXIII 68. Eucken, Die Einheit d. Geisteslebens XXVIII 154. Geisteswissenschaften. Dilthey, Einl in die — 1. Bd. XX 120. Geistige, das. Ueber das — nach s. ersten Unterschiede v. Physischen im engeren Sinne (Langenbeck) I 193. Genie. Séailles, Le génie dans l'art XX 628. H adestock, — u. W a h n sinn XXI 497. Geometrie. Ealuiann, Die Axiome der — XIII 438. Krause, Kant u. Helmholtz üb. Raumanschauung u. —ische Axiome XV 490. George, Leopold, Logik als Wissenschaftslehre (Bergmann) VI 230. Georgov, Ivan, Montaigne als Ver-
treter des Relativismus in der Moral (Ziegler) XXVI 612. Gerber, Gustav, 1. Die Sprache als Kunst 1. Bd. (Jung) VII 251. 2. Die Sprache u. das Erkennen (Jung) XXIII 179. G E R H A R D , Carl, Kants Lehre v. d. Freiheit dargestellt u. beurtheilt. Beitr. z. Lösung des Probl. der Willensfreiheit XXII 1. — Hartmann 6. Radestock 1. Steinthal 3. Gerhardt, C. J.. s. Leibniz. Gerlach, Otto, Ueb. d. Bedingungen wirthschaftl. Thätigkeit. Krit. Erörterungen z. d. W e r t h l e h r e n von Marx , Knies, Schaffte und Wieser (Diehl) XXVIII 366. GERLAND, Georg. Schultze, F. 1. Tiele 1. Germann, W . , Altenstein, Fichte u. d. Universität Erlangen (Ziegler) XXVI 242. Geschichte. Die Eigenschaften der — als eines philos. Problems der Geg e n w a r t (Hermann) IV 204. Benloew, Les lois de l'histoire XVIII 62:1 Bergm a n n , Das Ziel der — XVIII 1D2. Weisengrün, Versch. —sauffassungen XXVIII 368. C. T Westens philos. Geschichtsbetrachtung (Vatke) IX 203. Geschichtsphilosophie (Philos. der Geschichte). Mehring, - XIII 393. Michelet, — XVIII 293. Biedermann, XXIII 625. Binde, Einl. in d. - XVII 502. Die — als zukünftige philos. Fundamentalwissenschaft (Hermann) II 197. Zur - (Hermann) VII 112. F o n t a n a , Idea per una filos. della storia XIV 227. Melzer, Die theistische Gottes- u. Weltanschauung als Grundlage der XXV 227. Fontana, L'epopea e la filos. della storia XVI 219. Pfleiderer, Die Idee eines goldenen Zeitalters, geschiehtsphilos. Versuch XIV 364. Struhnneck, Herrschaft u. Priesterthum. Geschichtsphilos. Skizzen VIII 182. IX 26. Mayr, Die philos. Geschichtsauffassung der Neuzeit XIV 112. Flint, The philos. of hist. in Europe XI 107. Fester, Rousseau u. d. deutsche — XXVIII 227. Geschichte der Philosophie. Eucken, Ueb. d. W e r t h der — XI 3. Ueberw e g , Grundr. d. - XI 8. XII 32. XVI 030. XX 50. Dühring, Krit. —
XXIII I I I 480. X I 1G5. S t ö c k l , Lehrb. der X I I 32. K n a u e r , X I X 220. Windelband, — X X V I 356. Bergmann, — X X I X 76. Baumann. — nach Ideengehalt u. Beweisen X X X 19:1 Weber, bist, de la philos, européenne X I 9. Thilo, Kurze pragmatische — X V I I 99. Erdmann, Grundr. der - X I V 297. S c h w e g l e r , — im Omriss X l l 82. Schuppe, — im Umriss X X I 299. Poetter, - im Grundriss XI 69. X I X ¿113. Rabus, Grundr. der — X X I V 35ö. D e t e r , Kurzer Abriss der — V I I I 92. Meyer. Leitfaden zur — X I X 624. Kirchner, K a t e chismus der X I I I 529. X X I 800. K u h n , Memorial u. Repetit, zur — VIII 92. N o a c k , Philosophiegesch Lexikon X I I I 464. X I V 5:19. Joël, lleitr. zur — X I I I l:Jf>. Analecten zur — (Natorp) X V I I I 567. Gesellschaft. Tönnies,Gemeinschaft und — X X V I 347. Bemerkungen üb. Staat u. - ra. bes. Rücks. auf L. Stein u. R. Gneist (Freund") V I 267. 3. Ueb. d. Studium der Gesch. der Wissenschaften vom Menschen, der u. dem S t a a t (Diltbey) X I 118. 241. Gesellschaft Jesu. Zirngiebl, Studien üb. d. Institut der — m. bes. Ber. der pädagog. W i r k s a m k e i t dieses Ordens in Deutschland V I I 191. Gesellschaft, Italienische, z. Bef. der philos, und litter. Studien (Not.) VI 408. Gesellschaft, Philosophische. Stiftungsfest der — in Berlin (Chr.) VI 330. — und philos. Verein zu Berlin (Not.) V I I I 95. Gesichtswahrnehmung. E. L . F i s c h e r , Theorie der X X I X 227. Ueberhorst, Entstehung der — X I V 41Î). Ueb. d. Entstehung räumlicher —en (Wundt) III 225. Ueb. d. Raum der - (Lipps) X X I 193. 321. G e u l i n c x , Op. philos, rec. Land X X V 1 1 I 200. Pfleiderer, — X I X 525. Van der H a e g h e n , — X X I I I 587. Land, - te Leiden XX11I 503. Pfleiderer, Leibniz u. — X X 417. Leibniz (Pfleiderer) X X 423. X X I 20. Göpfert, — ethisches System X I X 440. Gewissen. Kahler, Das — X V 273. R e i f f , Das — X X 425. R e e , Entstehung des — s X X U 1 496.
Gewissheit. Begr. der — in d. kantischen Philosophie (Grung) X X I I I 35. Grung, D a s P r o b l . der — X X I V 225. Krit. Aphorismen üb. Franks Syst. der Christi. - (Marpurg) VII 393. G E Y E R , Reinhold, Darstellung u. Kritik der Lotzeschen L v. d. Localzeichen X X I 513. G i e r k e , O., Zu —s Beurtheilung Diltheys ( W i t t e ) X X I I 99. Giesserow, 11., s. Kirchuiann 1 2 . 1 3 . Giessler, Max, Aus den Tiefen des Traumlebens (Ziehen) X X V I I I 97. Gille, A., Aufgaben u. Methode der Pädagogik als Wissenschaft (Ziegler) X X V I I I 113. G I L L E S , Jos. B a l t z e r , J . B. 1. Hansemann 1. Ginsberg, H„ s. Spinoza. Giovanni, Vincenzo di, I. Hartmann e Miceli (Lasson) X V 432. Girard, H., L a philosopliie scientifique (Neudecker) X I X 623. Gizycki, Georg von, 1. Philos. Consequenzen der Lamarck-Darwinschen Entwicklungstheorie (Sch.) X I I I 391. 2. D. Philos. Shaftesburys (Sch.) X I I I 459. 3. D. Ethik Humes in ihrer gesch. S t e l l u n g (Sch.) X V 420. 4. Grundz. der Moral (Melzer) X X 56 t. 5. Moralphilos. gemeinverständlich dargestellt (Jodl.) X X V I 210. 6. Kant u. Schopenhauer ( J u n g ) X X V I 497. Vgl. Salter. Glaser, E . , Zurechnungsfähigkeit, W i l l e n s f r e i h e i t , Gewissen u. Strafe (Wernicke) X X V 622. Glaube. M a r p u r g , Das Wissen u. der religiöse — (Hülsmann) I I I 252. W i t t s t e i n , Der S t r e i t zw. — u. W i s senschaft X X I 427. G e i g e l , Ueb. Wissen u. - X X I 430. Dallwig, Der K a m p f zw. — u. Wissen X X I V 105. Jankowski, Pisticismus u. Substantialismus X V I I 499. Knauer, Der Himmel des —s X I V 93. Saltus, T h e anatouiy of negation X X I V 107. Gleisberg, P . , K r i t . Darlegung der Urgesch. des Menschen nach C. V o g t (Hoffmann) I L 231. G L O G A Ü , Gustav. Bergmann 11. G l o g a u , G . , 1. Abriss der philos. Wissenschaften. I. Die Form u. die Bewegungsgesetze des Geistes (Rabus) X V I I 347. 2. Grundr. der Psychologie (Schuppe) X X I I 168. 3. Abriss I I . Das Wesen u. die Grundformen des
XXIV bewussten Geistes. Erkenntnisstheorie und Ideenlehre (Siebeck) X X V 432. Gneist, Rudolf. Bemerkungen üb. S t a a t u. Gesellschaft m. bes. Rücksicht auf Lor. Stein und — (Freund) VI 267. G O E R E L , Carl. Ueb. die Galileischen Principien X 145. Goebel, C . , Ueber Raum u. Zeit X I V 500. 2. Heimholt?. Rede üb. d. Denken in d. Medicin u. d. Aufgabe der Philosophie X I V 551. Goebel, Julius, Ueb. tragische Schuld u. Sühne. Beitr. z. Gesch. d. Aesthetik des Dramas (Sch.) X X I V 239. Goeller, Adolf. 1. Zur Aesthetik der Architektur. Vortr. u. Studien (Lipps) X X V I 186. 2. Die Entstehung der architektonischen Stilformen. Eine Gesch. der Baukunst nach d. Werden u. Wandern der Formgedanken (Lipps) X X V I 193. Goepfert, E . , Geulinx ethisches System (Euckenj X I X 440. Gössgens, Carl, Rousseau u. Basedow (Ziegler XXV11I 115. Goethe. Ein Brief —s (Not.) IV 516. Fischer, —s Iphigenie X X V I 345. Muff, Prometheus u. Faust X X 299. Hamlet u. Faust, eine Parallele (Schellwien) II 271. Bergedorf, Faust u. d. christl. Volksbewusstsein X I X 313. Melzer, —s philos. Entwicklung X X I I 392. 559. Steiner, Erkenntnisstheorie — s X X I V 240. —s Erkenntnissprincip (Harpf) X I X 1. Suphan, — u. Spinoza X V I I I 627. —s Verh. zu Spinoza u. s. philos. Weltanschauung (Schneego) X X V I I 385. 513. Schopenhauer u. — (Harpf) X X I 449. —s naturwiss. Schritten hr. v. Steiner X X I I 429. Du Bois-Reyniond, Voltaire u. — als Naturforscher (Not.) I 150. Goldschmidt, R i c h a r d , Krit. Beleuchtung der Uebergriffe der historischen Schule u. der Philosophie in der Rechtswissenschaft (Stammler) X X V 500. G o l t h e r , Ludw. von, Der moderne Pessimismus. Mit Vorw. von F. Th. Vischer (Sch.) X I V 612. Gomperz, Theodor, 1. J . St. Mills System der ded. u. ind. Logik, übs. (Sigwart) I X 124. 2. Zu Heraklits Lehre u. den Ueberresten seines W e r kes (Natorp) X X I V 88. 3. Platonische
Aufsätze I. Zur Zeitfolge plat. Schriften (Natorp) X X I V 485. 4. J . Stuart Mill. Ein Nachruf (Ziegler) X X V I 103. 5. Die Apologie der Heilkunde. Griech. Sophistenrede des 5. Jhdts. (Natorp) X X V I I 478. GOTSCHLICH, E . , Aristoteles v. d. Einheit u. Verschiedenheit der Zeit. I X 285. Gott. Ulrici, — u. d. Natur X V 380. P ö t t e r , Der persönl. — u. d. W e l t X I 79. Brucken gen. Fock, Wesen —es u. der W e l t etc. V I I I 518. S c h i l l , u. d. W e l t II 225. J a h r , Natur, Menschengeist und Gottesbegriff V 348. Schramm , Erkennbarkeit —es X I V 294. Bertling, Erkennbarkeit - e s X X I I I 113. Der wahre — von allen Seiten zu erweisen (Meyr) IV 2H3. liunze, Der ontol Gottesbeweis seit Anselm X I X 113. E l v e n i c h , Die Beweise f. d. Dasein Gottes nach Cartesius I 506. Leibniz Beweise f. d. Das. —es (Brennecke) V 42. Die Gottesidee in der indischen Philos. (Jacobi) X I I I 417. Oelsner, Der - des 19. J h d t s . X V I 500. Zöller, Der Gottesbegritf in d. schwed. Philos. X X V I I 90. Granella, Victor, Wahrheit, Schönheit u. Liebe. Philos.-ästhetische Studien (Bergmann) I 505. G r a n t , Alex., Aristoteles, übs. v. Imelmann X I V 373. Grapengiesser, C., 1. Kants L. v. Raum u. Z e i t ; Kuno Fischer u. Ad. Trendelenburg (Bergmann) V 273. 2. Sprüche aus dem Leben u. für das Leben X I X 227. Kants Kr. d. r. V . u. deren Fortbildung durch Fries ( W i t t e ) X I X 423. Grassmann, R o b e r t , Das Gebäude des Wissens 3. 4. Bd. Lebenslehre oder Biologie; 5. Bd. 1. Th. Menschenlehre od. Anthropologie (Weis) X X I 243. 255. Gi-au, Rud. F r d r . , Ursprünge u. Ziele unserer Culturentwickelung (Weiss) X I 357. Graue, G , Darwinismus u. Sittlichkeit X V I 503. Grenze. Landau, Die - n d. menschl. Erkenntniss u. d. relig. Ideen II 321. Du Bois-Reymond, — n des Naturerkennens X 403. H e r t l i n g , — der mech. Naturerklärung X I I I 454. Sie-
XXV b e c k , Das Bewusstsein als — der Naturerkenntniss X V 800. Tobias, - n der Philosophie X I V 340. K e r r y , Syst. einer T h e o r i e der Grenzbegriffe X X V I I I 625. Grillparzer. R e i c h , - s Kunstphilosophie X X V I I 45 i. Grisebach, Eduard, a. Schopenhauer. GROOS, Karl, Aesthetisch u. Schön X X I X 531. Gross, H , Entwurf einer Rechtsentwicklung (Lasson) X I V 545 Grosse, E r n s t , H. Spencers Lehre v. Unerkennbaren (Berendt) X X V I I I 228. Grot, N . J., Probleme der Philosophie und Psychologie (Masaryk) X X V U 183. G r o t e , J o h n , A treatise on the moral ideals (Lasson) X I V 45. Grotenf'eldt, A r w i d , Das Webersche Gesetz u. d. psychische Relativität (Elsas) X X V I 486. Grotius, Hugo. Pfenninger, D. Begr. der Strafe unters an der Theorie des - X I V 170. Gruber, Hermann, 1. A. Comte, der Begründer des Positivismus. Sein Leben u. s. L e h r e ( M e l z e r ) X X V I I 2'23. 2. Der Positivismus vom T o d e Comtes bis auf unsere T a g e ( M e l z e r ) X X I X 100. Grund. Jäkel, D. Satz des zureichenden —es. I I 479. Grundbegriff. Euoken, Gesch. u. Kritik der - e der Gegen wart X I V 361. G R U N G , F r a n z , Der Begriff der Gewissheit in der kantischen Philosophie X X I I I 35. Grung, F . , Das Problem der Gewissheit. Grundzüge einer Erkenntnisstheorie ( W e r n i c k e ) X X I V '225 Günther, Ant., Antisavarese hr. m. Anhang v. K n o o d t ( W e b e r ) X X 54. W e b e r , —, Abr. s. Lebens u. s. P h i losophie X I V 310. Knoodt, Biogr. X V I I 158. Klein, Vers, einer Systemiitisirung der —sehen Philosophie X I X 305. F l e g e l , — s Dualismus v. Geist u. N a t u r X V I 491. Melzer, D. Autonomie der Vernunft bei K a n t u. X V I 122. X V I I I 240. Ulrici u. - X X I I I 231. Günther, G e o r g , Grundzüge der tragischen Kunst aus dein Drama der Griechen e n t w i c k e l t ( K l e i s t ) X X I I I 45 i.
Güttier, C., L . Oken u. sein V e r h . zur modernen Entwicklungslehre. Beitr. zur Gesch. der Naturphilosophie (Sch.) X X I I I 612. Guggenheim, M., Die L . v. apriorischen Wissen in ihrer Bedeutung f. d. Entw. d. Ethik u. Erkenntnisstheorie in d. sokratisch-platonischen Philosophie ( N a t o r p ) X X I I I 236. Guhrauer, G. E , s. Danzel. G u m p l o w i c z , L u d w . , Grundlinien der Sociologie ( M e l z e r ) X X I I I 493. Gumprecht, über Beethoven (Chr.l V I 245. Gutberlct, Constantin, 1. Das Gesetz v. d. Erhaltung der K r a f t u. s. Bez. zur Metaphysik X X 301. 2. Ethik u. Naturrecht (Münz) X X I 300. 3. N a t u r philosophie (Sch.) X X I I 382. 4. T h e o dicee ( M e l z e r ) X X V I I I 24f>. 5. A l l g . Metaphysik. 2. A . ; 6. P s y c h o l o g i e 2. A. (Melzer) X X V U I 486. Guttinann, J., Die Religionsphilodes Saadia (Sch.) X I X 394. 2. Das Verh. des Thomas v. Aqu. zum Judenthum und zur jüdischen Litteratur ( M e l z e r ) X X I X 622. Guyau, M., 1. La morale d'Épicure et ses rapports avec les doctrines contemporaines (Sch.) X V 417. 2. La inorale anglaise contemporaine (Sch.) X V I 164. 3. Vers d'un philosophe X V I I I 107. 4. Esquisse d'une morale sans obligation ni sanction ( M e l z e r ) X X I I 277. 5. L'irréligion de l'avenir (Staudinger) X X I V 588. 6. Problèmes de l'esthétique contemporaine ( L i p p s ) X X V I 34. 7. Éducation et hérédité. Étude sociologique ( Z i e g l e r ) X X V I I 99. 8. L ' a r t au point de vue sociologique ( L i p p s ) X X V I I 552. — Fouillée, La morale, l'art et la religion d'après ~ X X V I 369. Gwinner, W i l h . , 1. Schopenhauers Leben 2. A . (Sch ) X I V 223. 2. Denkrede auf Schopenhauer zu dessen lOOj. Geburtstag ( J u n g ) X X V I 496. Gymnasium. B o n i t z , Ueber den Gyinnasialunterricht (Chr.) I 77. Loos, Der österr. Gymnasiallehrplan im Lichte der Concentration X X I X 114. V o g t , Urs. d. Überbürdung in den Gymnasien X V I 622. Baumeister, Gymnasialreform X X V I 235. Jäger, Das humanistische — X X V I 237. Schmeding, Bedenken v. Gosslers g e g , 2*
XXVI Aufhebung des Gymnasialmonopols X X V I I 110. Z e l l e r , — u. Univers i t ä t ; E u c k e n , D. Kampf um das — X X V I I I 99. H a a c k e , Ueb. d. Gedankenzusamm e n h a n g des Schopenhauerschen Systems ( J u n g ) X X V I 496. Haeckel, Ernst, Natürl. Schöpfungsgeschichte (Schultze) I I I 398. Stern, —s Philosophie und Anthropogenie X V I 115. Hagemann, G., 1. Logik u. Noetik ( T h i e l e ) X X I V 355. F r . v. Baader u. — (Hoffmann) I I 398. Hallier, E r n s t , Kulturgeschichte des 19. Jhdts. in Bez. zur Entw. der Naturwissensch. (Elsas) X X V I I 622. Hallucination. M a y e r , Sinnestäuschungen, — e n u. Illusionen V 259. H a m b e r g e r , J u l i u s , Physica sacrn od. d. Begriff der himmlischen Leiblichkeit u. die aus ihm sich ergebenden Aufschlüsse üb. d. Geheimnisse des Christenthunis (Selbotanz.) I I I 157. Hamerling, R o b e r t , Die Atomistik des Willens. Beitr. z. K r i t i k der modernen Erkenntniss (Wernicke) X X V 1 I 1 359. Hann, F r . Gust., D. Ethik Spinozas u. d. Philos. Descartes' (Seh.) X I I I 524. Hansemann, G., Die Atome u. ihre Bewegungen (Gilles) VI 222. Hanstein, J o h . v., Ueb. d. Zweckbegriff in d. organ. Natur X V I 304. Happel, J u l . , Das Christenthum u. die heutige vergleichende Religionsgeschichte (Sch.J X X I 435. Hardy, E . , Der Begriff der Physis in der griech. Philosophie (Natorp) X X I 572. H A R M S , Friedrich. Zur Erinnerung an G. W . F. Hegel (Vortr.) V I I 145. — Quäbicker 1. H a r m s , F . , 1. Abhandlungen zur systematischen Philosophie ( Bergmann) IV 64. 2. Philos. Einl. in die Encyklopädie der Physik (Wundt) V 253. 3. Die Reform der Logik (Bratuschek) X I 230. 4. Die Philos. seit K a n t ( W i t t e ) X I I I 57. 5. Die Philos. in ihrer Geschichte. I. P s y chologie (Richter) X I V 146. 6. Die Formen der E t h i k X I V 620. 7. Ueb. die Psychologie von J . N. Tetens X V 427. 8. Metaphysik, aus d. Nachl.
hr. v. Wiese (Sch.) X X I I 394. 9. Methode des akad. Studiums, hr. v. Wiese (Bergmann) X X I I I 462. 10. E t h i k , hr. v. Wiese (Jodl) X X V I 1 188. 11. B e g r i f f , Formen u. Grundlegung der Rechtsphilosophie (Stammler) X X V I I 371. Rede beim Eintritt in d. kgl. Akad. d. Wiss. (Beigabe zum 10. B J . , S. 15). Harnack, Otto, D. klassische Aesthetik der Deutschen (Kühnemann) X X X 414. Harris, W . T . , Theism and Pantheism (Hoffmann) V I I 58. Harpf, Adolf, Goethes Erkenntnissprineip X I X 1. Schopenhauer und Goethe. Ein Beitr. z. Entwicklungsgesch. der Schopenhauerschen Philosophie X X I 449. - Fontana 3. Melzer 5. Prosch 1. 2. Salvadori 1. Steiner 1. T a r a n t i n o 1. H A R T M A N N , Eduard von. E r w i derung a u f Herrn Prof. Michelets Kritik meiner Schrift üb. d. dial. Methode I 502. Ueb. d. nothw. Umbildung der Schopenhauerschen Philos. aus ihrem Grundprincip heraus II 457. Schellings posit. Philos. als Einheit von Hegel u. Schopenhauer I I I 273. Zur Philos. des Unbewussten I V 38. Ist der pessim. Monismus t r o s t l o s ? V 24 Ueb. d. nothw. Umbildung der Hegeischen Philosophie aus ihrem Grundprincip heraus V 387. Dynainismus und Atomismus. Kant, U l r i c i , Fechner VI 187. Naturforschung u. Philosophie. Eine Unterhaltung in zwei Briefen VII 49. 97. Ist der Pessimismus wissenschaftlich zu begründen? X V 589. Bahnsens Realdialektik X V I I 227. Die Grundbegriffe in Lassons Rechtsphilosophie X V I I I 461. Zur Pessimismus-Frage X I X 60. In welchem Sinne war K a n t ein Pessimist? X I X 463. Mein Verhältniss zu Schopenhauer X X 32. Philosophie u. Ciiristenthum X X I 1 0 1 . Ein vergessener Aesthetiker ( T r a h n dorff) X X I I 59. Der Begriff des Komischen in d. mod. Aesthetik XXII 449. Mein Verhältniss zu Hegel X X I V 316. Zum B e g r . des naiven Realismus X X V I 1 3 2 . Zum Begr. der unbewussten Vorstellung X X V I I I 1. Religionsphilos. Thesen X X I X 54. — Bahnsen 1. 2. 5. Kapp 1.
XXVII Hartmann, E. v., 1. Ueb. d. dial. Methode. Hist. - krit. Unters. (Bergmann) I 393. 2. Philos. des Unbewussten. Vers, einer W e l t a n s c h a u u n g (Bergmann) III 405. IV 38. 3. Aphorismen üb. d. Drama (Fiauenstädt) VI 64. 4. Das Ding an sich u. seine Beschaffenheit. Kantische Studien zur Erkenntnisstheorie und Metaphysik (Eyfferth.) VII 162. 5. Die Selbstzersetzung d. Christenthums u. d. Religion 8. L E H M A N N , Rudolf. Ueb. d. V e r h . d. t r a n s c e n d e n t a l c n u. m e t a p h . I d e a lismus X V I I I 3 1 6 . X I X 5 4 2 . U e b . d. p s y c h o l . G r u n d a n s c h a u u n g d. K a n t i s c h e n K a t e g o r i e n l e h r e X X 98. Bem e r k u n g e n zum s y n t h e t i s c h e n T h e i l e d. S p e n c e r s c h e n P h i l o s o p h i e X X 5 7 7 . ß r a s c h 4. — Benloew 1. B e r t r a n d l . D o h e r t y l . E g g e r l . F e r r i 3. G a u p p l . G r i s e b a c h 1. H e r t s l e t 1. R a d e s t o c k 2. R i c k e r t 2. S c h r a m m 1. SchubertS o l d e r n 1. S p e n c e r 3. L e h m a n n , R., 1. K a n t s L. v. D i n g an sich X V 4 3 5 . 2 . D. d e u t s c h e U n terricht. E i n e M e t h o d i k f. h ö h e r e L e h r a n s t a l t e n (Ziegler) X X V I I I 109. 3. S c h o p e n h a u e r u. d. E n t w . d. m o nist. W e l t a n s c h a u u n g ( A c h e l i s ) X X I X 634. Leserversammlung. Die XVIII. a l l g . deutsche — ( N o t . ) I I 5 1 1 . L e i b n i z , P h i l o s . S e h r . h r . v. G e r hardt (Sch.) X V 399. X V I I 1 0 2 . X V I I I 490. X X I I I 481. X X I V 471. X X V I I 2 1 4 . M o n a d o l o g i e , éd. n o u v . X V I I I 1 0 5 . T h e o d i c e e , übs. v. K i r e h m . X V 4 2 7 . K l . S e h r . X V I 113. Neff, Abf a s s u n g s z e i t d. Unvorgreifl. G e d a n k e n X V I I 295. Z V e r b , d — t e x t e s ( R i c h t e r ) I 223. Merz, — X X I 4 8 . X X U 2 8 0 . K. F i s c h e r , - , 3. A. X X V I I I 6 1 1 . K i r c h n e r , — , s. L e b e n u. D e n k e n X I I I 461. E t w a s üb. — ( N o t . ) I I 5 1 0 . C a s p a r i , — P h i l o s . v. G e s i c h t s p . d e r physik. B e g r i f f e v. K r a f t u. S t o f f I V 431. Engler, — Optimismus X I X 440. Kirchner, — Psychologie X I I I 461. D e w e y , - New Ess. X X V I 9 6 . — B e w . f. d. Dasein G o t t e s ( B r e n n e c k e )
XLI V 42. Mollat, Rechtsphilosophifehes aus — ungedr. Schriften XXIV 104. — u. Hobbes (Tönnies) XXIII 557. — u. Geulincx (Eueken) XIX 525. Pfleiderer, — u.Geul. XX417. — u. Geul. (Pfleiderer) XX 423. XXI 20. Stein, — u. Spinoza, z. Entw. d. - s e h e n Philoa. XXVII 602. Schmarsow, — u. Schottelius XIV181. Durdik, — u. Newton IV 226. Schmidt, — u. Baumgarten XIII 461. Nolen, Kant et — XIII 3S9. Bräutigam, - u. Herbart iib. d. Freiheit d. Willens XIX 627. Leo Hebraeus B. Zimmels, —, jiid. Philosoph der Renaissance XXIII 502. LEONHARD!, Herrn. Karl Frh. von. Der Prager Philosophencorgress II 125, vgl. I 514. Ill i l l . - Nekr. v. Busch XI 385. Lepsius, Johannes, J. H. Lambert, Darst. s. kosmol. u. philos. Leistungen (Sch.) XVIII 164. Lessing. Bergmann, Studien zu —s theol. u. philos. Schriften XX 619. Danzel u. Guhrauer, — ; K. Fischer, — als Reformator d. deutschen Literatur XVII 488. M elzer, —s philos. Grundanschauung XIX 232. Bärthold, — u. d. obj. Wahrheit XIII 536. H. F. Müller, u. s. Stellung z. Christenthum XVIII 100. Levi, G., La dottrina dello stato di G. F. Hegel l - III (Lasson) XXIII58. Lewinski, A., Beitr. z. Kenntniss d. religionsphilos. Anschauungen des Fl. JosephuB (Arnim) XXV 97. Liard, L., 1. Die neuere engl. Logik, übs. v. Imelmann (Michaelis) XVI 628. 2. Descartes (Barach) XIX 594. 3. Des définitions géométriques et des définitions empiriques (Elsas) XXV 360. Liebe. Granella, Wahrheit, Schönheit u. — I 505. Teichmüller, Ueb. d. Wesen d. — XVII 369. Liebermann, Bernhard, D. Zweckbegriff b. Trendelenburg (Melzer) XXX 202. LIEBMANN, Otto, Ueb. eine moderne Anwendung d. Mathematik auf d. Psychologie V 1. üeb. d. Phänomenalität des Raumes VII 337. Ueb. subjective, objective u. absolute Zeit VII 464. Ueb. rel. u. abs. Bewegung VIII 97. Notiz z. Kant-Laplace-schen Kosmogonie IX 246. Piatonismus u.
Darwinismus IX 441. In Sachen der Psychophysik XIII 515. Liebmann, O., ,1. Ueb. d. objectiven Anblick, krit. Äbh. (Bergmann) IV 414. 2. Z. Analysis der Wirklichkeit (Bertling) XIII 290. 3. Dass., 2. Aufl. (Volkelt) XVI 349. 4. Der Klimax der Theorien (Sch.) XXI176. 5. Ueb. philos. Tradition (Sch.) XXI 628. — Entg. auf —s Abh. üb. rel. u. abs. Bewegung (Knauer) IX 81. Lietz, H., Die Probleme im Begriff der Gesellschaft bei Comte (Barth) XXX 454. Lilienfeld, Paul von, Gedanken üb. d. Socialwiss. d. Zukunft (Jodl) XIV 491. XVI 549. Lind, Paul von, Kants mystische Weltanschauung ein Wahn der modernen Mystik (Hoar) XXIX 240. Lindner, G. A., 1. 2. Pädag. Klassiker. 1. Coinenius. II. Helvetius (Lasson) XIII 396. 3. III. Pestalozzi XIII 399. 4. Grundr. d. Pädagogik als Wissenschaft. Im Anschl. an d. Entwicklungslehre u. Sociologie (Ziegler) XXVII 108. Lioy, Diodato, 1. Deila filosofia del diritto (Lasson) XX407. 2. Dass. deutsch von M. di Martino (Sch.) XXIV 105. Lippert, Jul., 1. Allg. Gesch. d. Priesterthums (Sch.) XXI412. 2. Kulturgesch. d. Menschheit in ihrem organischen Aufbau I (Sch.) XXIII 501. LIPPS, Theodor, Die Aufg. der Erkenntnisstheorie u. d. Wundtsche Logik XVI 529. XVII 28. 198. 427. Logisches z. Abwehr ( g . W u n d t ) XVIII 610. Ueb. d. Raum d. Gesichtswahrnehmung XXI 193. 321. Psychologie der Komik XXIV 385. 513. XXV 28. 129. 284. 408. Der Begr. d. Verschmelzung u. damit Zusammenhängendes in S t u m p f s Tonpsychologie XXVIII 547. Subjective Kategorien in objectiven Urtheilen XXX 97. — Arreat 2. Bechler 1. Begg 1. Bergmann 10. Biese 2. 3. 4. Dreher 6. Engel 1. Fischer, K. 6. Fontana 4. Göller 1. 2. Guyau 6. 8. Hartmann 15. Hoff 1. Hoffmann, M. i. Köstlin 4. Lipps 3. Masci 3. Portig 2. Reich 1. Schasler 3. Scherer 1. Schmidkunz 1. Schmitz-Dumont 1. Schneider, Gerh. 1. Schneider, G. H. 1. 3*
XLII Schweisthal 1. Souriau 1. Spir 1. Stöckl 3. Stransky 1. Stumpf 3. Sully 2. T r a u t m a n n 1. Türck 1. 2. Viehoff 1. W e r n e r 1. Lipps, Th., 1. G r u n d t h a t s d. Seelenlebens ( M ü n s t e r b e r g ) XXIV 341. 2. Psychol. Studien (Spitta) XXIV 472. 3. Der Streit üb. d. Tragödie (Lipps) X X V I I 507. Lisco, Hrch., Die Geschichtsphilosophie Schellings 1792 - 1 8 0 9 (Sch.) XXII 422. (Eucken) X X I I 431. Litteratur. P r u t z , Vortr. üb. die deutsche — d e r G e g e n w a r t ( C h r . ) 1140. Locke. Leitung d. Verstandes übs. m. Einl. v. Meyer XX 300. Martinak, Z. Logik —s XXIV 490. - s E t h i k (Münz) XIX 344. Gavanescul, P ä d a gogik - s XXV 100. Sommer, —s Verh. zu Descartes XXIV 489. Geil, Abh. —s v. Descartes XXIV 490. De Fries, Substanzenl. — s m. Bez. auf Desc. XVI 507. v. H e r t l i n g , — u. d. Schule v. Cambridge X X I X 612. L ö w e , J o h . H r c h . , 1. Lehrb. der Logik (Meyer) XIX 470. 2 Diespecul. Idee der Freiheit, ihre Widersacher, ihre praktische V e r w e r t h u n g (Jodl) XXVIII 344. L Ö W E N S T E I N , O t t o , Aus Kirche u. Schule (Chr.) II 497. L ö w e n t h a l , A., Ps.-Aristoteles üb. d. Seele. Psychol. Schrift des 11. J h d t s . u. ihre Bez. zu Avicebron (Melzer) X X I X 367. Löwenthal, Eduard, Syst. u. Gesch. d. N a t u r a l i s m u s (Quaebicker) II 470. Logik. Sigwart, — X 33. 85. 103. X V I 84. X X V I I 42. Hagemann, — u. Noetik XXIV 355. Löwe, Lehrb. d. - XIX 470. N i t s c h e , Lehrb. d. — ; Lauczizky, Lehrb. der — zum Gebr. an Gymnasien XXVIII 111. Wolff, Handb. d. - XXI420. Schuppe, Erk.-theor. — XV 247. Bergmann, Reine — X V I 3 3 8 . Neudecker, Grundlegung d. reinen — XIX 240. George, — als Wissenschaftslehre VI 230. Bradley, Principles of — X X I I I 307. Hoppe, D. gesammte — II 109. Hoppe, D. kleine — IV 111. Bergmann, Grundprobleme d. - XIX 396. Oberm a n n , Grundfragen d. — XXI 626. Hartsen, Grundz. d. — X 140. Döring, Grundz. d . a l l g . — X V I I 1 5 0 . Pokorny, Grundriss d. - X V I 306. Schramm,
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XLIII in D e u t s c h l a n d ( Q u ä b i c k e r ) I I 97. V o i r l e s u n g s d i c t a t e , a n g e z v. K l e i s t : 2. G r u n d z . d. P s y c h o l . ; 3 . d e r R e l i g i o n s p h i l o s . ; 4. d. p r a k t . P h i l o s . X I X 4 3 4 ; 5. G e s c h . d. d e u t s c h e n P h i l o s . s e i t K a n t X I X 6 2 1 ; 6. G r u n d z . d. N a t u r p h i l o s . X X 2 9 3 ; 7. G r u n d z . d. Log. u. E n c v k l o p . d. Philos. X X 433; 8. G r u n d z . d. A e s t h e t i k X X I I 427. 9. K l . S c h r i f t e n (Sch.) X X I I I 482. Z Gedächtniss - s (Baumann) XVII 6 1 3 . H a r t m a n n , - s P h i l o s . X X V I 101. Pfli-iderer, — s philos. W e l t a n s c h a u u n g X I X 2 1 5 . C a s p a r i , — in s. S t e l l u n g z. G e s c h . d. P h i l o s . X X 4 3 6 . W ö l f l , — s M e t a p h y s i k X X X 436. - s L . ü b . R a u m u. Zeit n. (leyers B e u r t h . ders. ( H ö f f d i n g ) X X I V 422. - s L. v. d. L o c i i l z e i c h e n ( G e y e r ) X X I 513. —s p r a k t . P h i l o s . in i h r e n G r u n d z ü g e n ( A c h e l i s ) X X I I 577. V o r b r o d t , E t h i k u . R e l i g i o n s p h i l o s . — s X X I X 337. K l e i n , — s L. v. S e i n u . G e s c h e h e n i m V e r h . z. H e r b a r t X X V I I 224. H a r t m a n n u . — ( H ä r t u n g ) X X I 1. L u d e w i g , J . , G e i s t u. S t o f f X I X 228. Ludwig , Ernst, Tertullians Ethik ( R i c h t e r ) X X I I I 607. L ü b k e , W i l h . , Die m o d . f r a n z ö s i s c h e K u n s t V I I I 148. L Ü L M A N N , C. B e r e n d t 1. F r e u d e n t h a l 4. K i r c h m a n n 14. N e n i t e s c u 1. W a h l e 2. 3. L ü l m a n n , C . , U e b . d. B e g r . a n i o r d e i i n t e l l e c t u a l i s b e i S p i n o z a (Sch.) X X I 502. ( E u c k e n ) X X I I 4 3 1 . L i i t z e , F r d r . , U e b . d. toteIQOV A n a x i m a n d e r s X I V 308. LUKAS, Franz, Der grosse Mythos i n P i a t o n s P h a i d r o s i n Bez. a u f d i e i m 2. T h e i l d e s D i a l o g s g e s t e l l t e n F o r d e r u n g e n f. d . U n t e r s , üb. d i e N a t u r d . S e e l e X X I V 292. L u k a s , F . , D. M e t h o d e d . E i n t h e i l u n g b. P l a t o ( D ü m m l e r ) X X V I 489. L u t h a r d t , Chr. E r n s t , D antike E t h i k in ihrer gesch. E n t w i c k l u n g ( Z i e g l e r ) X X V 229. L u t h e , W e r n e r , 1. B e i t r . z. L o g i k 1. I I . X I V 182. 2. B e g r . u . A u f g . d . M e t a p h y s i k , des Aristoteles (Sch.) X X I I 119. Luther. T h e o p h i l o s , — s Philosop h i e 1. T h e i l . Die L o g i k ( K u h n ) V I 325. L u t o s l a w s k i , W . , E r h a l t u n g u. U n t e r g a n g d. S t a a t s v e r f a s s u n g e n n a c h
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Weis, Anti — X 385. Hertling, Grenze d. mech. Naturerkl., z. Widerl. d. — XIII 454. Berger, — im Kampf mit Spiritualismus u. Idealismus X X 622. Schasler, mater, u. ideal. W e l t a n schauung XVI503. Weis, Idealrealismus u. — XIII 231. B e r g m a n n , — u . M o n i s m u s X I X 242. Rocholl, Kirche u. — V 185. Zu Langes Gesch. d. — (Hülsmann) II 83. Plotins Kritik des - (Kleist) XIV 129. Materie. T a i t , Eigenschaften der — XXVI 483. Huber, D. Forschung n. d. — XIV 301. Abendroth, D. Probl. d. — XXVII 327. Baeumker, D. Problem d. — in d. griech. Philos. XXVII 458. Martin, D. letzten Elemente d. — in d. Naturwis8. u. b. Herbart XVI 372. Mathematik. Buys, La science de la q u a n t i t é XVIII167. Frege, Gründl, d. Arithmetik XXII 421. Husserl, Philos. d. Arithm. X X X 437. Freyer, Stud. z. Metaph. d. Differentialrechn u n g X X 295. Cohen, D. Princip d. Infinitesimalmethode X X 556. Buys, Géométrie, la science de l'espace X X 415. Ueb. eine Anw. d. — auf d. Psychol. (Liebmann) V 1. Baumann, D. LL. v. R a u m , Zeit u. — in d. neuern Philos. IV 425. Matzat, Heinrich, D. Ueberfiillung d. gel. Fächer u. d. Schulreformfrage (Ziegler) XXVII 112. Mayer, A., D. Sinnestäuschungen, Hallucinationen u. Illusionen (Frauenetädt) V 259. Mayr, Rieh., 1. D. philos. GeschichtsauiFassung d. Neuzeit I. (Jod!) XIV 112. 2. Voltaire-Studien XVII 183. Mechanismus u. Teleologie (Todtenh a u p t ) XII 400. Mehring, G., Die philos.-kritischen Grundsätze der Selbstvollendung od. d. Geschichtsphilosophie (Jodl) XIII 393. Mehring, G. von, D. Grundformen d. Sopbistik. Zur Verständigung üb. d. Bedürfniss des Philosophirens (Sch.) X X 284. MEINONG, Alexius, Z. Charakteristik der »Gesinnungs-Philosophie« d. Gegenwart XI 452. — Caspari 4. Kirchmann 3. Spicker 1. Auszüge aus »Mind« XIII 251. 478. XIV 125. 318. 445. 573. XV 120.
XLV Meinong, A., 1. Hume-Studien I (Sch.) XIV 287. 2. II. Z. Relationstheorie (Volkelt) XXI 160. 3. Ueb. philos. Wissenschaft u. ihre Propädeutik (Witte) XXII 352. Melanchthon. Die älteste Fassung von —s Ethik (Heineck) XXIX 129. Richter, —s Verdienste um d. philos. Unterricht VI 327. Melissos. Pabst, De — fragmentis XXVII 221. Chiappelli, frammenti e dottrine di - XXVII 476. Kern, Z Würdigung des - XVIII 179. MELZER, Ernst. Antoniades 1. Appel 1. Aristokratie, Die. Baeumker 3. Berger 1. Beyda 1. Biederinanno. Binde 2. Cathrein 1. Dahn 1. Delf 3. Dessâignes 1. Drews 1. 2. Fischer, E. L. 4. Fouillée 4. Frederichs 2. Frohschammer 7. 8. Gizycki 4. Gruber 1. Gumplowicz 1. Gutberiet 4. 5. 6. Guttmann 2. Guyau 4. Hartmann 11—21. Klein, Max 1. König 1. Krause, K. C. F. 7 - 1 3 . Lehmann, E. 1. Michelis5. Molsdorffl. Ree 1.2. Reich 3. Romundt5. Schmid, A. 1. Schneid 1. Schneider, G. H. 3. Weber, Th. 4. Wieser 1. Wolff, J. 1. Ziegler 2. Ziller 1. Melzer, E., 1. Die L. v. d. Autonomie d. Vernunft in d. Systemen Kants u. Günthers XVI 122. 2. 2. Aufl. (Knoodt) XVIII 240. 3. D. Unsterblichkeitstheorie Fichtes v. Standp. d. Theismus (Sch.) XVIII 436. 4. Lessings philos. Grundanschauung (Sch.) XIX 232. 5. Goethes philos. Entwicklung (Harpf) XXII 392. (Knoodt) 559. 6. Erkenntnisstheor. Erört. üb. d. Systeme v. Ulrici u. Günther (Knoodt) XXIII 231. 7. D. theistische Gottes- u. Weltanschauung als Grundlage der Geschichtsphilosophie (Knoodt) XXV 227. 8. Die augustinische L, v. Causalitätsverhältniss Gottes zur Welt (Weber) XXIX 365. Mendelssohn, Moses, Schriften hr. v. Brasch XVIII 95. Ein Brief von - (Chr.) V 76. Mensch. Du Péan, Sur la nature de l'homme et de l'être vivant XVIII 249. Doherty, L'hooime et la nature XVIII 432. Heilenbach, Geburt u. Tod od. d. Doppelnatur des —en XXIV 241. Vitringa, D. — als thierisches u. geistiges Wesen XI 340.
Simoncelli, L'uomo ed il bruto XVIII 414. Binzer, Instinct, Verstand u. Geist b. Menschen u. Thieren XXII 306. Strümpell, D. Geisteskräfte des —en vgl. m. d. d. Thiere XIV 616. Besser, D. — u. s, Ideale XV 440. J a h r , D. N a t u r , d. Menschengeist u. s. Gottesbegr. V 348. Keller, Geigers Theorie d. Entst. d. —engeschlechts XXI 4 lö. Caspari, Urgeseh. d. —heit IX 296. 334. Vogts Vöries, üb. d. Urgeseh. d. —heit I 144. Gleisberg, Krit. Darl. d. Urgeseh. d. —en nach C. Vogt II 231. Baltzer, Ueb. d. Anfänge d. Organismen u. d. Urgeseh. d. —en III 490. Zöller, Grund u. Ziel d. menschl. Entwicklung X X 628. Weisengrün, Entwicklungsgesch. d. —heit XXV 226. Grundr. d. Lebensgesch. d. —heit (Freihold) VIII 130. 218. Frohschammer, D. Gesch. d. •—heit in Religion, Sittlichkeit u. Sprache XXI 426. Schneider, Freud u. Leid d. — engeschl. X X 629. Siebeck, Vom Fortschritt d. —heit X X X 433. Mühlhäuser, D. Zuk. d. —heit XVIII 100. Reich, D. Entartung d. —en, ihre Urs. u. Verhütung II 403. Ueb. d. Studium d. Gesch. d. Wiss. v. —en, d. Gesellschaft u. dem Staat (Dilthey) X 118. 241. MERKEL, A. Schuppe 5. 6. MERX. Die Religionsphilosophie des Averroes XI 145. Das Gesetz der Codification XI 289. Merz, John Theodore, 1. Leibniz (Sch.) X X 48. 2. Dass. deutsch (Sch.) XXII 280 (Richter) 532. Metaphysik. J. Barthélémy - St. Hilaire, De la métaphysique XVI 305. Lott, - XVI 560. Weber, — XXIX 480. Gutberiet, Allgem. - XXVIII 486. McCosh, Treatise on — XXVIII 233. Bergmann, Vorl. üb. — XXV 477. Deussen, Elem. d. — XIV 161. Kirchner, Hauptpunkte d. - XVI 539. Dieterich, Grundz. d. — XXII 286. Krit. Grundlegung zur — (Bergmann) I 1. Möglichkeit d. — (Schaarschmidt) XX 398. Laurie, — nova et vetuata XXII 390. Fouillée, L'avenir de la métaph. fondée sur l'expérience XXVII 430. Flournoy, Mét. et psychologie XXVIII 352. Carus, — in Wissenschaft, Ethik u. Religion XIX 221. Methode u. Methoden. Mit bes. Bez.
XLVI auf Wundts Methodenlehre (Rabus) XXI 370. Die Methodik d. philos. Wissenschaft (Delff) III 449. Metrodori Epicnrei fragm. coli. Körte (Natorp) XXVII 621. Meurer, Chr., Verh. d. Schillerschen z. Kantschen Ethik XVIII 621. MEYEE, Jürgen Bona. Löwe 1. Meyer, J. B., 1. Kants Ansicht üb. d. Psychol. als Wissenschaft (Bergmann) III 166. 2. Kants Psychologie (Quäbicker) IV 114. 3. Weltelend u. Weltschmerz VIII 91. 4. Leitf. zur Gesch. d. Philosophie (Sch.) XIX 624. 5. Lockes Leitung des Verstandes übs. m. Einl. XX 300. D. Gemeinschaft d. Wissenschaften u. d. Facultäten (Chr.) III 174. IV 150. Meyer, Petrus, Quaestiones Platonicae I (Diinimler) XXVI 487. Meyer, Eichard, Ueb Bestrebungen u. Ziele d. wissenschaftlichen Chemie XVII 183. Meyer, Waldemar, D. Wahlfreiheit d. Willens in ihrer Nichtigkeit dargelegt (Wernicke) XXV 622. Meyer, Wolfgang Alexander, Hypatia von A lexandria. Beitr. z. Gesch. des Neuplatonismus (Richter) XXIII 498. MEYR, Melchior, Der wahre Gott von allen Seiten zu erweisen IV 263. Endlose Zeit u. Ewigkeit V 323. Ueb. d. Zeitgemässheit einer nähern Verb, d. Poesie m. d. Philosophie VI 366. Meyr, M., 1. D. Fortdauer nach d Tode (Hoffmann) IV 212. 2. Die Religion u. ihre jetzt gebotene Fortbildung ^ ü Ismann) VII 323. — M. Graf v. Bothmer u. M. Carriere, —. Biographisches. Briefe. Gedichte XI36. MICHAELIS, Kail Theodor. Krause, A. 1. Liard 1. S c h m i t z - ü u m o n t 2. Schultzky 1. Volkelt 2. Michelet, C. L . 1. D. Syst. d. Philos. als exaeter Wissenschaft. II. Naturphilos. III. Geistesphilos. (Weis) XV 479. Repl. v. M XVII 113, Dupl. v. Weis 115. IV. Philos. d. Gesch. (Weis) XVIII 293. 2. Ueb. einige Einwürfe g. —s System XIX 441. 3. Wahrheit aus m. Leben (Sch.) XXII 385. Ein fliegendes Blatt — s (Bergmann) I 483. Erw. auf - s Kritik m. Schrift üb. d. dialektische Methode (Hartmann) I 502. Ans einem Briefe — s (Not.) VIII 152.
Michelis, Fr., 1. K a i t vor u. nach d. J. 1770. Eine Kritik d. gläubigen Vernunft (Eyfferth) VII 258. 2. Die Philos. des Bewusstseins (Sch.) XIV 279. 3. Kathol. Dogmatik (Weis) XVII 272. 4. Piatons Theätet m. Bez. auf Schmidts Commentar etc. als Grundlage einer richtigen Erkenntnisslehre (Kleist) XX 268. 5. Das Gesammtergebniss d. Naturforschung denkend erfasst (Melzer) XXII 109. 6. Bed. des Neuplatonismus f. d. Entw. d. christl. Speculation (Sch.) XXIV 108. Mill, James. Bain, —. A Biography XVIII 417. Mill, John Stuart, Syst. d. ded. u. ind. Logik, übs. v. Gomperz (Sigwart) IX 124. Bain, —. A criticism, with personal recollections XVIII 417, Gomperz, —. Ein Nachrut'XXVl 103. Jevons üb. — (Imelmann) XV 129. Störring, —s Theorie üb. d. psycbol. Ursprung des Vulgärglaubens an die Aussenwelt XXVIII 228. Mohr, Jakob, Grundlage d. empirischen Psychologie (Sch) XIX 217. Molinier, Aug., Les pensees de Pascal (Sch ) XVI 457. Mollat, (ieorg, 1. Rechtsphilosophisches aus Leibnizens ungedr. Schriften (Sch ) XXIV 104. 2. Lesebuch z. Gesch. d. Staatswissensohaft d. Auslandes; dsgl. 3. Z. Gesch. d. deutschen Staatswiss. (Barth) X X X 207. Molsdorf, Wilh., D. Idee d. Schönen in d. Weltgestaltung bei Thomas v. Aquino (Melzer) XXIX 624. Monismus. Rosenthal, D. monistische Philos. XVIII 177. Stern, Philos. u. naturwiss. — XXIII 484. Bergmann, Materialismus u. — XIX 212. Wundts animistischer — (Bau mann) XVII 558. XIX 354. Ist d. pessimistische — trostlos? (Hartmann) V 24. Monotheismus. Hecker, Die Israeliten u. d. — XVI 374. MONRAD, M. J., Hamlet und kein Ende XIV 577. Ueb. d. sachl. Zusammenhang d. neuplatonischen Philosophie m. vorhergehenden Denkrichtungen, bes. dem Skepticisuius XXIV 156. Ueb. d. Gebet. Ein religionsphilos. Fragment (Monrad) XXVIII 25. Monrad, M. J . , Denkrichtungen d. neueren Zeit (Sch.) XVI 71.
XLVII Montaigne. G e o r g o v , — als Vertreter des Relativismus in der Moral (Ziegler) X X V I 612. Montargis, Fréd., L'esthétique de Schiller (Kühnemann) X X X 578. Montesquieu u. Caitesius ( Bussi IV l. Montgomery, E., Die Kantsche Erkenntnisslehre widerlegt v. S t a n d p . d. Empirie. Ein vorbereitender Beitrag z Begründung einer physiologischen N a t u i u u f f a s s u n g (Riehl) VIII 528. Moral. B a u m a n n , Handb. d. — XVII 843. Rothenbücher, Hdb. d. XXI 419. C a t h r e i n , —philosophie XXIX 233. T h o m a s , Principes de philos, morale XXVIII 185. Gizycki, Grundziige der — X X 564. Gizycki, - philos gemeinverständlich dargest. XXVI 210. Porter, Elements of moral science X X I I 618. G u y a u , Morale sans obligation ni sanction X X I I 277. HorwL z, Moralische Briefe XIV 552. Baizellotti, Il problema dejla morale XIX 115. Dessaignes, E t u d e s d e l'homme moral X X 29G. G r o t e , On the moral ideals XIV 45. Kirchner, Mangel eines allg. —principe in uns. Zeit XIV 372. Die Selbstpflicht in Syst. u. Gesch. d. — (Feuerlein) X I X 257. Caro, Problèmes de morale sociale XIII 286. A r r é a t , La morale dans le drame, l'épopée et le r o m a n XXI 503. XXVII 548. Cauer, Entst. d. - X I X 441. Verh. v. - u. Religion (Riehl) VIII 175. Die klass. — d. Katholicismus (Baumann) X V 449. Barzellotti, La morale nella filos. positiva VII 430. Nolen, Les recentes théories en morale XV 505. Fouillée, Critique des systèmes de morale contemporaine X X 549. Guyau, La mor. angl. contemporaine XVI 164. Alorin, A. S., Essai de critique r e ligieuse (Sch.) X X I I 288. Morin , Ch., S t r u c t u r e a n a t o m i q u e et n a t u r e des individualités du système nerveux (Ziehen) X X I X 487. Morris, George S., 1. K a n t s Critique of pure reason (Sch ) X I X 432. 2. Hegels philosophy of t h e s t a t e and of history (Sch.) X X V I 100. Mostratos, Demetrius G., D. Pädag. des Helvetius (Ziegler) X X I X 106. Moulart, Kirche u. S t a a t (Kühtmann) X I X 98.
M ü h l h ä u s e r , K . , Die Z u k u n f t der Menschheit XVIII 100. Miihry, Ad., 1. Ueb. d exaete N a t u r philosophie XV 499. 2. Kritik und kurze D a r l e g u n g d. exaeten N a t u r philosophie (Weis) X I X 614. Müller, Ferd. Aug., Das Axiom d. Psychophysik und die psychol. Bed e u t u n g der Weberschen Versuche (Philippi) X I X 574. Müller, F. Max, Three lectures on the science of t h o u g h t (Enoch) XXVIII 353. Tiele, — u. F. Schultze, üb. ein Probl. d. Religionswiss I X 179. E Schmidt, D. Philos. d. Mythologie u. - XVIII 103. M ü l l e r , Gg. E h , Z. G r u n d l e g u n g d. Psychophysik XIV 175. MÜLLER, H. F., Ein W o r t f ü r den P l o t i n X 1 3 6 5 . Zur L. v.Schönen bei Plotin XII 211. Plotin u. Schiller üb. d. Schönheit XII 385. Müller, H. F . , G. E. Lessing u. s. Stellung z. C h r i s t e n t h u m XVIII 100. Müller, J. G (biogr. Not.) VIII 150. Müller, Moritz, in Pforzheim, 1. Gedankenmainlinien o d e r : d u r c h N a c h t zum Licht. Kein R o m a n , sondern eine Denkanrege ( B e r g m a n n ) II 481. 2. In d. allg. Bildungsschulen der N a t i o n sollte d. lat. U n t e r r i c h t ausgeschlossen werden (Bratuschek) IV 122. 3. Die F o r t s e t z u n g unseres Lebens im Jenseits X X I 298. Müller, W i l l i b a l d , G e r h . van Swieten. Biogr. Beitr. z. Gesch. d. A u f k l ä r u n g in Oesterreich (Sch) X X I 428. M ü n c h , W . , Verm. Aufsätze über Unterrichtsziele u. U n t e r r i c h t s k u n s t a n höheren Schulen (Ziegler) X X V 111. M Ü N S T E R B E R G , Hugo. Fischer, E. L. 5. J a n e t 1. Kröner 1. Lipps 1. P a u l h a n 3. Pfersche 1. Ribot 9. Schubert-Soldern 4. Münsterberg, H., 1. Die Willensh a n d l u n g (Ziehen) X X V 597. 2. Der Urspr. d. Sittlichkeit (Staudinger) X X V I 436. 3. Beitr. z. experimentellen Psychologie I — I V (Ziehen) X X V I 603. X X V I I 57. XXVIII 67. X X I X 473. 4. Ueb. Aufg. u. Meth. d. Psychologie (Ziehen) X X I X 94. - M Ü N Z , Bernhard. Lockes Ethik X I X 344. G u t b e r i e t 2. Ölzelt-Newin 1. Münz, B., Lebens- u. W e l t f r a g e n . Philos. Essais (Spitzer) X X I I I 243.
XLVIII Münz, W i l h e l m , Die Grundlagen der Kantschen Enkenntnisstheorie. Einf. in d. Kr. d. r. V. ( W i t t e ) XXIV 614. Muff, Christian, Zwei Titanen, Prometheus und Faust X X 299. Mystik. Mysticisnius. D u P r e l , Philos. der - XXIII 103. Der trscdtale Idealismus Schopenhauers und der — cismus Meister Eckarts (Jonas) II 48. 161. Heppe, Gesch. d. quietistischen — in d. k a t h . Kirche XII 377. S t r a u c h , Marg. Ebner u. Heinr. v. Nördlingen Z. Gesch. d. deutschen X I X 227. L i n d , K a n t s myst. W e l t a n s c h . , ein W a h n d. mod. — X X I X 240. P a u l h a n , Le nouveau mysticisme X X I X 361. Mythologie. E. S c h m i d t , Philos. d. — XVIII 103. Nägeli, C. von, Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre. A n h a n g : 1) Die Schranken d. naturwiss. Erkenntniss. 2) K r ä f t e u. Gestaltungen im molekularen Gebiet (Henniger) X X I 47. N a h l o w s k y , Joseph W . , Das Gefühlsleben. 2. Aufl. (Schuppe) X X I 609. N a t g e , H a n s , Bacons Formenlehre (Ziegler) X X I X 87. N A T H A N , J u l i u s , Vom Gesetz d. vielen Ursachen. Beitr. z. Metaphysik. XVIII577. Vorstellen, Fühlen, W o l l e n . Eine psychologische Studie X X 219. Nationale Bestrebungen u. bestehende Staatsverbände (Jahr) V 84. N A T O R P , Paul. Galilei als Philosoph XV11I 193. Analecten z. Gesch. d. Philosophie XVIII 567. üeb. obj. u subj. B e g r ü n d u n g d. Erkenntniss XXI11 257. Zum E i n g a n g XXIV 1. Theina u. Disposition d. aristot. Metaphysik XXIV 37. 540. Aristoteles u. d. Eleaten X X V I 1. 147. Q u a n t i t ä t u. Q u a l i t ä t in Begriff, Urtheil u. gegenständlicher Erkenntniss. Ein Kapitel zur transcendentalen Logik XXVII 1. 129. Zu den Vorfragen d. Psychologie X X I X 581. ü e b . Sokrates X X X 337. Apelt 2. Arnim 1. Baeumker 2. B a u m a n n 5. Könitz 2. B r a n d t 1. Brochard 1. Bullinger 2. Cesca 1. Chiappelli 3. 4. Christ 1. Classen 1. Diimmler 1. 2. Enoch 1. E u c k e n 6 . 11. Geil 1. Gomperz 2. 3. 5.
Guggenheim 1. Hardy 1. Heinze 3. Höffding 3. J o ë l , K. 1. 2. Kahl 2. Kirchmann 15. Körte 1, Kriegsmann 2. Laas 2. Lange, F. A. 4. Lasswitz 2. Mavtinak 1. Neuhäuser 2. Pabst 1. P a p p e n h e i m 2. Pfleiderer 11. 12. Ritter, C. 1. Rohde 1. Siebeck 2. 3. Stein, Ludw. 1. 2. Stock 1. Sybel 1—4. Tannery 1. U s e n e r l . W i n d e l band 6. 7. Zeller 1. 2. 3. N a t o r p , P a u l , 1. Descartes' Erkenntnisstheorie, Studie z. Vorgesch. d. Kriticismus (Baumann) XVIII 595. 2. Forschungen z. Gesch. d. E r k e n n t nis8probl. im A l t e r t h u m (Richter) X X I 406. N a t u r . De R e r u m N a t u r a (Carus) X X X 307. Perty, Die — im Lichte philos. Anschauung VII 177. SchmitzD u m o n t , Die Einheit der — k r ä f t e X I X 374. Dreher, Z u s a m m e n h a n g d. — k r ä f t e X X I I 122 J a h r , Die —, d. Menschengeist u. s. Gottesbegriff V 348. Naturalismus. Löwenthal, Syst. u. Gesch. d. — II 470. Naturerkenntniss. Kroman, Unsere - X X 256. Naturforscher-Versammlung. Von der diesjährigen (Chr.) IV 75. 160. Naturforschung, Naturwissenschaft. Rosenkrantz, D. Principien d. — XV 93. Michelis, D. Gesammtergebniss d. — X X I I 1 0 9 . Preyer, —liehe Vort r ä g e XVII 497. Schultze, Philos. d. - X V I I I 6 0 1 . — u. Philos., eine Unt e r h a l t u n g in 2 Briefen ( H a r t m a n n ) VII 49. 97. Vaihinger, — u. Schule XXVI 115. N a t u r g e f ü h l . Biese, Entw. d. —s bei Griechen u. Römern XXII 305; desgl. im Mittelalter u. d. Neuzeit X X V I I 174. Naturphilosophie Pesch, — X X I I 23;S. Gutberiet, - XXII382. Schncid, - nach S. Thomas X X V I I I 239. Lotze, Grundz. d. — XX 293. Miihry, Ueb.d. exacte - XV 499; ders., Kritik u. Darlegung der ex. — X I X 614. Naville, E r n e s t , 1. La logique de l'hypothèse ( Sch. ) ,XV1I 76. 2. La physique moderne. Études historiques e t philosophiques (Sch.) XX 552. 3. Dass. 2. éd. (Wernicke) X X V I I I 235. Neff, L., Ueb. d. Abfassungszeit v. Leibnizens Unvorgreiflichen Gedanken X V I I 295.
XLIX Nenite8cu, Joan, Die Affectenlehre Spinozas (Lülmann) XXIV 366. NEUDECKER, G. Girard 1 Krause, K. Chr. Fr. 1. Siebenlist 1. Neudecker, G., 1. Studien z. Gesch. d. deutsehen Aesthetik seit Kant (Lasson) XVI 301. 2. Gründl, d. reinen Logik (Rabus) XIX 210. 3. Das Grundprobl. d. Erkenntnisstheorie (Lasson) XIX 425. 4. Der klass. Unterr. u. d. Erziehung zu wissenschaftl. Denken (Ziegler) XXVII 117. 5. Grammatik od. Logik? Klassisch od. Deutsch? (Ziegler) XXVIII 104. NEUHÄUSER, J. Baeumker 1. Neuhäuser, J.. 1. Aristoteles L. v. tl. sinnl. Erkenntnissvermögen u. s. Organen (Barach) XV 73. 2. Anaxiinander Milèsius (Natorp) XX 367. Neuplatonismus. Zusammenhang des — mit vorhergehenden Denkrichtungen , bes. dem Skepticismus (Monrad) XXIV 156. Neuthomismus. Der — u. d. neuere Wissenschaft (Eucken) XXIV 575. Newton. Durdik, Leibnitz u. — IV 226. Nicolai, Willielm, Ist der Begr. d. Schönen bei Kant conséquent entwickelt? (Kühnemann) XXVII 443. Nicolaus von Gues. — (Eucken) XIV 449. Uebinger, Philos, des — ; Falckenberg, Grundz. d. Philos, des - (Eucken) XVII 109. Uebinger, Philos, des - (Eucken) XXV 240. Nietzsche, Fr. Wilh. (biogr. Not.) VIII 94. Nitsche, Adolf, Lehrb. d. Logik (Ziegler) XXVIII 111. Noack, Ludwig, Philosophie - geschichtliches Lexikon (Sch.) XIII 464. XIV 539. XV 184. Nohle, Carl, Die Staatslehre Piatos in ihrer gesch. Entwicklung XVII 374. (Tönnies) XVIII 76. Nolen, Désiré, 1. La critique de Kant et la métaphysique de Leibniz (Sch.) XIII 380. 2. L'histoire du matérialisme de Lange XIV 181. 3. D. Philos, d. Unbewussten von E. v. Hartmann übs. (Franck) XIV 193. 4. Les récentes théories en morale XV 505. 5. La science du beau et ses récents interprètes XVI508. 6. Leibniz, La monadologie (Nouv. éd.) XVIII 105. Notwendigkeit. Psychologisch -
metaph. Analyse des Begr. d. — (Struve) X 1. 68. Erkl. d. Begr. d. — (Hoppe) X 248. Stille, Universal necessity XVIII 435. Notowitch, O. K., La liberté de la volonté (Wernicke) XXV 622. Novalis. J. M. Raich, — Briefw. mit Familie Schlegel XVIII178. —. Nachlese aus den Quellen des Familienarchivs. 2. Aufl. (Sch.) XXI 423. Nyblaeus, A., 1. Om den Boströmska filosofien ; 2. Om Boströms idélâra (Borelius) XXI 235. Obermann, J., Grundfragen d. Lo) u. a a u c h a u f d e n Z u s a m m e n h a n g K a n t s mit Schiller in B e z i e h u n g a u f den F o r m b e g r i f f a u f m e r k s a m g e w o r d e n w a r , e r i n n e r t e mich die von V a i h i n g e r als k a n t i s c h citirte l ä n g e r e Stelle a n eine a u f f a l l e n d ä h n l i c h e , die ich in S c h i l l e r s »Briefen ü b e r die aesthelische E r z i e h u n g d e s M e n s c h e n « gelesen h a t t e . Die 17 Zeilen von »Hier m ü s s e n — k ü m m e r n « f i n d e n sich n a h e z u w ö r t l i c h in d e m 19. v o n S c h i l l e r s aesthetischen B r i e f e n . ( C o t t a 1838. XII S. 8 0 f 2 ) . Ich ü b e r z e u g t e m i c h s o d a n n , dass sich in d e r T h a t in d e m v o n R e i c k e e d i r t e n » u n g e d r u c k t e n W e r k von K a n t a u s seinen letzten L e b e n s j a h r e n « (Altpreuss. M o n a t s s c h r . X X I . 366) die von V a i h i n g e r a n g e z o g e n e Stelle, o h n e jede B e m e r k u n g ü b e r ihren U r s p r u n g , mit u n w e s e n t lichen A b w e i c h u n g e n a b g e d r u c k t findet. Ich stelle im folgenden K a n t s u n d Schillers »Lesart« n e b e n e i n a n d e r . ( V a i h i n g e r s n u r in w e n i g e r S p e r r u n g e n des Drucks b e s t e h e n d e A b w e i c h u n g e n v o n
1) K. V o r l ä n d e r , Der Formalismus der Kantischen Ethik in seiner Notwendigkeit und Fruchtbarkeit. In -Diss. Marburg 1893. '¿) N i c h t S. 60, wie in meiner Dissertation S. 64 verdruckt ist. S. 63 Anm. 8 steht die richtige Seitenzahl (80).
E. V o r l ä n d e r :
Z u s a m m e n h a n g Kants m i t Schiller.
Kant ergeben sich leicht durch eine Vergleichung mit Abdruck).
59
obigem
Schiller.
Kant.
Hier müssen wir uns nun erinnern, daes wir den endliehen, nicht den unendlichen Geist vor uns haben. Der endliche Geist ist derjenige, der nicht anders als durch Leiden t h ä t i g wird, n u r d u r c h Schranken zum Absoluten g e l a n g t , nur, insofern er Stoff e m p f ä n g t , h a n d e l t und bildet. Ein solcher Geist wird also mit dem Triebe nach F o r m oder nach dem Absoluten einen T r i e b nach Stoff oder nach Schranken verbinden, als welche die Bedingungen sind, ohne die er den ersten Trieb weder haben noch befriedigen könnte. Inwiefern in demselben Wesen zwei so entgegengesetzte Tendenzen zusammen bestehen können, ist eine A u f g a b e , die zwar den Metaphysiker, aber nicht den Transscendentalphilosophen in Verlegenheit setzen kann. Dieser gibt sich keineswegs d a f ü r aus, die Möglichkeit der Dinge zu erklären, sondern b e g n ü g t sich, die Kenntnisse festzusetzen, aus welchen die Möglichkeit der Erf a h r u n g begriffen wird. Und da nun E r f a h r u n g ebensowenig ohne j e n e Entgegensetzung im Gemüthe als ohne die absolute Einheit desselben möglich wäre, so stellt er beide Begriffe mit vollkommener Befugniss als gleich nothwendige Bedingungen der E r f a h r u n g auf, ohne sich weiter um ihre Vereinbarkeit zu bekümmern.
Hier müssen wir uns nun erinnern, dass wir den endlichen, nicht den unendlichen Geist vor uns haben. Der endliche Geist ist derjenige, der nicht anders als nur durch Leiden t h ä t i g wird, n u r durch Schranken zum Absoluten gelangt, nur, insofern er Stott e m p f ä n g t , handelt und bildet, Ein solcher Geist wird also mit dem T r i e b n a c h F o r m oder nach dem Absoluten einen T r i e b n a c h S t o f f oder nach Schranken verbinden, als welche die Bedingungen sind, ohne welche er den ersten Trieb weder haben noch befriedigen könnte. I nw i e f e r n in d e m s e l b e n W e s e n z w e i so e n t g e g e n g e s e t z t e T e n denzen zusammen bestehen k ö n n e n , ist eine Aufgabe, d i e z w a r den Metaphysiker, a b e r n i c h t d e n Transscendentalphilosophen in V e r l e g e n h e i t s e t z e n k a n n . Dieser g i b t s i c h k e i n e s w e g s d a r für aus, die M ö g l i c h k e i t deD i n g e zu erklären, sondern b e g n ü g t sich, die Kenntnisse festzusetzen, aus welchen d i e M ö g l i c h k e i t der Möglichkeit d e r E r f a h r u n g begriffen wird. Und da nun die Erf a h r u n g ebensowenig ohne j e n e E n t gegensetzung ') als ohne •) absolute Einheit desselben") möglich wäre, so s t e l l t er beyde Begriffe mit vollkommener Befugnissais gleich n o t h w e n d i g e B e d i n g u n g e n der E r f a h r u n g auf, ohne sich weiter um ihre Vereinbarkeit zu k ü m m e r n .
1) Die W o r t e »im Gemüte» fehlen bei Kant-Vaihinger. 2) Der Artikel »die» fehlt bei Kant-Vaihinger. 3) So auch bei V a i h i n g e r !
60
K. V o r l ä n d e r : Zusammenhang Kants mit Schiller.
Aus einer Vergleichung Thatbesland:
beider
Stellen
ergibt sich
folgender
Kants W o r t e entsprechen den Schiller'schen, mit A u s n a h m e nachstehender Abweichungen: 1) An 6 Stellen findet sich bei Kant g e s p e r r t e r Druck, bei Schiller (dessen Original-Ausgabe ich mir allerdings nicht beschaffen konnte) nicht. 2) An 4 weiteren Stellen finden sich unwesentliche A e n d e r u n g e n , die den Sinn nicht stören, nämlich a) »nicht a n d e r s als n u r durch Leiden« statt »nicht a n d e r s als d u r c h Leiden« — b) »welche« statt »die« — c) »d i e E r f a h r u n g « a n s t a t t »Erfahrung« — endlich d) »absolute Einheit« a n s t a t t »die absosolute Einheit«. Dagegen enthält 3) die kantische Stelle — und ebenso deren Abdruck bei Vaihinger — zwei ganz sinnstörende A e n d e r u n g e n : a) Durch den Zusatz der zwei W o r t e »der Möglichkeit« wird die Schiller'sche, auch bei K a n t sonst häufig erscheinende, »Möglichkeit der E r f a h r u n g « zu einer mystisch-dunklen » M ö g l i c h k e i t d e r M ö g l i c h k e i t der E r f a h r u n g « , b) Durch die W e g l a s s u n g der W o r t e »im Gemüthe« wird das folgende »(absolute Einheit) desselben« beziehungs- und infolgedessen vollkommen sinnlos. Soweit der a u s einer g e n a u e n Vergleichung beider Stellen sich ergebende T h a t b e s t a n d . W a s folgt d a r a u s ? Vor a l l e m : die U e b e r e i n s t i m m u n g beider Stellen ist s o stark, dass nicht n u r eine Benutzung, sondern geradezu ein A u s s c h r e i b e n des einen Schriftstellers d u r c h den a n d e r n s t a t t g e f u n d e n h a b e n m u s s . N u n b r a u c h t m a n nicht einmal zu betonen, dass der Stil m e h r auf Schiller hinzuweisen scheint — worin ja immerhin subjectivem E m p f i n d e n S p i e l r a u m gelassen w ä r e — ferner, dass die betreffenden Zeilen bei K a n t weit weniger in den Z u s a m m e n h a n g passen als bei Schiller - w a s u m f a s s e n d e r e A u s f ü h r u n g e n erfordern w ü r d e — : viel zwingender ist e i n e einfache c h r o n o l o g i s c h e Betrachtung. Schillers »Briefe über die aesthetische Erziehung des Menschen« sind zuerst in den H ö r e n von 1795 g e d r u c k t w o r d e n , die Stelle in Kants O p u s p o s t u m u m dagegen ist in dessen letzten L e b e n s j a h r e n (1800—1804) geschrieben u n d erst 1883 im Druck erschienen! Da also Schiller u n m ö g l i c h d a s K a n t ' s e h e W e r k oder M a n u script benutzt haben k a n n , so ist n u r d a s U m g e k e h r t e möglich:
K. V o r l ä n d e r : Zusammenhang Kants mit Schiller.
61
K a n t hat die Steller aus Schiller a u s g e s c h r i e b e n . W i e u n d w a r u m sie n u n g e r a d e an den bezeichneten Ort ger a t h e n isl, d a r ü b e r wird Sicheres wohl k a u m m e h r a u s z u m a c h e n sein. W i r können n u r v e r m u t h e n , dass K a n t s i c h die ihm b e d e u t e n d erscheinende u n d im ganzen gewiss s y m p a t h i s c h e (s. u n l e n ) Stelle aus Schiller zum Zwecke der B e n u t z u n g in seinem W e r k e notirt h a t t e ; weshalb die Bezeichnung ihres U r s p r u n g s fortblieb und wie die oben festgestellten A b w e i c h u n g e n zu erklären sind, d a r ü b e r lassen sich gleichfalls n u r V e r m u t h u n g e n anstellen. Die bei Kant in gesperrten Druck gesetzten W o r t e waren, wie sich bei n ä h e r e r B e t r a c h t u n g ergibt, diejenigen, welche ihm, vom S t a n d p u n k t der t r a n s s c e n d e n t a l e n Methode aus, am wichtigsten und (zum grössten Theil) a u c h sympathischsten erscheinen m u s s t e n . Von den A e n d e r u n g e n a b e r sind die beiden allein wesentlichen, sinnstörenden, (S. 60) wie z. B die selbst Vaihinger nicht auffallend erschienene »Möglichkeit der Möglichkeit der E r f a h r u n g « , keineswegs e t w a P r o b e n philosophischen Tiefsinns, s o n d e r n sie erklären sich a m natürlichsten a u s der z u n e h m e n d e n S c h w ä c h e des Alters, die sich ja in dem letzten W e r k e des grossen Genius vielfach b e m e r k b a r m a e h t (cf. Reicke). — So u n s e r e A n s i c h t : es müsste d e n n der verdiente H e r a u s g e b e r d e r nachgelassenen K a n t i a n a infolge einer nochmaligen Durchsicht des Manuscripts n e u e Momente beizubringen im S t a n d e sein. W i r haben dem im Vorigen von uns dargelegten m e r k w ü r d i g e n Z u s a m m e n h a n g e Kants mit Schiller eine ausführlichere E r ö r t e r u n g widmen zu dürfen geglaubt, einerseits wegen d e r B e d e u t u n g ihrer Persönlichkeit, andererseits a b e r auch wegen der inhaltlichen Wichtigkeit, die g e r a d e unserer Stelle mit R e c h t von hervorragenden K a n t - K e n n e r n beigelegt w i r d , u n d auf die wir d a h e r zum Schlüsse wenigstens kurz h i n d e u t e n wollen. V a i h i n g e r n e n n t sie in seinem d a n k e n s w e r t h e n C o m m e n t a r e , wie wir oben s a h e n , »äusserst interessant.« Und C o h e n bezeichnet g e r a d e u n s e r e Stelle als den »vielleicht genauesten Ausdruck des E i n v e r n e h m e n s « von K a n t und Schiller, v e r n i m m t in ihr »die m ü n d i g e S p r a c h e des t r a n s s c e n d e n t a l e n Apriorismus« (Kants Begr. d. Aesthetik S. 379). Ich erklärte n u n allerdings bereits in m e i n e r Dissertation x ), dass ich so weit 1) S. G4.
62
Becensionen: O t t o A p e l t ,
wie Cohen nicht gehe. Mir scheinen insbesondere die erstenSätze unserer Stelle mit ihrem »Form- und Stoff-Trieb«, ihrem »Absoluten«, ihren »entgegengesetzten Tendenzen in demselben Wesen« in Sprache und Gedanken vielmehr von F i c h t e ' s c h e m Geiste beeinflusst. Zu diesem Resultate, welches Vaihinger a. a. 0 . zieht, war ich auch meinerseits, unabhängig von ihm, gekommen ; nur, dass die Verwandtschaft in diesem Falle eben n i c h t K a n t , sondern S c h i l l e r trifft, der auch an anderen Stellen sich von Fichte's Philosophie berührt zeigt '). Dagegen sind namentlich die späteren Sätze, diu dem »Metaphysiker« den »TransscendentalPhilosophen« entgegenstellen, die »Bedingungen der Erfahrung« aus »Kenntnissen« festsetzen, ohne sich um die psychologische Vereinbarkeit zu kümmern oder die »Möglichkeit der Dinge erklären« zu wollen, echte Kinder der tiansscendentalen Methode, als deren Jünger sich Schiller gern und oft bekannt h a t 2 ) . So lässt sich denn auch der Umstand, dass Kant, wenn auch erst in eines seiner spätesten W e r k e , jene Stelle des Dichter-Philosophen aufgenommen hat, deuten als ein neues Zeugniss für die Geistesverwandtschaft der beiden grossen Idealisten; und wir können, sobald wir nicht auf den Buchstaben , sondern auf den lebendig machenden Geist sehen, mindestens bezüglich der Zeitgenossen Kants dem Worte Cohens a. a. 0 . beistimmen, dass von ihnen »Niemand den schlichten und den tiefen, den ewig wahren Sinn der kantischen Methode des Philosophirens so deutlich begriffen habe, wie der Dichter des Ideals.«
Beiträge zur Geschichte der griechischen Philosophie von Otto Apelt.
Leipzig, B. G. Teubner. 1891.
XIV, 402 S.
8°.
Von den acht Abhandlungen, aus denen diese »Beiträge« sich zusammensetzen, sind nur I und VI schon früher erschienen; gern hätte man auch die werthvolle Untersuchung über Melissos (Jahrb. f. class. Philol. 1886) darin aufgenommen gesehen. Der Verfasser ist als ein vorzüglicher Kenner der griechischen Philosophie mit Recht angesehen; ausser einer 1) vgl. ebd. S. 63. 2) ebd. S. 64.
Beiträge zur Geschichte d. griech. Philosophie (von P. Natorp). trefflichen philologischen
A u s r ü s t u n g bringt er — der Sohn von
Ernst Friedrich Apelt — ständniss meisten
für
die
warmes
Interesse
und
sicheres
philosophische Seite der A u f g a b e
Ver-
mit.
Am
t r i t t d a s in d e n d r e i e r s t e n A b h a n d l u n g e n , ü b e r P i a t o n s
P a r m e n i d e s und Sophisten hervor,
auf
die
n ä h e r liegt, sucht
63
etwas
d a er an
und über Aristoteles Kategorienlehre,
genauer
einzugehen
dem
Ref.
um
so
d e n s e l b e n A u f g a b e n sich gleichfalls v e r -
hat.
I. Die e r s t e Sl u d i e , ü b e r P i a t o n s P a r m e n i d e s , g e h t a u s von einer sorgfältigen logischen Analyse der Antinomien, d e n zweiten Theil des Dialogs bilden. Reihe von Fehlschlüssen, und
auf
der
von
ihm
w i e sie P i a t o n a u c h
erreichten
welche
Es zeigt sich d a r i n
Stufe
der
sonst
eine
begegnen
Herrschaft
über
begriffliche Schwierigkeiten begreiflich s i n d ; d a n e b e n a b e r
nicht
w e n i g e Missgriffe, d i e e r s o n s t m i t S i c h e r h e i t v e r m e i d e t u n d
die
d e m f e i n e n D i a l e k t i k e r , a l s w e l c h e n d e r A u t o r d e r S c h r i f t sich übrigens beweist, schwerlich bewusstlos begegnet sind. Uebertrumpfung der
Eleaten
in
der
eleatischen Dialektik,
denselben
Strudel
von
dass
lassen.
einerseits
die
Einen, andrerseits wird.
»Eine«
Widersprüchen
stürzt,
Als ernster E r t r a g bleibt Schwierigkeiten
E s ist e i n e das
Veränderlichkeit
w o r i n Z e n o n die W e l t d e r Vielheit u n d untergehen
welche
im
Begriff
die Unentbehrlichkeit
hatte
höchstens des
übrig,
(an
sich)
dieses Begriffs f ü h l b a r handle,
dass die
n o t h w e n d i g e I m m a n e n z d e r E r s c h e i n u n g e n in d e r I d e e
D a s s es s i c h d a b e i u m P i a t o n s » I d e e «
bewiesen
w e r d e n solle, ja dass P i a t o n ü b e r h a u p t je a n diese
Immanenz
g e g l a u b t h a b e , l e u g n e t A p e l t ; d a s L e t z t e r e sei d u r c h
Ueberweg
(Fleckeisens J a h r b . 1889)
hinreichend
widerlegt.
Derartiges beabsichtigt, so müsste m a n , haftere Behandlung
erwarten.
Doch
meint er,
entschliesst
A p e l t n i c h t d e n D i a l o g f ü r u n p l a t o n i s c h zu e r k l ä r e n . ihm
haltbar u n t e r der (zuerst von S t a l l b a u m
Wäre
etwas
eine
ernst-
sich
darum
Er scheint
vertretenen,
von
Zeller n e u e r d i n g s a n g e n o m m e n e n ) V o r a u s s e t z u n g , d a s s die Einwürfe gegen dern
von
d i e I d e e n l e h r e (p. 1 3 0 ff.) n i c h t v o n P i a t o n ,
den
Megarikern
herrühren,
wie
denn
der
sonrgirog
ccv&Qcanog in d e r T h a t d e m P o l y x e n o s , d e m G e n o s s e n d e s B r y s o n von
Herakleia,
zugeschrieben
wird.
Piaton
empfinde
E i n w ü r f e als w i r k l i c h e S c h w i e r i g k e i t e n , o h n e s i c h d o c h an der Wahrheit der Ideenlehre
diese
dadurch
irre m a c h e n zu l a s s e n ;
daher
64
Recensionen: O t t o A p e l t ,
b e a n t w o r t e er sie n i c h t d u r c h einen directen W i d e r l e g u n g s v e r s u c h , s o n d e r n d u r c h A u f d e c k u n g der weit grösseren S c h w i e r i g keiten , w e l c h e die e l e a t i s c h - m e g a r i s c h e Einheitslehre d r ü c k e n , u n d z w a r n a c h d e r e n eigener M e t h o d e ; w o d u r c h sich i h m z u gleich die Gelegenheit zu einer m e i s t e r h a f t e n P e r s i f l a g e d i e s e r M e t h o d e biete. Es sei ein dnoötSovai tuvtcc xal n k i m , wie es 128 D von Z e n o n heisst. Aristoteles h ä t t e d a n n n u r die m e g a rischen E i n w ü r f e v e r t i e f e n d w i e d e r h o l t ; d a s s t a n d ihm frei, w ä h r e n d es auffällig w ä r e , w e n n P i a t o n diese E i n w ü r f e zuerst gegen sich selber e r h o b e n (also natürlich n i c h t f ü r » g r u n d s t ü r z e n d « a n g e s e h e n ) u n d d a n n Aristoteles sie, o h n e d a r a u f R ü c k s i c h t zu n e h m e n , wie w e n n sie von ihm selber a u s g i n g e n , w i e d e r h o l t h ä t t e . Die E i n k l e i d u n g d e s Dialogs erklärt sich a u s diesen V o r aussetzungen für Apelt s o : Paimenides führt das W o r t , indem gezeigt w e r d e n s o l l , d a s s die w a h r e V o l l e n d u n g d e s von P a r m e n i d e s Gewollten in d e r Ideenlehre, nicht in d e r m e g a r i s c h e n Dialektik liege; d e r j u n g e S o k r a t e s v e r t r i t t den j u g e n d l i c h e n P i a t o n , d e r von d e r N o t w e n d i g k e i t , Ideen a n z u n e h m e n , d u r c h d r u n g e n i s t , die Schwierigkeiten dieser A n n a h m e a b e r n o c h nicht g e h ö r i g k e n n t , g e s c h w e i g e aufzulösen weiss. Die A b fassungszeit b e t r e f f e n d , s u c h t Apelt zu b e w e i s e n , d a s s d e r P a r m e n i d e s d e m T h e a i t e t o s u n d d e m Sophisten v o r a u s zu d e n k e n sei. J e d e n f a l l s d e r zweite Theil falle in die F r ü h z e i t P i a t o n s , e r sei vielleicht (indem d a s 128 D von Z e n o n G e s a g t e wirklich v o n P i a t o n gelte) d u r c h Indiscretion gegen seinen Willen b e k a n n t g e w o r d e n u n d d a r a u f von P i a t o n , um den ersten T h e i l vermehrt, herausgegeben worden. — Mir s c h e i n e n die S c h w i e r i g k e i t e n des Dialogs d u r c h diese so wenig wie d u r c h eine d e r b i s h e r v e r s u c h t e n A n n a h m e n gelöst zu sein. B e s o n d e r s f ü r die so g a n z u n g e w ö h n l i c h e Rolle d e s S o k r a t e s u n d d a s V e r h a l t e n d e r beiden E l e a t e n gegen diesen vermisse ich die b e f r i e d i g e n d e E r k l ä r u n g . Der noch j u g e n d l i c h e S o k r a t e s tritt gegen Zenon u n d P a r m e n i d e s ziemlich keck a u f ; im Besitze d e r I d e e n l e h r e g l a u b t e r sich o f f e n b a r ü b e r d e n E l e a t i s m u s weit h i n a u s ; e r wird indess von P a r m e n i d e s — w ä h r e n d Z e n o n seine eben verlesene S c h r i f t , als einen J u g e n d s t r e i c h , fast preisgibt — mit h e r a b l a s s e n d e r m u n t e r n d e m L o b doch s e h r b e s t i m m t in seine S c h r a n k e n z u r ü c k g e w i e s e n ; e r weiss a u f die von P a r m e n i d e s gegen die I d e e n l e h r e v o r -
Beiträge zur Geschichte d. griech. Philosophie (von P. Natorp).
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g e b r a c h t e n E i n w ä n d e nichls zu a n t w o r t e n ; u m ihm a b e r r e c h t f ü h l b a r zu m a c h e n , wie s e h r es ihm a n dialektischer S c h u l u n g nocii g e b r i c h t , w e r d e n die A n t i n o m i e n des zweiten T h e i l s v o r g e f ü h r t , w e l c h e die von S o k r a t e s v o r h e r keck h i n g e w o r f e n e F o r d e r u n g : nicht bloss die E r s c h e i n u n g e n , s o n d e r n die reinen Begriffe selbst in allseitigen W i d e r s p r u c h zu v e r w i c k e l n , n u r allzu wörtlich erfüllen (vgl. 129 A — 130 A, bes. 129 E ei Tic t'xoi
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Tilixoj.li-viT, l o i c Xoyi
c c v t f j v a 7i o g i av wGTTiQ tv zoic G[iü>
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toTg f iU c. — H a u s r a t h , A., Peter Abälard. Ein Lebensbild VI, 313 S. 8. Leipzig, Breitkopf u. Härtel, n. 6 M., geb. nn 7 M. — A l b e r t u s M a g n u s , B., Orationes super IV libros sententiarimi. Iuxta editionem prineipem saec. XV. cum dissertatione praemissa in lucem revocavit N. Thoemes. XX, 40 S. 10. Berlin, Wilh. Homburg, n. 1 M. — l ' h i l o s o p h i a Laccnsis sive series institutionum philosophiae scholasticae, édita a presbvteris socielatis lesu in collegio quodam B. Mariae ad Lacum disciplinas philosophicas prot'essis. Institutiones theodicaeae sive theologiae naturalis secundum principia S. Thomae Aquinatis ad usum scholasticum accommodavit 1. Hontheim. X , 831 S. gr. 8. Freiburg i. B., Ilerder'sclie Verlagsh. n. 8 M , g e h in Ilalbfrz. n. 10 M. — T o r n a t o r e , J. B , De humanae cognitionis m o d o , origine ac profectu ad nientem s. Thomae doctoris angelici. Editio altera. Piacenza. 16. 193 pp. 2 1. — P e s c h , T . , Seele und Leib als zwei B e s t a n d t e i l e der einen Menschensubstanz, gemäss der Lehre des h l Thomas v. Aquin. Vortrag. 31 S. gr. 8. F u l d a , Fuldaer Actiendruckerei. n. 60 Pf. — P l u z a n s k i , E., Saggio sulla filosofia del Duns Scoto. Prima traduzione itaiiana di A. Alfani. Firenze. 308 p. 16. 1. '2.50. — J ä g e r , Tb., Heinrich Seuse aus Schwaben (genannt Suso). Ein Diener der ewigen Weisheit im 14. J a h r h u n d e r t . VIII, 100 S. 12. Basel, J a e g e r u. Kober. n. 1 M. — B a c o , R . , Lettre sur les prodiges de la nature et de l'art, traduite et commentée par A. Ris^o. 12. 75 c. — V e n e t i a n e r , L., das Buch der Grade von Schemtob b. J o s e p h ibn Falaquera. Nach Handschriften herausg u. mit einer Einleitung versehen. XVII, 8 t S. gr. 8. Berlin, S. Calvary und Co. n. 2 M. 80 Pf. — V o i g t , G., Die Wiederbelebung des classischen Alterthums oder das erste J a h r h u n d e r t des Humanismus. (In 2 Bdn.) 1. Bd. 3. Auf! , besorgt von M. Lehnerdt. XVI, 591 S. gr. 8. Berlin, Georg Reimer. 10 M. 2. Bd. 3. Aufl, besorgt von M. Lehnerdt. VIII, 543 S. gr. 8. Ebda. 10 M. — O w e n , J . , The skeptics of the Italian renaissance. 446 p. 8. London, Swan Sonnenschein. 10 sb. 6 d. — M u r m e l l i u s , J., ausgewählte Werke des münsterischen Humanisten J . M., herausg. von A. Börner. 3. Heft. 8. Münster, Regensberg'sche Buchh. n. 3 M. Elegiarum moralium libri IV, in eiuem Neudruck herausg. X X I I , 139 S. — M o n t a i g n e ' s Essays. Done into English by John Florio. Edited with introduction by George Saintsbury. 1. Book. y Charles Cotton. Edited, with some account of the life of the a u t h o r , and notes by W . Carew Hazlitt. 2. ed. revised. 3 vols. Portrait. 8. Bell and sons. 14 sh. — B a c o n , Lord, Novum organon. (Sir J . Lubbock Hundred Books.) 242 pp. or. 8. Routledge. 2 sh. 6 d. — B a c o n ' s Advancement of learning. Book 1. Edited, with introduction and notes by F. (i. Selby. 140 p. cr. 8. London, Macmillan. 2 sh. — Book II. Ed. by F. G. Selby. 212 p. cr. 8. Ebda. 3 sh. 6 d. — B a c o n , Francis, Thoughts t h a t breathe and words that burn, from the writings of. Selected by Alexander B. Grosart. (Elizabethan library.) Portrait. 21. XVII, 206 S. Elliot Stock. 3 sh. 6 d. — F o n s e g r i v e , G. L . , Francis Bacon. 424 p. et portrait. 16. Paris, Lethellieux. — J u n g , E . , Causa finalis. Eine Bakostudie. Diss. 35 S. gr. 8. Giessen, C. v. Münchow. n. 1 M. — L u d e w i g , C., die Substanz-
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218
Recensionen-Verzeichniss.
Recensionen-Verzeichniss. F . E . A b b o t , d e r W e g au8 d e m A g n o s t i c i s m u s . ( D t s c h e . L i t z t g . 32 v. F r . J o d l . ) — A l b e r t i M a g n i o r a t i o n e s e d . T h o e m e s . (L. C. 36.) — E . A H a i n , l ' œ u v r e s c o l a i r e de l a r e v o l u t i o n . ( R e v u e c r i t . 5 0 von A. G a z i e r . ) — 'AçyvçiciifTjç, ôioQ&waeiç eis i « 'AQiaioxéXovs JloXirixci. TEV%OÇ «. ( W o c h e n s c h r i f t f ü r class. P h i l o l . 1894, 1. v. C. H o l z i n g e r . ) — A r i s t o t e l i s IloXizeia 'A&ijvaitov e d . F r . Blass. (Berl. philol. W o c h e n s c h r i f t 4 3 v. Br. Keil.) — A r i s t o t l e , T h e N i c o m a c h e a n E t h i c s t r a n s (Berliner l a t e d w i t h a n a n a l y s i s a n d c r i t i c a l n o t e s b y J . E . C. W e l l d o n . p h i l o l . W o c h e n s c h r . 44 v. M . W a l l i e s . ) — A r i s t o t l e on t h e c o n s t i t u t i o n of A t h e n s e d . b y K e n y o n . ( B e r l p h i l o l . W o c h e n s c h r . 4 3 v. Br. K e i l . ) — A r i s t o t l e o n t h e c o n s t i t u t i o n o f A t h e n s , t r a n s l a t e d b y B. T o s t e . ( B e r l . p h i l o l . W o c h e n s c h r . 20 v. F r . C a u e r . ) — A r i s t o t l e ' s C o n s t i t u t i o n of A t h e n s b y J . E. S a n d y s . (Berl. p h i l o l . W o c h e u s c h r . 45 v. V. v. S c h o e f f e r . ) — A u g u s t i n i o p e r a Sectio V I rec. Z y c h a . ( B e r l . p h i l o l . W o c h e n s c h r . 15 v. H. W o t k e . ) — E 6 . B a a d e r , ü b e r d i e E m p f i n d l i c h k e i t d e s A u g e s f ü r Lichtwechsel. ( Z e i t s c h r . f. P s y c h o l , u. P h y s i o l , d . S i n n e s o r g g . 4. 5 . v o n A. K ö n i g . ) — F . B a r t e l s , d i e S i t t e n l e h r e d e r e v a n g e l i s c h - l u t h e r i s c h e n K i r c h e n a c h i h r e n B e k e n n t n i s s s c h r i f t e n . ( D t s c h e . L i t z g . 43 v. D o r n e r . ) — A Bastian, der Buddhismus als religionsphilosophisches System. ( V i e r t e l j a h r s s c h r . f. wiss. P h i l o s . 17, 3 v. T h . A c h e l i s . ) — A. B a s t i a n , W i e d a s V o l k d e n k t . ( G ö t t . g e l . A n z . 19 v. B a u m a n n . ) — A. B a s t i a n , D i e V e r b l e i b s o r t e d e r a b g e s c h i e d e n e n S e e l e . (L. C. 1894, 6.) — J . B a u m a n n , Volksschulen, höhere Schulen. ( L . C. 3ti.) — C h r . E . B a u m s t a r k , D a s C h r i s t e n t h u n i in s e i n e r B e g r ü n d u n g u n d s e i n e n G e g e n s ä t z e n . (Z. f. P h . u. p h . K r i t . 1 0 2 , 2 v. H. J a c o b y . ) Chr. B é n a r d , Platon, la p h i l o s o p h i e , p r é c é d é e d ' u n a p e r ç u d e s a vie e t d e ses é c r i t s . (Berl. p h i l o l . W o c h e n s e h r . 23 v. 0 . A p e l t . ) — Dr. M. B e r e n d t u. J . F r i e d l ä n d e r , Spinozas Eikenntnisslehre. (Z. f. P h i l . u. p h i ! . K r i t . 103, 1 v. C. L ü l m a n n . ) — K. B e r g l>oh m , J u r i s p r u d e n z u n d R e c h t s p h i l o s o p h i e . B d . 1. ( L . C . 49 v . ( L a ) i s ( o n j . ) J . B e r g m a n n, G e s c h i c h t e d. P h i l o s o p h i e . B d . 2 , 2 . ( L . C . 5 1 . ) - v a n B i e v o 1 i e t, la m e m o i r e . ( D t s c h e . L i t z t g . 3 3 v. M. D e s s o i r ) — A. B i n c t , l e s a l t é r a t i o n s d e l a p e r s o n a l i t é . (Z. f. P h i l . u. p h i l . K r i t . 1 0 3 , 1 v. W . P r e y e r . ) — R B o b b a , Di a l c u n i c o m m e n t a t o r i i t a l i a n i di P l a t o n e . ( B e r l . p h i l o l . W o c h e n s c h r . 4 8 v. O A p e l t . ) — R. B ö h m e , die G r u n d l a g e n des Berkeley'schen Immaterialismus (Dtsche Litztg. 38 v. H . K i c k e r t ) — M . B i a s c h , L e h r b u c h d e r G e s c h i c h t e d e r P h i l o s o p h i e . ( D t s c h e . L i t z t g . 3 1 v. L. Busse.) — M. B r a a c h , d i e W e l t - u n d L e b e n s a n s c h a u u n g F r i e d r . U e b e r w e g s . (Z. f. P h i l . u. p h i l . K r i t . 103, 1 v. G r o s s . ) — A . B r i e g e r , E p i k u r s L e h r e von d e r Seele. (Berl. philol. W o c h e n s c h r . 4 2 v. W e n d l a n d ) — G. B r o d b e c k , h u n d e r t I r r t h i i m e r . (Beil. ?.. A l l g Z t g . 2 3 5 v. S c h m i d k u n z . ) — G . B r o d b e c k , d i e W e l t d e s I r r t h u m s . ( L . C. 40.) — G. B r u n o , D i a l o g e v o m U n e n d l i c h e n , d e m A l l u n d d e n W e l t e n , ü l e r s . v. K u h l e n b e c k . ( L . C. 31.)— I. B y w a t e r , c o n t r i b u t i o n s t o t h e t e x t u a l c r i t i c i s m of A r i s t o t l e ' s N i c o m a c h e a n E t h i c s . ( B e r l . p h i l o l . W o c h e r s c h r . 33. 34 v. F . S u s e m i h l ) — E . C a i r d , t h e e v o l u t i o n of r e ligion. ( D t s c h e . L i t z t g . 1 ^ 9 4 , 5 v. H . S i e b e c k . — P . C e r e t t i , s a g g i o circa la r a g g i o r e logica. ( L C. 32.) — C h a d w i c k , R e l i g i o n o h n e Dogma. (L. C. 3 4 ; Berl. T a g e b l a t t N r . 4 3 6 v. C. W e r c k s h a g e n ; D t s c h e . L i t z t g . 3 5 v. F r . J o d l . ) — C i c e r o ' s T u s c u l a n e n e r k l . v . O . H e i n e . 4. A u f l . 1 Bdchn. (Z. f. ö s t e r r . G y m n a s i e n 8. 9 v. A. K o r n i t z e r . ) — C o m m e n t a r i a in A r i s t o t e l e m G r a e c a . V o l . I I p . 11. ( B e r l . p h i l o l . W o c h e n s c h r . 17 v o n F . S u s e m i h l . — Vol. I. ( B e r l i n e r p h i l o l o g i s c h e W o c h e n s c h r i f t 19 v. F . S u s e m i h l . ) — C o m p a y r é , A b e l a r d , a n d t h e o r i g i n a n d e a r l y h i s t o r y of u n i v e r s i t i e s . ( R e v u e c r i t . 29. 3 0 v o n J . P a r m e n t i e r . ) — F r .
Recensionen-Verzeichniss.
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Cornwallis Conybeare, A collation w i t h the ancient A r m e n i a n versions of the Greek text of Aristoteles Categoria. (Berl. philol. W o c h e n schrift 40 v. Fr. Susemihl.) - F. C o u r m o n t , le cervelet et ses fonctions. (Z. f. Phil, und phil. Krit. 103, 1 von W . Preyer.) - D e s c a r t e s , par A . Fouillée. ( R e v u e crit. 29. 30 v. F. Hémon.) - - D e u s s e n , Elemente der Metaphysik. 2. Aufl. (Z. f. österr. Gynin. 7 v. W . Jerusalem.) — A. D i e t e r i c h , Abraxas. ( A r c h i v f. Gesch. c. Philos. 7, 2 v. P. W e n d land.) — A. D i p p e . Untersuchungen über die Bedeutung der DenkformIdee. (L. C. 3ti von B— m.) — J. D ö d e r l e i n , Philosophia divina. (Z. f. Phil u. phil. K r i t . 102, 2 v. K. Schmaltz.) — A . D r e w s , die deutsche Spéculation seit Kant. (Altpreuss. Monatsschr. N . F. 30, 3. 4 v. v. Lind.) J. D u b o e , Grundriss einer einheitlichen Trieblehre. (,Z. f. Phil. u. phil. Krit. 103, 2 v. M. Dessoir ) — K . D u r r , Herbert Spercer, die Erziehung. (Z. f. österr. G. 8. 9 v. J. Schmidt.) — T h . E l s e n h a n s , Psychologie und Logik. (Z. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorgg. 4. 5 von Ufer.) -K . E l s e r , die Lehre des Aristoteles über das W i r k e n Gottes. ( K a t h o l i k 68, 2. N o v . v. Stöckl.) - A. E l t e r , Gnomica I. I I . (N. philol. Rundschau 21 v. Kurtz.) — B. E r d m a n n , L o g i k Bd. I. (Gött. gel. Anz. 19 v. Baumker; Z. f. Phil. u. phil. Kritik. 103, 1 v. K. Groos.) — Fr. E r h a r d t , Der Satz vom Grunde als Prinzip des Schliessens. (Z. f. Phil, u. phil. Krit. 103, 2 von K . Groos.) - E. E s s e n , das erste Buch der Arii-totelischen Schrift über die Seele ins Deutsche übertragen etc. (Berl. philol. Wochenschr. 42 v. Susemihl. — G. E s s e r , die Seelenlehre T e r tullians. (Dtsche. L i t z t g . 1894, 4 von P. Schanz.) — R. E u c k e n , die Grundbegriffe der Gegenwart. 2. Auflage. ( L . C. 31 v. D ( ö ) r ( i ) n g ; Jahrb. f. Philol. u. Päd. 1894, 1 v. A . Biese.) — H. F a l k e n h e i m , Kuno Fischer und die litterarhistorische Methode. (Dtsche. L i t z t g . 31 v. R. M. Meyer.) — Ch. F é r é , la pathologie des émotions. (Vierteljschr. f. wiss. Philos. 18,1 v. J Seitz.) — E. F e r r i e r e , La. vie et l'âme. (Vierteljschr. f. wiss. Philos. 18, 1 v. J. S e i t z ) - K . F i s c h e r , Gesch. d. neuen Philos. Bd. 8. (Dtsche. L i t z t g . 34 von L. Busse; L. C. 4 7 v. D(ö)r(i)ng.) - F . C h . F r a n k , ihe aesthetic élément in morality. ( L C. 36 v. D ^ ö ) r ( i ) n g . ) — F r e p p e l , Commodien, Arnobe, Lactance et autres fragments inédits. (Berl. philol. Wochenschr. 48 v. Sittl.) - O. F r i c k , pädagogische und didaktische A b handlungen. (Dtsche. L i t z t g 30 v. W . Münch.) — J. F r o h s c h a m nier, System der Philosophie im Umriss. 1. Abth. (Gött. gel. Anz. 17 von J. Bauniann; L. C. 47.) — G. Stuart F u l l e r t o n , On sameness and identy. (Z. f. Phil. u. phil. K r i t . 103, 1 von Gross.) — G a l e n i scripta minora Vol. I I I . ( L C. 41 ; Berl. philol. Wochenschr. 35 v. J. I l b e r g . ) — G. G e r b e r , Das Ich. (L. C. 39; Gött. gel. Anz 20 v. R e h m k e ; Dtsche. L i t z t g . 44 v. H. Rickert.) — G e u l i n c x opera philosophica. Vol. I I I . (L. C. 49 v. D(ö)r(i)ng.) — C. G i a m b e l l i , Gli studi Aristotelici e la dottrina d'Antioco nel De flnibus. (Berliner philol. Wochenschr. 44 von P. W e n d l a n d . ) — A . G i n d e l y , Uebcr des Joh. Arnos Comenius Leben und W i r k s a m k e i t . 2. Aufl. (L. C. 51.) — P. G l o a t z , die Probleme der christlichen Glaubens- und Sittenlehre. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 102, 2 v. H. Jacoby.) — G. G l o g a u , Abriss der philosophischen Grundwissenschaften. Bd. 2. (Dtsche. Litztg. 41 v. W . W i n d e l b a n d ) - G. G l o g a u , Graf L e o T o h t o i . ( L . C. 39.) — K . G n e i s s e , Schillers Lehre von' der ästhetischen W a h r n e h m u n g . (Dtsche. L i t z t g . 44 von O. Harnack; L. C. 1894, 3.) — G o m p e r z , T h . , Xenophanes. (Beil. z. A l l g . Ztg. 240.) — E. G r u c k e r , La Dramaturgie de Lessing, Corneille, Aristote et la trag é d i e française. (Revue crit. 49.) — G. G n i p p , System und Geschichte der Cultur. (Historische Zeitschrift 72, 1 von H i n t z e ; Blätter für litter. Unterhaltung 46.) — G ü d e m a n n , Quellenschriften zur Geschichte des Unterrichts und der Erziehung der deutschen Juden. (Historische
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Recensionen-Verzeichniss.
Zeitschrift 72, 1 von K. Hartfelder.) — L. C m m p l o w i c s , Die sociologische Staatsidee. (L. C 1894, 6 ) — G u t b e r 1 e t , C., der mechaniscae Monismus. (Katholik 1893 11,6 v. Pfeiffer.) — E. v. H a r t m a n n , Kurts Erkenntnisstheorie u. Metaphysik (L. C. 1894, 6 v. D(ö)r(i)ng.) — 3. H a r t m a n n , Leibniz ¡ils J u r i s t und Rechtsphilosoph. (L. C. 31 v>n l,La)ss(on) ) — C. H a u p t m a n n , die Metaphysik in der modernen Physiologie. (Vierteljschr. f. wiss. Philos. 17, 4 v. R. Wlassak ; Zeitschr. f. Psychol. u Physiol d. Sinnesorg. 4. 5 von Ziehen.) — A. H a u s r a t h , Peter Abälard. (Nationalztg. 607.) — M H e e g e r , de Theophrasti oui fertur n e ç i arj/xcitoy libro. (Gött. gel. Anz. 10 v. E. Maass.) — H e g e l , lectures on t h e history of phiiosophy, translated by Haidane. Vol. I. (Acadeniy 1129 v. A. W. Benn.) — P G. H e i m s , Lebensfragen. (Dtsehe. Litztg. 1894, 4 v. Fr. Jodl.) — R. H e i u z e , Xenokrates. (Beil. philol. Wochenschr. 31. 32 von 0 . Apelt.) — M. H e l l e r , Quibus auctoribus Aristoteles in re publica Atheniensiuni consc.ribenda et qua ratione usus sit. (Wochenschr. f. class. Philol. 51 v . S c h n e i d e r . ) — H . v. H e l m h o l t z , Goethes Vorahnungen kommender naturwissenschaftlicher Ideen, (l)tsche. Litzti;. 51 von E. Gerland.) — G. v. H e r t l i n g , John Locke und die Schule von Cambridge. (Stimmen aus Maria Laach 45, 1 von Frick.) F. H o r n , Pluton-Studien. (L. C. 34 v. W(o)hlr(a)b; Wochenschr. f. class. Philol. 50 v. A. Höring.) — Ch. H u i t , la vie et les oeuvres de Platon. (L. C. 49 von W ( o ) h l r ( a ) b ; Gött. gel. Anz. 1894, 1 von O. Apelt.) — D. H u m e , Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Deutsch v. C. Nathanson. ( V i e r t e l j a h r , f. wiss. Philos. 17, 3; L. C. 4 5 ) — E.G. H u s s e r l , Philosophie der Arithmetik. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 103, 2 v. Frege.) — K. J e n t z s c h , Geschichtsphilosophische Gedanken. (Dtsehe. l.itztg. 48 v. Kr. Jodl.) - R. v. J h e r i n g , Der Zweck im Hecht. 1. Bd. 3 Aufl. (L. C. 47.) - H. J o a c h i m , de Theophrasti libris negi (Beil. philol. Wochenschr. 24 v. L. D i t t m e y e r ) — K. F. J o r d a n , das Verhältniss von Naturwissenschaft und Religion im Unterrichte, (l)tsuhe. Litztg 40 von A. Wernicke.) — G. J o y a u , la philosophie en France p e n d a n t la révolution. (Kevue de l'enseignement supérieur 9.) — G. K a i b e l , Stil und Text der Iloiixeia 'AS-r^aimy des Aristoteles. (L. C. 48.) -- E. K a l b f l e i s c h , In Galeni de placitis Hippocratis et Piatonis libres observationes criticae. (Berl. philol. Wochenschr. 14 v . J . Ilberg.) — M. K a u f f m a n n , i m m a n e n t e Philosophie. 1. Buch. (L. C. 1894, 1.) — W . K a y s e r . J. A. Coinenius. (Histor. Ztschr. 72,1 v. K. Hartfelder.) — M. K l e i n , Lotze's Lehre vom Sein und Geschehen in ihrem Verhältnis zur Lehre Heibaits. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 102, 2 von K. Thieme.) — Th. K l e t t , Sokrates nach den Xenophontischen Memorabilien. (Wochenschrift f class. Philol. 1894, 7 v. A.Döring.) — W . K ö n i g , DieGesichtsfelderniiidung und deren Beziehung zur koncentrischen Gesichtsfeldeinschriinkung bei E r k r a n k u n g e n des Centrainervensystems. (Z. f ü r Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4. 5 von Goldscheider.) — J. K ö s t l i n , die Begründung unserer sittlich-religiösen Ueberzeugunc. (Revue crit. 46; Z. f. Phil. u. phil. Krit. 103, 2 v. Th. Z i e g l e r ) — W . K o p p e l m a n n , I m m a n u e l Kant und die Grundlagen der christlichen Religion. (Z f. Phil. u. phil. Krit. 102, 2 von H. Jacoby.) - K. K. K r e s t o f f , Lotze's metaphysischer Seelenbegriff. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 102, 2 v. Thieme.) — Ë. K ü h n e m a n n , Herders Persönlichkeit in seiner W e l t a n s c h a u u n g . (L C. 39 v. D(ö)r(i)ng; Ztschr. f. vergl. Litgesch. N . F. 6 v. Hötteken.) — O. K ü l p e , Grundiiss der Psychologie. (L C. 1894, 6.) — K u n t z e , G. T h Fechner. (Z f. Phil. u. phil. Krit. 102, 2 v. K. Lasswitz.) — O. K u t t n e r , Eine neue Religionsphilosophie. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 103,2 v. Th. Ziegler.) — L a c t a n t i i opera ed. Brandt et L a u b m a n n . (Dtsehe. Litztg. 50 v. P. W e n d l a n d ; Berl. philol. W o c h e n -
Recensionen-Verzeichniss.
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sehr. 45 v. Sittl.) — C. L a n g e , die künstlerische Erziehung der deutschen Jugend. (L. C. 35.) — P. L a n g e r . Psychophysische Streitfragen. (Dtsche. Litztg. 37 v. M. Dessoir.) — F. L a n c z i z k y , Lehrbuch der Logik. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 103, 1 von K. Groos.) — Alfr. L e h m a n n , die Hauptgesetze des menschlichen Gefühlslebens. (L. C. 27; Zeitschr. f ü r Psychol, u Physiol, d. Sinnesorgg. 4. 5. v. Meumann.) — 0 . L o r e n z , die Geschichtswissenschaft. Th. 2. (Z. f. Gymnasialwesen 10 v. W. B. rnhardi.) — J. M a c é , Philosophie de poche. (Revue crit. 1891, 4 von S. Reinach.) - Melanchthoniana paedagogica v. Hartfelder. (N. J a h r b . f. Philol. u. Pad. 11 v. H. Holstein.) — J. B. M e y e r , der Mainzer Kathol i k e n t a g , der Fall Harnack und die Gottlosigkeit unserer Universitäten. (Dtsche. Litztg. 1894, 1 v. Fr. Jodl.) - A. VV. M o m e r i e , the religion of the future. (Dtsche. Litztg. 44 v. W . Bender.) - T. M o z l e y , The creed or a philosophy. (Dtsche. Litztg. 44 v. W. Bender.) — Monumenta Germaniae paedagogica. Vol. XIV. (Herl, philol. Wochenschr. 26.) — J. M. M ü l l e r , natürliche Religion und physische Religion. (Z. f. Phil, u. phil. Krit. 103,2 v. Th. Ziegler.) — F . M . M ü l l e r , physische Religion. (Z. f. Phil. u. phil. Krit. 103,2 v. Th. Ziegler.) — F. M. M ü l l e r , Theosophy or psychological religion. (Dtsche. Litztg. 44 v. W. Bender.) — F. M M ü l l e r , Die Wissenschaft der Sprache. Bd. 2. (Berl. philol. Wochenschr. 5 Kritik
verspürt, Körners
wie
auf
(5. J u n i )
die
wird
A m 3. S e p t . e r k u n d i g t sich
der O f f e n b a r u n g ' gelesen.
v o n K a n l , a b e r in s e i n e m , G e i s l e g e s c h r i e b e n . «
Schiller,
»Sie Am
ist n i c h t
15. O k t o b e r
s c h r e i b t e r : »Ich w o l l t e P o e s i e t r e i b e n , a b e r d i e n a h e
Ankunft
d e r Gollegienzeit z w i n g t m i c h , A e s t h e t i k v o r z u n e h m e n . stecke Ich
ich
weide
drungen geworden
bis an
die O h r e n
in K a n t s
nicht noch
Jet/.t
U r t h e i I s k r a f t.
n i c: h t r u h e n , b i s i c h d i e s e M a t e r i e d u r c h -
habe,
und
ist.«
Arn
sie u n t e r f>. N o v .
meinen
Händen
etwas
h a t e r sein » P r i v a t i s s i m u m
in
d e r A e s t h e t i k « ') a n g e f a n g e n u n d ist »in e i n e r g e w a l t i g e n T h ä t i g keit«,
dabei
»schon
auf
manche
lichtvolle
Idee
gekommen.«
A m 21. D e z e m b e r e n d l i c h g l a u b t e r d e n o b j e c t i v e n des
Schönen,
der
sich
eo
ipso a u c h
zu
Grundsatz des Geschmacks qualificirt u n d a n
einem
welchem
v e r z w e i f e l t , g e f u n d e n zu h a b e n « 2 ) u n d will darüber ordnen und die
Schönheit
Begriff objectiven
in e i n e m G e s p r ä c h e : K a l l i a s o d e r
auf
die
K ö r n e r f r e u t sich ( 2 7 . Dez.)
kommenden sehr
auf
Ostern
Kant
»seineGedanken über
herausgeben.«
diese S c h r i f t ,
besonders
a u c h wegen der für Schillers d r a m a t i s c h e T a l e n t e ' so geeigneten
1) Fragmente dieser ästhetischen Vorlesungen Schillers aus dem Winterhalbjahr 1792/93 (nach Collegheften) sind zum ersten Male herausgegeben worden von Ch. F. Michaelis, Geist aus F. Schillers Werken. 1806. II 241—284, jetzt abgedr. in Kürschners D. Nat. Lit. 129, 2. S. 3—25. 2) Vgl. in den Vorlesungen S. 17 ff.: »Ueber die objectiven Bedingungen der Schönheit.«
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K. V o r l ä n d e r :
Ethischer R i g o r i s m u s untl sittliche Schönheit.
dialogischen F o r m . Ein solcher JCallias' in Buchform k a m nicht, dagegen b e g a n n zu A n f a n g des Jahres
1793 eine äusserst rege u n d u m f a n g r e i c h e ästhetische C o r r e s p o n den/, mit K ö r n e r , die ein j e d e r , der ü b e r Schillers K u n s t theorie und ihr V e r h ä l t n i s zu Kants Aesthelik zu schreiben u n t e r n i m m t , eingehend wird berücksichtigen müssen '). Da dies jedoch nicht unsere jetzige A u f g a b e , so heben w i r , unserem Grundsatze treu, a u s d e n n a h e z u h u n d e r t Seiten der 11 Briefe vom Í25. J a n u a r bis 7. März n u r die Stellen aus, die e n t w e d e r auf unser engeres T h e m a bezüglich oder f ü r die allgemeine Stellung zu K a n t von Wichtigkeit zu sein scheinen. Schiller zeigt sich hier, z. B. gleich in der im ersten Briefe versuchten Deduction des Schönheitsbegriffs, Kant g e g e n ü b e r entschieden selbständig. Aber als Freund Körner d a r a u s (4. Febr.) folgern zu dürfen m e i n t : »Vielleicht glückt es u n s , t r o t z K a n t den Stein der Weisen zu finden«, wird er von S c h i l l e r — so sehr h a b e n sich die Rollen gegen f r ü h e r vertauscht — mit der B e m e r k u n g a b g e w i e s e n : er (Körner) n ä h e r e sich mit seiner logischen Beurtheilung der Schönheit doch zu sehr d e r Vollkommenheits-Aesthetik der Wolf'schen S c h u l e ; er selbst (Schiller) » r e d e h i e r m e h r a l s K a n t i a n e r « (8. Febr.). Besonders b e d e u t e n d ist der 14 Seiten lange Brief Schillers vom 18. F e b r u a r . K ö r n e r hatte im v o r h e r g e h e n d e n Brief (15. F e b r u a r ) g e s a g t : »Der H a u p t s a t z Deiner T h e o r i e hat etwas äusserst Befriedigendes, besonders f ü r den F r e u n d des Kantschen Systems . . . Nur m ö c h t e ich nicht gern die S c h ö n h e i t a u s der S i t t l i c h k e i t , sondern lieber d i e s e a u s j e n e r u n d beide a u s einem h ö h e r e n Prinzip deduciren. Dies h ö h e r e Prinzip ist freilich noch zu finden«. Darauf folgt n u n die e c h t - k a n t i s c h e E n t g e g n u n g Schillers: » . . . Ich bin so weit e n t f e r n t , die S c h ö n h e i t a u s d e r S i t t l i c h k e i t abzuleiten, dass ich sie vielmehr d a m i t b e i n a h e u n v e r t r ä g l i c h halte. Sittlichkeit ist B e s t i m m u n g d u r c h r e i n e V e r n u n f t , Schönheit als eine Eigenschaft der Erschei1) Auch sie ist bei Kürschner a. a. 0 . S. 30—76 abgedruckt unter dem Titel Jiallias oder über die Schönheit', das Letztere meiner Meinung nach ohne Berechtigung. Sie e n t h i e l t nur die Vorarbeiten zu dieser nicht erschienenen Schrift.
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n u n g e n ist B e s t i m m u n g durch r e i n e N a t u r . Das h ö h e r e P r i n z i p , das Du v e r l a n g s t , ist . . . E x i s t e n z a u s b l o s s e r Form.« Und n u n folgt a u c h das ausdrückliche B e k e n n t n i s zu K a n t : »Nur das merke ich noch a n , dass Du Dich d u r c h a u s von allen Nebenideen, womit die bisherigen Beligionairs (?) in der Moralphilosophie, oder die a r m e n S t ü m p e r , d i e i n d i e K a n t s c h o P h i l o s o p h i e h i n e i n p f u s c h t e n , den B e g r i f f d e r S i t t l i c h k e i t e n t s t e l l t e n , losreissen rnusst — denn alsdann wirst Du völlig überzeugt w e r d e n , dass alle Deine Ideen, so wie ich sie a u s Deinen bisherigen Aeusserungen a h n e n k a n n , mit dem K a n t ' s c h c n G r u n d d e r M o r a l in einer grösseren U e b e r e i n s t i m m u n g s t e h e n , als Du jetzt vielleicht selbst nicht ahnst. E s i s t g e w i s s v o n e i n e m s t e r b l i c h e n M e n s c h e n kein g r ö s s e r e s W o r t noch g e s p r o c h e n worden als dieses Kant's che, was zugleich der Inhalt seiner ganzen Philosophie ist: Bestimme Dich aus Dir selbst; s o w i e d a s in d e r t h e o r e t i s c h e n P h i l o s o p h i e : Die Natur steht unter dem Verslandesgesetze. Diese grosse Idee der Selbstbestimmung strahlt uns aus gewissen Erscheinungen der N a t u r z u r ü c k , u n d diese n e n n e n wir S c h ö n h e i t « (S. 30). Ich h a b e schon in meiner Dissertation ') a u s g e f ü h r t , dass d a s ,Bestimme Dich a u s Dir selbst', dem W o r t l a u t e n a c h keine Kantisclie Aesserung ist; w e r t h voll ist u n s die Stelle aber als ein begeistertes Bekenntniss des Dichters zu dem ,Grunde' der K a n tischen Moral. In seinem weiteren Verlaufe enthält derselbe Brief eine s y s t e m a t i s c h e W e i t e r b i l d u n g der Kantischen Ethik. Vom eigentlich S c h ö n e n , geht Schiller nämlich über auf d a s Schöne »im uneigentlichen S i n n e « , d. i. auf die m o r a l i s c h e S c h ö n h e i t , u n d illustrirt an fünf Beispielen, die a n eine der Geschichte vom barmherzigen S a m a r i t e r v e r w a n d t e Erzählung a n g e k n ü p f t w e r d e n , die g u t h e r z i g e , nützliche, rein-moralische, grossmiithige u n d moralisch-schöne H a n d l u n g (S. 37—41). F ü r uns k o m m e n n u r die dritte und f ü n f t e in Betracht. »Rein m o r a l i s c h ( a b e r a u c h n i c h t m e h r ) « ist die H a n d l u n g , w e n n sie »gegen d a s Interesse der Sinne, a u s A c h t u n g für d a s Gesetz u n t e r n o m m e n wurde« (S. 39). S c h ö n wird sie erst 1) Der Formalismus der Kantischen E t h i k in seiner N o t w e n d i g k e i t und F r u c h t b a r k e i t . Marburg 1893.
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Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
d a n n , » w e n n sie a u s s i e h t w i e e i n e sich v o n selbst e r g e b e n d e W i r k u n g d e r N a t u r « , w e n n die A u t o n o m i e d e s G e m ü t h s u n d A u t o n o m i e in d e r E r s c t i e i n u n g c o i n c i d i r e n . « » A u s diesem G r u n d e ist d a s M a x i m u m d e r C h a r a k t e r V o l l k o m m e n h e i t eines M e n s c h e n m o r a l i s c h e S c h ö n h e i t , d e n n sie tritt m i r alsd a n n ein, w e n n i h m die P f l i c h t z u r N a t u r g e w o r d e n ist.« » O f f e n b a r h a t die G e w a l t , w e l c h e die p r a k t i s c h e V e r n u n f t bei moralischen Willenshestimnningen gegen unsere Triebe ausübt, e t w a s B e l e i d i g e n d e s , e t w a s P e i n l i c h e s in d e r E r s c h e i n u n g . . . , weil w i r j e d e s W e s e n i n d e r ä s t Ii e t i s c h e n B e u r t h e i l u n g a l s e i n e n S e l b s t z w e c k b e t r a c h t e n , u n d es u n s , d e n e n F r e i h e i t d a s H ö c h s t e ist, ekelt, e m p ö r t , d a s s e t w a s d e m A n d e r e n a u f g e o p f e r t w e r d e u n d z u m Mittel d i e n e n soll. Daher kann eine m o r a l i s c h e H a n d l u n g n i e m a l s s c h ö n s e i n , w e n n w i r d e r O p e r a t i o n z u s e h e n , w o d u r c h sie d e r Sinnlichkeit ali^eiingsligt wird . . . Es m u s s d a s A n s e h e n h a b e n , als w e n n die N a t u r bloss den A u f t r a g u n s e r e r T r i e b e v o l l f ü h r t e , i n d e m sie sich, d e n T r i e b e n g e r a d e e n t g e g e n , u n t e r die H e r r s c h a f t d e s r e i n e n W i l l e n s b e u g t « (S. 41 f.). — Ein w e i t e r e r » L a s t w a g e n « von 3 0 S e i t e n , d e r a m 23. F e b r u a r n a c h f o l g t , soll b e w e i s e n : S c h ö n heit = F r e i h e i t in d e r E r s c h e i n u n g = N a t u r in d e r K u n s t mässigkeit. W i r wollen j e d o c h d e s s e n S p u r e n , die in d a s e i g e n t l i c h - ä s t h e t i s c h e Gebiet g e h e n , n i c h t f o l g e n , s o n d e r n n u r eine B e z u g n a h m e auf K a n t h e r v o r h e b e n . W ä h r e n d Schiller n o c h a m 19. F e b r u a r (am S c h l ü s s e d e s Briefes) d e n F r e u n d a u f g e f o r d e r t h a t t e , i h m » u n t e r allen S c h ö n h e i t s e r k l ä r u n g e r l , d i e K a n t s c h e m i t e i n g e s c h l o s s e n , e i n e einzige zu n e n n e n , die d a s u n e i g e n t l i c h e S c h ö n e so b e f r i e d i g e n d a u f l ö s t e , a l s , w i e ich hoffe, hier g e s c h e h e n ist«, g e s t e h t e r a m 2 3 t e n (S. .58), d a s s s e i n e T h e o r i e n u r die E r k l ä r u n g zu e i n e m S a l z e in K a n t s Kritik d e r U r t h e i l s k r a f t S. 177 b i l d e , d e r » v o n u n g e m e i n e r F r u c h t b a r k e i t ist«, n ä m l i c h : » N a t u r i s t s c h ö n , w e n n s i e a u s s i e h t w i e K u n s t ; K u n s t ist s c h ö n , w e n n s i e a u s s i e h t w i e N a t u r . « ') E n d l i c h sind die S c h l u s s a u s l ü h r u n g e n des langen u n d interessanten Briefes für uns von W i c h t i g k e i t : 1) Die Stelle findet sich, wenn auch nicht g e n a u wörtlich, in der Reclamschen Ausgabe der Kr. d. U. S. 173. A u c h in seinen ä s t h e t i s c h e n Vorlesungen n a h m Schiller auf dieselbe B e z u g ; vgl. Kürschner a. a. 0 . S. 18.
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H ä r t e sei nichts Anderes als d a s Gegentheil vom Freien. Diese H ä r t e sei es, w a s oft der Verstandesgrösse, oft selbst der m o r a lischen ihren ä s t h e t i s c h e n W e r t h b e n e h m e . Liebensw ü r d i g w e r d e die T u g e n d selbst n u r d u r c h Schönheil. D a h e r gefallen Cäsar und Cinion m e h r als Calo und P h o c i o n , bloss afiectionirte H a n d l u n g e n » o f t « (!) m e h r als rein moralische, die milden T u g e n d e n m e h r als die heroischen , das Weibliche oft (!) m e h r als das Männliche; »denn der w e i b l i c h e C h a r a k t e r , auch der vollkommenste, k a n n nie (?) anders, als aus N e i g u n g handeln.« (S. 70 f.) ] ) K ö r n e r stimmt in seiner Erwiederung vom 2G. Febr. dem F r e u n d e z u : » W a s Du ü b e r das B e l e i d i g e n d e der Vorstellung von P f l i c h t äusserst, i.-l Hina u s der Seele geschrieben.« Immer h a b e ihn »dieser P u n k t in dem Kantschen System« g e ä r g e r t . Er a h n t »die Wichtigkeit des Verhältnisses von F o r m zu S t o f f , die Analogie der Form mit dem Geistigen, . . . vielleicht die F r u c h t b a r k e i t der platonischen Ideen.« (!) — Der folgende Brief Schillers ist noch von einer Beilage ü b e r »das Schöne der Kunst« begleitet (S. 112—122), über die sich K ö r n e r a m 7. März ä u s s e r t , enthält a b e r sonst nichts Aesthetisches m e h r . Ehe wir u n s dem übrigen Inhalte desselben zuwenden, haben wir jedoch, um die Chronologie einigermassen zu w a h r e n , noch einen Brief Schillers vom 11. F e b r u a r an F i s c h e n i c h n a c h z u t r a g e n , denselben, der oben (S. 234, A n m . 1) u n t e r Schillers Tischgästen e r w ä h n t w u r d e u n d W i n t e r 1792/1)8 seine Doeententhätigkeit in Bonn eröffnete. Das Schreiben ist f ü r die KantBegeisterung der s t u d i r e n d e n Jugend wie für die unseres Dichters gleich bezeichnend. Es heisst d a r i n : »Ihre glückliche E r ö f f n u n g der Vorlesungen u n d die g u t e A u f n a h m e der Kant'schen Philosophie bei L e h r e r n und L e r n e n d e n freut mich g a r sehr. Bei der studirenden J u g e n d w u n d e r t es mich übrigens nicht s e h r : d e n n d i e s e P h i l o s o p h i e h a t k e i n e n a n d e r e n G e g n e r z u f ü r c h t e n , a l s V o r u r t l i e i l e , die in jungen Köpfen doch nicht zu besorgen sind. Offenbar spricht dieser Umstand sehr für die W a h r h e i t derselben . . . Die völlige Neuheit Ihres E v a n g e l i u m s in Bonn m u s s sehr begeisternd für Sie sein. Hier (sc. in Jena) h ö r t m a n auf allen Strassen F o r m 1) Den letzten G e d a n k e n sprechen auch die herrlichen Distichen des Gedichtes »Das w e i b l i c h e Ideal« (S. W . I 426) aus.
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u u d Stoff erschallen, m a n k a n n fast nichts Neues m e h r auf dem K a t h e d e r sagen, als w e n n m a n sich v o r n i m m t , n i c h t Kantisch zu sein, — s o s c h w e r d i e s e s u n s e r e i n e m i s t , s o h a b e i c h e s d o c h w i r k l i c h v e r s u c h t . Meine Vorlesungen über A e s t h e t i k h a b e n mich ziemlich tief in diese verwickelte Materie hineingeführt u n d mich genöthigt, mit Kants T h e o r i e so genau b e k a n n t zu w e r d e n , als m a n es sein m u s s , um nicht mehr bloss Nachbeter zu sein . . . « ' ) W i r kehren zu dem Briefe vorn 28. F e b r u a r zurück. In ihm k ü n d e t Schiller d a s baldige Erscheinen von Kants »Philosophischer Religionslehre«, d. h. der , R e l i g i o n innerhalb d e r G r e n z e n d e r b l o s s e n V e r n u n f t ' an, die in Jena ged r u c k t w e r d e . 2 ) Er ist von der bisher fertig gedruckten Hälfte ganz »hingerissen« u n d »kann die übrigen Rogen k a u m erwarten.« K a n t k n ü p f e in ihr »die R e s u l t a t e des philosophischen Denkens an die K i n d e r v e r n u n f t a n « , von dem lobenswerthen G r u n d s a t z — »den Du sehr liebst« — geleitet, »das V o r h a n d e n e nicht w e g z u w e r f e n , so lange noch eine Realität d a v o n zu e r w a r t e n ist, sondern es vielmehr zu v e r e d e l n . « »Empörend« f ü r des Dichters Gefühl sei zwar K a n t s A n n a h m e eines H a n g e s z u m r a d i k a l e n B ö s e n , aber » g e g e n s e i n e B e w e i s e lässt sich n i c h t s e i n w e n d e n , so gern m a n a u c h w o l l t e . « Bei den Theologen w e r d e er »wenig Dank verdient haben.« Dagegen scheinen Schiller der Logos, die Erlösung (als philosophische M y t h e ) , die Vorstellung des Himmels und der Hölle, d a s R e i c h Gottes »und alle diese Vorstellungen« »aufs Glücklichste erklärt.« — Weiter meldet Schiller, dass er d a m i t u m g e h e , eine T h e o d i c e e f ü r die d e m n ä c h s t ige N e u a u s g a b e seiner Gedichte zu schreiben. Er freue sich sehr d a r a u f , denn » d i e n e u e P h i l o s o p h i e i s t g e g e n d i e L e i b n i z s c h e v i e l p o e t i s c h e r , u n d h a t einen weit g r ö s s e r e n Charakter.« Noch m e h r verspreche er sich von einem a n deren Gedicht, mit dem er sich t r a g e (Jdeal und L e b e n ' ? ) — Körner zeigt sich in seiner A n t w o r t (4. März) sehr g e s p a n n t auf die .Theodicee', wie auf Kants neues W e r k , d a s wohl d u r c h (Fichtes) »Kritik aller Offenbarung« veranlasst w o r d e n sei. Der 1) Zuerst abgedruckt in Rhein. Prov.-Bl. 1837. 2) Infolge des bekannten Vorgehens der preussischen Censur gegen Kant.
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Satz z w a r vom radikalen Bösen sei ihm der d e n k b a r verhassteste, weil »auf einseitigen E r f a h r u n g e n b e r u h e n d . « ( N a c h der Lektüre der Schrift schreibt er am ,il. Mai: »Das K a n t s c h e P r o d u k t m a c h t mir durch seine n o r d i s c h e H ä r t e u n d durch die u n f r u c h t b a r e K ü n s t e l e i an der Dogmatik u n a n g e n e h m e E m p f i n d u n g e n . « ) W e i t e r meint K ö r n e r : » W e n n K a n t uns n u r nicht länger auf seine Metaphysik der Sitten w a r t e n liesse! Oder ist er vielleicht selbst d a r ü b e r noch nicht mit sich einig? W e n i g s t e n s wird es ihm s c h w e r werden, auf seine Prämissen ein G e b ä u d e von f r u c h t b a r e n Lehrsätzen zu g r ü n d e n . « 1 ) Leider findet sich auf diese schweren Vorwürfe keine A n t w o r t in Schillers Briefen, wie ü b e r h a u p t die a u s f ü h r l i c h e u n d a n h a l t e n d e Correspondenz mit Körner über Philosophica hier a b b r i c h t ; theils weil der Dichter in der folgenden Zeit öfters unter seinem alten Uebel zu leiden h a t , theils weil er, von seinen Mitarbeitern, wie er klagt, schlecht unterstützt, viel für die /Thalia" arbeiten muss. Dennoch siegten Geist u n d Willenskraft über den s c h w a c h e n Körper. Es e n t s t a n d gerade in dieser Zeit, mit der grössten Leichtigkeit h i n g e z a u b e r t , »in noch nicht ganz sechs W o c h e n « , wie er selbst beim Uebersenden (20. Juni) dem F r e u n d e mittheill, eine der reifsten F r ü c h t e seiner ästhetischen S t u d i e n , die im zweiten Stück der ,neuen T h a l i a ' erschienene A b h a n d l u n g Ueber Anmuth und Würde. Da wir auf diese für Schillers Verhältniss zu K a n t wichtigste A b h a n d l u n g in dem kritisch-systematischen Theile u n s e r e r Arbeit n ä h e r werden z u r ü c k k o m m e n müssen, so sind hier n u r die f ü r unser T h e m a bedeutsamsten Gedanken kurz darzustellen. Nach Schiller k a n n der Mensch in dreierlei Verhältniss zu »sich selbst«, d. i. sein s i n n l i c h e r Theil zu seinem v e r n ü n f t i g e n s t e h e n : 1) U n t e r o r d n u n g der Sinnlichkeit (Stoff) u n t e r die Vernunft (Form), 2) U n t e r o r d n u n g der V e r n u n f t u n t e r den Stoff, 3) H a r m o n i e von V e r n u n f t u n d Sinnlichkeit — F o r m u n d Stoff — P f l i c h t u n d N e i g u n g . N u r der dritte Zustand erzeugt die zwischen der W ü r d e des Geistes u n d der Wollust des Triebes in der Mitte liegende Schönheit des Spiels. Nach 1) Das Gegentheil, die F r u c h t b a r k e i t von Kants ethischem Formalismus, habe ich in meiner oben erwähnten Dissertation S. 51—81 nachzuweisen gesucht. P h i l o s o p h i s c h e Aionatshel'te XXX, 5 u. 6.
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diesen A u s f ü h r u n g e n — etwa in der Mitte der ganzen A b h a n d lung — w e n d e t sich Schiller, z u m e r s t e n M a l e i n s e i n e n S c h r i f t e n , zu dem »unsterblichen Verfasser der Kritik«, dem m a n v e r d a n k e , dass die Moral »endlich aufgehört h a b e , die Sprache des V e r g n ü g e n s zu r e d e n « , u n d dem der R u h m geb ü h r e , »die g e s u n d e V e r n u n f t a u s der philosophirenden w i e d e r h e r g e s t e l l t z u h a b e n . « Ganz wie K a n t will auch Schiller »die A n s p r ü c h e der S i n n l i c h k e i t im Felde der reinen Vernunft u n d b e i d e r m o r a l i s c h e n G e s e t z g e b u n g v ö l l i g z u r ü c k w e i s e n « u n d »bis hierher« glaubt er »mit den R i g o r i s t e n 1 ) der Moral v o l l k o m m e n e i n s t i m m i g zu s e i n « ; a b e r er hofft » d a d u r c h noch nicht zum L a t i t u d i n a r i e r ' ) zu w e r d e n « , dass er j e n e Sinnlichkeitsansprüche »im Felde der E r s c h e i n u n g u n d bei der w i r k l i c h e n A u s ü b u n g der Sittenpflicht noch zu behaupten versuche.« N a c h d e m er sodann weiter die (im systematischen Tlieile zu erörternden) Gedanken entwickelt hat, dass der Mensch nicht bloss e i n z e l n e sittliche H a n d l u n g e n v e r r i c h t e n , sondern ein s i t t l i c h e s W e s e n sein, dass er seiner Vernunft mit Freuden gehorchen müsse, dass und w a r u m er Lust u n d Pflicht nicht n u r in V e r b i n d u n g bringen d ü r f e , sondern sogar s o l l e , dass die P f l i c h t ihm zur N a t u r werden müsse (vgl. die oben e r w ä h n t e n Stellen der u n g e f ä h r gleichzeitigen Briefe an K ö r n e r ) , kehrt er (S. 3C>5) zu K a n t selbst zurück, diesmal in weniger zustimmendem, ja stellenweise — w e n n a u c h mit aller Behutsamkeit — aggressivem 2 ) Sinne. In der Kant'schen Moralphilosophie sei die Idee der P f l i c h t mit. einer H ä r t e v o r g e t r a g e n , die alle Grazien davon zurückschreckt u n d einen s c h w a c h e n Verstand leicht versuchen k ö n n t e , auf dem W e g e einer finstern und mönchischen Asketik die moralische Vollkommenheit zu suchen.« Freilich w ü r d e solche » M i s s d e u t u n g « d e m » h e i t e r n und f r e i e n Geist« des »grossen Weltweisen« »unter allen g e r a d e die e m p ö r e n d s t e sein«, a b e r er h a b e doch selbst d u r c h die »strenge 1) Die so g e w ä h l t e n Bezeichnungen e n t s t a m m e n offenbar K a n t s ^Religion innerhalb etc.', die Schiller j a (s. oben) während ihres Druckes gelesen hatte. Dort heisst es S. 2 1 : »Man n e n n t g e m e i n i g l i c h die, w e l c h e dieser strengen D e n k u n g s a r t z u g e t h a n sind (mit einem N a m e n , der einen Tadel in sich fassen soll, in der T h a t aber L o b ist) R i g o r i s t e n , und so kann man ihre Antipoden L a t i t u d i n a r i e r nennen.» 2) Schiller spricht selbst von einen) Angriffe (Brief v. 18. Mai 1794).
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schöuheit.
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und grelle Entgegensetzung« beider Principien einen »starken, obgleich bei seiner Absicht v i e l l e i c h t k a u m z u v e r m e i d e n d e n Anlas» dazu gegeben.« »Ueber die S a c h e selbst« könne nach den von K a n t geführten Beweisen »unter d e n k e n d e n Köpfen, d i e ü b e r z e u g t s e i n w o l l e n , k e i n S t r e i t m e h r sein«, und er wisse k a u m , »wie m a n nicht lieber sein ganzes Menschsein a u f g e b e n , als über diese Angelegenheit ein a n d e r e s Resultat von der V e r n u n f t erhalten wollte.« Allein so »rein« u n d »objectiv« K a n t a u c h bei der U n t e r s u c h u n g der W a h r heit zu W e r k e gegangen sei, so hätte er sich bei der » D a r s t e l l u n g der g e f u n d e n e n W a h r h e i l « von einer »mehr subjectiven« Maxime leiten lassen. Er habe nämlich die Zeitmoral, sowohl den groben Materialismus als a u c h die »nicht weniger bedenklichen« Perfectionsgrundsätze, o h n e Nachsicht angreifen und verfolgen und so »der D r a k o s e i n e r z e i t « w e r d e n m ü s s e n , »weil sie ihm eines S o l o n s noch nicht werth u n d empfänglich schien.« Soweit also wird K a n t von Schiller ausdrücklich in Schiit/, g e n o m m e n . Nun jedoch (S. 3C>6) beginnen die E i n w ü r f e : »Womit aber hatten es die K i n d e r d e s H a u s e s verschuldet, dass er nur für die K n e c h t e sorgte?« — »Weil der moralische Weichling dem Gesetz der V e r n u n f t gern eine L a x i t ä t geben möchte, die es zum Spielwerk seiner Gonvenienz m a c h t , musste ihm d a r u m eine R i g i d i t ä t beigelegt w e r d e n , die die k r a f t vollste Aeusserung moralischer Freiheit n u r in eine r ü h m l i c h e r e Art von Knechtschaft verwandelt?« — »Musste schon clurch die i m p e r a t i v e F o r m des Moralgesetzes die Menschheit a n g e k l a g t und erniedrigt w e i d e n . . . ? « W u r d e nicht vielmehr d a d u r c h bei einer »Vorschrift, die sich der Mensch als Vernunftwesen selbst giebt«, der » S c h e i n eines f r e m d e n und positiven G e s e t z e s « h e r v o r g e r u f e n ? 1 ) — Der »austere Geist« eines solchen Gesetzes vertrage sich nicht mit den » E m p f i n d u n g e n der S c h ö n heit u n d Freiheit.« Die » s c h ö n e S e e l e « , in der »Sinnlichkeit u n d V e r n u n f t , Pflicht und Neigung h a r m o n i r e n « , verdiene den Vorzug vor dem » s c h u l g e r e c h t e n Z ö g l i n g d e r S i t t e n r e g e l , so wie d a s W o r t des Meisters (Kants?) ihn fordert«, 1) Hier folgt ein H i n w e i s auf das »radikale Böse«, dies » G l a u b e n s b e k e n n t n i s s des Verfassers der Kritik v o n d e r menschlichen N a t u r « in seiner neuesten S c h r i f t : »Die Offenbarung« — BO Schiller — »in den Grenzen der V e r n u n f t « 16*
244
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
gleichwie
ein
Tizian'sches
einer Zeichnung.
Gemälde
Freilich
vor
den
harten
Strichen
diese g a n z e C h a r a k t e r s c h ö n h e i t ,
r e i f s t e F r u c h t s e i n e r H u m a n i t ä t , ist —
die
so v e r k ü n d e t d e r A n f a n g
des folgenden A b s c h n i t t e s über , W ü r d e c — » b l o s s e i n e
Idee«,
d e m M e n s c h e n n u r » a u f g e g e b e n « , a b e r nie g a n z e r r e i c h b a r . K ö r n e r stimmt, wie wir n u n m e h r bereits verrnuthen können, den g e g e n
Kant gerichteten
Auslührungen
des
Freundes
h a f t zu, j a sie g e h e n ihm n o c h n i c h t weit g e n u g . (29. J u n i )
recht
philosophie
anti-kantisch:
sagst,
»Was
unterschreibe
ich
Du mit
Er
über
Kants
ganzer
Seele.
A p o l o g i e für K a n t ist s i n n r e i c h , a b e r fast g l a u b e ich, i h m zu viel E h r e a n t h u s t . moralische Schönheit; b i n ich
noch
gar
V i e l l e i c h t f e h l t es i h m
MoralDeine
dass Du
a n G e f ü h l für
u n d von d e r E v i d e n z s e i n e s M o r a l s y s t e m s
nicht
völlig
überzeugt.
Was
nöthigt
d e n n , j e d e e i n z e l n e H a n d l u n g zu g e n e r a l i s i r e n u n d a l s zu b e t r a c h t e n ?
sich
nach
den
nissen, als n a c h a l l g e m e i n e n In
des
der
geistigen
letzten
des
von
von » A n m u t h «
sei ü b r i g e n s
individuellen
eines
Verhält-
R e g e l n , die d o c h i m m e r n u r
Unvermögens
Hälfte
höchster Beweis duktes«
uns
Maxime
Ist es n i c h t e i n e h ö h e r e V o l l k o m m e n h e i t
denkenden W e s e n s , Behelf
leb-
antwortet
sind (!),
ihm
sehr
zu
bestimmen?«
beifällig
und
begrüssten Schillerschen
» s c h o n die W ü r d e
d i e s e s o l l t e , d ä u c h t m i c h , bei d e m
als
»Pro-
zu h e r r s c h e n d ,
und
Vortrage der Philosophie
—
s o w i e bei d e r T u g e n d (!) — d e r A n m u t h s u b o r d i n i r t sein.« (!) Leider
besitzen
wenigstens
wir
keine
auch
in
briefliche
diesem Falle
und
directe,
so r e i n - ä s t h e t i s c h e A n s c h a u u n g s a r t . seine Reise nach S c h w a b e n
von S c h i l l e r
Entgegnung
keine,
a u f eine
Sie w u r d e wohl d u r c h
verhindert.
A b e r nicht bloss d e m alten F r e u n d e K ö r n e r , sondern Grösseren, G o e t h e
und K a n t
A n l a s s zu A e u s s e r u n g e n , die zu b e d e u t s a m
für d a s
beider
unerwähnt
zu S c h i l l e r
sind,
als
auch
s e l b s t , g a b , A n m u t h und W ü r d e '
dass
sie h i e r
Verhältniss bleiben
dürften. Was
Goethe
Vieles
Allein
das Gegentheil
als fördernd berichtet 1) IV
in
betrifft, so sollte m a n d e n k e n , dass er
durch
ist
Schrift
angesprochen
der F a l l :
sie w i r k t e
gefühlt eher
für d i e V e r s t ä n d i g u n g d e r b e i d e n G r o s s e n .
darüber !S37.
Schillers
selbst
in
seinen
^nnalen'.')
sich hätte.
hemmend Goethe
Nachdem
er
K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
245
vorher a u s g e f ü h r t , wie die f r ü h e r e n wild-genialen Erzeugnisse der Schiller'schen Muse ihn abgestossen, fährt er f o r t : »Sein Aufsatz über , A n m u t h u n d W ü r d e ' w a r eben so wenig ein Mittel, mich zu versöhnen. Die Kantische P h i l o s o p h i e , welche d a s S u b j e c t so h o c h e r h e b t , i n d e m sie es e i n z u e n g e n s c h e i n t , h a l t e er mit F r e u d e n in sich a u f g e n o m m e n ; sie e n t wickelte das A u s s e r o r d e n t l i c h e , was die N a t u r in sein Wesen gelegt, und e r , i m h ö c h s t e n G e f ü h l d e r F r e i h e i t u n d Selbstbestimmung, war undankbar gegen die g r o s s e M u t t e r , die ihn gewiss nicht stiefmütterlich b e h a n delte . . . Gewisse h a r t e Stellen sogar konnte ich direct auf mich d e u t e n , sie zeigten mein Glaubensbekenntniss in einem falschen Lichte . . . Die u n g e h e u r e Kluft zwischen u n s e r e n Denkweisen klaffte n u r desto e n t s c h i e d e n e r . . . An keine Vereinigung w a r zu denken«, d e n n »Niemand k o n n t e leugnen, dass zwischen zwei Geistesantipoden m e h r als e i n E r d d i a m e t e r die Scheidung mache.« Aehnlich e r w ä h n t er an a n d e r e r Stelle, 1 ) dass die »harten A u s d r ü c k e « , mit denen Schiller die »gute Mutter« in ^ n m u t h und W ü r d e ' b e h a n d e l t h a b e , ihm diesen Aufsatz »so verhasst gemacht« h ä t t e n . W e n n Schiller Goethen, dem Dichter d e r Natur, nicht weit g e n u g ging in der A n e r k e n n u n g der A n s p r ü c h e der Sinnlichkeit und der Natur, so K a n t , dem Philosophen, eher zu weit. Aber wir meinen nicht, wie K u n o Fischer, dass Schillers S t a n d p u n k t »sich schon m e h r der Goelhe'schen Denkweise zuneigte als der K a n t i s c h e n « , 2 ) sondern u m g e k e h l t. S p ä t e r d a r ü b e r noch ein kritisches Wort. Hier m ö g e vorläufig der historische Hinweis g e n ü g e n , dass s A n m u t h u n d W ü r d e ' jedenfalls bei K a n t eine weit günstigere A u f n a h m e zu verzeichnen h a t t e als bei Goethe. Kant k a m in der bereits im nächsten J a h r e (1794) erfolgten zweiten A u s g a b e seiner ^Religion i n n e r h a l b etc.' auf die Einw e n d u n g e n Schillei s zu sprechen, in einer längeren A n m e r k u n g zu eben jener Stelle, welche den Gegensatz zwischen Rigoristen u n d L a t i t u d i n a r i e r n festgestellt h a t t e . Es ist die e i n z i g e Stelle seiner W e r k e , in der sich der Königsberger Weise ü b e r sein Verhältniss zu einem seiner grössten J ü n g e r ausgesprochen h a t ; deshalb u n d , weil sie ganz ausschliesslich den K e r n p u n k t un1) V 1195. 2) A. a. 0 . S. 77.
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
serer F r a g e b e t r i f f t , können wir u n s nicht e n t h a l t e n , sie trotz ihres U m f a n g e s ganz hierher zu setzen. Kant s c h r e i b t : »Herr Professor S c h i l l e r missbilligt in seiner mit Meisterhand verfassten A b h a n d l u n g über A n m u t h und W ü r d e in der Moral diese Vorstellungsart der Verbindlichkeit, als ob sie eine k a r t häuserartige G e m ü t h s s t i m m u n g bei sich f ü h r e ; allein ich k a n n , d a w i r i n d e n w i c h t i g s t e n P r i n z i p i e n einig sind, a u c h in diesem keine Uneinigkeit s t a t u i r e n ; wenn wir uns nur u n t e r einander verständlich m a c h e n können. — Ich gestehe g e r n : dass ich d e m P f l i c h t b e g r i f f e , g e r a d e um seiner W ü r d e willen, k e i n e A n m u t h beigesellen k a n n . Denn er enthält u n bedingte N ö t h i g u n g , womit A n m u t h in geradem Widerspruch steht. Die Majestät des Gesetzes (gleich dem auf Sinai) flösst E h r f u r c h t ein ( n i c h t S c h e u , welche zurückstösst, auch n i c h t R e i z , der zur Vertraulichkeit einladet), welche A c h t u n g des Untergebenen gegen seinen Gebieter, in diesem Falle aber, da dieser i n u n s s e l b s t l i e g t , ein G e f ü h l d e s E r h a b e n e n unserer eigenen Bestimmung erweckt, was uns m e h r h i n r e i s s t a l s a l l e s S c h ö n e . — Aber die T u g e n d , d. i. die fest geg r ü n d e t e G e s i n n u n g , seine Pflicht genau zu e r f ü l l e n , ist in ihren Folgen a u c h w o h 11 h ä t i g , m e h r wie a l l e s , w a s N a t u r oder Kunst in der Welt leisten m a g ; und das h e r r l i c h e B i l d d e r M e n s c h h e i t , in dieser ihrer Gestalt aufgestellt, verstattet gar wohl die Begleitung der G r a z i e n , die a b e r , w e n n noch von P f l i c h t a l l e i n die R e d e ist, sich in ehrerbietiger E n t f e r n u n g halten. W i r d a b e r auf die a n m u t h i g e n Folgen g e s e h e n , welche die T u g e n d , w e n n sie überall Eingang fände, in der Welt verbreiten w ü r d e , so zieht alsdann die moralischgerichtete Vernunft die Sinnlichkeit (durch die Einbildungskraft) mit ins Spiel. Nur n a c h b e z w u n g e n e n Ungeheuern wird Herkules M u s a g e t 1 ) , vor welcher Arbeit jene guten Schwestern zurückbeben. Diese Begleiterinnen der Venus U r a n i a sind Buhlschwestern im Gefolge der V e n u s D i o n e , sobald sie sich ins Geschäft der P f l i c h t b e s t i n i m u n g einmischen u n d die Triebfedern dazu hergeben wollen. — F r a g t
1) Ich habe schon in meiner Dissertation (S. 65, Anm. 1) auf den m ö g l i c h e n Z u s a m m e n h a n g zwischen diesem von Kant gebrauchten Bilde und den beiden letzten Strophen von Id^al und Leben' hinzuweisen mir erlaubt.
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
247
m a n n u n , welcherlei ist die ä s t h e t i s c h e Beschaffenheit, gleichsam das T e m p e r a m e n t d e r T u g e n d , m u t h i g , mithin f r ö h l i c h , oder ängstlich-gebeugt und niedergeschlagen? so ist k a u m eine A n t w o r t nöthig. Die letztere sklavische G e m ü t h s s t i m m u n g k a n n nie o h n e einen verborgenen H a s s des Gesetzes statlfinden, u n d d a s fröhliche Herz in B e f o l g u n g seiner Pflicht (nicht die Behaglichkeit in A n e r k e n n u n g desselben) ist ein Zeichen der Aechtheit t u g e n d h a f t e r G e s i n n u n g , selbst in der F r ö m m i g k e i t , die nicht in der Selbstpeinigung des reuigen S ü n d e r s (welche sehr zweideutig ist . . . ) . , s o n d e r n im festen Vorsatz, es künftig besser zu m a c h e n , b e s t e h t , der durch den guten F o r t g a n g a n g e f e u e r t , eine fröhliche G e m ü t h s s t i m m u n g bewirken muss, ohne welche m a n nie gewiss ist, das Gute auch l i e b g e w o n n e n , d. i. es in seine Maxime a u f g e n o m m e n zu haben«. Der freudige E i n d r u c k , den diese Berücksichtigung Schillers durch Kant auf den ersteren machte, geht a u s seinem Briefe an Körner vom 18. Mai 1794 h e r v o r : »In der n e u e n A u s gabe seiner philosophischen Religionslehre hat Kant sich ü b e r meine Schrift von A n m u t h u n d W ü r d e herausgelassen, u n d sich gegen d e n darin enthaltenen Angriff vertheidigt. Er spricht mit grosser A c h t u n g von meiner S c h r i f t , u n d n e n n t sie d a s W e r k einer Meisterhand. Ich k a n n Dir nicht s a g e n , wie es mich freut, dass diese Schrift in seine H ä n d e fiel, und dass sie diese W i r k u n g auf ihn machte.« Welche tiefe V e r e h r u n g u n d ungeheuchelte F r e u d e spricht sich in diesen Zeilen a u s ! Es ist die V e r e h r u n g des Jüngers, fast des Schülers gegen den Meister, die F r e u d e mischt sich mit der bescheidenen Ehrfurcht gegen den grossen M a n n des J a h r h u n d e r t s , dem seine Schrift d u r c h einen glücklichen Zufall in die H ä n d e fiel u n d ihn zu einer so a n e r k e n n e n d e n Berücksichtigung bewog. Und andererseits h a t t e doch a u c h Körner wieder R e c h t , wenn er mit b e g r ü n d e t e m Stolze auf seinen Schiller a n t w o r t e t e in einer B e m e r k u n g , die B ä n d e s p r i c h t : »Dass K a n t Dich vorzüglich schätzt, w u n d e r t mich nicht. Es ist eine gewisse A e h n l i c h k e i t in d e m C h a r a k t e r E u r e s G e i s t e s , die m a n bei g e n a u e r e r Vergleichung wohl b e m e r k e n k a n n « (25. Mai 1794). W i r k e h r e n von diesem Exkurs zu der verlassenen c h r o n o logischen Folge zurück. Gleichzeitig mit , A n m u t h u n d W ü r d e ' entstand, wie Schiller a m 27. Mai 1793 berichtet, ein Aufsatz
248
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
über p a t h e t i s c h e Darstellung'. Derselbe erschien in der Thalia (3. u n d 4. Stück) u n t e r dem Titel: » V o m E r h a b e n e n . Z u r w e i t e r e n A u s f ü h r u n g e i n i g e r K a n t i s c h c n I d e e n « , in zwei Theilen. Nur d e r zweite w u r d e s p ä t e r von Schiller unter dem Titel » U e b e r d a s P a t h e t i s c h e « in die S a m m l u n g seiner k l e i n e r e n prosaischen Schriften' a u f g e n o m m e n , w ä h r e n d der erste zu diesem Zweck u m g e a r b e i t e t ward u n d in dieser späteren Gestalt, »die sich m e h r d u r c h eigenthümliche Ansichten auszeichnete«, u n t e r der Ueberschrift » U e b e r d a s E r h a b e n e « A u f n a h m e in jene S a m m l u n g (1801) u n d damit in unsere SchillerA u s g a b e n gefunden h a t . — In der T h a t schliesst sich die f r ü h e r e B e a r b e i t u n g ' ) , ihrer Ueberschrift entsprechend, ganz dem K a n tischen S t a n d p u n k t e an und setzt z. 13. die »moralische S i c h e r heit« in scharfen Gegensatz zur »physischen«. 2 ) F ü r unseren Zweck wichtiger ist die in der A b h a n d l u n g »Ueber d a s P a t h e tische« erfolgende U n t e r s c h e i d u n g von m o r a l i s c h e r und ä s t h e t i s c h e r S c h ä t z u n g (S. 417—424). Sie wird s p ä t e r noch vom systematischen Gesichtspunkte aus zu b e t r a c h t e n sein. Als G r u n d l a g e dieser B e t r a c h t u n g und zugleich zur historischen Fixirung des Schiller'schen S t a n d p u n k t e s m ö g e hier die »beiläufige A n m e r k u n g « über die »Verschiedenheit des ä s t h e t i s c h e n E i n d r u c k s , den die K a n t ' s c h e V o r s t e l l u n g d e r P f l i c h t auf seine verschiedenen Beurtheiler zu m a c h e n pflegt«, ihren Platz finden. »Ein nicht zu v e r a c h t e n d e r Theil des P u b l i k u m s findet diese Vorstellung der Pflicht s e h r d e m ü t h i g e n d ; ein a n d e r e r findet sie u n e n d l i c h e r h e b e n d f ü r d a s Herz. B e i d e h a b e n R e c h t , u n d der Grund des W i d e r s p r u c h s liegt bloss in der V e r s c h i e d e n h e i t d e s S t a n d p u n k t s , aus welchem beide diesen Gegenstand b e t r a c h t e n . Seine blosse Schuldigkeit t h u n , h a t allerdings nichts Grosses, und insofern d a s Beste, w a s wir zu leisten v e r m ö g e n , nichts als Erfüllung, u n d noch m a n g e l h a f t e E r f ü l l u n g unserer Pflicht ist, liegt in der höchsten T u g e n d nichts Begeisterndes. Aber b e i a l l e n Schranken d e r s i n n l i c h e n N a t u r d e n n o c h treu u n d
1) Abgedruckt bei Kürschner 129,1. S. 1 1 5 - 1 4 0 . 2) Ebenda S. 125 ff. Desgleichen enthalten die im fünften Stück der Thalia erschienenen: » Z e r s t r e u t e n B e t r a c h t u n g e n ü b e r v e r s c h i e d e n e ä s t h e t i s c h e G e g e n s t ä n d e « (S. W. XI 475 ff.), als ästhetisch im engeren Sinne, nichts Wesentliches für unseren Zweck.
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus unii sittliche Schönheit.
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beharrlich seine Schuldigkeit t h u n , u n d in d e n Fesseln d e r Materie dem heiligen Geistergesetz u n w a n d e l b a r folgen, dies ist allerdings erhebend u n d der B e w u n d e r u n g w e r t h . G e g e n d i e G e i s t e r w e l t g e h a l t e n , ist an u n s e r e r T u g e n d freilich nichts Verdienstliches, u n d wie viel wir es, u n s a u c h kosten lassen m ö g e n , wir werden i m m e r u n n ü t z e K n e c h t e s e i n ; g e g e n d i e S i n n e n w e 11 g e h a l t e n , ist sie hingegen ein desto erh a b e n e r e s Objekt. Insofern wir also H a n d l u n g e n m o r a l i s c h beurtheilen und sie auf d a s Sittengeset/, b e z i e h e n , werden wir w o n i g Ursache h a b e n , auf unsere Sittlichkeit stolz zu s e i n ; insofern wir aber auf die M ö g l i c h k e i t dieser H a n d l u n g e n sehen und das Vermögen d e s G e m ü t h s , das denselben zum Grund liegt, auf die Welt der Erscheinungen b e z i e h e n , d. h. insofern wir sie ä s t h e t i s c h beurtheilen, ist u n s ein g e w i s s e s S e l b s t g e f ü h l erlaubt, ja, es ist sogar n o t h w e n d i g , weil wir ein P r i n eipium in uns aufdecken, das ü b e r alle Veigleichung gross u n d unendlich ist« (S. 422). W i r h a b e n u n s eben so w e n i g , wie oben bei der A n m e r k u n g K a n t s gegen Schiller, so hier bei d e r jenigen Schillers ü b e r w i n d e n k ö n n e n , ein W o r t zu streichen. Denn wie — abgesehen von dem allgemeinen Interesse, das beide Stellen für sich in A n s p r u c h n e h m e n d ü r f e n — jene das einzige ausdrückliche Zeugniss f ü r die Stellung Kants zu Schiller ist, so ist diese ein besonders treffender Beweis f ü r die Tiefe des Verständnisses, mit welcher der Dichter die L e h r e des Philosophen erfasste. K a n n die ,rigoristische' Ethik besser in ihrem i n n e r s t e n Kern ergriffen, w ä r m e r gegen Gegner vertheidigt, feiner — u n d zwar dies letztere, wie wir sehen w e r d e n , in F o r t b i l d u n g Kantischer A n r e g u n g e n — ästhetisch erweitert w e r d e n ? — Diesen n a h e n Z u s a m m e n h a n g des F r e u n d e s mit K a n t fühlte K ö r n e r w o h l , w e n n e r , n a c h d e m er lange ü b e r den Aufsatz Schillers » g e b r ü t e t « , diesem s c h r i e b : » . . Ich bin mit D i r eben so wenig in den P r i n z i p i e n einverstanden als mit K a n t . In den R e s u l t a t e n treffen wir wieder z u s a m m e n . . . « (25. Nov. 1793). Endlich haben wir a u s diesem a n philosophischer A u s b e u t e so ü b e r a u s reichem J a h r e 1793 noch ein weiteres, wichtiges Zeugniss für den K a n t i a n i s m u s Schillers vorzulegen in den u rs p r ü n g l i c h e n u n d wirklich an den Prinzen von SchleswigHolstein-Augustenburg abgesandten B r i e f e n ü b e r ä s t h e t i -
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K. V o r l ä n d e r :
Ethischer R i g o r i s m u s und sittliche Schönheit.
s e h e E r z i e h u n g 1 ) , von denen sich bekanntlich die sieben ersten glücklicherweise durch Abschriften e r h a l t e n haben, w ä h r e n d die übrigen bei dem K o p e n h a g e n e r Schlossbrand in F l a m m e n a u f g i n g e n . Eine wie interessante A u f g a b e es nun a u c h w ä r e , auf diese geist- u n d inhaltreichen Briefe näher einzugehen u n d eine Vergleichung mit den ästhetischen Briefen der g e s a m m e l t e n W e r k e anzustellen , so müssen wir u n s dies doch a u s leicht begreiflichen G r ü n d e n versagen. Dagegen glauben wir die Stellen, die sich a u s d r ü c k l i c h mit der Kantischen Philosophie beschäftigen, nicht u n e r w ä h n t lassen zu dürfen. — In dem e r s t e n Briefe (9. F e b r u a r 1793) f ü h r t er a u s , die philosophische Revolution h a b e das bisherige System der Aesthetik, »wenn a n d e r s m a n ihm diesen N a m e n geben k a n n « , über den Haufen geworfen u n d K a n t s Kritik der Urtheilskraft eine neue K u n s t t h e o r i e , w o nicht b e g r ü n d e t , doch vorbereitet. A b e r u n s e r e vorzüglichsten D e n k e r — d a s Folgende geht offenbar hauptsächlich auf K a n t — h a b e n mit Metaphysik, N a t u r r e c h t und Politik noch »alle H ä n d e voll zu t h u n « u n d d a r u m wenig Zeit für die K u n s t p h i l o s o p h i e , d e r e n »Kitter« Schiller zu werden sich entschlossen h a t . Sein Beruf zum P h i losophiren sei »zwar noch sehr u n e n t s c h i e d e n « , a b e r er h a b e den Vortheil einer bereits »ziemlich langen A u s ü b u n g der Kunst« v o r a u s , und g e r a d e er h a b e ,»mehr als irgend ein a n d e r e r seiner K u n s t b r ü d e r in Deutschland d u r c h F e h l e r g e l e r n t . « (S. 7bi f.) W e n n er nun als » A n f ä n g e r , der erst seit gestern in das Heiligthum der Philosophie hineinblickte«, n a c h K a n t noch einen selbständigen Versuch zur Auflösung des ästhetischen P r o b l e m s wage, so gebe ihm K a n t s Philosophie selbst den Muth wie die Mittel dazu. »Diese f r u c h t b a r e P h i l o s o p h i e , d i e sich s o o f t n a c h s a g e n l a s s e n m u s s , d a s s sie n u r i m m e r e i n r i s s e u n d n i c h t s a u f b a u e , g i e b t n a c h meiner gegenwärtigen Ueberzeugung die f e s t e n G r u n d s t e i n e her, auch ein S y s t e m d e r A e s t h e t i k zu errichten.« (S. 79 f.) — Im z w e i t e n Briefe (13. Juli 1793) erklärt Schiller, dass er sich » s e h r o f t « an die kritische Philosophie anzuschliessen h a b e n w e r d e , betont aber den Unterschied seiner V o r t r a g s w e i s e von der »dogmatischen« Kants. »Manchen Kantischen 1) A b g e d r u c k t bei Kürsebner 129, 2 S. 77—131. Er schrieb g r ö s s t e n t e i l s während seines A u f e n t h a l t e s in Schwaben 1798.
sie
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
251
Sätzen giebt die strenge Reinheit u n d die scholastirche F o r m , in d e r sie aufgestellt w e r d e n , eine H ä r t e und eine S o n d e r b a r k e i t , die i h r e m I n h a l t e f r e m d i s t , und von dieser Hülle entkleidet, erscheinen sie d a n n als die v e r j ä h r t e n A n s p r ü c h e der allgemeinen Vernunft.« 1 ) »Philosophische W a h r heiten . . . müssen in einer a n d e r n F o r m g e f u n d e n , u n d in einer a n d e r n angewandt- u n d verbreitet w e r d e n . Die Schönheit eines Gebäudes wird nicht eher sichtbar, als bis m a n d a s G e r ä t h e des M a u r e r s u n d Z i m m e r m a n n s h i n w e g n i m m t und das G e r ü s t e a b b r i c h t , hinter welchem es emporstieg. Aber die inehrsten Schüler K a n t s liessen sich eher den G e i s t als die M a s c h i n e r i e seines Systems entreissen, und legen eben d a d u r c h an den T a g , dass sie m e h r d e m A r b e i t e r als dem B a u m e i s t e r gleichen.« (S. 81 f.) a ) W e n n Schiller im weiteren Verlaufe dieses Briefes auf die französische Revolution zu reden k o m m t , in deren thatsächlicher Entwicklung er seine H o f f n u n gen auf eine »Monarchie der V e r n u n f t « , die »den Menschen als Selbstzweck respectirt und b e h a n d e l t « , nicht erfüllt s a h , so möchten wir als Parallele dazu eine unseres Wissens noch wenig b e k a n n t e gleichzeitige mündliche A e u s s e r u n g heranziehen, die uns sein J u g e n d f r e u n d von Hoven a u f b e w a h r t hat. 3 ) In einem Gespräche w ä h r e n d seines A u f e n t h a l t e s in S c h w a b e n , in dein er u. a. a u c h den Napoleonismus prophetisch voraussagte, äusserte e r : »Die e i g e n t l i c h e n P r i n z i p i e n , die einer w a h r h a f t glücklichen bürgerlichen Verfassung zum G r u n d e gelegt w e r d e n müssen, s i n d . . . i n d e m e r a u f K a n t s , K r i t i k d e r V e r n u n f t ' , die eben auf dem T i s c h e lag, hinw i e s , n o c l i n i r g e n d a n d e r s a l s h i e r . « — Im d r i t t e n Brief (ohne Datum) will er die »doppelte B e h a u p t u n g rechtfertigen«, dass das S c h ö n e den bloss sensualen Menschen zu einem rationalen erziehen hilft«, d a s E r h a b e n e a b e r »die Nachtheile d e r schönen Erziehung verbessert. (S. 96) (Diese »doppelte B e h a u p t u n g « enthält bereits die G r u n d g e d a n k e n der 1) Vergl. die oben angeführte Stelle aus s Anmuth und Würde' von der Wiederherstellung der ^gesunden Vernunft'. 2) Vgl. das Distichon: »Wie doth ein einziger Reicher so viele Bettler in Nahrung Setzt! Wenn die Könige b a u n , haben die K ä r r n e r zu thun.« 3) C. v. Wolzogen, Schillers Leben S. 243.
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K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus und sittliche S c h ö n h e i t .
beiden kleineren A b h a n d l u n g e n : ,U e b e r d i e n o t h w e n d i g e n G r e n z e n b e i m G e b r a u c h s c h ö n e r F o r m e n ' u n d ,U e b e r d e n m o r a l i s c h e n N u t z e n ä s t h e t i s c h e r S i t t e n ' , die 1795 resp. 1796 in den ,Hören' erschienen u n d hiermit gleich, wenigstens f ü r den historischen Theil dieser Arbeit, als e r l e d i g t gelten mögen.) S. 99 wird alles H a n d e l n a u s E m p f i n d u n g echt Kantisch-rigoristisch f ü r »schlechterdings und überall physisch« ') erklärt u n d weiterhin (S. 99 ff.) die 5 inoralische Freiheit' oder ,Verniuiftbestimmung c ü b e r h a u p t in scharfen Gegensatz zur .sinnlichen Abhängigkeit' oder ,Dienstbarkeit der N a t u r ' gestellt. — Der v i e r t e B r i e f (11. Nov.) enthält die! Kantische M a h n u n g : Sapere a u d e ! für das d u r c h eine g e s u n d e r e Philosophie' u n d bessere Moral' aufgeklärte, aber träge Zeitalter. Freilich » m a n rnuss das A u f k l ä r u n g s w e r k bei einer N a t i o n mit Verbesserung ihres p h y s i s c h e n Zustandes beginnen.« Ein s o c i a l i s t i s c h e r G e d a n k e ! - Der f ü n f t e B r i e f (25. Nov.) giebt zunächst historische A u s f ü h r u n g e n zu dem bisher theoretisch Bewiesenen u n d verbreitet sich s o d a n n höchst geistvoll ü b e r die Stilarten, wobei von K a n t gesagt w i r d : »So w ü r d e Kants Kritik der Vern u n f t o f f e n b a r ein w e n i g e r v o l l k o m m e n e s W e r k sein, wenn sie mit m e h r G e s c h m a c k geschrieben w ä r e . (S. 117) — Den s e c h s t e n Brief (3. Dezbr. 1793) v e r w e n d e t e Schiller fast wörtlich zu dem späteren Aufsatz »über den moralischen Nutzen ästhetischer S i t t e n « , mit A u s n a h m e der Einleitung u n d des Schlusses. In der ersteren befindet sich ein ausdrückliches und volles Bekenntniss zu Kant, das in der s p ä t e r e n Bearbeitung f e h l t und folgendermassen l a u t e t : »Ich b e k e n n e gleich vorläufig, dass ich i m H a u p t p u n k t d e r S i t t e n l e h r e v o l l k o m m e n K a n t i s c h d e n k e . Ich glaube nämlich u n d bin überzeugt, dass nur diejenigen unsrer H a n d l u n g e n sittlich heissen, zu denen uns bloss die Achtung für das G e s e t z der V e r n u n f t und n i c h t A n t r i e b e bestimmten, w i e v e r f e i n e r t d i e s e a u c h s e i e n 8 ) , und welch' i m p o s a n t e N a m e n sie a u c h f ü h r e n . Ich n e h m e m i t d e n r i g i d e s t e n M o r a l i s t e n a n , dass die T u g e n d schlechterdings auf sich selber r u h e n m ü s s e , u n d auf keinen von ihr verschiedenen Zweck zu beziehen sei. Gut ist
1) Vgl. Kant pr. V. 92, Met. d. S. 207. 2) Vgl. Kant pr. V. S. 27 f.
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. ( n a c h den K a n t i s c h e n G r u n d s ä t z e n , d i e i c h in Stück darum
vollkommen
unterschreibe),
g e s c h i e h t , weil e s g u t ist.«
gut ist,
( S . 1 1 8 f.)
253
diesem was
nur
D e r in d e r A b -
h a n d l u n g g l e i c h f a l l s f e h l e n d e S c h l u s s d e s B r i e f e s g i e b t , im A n schluss an
den
für unser T h e m a
wichtigen S a t z ,
dass
die »bekannten S c h r a n k e n der M e n s c h h e i l * selbst der Ethiker« genöthigt w e r d e , »von der S t r e n g e der
Anwendung
Welt
. ..
noch
volle
und
zur
nachzulassen . . . .
Sicherheit an den
an
sehr
diesen S c h l u s s s a t z freimüthige
s e i n e s S y s t e m s in
und das zu
Ausführungen
der
Ankern,
b e f e s t i g e n « — in
der A b h a n d 1 u n g über
d i e für die S t e l l u n g d e s Dichters zu letzterer s i n d , i n d e m sie i h n , wie er selbst s c h r e i b t , er ist.«
Wohl
beiden s t a r k e n
und d e m G e s c h m a c k ,
der R e l i g i o n Anknüpfung
etwas
durch
»rigideste
die
sehr
geist-
Religion,
bezeichnend
»ganz zeigen,
wie
( S . 1 2 ' . ) ) — D e r k u r z e s i e b e n t e Brief ( o h n e D a t u m ) ,
v o n der ä s t h e t i s c h e n Geselligkeit für unseren
handelt,
ist
ohne
der
Bedeutung
Zweck.
W i r k o m m e n n u n zu d e m f ü r die G e s c h i c h t e d e r d e u t s c h e n D i c h t u n g s o b e d e u t e n d e n und in seinen F o l g e n a u c h für S c h i l l e r s Stellung zur Philosophie
nicht e i n f l u s s l o s e n J a h r e ,
g r o s s e B u n d z w i s c h e n S c h i l l e r u n d G o e t h e sich
in d e m
der
schloss:
1794. S c h o n w ä h r e n d s e i n e s A u f e n t h a l t e s in S c h w a b e n — W i n t e r 1793/94 — hatte Schiller den Plan
gefasst,
die
vorzüglichsten
S c h r i f t s t e l l e r D e u t s c h l a n d s zu einer Zeitschrift zu v e r e i n i g e n , die alles übertreffen sollte, hatte.
Am
arbeiterschaft
w a s j e m a l s v o n d i e s e r G a l t u n g exislirt
13. J u n i 1 7 9 4 e r f o l g e n an den
Hören'.1)
die
Einladungen
In d e m B r i e f e ,
in
zur
Mit-
dein
er
K ö r n e r dies mittheilt (12. J u n i 1794), n e n n t er u n t e r d e r » A u s w a h l d e r b e s t e n h u m a n i s t i s c h e n S c h r i f t s t e l l e r « , d i e er ins A u g e gefasst hat,
an
erster
die Begleitschreiben,
Stelle
die
— Goethe
und
Kant2).
er zu d e m g e d r u c k t e n P r o s p e k t e
Und der
1) Die ^neue Thalia' war zu Ende des Jahres 1793 eingegangen. 2) Auch in anderen Einladungsbriefen wie an Jakobi und Matthisson wurde K a n t s Name an die Spitze gestellt. In dem Briefe, in dem F i c h t e den »Antrag des Herrn Schiller« dringend befürwortete, heiset e s : »Für unser Institut wäre es, vor Welt und Nachwelt, die höchste Empfehlung, wenn wir Ihren Namen an unserer Spitze nennen dürften.« (Schubert in Kanls S. W. XI 2, 113 und XI 1, 147 f.)
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
n e u e n Z e i t s c h r i f t s c h r i e b , u n d v o n d e n e n die a n G o e t h e u n d K a n t g e r i c h t e t e n d a s s e l b e D a l u m d e s 13. J u n i t r a g e n , b i l d e n d e n A n f a n g v o n Schillers C o r r e s p o n d e n z m i t e b e n diesen b e i d e n M ä n n e r n , die - w i r k ö n n e n w o h l s a g e n — f ü r ihn in s e i n e r reifsten P e r i o d e die b e s t i m m e n d s t e n g e w e s e n s i n d . D e r B r i e f w e c h s e l m i t d e m K ö n i g s b e r g e r P h i l o s o p h e n freilich h a t sich a u f dies E i n l a d u n g s s c h r e i b e n Schillers u n d d i e erst n a c h n e u n M o n a t e n e r f o l g t e A n t w o r t K a n t s (s. u n t e n ) b e s c h r ä n k t , w o h l d u r c h die S c h u l d d e s P h i l o s o p h e n , d e r ü b e r h a u p t ein s e h r s c h l e c h t e r B r i e f s c h r e i b e r w a r ; ') w ä h r e n d d e r Brief a n G o e t h e n u r die E i n l e i t u n g zu j e n e m g e m e i n s a m e n W i r k e n b e i d e r M ä n n e r w a r , d a s n u n m e h r , J a h r e l a n g fast täglich, in b a l d m ü n d l i c h e m , b a l d s c h r i f t l i c h e m V e r k e h r seinen A u s d r u c k f a n d . Noch weil b e d e u t s a n i e r a b e r ist ein u m dieselbe Zeit h e r v o r t r e t e n d e r i n n e r e r Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n K a n t , Schiller u n d G o e t h e . Die Karitische P h i l o s o p h i e n i c h t z u m w e n i g s t e n w a r e s , die b i s h e r d i e b e i d e n » G e i s l e s a n t i p o d e n « g e t r e n n t h a t t e (s. o b e n u n t e r 1790 u. 1793 S. 2 3 0 f. u. S. 2 4 4 f.), K a n t sollte sie j e t z t u n d zwar d a u e r n d z u s a m m e n f ü h r e n . D e n n ein a n G o e t h e s Vorstellung von der M e t a m o r p h o s e der Pflanze a n k n ü p f e n d e s G e s p r ä c h ü b e r E r f a h r u n g u n d I d e e , in d e m sich S c h i l l e r a l s »ein g e b i l d e t e r K a n t i a n e r « zeigte, bildete, wie u n s G o e t h e s e l b s t s p ä t e r in s e i n e n / T a g e s - u n d J a h r e s h e f t e n ' e r z ä h l t h a t , d e n »ersten S c h r i t t « zu i h r e r d a u e r n d e n A n n ä h e r u n g . 2 ) Den E i n l a d u n g s b r i e f a n K a n t b e n u t z t e Schiller, u m a u f d i e g e g e n ihn g e r i c h t e t e A n m e r k u n g in d e r ,Religion i n n e r h a l b ' etc. (s. o b e n ) z u r ü c k z u k o m m e n u n d — sich zu e n t s c h u l d i g e n . Indern w i r die in d e n s c h m e i c h e l h a f t e s t e n u n d e h r f u r c h l v o l l s t e n A u s d r ü c k e n g e h a l t e n e Bitte u m e i n e n » w e n n a u c h n o c h so kleinen A n t h e i l « a n d e r n e u e n » l i t e r a r i s c h e n S o c i e t ä t « bei S e i t e l a s s e n , m ü s s e n wir d e n Piest g a n z a u s h e b e n , d a d e r s e l b e g e r a d e a u f u n s e r S p e c i a l t h e m a e n g s t e n B e z u g hat. Schiller s c h r e i b t : 1) V g l . meine B e m e r k u n g in Goedekes Giundiiss, 2. Aufl. V § 247 und Schuberts Biographie in Kants S. W . XI 2, S. 43 f., 79, 191, an welcher letzteren S t e l l e auch auf eine gewisse B e r e c h t i g u n g dazu hing e w i e s e n ist. K a n t selbst e n t s c h u l d i g t sich ö f t e r s , theils mit der N o t h wendigkeit,, seine Arbeiten zu vollenden, tlicils mit seinem z u n e h m e n d e n Alter (XI 1, S. 121 u. ö.). 2) Goethe S. W IV 537 f.
K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
2-r>5
»Ich k a n n diese G e l e g e n h e i t n i c h t v o r b e i g e l l e n l a s s e n , o h n e I h n e n f ü r die A u f m e r k s a m k e i t zu d a n k e n , d e r e n Sie m e i n e kleine A b h a n d l u n g g e w ü r d i g t , u n d f ü r die N a c h s i c h t , mit d e r Sie m i c h ü b e r m e i n e Zweifel z u r e c h t g e w i e s e n h a b e n . Bloss die L e b h a f t i g k e i t m e i n e s V e r l a n g e n s , d i e R e s u l t a t e d e r von Ihnen g e g r ü n d e t e n Sittenlehre einem Theile des P u b l i k u m s a n n e h m l i c h zu m a c h e n , d e r bis j e t z t n o c h d a v o r zu fliehen s c h e i n t , u n d d e r eifrige W u n s c h , e i n e n n i c h t u n w ü r d i g e n T h e i l d e r M e n s c h h e i t ') mit d e r S t r e n g e I h r e s S y s t e m s a u s z u s ö h n e n , konnte mir a u f e i n e n A u g e n b l i c k d a s A n s e h e n I h r e s G e g n e r s g e b e n , w o z u ich in d e r T l i a t s e h r w e n i g Geschicklichkeit u n d n o c h w e n i g e r N e i g u n g h a b e . D a s s Sie die Gesinn u n g . m i t d e r ich s c h r i e b , n i c h t m i s s k a n n l e n , h a b e ich mit u n e n d l i c h e r F r e u d e a u s I h r e r A n e r k e n n u n g e r s e h e n , u n d dies ist h i n r e i c h e n d , m i c h ü b e r die M i s s d e u t u n g e n zu t r ö s t e n , d e n e n ich mich bei A n d e r n d a d u r c h a u s g e s e t z t h a b e . - - N e h m e n Sie schliesslich noch die V e r s i c h e r u n g m e i n e s l e b h a f t e s t e n D a n k s f ü r d a s w o h l t h ä t i g e L i c h t a n , d a s Sie m e i n e m Geiste a n g e z ü n d e t h a b e n — eines D a n k s , d e r wie d a s G e s c h e n k , auf d a s er sich g r ü n d e t , o h n e G r e n z e n u n d u n v e r g ä n g l i c h ist.«2) Selbst w e n n m a n einige W e n d u n g e n dieses Briefes auf R e c h n u n g d e s m i t i h m v e r b u n d e n e n Z w e c k e s o d e r a u c h höflicher L i e b e n s w ü r d i g k e i t setzen w o l l t e , b l e i b t d o c h n o c h g e n u g ü b r i g , u m in i h m die d a n k b a r e B e g e i s t e r u n g d e s S c h ü l e r s f ü r d e n Meister w i e d e r z u f i n d e n . G e r a d e u m diese Zeit zeigt sich S c h i l l e r d e n n a u c h s o n s t r e c h t eifrig K a n t i s c h . 3 ) A m 4. Juli s c h r e i b t er a n K ö r n e r : »Ich h a b e j e t z t auf eine Zeit l a n g a l l e A r b e i t e n l i e g e n l a s s e n , u m d e n K a n t zu s t u d i r e n . E i n m a l m u s s ich d a r ü b e r i n s R e i n e k o m m e n , w e n n ich n i c h t i m m e r mit u n s i c h e r e n S c h r i t t e n m e i n e n W e g in d e r S p e c u l a t i o n f o r t s e t z e n soll«, u n d — n a c h e i n e r A n t w o r t K ö r n e r s , d e r i h m zu d i e s e m S t u d i u m , 1) Piese S t e l l e erinnert sehr a n die oben S. 22 aus der A b h a n d l u n g über das Pathetische' a n g e f ü h r t e : » . . . Ein nicht, zu verachtender Theil des l'ublikums . . . « 2) Kants W e r k e X I 1, S. 169. 3) Vgl. einen Brief des Schiller befreundeten Kantianers Erhard an Baron Herbert (17. Mai 1794), der b e r i c h t e t , Schiller sei »ganz in den Geist des Kiint'schen S y s t e m s eingedrungen.» (Toniaschek S. 265, 357)
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das ihm d u r c h den U m g a n g mit H u m b o l d t u n d Fichte »sehr erleichtert« w u r d e , den Segen des »Genius der Philosophie« wünscht — a m 20. d. M. w e i t e r : »Das S t u d i u m K a n t s ist noch immer das Einzige, was ich a n h a l t e n d treibe, u n d i c h m e r k e d o c h e n d l i c h , d a s s e s h e l l e r i n m i r w i r d . An den Iloren ist weiter nichts geschehen, u n d K a n t h a t n o c h n i c h t g e a n t w o r t e t . « ') J a , a m 4. Sept. fühlt er sich so a b g e w a n d t von der Poesie, dass ihm vor der Arbeit a n dem eigenen E n t w ü r f e zum G a l l e n s t e i n ' »ordentlich arigst u n d bange« ist, »denn ich glaube mit jedem T a g m e h r zu finden, dass ich eigentlich nichts weniger vorstellen k a n n als einen Dichter, u n d dass höchstens da, wo ich philosophiren will, der poetische Geist mich ü b e r rascht . . . Im Poetischen h a b e ich seit drei, vier Jahren« — also seit der W e n d u n g zur Kantischen Philosophie — »einen völlig neuen Menschen angezogen.« — In seiner A n t w o r t (10. Sept.) n e n n t K ö r n e r des F r e u n d e s Streben n a c h philosophischem Gehalt eine »nordische Sünde«, w o d u r c h er sich selbst die P h a n tasie gestört h a b e , belegt es also mit demselben Ausdruck, den er 31. Mai 1793 von K a n t s Religionsschrift gebraucht hatte. — Am 12. Sept. ist Schillers Selbstvertrauen — vielleicht, d u r c h Goethes E n t g e g e n k o m m e n 2 ) — wieder gestiegen; er arbeitet jetzt »mit vieler Freude« die »Gorrespondenz mit dem Prinzen von A u g u s t e n b u r g « zu den .Briefen ü b e r die ästhetische E r ziehung des Menschen' um u n d schreibt d a n e b e n »aus d e m Herzen und mit Liebe« an »einem Aufsatze ü b e r .Natur u n d Naivheit'«, der ihm »gleichsam eine B r ü c k e z u r p o e t i s c l i e n P r o d u k t i o n « darstellen soll. Aus dieser P e r i o d e der Fertigstellung seiner ästhetischen Hauptschrift, von der a u c h schon vorher oft die R e d e gewesen ist (z. B. 20. 6 und 29. 6. 93, 4. 2 u n d 11. 7. 94), s t a m m t der 1) Mit welcher Sehnsucht Schiller Kants A n t w o r t e r w a r t e t e , g e h t aus einem Briefe F i c h t e s an K a n t vom 6. Okt. 1794 hervor, worin es heisst: ». . Herr Schiller, der Sie seiner Verehrung versichert, erw a r t e t sehnsuchtsvoll Ihren Entschluss in Absicht des geschehenen Ansuchens in einer S a c h e , die ihn ungemein interessirt, und uns andere nicht weniger. Dürfen wir hoffen?« Das ursprüngliche Consortiuin der .Hören' bestand aus Schiller, W o l t m a n n , Fichte, W . v. Humboldt. 2) Goethe lud Schiller gerade in diesen Tagen zu einem längeren A u f e n t h a l t e in seinem Hause e i n ; vgl. den Briefwechsel S. 10 tf.
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E t h i s c h e r R i g o r i s m u s und s i t t l i c h e S c h ö n h e i t .
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erste Brief an G o e t h e , in d e m er seinem » K a n t i s c h e n G l a u b e n « Ausdruck verleiht. Goethe h a t t e sich a m 26. Okt. mit voller Begeisterung über den ihm im Manuskript zugesandten Theil der äslhetischen Briefe a u s g e s p r o c h e n , in denen e r , w a s er »für rccht seit langer Zeit e r k a n n t e « , w a s er »theils lebte, Iheils zu leben w ü n s c h t e , auf eine so z u s a m m e n h ä n g e n d e u n d edle Weise v o r g e t r a g e n f a n d « 1 ) , u n d auch die Z u s t i m m u n g seines F r e u n d e s Meyer e r w ä h n t . Darauf erwiedert Schiller a m 28. O k t o b e r , dass ihn schon des Letzteren S t i m m e »über den W i d e r s p r u c h H e r d e r s t r ö s t e , der mir meinen Kanlischen Glauben, wie es scheint, nicht verzeihen k a n n « , u n d fährt d a n n f o r t : »Die Kantische Philosophie übt in den H a u p t p u n k t e n selbst keine D u l d u n g a u s u n d trägt einen viel zu r i g o r i s t i s c h e n C h a r a k t e r , als dass eine Accomodation mit ihr möglich wäre. A b e r d i e s m a c h t i h r i n m e i n e n A u g e n E h r e , d e n n es beweist, wie wenig sie die Willkür vertragen k a n n . Eine solche Philosophie will d a h e r auch nicht mit blossem Kopfschütteln abgefertigt sein. Im o f f e n e n , h e l l e n u n d z u g ä n g l i c h e n F e l d d e r U n t e r s u c h u n g e r b a u t sie ihr S y s t e m , s u c h t nie den Schatten u n d r e s e r v i r t d e m P r i v a t g e f ü h l n i c h t s , a b e r so, wie sie i h r e N a c h b a r n b e h a n d e l t , will sie wieder b e handelt sein, und es ist zu v e r z e i h e n , w e n n sie nichts als Beweisgründe achtet. Es erschreckt mich g a r nicht zu denken, dass das Gesetz der V e r ä n d e r u n g , vor welchem kein menschliches und kein göttliches W e r k G n a d e findet, auch die F o r m d i e s e r P h i l o s o p h i e , sowie jede a n d e r e , zerstören w i r d ; a b e r die F u n d a m e n t e derselben w e r d e n dies Schicksal nicht zu fürchten h a b e n , d e n n s o a l t d a s M e n s e h e n g e s c h 1 e c h t i s t , u n d s o l a n g e es e i n e V e r n u n f t g i e b t , h a t m a n s i e s t i l l s c h w e i g e n d a n e r k a n n t u n d im g a n z e n d a r n a c h gehandelt.« Schade, dass wir d u r c h einen wenige T a g e s p ä t e r e r f o l g e n d e n , mehrtägigen Besuch Goethes bei Schiller u m eine schriftliche A n t w o r t des Ersteren auf dies philosophische Glaubens1) D a g e g e n s c h m e i c h e l t e G o e t h e sich s e l b s t zu sehr, w i e er a n d e r e r seits Schillers Charakter m i s s a c h t e t e ,
w e n n er s p ä t e r
nieinte,
dass
der
l e t z t e r e »aus f r e u n d s c h a f t l i c h e r N e i g u n g g e g e n mich, v i e l l e i c h t m e h r a l s a u s e i g e n e r U e b e r z e u g u u g « in d e n ä s t h e t i s c h e n B r i e f e n die » g u t e Mutter« (sc. N a t u r ) n i c h t » m i t jeneil h a r t e n A u s d r ü c k e n « b e h a n d e l t h ä t t e , w i e in A n i u u t h und W ü r d e ' .
(V
1195).
Philosophische Monatshefte XXX, 5 u. 6.
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bekenntniss des n e u g e w o n n e n e n F r e u n d e s g e k o m m e n sind. Dessen Sichbekennen zu K a n t tritt in dem Briefe u m so schärfer h e r v o r , als sich u n m i t t e l b a r d a r a n ein recht u n g ü n s t i g e s U r theil ü b e r »unseres F r e u n d e s F i c h t e « 5 subjectiven Spinozismus c schliesst. 1 ) Einen ähnlich hohen Genuss, wie Goethe, e m p f a n d K ö r n e r bei dem Lesen des M a n u s k r i p t s , wiewohl er als alter F r e u n d sich verschiedene kritische B e m e r k u n g e n erlaubt. So findet er, dass Schiller zu weit ausgeholt h a b e , dass er sich zu viel auf Kantische Sätze beziehe, obgleich sein P u b l i k u m »ausgebreiteter als d a s Kantsche« sei, und dass er die ästhetische Erziehung m e h r als M i t t e l , d e n n als S e l b s t z w e c k betrachte. (7. Nov.) Auch hiernach steht also Schiller unserem Philosophen weit n ä h e r als Körner. H e r d e r s a b s p r e c h e n d e s Urlheil jedoch, das schon bei Goethe angestossen h a t t e — » H e r d e r a b h o r r i r t sie (sc. die ästhetischen Briefe) als K a n t s c h e S ü n d e n u n d schmollt ordentlich deswegen mit m i r « , schreibt Schiller a m 7. Nov. — wird in einem späteren Briefe K ö r n e r s (¿0. Nov.) eine aus U n d u l d s a m k e i t u n d Selbstgefälligkeit h e r v o r g e g a n g e n e Armseligkeit g e n a n n t . »Fand er d e n n n i c h t s m e h r in Deinen Briefen als Kantsche Ideen ? U n d w e n n er a u c h mit Kant nicht ganz übereinstimmt, k a n n er wohl den hohen C h a r a k t e r , seine (seiner?) Art zu philosophiren verkennen, w e n n er irgend eines u n b e f a n g e n e n Urtheils fähig ist?« — Bezüglich der »zweiten Lieferung« der ästhetischen Briefe, die ihm »sehr viel A n s t r e n g u n g gekostet« (4. Dez.), meint Schiller den K ö r n e r ' s c h e n Vorwurf, dass er » k a n t i s i r e « , »leider (!) noch m e h r zu verdienen.« Dass dies 3 kantisiren' hier jedoch n u r auf die Schwierigkeit des Stoffes g e h t , ergiebt sich a u s d e m u n m i t t e l b a r folgenden Satz. »Aber d a s w a r nicht a n d e r s zu m a c h e n , sobald die letzten G r ü n d e entwickelt w e r d e n sollten. Indess hoffe ich doch eine grössere Simplicität, als m a n bisher g e w o h n t gewesen ist, d a r i n b e o b a c h t e t zu haben.« (19. Dez.) — In d e m letzten Briefe des J a h r e s 1794 endlich (29. Dez.) äussert er sich »ungemein gut«
1) In früheren Briefen (z. B. vom 12. J u n i und 4. Juli 1794) l a u t e t das Drtheil über F i c h t e g ü n s t i g e r , von dein Schiller a n f a n g s grosse Erw a r t u n g e n h e g t e , w i e dieser fnst noch mehr von Schiller (vgl. Humboldt an Schiller 22. Sept. 1794).
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Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
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mit sich zufrieden. » M e i n S y s t e m n ä h e r t sich jetzt einer Reife und einer inneren Consistenz, die ihm F e s t i g k e i t u n d D a u e r versichern . . . Alles d r e h t sich um den Begriff d e r W e c h s e l w i r k u n g zwischen dem Absoluten u n d d e m Endlichen, u m die Begriffe von Freiheit und von Zeit, von T h a t k r a f t u n d Leiden.« Dieselbe gehobene S t i m m u n g spricht sich in dem ersten Brief des neuen J a h r e s
1795 an K ö r n e r aus, dem er die F o r t s e t z u n g der ästhetischen Briefe bis incl. 17ten übersendet. »Eine solche E i n h e i t , wie diejenige ist, die dieses S y s t e m z u s a m m e n h ä l t , h a b e ich in meinem Kopfe noch nie h e r v o r g e b r a c h t , u n d ich muss g e s t e h e n , dass ich meine G r ü n d e für unüberwindlich halte.« Er fordert den F r e u n d selbst zum K a m p f e heraus. »Jeder Deiner Eingriffe wird mir jetzt herrliche Dienste t h u n u n d die Klarheit meiner Ideen erhöhen.« (5. J a n . 1795) So schreibt n u r die selbstgewisse Kraft des philosophischen Gedanken-Erzeugers. Und doch w a r andererseits der dichterische Theil dieser poetischphilosophischen D o p p e l n a t u r so stark u n d so leicht erregbar, dass er nicht m e h r als zwei T a g e später, n a c h der Lektüre von .Willielm Meister 1 , die ihn mit einem »süssen« Gefühle »geistiger u n d leiblicher Gesundheit« d u r c h d r a n g , an Goethe schreiben k o n n t e : »Ich k a n n Ihnen nicht a u s d r ü c k e n , wie p e i n l i c h mir das Gefühl oft ist, von einem P r o d u k t dieser A r t in d a s p h i l o s o p h i s c h e W e s e n hineinzusehen. Dort ist alles so heiter, so lebendig, so h a r m o n i s c h aufgelöst u n d so menschlich w a h r , liier alles so s t r e n g e , so rigid u n d a b s t r a c t , u n d so höchst unn a t ü r l i c h , weil a l l e N a t u r n u r S y n t h e s i s u n d alle P h i l o s o p h i e A n t i t h e s i s ist. Z w a r darf ich mir das Zeugniss geben, in meinen Speculationen d e r N a t u r so treu geblieben zu sein, als sich mit dem Begriff der Analysis v e r t r ä g t ; j a vielleicht bin ich ihr t r e u e r geblieben, als u n s e r e K a n t i a n e r f ü r erlaubt u n d für möglich h a l t e n . Aber d e n n o c h fühle ich nicht weniger l e b h a f t den unendlichen A b s t a n d zwischen d e m Leben u n d d e m R a i s o n n e m e n t , u n d k a n n mich nicht e n t h a l t e n , in einem solchen melancholischen Augenblick f ü r einen Mangel in meiner N a t u r a u s z u l e g e n , w a s ich in einer heitern S t u n d e bloss f ü r eine n a t ü r l i c h e Eigenschaft der S a c h e ansehen muss. Soviel 17*
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i s t i n d e s s g e w i s s , d e r D i c h t e r ist d e r e i n z i g w a h r e M e n s c h , u n d d e r b e s t e P h i l o s o p h ist n u r eine C a r r i c a t u r g e g e n i h n . « — »Dass ich voll E r w a r t u n g bin zu wissen, w a s Sie zu m e i n e r M e t a p h y s i k d e s S c h ö n e n sagen, darf ich Ihnen nicht erst versichern. W i e das S c h ö n e selbst aus dem g a n z e n M e n s c h e n g e n o m m e n ist, so ist diese meine Analysis desselben a u s m e i n e r g a n z e n M e n s c h h e i t h e r a u s g e n o m m e n , u n d es muss mir allzuviel d a r a n liegen zu wissen, wie diese mit der Ihrigen zusammentrifft.« (7. J a n . 1795) A u c h auf diesen höchst b e d e u t e n d e n Brief erfolgte, infolge p e r s ö n lichen Z u s a m m e n t r e f f e n s b e i d e r , keine schriftliche A n t w o r t Goethes; doch ist uns ü b e r die letzte Frage Aufschluss gegeben in einem Briefe Schillers an K ö l n e r vom 19. J a n u a r , in dem er den Eindruck einer mündlichen Vorlesung eines Theils der ästhetischen Briefe auf Goethe schilderte. »Wie viel Deutlichkeit der Aufsatz in seiner jetzigen Gestalt auch für n i c h t K a n t s c h c Leser h a t , davon m a c h t e ich gestern A b e n d eine sehr interess a n t e E r f a h r u n g . Ich las ihn G o e t h e u n d M e y e r , die seit acht T a g e n hier s i n d , v o r , und beide w u r d e n von A n f a n g an bis h i n a u s davon fortgerissen, u n d zwar in einem G r a d e , wie k a u m ein W e r k d e r Beredsamkeit vermag.« W i e sehr er a b e r neben der Rücksicht auf nicht s t r e n g philosophische Leser auf den steten systematischen Z u s a m m e n h a n g mit K a n t achtete, geht a u s folgender B e m e r k u n g desselben Briefes h e r v o r : »Auch der Missdeutung von Sein u n d Erscheinen h a b e i c h , w o es nöthig war, vollkommen a b g e h o l f e n ; wiewohl dies schon in der Sache selbst hinlänglich b e s t i m m t w a r . Denn w e n n ich s a g e : der M e n s c h i s t n u r , insofern er sich v e r ä n d e r t , so k a n n der s t r e n g s t e K a n t i s c h e R i g o r i s t nichts dagegen haben, d a der M e n s c h j a schon kein N o u m e n o n mehr ist.« Bezüglich der Briefe ü b e r die
a e s t h e t i s c h e E r z i e h u n g des Menschen selbst n u n k ö n n e n wir noch weniger als bei den ü b r i g e n von u n s b e r ü h r t e n Schiller'schen Aufsätzen im Sinne haben , ihren systematischen Inhalt zu besprechen oder auch n u r zu c h a r a k terisiren. D a f ü r ist diese ästhetische Hauptschritt Schillers viel zu b e d e u t e n d u n d u m f a n g r e i c h ; soweit es nötliig, wird sie o h n e hin in dein späteren kritischen Theile noch zur S p r a c h e k o m m e n .
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Hier begnügen wir u n s , die Stellen a n z u f ü h r e n , die K a n t geradezu citiren u n d d a h e r schon historisches Interesse haben. Es sind deren hier weit weniger als in der ursprünglichen Gestalt der Briefe (s. oben S. 24-9—253). In d e m ersten Briefe gesteht Schiller — entsprechend dem ähnlichen Inhalt des /.weiten Briefes an den Prinzen (oben S. 250) — , dass es » g r ö s s t e n t h e i l s K a n t i s c h e G r u n d s ä t z e sind, auf denen die nachfolgenden B e h a u p t u n g e n ruhen werden« , und äussert weiter den ebenfalls bereits d o r t , wie a u c h schon in , A n m u t h und W ü r d e ' und dein Briefe vom 2G. Okt. 1794 g e b r a c h t e n G e d a n k e n : »lieber diejenigen I d e e n , welche in d e m p r a k t i s c h e n Theil des Kantischen Systems die herrschenden sind, sind n u r die Philosophen entzweit, a b e r die M e n s c h e n , ich get r a u e mir es zu beweisen, von jeher einig gewesen. Man befreie sie von ihrer technischen F o r m 1 ) , und sie w e r d e n als die verjährten Ansprüche der gemeinen Vernunft und als T h a t s a c h e n des moralischen Instinktes erscheinen, den die weise N a t u r d e m Menschen zum V o r m u n d setzte, bis die helle Einsicht ihn m ü n d i g macht.« — In einer A n m e r k u n g zum 13. Briefe (S. 52) meint e r : Die Vorstellung eines n o t h w e n d i g e n Widerspruchs von Vernunft und Sinnlichkeit liege zwar »auf keine Weise im G e i s t e des Kantischen S y s t e m s , a b e r im Buchstaben desselben könnte sie g a r w o h l liegen«. — Im 15. Briefe endlich äussert er zu einer Erörterung des Schönheitsbegriffs: »So wie in a l l e m , hat auch in diesem W e r k die k r i t i s c h e Philosophie den W e g e r ö f f n e t , d i e E m p i r i e a u f P r i n z i p i e n u n d die S p e c u l a t i o n z u r E r f a h r u n g z u r ü c k z u f ü h r e n . « (S. 62, A n m . ) So bestätigen diese kurzen Auszüge a u s der Schrift selbst die E m p f i n d u n g von F r e u n d und Gegner, dass dieselbe i n d e r H a u p t s a c h e Geist von Kantischem Geiste ist. Dass eine selbständige Individualität wie Schiller sich in keine Schablone zwängen lässt, ist selbstverständlich, und seine B e d e u t u n g für die W e i t e r b i l d u n g des Kantischen Systems wird noch zu besprechen sein. Hier h a b e n wir n u r die historischen Einflüsse festzustellen. Dass ein solcher auch seitens der F i c h t e ' s c h e n Philosophie (in ihrer ersten Gestalt) s t a t t g e f u n d e n 1) Man vergleiche die schönere Ausführung dieses Bildes in Briefe an den Prinzen (oben S. 251).
dem
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hat, d a r a u f h a b e n wir schon a n a n d e r e r Stelle hingewiesen. Dass derselbe indess doch nicht allzu tiefgreifend gewesen ist, beweist schon der lebhafte Streit, in den Schiller 17(J5 mit Fichte g e r a d e ü b e r diese F r a g e n gerieth. Fichte h a t t e seine Ideen über den nämlichen Gegenstand u n t e r dem Titel } Geist u n d B u c h s t a b in d e r Philosophie' als Aufsatz für die ,Horen' eing e s a n d t , Schiller a b e r wies denselben als ungeeignet zurück. 2 ) Eine A e u s s e r u n g Ficlites in d e m Briefe, in dem er sich d a r ü b e r gegen Schiller b e s c h w e r t , ist für die Stellung beider zu Kants Aesthetik bezeichnend. Fichte meint in seiner Schrift »eine sonst nirgends befindliche K l a r h e i t ü b e r m e h r e r e d u n k l e A e u s s e r u n g e n K a n t s in der G e s c h m a c k s l e h r e , ü b e r d e r e n R e s u l t a t e ich mit ihm g r ö s s t e n t e i l s einig bin, v e r b r e i t e t « zu h a b e n u n d b e m e r k t d a n n g a n z e r s t a u n t : »Doch w a s sage i c h ? Gerade bei d i e s e n Stellen finden sich I h r e F r a g e z e i c h e n . « 3 ) (!) So k o n n t e d e n n a u c h K a n t selbst in d e m B r i e f e , d e n er n a c h dem Erscheinen eines Theils der ästhetischen Briefe n u n endlich an Schiller a b g e h e n liess, voll Lobes s c h r e i b e n : »Die Briefe ü b e r die ästhetische Menschenerziehung f i n d e i c h v o r t r e f f l i c h u n d w e r d e sie studiren, um Ihnen meine G e d a n k e n hierüber mittheilen zu können.« 4 ) Es g e h ö r t zu den f ü r die Geschichte der philosophischen Ethik und Aesthetik b e d a u e r n s werthesten T h a t s a c h e n , dass dieser Vorsatz K a n t s — w a s a u c h schon Wilhelm v. H u m b o l d t b e k l a g t e 5 ) — , sowie d a s »Kultiviren« der »Bekanntschaft« u n d des »literarischen Verkehrs« mit d e m »talentvollen und gelehrten Manne« u n d »theuersten Freunde« ü b e r h a u p t , d a s der Königsberger Philosoph sich in diesem Briefe v o r g e n o m m e n , u n a u s g e f ü h r t blieb. Zu d e n sonstigen G r ü n d e n , der »Ungemächlichkeit des Altwerdens« u n d der »Mannigfaltigkeit der noch auf mir liegenden Arbeiten«, die K a n t ö f t e r s , so a u c h hier zu seiner E n t s c h u l d i g u n g a n f ü h r t , 1) Vgl. in meiner Dissertation S. 63 und in Heft 1 und 2 dieser Zeitschrift S. 62. 2) Schiller und Ficht es Briefwechsel ed. J. H. Fichte. 1847. S. 28 ff. 3) a. a. 0. S. 39. 4) KantsS. W. XI 1, S. 1 6 9 - 1 7 1 . Der Briet' ist datirt v. 30. März 1795. 5) Humboldt an Schiller 11. Dez. 1795: ». . Möchte er (Kant) Ihnen doch noch sein »Ueberlegtes« über Ihre Briefe vor seinem Hintritt schreiben« (a. a. 0 . S.247).
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kam in diesen J a h r e n noch die b e k a n n t e B e d r ü c k u n g unseres Philosophen durch die Berliner Censur mit der er a u c h den »Aufschub« des von ihm e r b e t e n e n Beitrags zu den JHoren' m o t i v i r t 2 ) , der n a c h h e r infolge des frühzeitigen Eingehens dieser idealsten aller deutschen Zeitschriften ü b e r h a u p t nicht m e h r zur A u s f ü h r u n g k o m m e n konnte. V i e l l e i c h t ist die Stelle a u s dem l'J. ästhetischen Briefe, die wir vor kurzem in K a n t s O p u s p o s t u m u m fast wörtlich wieder entdeckten (s. Heft 1 u. 2 dieser Zeitschrift), ein Zeichen d a v o n , dass K a n t sich Notizen zum Zwecke einer beabsichtigten Besprechung der Schiller'schen Briefe g e m a c h t h a l t e , zu welcher er d a n n infolge der Ueberh ä u f u n g mit a n d e r e n A r b e i t e n . in Verbindung mit der z u n e h m e n d e n S c h w ä c h e des A l t e r s , nicht mehr gelangte. Mit wie vielen P l ä n e n sich Kant trotz seiner 71 J a h r e damals noch trug, g e h l aus einer Mittheilung in einem Briefe W . v. H u m b o l d t s a n Schiller vom 5. Okt. 1795 h e r v o r : ».. Ich s p r a c h neulich einen Professor aus E r l a n g e n , er heisst Memel. Er k a m eben von Königsberg und wusste viel von Kant zu erzählen. Unter a n d e r m sagte er, dass K a n t noch eine u n g e h e u e r grosse Menge u n b e a r b e i t e t e r Ideen im Kopfe h a b e , die er nicht allein noch alle bearbeiten, s o n d e r n auch alle in einer gewissen Reihe bearbeiten wol'e ..« 8 ). Der freudige, obwohl in dieser Beziehung doch gegen f r ü h e r merklich a b g e s c h w ä c h t e E i n d r u c k , den das Eintreffen des lange ersehnten Briefes aus Königsberg auf u n seren Dichter m a c h t e , spiegelt sich in einem Schreiben desselben an Körner vom 10. April 1795 w i e d e r , worin es heisst: »Kant h a t mir einen r e c h t freundschaftlichen Brief geschrieben, bittet 1) Vgl. die neueste Behandlung in: F r o m m , die preussische Censur. Hambg. u. Lpz. 1894.
Inimanuel Kant und
2) »Was meinen geringen Beitrag zu diesem Ihrem Geschenk fürs Publikum betrifft, so inuss ich mir einen etwas langen Aufschub erbitten, weil, da Staats- und Religionsniaterien jetzt einer gewissen Handelssperre unterworfen sind, es aber ausser diesen kaum noch . . . andere die grosse Lesewelt interessirende Artikel g i b t , man diesen Wetterwechsel noch eine Zeit lang beobachten muss . .« Allerdings hatten die Jloren' in ihrer Ankündigung »vorzüglich und unbedingt« gerade alles ausgeschlossen, »was sich auf Staatsreligion uud politische Verfassung bezieht.« (Briefw. m. Goethe I. S. 2.) 3) Briefwechsel zwischen Schiller und Humboldt S. 155.
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a b e r in A n s e h u n g der H ö r e n u m Aufschub. Ueber meine ä s t h e t i s c h e n Briefe, die er sehr r ü h m t , will er mir m e h r s c h r e i b e n , w e n n er sie erst studirt hat. Mich freut indessen n u r , dass wir den Alten doch in unserer Societät haben.« W i e sehr d a m a l s die philosophischen B e s t r e b u n g e n , insbesondere die K a n t - S t u d i e n in a l l e , sogar die m i l i t ä r i s c h e n Kreise e i n g e d r u n g e n w a r e n , davon giebt die Schlussstelle eines K ö r n e r ' s c h e n Briefes ( v . 27. April 1795) einen hübschen Beweis. »Deine ästhetischen Briefe h a b e n ihn (sc. den Major von F u n k 1 ) ) , wie er schreibt, gewaltig für Philosophie begeistert, u n d er hat sich sogleich von Thielemann a ) alles geben lassen, w a s dieser von Kantschen, Fichteschen und Reinholdschen Schriften mit in seiner Feldequipage g e h a b t hat. K a n t müsste es doch Spass m a c h e n , wenn er wiisste, dass er a u c h a m Rhein u n t e r den H u s a r e n verehrt und studirt w ü r d e . U n d z w a r von zwei Offizier en, die sich in ihrem F a c h e sehr auszeichnen.« — Ja, Kantische Ideen w u r d e n sogar von Künstlern in allegorischen Bildern dargestellt. 3 ) A m 4. Mai 1795 schrieb Schiller dem F r e u n d e Körner, er h a b e in den ästhetischen Briefen absichtlich seine »EI e ni e nt a r p h i l o s o p h i e « vorausgeschickt, »um n a c h h e r beieinzelnen Ausf ü h r u n g e n d a r a u f zurückweisen zu können.« Auf diese Art hofft e r , »in der Folge m e h r e r e J a h r e lang keinen wichtigen Satz a u s den zwei und drei ersten Lieferungen unerörtert zu lassen.« Dazu ist er n u n in dem mächtigen D r a n g e seiner w i e d e r e r w a c h e n d e n poetischen P r o d u k t i o n s k r a f t — wir wissen nicht, ob wir u n s m e h r d a r ü b e r freuen oder es m e h r beklagen sollen — nicht g e k o m m e n . S o n d e r n n u r noch zwei ästhetische Schriften entflossen seiner Feder, einmal die bereits oben (S. 248) e r w ä h n t e freiere U m a r b e i t u n g der Schrift »Vom E r h a b e n e n « u n t e r dem Titel: 1) F u n k k o m m t sehr o f t in dem Briefwechsel Schiller-Körner vor; auch in Schiller-Goethe wird er als Mitarbeiter der ^Horen' erwähnt. 2) T h i e l e m a n n als Offizier stfllte Körner im Einverständniss m i t Schiller u. a. ^Wallensteins Lager' zur B e g u t a c h t u n g vorlegen (Schiller an Körner, 18. Juni 1797). — Das herrliche Reiterlied daraus »wird von T h i e l e m a n n und seinem Zirkel mit Enthusiasmus gesungen.« (Körner am 25. Dez. 1797 a. a. 0 . IV 101) 3) S c h i l l e r - G o e t h e s Briefwechsel S. 111, 112, 116. Schiller (am 5. Febr. 1796) hält die »köstliche N e u i g k e i t « für »hoffentlich einen Spass«.
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Ethischer R i g o r i s m u s und sittliche Schönheit.
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Ueber das E r h a b e n e , die den (S. 314 a u s g e d r ü c k t e n ) G r u n d g e d a n k e n a u s f ü h r t , dass »d a s E r h a b e n e z u d e m S c h o n e n h i n z u k o m m e n « müsse, um »die ä s t h e t i s c h e E r z i e h u n g zu einem vollständigen Ganzen zu machen.« W i e sie schon diesem ihrem T h e m a n a c h sich dem Kant'schen G e d a n k e n g a n g e v e r w a n d t zeigt, so erinnert sie an Kant zuweilen sogar im A u s d r u c k , so z. B . , wenn von der »verfeinerten Sinnlichkeil« gesagt wird, »in der verführerischen Hülle des geistigen Schönen« sei sie im S t a n d e , die Heiligkeit der Maximen » a n i h r e r Q u e l l e z u v e r g i f t e n . « 1 ) Indessen k e h r t doch a u c h in ihr, um H u m b o l d t s W o r t e zu gebrauchen , »immerfort in verschiedenen Gestalten und m a n n i g faltigen A n w e n d u n g e n dieselbe Voistellungsweise wieder« 2 ), so dass wir uns eines weiteren Eingehens ü b e r h o b e n fühlen können. Das Gleiche gilt von der einzigen ästhetischen A b h a n d l u n g Schillers
noch
übrig
bleibenden
Ueber naive und sentimentalische Dichtung, die Ende 1795 und A n f a n g 1 7 % in den ,Horen' erschien, in fast noch h ö h e r e m Grade. Denn dieser von R o s e n k r a n z 3 ) »eine Poetik n a c h den G r u n d s ä t z e n der Kant'schen Kritik der Urtheilskraft« g e n a n n t e Aufsatz liegt im ganzen doch zu weit von unserem T h e m a a b . W i r gehen d a h e r selbst auf die ber ü h m t e Gegenüberstellung des Idealisten u n d Realisten (S. 2(>8 bis 281) mit ihren wirklichen oder vermeintlichen persönlichen Anspielungen wenigstens hier nicht ein, oder auf die a u s d r ü c k lich an K a n t a n k n ü p f e n d e E r k l ä r u n g des N a i v e n , s o n d e r n b e g n ü g e n uns, das Urtheil des Dichters über K a n t s Charakter u n d philosophischen Beruf a u s z u h e b e n , welches sich im A n f a n g e der A b h a n d l u n g findet. » W e r den Verfasser (sc. der Kritik der ästhetischen Urtheilskraft) n u r als einen g r o s s e n D e n k e r b e w u n d e r n gelernt h a t , wird sich f r e u e n , hier (sc. im Kapitel vom intellectuellen Interesse a m S c h ö n e n ) auf eine S p u r seines 1) Man v e r g l e i c h e Kr. d. pr. V. S. 1 0 8 : als
die
moralische
wollen«;
Gesinnung
in
ihrer
». . D a s w ü r d e Quelle
soviel
sein,
verunreinigen
ä h n l i c h M e t . d. S i t t e n (ed. v. K i r c h m a n n ) S. 2 0 7 : » D i e T u g e n d -
l e h r e w i r d a l s d a n n . . in i h r e r Q u e l l e . . .
verderbt.«
2) H u m b o l d t a n S c h i l l e r 27. N o v . 1 7 9 5 ( a . a. 0 . S. 219). 3 ) G e s c h i c h t e d e r K a n t s c h e n P h i l o s o p h i e S, 410.
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K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
H e r z e n s zu treffen u n d sich durch diese E n t d e c k u n g von dieses Mannes h o h e m p h i l o s o p h i s c h e m B e r u f ( w e l c h e r schlechterdings beide Eigenschaften verbunden f o r d e r t ) zu überzeugen (S. 168 A n m . ) . — Die letztgenannte A b h a n d l u n g sollte Schiller, wie wir schon oben (S. 250) s a h e n , »gleichsam eine Brücke zur poetischen Produktion« d a r s t e l l e n , der er m e h r e r e J a h r e lang gänzlich entsagt h a t t e . Damit treten wir in die l e t z t e , fast g e n a u d a s letzte L e b e n s j a h r z e h n t des Dichteis u m f a s s e n d e P e r i o d e ein, die d u r c h seine — offenbar u n t e r dem Einflüsse Goethes e r folgte — A b w e n d u n g v o n d e m p h i l o s o p h i s c h e n S t u d i u m u n d R ü c k k e h r z u r P o e s i e charakterisirt wird. Die n ä c h s t e Zeit, d. h. e t w a die zweite Hälfte des J a h r e s 1795, in d e r ja a u c h seine letzten ästhetischen Schriften verfasst wurden 1 ), bildet eine Art U e b e r g a n g s p e r i o d e . Am 5. Mai 1795 h a t t e e r , wie wir s a h e n , noch vieles Philosophische vor und erklärt, dass das philosophische S t u d i u m bei weitem dem geschichtlichen vorzuziehen sei. »Philosophische Beschäftigungen haben so viele gelehrte Zuriistungen nicht nöthig, m a c h e n den Geist gesunder u n d geben unendlich m e h r Genuss.« Dagegen m e h r e n sich von der zweiten Hälfte des Jahres a n die Zeichen dichterischer Thätigkeit (vgl. die Briefe an K ö r n e r vom 3 Aug., 17. Aug., 11. Sept.). U n d zwar wagt er sich, wie er a m 3. Aug. schreibt, z u n ä c h s t noch nicht »auf das weite Meer« der Poesie, sondern fährt »am Ufer der P h i l o sophie h e r u m . « Es ist die Entstehungszeit der sogenannten philosophischen Gedichte, jener h e h r e n Gedankenpoesie, die den höchsten philosophischen Ideen in s c h w u n g v o l l - e r h a b e n e r S p r a c h e u n d glänzendem R h y t h m u s eine V e r k ö r p e r u n g verliehen hat, wie sie seit P i a t o s T a g e n nicht wieder erreicht worden ist. So reizvoll die A u f g a b e wäre, diese reifsten Blüthen des Schiller'schen Genius nebst d e n f r ü h e r e n Gedichten philosophisch zu d u r c h m u s t e r n , denken wir doch zu h o c h d a v o n , um einen solchen Gegenstand bei1) Die letzten B o g e n der ^Naiven und sentini. D i c h t u n g ' erschienen A n f a n g 1796, »und d a m i t ist meine philosophische und kritische Schriftstellerei für die Hören auf eine ziemlich l a n g e Zeit geschlossen.« (7. Jan. 1796)
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läufig erledigen zu wollen. Die F r e u n d e (Goethe, Körner, H u m b o l d t , Herder) fühlten sich auf d a s Mächtigste hingerissen u n d b e w u n d e r t e n Schillers philosophisch-poetische Doppelnatur. S o schrieb G o e t h e über letzteren P u n k t , der u n s bei unserer S c h i l d e r u n g von Schillers philosophischem Entwicklungsgange n ä h e r interessiren r n u s s : »Ihre Gedichte . . . sind n u n , wie ich sie v o r m a l s von Ihnen hoffte. Diese s o n d e r b a r e Mischung von A n s c h a u e n u n d A b s t r a c t i o n , die in I h r e r N a t u r i s t , zeigt sich n u n in vollkommenem Gleichgewicht ..« Okt. 1795), u n d K ö r n e r f a n d , fast gleichzeitig, den F r e u n d in der » p h i l o s o p h i s c h e i l O d e « mit ihrer » P r a c h t der P h a n t a s i e , der Sprache, des Versbaues« und ihrer Vereinigung von »philosophischer und dichlerischer Begeisterung« » e i n z i g « (14. und 27. Sept.). Am meisten entzückt aber äusserte sich H u m b o l d t , der »nie die P r o d u k t i o n des Genies so rein offenbart f a n d « , als in dem — wir m ö c h t e n sagen — philosophischsten dieser Gedichte .Ideal u n d Leben', in dem die »höchste Reife« des Genius und zugleich »ein treues Abbild« von Schillers Wesen sich auspräge|(21. Aug. 1795). l ) Eine feine psychologische Analyse dieses letzteren h a t t e er schon in einem früheren Briefe (vom 4. Aug.) g e g e b e n : »Beide so verschiedenen Richtungen (sc. Poesie u n d Philosophie) e n t springen a u s e i n e r Quelle in Ihnen; u n d d a s Charakteristische Ihres Geistes ist es g e r a d e , dass er beide besitzt, a b e r auch schlechterdings nicht eine allein besitzen k o n n t e W a s den D i c h t e r u n d P h i l o s o p h e n sonst so gänzlich von e i n a n d e r t r e n n l , der grosse Unterschied zwischen der W a h r h e i t d e r W i r k l i c h k e i t , der v o l l s t ä n d i g e n I n d i v i d u a l i t ä t , und der W a h r h e i t d e r I d e e , der einfachen N o t h w e n d i g k e i t : dieser Unterschied ist gleichsam f ü r Sie a u f g e h o b e n , u n d ich k a n n es mir nicht a n d e r s als a u s einer solchen F ü l l e d e r g e i s t i g e n K r a f t e r k l ä r e n , dass dieselbe vom Mangel an Wesenheit in der Wirklichkeit zur Idee u n d von der A r m u t h der
1) Vgl. den ganzen ausführlichen Brief a. a. 0. S. 83—88. — Schiller stellte denn auch selbst von seinen Gedichten Jdeal und Leben' am höchsten (vgl. ebenda S. 119), während Goethe ^ i e Ideale', Körner Natur und Schule' (jetzt: ader Genius'), Herder den JTanz' vorzog (S. 117). — Ueber die mögliche Benutzung K a n t s in dem letzten Bilde des Gedichts habe ich mich in meiner Dissertation (S. 65, Anru.) geäussert.
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Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
Idee zur W i r k l i c h k e i t z u r ü c k g e t r i e b e n wird.« — Schiller selbst f ü h l t e sich n a t ü r l i c h d u r c h die begeisterte Z u s t i m m u n g solcher K e n n e r s e h r e r f r e u t u n d g e h o b e n . In seiner A n t w o r t a n G o e t h e (vom 16. Okt.) findet sich ein i n t e r e s s a n t e s Selbsturlheil. Er b e k e n n t z w a r von dieser D i c h t u n g s g a t t u n g , dass sie d e n Geist s e h r a n s p a n n e , » d e n n w e n n d e r P h i l o s o p h seine E i n b i l d u n g s k r a f t u n d d e r D i c h t e r seine A b s t r a c l i o n s k r a f t r u h e n lassen d a r f , so m u s s i c h , bei dieser A r t von P r o d u k t i o n e n , diese beiden K r ä f t e i m m e r in gleicher A n s p a n n u n g e r h a l t e n , u n d n u r d u r c h eine e w i g e B e w e g u n g in mir k a n n ich die zwei h e t e r o g e n e n E l e m e n t e in einer A r t von Solution hallen.« Allein er b e r e u t die J a h r e nicht, die er auf seine philosophische K l ä r u n g lind D u r c h b i l d u n g v e r w a n d t . »Soviel h a b e ich n u n a u s gewisser E r f a h r u n g , dass n u r s t r e n g e B e s t i m m t h e i t der G e d a n k e n zu e i n e r Leichtigkeit verhilft. S o n s t g l a u b t e ich d a s Gegenlheil u n d f ü r c h t e t e H ä r t e u n d Steifigkeit. I c h b i n j e t z t in d e r T l i a t f r o h , d a s s i c h m i r es n i c h t h a b e v e r d r i e s s e n lassen, einen sauren W e g e i n z u s c h l a g e n , d e n ich oft f ü r die poetisirende E i n b i l d u n g s k r a f t v e r d e r b l i c h hielt.« M a n k ö n n t e dieses Selbstzeugniss des D i c h t e r s gewisserm a s s e n als Epilog zu der n u n f ü r ihn a b s c h l i e s s e n d e n philosophischen Lebensepoche betrachten. A m 30. N o v . 1795 schreibt er a n H u m b o l d t : ( U m die Alten zu s t u d i r e n ) , » h a b e ich n u n m e h r a u c h a l l e n s p e c u l a t i v e n A r b e i t e n u n d L e s e r e i e n (obgleich m i r d a r i n n o c h so viel zu t h u n ü b r i g w ä r e ) a u f u n b e s t i m m t e Z e i t e n t s a g t . W a s ich lese, soll a u s d e r alten W e l t , w a s ich a r b e i t e , soll D a r s t e l l u n g s e i n « ; a m 9. J a n . 1796 a n d e n s e l b e n : » N u n h a b e ich . . . in d e m p h i l o s o p h i s c h e n u n d kritischen Gebiete eine Zeitlang nichts m e h r zu bestellen u n d e i l e m i t e r l e i c h t e r t e m H e r z e n m e i n e r M u s e e n t g e g e n « ; u n d , damit ü b e r e i n s t i m m e n d , 18. J a n . 1796 a n K ö r n e r , dass er » a u f l a n g e Z e i t v o n d e r T h e o r i e A b s c h i e d g e n o m m e n « (vgl. a u c h die schon o b e n S. 266, A n m . 1 citirte Stelle vom 7. J a n . 179(>). Zu e i n d r i n g e n d e r u n d a n h a l t e n d e r B e s c h ä f t i g u n g m i t d e r P h i l o s o p h i e ist Schiller d e n n a u c h , so viel w i r w e n i g s t e n s 1) Ebenda S. 64.
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wissen, nicht m e h r zurückgekehrt. Die Aeusserungen über Kant und P h i l o s o p h i e , die wir im Folgenden zu e r w ä h n e n haben w e r d e n , sind d a h e r vereinzelte, in dem Briefwechsel zerstreut, a n f a n g s noch häufiger, später von Jahr zu J a h r immer seltener. A u s 1795 sind in dieser Hinsicht noch n a c h z u t r a g e n : Erstens eine a u c h für unser S p e c i a l l h e m a wichtige Stelle aus einem Briefe an Goethe (vom 17. A u g . 1795) über das C h r i s t o n t l i u m als ä s t h e t i s c h e R e l i g i o n ' ) : »Ich finde in der christlichen Religion virtualiter die Anlage zu dem Höchsten u n d E d e l s t e n , u n d die verschiedenen Erscheinungen derselben im Leben scheinen mir bloss deswegen so widrig und abges c h m a c k t , weil sie verfehlte Darstellungen dieses Höchsten sind. Hält m a n sich an den e i g e n I Ii ü m l i c h e n C h a r a k t e r z u g des Ghristcnthums, der es von allen monotheistischen Religionen unterscheidet, so liegt er in nichts A n d e r e m als in der A u f h e b u n g d e s G e s e t z e s o d e r d e s K a n t i s c h e n I m p e r a t i v s , an dessen Stelle d a s Christentlium eine f r e i e N e i g u n g gesetzt haben will. Es ist also in seiner reinen F o i m Darstellung s c h ö n e r S i t t l i c h k e i t oder der M e n s c h w e r d u n g des H e i l i g e n , und in diesem Sinne die e i n z i g e ä s t h e t i s c h e Religion; d a h e r ich es mir a u c h erkläre, w a r u m diese Religion bei der w e i b l i c h e n N a t u r so viel Glück g e m a c h t , u n d n u r in Weibern noch in einer gewissen erträglichen F o r m angetroffen wird.« Freilich liegt in diesen W o r t e n kein ausdrückliches Selbstbekenntniss zu der »ästhetischen« Religion, indessen doch die »virtuale Anlage« dazu. Schiller bricht a n obiger Stelle a b mit den W o r t e n : »Doch ich m a g in einem Brief ü b e r diese kitzlichte Materie nichts weiter vorbringen.« Am 1. Nov. fällt, gleichfalls in einem Brief an Goethe, das W o r t , Nicolai h a b e in seinen Angriffen auf die A n w e n d u n g e n Kantischer Philosophie » d a s G u t e , w i e d a s H o r r i b l e , w a s d i e s e P h i l o s o p h i e a u s g e h e c k t , in einen Topf geworfen.« Das v e r r ä t h , a u c h w e n n das ^ I o r r i b l e ' nicht Kant selbst treffen soll, m i n d e s t e n s nicht m e h r die alte Begeisterung für denselben, desgleichen, w e n n er sich K a n t s 1795 erschienene Schrift ¿ u m ewigen Frieden z w a r a n g e s c h a f f t , aber w e d e r sie noch die ihm 1) Im Anschlu8s an eine Kritik der Seele' im Wilhelm Meister.
^Bekenntnisse
einer
schönen
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von K ö r n e r a m 18. Dez. ü b e r s a n d t e n schriftlichen B e m e r k u n g e n dazu bis zum 7. Jan. 1790 gelesen h a t . 1 ) Das Jahr
1796 ist das Xenien-Jahr. W i r benutzen d a h e r die Gelegenheit, um mit einigen kurzen W o r t e n auf d a s vielcilirte Doppel-Xenion zurückzukommen: Gewissensskrupel. Gerne dien' ich d e n Freunden, doch thu' ich es leider m i t N e i g u n g , Und so w u r m t es mir o f t , dass ich nicht t u g e n d h a f t bin. Entscheidung. D a i s t kein anderer Rath, du musst suchen, sie zu verachten U n d mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.
Dass diese Verse n u n einmal von Schiller geschrieben sind, lässt sich nicht wegleugnen, u n d ebenso wenig bestreiten, dass ihre Spitze gegen eine U e b e r l r e i b u n g des Kantischen Pflichtbcgriffs gerichtet ist. Allein 1) d a r f sich der D i c h t e r gegen den P h i l o s o p h e n stellen, u n d z w a r 2) in den ,Xenien' eist recht, d e n n sie w e r d e n von Schiller selbst für einen »ungezogenen, sehr wilden Bastard« (von ihm und Goethe) erklärt, »das meiste wilde gottlose Satire . . . , u n t e r m i s c h t mit einzelnen poetischen, a u c h philosophischen Gedankenblitzen« 2), und 3) b r a u c h e n obige Zeilen") nicht einmal gegen Kant selbst zu g e h e n , s o n d e r n es k ö n n e n »seine Ausleger«, die »armen S t ü m p e r , die in die K a n t ' s c h e P h i l o s o p h i e hineinpfuschten« (an Körner 18.Febr. 1793), die m a n c h e s ^ o r r i b l e ' ausheckten (an Goethe 1. Nov. 1795), die »Kärrner« u n d T a g e l ö h n e r , die n u r die »Maschinerie seines 1) W . v. H u m b o l d t findet diese Schrift Kants zwar »stellenweis sehr genialisch und mit vieler Phantasie und W ä r m e geschrieben«, aber einen »manchmal wirklich zu grell durchblickenden D e m o k r a t i s m u s « darin, der auch g e w i s s nicht n a c h Schillers Geschmack sein werde (an Schiller, 30. Okt. 1795). 2) Schiller an Körner 1. Febr. 1796 (ähnlich an d e m s e l b e n T a g e an Humboldt). 3) W i e auch a n d e r e , in den meisten Schiller-Ausgaben noch u n g e druckte E p i g r a m m e , z. B. a der S t r e n g l i n g und der F r ö m m l i n g ' (Diintzer, Erläuterungen IX, X S. 174), ^Moralische Schwätzer', ^Moral der Pflicht und der Liebe' u. a. (Kürschner a. a. 0 . 119, II S. 197 f.), die zum Theil schon ihres Tones w e g e n u n m ö g l i c h von Schiller auf Kant selbst g e d i c h t e t sein können.
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Systems« zu h a n d h a b e n w u s s t e n , die » u n d u l d s a m e n W e l t v e r besserer«, die »Freigelassenen« im R e i c h e der Vernunft (erster Brief an den Prinzen von H o l s t e i n ) g e m e i n t sein. Bringen doch dieselben Xenien den Vergleich K a n t s selbst mit d e m einen R e i c h e n , der so viele Bettler, mit dem königlichen B a u herrn, d e r die vielen »Kärrner« in N a h r u n g setzt. Auf einen wichtigen und umfangreichen Brief Schillers a n Goethe a u s diesem J a h r e (vom 9. Juli), der die F r a g e b e h a n delt, ob u n d w a r u m W i l h e l m Meister keine Philosophie b r a u c h e — »die g e s u n d e u n d schöne N a t u r . . . b r a u c h t keine Moral« —, u n d der im G r u n d e eine A u s e i n a n d e r s e t z u n g Schillers mit Goethe selber darstellt, wollen wir hier nur a u f m e r k s a m m a c h e n . Endlich h a b e n wir a u s diesem J a h r e eine w a r m e Zustimm u n g Goethes zu einer Kantschen Streitschrift zu n o t i r e n : »Kants Aufsatz ü b e r die v o r n e h m e Art zu philosopliiren hat mir viel F r e u d e g e m a c h t ; auch d u r c h diese Schrift wird die Scheidung dessen, w a s nicht z u s a m m e n g e h ö l t , immer lebhafter befördert.« (Goethe a n Schiller, 26. Juli 1796) 1797. W ä h r e n d K ö r n e r eifrig K a n t studirt (Briefe vom 21. J a n . und 29. Mai), liest S c h i l l e r jetzt, »zugleich mit G o e t h e « ^ A r i s t o t e l e s ' P o e t i k , die ihn » w a h r h a f t stärkt u n d erleichtert« (an K ö r n e r , 3. Juni). Am 23. Jan. w ü n s c h t er sich von dem F r e u n d e (Körner) »etwas Gutes und Geistreiches im philosophischen u n d kritischen Fache« für die H ö r e n , da er selbst sich ganz dem Wallenstein w i d m e n müsse. W i e s e h r a b e r Schiller — u n d in seinem Gefolge jetzt a u c h Goethe — im G r u n d e d o c h zu K a n t s F a h n e h a l t e n , seine Sache als die ihrige b e t r a c h t e n , geht a u s ihren Urtheilen ü b e r die A n g r i f f e H e r d e r s und J. G. S c h l o s s e r s auf die kritische Philosophie h e r v o r . So schreibt Schiller a m 1. Mai an K ö r n e r : » H e r d e r ist jetzt eine ganz pathologische N a t u r . . . Er h a t einen giftigen Neid auf alles Gute u n d Energische i . . Gegen 1) S. 82. »Das Reich der V e r n u n f t ist ein Reich der F r e i h e i t , und keine Knechtschaft ist schimpflichcr, als die man auf diesem heiligen Boden e r d u l d e t . Aber viele, die sich ohne innere Befugniss darauf niederlassen, beweisen, dass sie n i c h t f r e i g e b o r e n , bloss f r e i g e l a s s e n sind.«
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K. V o r l ä n d e r : E t h i s c h e r Rigorismus und sittliche Schönheit.
K a n t u n d die neuesten Philosophen hat er d a s grösste Gift auf dem Herzen, a b e r er wagt sich nicht recht heraus, weil er sich vor u n a n g e n e h m e n W a h r h e i l e n f ü r c h t e t , u n d beisst nur zuweilen einem in die W a d e n . Es m u s s einen indigniren, dass eine so grosse ausserordentliche Kraft für die g u t e S a c h e so ganz verloren g e h t ; S c h l o s s e r giebt mir zuweilen a u c h eine ähnliche Empfindung.« Gegen letzteren w a r eine weitere Streitschrift K a n t s , betitelt: Verkündigung des n a h e n Abschlusses eines T r a c t a t s zum ewigen Frieden in der Philosophie, Dez. 1796 in der Berliner Monatsschrift erschienen. Ueber diese urtheilt G o e t h e a m 14. Sept. 1797: »Ein sehr schätzbares Produkt seiner b e k a n n t e n D e n k a r t , das so wie alles, was von ihm k o m m t , die herrlichsten Stellen e n t h ä l t , a b e r a u c h in Composition u n d Stil Kantischer als Kantisch. Mir m a c h t es es grosses Vergnügen, dass ihn die v o r n e h m e n Philosophen und die Prediger des Vorurtheils so ärgern k o n n t e n , dass er sich mit aller Gewalt gegen sie stemmt. Indessen Ihut er doch, wie mir scheint, Schlossern Unrecht, dass er ihn einer Unredlichkeit, wenigstens indirect beschuldigen will . . . « . W o r a u f Schiller am 22. Sept. a n t w o r t e t : »Kants kleinen T r a c t a t habe ich auch gelesen, u n d obgleich der Inhalt nichts eigentlich Neues liefert, mich über seine trefflichen Einfälle gefreut. Es ist in diesem a l t e n H e r r n noch etwas so w a h r h a f t J u g e n d l i c h e s , das m a n b e i n a h ä s t h e t i s c h nennen möchte, wenn einem nicht die g r e u l i c h e F o r m , die m a n einen p h i l o s o p h i s c h e n C a n z l e i s t i l n e n n e n möchte, in Verlegenheit s e t z t e . « ' ) Sein Urtheil ü b e r Schlosser ist schon in diesem Briefe h ä r t e r als das G o e t h e ' s c h e : »Mit Schlossern kann es sich zwar so verhallen, wie Sie meinen, indessen h a t seine Stellung gegen die kritischen Philosophen so e t w a s Bedenkliches, dass der C h a r a k t e r k a u m a u s dem Spiele bleiben k a n n . . . « . Geradezu vernichtend a b e r wird es, n a c h d e m Schlosser eine Selbst-Apologie geschrieben hatte, in einem längeren, n u r dies T h e m a b e h a n d e l n d e n Briefe a n Goethe vom 9. F e b r u a r .
1) H u m b o l d t erklärt in einem Briefe an Schiller (vom 29. Dez. 1795) die Dunkelheit und S c h w e r f ä l l i g k e i t des Stiles der neueren Philosophen d a m i t , »dass sie zu sehr von ihrem S t o f f e r f ü l l t , mehr Monologe über denselben mit sich als Gespräche mit dem Publikum halten «
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
273
1798. W i r lassen a u s dem ausführlichen Schreiben alles weg, w a s bloss Schlosser b e t r i f f t , u n d h e b e n n u r d a s Folgende hervor, w a s für Schillers innerste Stellung zur kritischen Philosophie höchst bezeichnend ist: » . . . W a s soll m a n dazu sagen, w e n n nach so vielen u n d gar nicht verlorenen B e m ü h u n g e n d e r neuen P h i l o s o p h e n , den P u n k t des Streites in die bestimmtesten und eigentlichsten F o r m e l n zu b r i n g e n , w e n n n u n einer mit einer A l l e g o r i e a n m a r s c h i r t k o m m t , u n d w a s m a n sorgfältig dem r e i n e n D e n k v e r m ö g e n zubereitet hatte, wieder in ein H e l l d u n k e l h ü l l t , wie dieser H e r r Schlosser . . . thut«. »Es ist wirklich nicht zu verzeihen, dass ein Schriftsteller, der auf eine gewisse E h r e h ä l t , auf e i n e m s o r e i n lichen Felde als das philosophische d u r c h Kant g e w o r d e n i s t , so unphilosophisch u n d unreinlich sich bet r a g e n darf.« Und nun W o r t e von unübertrefflicher Klarheit ü b e r d a s Verhältniss der totalen M e n s c h e n n a t u r zur wissenschaftlichen F o r s c h u n g , d a m i t des Poeten zum Philosophen, d a m i t — Schillers zu K a n t ! »Sie u n d wir a n d e r n rechtlichen L e u t e wissen z. B. doch a u c h , dass der M e n s c h in seinen h ö c h s t e n F u n c t i o n e n i m m e r als e i n verbundenes G a n z e s h a n d e l t , u n d dass ü b e r h a u p t die N a t u r ü b e r a l l s y n t h e t i s c h v e r f ä h r t — deswegen a b e r wird u n s doch niem a l s einfüllen, die Unterscheidung u n d die A n a l y s i s , w o r a u f a l l e s F o r s c h e n b e r u h t , in der P h i l o s o p h i e zu verk e n n e n , so wenig wir dem C h e m i k e r den Krieg d a r ü b e r m a c h e n , dass er die Synthesen der N a t u r künstlicherweise a u f hebt.« ') »Aber diese H e r r e n Schlosser w o l l e n s i c h a u c h d u r c h d i e M e t a p h y s i k h i n d u r c h r i e c h e n u n d f ü h l e n , sie wollen überall synthetisch e r k e n n e n , a b e r . . . diese Affectation .., den Menschen i m m e r bei seiner T o t a l i t ä t zu b e h a u p t e n , das Physische zu vergeistigen und d a s Geistige zu v e r m e n s c h lichen, ist, f ü r c h t e ich, n u r eine klägliche B e m ü h u n g , ihr a r m e s Selbst in seiner behaglichen Dunkelheit glücklich durchzubringen.« U n d G o e t h e s t i m m t dem »sehr erfreulichen u n d erquicklichen« Briefe des F r e u n d e s z u ; zu der N a t u r Schlossers (seines 1) Der g l e i c h e G e d a n k e , Vergleich der p h i l o s o p h i s c h e n mit der c h e m i s c h e n A n a l y s e , findet sich öfters bei K a n t , so am Schlüsse der Kritik der praktischen Vernunft (S. 195). P h i l o s o p h i s c h e M o n a t s h e f t e XXX, 5 u. ö.
274
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
Schwagers) befinde er sich schon seit 30 J a h r e n im Gegensatze. Von seinem eigenen V e r h ä l t n i s zur Philosophie a b e r b e k e n n t e r : »Die P h i l o s o p h i e wird mir deshalb i m m e r w e r t h e r , weil sie mich täglich i m m e r m e h r l e h r t , mich von mir selbst zu s c h e i d e n , d a s ich u m so m e h r t h u n k a n n , da meine N a t u r , wie g e t r e n n t e Quecksilberkugeln, sich so leicht u n d schnell wieder vereinigt. Ihr Verfahren ist mir darin eine schöne B e i h ü l f e . . . « (10. Febr.) W i e a n d e r s klingt dies w a r m e Bekenntniss zur Philosophie als die W o r t e , welche Schiller zu A n f a n g ihrer B e k a n n t s c h a f t — Nov. 1790 — v o n der sinnlichen, ,betastenden 1 A r t Goethes zu philosophiren s c h r i e b ! W e n n m a n so viel von Schillers durch G o e t h e veranlasster A b w e n d u n g von der Philosophie spricht, h i e r k a n n m a n sehen, wie viel der letztere von S c h i l l e r philosophisch gelernt und angenommen hat. Noch ein a n d e r e s , wichtiges Zeugniss des Dichters für K a n t , u n d z w a r f ü r seinen Rigorismus, bringt der Briefwechsel dieses F r ü h j a h r e s . Goethe h a l t e am 28. F e b r . spottend ber i c h t e t , ein Franzose N a m e n s Mounier h a b e es »äusserst übel g e n o m m e n , dass Kant die Lüge u n t e r allen Bedingungen für unsittlich erkläre« 1 ), u n d meine n u n K a n t s » R u h m u n t e r g r a b e n « zu h a b e n . An diesen Fall anschliessend, ervviedert Schiller am 2. M ä r z : »Es ist wirklich der B e m e r k u n g w e r t h , dass die S c h l a f f h e i t ü b e r ä s t h e t i s c h e Dinge i m m e r sich mit der m o r a l i s c h e n Schlaffheit v e r b u n d e n zeigt, und dass d a s reine strenge Streben nach dem hohen Schönen, bei der h ö c h s t e n L i b e r a l i t ä t gegen alles, was N a t u r i s t , d e n R i g o r i s m im M o r a l i s c h e n b e i s i c h f ü h r e n wird.« A m 23. Juli spricht Schiller den Gedanken a u s , »es liesse sich eben so viel zum Vortheil einer ä s t h e t i s c h e n Conf e s s i o n u n d G e m e i n h e i t a n f ü h r e n als zum Nachtheil einer p h i l o s o p h i s c h e n . « — Am 27. d. M. ü b e r s e n d e t er Goethe die »derbe« A b f e r t i g u n g Nikolais d u r c h Kant in den zwei S e n d schreiben »über die Buchmaclierei«, worauf Goethe am folgenden
1) Vgl. Kant: Ueber ein vermeintes Recht, lügen. Berliner Blätter 1797.
aus Menschenliebe zu
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. Tage ist
zurückschreibt:
recht
artig.
»Kants
Zurechtweisung
Es gefällt m i r a n dem
seine Grundsätze i m m e r wiederholen auf
denselben
Mensch der
schlagen
u n d bei j e d e r
mag.
theoretische
muss
Der
W i r wollen
Die p h i l o s o p h i s c h e n
Novitäten
dass
jüngere,
praktische
ein
ungeschicktes
es k ü n f t i g a u c h so
halten.«
werden, wie wir s e h e n ,
b e i d e n g e l e s e n u n d die U r t h e i l e d a r ü b e r a u s g e t a u s c h t . günstig Ende
als
die
1798
soeben
erwähnten,
erschienene
Hinsicht« aus.
ist
mehr
künftig
nocli
mir
ein
nicht
sich d e r M e n s c h
und
da
man,
sechzigsten schlechter Narren
wie
Jahr
der
nicht
Spass,
ich
alle
Herr
selbst
sich
die übt ige Zeit
geistreiche
reizend sein.
Uebrigens
ist
mir
mich
belehrt,
oder
p o l o g i e zu l e s e n . schen
immer
vielleicht allem,
am was
tischen
ohne
wenn
Ich
zu
sein
und
Philosophie
ein
Eindrücke
immer
verhasst,
so
einer
einen
aber Sollte
die
Spuren
sich
hier
Jugend
was einen, sich
Schiller
nicht
sein K l o s t e r
nicht
nicht
giebt.
ganz
durch
des
ganz
nicht selbst ver-
E s ist i m m e r
w i e bei L u t h e r n ,
zwar
desselben
etc.
in
prak-
können, ja
düstere
der
fast
Ansehen
h a t , ist zu v e r w u n d e r n u n d zu b e k l a g e n . erinnert,
Men-
Geist seine Flügel
hat losmachen
ant-
Anthro-
Anthropologie
wunden
n o c h e t w a s in i h m ,
ver-
Schiller
die seiner
grämliches
der
was
zu
Kants
gewisse
Mönch
für e i n e n Stunde
verfolgt
und j o v i a l ¡ s e h e
dem
es ein
Behandlung
u n d sie ist's,
ganz von dem L e b e n s s c h m u l z
vor ist
S e i t e , die e r a m
bei
aus
guter
beleben.«
die
mag,
schreibt,
Dass dieser h e i t r e
zu
alles
Die p a t h o l o g i s c h e
Platze er
man
bin s e h r v e r l a n g e n d ,
herauskehrt
so
meine Thätigkeit
unmittelbar
21.-Dez.:
steht,
Zustande,
seines L e b e n s
die
wortet am
wie es d a
kann,
liest,
drin
und
geringem
versichert,
vernünftig werden wird,
mehren
Buch
in
Von diesem Gesichtspunkte
Doch
ein p a a r S e i t e n
es
i m m e r im p a t h o l o g i s c h e n
zu e r k l ä r e n .
bloss
Kants
pragmatischer
werthes
wenn
im g a n z e n ,
erquicklich.
sieht
sehr
sein,
D o s e n w i e d e r h o l t genies.se, d e n n es
dasjenige über in
von
Weniger
G o e t h e schr eibt d a r ü b e r a n S c h i l l e r 19. Dez. 1 7 9 8 :
wird ist
fällt
»Anthropologie
»Kants Anthropologie es
er
Gelegenheit
k e i n e N o t i z zu n e h m e n ,
niemanden
passiren lassen.
Saalbaders
alten M a n n e ,
thut wohl, von seinen Gegnern
ältere,
Wort
Fleck
des
275
an
geöffnet
vertilgen
einen hat,
konnte.«
Dichter-Freundes 18*
276
K. V o r l ä n d e r : Ethischer R i g o ismus und s i t t l i c h e Schönheit.
»antipliilosophische L a u n e n « , wie Gervinus einmal s a g t ' ) , »zu ä h n lichen herabsetzenden Aeusserurigen« h a b e n » v e r f ü h r e n « lassen?
1799 - 1 8 0 5 . A u s diesen letzten L e b e n s j a h r e n des Dichters sind zunächst einige Uitheile über Gegner Kants bezw. a n d e r e Philosophen a n z u f ü h r e n , die sich als indirecte Beweise f ü r die Stellung Schillers u n d seines Kreises zu der Kantischen Philosophie verw e r t h e n lassen. A m 5. Juni 1799 schreibt G o e t h e , n a c h d e m Erscheinen der H e r d e r ' s c h e n Metakritik: »Mit welcher unglaublichen V e r b l e n d u n g der alte W i e l a n d in den allzufrühen m e t a kritischen T r i u m p h e i n s t i m m t , werden Sie a u s dem neusten Stücke des M e r k u r , mit V e r w u n d e r u n g und nicht ohne Unwillen, ersehen. Die Christen b e h a u p t e n d o c h : in der Nachl, d a Christus geboren w o r d e n , seien alle Orakel v e r s t u m m t , und so versichern n u n a u c h die Apostel und J ü n g e r des neuen philosophischen Evangelii: dass in der G e b u r t s s t u n d e der Metakritik der A l t e z u K ö n i g s b e r g , auf seinem Dreifuss, nicht allein paralysirt w o r d e n , s o n d e r n sogar wie Dagon h e r u n t e r u n d auf die Nase gefallen sei. Kein einziges der ihm zu E h r e n errichteten Götzenbilder stehe m e h r auf seinen Füssen, u n d es fehlt nicht viel, dass m a n nicht für nöthig u n d natürlich finde, s ä m m t l i c h e K a n t s g e n o s s e n gleich jenen widerspenstigen B a a l s p f a f f e n zu schlachten.« Schon der ganze T o n dieser Zeilen zeigt, auf welcher Seite Goethe den F r e u n d u n d sich selbst weiss; u n d in derselben ironischen Gelassenheit ist Schillers E r w i e d e r u n g (vom 7. Juni) g e h a l t e n : »Das Geschrei, das W i e l a n d von H e r d e r s Buch erhebt, w i r d , wie ich f ü r c h t e , eine g a n z a n d e r e W i r k u n g t h u n , als er d a m i t beabsichtet. Wir k ö n n e n es in aller Gelassenheit a b w a r t e n , und wollen bei dieser K o m ö d i e , die b u n t u n d l ä r m e n d genug sein wird, als ruhige Z u s c h a u e r u n s r e Plätze nehmen.« Auch s p ä t e r blieb das Verhältniss Schillers zu H e r d e r g e s p a n n t . 2 ) 1) G. d. d. D., V 436. 2) Dass die verschiedene S t e l l u n g zu K a n t der Hauptgrund liierfür w a r , b e z e u g t C. v. W o l z o g e n , Schillers Leben S. 2 8 0 : »Herder schloss sich in jener Epoche gern ab, und seine A b n e i g u n g g e g e n die K a n t i s c h e P h i l o s o p h i e , der Schiller mit g a n z e r Seele z u g e t h a n war, h ä t t e keine freie M i t l h e i l u n g g e s t a t t e t , ohne sich unsanft zu berühren.«
K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
277
A u c h S c h l e i e r m a c h e r s »Reden über die Religion« fand Schiller »bei allem A n s p r u c h auf W ä r m e u n d Innigkeit, noch sehr trocken im Ganzen und oft p r ä t e n t i o n i r t geschrieben«, sie u n d Tiecks romantische D i c h t u n g e n , beide »Berliner P r o dukte«, »aus der nämlichen Coterie hervorgegangen« (26. Sept. 1799 an Körner). Und F i c h t e g a r , den Schiller u n d Körner a n f a n g s so hoffnungsfreudig begrüsst h a t t e n , galt 1800 dem letzteren — ohne dass Schiller widersprach — als ein »philosophischer Attila«, den m a n »einmal in seinem L a n d e bekriegen« müsse, »damit er u n s nicht alle unsere Felder und Gärten nach eina n d e r verheert.« (Körner an Schiller 29. Dec. 1800) Ueber K a n t selbst findet sich in d e m Briefwechsel dieser letzten J a h r e n u r e i n e direcle Aeusserung. Goethe w a r bei seinen B e t r a c h t u n g e n über Miltons »verlorenes Paradies« a u c h auf den f r e i e n W i l l e n g e k o m m e n , »über den ich mir sonst nicht leicht den Kopf z e r b r e c h e « , u n d auf dessen Z u s a m m e n h a n g mit d e m »radikalen Bösen« Kants. »Man sieht d a h e r auch , wie K a n t n o t h w e n d i g auf ein radikales Böse k o m m e n m u s s t e , und w o h e r die P h i l o s o p h e n , die den Menschen von N a t u r so s c h a r m a n t f i n d e n , in Absicht auf die Freiheit desselben so schlecht zu r e c h t e k o m m e n , und w a r u m sie sich so sehr w e h r e n , wenn m a n ihnen d a s G u t e a u s N e i g u n g nicht h o c h a n r e c h n e n will.« (Goethe an Schiller 31. Juli 1799) Darauf enviedert Schiller (2. A u g u s t ) : »Ich erinnere mich nicht m e h r , wie Milton sich bei der Materie vom freien Willen heraushilft, aber K a n t s E n t w i c k l u n g i s t m i r g a r zu m ö n c h i s c h , Kant ich h a b e n i e d a m i t v e r s ö h n t w e r d e n k ö n n e n . « b e h a n d e l e »zwei unendlich heterogene Dinge«, den »Trieb zum Guten« u n d den »Trieb zum sinnlichen Wohl« »völlig als gleiche P o t e n z e n u n d Qualitäten«, stelle »die freie Persönlichkeit ganz gleich g e g e n u n d z w i s c h e n beide Triebe.« Freilich, bricht er a b , seien sie beide »nicht berufen«, ü b e r »diese d u n k l e n Stellen in der N a t u r « , die übrigens für den R e d n e r u n d den tragischen Dichter »nicht leer« s e i e n , »das Menschengeschlecht zu b e r u h i g e n « , u n d d ü r f t e n — Gottlob! — »immer im Reich der Erscheinung bleiben«. W i r sehen hier dieselbe E r s c h e i n u n g , die wir bereits bei der A e u s s e r u n g ü b e r K a n t s Anthropologie (21. Dez. 1798) b e m e r k t e n : dass u n t e r d e m Einflüsse Goethes
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus unii sittliche Schönheit.
die rein ästhetische A u f f a s u n g der M o r a l , die in den philosophischen Aufsätzen Schillers zum Theil energisch zurückgewiesen, h ö c h s t e n s als auch-bei echtigt hingestellt wird, späler — m i n d e s t e n s in augenblicklichen S t i m m u n g e n , vielleicht aber a u c h d a u e r n d — in ihm die O b e r h a n d gewonnen h a t . In den letzten J a h r e n wird S c h e l l i n g , den Schiller schon a m 10. April 1798 (an Goethe) als »gutes Subject« für »uns jenaische Philosophen« a n die dortige Universität gewünscht und über dessen Anstellung zu Jena er Körner (31. Aug. d. J.) seine F r e u d e ausgesprochen h a t t e , öfters in dem Schiller-Goethe'schen Briefwechsel g e n a n n t . Mit ihm u n d N i e t h a m m e r zusammen (der von Ueberweg III 238 als F i c h t e a n e r bezeichnet wird, w ä h r e n d er f r ü h e r jedenfalls — s. oben — eifriger Kantianer gewesen w a r ) h a t er einen philosophischen Club, der besonders im J a h r e 17'J9 öfters e r w ä h n t wird, in dem freilich häufig n u r — l ' H o m b r e gespielt wird. 1 ) Aber je m e h r sich die Philosophie Schellings dem Absoluten z u w a n d t e , musste Schiller in seiner Kantischen G r u n d s t i m m u n g sich abgestossen fühlen. So f ü h r t er in einem längeren Briefe an Goethe vom 27.März 1801 den Gedanken aus, dass »diese H e r r e n Idealisten ihrer Ideen wegen allzuwenig Notiz von der E r f a h r u n g n e h m e n « ; desgleichen äussert er a m 20. Jan. 1802, dass »von d e r transscendentalen Philosophie (Schellings) zu dem wirklichen F a c t u m noch eine Brücke fehlt«, dass »unsere jungen Philosophen von Ideen u n mittelbar zur Wirklichkeit übergehen wollen«, w ä h r e n d doch »von allgemeinen h o h l e n F o r m e l n zu einem bedingten Fall kein U e b e r g a n g ist.« In ähnlichem Sinne klagt er K ö r n e r 10. Dez. 1804, »das leere metaphysische Geschwätz der Kunstphilosophen« h a b e ihm »alles Theoretisiren verleidet.« Die Schiller Wilhelm trägt —
letzte philosophische A e u s s e r u n g , die u n s von überliefert ist, e n t s t a m m t seinem letzten Briefe a n von H u m b o l d t , der das Datum des 3. April 1805 fünf W o c h e n vor Schillers Tode. »Die s p e c u l a t i v e
1) Es ist hier nicht unsere A u f g a b e , auf Schillers Verhiiltniss zu Schelling näher e i n z u g e h e n , von dem er in der T h a t hier und d a , wie z. B. in der Vorrede zur Braut von Messina, berührt erscheint; wie dies bei dem häufigen Verkehr beider nicht anders als natürlich ist. — H e g e l t a u c h t damals erst als Privatdocent in Jena a u f , er wird von Schiller als ein »gründlicher philosophischer Kopf« bezeichnet (Schiller an Humboldt 18. Aug. 1803), aber sein »Mangel an Darstellungsgabe« hervorgehoben (Schiller an Goethe 30. Nov. 1803).
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
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P l i i I o s o p h i e «, schreibt er d o r t , »wenn sie mich je g e h a b t , hat mich d u r c h ihre h o h l e n F o r m e l n verscheucht, ich h a b e auf diesem kahlen Gefilde keine lebendige Quelle u n d keine N a h r u n g f ü r mich gefunden.« Bis hierher ist die Beziehung auf die Sclielling'sche Philosophie klar und stimmt ganz mit den vorhin a n g e f ü h l t e n Auslassungen überein. W e n n er a b e r d a n n f o r t f ü h r t : »Aber die t i e f e n G r u n d - I d e e n der I d e a l p h i l o s o p h i e blieben ein e w i g e r S c h a t z , u n d schon allein lim ihrentwillen niuss m a n sich glücklich p r e i s e n , in dieser Zeit gelebt zu h a b e n « , so ist allerdings auch hier die Deutung auf das Identitätssystem wohl m ö g l i c h , a b e r nicht d u r c h a u s geboten. W i r möchten sie lieber, in dem Sinne von Schillers besten philosophischen J a h r e n , als eine E r i n n e r u n g a n die Zeilen d e u t e n , die i h m , wie er demselben Wilhelm von H u m boldt zwei J a h r e f r ü h e r (17. Febr. 1803) schrieb, »ewig u n vergesslich sein« w ü r d e n , »die J a h r e 17(J4 u n d 1795, wo wir in Jena z u s a m m e n philosophirten u n d uns d u r c h eine Geistesr e i b u n g elektrisirten,« beide in gleicher Begeisterung für die Philosophie des W e i s e n , »dessen Ideen ein Element w u r d e n , in dem sein Geist a t h m e t e u n d lebte, der ihm in den J a h r e n der Krankheit . . . Gesellschafter, F r e u n d u n d T r ö s t e r war,« ja der »ihm auch B e r u h i g u n g für alle Ereignisse im äusseren Leben gegeben hatte.« ') Eine vollständige Darstellung des Einflusses der Kantischen Philosophie auf Schillers g e s a m m t e schriftstellerische Thätigkeit h a b e n wir im Vorigen w e d e r g e b e n wollen noch können. Dazu w ä r e ein sorgfältiges D u r c h w a n d e r n aller Gebiete derselben, n a m e n t l i c h a u c h des poetischen im engeren S i n n e , erforderlich gewesen, was wir hier trotz allen Reizes einer solchen W a n d e r u n g nicht u n t e r n e h m e n konnten. Dagegen glauben wir, a n der H a n d a u t h e n tischer Zeugnisse der Hauptpersonen,, ein ziemlich g e n a u e s u n d treues, hoffentlich auch klares Bild von Schillers V e r h ä l t n i s zu K a n t u n d dessen Philosophie in seiner g e s c h i c h t l i c h e n E n t W i c k e l u n g geliefert zu h a b e n . Vier verschiedene Stufen sind zu unterscheiden: 1) C. v. Wolzogen, Schillers Leben S. 333. — Wir erfreuen uns in dieser Deutung auf Kant der Uebereinstiuimung mit Tomaschek, der gegenüber Danzel die von uns vertretene — schon vor der Kenntniss des T.schen Buches gewonnene — Ansicht mit grosser Entschiedenheit verficht; es könne »für den Kenner keine Frage sein« (a. a. 0 . S. 433).
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit.
Schiller wird von Körner und Reinhold auf Kant hingewiesen. Widerstreben seiner Dichternatur. Erst gegen Ende dieser Periode Anfange wirklichen Jiantisirens'. 2) 1791-1794. Schiller eifriger Kantianer, wenn auch in selbständiger Form, wie dies bei der Originalität seines Geistes selbstverständlich. Gegensatz zu Goethe. In diesen vier Jahren entsteht kein einziges grösseres Gedicht. Wiedererwachende Neigung zur poetischen 3) 1795. Produktion. Einfluss Goethes. Philosophie und Poesie im Gleichgewicht. Entstehungszeit der philosophischen Gedichte. Nach diesem Uebergangszustand endlich 4) 1796—1805. Vollständige und endgültigeRückkehrzurPoesie. Nur zwischendurch philosophische Lektüre und Auseinandersetzungen über dieselbe, namentlich mit dein durch ihn der Philosophie näher gebrachten Goethe. Trotz vereinzelter antiphilosophischer und antikantischer Aeusserungen, Festhalten an den Grundgedanken der Kantischen Philosophie, dementsprechend Abneigung gegen die Romantik auch in ihren philosophischen Vertretern (dem späteren Fichte, Schelling, Schleiermacher, Schlegel). Diejenige Periode, in der er eigentlich philosophisch produktiv w a r , in der er fast alle seine philosophischen Abhandlungen geschrieben h a t , ist die z w e i t e (allenfalls mit Einschluss der dritten). Diese haben wir daher unserer systematischen Betrachtung zu Grunde zu legen, um nunmehr auch von letzterem Gesichtspunkte aus zu prüfen, wie weit Schiller der Kantianer w a r , als den ihn — natürlich nicht im Schuls i n n e — diejenigen, die seinem Innern am nächsten standen, jederzeit betrachtet haben. 1) 1787-1790.
1) Uebrigens muss Kant schon 1789 unsern Dichter gekannt und geschätzt haben, denn unter den E m p f e h l u n g e n , die Hufeland von einer grossen Reise dem eben neu angestellten Collegen Schiller mitbrachte, war, wie dieser in einem Briefe vom 4. Mai 1789 mit Freude hervorhebt, auch eine solche von K a n t (Schillers Leben S. 197).
0. K ü l p e : Aussichten der experimentellen Psychologie.
281
Aussichten der experimentellen Psychologie 1 )' Von Oswald Külpe in Leipzig.
Von A u s s i c h t e n d e r e x p e r i m e n t e l l e n Psychologie k ö n n e n wir nicht im S i n n e z u k ü n f t i g e r E r f o l g e r e d e n , die zu s e h r von ä u s s e r e n U m s t ä n d e n a b h ä n g e n , als d a s s sie a priori b e s t i m m t werden könnten. W e n n m a n b e d e n k t , d a s s A m e r i k a es in k u r z e r Zeit auf 18 psychologische L a b o r a t o r i e n g e b r a c h t h a t und E u r o p a d e r e n 12 n a c h u n s e r e r Z ä h l u n g a u f w e i s t , so s c h e i n t der ä u s s e r e F o r t s c h r i t t wenigstens nicht u n t e r e i n e m u n g ü n s t i g e n Stern zu s t e h e n . W a s wir d a g e g e n in diesem als A b s c h l u s s zweier f r ü h e r e n ') g e d a c h t e n Artikel u n t e r d e m Titel A u s s i c h t e n v o r z u t r a g e n v e r s u c h e n wollen, k a n n n u r in d e r F o r m von E r w a r t u n g e n o d e r W ü n s c h e n g e b o t e n w e r d e n , die sich a u f d a s historisch E r r e i c h t e s t ü t z e n u n d theils eine w i s s e n s c h a f t l i c h e Vertiefung und E r w e i t e r u n g u n s e r e r Disciplin z u m G e g e n s t ä n d e h a b e n , theils die B e d e u t u n g b e t r e f f e n , die wir ihr f ü r a n d e r e W i s s e n s c h a f t e n u n d z w a r f ü r die N a t u r - u n d die speciellen G e i s t e s w i s s e n s c h a f t e n einerseits, f ü r die Philosophie a n d e r e r s e i t s beilegen zu k ö n n e n g l a u b e n . W i r wollen d e m n a c h in f o l g e n d e m z u n ä c h s t einiges W e s e n t l i c h e von d e m m i t t h e i l e n , w a s n a c h u n s e r e r M e i n u n g f ü r d e n iiinern F o r t s c h r i t t d e r e x p e r i m e n t e l l e n P s y c h o l o g i e w e r t h v o l l ist, u n d s o d a n n auf die U n t e r s t ü t z u n g I n n w e i s e n , die d e n e r w ä h n t e n a n d e r n W i s s e n s c h a f t e n d u r c h einen solchen A u s b a u d e r e x p e r i m e n t e l l e n P s y c h o l o g i e e r w a c h s e n kann. U n s e r e B e t r a c h t u n g e n sollen z u e r s t d e r M e t h o d e n l e h r e d i e n e n . Ich h a b e f r ü h e r 2 ) k u r z auf die G r u n d s ä t z e a u f m e r k s a m g e m a c h t , w e l c h e die V o r a u s s e t z u n g f ü r die e x p e r i m e n tellen M e t h o d e n in d e r P s y c h o l o g i e bilden. So viel nun a u c h von F e c h n e r , G. E. M ü l l e r , W u n d t u. A. f ü r die A u s b i l d u n g d e r einzelnen M e t h o d e n g e s c h e h e n ist, so m u s s m a n d o c h bei einigem Einblick in die g e g e n w ä r t i g e n Verhältnisse b e k e n n e n , d a s s eine feste C o n s o l i d i r u n g d e s V e r f a h r e n s , d a s m a n e i n z u s c h l a g e n , eine zweifellose Einsicht in die B e h a n d l u n g , die m a n d e n g e m e s s e n e n W e r t h e n zu g e b e n , endlich eine völlige S i c h e r 1) Vgl. Archiv f. Gesch. d. Philos. VI 170 u. 449. 2) a. a. 0 . S. 454 ff.
282
lieit tate wir soll
0. K ü l p e :
Aussichten der experimentellen Psychologie.
in der Bestimmung dessen, was d u r c h die einzelnen Resulals festgestellt zu gelten h a b e , noch nicht erreicht ist. W a s vor allem zur Abstellung solcher Mängel wünschen müssen, im folgenden kurz bezeichnet w e r d e n . E r s t l i c h müssen die allgemeinen V o r g ä n g e u n d G r u n d lagen des Vergleichens g e n a u e r als bisher beschrieben u n d in ihrem Z u s a m m e n h a n g e begriffen werden. Bei allen U n t e r s u c h u n g e n über die U n t e r s c h i e d s e m p f m d l i c h k e i t , deren u m f a s s e n d e B e d e u t u n g wir schon f r ü h e r charakterisirt h a b e n , deren Messung in allen Gebieten der Psychologie erst die exaeteren Bestimmungen e r m ö g l i c h t , besteht das Verhalten des b e o b a c h t e n d e n Subjects in einer Vergleichung seiner E m p f i n d u n g e n , Vorstellungen u. dergl. N u n ist aber dieser Akt keineswegs so einförmig und e i n d e u t i g , als der N a m e zu besagen scheint. Insbesondere bestehen gewisse charakteristische Unterschiede für die Art des Vergleichens je n a c h den I n d i v i d u e n , je n a c h den G e g e n s t ä n d e n , je n a c h b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n der Versuche. Ein Beispiel wird d a s , w a s wir m e i n e n , klarer zu machen geeignet sein. Man redet bei psychophysischen U n t e r s u c h u n g e n einer von Fechner e i n g e f ü h r t e n Bezeichnung gemäss von dem Z e i l f e l i l e r und versteht d a r u n t e r den Einfluss, den die R i c h t u n g successiv erfolgender Reize oder ihre Z e i t o r d n u n g auf die Unterschiedsempfindliclikeit a u s ü b t . Man findet bei s c h w ä cheren Reizen im allgemeinen, dass der zweite von ihnen trotz ihrer objectiven Gleichheit für stärker gehalten w i r d , als der erste. Eine naheliegende E r k l ä r u n g für dieses Verhalten war bald g e f u n d e n : der erste Reiz k o n n t e ja nur noch als E r i n n e r u n g s bild f u n g i r e n , w e n n der zweite Reiz e i n t r a t , Erinnerungsbilder sind bekanntlich n a c h einer d u r c h die englische Psychologie selbstverständlich g e w o r d e n e n Ansicht s c h w ä c h e r als die W a h r n e h m u n g e n , also wird d e r zweite Reiz überschätzt. Es ist s o n d e r b a r , dass diese L e h r e sich bis auf unsere T a g e erhalten h a t , ohne dass m a n mit wenigen A u s n a h m e n die Schwierigkeiten beachtete, die sie d e m thatsächlich Erlebten ebensowohl, wie einer consequenten E r k l ä r u n g desselben in den W e g stellt. Denn thatsächlich e r f a h r e n wir von einer solchen Vergleichung des W a h r g e n o m m e n e n mit dem Erinnerungsbilde des f r ü h e r e n Eindrucks in der Regel n i c h t s , vielmehr pflegt d a s Urtheil »gleich«, »stärker« u. s. f. u n m i t t e l b a r nach der Perception
0. K ü l p e :
Aussichten der e x p e r i m e n t e l l e n Psychologie.
283
des zweiten Reizes zu erfolgen. Ausserdem a b e r m ü s s t e , . Durkheim. Les règles de la méthode sociologique (11). — A. l i i n e t et V. H i - n r i , Les actions d ' a r r ê t dans les phénomènes de la parole. — L. W e b e r , Sur les diverses acceptions du mot »loi« dans les sciences et en métaphysique (fin). — l ' i o g e r , Origines et, conditions de la moralité. — Analyses etc. — No. 7. G. S é a i l l e s , La méthode philosophique de Rénan. — K. D u r k h e i m , Les règles de la méthode sociologique (111.).— Observations et documents sur les paramnésies (Dugas, ,i.-.l. van Biervliet, J. Saury). — Revue générale: P. T a n n e r y , La théorie de la connaissance m a t h é m a t i q u e . — Analyses etc. R i v i s t a Italiana di Filosofia. Anno IX. Vol.1. Maggio-Giugno. 0. C a n t o n i , Una polemica in Francia sule' insegnamento della filosofia nei licei. — P. d ' E r c o l e , C. L. Michelet, et l'Hegelianismo. — V. l ì c n i n i , La morale ed il diritto secondo Krb. Spencer. — Bibliografia. — Bollettino etc.
Marburg.
Uoiversitiits-Bueliilruckerei (R. Friedrich).
Leber Sokrates. Von
Paul Natorp. Das h o h e Interesse u n d die g r o s s e , doch n i c h t h o f f n u n g s lose Schwierigkeit d e r A u f g a b e , die historische Gestalt d e s S o k r a t e s a u s d e n D a r s t e l l u n g e n d e r Zeitgenossen u n d n ä c h s t e n Nachfolger sicher h e r a u s z u a r b e i t e n , h a t seit A n f a n g dieses J a h r h u n d e r t s e i n e R e i h e g r ü n d l i c h e r und s c h a r f s i c h t i g e r U n t e r s u c h u n g e n v e r a n l a s s t . Ein n e u e r , a c h t b a r e r V e r s u c h in dieser R i c h t u n g 1 ) giebt u n s w i l l k o m m e n e n A n l a s s , die F r a g e hier zu e r ö r t e r n u n d einige längst g e h e g t e G e d a n k e n d a r ü b e r zur Discussion zu stellen. U e b e r die B e d e u t u n g d e s P r o b l e m s b e d a r f es n i c h t vieler W o r t e ; d e n n so viel ist bei allem Streit d o c h fest g e b l i e b e n , dass d a s A u f t r e t e n des S o k r a t e s nicht bloss eine wichtige W e n d u n g im philosophischen D e n k e n d e r G r i e c h e n , s o n d e r n d e n A n s t o s s b e d e u t e t h a t , a u s d e m , w a s im vollen S i n n e d e s W o r t s P h i l o sophie, ja W i s s e n s c h a f t heisst, eigentlich erst h e r v o r g e g a n g e n ist. Nicht m i n d e r b e k a n n t sind a b e r die S c h w i e r i g k e i t e n d e r A u f g a b e . W i r besitzen von S o k r a t e s keine g e s c h r i e b e n e Zeile, k a u m einen völlig b e g l a u b i g t e n e i g e n e n A u s s p r u c h . Statt dessen sind u n s z w a r die e i n g e h e n d e n D a r s t e l l u n g e n seines W e s e n s u n d W i r k e n s von zweien seiner p e r s ö n l i c h e n S c h ü l e r , P i a t o n u n d X e n o p h o n , vollständig, ä h n l i c h e D a r s t e l l u n g e n v o n a n d e r e n s o m a t i s c h e n S c h ü l e r n (Aischines, A n t i s t h e n e s ) in m e h r o d e r m i n d e r d e u t l i c h e n S p u r e n e r h a l t e n ; allein g e r a d e diese d i r e c t e s t e n B e r i c h t e w i d e r s p r e c h e n sich in a u f f ä l l i g e m Maasse. Die V e r s c h i e d e n h e i t d e r individuellen A n l a g e d e r Verfasser h a t , z u m a l d a s Bewusstsein d e r A u f g a b e , die f r e m d e Individ u a l i t ä t u n d L e i s t u n g in ihrer u n a n t a s t b a r e n E i g e n a r t d a r z u s t e l l e n , j e n e m Z e i t a l t e r fast u n b e k a n n t w a r , die k a u m v e r 1) K a r l J o e l , Der echte und der Xenophontische Sokrates. Erster Band. Berlin, R. Gaertners Verlagsbuchhandlung (Hermann Heyt'elder) 1803. XII, 554 S. er. 8°. Philosophische Monatshefte XXX, 7 u. 8.
22
338
P. N a t o r p : Ueber Sokrates.
meidliche Folge gehabt, dass diese verschiedenen Darstellungen zwar wohl die geistige Art des jeweiligen Darstellers, aber nicht ebenso die des Sokrates in deutlichen Linien erkennen lassen. Man sieht sich also angewiesen auf einen sehr unsicheren Rückschluss von den Wirkungen auf die Ursache; von Wirkungen nämlich, die keineswegs durch diese einzige Ursache, Sokrates, sondern durch eine kaum verfolgbare Complication geschichtlicher Einflüsse bestimmt sind. Selbst wo mehrere Berichte nahezu übereinstimmen, ist der Rückschluss auf Sokrates unsicher; die Gemeinsamkeit kann auf sonstigen, in jener Zeit mächtigen Einwirkungen beruhen, und überdies ist der Einfluss des einen Sokratikers auf den andern immer in Rechnung zu ziehen. W a s im besonderen die beiden Darstellungen des Piaton und Xenophon betrifft, so geben beide gleich sehr, obwohl aus fast entgegengesetzten Gründen, zu Bedenken Anlass. Dass, wenn irgendwer, Piaton der Mann gewesen wäre, uns Sokrates in der ganzen imponirenden Grösse seines sittlichen und der ganzen Schärfe und Bestimmtheit seines wissenschaftlichen Charakters zu zeichnen, wird nicht bezweifelt und ist auch wohl nicht zu bezweifeln. Aber, was er unstreitig konnte, er hat es, wie es scheint, nicht gewollt. Er war zu sehr Künstler, um Historiker zu sein; und er w a r , einestheils zu erfüllt von seinem eigenen wissenschaftlichen Bestreben, anderntheils wieder zu durchdrungen von der Ueberzeugung, all sein Bestes dem Sokrates zu danken, als dass er jemals unternommen h ä t t e , zwischen seinem und des Meisters geistigem Eigenthum zu scheiden. So lässt sich zwar sicher annehmen, dass der beste Gehalt der Sokratik in der Philosophie Piatons geborgen ist; aber die Grenze zu ziehen, wo das Sokratische aufhört, das Platonische beginnt, scheint ein fast aussichtsloses Unternehmen. Ueber Xenophon pflegt das Urtheil gerade umgekehrt auszufallen: er w a r , wie Alle eingestehen, kein Philosoph, seine Verdienste liegen auf ganz anderen Gebieten; der berufenste Darsteller des philosophischen Reformators war also gerade er schwerlich. In der T h a t wäre irgend ein tieferes Verhältniss Piatons zu Sokrates unbegreiflich, wenn Sokrates der Mann gewesen w ä r e , den Xenophon uns vorführt. Andrerseits giebt sich dieser durchaus als nüchternen Historiker; keine
P. N a t o r p :
339
Ueber Sokrates.
d i c h t e r i s c h e A d e r , kein ü b e r m ä c h t i g e s e i g e n e s w i s s e n s c h a f t l i c h e s Interesse
hat auf
seine D a r s t e l l u n g Einfluss
geübt;
er
scheint
schlecht, und r e c h t zu e r z ä h l e n , j a er zeigt sich b e s t r e b t , g e g e n über
den
Verkennungen
Schilderungen schlichte
auch
der
der
Gegner
eigenen
und
den
Genossen
unhistorischen
des
Sokrates
die
g e s c h i c h t l i c h e W a h r h e i t w i e d e r zu E h r e n zu b r i n g e n .
Von
diesem Eindruck
überwiegend bestimmen schaftliche Brandis,
h a b e n sich
lassen.
Unzulänglichkeit Ribbing,
Zeller,
die n e u e r e n
Beurtheiler
A u c h w e r sich ü b e r die wissen-
Xeriophons fand
völlig
gleichwohl
klar
nicht
war, den
wie Muth,
mit seiner D a r s t e l l u n g des S o k r a t e s , als d e r eines u n b e r u f e n e n Zeugen,
ernstlich zu
brechen.
W a r er u n z u l ä n g l i c h ,
giebt
er
von S o k r a t e s s i c h e r nicht m e h r wieder, a l s seine so viel kleinere Natur von ihm aufzufassen fähig w a r ,
doch scheint,
so l a n g e
nur die g e s c h i c h t l i c h e A b s i c h t seiner D a r s t e l l u n g feststeht, j e d e m W o r t e , d a s er von S o k r a t e s b e r i c h t e t , e t w a s G e s c h i c h t l i c h e s zu Grunde liegen zu m ü s s e n . die
Darstellung
der
giössten Theile aus einige S e i t e n sophie
des
U n d so
findet
Philosophie
des
xenophontischen
später
kehrt ungefähr
Xenophon
wieder,
mit
m a n z. B . bei Zeller
Sokrates
zum
weitaus
Citaten aufgebaut.
Zwar
d a s s e l b e als e i g e n e P h i l o dem
n u r zu
begründeten
Urtheil, dass darin von P h i l o s o p h i e im G r u n d e w e n i g zu sei.
D a s s e l b e also, w a s , sofern x e n o p h o n t i s c h ,
niassen n i c h t P h i l o s o p h i e , s o n d e r n e i n e s y s t e m l o s e M a s s e oder
minder
empirisch
begründeter
auch
einfacher Vorurtheile
ist,
finden
eingestandenermehr
einzelner Ansichten
wird
oder
a u f der a n d e r n S e i t e als
» P h i l o s o p h i e « des S o k r a t e s d a r g e b o t e n , allenfalls mit dem V o r behalt,
dass
es n i c h t
das Ganze
und nicht d a s T i e f s t e dieser
P h i l o s o p h i e sei. Es begreift s i c h , nicht
stehen
bleiben
dass
man
konnte.
bei d i e s e m E r g e b n i s s Und
so
kommt
dauernd
eine
s u c h u n g n i c h t u n e r w a r t e t , w e l c h e , n a c h sorgfaltiger
aller in B e t r a c h t k o m m e n d e n D a t e n , die V o r s t e l l u n g von phon als d e m z w a r u n z u l ä n g l i c h e n , a b e r t r e u h e r z i g e n Unzutreffendes
berichtet
haben
könne,
Xeno-
Historiker,
d e r als s o l c h e r wohl zu wenig, a b e r in k e i n e m P u n k t e lich
Unter-
Erwägung
endgültig
eigentbesei-
tigen will. Philologen Grunde
nur
werden
offene
sogar
Thüren
finden,
dass
man
damit
einrennt;
denn
die
griechische
im
340
P. N a t o r p :
Ueber Sokrates.
L i t e r a t u r g e s c h i c h t e h a b e längst in diesem Sinne entschieden. In d e r T h a t , die P r ä m i s s e n zu dem Schlüsse sind längst geg e b e n , es fehlte n u r a n der Entschlossenheit, die Consequenz d a r a u s ihrem ganzen U m f a n g n a c h zu ziehen. Zunächst ist die Ansicht der Alten über den C h a r a k t e r der xenophontischen Darstellung doch nicht gleichgültig. Die befugtesten Beurtheiler a b e r , Aristoteles und die Alexandriner, b e h a n d e l n die ganze sokratische G e s p r ä c h s l i t t e r a t u r , o h n e zu Gunsten X e n o p h o n s eine A u s n a h m e zu m a c h e n , als eine G a t t u n g dichterischer Fiction. W e n n ein einzelner Darsteller des S o k r a t e s als vergleichsweise treu hervorgehoben w i r d , so ist es nicht X e n o p h o n , sondern Aischines, dessen e r h a l t e n e Reste, dem I n h a l t n a c h , eher für den platonischen als f ü r den x e n o p h o n tischen Sokrates zeugen. F ü r die F o r m des sokratischen Gesprächs g a l t , nach einer wichtigen A n g a b e bei Demetrios (de eloc. 296), neben Aischines P i a t o n , dagegen ausdrücklich nicht X e n o p h o n als m a s s g e b e n d ; ein Urtheil ü b r i g e n s , auf das sich die N e u e r n , a u c h ohne auf jenes bestimmte Zeugniss besonderes Gewicht zu l e g e n , a u s entscheidenden inneren G r ü n d e n längst vereinigt h a b e n . Aristoteles, dessen Autorität in Sachen der Geschichte der griechischen Philosophie Vielen als u n b e d i n g t m a s s g e b e n d g i l t , hat seine Nachrichten ü b e r Sokrates keinesfalls a u s X e n o p h o n , weit eher aus P i a t o n geschöpft. Das alles f ü h r t ü b e r e i n s t i m m e n d zu dem Schluss, dass der xenophontischen Sokratesdarstellung eine h ö h e r e geschichtliche Autorität als denen der übrigen Sokratiker, namentlich des Piaton, im Altert h u m keineswegs zugeschrieben worden ist. Doch wir sind auf die Urtheile der A l t e n , deren Motive wir nicht k e n n e n , in der T h a t nicht a n g e w i e s e n , d e n n die Acten liegen noch für uns ziemlich klar. X e n o p h o n giebt seine D a r s t e l l u n g , oder vielmehr deren zwei erste K a p i t e l ' ) , als Vertheidigung des Sokrates gegen die
1) S. darüber und über die ganze Disposition des Werkes, wie auch dessen Verhiiltniss zu den übrigen sokratischen Schriften Xenophons, jetzt Th. B i r t , De Xenophontis Commentariorum Socraticorum compositione (Ind. lect. Marpurg. sem. aestiv. 1893). Danach ist das vierte Buch als s e l b s t ä n d i g e s Werk aufzufassen, das mit B. I—III nur ebenso lose zusammenhängt wie das Symposion und der Oikonomikos.
P. N a t o r p : lieber Sokrates.
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A n k l a g e v o m J a h r e 399. Es ist j e d o c h längst e r k a n n t , d a s s die V e r t e i d i g u n g sich wirklich n i c h t a u f j e n e geschichtliche Anklage, s o n d e r n a u f ein, f r ü h e s t e n s s e c h s J a h r e n a c h S o k r a t e s T o d e e r s c h i e n e n e s P a m p h l e t des R h e t o r s P o l y k r a t e s b e z i e h t ; eine P r u n k r e d e , die mit j e n e r U n b e k ü m m e r t h e i t , die u n s in d e r gleichzeitigen R h e t o r i k u n d D i c h t u n g n i c h t n u r , s o n d e r n selbst G e s e h i c h i s c h r e i b u n g so oft in V e r w u n d e r u n g s e t z t , mit d e r historischen W a h r h e i t u n d W a h r s c h e i n l i c h k e i t umsprang u n d auf i r g e n d w e l c h e n g e s c h i c h t l i c h e n W e r t h o f f e n b a r keinen A n s p r u c h e r h o b , d e r Fiction n a c h freilich die A n k l a g e r e d e v o r stellen w o l l t e , w e l c h e bei jenern A n l a s s g e h a l t e n w o r d e n sei. I n d e m X e n o p h o n a u f diese Fiction e i n g e h t — er citirt n ä m l i c h mit den W o r t e n »Der A n k l ä g e r h a t gesagt« e i n f a c h d e n P o l y k r a t e s —, stellt er o f f e n b a r seine V e r t e i d i g u n g auf d e n gleichen B o d e n , d. h. m a c h t sich a u c h f ü r seine D a r s t e l l u n g nicht die historische T r e u e zur P f l i c h t , die der wirklichen A n k l a g e g e g e n ü b e r allerdings g e b o t e n g e w e s e n w ä r e . Die V e r t e i d i g u n g reicht ü b r i g e n s , wie gesagt, n u r bis z u m Schluss des zweiten K a p i t e l s ; der R e s t (37 Kapitel) e n t h ä l t , von einigen k ü r z e r e n e r z ä h l e n d e n o d e r a l l g e m e i n c h a r a k t e r i s i r e n d e n Stellen a b g e s e h e n , eine l a n g e u n d lose A n e i n a n d e r r e i h u n g kleiner k u n s t l o s e r G e s p r ä c h e d e s S o k r a t e s mit s e h r verschied e n e n P e r s o n e n ü b e r eine b u n t e Fülle von G e g e n s t ä n d e n . Die g a n z e D a r s t e l l u n g will z e i g e n , wie S o k r a t e s d u r c h seine p e r s ö n l i c h e E i n w i r k u n g , b e s o n d e r s seine w e i t b e r ü h m t e n Ges p r ä c h e , sich als in j e d e m B e t r a c h t »nützlichen« M e n s c h e n u n d B ü r g e r e r w i e s e n h a b e . Sollte die v e r t e i d i g e n d e A b s i c h t f ü r die geschichtliche T r e u e B ü r g s c h a f t leisten — a n sich eine gew a g t e V o r a u s s e t z u n g — , so d ü r f t e dieser G r u n d h ö c h s t e n s f ü r die beiden ersten K a p i t e l g e l t e n ; d a s W e i t e r e ist nicht m e h r V e r t e i d i g u n g , sondern Lobpreisung. In L o b s c h r i f t e n a b e r galt n a c h d a m a l i g e m l i t t e r a r i s c h e m B r a u c h vollends j e d e noch so freie A u s s c h m ü c k u n g f ü r e r l a u b t ; d a s beweist nicht bloss I s o k r a t e s , d e r es offen s a g t , s o n d e r n die eigene L o b s c h r i f t des X e n o p h o n auf Agesilaos u n d so m a n c h e G h a r a k t e r z e i c h n u n g a u c h seiner angeblich h i s t o r i s c h e n W e r k e , A n a b a s i s u n d H e l l e n i k a ; g a n z zu schweigen von d e m E r z i e h u n g s r o m a n d e r K y r u p a i d e i a , d e r sich ü b r i g e n s d e r F o r m n a c h d o c h a u c h als s c h l i c h t h i s t o risch giebt. W a r u m einzig die L o b s c h r i f t auf S o k r a t e s eine
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A u s n a h m e von der sonst feststehenden Regel m a c h e n soll, ist nicht einzusehen. Dass X e n o p h o n sich selber als Ohrenzeugen n e n n t oder u n b e s t i m m t auf seine E r i n n e r u n g e n oder auf die Aussagen s o l c h e r , die d a b e i g e w e s e n , b e r u f t , darin wird jeder U n b e f a n g e n e n u r ein beliebtes künstlerisches Mittel e r k e n n e n , der Fiction e t w a s von dem Reize der W a h r h e i t mitzutheilen. So n e n n t Plalon sich in der Apologie, die doch a u c h nicht buchstäblich g e n o m m e n sein will, als A n w e s e n d e n ; so lässt er im P h a i d o n einen O h r e n z e u g e n b e r i c h t e n ; so stellt im Gastmahl der Erzähler einem a n d e r e n Bericht, der in wesentlichen Zögen u n g e t r e u sei, den seinen als den eines persönlich Betheiligten g e g e n ü b e r ; so will im Theaitetos Eukleides das dort mitgetheilte Gespräch nach der eignen W i e d e r g a b e des Sokrates sofort a u f gezeichnet, über alles, worin er seinem Gedächniss nicht traute, ihn wieder befragt und seine Niederschrift d a n a c h berichtigt haben. Niemand n i m m t das für b a a r e M ü n z e ; weshalb sollen die ähnlichen Fictionen X e n o p h o n s g l a u b h a f t e r s e i n ? Längst übrigens ist a u f g e f a l l e n , dass sich X e n o p h o n niemals auf Schriftliches, s o n d e r n lediglich auf seine E r i n n e r u n g e n b e r u f t ; dass er n u n diese Fülle k u r z e r , sehr ungleichartiger Gespräche so lange Zeit über, unter allen seinen verschiedenen praktischen Beschäftigungen, im Gedächtniss b e w a h r t h a b e n sollte, e r k e n n t jeder als psychologische Unmöglichkeit a n . Doch, m ö c h t e m a n über diese u n d noch zahlreiche einzelne Bedenken h i n w e g k o m m e n und dem X e n o p h o n in seiner Rolle des Historikers u n d W a h r h e i t s r e t t e r s bis zum Schluss der » A p o m n e m o n e u m a t a « geduldig folgen ; stutzen m u s s m a n doch, w e n n m a n d a n n noch die zwei a n d e r n »sokratischen« Gespräche in die H a n d n i m m t , die wir von demselben A u t o r besitzen, den Oikonomikos u n d d a s Symposion. Da fällt gleich im Eingang beider Schriften auf, dass diese an die A p o m n e m o n e u m a t a nicht a n d e r s a n k n ü p f e n als ein beliebiges Kapitel der letztern an d a s g e r a d e v o r h e r g e h e n d e . Der Oikonomikos nämlich h e b t mit den W o r t e n a n : »Ich h ö r t e aber von ihm a u c h d a s folgende Gespräch ü b e r die H a u s w i r t h s c h a f t . Sage mir. K r i t o b u l o s . . . « ; d a s G a s t m a h l : »Aber mir s c h e i n t , dass von edlen u n d t ü c h tigen M ä n n e r n nicht bloss, was sie im E r n s t , sondern a u c h , w a s sie im Scherz vollbracht h a b e n , des Gedächtnisses w e r t h
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ist. Dieser Ansicht bin ich nach einer selbsterlebten Geschichte, die ich erzählen will. Es war bei den P a n a t h e n ä e n . . . « . Neben der directen A n k n ü p f u n g an die Gesprächsreihe der A p o m n e m o n e u m a t a muss beidemal die selbst in der F a s s u n g gleichartige Versicherung des A u t o r s , d a s s er Selbsterlebtes berichte, u n s auffallen. Die W a h r h e i t dieser Versicherung ist nun in diesen beiden Gesprächen durch deren ganzen Inhalt ausgeschlossen, der unbestritten den Charakter freiester Fiction t r ä g t ; wie kann m a n also auf die entsprechenden Versicherungen in den A p o m n e m o n e u m a t a noch irgend etwas stüzen wollen? Es k a n n vielmehr, nach allen directen Anzeichen wie nach dem allgemeinen litterarischen B r a u c h jener T a g e , g a r keinem Zweifel unterliegen, d a s s X e n o p h o n auch in jener Schrift dasselbe R e c h t freier Erdichtung für sich in A n s p r u c h nimmt wie sämmtliche »sokratischen G e s p r ä c h e « , vor allen die platonischen. X e n o p h o n nimmt überdies auf eine schon vorhandene s o m a tische Gesprächslilteratur m e h r m a l s Bezug ( 1 4 , 1; IV 3, 2 ) ; er stellt seine A u f f a s s u n g des S o k r a t e s einfach neben die A n d r e r , b e s o n d e r s , wie es s c h e i n t , des Anlisthenes; und zwar ohne diese eigentlich abzulehnen : » A n d e r e « , s a g t er, » h a b e n A n d e r e s , a l s s o l c h e d i e d a b e i g e w e s e n , erzählt, i c h war zugegen, als er mit E u t h y d e m o s folgendes Gespräch h a t t e ; « d. h. er tritt in die Concurrenz der sokratischen Gespräche ein, offenbar unter gleichen B e d i n g u n g e n : mit gleich weitgehendem R e c h t e der Fiction, gleich geringer Verpflichtung zu historischer T r e u e . W e n n nun diese T h a t s a c h e n längst klar zu T a g e lagen u n d a u c h sicher schon Mancher im Stillen den unabweislichen S c h l u s s d a r a u s gezogen h a t , so ist d a r u m d a s Verdienst Joels nicht g e r i n g e r , durch eingehende u n d w i r k s a m e Vorführung dieser T h a t s a c h e n und unter Hinweis auf eine R e i h e unterstützender Momente die Voraussetzung einer historischen A b sicht der xenophontischen Darstellung des S o k r a t e s , wie wir d e n k e n , gründlich erschüttert zu haben. Treffend weist er hin auf die auffällige Unfähigkeit X e n o p h o n s zu individueller Charakteristik ü b e r h a u p t : die zahlreichen Helden seiner so verschiedenartigen Schriften gleichen sich alle aufs H a a r u n d verrathen alle einen m e r k w ü r d i g e n Z u s a m m e n h a n g mit den persönlichen E r f a h r u n g e n , B e s c h ä f t i g u n g e n , Neigungen und L e b e n s a n s c h a u n g e n — des A u t o r s . Der B e g r i f f s k r e i s , in d e m
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sich d e r Sokrates der A p o m n e m o n e u m a t a b e w e g t , deckt sich Zug u m Zug mit dem der Kyrupaideia u n d aller a n d e r n S c h r i f t e n , d. h. er fällt z u s a m m e n mit dem geistigen Horizont X e n o p h o n s . W a s er als sokralische Methode g i e b t , ist nichts A n d e r e s als die w o h l b e k a n n t e x e n o p h o n t i s c h e A r t , die allem Wissenschaftlichen meilenfern s t e h t , den Stachel des Zweifels, d a s Bedürfniss der P r ü f u n g , des Z u r ü c k g e h e n s auf Principien, gar nicht k e n n t , s o n d e r n durch überzeugtes B e h a u p t e n zu ü b e r zeugen, durch nachdrückliches Moralpredigen zu bessern glaubt. Die Erzählung der W u n d e r w i r k u n g e n , die Sokrates d a d u r c h Gespräche von ein p a a r Minuten vollbracht haben soll, setzen in der T h a t einen s t a r k e n Glauben v o r a u s ; m a n begreift nicht, sagt Joel drastisch, wie »nach einem Jahre solcher Schnellkuren in A t h e n noch eine T h r ä n e ungelrocknet, noch ein Irrthum unb e r i c h t i g t , noch ein Fehler ungebessert bleiben konnte.« Der eingehende Nachweis der durchgangigen Ueberoinstimmung des Gedankenkreises der A p o m n e m o n e u m a t a mit dem der übrigen xenophontischen Schriften bis selbst zu den fernliegendsten, u n d seines offenbaren Z u s a m m e n h a n g e s mit der Eigenart und den persönlichen Erlebnissen des X e n o p h o n gehört zu dem Besten, w a s das Buch bietet. W i r haben d a d u r c h jedenfalls Xenophon g r ü n d licher als bisher k e n n e n g e l e r n t ; für die Kennlniss des Sokrates freilich ist der Gewinn soweit n u r ein negativer. Indessen der Verfasser b e g n ü g t sich nicht mit dem Nachweise, dass der xenophontische Sokrates jedenfalls nicht der echte ist, er stellt sich die ungleich schwierigere positive A u f gabe, das echte Bild des Sokrates wiederherzustellen. Er geht dabei — e t w a s ü b e r r a s c h e n d nach der so gründlichen Vern i c h t u n g der historischen A u t o r i t ä t des X e n o p h o n — dennoch hauptsächlich von diesem aus, während er den zweiten I l a u p t zeugen, P i a t o n , a m liebsten ganz bei Seite liesse. In der A u s f ü h r u n g zwar erweist sich d a s unthunlich, indem er doch fortw ä h r e n d auf P i a t o n zurückzugreifen durch die S a c h e selbst genöthigt wird. W a s den Verfasser b e s t i m m t e , einen n a c h seinen Voraussetzungen so u n e r w a r t e t e n W e g einzuschlagen, w a r offenbar dies: wir besitzen von X e n o p h o n eine Reihe von Schriften, die sich nicht f ü r sokratisch g e b e n ; die Vergleichung mit diesen erleichtert e s , d a s specifisch X e n o p h o n t i s c h e a u c h in seiner Darstellung des S o k r a t e s sicher zu e r k e n n e n ; n a c h d e m
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dies ausgeschieden — k ö n n t e wenigstens ein w e n n a u c h geringer P e s t echt sokratischer Züge übrig b l e i b e n ; d e n n dass diese d e m xenophontischen Bilde, so frei es a u c h gehalten sein mag, ganz fehlen sollten, ist. natürlich nicht a n z u n e h m e n . Indessen ist es Joel selber nicht e n t g a n g e n , dass dies Verfahren doch wieder unsicher ist: w a s nicht xenophontisch, b r a u c h t d a r u m noch nicht sokratisch zu sein. Xenophon schreibt, wie g e s a g t , bereits u n t e r dem Einfluss einer a u s gebreiteten sokratischen Litleratur. Und wie stark seine D a r stellung in der T h a t durch diese, vor allen durch A n t i s t h e n e s milbestimmt ist, in welchem Xenophon, nach dem Symposion, unleugbar den t r e u s t e n N a c h f o l g e r d e s S o k r a t e s sah, hat J o e l , theilweise n a c h dem Vorgang F e r d i n a n d Dümmlers, scharfsinnig e r k a n n t u n d in ü b e r r a s c h e n d weitem U m f a n g nachweisen k ö n n e n . Ja es scheint s i c h , wenigstens nach den Ergebnissen dieses ersten B a n d e s , Xenophons Darstellung fast ausschliesslich zusammenzusetzen a u s xenophontischem Eigengut und E n t l e h n u n g e n aus Antisthenes. Somit ist Antisthenes der Z w e i t e , den wir a u s d e m Buche g e n a u e r als bisher kennen lernen. N u r , wenn dies die Lage ist, was bleibt d a n n ü b e r h a u p t von zuverlässig sokratischen Zügen z u r ü c k ? W o n a c h sollen wir ü b e r h a u p t noch beurtheilen, was sokratisch ist? Aus X e n o p h o n selbst ist ein E r k e n n u n g s m e r k m a l offenbar nicht zu g e w i n n e n ; das Zeugniss P i a t o n s h a t Joel v e r w o r f e n ; so bleibt n u r A r i s t o t e l e s , dessen historische Autorität ihm wie den Meisten als völlig u n a n f e c h t b a r gilt. W a s damit übereinstimmt, hält er d a h e r a u c h bei X e n o p h o n f ü r echt sokratisch, w a s d e m widerspricht, f ü r desto sicherer unsokratisch. Hier ist n u n der erste P u n k t , wo ich mit dem Verfasser nicht m e h r ü b e r e i n s t i m m e n k a n n . Dies u n b e d i n g t e Z u t r a u e n zu d e r historischen T r e u e der aristotelischen Zeichnung des Sokrates v e r m a g ich nicht als begründet zu e r k e n n e n . Allgemein sind, wie jeder K e n n e r des Aristoteles weiss, dessen Urtheile ü b e r seine philosophischen Vorgänger, auch den N ä c h s t s t e h e n d e n , P i a t o n , nicht a u s g e n o m m e n , mit grosser Vorsicht a u f z u n e h m e n . Aristoteles geht stets von seinen dogmatischen Vorbegriffen, von den allgemeinen F r a g e p u n k t e n seiner Philosophie a u s , u m d a n a c h die L e h r e n seiner Vorgänger nicht bloss zu rubriciren und zu beurtheilen, s o n d e r n zu interpretiren.
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E s ist d a s die Folge e i n e r d e d u c t i v e n G e s c h i c h t s b e t r a c h t u n g , die zuerst n a c h b e s t i m m t e n s y s t e m a t i s c h e n K a t e g o r i e n d e n geschichtlichen G a n g d e r p h i l o s o p h i s c h e n F o r s c h u n g , w i e e r d e r S a c h e n a c h erfolgen » m u s s t e « , z u r e c h t l e g t u n d d a n n die ü b e r lieferten T h a t s a c h e n diesem v o r a u s c o n s t r u i r t e n E n t w i c k l u n g s g a n g w o h l o d e r ü b e l a n p a s s t . Dass Aristoteles von dieser ihm sonst geläufigen W e i s e g e s c h i c h t s p h i l o s o p h i s c h e r A u s - o d e r U n t e r l e g u n g g e r a d e bei S o k r a t e s eine A u s n a h m e g e m a c h t h a b e n s o l l t e , ist nicht zu e r w a r t e n , u n d es ist d e n n a u c h ersichlich n i c h t d e r Fall. Joel ist d a g e g e n b l i n d , z u m Theil w o h l , weil e r selbst zu einer ä h n l i c h d e d u c t i v e n G e s c h i c h t s b e h a n d l u n g in b e f r e m d e n d e m Maasse n e i g t ; so will er b e w e i s e n , n i c h t bloss, d a s s a u f die p h y s i k a l i s c h e P e r i o d e d e r griechischen P h i l o s o p h i e die logische f o l g e n , ihr B e g r ü n d e r a b e r e b e n d a r u m e i n e m h ö c h s t einseitigen L o g i c i s m u s verfallen m u s s t e , s o n d e r n a u c h , d a s s diese W e n d u n g n u r in A t h e n u n d zu j e n e r Zeit erfolgen k o n n t e ; d e n n wie die P h i l o s o p h i e d e r Griechen geographisch von d e r P e r i p h e r i e (Ionien u n d Italien) z u m C e n t r u m ( A t h e n ) w a n d e r t e , so m u s s t e sie mit dieser L o c a l ä n d e r u n g zugleich i h r e n i n n e r n C h a r a k t e r ä n d e r n , n ä m l i c h von d e r m e h r p e r i p h e r i s c h e n B e t r a c h t u n g d e r G e g e n s t ä n d e zur c e n t r a l e n (aus dein Blickpunkt d e s Bewusstseins) f o r t s c h r e i t e n ; a n a l o g wie die n e u e r e Philosophie v o n der P e r i p h e r i e ( F r a n k r e i c h - E n g l a n d ) via K ö n i g s b e r g n a c h S c h w a b e n w a n d e r n m u s s t e , u m in Hegel (wie die alte in S o k r a t e s ) ihren Gipfel zu e r r e i c h e n , d a n n a b e r wieder nach der Peripherie (Herbart-Oldenburg, SchopenhauerD a n z i g , u n d schliesslich, mit Mill u n d S p e n c e r , wieder n a c h E n g l a n d ) , d a m i t zugleich a b e r von der e r r e i c h t e n c e n t r a l e n V e r t i e f u n g zu p e r i p h e r i s c h e r V e r f l a c h u n g z u r ü c k z u k e h r e n ! W e r die S a c h e n . n ü c h t e r n e r a n s i e h t , wird sich u m Aristotelische so w e n i g wie u m H e g e i s c h e o d e r diesen n a c h g e b i l d e t e C o n s t r u c t i o n e n viel k ü m m e r n , s o n d e r n die s i m p l e F r a g e s t e l l e n : k o n n t e , u n d w o h e r k o n n t e Aristoteles ü b e r die L e i s t u n g d e s S o k r a t e s ein r i c h t i g e r e s , u n b e f a n g n e r e s Urtheil g e w i n n e n als selbst seine u n m i t t e l b a r e n S c h ü l e r ? D a r u m a l l e i n , d a s s er die E i n w i r k u n g des S o k r a t e s n i c h t direct e r f a h r e n , ist er d o c h n i c h t u r t e i l s f ä h i g e r als — seine G e w ä h r s m ä n n e r selbst. Wird z. B. P i a t o n i h m v o n S o k r a t e s e t w a s A n d e r e s zu s a g e n g e w u s s t h a b e n , als w a s in s e i n e n S c h r i f t e n a u s f ü h r l i c h g e n u g a u c h für
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uns zu lesen stellt? Oder wird er in seinen mündlichen Mittheilungen s t r e n g e r als in diesen Schriften unterschieden h a b e n , was des S o k r a t e s E i g e n t h u m w a r u n d w a s seine Z u t h a t ? Aristoteles m a c h t jedenfalls keine a n d e r e Quelle n a m h a f t als die ihm ja so reichlich fliessende der sokratischen Litteratur. Welchem a b e r u n t e r den S o k r a i i k e r n wird er eher gefolgt sein als dem einzigen, d e n er u n t e r diesen als w a h r e n Philosophen gellen lässt: seinem eigenen L e h r e r Piaton ? X e n o p h o n sicherlich n i c h t , den er nirgends n e n n t ; Antisthenes oder Aristippos s c h w e i l i c h , die er zwar n e n n t , a b e r mit Geringschätzung. Sokrates inleressirt ihn gerade als Vorgänger P i a t o n s , als U r heber der von diesem, d a n n von ihm selbst fortgesetzten philosophischen R i c h t u n g ; s o l l t e e r also seine Vorstellung von S o k r a t e s a n d e r s w o h e r geschöpft haben als eben aus P i a t o n ? Und so ist denn a u c h wirklich in seinen A n g a b e n nichts zu finden, was n i c h t , n a c h der freien A r t , wie Aristoteles seine Quellen vera r b e i t e t , a u s P i a t o n geschöpft sein k ö n n t e ; Einiges jedenfalls hat er u n b e s t r e i t b a r n u r d a h e r . Natürlich w a r nun Aristoteles nicht so t h ö r i c h t , alles, w a s in platonischen Dialogen dem Sokrates in den Mund gelegt, w i r d , unterschiedslos für s o k r a tisch zu n e h m e n ; sondern er hat sich offenbar an die A n f ä n g e P i a t o n s gehalten, da er wusste, dass dieser von Sokrates a u s g e g a n g e n , a b e r nicht bei ihm stehen geblieben w a r . Und da ist sein Zeugniss allerdings für uns vom höchsten W e r t h e , weil Aristoteles mit ganz a n d e r e r Sicherheit als wir h e u t e beurtheilen k o n n t e , wo in P i a t o n s Schriften die e r s t e n , wo die s p ä t e r e n Stadien seiner E n t w i c k l u n g vorliegen. Stützt sich Al istoteies also in denjenigen Zeugnissen, die a m bestimmtesten zwischen Sokrates u n d P i a t o n u n t e r s c h e i d e n , offenbar in erster Linie auf den P r o t a g o r a s u n d L a c h e s , d a n e b e n e t w a noch auf die A p o l o g i e u n d wenige n a h v e r w a n d t e Schriften, so erhält d a d u r c h die ohnedies sehr wahrscheinliche A n n a h m e , dass g e r a d e diese Schriften die f r ü h s t e n u n t e r P i a t o n s W e r k e n u n d diejenigen s i n d , die inhaltlich von der S o k r a l i k , zeitlich vom J a h r e 399 a m wenigsten weit abliegen, eine höchst erw ü n s c h t e Bestätigung. Allein zu einer selbständigen oder gar e n t s c h e i d e n d e n Q u e l l e ü b e r S o k r a t e s wird d a m i t Aristoteles nicht. E n t h a l t e n z. B. seine A n g a b e n etwa schon eine leise Urnbiegung d e s s e n , w a s sich a u s P i a t o n allein als sokratisch
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e r k e n n e n l ä s s t , so w e r d e n wir d a r i n nicht eine für u n s m a s s g e b e n d e B e r i c h t i g u n g P i a t o n s zu s e h e n , s o n d e r n vielmehr von A r i s t o t e l e s auf die p l a t o n i s c h e n Quellenstellen z u r ü c k z u g e h e n , u n d u n s , bei aller g e b o t e n e n V o r s i c h t , d o c h a n diese n o c h e h e r als a n die a r i s t o t e l i s c h e W i e d e r g a b e zu h a l t e n h a b e n . A b e r Joel g l a u b t o f f e n b a r , d a s s jeder V e r s u c h , d a s Bild des S o k r a t e s a u s P i a t o n zu r e c o n s t r u i r e n , a n d e r Unmöglichkeil s c h e i t e r n m ü s s e , z w i s c h e n S o m a t i s c h e m u n d P l a t o n i s c h e m in P i a t o n s Schriften zu s o n d e r n . S o l a n g e m a n v o n dieser V o r a u s s e t z u n g a u s g e h t , s e h e ich in d e r T l i a t keine H o f f n u n g , d a s P r o b l e m ü b e r h a u p t zu lösen. Indessen g l a u b e i c h , dass hier d e r r e c h t e W e g längst d u r c h S c h l e i e r m a c h e r u n d R i b b i n g g e wiesen i s t , w e l c h e bereits richtig g e s e h e n , n u r d a n n in d e r A u s f ü h r u n g n i c h t s t r e n g g e n u g festgehalten h a b e n , dass von d e r A p o l o g i e nebst d e m K r i t o n , als vergleichsweise r e i n s t e r Darstellung der Sokralik, auszugehen, andere platonische Schriften d a g e g e n n u r in d e m Maasse, als sie mit diesen ü b e r e i n s t i m m e n , hinzuzuziehen seien. M a n wird sich d a v o n sicher ü b e r z e u g e n , w e n n es g e l i n g t , sich ü b e r die A b f a s s u n g s z e i t und s c h r i f t s t e l l e r i s c h e A b s i c h t dieser b e i d e n S c h r i f t e n zu v e r s t ä n d i g e n . Ich d a r f u m so w e n i g e r v e r m e i d e n d a r a u f kurz e i n z u g e h e n , als Joel selbst, der, wie b e m e r k t , die B e r u f u n g auf P l a t o n , i n s b e s o n d e r e die Apologie, doch nicht h a t u m g e h e n k ö n n e n , bei diesem A n l a s s auf die F r a g e ebenfalls zu s p r e c h e n k o m m t . D a s s die A p o l o g i e a l l e r d i n g s n i c h t , wie S c h l e i e n n a c h e r wollte, als die möglichst g e t r e u e W i e d e r g a b e d e r wirklich v o n S o k r a t e s vor d e n R i c h t e r n g e h a l t e n e n V e r t e i d i g u n g s r e d e , s o n d e r n als e i g e n e C o m p o s i t i o n P i a t o n s a n z u s e h e n ist; dass sie n i c h t die S e l b s t v e r t e i d i g u n g des S o k r a t e s , s o n d e r n P i a t o n s V e r t e i d i g u n g d e s geliebten Meisters ist, ist o h n e weiteres z u zugeben. Der stark p a n e g y r i s c h e Schluss d e r e r s t e n , m e h r n o c h die g a n z e zweite u n d d r i t t e R e d e — j e n e , d e r Fiction g e m ä s s , n a c h d e m S c h u l d i g s p r u c h , diese n a c h gefälltem T o d e s urtheil g e h a l t e n — sind in der v o r l i e g e n d e n Gestalt als historisch n i c h t wohl d e n k b a r . A b e r a u c h d e r H a u p t t h e i l der e r s t e n R e d e : dies weite A u s h o l e n , diese geistreich e i n g e f ü h r t e , c o n c e n t r i r t e D a r s t e l l u n g des g a n z e n s o m a t i s c h e n W e s e n s und W i r k e n s , d u r c h welche n i c h t s o w o h l die j e t z i g e n , ü b e r h a u p t ziemlich v e r ä c h t l i c h b e h a n d e l t e n A n k l a g e n d e s Meietos u n d
P. N a t o r p : Ueber Sokrates.
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Genossen, s o n d e r n die »alten« Anklagen von A r i s t o p h a n e s Wolken a n , d. h. das seit langer Zeit gegen Sokrates a u f g e sammelte Vorurtheil, das in der A n k l a g e von 399 n u r fast zufällig zum A u s b r u c h k a m , e n t k r ä f t e t w e r d e n soll — d a s alles ist dem vor den Richtern r e d e n d e n Sokrates n i c h t , dagegen Piaton als litterarischem A n w a l t des schon Veruitheilten sehr wohl zuzutrauen. Immerhin verdient alle B e a c h t u n g , dass der R e d n e r wieder u n d wieder v e r s i c h e r t , gemäss seiner Pflicht gegen den Gerichtshof, »die ganze W a h r h e i t « auszusprechen, seiner Pflicht g e m ä s s der Anklage zu a n t w o r t e n . Auf den V o r w u r f , dass er sich mit der U n t e r s u c h u n g u n t e r - und ü b e r irdischer Dinge a b g e b e und »die schlechtere Sache zur bessern« (Unrecht zu Recht) mache oder A n d e r e solches lehre, a n t w o r t e t er so bestimmt als möglich: ich verstehe davon nichts, weder Grosses noch Kleines, ich habe d a r a n keinen T h e i l ; wer je meinen U n t e r r e d u n g e n zugehört (und es sind deren Viele u n t e r den Richtern) rnuss mir b e z e u g e n , dass ich nie Derartiges besprochen habe. Desgleichen auf den Tadel, dass er am Sophistenberuf der »Menschenerziehting« theilnehme (das w a r ja der Sinn der A n k l a g e , dass er »die Jugend v e r d e r b e « ) , erfolgt die A n t w o r t : es m a g das wohl eine schöne Kunst sein, a b e r ich verstehe sie n i c h t ; wer das von mir b e h a u p t e t , der lügt es und sagt es zu meiner Verleumdung. In demselben T o n e weist er die jetzigen, wesentlich gleichbedeutenden Beschuldigungen z u r ü c k ; er ü b e r f ü h r t den Kläger in k u r z e m , streng sokratisch gehaltenem Zwiegespräch des völligen Leichtsinns seiner A n klagen. Er bekräftigt nicht m i n d e r die g e n a u e W a h r h e i t d e r positiven Darlegung der Absicht, die er mit seinem s o n d e r b a r e n , hier so eingehend geschilderten Verfahren des P r ü f e n s u n d W i d e r legens verfolgte: » W e n n aber J e m a n d b e h a u p t e t , dass ich A n d e r e s sage als dies, so ist es nichtig«; o d e r : » W e n n J e m a n d vorgiebt, von mir irgend etwas privatim gelernt oder g e h ö r t zu h a b e n , w a s nicht a u c h alle A n d e r n , so sollt ihr w i s s e n , dass er nicht die W a h r h e i t spricht.« U n d so fort u n d fort. Diese wiederholten u n d nachdrücklichen E r k l ä r u n g e n b e w e i s e n , wie mir scheint, z w a r n i c h t , dass Sokrates dies alles wirklich ges a g t , wohl a b e r , dass s e i n V e r t h e i d i g e r sich bewusst ist, f ü r jetzt nichts A n d e r e s als die von Jedem, der Sokrates k a n n t e , zu bestätigende W a h r h e i t über ihn aussagen zu dürfen u n d wirklich a u s z u s a g e n . Die Versicherung der vollen geschieht-
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liehen T r e u e bezieht sich nicht auf die F o r m der E i n k l e i d u n g ; nicht diese R e d e wird als die von S o k r a t e s wirklich gehaltene, wohl a b e r i h r I n h a l t : die t h a t s ä c h l i c l i e n Angaben, auf die sich die Vertheidigung s t ü t z t , als s t r e n g der W i r k lichkeit gemäss bekräftigt. U n d wir h a b e n kein Recht, solcher Versicherung den Glauben zu versagen. F ü r P i a t o n wenigstens ist die A u f g a b e nicht die einer R e d e ü b u n g ; er stellt dein Fall nicht unbelheiligt g e g e n ü b e r wie Polykrates, dem der b e r ü h m t e Process n u r einen willkommenen Vorwurf für ein rhetorisches P a r a d e s t ü c k liefert; oder wie X e n o p h o n , dem es ebenso wichtig s c h e i n t , auf jenes öde Machwerk wie auf die historischen A n klagen zu a n t w o r t e n . S o n d e r n P i a t o n schreibt a l s N ä c h s t b e t h e i l i g t e r ; als b e r u f e n e r W o r t f ü h r e r f ü r S o k r a t e s , der, nach seinen eigenen, auch d u r c h Xen. A p o m n . IV, 4, 4 ; 8, 4 bestätigten A n d e u t u n g e n im Gorgias (521 D ff.) vor Gericht nichts, jedenfalls nichts f ü r ihn Günstiges vorzubringen w u s s t e ; m e h r : er spricht als der e r k l ä r t e N a c h f o l g e r des Sokrates in seinem so eindringlich hier geschilderten Reruf des wissenschaftlichen u n d sittlichen R e f o r m a t o r s , des unnachsichtigen Kritikers des Zeitgeistes, insbesondere d e r athenischen Demokratie. Endlich u n d h a u p t s ä c h l i c h : er spricht u n t e r dem u n mittelbaren Eindruck des für ihn selbst unermesslich bedeutungsvollen geschichtlichen M o m e n t s ; a u s der b e s t i m m t e n L a g e , in die e r selbst d u r c h d a s Ereigniss der Verurlheilung des Sokrates versetzt ist. Das geht hervor a u s der P r o p h e z e i u n g , die er dem Sokrates (im S c h l u s s w o r t , 39 CD) in den Mund legt: es wird den Athenern wenig f r u c h t e n , den S o k r a t e s getödlet zu haben, d e n n es werden a n seiner Statt, u n d z w a r a l s b a l d n a c h s e i n e m T o d e , j ü n g e r e , nur u m so s c h o n u n g s losere Kritiker a u f s t e h e n , die er bisher zurückgehalten und s i e , die A t h e n e r , d a h e r nicht b e m e r k t h a b e n . Die P r o p h e zeiung k a n n n u r auf die sokratischen S c h ü l e r , unter diesen weitaus in erster Linie auf P i a t o n s e l b s t bezogen w e r d e n ; w a s er Sokrates prophezeien lässt, ist vielmehr s e i n G e l ü b d e , das W e r k des Sokrates im gleichen Geiste, selbst in der gleichen F o r m des P r ü f e n s u n d U e b e r f ü h r e n s , alsbald a u f z u n e h m e n und f o r t z u f ü h r e n . Joel n e n n t das eine P r o p h e z e i u n g post e v e n t u m . Dagegen spricht, von A n d e r e m abgesehen, eben diese bestimmte Z e i t a n g a b e : »sogleich n a c h meinem Tode«. Das ist nämlich
P. N a t o r p : lieber Sokrates. thatsächlich doch nicht eingetroffen ; wir wissen, dass P i a t o n n a c h der K a t a s t r o p h e zunächst einige Zeit im Verein mit den Genossen in Megara zurückgezogen g e l e b t , von dort a u s seine erste grössere Reise (nach Aegypten und K y r e n e ? ) a n g e t r e t e n , und darauf erst, also wohl f r ü h e s t e n s 1—2 J a h r e nach Sokrates T o d , seine philosophische W i r k s a m k e i t in Athen eröffnet h a t . W a r die Apologie längere Zeit nach den dargestellten Ereignissen verfasst, so würde Piaton jene b e s t i m m t e Zeitangabe doch wohl vermieden h a b e n . Ich n e h m e d e m n a c h an , dass er in dem A u g e n b l i c k . als er die Apologie in die Oefienllichkeit schickte, d. h. u n m i t t e l b a r n a c h d e m E r e i g n i s s , n o c h im S o m m e r 399, allerdings entschlossen w a r , »sogleich« in Athen seine Wirksamkeit a n z u t r e t e n , dass er sich jedoch d u r c h äussere U m s t ä n d e — vielleicht gerade weil infolge dieser glühenden Vertheidigung des Verurtheilten, die sich zugleich zur schwersten Anklage gegen die h e r r s c h e n d e Partei gestaltete, der Boden f ü r ihn in A t h e n zu heiss g e w o r d e n w a r — sich genölhigt sah die A u s f ü h r u n g seines Entschlusses um ein W e n i g e s h i n a u s zuschieben. Sollte dieser Beweis noch nicht völlig ü b e r z e u g e n , so fehlt es nicht an weiteren A n z e i c h e n , die auf die gleiche S p u r weisen. Der K r i t o n nämlich setzt die Apologie nicht bloss v o r a u s , da er sie an zwei Stellen citirt (45 B, 5 2 C ) , sondern er h ä n g t seinem ganzen I n h a l t n a c h so g e n a u mit ihr zus a m m e n , dass b e i d e , der Zeit der A b f a s s u n g u n d der schriftstellerischen Absicht n a c h , nicht wohl von e i n a n d e r g e t r e n n t w e r d e n können ; ich würde, den obigen A n n a h m e n e n t s p r e c h e n d , v e r m u t h e n , dass beide gleichzeitig oder in kurzem Zwischenr a u m noch von Megara a u s gleichsam als Flugschriften n a c h A t h e n e n t s a n d t w o r d e n seien. Der Kriton nämlich bezweckt offenbar nicht b l o s s , ebenso wie die Apologie, das Urlheil P i a t o n s , als des N ä c h s t b e t h e i l i g t e n , zugleich im N a m e n der in M e g a r a noch vereinten Genossen des s o m a t i s c h e n Kreises, ü b e r d a s d e n k w ü r d i g e Ereigniss festzustellen, s o n d e r n noch bes t i m m t e r , den Vorwurf zu e n t k r ä f t e n , der (nach Krit. 44BIT., bes. 4 5 E 46 A) gegen die mächtigen F r e u n d e des Sokrates, also in e r s t e r L i n i e g e g e n P i a t o n s e l b s t , erhoben wurde: dass sie eigentlich an d e m A u s g a n g der S a c h e die Schuld t r ü g e n , da sie n u r ihren Einfluss h ä t t e n aufbie ten düi f e n , um
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zu bewirken, erstens, dass sich S o k r a t e s der Anklage gar nicht zu stellen b r a u c h t e , z w e i t e n s , dass er sich v o r t h e i l h a f t e r vert h e i d i g t e , d r i t t e n s , dass e r , selbst verurtheilt, noch rechtzeitig a u s d e m Kerker ü b e r die Grenze geschafft w u r d e . Man bereute d e m n a c h schon wieder das G e s c h e h e n e ; wie die W o r t e (48C) b e s t ä t i g e n , wo die Menge (der attische Demos) verächtlich bezeichnet wird als »solche, die leichthin tödten — u n d a u c h wieder lebendig m a c h e n w ü r d e n , w e n n sie k ö n n t e n , o h n e Sinn n n d Verstand.« Und das begreift sich völlig n a c h der L a g e , wie sie schon a u s der Apologie h e r v o r g e h t : die Veru r t e i l u n g erfolgte mit u n e r w a r t e t geringer S t i m m e n m e h r h e i t (Ap. 3 6 A ) ; sie w ä r e sicher u n t e r b l i e b e n , w e n n Sokrates n u r einen kleinen Schritt e n t g e g e n g e t h a n , sich n u r in geringen» Maasse den üblen Gewohnheiten damaliger Gerichtspraxis gef ü g t , w e n n er nicht im Gegentheil durch sein u n b e u g s a m e s A u f t r e t e n die R i c h t e r aufs empfindlichste gereizt h ä t t e (34C—D). Man scheute doch einigermassen den R u f , S o k r a t e s , der nun einmal als »weiser Mann« galt, getödtet zu haben (38 C). Mehr als los sein wollte m a n ihn eigentlich n i c h t ; h ä t t e Sokrates in seine V e r b a n n u n g (Ap. 37 D, Krit. 52 C), ja in die einzige Bed i n g u n g des Schweigens (29 G) gewilligt, d a s Todesurl heil w ä r e zweifellos vermieden w o r d e n . Demgemäss w ü r d e n , a u c h nachdem es gesprochen, gewiss Viele es als die glücklichste Lösung angesehen h a b e n , w e n n die mächtigen F r e u n d e des Sokrates selbst n u n noch f ü r seine E n t f e r n u n g gesorgt h ä t t e n . Dass S o k r a t e s sich reiten k o n n t e , w e n n er w o l l t e , w e n n er nicht in derselben unbeirrten Gesetzestreue u n d grossartigen Gleichgültigkeit gegen sein persönliches Geschick, die er bei f r ü h e r e n , nicht m i n d e r ernsten Gelegenheiten b e w i e s e n , den Gedanken an die F l u c h t weit von sich gewiesen h ä t t e , setzt nicht bloss der K r i t o n , s o n d e r n in ganz ü b e r e i n s t i m m e n d e n Ausdrücken der g e r a u m e Zeit später verfasste P h a i d o n (99 A, vgl. Krit. 53 B, 52 D ) , offenbar als notorische T h a t s a c h e , voraus. Ist es nun wohl wahrscheinlich, dass jene Vorwürfe gegen die sokratischen F r e u n d e in einer a n d e r n Zeit als g e r a d e d a m a l s , da Jeder m i t d e m unglückseligen Ereigniss innerlich beschäftigt war, erhoben, oder dass sie von P i a t o n nicht damals, als es an der Zeit u n d gewiss kein A n d e r e r so wie er dazu verpflichtet w a r , s o n d e r n J a h r e s p ä t e r , als die F r a g e f ü r das schnelllebige athenische
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P u b l i k u m l ä n g s t nicht m e h r b r e n n e n d w a r , b e a n t w o r t e t w o r d e n sei? Es m u s s d a r u m nicht die g a n z e F a b e l des K r i t o n historisch s e i n , so w e n i g , wie die Apologie die eigene V e r t h e i d i g u n g d e s S o k r a t e s sein m u s s ; a b e r die S c h r i f t bezieht sich d a r u m n i c h t w e n i g e r auf eine g a n z b e s t i m m t e geschichtliche S i t u a t i o n . Sie k a n n d e s h a l b a u c h n u r mit den W a f f e n der T h a t s a c h e n , n i c h t mit beliebigen Fiel innen o d e r P i a t o n e i g e n t ü m l i c h e n P h i l o s o p h e m e n k ä m p f e n . Und so b e t o n t d e n n P i a t o n a u c h hier aufs nachdrücklichste den streng sokratischen C h a r a k t e r d e r B e g r ü n d u n g , mit d e r S o k r a t e s d a s A n sinnen d e r B e f r e i u n g a u s d e m K e r k e r z u r ü c k w e i s t (46 B, 4 9 A , E e t c . ) , So f ü h r e n alle ä u s s e r e n u n d i n n e r e n A n z e i c h e n d a r a u f hin, d a s s P i a t o n w e n i g s t e n s h i e r , in d e r Apologie u n d im K r i t o n , sich v e r p f l i c h t e t g e g l a u b t h a t , S o k r a t e s n u r S o k r a l i s c h e s reden zu lassen; ich s a g e S o k r a l i s c h e s , nicht sokratisch , d e n n die S p r e c h w e i s e m a g freilich m e h r die p l a t o n i s c h e sein. P i a t o n spricht, a b e r d i e s m a l mit B e w u s s t s e i n im N a m e n u n d im S i n n e des S o k r a t e s ; seine eigene P h i l o s o p h i e u n t e r d e r Maske d e s S o k r a t e s a n den M a n n zu b r i n g e n , w ä r e diese E i n f ü h r u n g , dieser M o m e n t , dieser f ü r u n s n o c h so deutlich e r k e n n b a r e A n l a s s so s c h l e c h t als möglich g e w ä h l t g e w e s e n . H a b e n wir d e m n a c h w e n i g s t e n s in diesen zwei S c h r i f t e n wirklich reine S o k r a t i k , so h a b e n wir e b e n d a m i t d a s s i c h e r e M i t t e l , S o k r a t e s von P i a t o n a u c h in dessen übrigen S c h r i f t e n zu s c h e i d e n . N a c h dieser M a s s g a b e a b e r erweist sich als n o c h a m m e i s t e n s o k r a t i s c h u n t e r diesen d e r P r o t a g o r a s . Ich m ö c h t e i h n f ü r die S c h r i f t h a l t e n , mit der sich P i a t o n , v o n d e r Reise z u r ü c k g e k e h r t , in A t h e n w i e d e r e i n f ü h r t e . Die G r u n d s t i m m u n g ist v e r s ö h n l i c h : P i a t o n will v e r s u c h e n , w a s sich a u f d e m W e g e friedlicher V e r s t ä n d i g u n g e r r e i c h e n Iässt. So w i r d des T o d e s d e s S o k r a t e s mit keiner leisesten A n s p i e l u n g g e d a c h t , die S c e n e w o h l n i c h t o h n e A b s i c h t in eine Zeit z u r ü c k v e r l e g t , w o ein Conflict zwischen A t h e n u n d S o k r a t e s n o c h n i c h t in dieser S c h ä r f e b e s t a n d . Der G e g e n s a t z gegen die a t h e n i s c h e D e m o k r a t i e u n d i h r e H e l d e n ist z w a r s a c h l i c h d e r s e l b e w i e in d e r A p o l o g i e ; P i a t o n h a t in dieser B e z i e h u n g n i c h t s z u r ü c k z u n e h m e n ; a b e r d a s bleibt d o c h m e h r im H i n t e r g r u n d , es ä u s s e r t sich w e n i g e r direct u n d aggressiv. D a s eigentliche T h e m a ist d a s von A p . 19 f . : Philosophische Monatshefte XXX, 7 u. 8.
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S c h e i d u n g d e r S o k r a t i k , als deren Erbe Piaton auftritt, v o n d e r S o p h i s t i k , mit der er nicht zusammengeworfen sein möchte. D a s ist der Sinn der Erörterungen über die »Lehrbarkeit der T u g e n d « ; über die sich Sokrates hier so bestimmt, wie sonst nur noch in der Apologie, im v e r n e i n e n d e n Sinne entscheidet, trotz der hier wie dort stark betonten Identification der T u g e n d mit dem Wissen. In der That ist eine andere L ö s u n g mit dem sokratischen »Nichtwissen« unvereinbar. Im Menon entscheidet sich P i a t o n a n d e r s , aber auf Grund des ihm eigenen, auf die I d e e n l e h r e zielenden Satzes vom Lernen als Wiedererinnern. Damit wird d a s »Wissen des Nichtwissens« zur blossen pädagogischen Vorstufe des positiven Wissens: die Lossaguug von Sokrates ist vollzogen. Auf dem Standpunkt der Apologie und des Protagoras steht in dieser entscheidenden F r a g e nur noch der L a c h e s , kaum mehr der sonst nah v e r w a n d t e , in demselben Gedankenkreis sich bewegende Charmides; k e i n e weitere Schrift Piatons. Ueberall sonst steht die Lehrbarkeit fest, ist d a s Nichtwissen daher blosse Ironie geworden oder ganz fallen gelassen; so im Gorgias, im Phaidros etc. Und den Vorwurf der kosmologischen Speculation, den die Apologie von Sokrates mit grösster Entschiedenheit abwehrt, nimmt Piaton fast trotzig auf sich: man vergleiche Apol. 19 G , 26 D mit Phaidr. 270, Theait. 173 E , Politeia VI 488 E, 489 C, Politikos 299 A f. etc. D a s sind klare T h a t s a c h e n , die keinen Zweifel offen lassen, wo wir Sokrates, wo Piaton zu erkennen haben. Und damit stimmt Aristoteles völlig überein, wenn er sein Urtheil über Sokrates (im Unterschied von Piaton) hauptsächlich auf Apologie, Protagoras und L a c h e s , dagegen auf keine der Schriften Piatons stützt, die von diesen in den bezeichneten Grundfragen abweichen. Selbst ohne genauere Kenntniss der Zeitfolge der betreffenden Werke hätte Aristoteles bei scharfsichtiger Beobachtung auf dies Urtheil geführt werden müssen; wie w i r , meine ich, auch ohne sein unterstützendes Zeugniss nicht anders urtheilen dürften. — Unvermerkt sind wir so von der schwierigen Quellenfrage zu der anderen g e k o m m e n , die wir in der T h a t jetzt erst aufwerfen d ü r f e n , und auf die allerdings zuletzt alles Interesse dieser Forschungen sich concentrirt: W a s w a r S o k r a t e s ? W a s war der Kerngedanke seiner Philosophie, was der Mittel-
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p u n k t seines so eigenartigen B e s t r e b e n s ? W a s e r k l ä r t die tiefe W i r k u n g , die er g e ü b t h a t , w a s insbesondere das enge Verh ä l t n i s P i a t o n s zu i h m ? Hören wir d a r ü b e r zunächst Joël. Indem er ausschliesslich von den aristotelischen A n g a b e n ausgeht u n d diese, u n t e r der Einwirkung der oben gekennzeichneten geschichtsphilosophischen B e t r a c h l u n g s a r t , in der d e n k b a r grösslen Schroffheit n i m m t — j e d e Philosophie ist n a c h ihm »eine Vergewaltigung des W e l t bildes zu Gunsten einer relativen, a b e r für absolut g e n o m m e n e n W a h r h e i t « — gelangt er zu folgender Grundansicht von Sokrates. Als Entdecker des Vernunftprincips verfiel er n o t h w e n d i g in einen »reinen L o g i s m u s « , einen völlig einseitigen »Theoreticismus«, wie ihn sonst in der Geschichte der Philosophie nur noch Hegel vertreten h a t . Leben ist Denken ; »das Wesen der P r a x i s ist die Theorie«. Nicht die blosse U n t e r w e r f u n g der P r a x i s unter die H e r r s c h a f t der Theorie (die dabei doch a u c h u m g e kehrt der Praxis dienstbar bliebe), sondern die völlige A u f h e b u n g der Praxis in Theorie ist die w a h r e Absicht des Sokrates gewesen. Sein Leben u n d W i r k e n bestätigt d a s : alle glaubhafte Ueberlieferung zeigt ihn dem Leben a b g e w a n d t , rein der T h e o r i e ergeben. Kein H a n d e l n v o r dem W i s s e n ; aber d a s Wissen des Sokrates, d a s allein menschlich e r r e i c h b a r e Wissen, ist ja n u r das Wissen des Nichtwissens; wie sollte es also je zum H a n d e l n k o m m e n ? Selbst a m Wissen interessirt ihn n u r die F o r m , die ja allein Sache der Vernunft u n d von einem ausser ihr g e g e b e n e n , empirischen Stoff u n a b h ä n g i g ist. Das negative Verhältniss des Sokrates zur P r a x i s des Lebens u n d zur Empirie, die u n u n t e r b r o c h e n e Bethätigung der dialektischen Methode an den Jünglingen, die leidenschaftliche Opposition der Zeitgenossen (als Opposition der gemisshandelten irrationalen F u n c t i o n e n der P s y c h e gegen die absolute O b m a c h t des R a t i o n a l e n ) , die gewaltige schulbildende Kraft seiner Lehre (deren F o r m a l i s m u s sich in der Methode e r s c h ö p f t e ) , u n d wieder die S p a l t u n g unter seinen S c h ü l e r n (weil der materiale Gehalt völlig u n b e s t i m m t blieb u n d m a n einen solchen doch d a u e r n d nicht e n t b e h r e n k o n n t e ) , alles d a s erklärt sich a u s der Einseitigkeit seines absoluten R a t i o n a l i s m u s ; wüssten wir nichts als diese T h a t s a c h e n , wir miissten d a r a u s auf den rein rationalistischen C h a r a k t e r seiner L e h r e schliessen (S. 182). 23*
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lieber Sokrates.
Vortrefflich weiss Joel diese Auffassung der Sokratik zur Eigenthümlichkeit der athenischen Kultur jener Tage in Beziehung zu setzen. Der Zusammenhang des Sokrates mit den socialen Zuständen Athens, mit der ausgeprägten Oeffentlichkeit des athenischen Lebens ist ja schon oftmals hervorgehoben worden. Joel weist aber noch besonders hin auf die hohe Ausbildung des K u n s t w i s s e n s im damaligen Athen. Dass Können Wissen sei, ist eine W a h r h e i t , deren Erfahrung sich dem Athener, der sich selber zur »dädalischen Zunft« bekennt und seinen Zusammenhang mit den xiyyca fortwährend betont, überwältigend aufdrängen musste. Er übertrug dann nur, was vom Können und Machen richtig ist, zu unbedacht aufs sittliche Gebiet, auf das Gebiet des Handelns; sein Begriff des Guten ist von der Tüchtigkeit des Kunstwerks abstrahirt, und nur vom poietischen aufs praktische Gebiet (nach Aristoteles Unterscheidung) fälschlich übertragen. Mit den Handwerkern hält Sokrates Frieden, seine erbitterten Feinde dagegen sind die Dichter, Rhetoren und Staatsmänner, die Helden der intuitiven psychischen Functionen. Sie hassen den Rationalisten, der umgekehrt die sie beseelende schöpferische Kraft leugnet. Die Sphären des Gemüths, des Charakters, der Genialität, die jenseits des Denkens tief im Reiche des Unbewussten liegen, blieben ihm unzugänglich; die »Heiligung des Uebermässigen, Unendlichen«, über Maass und Vernunft Hinausliegenden ist ihm so fremd wie »die Positivität des Leidens und die Weihe des Martyriums.« Diese Gesammtauffassung von Sokrates ist ohne Zweifel geistreich, sie enthält auch ihr Theil Wahrheit; aber so als Ganzes wird sie sich schwerlich behaupten lassen. Sobald man die deduetive Grundlage weglässt und die Zeugnisse allein zum Fundament n i m m t , vollends die aristotelischen Angaben auf ihre platonische Quelle zurückführt, bleibt wohl nicht ein so absoluter »Logismus« übrig, wie Joel ihn als Grundcharakter der Sokratik zu entdecken glaubt. Sicher richtig ist, dass Sokrates vom Kunstverstand ausgeht und das Gesetz der Technik, wonach alle technische Richtigkeit vom Verstehen a b h ä n g t , zunächst als F o r d e r u n g auf das gesammte menschliche T h u n , auf die eigentlich menschliche, nämlich sittliche »Tugend« überträgt. Aber dabei stösst er auf einen merkwürdigen Contrast: im ganzen Gebiete der
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Technik ist d a s V e r s t e h e n , im Doppelsinn d e s W i s s e n s u n d a l s o K ö n n e n s , e r r e i c h b a r , der Begriff, d e r V e r s t a n d d a h e r a u c h u n s t r e i t i g h e r r s c h e n d ; im P r a k t i s c h e n — Sittlichen u n d Politischen — sollte er es e b e n s o sein, a b e r er ist es t h a t sächlich nicht; ernstlich b e f r a g t weiss Keiner von d e n G r ü n d e n seines T h u n s b e f r i e d i g e n d R e c h e n s c h a f t zu g e b e n . J e d e s K u n s t w e r k , jedes g e m e i n s t e G e r ä t h o d e r G e s c h ä f t h a t seine klar d e f i n i r b a r e T ü c h t i g k e i t o d e r »Güte« (agerij, stets als A b s t r a c t u m zu dya&ov zu v e r s t e h e n ) ; so a u c h der M e n s c h , s e i n e m leiblichen Leben n a c h : G e s u n d h e i t ; so sollte er sie a u c h s e i n e m seelischen Leben n a c h h a b e n : aQtxt] im e n g e r n S i n n , T u g e n d ; w ä h r e n d a b e r von allein A n d e r n sich u n s c h w e r a u f z e i g e n lässt, worin seine Güte oder T ü c h t i g k e i t b e s t e h t , n ä m l i c h in d e r T a u g lichkeit zu einem b e s t i m m t e n , s c h o n vorausgesetzten Zweck, so will sich dasselbe bei der eigentlich » m e n s c h l i c h e n « , n ä m l i c h seelischen T ü c h t i g k e i t nicht e b e n s o a n g e b e n lassen. Der nirgends a u s g e s p r o c h e n e , a b e r a u s d e r S a c h e k l a r e G r u n d ist o f f e n b a r : d a s s es sich hier nicht m e h r bloss u m die geeign e t e n M i t t e l zu einem v o r a u s f e s t s t e h e n d e n Zweck, s o n d e r n u m die Z w e c k s e t z u n g selbst h a n d e l t . Z w a r das Allgemeine, F o r m a l e steht d e m S o k r a t e s , k r a f t j e n e r u r s p r ü n g l i c h e n Analogie, u n e r s c h ü t t e r l i c h f e s t : d a s s die T ü c h t i g k e i t des m e n s c h l i c h e n H a n delns, e b e n s o wie die j e d e r T e c h n i k , auf d e m B e g r i f f b e r u h e n u n d also s c h l e c h t h i n a b h ä n g e n m u s s vom I n n e h a b e n d e s Begriffs, mithin v o m W i s s e n ; m o d e r n g e s p r o c h e n : dass auf d e m Gebiet des H a n d e l n s ( d e r Z w e c k w ä h l ) e b e n s o wie auf d e m des M a c h e n s , Vollführens (der M i t t e l w ä h l ) d a s G e s e t z h e r r s c h e n m u s s ; d a s Gesetz ist ja n u r d e r objective A u s d r u c k d e s Begriffs u n d i m Griechischen u n t e r d e m s e l b e n W o r t koyog r n i t z u v e r s t e h e n . D a s H a n d e l n des M e n s c h e n also ist g u t , s o f e r n es d e m G e s e t z e , d e r ratio g e m ä s s ist. Eine a n d e r e L ö s u n g h a t a u c h P i a t o n o d e r K a n t nicht g e f u n d e n , u n d o h n e Zweifel e b e n dies ist es, was Sokrates vorschwebt. Sein »Nichtwissen« setzt d a s s e h r P o s i t i v e v o r a u s : d a s s T u g e n d im B e g r i f f , im Gesetz, b e r u h e n m u s s ; a b e r es ist ehrlich negativ g e m e i n t , s o f e r n er d i e s e n Begriff, dies Gesetz, n i c h t weiter zu b e s t i m m e n weiss. Sokrates b e k e n n t sein eigenes Nichtwissen u n d ü b e r f ü h r t die A n d e r n ihres N i c h t w i s s e n s , n i c h t als o b er n a c h einer positiven B e s t i m m u n g nicht f r a g t e , als o b er a n d e m lediglich F o r m a l e n , d a s s d a s
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R e c h t h a n d e l n auf Wissen, d a s Wissen auf dem Begriff b e r u h e , genug h ä t t e , s o n d e r n weil er hier in der T h a t nicht weiter zu k o m m e n weiss. A b e r eben das F o r m a l e der Erkenntniss entdeckte sich ihm dabei in einer Klarheil wie Keinem zuvor. Daher hat zunächst die L o g i k , h a t das W i s s e n s c h a f t s b e w u s s t s e i n als solches, seiner F o r m n a c h , aus der Sokratik den grössten Gewinn gezogen. Schon d a s hat Joel viel zu wenig e m p f u n d e n . Man muss die Trias Sokrates — P i a t o n — Aristoteles w ü r d i g e n als die eigentliche Geburt des Geistes u n d der F o r m der a b e n d ländischen W i s s e n s c h a f t ; nicht a b e r als eine interessante Diadochie von »Philosophien« im Sinne von »Vergewaltigungen des Weltbildes«. Aber auch bloss als Ethik betrachtet ist die E n t d e c k u n g des Sokrates nicht so praktisch inhalts- u n d wirkungslos, wie Joel uns ü b e r r e d e n will zu glauben. Zwar worin das Gute zuletzt besteht, wusste S o k r a t e s nicht zu s a g e n ; a b e r dass es u n b e d i n g t des Menschen Heil ist, dass gegen die allein u n b e d i n g t e F o r d e r u n g dos sittlichen G e s e t z e s keine Klugheitse r w ä g u n g a u f k o m m e n darf, dass diesem Einen alles A n d r e , sog a r d a s Leben selbst mit allem w a s es bietet, und s o g a r die Hoffn u n g eines künftigen Lebens aufzuopfern ist, tritt in Apologie u n d Kriton mächtig genug, u n d wahrlich praktisch wirksam, h e r a u s . Deutlich s c h i m m e r t d u r c h die platonische Darstellung der ü b e r e m p i r i s c h e C h a r a k t e r des Sittlichen durch. U n d eben ilarauf b e r u h t die V e r w a n d t s c h a f t der sokratischen Ethik mit einer höchst gereinigten, auf lediglich sittlichen G r u n d gestellten R e l i g i o n : »Ich g l a u b e a n Götter wie keiner meiner Ankläger«, darf Sokrates e r k l ä r e n ; nämlich er glaubt an die G o t t h e i t , als den Ausdruck für die R e a l i t ä t d e s S i t t l i c h e n , für jene w a r m u n d stark von ihm b e k a n n t e U e b e r z e u g u n g , dass dem Guten N i e m a n d u n d Nichts s c h a d e n k a n n , w e d e r in diesem Leben noch in einem a n d e r n , wofern es eines g i e b t ; d e n n Gott wird den Gerechten nicht verlassen. Eine positivere, eine praktisch wirksamere Ethik als diese giebt es nicht. Uebrigens b r a u c h t e dabei der Z u s a m m e n h a n g des sittlichen Ziels mit diesem menschlichen Leben u n d seinen irdischen Bedingungen keineswegs verloren zu gehen. Steht einmal der übersinnliche Zielpunkt: d a s sittliche Gesetz selbst in seiner R e i n h e i t , u n e r schütterlich fest, so wird sich, im beständigen Hinblick auf dies
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ewige Ziel, zugleich alles irdische Thun des Mensohen berichtigen. Ein vielseitig ausgebildetes System von -rs'xvai steht zur Verfügung; jede wohlbegründet auf ihr e i g e n t ü m l i c h e s Gesetz, eben dadurch in ihre bestimmten Schranken eingeschlossen; zugleich alle geeint durch den gleichen, allbeherrschenden Gesichtspunkt eben des Begriffs, des Gesetzes selbst. Es bedarf dann nur noch jener letzten, Richtung gebenden Einsicht, in das allbefassende Gesetz des »Guten«, d. h. der Erhöhung jenes selben Gesichtspunktes der Gesetzmässigkeit von der Stufe der blossen Mittelwahl zu der der Zweckwahl, um nach dieser Massgabe nunmehr das ganze menschliche Treiben zu organisiren. So wird die sehr positive Wendung der Ethik in Piaton, vollends in Aristoteles doch auch wieder als gerade Fortsetzung der Sokiatik verständlich. Zu den xeyycu,, das hebt Joel selbst hervor, bekannte sich Sokrates aufrichtig und positiv genug; für die »Genieschwünge« freilich hatte er so wenig Sinn wie K a n t , mit dem er überhaupt, trotz der unverkennbarsten Unterschiede, ungleich mehr Analogie zeigt als mit Hegel, dessen absoluter Wissensdünkel und grundromantische, antirationalistische Verachtung des seiner Grenzen sich bewussterx »Verstandes«, dessen antilogische Logik (um von Natur- und Geschichtsphilophie ganz zu geschweigen) von Sokrates unendlich fern abliegt und ihm wohl nur als ein ungeheuerliches Beispiel des W a h n e s , zu wissen, was man nicht weiss und was für Menschen nicht wissbar ist, hätte erscheinen können. An dem Irrthum Joels ist, wie gesagt, A r i s t o t e l e s Schuld; oder eigentlich nicht er, nicht einmal seine Nachfolger, die Verfasser der in dem Corpus seiner Schriften mitüberlieferten beiden Ethiken, der »Grossen« und der »Eudemischen«, sondern die Verkennung jenes doch an zahlreichen Beispielen seit lange herausgestellten irreleitenden V e r f a h r e n s des Aristoteles und seiner Schule, Bericht und Uilheil über fremde Philosopheme völlig in Eins zu mengen, die Vorgänger überhaupt nur nach den Begriffen des peripatetischen Systems auszulegen. Damit das Obige nicht so ganz beweislos dastehe, ist es unerlässlich, dies an einzelnen wichtigeren Fällen des Näheren zu zeigen. Es wird dabei zugleich der Sinn der Sokratik selbst noch deutlicher zu Tage treten.
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»Tugend ist Wissen«. Ohne Zweifel, das ist sokratische Ueberzeugung. Aber wie interpretirt sie unser Autor? Die Trefflichkeit des Menschen ist gleich der Trefflichkeit seiner rationalen Function; Sokrates löst den Menschen ganz in Begriff auf, er hebt mit der Begierde zugleich das Verhältniss von Vernunft und Begierde, damit aber das Grundphänomen des Moralischen, das ganze ethische Problem auf; seine Lehre ist » p s y c h o l o g i s c h e r Logismus«, »Monologismus«. Woher ist diese schroffe Ansicht geschöpft? Aus der »Grossen Ethik«, einer schon nicht von Aristoteles, sondern von einem seiner Schüler, in freier Anlehnung an das echte oder vergleichsweise echteste Werk, die »Nikomachische« Ethik, verfassten Schrift. Da lesen wir allerdings gleich im ersten Kapitel: indem Sokrates Tugend gleich Wissen setzt, a l s o sie allein im rationalen Theile der Seele sucht, »begegnet ihm« (so giebt Joel avfißairei avTÜj ungenau wieder; richtiger: ergiebt sich ihm die Consequenz), den irrationalen Theil der Seele aufzuheben; e b e n d a m i t aber hebt er das Pathos (d. i. die passive Mitbestimmtheit der Willensentscheidung durch Lust und Begehr) und das Ethos (Verhältniss der Vernunft zur Begierde) auf. Das ist nun genau die Gonsequenzmacherei, die wir an Aristoteles bis zunx Ueberdruss kennen und vor der auf Schritt und Tritt auf der Hut sein rnuss, wer seine Angaben — vollends die seiner Nachfolger, die in der Regel nicht die Quellen des Aristoteles, sondern nur^ Aristoteles selbst gelesen haben — als Zeugniss für die Geschichte der alten Philosophie irgend verwerthen will. Thatsächlich ist aus der ganzen Stelle durchaus nichts zu entnehmen ausser der einzigen Voraussetzung: Sokrates setzte Tugend gleich Erkenntniss. Schon dass er sie »also« auf den rationalen oder dianoetischen Theil der Seele einschränkte, ist eine Interpretation, die die aristotelische Psychologie voraussetzt und auf Sokrates anwendet, unbekümmert darum, ob der Satz des Sokrates überhaupt eine p s y c h o l o g i s c h e B e h a u p t u n g hat b e d e u t e n , ob Sokrates über die Function, auf der Tugend als seelische Eigenschaft beruht, überhaupt eine Hypothese hat aufstellen wollen. Aristoteles allerdings fasst das ethische Problem von Anfang an unter psychologischem Gesichtspunkte a u f , ihm also lag diese Deutung ausserordentlich n a h e ; nicht aber darum dem Sokrates. Was Tugend »ist«, d. h. was den
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Inhalt ihres Begriffs a u s m a c h t , war für ihn die ganze F r a g e ; und seine Antwort besagt nichts Anderes als dies: Tugend bedeutet eine Gesetzmässigkeit des Handelns, hängt also wesentlich ab von der Einsicht des Gesetzes, so wie die technische Richtigkeit von der Einsicht in das Gesetz der fraglichen Techne. So wenig im letztern Fall geleugnet wird, dass zur Ausübung einer Techne ausser der Einsicht, wie es gemacht werden muss, auch Arbeitskräfte, eingeübte Geschicklichkeit, Material, Werkzeuge erforderlich sind, so wenig im erstem, dass zum Handeln jedenfalls die psychische Motivation durch Lust und Begehren gehört. Die Frage ging j a nicht auf die Bedingungen des Handelns überhaupt, sondern des Rechthandelns. Mit Lustmotiven, der Energie der Arbeitskräfte und Hülfsmitteln kann ich recht handeln oder verkehrt; das Unterscheidende des Rechthandelns aber ist, dass es nach Einsicht, dass es unter Leitung des Begriffs geschieht. Also b e s t e h t die Güte der Handlung in der leitenden Einsicht. Mehr muss der Satz »Tugend ist Wissen« nicht besagen; die gerügte Consequenz kommt nur dadurch heraus, dass der Satz dem ihm ganz fremden psychologischen Gesichtspunkte der aristotelischen Ethik unterstellt wird. Ganz ähnlich wie mit dieser Stelle der »Grossen« Ethik verhält es sich mit der zweiten II 6. Diese geht aber sichtlich zurück auf die Originalstelle der Nikomachischen Ethik VII 3, die wieder bis zu den Ausdrücken aus P i a t o n s P r o t a g o r a s (p. 352) geschöpft ist. Dort findet man überhaupt fast das ganze Material nahe beisammen, aus dem sich die aristotelische Darstellung der sokratischen Ethik aufbaut. Sokrates führt dort aus: was man »Selbstbeherrschung« zu nennen pflegt, meint eigentlich die Herrschaft der Erkenntniss. Erkenntniss hat in der T h a t die Natur zu herrschen; es ist nicht der Fall, dass, während Erkenntniss im Menschen vorhanden ist, doch nicht sie die Herrschaft führt, sondern etwas Andres, bald Zorn bald Lust bald Schmerz, mitunter Verlangen, oft auch Furcht, als ob Erkenntniss recht wie ein Sklave von den andern Mächten allen herunigezerrt würde; vielmehr ist Sokrates überzeugt, dass, wofern Einer nur erkennt, was gut und schlecht ist, er durch Nichts gezwungen werden kann, Anderes zu thun als Erkenntniss gebietet, sondern Besinnung (i) u n d »Begriff« ( e b e n d a 4 G B oiog tüv e / i ü r [ihdtrt äXXo) n s i i h - a ' J t a rj i w X o y im). D e r Begriff »Seele« fällt f ü r S o k r a t e s f a s t z u s a m m e n m i t » E r k e n n t n i s s « , m i t » B e s i n n u n g « , also m i t »Begriff« u n d » W a h r h e i t « ; s o w i e a u c h bei P l a l o n \pi>x>i nicht selten m i t » B e w u s s t s e i n « w e i t p a s s e n d e r als mit i r g e n d e i n e m a n d e r n d e u t s c h e n W o r t w i e d e r z u g e b e n i s t ; so in d e r B e s c h r e i b u n g d e r B e w u s s t s e i n s - E i n h e i t als G r u n d l a g e d e r E r k e n n t n i s s , T h e a i t . 1 8 4 D : dg ¡xiav rivd ideav, ehe xpvxijv ti'vs o n 6ti xaXtlv. Eine Leugnung oder Vergewaltigung des i r r a t i o n a l e n »Seelentheils« ist d a m i t f ü r P i a t o n sicher n i c h t a u s g e s p r o c h e n ; u n d so a u c h n i c h t n o t h v v e n d i g f ü r S o k r a t e s . Man m i s s v e r s t e h t S o k r a t e s u n v e r m e i d l i c h , w e n n m a n ihn z u m P s y chologen m a c h t ; aus den psychologischen Deutungen und Cons e q u e n z m a c h e r e i e n d e r E t h i k e n ist w e i t e h e r zu schliessen, d a s s seine Sätze n i c h t psychologischen Sinn h a t t e n . S o viel ü b e r die s o k r a t i s c h e G r u n d a n s c h a u u n g u n d d i e A u t o r i t ä t d e s Aristoteles. E s ist u n t h u n l i c h , die U n t e r s u c h u n g e n Joels ü b e r d e n s o k r a t i s c h e n G e h a l t d e r A p o m n e m o n e u m a t a , d i e d e n H a u p t t h e i l seines W e r k e s a u s m a c h e n , im E i n z e l n e n v o r z u f ü h r e n u n d zu b e u r t h e i l e n . Die A u f g a b e g e s t a l t e t sich h i e r besonders verwickelt, indem i m m e r f o r t die antisthenischen Einw i r k u n g e n z u g l e i c h zu v e r f o l g e n , zu d i e s e m Z w e c k e a b e r die b e z ü g l i c h e n S ä t z e d e s A n t i s t h e n e s selbst erst a u f w e i t e n U m -
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w e g e n zu e r m i t t e l n w a r e n ; n i c h t z u m Vortheil d e r D a r s t e l l u n g , die in diesem T h e i l o h n e h i n d u r c h allzu b r e i t e B e r ü c k s i c h t i g u n g der A n s i c h t e n n e u e r e r Beurtlieiler ( n e b e n Zeller z u m e i s t W i l d a u e r u n d K r o h n ) e r m ü d e n d w i r k t , d u r c h die z a h l r e i c h e i n g e s c h o b e n e n l a n g e n u n d v e r w i c k e l t e n E x c u r s e a b e r vollends aller U e b e r sichtlichkeit verlustig g e h t . Im g a n z e n e r g i e b t s i c h : dass e i n e r seits die noch a m m e i s t e n s o k r a t i s c h e n Kapitel d e r A p o m n e m o n e u m a t a (III 9 , IV 6) w e s e n t l i c h A n t i s t h e n e s e n t n o m m e n , also n u r insoweit s o k r a t i s c h s i n d , als A n t i s t h e n e s es w a r ; d a s s a n d r e r s e i t s a b e r g e r a d e eine R e i h e s o l c h e r Z ü g e , die sich a m wenigsten m i t d e m e c h t e n — d. h. f ü r Joël, d e m aristotelischen — Bilde von S o k r a t e s vereinigen l a s s e n , gleichwohl a u c h auf A n t i s t h e n e s z u r ü c k w e i s e n , d e r s o m i t auf die g a n z e x e n o p h o n tische S o k r a t e s d a r s t e l l u n g e n t s c h e i d e n d e n Einfluss g e ü b t h a l . A n t i s t h e n i s c h ist n a c h Joël (um n u r d a s B e d e u t s a m s t e h e r a u s z u h e b e n ) die U m w a n d l u n g d e r s o k r a t i s c h e n Dialektik theils in eine leere S t r e i t - o d e r W i d e r l e g u n g s k u n s t (Eristik o d e r Elcnktik); w a s bei X e n o p h o n z w a r s e h r z u r ü c k t r i t t u n d im g a n z e n von i h m a b g e l e h n t w i r d , a b e r in vereinzelten S p u r e n doch w i e d e r s t e h e n geblieben ist; theils in » P r o t r e p t i k « , d. h. m o r a l i s c h e A u f r ü t t e l u n g u n d S p o r n u n g z u r U m k e h r a u f d e n W e g des G u t e n . A n t i s t h e n i s c h ist d e r relativistische U t i l i s m u s , d e r die Moral d e r A p o m n e m o n e u m a t a so s c h a r f von der P l a l o n s s c h e i d e t u n d seit Dissen i m m e r d e n Stein des A n s t o s s e s gebildet h a t . Dieser g r o b e Utilismus ist ü b r i g e n s zugleich die d e m X e n o p h o n selbst n a t ü r l i c h e A u f f a s s u n g s w e i s e . Vollends ihm eigen ist d e r T o n der e i n f a c h e n M o r a l p r e d i g t , d e r P a r ä n e s e , die sich b e g n ü g t zu e r k l ä r e n , so u n d so m u s s m a n h a n d e l n , so u n d so zu h a n deln ist gut, u n d z u m B e w e i s e h ö c h s t e n s , in n a i v e m Appell a n d e n n a t ü r l i c h e n E g o i s m u s , auf h a n d g r e i f l i c h e r w ü n s c h t e bez. u n e r w ü n s c h t e ä u s s e r e F o l g e n h i n w e i s t . I r g e n d ein Z u s a m m e n h a n g mit d e r E i g e n t ü m l i c h k e i t s o k r a t i s c h e n D e n k e n s ist d a b e i nicht zu e r k e n n e n , n a m e n t l i c h d a s » W i s s e n des Nichtwissens« g e h t d a b e i g a n z u n d g a r in die B r ü c h e ; in allen bezüglichen P a r t i e n spricht v i e l m e h r e i n f a c h X e n o p h o n , d e r sich seines w e i t e n A b s t a n d e s v o n S o k r a t e s g a r n i c h t b e w u s s t wird. Zu weit g e h t a b e r Joël w o h l , w e n n er n i c h t bloss die » P a r ä n e t i k « , s o n d e r n selbst die » P r o t r e p t i k « d e m S o k r a t e s r u n d w e g a b s p r i c h t , d a dieser ü b e r h a u p t n i c h t auf d e n W e g zur
P. N a t o r p :
Ueber Sokrates.
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T u g e n d b r i n g e n , s o n d e r n schlechterdings n u r h a b e u n t e r s u c h e n w o l l e n , » w a s T u g e n d ist«. Dem w i d e r s p r i c h t die von Joel selbst mit R e c h t b e t o n t e A u s s a g e des D e m e t r i o s , die als Ziel des sokratischen G e s p r ä c h s a u s d r ü c k l i c h , n e b e n d e r »Aporie«, d e r Einsicht, d a s s m a n d e r E r k e n n t n i s s e r m a n g e l t , die »Protrepsis«, den S p o r n , sich erziehen zu l a s s e n , bezeichnet. Der Z u s a t z Xíh]^ÓTO)i ä n d e r t d a r a n n i c h t s ; w i r d die W i r k u n g » u n v e r m e r k t « e r r e i c h t , so k a n n sie d a r u m nicht weniger beabsichtigt sein. P i a t o n s Apologie a b e r bestätigt klärüch diese A b s i c h t ; d a s ist a u c h Joel selbst nicht e n t g a n g e n , d e r d e s h a l b s o g a r hier eine E i n w i r k u n g d e s A n t i s t h e n e s v o r a u s s e t z e n will. Allein gegen diese A n n a h m e s p r i c h t , a b g e s e h e n von ihrer inneren U n w a h r scheinlichkeit, w o h l e n t s c h e i d e n d d e r U m s t a n d , dass P i a t o n g e r a d e hier w i e d e r die W a h r h e i t seiner D a r s t e l l u n g b e s o n d e r s n a c h d r ü c k l i c h b e k r ä f t i g t (29 D Xs'yi»v oiáneg siw&a, 30 a ot¡J¿v yiyos v. Stamm RIG-, verwandt mit FRIG: Frost, Kälte, dann Steifheit, Starrheit, Unbiegsamkeit, übertr. Unbeugsamkeit, Unerschütterliehkeit. 2) L i c h t e n b e r g , Bemerkungen vermischten Inhalts (Reclam) S. 130. L. hielt übrigens den Königsberger Philosophen sehr hoch; vgl. seinen Brief an Kant v. 9. Dez. 1798 (bei Schubcrt XI 1, 166 f.) 24*
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flüsse in Kants Knaben- und ersten Jünglingsjahren genieint haben wird). Dem Hessen sich andererseits entgegenhalten: etwa die schöne Charakteristik Kants in seines späteren Gegners Herder Humanitätsbriefen, die allerdings durch die persönliche Anschauung aus Herders Studienjahren gewonnen w a r , aber doch noch 1795 — nach bereits entstandener Spannung! — niedergeschrieben ward, und die von der »jugendlichen Munterkeit« wie von der »unzerstörbaren Heiterkeit und Freude« Zeugniss ablegt, welche schon auf dem Antlitze des allbeliebten Lehrers zu lesen gewesen seien; oder auch die Verwunderung Schillers selbst an ebengenannter Stelle, dass einem so 'heitern und jovialischen Geiste' dies habe begegnen können (vgl. die oben S. 242 citierte Stelle aus 'Anmuth und Würde'); endlich alles, was uns von der hellenischen Geselligkeit seiner Tafel, seinen Umgangstugenden und der Milde seines Charakters überliefert worden ist. Der M a n n , der nicht nur in praxi (wie Sokrates), sondern auch in den 'casuistischen Fragen' zu seiner Tugendlehre es nicht unter seiner W ü r d e hielt, »wenngleich nicht als Panegyrist, doch wenigstens als Apologet« eines massigen Weingenusses und in Schranken gehaltener Tafelfreuden sich anzunehmen, der — was wichtiger — über die Fehler Anderer den »Schleier der Menschenliebe«, »nicht bloss durch Milderung unserer Urtheile, sondern auch durch Verschweigen derselben« geworfen wissen, ja der, Lessing ähnlich, selbst in dem Laslerhaften noch die Anlage zum Guten achten und keinem Menschen allen moralischen Werth absprechen wollte — , sollte d e r ein hartgesottener Rigorist des sittlichen Urtheils genannt werden können? Bezeugt nicht vielmehr alles, was wir von Kants Leben und persönlichem Charakter wissen, einen höheren Grad von innerer Heiterkeit und Wesensharmonie, als er der leidenschaftlichen Dichternatur dessen, den man ihm so gern als 'Apostel der Schönheit' gegenüberstellt, S c h i l l e r s , der nach dem enthusiastischen Taumel seiner Jugendjahre erst durch den »Riesenkampf der Pflicht« sich hindurchringen musste, nach Anlage und Entwicklung eigen sein konnte? Aber solche biographisch-persönlichen Momente, wie viel Wichtiges sie auch für die Psychologie des Charakters der betreffenden P h i l o s o p h e n enthalten mögen, können nicht von Bedeutung sein für die P h i l o s o p h i e als systematische Wissen-
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scliaft. Unstreitig enthält der b e k a n n t e A u s s p r u c h F i c h t e s : »Was für eine Philosophie m a n w ä h l e , h ä n g t davon a b , w a s für ein Mensch m a n ist«, eine tiefe psychologische W a h r h e i t . Ja, vielleicht liesse sich mit nicht m i n d e r e m R e c h t e dieser Satz umkehren und die ebenso d. h. r e l a t i v berechtigte B e h a u p t u n g w a g e n : » W a s für ein Mensch m a n w e r d e , h ä n g t davon ab, was für eine Philosophie m a n wähle«. W e n i g s t e n s gäbe eine genauere B e t r a c h t u n g des geschichtlichen u n d persönlichen E i n flusses gerade der als 'rigoristisch' verschrieenen Ethik wahrlich Grund genug zu solcher U m k e h r u n g . U n d wir sind sicherlich die Letzten, es zu verkennen, dass der kritische Idealismus nicht bloss die wissenschaftliche F o r s c h u n g in neue Geleise getrieben, sondern auch den sittlichen Geist weiter Kreise des deutschen Volkes geradezu e r n e u e r t h a t u n d a u c h h e u t e noch derselben Wirkung fähig ist, dass er d e m n a c h vorzugsweise von dieser sittlich-praktischen Seite g e n o m m e n mit vollem R e c h t e eine »geläuterte Lebensphilosophie« (Schiller) g e n a n n t werden k a n n , ja muss. Aber diese Wechselbeziehungen zwischen Philosophie und Leben zu verfolgen, gehört nicht zu der systematischen A u f g a b e , die uns hier beschäftigen soll. Mag die L i t e r a t u r geschichte, in bedingtem Masse a u c h die Geschichte der Philosophie neben den allgemein-historischen a u c h solche persönlichpsychologischen Momente in Betracht ziehen: P h i l o s o p h i e a l s W i s s e n s c h a f t hat die Richtigkeit des S y s t e m s zu p r ü f e n , nicht biographisches Material zu bearbeiten. W i r bet r a c h t e n im Folgenden also den Rigorismus n i c h t , wenigstens in erster Linie nicht, a l s L e b e n s a n s c h a u u n g , sondern a l s M e t h o d e . W i r können und werden d a h e r Kants u n d Schillers N a m e n zunächst ganz aus dem Spiele lassen. W e n n wir später an sie a n k n ü p f e n , so geschieht dies einmal aus dem w o h l b e g r ü n d e t e n , nicht bloss historischen, sondern a u c h systematischen Interesse, welches eine A b h a n d l u n g ü b e r ethischen R i g o r i s m u s diesen beiden Männern s c h u l d e t , d a n n a b e r in der u n s unumstösslich gewordenen U e b e r z e u g u n g , dass gerade K a n t u n d , wie vielleicht weniger a n g e n o m m e n w i r d , ihm folgend a u c h Schiller die in erster Linie m e t h o d i s c h - s y s t e m a t i s c h e B e d e u t u n g des ethischen R i g o r i s m u s klar e r k a n n t u n d deutlich ausgesprochen haben.
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1.
Der e t h i s c h e R i g o r i s m u s ist b e r e c h t i g t als methodische Nothwendigkeit. Die Grundbegriffe und Hülfsmittel des logischen Denkens, wie Definition, Analyse, Kritik, Disposition und so fort, bezeichnen schon in ihren Namen das Moment des Bestimmens durch Begrenzung, des Zergliederns, des Unterscheidens, des Auseinander-Setzens als die Wurzel jeder wissenschaftlichen Thätigkeit. Das gilt für die Ausübung elementarster Logik, aber eben so wohl für die höchste Gipfelung philosophischen Denkens, die sich in dem Aufbau des Systemes vollzieht. Wie dort die Erhebung der einfachsten Vorstellung zum Begriff Unterscheidung durch bestimmte Merkmale voraussetzt, so ist die e r s t e A u f g a b e d e r P h i l o s o p h i e als systembildender Wissenschaft: reinliche Scheidung der verschiedenen Bewussts e i n s g e b i e t e . Dieses k r i t i s c h e Geschäft ist die Vorbedingung des s y s t e m a t i s c h e n , stellt gleichsam das Aufsuchen des Bauplatzes und die Planirung des Bodens d a r , auf dem sich das systematische Gebäude erheben soll. Solcher Gebiete aber giebt es, soweit sie o b j e c t i v i r b a r und damit wissenschaftlicher Behandlung fähig sind, drei: dieselben, die schon seit Piatos Zeiten unter den populären Namen des Wahren, Guten und Schönen den denkenden, wollenden und fühlenden Menschengeist beschäftigt haben und von ihm in richtigem Sprachinstincte als W e l t e n , d. i. in sich geschlossene, nach eigenen Gesetzen sich gestaltende Ganze bezeichnet werden: W i s s e n s c h a f t , S i t t l i c h k e i t und K u n s t . Dem entsprechen im Bewusstsein als die drei Grundrichtungen desselben: E r k e n n t n i s s , W i l l e und ein drittes, im Gefühle Wurzelndes, aber aus dessen Unbestimmtheit zu selbständiger, e i g e n t ü m l i c h e r Gestaltung sich Emporhebendes, welches wir mit N a t o r p ' ) als s c h a f f e n d e P h a n t a s i e bezeichnen wollen. Wie berechtigt auch der Spott über die ' S e e l e n v e r m ö g e n ' ist, so lange man sich dieselben gleichsam als drei gesonderte Kasten in der Truhe des menschlichen Bewusstseins, der 'Seele' denkt, auf die Thatsache, dass drei verschiedene Grundrichtungen des Bewusstseins existiren, die sich im Vorstellen, Begehren, Fühlen offenbaren, wird man in der 1) N a t o r p , Religion i n n e r h a l b der Grenzen der H u m a n i t ä t . 1894; vgl. ü b e r h a u p t das systematisch-grundlegende d r i t t e Kapitel dieser Schrift.
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einen oder a n d e r e n F o r m doch i m m e r wieder z u r ü c k k o m m e n . Die Aufstellung der drei Seelenvermögen soll nicht »eine falsche, die entwicklungsgeschichtliche Methode b e d r o h e n d e Psychologie e i n f ü h r e n , sondern vielmehr der n o t h w e n d i g e n U n t e r s c h e i d u n g von Kulturgebieten des Bewusstseins d i e n e n « . ' ) Neben diesen drei in W i s s e n s c h a f t , Sittlichkeit u n d K u n s t zu eigener Gesetzmässigkeit gelangenden H a u p t r i c h t u n g e n des Bewusstseins, die sich im F o r t g a n g e der K u l t u r als g e s o n d e r t e , bald sich t r e n n e n d e , bald sich verbindende Aeste von der gemeinsamen Wurzel abgezweigt haben, steht n u n als viertes, u r sprüngliches Element das G e f ü h l s c h l e c h t h i n : nicht als weiterer, von ihnen sich loszweigender A s t , s o n d e r n eher als der gemeinsame U n t e r g r u n d , aus dem jene h e r v o r g e w a c h s e n . Jene g e s t a l t e n , b e g r e n z e n , stellen fest, objectiviren zu Gegenständen , zu Gesetzen; dieses vertritt das freilich U r s p r ü n g lichste, U n m i t t e l b a r s t e , Tiefste, aber a u c h Gestaltloseste, U n fertigste, U n b e s t i m m t e s t e , deshalb auch Unaussprechlichste, Subjectivste, w a s es giebt. Jene streben zur gesetzlichen Feststellung, Begrenzung, F o r m u n g h i n ; dieses will sich seine Individuität d. i. Untheilbarkeit. nicht d u r c h allgemeingültige Gesetze beschränken, seine zwischen den Polen der Lust und Unlust in beständigem A u f - u n d A b w o g e n begriffene Masse nicht d u r c h festbegrenzende Ufer e i n d ä m m e n lassen. Das Gefühl der Lust und Unlust ist als gemeinsamer, seelischer U n t e r g r u n d mit allen drei R i c h t u n g e n des Bewusstseins fest verwachsen. W i r f ü h l e n W a h r h e i t e n , wir e m p f i n d e n sittliche Impulse, und die Gebilde der künstlerischen P h a n t a s i e n u n gar entspringen u n m i t t e l b a r auf d e m Boden des Gefühls. Da m ö c h t e dieses letztere n u n in seiner Ueberfülle u n d Unermesslichkeit jene drei in Wissenschaft, Sittlichkeit u n d Kunst zu e i g e n t ü m l i c h e r Gestaltung gelangten Bewusstseinsgebiete in seine unbestimmte, gestaltlose Tiefe hinabziehen , möchte als Stoff die F o r m b e w ä l t i g e n , a n s t a t t sich von ihr d u r c h d r i n g e n u n d immer m e h r vertilgen zu lassen, m ö c h t e j e n e drei Kulturprovinzen zu seinem eigenen Reiche schlagen. Gegen diese Gewalten der Tiefe müssen d a h e r jene zu allererst ihr Gebiet zu vertheidigen s u c h e n , ehe sie u n t e r e i n a n d e r ihre G r e n z m a r k e n e r r i c h t e n ; w e n n a n d e r s sie frei 1) C o h e n , Kants Begründung der Aesthetik S. 160.
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d. h. nach ihren eigenen Gesetzen, nach ihrer selbstgegebenen Verfassung existiren wollen. Wohl können sie in dem Mutterschoss des Gefühls, aus dem sie emporgewachsen sind, sich immer aufs neue mit W ä r m e und innerlichem Leben erfüllen, aber sie müssen sich zuvor durch entschiedenen, selbstbewussten Widerstand ihrer Selbständigkeit versichert, durch feste Grenzmauern vor der drohenden Unterjochung geschützt haben. Und zwar muss dieser abweisende Widerstand ein hartnäckiger und unerschütterlicher, diese W a h r u n g d e r G r e n z e n eine peinlich genaue sein — so wie sie nur »je der Geometer in seinem Geschäfte« kennt —, die sich auch nicht ein Tüttelchen ihres Gebietes rauben lässt: dann erst kann sie mit dem zurückgeworfenen und fortan in seinen Schranken bleibenden Gegner F r i e d e n und — nunmehr auch F r e u n d s c h a f t schliessen, zu g e g e n s e i t i g e m Nutzen und Frommen. Hier also ist nur mit der U n e r s c h ü t t e r l i c h k e i t des Standpunktes durchzukommen, ehe der des Gegners gewürdigt werden kann, mit der U n b e u g s a m k e i t des Kämpfers, ehe der Sieg errungen ist und die Verbindungsbrücken zu dem nunmehrigen Freundeslande hinüber geschlagen werden können, mit der S t a r r h e i t des Blickes, der fest und unverrückbar auf das e i n e Ziel geheftet ist und nicht rechts noch links schaut, bis er, nach Erreichung desselben, frei nach allen Seiten sich richten kann und — soll, oder, um die Sprache des Bildes zu verlassen: hier tritt die m e t h o d i s c h e N o t h w e n d i g k e i t d e s R i g o r i s m u s in ihre Rechte. Von solcher Gefahr durch die Uebergriffe des G e f ü h l s wird aber vor allem die Selbständigkeit der E t h i k bedroht. Die t h e o r e t i s c h e Wissenschaft hat, mindestens in ihrer exacten Gestalt als Mathematik, reine Naturwissenschaft und formale Logik, weniger von dem Einflüsse des Gefühls auf das Erkennen zu besorgen; wenn derselbe auch, namentlich in den Ansprüchen eines falsch gerichteten r e l i g i ö s e n Gefühls, oft genug zu bedenklicher Macht sich gesteigert hat und noch steigern m a g ' ) . Die K u n s t andererseits will sich von dem Strome des Gefühls überhaupt gar nicht loslösen, sondern dessen Ueberschaum nur in das klare Bett des Flusses zwingen, zu Mass und Harmonie 1) Vgl. Natorp a. a. 0 . S. 53—56.
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läutern. A n d e r s die S i t t l i c h k e i t , die nicht, wie d a s N a t u r e r k e n n e n , in unumstösslichen Wissenschaften eine feste, u n e r schütterliche Basis besitzt, s o n d e r n n u r auf »gleichsam ein Factum« sich b e r u f e n k a n n '), n u r eine Idee, eine A u f g a b e d a r stellt, welche erst verwirklicht w e r d e n s o l l . An sie d r ä n g t sich daher das Lustgefühl — u n d a m verlockendsten g e r a d e in seinen feinsten G e s t a l t e n , in den geistigen F r e u d e n u n d religiösen Gefühlen — mit aller seiner fast unwiderstehlichen M a c h t h e r a n und sucht sie in seinen Schoss zu ziehen, ihr die Reinheit u n d Selbständigkeit zu r a u b e n , die als etwas Eingebildetes, Hohles, Abstraktes hingestellt w i r d , das sich der lebendigen Wirklichkeit der Gefühle beugen m ü s s e , oder a u c h sie zu überbieten, zur moralischen S c h w ä r m e r e i zu ü b e r t r e i b e n , der auch der Schlaffste zu Zeiten so gern sich hingiebt, »um n u r gut h a n d e l n nicht zu d ü r f e n « . Daher die Gefährlichkeit des E u d ä m o n i s m u s in allen Gestalten, mit dem die reine Ethik von j e h e r zu k ä m p f e n hatte, d a h e r die Schwierigkeit des Begreifens einer reinen Ethik ü b e r h a u p t . Nichts a n d e r e s a b e r will der ethische Rigorismus, philosophisch d. i. methodisch g e n o m m e n , besagen als eben dies: dass zum Zwecke der systematischen Selbständigkeit, w e n n ü b e r h a u p t e i n e , s o e i n e r e i n e E t h i k , ein reines Wollen gesetzt werden m ü s s e , welches, kraft seiner B e d e u t u n g als eigenthümlicher G r u n d r i c h t u n g des Bewusstseins, a u s der eigenen F o r m h e r a u s seinen Inhalt erzeugt u n d somit die Bezeichnung des 'Formalismus' als Ehrentitel für die Ethik in A n spruch n i m m t 2 ) . Um sich rein zu e r h a l t e n , d. h. um ihren Selbständigkeitscharakter zu w a h r e n , m u s s die Sittlichkeit oder der reine Wille von dem Gefühle, mit d e m sie als Wollen ü b e r h a u p t in d e m gemeinsamen Urquell des Bewusstseins so n a h e v e r b u n d e n ist, d u r c h a u s losgelöst w e r d e n , m u s s die Ethik als Wissenschaft jeder Begründung, welche sie in irgend einer Weise abhängig m a c h e n will von den U n t e r s t r ö m u n g e n des Gefühls, ihren schärfsten Widerspruch e n t g e g e n s e t z e n , u n b e k ü m m e r t d a r u m , ob m a n ihr deshalb den Vorwurf des Rigorismus m a c h e , 1) Das Nähere 8. in meiner Programmabhandlung S. 7 ff. und Dissertation S. 12 ff. 2) Vgl. meine ganze Dissertation : Der Formalismus der Kantischeu Ethik in seiner N o t w e n d i g k e i t und Fruchtbarkeit. Marburg 1893. 83 S.
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den sie in d i e s e m , m e t h o d i s c h e n Sinne eher als Lob d e n n als T a d e l auffassen wird. Sie ist gezwungen, diese rigoristische Seite h e r a u s z u k e h r e n , w e n n sie nicht allen A n s p r u c h auf eigenen Geltungswerth v e r l i e r e n , ihre Gesetzmässigkeit des S o l l e n s in die ihr f r e m d e des M ü s s e n s , vorausgesetzt dass m a n dem subjectiven Spiel der T r i e b e ü b e r h a u p t eine psychologische Gesetzlichkeit zuerkennt, auflösen lassen will. Denn w e n n Lust und U n l u s t , w e n n das wechselvolle Spiel der Triebe allein regiert, d a n n sind (nach d e m A u s d r u c k e im platonischen P h i lebus) die T h i e r e ebenso »gute Zeugen«, u n d es giebt eben ü b e r h a u p t keine Ethik m e h r , sondern nur psychologische oder meinetwegen auch physiologische E r k l ä r u n g s o g e n a n n t e r »moralischer Gefühle«. Gewiss ist — d a r a u f wird später noch zurückzuk o m m e n sein — jedes sittliche Wollen mit einem G e f ü h l e , sei es der Lust oder U n l u s t , sei es K r a f t - oder Freiheitsgefühl 1 ), v e r b u n d e n , a b e r es soll nicht davon a b h ä n g e n . Wir sollen wollen können »auch mit dem s c h ä r f s t e n , durcli kein Gegengewicht gegenwärtiger oder erinnerter oder e r w a r t e t e r Lust etwa a u f g e w o g e n e n Seelenschmerz«; nicht w o l l e n , »auch wo die seligste, reueloseste Lust winkt« 2 ), — wenn das Sittengesetz es verlangt. Das letztere wird in seiner Geltung u n d seinem W e i t h e d u r c h die ganze F r a g e des E u d ä m o n i s m u s oder Pessimismus ü b e r h a u p t nicht b e r ü h r t . Mögen diese a u s r e c h n e n , worin das M a x i m u m der Lust- oder U n l u s t - E m p f i n d u n g liege u n d wie es erreichbar sei, die Ethik hat d a r a n g a r kein Interesse. Der Weichheit und W ä r m e des Gefühls gegenüber erscheint freilich der Wille, gerade d a wo er a m energischsten u n d reinsten zu T a g e t r i t t , a m wenigsten von Gefühl an sich h a t , h a r t und k a l t : a n a l o g den W a h r h e i t e n der Wissenschaft, w e n n sie lang gehegte Lieblingsträume zerstören. Man spricht von einer bittern u n d g r a u s a m e n W a h r h e i t , a u c h w e n n es die 'reine 1 W a h r h e i t ist; so a u c h von einem eisernen oder r a u h e n Willen; von s t a r r e n oder kalten, n ü c h t e r n e n Grundsätzen. A b e r eben diese E i g e n s c h a f t e n , die ihr den Vorwurf des Rigorismus eintragen, sind in der T h a t n u r die unausweichliche Gonsequenz 1) Von den beiden S. 165 und S. 292 ff. 2) Natorp S. 47 f.
letzteren spricht Z i e g l e r ,
Das Gefühl. 1893.
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einer »kritisch gesuchten u n d methodisch eingeleiteten« W i s s e n s c h a f t , einer reinen u n d selbständigen Ethik. U n d die Vorkämpfer des Gefühls, die Vertreter eines echten Individualismus sollten diesem P i i n c i p der reinlichen S c h e i d u n g , bei welchem jedem Theile sein u n g e s c h m ä l e r t e s R e c h t , seine volle » u n g e t e i l t e « Individualität bleibt, gerade d a n k b a r sein. Denn indem d u r c h die — n u r zu m e t h o d i s c h e m Zwecke u n d n u r zunächst — erfolgte I s o l i r u n g des Ungleichartigen die V e r m i s c h u n g verhütet w i r d , ist n u n m e h r a u c h d e m reinen Gefühle freie B a h n g e s c h a f f e n , sich i n n e r h a l b seiner S p h ä r e in seiner ganzen W ä r m e , Lebendigkeit u n d Innigkeit zu entfalten. Wie gegen das G e f ü h l , so m u s s die Sittlichkeit a n d e r e r seits auch gegen die E r f a h r u n g ihr Gebiet scharf a b g r e n z e n . W i r wollen hier nicht auf den systematischen Z u s a m m e n h a n g eingehen und d a r l e g e n , wie die E r f a h r u n g s l e h r e in ihrer regulativen Zuspitzung zu den Ideen eine Ethik nicht bloss ermöglicht, s o n d e r n sogar f o r d e r t 1 ) , vielmehr n u r in aller Kürze die V e r s c h i e d e n h e i t des beiderseitigen Standpunktes betonen. Allerdings t r ä g t der reine Wille die F a r b e des Ged a n k e n s , u n d ist jedes Wollen mit einem E r k e n n e n , wie jede Erkennlniss mit einem Act des Wollens, v e r b u n d e n , aber deutlich genug scheiden sich doch von selbst N a t u r e r k e n n t n i s s als die Setzung dessen, w a s i s t , u n d sittliches Wollen als die Setzung dessen, was s e i n s o l l . W e n n wir a u c h , etwa im Besitze der Weltformel des Laplace'schen G e i s t e s 2 ) , alle sittlichen H a n d l u n g e n so astronomisch g e n a u im v o r a u s ber e c h n e n könnten, wie das Eintreten einer S o n n e n - oder Mondfinstterniss: der ethische S t a n d p u n k t w ü r d e d a d u r c h nicht u m ein H a a r v e r r ü c k t , d e n n sein Reich ist nicht von dieser W e l t , die Causalität der Freiheit nicht die der N a t u r , die des S i t t e n - nicht die des Naturgesetzes. Die sittlichen H a n d l u n g e n w ä r e n in diesem Falle eben von dem i n n e r h a l b seiner Schranken gan;z berechtigten S t a n d p u n k t e der N a t u r c a u s a l i t ä t a u s b e t r a c h t e t und in ihrer Eigenschaft als Naturerzeugnisse e r k a n n t , a b e r noch 1) Vgl. des Verfassers Abhandlung: Die Kantische Begründung des Monalprincips. Solingen 1889. 2) D u B o i s - R e y m o n d , Ueber die Grenzen des Naturerkennens S. 5 — 7 .
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nicht n a c h ihrem ethischen W e r t h e geschätzt. Alle Moralstatistik der W e l t r e c h n e t das Sittliche nicht a u s 1 ) , »weil wir sittlich g a r nicht b e r e c h e n b a r s i n d , weil die Sittlichkeit eine a n d e r e R e c h n u n g führt als die des Durchschnitts« 2). Sittliche Freiheit u n d N a t u r n o t h w e n d i g k e i t sind d i s p a r a t . Es s o l l eine reine Sittlichkeit g e b e n , w e n n sie a u c h nie bisher in der E r f a h r u n g anzutreffen gewesen w ä r e , noch a u c h jemals anzutreffen sein w ü r d e : das f o r d e r t die Ethik als Inbegriff einer n o t w e n d i g e n u n d ewigen A u f g a b e , als Vollziehung einer Idee. U n d diese ideale F o r d e r u n g e r k e n n e n d e n n a u c h so ziemlich alle Elhiker, so sehr sie sich a u c h theoretisch dagegen s t r ä u b e n mögen, zuweilen u n b e w u s s t , a m letzten E n d e doch a n . »Suche sie, u n d w e n n du sie nirgends finden kannst in den ehernen A r m e n der Nothwendigkeit — d a n n ü b e sie!« So schreibt ein m o d e r n e r Vertreter der Ethik, der diese Wissenschaft als »einheitliche Trieblehre vom S t a n d p u n k t des Determinismus« auffasst, von der a u s der sittlichen W e l t o r d n u n g entspringenden Gerechtigkeit; und ein noch viel weiter von dem kritischen Idealismus e n t f e r n t e r Ethiker e r k l ä r t sich mit diesem »gewaltigen Satze« ganz e i n v e r s t a n d e n 3 ) . Enthält derselbe a b e r etwas A n d e r e s als die F o r d e r u n g einer idealen Welt des Sollens, die freilich »nur« als Idee, als A u f g a b e , als S t a n d p u n k t , »den wir uns genöthigt s e h e n , a u s s e r h a l b der Welt der Erscheinungen einzunehmen«, in u n s e r e m G e m ü t h e existirt, aber d a r u m doch nicht geringere Realität besitzt als die g e s a m m t e Welt der Wirklichkeit? Also a u c h der E r f a h r u n g gegenüber rnuss die Grenzscheid u n g der Ethik eine scharfe, klare, unerschütterliche sein. Indessen m ö c h t e dieses gegensätzliche Verhältniss der reinen Ethik zur Empirie wohl m e h r u n t e r den Begriff des ' F o r m a l i s m u s ' f a l l e n , dessen Berechtigung und F r u c h t b a r k e i t wir a n a n d e r e r Stelle ausführlich darzulegen versucht h a b e n . U n t e r der Bezeichnung des R i g o r i s m u s dagegen verstehen w i r , wohl im E i n k l a n g mit der allgemeinen A u f f a s s u n g , die Entgegensetzung 1) Vgl. meines Vaters F r a n z V o r l ä n d e r : Die moralische Statistik und die sittliche Freiheit. Tüb. Ztscbr. f. Staatsw. 1866. 2) C o h e n , Kants Begründung der Aesthetik S. 133. 3) J o d l s Recension von D u b o c s oben genanntem Werk in Philos. Monatsh. 1893. S. 337.
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des reinen in diesem mit denen erörterten
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Wollens zum Gefühl der Lust. Auf den Rigorismus Sinne beziehen sich die folgenden B e t r a c h t u n g e n , wir n u n m e h r zu der B e h a n d l u n g des von uns bisher Problems durch K a n t u n d S c h i l l e r ü b e r g e h e n .
2. D i e s e r m e t h o d i s c h e S i n n d e s e t h i s c h e n R i g o r i s m u s f i n d e t sich bei K a n t fast an allen r i g o r istisch gescholtenen Stellen, entweder ausgesprochen oder doch latent. Die erste ethische Schrift aus K a n t s k r i t i s c h e r Periode — denn nur diese letztere schliessen wir in unsere B e t r a c h t u n g ein — ist bekanntlich die G r u n d l e g u n g z u r M e t a p h y s i k d e r S i t t e n . Sie vertritt die neu g e f u n d e n e n ethischen G r u n d gedanken n a t u r g e m ä s s mit der e r s t e n , urwüchsigen K r a f t ; andererseits will sie das Verständniss f ü r die Kritik der praktischen Vernunft v o r b e r e i t e n , also gewissermassen populär sein. Durch beide Momente, durch das Feuer der ersten Begeisterung in der P r e d i g t eines neuen sittlichen E v a n g e l i u m s , wie a u c h durch den der Popularität zuneigenden C h a r a k t e r der Schrift, konnte leicht das m e t h o d i s c h - s y s t e m a t i s c h e Element in den H i n t e r g r u n d gedrängt werden. W a s aber sehen wir statt dessen ? Gleich die ersten Seiten präcisiren als A u s g a n g s p u n k t der ges a m m t e n Untersuchung die m e t h o d i s c h e F r a g e , »ob nicht die N a t u r der W i s s e n s c h a f t « — d e n n die »gemeine M e n s c h e n v e r n u n f t denkt sich«, wie es an s p ä t e r e r Stelle (S. 22 f.) heisst, d a s Princip »nicht so in einer allgemeinen F o r m abgesondert« — es e r f o r d e r n , den empirischen von dem rationalen Theil j e d e r z e i t s o r g f ä l t i g a b z u s o n d e r n « , u m »zu w i s s e n , wie viel r e i n e V e r n u n f t in beiden Fällen leisten k ö n n e « ; ob es nicht speciell für die 'sittliche Weltweisheit' »von der ä u s s e r s t e n N o t h w e n d i g k e i t sei, einmal eine r e i n e Moralphilosophie zu b e a r b e i t e n , die von allem, w a s n u r empirisch sein m a g u n d zur Anthropologie g e h ö r t , v ö l l i g g e s ä u b e r t wäre« (S. 5). Die Vorrede stellt sich d a h e r die A u f g a b e , die in der W o l f ' s c h e n S c h u l e ü b l i c h e 1 ) Eintheilung in r e i n e u n d angewandte Wissenschaft auf ein »ganz neues Feld«, die Ethik, u n d — wir
1) R o s e n k r a n z , S. 58.
Gesch. d. Kantischen Philos. in Kants S. W. XII.
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d ü r f e n hinzusetzen — a u c h in einem n e u e n Sinne zu ü b e r tragen. U n d wie die ganze Vorrede fast allein der strengen E i n s c h ä r f u n g dieser systematischen Unterscheidung d i e n t , so ist, im G r u n d e g e n o m m e n , die g e s a m m t e Schrift n u r eine Variation und weitere A u s f ü h r u n g dieses T h e m a s ; zum wenigsten ist dasselbe der deutlich v e r n e h m b a r e G r u n d t o n , der überall hindurchklingt. D a h e r die U n t e r s c h e i d u n g der p r a k t i s c h e n Liebe, die im W i l l e n , von der p a t h o l o g i s c h e n , die im H a n g der E m p f i n d u n g liegt (S. 17. 52 u. ö.), d. i. der Pflicht von der N e i g u n g , des formellen Princips von der materiellen Triebfeder (S. 18. 93 etc.), des vernünftigen W e s e n s vom Menschen (S. 28. 49 u. ö.), d a h e r die wiederholte Darlegung der U n entbehrlichkeit einer » v ö l l i g i s o l i r t e n « Metaphysik der Sitten neben oder besser v o r der a n w e n d e n d e n Anthropologie (S. 30 ff.), einer praktischen P h i l o s o p h i e , der es um objectiv-praktische Gesetze des Sollens zu t h u n ist, neben u n d vor der empirischen Seelenlehre, die u. a. u n t e r s u c h t , worauf das Gefühl der Lust u n d Unlust b e r u h e (S. 51). die Entgegensetzung von A u t o n o m i e u n d H e t e r o n o m i e (S. 58 ff., 67 ff., 74), Freiheit und Abhängigkeit, von r e i n e m , für sich selbst praktischem und s i n n l i c h a f f i c i r t e m Willen (S. 83 f.), d a h e r endlich der Gegensatz des Menschen als Dinges an sich oder reiner Intelligenz zu d e m Menschen als E r s c h e i n u n g (S. 87 f.), der sich schliesslich erweitert zu der Idee einer 'intelligibeln' oder 'reinen Verstandeswelt', als 'eines Ganzen aller Intelligenzen' g e g e n ü b e r der Sinnenwelt , bei der sich das empirische Interesse b e r u h i g t ' ) . — Der methodische Z u s a m m e n h a n g mit den exakten Wissenschaften tritt hervor in dem Vergleiche der reinen u n d a n g e w a n d t e n Ethik mit der reinen und a n g e w a n d t e n Naturwissenschaft (S. 4 f.), Mathematik (S. 31), Logik (ebd.; vgl. auch Kr. d. r. V. 2. Ausg. S. 79). An einer Stelle findet sich a u c h eine d e u t liche R ü c k b e z i e h u n g auf die theoretische Vernunftkritik: der »reine Wille« n ä m l i c h verhalte sich zu dem »sinnlich afficirten Willen« als oberste Bedingung desselben »ohngefahr so, wie zu 1) Die weitere Entwicklung der oben von mir aufgeführten, die gesammte Kant'sche Methode, seinen sogenannten 'Dualismus' charakterisirenden Fundamental-Unterscheidungen gehört nicht hierher; vgl. darüber die bezüglichen Abschnitte meiner Dissertation, S. 18—51.
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den Anschauungen der Sinnen weit Begriffe des Verstandes, die für sich selbst nichts als gesetzliche Form ü b e r h a u p t b e d e u t e n , hinzukommen u n d d a d u r c h synthetische Sätze a priori, auf welchen alle Erkenntniss einer N a t u r b e r u h t , möglich m a c h e n « (S. 84). W e n n schon, wie diese a n d e u t e n d e n B e t r a c h t u n g e n zeigen wollten, aus der 'Grundlegung', so ergiebt sich der vorzugsweise m e t h o d i s c h e Sinn von Kants ethischem Rigorismus n a t u r gemäss erst recht aus der systematisirenden H a u p t s c h r i f t , der ' K r i t i k d e r p r a k t i s c h e n V e r n u n f t ' . J a , er liegt hier so offen zu Tage, dass wir uns ganz kurz fassen k ö n n e n und n u r auf wonige P u n k t e hinweisen wollen. Bezeichnend ist, dass gerade nie am härtesten klingenden und den Gegensatz von Pflicht und Neigung a m schärfsten zum Ausdruck bringenden Stellen in den ' A n m e r k u n g e n ' zu den 'Lehrsätzen' stehen, welche das formale Sittengesetz oder den reinen Willen e n t gegen dem G e f ü h l e , die Autonomie entgegen der Heteronomie aufstellen, dass sie mithin als u n m i t t e l b a r e Consequenz der formalen Methode e r s c h e i n e n : eine C o n s e q u e n z , die K a n t gegenüber den in allen Sätteln gerechten »Coalitionssystemen« seines »synkrelistischen Zeitalters« für die »grösste Obliegenheit eines Philosophen« erklärt (S. 28). Die f o r m a l e oder transscendentale Methode a b e r wird a u c h hier (vgl. S. 113) wieder mit der Pünktlichkeit der m a t h e m a t i s c h e n Demonstration verglichen, wie später mit dem »peinlichen« Verfahren des »Geometers« (s. oben S. 376) oder noch m e h r des »Chemisten«, der d u r c h sein Princip der S c h e i d u n g — wir w ü r d e n h e u t e s a g e n : Analyse — beide Theile r e i n erhalten will (vgl. ausser S. 112 n a m e n t lich a u c h den Schluss des W e r k e s ) . W i e oft u n d wie n a c h drücklich d a s G e f ü h l , a u c h in seinen zartesten u n d edelsten Gestalten, als B e s t i m m u n g s g r u n d zurückgewiesen wird, u n d zwar ausdrücklich mit der Motivirung, weil es die Möglichkeit eines sittlichen Gesetzes, somit einer Ethik als Wissenschaft verhindere, ist zu b e k a n n t , als dass wir Belege d a f ü r zu bringen b r a u c h t e n . Dagegen scheint es u n s a m Platze, g e g e n ü b e r d e m V o r w u r f e eines masslosen Rigorismus Folgendes festzustellen: W o das Gefühl nicht B e s t i m m u n g s g r u n d sein, sich nicht in das Geschäft d e r Pflichtbestimmung einmischen will, wo also der methodische G e s i c h t s p u n k t der
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Reinheit wegfällt, wird dasselbe durchaus nicht a u s g e s c h l o s s e n , s o n d e r n — in seiner endlichen Bedingtheit — a u s d r ü c k l i c h a n e r k a n n t . » G l ü c k l i c h zu s e i n , ist n o t h w e n d i g das Verlangen jedes v e r n ü n f t i g e n , aber endlichen W e s e n s , u n d also ein unvermeidlicher B e s t i m m u n g s g r u n d seines Begehrungsvermögens« , Zufriedenheit . . . »ein d u r c h seine endliche N a t u r selbst ihm a u f g e d r u n g e n e s P r o b l e m , weil es b e d ü r f t i g ist« (S. 29). Und »es k o m m t allerdings auf u n s e r W o h l u n d W e h in der Beurtheilung unserer praktischen V e r n u n f t gar s e h r v i e l , u n d , was unsere N a t u r als s i n n l i c h e r W e s e n betrifft, a l l e s auf unsere G l ü c k s e l i g k e i t a n « , freilich » a l l e s ü b e r h a u p t k o m m t d a r a u f doch nicht a n « . »Der Mensch ist ein bedürftiges W e s e n , sofern er zur Sinnenwelt g e h ö r t , u n d sofern hat seine V e r n u n f t allerdings einen n i c h t a b z u l e h n e n d e n A u f t r a g von Seiten der Sinnlichkeit, sich u m das Interesse derselben zu b e k ü m m e r n u n d sich praktische M a x i m e n , auch in Absicht auf die Glückseligkeit dieses u n d , wo möglich, a u c h eines zukünftigen Lebens (!) zu machen« — d a v o n später noch ein W o r t bei Gelegenheit der P o s t u l a t e ! — »aber er ist doch n i c h t s o g a n z T h i e r . . . .« (S. 74). J a , es »gehört« sogar »zur P f l i c h t « , das Gefühl der Selbstzufriedenheit nach erfüllter Pflicht, »welches eigentlich allein d a s moralische Gefühl g e n a n n t zu werden v e r d i e n t , zu g r ü n d e n u n d zu cultiviren«; aber »der Begriff der Pflicht darf nicht davon a b g e l e i t e t werden« (S. 47). D a h e r ist d e n n auch »diese U n t e r s c h e i d u n g des Gliickseligkeitsprincips von dem der Sittlichkeit d a r u m n i c h t sofort E n t g e g e n s e t z u n g b e i d e r , u n d die reine praktische V e r n u n f t will nicht, m a n solle die A n s p r ü c h e auf Glückseligkeit a u f g e b e n , s o n d e r n n u r , sobald von Pflicht die R e d e ist, darauf gar n i c h t R ü c k s i c h t n e h m e n « . Ja »in gewissem B e t r a c h t k ö n n e es sogar zur »Pflicht« w e r d e n , »für seine Glückseligkeit zu sorgen« (S. 113). — Der freie Wille soll sich lediglich d u r c h d a s Gesetz b e s t i m m e n lassen »mit A b b r u c h aller Neigungen«, a b e r doch n u r » s o f e r n sie jenern Gesetze z u w i d e r sein könnten« (S. 8 8 ) . Niedergeschlagen werden soll n u r der E i g e n d ü n k e l , nicht die E i g e n l i e b e , die vielmehr »als n a t ü r l i c h u n d noch v o r dem moralischen Gesetze in u n s rege« n u r »auf die B e d i n g u n g der E i n s t i m m u n g mit diesem
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Gesetze« einzuschränken ist, um d a d u r c h zur »vernünftigen Selbstliebe« zu werden (S. 89). So entsteht das zugleich d e m ü thigende und e r h e b e n d e , Lust u n d Unlust e r r e g e n d e Doppelgefühl der A c h t u n g , dessen h e r v o r r a g e n d e systematische B e d e u t u n g an dieser Stelle nicht dargelegt werden k a n n , ü b r i g e n s später, bei E r ö r t e r u n g des Verhältnisses der Ethik zur Aesthetik, noch berührt w e r d e n wird. Auch auf den a u s dem Princip der Autonomie hervorgehenden Begriff des »freien Selbstzwangs« k a n n erst bei dieser Gelegenheit ein Streiflicht fallen. Hier k a m es uns nur darauf an, den Gegensatz des Sittlichen zum Gefühl e i n e r - , wie die Berechtigung des letzteren auf seinem Gebiete andererseits als bei K a n t v o r h a n d e n festzustellen. Wir schliessen diese Zeugnisse a u s der Kritik der praktischen V e r n u n f t , die, wie wir hoffen, schon in ihrer blossen A n e i n a n d e r r e i h u n g , a u c h ohne C o m m e n t a r , ein deutliches Bild der S a c h e gegeben h a b e n , mit einei dem Schlusse des Abschnittes »Von den T r i e b f e d e r n der reinen praktischen Vernunft« e n t n o m m e n e n , m e r k w ü r d i g e n Stelle (S. 107), welche die Gegensätze noch einmal grell b e leuchtet u n d doch auch auch wieder die Aussicht auf Möglichkeit eines Z u s a m m e n w i r k e n s in weitgehendster Weise e r ö f f n e t : P f l i c h t , u n d L e b e n s g e n u s s werden f ü r d i s p a r a t erklärt. »Die Ehrwürdigkeit der Pflicht h a t n i c h t s mit Lebensgenuss z u s c h a f f e n , sie h a t ihr e i g e n t h ü m l i c h e s Gesetz, a u c h ihr eigenthümliches G e r i c h t , u n d w e n n m a n auch beide noch so sehr z u s a m m e n s c h ü t t e l n wollte, um sie vermischt, gleichsam als Arzneimittel, der k r a n k e n Seele zuzureichen, so s c h e i d e n s i e s i c h d o c h a l s b a l d v o n s e l b s t « . U n d doch »lassen sich mit dieser Triebfeder (seil, der Pflicht) g a r wohl so viele R e i z e urid A n n e h m l i c h k e i t e n des Lebens verbinden, dass a u c h u m dieser willen allein schon die klügste W a h l eines vernünftigen u n d über das grösste W o h l des Lebens n a c h d e n k e n d e n E p i k u r ä e r s sich für das sittliche W o h l v e r h a l t e n erklären w ü r d e « , u n d »es k a n n a u c h r a t h s a m sein, diese Aussicht anf einen fröhlichen Genuss des Lebens mit jener obersten u n d schon f ü r sich allein hinlänglich b e s t i m m e n d e n B e w e g u r s a c h e zu verb i n d e n « ; freilich » n u r , u m den A n l o c k u n g e n , die d a s Laster auf der Gegenseite vorzuspiegeln nicht e r m a n g e l t , das Gegengewicht zu h a l t e n , n i c h t , um hierin die eigentlich b e w e g e n d e Plhilosoph. Monatshefte XXX, 7 u. 8.
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Kraft . . . zu setzen,« was vielmehr »die moralische G e s i n n u n g in ihrer Quelle verunreinigen« hiesse. An allen diesen Stellen a l s o , die sich nicht e t w a bloss späterhin finden u n d somit eine n a c h t r ä g l i c h e Versöhnung mit dem E u d ä m o n i s m u s bedeuten könnten, sondern von A n f a n g an u n d , wie wir s a h e n , zum Theil in engster Verbindung mit »rigoristischen« Sätzen e r s c h e i n e n , k o m m t K a n t dem b e r e c h t i g t e n Gefühle d . h . dem Gefühle, sofern es nicht b e s t i m m e n d sein, nicht die reine Ethik constituiren will, d u r c h a u s e n t g e g e n . Fünf J a h r e n a c h dem Erscheinen der praktischen V e r n u n f t kritik n a h m K a n t a b e r m a l s Gelegenheit, sich über dieselbe, ihm am Herzen liegende, ethische H a u p t f r a g e auszusprechen, in einer A b h a n d l u n g , die schon in der Ueberschrift ihren m e t h o d i s c h e n Charakter verräth: U e b e r d e n G e m e i n s p r u c h : Das m a g in der T h e o r i e r i c h t i g sein, t a u g t aber nicht für die Praxis. Der • erste Abschnitt dieser gegen eine seit Aristoteles in die Philosophie e i n g e d r u n g e n e , unsystematische u n d fälschlicherweise zum Gegensatz gestempelte Unterscheidung gerichteten Schrift, betitelt: Von dem V e r h ä l t n i s der T h e o r i e zur P r a x i s in der Moral ü b e r h a u p t , b e r ü h r t sich aufs innigste mit unserem T h e m a , indem er den ethischen Rigorismus gegen Garves eudämonistische Einwürfe vertheidigt. Gleich zu A n f a n g desselben giebt K a n t eine kurze Recapitulation seiner » T h e o r i e « , die wir als a u t h e n t i s c h e Interpretation u n d zugleich Z u s a m m e n f a s s u n g seines S t a n d p u n k t e s hierher setzen, uns d a m i t ein Eingehen auf Einzelnheiten ersparend. Die Moral, s a g t er (S. 102), sinne dem Menschen nicht an, »er solle, w e n n es a u f Pflichtbefolgung a n k o m m t , seinem n a t ü r l i c h e n Zwecke, der Glückseligkeit, e n t s a g e n , d e n n das k a n n er n i c h t , so wie kein endliches vernünftiges W e s e n ü b e r h a u p t ; sondern e r müsse, w e n n das Gebot der Pflicht eintritt, gänzlich von dieser Rücksicht a b s t r a h i r e n , er müsse sie d u r c h a u s nicht zur B e d i n g u n g der Befolgung des ihm durch die V e r n u n f t vorgeschriebenen Gesetzes m a c h e n ; ja sogar, so viel ihm möglich ist, sich b e w u s s t zu w e r d e n s u c h e n , dass sich keine von jener hergeleitete T r i e b f e d e r in die Pflichtbestimmung u n b e m e r k t mit e i n m i s c h e ; welches d a d u r c h bewirkt w i r d , dass m a n die Pflicht lieber mit A u f o p f e r u n g e n verbunden vorstellt, welche ihre B e o b a c h t u n g (die T u g e n d ) kostet, als mit den Vortheilen,
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die sie uns einbringt . . . « . W i e m a n s i e h t , ganz im Einklang mit den obigen Zeugnissen a u s der Kritik. A u c h die m e t h o dische Nothwendigkeit der R e i n h e i t wird wieder b e t o n t . Der Mensch » m ü s s e « deshalb »sein Verlangen n a c h Glückseligkeit v ö l l i g vom Pflichtbegriffe a b s o n d e r n , u m ihn g a n z r e i n zu haben« (S. 109). Z w a r m ö g e »vielleicht nie ein Mensch seine . . . Pflicht ganz uneigennützig . . . ausgeübt h a b e n ; vielleicht wird auch nie einer bei der grössten Bestrebung so weit gelangen« — das ist der Gegensatz gegen die Empirie (s. oben S. 10); — a b e r . . . zu jener Reinigkeit h i n zu s t r e b e n , . . . das vermag e r ; u n d d a s i s t a u c h f ü r s e i n e P f l i e h ib e o b a c h t u n g g e n u g « (ebd.). Ist das rigoristisch gesprochen oder klingt es nicht vielmehr an d a s mild-versöhnende Engelwort im Faust a n : » W e r i m m e r strebend sich b e m ü h t , Den können wir erlösen« ? Allerdings darf solche Demuth u n d Bescheidenheit der Selbsterkenntniss nicht »unter dem V o r w a n d e , dass die menschliche N a t u r eine solche Reinigkeit nicht v e r s t a t t e « , die Reinheit der Idee beeinträchtigen w o l l e n , sonst führt sie den »Tod aller Moralität« herbei. Denn » N a t u r u n d Neigung« k ö n n e n n u n einmal »der Freiheit« keine »Gesetze geben« (S. 112 f.). A u c h die letzte der im engeren Sinne ethischen Schriften K a n t s , die » M e t a p h y s i k d e r S i t t e n « (1797) vertritt den ethischen Rigorismus genau von demselben methodischen Gesichtspunkte a u s , den wir bisher zu constatiren Gelegenheit hatten. Wir b r a u c h e n nur die Titel der beiden ersten Kapitel der Einleitung — I. »Von dem Verhältnisse der Vermögen des menschlichen G e m ü t h s zu den Sittengesetzen« u n d II. »Von der Idee u n d der Nothwendigkeit der Metaphysik der Sitten« — zu citiren, u m sogleich, w e n n a u c h in den altfränkischen F o r m e n Kantischer Terminologie, an eben d a s erinnert zu w e r d e n , w a s wir o b e n (S. 4—11) selbständig entwickelt h a b e n . Auf ein n ä h e r e s Eingehen dürfen wir u m so eher verzichten, d a wir sonst, w e n n gleich in zum Theil neuen W e n d u n g e n , im G r u n d e doch n u r i m m e r wieder dasselbe zu wiederholen h ä t t e n . Nur in Bezug auf das Verhältniss zum G e f ü h l sei es g e s t a t t e t , noch einige wenige Stellen h e r v o r z u h e b e n . Als A u s g a n g s p u n k t und Bestimmungsgrund wird dasselbe a u c h hier w i e d e r u m 25*
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Ethischer R i g o r i s m u s u. sittliche Schönheit.
aufs schärfste b e k ä m p f t ; d e n n das G e f ü h l , sei es n u n d a s »pathologische« oder d a s »rein ästhetische« oder a u c h d a s »moralische«, kurz »wodurch es a u c h i m m e r erregt sein mag«, sei » j e d e r z e i t p h y s i s c h « 1 ) . Und, wie schon die Kritik der praktischen V e r n u n f t g e g e n die s o g e n a n n t e n edlen u n d e r h a b e n e n oder g a r überverdienstlichen H a n d l u n g e n als gegen eine »windige, phantastische u n d überfliegende D e n k u n g s a r t « geeifert h a t t e , so spricht sich auch die T u g e n d l e h r e gegen den auf den Affect basirten moralischen E n t h u s i a s m u s aus, d e r z w a r eine augenblicklich glänzende E r s c h e i n u n g sei, a b e r Mattigkeit hinterlasse (S. 245 f.). Aber die gleiche Stelle wendet sich doch auch gegen den ethischen P e d a n t i s m u s , der »sich alle seine Schritte u n d T r i t t e mit Pflichten als mit Fussangeln bestreut . . . . , eine Mikrologie, welche, wenn m a n sie in die Lehre der T u g e n d a u f n ä h m e , die H e r r s c h a f t derselben zur T y r a n n e i m a c h e n würde.« Die! einzelnen P f l i c h t e n , welche die T u g e n d l e h r e gebietet, auf ihren geringeren oder grösseren Inhalt an »Rigorismus« zu u n t e r s u c h e n , beispielsweise e t w a das vielerörterte T h e m a der Berechtigung der Nothlüge zu b e r ü h r e n , k a n n uns natürlich hier nicht in den Sinn k o m m e n . Das sind F r a g e n des sittlichen Urtheils, aber nicht der Methode. Dagegen scheint es uns a n g e b r a c h t , zum Schlüsse noch K a n t s R i g o r i s m u s , d. h. seine Stellung zum Gefühl auf den ethischen N a c h b a r g e b i e l e n , mit einem kurzen Blicke wenigstens, zu streifen. Die R e c h t s l e h r e zwar scheint das Gefühl völlig auszuschliessen. Denn »das Strafgesetz ist ein kategorischer Imperativ«, der mit den » S c h l a n g e n w i n d u n g e n der Glückseligkeitslehre« nichts zu schaffen h a b e n d a r f 3 ) . F ü r sie gilt das Fiat iustitia, pereat m u n d u s , von K a n t v e r d e u t s c h t : »es herrsche Gerechtigkeit, die Schelme in der Welt mögen a u c h insgesamt d a r ü b e r zu G r u n d e gehen« : ein »zwar e t w a s renonmiistisch klingender« , a b e r »wahrer« und » w a c k e r e r « , »alle . . . k r u m m e n W e g e abschneidender Rechtsgrundsatz«. 4 ) Denn, »wenn sogar 1) Vorrede zur T u g e n d l e h r e S. 207. V g l . auch Kr. d. pr. V. S. 9 2 : . w e i l alles Gefühl sinnlich ist.« 2) S. 102 ff. 3) Rechtslehre ed. v. Kirchmann S. 173. 4) Zum e w i g e n Frieden ib. S. 190 f.
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die G e s e t z g e b u n g sich n a c h d e r G ü t e b e q u e m t « , w ü r d e es »keine W ü r d e d e r s e l b e n u n d keinen festen Begriff von Pflichten« mehr geben1). U n d doch k a n n selbst mit d e r Gerechtigkeit »auch Gütigkeit v e r b u n d e n w e r d e n « , n u r d a s s »auf diese d e r S t r a f w ü r d i g e , n a c h seiner A u f f ü h r u n g , nicht die m i n d e s t e U r s a c h e h a t , sich R e c h n u n g zu m a c h e n « . 2 ) Ganz a n d e r s s i e h t es mit d e r P ä d a g o g i k , als E r z i e h u n g s lehre im weitesten S i n n e g e n o m m e n . Z w a r e r f o r d e r t a u c h hier, wie a l l e r w ä r t s , die kritische M e t h o d e als Erstes reinliche S c h e i d u n g der Gebiele. Die P ä d a g o g i k darf kein P r i n c i p vorstellen w o l l e n , d a s die Sittlichkeit b e s t i m m e — u n t e r den ' m a t e r i a l e n ' M o r a l p r i n c i p i e n , die K a n t von seiner f o r m a l e n Ethik a u s s c h l i e f s t , b e f i n d e t sich a u c h d a s »der E r z i e h u n g « ( n a c h M o n t a i g n e ) 3 } —, s o n d e r n u m g e k e h r t , d a s Sittengesetz soll auf die N a t u r des M e n s c h e n in u n d als P ä d a g o g i k a n g e w a n d t w e r d e n . A b e r in dieser A n w e n d u n g zeigt sich der Yigoristische' P h i l o soph weit e n t f e r n t von jeglicher H ä r t e u n d A b s t r a c t h e i t , vielm e h r als echter u n d d u l d s a m e r M e n s c h e n k e n n e r . W o h l weist er i m m e r w i e d e r auf die e i n f a c h e Vorstellung d e r r e i n e n Pflicht als w e i t a u s m ä c h t i g s t e , ja »einzig d a u e r n d e « T r i e b f e d e r des sittlichen H a n d e l n s hin u n d b e t o n t g e g e n ü b e r d e m s e n t i m e n t a l e n L o b p r e i s e n blosser » H e r z e n s a u f w a l l u n g e n « a u f s energischste, d a s s alle m o r a l i s c h e B i l d u n g mit der U m w a n d l u n g der D e n k u n g s a r t u n d d e r G r ü n d u n g eines C h a r a k t e r s a n f a n g e n m ü s s e *). A b e r in d e r A r t der A n e i g n u n g des Sittlichen, w e l c h e die E r z i e h u n g zu v o l l f ü h r e n u n d zu leiten h a t — d e n n »der Mensch k a n n n u r Mensch werden d u r c h Erziehung«, » e r i s t n i c h t s a l s w a s E r z i e h u n g a u s i h m m a c h t « , so gut psychologisch lässt sich der T r a n s c e n d e n t a l - P h i l o s o p h a m r e c h t e n O r t e vern e h m e n 5) — e r s c h e i n t K a n t d u r c h a u s nicht rigoristisch. In d e r s y s t e m a t i s c h e n H a u p t s c h r i f t wird dieser P u n k t von der »Methodenlehre der reinen praktischen Vernunft« erörtert, welche als »die A r t « definirt wird, »wie m a n d e n Gesetzen d e r r e i n e n 1) 2) 3) 4) 5)
Misslingen aller philosophischen Versuche in d. Theodicee S. 142 Anm. Kr. d. pr. V. S. 45. ebd. S. 49. Religion innerhalb etc. S. 50 u. ö. Pädagogik S. W. IX. 372.
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praktischen Vernunft E i n g a n g in das menschliche Gemüth, E i n f l u s s auf die Maximen desselben verschaffen, d. i. die objectiv-praktische Vernunft auch s u b j e c t i v praktisch machen kann« '). Hier geht der vielgesclioltene Rigorist so weit, zuzugestehen, dass, »um ein entweder noch ungebildetes oder auch verwildertes Gemüth zuerst ins Gleis des moralisch Guten zu bringen, es einiger vorbereitenden Anleitungen bedürfe, es durch seinen eigenen Vortheil zu locken oder durch den Schaden zu schrecken«; freilich, »sobald dieses Maschinenwerk, dieses Gängelband nur einige Wirkung gethan h a t , so muss durchaus der reine moralische Bewegungsgrund an die Seele gebracht werden . . . « 2). Ebenso stellt die »ethische Methodenlehre« in der »Metaphysik der Sitten« dem strengen »Du k a n n s t , was Du s o l l s t « der r e i n e n Ethik das psychologisch wohlbegründete: »Man kann n i c h t alles s o f o r t , was man will« entgegen; die Kraft zum sittlichen Handeln muss durch Uebung, Kultivirung erst gewonnen werden 3 ). Allerdings die Entschliessung ist auf einmal zu nehmen, eine »Revolution der Denkungsart« muss der »Reform der Sinnesart« vorausgehen 4), aber »um den Menschen aus der Rohigkeit zu bringen« , wird ein gewisses »gleichsam provisorisches« Behandeln gestattet 5 ). Auch hat die »ethische Didaktik« die »Verschiedenheit der Stufen des Alters, des Geschlechtes und Standes« »weislich und pünktlich« zu beobachten 6). Selbst das moralische Gefühl, welches doch, wie wir sehen, als Bestimmungsgrund und Ausgangspunkt der r e i n e n Ethik So nachdrücklich abgewiesen und als »jederzeit physisch« bezeichnet w u r d e , wird in demselben Zusammenhange — eine Seite vorher 7 ) — vom p ä d a g o g i s c h e n Gesichtspunkte aus zugelassen; es darf nicht dem Philosophen, kann aber wohl »dem Volkslehrer genügen.« Von einzelnen pädagogischen Grundsätzen Kants, — aus seinen noch lange nicht genug bekannten Aphorismen über Pädagogik — möchten wir als be1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)
Kr. d. pr. V. S. 181; vgl. überhaupt den ganzen Abschnitts. 1 8 1 - 1 9 3 . ib. S. 182. a. a. 0. S. 333 f. Religion innerhalb S. 50. Kr. d. r. V. S. 572. a. a. 0. S. 341. ebd. S. 206.
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zeichnend nur den einen h e r v o r h e b e n , dass er eine der ersten und schwersten pädagogischen T u g e n d e n , die so recht im Gegensatz zu allem Rigorismus s t e h t , in ihrem vollen W e r t h e zu würdigen verstanden h a t : die u n s c h e i n b a r e T u g e n d der G e d u l d , die »immer n u r das Mögliche v e r l a n g t « . l ) Unsere U n t e r s u c h u n g auch auf das Gebiet der R e l i g i o n auszudehnen, verbietet der U m f a n g des letztgenannten T h e m a s . Es wäre sonst vor allem zu p r ü f e n , ob von Kant die Selbständigkeit derselben gegenüber E r k e n n e n u n d Sittlichkeit e b e n so gut wie die der beiden letzteren g e w a h r t , ob das ihr ureigne Element des G e f ü h l s von ihm genug gewürdigt sei, ob er nicht vielmehr mit der wiederholten Definition der Religion als blosser » E r k e n n t n i s s unserer P f l i c h t e n als göttlicher Gebote« ihr innerstes Wesen v e r k a n n t u n d sie zu sehr theils der Erkenntniss, theils der Sittlichkeit u n t e r g e o r d n e t h a b e , wie weit andererseits die Begrenzung u n d Reinigung des religiösen Gefühlslebens durch jene beiden a n d e r e n Bewusstseinsrichtungen gehen müsse. Indessen solche tiefgehenden Fragen b e d ü r f e n einer gesonderten Behandlung und können nicht mit wenigen W o r t e n und beiläufig entschieden werden. W e n n wir hier d a s Gebiet der Religion e r w ä h n e n , so geschieht es m e h r , u m bei dieser Gelegenheit eine Frage wenigstens kurz zu b e r ü h r e n , die offenbar hauptsächlich aus Rücksichten auf das religiöse G e f ü h l 2 ) in der Kritik der praktischen V e r n u n f t der reinen Ethik a n g e h ä n g t ist, andererseits bei einer Besprechung von K a n t s ethischem Rigorismus nicht ganz mit Stillschweigen ü b e r g a n g e n w e r d e n d a r f , — die F r a g e nach der N o t w e n d i g k e i t der P o s t u l a t e , die ihrerseits wieder auf dem P r o b l e m e des höchsten Gutes b e r u h t . Auch hier freilich müssen w i r , den dieser Arbeit gesteckten Grenzen gemäss, sowohl von einer Darstellung der Kantischen Lehre wie von einer Kritik ihrer Beg r ü n d u n g völlig a b s e h e n ; es k a n n sich vielmehr f ü r uns n u r u m eine kurze Kennzeichnung ihrer Resultate vom S t a n d p u n k t e des von u n s bisher bei Kant v o r g e f u n d e n e n ethischen Rigorismus 1) S. W. IX. 413. 2) Die Verbindung des Sittengesetzes mit dem höchsten Gute wird von Kant (Kr. d. pr. V. 156, vgl. S. 155 tf.) ausdrücklich als » S c h r i t t z u r R e l i g i o n e bezeichnet.
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(im methodischen Sinne) handeln. Da k ö n n e n wir n u n nicht u m hin zu gestehen, dass wir den mit der Aufstellung der P o s t u l a t e vollzogenen »Schritt zur Religion« zugleich für einen bedenklichen Schritt abseits von der sonst so streng eingehaltenen B a h n der reinen E t h i k , d. i. der guten t r a n s c e n d e n t a l e n oder, wie wir jetzt ohne die Besorgniss, missverstanden zu werden, sagen dürfen, rigoristischen Methode halten. Trotz aller Cautelen u n d »vorausgeschickten E r i n n e r u n g e n « , dass der »alleinige Bes t i m m u n g s g r u n d « des moralischen H a n d e l n s das Sittengesetz u n d die »oberste Bedingung« d e r G l ü c k s e l i g k e i t die G l ü c k w ü r d i g k e i t sein u n d bleiben m ü s s e , enthält die Aufstellung der P o s t u l a t e eine geschichtlich u n d menschlich allerdings wohlverständliche, allein mit d e m Grundprincip K a n t s nicht vereinb a r e , n a c h t r ä g l i c h e Versöhnung der formalen Ethik mit dem materialen Eudämonisrnus '). Sie ist im G r u n d e doch n u r eine Vollziehung jenes »nicht a b z u l e h n e n d e n Auftrages« (s. oben S. 384), den die S i n n l i c h k e i t des Menschen als » b e d ü r f t i g e n W e s e n s « der Vernunft e r t h e i l t , »sich um das Interesse d e r selben zu b e k ü m m e r n und sich praktische M a x i m e n , auch in Absicht auf die Glückseligkeit dieses u n d , wo möglich, auch eines zukünftigen Lebens zu m a c h e n « . Die Beziehung endlich der Ethik zur A e s t h e t i k und damit das s y s t e m a t i s c h e Verhältniss des reinen Wollens zum reinen Gefühl wird in dem demnächstigen dritten Theile (III) unserer G e s a m m t - A b h a n d l u n g noch ausführlicher zur S p r a c h e kommen. N u r d a s m ö c h t e n wir bereits a n dieser Slelle im Anschluss a n ein W o r t C o h e n s 2 ) b e t o n e n : allein der U m s t a n d , d a s s K a n t eine Aesthetik u n d zwar als vollgültigen, ebenbürtigen Theil seines Systems neben E r f a h r u n g s l e h r e u n d Ethik geschrieben h a t , sollte ihn vor dem V e r d a c h t e des ethischen Rigorismus in dem Übeln Sinne einer mönchischen Asketik b e w a h r e n , gegen welche letztere er sich oft g e n u g in seinen ethischen Schriften ausdrücklich v e r w a h r t h a t . 1) W i r verweisen auf unsere Dissertation S. 72 f. und, was die nähere B e g r ü n d u n g betrifft, besonders auf C o h e n , Kants B e g r ü n d u n g der E t h i k S. 305—328. W a s die Aufstellung von Postulaten vom S t a n d p u n k t der philosophischen Methode ü b e r h a u p t b e t r i f f t , stimmen wir ganz der Ans i c h t von L o r e n t z (in dieser Zeitschr. XXIX, 412 ff.) bei. 2) C o h e n , Kants B e g r ü n d u n g der Aesthetik S. 127 f.
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Fassen wir n u n m e h r unser R e s u l t a t bezüglich K a n t s zus a m m e n . W i r wollen nicht leugnen, dass sich dessen ethischer Rigorismus hier u n d da h a r t a u s d r ü c k t und Stellen, wie e t w a Kritik der Urtheilskraft S. 126: die »ächte« Beschaffenheit der Sittlichkeit sei d i e , »wo die V e r n u n f t der Sinnlichkeit Gewalt a n t h u n muss«, nicht d u r c h a u s vertheidigen. A b e r selbst solche Stellen zeigen s i c h , im Z u s a m m e n h a n g e b e t r a c h t e t , n u r als Gonsequenz des von u n s oben dargelegten methodischen S t a n d punktes. Kants ethischer Rigorismus ist — das hoffen wir im Vorigen gezeigt zu h a b e n — in erster Linie m e t h o d i s c h zu verstehen und insofern berechtigt, ja n o t h w e n d i g ; w ä h r e n d dem Gefühle nichts von seinem guten R e c h t e g e n o m m e n w i r d , so lange es nicht »Bestimmungsgrund« sein will. Wenn Rosenk r a n / , den wir in diesem Falle als typisch für die gewöhnliche Auffassung der Kant-Gegner citiren, im Verlaufe seiner Polemik gegen K a n t s »gewiss einseitige und u n h a l t b a r e « »Abstraction des Sittengesetzes von der Natur« u n d »Furcht einer Verunreinigung der Freiheit durch die Sinnlichkeit« ä u s s e r t : »Das W a h r e d a r a n ist n u r , dass die Sittlichkeit von der Sinnlichkeit n i c h t d a s P r i n c i p i h r e r B e s t i m m u n g e n t n e h m e n s o l l « ' ) , so ist dies » W a h r e d a r a n « ja eben der s p r i n g e n d e P u n k t , den Kant i m m e r von n e u e m hervorzuheben nicht m ü d e w i r d : Das Sinnliche (die Neigung) nicht B e s t i m m u n g s g r u n d ! Die v o n R . a b e r getadelte »Einseitigkeit«, »Abstraction«, »Furcht vor Verunreinigung« ist n u r die n o t h w e n d i g e Folge der classischtransscendentalen Methode k r i t i s c h - r e i n l i c h e r S c h e i d u n g , die diesem B e w u n d e r e r Hegel'scher Begriffsromantik freilich nicht in d e n Sinn will, in unseren Augen dagegen die unabweisliche Voraussetzung wissenschaftlicher Systematik ist. Diese Methode kritisch-reiner S c h e i d u n g a b e r findet in der Ethik ihren n o t wendigen Ausdruck in j e n e m viel angefeindeten u n d wenig verstandenen e t h i s c h e n R i g o r i s m u s : » e i n e m N a m e n , d e r e i n e n T a d e l in s i c h f a s s e n s o l l , i n d e r T h a t a b e r L o b ist«.2) A n die zuletzt e r w ä h n t e n W o r t e h a t K a n t die einzige philosophische A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t S c h i l l e r , die sich in seinen 1) a. a. 0 . S. 212 ff. 2) Kant, Religion innerhalb ctc. S. 21.
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W e r k e n findet, a n g e k n ü p f t . W i e verhält es sich n u n mit dessen systematischer Stellung zu dein ethischen R i g o r i s m u s ? Die a m häufigsten v e r t r e t e n e Ansicht geht d a h i n , dass Schiller K a n t s sittlichen R i g o r i s m u s verurtheilt u n d d a h e r »ästhetisch gemildert« habe. W i r b e h a u p t e n d a s Gegentheil. 3.
D e m e t h i s c h e n R i g o r i s m u s in d e m v o n u n s bezeichneten methodischen Sinne hat auch Schiller gehuldigt.
W i r beginnen mit d e n j e n i g e n Belegstellen, welche sich auf d a s erste u n d allgemeinste Charakteristikum des Kriticismus, d a s Princip der r e i n l i c h e n S c h e i d u n g , beziehen. Sie finden sich in besonderer Deutlichkeit in dem Briefwechsel mit G o e t h e , vielleicht a u s dem Grunde, weil es Schiller hier m e h r als bei den ihm von A n f a n g in der Denkweise n ä h e r s t e h e n d e n K ö r n e r u n d H u m b o l d t Bedürfuiss w a r , diese K a n t congeniale, kritische Seite der eigenen N a t u r dem a n d e r s gearteten F r e u n d e g e g e n ü b e r herauszukehren. W i r verweisen auf jenen Brief vom 28. Oktober 17'J4, in d e m Schiller sich zum ersten Male gegen Goethe völlig zum » K a n t i s c h e n G l a u b e n « b e k e n n t , w o er e r k l ä r t , dass der rigoristische C h a r a k t e r der Kantischen Philosophie ihr in seinen Augen g e r a d e Ehre mache (vgl. S. 2 5 7 ) f e r n e r auf die gegen Schlosser gehenden A u s f ü h r u n g e n von dem reinlichen Felde, welches das philosophische d u r c h Kant geworden sei, dass auf der Unterscheidung u n d Analysis alles Forschen b e r u h e , dass d a s Physische nicht vergeistigt, d a s Geistige nicht vermenschlicht w e r d e n dürfe (9. Febr. 1798. S. 273); A e u s s e r u n g e n , welche d u r c h ihre methodische Klarheit u n d U e b e r z e u g u n g s k r a f t sogar eine ganz entgegengesetzte N a t u r , wie Goethe, zu der A n t w o r t bestimmen konnten, die Philosophie w e r d e ihm gerade d e s h a l b i m m e r w e r t h e r , weil sie ihn täglich m e h r lehre, sich von sich selbst zu scheiden (S. 274). Besonders b e d e u t s a m endlich ist die B e m e r k u n g in dem Briefe vom 2 . M ä r z l 7 9 8 (ebd.), dass das r e i n e , s t r e n g e S t r e b e n n a c h d e m hohen S c h ö n e n , also reine Aesthetik, stets 1) Diese wie die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf unseren ersten Aufsatz, Heft 5 und 6 dieser Zeitschrift. Dort findet sich meist auch der genauere Text der oben nur kurz, ihrer allgemeinen Tendenz nach, wiedergegebenen Stellen.
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den R i g o r i s m u s i m M o r a l i s c h e n , also reine E t h i k , mit sich f ü h r e . A b e r auch in seinen Schriften bringt Schiller diesen gegen alle Grenzvervvirrung protestirenden, kritisch-rigoristischen S t a n d punkt — die »Kantische B e g r e n z u n g s m a n i e « , wie R o s e n k r a n z meint ') — häufig u n d kräftig zum A u s d r u c k ; in einer d e r selben sogar in ihrem Titel: »Ueber die nothwendigen Grenzen beim G e b r a u c h schöner F o r m e n « . Als bezeichnend in dieser R i c h t u n g dürfen wir es a n s e h e n , dass sogleich der E i n g a n g seiner e r s t e n philosophischen A b h a n d l u n g die reinliche Scheidung der Kunst von ihren ernsteren Schwestern, die B e s c h r ä n kung eines jeden Bewusstseinsgebietes auf d a s ihm E i g e n t h ü m liche f o r d e r t (vgl. S. 232 f.). Auch der Schluss des Aufsatzes »Vom Pathetischen« spricht sich gegen die »Verwirrung der Grenzen zwischen Ethik u n d Aesthetik« aus. Indem m a n zwei verschiedene Zwecke zugleich verfolge, w e r d e m a n Gefahr laufen, beide zu verfehlen. Man w e r d e die Freiheit der P h a n t a s i e durch moralische Gesetzmässigkeit fesseln u n d die N o t h w e n d i g keit der Vernunft d u r c h die Willkür der Einbildungskraft zerstören. In dem ersten der ästhetischen Briefe w i r d , ganz wie in K a n t s Kritik der praktischen Vernunft (s. oben S. 383), die philosophische Methode der chemischen verglichen. Wir können es uns nicht v e r s a g e n , die betreffende Stelle, welche zugleich die zergliedernde Methode der W i s s e n s c h a f t g e g e n ü b e r der v e r b i n d e n d e n Macht des Gefühls charakterisirt, h i e r h e r zu setzen: »Leider m u s s der Verstand das Objekt des inneren Sinnes erst zerstören, wenn er es sich zu eigen m a c h e n will. W i e der S c h e i d e k ü n s t l e r , so findet a u c h der Philosoph n u r d u r c h A u f l ö s u n g d i e V e r b i n d u n g und n u r d u r c h die M a r t e r der Kunst das W e r k der freiwilligen Natur. U m die flüchtige Erscheinung zu h a s c h e n , muss er sie in die Fesseln der R e g e l schlagen, ihren schönen K ö r p e r in Begriffe zerfleischen u n d in einem dürftigen W o r t g e r i p p e ihren lebendigen Geist a u f b e w a h r e n « . 2 ) Die bereit^ in d e m historischen Theile u n serer A b h a n d l u n g (S. 261) e r w ä h n t e A n m e r k u n g zum 13. Briefe e r k e n n t a n , dass in einer T r a n s c e n d e n t a l - Philosophie »alles 1) In Kants S. W. XII 409. 2) S. W. XII. S. 3; vgl. den Brief an Goethe vom 7. Januar 1795.
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Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
darauf a n k o m m e « , die F o r m von dem Inhalt zu befreien und d a s Nothvvendige von allem Zufälligen rein zu erhalten, u n d erklärt es für n o t h w e n d i g , dass das G e f ü h l im Gebiet der V e r n u n f t nichts entscheide, wie andererseits die Vernunft im Gebiet des Gefühls sich nichts zu b e s t i m m e n anmassen d ü r f e ' ) . »Schon indem m a n jedem von beiden ein G e b i e t zuspricht, schliesst m a n d a s a n d e r e davon aus u n d setzt jedem eine G r e n z e , die nicht a n d e r s als zum Nachtheile beider ü b e r schritten w e r d e n k a n n « . Der 18. Brief bezeichnet es geradezu als den durch d a s ganze Labyrinth der Aesthetik f ü h r e n d e n A r i a d n e f a d e n , dass m a n von der E n t g e g e n s e t z u n g von F o r m und Stoff ausgehen, beide »in ihrer ganzen Reinheit und Strengigkeit« aufTassen u n d a n e r k e n n e n m ü s s e , »sodass beide Z u s t ä n d e sich auf das bestimmteste scheiden«, »sonst v e r m i s c h e n wir, a b e r v e r e i n i g e n nicht«. Ja, diese zum n o t wendigen A u s g a n g s p u n k t erklärte Entgegensetzung, die wir bereits für Kants erste ethische Schrift (s. oben S. 381) c h a r a k t e ristisch fanden, dieser s o g e n a n n t e »Dualismus«, der nichts a n d e r e s als das Kennzeichen des e c h t e n , methodischen Rigorismus ist, b e h e r r s c h t nicht bloss sachlich, s o n d e r n a u c h stilistisch, worauf Liebrecht mit R e c h t a u f m e r k s a m m a c h t 2 ) , alle philosophischen Schriften des Dichters, kehrt in ihnen in zahlreichen, theils K a n t i s c h e n , theils neu g e f u n d e n e n W e n d u n g e n immer aufs neue wieder. S t a t t des Gegensatzes F o r m — Stoff (Materie) finden sich in diesem Briefe wie an zahlreichen a n d e r e n Stellen auch folgende: Thätigkeit — L e i d e n , Denken — E m p f i n d e n , Sittlichkeit — Sinnlichkeit (Gefühl), Pflicht — Neigung, P e r s o n — Zustand, ja zuweilen auch so allgemein g e h a l t e n e , wie: A b solutes — Endliches, B e h a r r u n g — Wechsel, Gestalt — Leben, Freiheit — Zeit, deren Gründlichkeit von U e b e r w e g nicht ganz mit Unrecht b e m ä n g e l t w i r d 8 ) , w ä h r e n d Schiller sich, wie wir 1) Bereits der Aufsatz über tragische Kunst hatte in gleichem Sinne die Unterordnung des individuellen Gefühls unter allgemeine Gesetze verlangt (S. 234); vgl. die entgegengesetzte Aeusserung Körners (S. 244). 2) L i e b r e c h t , Schillers Verhältniss zu Kants ethischer Weltanschaung. Hamburg 1889 (Virchow-HoltzendorfTsche Sammlug) S. 13, der eine klare, wenn auch mehr populär als wissenschaftlich gehaltene Zusammenfassung des Nothwendigsten giebt. 3) K a n t habe seine Gegensätze »durch die eingehendsten Untersuchungen über die menschlichen Geisteskräfte mühevoll gewonnen, und
K. V o r l ä n d e r :
Ethischer R i g o r i s m u s u. sittliche Schönheit.
397
sahen (Brief vom 29. Dezember 1794 S. 258 f.) auf dieselben gerade e t w a s zu Gute t h u t . Freilich darf es nicht bei der blossen Entgegensetzung bleiben, es m u s s zur »Wechselwirkung« k o m m e n , der Gegensatz sich zur H a r m o n i e g e s t a l t e n ; doch d a r u m h a n d e l t es sich für u n s j e t z t noch nicht. W i r schliessen diese allgemeineren B e t r a c h t u n g e n ü b e r Schillers methodischen Rigorismus mit dem Hinweis auf eine Stelle, in der das Princip der reinlichen S c h e i d u n g der Bewusstseinsrichtungen zu besonders deutlichem A u s d r u c k e k o m m t . Eine a u s f ü h r l i c h e A n m e r k u n g am Schlüsse des zwanzigsten der ästhetischen Briefe unterscheidet — im Interesse derjenigen Leser, denen die »reine Bedeutung« des Aesthetischen nicht ganz geläufig sei — eine vierfache »Beziehung aller Dinge«: ihre p h y s i s c h e , logische, moralische u n d ästhetische Beschaffenheit, w o r a u s sich eine Erziehung zur G e s u n d h e i t , zur Einsicht, zur Sittlichkeit u n d zum Gesehmacke oder zur Schönheit ergebe '). W i r w e n d e n u n s n u n dem specielleren Gegensatze zu, den der e t h i s c h e Rigorismus f o r d e r t : Sittlichkeit — Sinnlichkeit (Gefühl). Auch dieser wird an den verschiedensten Stellen und, was K u n o F i s c h e r , G r ü n , H e m s e n , K u h n u. a. gegenüber e r w ä h n t werden m u s s , a u c h zu den verschiedensten Zeiten von unserem Dichter betont. Es ist oft g e n u g d a r a u f hingewiesen w o r d e n , wie derselbe in Schillers C h a r a k t e r von A n f a n g an b e g r ü n d e t lag. Als Zeugniss d a f ü r lässt es sich v e r w e r t h e n , wenn in einer A k a d e m i e r e d e vom 10. J a n u a r 1779 bereits der N e u n z e h n j ä h r i g e den Gedanken äussert, dass g e r a d e i m K a m p f das Sittliche a m besten sich b e w ä h r e . Philosophischen W e r t h dagegen, wie es geschehen ist 2 ), vermögen wir, hierin Schillers eigenem späteren Urtheil folgend, solchen j u g e n d l i c h e n Expectohier ergeben sie sich so l e i c h t m i t t e l s t einiger w e n i g e n e i n f a c h e n Abstractionen ?« ( U e b e r w e g , Schiller als Historiker und Philosoph S. 239). Sch. sei hier »der Fichte'schen W e i s e g e f o l g t « (ebenda). 1) S. W. XII 86 f. 2) Seitens U e b e r w e g s (a. a. 0 . S. 174), der überhaupt Schillers Jugendjahre unverhältnissmässig breit b e h a n d e l t und im g a n z e n zu leicht philosophische Beziehungen a n z u n e h m e n g e n e i g t i s t , w ä h r e n d doch des Dichters e i g e n e , g l e i c h z e i t i g e und s p ä t e r e , Zeugnisse g e g e n j e d e ausgedehntere philosophische Leetüre während seiner 30 ersten Lebensjahre sprechen.
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
r a t i o n e n , zumal n a c h Zeit u n d Ort ihrer Aeusserung, nicht beiz u l e g e n ; abgesehen d a v o n , dass der Kampf an jener Stelle als K a m p f der »edlen Neigung« gegen die »heftige Leidenschaft« aufgefasst wird, d e r H a r m o n i e - S t a n d p u n k t d e m n a c h ebenfalls schon im Keime v o r h a n d e n wäre. Ebenso müssen wir u n s h ü t e n , wenn es in dem elften der »Briefe ü b e r Don Garlos« (1788) heisst: »Die T u g e n d h a n d e l t gross um des Gesetzes willen« (X 352), hierin e t w a den späteren b e w u s s t e n systematischen S t a n d p u n k t mit voller Klarheit ausgesprochen zu finden oder a u c h n u r eine b e s o n d e r e »Hochschätzung der strengen Moral« ') zu e r k e n n e n ; d e n n derselbe Brief polemisirt im Gegentheil gegen die »allgemeinen Abstractionen«, zu denen Marquis Posa u n d »alle, die sich auf einerlei W e g e mit ihm befinden,« sich erheben, gegen die »gefährliche Leitung universeller Vernunftideen« , die der Mensch »sich künstlich erschaffen« h a b e , zu G u n s t e n der weit sichereren »Eingebungen des Herzens« oder des »schon g e g e n w ä r t i g e n u n d i n d i v i d u e l l e n G e f ü h l e s von Recht u n d Uni echt«; »denn nichts f ü h r t zum G u t e n , was nicht n a t ü r l i c h ist« (ebd. S. 355). Z u m höchsten sittlichen Kriterium wird also a n s t a t t des Gesetzes vielmehr g e r a d e das natürliche Gefühl g e m a c h t 3 ) . A u c h der Satz in der »Gesetzgebung des L y k u r g u s und S o l o n « : »Das edelste Vorrecht der menschlichen N a t u r i s t , sich selbst zu b e s t i m m e n u n d das Gute um des Guten willen zu t h u n « , scheint u n s zu allgemein gehalten, als dass er zu der A n n a h m e directen K a n t i s c h e n Einflusses b e r e c h t i g t e , zumal w e n n m a n Zeit u n d Z u s a m m e n h a n g dabei ins Auge f a s s t 3 ) : wie wir d e n n ü b e r h a u p t bezüglich der V e r m u t h u n g solcher Beziehungen a u s Schillers vorkantischer P e r i o d e n u r zu grösster Vorsicht r a l h e n k ö n n e n 4 ). 1) M e u r e r , Das Verhältniss der Schiller'schen zur Kant'schon Ethik. Freiburg 1880. S. 43. 2) Tomaschek S. 36. 3) Aehnlich urtheilt Meurer a. a. 0 S. 43 f. 4) Geleitet von dem oben gekennzeichneten Bestreben, nichts mehr von Kantischem Einfluss bei Schiller als sicher anzunehmen, als was sich auch deutlich und bestimmt nachweisen lässt, haben wir daher in dem historischen Theile unserer Abhandlung (s. Heft 5 und 6), die bekannte Stelle aus dem Briefe an Körner vom 10. September 1787, in der D a n z e l (Wiener Jahrbuch der Litteratur 1818. S. 8) den frühesten Einfluss Kants
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
399
Dagegen wird der volle Anschluss an die Kantische Ethik und damit a n die Methode des ethischen Rigorismus sofort von der ersten ästhetischen A b h a n d l u n g Schillers an nicht bloss historisch, sondern a u c h systematisch ersichtlich. Auf einige, a u s ihr bereits im vorigen H e f t e citirle Belegstellen wollen wir hier nur kurz v e r w e i s e n : Das höchste Bewusstsein unserer moralischen N a t u r k a n n nur in d e m g e w a l t s a m e n Z u s t a n d e des Kampfes erhalten w e r d e n ; das höchste moralische Vergnügen wird jederzeit von S c h m e r z begleitet sein; das sittliche Verdienst n i m m t in u m g e k e h r t e m Grade ab, wie Lust u n d Neigung z u n e h m e n ; das Princip der Sittlichkeit erfordert eine von jeder N a t u r k r a f t , also a u c h von moralischen Trieben u n a b h ä n g i g e Vernunft (S. 331). Man vergleiche die ebendort (S. 234 bezw. 252) schon e r w ä h n t e scharfe Entgegensetzung der Sinnlichkeit und Sittlichkeit in dem Aufsatze »über die tragische Kunst«, sowie in dem dritten der ursprünglichen Briefe an den Prinzen von A u g u s t e n b u r g . Aber auch zahlreiche a n d e r e Stellen dieser wie der s p ä t e r e n Schriften bezeugen dieselbe methodische A n s c h a u u n g . Wir müssen die wichtigsten derselben hier a n f ü h r e n , weil g e r a d e diese, wir möchten s a g e n , wissenschaftlich t r e n n e n d e Seite in Schillers Ethik über seinem dichterischen Streben n a c h Totalität des M e n s c h e n t h u m s u n d sittlicher Schönheit meistens vergessen oder doch in den H i n t e r g r u n d g e d r ä n g t w o r d e n ist. W i r g r u p p i r e n dieselben m e h r n a c h der Gleichartigkeit des Inhalts als n a c h der g e n a u e n Zeitfolge. Dies entspricht einerseits d e m vorzugsweise systematischen Interesse dieser A r b e i t , a n dererseits wird sich d a d u r c h die historische T h a t s a c h e von auf Schiller zu erkennen glaubt, mit Absicht übergangen. Denn wenn Schiller hier erklärt: »Ich habe nur einen Massstab für Moralität und ich glaube, den strengsten: Ist die T h a t , die ich begehe, von guten oder schlimmen Folgen für die Welt, wenn sie allgemein ist«? so fühlt man sich allerdings durch die angehängte Bedingung an Kant .erinnert; allein schon die Hervorhebung der (guten und schlimmen) »Folgen« verbietet unserer Meinung nacV die Annahme eines unmittelbaren Kantischen Einflusses (vgl. Ueberweg S. 147). — Ebenso wenig vermögen wir mit Tomaschek (S. 32 f.) aus den letzten Seiten der »Theosophie des Julius« den ersten »kräftigen Anhauch Kantischen Geistes« zu verspüren. Vorsichtiger urtheilt Ueberweg S. 89 • 91 und S. 146 f.
400
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
selbst ergeben, dass in Bezug auf die t r a n s c e n d e n t a l e Methode, wie in den Briefen (s. oben S. 394 f.), so auch in den Schriften der seit der ernsten Vertiefung in die Kantische Philosophie (1791) einmal g e w o n n e n e S t a n d p u n k t des kritischen Idealismus d a u e r n d herrschend geblieben ist. Zu A n f a n g des Aufsatzes ü b e r das tragische Vergnügen wird g e s a g t : der Zweck der N a t u r mit dem Menschen sei zwar seine Glückseligkeit, a b e r der Mensch selbst solle in seinem m o r a l i s c h e n H a n d e l n von diesem Zwecke nichts wissen (XI 429); an a n d e r e r Stolle: die moralische Zweckmässigkeit sei für u n s die nächste, wichtigste, e r k e n n b a r s t e (XI 436). Im 23. ästhetischen Briefe heisst es sehr deutlich: » [ W a h r h e i t u n d ] Pflicht . . . können nicht n u r , sondern sollen schlechterdings ihre b e s t i m m e n d e Kraft bloss sich selbst zu v e r d a n k e n h a b e n , und nichts w ü r d e meinen bisherigen B e h a u p t u n g e n widersprechender sein, als w e n n sie das A n s e h e n h ä t t e n , die entgegengesetzte Meinung in Schutz zu n e h m e n « ; die Schönheit h a t sich »in kein Geschäft weder des Denkens noch des Entschliessens zu m i s c h e n « ; »die reine moralische F o r m , das Gesetz, m u s s u n m i t t e l b a r zu dem Willen reden«. Die letzte W e n d u n g findet sich fast mit denselben W o r t e n in der A b h a n d l u n g »über den moralischen Nutzen ästhetischer S i t t e n « : »Die Sittlichkeit einer inneren H a n d l u n g b e r u h t bloss auf der unmittelbaren B e s t i m m u n g des Willens durch das Gesetz der Vernunft« (XII 2 8 4 ) . ' ) W e i t e r heisst es dort (XII 282 f.): »Das Sittliche darf nie einen a n d e r e n Grund h a b e n als sich selbst. Der Geschmack k a n n die Moralität des Betragens b e g ü n s t i g e n , . . a b e r er selbst k a n n d u r c h seinen Einfluss nie e t w a s Moralisches e r z e u g e n « . In » A n m u t h u n d W ü r d e « wird e r k l ä r t , die r e i n e V e r n u n f t d ü r f e in ihrer moralischen Gesetzgebung nicht die geringste Bücksicht darauf n e h m e n , »wie der S i n n wohl ihre Entscheidungen a u f n e h m e n m ö c h t e « ; eben so wenig richte sich andererseits »die N a t u r in ihrer Gesetzgebung d a r n a c h , wie sie es einer reinen V e r n u n f t recht m a c h e n möchte«. Denn »in jeder von beiden gilt eine a n d e r e N o t h w e n d i g k e i t , die a b e r keine sein w ü r d e , w e n n es 1) Ganz ebenso sagt Kant Kr. d. pr. V. S. 87: »Das Wesentliche alles sittlichen Werths der Handlungen kommt darauf an, d a s s d a s m o r a l i s c h e G e s e t z u n m i t t e l b a r den W i l l e n b e s t i m m e . c
K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
401
d e r einen e r l a u b t w i u o , w i l l k ü r l i c h e V e r ä n d e r u n g e n in der a n d e r e n zu t r e f f e n « (XII 37(1). S o k l a r b e g r i f f e n u n d b e s t i m m t a u f g e d r ü c k t h a t also Schiller d e n U n t e r s c h i e d von N a t u r n o t wendigkeit u n d C a u s a l i t ä t a u s F r e i h e i t . Mit gleicher E n t s c h i e d e n heit e r k l ä r t d e r Aufsat/, » ü b e r die n o t h w e n d i g e n G r e n z e n b e i m G e b r a u c h s c h ö n e r F o r m e n « (1795), d a s s die m o r a l i s c h e B e s t i m m u n g des M e n s c h e n »völlige U n a b h ä n g i g k e i t d e s W i l l e n s v o n allem Einfluss s i n n l i c h e r A n t r i e b e « e r f o r d e r e , w ä h r e n d eine ä s t h e t i s c h e Moral die »grosse G e f a h r « in sich b e r g e , d a s s d e r E i n s t d e r m o r a l i s c h e n G e s e t z g e b u n g sich n a c h d e m I n t e r e s s e d e r E i n b i l d u n g s k r a f t richtet. Die zufällige Z u s a m m e n s t i m m u n g d e r P f l i c h t mit d e r N e i g u n g w e r d e zuletzt als n o t h w e n d i g e B e d i n g u n g festgesetzt »und so die Sittlichkeit in ihren Quellen v e r g i f t e t « . Die letztere, wie wir bereits s a h e n (S 260), K a n t i s c h e W e n d u n g k e h r t in d e r w a h r s c h e i n l i c h erst n a c h d e n ä s t h e t i s c h e n B r i e f e n a u s g e a r b e i t e t e n , jedenfalls a b e r e i s t 1801 v e r ö f f e n t l i c h t e n A b h a n d l u n g » ü b e r d a s E r h a b e n e « 1 ) w i e d e r , w o g a n z in K a n t s Geist vor d e r »verfein e r t e n S i n n l i c h k e i t « g e w a r n t w i r d , die »in d e r v e r f ü h r e r i s c h e n Hülle des geistigen S c h ö n e n in d e n i n n e r s t e n Sitz d e r m o r a l i s c h e n G e s e t z g e b u n g sich e i n z u d r ä n g e n u n d d o r t die Heiligkeit d e r M a x i m e n a n i h r e r Q u e l l e zu v e r g i f t e n « w a g e (XII 305). J a , an a n d e r e r Stelle g e h t die V e r u r t h e i l u n g d e r Sinnlichkeit so w e i t , d a s s dieselbe f ü r d e n » n a t ü r l i c h e n i n n e r e n F e i n d aller Moralität« e r k l ä r t w i r d ( ü b e r d e n m o r a l i s c h e n N u t z e n etc.), v o r d e m wir u n s in die heilige Freiheit d e r Geister ( ü b e r d a s E r h a b e n e ) a ) , in die u n b e z w i n g l i c h e B u r g u n s e r e r m o r a l i s c h e n Freiheit ( ü b e r d a s P a t h e t i s c h e ) , in d e n h e i t e r e n H o r i z o n t d e r sittlichen Ideen ( ü b e r die t r a g i s c h e K u n s t ) f l ü c h t e n m ü s s e n . Vielleicht d e n s t ä r k s t e n A u s d r u c k a b e r f ü r die A b w e i s u n g des
1) Die Vertheidiger der von uns oben (S. 899) bekämpften Ansicht einer vollständigen U m w a n d l u n g von Schillers ethischem S t a n d p u n k t in einen rein-ästhetischen finden sich (z. B. Grün, K u h n , Hemsen) m i t der unbequemen Thatsache, dass die so spät verfasste A b h a n d l u n g »über das Erhabene« ziemlich unverhohlen den e t h i s c h e n Rigorismus predigt, durch die recht, einfache A n n a h m e a b , dass in ihr unbegreiflicher W e i s e eine Art Rückschlag e i n g e t r e t e n sei (vgl. U e b e r w e g S. 242 f.). 2) Man vergleiche in dem g l e i c h z e i t i g e n »Ideal und Leben« die S t e l l e : »Aber flüchtet aus der Sinne Schranken In die Freiheit der Gedanken . . « l'liilüsuphisulie M o n a t s h e f t e XXX, 7 u. 8.
402
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
Sinnlichen a u s der Ethik bringt einer der letzten ästhetischen Briefe, in denen sich doch gerade n a c h K u n o Fischers A u s spruch »der moralische Gesichtspunkt gleichsam vor unseren Augen in den ästhetischen verwandelt« 4 ), der vierundzwanzigste, in welchem »alle . . . Glückseligkeitssysteme, sie mögen den heutigen T a g oder d a s ganze Leben o d e r , was sie u m nichts e h r w ü r d i g e r m a c h t , die ganze Ewigkeit zu ihrem Gegenstande h a b e n « , als »bloss« einem » I d e a l d e r B e g i e r d e « e n t s p r u n g e n bezeichnet werden, »mithin einer F o r d e r u n g , die n u r von einer ins Absolute strebenden T h i e r h e i t k a n n a u f g e w o r f e n werden« (XII 106). K a n n m a n noch stärkere Beweise von ethischem Rigorismus v e r l a n g e n ? O d e r übertrifft nicht v i e l m e h r , insbesondere was das Verhältniss der Moral zur Religion a n g e h t , diese Stelle an sittlicher S t r e n g e den S t a n d p u n k t , den wir K a n t , n a c h d e m er den festen Bau seiner Ethik a u f g e f ü h r t , mit den O r n a m e n t e n seiner P o s t u l a t e nachträglich e i n n e h m e n sahen'( »Nur die R e l i g i o n « , sagt Schiller in gleichem Sinne an a n d e r e r Stelle 2 ), »nicht a b e r die M o r a l stellt B e r u h i g u n g s g r ü n d e für unsere Sinnlichkeit auf. Die Moral verfolgt die Vorschrift der Vernunft unerbittlich u n d o h n e alle Rücksicht auf das Interesse unserer Sinnlichkeit; die Religion a b e r ist es, die zwischen den F o r d e r u n g e n der V e r n u n f t u n d dem Anliegen der Sinnlichkeit eine A u s s ö h n u n g , eine U e b e r e i n k u n f t zu stiften sucht«. Von derselben Gluth rein-moralischer u n d d a h e r a u c h echt-religiöser Denkungsart zeugt eine sonst, soviel wir wissen, noch nirgends angezogene A u s f ü h r u n g Schillers zu einer Kritik seiner »Resignation« 3 ). Mit Bezug auf die oft, a u c h heute noch, verkehrt beurlheilte T e n d e n z dieses Gedichtes lässt der Dichter sich hier folgendermassen v e r n e h m e n : » . . . So (sc. sich in ihrer R e c h n u n g betrogen zu sehen) k a n n u n d soll es jeder T u g e n d u n d j e d e r Resignation e r g e h e n , die bloss deswegen ausgeübt w i r d , weil sie in einem a n d e r e n Leben gute Z a h l u n g e r w a r t e t . U n s e r e moralischen Pflichten binden u n s nicht contractmässig, s o n d e r n u n b e d i n g t . T u g e n d e n , die bloss gegen Assignation a n 1) Kuno Fischer a. a. 0 . S. 79. 2) In der Abhandlung Ausgabe XII 1, 126. 3) ebd. XII 2, 339.
>Vom
Erhabenen« in der Kürschner'schen
K. V o r l ä n d e r :
Elhischer R i g o r i s m u s u. sittliche Schönheit.
künftige G ü t e r a u s g e ü b t hat
innere
w e r d e n , t a u g e n nichts.
N o t Ii w e n d i g k e i t ,
deres Leben
gäbe1).
Das G e d i c h t
w a h r e Tugend, sondern richtet , w e l c h e
auch
teressirte T u g e n d
DieTugend
wenn
es kein
an-
ist also nicht gegen die
nur gegen die R e l i g i o n s t u g e n d
mit dem W e l t s c h ö p f e r
und gute H a n d l u n g e n
403
auf Interessen
verdient
einen A c c o r d ausleihet,
und
mit R e c h t j e n e s t r e n g e
ge-
schliesst, diese
in-
Abfertigung
des Genius« 2 ). Nach alledem g l a u b e n wir uns keiner U e b e r t r e i b u n g s c h u l d i g zu m a c h e n , w e n n wir b e h a u p t e n : Gesichtspunkte
allein
methodischen
In dem vom
interessirenden
Sinne
hat
und
auch Schiller
gründeten ethischen Rigorismus gehuldigt; diesem S t a n d p u n k t e , n a c h d e m treu geblieben.
systematischen
allein
berechtigten
dem
von K a n t b e -
und w e i t e r :
Er
er ihn e i n m a l g e w o n n e n ,
ist
auch
Bezüglich dieser letzten historischen T h a t s a c h e ,
s o w i e bezüglich des principiellen F e s t h a l t e n s an den K a n t i s c h e n Grundlagen
freuen w i r u n s , a u f das ü b e r e i n s t i m m e n d e
zweier,
Uebrigen
im
philosophischen
unter
einander
Standpunkt
und
durchaus
auch
Urtheil
von u n s
abweichender
f o r s c h e r a u f u n s e r e m G e b i e t e hinweisen zu k ö n n e n .
im
Special-
Tomaschek
k o m m t zu d e m R e s u l t a t e : » S c h i l l e r , und dies ist v o r a l l e m festzuhalten,
will
an
dem P r i n c i p
der
K a n t ' s c h e n Moral selbst
n i c h t s g e ä n d e r t s e h e n « , und b e z e i c h n e t es als einen
» a r g e n , bis
in die n e u e s t e Zeit g e h e g t e n I r r t h u m , als h ä t t e sich S c h i l l e r in seiner
späteren
moralischen
Entwicklung
Principien
. ..
von
entfernt«").
seinen
ursprünglichen
Und Ueberweg
tadelt,
es
g e r a d e an S c h i l l e r , d a s s er trotz seines r i c h t i g e r e n Gefühls sich von
den
Principien
Consequenzen habe4).
an
Kants
losgesagt,
Punkten
sondern
nur
umzugestalten
ihre
versucht
In ä h n l i c h e m S i n n e h a b e n sich g e g e n ü b e r K u n o F i s c h e r s
kurzgefasster F o r m e l , punkt
nicht
einzelnen
anfangs
Schiller habe
unter,
dann
den
neben
ästhetischen und
zuletzt
Gesichtsüber
den
1) So ü b r i g e n s auch K a n t
einmal Vorr. z. Religion innerh. S. 7, A n m .
2 ) Vgl.
der
Nutzen
auch
Jen
Schluss
Abhandlung
über
den
moralischen
a e s t h e t i s c h e r Sitten X I I 2 9 3 f.
3 ) A. a. 0 . S. 2 3 0 bezw. 238. 4 ) S. 2 0 9 ff. u. ö. 26*
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K. V o r l ä n d e r :
Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit-
moralischen gestellt, schon Drobisch und T w e s t e n a u s g e s p r o c h e n Vor allem a b e r hat Schiller selbst die Grundlinien seiner Stellung zu Kants ethischem Rigorismus aufs deutlichste gezogen. W i r verweisen zunächst auf den sechsten Brief an den Prinzen, wo er »gleich vorläufig bekennen« will, dass er »im H a u p t p u n k t e der Sittenlehre v o l l k o m m e n K a n t i s c h d e n k e « , dass er »mit den rigidesten Moralisten« a n n e h m e , die T u g e n d m ü s s e schlechterdings auf »sich selbst ruhen« und sei »auf keinen von ihr verschiedenen Zweck zu beziehen«; dass er »die Kanlischen Grundsätze in diesem Stück v o l l k o m m e n u n t e r s c h r e i b e « . Nun haben wir allerdings (oben S. 252 f.) g e s e h e n , dass g e r a d e diese Einleitung des sonst fast wörtlich ü b e r n o m m e n e n Briefes in dem späteren Aufsatze »über den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten« fehlt, u n d es ist wohl d e n k b a r , dass diese Auslassung keine zufällige oder aus bloss stilistischen G r ü n d e n h e r v o r g e g a n g e n e ist, s o n d e r n dass d a s Bekenntniss zu Kant in seinen einzelnen Ausdrücken d e m Dichter später etwas zu stark erschien. Aber auch nicht m e h r als bloss d e n k b a r ; denn a u c h abgesehen von dieser Stelle u n d den u n s b e k a n n t o n brieflichen Bekenntnissen a n K ö r n e r , Goethe u n d K a n t , bleibt uns i m m e r n o c h das vollgültige Zeugniss derjenigen A b h a n d l u n g , welche, wie sie das systematische Verhältniss des Dichters zu K a n t a m deutlichsten präcisirt, so a u c h seiner Stellung zur rigoristischen Ethik den p r ä g n a n t e s t e n Ausdruck verleiht. W i r meinen jene von uns bereits (S. 242 f.) e r w ä h n t e Stelle aus » A n m u t h u n d W ü r d e « , die mit d e m unzweideutigen Satze schliesst: » U e b e r d i e S a c h e s e l b s t k a n n , nach den von ihm (sc. Kant) gef ü h r t e n Beweisen, u n t e r d e n k e n d e n K ö p f e n , die ü b e r z e u g t sein wollen, k e i n S t r e i t m e h r s e i n , u n d ich wüsste k a u m , wie m a n nicht lieber sein ganzes Menschsein a u f g e b e n , als ü b e r diese Angelegenheit ein a n d e r e s Resultat von der V e r n u n f t erhalten wollte« (XI 365). Andererseits ist u n s keine Stelle a u s Schillers späteren Schriften oder Briefen b e k a n n t , welche den hier gekennzeichneten G r u n d s t a n d p u n k t verleugnete. 1) D r o b i s c h , über die Stellung Schillers zur Kant'schen Ethik. Verh. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1859. XI 176—194. T w e s t e n , Schiller im Verhältniss zur Wissenschaft. Berlin 1863. S. 69 u. ö. Vergl. die vorsichtig abwägende Untersuchung dieses Punktes bei U e b e r w e g a. a. 0 . S. 242 ff., auch M e u r e r a. a. 0 . S. 7 ff. 43 ff.
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
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Aber freilich hat Schiller auch nirgendwo verhehlt, dass er eine E r g ä n z u n g der reinen Ethik nach der Seite des Gefühls hin für nöthig erachte. Denn »die menschliche Natur ist ein verbundeneres Ganze in der Wirklichkeit, als es dem Philosophen , der nur durch Trennen was v e r m a g , erlaubt ist, sie erscheinen zu lassen« (XI 3(37). Diese Ergänzung schliesst indessen k e i n e A b s c h w ä c h u n g des transcendental-rigoristischen Standpunktes in sich — denn der Philosoph vermag eben nur »durch Trennen«, d. h. durch das Princip der reinlichen Scheidung etwas — , sie bedeutet keine Milderung des methodisch unabweis!icl;en und von Schiller in dieser seiner Unabweislichkeit vollkommen begriffenen ethischen Rigorismus, sondern steht als ein selbständig Neues neben demselben. Die Gel'ühlsergänzung kann auf zweierlei Art erfolgen : durch Religion oder Aesthelik. Die erstere Lösung hat Schiller nur angedeutet'), die letztere dagegen, die seiner Dichternatur zumeist am Herzen lag, in weitester Ausführung gegeben. Das rein Moralische erscheint vom ästhetischen Gesichtspunkte aus als das SittlichErhabene und erweitert sich sodann zum Sittlich-Schönen. Die systematischen Grundlinien dieser ästhetischen Ergänzung des ethischen Rigorismus zu ziehen, und im Anschluss daran ein Versuch, die historische Frage zu beantworten, ob und wie weit die Keime dieser bei Schiller zu reichster Ausbildung gediehenen Gedankenlichtung schon bei dem Begründer der kritischen Philosophie vorhanden waren, soll die Aufgabe unserer demnächstigen Schlussabhandlung sein.
Vorträge zur Einführung in die Philosophie der Gegenwart. Von Johannes Volkelt. buchhandlung. 1892.
München, C. H. Beck'sche VIII u. 230 S.
Verlags-
Die vorliegenden Vorträge wenden sich an das nicht fachwissenschaftliche Publikum. Sie sind Erweiterungen von Vorlesungen, welche der Verfasser im Auftrage des »Freien Deutschen Hochstifts« zu Frankfurt a. M. im Februar und März 1891 daselbst gehalten hat. In einer Reihe von Anmerkungen sind 1) Man vergleiche namentlich den sechsten Brief an den Prinzen von Augustenburg.
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Recensioneii: J o h a n n e s
Volkelt,
denselben L i t e r a t u r n a c h w e i s e , einzelne speciellere B e g r ü n d u n g e n u n d polemische E r ö r t e r u n g e n beigefügt. Die Absicht der Vorträge ist, d a s V e r h ä l t n i s der Philosophie zu Wissenschaft, Leben, Religion und Kultur in derjenigen G e s a m t a u f f a s s u n g d a r z u stellen , welche sich der Verf. im L a u f e der philosophischen Arbeit seines Lebens gebildet h a t . Der einleitende erste Vortrag charaklerisirt die Philosophie der G e g e n w a r t durch einen Vergleich mit der speculativen Metaphysik der ersten Hälfte des J a h r h u n d e r t s , deren Schäden in ihrer einseitigen U e b e r h e b u n g , ihrer Verachtung des Empirischen, ihrer Neigung zum Phantastischen und ihrem dogmatischen C h a r a k t e r treffend gekennzeichnet, deren Vorzüge in der Energie ihres D e n k e n s , ihrer systembildenden K r a f t , ihrer die ganze Persönlichkeit ergreifenden Gewalt w a r m a n e r k a n n t werden. Gegen die Philosophie der G e g e n w a r t verhält sich Volkelt nicht a b l e h n e n d , aber doch kühler. Die herrschende A b n e i g u n g gegen die Metaphysik gegenüber der Bevorzugung der Erkenntnisstheorie ist ihm missfällig, die Zersplitterung in Einzelaufgaben bedenklich; doch erscheinen ihm die Zeichen günstig für die Neuentwicklung philosophischer Kraft. Neben H a r t m a n n , Lotze, W u n d t hätten wir e r w a r t e t , a u c h Fechners N a m e n zu finden. Die A u f g a b e der Philosophie als Wissenschaft erörtert V. in zwei Vorträgen (2. u. 3.), von denen der erste sich hauptsächlich mit der Erkenntnisstheorie, der zweite mit der Metaphysik beschäftigt. N a c h d e m das H a u p t m e r k m a l der Wissenschaft g e g e n ü b e r dem praktischen E r k e n n e n in dem planmässigen und kritischen Forschen n a c h sachlichen Z u s a m m e n h ä n g e n aufgezeigt und der T y p u s des »theoretischen« Menschen d u r c h eine k ü h n e Abstraction construirt ist, wird der Philosophie der C h a r a k t e r der Wissenschaft in dem Sinne zugesprochen, dass sie »eine W e i t e r f ü h r u n g der gewöhnlichen wissenschaftlichen Thätigkeit« (wie sie in den Einzelwissenschaften s t a t t h a t ) ist. Die Erkenntnisstheorie bezeichnet V. als die G r u n d w i s s e n s c h a f t der Philosophie, da sie die F r a g e b e h a n d e l t , »ob und inwieweit für u n s Erkennen möglich sei;« insofern bilde sie eine unentbehrliche Vorbedingung der Philosophie. Als G r u n d dieser Nothwendigkeit der Erkenntnisstheorie wird der »subjective C h a r a k t e r des Erkennens« g e n a n n t . »Das Erkennen b e a n s p r u c h t t r a n s s u b j e c t i v e Gültigkeit u n d ist doch n u r ein s u b j e c t i v e r Vorgang, es will die A u s s e n w e l t abbilden
Yortr. z. E i n f ü h r u n g i. d. Philosophie d G e g e n w a r t (v. K. Lasswitz). -107
nnd geht doch in der I n n e n w e l t des individuellen Bewusstseins vor sich«. Die »objective Gültigkeit des E r k e n n e n s ist zunächst völlig zweifelhaft« (S. 53). »Eine Wissenschaft, durch die •allererst die Möglichkeit des E r k e n n e n s d a r g e t h a n werden soll, darf sich nicht auf schon v o r h a n d e n e Einsichten welcher Art auch immer g r ü n d e n . . . . Will das Individuum über die letzten Gründe der Gewissheit ins Reine k o m m e n , so muss es d a n a c h in seinem isolirten individuellen Bewusstsein suchen. Der Erkenntnisstheoretikerhat sich z u m Zwecke seiner U n t e r s u c h u n g e n von allem Verwachsensein mit der geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Wissens künstlich loszulösen« (S. 55) . . . (er) »soll seine Vorstellungen und Gedanken lediglich als seinen P r i v a t besitz behandeln« (S 56). N a c h d e m V. d u r c h diese M a c h l s p r ü c h e den N a m e n der Erkenntnisstheorie auf ein so eng begrenztes subjectives Gebiet eingeschränkt h a t , dass er sie consequenter Weise als einen Theil der Psychologie bezeichnen rnüsste, fallt es ihm natürlich nicht schwer, die wichtigsten allgemeinen Aufgaben der Philosophie für ihr »Allerheiligstes«, die M e t a p h y s i k , in A n s p r u c h zu n e h m e n . »Den Gegenstand ihrer U n t e r s u c h u n g e n bilden erstens die allem endlichen Sein gemeinsamen Eigenschaften, zweitens die a II g e r n e i n s t e n W e l t g e g e n s ä t z e u n d drittens d a s U n b e d i n g t e « (S. 69). Sie ist d e m n a c h die W i s s e n s c h a f t von den allgemeinsten Principien des Wirklichen und bildet den einheitlichen Abschluss aller Wissenschaften. Der heftige Streit, den V. zu Gunsten der Metaphysik f ü h r t , erledigt sich zum grossen Theil d a d u r c h , dass er u n t e r Metaphysik e t w a s ganz A n d e r e s versteht als seine Gegner. Begriffe wie R a u m u n d Z e i t , Ding, Grösse, Q u a l i t ä t , S u b s t a n z , Causalität, Zweck, Gesetz, D e n k e n , Sein, Unbedingtes etc. zu p r ü f e n u n d ihren objectiven Erkenntnisswerth zu ermitteln r e c h n e n wir eben zu den f u n d a m e n t a l e n Aufgaben d e r Erkenntnisskritik; V. sieht d a r i n metaphysische Probleme, die Erkenntnisstheorie dürfe n u r subjective Vorstellungsanalyse sein (S. 208). Nun, d a n n w ä r e sie doch w o h l Psychologie. Die U n m ö g l i c h k e i t , sich mit V. zu v e r s t ä n d i g e n , liegt schon in der oben geschilderten Auffassung des E r k e n n e n s als eines subjectiven Processes, welche dem kritischen G r u n d g e d a n k e n widerspricht. F ü r u n s ist Erkenntniss die B e s t i m m u n g des Mannigfaltigen d u r c h die Einheit des Gesetzes, also die g e m e i n s a m e Bedingung f ü r d a s Objective u n d S u b j e c t i v e ;
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Recensionen:
Johannes
Volkelt,
es h a n d e l t sich nicht um ein »Abbilden der Aussenwelt«, sondern um ein Verfahren, d u r c h welches die »Aussenwelt« und »Innenwelt« zugleich erzeugt werden. Doch d a r ü b e r ist anderweitig g e n u g gesprochen. D e m n a c h löst sich auch der Erkenntnisstheoretiker nicht »von allem Verwachsensein mit der geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Wissens künstlich los«, sondern es giebt im Gegentheil kein besseres Mittel, Gesetze des Ei k e n n e n s zu e n t d e c k e n , als die U n t e r s u c h u n g des historischen F a c t u m s der menschlichen W i s s e n s c h a f t . Sieht V. in alledem metaphysische Voraussetzungen, so muss sich die Erkenntnisskritik dies gefallen lassen; aber man sieht keinen G r u n d , w a r u m man es nicht vorziehen sollte, den Vortheil zu benutzen, welchen die DifTerenzirung der wissenschaftlichen Philosophie im Laufe der Geschichte darbietet, u n d jene A u f g a b e n u n d Voraussetzungen als »erkenntnisskritische« zu bezeichnen, um den T e r m i n u s »Metaphysik« auf diejenigen philosophischen U n t e r s u c h u n g e n einzuschränken, welche den A u f b a u einer W e l t a n s c h a u u n g zum Ziele h a b e n . Inwieweit diese sicher unentbehrliche Gedankenarbeit noch in das Gebiet reiner Wissenschaft fällt, m a g hier unentschieden bleiben, jedenfalls ist sie a b e r von der Arbeit der Erkenntnisskritik verschieden u n d wird d a h e r passend a n d e r s bezeichnet. Will m a n von diesen kritischen A u f g a b e n noch die U n t e r s u c h u n g des subjectiven (individuellen) Erkenntnissprocesses als E r k e n n t n i s s t h e o r i e a b t r e n n e n , so e r k e n n e m a n doch zum Unterschiede von dieser psychologischen U n t e r s u c h u n g den N a m e n Erkenntniss k r i t ik a n . W a r u m letztere der Metaphysik unterstellt u n d nicht als eine gut definirte Wissenschaft ihr mindestens coordinirt w e r d e n soll, sieht m a n um so weniger ein, als V. die Metaphysik ausdrücklich als »hypothetische« Wissenschaft in eine Reihe mit a n d e r n W i s s e n s c h a f t e n stellt, ihr also den V o r r a n g nimmt, welchen sie e t w a vom S t a n d p u n k t der speculativen Philosophie a u s b e h a u p t e n könnte. In dem vierten Vortrage — »Philosophie u n d Leben« — h ö r e n wir beherzigenswerthe G r ü n d e d a f ü r , weshalb a u c h das grössere P u b l i k u m der Philosophie ein regeres Interesse entgegenbringen sollte. Es ist zu w ü n s c h e n , dass der ernste Mensch die Grundsätze seines Wollens und H a n d e l n s auf eine philosophische L e b e n s a n s c h a u u n g g r ü n d e ; auf dieser Basis entspringe a m sichersten ein freies Gemüthsverhältniss zur W e l t ; im philo-
Vortr. z. Einführung i. d. Philosophie d. G e g e n w a r t (v. K. Lasswitz).
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sophischen Sinnen selbst liege schon eine der F o r m e n , in denen sich der Mensch ü b e r d a s Zeitliche erhebt. Aber nun e r f a h r e n wir, dass uns die Philosophie als W i s s e n s c h a f t , die wir bisher kennen gelernt h a b e n , dazu g a r nichts nützt. Sie muss erst aufhören, Wissenschaft zu sein, sie muss e t w a s A n d e r e s w e r d e n ; denn da sie als Wissenschaft bloss hypothetische B e s t i m m u n g e n giebt, die W i r k u n g auf das Gemüth (Gefühl und Willen) a b e r p e r s ö n l i c h e G e w i s s h e i t verlangt, so m u s s die Philosophie Gesinnungsglaube u n d Gontemplation werden. Nun ist es j a ganz richtig, dass der persönliche Glaube für die Gestaltung der Lebensrichtung d a s Bestimmende ist; es ist a u c h richtig, das.s ein aufklärendes Denken d a n e b e n fiir die Persönlichkeit sehr w ü n s c h e n s w e r t h ist; a b e r unverständlich bleibt es, dass V. verlangt, der Glaube, der eben als das praktisch allein W i r k s a m e e r k a n n t ist, solle sich den Entscheidungen des Denkens u n t e r werfen! Er soll die Bedingung e r f ü l l e n , den Ergebnissen des Denkens nicht zu w i d e r s p r e c h e n ; der persönliche F a k t o r soll nur insofern wirken, als er den Grad der Gewissheit verstärkt, dem Inhalt des Wissens die R i c h t u n g weist u n d ihn erweitert. W e n n er nun a b e r a n d e r s e n t s c h e i d e t ? W i r haben ja eben gehört, dass das Wissen seine entscheidende Macht erst in dem persönlichen F a k t o r g e w i n n t . Hier beginnt die Eigenthümliclikeit der A u s f ü h r u n g e n V.'s, seine B e h a u p t u n g e n d u r c h ein H i n u n d h e r s c h w a n k e n der B e s t i m m u n g e n erheblich einzuschränken, ja d u r c h entgegengesetzte Darlegungen so weit a u f zuheben, dass der Leser in Zweifel gerathen muss, ob sich die Ansichten des Verf. noch vereinigen lassen, oder welche er für die richtige zu h a l t e n habe. W e n n dies der von ihm g e r ü h m t e Vorzug der Contemplation ist, dass sie »Kühle und W ä r m e zugleich« ist (S. 1 1 4 ) — m a n k ö n n t e versucht sein, dies »Lauheit« zu n e n n e n — so h a t sie allerdings mit der Philosophie wenig zu t h u n . Man sollte n u n e r w a r t e n , dass diese s c h w a n k e n d e n Bes t i m m u n g e n in d e m folgenden (5.) Vortrage, welcher d a s Verhältniss der Philosophie zur Religion behandelt, eine befriedigende K l ä r u n g e r f a h r e n . Leider k a n n Referent nicht f i n d e n , dass V. zu einer einwurfsfreien Begrenzung der Gebiete von Religion u n d Philosophie gelangt ist; es h ä n g t dies mit seiner Stellungn a h m e gegen die Erkenntnisskritik z u s a m m e n .
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Kecensionen: J o h a n n e s
Volkelt,
Es ist e t w a s A n d e r e s , wie Religion psychologisch entsteht u n d w a s sie erkenntnisskritisch zu bedeuten h a t ; indessen w ä r e es ungerecht, V. einen Vorwurf d a r a u s zu m a c h e n , dass er diese Vorfrage nicht energischer b e h a n d e l t h a t . Bei d e m populären C h a r a k t e r seines Buches m u s s m a n d e m Verf. die E n t s c h e i d u n g überlassen, wie weit er in so schwierige P r o b l e m e eingehen will. W i r wollen also n i c h t d a r ü b e r urtheilen, inwieweit seine A u s f ü h r u n g e n d a s W e s e n der Religion erschöpfend charaklerisiren. Dagegen sei ausdrücklich a n e r k a n n t , dass er g e g e n ü b e r den F o r d e r u n g e n d e r Orthodoxie aller Gonfessionen d a s R e c h t der freien G l a u b e n s ü b e r z e u g u n g u n d der wissenschaftlichen F o r s c h u n g freimülhig u n d mit einer Entschiedenheit w a h r t , wie wir sie n u r aucli für a n d r e F r a g e n h ä t t e n w ü n s c h e n k ö n n e n . Das vorliegende Buch Volkelts ist, wie b e k a n n t sein d ü r f t e , a u s diesem G r u n d e Gegenstand u n g e r e c h t f e r t i g t e r Angriffe seitens des U l t r a m o n tanismus geworden. Dem g e g e n ü b e r wird j e d e r , dem echte Religiosität ebenso eine S a c h e des H e r z e n s , wie Freiheit der Wissenschaft eine heilige Angelegenheit ist, mit V. ü b e r e i n s t i m m e n , w e n n er die A u t o n o m i e der Vernunft jeder äusseren Autorität g e g e n ü b e r fordert, jeden G l a u b e n s z w a n g verwirft, d e n W u n d e r g l a u b e n mit kräftigen G r ü n d e n a b l e h n t u n d die Ansicht vertritt, dass keine Religionsstufe als eine absolute W a h r h e i t , sondern als der E n t w i c k l u n g u n d V e r v o l l k o m m n u n g fähig anzusehen sei. G e r a d e weil es h e u t e m e h r wie je d e r Z u s a m m e n f a s s u n g aller religiös Gesinnten g e g e n ü b e r hierarchischer A n m a s s u n g u n d dem Vordringen der Orthodoxie bedarf, h e b e n wir diese Uebereinstimniung hervor, die sich a u c h auf die positive U e b e r z e u g u n g erstreckt, dass Religion ein unentbehrliches Bedürfniss der K u l t u r für alle Zeiten bleibt; a b e r wir b e d a u e r n , dass der von Volkelt vertretene S t a n d p u n k t eine F o r m der Religion in den V o r d e r g r u n d stellt, w e l c h e , wie wir m e i n e n , nicht gerade geeignet ist, die innere Gewalt des freien religiösen Gefühls g e g e n ü b e r der autoritativen Macht der Orthodoxie zur vollen Geltung k o m m e n zu lassen. Volkelt v e r l a n g t eine Vernunftreligion. Das religiöse Gefühl soll sich der Kritik des Denkens u n t e r w e r f e n ; Religion soll n u r insoweit berechtigt sein, als »die Philosophie nöthigt oder wenigstens e r l a u b t , einen solchen Gott a n z u n e h m e n , wie ihn die Religion brauchen kann.« W i r müssen g e s t e h e n , dass uns
Vortr. z. E i n f ü h r u n g i. d. Philosophie d. Gegenwart (v. K. Lasswitz). 411
dieses Verhältniss von Religion und Philosophie unverständlich ist. Es k o m m t u n s v o r , wie w e n n m a n sagen wollte, Physik sei n u r insofern b e r e c h t i g t , als die Philosophie erlaubt eine N a t u r n o t h w e n d i g k e i t a n z u n e h m e n , wie sie die Physik b r a u c h t . Das m a g der S t a n d p u n k t einer speculativen Metaphysik sein; aber die T h a t s a c h e n lehren d o c h , dass die Physik die N a t u r nothwendigkeit als eine der Bedingungen der E r f a h r u n g nachweist, und die Philosophie d a m i t zu r e c h n e n h a t . U n d ebenso gehört doch Religion mit zu den Objecten der Philosophie, zu d e m gesamten Inbegriff der E r f a h r u n g , auf welchen sie sich stützen muss, w e n n sie die F r a g e n der W e l t a n s c h a u u n g , die F r a g e nach G o t t , b e h a n d e l n will. Die F o r d e r u n g e n des religiösen Gefühls sind ebenso gegeben wie die F o r d e r u n g e n der N a t u r e r k e n n t n i s s oder der E t h i k , u n d die Philosophie h a t die A u f g a b e , diese T h a t s a c h e n im Denken zu vereinigen. Eine R ü c k w i r k u n g der Philosophie ist ja natürlich nicht ausgeschlossen, a b e r entscheidend ist doch immer das Bedürfniss der Kultur, u n d die Philosophie aller Zeiten hat sich d a n a c h gerichtet, oder sie ist u n t e r g e g a n g e n . Widersprechen sich die R i c h t u n g e n der K u l t u r , so wird eben die Philosophie diesen W i d e r s p r u c h verständlich zu machen h a b e n , u n d das t h u t dje Erkenntnisskritik. Eine Vernunftreligion, welche die Sehnsucht des G e m ü t h s d u r c h philosophische W e l t b e t r a c h t u n g legalisiren will, birgt stets die grosse G e f a h r , d o g m a t i s c h zu w e r d e n , wenn die persönliche Gewissheit durch die ü b e r z e u g e n d e K r a f t eines idealen Weltbilds ersetzt w e r d e n soll. Denn die Wirklichkeit ist Entwicklung, ist f o r t w ä h r e n d e s R i n g e n nach Beseitigung von W i d e r s p r ü c h e n , u n d wo diese gelingt, t h u n sich neue F r a g e n a u f ; u n d das sollen sie. Erkenntniss ist ein unendlicher Process. Das religiöse Gefühl a b e r ist R u h e in sich selbst, ist Frieden der Seele. Religion ist allerdings Vernunft, a b e r , um in einem Bilde zu reden, gewissermassen d e r S c h w e r p u n k t der Vernunft, der in R u h e bleibt, wie a u c h die Arbeit der V e r n u n f t n a c h allen Seiten sich a u s d e h n t . D a r u m muss diese B e s t i m m u n g des persönlichen Gefühlsverhältnisses zum Unendlichen von der theoretischen Erkenntniss u n a b h ä n g i g gedacht w e r d e n , sonst wird die Verwechselung der Religion mit dem Dogma und der Kirche nicht a u f h ö r e n , u n d jede V e r ä n d e r u n g in der W e l t erkenntniss zuGlaubenslosigkeit oder Glaubenszwang f ü h r e n . Dies
412
Recensionen: J o h a n n e s
Volkelt,
k a n n hier nicht weiter dargelegt werden. W i r halten in dieser Hinsicht den S t a n d p u n k t O.Dreyers für philosophisch u n a n f e c h t b a r , sobald der Glauben in dem Sinne verstanden wird, dass er die Beziehung alles E r f a h r u n g s i n h a l t e s auf diejenige Einheit ist, in welcher wir u n s selbst mit Gott vereinigt fühlen. Die hierauf g e g r ü n d e t e religiöse Gewissheit ist nicht individuell, s o n d e r n p e r s ö n l i c h , d. h. die VVeltidee in sich a u f n e h m e n d . Einer »sachlichen« R e c h t f e r t i g u n g , d. h. doch wohl durch objective Erkennlniss, bedarf sie um so weniger, als sie jedes R e s u l t a t der Erkenntniss u n a n g e f o c h t e n bestehen lassen k a n n ; alle Unterschiede der objectiv e r k a n n t e n Welt sind Unterschiede des I n h a l t s ; die religiöse Gewissheit ä n d e r t hieran nichts. Dass letztere subjectiv vermittelt ist, wie jede Glaubensgewissheit n u r sein k a n n (s. Volkelt S. 151), erheb! sie ihrerseits ü b e r die Anfechtungen der theoretischen E r k e n n t n i s s ; aber der Erkenntniss und der Nothwendigkeit freier F o r s c h u n g k a n n sie eben d a r u m keinen A b b r u c h t h u n . Der hierin ¡ingeblich liegende Mysticisrnus (S. 2 2 2 , A. 92) d ü r f t e sich auf die A n e r k e n n u n g der einen ursprünglichen , d a h e r u n erklärlichen Tliatsache b e s c h r ä n k e n , dass es ü b e r h a u p t Einlieitsbeziehungen verschiedener A r t , Persönlichkeiten und Gesetze giebt. Hieraus k a n n unmöglich der Vorwurf fliessen, dass diese reinliche T r e n n u n g der Gebiete dem » O b s c u r a n t i s m u s T h ü r u n d T h o r öffne«. Viel eher w ü r d e m a n Neigung zum O b s c u r a n t i s m u s darin wittern können, wenn Vclkelt selbst (im G. Vortrag) den »Intellectualismus« als gefährlich schildert und vor der UebeiSchätzung von Wissen und Wissenschaft w a r n t ; a b e r e r v e r w a h r t sich sehr entschieden gegen die Auffassung, als wolle er eine Klage gegen die Steigerung von Bildung u n d Wissenschaft erheben (S. 196). W e n n n u n j e m a n d trotzdem aus V.'s Ä u s s e r u n g schliessen w o l l t e , m a n solle wegen der damit v e r b u n d e n e n Gefahren die Schulen und Universitäten beseitigen, so w ä r e dies ebenso einseitig, als w e n n m a n den gleichen Schluss d a r a u s ziehen wollte, dass Religion auch o h n e wissenschaftliche Erkenntniss möglich ist. Übrigens hören wir von Volkelt (S. 155), er m ö c h t e um keinen Preis so verstanden w e r d e n , als wenn alle Menschen auf den S t a n d p u n k t der Vernunftreligion ü b e r treten sollten, sie sei a b e r d a s Ideal einer vollkommenen Religion. W i e diese vollkommene Religion im Einzelnen gestaltet sein soll, k ö n n e n wir natürlich nicht belehrt zu w e r d e n verlangen; wir
V o r t r . z. E i n f ü h r u n g i. d. P h i l o s o p h i e d. G e g e n w a r t (v. K. Lasswitz).
413
wollen daher auf die Andeutungen des Vfs. auch nicht kritisch e i n g e h e n , weil er eben nur Andeutungen geben konnte. Den Begriff Gottes denkt er sich mehr im Sinne des Pantheismus, jedoch mit einer W e n d u n g zur Transcendenz, das Tragische in sich aufnehmend , jedoch mit einer W e n d u n g zum positiv Siegreichen. Im sechsten Vortrag, welcher die Wechselwirkung von Philosophie und Kultur untersucht, wird die Aufgabe der Philos o p h i e als eine reformatorUche a n e r k a n n t , und zwar soll sie einerseits fortschrittlich, andrerseits consei vativ wirken, radical und versöhnend, die bösen Kehrseiten des G l o s s e n nicht verkennen (S. 182), aber es dabei freudig anerkennen (S. 185). Gewiss eine schwierige A u f g a b e ! In dem Urtheil über die Zeilcr~cheinungen der Gegenwart w e i d e n eben die Einzelnen je nach ihrem Standpunkte sehr abweichend das Eine »gross« n e n n e n , was die Andern als »schädlich« bezeichnen; die Philosophie wird vielleicht besser thun, in diesen Streit, in welchem sie kaum jemand überzeugen wird, sich nicht zu mischen, sondern ihre populäre Aufgabe darauf zu beschränken, das Verständuiss der in der Gegenwart wirksamen Begriffe und die F r e u d e an scharfen) und ernstem Denken zu vermitteln und vor allen) darauf hinzuwirken, dass man theoretische und gefühlsmässige Unterscheidungen auseinanderhält, statt sie z u s a m m e n zuwerfen. Jedenfalls aber sollte sie solche Kunststücke der D e u t u n g vermeiden, wie sie V. mit dem Ausdruck »Grundsätze« vollführt (S. 213 A. CO), um dem bedenklichen W o r t e Bismarcks nicht entgegentreten zu m ü s s e n : » W e n n ich mit Grundsätzen d u r c h s Leben g e h e n soll, so k o m m e ich mir vor, als w e n n ich d u r c h einen engen W a l d w e g gehen sollte und miisste eine l a n g e Stange im Munde halten.« V. m e i n t , der Mensch solle nicht von Fall zu Fall, sondern nach Grundsätzen handeln, aber die Grundsätze müssten so s e i n , dass sie sich der Besonderheit d e s Falls a n p a s s e n ! Also biegsame Grundsätze! Wir glauben nicht, dass dieses Hin-und-her des R e c h t g e b e n s und Verurtheilens in einem populären Buche die Philosophie demjenigen sehr e m p f e h l e n wird, der sie dadurch erst kennen lernen will. Dein Philosophen wird es interessiren, in den Vorträgen die subjectiven Ansichten eines Gelehrten und Denkers von so u m f a n g r e i c h e m Wissen und eindringender B e o b a c h t u n g s g a b e w i e Volkelt kennen zu lernen; er wird auch die Eigenartigkeit d e r Denkrichtung verstehen und entsprechend würdigen, welche
Recensiorcn: 0 . H a r n a c k ,
414
sich in diesem vorsichtigen W ä g e n des F ü r und W i d e r ausspricht. A b e r man s e h n t sich förmlich nach einer kräftigen Einseitigkeit, nach einer »unerbittlichen S c h r o f f h e i t « , welche d o c h , wie der Verf. sehr treffend selbst s a g t , die M a c h t ist, durch welche die grossen Philosophien eines K a n t oder F i c h t e in das Kulturleben eingreifen k o n n t e n . Die vielen guten G e d a n k e n , die sich bei V. im Einzelnen f i n d e n , k o m m e n , wie uns s c h e i n t , nicht genügend zur W i r k u n g durch die g a r zu vielseitige Weisheitsbeleuchtung, unter welche sie gesetzt sind. Gotha.
Kurd
Die klassische Aesthetik
Lasswitz.
Würdigung
der Deutschen.
der
kunsttheoretischen Arbeiten S c h i l l e r s , Goethes und ihrer F r e u n d e . Von Otto Harnach. Leipzig, G. T . Hinrichs'sclie Buchhandlung. 1892. VI und 2 4 3 S . 8°. Dieses
Bucli
ist
in seiner Art
gut und tüchtig, dass es lohnt,
so d u r c h a u s
es
aus
dankenswerth
seiner Methode
zu
er-
wägen und m e t h o d i s c h e B e m e r k u n g e n daran zu knüpfen. Das B e s t r e b e n des Verfassers wird offenbar durch den gelegentlichen S a t z b e z e i c h n e t : Schiller »würde mit d e r rein e m pirischen R i c h t u n g der G e g e n w a r t , die nach U e b e r w i n d u n g der materialistischen Dogmen
nur
obachten
wohl verständigt h a b e n . «
der
will,
Hauptpunkt
zu arbeiten die
sich sehr
sehen.
seiner Auffassung
ist in
historischen Darum
die thalsäclilichen Vorgänge be-
diesem W o r t e Thatsachen
giebt
die
Schillers,
angedeutet.
recht
in
Einleitung
Nicht
nur
seine ganze Art Er bemüht sich
ihrer
Wirklichkeit
zunächst
einen
zu
kurzen
und gedrängten Ueberblick aller Arbeiten, um die es sich h a n delt, ihrer R e i h e n f o l g e , ihres eigentlichen S t r e b e n s , der Genossen und F r e u n d e , die sich betheiligt h a b e n .
Die Darstellung selbst
e r h ä l t d u r c h einen glücklichen Griff eine scharfe und übersichtliche Gliederung. Hören
und
der
E s werden Gedankenkreis
nämlich der Gedankenkreis der P r o p y l ä e n
der
unterschieden.
S o sehen wir die M ä n n e r alle an ihrem Ort an der Arbeit, und die G e d a n k e n sind von rischen R a h m e n befasst. liebt
er es,
lassen.
die M ä n n e r
vornherein
gleichsam
W a s die Gedanken
in ihrem
histo-
selbst betrifft, so
in ihren eigenen W o r t e n sprechen zu
A b e r mit freier B e h e r r s c h u n g aller Dokumente, so dass
Die klassische Aesthetik der D e u t s c h e n (von E. Kühnemann)
415
also briefliche A e u s s e r u n g e n u n d Gedichte gleichberechtigt neben den theoretischen Arbeiten stehn. Er b e m ü h t sich u m Dispositionen, die sich möglichst der eigenen Denkweise der Männer a n p a s s e n . Doch ist mit all dem sein eigentliches Verfahren noch nicht erschöpft. E r ist sichtlich darauf aus, die Gedanken so h e r a u s z u a r b e i t e n , dass ihr p r a k t i s c h e r , d. h. ihr noch für u n s f r u c h t b a r e r kunslkritischer Kern scharf h e r vortritt. So k o m m t er in m e h r f a c h e n W e n d u n g e n auf den Realismus der Schiller'schen K u n s t b e t r a c h t u n g zurück. Und man darf vielleicht den eigentlichen Gehalt seines B e m ü h e n s so bezeichnen: wenn er die Gedanken nach ihren praktischen Tendenzen und im eigentlichen Kern ihres Sinnes für ihren Schöpfer erfasst, d a r n a c h die E n t w ü r f e seiner Kapitel g e w o n n e n , so Liestätigen sich ihm die E n t w ü r f e , wenn er sich sagen darf, dass alle zugänglichen D o k u m e n t e und Aeusserungen in ihnen die ihrer Bedeutsamkeit gemässe Stelle finden. Es g e h t ein frischer Zug der U n b e f a n g e n h e i t d u r c h d a s Buch. Der Verfasser glaubt an seine Fähigkeit, die T h a t s a c h e n selbst zu s e h e n , u n d hält sich a n diese allein. Die wissenschaftliche Litteratur tritt n u r in zweiter Linie helfend hinzu. Auch ist sein Buch gerade durch die vollständige Vergegenwärtigung der T h a t s a c h e n ein wirklicher Fortschritt. Es bleibt zuletzt noch zu e r w ä h n e n , in welchem Z u s a m m e n h a n g e er sich seine Bestrebungen denkt. Er stellt am E n d e seines Buches dar, wie in der R o m a n t i k die f r u c h t b a r e n u n d einfachen Ideen der Klassiker verschleudert w u r d e n , u n d meint, diese Zeit sei vergangen. »Die m o d e r n e germanistische W i s s e n s c h a f t , ihre Arbeit, wie sie an den Universitäten und wie sie in W e i m a r betrieben wird, hat ü b e r allen sprachlichen Leistungen das grossartige Verdienst, Goethe u n d Schiller u n s wieder zu lebendigen Gestalten g e m a c h t , den W e r t h aller ihrer Lebens- u n d Geistesäusserungen unwidersprechlich v e r k ü n d e t zu haben.« Der letzte Satz, der u n m i t t e l b a r hierauf folgt, scheint eine ganz seltsame E i n s c h r ä n k u n g dieses Ruhmeszeugnisses zu e n t h a l t e n . Er l a u t e t : »Will sie a b e r ihre A u f g a b e vollenden, so m u s s sie u n s nicht n u r zu den Erlebnissen u n d Dichtungen der Meister, s o n d e r n a u c h zu ihrem W e s e n u n d Wollen den Z u g a n g eröffnen.« Denn m a n m u s s doch sagen, dass, ehe dies letzte g e s c h e h e n , die Gestalten Goethes u n d Schillers u n s a u c h nicht
416
Recensionen: O. H a r n a c k ,
lebendig g e m a c h t sind. Es scheint s o n a c h das Verdienst der germanistischen W i s s e n s c h a f t noch nicht so festzustehen, wie n a c h dem ersten Satz zu v e r m u t h e n w a r . Ich werde nun hier, w o es sich u m den philosophischen W e r t h des Buches h a n d e l t , an einigen H a u p t p u n k t e n der H a r nack'schen Auffassung der für die Kunsttheorie wichtigsten Gestalt, nämlich Schillers, versuchen zu beweisen: dass seine Methode, kraft deren er sich als ein Mitarbeiter der modernen germanistischen Wissenschaft fühlt, so dankenswertli ihre Ergebnisse sind, in tieferem Sinne ihrer A u f g a b e nicht genügt. Ich werde also zeigen müssen, dass das Bild Schillers, scheinbar den T h a t s a c h e n abgesehen, in W a h r h e i t den T h a l s a c h e n nicht entspricht. Ich bekenne, dass ich mit dieser einzelnen Darlegung, wie H a r n a c k mit seiner Arbeit, ein weiteres Interesse verfolge. Ich m ö c h t e a n d e u t e n , dass die Gestalten Goethes und Schillers in ihrem eigentlichen Leben der germanistischen Wissenschaft ewig unzugänglich bleiben, so lange sie nicht von philosophischem Geiste d u r c h d r u n g e n ist. Man sollte doch die einfache W a h r h e i t nie v e r g e s s e n : die T h a t s a c h e n stehen nicht da, so dass m a n sie einfach hinnehmen könnte. Die T h a t s a c h e n zu s e h e n , erfordert eine complicirte S c h u l u n g des Geistes. Zu den T h a t s a c h e n der Geisteswissenschaften aber giebt es keinen Z u g a n g als durch die Philosophie. Allerdings hätte Schiller, recht aufgefasst, mit einem empirischen Verfahren, wie H a r n a c k es beschreibt, sich verstanden. Aber — wie kann m a n das ü b e r s e h e n ! — erst, n a c h d e m er seine philosophische Schulung durchgemacht. Denn der Idealismus, von dessen Glauben er erfüllt war, will nichts als die Wirklichkeit aus ihren Principien, also in ihrer eigentlichsten Realität verstehn Der erste wichtigste P u n k t , den H a r n a c k mit einer gewissen Betonung h e r v o r h e b t , ist d e r : es bestehe ein diametraler Gegensatz zwischen der ersten oder zweiten Periode der kantianisirenden Schriftstellerei Schillers, der die Briefe a n Körner und noch die A b h a n d l u n g »über A n m u t h u n d W ü r d e « angehören, u n d der dritten, der h a u p t s ä c h l i c h e n , die in den »Briefen über ästhetische Erziehung« u n d in der A b h a n d l u n g »über naive u n d sentimentalische Dichtung« sein Denken vollendet. Jene suche fruchtlos nach dem objectiven Merkmal des Schönen (oppositionell gegen Kant gerichtet), diese siehe entschieden auf
Die klassische Aesthetik der Deutschen (von E. Kühnemann).
417
dem Boden des kantischen Systems u n d u n t e r n e h m e n u r , es auf eigene Weise fortzubilden u n d f r u c h t b a r zu machen. Mit Recht beschränkt H. seine E r ö r t e r u n g e n auf die dritte Periode. Aber diese S c h e i d u n g der E p o c h e n h a t kein tieferes R e c h t . Ich gebe f ü r diese B e h a u p t u n g d e m n ä c h s t an a n d e r e r Stelle den Beweis und d e u t e hier n u r die massgebenden P u n k t e a n . Von den Briefen a n K ö r n e r bis in die ietzten theoretischen Arbeiten Schillers u n d ü b e r diese h i n a u s ist eine u n a b g e b r o c h e n e Continuität der Entwicklung zu verfolgen. Das Interesse der Gedanken ist in allen Stadien der E n t w i c k l u n g dasselbe. Es w ü r d e leicht sein, eine Anzahl von Aeusserungen noch a u s den letzten Arbeiten beizubringen, die g e n a u dieselbe D e n k weise Schillers bezeugen wie die Briefe an Körner, ganz a b g e sehen d a v o n , dass die Definition, mit der er das objective Princip der Schönheit g e f u n d e n glaubte, die Definition: S c h ö n heit ist Freiheit in der Erscheinung, noch in den »Briefen ü b e r ästhetische Erziehung« wiederholt wird. Jene Opposition gegen Kant a b e r ist völlig a n d e r s zu erklären. Sie b e r u h t z u n ä c h s t einfach auf einem Missverständniss. Schiller h a t , seine kantischen Studien mit der Kritik der Urtheilskraft beginnend, den Sinn jener A b l e h n u n g objectiver Principien für das ästhetische U r theil noch nicht aufgefasst. Er weiss nicht, dass n a c h d e n bisherigen F o r s c h u n g e n K a n t s das ästhetische Urtheil bei der Möglichkeit objectiver Principien e n t w e d e r zum Erkenntnissurtheil oder zum moralischen Urtheil w ü r d e . Thatsächlich a b e r — u n d d a r a u f k o m m t es an — b e w e g e n sich schon jene U n t e r s u c h u n g e n der Briefe an K ö r n e r ganz u n d gar im Geiste Kants. Sie setzen mit vollem Bewusstsein alle die kantischen Vordersätze v o r a u s , a u s denen die Unmöglichkeit objectiver Principien f ü r d a s ästhetische Urtheil gefolgert wird. N u r dass sie auf die W e l t ästhetischer Objecte gerichtet sind, w ä h r e n d Kant einzig u m die B e g r ü n d u n g der Möglichkeit ästhetischer Urtheile b e m ü h t bleibt. Sie sind, wie alle philosophischen A r beiten Schillers, A n w e n d u n g u n d B e w ä h r u n g der kantischen Principien. Man k a n n ihren ganzen I n h a l t so a u s s s p r e c h e n : sie wollen die Erscheinungen des Schönen verstehn u n d sie wollen die S p h ä r e des Aesthetischen im menschlichen Leben a b g r e n z e n u n d b e s t i m m e n . Das erstere legt n a h e , wie das Missverständniss in Schiller entstehen konnte, m a n müsse objecPhilosophische Monatshefte XXX, 7 u. 8.
27
418
Recensionen: O. H u r n a c k ,
tive Principien des Schönen begründen. Das 7,weite aber lehrt die unabgebrochene Continuität der Entwicklung Schillers verstehen. Denn wenn ich die Sphäre des Aesthetischen im menschlichen Leben bestimmen will, so muss ich das menschliche Leben im Zusammenhang seiner seelisch-sittlichen Bewegungen überblicken, also in die Tiefen des Subjects oder richtiger der Persönlichkeit hinabsteigen. Diese Andeutungen müssen hier genügen. Wir lehnen also den ersten Hauptsatz Harnacks als irrig und irreführend ab. Ungenügend bleibt ferner unseres Erachtens seine Bestimmung des Verhältnisses von Schiller 7.11 Kant. Hier wären eine ganze Reihe Irrthümer aufzuweisen. Doch halten wir uns nur an das Wesentliche, an die »wesentlichen Punkte«, in denen Schiller über Kant »hinausgegangen« sein soll. Kant habe der ästhetischen Urtheilskraft » n u r « eine subjective Berechtigung zugesprochen. Er habe gleichsam nur aus Irrthümern, wenn auch wünschenswerthen und fruchtbaren Irrthümern, die ästhetische Betrachtung hervorgehen lassen. »Schiller wies in dem Menschen, welcher Freiheit und Natur in sich vereinige, das in der Erfahrung mögliche und für den Begriff nothwendige Substrat der ästhetischen Urtheilskraft nach.« — »Gerade in der Verbindung der geistig-sittlichen Natur des Menschen mit seiner physischen wies er das eigentliche Gebiet der Schönheit nach.« »Es bedarf keines Beweises, dass er hiermit sich von Kant in einem wichtigen Punkte entfernte.« Dieses Beweises bedürfte es gar sehr. Aber er ist nicht zu führen, denn die Thatsachen schliessen ihn aus. Harnack selbst scheint sich den Sinn der Kantischen Lehre von der Subjectivität des Geschmacksurtheils nicht genügend entwickelt zu haben. Die ästhetische Betrachtungsweise ist nicht »nur« subjectiv, sondern sie ist subjectiv, weil sie besteht rein in einer Bewegung des Gemüths, weil sie weder auf Erkenntniss noch auf sittliche That gerichtet ist. Sie geht nur aus Irrthümern hervor höchstens vor einem F o r u m , das keine anderen Interessen als die des Erkennens und des Handelns kennt, keineswegs aber vor dem Forum der Philosophie als des Bewusstseins der Menschheit. Sie hat in dem System der Vernunft ihr eigenes, auf eigenem Grunde beruhendes Recht. Sie ist, weil der Mensch ist. Dieser Gedanke
Die klassische Aesthetik der Deutschen (von E. Kühnemann).
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springt aus allen kantischcn Begriffsreihen heraus. Alle diese Erkenntnisse aber setzt auch Schiller in vollem Umfange und ohne Abbruch voraus. Seine philosophische Art kann in keinem Sinne gedeutet werden als ein »Hinausgehen« über Kant. Sondern er giebt eine eigene Entwickelung der durchweg im Studium Kants gewonnenen und gefestigten Principien; eine Entwickelung, die principiell nichts Neues hinzubringt; eine Entwickelung, die dadurch bestimmt ist, dass er, schon wo er die Grundbegriffe festlegt, die reiche empirische Welt der ästhetischen Erscheinungen vor sich sieht. Kant will im menschlichen Bewusstsein das Recht der ästhetischen Urtheilsweise begründen; Schiller will die ästhetischen Erscheinungen verstehen und erklären. Diese Interessen sind grundverschieden; es ergeben sich aus dieser Grundverschiedenheit verschiedene Fassungen und Richtungen der Begriffe; ein principielles »Hinausgehen« aber ist das nicht. Es ist dieser P u n k t , auf den wir für das Verständniss Schillers entscheidendes Gewicht legen. Noch wichtiger ist ein drittes. Wir müssen den ersten Ansatz Harnacks zur Darstellung der Schillerschen Lehren für verkehrt halten. Er meint sie alle entwickeln zu können als gerichtet auf das Ziel der ästhetischen Bildung. Schiller habe nur am Herzen gelegen, »die Frage nach Wesen und Erscheinungsform des schönen Menschen, dem zugleich die Fähigkeit, das Schöne zu erkennen und zu würdigen, zukomme.« Der schöne Mensch war ihm eine seltene Erscheinung. So ergab sich die Nothwendigkeit der ästhetischen Erziehung. Alles Denken Schillers nun ist für Harnack in dieser Idee der ästhetischen Erziehung beschlossen. Aber diese Ableitung des Erziehungsgedankens greift nicht genug in die Tiefe, und diese Auffassung wird der Fruchtbarkeit der Schillerschen Ideen nicht gerecht. Zunächst nimmt Harnack die Einschränkung der Schönheit auf den Menschen viel zu eng. Denn wird die Idee der Schönheit auf die der Menschheit zurückgeführt, so wird doch auch die Natur und die Welt des Sittlichen im Menschen gegründet. Es giebt also in Schillers Sprache ausserhalb des Menschen auch keine Natur und keine sittliche Welt. Die Erziehungsidee ist ganz einfach abzuleiten aus der Art, wie Schiller seine philosophische Frage stellt. Er fragt nach 27*
420
Recensionen: 0. H a r n n c k ,
der B e d e u t u n g u n d dem Bereich des Aesthetischen im m e n s c h lichen Leben. Er entwirft also in sich d a s reine Ideal der ästhetisch durchgebildeten Menschheit. So t r a g e n seine Ged a n k e n in sich selbst die R i c h t u n g auf ein Ziel, u n d die E r z i e h u n g s w e n d u n g ergiebt sich von selbst. Es leuchtet a b e r ein, dass m a n seinen Gedanken nicht gerecht wird, w e n n m a n sie nicht zuerst nach ihrer wesentlichen W u r z e l u n g in seiner Art des philosophischen Interesses a u f f a s s t ; dass m a n bei H a r n a c k s Auffassung gleichsam aus der systematisch n o t wendigen eine empirisch zufällige und willkürliche Erziehungswendung macht. Die Schönheit ist in Schillers Sprache ein I m p e r a t i v , genau so wie die W a h r h e i t u n d die Sittlichkeit. Der Mensch soll, um ganz freier Mensch zu s e i n , die eigentliche Darstellung seiner Persönlichkeit vollenden in der ästhetischen A n s c h a u u n g oder dem Gefühl des S c h ö n e n . So ist die S c h ö n h e i t eine menschliche T h a t . A b e r es geht nicht a n , diese ästhetische Durchbildung a u c h n u r im sprachlichen A u s d r u c k zu unterscheiden von den W e r k e n des Schönen. Das echte K u n s t w e r k ist in sich selbst ein Stück vollendeter ästhetischer Bildung. Eine Ueberschrift wie »Das K u n s t w e r k als M i t t e l ästhetischer Bildung« thut einem schillerisch d u r c h gebildeten Leser weh. All diese Ansätze zeigen, wie dem praktisch u n d u n b e f a n g e n gesonnenen A u t o r die eigentlichen G r u n d f r a g e n der Erkenntniss des Philosophen Schiller zur Seite treten. U m n u r noch eins zu e r w ä h n e n : er entwickelt u n s n i c h t , wie bei Schiller mit seiner Einsicht vom Beruf des Künstlers und des Künstlerischen in der W e l t seine ganze A n s c h a u u n g des Lebens sich ausbildet, wie ü b e r h a u p t bei ihm die Gedanken wachsen u n d zu ihrer Reife k o m m e n . Von vielen einzelnen B e m e r k u n g e n , die noch zu m a c h e n w ä r e n , wähle ich n u r wenige aus. Mir ist schwer verständlich, wie H. in d e m Gedicht »Ideal u n d Leben« ein S c h w a n k e n zwischen einem rein geistigen und einem harmonischen geistigsinnlichen Ideal entdecken k a n n . Das Gedicht giebt in dichterischer Gestalt die ganze Grundconception des Werkes ü b e r ästhetische E r z i e h u n g , aber auch der in der Piosaschrift nicht ausgeführten Theile. A n f a n g u n d E n d e schildern den Z u s t a n d göttlicher V o l l e n d u n g , der innerlich als T o t a l i t ä t , seiner Erscheinung nach aber als d a s Ideal-Schöne zu bezeichnen ist.
Die klassische Aesthetik der Deutschen (von E. Kühnemann).
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Dazwischen entrollt sich in einer Reihe von Strophenpaaren ein Bild des Menschenlebens, das in seinen Momenten wechselt zwischen erschlaffendem Genuss und harter anspannender Arbeit, im Gefühl des Schönen allein aber die Heimath der Menschheit, das Gefühl innerer Vollendung findet. Dass eine theoretische Hülflosigkeit den Erörterungen des Aufsatzes »über Anmuth und Würde« anhaftet, wo sie die Schönheit der Bewegung in Beziehung zur Sittlichkeit setzen wollen, ist richtig. Aber gerade hier hätte Harnack uns diese Fassungen aus Schillers Denk- und Sprechweise erklären sollen, da dieser Versuch nicht nur leicht durchzuführen ist, sondern auch für die Gesammtanschauungdes Schillerschen Geistes sich überaus fruchtbar erweist. Wie weit vom Ziele gelegentlich die Harnackschen Bestimmungen treffen, zeigt vor allem deutlich ein Satz des Vergleichs von Goethe und Schiller. »Schiller kannte im Grunde nur äussere Gesetze, die erst dadurch zu inneren wurden, dass der Mensch sie freiwillig in sich aufnahm. Goethe kannte nur innere Gesetze.« Kann man die Art und die Gebilde des Schillerschen Denkens ärger verkennen ? Wenn bei irgendeinem, muss es bei ihm heissen, dass er von der Idee des im Menschen selbst gegebenen Gesetzes durchdrungen war. Nun aber musste er diese seine erste und uranfangliche Ueberzeugung in Beziehung setzen zu den Erkenntnissen, die die neue Philosophie ihm brachte: von den Gesetzen, die ohne Abbruch waltend in der Natur, unbedingt gebietend in der Freiheit gegeben sind. Daher entstand ein Haupttheil seines philosophischen Welt- und Lebensbildes. Aber das ursprünglich mit ihm gegebene und feststehende Element ist die Gewissheit des inneren Gesetzes. Man hat den Widerspruch seiner ethischen Anschauungen gegen diejenigen Kants völlig verkehrt gedeutet und niasslos übertrieben. (Auch Harnack wiederholt noch !die alte Auffassung S. 51). Aber sicher ist doch, dass er hierin einzig und allein besteht, unter Anerkenn u n g der kantischen Voraussetzungen das natürliche Wachsthum des sittlichen Lebens von innen heraus zu betonen. Wir brechen hiermit ab. Es wird vielleicht aus unseren Andeutungen noch nicht genügend k l a r , wie das Bild jener geistigen W e l t , um die es sich handelt, sich durchaus ändert, wenn wir von unserer Seite kommen.
422
Recensione!): K. F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
Dem Buch ist das Facsimile eines ungedruckten Gedichtes von Schiller beigegeben. Harnack weist es mit Recht den »Künstlern« (als eine später ausgeschiedene Strophe) zu. Die innere Entstehungsgeschichte der »Künstler« wäre gewiss noch weit genauer darzulegen möglich, als bisher geschehen ist. Eugen Kühnemann.
1. Schiller als Philosoph, von Kuno Fischer. Zweite neubearbeitete und vermehrte Auflage. In zwei Büchern. Erstes Buch: Die Jugendzeit. 1779—89. Zweites Buch: Die akademische Zeit. 1789—96. Heidelberg 1891/92. 396 S. 8°. 2. Kuno Fischer und die literarhistorische Methode, von Hugo Falkenheim. Berlin 1892. VI und 107 S. 8°. I. Kein Buch verdient mehr den höchsten Ernst der kritischen Betrachtung als die berühmte Schrift Kuno Fischers über Schiller als Philosophen, die in einer neuen Gestalt sich den Lesern bietet. Sie nimmt unter den Arbeiten über die Philosophie unserer Klassiker einen Ehrenplatz ein. Nicht viele Werke giebt es in diesem Gebiet, von denen eine ähnlich weitgehende Wirkung festzustellen wäre. Die neue Bearbeitung greift weiter, als selbst nach den Worten des Vorworts zu erwarten, und ist in vieler Hinsicht belehrend. Der erste Theil über die Jugendzeit kommt überhaupt erst jetzt hinzu, und doch ist das nicht die wichtigste und interessanteste Neuigkeit. Denn obgleich es in dem Vorwort heisst, dass nach dem Erscheinen der historisch-kritischen Ausgabe der Werke Schillers und des wiederaufgefundenen Theils der Briefe Schillers an den Herzog von Augustenburg das Werk im zweiten Theil einiger Nachbesserungen und Erweiterungen bedürfe, »wie sie der heutige Zustand der Schillerforschung verlangt und ermöglicht,« so ist doch thatsächlich dieser zweite Theil nicht nachgebessert und erweitert, sondern gänzlich umgearbeitet, wobei wir dahingestellt sein lassen, wie weit dies durch »den heutigen Zustand der Schillerforschung« veranlasst ist. Alle die blendenden Pointen, in denen Kuno Fischer früher die Entwicklung Schillers construirt, jene Con-
H. F a l k e n h e i m , K. Fischer u. d. litt.-hist. Methode (v. Köhneruann).
423
struction einer Selbstbewegung des Begriffs, wo zuerst der ästhetische Standpunkt dem moralischen unter-, dann neben-, dann übergeordnet sein sollte, wo Schiller in seiner Entwickelung sich bewegt haben sollte von Kant her zu Goethe hin, — man sucht sie umsonst. Oder wenigstens sind sie dem Hauptinhalt der Darstellung gegenüber zu so minimalen Andeutungen zusammengeschrumpft, dass ein unbefangener Leser sie unmöglich noch als die Kernpunkte der Auffassung begreifen kann. Wir dürfen also wohl sagen: sie sind aufgegeben. Eine Aenderung, die das Buch schlechterdings zu einer neuen Arbeit macht. Es tritt also nicht nur mit geputzter R ü s t u n g , sondern überhaupt als eine neue Macht in den eben jetzt so lebhaften Kampf um Schillers Gedankenwelt hinein. Ob es allerdings nicht auch an der Zeit w a r , wenn es den alten Ruhm behaupten wollte? Seiner Zeit beim ersten Erscheinen hat es einen äusserst lebhaften Meinungsaustausch wachgerufen. Seine Aufstellungen wurden vielfach bestritten. Aber der Sieg war zweifellos auf seiner Seite. In Einzeldarstellungen und Literaturgeschichten, überall findet man seine Darstellung ausgenutzt, wo nicht wiederholt. Vor allem seine Lehre, dass Schiller den moralischen Rigorismus Kants durch eine natürlichere Auffassung überwunden habe, tritt mit einer wunderbaren und ben e i d e n s w e r t e n Zuversicht in immer neuen Schriften wieder auf. Dagegen scheint die Wirkung des Buches bei den jüngsten Bearbeitern entschieden nachzulassen oder vielmehr aufzuhören. Soweit ich sie im Augenblick übersehe, Harnack, Gneisse, Berger, ich finde bei ihnen an den massgebenden Punkten kaum einen Einfluss der Kuno Fischer'schen Auffassung mehr. Ich verhehle nicht, dass ich in dieser Thatsache einen Fortschritt erblicke. Jenes frühere Buch ist immer der innigen Dankbarkeit gewiss, weil es durch seine meisterhafte Schilderung die Gedankenwelt unseres Schiller weiten Kreisen als etwas Imposantes einzuprägen wusste. Aber in tieferem Sinne kann ich seine Wirkung nicht als ein Glück für die Wissenschaft betrachten. Ich glaube nicht, dass es an den massgebenden Punkten die richtige Formulirung der Sachverhalte gefunden hat.
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Eecensionen: K. F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
Um so mehr drängt sich einem so wichtigen, so einflussreichen Werke gegenüber die methodische Grundfrage auf: wie ist die Realität der geistigen Erscheinungen zu fassen ? oder zum wenigsten fragen wir, ob die Methodik Fischers uns den wirklichen echten Schiller als Philosophen übermittelt. Nun ist es — wir müssen hier zuerst einen festen Punkt gewinnen — sicherlich nicht nur, ja vielleicht überhaupt nicht eine Concession an den gegenwärtigen Stand der Schillerforschung, was Fischer zu so tiefgreifenden Aenderungen veranlasst hat. Wir glauben darin die Wirksamkeit eines sehr echten und sehr bedeutsamen Princips zu erkennen. Die Aenderungen zielen dahin a b , zu vollenden, was Fischer stets angestrebt, das rein darstellende Verfahren in der Uebermittelung philosophischer Gedankenwelt. Das eigene Räsonnement soll so wenig wie möglich dazwischentreten. Das Suchen der Gesichtspunkte soll nicht merkbar sein. Die Documente sollen sich selbst erklären und darstellen, freilich erleuchtet durch die Gesichtspunkte des Forschers, aber gleichsam nur so, dass diese allein noch als Organ des Auffassens und Lesens wirksam sind. Darum fallen die scharf einschneidenden eigenen Gruppirungen fort. In weitestem Umfange redet und reproducirt sich bei Kuno Fischer das Document selber, scheinbar ungestört durch den fremden Eingriff des Auffassenden; obgleich es freilich keine auch nur berichtende Darstellung giebt, die nicht schon den Standpunkt des Darstellenden mitenthielte. W a s wir an philosophischer Belehrung von Schiller zu gewinnen haben, das sollen seine Gedanken selber unverkümmert uns sagen. Das ist das hohe Ziel der rein darstellenden Methode Fischers. Ein solches Verfahren reiner Darstellung bleibt ganz gewiss das höchste Ziel, nach dem die Bearbeitung der Geschichte der Philosophie streben kann. Aber der Erfolg bei diesem Verfahren gehört beinahe zu dem Unwahrscheinlichsten. Zu viele Bedingungen müssen erfüllt sein, damit es rein gelingt. Wir möchten sagen: die Möglichkeit einer reinen Darstellung der Geschichte der Philosophie setzt die Vollendung der Philosophie selbst voraus. W e n n wir die methodischen Beziehungen der Probleme und Gedanken vollkommen überblickten, dann könnte eine reine Reproduction philosophischer Gedankenreihen
H. F a l k e n h e i m , K. Fischer u. d. litt.-hist. Methode (v. Kühnemann).
425
in sich selber schon Urtheil u n d Erkenntniss des philosophischen Werkes sein. Denn wir verlangen doch die T r a g w e i t e des Gedankens zu übersehen. W i r verlangen doch einzusehen, was er bedeutet für seinen Schöpfer und was er bedeutet für die lebendige Arbeit der E r k e n n t n i s s , für d a s System der Philosophie. Das heisst eigentlich: die Realität des geistigen Gebildes ergreifen. Alle Darstellung a b e r , die das nicht erreicht, die nicht in diesen beiden Beziehungen die Gedankenreihen des Philosophen d u r c h l e u c h t e t , die s c h e i n t n u r empirisch lautere R e p r o d u c t i o n , w e n n sie die f r e m d e n Gedanken einfach wiedergiebt. Thatsächlich ist sie n u r verhüllte Willkür u n d leblos im Grund. Denn m a n kann es nicht streng g e n u g betonen : die Geschichte der Philosophie ist selber ein philosophisches P r o b l e m . W e r nicht die P r o b l e m e , mit denen der Denker g e r u n g e n , in systematischem Sinne verarbeitet hat u n d von hier aus die Gedankenreihen erhellt, sondern o h n e das in irgendwelcher O r d n u n g und Verfassung sie reproducirt, der giebt eben n u r ihre Aussenseite u n d ihren Augenschein, aber nicht die Lebenstriebe u n d den Gehalt. Er giebt eine s c h e i n b a r e , nicht die reale Wirklichkeit. Daher h ä n g t der W e r t h jeder historischen Arbeit im Gebiete der Philosophie von der Tiefe der systematischen Einsicht in die P r o b l e m e ab. W o diese f e h l t , k a n n alle Eleganz u n d Feinheit im Einzelnen nichts helfen. Um noch einen Schritt weiterzugehen: n u r wo der Ged a n k e n a c h seiner persönlichen und systematischen T r a g w e i t e vergegenwärtigt ist, da k a n n geleistet w e r d e n , was die eigentliche Bliithe historischer Einsicht darstellt. Aus der lebendigen B e w e g u n g der Seele, aus ihren zeugenden Organen gleichsam k a n n entwickelt w e r d e n , wie der G e d a n k e sich bildet. Wir b e g r e i f e n , wie diese Seele a m Leben betheiligt w a r , wie ihre G e d a n k e n ihrem Lebensbedürfen e n t s t a m m e n , wie n a c h der Art ihres Antheils O r g a n e u n d Methoden sich b i l d e n , k r a f t d e r e n die W e l t a n s c h a u u n g ihren Gehalt u n d ihre Gestalt bek o m m t . Denn das eigentlich Reale a n der Geschichte geistiger Gebilde sind nicht die Gedanken u n d W e r k e ; vielmehr die seelischen P r o c e s s e , in d e n e n die Gedanken und W e r k e mit N o t h w e n d i g k e i t so u n d n i c h t a n d e r s entstehen. Die ideale Erk e n n t n i s s eines geistigen Schöpfers w ä r e d a s : den Z u s a m m e n -
426
Eecensionen : K . F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
hang der seelischen Bildungsprocesse in der Gesammtheit seines seelisch-sittlichen Daseins aufzuweisen. In aller Gedächtniss ist die berühmte Stelle Kants, »dass es gar nichts Ungewöhnliches sei, sowohl im genieinen Gespräche, als in Schriften, durch die Vergleichung der Gedanken, welche ein Verfasser über seinen Gegenstand äussert, ihn sogar besser zu verstehen, als er sich selbst verstand.« Ich möchte aber sagen, dass ein solches Vers t ä n d n i s überhaupt einzig und allein wahres Verständniss sei. Wir denken den einzelnen Gedanken des Schöpfers nach seiner Stellung in der ganzen Breite und Tiefe seiner Ideenwelt: wir bemühen u n s , wenn er in seinem Bewusstsein jetzt nur Erlebniss dieses Gedankens ist, gleichsam der ganze Zusammenhang seines Bewusstseins zu sein. Wir ermessen seinen Gedanken ferner vor der Aufgabe der Probleme, der er dienen will: wir stellen in ihm, wiedergebend und ergründend, die Beziehung her, in der sein eigentliches Leben bestehen soll. Wir verwirklichen gleichsam seine Stellung im Bewusstsein der Wissenschaft. So m u s s seinem Wesen nach das Verständniss in doppelter Beziehung hinausgehen über das eigene Verständniss des Schöpfers. Die Geschichte der Philosophie ist Psychologie im Dienste systematischen Denkens. Die Sicherheit des systematischen Gedankens, fruchtbar geworden in der Fähigkeit psychologischen Miterlebens, bedingt den Werth der historischen Darstellung. Productive Lebendigkeit muss nicht nur unserer Geschichtsschreibung innewohnen; sie ist es sogar, die ihr die historische Richtigkeit sichert, soweit von historischer Richtigkeit die Rede sein kann. Es giebt keine historische Darstellung unabhängig von unserer eigenen philosophischen Einsicht. Ein einfaches Uebermitteln fremder Gedanken, so dass wirklich der fremde Gedanke uns übermittelt w ü r d e , ist eine völlige Unmöglichkeit. Um also ein Urtheil zu gewinnen, fragen wir bei einer philosophiehistorischen Arbeit zuerst nach ihrer Haltung an den systematisch entscheidenden Punkten. Eine zweite Frage wird sein, ob aus der Tiefe der Bildungsprocesse der Seele der Gedanke abgeleitet ist. Begreifen wir hier in Wahrheit aus Schillers Persönlichkeit seine lebendige Leistung für die Erkenntniss der philosophischen Probleme? Kuno Fischers Darstellung besteht in einem sehr genauen
H F a l k e n h e i m , K. Fischer u. d. litt -hist. Methode (v. Kühnemann).
427
und sorgfältigen Vorlegen der Dokumente. Er ist ein Meister der Disposition; so sehr, dass es zuweilen s c h e i n t , als ob d a s Disponiren an sich ihm ein Genuss sei, ja als o b die Dinge geradezu insofern ihn interessiren, als sie sich von ihm disponiren lassen. Dabei giebt e r , ohne es a u s z u s p r e c h e n , sein Urtheil über den W e r t h der A r b e i t , d u r c h die grössere oder geringere Ausführlichkeit, in der er sie vorlegt. Die A b h a n d lungen über d a s Tragische z. B. werden ganz kurz erledigt — mit R e c h t — , die Briefe über ästhetische Erziehung w e r d e n durch alle P h a s e n sorgfältig verfolgt. Die Kürze u n d Klarheit des A u s d r u c k s , die Eleganz der Darlegung sind bekannt. Es giebt nicht leicht eine a n g e n e h m e r e L e k t ü r e als einige Kapitel dieses Buches. Geschmackvoll möchte der richtige A u s d r u c k sein. Zum besonderen Schmuck dient das Heranziehen der Schillerschen Gedichte. Die Gedanken der A b h a n d l u n g e n spielen in die unvergesslichen Distichen und Gedichte hinüber. Die Erklärung der zwei wichtigsten Gedichte aber, der »Künstler« u n d »Ideal und Leben« gehört geradezu zu den Glanzpunkten des Buches. Bei dieser Fülle der Darstellung gehen die Gedanken gleichsam behaglich in den Leser hinüber. Es hat aber zuweilen a u c h wirklich d e n A n s c h e i n , als wolle diese Darstellung geradezu an die Stelle der Originale treten, als wolle sie die Beschäftigung mit den D o k u m e n t e n ersetzen und überflüssig m a c h e n . Sie scheint im Bewusstsein ihrer Zuverlässigkeit gleichsam sich selbst g e n u g zu sein. Es wird einmal bei dem Citat einer sehr b e k a n n t e n Stelle K a n t s nicht auf die »Kritik der Urtheilskraft«, sondern auf K u n o Fischers »Geschichte der neueren Philosophie« verwiesen, u n d a n einer a n d e r e n Stelle heisst es von Schillerschen J u g e n d g e d i c h t e n : »Da ich ihren Inhalt ausführlich erörtert habe, so darf ich ihn hier als b e k a n n t voraussetzen.« U m so dringender a b e r gilt die F r a g e , ob wir sicher sein d ü r f e n , hier den wirklichen Schiller zu h a b e n . Sehen wir u n s n u n nach den systematisch entscheidenden P u n k t e n u m , so interessirt uns an erster Stelle Schillers Verh ä l t n i s zu K a n t . Fischer lässt sich eben nicht ausführlich d a r ü b e r aus. A b e r er bezeichnet doch a n einer Stelle den F o r t s c h r i t t Schillers d a m i t , dass er den D u r c h b r u c h a u s dem G r u n d e des ästhetischen Urtheils in den der ästhetischen E r -
428
Recensionen: K. F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
scheinung vollzogen habe. Das ist gewiss richtig, insofern Karit einzig die Berechtigung und Geltungsart des ästhetischen Urtheils begründen, Schiller a b e r , auf Kantischem Grunde fussend, die Erklärung der ästhetischen Erscheinungen gewinnen will. Aber Fischer geht weiter. Er giebt Schiller zu, dass Kant mit Unrecht die Möglichkeit objectiver Principien für das ästhetische Urtheil geleugnet habe. Er glaubt es Schiller, dass er hierin über Kant hinausgegangen, dass es ihm gelungen sei, den objectiven Charakter des Schönen in der »Freiheit in der Erscheinung« zu finden. Ich habe bereits an einer anderen Stelle nachgewiesen, wie völlig unmöglich diese Auffassung ist [s. auch oben S. 417], und will mich hier nicht wiederholen. Thatsächlich setzt Schiller überall die Anschauungen Kants voraus, aus denen die Ableugnung objectiver Principien für den Geschmack mit N o t w e n d i g k e i t folgt, und nur infolge eines Missverständnisses lehnt er diesen letzten Satz ab. Die Unmöglichkeit objectiver Principien des Schönen bedeutet für die Aesthetik nicht weniger und nicht mehr als ihr eigenes Recht auf eigenein Grund. Wer sie leugnet, der leugnet die ganze kantische Begründung der Aesthetik. Aber nicht, dass bei einer solchen Aufstellung das Verhältniss Schillers zu Kant völlig verfehlt wird, nicht das erscheint uns als das Entscheidende; vielmehr dies, dass die eigene Richtung des Schillerschen Denkens uns bei einer solchen Charakteristik nicht richtig erfasst scheint. Erst wenn m a n begriffen, dass die Aufstellung des objectiven Merkmals in W a h r h e i t nicht das Interesse der Schillerschen Betrachtungen ist, erst dann entdeckt man den wirklich durchgehenden Zug, der in continuirlicher Entwickelung von den ersten Ansätzen kantischen Denkens bis zu den letzten ästhetischen Begriffsbildungen führt. Wir müssen uns hier mit Andeutungen begnügen. Aber verhehlen können wir nicht, dass uns Fischers Darstellung des Philosophen Schiller nicht abschliessend erscheint. Wir vermissen die scharfe Bestimmung der Stellung der Schillerschen Gedanken innerhalb des von Kant eröffneten Horizonts der Philosophie. Wir vermissen den Nachweis des durchgehenden und beherrschenden Interesses, dem die Gedanken entstammen, die Ableitung aus dem Lebensgesetze des Schillerschen Bewusstseins. Die Arbeiten Schillers scheinen uns von Fischer häufig mehr disponirt und gruppirt
H. F a l k e n h e i m , IT. Fischer u. d. litt.-hist.Methode (v. Kühnemann).
429
als innerlich entwickelt. W i r vermissen g e r a d e das, w a s beim Lesen die Gewissheit g i e b t , die Realität des Denkers zu e r greifen. Aber freilich k ö n n t e einem so geschlossenen W e r k wie dem Fischerschen g e g e n ü b e r n u r eine n e u e eigene Darstellung der Philosophie Schillers f ü r die S ä t z e , die wir ihm entgegenhalten, den Beweis erbringen. Der zweite P u n k t , auf den es a n k o m m t , ist dio Lehre von dem Gegensatz Schillers gegen den ethischen Rigorismus Kants. Man erinnert s i c h , wie scharf u n d blendend Fischer in seiner früheren Darstellung diesen P u n k t h e r v o r g e k e h r t 1 ) . Er ist auch in dieser Beziehung sehr viel z u r ü c k h a l t e n d e r g e w o r d e n . Er explicirt m e h r durch die S p r a c h e der D o c u m e n t e den vermeintlichen Gegensatz. Allerdings hält er a u f r e c h t , dass Schiller hier ü b e r Kant hinausgegangen sei, vermeidet a b e r diesen Ausdruck u n d meint noch zuletzt, dass die Schillerschen Aussagen über seine ethische G r u n d a n s i c h t kein einfaches R e s u l t a t ergeben, sondern in antinomische Sätze a u s l a u f e n . Er constatirt Schillers ausdrückliche Beistimmung zu den Kantischen Grundsätzen. D a n n stellt er dem die Aussagen gegenüber, in denen der ästhetische Mensch, die schöne Individualität als die Vollendung des moralischen Menschen erscheint. G e s p a n n t schlägt m a n die Seite um. Denn m a n e r w a r t e t jetzt die Entscheidung. Und m a n liest mit sprachlosem E r s t a u n e n auf der a n d e r e n Seite die Ueberschrift eines neuen Abschnitts. A b e r hier wird es n u n o f f e n b a r , wie die Darlegung der D o k u m e n t e noch nicht reine Darstellung ist. Denn d a s ist kein Bild der Schillerschen Gedankenwelt. Diese Darstellung f ü h r t irre. Die Entscheidung in d e m P u n k t e der Moral ist keineswegs u n m ö g l i c h , und es h a n d e l t sich hier keineswegs u m Antinomien. Schiller vielmehr e r k e n n t die G r u n d l e g u n g der Ethik durch Kant o h n e Eins c h r ä n k u n g a n . Das bedeutet seine Beistimmung zu den K a n tischen Grundsätzen. Er e r k e n n t a n , dass ein besonderes Gesetz (als Erkenntnissprincip) anzusetzen sei, um die Welt der moralischen Erscheinungen zu b e g r ü n d e n u n d der Erkenntniss zugänglich zu m a c h e n . Dies Gesetz ist die Idee der Freiheit 1) Man vergleiche hierüber die Abhandlung Vorländers in diesem und dem vorhergehenden Heft. Ein eigenthümlicher Zufall bringt unsere gänzlich unabhängig und ohne Wissen von einander entstandenen Arbeiten hier zusammen.
430
Becensionen: K. F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
oder der Persönlichkeit. Er weicht aber in einem gewissen Umfange von ihm ab in der Lehre von der Darstellung der Idee der Freiheit oder des sittlichen Gesetzes im menschlichen Leben. Aber es ist das gar keine Differenz der moralischen Anschauungen. Es handelt sich vielmehr um die Frage, wie weit die Sphäre des Aesthetischen im menschlichen Leben reicht. Also: in den begründenden Principien unverbrüchlich einig, in der Anwendung wegen der Verschiedenheit der Interessen gelegentlich differirend; vor der Angelegenheit der Philosophie oder wenigstens der Frage der Principien eine Differenz von geringer Bedeutung. Aber hiermit ist nicht allein der innere Zusammenhang zwischen Schillers Aussagen hergestellt. Es muss unseres Erachtens auch gesagt werden, dass in dieser systematisch entscheidenden Beziehung Fischer seinen Standpunkt diesseits der philosophischen Frage genommen hat. Offenbar aber wirkt die Stellung, die er sich in den systematischen Fragen giebt, entscheidend auf den Werth seiner ganzen Auffassung Schillers ein. Die beiden P u n k t e , die wir hervorgehoben, sind recht eigentlich die Gentraipunkte, auf die es ankommt. An ihnen übersieht man die Richtung der Schillerschen Gedanken. W i r müssen daher bei aller Bewunderung der glänzenden Vorzüge des Buches es aussprechen, dass es uns die Realität des Philosophen Schiller nicht zu treffen scheint. Um uns auf unsere früheren Erörterungen zurückzubeziehen , die Darstellung trägt nicht die Gewähr in sich, rein und erschöpfend zu sein, da wir an den systematisch entscheidenden Punkten nicht sicher sind, die philosophische Tragweite der Schillerschen Gedanken mitzuerleben. An den P u n k t e n , von denen aus recht eigentlich Art und Bedeutung der Schillerschen Denkweise zu erschlossen ist. Wir müssten auch hier wieder, um unsere Sätze zu beweisen, eine vollständige Darlegung der Philosophie Schillers liefern. Hier müssen wirs am Aussprechen unserer Ueberzeugung genug sein lassen, dass Art und Bedeutung der Denkweise Schillers bei Kuno Fischer nicht im richtigen Lichte erscheint. Es trat in der früheren Bearbeitung noch weit mehr hervor als in dieser, in der es verdeckt ist, dass die Begriffe Schillers als letzte Elemente der Fischerschen Gonstructionen hingenommen waren. Die Begriffe selbst schienen sich zu be-
H. F a l k e n h e i m , K. Fischer u. tl. ]itt,.-hist. Methode (v. Kühnemann).
431
wegen, gleichsam Keime, die sie unbewusst in sich trugen, 7.u entwickeln. Wir rühren hier an den ärgsten und am festesten eingewachsenen Mangel der Darstellungen aus der Geschichte der Philosophie. Denn die Begriffe bieten überhaupt höchstens den Eingang in das Verständniss des Philosophen, sind aber keineswegs der Grund, auf den die Darstellung seiner Gedankenwelt zu bauen ist. Vielmehr in den Motiven ist zu ergreifen, was die Begriffe überhaupt bedeuten. Aus der Art des geistigen Antheils ist der Geltungsbereich und die Arbeitsweise der Begriffe zu ermessen. Die Begriffe sind nichts für sich Bestehendes, sie haben ihren Bestand einzig und allein in der Entwickelung der Persönlichkeit. Sie sind nicht Substanzen, sie sind nur Symptome. Der Begriff ist nicht; es ist nur eine Art die Welt zu erfahren. Diese ist auf ihren Werth zu schätzen durch ihre Beziehung auf die lebendige systematische Arbeit der Philosophie. System und Persönlichkeit — das sind zwei Begriffe, die einander mit N o t w e n d i g k e i t voraussetzen, wo es gilt, Gedanken zu ergründen und darzustellen. Je mehr aber eine Darstellung an die Begriffe des Philosophen für sich gebunden scheint, um so mehr steht sie den Problemen des Geistes gegenüber auf dem Standpunkt des naiven Realismus. Wir bekennen es: Kuno Fischers Darstellung haftet uns noch zu sehr in der Region der Begriffe. In der T h a t aber glauben w i r , dass die Geistesgeschichte für die nächste Zukunft der Philosophie eins der ersten Probleme stellt. Wir dürften hier hinsichtlich der Anschauung der geistigen Gebilde Revolutionen der Denkart zu erwarten haben genau so mächtig wie die in der »Kritik der reinen Vernunft« vollzogene hinsichtlich der Anschauung der Natur. Vielleicht stehen wir zu den Problemen des Geistes heute noch ähnlich wie Descartes, der Vater des modernen Denkens, zu den Problemen der Natur. Der alte Urspruch philosophischer Arbeit scheint noch nicht erschöpft, das wir an den Dingen nur das erkennen, was wir in sie legen. Es lässt sich leicht einsehen, wie sehr es sich an dem hinzugeschriebenen Buche über Schillers Jugendphilosophie spüren wird, wenn wirklich, wie wir einwandten, die Gedanken hier nicht, soweit wie es möglich w ä r e , in ihre treibenden Kräfte hinein verfolgt sind. In der That ist das der Haupt-
432
Receneionen: K. F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
mangel, den wir an diesem Stück hervorheben möchten. Wir erfahren nicht unmittelbar aus dem treibenden Bedürfniss der Schillerschen Persönlichkeit heraus die Entwickelung seiner Gedanken. Wir haften auch hier zu sehr an dem Begriff, insofern die »Kunstidee« (ein technischer Ausdruck Schillers) als der beherrschende Gesichtspunkt dieser früheren Bemühungen nachgewiesen wird. Die Jugendphilosophie Schillers aber stellt die Aufgabe, darzulegen, wie aus der Reihe überkommener philosophischer Meinungen ganz allmählich, schrittweise eine eigene Art der Auffassung und Verarbeitung sich herausbildet, mit der dann ein ganz bestimmter Kreis des seelischsittlichen Lebens zur Aufgabe des reifen, ursprünglichen, schöpferischen Denkens Schillers wird. Diese seine eigene Methode findet in den Lehren Kants die Begriffe, die gerade ihr vorauszusetzen nothwendig ist, damit sie zu ihrer eigenen Kraft und Ausbildung kommt. So begreift man die innere seelische Nothwendigkeit der kantischen Schulung. Man begreift die sozusagen persönlichen Zusammenhänge der Gedanken Schillers, begreift, wie im Bereich des Aesthetischen für ihn die künstlerischen, ethischen und psychologischen Betrachtungen zu einander gehören. Vorausgesetzt, dass die Dokumente eine solche Behandlung nahelegen, wird man, denke ich, zugeben, dass hiermit die eigentliche Aufgabe formulirt ist. Aber sicher ist, dass sich in Fischers Buch keine solche Entwickelung findet. Es war vielleicht auch unmöglich sie herauszuarbeiten bei der ziemlich willkürlichen Auswahl der Dokumente, die er behandelt. Er bespricht nach einleitenden Betrachtungen die Dissertationen, die philosophischen Briefe, den Geisterseher, die Künstler. Aber die Besonderheit der Schillerschen Schriftstellerei bringt es mit sich, dass man unmöglich, um auch nur das Wachsen seines philosophischen Geistes darzulegen, einige Zeugnisse als im strengeren Sinne philosophisch aussondern kann. Es will uns also bedünken, dass auch hier für künftige Arbeiter noch viel Wesentliches zu thun bleibt. Ein paar Einzelheiten von allgemeiner Wichtigkeit wollen wir nicht unerwähnt lassen. Eine betrifft die Datirung der Abhandlung »über das Erhabene«, worüber gestritten ist, da sie erst 1801 in der Sammlung prosaischer Schriften erschien. Die Frage wird hier schlagend und endgültig entschieden.
H. F a l k e n h e i m ,
K . F i s c h e r u. d. l i t t . - h i s t . M e t h o d e ( v . K ü h n e m a n n ) .
Denn es ¡st zweifellos s o , gramm
wie F i s c h e r b e m e r k t , dass d a s
» S c h ö n und E r h a b e n «
s a h e s h e r v o r g e g a n g e n ist. in den ihren
»Hören«
im
der P r o s a f a s s u n g
Epi-
des A u f -
Dies E p i g r a m m a b e r e r s c h i e n Die A b h a n d l u n g
unmittelbar
Erziehung«
Kühnemanns
aus
12. Heft.
Begriffsgrundlagen
ästhetische
mit
zusammenhängt,
»Kantischen
den die
S t u d i e n Schillers«
S t ü ± der u n a u s g e f ü h r t e n
Ȋsthetischen
also,
1795
die
»Briefen auch
bereits
(S. 5 8 ff.)
Briefe«
ästhetische
Erziehung«
den
gerade
»Aesthetischen
Plan
der
Briefe
ausgeführt. deshalb
Briefen«
aber
weil
erschien
sie
ein und über
sie
zu innerlich
zusammenhing,
inzwischen
in
als
behauptet
Vielleicht
nicht,
der
aufgegeben
in
über
behandelt ist, die A b h a n d l u n g ist kurz n a c h den » B r i e f e n den »Hören«
433
in mit
einheitliche
war.
Da
der
grosse E n t w u r f nicht zum E n d e gedieh, dies S t ü c k a b e r d a m a l s noch
als S t ü c k
ward,
des grossen E n t w u r f s
so blieb
es l i e g e n ,
gleichsam
grossen Zuge a u f g e h a l t e n e n zweite A n m e r k u n g
über
und
von S c h i l l e r das Opfer
empfunden
der
in
aufhörenden Arbeit.
den » G e i s t e r s e h e r « .
ihrem
—
Eine
F i s c h e r weist
es
mit R e c h t zurück, dass Hoffmeister das philosophische G e s p r ä c h dieses Aber
Romans wohl
wicklung
der
man
kantischen Philosophie
behaupten,
unerklärlich
als e n t s t a n d e n »Idee
aus
darf
bleibt,
dass
wenn
es
man
in
es
herleiten
will.
Schillers
Ent-
nicht
betrachtet
u n t e r d e m m i t w i r k e n d e n Einfluss der k a n t i s c h e n
zu einer a l l g e m e i n e n G e s c h i c h t e
in w e l t b ü r g e r l i c h e r
Ab-
sicht.«
II. Nicht
um
eine A b w e i c h u n g
der A n s i c h t e n
über
Einzelnes
h a n d e l t e es sich bei den F ä l l e n , die wir e r ö r t e r t h a b e n , s o n d e r n um
einen
Problem haupt. damit
grundsätzlich
Schillers, Es
zum
müssen
ignorirt.
notwendigen
der
Standpunkt Aufgaben
Geistesgeschichte
Anspruch
die
dieses
einzelnen F a l l e s
dem über-
erledigt
möglich
Fischersche
U n s e r letzter S c h l u s s wird also a u c h
Richtigkeit
zu
der Geistesgeschichte
unseres E r a c h t e n s
eine Darstellung
deren
verschiedenen Problem
sein,
werde,
Darstellung
nicht allein die
betreffen.
Es wird für u n s
nicht m ö g l i c h sein, in K u n o F i s c h e r das Ideal
literarhistorischer
F o r s c h u n g u n d Darstellung zu s e h e n . allen R i c h t u n g e n
hin
zu e r w e i s e n
ist
Ihn als dieses Ideal n a c h die A b s i c h t
d e r Schrift
Falkenheims. Philosophische Mouatshefte XXX, 7 u. 8.
-8
434
Recensionen: K. F i s c h e r , Schiller als Philosoph;
N u r kurz sei e r w ä h n t , dass ganz b e s o n d e r s d a s Buch »Schiller als Philosoph« Falkenheims B e w u n d e r u n g findet. Er e r k e n n t die R e s u l t a t e u n b e d i n g t an. Hierbei a b e r ereignet sich die humoristische F ü g u n g , dass er z w a r die n e u e Bea r b e i t u n g des Buches u n t e r d e m Text a n f ü h r t , o f f e n b a r aber die alte Form im Text b e n u t z t u n d — sozusagen — fortpflanzt, vielleicht wenig zum Gefallen seines Meisters. Ueber seine methodologischen Erörterungen selbst ist schwer in Kürze e t w a s Befriedigendes zu sagen. Doch möchten wir w a g e n es auszusprechen , dass der productive Z u s a m m e n h a n g der G e d a n k e n uns zu fehlen scheint, in dem sie lebendig werden und die Gewähr ihres Lebens h a b e n . W i r s t i m m e n seinem P r o t e s t gegen die einseitig philologische L i t e r a t u r g e s c h i c h t e bei. Aber einer philosophischen Streitschrift scheint es uns nicht w ü r d i g , dass jene als der i m m e r wieder aufgesuchte Gegner erscheint. Ihr Ueberwiegen heutzutage ist ein historischer Zufall, w e n n je einer war. Mit Zufallen a b e r soll der Philosoph nicht streiten. Herausargumentiren lässt sich kein Mensch a u s seinem S t a n d p u n k t und a u s seiner Liebhaberei. Eine falsche R i c h t u n g wird n u r d u r c h echte Leistungen der w a h r e n ü b e r w u n d e n . U e b e r h a u p t h a b e n n u r diejenigen methodischen E r ö r t e r u n g e n K r a f t , die sich bei der empirischen productiven Arbeit als ihr Bewusstsein h e r a u s bilden. Eine praktische Leistung, eigener Methode e n t s t a m m t , ist m e h r werth als methodologische E r ö r t e r u n g e n ü b e r tausend P u n k t e , an denen m a n sich a n g e r e g t fühlt. W i r vermissen a b e r t a t s ä c h l i c h a u c h an der Methodik des Verfassers die G o n c e n t r a t i o n , die den Sieg giebt. W i r w e r d e n nicht u n m i t t e l b a r d u r c h d r u n g e n von der U e b e r z e u g u n g , dass, der so schrieb, a u c h wirklich ureigen erlebte W e r k e historischkünstlerischen Verständnisses schaffen könnte. Das a b e r ist die n o t h w e n d i g e Bedingung, u n t e r der allein wir den m e t h o d o logischen E r ö r t e r u n g e n A u f m e r k s a m k e i t s c h e n k e n . Er n i m m t u n s schon den Begriff der Philosophie zu stofflich u n d zu allgemein. Sein Schluss im e r s t e n Abschnitt seines Buches geht s o : Die n e u e r e L i t e r a t u r g e s c h i c h t e hat philosophische B e s t a n d t e i l e . Solche zu verstehen, muss m a n von Philosophie e t w a s verstehen. K u n o Fischer versteht e t w a s von Philosophie.
H. F a l k e n h e i m , K. Fischer u. d. litt.-hist.Methode (v.Kiihnemann). 435 Folglich ist K u n o F i s c h e r das ist g r u n d v e r k e h r t .
der ideale L i t e r a t u r h i s t o r i k e r .
das historische V e r s t ä n d n i s s ? Falkenheimschen man
sich
Gebiete
Die P h i l o s o p h i e e r s c h e i n t bei d e n
Erörterungen
aneignen
Aber
W a s heisst P h i l o s o p h i e ? W i e e n t s p r i n g t i h r
kann.
des L e b e n s
und
viel zu s e h r als ein B e s i t z , den
Viel zu ä u s s e r l i c h der Wissenschaft.
die p h i l o s o p h i s c h e A u f f a s s u n g
darlegen
scheidet
er
die
S t a t t d a s s er u n s
sollte als eine Art d e s
E r l e b e n s der W e l t , die A r t , bei der die principiellen Z u s a m m e n hänge
der
Kultur/.eugungen
miis-te h e r v o r t r e t e n , geistigen
Gebilde
dos M e n s c h e n
in w e l c h e m
des
Mensrhen
befasst
sind.
die einzelnen E r ö r t e r u n g e n das k l ä r e n d e Auch
an
der weiteren
dos p h i l o s o p h i s c h möglich, lichen
die
Methode
gemeines,
Momente
vorzulegen
in
das historische,
Element? schichte
Disposition
zusammcnbildenden
einzelnen
Zuerst und
also
sich
d a s m a n sich —
Büchern
oder
sonstigen
Darin
fiele
s p ü r t m a n den Gedankens.
der
Mangel
Wie
ist es
dieser
Aufeinanderfolge:
historische.
So
All-
das ä s t h e t i s c h e
sehr
wird die G e -
etwas Fertiges
an-
m a n weiss n i c h t recht w o h e r ?
aus
Dokumenten
fertig
aneignen
kann.
Die g a n z e F r a g e ist doch a b e r :
wie bildet sich h i s t o r i s c h e
schauung
geistiger V o r g ä n g e ?
Das
geschichtliche Wissen
nicht
es
Die
Aufgabe wäre,
da,
ist
Erzeugung
in
Falkenheini
steht
zu erzeugen.
ihren
auf
entwickelungsgeschicht-
das g e s c h i c h t l i c h e W i s s e n als
gesehen,
Es die
Licht.
das p s y c h o l o g i s c h e ,
das
erhellen.
beherrschenden Problem
Entwicklungsmomenten
Anist
uns
diese
vorzulegen.
Bei
alles viel zu leicht n e b e n e i n a n d e r .
Aber an
dieser S t e l l e ist es zweifellos, dass das B u c h n i c h t philosophisch gedacht
ist.
Die E r ö r t e r u n g e n sind als C h a r a k t e r i s t i k der e n t -
wicklungsgeschichtliclien
Methode
zusammengefasst.
Aber das
P r o b l e m der I d e e der E n t w i c k e l u n g liegt tiefer, als h i e r g e a h n t wird.
Ich
Positive
verweise,
zu t h u n ,
auf
um
wenigstens
mein
Buch
einen
seiner W e l t a n s c h a u u n g « S . 2 0 6 ff. und den E s s c h e i n t u n s d a s tötliche G e b r e c h e n dass
ihre
Auf
die
Darlegungen Dauer
so
ermüdet
ganz es
Blick
mehr
»Herders Persönlichkeit
aus
der kleinen erst
Hand
sind,
und
dann
beständig
mit
Schrift,
stammen.
allgemeine
ö r t e r u n g e n zu lesen, die d u r c h a u s von K u n o F i s c h e r s abstrahirt
in
Schluss.
zweiter
ungernein,
ins
einem
Er-
Schriften
stereotypen
S a t z zu e n d e n e t w a der A r t : u n d hierfür ist n u n K u n o •2S*
Fischer
436
Litteraturbericht.
das vollendete Muster u n d Beispiel. Nur ursprüngliches Wollen längt eine neue Richtung an. Verkehrte Richtungen werden nur von einem ursprünglichen Schöpfer überwunden. Das ist g e r a d e z u d a s sittliche G e s e t z geistiger W i r k u n g e n . Eine B e m e r k u n g z u m Sehluss. W i r h a b e n a n diese b e i d e n S c h r i f t e n d e n h ö c h s t e n u n d s t r e n g s t e n M a s s l a b gelegt. W o es sich u m die m e t h o d i s c h e n G r u n d f r a g e n h a n d e l t , soll e s k e i n e n anderen geben. Es ist e i n e E h r e für den A r b e i t e r der G e g e n w a r t , w e n n m a n i h m z u t r a u t , d a s s er u m die letzten Ziele der W i s s e n s c h a f t b e m ü h t i s t , w e n n m a n ihn misst an d e m Ideal, d a s die p h i l o s o p h i s c h e n G e n i e n der V e r g a n g e n h e i t u n s u n d sich s e l b e r z u m Gesetz g e s t e l l t . Es darf kein a n d e r Gericht g e b e n für d e n h e u t i g e n S p ä t l i n g w i e für die grossen F ü h r e r . B e s o n d e r s n o c h bei der k l e i n e n Schrift F a l k c n h e i m s liessen w i r nicht a b v o n d i e s e m E r n s t , weil w i r selber v o n g a n z e r S e e l e d e n S i e g w ü n s c h e n , für d e n er g e s c h r i e b e n hat. N u r g r o s s e s K ö n n e n u n d n u r reines W o l l e n lohnt die A n s t r e n g u n g der u n n a c h s i c h t i g s t e n Kritik. Eugen
Kühnemann.
Litteraturbericht. ü e b e r Lotzes M e t a p h y s i k . Von Prof. Dr. Joh. Wnlff. Separatabdruck aus dem »Philos. Jahrbuch der Görresgesellschaft«, IV. und V. Band. Fulda 1892. Druck und Commissionsverlag der Fuldaer Actiendruckerei. 89 S. 8°. Der Separatabdruck vorstehend bezeichneter Schrift rechtfertigt sich durch ihren Inhalt. Der Verfasser ist ein pietätvoller ehemaliger Zuhörer Lotzes, den jedoch die Pietät gegen seinen Lehrer nicht hindert, eine feinsinnige Kritik an der Metaphysik desselben zu ü b e n , die er in Kürze darstellt, »sich möglichst an den Lotzeschen Gedankengang und seine Ausdrucksweise haltend.« Die Schrift zerfällt in 13 Abschnitte. Der erste bildet die Einleitung, r e c h t f e r t i g t die W a h l des Gegenstandes der Schrift und erörtert die Methode Lotzes. Die Abschnitte I I — V I I entwickeln den Inhalt von Lotzes Metaphysik in nachstehender Reihenfolge: Herechtigung der Metaphysik, Sein, Dasein, W e s e n , Veränderung, Wechselwirkung der Dinge (Ontologie), die Kosmologie und die Lehre von der Materie. Hierauf folgt die Kritik in den Abschnitten VIII—XIII, worin folgende behandelt Punkte sind: Das Verdienst Lotzes, namentlich Herbait gegen-
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Litte raturbericht.
über, das Verhältni6s der Dinge zu dem Absoluten, die Lehre von der Geistigkeit alles Seienden sowie die von Raum und Zeit. Die Kritik des Verfassers ist massvoll, seine D a r s t e l l u n g sowohl hinsichtlich des Inhalts der Lotzeschen Metaphysik alB hinsichtlich seiner eigenen Auffassungen k l a r . Wolff sucht nachzuweisen und zwar mit Erfolg, dass sich in Lotzes Metaphysik Lücken und Inconseq uenzen finden, durch welche die selbständige Substantialität der Weltfactoren, die dieser Philosoph b e h a u p t e t , g e f ä h r d e t wird. Der Verfasser endet seine Kritik bescheiden mit den Schlussworten von Lotzes M e t a p h y s i k : »Jetzt schliesse ich meinen Versuch mit gar keinem Bewusstsein der Unfehlbarkeit, mit dem Wunsche, nicht überall geirrt zu haben, und im Uebrigen mit dem orientalischen S p r u c h e : Gott weiss es besser.« E. M e l z e r . Philosophie der Arithmetik. Psychologische und logische Untersuchungen von Dr. E. G. Husserl, Privatdocent der Philosophie an der Universität zu Halle. Erster b a n d . Halle-Saale bei C. E. M. Pfeffer (Robert Stricker) 1690. XVI u. 324 S. 8°. Die psychologischen und logischen Erörterungen, die E. G. H u s s e r l als Hausteine zu einer Philosophie der Arithmetik zusammengetragen h a t , sollen nach seiner eigenen bescheidenen Aeusserung nur zur Vorbereitung und wissenschaftlichen F u n d a m e n t i r u n g für einen künftigen Aufbau dienen. »Mehr als solche Vorbereitung konnte bei dem j e t z i g e n Stande der Wissenschaft nicht a n g e s t r e b t werden. Nicht e i n e Frage von Bedeutung wüsste ich zu nennen, in deren B e a n t w o r t u n g unter den betheiligten Forschern auch nur erträgliche Haruionie bestände; Beweis genug, dass in unserem Gebiete von einer bloss architektonischen Gliederung bereits gesicherter Erkenntnisse noch keine Rede sein kann. Die gegebene Aufgabe ist vielmehr die : in geduldiger Einzelforschung nach den h a l t b a r e n F u n d a m e n t e n zu suchen, in sorgfältiger Kritik die beachtenswerthen Theorien zu prüfen, Richtiges u n d Verfehltes zu sondern, um, so belehrt, Neues und wenn möglich besser Gesichertes an deren Stelle zu setzen« (Vorrede). In der T h a t ist eine gewissenhafte, gründliche Detailforschung in dem Buche n i e d e r g e l e g t und h a t es zu einem gelehrten W e r k e g e m a c h t . Vielleicht aber wäre es zur G e w i n n u n g eines mathematisch geschulten Leserkreises v o r t e i l h a f t e r gewesen, der kritischen Einzeluntersuchung weniger Spielraum zu bewilligen, dagegen der historischen Entwickelung des Zahlenbegrifl's bei den M a t h e m a t i k e r n nachzugehen und die eigene Ansicht in scharfen Zügen zum Ausdruck zu bringen. W e n n der Verfasser gesteht, sich »von den g e g e n w ä r t i g prävalirenden Ansichten nicht unerheblich zu entfernen,« so muss er vor allem danach trachten, die M a t h e m a t i k e r für seine Ansichten zu gewinnen. H u s s e r l sieht von vornherein in dein Begriff der Anzahlen den wahren und eigentlichen Fundamentalbegriff der A r i t h m e t i k , betonend, dass er sich
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Litteraturbericht.
in dieser Auffassung mit Mathematikern vom B a n g e eines D e d e k i n d und W e i e r s t r a s s b e g e g n e , während wiederum keine Geringeren als H e l m h o l t z , K r o n e c k e r und W. R. H a m i l t o n den Begriff der Ordnungszahlen f ü r die F u n d a m e n t i r u n g des Anzahlbegriffs als nothwendig erachten. Dagegen lässt sich fragen, ob es wirklich für den Philosophen angezeigt ist, die A u s g a n g s p u n k t e von W e i e r s t r a s s und K r o n e c k e r in stricten Gegensatz zu einander zu stellen , s t a t t Ausgleich und Verm i t t e l u n g in Betracht zu ziehen. Auf dem Gebiet der Physik z. B. hält man es nicht f ü r unvereinbar, bald die Bewegung, bald die Energie als Fundamentalbegriff zu benutzen. W a r u m sollen die Arithmetiker nicht W a h l f r e i h e i t haben, die Cardinalzahlen oder die Ordinalzahlen als Ausg a n g s p u n k t e zu benutzen, oder auch sich an geometrische Vorstellungen anzulehnen und mit der E r ö r t e r u n g der extensiven Grösse zu b e g i n n e n ? Die erste E r ö r t e r u n g des Anzahlbegriffs veranlasst den Verfasser zu scharfer Zurückweisung einer Aeusseiung J. St. M i l l s , die am Ende doch wohl nicht so »handgreiflich falsch« i s t , wenn man ihren guten Sinn herausbringt. M i l l s a g t : »Jede von den Zahlen zwei, drei, vier u. s. w. bezeichnet physische Phänomene und bezeichnet m i t eine physische Eigenschaft dieser Phänomene. Zwei zum Beispiel bezeichnet alle P a a r e von Dingen und zwölf alle Dutzende uud bezeichnet das mit, was sie zu Paaren oder Dutzenden macht, und dies ist etwas Physisches. denn man k a n n nicht leugnen, dass zwei Aepfel physisch unterscheidbar von drei Aepfeln sind , zwei Pferde von einem und so fort, dass sie ein verschiedenes sieht- und greifbares Phänomen sind« (S. 12). Dagegen meint H u s s e r l , dass die Zählbarkeit psychischer Acte oder Zustände schon diesen Gedanken als unzulässig erweise; vielmehr sei die Auffassung von L e i b n i z die richtige, nach welcher die Zahl ein universalissimum ist, »entstanden aus der Vereinigung irgendwelcher Dinge (entium), z. B, Gottes, eines Engels, eines Menschen, der Bewegung, welche zusammen vier sind« (S. 11). Auch L o c k e spricht sich ähnlich aus, und H u s s e r l g i p f e l t seine E r k l ä r u n g in dem Satze: »Auf die N a t u r der einzelnen I n h a l t e k o m m t es also in keiner Weise an« (S. 11). W e n n wir aber den g u t e n Kern aus den M i l l ' s c h e n Auslassungen herausschälen, so bedeuten diese, dass der Anzahlbegriff zunächst in der Zählung sinnfälliger Objecte sich entwickelt und dass Etwas von dieser Entwiekelung an ihm h ä n g e n bleibt, wenn wir auch schliesslich blosse Begriffe und psychische Acte und Zustände zählen lernen und uns mit L e i b n i z zu dem Begriff' einer Vierzahl erheben, u n t e r dem sich vier unzusammengehörige Dinge vereinigen lassen. Sobald man zugiebt, dass es auf die N a t u r der unter einem Anzahlbegriff zusammengefassten Dinge oder I n h a l t e »in keiner Weise« a n k o m m t , kann freilich die erkenntnisstheoretische Bedeutung der Zahl nur e r k a n n t werden »durch Reflexion auf den psychischen A c t , d u r c h welchen der Inbegriff zu Stande kommt« (S. 79). »Eine aufmerksame B e t r a c h t u n g der P h ä n o m e n e lehrt nun Folgendes: Ein Inbegriff entsteht, indem ein
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einheitliches Interesse und in und mit ihm zugleich ein einheitliches Bemerken verschiedene Inhalte f ü r sich h e r a u s h e b t und umfasst«. »Fragen w i r , worin die Verbindung b e s t e h e , wenn wir z. B. eine Mehrheit so disparater Dinge wie Hie Röthe, der Mond und Napoleon denken, so erhalten wir die A n t w o r t , sie bestehe bloss d a r i n , dass wir diese I n h a l t e zusammen denken, in einem Acte denken«. Für diese Art der V e r b i n d u n g h a t H u s s e r l einen eigenen N a m e n erdacht; er nennt sie »collectivc Verbindung«. »Die sprachliche Fixirung des Umstandes, dass gegebene I n h a l t e in collectivischer Weise verbunden seien . . . leistet f ü r unsere Sprache in vollkommen angemessener Weise die Conjunction Und« (S. 81). »Vielheit im Allgemeinen, so können wir uns j e t z t ganz einfach und ohne j e d e Umschreibung ausdrücken, ist nichts weiter als: irgend Etwas und irgend Etwas und irgend E t w a s u. s. w. oder irgend Eines und irgend Eines und irgend Eines u. s. w.; oder kürzer Eins und Eins und Eins u. s. w.« (S. 85). Dies Eins und Eins und Eins b r i n g t auch der Nestelschwab in dem hübschen Märchen h e r a u s , als er die Uhr schlagen h ö r t ; er verbindet die unterscheidbaren Einsen auch »collectiv«, indem er zu dem Resultat k o m m t : die Glocke hat a l l e w e i l e Eins geschlagen. W a r u m k a n n der dumme Kerl dennoch nicht bis drei z ä h l e n ? Nach H u s s e r l sind die Anzahlbegriffe Folgen von Begriffen, deren Deutlichkeit und leichte gegenseitige Unterscheidbarkeit ausser Frage zu stehen scheint; »Eins und Eins ist scharf unterschieden von Eins, Eins und Eins, dieses wieder von Eins, EinB, Eins und Eins, u. s. f.« 96). Man könnte also denken, dem Schwaben h ä t t e bloss die Möglichkeit gefehlt, eine collective Vielheit von einer anderen zu unterscheiden. Ich meine, es fehlen ihm vielmehr die Ordnungszahlen, und er h ä t t e zu lernen, dass es Zwei schlägt, wenn es Eins und nochmals Eins schlägt, Drei, wenn auf das zweite Eins noch ein Drittes folgt. Aber H e l m h o l t z und K r o n e c k e r finden keine Gnade bei H u s s e r l . »Die Quelle der merkwürdigen Missverständnisse, in welche die beiden berühmten Forscher verfallen sind«, liegt nach diesem »in der Missdeutung des symbolischen Zählungsprocesses, den wir blind gewohnheitsmässig üben. W i r verfahren dabei so, dass wir den Gliedern der zu zählenden Menge die Zahlnamen mechanisch z u o r d n e n , und dann den letzterforderten N a m e n als den der gesuchten Zahl ansehen« (S. 197). »An den äusserlichen und blinden Process haben jene grossen Mathematiker sich n u r gehalten, seine symbolische Function v e r k a n n t und so Zeichen und Sache verwechselt«. Mit der Kritik von H e l m h o l t z und K r o n e c k e r schliesst der vorwiegend kritische erste Theil des vorliegenden Bandes. Die an der kritischen E r ö r t e r u n g entwickelte G r u n d a n s c h a u u n g H u s s e r l ' s , deren charakteristischste Momente herauszuheben ich oben versucht habe, findet in der zweiten Hälfte des Bandes zur E r l ä u t e r u n g der symbolischen Anzahlbegriffe und zur Aufzeigung der logischen Quellen der Anzahlen-
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Arithmetik Anwendung. Die polemisirende Kritik tritt hier zurück; sogar die psychologischen Begründungen werden seltener, und das Hauptgewicht scheint auf die logisch unanfechtbare Fortschreitung vom bereits Festgestellten zu neuen Punkten gelegt zu sein. Daher verlangt das Studium des Buches ein gründliches Eingehen iiuf alle Einzelheiten. Wir wünschen dem Verfasser, dass nicht nur die Philosophen, sondern auch zahlreiche Mathematiker sich die Mühe dieses Studiums nicht verdrießen lassen. Marburg.
A. E l s a s .
Gustav Theodor Fechner (Dr. Mises). Ein deutsches Gelehrtenleben. Von Prof Dr. jur. J. E. Kuntze, Geh Hofrath. Mit drei Bildnissen. Leipzig, Breitkopf und Härtel 1892. X u. 372 S. 8". Der Biograph F e c h n e r s hat als Neffe und Pflegesohn dem gefeierten Gelehrten nahegestanden und ist als Leipziger Professor immer in seiner Nähe geblieben. Wer hätte zuverlässiger lind ausführlicher über den Lebensgang F e c h n e r s , seine Lebensgewohnheiten, den Freundeskreis seines Hauses und dergleichen berichten können, als K u n t z e ? Leider aber hat dieser nicht nur gethan, was er konnte, sondern darüber hinaus sich an eine Aufgabe gewagt, der er nicht gewachsen war. An eine wissenschaftlich-kritische Würdigung der litterarischen Persönlichkeit F e c h n e r s darf nur herantreten, wer philosophische Schulung mit naturwissenschaftlicher Bildung vereinigt und — da F e c h n e r über religiöse Begriffe philosophirt hat — religiösen Erörterungen sowohl Verständniss als Toleranz entgegenbringt. Nun macht K u n t z e zwar nicht den Versuch , die physikalischen Arbeiten, die psychophysischen Schriften und sonstigen naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen F e c h n e r s zu analysiren und zu erwägen, in welchem Maasse diese ihrer Zeit die Wissenschaft gefördert haben; davon hat ihn das Bewusstsein unzulänglicher Sachkenntniss abgehalten. Aber den Philosophen und Theosophen F e c h n e r zu beurtheilen unternimmt dieser Mann, der es ein Unglück nennt, »dass dieses deutsche Philosophiren« •— gemeint ist die Philosophie als Wissenschaft — »an dem W o r t e G o t t e s mit vornehmer Kälte vorüberging, dem Einfluss des Evangeliums im Grunde des Herzens und Kopfes verschlossen blieb, die Verschleierung unseres Geistesauges durch die Sünde nicht erkannte oder sie unterschätzte und die fragmentarische Art unserer menschlichen Erkenntniss und Einsicht mit menschlichem Forschen und Denken überwinden zu können sich vermass« (S. 184). Dass der materialistische, rationalistische, pantheistische F e c h n e r nicht vor der orthodoxen Kirchlichkeit, die Magddienste von der Philosophie verlangt, bestehen kann, bedarf wohl keiner näheren Erörterung. Das von der Verlagsbuchhandlung würdig ausgestattete Buch enthält als werthvollen Anhang W. W u n d t ' s pietätvolle Worte, gesprochen an seinem Sarge am 21. November 1887, und das auch in der 2. Auflage
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der »Elemente der Psychophysikc a b g e d r u c k t e chronologische Verzeichniss der W e r k e und Abhandlungen P e c h n e r s , zusammengestellt von Dr. med. B. M ü l l e r . Marburg.
A. E l s a s .
Zur neueren Psychologie. 1 ) Als eine besondere R i c h t u n g der modernen inductiven Psychologie könnte man die neuerdings mit besonderer Vorliebe gepflegte n a t u r wissenschaftlich begründete bezeichnen, die in der Hauptsache auf dem S t a n d p u n k t der Entwicklungstheorie stehend die Bildung unseres psychischen Organismus psychogenetisch zu erfassen sucht. Obschon die verpönte Speculation thunlichst mit Verachtung gestraft wird, so stellt sie sich doch häufig durch eine H i n t e r t h ü r unversehens wieder e i n , und der überzeugungstreue Empirist operirt plötzlich mit selbstgeschaffenen Idolen, denen er f r ü h e r unerbittlichen Krieg e r k l ä r t hat. Ich erinnere nur a n das Beispiel von H. T a i n e , der bekanntlich das Ich j e d e r m e t a physischen Substantialität entkleidet und es zu einem Gewebe von Ereignissen macht (Mill spricht von einer Möglichkeit von E m p f i n d u n g e n ) ; dann f ä h r t er f o r t : »Die K r ä f t e , Fähigkeiten oder Vermögen, die dem Gewebe eigen sind, sind Nichts, als die E i g e n s c h a f t , die irgend ein Ereigniss dieses Gewebes b e s i t z t , stets unter gewissen äusseren oder inneren Bedingungen irgend ein inneres oder äusseres Ereigniss zur Folge zu haben. Es ist also Nichts in dem Gewebe vorhanden, als seine Ereignisse und seine strafferen oder loseren Verbindungen, welche sie unter einander oder mit äusseren Ereignissen verknüpfen, und das I c h . welches dieses Gewebe i s t , e n t h ä l t ausser seinen Ereignissen und deren Verbindungen Nichts.« (Der Verstand 1, 273). In der T h a t eine wunderliche Ironie des Schicksals, dass derselbe Mann, der so u n e n t w e g t die Spielereien der grübelnden Speculation vernichtet, derselben groben Hypostasirung v e r f ä l l t , indem er den hier wirksamen F a c t o r zu einem rein passiven Reservoir für alle möglichen ihm völlig fremden Ereignisse und Vorgänge erniedrigt. So richtig im Allgemeinen der s t r e n g empirische Gesichtspunkt ist, so darf man doch nie vergessen, dass wir d a m i t nur das M a t e r i a l für unsere Schlussfolgerungen erh a l t e n , die letzten Endes immer (was man umsonst in Abrede zu stellen liebt) auch von erkenntnisstheoretischen Voraussetzungen beherrscht sind. Unter diesem Vorbehalt möchten wir im Folgenden auf ein soeben e r schienenes Buch von Th. Ribot hinweisen, dem bekannten Herausgeber der R e v u e philosophiqne, das jetzt in m u s t e r g ü l t i g e r deutscher Ueber-
' ) Mit besonderer Rücksicht auf das W e r k von T h . R i b o t , D i e Persönlichkeit. Pathologisch - psychologische Studien. Nach der v i e r t e n Auflage des Originals mit G e n e h m i g u n g des Verfassers übersetzt von Dr. phil. F. Th. F. Pabst. Berlin, G. Reimer 1894.
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setzung vorliegt und dadurch auch weiteren Kreisen zugänglich geworden ist. Zunächst ha.t der Verfasser unzweifelhaft R e c h t , wenn er auf den lange Zeit völlig vernachlässigten Unterschied des Bewussten und Unbewussten hinweist, wenn man sich auch freilich anderseits hüten sollte, das letztere Princip auf Kosten des ersteren zu einer kosmischen Macht ersten Ranges zu erheben. Unsere Persönlichkeit (so sagt man) — oder um es deutlicher auszudrücken, das Bewusstsein, welches joder Mensch von seinem augenblicklichen Zustande h a t , der wiederum mit früheren Zuständen zusammenhängt - kann immer nur ein sehr kleiner Theil unserer gesammten, latent in uns liegenden Persönlichkeit sein. Unter normalen Verhältnissen besteht zwischen der bewussten und der unbewussten Persönlichkeit eine hinreichend enge Verbindung. Wir sind für uns und Andere eine lebende Geschichte ohne erwähnenswerthe Lücken. Wenn aber in dem unbewussten (physiologischen) Substrat, aus dem Alles hervortaucht, bedeutende Gruppen unthätig bleiben, so kann das Ich sich selbst nicht in der Form erscheinen, welche es nach seinem früheren Vorleben haben müsste. Zwischen dem k r a n k h a f t e n und dem normalen Znstande besteht demnach nur ein gradueller Unterschied. Das Bewusstsein zeigt uns unsere Persönlichkeit jeden Augenblick nur von einer einzigen Seite, während dieselbe verschiedene Seiten besitzt (S. 92). Auch die auf dem socialpsychologischen Standpunkt basirende Ethnologie und mit ihr die auf demselben Grunde erwachsene vergleichende Rechtswissenschaft geht von derselben Voraussetzung aus, wie das ein scharfer Denker und Forscher auf diesem jungfräulichen Gebiete ganz anschaulich d a r l e g t : »Dasjenige, was wir unser Bewusstsein nennen, ist jedenfalls nur ein verschwindend kleiner Theil des seelischen Gesammtiebens, welches in uns wirksam ist. Wie ein leichtes Lichtgewölk schwimmt es über einem unergründlichen Ocean. Fortwährend steigen aus den Tiefen unserer Seele allerhand Bilder h e r a u f , aber nur wenige gewinnen so scharfe Conturen, dass sie uns bewusst werden. Weitaus der grösste Thei' unseres Seelenlebens, welches überall uns bewusst wird, wird uns nur als fertiges Resultat unbewusster psychologischer Processe bewusst, nicht im Processe seiner Entstehung. Ganz unbewusst bleiben uns die seelischen T h ä t i g k e i t e n , welche dem Kernpunkt unseres Wesens am nächsten liegen, die Thätigkeiten, welche uns einerseits ein Ich und andererseits eine Welt erzeugen. In dem Augenblick, wo das Kind zum ersten Mal sich seiner bewusst wird, sind Ich und W e l t bereits vorhanden; ihre Entstehung ist identisch mit dem Acte des Bewusstwerdens. Unbewusste Seelenthätigkeiten haben sie zusammengebaut, bis sie als fertige Bildungen jenen radicalen Gegensatz erzeugen, durch welchen der Mensch sich seiner und einer W e l t bewusst wird. Ganz unbewusst bleiben uns auch die seelischen Thätigkeiten, welche der Welt den Schleier des Sinnlichen und dem Ich den Schleier des Seelischen umhängen. Unsere W e l t ist nach allen uns an ihr zugänglichen Seiten durchaus ein Product un-
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bewusst in uns wirksamer Seelenthätigkeiten. L i c h t , W ä r m e , Farbe, Ton, Geschmack, Geruch, Druck. Gewicht, selbst R a u m und Zeit kommen nicht der W e l t an sich z u , sondern sind Erzeugnisse seelischer T h ä t i g keiten, welche den psychologischen Thätigkeiten unserer Sinnes- und Centraiorgane correspondiren und ein in uns erzeugtes Weltbild nach Aussen projiciren« (Post, Einleitung in das Studium der ethnologischen Jurisprudenz S. 11). Gerade in dieser Beziehung ist das reiche psychiatrische Material, das Ribot beibringt, höchst instructiv, um die allmähliche Umwandlung des bewussten psychischen Daseins in höchst u n k l a r e Zwischenzustände in all ihren Einzelheiten zu veranschaulichen. Wir können uns an dieser Stelle selbstverständlich nicht auf das Detail einlassen (körperliche Störungen der Persönlichkeit — Variationen der Persönlichkeit im normalen Zustande, Fälle einer doppelten Persönlichkeit — Störungen im Gemüthsleben — Umwandlung der Persönlichkeit, Verkehrungen des Geschlechtstriebes — lntellectuelle Störungen — Hallucinationen , Besessene und H y p n o t i s i r t e , Mystiker — und endlich die völlige Zersetzung und Auflösung der Persönlichkeit), sondern uns k o m m t es hier nur auf die etwaigen Schlussfolgi*rungen a n , die sich aus diesen Beobachtungen ergeben. Ribot leitet hieraus die Persönlichkeit als eine Coordinntion von Trieben und seelischen Zuständen ab, die sich ihrerseits höchst wahrscheinlich auf ein physiologisches S u b s t r a t des Organismus stützt. Seine zusammenfassende Schilderung, der wir einige Stellen entnehmen, l a u t e t s o : »Das Ich besteht zu einem grossen Theile aus den beinahe automatischen Zuständen und Handlungen, auf welchen bei jedem Individuum das körperliche Gemeingefühl und die gewöhnliche Lebenst h ä t i g k e i t b e r u h t ; diese Zustände und H a n d l u n g e n dienen allem Uebrigen als Grundlage, und jede noch so geringe oder vorübergehende Veränderung derselben wird sofort im Bewusstsein empfunden. Einen anderen wichtigen Theil des Ichs bilden die zu einem Ganzen verbundenen Empfindungen, Sinnesvorstellungen und Ideen, welche unsere gewöhnliche Lebenssphäre mit den daran g e k n ü p f t e n E r i n n e r u n g e n repräsentiren. Alle diese verschiedenen Elemente bilden einen Cotuplex von organisirten, fest m i t einander verbundenen Zuständen, welche sich nach den Gesetzen der Association gegenseitig hervorrufen. W i r constntiren hier einfach die Thatsache, ohne nach den Gründen derselben zu fragen. Alles, was neu oder ung e w o h n t ist, jede Aenderung im Zustand des Körpers oder seiner Umgebung, wird sofort aufgenommen und instinctiv als ein bereits vorhandenes oder noch fremdes E l e m e n t der Persönlichkeit eingeordnet. Dies geschieht jeden Augenblick, aber, wie gesagt, nicht vermöge eines klaren und deutlich ausgesprochenen Urtheils, sondern mit Hülfe einer unbewussten L o g i k , welche viel tiefer in der Seele b e g r ü n d e t liegt, als das bewusste Denken. Sollen wir diese natürliche, vom Willen u n a b h ä n g i g e , w a h r e Form der Persönlichkeit mit einem charakteristischen Ausdruck bezeichnen, so können wir sie eine G e w o h n h e i t n e n n e n , und in der 'l'hat muss sie eine solche sein, falls unsere T h e o r i e , welche in ihr nur
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den Ausdruck des Organismus sieht, dem w a h r e n Sachverhalt entspricht« (S. 44). So sehr man gegen den introspectiven S t a n d p u n k t auch eingenommen sein mag, den auch Ribot mit vollem Recht als unergiebig verw i r f t , so wenig scheint uns freilich mit der allerdings sehr verbreiteten E r k l ä r u n g der Gewohnheit g e w o n n e n ; denn es l e u c h t e t bei einigem Nachdenken sofort e i n , dass gerade d a d u r c h erst ein psychologisch sehr heikles Räthsel f ü r die philosophische Untersuchung gestellt w i r d , an dein allenfalls wohl die Biologie unbefangen vorüber gehen mag. Was sodann j e n e Coordination des geistigen Lebens anlangt, als deren Träger das Nervensystem anzusehen i s t , so ergiebt sich dies Resultat aus den verschiedenen charakteristischen E n t w i c k l u n g s t y p e n des Thierreiches sehr ungezwungen. Unser Gewährsmann resumirt seine U n t e r s u c h u n g abschliessend in folgender D a r s t e l l u n g : » Der Organismus und seine höchste V e r t r e t u n g , das G e h i r n , bildet die wahre Persönlichkeit, er enthält in sich die Ueberreste von Allem, was wir gewesen sind, und die Möglichkeiten alles dessen, was wir sein werden. In dem Organismus r u h t der gesammte individuelle C h a r a k t e r mit seinen activen und passiven Anl a g e n , mit seinen Sympathien und A n t i p a t h i e n , seinem Genie, seinem T a l e n t oder seiner T h o r h e i t , mit seinen Tugenden und L a s t e r n , seiner T r ä g h e i t oder U n t e r n e h m u n g s l u s t . W a s davon an die Oberfläche des Bewusstseins k o m m t , ist wenig im Vergleich zu d e m , was verborgen b l e i b t , obwohl es ir der Stille mitwirkt. Die bewusste Persönlichkeit ist immer nur ein geringes Theil der physischen Individualität. Wir dürfen demnach die Einheit des Ichs nicht mit den Spiritualisten als die Einheit einer absolut einfachen Substanz aulfassen, welche sich in mannigfaltige Einzelerscheinungen z e r s p l i t t e r t , sondern wir haben in derselben die Coordination einer gewissen Anzahl von unaufhörlich wechselnden Geisteszuständen zu erblicken, deren einzigen bleibenden Hintergrund das unbestimmte körperliche Gemeingefühl bildet. Die Einheit k o m m t nicht von oben, sondern von u n t e n ; sie ist nicht ein Anfangspunkt, sondern ein Entwicklungsabschluss« (S. 177). Gewiss ist Ribot im Recht, wenn er sich ebenso sehr gegen den S t a n d p u n k t einer transcendenten, völlig entwicklungsunfäbigen Substanz w e n d e t , wie gegen die bekannte Humesclie Auffassung des Ichs als eine9 »Bündels von W a h r n e h m u n g e n « ; aber trotzdem erscheint uns dieser stetige Proeess der Coordination aller seelischen Zustände schlechterdings unfassbar, wenn hierin nicht irgend eine Causaiität wirkt, die dies Geschehen (das sonst ein rein mechanisches wäre) beherrscht, und dieser Factor ist eben das Ich selbst, das an seiner eigenen Ausgestaltung unablässig arbeitet. Trotz aller äusseren Bedingtheit und B e s c h r ä n k t h e i t , t r o t z aller durch Vererbung und andere biologische Momente hervorgerufenen Determinirung unseres Selbst ist doch die weitere E n t w i c k l u n g mehr oder minder unser eigenes W e r k , f ü r das wir mithin auch fortan verantwortlich gemacht werden. In diesem begrenzten Sinne kann man noch unbedenklich von einer Substantialität unseres Charakters r e d e n , die eben n i c h t , wie Ribot meint, nur physio-
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logisch begründet iat. Alle behandelten Störungen und Abweichungen vom normalen Verhalten beweisen n u r , dass eben für die allseitig harmonische Entfaltung unserer Persönlichkeit gewisse äussere Bedingungen vorhanden sein müssen, aber durchaus n i c h t , dass jener Process etwa eine Function der Materie sei; es ist wieder die alte unglückselige Verwechslung der Bedingung mit der Ursache. Dass wir mit dieser geforderten Continuität und relativen Selbständigkeit unseres Ichs nicht mit Fichte eine Urthat und Selbstsetzung desselben aus irgend einem kosmischen Urnebel heraus oder mit Kant einen schlechthin neuen Anfang des Geschehens behaupten wollen , bedarf wohl keiner besonderen Betonung, aber anderseits darf u. E. der organische Zusammenhang psychologischer und erkenntnisstheoretischer Probleme nicht verwischt werden. Ira Uebrigen können wir das interessante Buch (das eine passende Ergänzung des vor Jahresfrist erschienenen: Der W i l l e ' ) bildet) nur angelegentlichst dem Studium empfehlen. Ths. Achelis.
Die Bedeatung der theologischen Vorstellungen für die Ethik. Von Dr. Wilhelm l'aszkowski. Berlin, Mayer u. Müller. 1891. V u. 92 S. 8°. Der Verfasser h a t die Absicht, durch eine P r ü f u n g des geschichtlichen Verhältnisses zwischen Religion und Moral einen Beitrag zu der Frage zu liefern, wie sich die Weiterentwicklung dieses Verhältnisses in Gegenwart und Zukunft gestalten werde. Jene P r ü f u n g erfolgt auf doppelte Weise: zuerst durch den Nachweis, dass alle weltgeschichtlich bedeutenden Formen der Religion eine gewisse Fülle ethischen Gehalts in sich bergen und zugleich einen bestimmten Typus praktischer Weltanschauung zum Ausdruck bringen; sodann durch eine Untersuchung des ethischen W e r t h e s einzelner Bestandtheile, welche sich in allen Religionen gleichmassig vorfinden. Hier werden Aberglaube, Askese, Ritualismus, Dogma und direkt unsittliche Vorstellungen, welche in den Zusammenhang fast aller Glaubenssysteme aufgenommen sind, als Nachtheile der Religion für die E t h i k e r ö r t e r t , Kultus und Unsterblichkeitsglaube als Förderungen der Ethik. Diese Bilanz des Pro und Contra, wenn ich so sagen darf, ist weder vollständig, noch erscheint sie mir logisch haltbar. Denn wer wird behaupten wollen, dass die Religion auf keine andere Weise dem sittlichen Leben nützlich werde als durch Kultus und Unsterblichkeitsg l a u b e n ? Ist die Verstärkung der sittlichen Normen durch die göttliche Autorität, welche dieselben verkündet, werthlos? Die Sanction der Gebote durch die von den Göttern geleitete N a t u r o r d n u n g ? Die Versinnlichung ethischer Ideale in den Gestalten der Götter, der Heroen, der Religionss t i f t e r ? Und ist es historisch gerechtfertigt, Ritus, Askese, Dogma so schlechthin auf das ethische Schuldconto der Religion zu setzen, als hätten diese Dinge immer nur sittlich schädlich und niemals auch erziehlich, ja 1) Gleichfalls von Dr. Pabst übersetzt.
Berlin, G. Reimer.
1893.
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Li t t e r a t ii rbe r i ch t.
u n t e r U m s t ä n d e n sogar in heroischem Sinne steigernd g e w i r k t ? Ebenso wenig ist es g e r e c h t f e r t i g t , in Kultus und Unsterblichkeitsglaube nur fordernde Momente zu sehen. Gleichwohl ist der Verf., wie viele seiner Ausführungen im Einzelnen beweisen, doch auf g u t e r S p u r und redlich bestrebt, zu einer v o r u r t e i l s losen W ü r d i g u n g des Verhältnisses von Religion und Moral durchzudringen. E r h a t ein richtiges G e f ü h l d a f ü r , dass wir es hier d u r c h g ä n g i g mit einem Wechselverhältnisse zu t h u n haben, j a dass die Religion im Laufe des geschichtlichen Lebens viel m e h r vom ethischen Geiste e m p f a n g e n als ihm gegeben hat. Aber zur vollen begrifflichen Klarheit scheint mir der Verf. nicht g e l a n g t zu sein. Das ist nicht wunderbar bei einem jugendlichen Schriftsteller, der zwar eine reiche L i t t e r a t u r citirt, aber die drei Bücher nicht k e n n t (oder wenigstens niemals e r w ä h n t ) , aus denen man für die Psychologie des religiösen W e s e n s m e h r leinen kann, als aus der ganzen übrigen L i t t e r a t u r z u s a m m e n g e n o m m e n : Ilume's N a t u r a l History of Religion, Beauchamp's Analysis of t h e Influence of Natural Religion on thc Temporal Happiness of Mankind (nach Benthams Manuscripten von Grote verfasst), und Feuerbach's Vorlesungen über das Wesen der Religion. Aus diesem Grunde e n t h ä l t gleich einer der grundlegenden Sätze der Schrift n u r eine halbe W a h r h e i t . »Religion und Moral haben beide die Tendenz, den Menschen zur A n e r k e n n u n g einer ihm übergeordneten und ihn verpflichtenden A u t o r i t ä t zu bringen. Die Vorstellungen von dieser Macht pflegen wir als religiöse, beziehungsweise sittliche zn bezeichnen«. Damit ist die Religion in ein viel zu enges und ursprüngliches Verhältniss zum Sittlichen g e s e t z t , und die entscheidende Differenz nicht genug betont. Der Mensch will in den Göttern die Bürgen seiner Wünsche h a b e n ; die Götter sind die objectivirten, als höhere R e a l i t ä t gesetzten Wünsche und Ideale des M e n s c h e n ; die Religion ein Kind der N o t h und des Bedürfnisses. Der Akt des Gebetes ist das psychologische Grundverhältniss der Religion. Gewiss, zu diesen Wünschen und Bedürfnissen gehören, wenn eine b e s t i m m t e Stufe der Entwicklung erreicht ist, auch ethische N o r m e n ; auch diese werden in den Göttern verkörpert und die Götter g a r a n t i r e n gewissermassen ihre Verwirklichung und E r f ü l l b a r k e i t . Hier ist die Basis einer stets vorhandenen Beziehung zwischen Religion und Moral. Aber diese Beziehung ist keine Identität. In der Religion kommen nicht nur die ethischen Wünsche des Menschen zum Ausdruck; und in der E t h i k k a n n der Begriff der Autorität vollkommen klar gedacht werden, ohne die Norm oder das ethische Ideal zu personificiren oder zu symbolisiren. Darum möchte ich die N o t w e n d i g k e i t einer principiellen T r e n n u n g des Ethischen vom Religiösen, welche der Verf. wegen der psychologischen V e r w a n d t s c h a f t beider ü b e r h a u p t nicht für möglich hält» sowohl aus praktischen wie aus theoretischen Gründen auf das E n t schiedenste befürworten. A u c h ich glaube, dass die Religion in keiner absehbaren Zeit, vielleicht niemals, u n t e r den Menschen aussterben wird. Aber gehört sie darum »zu den constitutiven Elementen« der menschlichen
Litterat u rbericht.
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N a t u r ? Der Verf. b e m e r k t o f f e n b a r nicht, dass e r m i t diesem l e i d i g e n Satze d i e j e n i g e n , welche k e i n e Religion h a b e n (und wie viele d e r Trefflichsten unseres Geschlechts g e h ö r e n d a z u ) , aus den Grenzen d e r Menschheit v e r b a n n t und i h n e n A e r g e r e s a n t h u t als d e r K e t z e r r i c h t e r der sie doch nur aus seiner K i r c h e a u s s c h l i e s s t ! W e i l es sicherlich i m m e r K u n s t in der Menschheit geben w i r d , g e h ö r t sie d a r u m zu den c o n s t i t u t i v e n Elementen der menschlichen N a t u r ? Ist der kein Mensch, w e l c h e r k e i n K ü n s t l e r oder K u n s t f r e u n d i s t ? W i l l m a n aber, wie das h e u t e m a n c h m a l in d e r V e r l e g e n h e i t geschieht, d e n Begriff d e r Religion so s t a r k destilliren, dass n u r noch der G l a u b e an d i e Möglichkeit des G u t e n in der W e l t z u r ü c k b l e i b t , so ist solche R e l i g i o n freilich vom ethischen Leben u n a b t r e n n b a r ; a b e r m a n möge d a r ü b e r k l a r sein, dass der Begriff der Religion in dieser R e i n h e i t weder eine B e g r ü n d u n g in d e r bisherigen Geschichte b e s i t z t , noch der m a n n i g f a c h e n und f r e m d a r t i g e n ZurüatuDgen b e d a r f , welche heute im N a m e n und z u m S c h u t z e der historischen Religion a l l e n t h a l b e n g e m a c h t werden. Prag.
Fr.
Jodl.
Die s i t t l i c h e Weltordnung'. Eine systematische Untersuchung Friedrich Traub. F r e i b u r g i. B. 1892. 8". (IV u 96 S.)
von
W i r d ü r f e n dem Verfasser d a n k e n , dass er diese n i c h t g e k r ö n t e P r e i s s c h r i f t veröffentlicht h a t . Sie ist u r s p r ü n g l i c h v e r a n l a s s t d u r c h die von der »Haager Gesellschaft zur V e r t h e i d i g u n g der c h r i s t l i c h e n Religion« g e s t e l l t e F r a g e : » W a s h a t m a n zu verstehen u n t e r sittlicher W e l t o r d n u n g ? Auf welchen G r ü n d e n r u h t ihre A n e r k e n n u n g , und in w e l c h e r B e z i e h u n g s t e h t diese A n e r k e n n u n g zu d e m religiösen G l a u b e n ? « Die D i r e c t o r e n der Gesellschaft g l a u b t e n T r a u b s A b h a n d l u n g n i c h t in die R e i h e i h r e r g e k r ö n t e n W e r k e a u f n e h m e n zu s o l l e n , da sie die von i h m b e f o l g t e e r k e n n t n i s s k r i t i s c h e M e t h o d e n i c h t zu billigen vermochten. Doch k o n n t e sich Verfasser d u r c h das im ü b r i g e n a n e r k e n n e n d e U r t h e i l e r m u t h i g t f ü h l e n , seine S t u d i e n a c h einer n o c h m a l i g e n U e b e r a r b e i t u n g zu p u b l i t i r e n , zumal die m e t h o d i s c h e n B e d e n k e n der Directoren seine U e b e r z e u g u n g n i c h t e r s c h ü t t e r t h a b e n , dass die »principielle S c h e i d u n g des t h e o r e t i s c h e n vom p r a k t i s c h e n E r k e n n e n « u n d die » B e g r ü n d u n g des l e t z t e r e n einerseits auf das S i t t e n g e s e t z , a n d e r e r s e i t s auf die g e s c h i c h t liche G o t t e s o f f e n b a r u n g « die einzige M ö g l i c h k e i t b i e t e , »die s i t t l i c h e W e l t a n s c h a u u n g des C h r i s t e n t h u m s in i h r e m R e c h t e zu erweisen« (S. III). T r a u b s t e h t , wie schon aus diesen A n d e u t u n g e n h e r v o r g e h t , auf d e m Boden der k r i t i s c h e n P h i l o s o p h i e u n d v e r w e i s t f ü r seine A u f f a s s u n g K a n t s a u f Cohen, S t a d l e r und H e r r m a n n (S. 5). Es ist n i c h t leicht, eine g e d r ä n g t e I n h a l t s ü b e r s i c h t seiner A r b e i t zu g e b e n ; ein H a u p t v o r z u g ist d i e grosse K n a p p h e i t des A u s d r u c k s , m i t w e l c h e r der Verfasser von A n f a n g bis zu E n d e den Leser e r f r e u t , o h n e dass die V e r s t ä n d l i c h k e i t d a r u n t e r im g e r i n g s t e n n o t h l e i d e t . Die auf w e n i g e Seiten z u s a m m e n -
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L i t t e r a t urbericht.
g e d r ä n g t e lichtvolle D a r s t e l l u n g der Grundgedanken des kritischen Idealismus in den ersten Abschnitten ist meines Erachtens ein Meisterstück. Sie r e p r o d u c i r e n , hiesse sie ausschreiben. Auch die übrigen Partien der A b h a n d l u n g zeichnen sich durch dieselbe Klarheit und Kürze aus. Daher möge hier nur aus der Anzeige der Verlagshandlung die wohl vom Verfasser selbst h e r r ü h r e n d e Uebersicht des Ganzen folgen. Die Schrift e n t w i r f t zuerst die Idee der sittlichen W e l t o r d n u n g , indem sie dieselbe aus den beiden Voraussetzungen der N a t u r o r d n u n g und des Sittengesetzes ableitet. Den Anspruch auf R e a l i t ä t , welcher der so bestimmten Idee der sittlichen W e l t o r d n u n g i n n e w o h n t , vermag nun aber das Sittengesetz f ü r sich allein nicht zu begründen. Denn als Gesetz des persönlichen Willens v e r m a g es nicht dafür zu b ü r g e n , dass auch die N a t u r seinen Ansprüchen sich fügt. Diese Bürgschaft leistet aber die religiöse W e l t a n s c h a u u n g des C h r i s t e n t h u m s , die ihrerseits wieder durch die geschichtliche Gottesoffenbarung getragen ist. Der Glaube an die sittliche W e l t o r d n u n g r u h t also auf den beiden Faktoren des unbedingten Sittengesetees und der geschichtlichen Gottesoffenbarung in ihrem u n t r e n n b a r e n Z u s a m m e n h a n g . Das gewonnene R e s u l t a t endlich sucht Verfasser dadurch sicherzustellen, dass es zu den Resultaten des theoretischen E r k e n n e n s in Beziehung gesetzt und das Letztere als integrirender Bestandtheil der sittlichen W e l t a n s c h a u u n g erwiesen wird. Das Buch ist von einem Theologen geschrieben (Traub ist Stadtpfarrer zu Leonberg in W ü r t t e m b e r g ) und wohl für einen zumeist theologischen Leserkreis b e s t i m m t . Daher auch die häufige Auseinandersetzung mit der durch die neuere Bewegung in der systematischen Theologie h e r v o r g e b r a c h t e n L i t t e r a t u r . Ich denke m i r , dass die Philosophen Traubs A u s f ü h r u n g e n als solchen bis zu einem gewissen P u n k t e nicht den Vorwurf machen werden , sie seien »theologisch«. Aber man b r a u c h t nicht Philosoph zu sein, um in dem theologischen letzten Theile der Schrift mehr als einmal sich zum Widerspruch veranlasst zu fühlen. Um die G e l t u n g der sittlichen W e l t o r d n u n g zu erweisen, h a t t e T r a u b zu zeigen g e s u c h t , dass die A n e r k e n n u n g dieser Geltung nur unter der Voraussetzung des christlichen Gottesglaubens möglich sei, wie sie auch u m g e k e h r t selbst zum Wesen des christlichen Glaubens gehöre. Selbstverständlich sieht er sich hierdurch in die Nothwendigkeit versetzt, das R e c h t , d. h. die W a h r h e i t des christlichen Gottesglaubens darzulegen. W e n n er nun b e t o n t , dieser Wahrheitsbeweis könne nur dem vom Sittengesetz ergriffenen Menschen gegenüber g e f ü h r t w e r d e n , der das Bedürfniss empfinde, der R e a l i t ä t des sittlichen Endzwecks gewiss zu sein ('S. 8 0 f . ) , wenn er weiter den Kantischen Versuch, die Geltung der religiösen W e l t a n s c h a u u n g ausschliesslich auf das Sittengesetz zu begründen, für ungenügend e r k l ä r t (S. 81 f.), so muss man fiiglicb erwarten. Verfasser werde u n t e r V e r m e i d u n g dieser letzteren Einseitigkeit seinen eigenen W a h r h e i t s b e w e i s so e i n r i c h t e n , dass jener religiös neutrale, nur vom Sittengesetz ergriffene Mensch nicht anders k a n n , als in dem
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christlichen Gottesgedanken das Bediirfniss nach der Realität des Sittichen Endzwecks befriedigt zu sehen. Statt dessen theilt er jenem religiös neutralen Menschen m i t , dass »der dem Gläubigen gegenwärtige Grund seines Glaubens« »die Offenbarung« ist. Man h a t den Eindruck, als stehe Traub auf der einen Seite eines Grabens und rufe den auf der anderen Seite Stehenden, die nicht wissen, wie sie hinüber kommen können, zu: »Wenn ihr erst auf meiner Seite stehen werdet, dann werdet ihr ganz genau wissen, wie ihr über den Graben gekommen seid.« lih glaube k a u m , dass durch eine solche Rede die Brücke über den Graben geschlagen wird. Weshalb giebt T r a u b nicht lieber ohne weiteres ZJ, dass es eine Brücke von der einen auf die andere Seite nicht g i e b t ? Gerade durch den Gedanken , dass die Religion auf Offenbarung beruhe, spricht doch der religiöse Mensch das Urtheil aus, dass er bloss als sittliches Wesen nicht im Stande gewesen ist, der Realität des sittlichen Endzwecks gewiss zu werden. In diesem Urtheil muss aber auch der Verzicht liegen, die Wahrheit des religiösen Glaubens b e w e i s e n zu wollen. Wem sollte er auch diese W a h r h e i t zu beweisen nöthig h a b e n ? Sich selbst? Schwerlich; sonst hätte er keine Offenbarung. Anderen, die religiös neutral sind? Schwerlich; denn er weiss selbst am besten, dass er nicht in der Lage i s t , Offenbarung weiterzugeben; d a m i t , dass er selbst sich von Gott ergriffen weiss, hat er nicht die Fähigkeit, Andere von Gott ergriffen werden zu lassen. Ich fürchte nicht, dass Traub mich missversteht, wenn ich behaupte, dass der Glaube nicht bewiesen werden kann , weil er nicht bewiesen werden will. Wir halten es doch nicht mehr für die Aufgabe der D o g m a t i k , die V e r n ü n f t i g k e i t des christlichen Gottesglaubens zu erweisen, sondern begnügen uns, oder vielmehr, wir haben uns die höhere Aufgabe gestellt, die Thatsache des christlichen Gottesglaubens zu verstehen und darzustellen, eine Phänomenologie des christlichen Bewusstseins zu geben. Wenn der Dogmatiker nur den Nachweis zu liefern im Stande ist, dass es n i c h t u n v e r n ü n f t i g ist, als moderner Mensch an Gott zu glauben, dann h a t er die apologetische Seite seiner Aufgabe gelöst. In diesen methodischen Gesichtspunkten glaube ich mich freilich mit Traub völlig eins zu wissen; auch er wird ja schwerlich der Religion die Flügel abschneiden und Krücken anbieten wollen. Aber weshalb will er »erweisen« , dass die Gewissheit der sittlichen W e l t o r d n u n g ausser auf dem unbedingten sittlichen Gesetz auch auf der Offenbarung beruhe? Für das religiöse Bewusstsein ist dieser »Erweis« ein Cirkel, eine Tautologie, für die religiös indifferente Betrachtungsweise ist er völlig unverständlich, ein Skandalon. Es wäre daher meines Erachtens richtiger gewesen, jenen Graben ruhig zu constatiren, meinetwegen ihn als recht tief zu beschreiben, dann aber den vom Sittengesetz ergriffenen Menschen drüben auf der anderen Seite zuzurufen: »Eine Brücke kann ich euch nicht schlagen, die giebt es überhaupt n i c h t ; aber vielleicht werdet, ihr einmal veranlasst herüberzuspringen« Den Ausführungen riiilosopb. Monatshefte, XXX, 7 u. 8. 29
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L i t t e r a t u rberieh t.
T r a u b s glaube ich also widersprechen zu müssen, weil ich ihre G r u n d voraussetzung, als seien sie das Stück eines »Beweises«, nicht theilen kann. Die u n t e r n o m m e n e »Beweisführung« sucht T r a u b nun dadurch sicherzustellen, dass er diese »praktische« Begründung des religiösen Glaubens zu den Ergebnissen des »theoretischen« Erkennens in Beziehung setzt (S. 84 ff.). So f u n d a m e n t a l verschieden ihm das praktische und das theoretische E r k e n n e n , Glauben und W i s s e n , sind, so dringend erhebt sich ihm die F o r d e r u n g , dass sie beide in demselben Subjecte sich zu einer einheitlichen Weltanschauui g zusammenschliessen. Mit besonderer Schärfe weist er die Meinung z u r ü c k , als könne diese Einheit dadurch hergestellt werden, dass man das religiöse E r k e n n e n als die gleichartige F o r t s e t z u n g des W e l t e r k e n n e n s erweise. Durch die Einmischung der Gottesidee in die causale N a t u r b e t r a c h t u n g w ü r d e das Welterkennen verf ä l s c h t , andererseits würde auch der Glaube verfälscht, wenn seine Obj e c t e mit den W e l t d i n g e n in eine Reibe gestellt würden. Vielmehr liege die Einheit in dem G e d a n k e n , dass die Idee der sittlichen Welto r d n u n g uns die ganze N a t u r w e l t als das Mittel für den sittlichen Endzweck erkennen lasse; eben in dieser teleologischen B e t r a c h t u n g sei die Einheit der W e l t a n s c h a u u n g g e w a h r t , indem die W e l t des Wissens und die W e l t des Glaubens sich zu einander verhalten wie Mittel und Zweck. Beide schliessen sich im Gedanken des Reiches Gottes als des sittlichen Weltzweckes zum einheitlichen Ganzen zusammen (S. 90 f.). So richtig mir dieser W e g auch zu sein scheint, so glaube ich doch, dass er an einer Stelle noch nicht ganz frei von Hindernissen g e m a c h t worden ist. T r a u b selbst d e u t e t diese Stelle an (S. 92). Zwischen Glauben und N a t u r w i s s e n s c h a f t sei zwar ein Conflict nicht möglich, wohl aber könne man meinen, zwischen Glauben und Geschichtswissenschaft sei der Streit unvermeidlich. Als Grund der Offenbarung h a t t e T r a u b die »geschichtliche Thatsaclie« der Offenbarung »erkannt«, als deren Träger die geschichtliche Gestalt Jesu uns e n t g e g e n t r e t e . Wie sei es aber, wenn die historische Forschung einmal jene Gestalt als ein Gebild der Sage erweisen könne, zu welcher der Glaube späterer Geschlechter sich verdichtet h a b e ? Diese Frage b e r ü h r t eine S c h w i e r i g k e i t , mit deren Beseitigung man neuerdings vielfach beschäftigt ist. Ob T r a u b sie beseitigt hat, erscheint mir fraglich. Er schafft sie durch den Machtspruch aus der W e l t , dass »die Ueberzeugung von der geschichtlichen W i r k l i c h k e i t Jesu, wie sie dem christlichen Glauben i n n e w o h n t , ü b e r h a u p t nicht das Ergebniss historischer Forschung sein könne. Schon deshalb nicht, weil diese immer n u r wahrscheinliche R e s u l t a t e erreicht, während der Glaube sich in der Sphäre der Gewissheit, nicht auf' der Scala grösserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit bewegt« (S. 93). »Wenn dennoch ein Historiker den Versuch wagt, die Geschichtlichkeit Jesu zu bestreiten, so ist es nicht die exaete Forschung, die ihn dazu zwingt, sondern seine W e l t a n s c h a u u n g , in welcher für die G e s t a l t Jesu kein Raum ist« (ebenda). G e n a u das-
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selbe könnte ein katholischer T h e o l o g von der geschichtlichen Wirklichkeit der heiligen J u n g f r a u b e h a u p t e n . In der katholischen Frömmigkeit h a t die Gestalt und zwar die mit ganz bestimmten religiös-sittlichen P r ä d i k a t e n ausgestattete Gestalt der Maria eine eminente Bedeutung, und der Glaube an diese Gestalt bewegt sich bei Vielen genau in derselben »Sphäre der Gewissheit«, wie der von T r a u b g e w ü n s c h t e Glaube an die geschichtliche W i r t l i c h k e i t Jesu. Man wird diese Analogie nicht durch die B e h a u p t u n g entkräften können, katholischer und evangelischer »Glaube« seien etwas ganz Verschiedenes. Denn so verschieden auch der Glaube des protestantischen Kantianers und der Glaube des katholischen Thoiuisteo hinsichtlich ihrer E n t s t e h u n g und ihres Objectes sind, so völlig berühren sie sich doch hinsichtlich des G e l t u n g s w e r t h e s der religiösen Ueberzeugung; beide bewegen sich in der »Sphäre der Gewissheit«, beide erklären mit stolzer Gewissheit, die W e l t aus den Angeln heben zu können. Nun behauptet die Geschichtswissenschaft, die traditionelle Gestalt der Maria sei das Produkt der Legende; der katholische Christ, der sich durch dieses traditionelle Marienbild »zur inneren Freiheit und zum inneren Frieden«, zur Ergebung und zur irdischen Seligkeit g e f ü h r t weiss, wird dem Historiker voll Mitleid sagen, sein R e s u l t a t sei nicht das Ergebniss historischer Forschung, sondern eine Consequenz seiner W e l t a n s c h a u u n g , in welcher für die Gestalt der Maria kein R a u m sei. W e n d e n wir diese Analogie auf die B e h a u p t u n g T r a u b s an. Von dem traditionellen Bilde Jesu wird zwar kein Historiker b e h a u p t e n , dass es in auch nur a n n ä h e r n d e r Weise ebenso durch die Legende beeinflusst sei, wie das der Himmelskönigin; aber jeder Historiker, der sich über den G e l t u n g s w e r t h der Ergebnisse seiner Forschungen über das »Bild«, d. h. den Charakter, die Persönlichkeit geschichtlicher Grössen klar ist, wird sich sagen, dass jede Reproduktion einer historischen F i g u r im allerbesten Falle nur den Anspruch auf Wahrscheinlichkeit erheben kann. Ueber chronologische Fragen, Institutionen und Ereignisse, E c h t h e i t s f r a g e n und ähnliche Dinge können wir in manchen Fällen s i c h e r e historische Urtheile gewinnen, auch über das Vorhandensein und die E i g e n a r t wissenschaftlicher, ästhetischer, sittlicher und religiöser Ideen in der Vergangenheit. W e r sich aber einbildet, er könne mit den Mitteln der historischen Forschung jemals die »Persönlichkeit« eines Menschen sicher reconstituiren, der befindet sich in einem methodischen I r r t h u m , uud wenn ihm im einzelnen Falle auch die reichlichsten d i r e k t e n und indirekten Quellen zu Gebote stehen sollten. Historische Charakteristiken haben eben bestenfalls nur den W e r t h wahrscheinlicher Urtheile. Für die Wissenschaft bleibt daher die Persönlichkeit Jesu stets, auch dann, wenn unsere Quellen noch besser wären, als sie sind, ein historisches Problem, ebenso wie die Persönlichkeit des P a u l u s oder Luthers. W e n n T r a u b also den Glauben auf die geschichtliche Thatäache der Offenbarung begründet und als deren Träger »die geschichtliche Gestalt« Jesu ansieht, so stellt er die wuchtigen Strebepfeiler seiner religiösen W e l t a n s c h a u u n g auf ein historisches Problem
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oder — wenn er lieber will, auf eine historische Wahrscheinlichkeit. Dadurch sehe ich das Interesse sowohl der dogmatischen Methode wie des christlichen Glaubens gefährdet; der dogmatischen Methode, weil das Problem durch ein Edikt nicht gelöst, sondern nur mundtodt gemacht wird; des christlichen Glaubens, weil dem religiösen Subjekte ein historisches Urtheil zugemuthet, weil ihm ein theoretischer Denkprocess abverlangt wird, vor dem der Glaube zurückschreckt oder den er mindestens für etwas religiös Indifferentes halten muss, von dessen R e s u l t a t er sich niemals a b h ä n g i g erklären kann, weil er sich über die »Welt« erhaben weiss. »Die Realitäten des Glaubens liegen über die exakte Wissenschaft hinaus« (S. 93). Allerdings! Aber weshalb c h a r a k t e r i s i r t T r a u b dann diese Realitäten durch den Begriff »geschichtlich«, der doch nur in der Wissenschaft einen Sinn h a t ? Wie wenig dem ernsthaften Streben des modernen historisch gebildeten Bewusstseins nach religiöser Gewissheit durch den blossen Verweis auf die »geschichtliche Gestalt Jesu« gedient ist, würde sich meines Erachtens sofort zeigen, wenn T r a u b einmal praktisch den Versuch machen wollte, uns seinen geschichtlichen Jesus zu beschreiben. Der Widerspruch zwischen »freier« Wissenschaft und christlichem Glauben, den der Verfasser beseitigt zu haben g l a u b t (S. 93), scheint mir, wenn ich mich auf seinen S t a n d p u n k t stelle, erst recht ein peinlicher geworden zu sein. Ich nehme an, in einem Historiker macht sich das Bedürfniss nach einer selbständigen Lösung des religiösen Problems g e l t e n d ; er sucht nach den letzten Grundlagen des Gottesglaubens. Von vornherein s t e h t ihm fest, dass ihm durch die eventuell e r r u n g e n e Glaubensgewissheit niemals die Möglichkeit unterbunden werden darf, die Erscheinungen der Geschichte mit den Mitteln der Historie zu untersuchen. W i r d er sein Sehnen nach Offenbarung befriedigt sehen können, wenn ihm eine rein historische Stellungnahme zur Person Jesu u n t e r s a g t w i r d ? T r a u b n i m m t den extremen Fall an, ein Historiker wage den Versuch, die Geschichtlichkeit Jesu zu b e s t r e i t e n (S. 98). Aber die historische S t e l l u n g n a h m e zur Person Jesu b r a u c h t doch nicht identisch zu sein mit einer Bestreitung ihrer Geschichtlichkeit. Man b r a u c h t daher auch nicht weiter den Muth zu b e w u n d e r n , mit dem einem solchen extremen S t a n d p u n k t e ohne weiteres die historische Qualification abgesprochen wird. Aber liegt es nicht in der Consequenz des Traubschen Kanons, die freie Untersuchung der geschichtlichen Person Jesu ü b e r h a u p t zu verbieten? Und wird nicht das Ben&ibele Gewissen des seiner Methode bewussten Forschers gegen jeden derartigen Versuch grundsätzlichen Widerspruch erheben, weil es das Misstrauen gegen ein F u n d a m e n t des Glaubens, das zu schwach ist, um die freie Ausübung des wissenschaftlichen T a g e w e r k s zu g e s t a t t e n , nicht loswerden k a n n ? Es ist mir beim Nachdenken über die besprochenen Ausführungen Trauba immer wieder die Frage gekommen, ob auf dem S t a n d p u n k t e der Religion ü b e r h a u p t ein Interesse d e n k b a r ist, die Religion zu stützen. Die genialen religiösen Erscheinungen der Geschichte haben eigentlich
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niemals dieses Bedürfniss empfunden, ihr Glaube t r u g sich selber, und die Verachtung der »weltlichen« Weisheit, die man bei vielen von ihnen constatiren k a n n , ist durchaus kein Zeugniss eines b r u t a l e n , bildungsfeindliohen Sinnes, sondern ein kraftvoller Protest gegen jeden Versuch, die Religion zu untergraben und — zu unterstützen. Marburg.
A. D e i s e m a n n .
lieber die Lehre vom genetischen Fortschritte der Menschheit, Rectoratsrede, gehalten zur Jahresfeier der Universität Giessen von II. Siebock. Giessen 1892. 18 S. gr. 8°. H. Siebeck's Rectoratsrede giebt eine kurze Darstellung der Idee des continuirlichen geschichtlichen Fortschrittes, die, von den Kirchenvätern, besonders von Augustin, theologisch, vom deutschen Idealismus metaphysisch , von A. Comte »positivistisch«, von H. Spencer und anderen biologisch begründet, der modernen Weltanschauung wesentlich ist, während sie dem klassischen Alterthum fremd war, das höchstens an ein periodisches Aufsteigen mit periodisch folgendem Niedergange geglaubt hat. Siebeck unterscheidet nun zwei Auffassungen des Fortschritts, die eine, die den Process ins Endlose fortgesetzt denkt und also in ihm selbst das absolut Werthvolle erblickt, die a n d r e , die, einen Endzustand als letztes Ziel annehmend, in diesem den letzten erreichbaren Zweck, den einzigen W e r t h sieht, während alle Vorstufen nur als Mittel werthvoll seien. In der letzteren Form des Fortschrittsglaubens , die übrigens H. Spencers ganze Ethik d u r c h d r i n g t , wird es Siebeck leicht, logische und ethische Antinomien nachzuweisen. Ein Zustand ohne weitere Entwicklung ist für uns undenkbar, weil aller unsrer E r f a h r u n g widersprechend. Wenn man aber die Vollkommenheit dieses Endzustandes als moralische versteht, so wird eben durch seine Kampflosigkeit, seine ruhige Vollkommenheit jedes Verdienst, also auch jede Moralität ausgeschlossen. Keine geringere Antinomie jedoch liegt nach Siebeck in der ersteren Auflassung, die in die Evolution selbst den Zweck und den Werth des Seienden setzt. Sie kann nicht eine Tendenz zu einem Idealzustande, also keine fortschreitende Verminderung des Uebels und des Bösen annehmen, sie k o m m t schliesslich darauf hinaus, dass »Glück und Leiden der Früheren dazu diene, Glück und Leiden der Späteren zu bedingen«, sie hebt gerade das Unterscheidende des Fortschrittsglaubens a u f , sie macht die Evolution zu einem ethisch indifferenten, rein dynamischen Processe. Die Lösung der Antinomien findet Siebeck in der Erkenntniss, die sich aus den Thatsachen der Entwicklung ergebe, dass der Fortschritt »nicht eine mit N a t u r n o t w e n d i g k e i t zu vollziehende Leistung, sondern eine Aufgabe bedeutet, die der menschliche Geist j e nach der Art seines Verhaltens zu lösen oder zu verfehlen in der Lage ist«.
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Litteraturbericht.
Diese Lösung s c h e i n t m i r n i c h t s w e i t e r als die v e r h ü l l t e A n n a h m e der A n s i c h t , d i e in d e m Evolutionsprocess selbst ohne R ü c k s i c h t auf i r g e n d welchen zu e r r e i c h e n d e n E n d z u s t a n d das W e s e n des geschichtlichen Geschehens findet. Freilich ist d a m i t nicht, wie Siebeck meint, auf j e d e ethische W i r k u n g dieses G e s c h e h e n s verzichtet, kein R ü c k s c h r i t t zum blossen N a t u r e r e i g n i s s g e m a c h t . Denn w e n n auch d u r c h den F o r t s c h r i t t sich keine S t e i g e r u n g des Glückes e r g i e b t , so k a n n doch d u r c h ein W i d e r s t r e b e n g e g e n ihn eine S t e i g e r u n g des U n g l ü c k s e r f o l g e n . W i e der Mensch den I n s t i n k t e n n i c h t sklavisch u n t e r w o r f e n i s t , sondern ihnen zu folgen oder zu w i d e r s t e h e n vielfach die freie W a h l h a t , so k a n n er a u c h dem N a t u r g e s e t z e d e r E n t w i c k l u n g des i m m e r m a n n i g f a l t i g e r e n , i m m e r complicirteren Lebens, d a s alles U n t e r m e n s c h l i c h e z w i n g e n d b e h e r r s c h t , m i t freiem Geiste g e h o r c h e n oder w i d e r s t r e b e n . Im l e t z t e r e n Falle wird er d u r c h v e r m e h r t e s Leiden biissen. Ich g l a u b e , die stoische F o r d e r u n g des n a t u r g e m ä s s e n L e b e n s lässt sich in diesem Sinne vom Individuum auf die g a n z e menschliche G a t t u n g ü b e r t r a g e n , dass d a s N a t u r g e m ä s s e eben die E n t w i c k l u n g sei. Diese Lösung scheint mir die einzige f ü r die A n t i n o m i e n , die im Bogriffe des F o r t s c h r i t t s k l a r a u f g e w i e s e n zu h a b e n der kleinen S c h r i f t V e r d i e n s t ist. Leipzig.
P. B a r t h .
Die P r o b l e m e im Begriff der G e s e l l s c h a f t bei A u g u s t e G e s a m t z u s a m m e n h a n g e s e i n e s S y s t e m s . Von H. Lictz. Dissertation). J o n a 1891. 97 S. 8°.
Comte im (Inaugural-
Diese Dissertation b e h a n d e l t den Centrillbegriff des w e s e n t l i c h e n Theils der C o m t e ' s c h e n Philosophie m i t B e s c h r ä n k u n g auf die D a r s t e l l u n g des Cours de philnsophie p o s i t i v e , ohne auf die P o l i t i q u e positive R ü c k sicht zu n e h m e n . Da Lietz selbst die l e t z t e r e als eine n i c h t z u f ä l l i g e F o r m des Systems a n e r k e n n t , (S. 70), so w a r diese B e s c h r ä n k u n g doch wohl n i c h t g e b o t e n . Der V e r f a s s e r g i e b t zuerst eine D a r s t e l l u n g des g e s c h i c h t l i c h e n Processes bei C o m t e , die im g a n z e n r i c h t i g ist u n d n u r eins vermissen l ä s s t : den N a c h w e i s , wie bei Comte durch den S t a n d der geistigen E n t w i c k l u n g d e r j e w e i l i g e n W e l t a n s c h a u u n g die ü b r i g e n Seiten des g e s c h i c h t l i c h e n L e b e n s , die P o l i t i k , die Ö k o n o m i e u n d die Kunst, b e s t i m m t w e r d e n . Den zwischen diesen vier G e b i e t e n o b w a l t e n d e n Z u s a m m e n h a n g h a t Comte ü b e r a l l a u f z u z e i g e n g e s u c h t als einseitige A b h ä n g i g k e i t der drei l e t z t e r e n G e b i e t e vom I n h a l t e d e r W e l t a n s c h a u u n g . D a n n w e n d e t er sich zu Comte's K r i t i k d e r m o d e r n e n Gesellschaft und den M i t t e l n , die er a n g i e b t , u m aus d e r in ihr h e r r s c h e n d e n »Anarchie« zu einer n e u e n d a u e r h a f t e n O r d n u n g zu g e l a n g e n . — Sowohl aus dieser l d e a l c o n s t r u c t i o n d e r Z u k u n f t als a u s der realen D a r s t e l l u n g d e r V e r g a n g e n h e i t g e w i n n t n u n Lietz die E l e m e n t e zn einer Definition d e r G e s e l l s c h a f t im Geiste des C o m t e ' s c h e n Systemes. Die F o r m u l i r u n g
Neu e i n g e g a n g e n e Schriften.
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derselben, die S. 58 gegeben -wird, ist richtig, sie wäre vielleicht durch einen d u r c h g e h e n d e n Gegensatz noch klarer und schärfer geworden, wenn nämlich Lietz das genus proximum, dem Comte die Gesellschaft unterordnet, den Organismus — vielleicht nach Comte's Biologie — näher b e t r a c h t e t und die specifischen Differenzen zwischen thierischem und socialem Organismus an der Hand der Comte'schen Lehre n ä h e r nachgewiesen hätte. In dem z w e i t e n , beurtheilenden Abschnitte der Schrift hebt Lietz richtig den Idealismus h e r v o r , zu dem Comte sowohl durch seine teleologische Auffassung der Menschengeschichte als auch durch die Absolutheit seiner moralischen Forderungen über seinen Positivismus emporgehoben wird. Zu den P a r a l l e l e n , die dabei zwischen Comte einerseits, K a n t , F i c h t e , J. St. Mill, K. Chr. Planck andrerseits gezogen werden , h ä t t e vielleicht noch eine Vergleichung mit Schopenhauer hinzukommen können. Denn auch bei diesem sind es die ethischen T h a t sachen, die über den empirischen Einzelwillen auf den metaphysischen Gesamtwillen hinausweisen. Im ganzen genommen ist die Schrift eine nützliche A r b e i t , die über gewisse H a u p t p u n k t e der Comte'schen Lehre g u t e Zusammenfassungen g i e b t . Leider ist sie, besonders in den französischen Citaten, durch m a n n i g f a l t i g e Druckfehler entstellt. Und noch eins möchte ich den Herrn Verfasser fragen. Darf man 6agen: »moralischer Idealist vom reinsten Fahrwasser?« (,S. 75). Die Bezeichnung »vom reinsten Wasser« gilt ursprünglich nur von Edelsteinen, besonders D i a m a n t e n , h a t also einen g u t e n , anschaulichen Sinn, den sie in Lietz W e i t e r b i l d u n g verliert. Leipzig.
P. B a r t h .
Neu eingegangene Schriften. M a a c k , F., Geeinte Gegensätze, II—IV. P i e t r a n t o n i o , St., Linee di protosofia. S c h w a r z , H., W a s will der kritische Realismus? U p h u e s , G. K , Ueber die Existenz der Aussenwelt (S.-A.). S i m o n , Th., Leib und Seele bei Feshner und Lotze. R e h m k e , Lehrbuch der allgemeinen Psychologie. W i e n e r , Chr., Die Freiheit des Willens. L a c h m a n n , J. J . , Das Ziel des Lebens und das in der dete ethische Gesetz. Eine Lebensanschauung. D i e S i t t l i c h k e i t s l e h r e als N a t u r l e h r e . S t e f f e n s e n , K., Zur Philosophie der Geschichte. Aus lass, mit Vorw. v. R. E u c k e n . M ü l l e r , F. Max, Anthropologische Religion, übs. von M. K e y s e r l i n g , Graf Alexander, Aus den Tagebuchblättern sophisch-religiöse Gedanken. D e i s s m a n n , G. A., J o h a n n Kepler und die Bibel.
N a t u r gegrün-
seinem
Nach-
Winternitz. des —. Philo-
Aus Zeitschriften.
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Âus Zeitschriften. Archiv für Geschichte der Philosophie. Bd. 7, H. 4. H. H ö f f d i n g , Die Continuität im philosophischen Entwicklungsgange Kants. — F. T ö n n i e s , Neuere Philosophie der Geschichte: Hegel, Marx, Comte. — J. K r e t z s c h m a r , Zu Descartes' Briefen. — Jahresbericht. Z e i t s c h r i f t für Philosophie nnd P ä d a g o g i k . J a h r g . I , IL I. 0 . F l ü g e l , Zur Eeligionsphilosophie und Metaphysik des Monismus. — E . W o l f , Noch einmal die Schmidt'sche Kirchengeschichte. — E. T h r ä n d o r f , E n t g e g n u n g . — 0 . W . B e y e r , Zur Errichtung pädagogischer Lehrstühle an unseren Universitäten (Forts). — E. M e y e r , Das Ziel des Geschichtsunterrichts. — Mittheilungen etc. T h e Philosophical R e v i e w . Vol. I I I , N. 3. J. P. G o r d y , The test of belief. — J. S e t h , Are we 'conscious a u t o m a t a ' ? — N. W i l d e , K a n t ' s relation to utilitarianism. — E. A d i c k e s , German Kantian bibliog r a p h y . — J. D e w e y , Discussion : The Ego as cause. — Reviews of books etc. — N. 4. F. T h i l l y , The freedom of the will. — A. L. I l o d d e r , The morality t h a t ought to be. — E. B. T i t c h e n e r , Affective attention. — E. A d i c k e s , German Kantian bibliography. — Discussions etc.
The American Journal of Psychology. Vol. VI, N. 3. F. B. Dr e s s l a r , Studies in t h e psychology of touch. — A. E. S e g s w o r t h , On t h e difference sensibility for t h e v a l u a t i o n of space difference with the help of arm movements. — E. W a t a n a b e , H. W . K n o x , M. F. W a s h b u r n , Minor studies from the psychological laboratory of Cornell University. — E. W . S c r i p t u r e , . Accurate work in psychology.— E. W . S c r i p t u r e , Some psychological illustrations of the theorems of Bernouilli and Poisson. — J. A. B e r g s t r ö m , The relation of t h e interference to t h e practice effect of an association. — Psychological literature etc. Revue philosophique de la France et de l'étranger. 19e année. N. 8. J. D e l b o e u f , L'ancienne et les nouvelles géométries. III. Les postulats de la géométrie euclidienne sont à la base des métagéométries. — B o u r d o n , Influence de l'âge sur la mémoire immédiate. — E. D u r k h e i m , Les règles de la méthode sociologique (fin). — Analyses etc. — T r a v a u x du laboratoire de psychologie physiologique. — N. 9. G. Mo tir e t , Le problème logique de l'infini. II. Valeur et grandeur. — A n i é l i n e a u , L'idée dans l'ancienne Égypte. Sa genèse et son développement. — J. d e L o r a i n , De la durée du temps dans le rêve. — Analyses etc. R i v i s t a Italiana di Filosofia. A. IX. Vol. II. Luglio-Agosto. F. d e S a r 1 o , La vecchia et la nuova frenologia. — P. d ' E r c o 1 e , C. L. Michelet et l'Hegelianismo. — Bibliografia etc.
Marburg.
U n i v e r s i t i i t s - B u c h d r u c k e r e i (R, Friedrich).
Das System der Künste. Eine ä s t h e t i s c h e
Studie
von
Oskar Kleinenberg. Zwei Knaben sitzen an einem Tische und der eine von ihnen baut ein Kartenhaus. — Schwerlich wird es der andere über sich gewinnen können, dem Bau ruhig zuzuschauen, er wird vielmehr darauf sinnen, wie er das luftige Gebäude zu Fall bringen könne ; und hat er das erreicht und seinem Kameraden das Spiel verleidet, so wird er — mit denselben Karten ein neues H a u s bauen. — Dies Bild aus der Kinderzeit wird sich jeden aufdrängen, der s i e h t , wie ein Aesthetiker nach dem andern sich abmüht, die Systeme seiner Vorgänger zu beseitigen, um selbst ein neues zu construiren. Da ist es denn nicht wunderbar, dass nüchterne Leute auf den Gedanken gekommen sind, die Construction von aesthetischen Systemen sei ein ebenso unfruchtbares Vergnügen, wie der Bau von Kartenhäusern. Unter den Aesthetikern hat sich Lotze in seiner Geschichte der Aesthetik in Deutschland auf diesen Standpunkt gestellt. Dafür ist er aber auch von einem der eifrigsten ästhetischen Systematiker nicht schlecht abgekanzelt worden. Dr. Max Schasler erklärt, nichts beweise entschiedener den ganzen geistigen Bankerott der Lotzeschen Richtung. Wenn wir nun auch nicht gerade so böse gestimmt sind, so ist doch nicht zu leugnen, dass die Gründe, die Lotze für seine Meinung anführt, schwach genug sind. Denn wenn er die Nutzlosigkeit eines Systems der Künste damit begründen will, dass ja im Leben u n d in der Wirklichkeit die Künste nirgends dazu bestimmt seien, in einer systematischen Reihenfolge sich zu gruppiren, so müsste man analog folgern, dass Linné, Jussieu, De Candolle und alle ihre Nachfolger eigentlich hätten warten müssen, bis sich die Pflanzen in der Natur von selbst nach ihren Systemen gruppirten. — Und wenn Lotze dann erklärt, selbst einer von den Anordnungen folgen zu wollen, die seiner Absicht bequem sei, so ist es ja zuzugeben, dass man auch ziemlich Philosoph. Monatshefte XXX, 9 u. 10.
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0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
bequem zur Miethe wohnen k a n n , die Vorzüge eines eigenen Wohnhauses sind aber doch im allgemeinen anerkannt. So wird denn wohl mit dem Errichten von ästhetischen Systemgebäuden fortgefahren werden, bis einmal ein haltbares wissenschaftliches Haus erbaut ist, in dem die Künste Platz finden, ohne in R ä u m e mit anderer Bestimmung gezwängt zu werden. — Wenn ich selbst mich nun den Kartenhausbaumeistern anschliesse, so habe ich wenigstens den Trost, damit niemand zu schaden; denn lesen werden meine Schrift doch nur Leute, die sich für die Frage interessiren, und wenn diese auch in ihr gar nichts Beachtenswerthes finden, so haben sie wenigstens das Vergnügen, in Gedanken mein Gebäude umzustürzen. — Ich selbst möchte dagegen die Arbeit des Niederreissens vorhandener Systeme möglichst beschränken; mich ihrer ganz und gar zu enthalten, ist leider nicht möglich, denn ich muss den G r u n d , auf dem mein Bau sich erheben soll, erst freimachen und ebnen. Bevor ich aber dazu schreite, will ich noch bemerken, dass ich sehr wohl weiss, wie schwer es mir selbst fallen w i r d , die Constructionsfehler zu vermeiden, die ich an den Systemen meiner Vorgänger bemerkt habe. Unter diesen Constructionsfehlern erscheinen mir drei als die verhängnissvollsten: die Aufstellung falscher Rangordnungen der Künste, die Durchführung falscher Analogien zwischen ihnen und die allzu scharfe Scheidung verwandter in einander übergehender und allzu abstracte Trennung zusammengehöriger mit einander verbundener Künste. Zwar der erste von diesen Fehlern ist sehr leicht zu vermeiden, man braucht nur einfach gar keine Rangordnung der Künste aufzustellen; denn die Aufstellung einer solchen ist nicht nur gefährlich, sondern auch nutzlos. Alle Erörterungen darüber, ob die bildenden oder die redenden Künste, ob Musik oder Poesie, Epos oder Drama, Sculptur oder Malerei höher zu stellen seien, haben neben einer gewaltigen Menge Gonfusion im besten Falle zutreffende Bemerkungen über die Verschiedenheit der einzelnen Künste, darüber was ihnen mangelt und was sie allein besitzen, zutage gefördert, und darüber kann man ebenso gut und besser handeln, ohne |den vermeintlichen R a n g der Künste zu erörtern. Ebenso grosses Unheil haben in der Kunstlehre falsche Analogien und Vergleiche angerichtet. Als Simonides die Malerei eine stumme Poesie und die Poesie eine redende Malerei nannte,
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0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
war das eine geistvolle B e m e r k u n g ; als die P e d a n t e n des 1 8 t e n J a h r h u n d e r t s darauf eine ästhetische Theorie g r ü n d e t e n , e n t s t a n d d a r a u s die Confusion, die Lessing in seinem Laokoon aufdecken musste. Unsere heutigen Aesthetiker aber sehen zum Theil von ihrer philosophischen Höhe auf Lessing als veralteten P o p u l ä r ästhetiker herab und wiederholen fröhlich in etwas v e r ä n d e r t e r Weise die alten Schnitzer der Zeit vor Lessing. Hier a b e r kann m a n sich nicht so einfach helfen wie im ersten Falle. Vergleiche sind nicht nur treffliche Mittel zur Belebung u n d Veranschaulichung der R e d e ; die consequenle D u r c h f ü h r u n g von Vergleichen und Analogien ist n o t h w e n d i g zur Feststeilung des Verhältnisses der Künste zu einander. Da hilft also n u r Klarheit und Vorsicht; und dasselbe gilt für den dritten Fall, in dem wir uns immer dessen bewusst bleiben m ü s s e n , dass die Grenzen der Künste i n e i n a n d e r iiiessen und doch b e s t i m m t werden müssen. Dr. Max Schasler hat unsere Frage in einer besonderen Schrift behandelt, die er betitelt: »Das System der Künste, a u s einem n e u e n , im Wesen der Kunst b e g r ü n d e t e n Gliederungsprineip« (Leipzig, 1882. 2. Aufl. 1885). Der A n s p r u c h auf Neuheit und ausschliessliche Geltung seiner Gliederung der K ü n s t e , der in diesem Titel liegt, ist n u n freilich meiner Ansicht nach in dem W e r k e selbst nicht so b e g r ü n d e t , dass es nöthig wäre, ihn besonders zu berücksichtigen; a b e r die Schaslersche Lösung der F r a g e h a t den Anschein grosser Einfachheit u n d d a d u r c h vielleicht die Aussicht, populär zu w e r d e n ; so ist sie z. B. schon in ein verbreitetes W e r k wie Lemckes Aesthetik in gemeinverständlichen Vorträgen (Leipzig, 6. Aufl. 1890. S. 273) ü b e r gegangen. Deswegen erscheint es nicht u n n ü t z , d a r a u f hinzuweisen, dass Scliaslers Eintheilung der Künste weder n e u noch gut ist. — Schasler gliedert die Künste in folgende zwei parallele R e i h e n , die zugleich eine aufsteigende Reihe repräsentiren sollen. 1. Architektur, 4. Musik, 2. Plastik, 5. Mimik, 3. Malerei; 6. Poesie. Dieselbe Eintheilung findet sich in R. W e s t p h a l s Griechischer R h y t h m i k u n d H a r m o n i k (2. Aufl. Leipzig. 1867. S. G) in folgender Gestalt: 30*
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0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
K ü n s t e der Bewegung K ü n s t e der R u h e u n d u n d der Zeit: des R a u m e s : Orchestik, Plastik, Musik, Architektur, Poesie. Malerei. Also g a n z dieselbe Gegenüberstellung (nur mit d e m Unterschiede , dass f ü r Mimik die Bezeichnung Orchestik steht), a b e r ohne die sehr fragwürdige Vereinigung zu einer Reihe. — W e s t p h a l theilt uns jedoch m i t , dass dies keineswegs eine von ihm ersonnene n e u e , sondern eine uralte Eintheilung sei, die in der Scholiensammlung zur G r a m m a t i k des Dionysius T h r a x (abgedr. b e P B e k k e r , Anecdota G r a e c a , p. 6 5 2 — 6 5 5 , 670) erhalten ist u n d wahrscheinlich auf die Schule des Aristoteles zurückgeht. Dies h o h e Alter könnte n u n natürlich der Eintheilung a n sich nichts s c h a d e n ; es f r a g t sich weiter, ob durch sie das erreicht w i r d , w a s Schasler beabsichtigt. Er b e h a u p t e t , dass n u r d u r c h die richtige Einfügung der Mimik, die eine echte, selbständige Kunst sei, als sechster in die Reihe der fünf allgemein a n e r k a n n t e n h o h e n Künste einconsequentes, innerlich begründetes Princip in das System der Künste zu bringen sei. Auf Schaslers Darlegung dieses Princips n ä h e r einzugehen, w ü r d e uns nicht n u r zu weit führen, sondern hat für u n s auch g a r keinen Zweck, da wir ja keineswegs eine kritische Beleuchtung der bisher aufgestellten Systeme beabsichtigen. Wohl aber ist es für uns von Interesse, festzustellen, wie weit Schasler die R e t t u n g der verkannten Mimik geluhgen ist, weil davon ja die Art der Eingliederung derselben in unser System a b h ä n g e n könnte. — Schasler e r k e n n t a n , dass die Mimik auf ihrer heutigen Entwicklungsstufe sich an B e d e u t u n g nicht e n t f e r n t mit den übrigen Künsten messen k ö n n e , sie sei e b e n theils in der Entwicklung zurückgeblieben, theils in Verfall g e r a t h e n . U n d d a f ü r h a t er a u c h den G r u n d h e r a u s g e f u n d e n ; er sieht diesen nämlich »darin, dass die Mimik nicht wie die Musik u n d Poesie (in der Noten- und Buchstabenschrift) ein künstliches Fixirungsmittel ihrer Productionen besitzt«. Daher verlangt er, dass m a n u n t e r Mimik als rechter Kunst weder die reproductive Schauspielkunst, noch bloss eine besondere Art der Mimik, den T a n z nämlich, verstehe, s o n d e r n e t w a s viel Allgemeineres u n d wesentlich Productives. U n d hinsichtlich des »Tanzes« b e m e r k t e r , dass
0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
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dieser z w a r , wenigstens in seiner u r s p r ü n g l i c h e n , noch in den Nationaltänzen erhaltenen edleren F o r m , eine sehr b e d e u t u n g s volle A r t der Mimik i s t , dass diese sich jedoch auf ihn nicht b e s c h r ä n k t , sondern über ihn in ein weiteres Gebiet liinausgreift, zu welchem u n t e r Anderem a u c h die »Pantomine« gehört (Schasler, Aesthetik. Leipzig u. P r a g 1886, Theil II, S. 208). W a s Schasler u n t e r dem A n d e r e n ausser" der P a n t o m i n e , worauf er in dem a n g e f ü h r t e n Salze geheimnissvoll hindeutet, versteht, verschweigt er wohlweislich, wir können uns also n u r an die drei Dinge halten, die er n e n n t : Schauspielkunst, P a n t o mine u n d Tanz. Die Schauspielkunst b e h a n d e l t er sehr von oben h e r a b als bloss reproductive K u n s t ; an ihr ist freilich keine R e t t u n g zu vollführen, denn sie ist weder zurückgeblieben noch e n t a r t e t ( m a n m a g dabei von ihrer gegenwärtigen R i c h t u n g denken, wie m a n will), sondern sie h a t sich fröhlich entwickelt, obgleich sie des directen Fixirungsmittels für ihre mimischen Geberden entbehrt. Das sollte d e n n doch schon etwas misstrauisch gegen die vermeintlich verhängnissvolle W i r k u n g dieses Mangels m a c h e n . Schasler scheint aber an eine geheimnissvolle produetive Mimik zu g l a u b e n , die beim Vorhandensein eines ebenso geheimnissvollen Fixirungsrnittels (denn m a n weiss ja leider gar n i c h t , was eigentlich fixirt werden soll) aus den P a n t o m i m e n oder ähnlichen Dingen K u n s t w e r k e von solchem W e r t h g e m a c h t hätte, wie die grossen D r a m e n der Weltlitteratur. Nun ist u n d bleibt aber die P a n t o m i m i k nichts weiter als ein u n v o l l k o m m e n e s Surrogat der Schauspielkunst., das von der S p r a c h e absieht u n d sich auf die Geberden b e s c h r ä n k t , die d a h e r , u m den Sinn n u r einigermassen erkennen zu lassen, drastischer u n d gröber geratlien müssen. Will m a n die P a n t o mimik verfeinern u n d v e r v o l l k o m m n e n , so m u s s m a n aus ihr e b e n wieder Schauspielkunst machen, u n d was d a n n zu fixiren i s t , d a s ist w i e d e r u m nichts als d r a m a t i s c h e Dichtung. — So bleibt also n u r die a n d e r e Seite, die K u n s t der rhythmischen K ö r p e r b e w e g u n g e n , der T a n z oder die Orchestik ü b r i g , eine K u n s t , die von rechtswegen gar nicht Mimik g e n a n n t werden k a n n , d a in diesem Ausdruck doch zu sehr die B e d e u t u n g der directen N a c h a h m u n g a u s d r u c k s v o l l e r , nicht rhythmischer Geb e r d e n liegt. — Freilich giebt es da ja ein grosses Zwischengebiet, in welchem r h y t h m i s c h e und eigentlich mimische Körper-
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b e w e g u n g e n vereinigt w e r d e n , den C h a r a k t e r t a n z , der die G r u n d l a g e des Ballets bilden sollte. Dass es auf diesem ganzen Gebiet mit Einschluss des bloss rhythmischen T a n z e s h e u t z u t a g e nicht zum besten bestellt ist, steht fest. Dass dies a b e r d u r c h den Mangel eines Fixirungsmittels v e r u r s a c h t ist, steht gar nicht fest; d e n n wie die Schauspielkunst sich an die Dichtung lehnt, so h a b e n die orchestischen Künste in ganz derselben Weise eine Kunst hinter s i c h , die a u c h ihr Fixirungsniittel besitzt, nämlich die Musik. — W e n n wir die antike T a n z m u s i k besser k e n n t e n u n d v e r s t ü n d e n , w ü r d e uns auch die antike Orchestik nicht ein so fremdes Gebiet bleiben. Freilich, um sie vollständig zu verstehen und sie wieder zu beleben, müssten wir a u c h noch die Naivetät der G r i e c h e n , ihr n ä h e r e s Verhältniss zur N a t u r h a b e n ; d a s betreffende mysteriöse Fixirungsniittel a b e r k ö n n t e n wir d a n n ruhig e n t b e h r e n . E d u a r d von H a r t m a n n w i d m e t in seiner »Aesthetik« d e r systematischen Kunstlehre eine eingehende E r ö r t e r u n g . Im ersten Theile b e h a n d e l t er dahin gehörige »Streitige F r a g e n a u s der K u n s t l e h r e « , im zweiten Theile entwickelt er ausführlich sein eigenes ästhetisches System. — Hier finden wir auf S. 626 folgende beiläufige B e m e r k u n g : »Die Richtigkeit oder a u c h n u r relative Ueberlegenheit einer Eintheilung lässt sich selten mit absolut zwingenden G r ü n d e n beweisen; sie m u s s d a d u r c h ü b e r concurrirende Eintheilungen im Laufe der Zeit siegen, dass ihre Vorzüge d e m U n b e f a n g e n e n als selbstverständlich einleuchten«. Das ist ein W o r t , das jeder in der H o f f n u n g auf den Erfolg seines eigenen Systems gern unterschreiben w i r d ; leider hat sich n u r bisher die H o f f n u n g auf den endgültigen Sieg in allen Fällen als trügerisch e r w i e s e n , und ich g l a u b e , das wird a u c h bei E. v. H a r t m a n n s System der Fall sein. Ich glaube sogar, dass es infolge seiner übermässig scharfen u n d abstracten Zergliederung der Künste wenig Aussicht auf allgemeine Z u s t i m m u n g h a t . U m s o m e h r kann ich mich auf die E r w ä h n u n g einer streitigen Frage beschränken, die E. v. H a r t m a n n entschieden zu h a b e n meint u n d deren Entscheidung er als g r u n d l e g e n d für sein u n d für jedes System betrachtet. Es handelt sich um die Stellung der A r c h i t e k t u r im System der Künste. Die Schwierigkeit, welche die A r c h i t e k t u r d a d u r c h der ästhetischen B e t r a c h t u n g bietet, dass bei ihr der aussei ästhetische i^vveck in besonders
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hohem Grade mitbestimmend erscheint, ist längst erkannt, und diese Zweiseitigkeit der tektonischen Kunst hat den meisten Aesthetikern viel Mühe gemacht. E. v. Hartmann erklärt nun, dass seine Vorgänger die richtige Lösung dieser Frage verfehlt hätten, weil sie nicht den Mut fassten, consequent zu sein. Er behauptet, dass die einzig richtige Entscheidung dadurch zu erzielen sei, dass man die eine Seite, die des ausserästhetischen Zwecks als unbedingt ausschlaggebend anerkenne; er weist daher der gesammten Tektonik mit Einschluss der höchsten architektonischen Kunstwerke ihre Stelle unter den unfreien Künsten an und verlangt, dass diese scharf und sauber von den freien Künsten geschieden w ü r d e n , von denen sie in der T h a t durch eine unüberbrückbare Kluft getrennt seien. Auf S. 595 im zweiten Theil seiner Aesthetik sagt er d a n n : »Dem unfreien Schönen ist die D i e n s t b a r k e i t zu einem ausserästhetischen Zweck w e s e n t l i c h , und selbst wenn man weiss, dass es zu diesem Dienste thalsächlich nicht mehr gebraucht werden soll, muss man doch ihm ansehen, dass es von diesem fingirten Zweck bis ins Kleinste bestimmt und von ihm als seinem immanenten Formbildungsprincip durchdrungen ist. Dem freien Kunstschönen hingegen ist die F r e i h e i t von jedem ausserästhetischen Zweck wesentlich, und wenn es doch nachträglich von den Menschen zu ausserästhetischen Zwecken gebraucht oder gemissbraucht wird, so muss dieser Gebrauch als etwas Z u f ä l l i g e s an dasselbe herantreten, auf dessen Eintritt bei seiner Formgestaltung niemals die geringste Rücksicht genommen werden darf. Also nicht das ist entscheidend, ob ein Object wirklich zu ausserästhetischen Zwecken gebraucht wird oder nicht — sonst wäre ja der Prunkofen ein freies Kunstwerk und die Kirchenmusik im Gottesdienst ein unfreies Kunstwerk; — sondern nur darauf kommt es an, ob der eventuelle Gebrauch zu ausserästhetischen Zwecken für die Existenz und Formgestaltung des Kunstwerks bestimmend war oder nicht«. Und weiter oben hat er auf derselben Seite gesagt: »Insoweit das freie Kunstwerk durch diesen Gebrauch oder Missbrauch zu ausserästhetischen Zwecken in seiner Beschaffenheit nicht geändert und beeinträchtigt wird, kann es in ruhiger Erhabenheit auf denselben herabblicken, etwa wie ein Schillersches Gedicht auf die Anstrengungen des Schulmeisters, an ihm Grammatik zu dociren, oder ein Beet-
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hovenscher Trauermarsch auf die Benutzung bei einem Leichenzuge«. — Nach v. H a r t m a n n wäre also Kirchenmusik als solche Musik (d. h. freie Kunst) zu definiren, die nach einem alten unästhetischen Gebrauch beim Gottesdienst in den Kirchen benutzt wird, was aber auf ihre Composition nicht den mindesten Einfluss haben darf und daher auch ihren Charakter als den einer freien Kunst nicht beeinträchtigen kann. Und die Benutzung eines Beethovenschen Trauermarsches bei einem Leichenzuge hält E. v. Hartmann offenbar für eine lächerliche Profanation. — Sollte also wirklich die altvaterische Meinung so ganz absurd sein, dass ein Leichenbegängniss eine ziemlich passende Gelegenheit zur Ausführung eines Trauermarsches sei, ja vielleicht bedeutend passender dazu als ein Goncert? Sollte wirklich Beethoven sich nur solche Zuhörer gewünscht h a b e n , die nur ja kein reales Gefühl der Trauer mitbringen und genügend ästhetisch gebildet sind, um hübsch darauf zu achten, dass sie ausschliesslich von ästhetischen Scheingefühlen bewegt werden? Und in welcher ästhetischen Barbarei steckte nach v. Hartmanns Auffassung noch Raffael, der sich nicht scheute, seine Sixtinische Madonna als Altarbild, ja, wenn Rumohr und Brunn init ihrer Hypothese Recht h ä t t e n , als Processionsfahne zu malen, v. Hartmann sieht eben merkwürdiger Weise nicht, dass die Gonsequenz seiner Auffassung unbedingt dazu führen muss, sämmtliche Werke der religiösen Kunst zu den unfreien zu rechnen, denn religiöse Kunstwerke, auf deren Formengebung der religiöse Zweck ohne Einfluss wäre, giebt es nicht, das wären überhaupt gar keine religiösen Kunstwerke mehr. — Führt so v. Hartmanns Consequenz ihn auf der einen Seite viel weiter, als er will, so zwängt sie ihn auf der anderen Seite in künstlich gezogene Grenzen. Er behauptet einfach, dass, abgesehen von der bloss ornamentalen Ausschmückung leer gebliebener Flächen, für die Schönheit eines Bauwerks ausschliesslich der adaequate Ausdruck der realen Zweckbestimmung massgebend sei. Also, je mehr man einem Gebäude ansehen kann, dass es seinem praktischen Bauzwecke entspricht, desto schöner ist es. Aber die Schwierigkeit besteht ja gerade darin, dass es damit nicht stimmt. Wäre die Sache so einfach zu erledigen, dann hätten unsere eisten Autoritäten auf diesem
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Gebiete, ein Bötticher, S e m p e r u. s. w. ihre g r o s s e n W e r k e ruhig ungeschrieben lassen können. W i e m a g sich a b e r v. H a r t m a n n z. B . die architektonische E r k l ä r u n g der Säulenhalle des griechischen T e m p e l s d e n k e n , die so ziemlich die ganze Schönheit dieses T e m p e l s b e d i n g t , für den realen Zweck d e s s e l b e n , die B e h e r b e r g u n g des Götterbildes, a b e r gänzlich irrelevant i s t ? — Eine besondere B e s t ä t i g u n g seiner Ansicht findet v. H a r t m a n n noch in dem, wie er meint, von den freien Kunstwerken vollständig abweichenden Verhalten der B a u w e r k e in zwei besonderen F ä l l e n : wenn sie nämlich vorn Maler wiedergegeben werden, und wenn sie für ihren realen Zweck u n b r a u c h b a r g e w o r d e n sind. In Bezug auf den ersten Fall s a g t er (Aesthetik, Theil II S . 5!)7): » W e r Bilder kopirt, oder S t a t u e n zeichnet oder malt, übt damit entweder bloss Vervielfältigung, oder treibt technische Studier), liefert aber keine neuen K u n s t w e r k e ; d a g e g e n sind die Landschaftsmalerei, a u c h wo sie bloss P r o d u c t e der Gartenkunst wiedergiebt, die Architekturmalerei sowohl in B e z u g auf E x terieurs wie auf Interieurs und die Stillebenmalerei in Bezug auf schöne Geräthe sehr wohl als Zweige der productiven freien K u n s t anzuerkennen. — Man kann sicher sein, d a s s alles, dessen malerische Abbildung nicht bloss Studien, sondern K u n s t w e r k e liefert, selbst noch nicht f r e i e s K u n s t w e r k sein k a n n , sondern nur unfreies K u n s t w e r k , falls es nicht N a t u r s c h ö n e s ist«. — N e h m e n wir nun an, ein Architekturmaler hole sich die ästhetische Richtschnur für seine künstlerische Thätigkeit a u s dieser Stelle d e s v. Hartmarinschen W e r k e s , und er h a b e den P l a n , ein G e m ä l d e des Platzes auf dem Capitol in R o m zu liefern, — w a s fängt der a r m e Mann d a mit der S t a t u e des Marc Aurel an, die dort steht ? Den S e n a t o r e n p a l a s t und die übrigen G e b ä u d e kann er nach diesem ästhetischen Princip für sein freies K u n s t w e r k brauchen, denn sie sollen j a noch unfreie K u n s t w e r k e sein, a b e r die S t a t u e ist selbst schon ein freies K u n s t w e r k , u n d er m u s s sie also nach dem R e c e p t als blosse technische Studie mitten in sein Kunstwerk p l a c i r e n , oder a b e r er m u s s sie g a n z unterschlagen. v. H a r t m a n n sieht eben n i c h t , d a s s er zwei sehr einfach zu unterscheidende Dinge zusammenwirft. Der Maler oder Zeichner kann von jedem beliebigen körperlichen Dinge eine blosse S t u d i e u n d ein Gemälde m a c h e n . Der Architekturm a l e r giebt uns eben nicht eine blosse Ansicht des betreffenden
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Werkes der Architektur, sondern er führt es uns von einem bestimmten Standpunkt, in einer bestimmten Beleuchtung, in dieser oder jener Luftstimmung vor, und warum das bei einem Werke der Bildhauerkunst unmöglich sein sollte, ist ebensowenig abzusehn, als es leicht ist, einzusehn, dass nur die letzteren Werke weniger Gelegenheit dazu bieten, als Bauwerke. Und in dem zweiten Falle handelt es sich bei v. Hartmann um eine ganz entsprechende Verwechslung. Wir finden darüber in seiner Aesthetik, Theil II, S.602 Folgendes: »Das todte Baukunstwerk erscheint dem Beschauer weit leichter als freies Kunstwerk, aber doch nur, weil es der Realität des Lebens abgestorben und geistig zur Ruine geworden ist. — Der Beweis für die Richtigkeit dieser Erklärung liegt in der Thatsache, dass bei lebenden Bauwerken jedes Zeichen des Verfalls den ästhetischen Eindruck s t ö r t , bei todten aber denselben e r h ö h t ; der bauliche Verfall ist nämlich bei lebenden Bauwerken zweckwidrig, bei todten nicht, vielmehr wird bei letzteren der elegische Eindruck der geistigen Ruine durch einen äusserlich ruinenhaften Zustand gesteigert, so lange der letztere das Erkennen der Formen nicht allzusehr erschwert«, v. Hartmann scheint fast zu glauben, dass die Baumeister der alten Zeiten beabsichtigten, mit ihren Bauten einen elegischen Eindruck hervorzubringen, sonst hätte er doch eine solche Verwirrung eines einfachen Thatbestandes vermeiden müssen. Die leisen Veränderungen der Oberflächen eines Gebäudes, die durch den Einfluss der Witterung hervorgebracht werden, stören den ästhetischen Eindruck ebensowenig wie die Patina den einer Bronze, sie erhöhen ihn im Gegentheil, da sie dem Kunstwerk den Charakter des Gewordenen, des Naturproduktes verleihen. Jede theilweise Zerstörung dagegen stört unbedingt den ästhetischen Eindruck jedes beliebigen Kunstwerkes, ganz gleich, ob es ein Werk der Architektur, Plastik oder Malerei ist. Der elegische Eindruck, den ein ruinirtes Kunstwerk hervorrufen kann, ist davon vollständig verschieden, kann aber auch ebensowohl durch eine verstümmelte Statue als durch eine Ruine hervorgerufen werden. So erscheint uns v. Hartmanns Theorie zwar sehr sicher ausgesprochen, aber sehr schwach begründet. Ich habe mir erlaubt, diese kurzen kritischen Bemerkungen vorauszuschicken, um nun im Folgenden ohne weitere polemische Excurse den Interessenten meinen bescheideneil Versuch eines Systems der Künste vorzulegen.
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I. W e n n wir a u s d e m w e i l e n R e i c h e d e r K ü n s t e beliebig einige r e c h t v e r s c h i e d e n a r t i g e K u n s t w e r k e h e r a u s g r e i f e n u n d z u s a m m e n s t e l l e n , w e n n wir z. B. d e n K ö l n e r Dom u n d einen R o m a n von Fritz R e u t e r , einen S t r a u s s s c h e n W a l z e r u n d Uaffaels D i s p u t a n e b e n e i n a n d e r s t e l l e n , d a n n e r s c h e i n t es nicht a u f f a l l e n d , d a s s es s c h w e r ist, so h e t e r o g e n e Dinge u n t e r einen H u t zu b r i n g e n ; es m u s s uns v i e l m e h r W u n d e r n e h m e n , dass in d e r g a n z e n A e s t h e t i k kein G r u n d s a t z so wenig W i d e r spruch e r f ä h r t , als d e r von d e r Einheit d e r K u n s t ; d a s s A e s t h e tiker, die sonst d i a m e t r a l e n t g e g e n g e s e t z t e A n s c h a u u n g e n v e r fechten, stets darin ü b e r e i n s t i m m e n , dass alle die v e r s c h i e d e n artigen K ü n s t e n u r v e r s c h i e d e n e A e u s s e r u n g e n einer u n d d e r s e l b e n menschlichen Geistesthätigkeit sind. J e d e h ö h e r e T ö c h t e r s c h ü l e r i n w i r d u n s ja s c h o n auf die F r a g e : » W a s ist die K u n s t ? « p r o m p t a n t w o r t e n : »Die K u n s t ist die D a r s t e l l u n g des S c h ö n e n « . — F r a g t m a n a b e r w e i t e r : » W a s ist d a s S c h ö n e ? « d a n n w i r d es mit der p r o m p t e n A n t w o r t h a p e r n , u n d s u c h e n wir die A n t w o r t in den W e r k e n der A e s t h e t i k e r , d a n n finden wir in j e d e m eine a n d e r e (oder a n d e r s gefasste) u n d in keinem eine befriedigende, so dass die Zahl der Skeptiker i m m e r grösser wird, die m e i n e n , d a s s mit d e m Begriff der S c h ö n h e i t ü b e r h a u p t n i c h t viel a u f zustellen ist. — In d e r T h a t ist die F r a g e : » W a s ist S c h ö n h e i t ? « im G r u n d e e b e n s o vorwitzig wie die a n d e r e : » W a s ist W a h r h e i t ? « W ä h r e n d wir u n s a b e r in Bezug a u f die letztere s c h o n g e w ö h n t h a b e n , u n t e r W a h r h e i t d a s zu v e r s t e h e n , w a s die W i s s e n s c h a f t s u c h t u n d ewig s u c h e n w i r d , v e r k e n n e n u n s e r e A e s t h e t i k e r d o c h noch i m m e r , d a s s a u c h d e r Begriff der S c h ö n h e i t e b e n n u r einen S i n n h a t als ein N a m e n f ü r d a s , w a s die K u n s t s u c h t ; sie v e r l a n g e n noch i m m e r , d a s s die A e s t h e t i k zuerst d a s W e s e n d e r S c h ö n h e i t v o l l k o m m e n klarstelle, u m d a n n j e d e r einzelnen K u n s t ihr legitimes Erbtheil z u z u t h e i l e n , w ä h r e n d wir es f ü r richtiger h a l t e n , den K ü n s t e n auf i h r e n W e g e n n a c h z u g e h e n , u m festzustellen, w o u n d wie sie d a s s u c h e n , w a s sie e r s t r e b e n . W i r h a b e n hier schon die K u n s t n e b e n die W i s s e n s c h a f t ges t e l l t ; a b e r diese N e b e n e i n a n d e r s t e l l u n g ist bei u n s e r e n h e u t i g e n A e s t h e t i k e r n n o c h s e h r v e r p ö n t , sie f ü h l e n sich meist n o c h v e r pflichtet, eine L a n z e f ü r d i e K u n s t g e g e n die W i s s e n s c h a f t zu b r e c h e n . J e d o c h k o m m t es d a b e i g e w ö h n l i c h auf einen K a m p f mit W i n d -
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mühlenflügeln hinaus, denn die alte Idee aus Baumgartens Zeit von der Kunst als dem Gebiet der »verworrenen Empfindungen« im Gegensatz zum klaren Denken in der Wissenschaft, und überhaupt die Anschauung von der Superiorität der Wissenschaft ist doch jetzt eine verklungene Sage; das neue Feldgeschrei der heutigen Naturalisten aber, die die Wahrheit und nicht die Schönheit als Ziel der Kunst proclamiren, klingt auch nur so schrecklich; suchen diese Revolutionäre wirklich die Wahrheit nur auf dem Wege der Kunst und nicht auf dem der Wissenschaft, so kann man sie ruhig suchen lassen; was sie etwa finden, wird sich denn am Ende auch als etwas entpuppen, was andere Schönheit n e n n e n ; verirren sie sich aber .auf den Weg der Wissenschaft, dann werden sie selbst den Schaden davon haben, indem sie den Erfolg ihrer Werke beeinträchtigen, denn dass die Kunst ein anderes Verfahren enizuschlagen hat als die Wissenschaft, das bestreitet doch heutzutage auch niemand mehr. Wir können also die Kunst ruhig neben die Wissenschaft stellen, wenn wir jetzt unsere Hauptfrage zu erörtern beginnen: W o und wie sucht die Kunst das, was sie erstrebt? - Auf diese Frage in ihrer Allgemeinheit antworten wir zunächst ebenso allgemein: Die Kunst sucht und findet ihre Aufgaben eben da, wo auch die Wissenschaft sie findet, aber sie bearbeitet sie auf die entgegengesetzte Weise. Wissenschaft und Kunst sind eben zwei verschiedene Weisen, die Welt zu erfassen, wobei wir unter dem Ausdruck Welt natürlich auch das innere Geistesund Gemüthsleben des Menschen begreifen. — Damit soll in der That gesagt sein, dass der Kunst gar kein Stoff versagt ist, wenn sie ihn nur künstlerisch bewältigen kann. Alle Versuche, das Gebiet der Kunst aus anderen Rücksichten einzuschränken, sind vergeblich gewesen; man kann ja freilich von sehr vielen Gegenständen sagen, dass sie der Kunst sehr ungünstige Aufgaben stellen, aber die Unmöglichkeit ihrer Bewältigung lässt sich niemals nachweisen. — Nur wenn es etwas vollständig Abgesondertes, ganz Alleinstehendes, rein Zufälliges geben könnte, dann könnte das nicht Gegenstand der Kunst, aber ebensowenig der Wissenschaft w e r d e n , so etwas könnten wir weder begreifen, noch künstlerisch darstellen. Denn alle menschliche Geistesthätigkeit beruht auf der Verknüpfung von Allgemeinem und Besonderem. Die Wissenschaft sucht das Allgemeine im
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Besonderen zu erkennen, indem sie es von den Einzeldingen und Einzelvorgängen abstrahirt und zu Art- und Gattungsbegriffen, zu empirischen, historischen oder Naturgesetzen zusammenfasst. — Sie schafft also allgemeine abstracte Gedankenproducte, die uns die Erkenntniss des in den vielen concreten Besonderungen Bestimmenden und Wirkenden geben, und sie hätte ihr unerreichbares Ziel erreicht, wenn sie einen höchsten Begriff, ein allgemeines Grundgesetz als das Bestimmende für die gesammte Welt nachweisen könnte. Die Kunst schafft u m gekehrt stets und ausschliesslich concrete Gebilde, aber stets solche, in denen wir irgend etwas Allgemeines zwar nicht mit dem Verstände e r k e n n e n , aber mit der Phantasie erfassen können. Die Kunst concretisirt das Allgemeine, sie hat zu zeigen, wie es sich in concreten Farben und Klängen u. s. w. verkörpert. Absichtlich habe ich hier nur die einfachen Begriffe »abstract« und »concret«, »allgemeine« und »besondere« gebraucht, für meinen Zweck genügen sie vollkommen. Aber freilich bin ich auch der Ansicht, dass es für die gesammte Aesthetik wie Segen w ä r e , wenn in ihr einmal vollständig aufgeräumt würde mit dem ewigen »Idealismus, Formalismus, Realismus, Ideal-Realismus« u. s. w . , wenn »Immanenz« und »Transcendenz« aus ihr verbannt w ü r d e n , wenn endlich einmal die unglückseligen Begriffe »subjectiv, objectiv und subjectiv-objectiv« in den Ruhestand versetzt würden. Alle diese Begriffe haben der Aesthetik nichts genützt, aber unsäglich geschadet. Durch ihre Unklarheit, Verschwommenheit, Vieldeutigkeit und abstracte Leere haben sie jene sterilen Speculationen, jenen öden Wortschwall verschuldet, der mit Recht die philosophische Aesthetik bei so vielen in Verruf gebracht hat, während auf der anderen Seite noch immer viele glauben, dass man ohne diese Worte?nicht auskommen k ö n n e , wenn man gegenüber dem anstürmenden rohen Naturalismus an hohen und edlen Grundsätzen in der Kunst festhalten will. — W ä h r e n d wir aber alle diese ominösen Worte einfach aus unserem Wortvorrath streichen können, ist das mit einer Reihe von anderen Begriffen nicht möglich, deren Gebrauch ebenfalls grosse Schwierigkeiten und Gefahren mit sich bringt. Bei solchen Begriffen werde ich deshalb immer kurz ausführen, in welchem Sinne ich
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sie ein f ü r allemal g e b r a u c h e , u n d mich dabei stets auf die B e d e u t u n g beschränken, die mir für meinen Zweck n o t h w e n d i g erscheint. Sollte sich dabei herausstellen, dass der eine oder a n d e r e Begriff von mir zu a b w e i c h e n d von der in der W i s s e n schaft sonst h e r r s c h e n d e n Begriffsbestimmung g e b r a u c h t wird, so handelt es sich doch schlimmstenfalls n u r um den schlechten Gebrauch eines Wortes, der sachliche Sinn a b e r wird d a d u r c h nicht alterirt. Solch ein unentbehrlicher Begriff ist der Begriff der künstlerischen P h a n t a s i e , ü b e r den ganze B ä n d e geschrieben und doch wenig Einigkeit erzielt worden ist. Ich g e b r a u c h e diesen Begriff n u r in seinem weitesten S i n n e , wo e r , e n t sprechend dem Denkvermögen für die wissenschaftliche Erkenntniss, das g e s a m m t e receptive und productive künstlerische Vermögen bezeichnet, also die Fähigkeit, Concretes so zu erfassen u n d zu g e s t a l t e n , dass es e t w a s Allgemeines in sich schliesst. Einigkeit h e r r s c h t d a r ü b e r , dass die P h a n t a s i e der Sinnesthätigkeit n ä h e r steht als der V e r s t a n d ; sie ist ja eben die Fähigkeit des Concretisirens im Gegensatz zum a b s t r a h l e n d e n V e r s t ä n d e ; a b e r zu wenig wird gewöhnlich dabei beachtet, dass a u c h für das Denken die Sinnesthätigkeit die u n e n t b e h r liche G r u n d l a g e b i l d e t , und dass auch die P h a n t a s i e nicht sowohl eine gesteigerte S c h ä r f e der Sinnesernpfindungen verlangt, als vielmehr die Fähigkeit, Sinneseindrücke zu begrenzen u n d als geschlossene, gesonderte Ganze zu erfassen, eine Fähigk e i t , die sich n u r an die beiden höheren S i n n e , das Gesicht u n d d a s Gehör, knüpft. Es genügt nicht, dass unsere Sehnerven afficirt w e r d e n , wir müssen eine begrenzte Gestalt s c h a u e n ; u n d was wir hören, darf nicht ein v e r w o r r e n e s Geräusch bleiben, wir müssen d a r i n einen geschlossenen Vorgang erfassen. Gestalten u n d Vorgänge erfüllen die g e s a m m t e W e l t : jene den R a u m , diese die Zeit. Das A u g e als R a u m s i n n vermittelt d a s Erfassen u n d Bilden von Gestalten, d a s wir A n s c h a u u n g n e n n e n ; das Z u s a m m e n f a s s e n von B e w e g u n g s - u n d Veränderungseind r ü c k e n zu einheitlich aufgefassten Vorgängen h ä n g t ebenfalls theihveise vom Gesichtssinn, vorzugsweise a b e r vom Gehör a b ; wir bezeichnen es in E r m a n g e l u n g eines treffenderen Specialausdrucks als E m p f i n d u n g im engeren Sinne. — So erhalten wir in A n s c h a u u n g und E m p f i n d u n g die doppelte G r u n d l a g e
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der Phanlasiethätigkeit, u n d damit zugleich den grundlegenden Unterschied zweier grosser Kunstklassen. Diese Zweitheilung ist d e n n auch längst u n t e r sehr verschiedenen B e n e n n u n g e n d u r c h geführt w o r d e n : bald w e r d e n bildende und e m p f i n d e n d e K ü n s t e unterschieden, bald K ü n s t e des Auges u n d des Ohres, des R a u m e s und der Zeit, der R u h e und der Bewegung, der Simultaneität und Succession u. s. w. Diese Verschiedenheit der N a m e n g e b u n g zeigt s c h o n , dass a u c h hier Klarheit und Einigkeit in der Abgrenzung der betreffenden Kunstgebiete noch s c h w e r zu finden sind. — Wollte ich a b e r die S c h w ä c h e n der verschiedenen Auffassungen und Bezeichnungen nachzuweisen suchen, so w ü r d e ich wiederum in eine Kritik so ziemlich sämmtlicher ästhetischer Systeme eintreten müssen. W e n n ich n u n wieder neue Bezeichnungen g e b r a u c h e , so beabsichtige ich d u r c h a u s nicht, dieselben als die allein möglichen und richtigen anzupreisen, sondern ich g e b r a u c h e sie n u r , u m das, w a s ich darlegen will, so einfach u n d klar zu sagen, als ich es v e r m a g . W e n n ich von G e s t a l t e n k ü n s t e n u n d V o r g a n g s k ü n s t e n r e d e , so spreche ich damit freilich die Ansicht aus, dass die erstercn die A u f g a b e h a b e n , uns in die ganze u n endliche Fülle ,der Gestalten einzuführen, die die N a t u r d a r bietet und die 'menschliche P h a n t a s i e b i l d e t , von der primitivsten Zickzacklinie bis zum erhabensten G ö t t e r b i l d , von der C h e o p s p y r a m i d e bis zum Murilloschen B e t t e l k n a b e n ; und ich glaube e b e n s o , dass die Vorgangskünste u n s dazu verhelfen sollen, das Leben u n d W e b e n der W e l t so stark u n d dabei so rein als möglich mitzuerleben. A b e r es genügt a u c h , n u r ganz trocken festzustellen, dass es unzweifelhaft eine Reihe von K ü n s t e n g i e b t , deren Thätigkeit darin b e s t e h t , Stücke des R a u m e s zu begrenzen u n d so Dinge zu s c h a f f e n , die wir u n t e r der ganz allgemeinen Bezeichnung der Gestalten begreifen, u n d eine a n d e r e Reihe, die u n s zeitliche Bewegungen und Verä n d e r u n g e n v o r f ü h r t , die wir als Vorgänge bezeichnen. Die Darstellungsmittel der ersten Reihe s i n d , wie Lessing sagt, F i g u r e n u n d F a r b e n im R ä u m e , o d e r , a n d e r s ausgedrückt, F a r b e n c o m p l e x e , Umrisslinien und (dreidimensionale) Körperf o r m e n ; die a n d e r e R e i h e operirt ausschliesslich mit L a u t äusserungen oder Klangbildungen (Tönen u n d W o r t e n ) u n d äusseren K ö r p e r b e w e g u n g e n . So erhalten wir den grundlegenden
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und durchgreifenden Unterschied zweier Kunstklassen, die mit einander im Grunde nichts gemein haben als die allgemeine Grundlage alles Kunstschaffens, die Phantasiethätigkeit, und die allgemeine Fundgrube aller Kunststoffe, die Welt. Aber sie repräsentiren getrennt die beiden Hauptseiten der Phantasiethätigkeit und sie theilen unter sich die Welt. — Freilich zeigt uns die Natur Gestalten und Vorgänge in unzähligen, unendlich wechselnden Verknüpfungen, und die Kunst muss ihr folgen, sie kann nicht wie die Wissenschaft das Eine vom Anderen abstrahiren; aber sie scheidet die beiden Gebiete klar und scharf; was uns die eine Kunstklasse bietet, ist stets noch eine Gestalt, wenn wir auch noch so viel Lebensthätigkeit, noch so viel Beziehungen auf Vorgänge in ihr erkennen; und was uns die andere Kunstreihe vorführt, ist stets schon ein Vorgang, wenn wir ihn auch nur aus äusseren Körperbewegungen entnehmen. Daher können die beiden Kunstreihen nur äussere Verbindungen mit einander eingehen, niemals können die von der einen Kunst geschaffenen Gestalten direkt die Träger der von der anderen Kunst dargestellten Vorgänge sein. Ebensowenig findet ein wirklicher Uebergang aus dem einen Kunstgebiet in das andere statt, und alle Versuche, diese beiden Reihen zu einer einzigen aufsteigenden Reihe der Künste zu verschmelzen, müssen verunglücken. Denn die durchgreifende Verschiedenheit der Darstellungsmittel begründet natürlich einen ebenso scharfen Unterschied in der praktischen Ausführung der den beiden verschiedenen Kunstgebieten angehörenden Kunstwerke. — Die Gestaltenkünste stellen ihre Kunstproducte stets in todtem oder doch wenigstens willenlosem Material d a r , die Vorgangskünste dagegen führen ihre Kunstproductionen durchweg durch lebendiges Material, durch darstellende Künstler, aus. Bei den Gestaltenkünsten fällt die Ausführung des Kunstwerks mit seiner Fixirung zusammen; ist es einmal ausgeführt, so bleibt es bestehen, bis es durch äussere Einflüsse zerstört w i r d ; die Productionen der Vorgangskünste dagegen verzehren sich selbst vor den Augen und Ohren des Publikums, ihre Dauer umfasst nur die Zeitmomente, die für den Ablauf der Vorgangsreihen nöthig sind; ihre Ausführung kann gar nicht fixirt werden, das Einzige, was bei den Vorgangskünsten fixirt werden k a n n , ist die Erfindung; dazu aber stehen nur willkürliche Zeichen,
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Schriftzeichen, zu Gebote, deren A u f z e i c h n u n g g a r kein K u n s t werk ergiebt, sondern n u r die Anleitung zur A u s f ü h r u n g desselben. Dieser praktische Unterschied ist von grosser Wichtigkeit, aber von unsern Aesthetikern viel zu wenig gewürdigt, obgleich schon an jener von W e s t p h a l a n g e f ü h r t e n Stelle der A n e c d o t a Graeca darauf die Eintheilung in apotelestisehe u n d praktische (oder musische) Künste g e g r ü n d e t w i r d , d. h. in solche Künste, die dem Beschauer fertig gegenüberstehen, und in solche, die ihm erst d u r c h die besondere Thätigkeit des S ä n g e r s , Schauspielers u. s. w. v o r g e f ü h r t werden. W i r h a b e n es also hier mit einem durchgreifenden Unterschiede der Künste zu t h u n , der immer b e s t a n d e n h a t u n d bestehen wird. — Aber dieser Unterschied ist nicht n u r ursprünglich, er ist auch der einzige ursprüngliche. Die Forschungen ü b e r die A n f a n g e der Kunst stecken zwar selbst noch in ihren A n f ä n g e n ; jedoch sind a u c h ihre scheinbar n u r negativen Resultate für unsere F r a g e wichtig. Sie haben m a n c h e n lange eingewurzelten I r r t h u m aus d e m W e g e g e r ä u m t , und wenn wir auch die E n t s t e h u n g und S o n d e r u n g der einzelnen Künste nicht nachweisen k ö n n e n , wenn wir a u c h noch nicht wissen, wie es damit gewesen ist, so wissen wir doch wenigstens zum T h e i l , wie es nicht gewesen sein k a n n . Heutzutage ist es nicht m e h r m ö g l i c h , die U r k ü n s t e in der A r c h i t e k t u r und im Epos zu erblicken, in Künsten, bis zu deren Ausbildung eine verhältnissmässig so hohe K u l t u r e n t w i c k e l u n g vorausgegangen sein mussle. Aber an den P l a t z , den die aegyptischen P y r a m i d e n und die Homerischen Epen r ä u m e n müssen, h a b e n wir keine W e r k e a n d e r e r Einzelkünste zu setzen. Es ist vielmehr charakteristisch f ü r die primitive Stufe der Kunstentwickelung, dass sich i n n e r h a l b der beiden K u n s t r e i h e n keine klare und entschiedene S o n d e r u n g vollzieht. — D a m i t sollen keine mystisch-idealen G e s a m m t k u n s t w e r k e der Urzeit construirt w e r d e n , es soll auch nicht geleugnet w e r d e n , dass einzelne sehr ursprüngliche K u n s t p r o d u c t e , wie z. B. einfach eingeritzte Z e i c h n u n g e n , den Anschein reiner differenzirter K u n s t ü b u n g d a r b i e t e n . — Aber es k a n n entschieden b e h a u p t e t w e r d e n , dass die primitive Kunst nicht n u r keine T e n d e n z zur S o n d e r u n g der einzelnen Künste zeigt, s o n d e r n a u c h positiv, d a s s in ihr die T e n d e n z w i r k t , die verschiedenen Kunstmittel in e i n a n d e r fliessen u n d sich vermischen zu lassen. A m e n t P h i l o s o p l i . M o n a t s h e f t e , XXX, 9 u. 10.
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schiedensten zeigt sich dies bei den V o r g a n g s k ü n s t e n , deren impulsiver C h a r a k t e r auf dem D r a n g e n a c h beinahe unbewussler A e u s s e r u n g des E m p f i n d u n g s l e b e n s durch Muskelthätigkeit, durch innere u n d äussere K ö r p e r b e w e g u n g e n b e r u h t . — Die inneren Bewegungen f ü h r t e n zu L a u t ä u s s e r u n g e n , in denen W o r t und T o n gewiss u r s p r ü n g l i c h unlösbar v e r b u n d e n waren, die äusseren B e w e g u n g e n b e s c h r ä n k t e n sich nicht auf einzelne Theile des Körpers u n d erschienen als u n t r e n n b a r e Verschmelzung des r h y t h m i s c h e n u n d des mimischen Elementes. Gerade diese äusseren K ö r p e r b e w e g u n g e n spielen in der primitiven Kunst die Hauptrolle, a b e r mit d e m primitiven T a n z ist stets Gesang verb u n d e n , u n d es b e d e u t e t schon eine weitere Entwickelungsstufe, w e n n T a n z u n d begleitender Gesang a n verschiedene Ausf ü h r e n d e vertheilt w e r d e n , wie dies z. B. bei den australischen C o r r o b o r r i - T ä n z e n der Fall ist, wo die Männer tanzen, die W e i b e r sitzend dazu s i n g e n , d e r Dirigent aber nicht n u r seine beiden Taktstöcke a n e i n a n d e r schlägt, s o n d e r n auch d u r c h Gesang u n d verschiedenartige K ö r p e r b e w e g u n g e n die Einheit des Ganzen z u s a m m e n h ä l t . — Vorläufig nicht zu entscheiden dürfte die F r a g e sein, ob für die epische Poesie noch eine a n d e r e Wurzel in ursprünglichen nicht gesungenen, mythischen Erzählungen zu suchen ist; dass a b e r die ursprüngliche Vortragsweise der mehr epischen Dichtungen eine Art Gesang w a r , bei der wir a u c h eine starke mimische Bethätigung des V o r t r a g e n d e n vorauszusetzen h a b e n , wird k a u m bestritten. — Nicht so innig scheint die V e r b i n d u n g der Kunstmittel in den Gestaltenkünsten zu sein, bei denen die A u s f ü h r u n g sowohl als der Genuss von vornherein einen m e h r b e s c h a u l i c h e n Charakter zu haben scheinen. — A b e r auch hier w e r d e n wir jedenfalls ursprünglich keine d u r c h g e f ü h r t e , oder a u c h n u r b e a b s i c h t i g t e , S o n d e r u n g in der A n w e n d u n g der Kunstmittel finden. Bildet die primitive Kunst noch keine consequent in Bezug auf ihre Körperlichkeit d u r c h g e f ü h r t e n Gestalten, so zielt sie n o c h weniger auf reine F l ä c h e n b e h a n d l u n g ab. — Sie b e n u t z t v o r g e f u n d e n e Körper zu ihren ersten Versuchen , sie s c h m ü c k t den menschlichen Körper u n d verziert G e r ä t h e u n d W a f f e n . D a n n entsprechen die primitiven Arten des Reliefs, wie d a s vertiefte, besonders diesem S c h w a n k e n zwischen K ö r p e r l i c h e m und F l ä c h e n h a f t e m . Die Relieffiguren w e r d e n bemalt, a b e r als eigentliches Kunstmitlel wil d die F a r b e
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feinste.
noch nicht verwendet, N a t u r w a h r h e i t erstrebt sie nicht. O r n a mentfiguren und Menschen- oder Thiergestalten w e r d e n in der naivsten Weise nebeneinander gestellt, wie auf jenen altgriechischen Reliefs u n d Vasen, wo die spiralen- u n d rosettenförmigen O r n a m e n t e alle Lücken füllen müssen, sei es a u c h zwischen den Beinen der Menschen und Pferde. — So finden wir in der primitiven Kunst stilisirte und naturalistische Gestalten oft vollständig u n vermittelt und ungeordnet n e b e n e i n a n d e r ; die Stilisirung beginnt unzweifelhaft sehr f r ü h , wohl mit den ersten K u n s t a n f ä n g e n , aber die naturalistische N a c h a h m u n g spielt in der primitiven K u n s t eine weit grössere R o l l e , als m a n ihr früher z u s c h r i e b , schon die T ä t t o w i r u n g e n der Wilden z. B. sind vielfach als N a c h bildungen von Gegenständen nachgewiesen. R e i n e Kunst in jedem Sinne suchen wir eben auf der primitiven Stufe vergebens, auf ihr bleibt die Kunst a b h ä n g i g vom praktischen Zweck u n d vom Material. Kein b e s t i m m e n d e s Ideal leitet die s p o n tanen u n d sporadischen K u n s t ä u s s e r u n g e n zu einem erstrebten Ziele; die Religion scheint auf die ursprüngliche Kunst einen weit geringeren Einfluss g e h a b t zu h a b e n , als u n s e r e Aesthetiker a n n a h m e n , die überall Symbolisches u n d Mythisches zu e r k e n n e n glaubten. — Künstler im engeren Sinne giebt es natürlich auf jener Stufe nicht, das Ursprüngliche ist ein u r w ü c h s i g e r Dilettantismus, der dem m o d e r n e n freilich so unähnlich wie n u r möglich ist. U e b e r h a u p t spielt die E r f i n d u n g iri der primitiven Kunst eine minimale R o l l e , sie ist wohl i m m e r a n die A u s f ü h r u n g g e b u n d e n , und der P h a n t a s i e r e i c h t h u m , den m a n c h e Aesthetiker den Urvölkern a n g e d i c h t e t h a b e n , ist nicht zu entdecken. Freie E r f i n d u n g w ü r d e von dem primitiven P u b l i k u m schwerlich als besonderes Verdienst a n e r k a n n t w e r d e n , alle A n e r k e n n u n g gilt noch der A u s f ü h r u n g . Daher bilden sich aus den anfänglichen Dilettanten a u c h zunächst keine Künstler, sondern K u n s t h a n d w e r k e r u n d Virtuosen, u n d a u s den A n f ä n g e n der Kunst e n t s t e h e n nicht direkt die einzelnen Künste, s o n d e r n m a n n i g f a c h e T e c h n i k e n . Diese h a b e n d a n n die Grundlage der K u n s t e n t w i c k e l u n g a b g e geben u n d zum Theil ihnen scheinbar gar nicht v e r w a n d t e K ü n s t e in ihrer Entvvickelung bestimmend beeinflusst; so h a t S e m p e r den mächtigen Einfluss der textilen Technik auf die A u s b i l d u n g der A r c h i t e k t u r aufgewiesen, und lange ist b e k a n n t , wie später die Keramik auf Bildnerei und Malerei eingewirkt h a t . So 31*
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wichtige Resultate wir aber noch von den weiteren Forschungen auf diesen Gebieten erhoffen, wir dürfen nicht e r w a r t e n , dass sie uns die Entstehung und Scheidung der einzelnen Künste vollständig nachweisen werden, denn diese Scheidung tritt zum Theil erst auf noch späterer Entwickelungsstufe ein. II. Der Rückblick auf die primitive Kunst konnte uns nicht zum Ziele f ü h r e n , aber er wird sich vielleicht als nicht ganz vergeblich erweisen, wenn wir jetzt von den Anfangen der Kunst hinüberblicken zu ihren jüngsten Resultaten, wenn wir sehen, wie herrlich weit wir es jetzt in der Sonderung der Künste gebracht haben. Freilich meinen manche vielleicht nicht ganz mit Unrecht, dass wir es in dieser Beziehung schon ein wenig zu weit gebracht h a b e n , sowohl in der Kunstpraxis als auch in der ästhetischen Theorie. — In der T h a t , wenn z. B. E. v. H a r t m a n n den ausdruckslos schönen Gesangsvortrag in ein Fach seines Systems der Künste t h u t , nämlich zu den formalschönen Künsten niederer Ordnung, den ausdrucksvollen Gesang aber in ein anderes, zu den einfachen freien T o n k ü n s t e n , die Operngesangskunst als Gesanggeberdenmimik in ein drittes, zu den mimischen Künsten, wenn er dann unter den zusammengesetzten Künsten die Vocalmusik als binäre Verbindung, die Instrumental-Vocalmusik als t e r n ä r e , und die Oper endlich als quaternäre Verbindung rubricirt, so ist nicht abzusehen, wohin noch andere Aesthetiker kommen können, die etwa die berechtigten Ansprüche der Klavierspieler auf besondere Classificirung des ausdrucksvollen Klaviervortrags berücksichtigen oder anderes dergleichen. Eine solche abstracte Zergliederung der Künste führt nicht zum Ziel, sondern auf Abwege. Wir werden uns an die vorhandenen concreten Künste halten und wollen von solchen ausgehen, deren Scheidung unzweifelhaft ist und die einen klaren Gegensatz innerhalb einer Kunstreihe bilden. Solche finden wir an den beiden Polen der Vorgangskünste in der Instrumentalmusik auf der einen Seite und der epischen Prosadichtung auf der anderen. Gemeinsam ist diesen beiden Künsten eine sehr wichtige negative Bestimm u n g : sie enthalten sich beide der Anwendung des einen Kunstmittels der Vorgangskünste, nämlich der Körperbewegungen.
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Z w a r absolut k ö n n e n sie d i e s e l b e n n i c h t a u s s c h l i e s s e n , im C o n c e r t wollen wir n o c h u n w i l l k ü r l i c h u n d mit R e c h t auf die B e w e g u n g e n des Violinspielers o d e r s o n s t i g e n V i r t u o s e n s e h e n , sie sind n i c h t v o l l k o m m e n i r r e l e v a n t f ü r u n s , s o n d e r n k ö n n e n die A u f n a h m e des V o r g e t r a g e n e n f ö r d e r n ; u n d selbst w e n n j e m a n d s t u m m f ü r sich einen R o m a n liest, d. h. ihn sich selber v o r l i e s t , so w e r d e n wir bei i h m i m m e r , u n d w e n n er noch so p h l e g m a t i s c h dasitzt, S p u r e n v o n inimischen M u s k e l b e w e g u n g e n e n t d e c k e n k ö n n e n ; d a s s a b e r diese B e w e g u n g e n als K u n s t m i t t e l g a r nicht m e h r v e r w e n d e t w e r d e n , ist k l a r . — G e m e i n s a m ist a l s o , positiv g e n o m m e n , d e n beiden g e n a n n t e n K ü n s t e n d a s a n d e r e Mittel d e r V o r t r a g s k ü n s t e , die K l a n g b i l d u n g ; dass sie a b e r vollständig v e r s c h i e d e n e , e n t g e g e n g e s e t z t e K l ä n g e b e n u t z e n , weiss j e d e r m a n n ; nicht so d u r c h a u s klar ist d a g e g e n , w o r i n dieser gegensätzliche Unterschied besteht. I m m e r noch wird dieser G e g e n s a t z h a u p t s ä c h l i c h d a r i n g e f u n d e n , d a s s die P r o s a d i c h t u n g a u f j e d e K l a n g s c h ö n h e i t v e r z i c h t e , die I n s t r u m e n t a l m u s i k d a g e g e n wesentlich auf ihr b e r u h e , w ä h r e n d d o c h die sinnliche K l a n g s c h ö n h e i t a u c h f ü r die I n s t r u m e n t a l m u s i k n u r a n d e m n a t ü r l i c h g e g e b e n e n Material h a f t e t u n d a u c h in ihr n u r dieselbe Rolle spielt, wie die Glätte, F ä r b u n g , d a s feine K o r n o d e r ein sonstiger Vorzug eines Gesteins in der A r c h i t e k t u r . Erst die V e r w e n d u n g dieser N a t u r s c h ö n h e i t des M a t e r i a l s a m richtigen O r t e e r h e b t a u c h diese sinnlichen E i g e n s c h a f t e n z u m K u n s t mittel. Der w a h r e U n t e r s c h i e d k a n n n u r d u r c h d a s K u n s t mittel, d u r c h die A r t d e r V e r w e n d u n g des M a t e r i a l s , hier also d u r c h die A n o r d n u n g der g e g e b e n e n K l a n g e l e m e n t e b e s t i m m t w e r d e n , und er b e s t e h t d a r i n , d a s s die I n s t r u m e n t a l m u s i k K l ä n g e z u r D a r s t e l l u n g m a t h e m a t i s c h b e s t i m m b a r e r , die P r o s a d i c h t u n g a b e r L a u t e z u m A u s d r u c k logisch b e s t i m m b a r e r V o r g ä n g e v e r a r b e i t e t . Ich will die e r s t e n k u r z e l e m e n t a r e , die zweiten b e g r i f f l i c h e V o r g ä n g e n e n n e n . Ich f i n d e diese N a m e n selbst n i c h t s c h ö n , a b e r ich h a b e keine b e s s e r e n g e f u n d e n . U n t e r e l e m e n t a r e n V o r g ä n g e n wollen wir also solche v e r s t e h e n , in d e n e n eine m a t h e m a t i s c h b e s t i m m b a r e Gesetzmässigkeit waltet, die wir a b e r begrifflich n i c h t erfassen u n d b e n e n n e n k ö n n e n , w ä h r e n d die begrifflichen V o r g ä n g e eben alle ä u s s e r e n u n d inneren, durch A n s c h a u u n g und E m p f i n d u n g der Auffassung verm i t t e l t e n B e w e g u n g s e r s c h e i n u n g e n u m f a s s e n , die w i r mit e i n e m
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b e s t i m m t e n N a m e n zu bezeichnen vermögen. Die begrifflichen Vorgänge erscheinen der P h a n t a s i e an Gestalten g e b u n d e n , sie erscheinen als Thätigkeiten u n d verlangen ein S u b j e c t ; wo die S p r a c h b i l d u n g eigentlich e l e m e n t a r e , subjectslose Vorgänge b e grifflich a u f f a s s t , da folgt sie der poetischen A n s c h a u u n g u n d substituirt ein S u b j e c t , w e n n a u c h n u r ein unpersönliches. Hierdurch gewinnt die Dichtung die Doppelseitigkeit der E m p f i n d u n g u n d A n s c h a u u n g , für die letztere schafft sie die G h a r a k t e r g e s t a l t e n , die sie der bildenden Kunst v e r w a n d t erscheinen lassen; aber direkt k a n n sie n u r Vorgänge darstellen, u n d da m u s s das von Lessing im Laakoon nachgewiesene Gesetz seine Geltung behalten, w e n n es a u c h wohl eine weitere, e t w a s weniger strenge Fassung zulässt. Die P r o s a d i c h t u n g ist zur Darstellung der begrifflichen Vorgänge auf das einzige Mittel des logischen S p r a c h a u s d r u c k s b e s c h r ä n k t , sie k e n n t kein a n d e r e s Kunstmittel. Dass sie d a m i t h a r t an die Grenze der Kunst ü b e r h a u p t rückt u n d oft genug Gefahr läuft, sich in das Gebiet der Wissenschaft zu verirren, die dasselbe Mittel für ihre Zwecke g e b r a u c h t , weiss j e d e r ; a b e r sie bleibt K u n s t , so lange sie die concreten Vorgänge so darstellt, dass wir ihre allgemeine Bed e u t u n g mit der P h a n t a s i e erfassen u n d nicht mit dem Vers t ä n d e ; dies ist der einzige, a b e r auch entscheidende Unterschied zwischen der epischen u n d der historischen Erzählung, dieser Unterschied sichert der Prosaepik ihren C h a r a k t e r als Kunst, W i r h a b e n der Instrumentalmusik die Prosaepik g e g e n ü b e r gestellt, u m den Gegensatz möglichst scharf hervorzuheben. Das Princip der I n s t r u m e n t a l m u s i k ist zunächst rein formal, es ist m a t h e m a t i s c h bestimmbare Regelmässigkeit. — Die Physik hat uns die m a t h e m a t i s c h e Bestimmtheit von T o n h ö h e u n d K l a n g f a r b e gelehrt, aber dies sind dem Musiker gegebene, von ihm zu benutzende Eigenschaften seines Materials. Sein eigentliches Kunstmittel ist die O r d n u n g der T ö n e , diese O r d n u n g a b e r n a c h R h y t h m u s , H a r m o n i e u n d Melodie b e r u h t auf d e m selben m a t h e m a t i s c h e n Princip der Regelmässigkeit. Dem gegenü b e r herrscht in der Prosaepik formal volle Unregelmässigkeit, die W o r t e sind nur nach ihrer Bedeutung zu ordnen, die F o r m scheint nichts zu bedeuten, der A u s d r u c k alles; w e n n der epische Dichter von der normalen logischen Wortfolge a b g e h t , so t h u t er dies n u r , um zu charakterisiren. Aber es wäre verfehlt, die
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Dichtung in P r o s a f o r m , den R o m a n u n d seine T r a b a n t e n , scharf losreissen zu wollen von der Epik in g e b u n d e n e r Rede. Diese stellt ganz ebenso begriffliche Vorgänge dar, u n d der R h y t h m u s , der ja freilich im M e t r u m der Verse als ein zweites Kunstmittel hinzutritt, darf doch nur eine Nebenrolle spielen, er bringt nicht die Darstellung e l e m e n t a r e r Vorgänge hinzu, sondern stellt n u r die begrifflichen Vorgänge als u n t e r den) W a l t e n e l e m e n t a r e r Gesetzmässigkeit stehend dar. Die Epik rriuss in jedem Falle Rede b l e i b e n , und wenn sie noch so schwungvolle metrische Rezitationen erheischt; die Epik endet, wo der Gesang beginnt. W o der Gesang beginnt, da endet a b e r auf der a n d e r e n Seite auch die I n s t r u m e n t a l m u s i k , u n d es entsteht nun die Frage, ob, ebenso wie auf der einen Seite die Epik ein Element m a t h e matischer Gesetzmässigkeit als Hülfsmittel v e r w e n d e n k a n n , so auch auf der a n d e r e n Seite die I n s t r u m e n t a l m u s i k im S t a n d e ist, dem Gesänge ein Moment begrifflich b e s t i m m t e n Ausdrucks zu entlehnen. Diese Frage hat den grossen Streit des Formalismus und Idealismus in der Musikästhetik hervorgerufen. In diesen Streit einzugreifen, h a b e ich weder die Absicht nocli die durch speciellere Kenntniss der Musik bedingte Möglichkeit. Gegenwärtig scheinen die F o r m a l i s t e n , die der I n s t r u m e n t a l musik jede Fähigkeit zu b e s t i m m t e m A u s d r u c k abstreiten, entschieden in der Minorität zu sein, a b e r die siegenden Gegner haben noch nicht die ihnen obliegende A u f g a b e gelöst, nachzuweisen, w o d u r c h die reine Musik b e s t i m m t e n Ausdruck hervorbringen k a n n und wie weit ihre Fähigkeit dazu reicht. Jedenfalls scheint m i r , dass m a n dieser Fähigkeit i m m e r nur die zweite Stelle, die Nebenrolle wird anweisen können neben der m a t h e m a t i s c h e n Regelnlässigkeit, die i m m e r die H a u p t g r u n d l a g e der reinen Musik bleiben u n d ihr die Darstellung logisch u n b e s t i m m t e r , e l e m e n t a r e r Vorgänge als wesentliche Aufgabe zuweisen wird. W i r sind n u n schon von beiden Seiten h e r , von den elementaren Vorgängen der Instrumentalmusik und von den begrifflichen der Epik auf ein Mittelgebiel gestossen, auf das Gebiet des G e s a n g e s , in welchem also offenbar beide, elem e n t a r e u n d begriffliche, Vorgänge zur Darstellung gelangen, natürlich nicht als Genienge, s o n d e r n in möglichst inniger Verschmelzung, so dass e n t w e d e r e l e m e n t a r e Vorgänge zugleich als begriffliche dargestellt w e r d e n , oder u m g e k e h r t begriffliche zu-
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gleich als elementare. Da wird aber von vielen die F r a g e a u f geworfen w e r d e n : W o bleibt denn die L y r i k ? Darauf muss die A n t w o r t l a u t e n : Sie ist schon d a , denn Lyrik u n d Gesang sind dasselbe, o d e r , w e n n m a n d u r c h a u s noch weiter theilen will, die lyrische Poesie bildet die eine Seite des Gesanges u n d stellt begriffliche Vorgänge zugleich als elementare d a r ; die a n d e r e Seite, die dieselbe Aufgabe mit ü b e r w i e g e n d e r B e t o n u n g des e l e m e n t a r e n Moments zu lösen sucht, ist d a n n Vokalmusik zu n e n n e n . Diese Begriffsbestimmung wird freilich denen sehr wenig gefallen, die g e w o h n t sind, die Lyrik als reine Dichtungsa r t a u f z u f a s s e n , und das sind die meisten. Diese Auffassung g e h t von der Leselyrik a u s , die ja freilich B ä n d e g e n u g füllt; d a b e i wird a b e r vergessen, dass wenigstens die lyrischen Dichter, sofern sie nicht m e h r Didaktisches als Lyrisches liefern, i m m e r noch in der F o r d e r u n g einig sind, dass ihre Lieder von rechtswegen nicht gesprochen, sondern gesungen werden sollten. — Meines Wissens hat aber niemand d a r a u s den richtigen Schluss für d a s Lesen von lyrischen Gedichten gezogen. Eine epische D i c h t u n g stellt an den Leser die A n f o r d e r u n g , dass er im S t a n d e sei, sie sich selbst vorzulesen, d. h. die W o r t e sich immer so vorzusprechen oder zu recitiren, dass möglichst wenig von dem Eindruck verloren geht, den eine gute Recitation des Werkes auf die H ö r e r machen w ü r d e ; demgemäss verlangt ein lyrisches Gedicht von seinem L e s e r , dass er sich das L i e d , a u c h o h n e dass ihm die Melodie beigegeben ist, innerlich vorsingen könne. Und dass die landläufige Begriffsbestimmung der Lyrik trotz des reichlichen A u f w a n d e s von schönen P h r a s e n keinen n a c h Klarheit Verlangenden wirklich befriedigen k a n n , werden d o c h viele e m p f u n d e n haben. — W a s ist denn eine besondere Dichtung der E m p f i n d u n g e n , Gefühle oder S t i m m u n g e n , w a s b e d e u t e n diese v e r s c h w o m m e n e n u n d von keinem Aesthetiker k l a r bestimmten Begriffe selbst? W o giebt es eine Dichtung, die nicht derartiges enthielte, und wieviel w ü r d e selbst von den E p e n , von denen der obligate Gegensatz der objectiven epischen u n d subjectiven lyrischen Dichtung abgezogen ist, von den h o m e r i s c h e n Gedichten übrig bleiben, wenn m a n alle Darstellung b e s t i m m t e r Gefühle als lyrisch ausscheiden müsste? — Denn a u c h fast alle äusseren Vorgänge im Epos sind doch d u r c h i n n e r e bedingt. Eine wirkliche B e s c h r ä n k u n g auf die Darstellung
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rein äusserer Vorgänge w ü r d e zur blossen Beschreibung oder Schilderung führen und schliesslich jede Poesie ausschliessen. Bestimmte, b e n e n n b a r e Gefühle sind einfach begriffliche, w e n n auch i n n e r e Vorgänge und somit Gegenstand aller Poesie. Die Lyrik a b e r in unserem Sinne als Gesang stellt diese begrifflichen Vorgänge als Ausfluss elementarer Gesetzmässigkeit d a r , zum Ausdruck dessen b r a u c h t sie formale Kunstmittel m a t h e m a t i s c h b e s t i m m b a r e r Regelmässigkeit, u n d ihr genügt dazu nicht m e h r der R h y t h m u s allein, in ihren Melodien müssen sich die begrifflichen Vorgänge als ganz d u r c h d r u n g e n von diesem W a l t e n des Elementaren erweisen. Natürlich ist zugegeben, dass sich dazu nicht alle begrifflichen Vorgänge eignen, sondern hauptsächlich n u r die u n b e s t i m m t e r e n , m e h r unbewusslen und gestalllosen, die weniger von bestimmten Subjecten als von geheimnissvoll wirkenden elementaren Kräften auszugehen scheinen; je bestimmter, anschaulicher dagegen ein Vorgang als äussere T h ä t i g keit eines Subjects erscheint, das als klare Gestalt hervortritt, desto m e h r eignet er sich für epische D a r s t e l l u n g ; a b e r eine b e s t i m m t e A b g r e n z u n g solcher Vorgänge wird sich niemals erreichen lassen. W i r h a b e n somit eine vollständige Reihe von Vorgangskiinslen festgestellt, die sich auf die O r d n u n g von Klangäusserungen als Kunstmittel b e s c h r ä n k e n , dagegen von der künstlerischen A n w e n d u n g der K ö r p e r b e w e g u n g e n absehen. Sie führen uns eine unendliche, u n u n t e r b r o c h e n e Fülle von Vorgängen vor, von den einfachsten elementaren, dio ein vollständig bedeutungsloses m a t h e m a t i s c h e s Spiel mit T o n v e r b i n d u n g e n zu sein und keine Beziehung zu irgendeinem wirklichen Dinge oder W e s e n zu haben scheinen, bis zu den a n s c h a u l i c h sten H a n d l u n g e n individueller P e r s o n e n , die als der A u s d r u c k höchst verwickelter und scheinbar d u r c h a u s regelloser G e m ü t s b e w e g u n g e n erscheinen k ö n n e n . Diese unendliche R e i h e ist nirgends u n t e r b r o c h e n , a b e r sie lässt sich klar s c h e i d e n , denn sie wird von einem zwiefachen O r d n u n g s p r i n c i p b e h e r r s c h t , dem m a t h e m a t i s c h e n und dem logischen. — Demgemäss k a n n m a n zwei H a u p t k ü n s t e , Musik und P o e s i e , unterscheiden. Da a b e r die beiden O r d n u n g s p r i n c i p i e n in e i n a n d e r übergreifen u n d sich v e r s c h m e l z e n , so müsste m a n die Grenzlinie in der Mitte so feststellen, dass der eine Theil des Gesanges oder der Lyrik zur Musik, der a n d e r e zur D i c h t u n g geschlagen wird. Diese Grenz-
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linie zwischen Vocalmusik und lyrischer Dichtung ist aber, wie wir schon bemerkt haben, so gut wie unfindbar, denn es handelt sich hier ja nicht einfach um die Scheidung von Wort und Ton, diese gehören vielmehr in beiden Abtheilungen untrennbar zusammen. Es scheint mir daher rationeller, drei Künste zu statuiren, indem wir das gesammte Mittelgebiet als das Wirkungsfeld einer besonderen Kunst auffassen. — M u s i k , L y r i k und E p i k bilden dann die geschlossene Reihe, deren drei Glieder sich aber schon äusserlich auf den ersten Blick durch die verschiedene Art der Ausführung, des Vortrags trennen. Die Musik wird gespielt, die Lyrik gesungen, die Epik recitirt oder gesprochen. Nun entsteht die F r a g e , ob sich unter den Gestaltenkünsten eine entsprechende Reihe von Künsten finden lässt, die ebenso durch die Verwendung desselben Kunstmaterials zusammenhängen und sich in gleicher Weise durch die verschiedenen Principien dieser Verwendung scheiden. Es ist klar, dass auch hier die Beschränkung auf ein wesentliches Kunstmaterial und Mittel als Verzicht auf die Anwendung von dreidimensionalen Formen, als Ausbildung der reinen Flächendarstellung deutlich genug hervortritt. Aber hier scheint nur eine einzige grosse Flächenkunst zu herrschen, die Farbenkunst der Malerei. Auch hier müssen wir uns vor der landläufigen Confusion hüten, die in der sinnlichen Naturschönheit der Farben schon das wirkende Kunstmittel erblickt; seltsamerweise aber spricht man von Tonkunst in der Regel nur da, wo in der T h a t die materiellen Eigenschaften der Töne noch die verhältnissmässig grösste Rolle spielen; von Farbenkunst aber gerade da, wo die absolute Qualität der Farben fast gar nicht mehr in Betracht kommt, sondern alle Wirkung durch ihre relative Vertheilung hervorgebracht wird. Das eigentliche Kunstmittel besteht natürlich auch hier nur in der Verwendung, in der Ordnung des Farbenmaterials; aber dem einzelnen T o n e , der ja immer schon zeitlich begrenzt ist, entspricht gar nicht eine Farbe, sondern ein schon räumlich begrenztes Stück farbiger Fläche, und diese Begrenzung ist das Entscheidende. — Damit soll natürlich nicht im mindesten die alleinige Berechtigung scharfer, starrer Umrisslinien behauptet werden; diese Unirisslinien mögen so verschwommen sein, wie sie wollen, sie mögen im zartesten Hell-
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d u n k e l v e r z i t t e r n , in j e d e m Falle sind sie d a , u n d n u r ihr Dasein e r m ö g l i c h t u n s e r e r P h a n t a s i e d a s E r f a s s e n d e r Gestalten. W e n n u n s n u n ein so b e g r e n z t e s S t ü c k f a r b i g e r F l ä c h e nicht m e h r als ein f o r m - o d e r sinnloser Fleck e r s c h e i n t , so k ö n n e n wir in i h m n u r e n t w e d e r eine g e o m e t r i s c h e F i g u r o d e r d a s Flächenbild eines in d e r N a t u r v o r k o m m e n d e n G e g e n s t a n d e s e r k e n n e n . — W i r finden also h i e r d e n s e l b e n principiellen U n t e r schied m a t h e m a t i s c h e r F o r m u n d logischer B e d e u t u n g wie bei den V o r g ä n g e n , wir k ö n n e n e b e n s o e l e m e n t a r e u n d begriffliche Gestalten u n t e r s c h e i d e n , u n d wir müssen d e m g e m ä s s a u c h zwei b e s o n d e r e K ü n s t e f ü r die D a r s t e l l u n g dieser b e i d e n K a t e g o r i e n annehmen. W e n n wir die B e z e i c h n u n g » M a l e r e i « auf die D a r s t e l l u n g b e g r i f f l i c h e r Gestalten b e s c h r ä n k e n , w a s ja a u c h s c h o n ziemlich d e m h e r r s c h e n d e n S p r a c h g e b r a u c h e n t s p r i c h t , so m ü s s e n wir f ü r die D a r s t e l l u n g e l e m e n t a r e r G e s t a l t e n eine zweite K u n s t , die F l ä c h e n o r n a m e n t i k aufstellen. U n d d a s s diese S c h e i d u n g bisher n i e m a l s in k l a r e r W e i s e vollzogen w o r d e n ist, scheint m i r ein H a u p t h i n d e r n i s s e i n e r c o n s e q u e n t e n E i n t h e i l u n g der K ü n s t e g e w e s e n zu sein. Freilich weiss ich, d a s s ich h i e r noch so ziemlich die g e s a m m t e h e r r s c h e n d e A n s c h a u u n g g e g e n m i c h h a b e , d e n n n a c h dieser ist die O r n a m e n t i k g a r k e i n e s e l b s t ä n d i g e K u n s t , s o n d e r n n u r ein A n h ä n g s e l d e r A r c h i t e k t u r , u n d diese selbst w i r d , wie wir gesehen h a b e n , noch n e u e r d i n g s mit E n t s c h i e d e n h e i t als u n f r e i e K u n s t a u s d e m Reigen d e r h o h e n u n d r e i n e n K ü n s t e v e r w i e s e n . N u n ist a b e r e r s t e n s nicht a b z u s e h e n , inwiefern e t w a ein orientalischer T e p p i c h , den wir a n die W a n d u n s e r e s Z i m m e r s h ä n g e n , in irgend w e l c h e r Beziehung ein w e n i g e r freies u n d s e l b s t ä n d i g e s K u n s t w e r k sein soll, als das G e m ä l d e , d a s seine Stelle a n d e r W a n d e i n n e h m e n k a n n ; zweitens lehrt u n s d e r m a u r i s c h e Stil, d a s s d a s V e r h ä l t n i s s zwischen A r c h i t e k t u r u n d O r n a m e n t i k sich a u c h u m k e h r e n u n d letztere dabei e n t s c h i e d e n die H a u p t r o l l e spielen k a n n ; u n d d r i t t e n s wissen wir d u r c h die F o r s c h u n g e n S e m p e r s u n d a n d e r e r , dass a u c h in d e r u r s p r ü n g l i c h e n E n t w i c k e l u n g die A r c h i t e k t u r keineswegs i m m e r d e r m a s s g e b e n d e F a c t o r gewesen ist, s o n d e r n a u s s e r o r d e n t l i c h s t a r k von der in g a n z a n d e r e n T e c h n i k e n a u s g e b i l d e t e n O r n a m e n t i k beeinflusst w o r d e n ist. — A u c h Ed. v. H a r t m a n n s t a t u i r t eine r e i n e f o r m a l s c h ö n e O r n a m e n t i k o h n e zweckliche F u n c t i o n , a b e r e r weist sie d e r V o r s t u f e der K u n s t , d e n K ü n s t e n n i e d e r e r O r d n u n g zu. D a s
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ist n u n S a c h e des G e s c h m a c k s , über den b e k a n n t l i c h nicht zu streiten i s t , der a b e r deshalb a u c h nicht in die Wissenschaft g e h ö r t , d e n n wie der europäische Gelehrte mit seiner Vorliebe f ü r bedeutungsvollen A u s d r u c k geringschätzig h e r a b s e h e n m a g auf das leere Fornienspiel asiatischer P h a n t a s t i k , so kann vielleicht der asiatische Verehrer reiner F o r m u n d F a r b e mit grenzenloser Verachtung von der B e w u n d e r u n g d e n k e n , die ein europäischer K u n s t k e n n e r etwa der Darstellung b e t r u n k e n e r Bauern auf d e m Gemälde eines Niederländers zollt. Dass die O r n a m e n t i k bei uns bisher eine geringere Rolle gespielt hat als die Malerei, weiss j e d e r , neuerdings aber hat sie doch schon starke A n l ä u f e zur E r l a n g u n g selbständiger Geltung g e m a c h t ; für unsere F r a g e ist das j a a b e r gleichgültig, eine selbständige F l ä c h e n o r n a m e n t i k m a g hoch oder niedrig geschätzt werden, für uns g e n ü g t es, dass eine solche existirt. — Von a n d e r e r Seite kann a b e r meine Aufstellung ein scheinbar besser b e g r ü n deter T a d e l treffen. Verfalle ich nicht in den von mir selbst gerügten Fehler abstracter Construction und willkürlicher Scheidung, w e n n ich die F l ä c h e n o r n a m e n t i k als besondere Kunst hinstelle und sie von der körperlichen O r n a m e n t i k a b s o n d e r e ? In der T h a t wird k a u m auf einem a n d e r e n Gebiete die Grenze zwischen zwei- und dreidimensionalen Gebilden so schwer zu ziehen sein. Dennoch ist diese Scheidung n o t h w e n d i g , d e n n n u r die F l ä c h e n o r n a m e n t i k entwickelt sich zur selbständigen K u n s t , die stereometrischen O r n a m e n t e bleiben als S c h m u c k formen der Tektonik dienstbar. Denn im eigentlichen Sinne stereometrisch sind die K u n s t f o r m e n doch n u r d a n n , wenn die Körperlichkeit für die ästhetische W i r k u n g n o t h w e n d i g ist, also w e n n die betreffende Kunstform eine statische F u n c t i o n wirklich oder scheinbar vollzieht; R e l i e f o r n a m e n t e dagegen, deren W i r k u n g nicht wesentlich von der der F l ä c h e n o r n a m e n t i k verschieden ist, können wir ruhig u n t e r dieser mit b e g r e i f e n , d a ja die technischen Unterschiede für unseren Gesichtspunkt gleichgültig sind. Diese Auffassung der F l ä c h e n o r n a m e n t i k als besonderer Kunst ist a b e r nicht nur thatsächlich b e g r ü n d e t , sie erweist sich a u c h als besonders f r u c h t b a r f ü r d a s System der Künste. W i r erhalten so eine der Malerei d u r c h ihr K u n s t m a t e r i a l , farbige F l ä c h e n f o r m e n , eng v e r w a n d t e , durch d a s Princip der V e r w e n d u n g dieser F o r m e n aber entgegengesetzte
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Kunst. — W i r erhallen aber a u c h n u r so u n t e r den Gestaltenkünsten eine K u n s t , die denselben Platz e i n n i m m t wie die I n s t r u m e n t a l m u s i k u n t e r den Vorgangskünsten. Unzähligemal sind die auflallenden Analogien des Musikalischen u n d O r n a mentalen besprochen und h e r v o r g e h o b e n w o r d e n , a b e r i m m e r in schiefer Weise, denn stets w u r d e n Musik u n d Architektur in Parallele gestellt, u n d dieser Vergleich zwischen der k ö r p e r losesten u n d der körperlichsten aller Künste musste n a t ü r l i c h i m m e r hinken , w ä h r e n d die Analogie in u n s e r e r Fassung vollständig zutrifft. Unter den Vorgangskünsten fanden wir an den e n t gegengesetzten Enden der von uns betrachteten Reihe die reine I n s t r u m e n t a l m u s i k und die Prosaepik als R e p r ä s e n t a n t e n des entschiedensten Gegensatzes der beiden Kunstprincipien. W e n n wir ganz dasselbe Verhältniss bei den Gestaltenkünsten feststellen wollen, müssen wir der rein geometrischen F l ä c h e n o r n a m e n t i k die realistische Tafelmalerei gegenüberstellen, die ganz ohne Rücksicht auf Schönheit der F o r m n u r d e n n a t u r w a h r e n und möglichst charakteristischen A u s d r u c k in der D a r stellung menschlicher Gestalten erstrebt, wobei sie diese Gestalten in einem ganz bestimmten M o m e n t vorführt, also u n s A u s d r u c k und Stellung der Gestalten so zeigt, wie sie d u r c h einen b e stimmten Vorgang bedingt w e r d e n . W i e wir a b e r s e h e n , dass die betreffenden Vorgangskünste nicht d u r c h w e g in dieser strengen Scheidung des E l e m e n t a r e n und Begrifflichen b e h a r r e n , s o n d e r n sich a u c h das entgegengesetzte Kunstprincip als Hülfsmittel a n e i g n e n , ohne damit ihr H a u p t p r i n c i p a u f z u g e b e n , so ist dasselbe Verhalten bei der O r n a m e n t i k u n d der Malerei mindestens ebenso deutlich. Das zeigt sich auf der einen Seite darin, dass die O r n a m e n t i k sich N a t u r m o t i v e holt, also begriffliche Gestalten aus der wirklichen W e l t benutzt, dieselben a b e r so vollständig stilisirt, d. h. nach ihrem geometrischen Princip umgestaltet, dass wir in den R o s e t t e n , P a l m e t t e n u. s. w. n u r noch einen A n k l a n g an die entsprechenden Dinge der wirklichen Pflanzenwelt e r k e n n e n . Auf der a n d e r e n Seite ordnet die Malerei, n a m e n t l i c h die sog. Existenzmalerei, ihre menschlichen Gestalten in regelmässiger W e i s e , sei es n a c h d e m starren Princip der Isokephalie oder nach d e m d e r symmetrischen Glied e r u n g , des p y r a m i d a l e n A u f b a u s der G r u p p e n u. s. w., jedenfalls so, dass in der Vertheilung und A u s n u t z u n g des gegebenen
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R a u m e s n i c h t allein d a s begriffliche M o m e n t d e r N a t u r n a c h a h m u n g massgebend ist, sondern daneben das geometrische F o r m p r i n c i p m i t w i r k t . So k o m m e n wir von beiden Seiten w i e d e r auf ein M i t t e l g e b i e t , in d e m die beiden G r u n d p r i n c i p i e n sich m e h r o d e r w e n i g e r die W a g e h a l t e n . — Freilich ist dies Mittelgebiet hier s c h w e r e r zu b e s t i m m e n u n d a b z u g r e n z e n als bei d e n V o r g a n g s k ü n s t e n , d e n n es fehlt hier der ä u s s e r e in d e r A u s f ü h r u n g h e r v o r t r e t e n d e U n t e r s c h i e d , d e n wir d o r t in d e r S o n d e r u n g v o n Spiel, G e s a n g u n d R e c i t a t i o n w a h r n e h m e n , u n d a n d r e r s e i t s verschmelzen e l e m e n t a r e u n d begriffliche Gestalten n i c h t so leicht u n d innig wie die e n t s p r e c h e n d e n V o r g ä n g e . D e n n o c h existirt dies Mittelgebiet, u n d wir h a b e n ihm alle j e n e G e s t a l t e n zuzuweisen, die n i c h t so s t r e n g g e o m e t r i s c h g e b u n d e n sind, d a s s u n s e r e P h a n t a s i e in i h n e n nicht die G r u n d l a g e tieferen o r g a n i s c h e n L e b e n s erfassen o d e r i h n e n ein solches L e b e n leihen k ö n n t e , u n d d e r e n begrifflicher C h a r a k t e r w i e d e r u m nicht selbs t ä n d i g u n d persönlich g e n u g i s t , u m eine g e o m e t r i s c h stilisir e n d e V e r ä n d e r u n g ihrer F o r m als S t ö r u n g ihres Begriffes e m p f i n d e n zu lassen. Diese Stilisirung scheut sich ja freilich n i c h t , a u c h die h ö h e r e n thierischen u n d die m e n s c h l i c h e Gestalt in ihr Bereich zu z i e h e n , a b e r im w e s e n t l i c h e n bleiben d o c h die Gestalten der u n o r g a n i s c h e n u n d d e r n i e d e r e n o r g a n i s c h e n N a t u r die O b j e c t e dieser K u n s t ü b u n g . Das n a t u r a l i s t i s c h e P f l a n z e n u n d T h i e r o r n a m e n t leitet d a h i n ü b e r zum F r u c h t - u n d B l u m e n s t ü c k , z u m Stillleben, zur A r c h i t e k t u r - u n d L a n d s c h a f t s m a l e r e i . Als g e m e i n s c h a f t l i c h e n N a m e n f ü r diese K u n s t w ü s s t e ich zun ä c h s t keinen besseren als d e n d e r d e c o r a t i v e n o d e r o r n a m e n t a l e n M a l e r e i zu n e n n e n ; als u m f a s s e n d s t e u n d a u c h f ü r u n s e r e Zeit noch vorbildliche Leistungen e r s c h e i n e n m i r die g r i e c h i s c h - r ö m i s c h e n W a n d m a l e r e i e n , w e l c h e die A u s g r a b u n g e n in R o m , P o m p e j i u. s. w. z u t a g e f ö r d e r t e n u n d a n die d a n n die e n t s p r e c h e n d e K u n s t ü b u n g d e r R e n a i s s a n c e mit R a f f a e l s Loggien w i e d e r a n k n ü p f t e . Der m o d e r n e n L a n d s c h a f t e r e i a b e r , n a m e n t l i c h d e r sog. S t i m m u n g s l a n d s c h a f t , m ö c h t e ich die d e r m o d e r n e n Lyrik o h n e m u s i k a l i s c h e Composition a n a l o g e S t e l l u n g z u w e i s e n , u n d es ist vielleicht a u c h nicht zu p h a n t a s t i s c h zu b e h a u p t e n , d a s s jedes g u t e lyrische Gedicht u n s in eine S t i m m u n g s l a n d s c h a f t versetzt, j e d e g u t e L a n d s c h a f t a b e r in u n s ein Lied erklingen lässt. U e b e r h a u p t a b e r k o m m e n sich G e s t a l t e n -
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kurist u n d Vorgangskunst auf der begrifflichen Seite i m m e r n ä h e r , bis uns zuletzt die Gestalten nur als V e r k ö r p e r u n g einer H a n d l u n g e r s c h e i n e n , die Vorgänge a b e r als reines P r o d u c t persönlicher C h a r a k t e r g e s t a l t e n . W i r h a b e n also neben der R e i h e der Vorgangskünsle ( M u s i k , L y r i k , E p i k ) eine analoge R e i h e d e r Gestaltenkünste ( F l ä c h e n o r n a m e n t i k , d e c o r a t i v o M a l e r e i , M a l e r e i im e n g e r e n S i n n e ) erhalten, in welcher dieselben beiden Ordnungsprincipien, das m a t h e m a t i s c h e u n d das logische, F o r m u n d A u s d r u c k , sich in derselben Weise n a c h den beiden Enden zu i m m e r entschiedener t r e n n e n , nach der Mitte zu i m m e r m e h r in einander schieben. — W e n n wir nun noch einmal die G e s a m m t h e i t dieser sechs Künste von einem g e m e i n s a m e n Gesichtspunkt a u s betrachten wollen, so wird dieser Gesichtspunkt d u r c h d a s gegeben, was uns ü b e r h a u p t zu dieser Eintheilung g e f ü h r t h a t , durch den U m s t a n d , dass alle diese Künste Verzicht leisten auf ein mögliches Kunstmittel ( K ö r p e r b e w e g u n g e n , Körperforrnen), um sich ganz auf d a s a n d e r e ( K l a n g ä u s s e r u n g e n , F a r b e n c o m p l e x e ) zu b e s c h r ä n k e n . — Niemand wird a n n e h m e n , dass dieser Verzicht d e r Nothbehelf einer v e r a r m t e n K u n s t ist; es ist klar, dass diese B e s c h r ä n k u n g vielmehr eine gesteigerte Ausbildung des einen Kunstmittels bedingt, die so n u r bei seiner Isolirung möglich ist. D a r a u s ergiebt sich aber eine ganze R e i h e von Gonsequenzen. — Das v e r w e n d e t e Kunstmittel inuss so a u s gebildet w e r d e n , dass es a u c h die W i r k u n g e n des fehlenden möglichst ersetzt; ich b r a u c h e d a s nicht im einzelnen auszuf ü h r e n , ein blosser Hinweis z. B. auf die B e d e u t u n g der Modell i r u n g , V e r k ü r z u n g , U e b e r s c h n e i d u n g , der Linien- u n d Luftperspective etc. in der Malerei genügt, um festzustellen, w o r u m es sich handelt. Eine derartige Ausbildung aber ist n u r möglich auf G r u n d einer Verbesserung des Materials u n d der T e c h n i k , die n u r d a s R e s u l t a t langer Arbeit auf zum Theil heterogenen Gebieten sein konnte. So ist z. B. eine Prosaepik erst m ö g lich , w e n n die syntaktische Ausbildung der S p r a c h e durch W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s ihr ein vom ursprünglichen s e h r v e r schiedenes G e w a n d angezogen h a t ; so k a n n sich die I n s t r u m e n t a l musik erst frei b e w e g e n , w e n n sie in den v o r h a n d e n e n Instrum e n t e n nicht störrische, s o n d e r n wirklich folgsame W e r k z e u g e e r h a l t e n h a t ; so setzt die Fläclienornamentik, w e n n sie sich zu
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0. K l e i n e n b e r g : Dus System der Künste.
einem wirklich freien Formenspiel gestalten soll, die U e b e r w i n d u n g unendlicher Schwierigkeilen in den verschiedenen einzelnen Techniken voraus. — W e n n d a h e r auch die W u r z e l n und Anfänge dieser Kunst in die ältesten Zeiten zurückreichen, so sind sie in ihrer charakteristischen Ausbildung die spätesten d e r K ü n s t e , zum Theil erst P r o d u c t e der neuesten Zeit; die primitive K u n s t ging der Technik voran, diese modernen Künste r u h e n auf ihr. Die primitive Kunst k o n n t e gewissermassen o h n e Künstler a u s k o m m e n u n d sie f ü h r t e zum K u n s t h a n d werk, u n s e r e Künste dagegen sollen die freien P r o d u c t e rein künstlerischen Schaffens sein u n d alles H a n d w e r k s m ä s s i g e abstreifen. In ihnen spielt d a h e r die E r f i n d u n g die Hauptrolle, wenn wir diesen Begriff im weitesten Sinne n e h m e n , nicht etwa n u r als d a s Ausfindigmachen eines neuen Sujets oder T h e m a s . Die E r f i n d u n g muss sich hier in allen Einzelheiten zeigen, g e r a d e ein Hauptreiz dieser Künste liegt d a r i n , dass sie uns neue, originelle Einzelheiten bieten, nicht schablonenmässig nach einem feststehenden Recept gemachte. — Daher ü b e r n i m m t der erfindende Künstler h i e r , wo es möglich i s t , wie z. B. in der Malerei, selbst die A u s f ü h r u n g ; o d e r , wo das nicht a n g e h t , m u s s er doch die A u s f ü h r u n g so g e n a u feststellen und v o r schreiben , dass für sie e n t w e d e r n u r allgemeine Bildung erforderlich ist, wie zum Lesen epischer W e r k e , oder eine rein auf R e p r o d u c t i o n berechnete technische U e b u n g , wie grösstentheils bei der I n s t r u m e n t a l m u s i k und der O r n a m e n t i k . Freilich wird d a d u r c h gerade in diesen Künsten der m o d e r n e Dilettantismus grossgezogen, der sich nur zu oft nicht auf die A u s f ü h r u n g b e s c h r ä n k t , sondern in las Gebiet der Erfindung hinübergreift u n d dort Unheil anrichtet. Andrerseits hat aber dieser Dilettant i s m u s doch a u c h wieder den Vorzug, die Verbreitung dieser K ü n s t e ausserordentlich zu befördern und d a d u r c h auf die Verm e h r u n g der künstlerischen P r o d u c t i o n in ihnen hinzuwirken. W i r h a b e n in den vorstehenden E r ö r t e r u n g e n darauf h i n gewiesen , dass die subtile A u s a r b e i t u n g der Einzelheiten eine natürliche Folge der speciellen Ausbildung des einen Kunstmittels ist, aber es wäre verfehlt, zu schliessen, dass eine solche Specialausbildung n u r nach dieser einen Richtung hin wirken k a n n . Die Malerei z. B. leitet uns nicht n u r gewissermassen zum mikroskopischen Sehen an, indem sie uns charakteristische
0. K l e i n e n b e r g : Das System der KüiiBte.
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Einzelzüge bemerken lässt, die wir gewöhnlich u n b e a c h t e t lassen, sie führt uns e b e n s o ,
so zu s a g e n ,
zum teleskopischen
Sehen.
W e n n wir eine plastische G r u p p e vor uns h a b e n , so treten wir zurück, um ein einheitliches F l ä c h e n b i l d derselben zu g e w i n n e n , die Malerei bietet uns direkt solche F l ä c h e n b i l d e r und lässt uns a u f ihnen j a
manchmal
h u n d e r t e von Gestalten
überschauen;
sie führt uns nicht nur in die engste E n g e des intimen L e b e n s , sondern
entrückt
uns
auch
ebensogut in
die weiteste
Ferne.
Ueberhaupt wäre nichts v e r k e h r t e r als die A n n a h m e , dass unsere Künste durch ein
die B e s c h r ä n k u n g a u f
engeres Stoffgebiet
beschränkt
ein Kunstmittel
sein
müssten.
auch a u f
Im
Gegen-
theil, diese B e s c h r ä n k u n g befreit die K ü n s t e von allen stofflichen S c h r a n k e n und führt sie zur freiesten ungebundesten B e w e g l i c h keit, so dass der Gesammtheit der von uns aufgeführten Künste geradezu g a r kein Gegenstand versagt künstlerisch darstellen Gerade besonderen
die
unerschöpfliche
Züge in Ausdruck
Mannigfaltigkeit das
der
Darum
heutigen
modernen
Seite
der
ist
die
entsprechen
E'ülle
der
überhaupt
diese
Einzelheiten, und die
dieser
grosse
Einzelheiten so
darum
Wissenschaft,
die
der
unendliche
Errungenschaft
Künste
Geistesrichtung,
modernen
der sich
und F o r m ,
Combinationen
Charakteristische,
Künste.
ist,
lässt.
sehr
treten
ruhelos
ist
dieser unserer
sie
an die
alle
Winkel
der W e l t durchstöbert nach dem Kleinsten und Grössten, n a c h dem Nächsten und F e r n s t e n ; die i n d u c t i v e r i nächst
unpassend
gewohnt,
bei
und d a r u m m ö c h t e ich sie a u c h
K ü n s t e nennen. und
Die B e z e i c h n u n g m a g zu-
wunderlich e r s c h e i n e n ,
dem W o r t e »Induction« sofort
logischen Schlussfolgerung zu denken.
denn
an
wir sind
eine A r t
der
Davon k a n n hier selbst-
verständlich nicht die R e d e sein, da wir es hier nicht mit Vers t a n d e s - , sondern mit Phantasiethätigkeit zu thun h a b e n . wir a b e r unter Induction im
weiteren
Wenn
S i n n e alle Geistesthätig-
keit verstehen, die vom B e s o n d e r e n , von den c o n c r e t e n Einzelfällen a u s g e h t und in ihnen das A l l g e m e i n e s u c h t , so ist nicht abzusehen,
w a r u m nicht
schlagen soll.
den besonderen F ä l l e n ein B e s o n d e r e s ,
auch
S i e kann j a
die P h a n t a s i e
freilich
abstrahiren,
ein Concretes
dies Concrete doch erst d a n n , Philosoph. Monatshefte, XXX, 9 u. 10.
nicht
das
sie kann
zeigen, aber wenn
diesen W e g
ein-
Allgemeine
aus
uns n u r
wieder
ein Kunstwerk
ist
wir in ihm irgend e t w a s 32
490
0. K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
Allgemeines erfassen können. Die inductiven Wissenschaften dürfen, auch wenn sie sich zu den höchsten Abstractionen erheben, den festen Boden der Thatsachen der Erfahrung nie verlassen; ebenso müssen die inductiven Künste, auch wenn sie die erfinderische Phantasie noch so frei walten lassen, ihren Schöpfungen immer den Charakter des Besonderen, des nicht vollständig Gleichartigen b e w a h r e n , sonst erstarren sie mehr als andere Kunstwerke im Schablonenhaften; die gewöhnlichsten Durchschnittsculpturen ohne Charakter z. B. erzeugen in uns nicht eine solche Oede wie die Producte der byzantinischen Malerei; ein Dutzend dorischer Tempel oder gothischer Kirchen mit geringfügigen Verschiedenheiten würden uns kaum ermüden, wer aber wollte zwölf Teppiche von verschiedener Grösse, aber mit fast demselben Muster ansehen; auf der Bühne lassen wir uns in der Komödie hundertmal dieselben Situationen, dieselben schablonenhaften Gharaktertypen gefallen, während wir im Roman immer neue originelle verlangen u. s. w. — Diese Fülle und Mannigfaltigkeit des Besonderen haben wir ja schon als die charakteristische Tendenz dieser inductiven Künste e r k a n n t ; neuerdings droht diese Tendenz sogar zum vollständigen Steckenbleiben im Besonderen zu führen, wie im modernen naturalistischen Roman und der entsprechenden Malerei. Aber man könnte vielleicht einwenden, dass dieser Empirismus eben auf die Künste beschränkt sei, die es mit der Naturnachahmung zu t h u n haben, während Künste wie die Ornamentik und die Instrumentalmusik eher einen deductiven Charakter t r ü g e n , indem in ihnen die Einzelheiten nach gewissen allgemeinen Regeln bestimmt würden. Das ist jedoch eine Verwechslung; was in diesen Künsten sich so bestimmen lässt, ist gar nicht künstlerische Phantasiearbeit, sondern wissenschaftliche Verstandesarbeit, die ja zeitweise namentlich auf die Musik einen nur zu starken Einfluss gehabt hat. Die Thätigkeit der erfindenden Phantasie ist auch in diesen Künsten ebenso inductiv wie in den nachahmenden; während aber Malerei und Epik ihr Material a n Gestalten und Vorgängen in der Natur und im Leben finden , sind die Musiker und Ornamentiker auf die Formen angewiesen, die ihre Vorgänger im Laufe von Jahrhunderten in den verschiedenen technischen und tektonischen Kunstweist n und durch den Gebrauch der menschlichen Stimme und der verschiedenen allmählich erfundenen und vervollkomm-
0. K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
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neten Musikinstrumente z u s a m m e n g e b r a c h t h a b e n . Erst wenn ein genügender Vorrath solcher F o r m e n aufgespeichert ist, können sich Fläclienornamentik u n d I n s t r u m e n t a l m u s i k zu selbständigen, mit ihrem Material frei schaltenden Künsten erheben. W e n n auch d a s Verfahren des Malers, der seine Modelle bald so, bald so stellt u n d g r u p p i r t , um zu s e h e n , wie es sich am besten a u s n i m m t , besonders charakteristisch und typisch ist, so verfahren doch die Künstler in den übrigen inductiven Künsten ebenfalls in dieser Weise, sie experimentiren, sie probiren. Natürlich probiren sie nicht ins Blaue hinein, aber das thut der inductivo Forscher ebensowenig. J. St. Mili hat in seinem b e r ü h m t e n System der Logik ausführlich gezeigt, wie alle Deduction gleichfalls auf ihr zu G r u n d e liegende Induction zurückzuführen ist; aber es Hesse sich u m g e k e h r t auch hervorheben, dass bei allen Inductionen, ausser etwa den ganz naiven, eine grössere oder geringere Q u a n t i t ä t Deduction mit im Spiele ist, denn der experimentirende oder b e o b a c h t e n d e Gelehrte geht doch immer von einer m e h r oder weniger klaren Voraussetzung a u s ; er will freilich s e h e n , was sich bei seinem Versuche ergeben w i r d , aber er hat doch schon vorher eine m e h r oder weniger zutreffende Hypothese d a r ü b e r , was dabei herausk o m m e n m ü s s t e ; natürlich k a n n er das Resultat nicht vollständig v o r a u s b e r e c h n e t haben, d a n n wäre sein Verfahren eben nicht mehr induetiv, sondern rein deduetiv, und das Experiment w ä r e n u r die Verification der deduetiven Berechnung. — Ebenso fliessend ist die Grenze zwischen induetivem u n d deduetivem Verfahren in den K ü n s t e n , u n d w e n n wir die von uns betrachteten Künste speciell die induetiven g e n a n n t h a b e n , so will das nur heissen, dass der in ihnen vorzugsweise waltende Geist, der ihrer Organisation besonders entspricht und der sie erst zur vollen Entfaltung ihrer Vorzüge bringen k a n n , eben der Geist der Induction ist. Auch die Maler und Epiker, Musiker und O r n a m e n t i k e r dürfen natürlich m e h r oder weniger planvoll vorgehen, sie können eine m e h r oder weniger bestimmte R i c h t u n g verfolgen, a b e r sie dürfen sich nicht auf einen bes t i m m t e n , streng vorgezeichneten W e g beschränken lassen, sonst geben sie eben den H a u p t v o r z u g ihrer Künste a u f , die freie, lebendige, bewegliche Fülle ihrer S c h ö p f u n g e n . W i e überall, so enthüllt eben auch hier der H a u p t v o r z u g zugleich den Haupt32*
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0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
mangel, die starke Seite ist zugleich die schwache; jene Freiheit und Mannigfaltigkeit kann nur zu leicht in Willkür und Stillosigkeit ausarten. Die inductiven Künste haben keinen festen, strengen Stil, in ihnen herrscht keine allgemeine, gewissermassen als selbstverständlich anerkannte Richtung; ja in extrem inductiven Zeiten kommen sie wohl gar dazu, die Stillosigkeit selbst für das leitende Princip anzusehen, und einen puren Naturalismus auf der einen, eine fessellose Phantastik auf der anderen Seite als d a s Höchste in der Kunst zu erstreben. — Denn wenn der Künstler die mannigfaltigsten Tonfolgen und Klangfarben benutzen kann, wenn er über den Wortschatz einer ausgebildeten Sprache verfügt, wenn ihm Farbentöne zu Gebote stehen, die sich in jeden Umriss fügen; dann kann er sich an die feinsten Uebergänge, die subtilsten Niiancen, die originellsten Effecte wagen; aber er läuft dann auch Gefahr, sich in abstrusen Einzelheiten und barocken Einfällen zu verlieren. — III. Die inductiven Künste umfassen in ihrer Gesammtheit die ganze künstlerisch darstellbare Welt; wir können daher keine Kunst mehr f i n d e n , die uns ein neues Kunstgebiet erschlösse. Die noch vorhandenen Künste können nur dieselben Dinge behandeln , aber sie müssen sie anders behandeln; der Unterschied liegt in der Art der Darstellung, und diese ist von der Art der Kunstmittel abhängig. Neben den inductiven Künsten, die auf die Verwendung der Körperformen und Körperbewegungen als Kunstmittel verzichten, haben wir die Künste, die gerade wesentlich durch diese Kunstmittel wirken. Ist nun unsere Vertheilung des Gesammtgebietes der Kunst auf die einzelnen inductiven Künste richtig, so muss sich dieselbe Eintheilung auch bei den jetzt zu betrachtenden Künsten bewähren, sie müssen ebenso Gestalten und Vorgänge, elementare und begriffliche oder gemischte, behandeln; den vier oder sechs inductiven Künsten müssen also, wenn die Anwendung der Körperformen und -Bewegungen hinzutritt, dieselben beiden Reihen der Gestalten- und Vorgangskünste mit. derselben Gliederung nach d e m Princip der mathematischen oder logischen Bestimmung entsprechen. Und das ist durchaus der Fall.
O. K1 ei n en l)erg : Das System der Künste.
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W e n n uns Ornamentik und Malerei elementare und begriffliche Gestalten als Flächenbilder vorführen, so werden dieselben Gestalten im eigentlichen Sinne verkörpert in der T e k t o n i k und in der S c u l p t u r . Die elementaren und begrifflichen Vorgänge, die uns in der Instrumentalmusik und der Epik nur durch Töne und Worte vermittelt w u r d e n , kehren wieder in den rhythmischen und mimischen Bewegungen der O r c l i e s t i k und der D r a m a t i k ; dem Mittelgebiet der Lyrik entsprechen jene musikalisch - mimischen Vorstellungen, die wir wohl unter dem Namen der O p e r zusammenfassen können; und wenn die decorative Malerei elementare und begriffliche Gestalten, namentlich architektonische und landschaftliche Motive, verbindet, wenn auch nicht so innig verschmilzt, so finden wir eine entsprechende Verbindung oder Zusammenstellung in der sogenannnten s c h ö n e n G a r t e n k u n s t oder Landschaftsgärtnerei, die die Vegetation plastisch verwerthet und Architekturen und Sculpturen in ihrem R a h m e n vertheilt, einer Kunst, die trotz der Sprödigkeit, die das verschiedenartige Material einer innigen Verschmelzung entgegensetzt, noch grosse Aufgaben lösen kann. Diese Künste umfassen also das allgemeine Kunstgebiet in ganz derselben Gliederung wie die induetiven, aber sie umfassen es nicht vollständig. Während wir von den induetiven Künsten sagen k o n n t e n , dass ihnen gar kein überhaupt darstellbares Kunstobject versagt sei, gilt das offenbar von den jetzt behandelten Künsten nicht, sie können nicht alles darstellen und müssen sich die Behandlung vieler Aufgaben versagen. So ist es zwar eine geistreiche und treffende Bemerkung, dass alle Instrumentalmusik im Grunde genommen Tanzmusik sei, aber das ändert nichts an der selbstverständlichen Thatsache, dass man nicht nach aller Musik tanzen kann, denn die rhythmischen Körperbewegungen vermögen eben nicht allen Feinheiten, allen Uebergängen und Sprüngen der Musik zu folgen. Ebenso einleuchtend ist es, dass nicht alle lyrischen und epischen Stoffe in der Oper und im Drama verwerthet werden können. Und noch stärker tritt das in den Gestaltenkünsten zu T a g e ; dass Malerei und Sculptur auf demselben Gebiete schaffen, ist ja nie bezweifelt worden, aber wie verschieden füllen sie dies Gebiet a u s , wie vieles kann da die Sculptur garnicht oder nur durch Andeutungen darstellen, wie arm erscheint sie gegenüber der
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0. K l e i n e n b e r g : D;is System der Künste.
Fülle der Malerei! Und wie wenige immer sich wiederholende Gestalten bietet u n s die T e k t o n i k , wenn wir die Flächenornamentik von ihr scheiden, die nur durch den Verzieht auf den F u n c t i o n s a u s d r u c k der Körperformen ihre freie Beweglichkeit e r r e i c h t ! — Vergeblich w ä r e es, wollten diese Künste nach der reichen Fülle u n d Mannigfaltigkeit der induetiven K ü n s t e s t r e b e n ; deren Entwickelung in die Breite, deren, wie es scheint, unbegrenzte Ausdehnungsfähigkeit ist ihnen nicht gegeben. W ä h r e n d i n d e n i n d u e t i v e n Künsten der Künstler n a c h i m m e r neuen Stoffen greifen kann, muss er hier immer wieder die schon unzähligemal variirten Vorwürfe wiederholen, u n d endlich scheinen diese e r s c h ö p f t , es erscheint fast unmöglich, ihnen noch neue Seiten abzugewinnen. Sind diese K ü n s t e d a h e r nicht am Ende ü b e r h a u p t von den induetiven K ü n s t e n überholt und bestimmt, ganz hinter diesen zurückzutreten? I h r heutiger Zustand könnte u n s fast zu dieser A n sicht bringen. Die Thätigkeit der heutigen Architektur scheint darin zu b e s t e h e n , d e n ganzen Cursus der alten Baustile in so viel J a h r e n zu wiederholen, als J a h r h u n d e r t e zu seiner Ausbildung nöthig w a r e n ; d i e Sculptur schwankt noch immer grösstentheils zwischen akademisch - schablonenhaften N a c h a h m u n g e n und hastigen V e r s u c h e n , durch extrem naturalistische Behandlung originelle Effecte zu erzielen und der Malerei Concurrenz zu m a c h e n ; über d e n Zustand unserer modernen Orchestik, vulgo Ballet g e n a n n t , m a c h t sich Niemand Illusionen; auf der B ü h n e contrastiren mit dem alten Repertoire die n e u e n , vielleicht interessanten, jedenfalls aber fragwürdigen Experimente der N a t u r a l i s t e n ; n u r die Oper scheint noch m e h r eigene Lebensk r a f t zu h a b e n , a b e r sie ist auch eine gemischte Kunst u n d wirkt auf einem Zwischengebiete, auf dem die e i g e n t ü m l i c h e n Seiten dieser K ü n s t e am wenigsten rein hervortreten können. K u r z u m , wir müssen es uns g e s t e h e n , dass wir in diesen Künsten in der H a u p t s a c h e von dem alten Kapital zehren. Aber wer wollte nicht dieses Kapital sorgsam b e h ü t e n ! Enthält es doch noch i m m e r die grösslen Kostbarkeiten unseres Kunstschatzes, K u n s t w e r k e von einer Macht und Grösse, die die induetiven Künste a u c h in ihren g r o ß a r t i g s t e n W e r k e n k a u m erreicht haben a n d a u c h in Zukunft k a u m erreichen w e r d e n ; d e n n wenn wir a u c h gesehen haben , dass die Kunstmittel der
0. K l e i i i e n b e r g : Das Syatem der Künste.
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i n d u c t i v e n K ü n s t e bis zu einem gewissen G r a d e fähig s i n d , die W i r k u n g e n der K ö r p e r f o r m e n u n d K ö r p e r b e w e g u n g e n zu e r setzen, so sind sie doch e n t s c h i e d e n u n f ä h i g , die volle W i r k u n g derselben zu erzielen. Der Maler k a n n u n s in einem einzelnen Fall u n d f ü r einen g e g e b e n e n G e s i c h t s p u n k t so t ä u s c h e n , d a s s wir g l a u b e n , ein d r e i d i m e n s i o n a l e s Gebilde vor u n s zu h a b e n , d e r Epiker k a n n so e r z ä h l e n , dass wir d a s Erzählte zu s e h e n g l a u b e n ; a b e r d e r olympische Z e u s , bloss g e m a l t , u n d K ö n i g Lear in d e r E r z ä h l u n g sind eben n i c h t der o l y m p i s c h e Zeus und König L e a r . K ö n n e n a b e r nicht die uns jetzt b e s c h ä f t i g e n d e n K ü n s t e einen ä h n l i c h e n W e g einschlagen wie die i n d u c t i v e n K ü n s t e ? K ö n n e n sie sich nicht r e g e n e r i r e n u n d noch weiter a u s bilden , i n d e m sie ebenfalls auf ein K u n s t m i t t e l vollständig verzichten u n d d u r c h ausschliessliche B e n u t z u n g d e r K ö r p e r formen und Körperbewegungen deren W i r k u n g aufs Höchste s t e i g e r n ? Diese F r a g e b i l d e t , w e n n a u c h meistens n i c h t klar f o r m u l i r t , die G r u n d l a g e zweier ä u s s e r s t l e b h a f t e r E r ö r t e r u n g e n in d e r n e u e r e n Aesthetik u n d K u n s t g e s c h i c h t e . — In Bezug auf die G e s t a l t e n k ü n s t e hat diese F r a g e zu d e m grossen Streit ü b e r die P o l y c h r o m i e in d e r A r c h i t e k t u r u n d S c u l p t u r g e f ü h r t . W i r b r a u c h e n in diesen Streit nicht einzutreten. W ä r e es e r wiesen , dass die V e r w e n d u n g d e r F a r b e die W i r k u n g d e r K ö r p e r f o r m e n b e e i n t r ä c h t i g e n m u s s , so w ä r e sie a u s diesen K ü n s t e n zu v e r b a n n e n ; d a s ist a b e r k e i n e s w e g s e r w i e s e n , im G e g e n t h e i l , die F ä r b u n g k a n n a u c h diese W i r k u n g e r h ö h e n ; es h a n d e l t sich also n u r d a r u m , d a s richtige Verhältniss f ü r die V e r w e r t h u n g d e r v e r s c h i e d e n e n K u n s t m i t t e l zu b e s t i m m e n , diese B e s t i m m u n g k a n n a b e r nicht A u f g a b e d e r w i s s e n s c h a f t lichen T h e o r i e , s o n d e r n i m m e r n u r d e r k ü n s t l e r i s c h e n P r a x i s s e i n ; die Aesthetik k a n n n n r d a s richtige P r i n c i p d a f ü r n a c h zuweisen s u c h e n , dieses m u s s sich a b e r a u s d e m richtig e r k a n n t e n G r u n d c h a r a k t e r der b e t r e f f e n d e n K ü n s t e e r g e b e n . In d e n V o r g a n g s k ü n s t e n scheint eine alleinige V e r w e r t h u n g d e r K ö r p e r b e w e g u n g e n leichter d u r c h z u f ü h r e n ; in der T h a t sind j a r h y t h m i s c h e u n d m i m i s c h e B e w e g u n g e n a u c h o h n e Musik u n d S p r a c h e v o l l k o m m e n d e n k b a r , a b e r wir h a b e n s c h o n in d e r Einleitung d a s Verfehlte einer s o l c h e n T r e n n u n g b e r ü h r t . D u r c h sie k a n n nichts g e w o n n e n w e r d e n , d e n n w e n n d e r L a u t a u s d r u c k f e h l t , m ü s s e n die K ö r p e r b e w e g u n g e n , u m allein
496
0. K l e i n e n b e r g :
Das S y s t e m der K ü n s t e .
zu w i r k e n , nicht v e r f e i n e r t , sondern g e r a d e v e r g r ö b e r t u n d der grösste E f f e c t ,
der
erzielt
ist
werden
Kunstmittel eben
nur
Klang-
kann,
der
miteinander
der
des
Körperformen
in sehr
und
dabei allenfalls in
Grade
Grotesk-Komischen.
Die
Körperbewegungen
sind
und
g e r i n g e m Masse g e e i g n e t ,
Farben complexe
zu
vereint
und a u c h
bleiben,
werden,
höherem
ersetzen.
die W i r k u n g Daher
die
der
müssen
sie
mimischen Künste
müssen sich b e s c h e i i i e n , darstellende K ü n s t e , K ü n s t e der blossen A u s f ü h r u n g zu sein. — bescheiden eine
gewisse Alle
D a r a u s folgt n i c h t ,
zurücktreten müssen, Dosis
Kunst
Bescheidenheit
ist
auf
dass sie ü b e r h a u p t
w e n n ihnen a u c h sehr
die A u s f ü h r u n g
zu
bleibt in den uns b e s c h ä f t i g e n d e n K ü n s t e n Körperformen von
welcher
hängt.
—
und Körperbewegungen der
Worin
eigenthümliehe besteht
nun
wäre.
—
berechnen,
daher
die W i r k u n g
durch
immer
Charakter aber
heutzutage
anzurathen
die
Hauptsache,
dieser K ü n s t e
im W e s e n t l i c h e n
die
abbe-
sondere W i r k u n g d i e s e r K u n s t m i t t e l ? Das e n t s c h e i d e n d e M o m e n t dieser W i r k u n g
liegt
darin,
dass K ö r p e r f o r m e n
und
b e w e g u n g e n a n d e m Dargestellten die H a u p t s a c h e , züge,
Körper-
die G r u n d -
die w e s e n t l i c h e n Glieder entschieden h e r v o r t r e t e n
Fanden
wir
den
Hauptvorzug
der induetiven
lassen.
Künste
in
Feinheit, G e s c h m e i d i g k e i t und reichen M a n n i g f a l t i g k e i t , z u r D a r s t e l l u n g des Originellen
Individuellen,
besonders
befähigen,
des so
Charakteristischen
tritt
an
der
die sie
die Stelle
und dieses
V o r z u g e s hier der G r u n d z u g der Grösse, K r a f t u n d g e s c h l o s s e n e n Einheit, die d e m A u s d r u c k des A l l g e m e i n g i l t i g e n , d e s T y p i s c h e n und
Normalen
Einzelheiten, hier.
Der
vorzugsweise
sondern
zugute
das G a n z e ,
induetive Künstler
giebt
kommen.
—
Nicht
der T o t a l e i n d r u c k ,
die
herrscht
uns einen A u s s c h n i t t ,
ein
S t ü c k der W e l t , d a s um so interessanter ist, j e m e h r es d u r c h tausend
Fäden
scheint,
hier d a g e g e n
mit
geschlossenes G a n z e s W e l t für sich.
-
der
übrigen
Welt
steht das K u n s t w e r k allein
Wenn
da,
zusammenzuhängen als
ein
einheitlich
es bildet g e w i s s e r m a s s e n
der Künstler in diesen K ü n s t e n
eine nicht
die g r ö s s t e und s i c h e r s t e W i r k u n g einbiissen will, die i h m seine Kunstmittel
verheissen,
dann
darf er
sich
nicht z u r
breiten
A u s f ü h r u n g i n t e r e s s a n t e r Einzelheiten v e r f ü h r e n l a s s e n ; er m u s s vielmehr
immer
das Ganze
im A u g e
A l l g e m e i n e n a u s g e h e n , das die T h e i l e
behalten,
er m u s s
zum G a n z e n
vom
verbindet,
0. K l e i i i e n b e r g : Das System der Künste.
497
u n d diese dürfen keine selbständige Geltung b e a n s p r u c h e n ; die interessanteste Episode z. B. k a n n ein D r a m a verpfuschen, der originellste Charakterkopf eine S t a t u e verunstalten. Im Einzelnen muss hier viel Interessantes geopfert w e r d e n , um den Gesammteindruck nicht zu s t ö r e n , der auf der Uebereins t i m m u n g , auf dem Z u s a m m e n k l a n g der sich in einander f ü g e n d e n Einzelelemente b e r u h t . Natürlich m u s s a u c h hier der Künstler N a t u r und Leben studiren, aber er darf nicht auf die S u c h e gehen nach neuen M o t i v e n , er m u s s schon wissen, w a s er sucht, in ihm muss d a s schon leben , wofür er nur die richtige Verkörperung zu finden hat. Er geht also vom Allgemeinen , oder, um hier, wo es k a u m missverstanden werden k a n n , das vielgeplagte W o r t zu g e b r a u c h e n , von der Idee aus, d. h. von einer Phantasiehypothese. Mit einem W o r t e : er verfährt d e d u c t i v . Dass hier wiederum nicht von logischen Deductionen die Rede ist, brauche ich nicht zu wiederholen; u n d vor der G e f a h r , in abstracte Verstandesarbeit zu verfallen, wird der deductive Künstler am besten d u r c h seine eigenen Mittel b e w a h r t , d e n n Körperformen u n d K ö r p e r b e w e g u n g e n sind j a die concretesten Kunstmittel, die es giebt. — A b e r gerade d e s h a l b verlangen sie die deductive B e h a n d l u n g u n d die Bes c h r ä n k u n g auf die wesentlichen H a u p t s a c h e n , d e n n w e n n sie mit voller empirischer T r e u e verwendet w e r d e n , d a n n erd r ü c k e n sie u n s d u r c h die W u c h t ihrer Gegenständlichkeit, d a n n bieten sie uns nicht K u n s t , s o n d e r n b r u t a l e Wirklichkeit. Von den d e d u c t i v e n K ü n s t e n k a n n m a n in der T h a t s a g e n , dass sie u n s die Dinge nicht zu zeigen h a b e n , wie sie s i n d , sondern wie sie sein sollen oder müssen. — Die inductiven Künste sagen uns gewissermassen: »So sind die Dinge wirklich, a b e r ihr s e h e t , in ihnen lebt u n d webt e t w a s Allgemeines« , die deductiven d a g e g e n : »Das Allgemeine ist nicht die gemeine Wirklichkeit, aber es existirt, es k a n n , wie ihr seht, Gestalt u n d Leben gewinnen, es k a n n v e r k ö r p e r t werden«. — Die deductiven Künste zeigen uns die Gestalten als die n o t h w e n d i g e n P r o d u c t e der W i r k u n g von Kräften u n d Lebensv o r g ä n g e n , und die Vorgänge als die n o t h w e n d i g e n Ergebnisse e l e m e n t a r e r oder geistiger Gesetzmässigkeit. W i r fordern von ihren K u n s t w e r k e n weit m e h r als von den inductiven consequenten Z u s a m m e n h a n g , u n d wir wollen in dem äusseren
498
0 . K l e i i i e n b e r g : Das System der Künste.
E i n d r u c k , den sie u n s bieten, das Resultat eines wohlgegliederten inneren A u f b a u s e r k e n n e n . Das f ü h r t z u n ä c h s t in der A r c h i t e k t u r zu der F o r d e r u n g der constructiven Durchbildung im Gegensatze zu der bloss d e c o r a tiven B e h a n d l u n g . In d e m weiten Gebiete der Tektonik ist es wohl n u r in den grossen W e r k e n der m o n u m e n t a l e n Architektur gelungen, diese F o r d e r u n g zu erfüllen und uns elementare Gestalten so vorz u f ü h r e n , wie sie sich gewissermassen organisch von selbst a u f b a u e n . — W i e wir a b e r schon in der Einleitung gesehen h a b e n , fällt diese F o r d e r u n g keineswegs z u s a m m e n mit dem prosaischen Verlangen n a c h d e r möglichst richtigen A n w e n d u n g der geeigneten Mittel zur Realisirung eines praktischen Bauzwecks. Dies Verlangen k a n n in seiner Consequenz immer nur aus der K u n s t h i n a u s f ü h r e n von der künstlerischen Thätigkeit des Architekten zu der wissenschaftlich - p r a k t i s c h e n des Ingenieurs; die m o d e r n e n E i s e n b a h n b r ü c k e n z. B. sind ja unzweifelhaft als P r o d u c t e der T e c h n i k viel b e w u n d e r n s w e r t h e r als die alten S t e i n b r ü c k e n , auch zeigen sie die statischen Functionen der Glieder sehr viel d e u t l i c h e r , aber Kunstwerke werden sie dad u r c h allein noch nicht im geringsten. — Ja schon die F o r d e r u n g , dass die g e s a m m t e Construction sichtbar sein soll, geht viel zu weit u n d ist durch ¡nichts gerechtfertigt; die Kunst giebt i m m e r n u r die Aussenseite, und sie muss sie n u r so g e b e n , dass wir u n s s a g e n : das im I n n e r n Wirkende muss so und so beschaffen sein. — Mit R e c h t h a t d a h e r ein so feinfühliger Architekt wie S e m p e r von der gothischen Architektur, so gross ihre Vorzüge sind, g e f u n d e n , dass sie im Grunde schon die Grenze der Kunst ü b e r s c h r e i t e t , denn sie giebt uns in der That oft schon m e h r ein i m p o s a n t e s , m o n u m e n t a l e s Gerippe, das an manchen Stellen ziemlich äusserlich mit naturalistischen O r n a m e n t e n versehen w i r d , und! nicht mehr einen wirklich organisch bekleideten Bau. — Endlich möchte ich es w a g e n , die Meinung a u s z u s p r e c h e n , d a s s die Architektur als Kunst gar nicht die A u f g a b e h a t , H ä u s e r zu bauen, sondern Monumente zu s c h a f f e n ; v o m Denkmal, u n d nicht vom W o h n h a u s e , h a t sie a u c h ihren A u s g a n g g e n o m m e n , und wenn mit Schiller zu reden »künstliche Himmel r u h n auf s c h l a n k e n , jonischen S ä u l e n « , oder w e n n sie hervorspniessen aus gothischen Pfeilerbündeln oder sich als Kuppeln w ö l b e n , d a n n ist von dem Gesichtspunkt der
0. K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
499
Zweckmässigkeit a u s mit unverhältnissmässig grossen Mitteln ein sehr simpler Zweck erreicht, nämlich nichts weiter als die Umschliessung eines R a u m e s ; aber diese Mauern u n d Säulen h a b e n einen etwas h ö h e r e n Sinn, sie zeigen der P h a n t a s i e d a s feste Insichberuhen des gesetzmässigen Gefüges der elementaren Gestaltenwelt vielleicht ebenso gross u n d bedeutungsvoll, wie etwa das Kopernikanische Weltsystem es für den b e t r a c h t e n d e n Verstand t h u t . Daher vermögen hier die feinsten Combinationen des geistreichsten Künstlers wenig oder n i c h t s , diese so einlachen und doch so mächtigen u n d organischen Gebilde e n t spriessen n u r dem Geiste gläubiger Massen, die ganz erfüllt sind von dem Gefühl für d a s W a l t e n des E l e m e n t a r e n . — Dies Gefühl ist ebenso n o t h w e n d i g für die Darstellung elem e n t a r e r Vorgänge, und weil uns dies Gefühl a b g e h t , h a b e n wir keine O r c h e s t i k , und sind unsere T ä n z e so halt- u n d gehaltlos geworden. Die alten T e m p e l und Kirchen ragen wenigstens noch als W a h r z e i c h e n in die fremde m o d e r n e W e l t u n d können n a c h g e a h m t werden, die Gebilde der alten Orchestik aber sind v e r s u n k e n , und keine gelehrte F o r s c h u n g k a n n sie a u s g r a b e n . Näher steht uns die deduetive Darstellung begrifflicher Gestalten und Vorgänge. Aber trotz des Vielen, was später producirt worden i s t , hat die griechische P l a s t i k ihren alten Ehrenplatz b e h a u p t e t , d e n n nie wieder hat sich ein so klares und mächtiges Gefühl ausgesprochen für die Erfassung der menschlichen Gestalt, wie sie sein soll, wie sie sich organisch a u f b a u t . Die griechische Plastik ist vielleicht das reinste P r o duet deduetiver P h a n t a s i e . — Darum ist die b e k a n n t e Meinungsverschiedenheit zwischen Lessing u n d W i n k e l m a n n eigentlich k e i n e , im Grunde g e n o m m e n h a b e n sie alle beide R e c h t und h a b e n n u r verschiedene Seiten derselben Sache hervorgehoben. W a s Lessing Schönheit n e n n t , das ist nichts a n d e r e s als die deduetive Erfassung des Allgemeingiltigen, die Ausschliessung der induetiven V e r w e r t h u n g des B e s o n d e r e n ; u n d das Resultat dieser Auffassung muss in der Plastik das sein, was Winkelrnann als »edle Einfalt u n d stille Grösse« bezeichnet. — Der deduetive plastische Künstler darf eben nicht durch Z u s a m m e n setzung interessanter u n d charakteristischer Einzelheiten wirken wollen, er darf uns n i c h t in die E r r e g u n g eines v o r ü b e r g e h e n d e n Moments versetzen. Deshalb soll nicht etwa dem Bildhauer
500
0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
die Darstellung bewegter Gestalten verwehrt sein; er mag sie uns in der stärksten Bewegung vorführen, aber diese Bewegung muss der Ausdruck des organischen Lebens der Gestalt sein und dieses spricht sich in der Regel in vorübergehenden, äusserlich veranlassten Bewegungen am wenigsten deutlich aus. Darum ist die Sculptur in der That weit mehr eine Kunst der R u h e als die Malerei, und wenn man die Gestaltenkünste überhaupt als Künste der Ruhe den Vorgangskünsten als Künsten der Bewegung gegenübergestellt h a t , so prägen die deductiven Künste, weil sie eben mehr auf die wesentlichen Grundzüge zurückgehen, diesen Gegensatz auf beiden Seiten weit stärker aus als die inductiven; Architektur und Sculptur repräscntiren am entschiedensten die R u h e , Orchestik und Drama ebenso stark die Bewegung. Dem Drama weise ich ganz ebenso wie der Epik die Darstellung begrifflicher Vorgänge zu, der einzige Unterschied •/.wischen beiden Künsten besteht in der Verschiedenheit der Kunstmittel, diese Verschiedenheit bedingt a b e r , wie wir schon wissen, auch einen entschiedenen Unterschied der Darstellung. Ich weiss aber sehr wohl, dass ich hier vielleicht am stärksten gegen die herrschende Anschauung Verstösse. Seit Hegel ist die Ansicht, dass das Drama eine Synthese von Lyrik und Epik, von subjectiver und objectiver Dichtung sei, zu einem ästhetischen Dogma geworden, dem fast alle gläubige Verehrung zollen; auch noch E. v. H a r t rnann z. B. erklärt diese Ansicht für unbedingt richtig. — Ich halte sie aber für unbedingt falsch und für einen der verhängnissvollsten ästhetischen Irrthümer. — Die griechische Kunst hat hier wieder einmal höchst unschuldigerweise das Unheil verschuldet. Weil das homerische Epos eine besondere Virtuosität in der Schilderung äusserer Vorgänge aufweist, findet so ziemlich die gesammte übrige Epik, die das nicht ebenso fertig bringt, vor den Augen der Aesthetiker keine Gnade; und weil das griechische Drama an die Lyrik anknüpft, muss seitdem jedes Drama sich hübsch gehorsam als ein P r o duct aus Lyrik und Epik bekennen. Die Epik hat sich nach diesem Recept eben auf äussere, die Lyrik auf innere Vorgänge zu beschränken, ihre höhere Synthese, die dem Drama vorbehalten ist, soll wohl darin bestehen, dass die äusseren Vorgänge als Product von Empfindungen, also inneren Vorgängen
0. K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
501
erscheinen. Das spricht nun ruhig einer dem anderen nach, aber niemand fällt es eigentlich ein, die einfachsten Fragen, die sich daran knüpfen, in Erwägung zu ziehen. W a n n soll wohl der geheimnissvolle Moment der höheren Synthese, der chemischen Verbindung des Lyrischen und Epischen eintreten ? Es giebt ja genug epische Dichtungen mit mehr oder weniger Beimischung von Lyrischem; wenn wir uns auch nur auf die neuere deutsche Litteratur beschränkten , so würden wir eine stattliche Anzahl solcher Poeme aufzählen können von Klopstocks Messias bis auf Scheffels Trompeter von Säkkingen, aber sie alle bleiben einfach lyrische Epen und zeigen nicht die mindeste Neigung zum Umschlagen ins Dramatische, sondern eher das gerade Gegentheil; Scheffels Trompeter ist ja dramatisirt worden, aber das Ergebniss war sehr erklärlicher Weise — eine Oper. — Und wenn ein Drama durchaus sich durch seinen lyrischen Gehalt von dem entsprechenden epischen Gedicht unterscheiden soll, so miisste man doch bei der Umwandlung des einen in das andere etwas davon merken. Wenn wir nun ein Drama vollständig genau wiedererzählen, so ist nicht abzusehen, was dabei von dem etwaigen lyrischen Gehalt verloren gehen sollte. Und umgekehrt sind oft genug epische Dichtungen dramatisirt worden, aber niemand kann sich doch einbilden, dass dies auf dem Wege irgend einer Verbindung mit Lyrischem bewerkstelligt wird. — Wir haben schon gesehen, dass auch die reine Epik Empfindungen genug behandeln kann und immer behandelt, nämlich solche, die zu begrifflichen Vorgängen gehören, und es hätte doch längst auffallen sollen, dass ganz dieselben Empfindungen und Leidenschaften wie z. B. Ehrgeiz, Herrschsucht, Hass und Rachsucht, Tücke und Grossmuth u. s. w. im Drama eine ebenso grosse Rolle spielen wie in der Epik, in der Lyrik dagegen eine verschwindend kleine. — Nun sehen aber andere den lyrischen, subjectiven Charakter des Dramas in der dialogischen Form, einfach darin, dass im Drama die Subjecte selbst reden, im epischen Gedicht dagegen in der dritten Person gesprochen wird. Wenn ich also lese: »Er war tief erschüttert durch diese Nachricht«, so soll das episch und objectiv sein; wenn ich dagegen auf der Bühne höre: »Ich bin tief erschüttert etc.«, so soll das subjectiv und dramatisch sein. — W a s mag es wohl sein, wenn ich in
502
0 . K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
der epischen Dichtung lese: »Er sagte: Ich bin tief e r s c h ü t t e r t u. s. w. ?« Es ist Z e i t , diese dialektischen Schlauheiten als d a s zu bezeichnen, w a s sie sind, nämlich als Unsinn. Das D r a m a b r a u c h t nicht um ein H a a r subjectiver zu sein als die Epik, und m i t der Lyrik hat die d r a m a t i s c h e Dichtung g e r a d e so viel u n d so wenig zu thun als die epische. Ebenso wie lyrisch-epische D i c h t u n g e n giebt es lyrisch-dramatische, wo a b e r d a s lyrische E l e m e n t stärker wird, da verlangt denn a u c h gleich die Musik ihr Recht an der Mitwirkung. Die antike T r a g ö d i e ist ja solch ein lyrisches D r a m a , a b e r längst ist m a n a u c h zu der Einsicht g e k o m m e n , dass sie mit ihrem grösseren Gehalt an E l e m e n t a r e m trotz aller Verschiedenheit m e h r der Oper e n t s p r i c h t , als dem modernen D r a m a . Alle d r a m a t i s c h e Dichtung a b e r bleibt Dichtung, die durch das Hauptmitlei ihrer A u s f ü h r u n g vorzugsweise auf die deductive Composition gewiesen wird. W a s sind denn aber die L e s e d r a m e n ? Die A n t wort d a r a u f muss e b e n , so geistvolle W e r k e a u c h dieser Kategorie a n g e h ö r e n , l a u t e n : Nicht Fisch, nicht Fleisch; eine Zwitterg a t t u n g , eine Abstraction deductiver Dichtung ohne Rücksicht auf das ihr z u k o m m e n d e Kunstmittel. W i r wissen, d a s s in allen Vorgangskünsten Erfindung u n d A u s f ü h r u n g getrennt sind, in den deduetiven aber tritt diese T r e n n ung bei weitem s t ä r k e r hervor als in den induetiven, die A u s f ü h r u n g entwickelt sich hier z u r besonderen K u n s t ; da der Erfinder d e m Darsteller die K ö r p e r b e w e g u n g e n selbst nicht direct vorschreiben k a n n , so bleibt dies«m immer ein bedeutender Spielraum zur Entfaltung seiner Selbständigkeit, er darf sogar Einzelziige hinzuerfinden, wenn sie d a s Ganze nicht stören. Aber dies Verhältniss bedingt die G e f a h r der Abirrung nach beiden Seiten; die Erfindung k a n n zu w e n i g Rücksicht auf die A u s f ü h r u n g n e h m e n , und u m g e k e h r t k a n n die Darstellung zu selbständig w e r d e n und sich zu wenig u m die Erhaltung der Einheit der C o m position b e k ü m m e r n . In unserem J a h r h u n d e r t h a b e n sich diese beiden Fehler a b g e l ö s t ; in seiner ersten Hälfte herrschte der e r s t e , u n d das corrigiren wir in der zweiten Hälfte d a d u r c h , dass wir in den zweiten verfallen. Neben dem Dilettantismus in den induetiven K ü n s t e n macht sich heutzutage das Virtuosent h u m in den d e d u e t i v e n breit. — Diese Fehler, von denen der erste den C h a r a k t e r einer zn abstracten Deduction mit zu geringer Rücksicht auf die nothwendige Concrelisirung derselben
0. K l e i n e n b e r g : Das System der Künste.
503
trägt, der zweite dagegen die Deduction durch zu viele inductive Einzelzüge zerstört., greifen a b e r a u c h auf die Gestaltenkünste ü b e r , d e n n in den deductiven Gestaltenkünsten wird die Erf i n d u n g in der Regel vorläufig o h n e A n w e n d u n g der K ö r p e r formeri, durch blosse Zeichnung fixirt; u n d w e n n der Sinn f ü r die Nothwendigkeit der körperlichen Concretisirung deductiv e r f u n d e n e r Gestaltung fehlt, d a n n entstehen Umrissconipositionen, die nicht Sculptur und doch a u c h nicht r e c h t e Malerei sind, d a n n entstehen Gartons u n d Fresken, wie sie von Garstens bis auf Cornelius und Genelli -unsere bildende K u n s t b e h e r r s c h t e n . N u r wenn voller Einklang zwischen E r f i n d u n g u n d Ausf ü h r u n g herrscht, kann die deductive Kunst die ganze W i r k u n g ihrer geschlossenen Einheitlichkeit b e w a h r e n und doch lebenswarme, d u r c h a u s concrete Gestalten und Vorgänge bieten. — Es bleibt der unverwelkliche R u h m der G r i e c h e n , dass sie mit u n v e r gleichlich feinem Kunstgefühl diesen Einklang g e w a h r t u n d sich mit fast unfehlbarem T a k t e von A b i r r u n g e n nach beiden Seilen freigehalten haben. Einseitig a b s t r a c t e Deduction u n d einseitig inductives Steckenbleiben im concreten Einzelnen widersprechen beide d e m Wesen der K u n s t ; in der unendlichen Reihe der U e b e r g ä n g e von inducliver zu deductiver B e h a n d l u n g u n d u m gekehrt liegen aber die H ö h e p u n k t e vielleicht a n den Grenzen, wo die deductive K u n s t , o h n e irgend ihr W e s e n aufzugeben, so concret-individuell als möglich w i r d , u n d die inductive sich bei voller B e w a h r u n g des l e b e n s w a r m e n Scheins der Wirklichkeit so weit als möglich zum Allgemeinen erhebt. In der T h a t , die S c u l p t u r der Hellenen hat es fertig g e b r a c h t , uns zu zeigen, wie die Götter aussehen m ü s s e n , w e n n sie vom Olymp zur griechischen Erde herniedersteigen, u n d die Renaissancemalerei zeigt uns, wie die Menschen erscheinen, w e n n sie in den Himmel erhoben oder entrückt werden. — Ihren deductiven oder inductiven G r u n d c h a r a k t e r darf aber keine Kunst aufgeben, ohne sich selbst u n t r e u zu w e r d e n . Freilich, wie die inductive Freiheit u n d Feinheit sich in stil- und zügellosen Naturalismus verirren k a n n , so kann die deductive Gesetzmässigkeit u n d Grösse des W u r f s in akademisch-steifen Regelzwang u n d hohlen pathetischen Schwulst ausarten. A b e r die S t ä r k e der d e ductiven Künste bleibt der strengere Stil, die alle Theile des Kunstwerks beherrschende und zur Einheit z u s a m m e n f a s s e n d e
504
0. K l e i n e n b e r g :
Das System der Künste.
A u s p r ä g u n g des Allgemeinen. Der deductivo Künstler muss, wie wir w i s s e n , eine ganz bestimmte Richtung verfolgen, er m u s s von einem festen, unverrückbaren höheren Gesichtspunkt a u s g e h e n u n d sich stets von ihm leiten lassen, sonst verliert er weit m e h r als der inductive Künstler allen Halt. W e r a b e r giebt ihm diesen höheren Gesichtspunkt? — Nichts a n d e r e s als eine tief in der Volksphantasie und dem Volksgemüth wurzelnde allgemeine W e l t a n s c h a u u n g ; die Blüthezeiten der deductiven Künste k o m m e n n u r , wenn die Völker erfüllt sind von den A n s c h a u u n g e n und E m p f i n d u n g e n einer v o l k s t ü m l i c h e n nicht zu abstracten Religion. — Diese sehr skizzenhafte A b h a n d l u n g liesse sich bei dem U m f a n g e des Stoffes ausserordentlich erweitern. Meine Absicht w a r es n u r , die G r u n d g e d a n k e n darzulegen, von denen icli glaube, dass sie nicht ganz u n f r u c h t b a r für die Kunstlehre sein k ö n n t e n . Das Resultat der von uns versuchten Eintheilung ist g e r a d e ein Dutzend K ü n s t e : d a r u n t e r sechs inductive, sechs d e d u e t i v e ; sechs Gestaltenkünsto, sechs Vorgangskünste; je vier e l e m e n t a r e , begriffliche und gemischte. — Es w ä r e n u n verführerisch , d a s Eintheilungsprincip auch auf die Unterabtheilungen dieser K ü n s t e a u s z u d e h n e n ; es läge z. B. n a h e , in jeder induetiven Kunst eine rein inductive und eine deduetiv-induetive A b t h e i l u n g zu unterscheiden, in jeder deductiven Kunst eine rein deduetive G r u p p e u n d eine induetiv-deduetive. — So wäre z. B. vielleicht der R o m a n als der rein inductive Theil der Epik zu bezeichnen, das Epos als der m e h r deduetiv-induetive; im D r a m a w ü r d e vielleicht d a s Gliaraklerdrama die induetiv-deduetive Seite vertreten, w ä h r e n d das H a n d l u n g s d r a m a im engeren Sinne die rein deduetive Art bilden würde. — Aber ich enthalte mich absichtlich jeder weiteren A u s f ü h r u n g solcher G e d a n k e n , d e n n hier wird die G e f a h r , in ödes abstractos Schematisiren zu verfallen, zu gross. Zuerst wollen wir die Kunstpflanzen sammeln u n d o r d n e n u n d d a n n ein praktisches H e r b a r i u m für sie h e r stellen, sonst k ö n n t e m a n c h e schön bezeichnete Mappe leer bleiben u n d m a n c h e mit nicht recht hinein passenden Exemplaren überfüllt w e r d e n . F ü r unsere grossen K l a s s e n , f ü r die verschiedenen Künste selbst, bestehen, wie wir hoffen, diese Gefahren nicht mehr.
0. K l e i n e n b e r g :
Das System der K ü n s t e .
505
Giebt denn nun unsere A u f f a s s u n g a b e r wirklich etwas N e u e s ? Sind es nicht die alten Gedanken mit neuen N a m e n , ist nicht d a s , was wir jetzt Induction u n d Deduction in den Künsten n e n n e n , dasselbe, w a s m a n bisher Idealismus u n d Realismus zu nennen pflegte ? — Ich h a b e schon gesagt, dass es mir nicht auf die N a m e n a n k o m m t , sondern auf die Sache. Die Künste bleiben d u r c h ihre Kunstmittel u n d die auf der A n w e n d u n g derselben b e r u h e n d e R i c h t u n g geschieden , ob m a n sie n u n inductiv u n d deductiv n e n n t oder nicht. Aber in der T h a t scheinen mir diese Bezeichnungen sehr viel b r a u c h b a r e r als die unglückseligen, abgehetzten Ausdrücke »idealistisch« u n d »realistisch«. W e r wollte sich z. B. getrauen zu entscheiden, wer der idealistischere Künstler w a r : Raffael oder Michelangelo? Dagegen unterliegt es für mich keinem Zweifel, dass Michelangelo ein d u r c h u n d durch deductiv angelegtes Genie w a r , w ä h r e n d Raffaels empfangliche N a t u r sich allmählich bis zur innigsten Verschmelzung der beiden Principien erhob. U n d w e n n wir Goethes Tasso ein idealistisch-realistisches D r a m a n e n n e n wollten, so w ä r e das so schief und nichtssagend als m ö g l i c h , dagegen giebt es doch wohl einen ganz guten Sinn, w e n n wir in ihm d a s W e r k eines entschieden inductiv angelegten Genius e r k e n n e n , der a b e r unter dem Einfluss der deductiven u n d z w a r a b s t r a c t - d e d u c t i v e n R i c h t u n g seiner Zeit s t a n d . — Endlich möchte ich den Vorwurf z u r ü c k w e i s e n , dass ich n u n in der ganzen Welt nichts a n d e r e s sehe, als auf der einen Seite I n d u c t i o n , auf der a n d e r e n Deduction. — In der T h a t giebt es a b e r inductiv u n d deductiv angelegte Menschen u n d Völker, n a m e n t l i c h giebt es inductive u n d deductive Zeiten. Aber diese Geistesrichtungen erscheinen in unendlich m a n n i g faltigen u n d wechselnden Combinationen u n d Gomplicationen. Diese Gomplicationen gilt es festzustellen u n d inductiv zu erforschen. Das blosse S a m m e l n ist jedoch n o c h keine inductive F o r s c h u n g . Das Gesammelte muss zunächst g e o r d n e t w e r d e n , u n d dazu sind allgemeine Gesichtspunkte, ist ein System nöthig. Ein System ist g u t , w e n n es ein A r b e i t s p r o g r a m m ist. Sollte d a s hier v e r s u c h t e System der Künste a u c h n u r einigermassen dieser F o r d e r u n g e n t s p r e c h e n , so w ä r e sein Zweck vollauf erreicht. Philosophische Monatshefte XXX, 9 u. 10.
33
506
W. E n o c h :
Tninscentlentalpsyehologie.
Transeendentalpsychologie. Eine
kritische
Studie
vor.
Wilhelm Enoch. 1. V e r a n l a s s u n g . Die vorliegende kritische Studie n i m m t ihren A u s g a n g s p u n k t von einem W e r k e des Küstriner P h i l o s o p h e n , Otto S c h n e i d e r , welches den Titel h a t : T r a n s cendentalpsychologie, ein kritisch - philosophischer Entwurf. Das B u c h ist 1891 bei Willi. Friedrich in Leipzig erschienen und umfasst 471 Seiten engen Druckes in grossem Octavformat. 2. D i e k r i t i s c h e A u f g a b e . Der Leser einer kritischen A b h a n d l u n g wird es stets als einen Mangel e m p f i n d e n , w e n n der Bericht ü b e r ein S c h r i f t w e r k nicht zugleich dieses selbst n a c h seiner E i g e n a r t u n d besonders n a c h seinem Inhalte treu darstellt. Die A u f g a b e des B e r i c h t e r s t a t t e r s ist, die A u f m e r k samkeit auf ein Buch zu l e n k e n , d e m , welcher es zu lesen v e r h i n d e r t i s t , eine Vorstellung von seinem Inhalt zu geben, u n d d e m , welcher e t w a s sucht, zu sagen, w a s an dieser Stelle zu finden ist. Dieser nützlichen A u f g a b e des Kritikers gesellt sich eine heiklere h i n z u : er darf sich als den Vertreter des öffentlichen Urtheils a n s e h e n u n d d u r c h Lob und T a d e l den Verfasser e r f r e u e n , b e t r ü b e n , e r m u n t e r n , einschüchtern. E r freulicher ist die h ö h e r e A u f g a b e , d u r c h die Kritik den Zweck des W e r k e s selbst zu b e f ö r d e r n . Dies k a n n d u r c h klarere Darstellung, d u r c h H e r v o r h e b u n g des Wichtigen, d u r c h Zusätze u n d Berichtigungen geschehen. Das vorliegende W e r k giebt der Kritik Gelegenheit, auf eine Reihe wichtiger F r a g e n ü b e r die A u f g a b e u n d die Methode der Philosophie einzugehen. Gelingt e s , gleichsam die Quintessenz aus einem Buche zu ziehen u n d d a b e i von diesem selbst sowie von der D e n k a r t des Verfassers ein Bild zu e n t w e r f e n , so ist die Kritik eine vollendete. 3. D e r T i t e l . Das vorliegende W e r k fällt zunächst d u r c h einen u n g e w ö h n l i c h e n , d u n k l e n , nicht g e r a d e glücklichen Titel auf. Man wird d u r c h den N a m e n T r sc ndentalpsychologie leicht a n die in d e n letzten J a h r e n zahlreichen Schriften spiritistischer Seelenforscher u n d Geisterbeschwörer erinnert.
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Der in d e r Geschichte der Philosophie heimische denkt d a g e g e n e h e r an Kants Transcendentalphilosophie. An diese will sich das d u r c h a u s e r n s t e , wissenschaftlich - philosophische Werk unseres Verfassers anschliesseri. A b e r es d ü r f t e k a u m nützlich s e i n , dass der a u c h von K a n t nicht g e r a d e glücklich g e w ä h l t e A u s d r u c k des T r a n s c e n d e n t a l e n in der Philosphie eine weitgehende Verwendung finde. Mit dem zweiten Titel »ein kritisch-philosophischer Entwurf« wird einerseits die Zugehörigkeit dieser U n t e r s u c h u n g zur Kantischen oder kritischen Philosophie a b e r m a l s bezeichnet, andererseits die Absicht a n g e k ü n d i g t , nicht n u r psychologische, s o n d e r n allgemein philosophische A u f g a b e n zu fördern. 4. D a s P r o b l e m . Aber der Titel lässt offenbar nicht deutlich e r k e n n e n , welches das besondere P r o b l e m ist, d a s unser P h i l o s o p h zu lösen sich vorgesetzt hat. W e n n er ein solches nicht h ä t t e , w e n n er n u r beabsichtigte, die S u m m e seiner philosophischen U e b e r z e u g u n g e n darzulegen, so w ü r d e er nicht den absonderlichen Titel g e w ä h l t h a b e n . »Die A u f g a b e dieser T r a n s c e n d e n t a l p s y c h o l o g i e « , heisst es an einer Stelle des W e r k e s , »ist, alle irgendwie e r f a h r b a r e n Bewusstseinsz u s t ä n d e auf ihre Möglichkeit hin zu untersuchen.« Ein a n d e r e s Mal wird g e s a g t , die Aufgabe sei, alle irgendwie e r f a h r b a r e n Bewusstseinszustände zu beschreiben und auf ihre apriorischen u n d aposteriorischen Bestandtheile zu prüfen. 5. T r a n s c e n d e n t a l e Kritik. Die F r a g e , welche K a n t s Vernunftkritik b e a n t w o r t e n w i l l , l a u t e t : W i e sind s y n thetische Urtheile a priori möglich ? Die T r a n s c e n d e n t a l p h i l o sophie ist n a c h K a n t die Wissenschaft von der Möglichkeit u n d den Grenzen unserer Erkenntniss. Das Verständniss dieser Sätze h ä n g t von dem Begriffe a b , der mit d e m W o r t e »Möglichkeit« v e r b u n d e n wird. Alle E r k e n n t n i s s u n d alle B e w u s s t seinszustände h a b e n ihre Möglichkeit in der N a t u r d e n k e n d e r u n d b e w u s s t e r W e s e n . Man k a n n a b e r a u c h von einer logischen Möglichkeit der Erkenntniss sprechen. D a r u n t e r sind die letzten G r ü n d e , die allgemeinsten Gesetze u n d Begriffe u n s e r e r Erkenntniss zu verstehen. Es lässt sich jedoch eine t r ü b e Mischung a u s diesen beiden Arten der Möglichkeit, d e r n a t ü r l i c h e n u n d d e r logischen, herstellen, u n d es ist zu f ü r c h t e n , dass eine solche C h i m ä r e den N a m e n der t r a n s c e n d e n t a l e n 32*
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Möglichkeit a n n i m m t . Die P r ü f u n g a b e r , welcher u n s e r T r a n s cendentalpsychologe alle irgendwie e r f a h r b a r e n Bewusstseinszustände unterziehen will , darf der Kritiker auf ihn selbst a n w e n d e n . E r k a n n , ja er muss f r a g e n : Welches ist der Bewusstseinszustand dieses Philosophen u n d wie ist derselbe möglich? Auf welchen Gründen beruhen seine L e h r e n ? Sind sie richtig? Endlich darf auch gefragt w e r d e n : Aus welchen Quellen ist dieser Bewusstseinszustand geflossen ? Eine solche kritische U n t e r s u c h u n g wird es aber a b l e h n e n , das verfängliche Beiwort »transcendental« a n z u n e h m e n . 6. D a s W e r k . Die umfangreiche T r a n s c e n d e n t a l p s y c h o logie unseres Philosophen setzt sich a u s verschiedenen B e s t a n d t e i l e n zusammen. Ihre Aufgabe e r h e i s c h t , eine Uebersicht ü b e r alle möglichen Bewusstseinszustände zu geben, die Eigenart eines jeden darzulegen u n d einen jeden zu prüfen. Eine solche Arbeit verlangt umfassende Benutzung der Litteratur. Bücher sind ja gleichsam die Herbarien des Bewusstseins. Unwillkürlich wird bei der Beschreibung u n d P r ü f u n g der Bewusstseinszustände unser Philosoph in eine A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit a b w e i c h e n d e n Ansichten hineingelockt. Er unterlä.-st es nicht, diese Discussion und Polemik ausführlich mit darzustellen. Er k o m m t d a d u r c h d a z u , viele seiner eigentlichen A u f g a b e ferner liegende F r a g e n zu b e r ü h r e n und bisweilen eingehend zu b e handeln. Er legt damit um so eingehender und offener den Stoff u n d den Gehalt seines Denkens, a u c h seines F ü h l e n s und Wollens d a r . Der Kritiker aber wird gut t h u n , die v e r schiedenen Bestandtheile des W e r k e s möglichst gesondert wiederzugeben u n d zu beurtheilen. 7. A r c h i t e k t o n i k . Der A u f b a u eines philosophischen W e r k e s ist nicht so einfach wie der eines Werkes der einzelnen W i s s e n s c h a f t e n . Schon die weit grössere Masse von Gegens t ä n d e n , die jede w a h r h a f t philosophische Arbeit umfassen muss, verlangt eine gewisse glückliche, künstlerische Befähigung ) das Ganze d u r c h Gliederung zu beherrschen. Unser Philosoph hat alle irgendwie e r f a h r b a r e n Bewusstseinszustände zu seinem Gegenstande erwählt. Es ist nicht möglich, einen u m f a s s e n d e r e n Bezirk der wissenschaftlichen B e t r a c h t u n g zu unterziehen. Es ist das All s e l b s t , d a s unser Philosoph zu betrachten versucht, und sogar d a s All in seiner vielfachen Spiegelung in den ver-
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schiedenen Arten oder Stufen des Bewusstseins. Er u n t e r scheidet deren vier h a u p t s ä c h l i c h e , bedient sich a b e r zu ihrer Beschreibung u m s t ä n d l i c h e r , undeutlicher u n d deshalb wenig glücklicher Ausdrücke. Diese vier H a u p t s t u f e n des Bewusstseins lassen sich vielleicht kurz bezeichnen als das thierische, d a s p r i m i t i v - m e n s c h l i c h e , das logisch - praktische u n d viertens d a s wissenschaftliche Bewusstsein. Die hier v e r w e n d e t e n EinIheilungsgriinde sind einerseits der Unterschied von T h i e r u n d M e n s c h , s o d a n n der von Vorstellung u n d Begriff, endlich von praktisch u n d wissenschaftlich. Auf Neuheit oder Tiefe k a n n diese Eintheilung offenbar keinen A n s p r u c h m a c h e n . Aber sie ist a u c h nicht einmal zweckentsprechend. D e n n in der Ausf ü h r u n g hat sie ein u n g e h e u r e s Missverhältniss der Tlieile zur Folge: w ä h r e n d die ersten drei H a u p t a b s c h n i t t e des W e r k e s je 53, 42 u n d 80 Seiten umfassen, b e a n s p r n c h t die Darstellung des wissenschaftlichen Bewusstseins 256 S e i t e n , also weit ü b e r die Hälfte des ganzen Buches. W e s h a l b unser Philosoph d e m wissenschaftlichen Bewusstsein ein so ungemeines Uebergewicht verleiht, d a f ü r hat er selbst keine G r ü n d e angegeben, ja er h a t diese F r a g e gar nicht in E r w ä g u n g gezogen. In Bibliotheken n i m m t die Wissenschaft zwar den meisten R a u m e i n , nicht a b e r im lebendigen Bewusstsein der Menschen u n d der Thiere. Der Geist des Gelehrten u n d des Philosophen ist vorzüglich mit Wissenschaft e r f ü l l t ; a b e r insofern ist er kein R e p r ä s e n t a n t der Menschheit, deren Bewusstsein nicht einseitig der Erkenntniss geöffnet u n d gewidmet ist. Die U n t e r a b t h e i l u n g e n d e r vier H a u p t t h e i l e unseres W e r k e s sind mit Hilfe der H a u p t b e g r i f f e des h e r g e b r a c h t e n psychologischen Systems gebildet. Auf diese Weise lässt unser Philosoph d a s Bewusstsein a u s dem Z u s t a n d e d u m p f e n , thierischen Fühlens über die Stufen des B e g e h r e n s u n d des W a h r n e h m e n s zur p r i m i t i v - m e n s c h l i c h e n B e f ä h i g u n g f ü r Vorstellungs- und S p r a c h b i l d u n g emporsteigen. Von hier a u s f ü h r t die Entwickelung, indem diesen h ö h e r e n Fähigkeiten lebhaftes F ü h l e n u n d Begehren hinzugesellt w e r d e n , d a n a c h dem Gefühl allein die H e r r s c h a f t ü b e r t r a g e n w i r d , zum naiven Ich-Bewusstsein. Das also gereifte Bewusstsein bringt n u n , zunächst im Dienste praktischer Interessen, die d u r c h Begriffe, Urtheile u n d Schlüsse bedingten Thätigkeiten h e r v o r , u m sie auf der h ö c h s t e n Stufe zu rein wissenschaftlichen Zwecken,
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zur Ausbildung der einzelnen Wissenschaften und endlich der Philosophie zu verwenden. Dieser letzte Haupttheil gliedert sich in ein System der Wissenschaften, die in herkömmlicher Weise als Fachwissenschaften und Philosophie, als materielle und geistige, als apriorische und aposteriorische unterschieden werden. Die Philosophie ist für unseren Philophen entweder naiv-dogmatisch oder kritisch. Das Ganze schliesst eine Betrachtung über »das Fühlen und Wollen des wissenschaftlichen Bewusstseins.« Im übrigen ist fast überall die Zweitheilung folgerichtig durchgeführt. Eine gewisse Uebereinstimmung des Aeusseren und des Inneren gehört zur Schönheit eines philosophischen Werkes. Auch bei unserem Philosophen entspricht der Zweigliedrigkeit des Aufbaues der Dualismus seiner Ueberzeugung und seiner Lehre. 8. P s y c h o g o n i e . Die der Architektonik unseres Werkes zu Grunde gelegte Idee der Geistesentwickelung lässt sich eine Psychogonie oder ein psychogonisches System nennen. Mit diesem Namen soll die Verwandtschaft solchen Versuches mit Kosmogonien und Theogonien bezeichnet werden. Die alten, erhabenen Kosmogonien der Orientalen, Griechen, Germanen versuchen das Bild des Alls und seine Ordnung, den Kosmos, darzustellen, indem sie seine Entstehung erzählen. Die Theogonien vereinigen die unter vielen Namen und an verschiedenen Orten verehrten Götter in einen Stammbaum und leiten sie von einem Erzeuger ab. Das W a h r e in Kosmogonien und Theogonien ist die Mannigfaltigkeit des Dargestellten und seine O r d n u n g ; erdichtet ist die Einheit, der genetische Zusammenhang. Ebenso ist auch das psychogonische System unseres Philosophen einigermassen brauchbar als Uebersicht über die Erscheinungen des Geistes. Der angenommene Entwickelungsgang aber ist bloss construirt, entbehrt jeglicher historischen, zeitlich bestimmten Thatsächlichkeit. Er behält wie alle bisherigen Gonstructionen einer Urgeschichte des Geistes den mythischen Charakter, der nur dann abgestreift werden kann, wenn man sich mit einem System des objectiven Geistes begnügt , das keinen Anspruch darauf m a c h t , seine Geschichte darzustellen. Diese kann höchstens im Einzelnen durch historische, mythologische, paläontologische, linguistische Forschung aufgeklärt und erkannt werden. Das System des objectiven
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Geistes aufzustellen, ist eine e i g e n t ü m l i c h e philosophische A u f g a b e , die unserem Philosophen nicht gelungen ist, weil er zu seinem E n t w u r f einen idiocentrischen S t a n d p u n k t e i n g e n o m m e n hat. Es bedarf a b e r der genauesten E r w ä g u n g u n d B e g r ü n d u n g , ob das wissenschaftliche ß e w u s s t s e i n wirklich das i s t , als w a s es dem Gelehrten leicht erscheint, nämlich Ziel und H ö h e p u n k t der geistigen Entwickelung u n d die K r ö n u n g ihres ganzen Gebäudes. So wenig ein Bild in individueller Perspective als geographische K a r t e b r a u c h b a r i s t , ebenso wenig darf ein wissenschaftlich b r a u c h b a r e s System des objectiven Geistes vom idiocentrischen S t a n d p u n k t a u s e n t w o r f e n w e r d e n . 9. K r i t i c i s m u s . Es ist a b e r unserem Philosophen viel weniger um dieses System für sich zu t h u n . Er b r a u c h t es n u r als R a h m e n der einzelnen s o g e n a n n t e n Bewusstseinsz u s t ä n d e , die er auf ihre apriorischen u n d aposteriorischen Bestandtheile prüfen will. Mit dieser sachlichen P r ü f u n g vermischt sich a b e r in dem W e r k e eine zweite, m e h r persönliche, nämlich die E r ö r t e r u n g u n d Beurtheilung der Ansichten, welche die Verfasser der Schriften, aus denen unser Philosoph schöpft, äussern. Durch solche Kritik und Polemik m u s s das zu p r ü f e n d e Bewusstsein gleichsam erst rein dargestellt werden. Es ist also dem Philosophen in der Rege) nur d u r c h zweifache Vermittelung g e g e b e n , zuerst in der f r e m d e n Darstellung u n d sod a n n in der N a c h e r z e u g u n g im eigenen Bewusstsein. Auch in dieser Hinsicht scheint die Aufgabe dieser U n t e r s u c h u n g nicht vortheilhaft ergriffen zu sein. Wie viel zweckmässiger verfuhr doch K a n t , der nicht d a s subjective B e w u s s t s e i n , s o n d e r n die objectiven Urtheile und Gesetze der Wissenschaft prüfte. W i e viel zweckmässiger verfährt a u c h die kritische Geschichte der W i s s e n s c h a f t e n , welche das wissenschaftliche Bewusstsein u n mittelbar n a c h den historischen Quellen darstellt. Der G r u n d i r r t h u m u n s e r e s Philosophen liegt d a r i n , dass er m e i n t e , von demselben Gesichtspunkte a u s das thierische, primitive n n d vorwissenschaftliche Bewusstsein einerseits u n d d a s wissenschaftliche andererseits u n t e r s u c h e n zu k ö n n e n . Die f ü r jede wissenschaftliche Arbeit freilich unerlässlich kritische Auseinandersetzung ist als u m f a n g r e i c h e r Bestandtheil des W e r k e s selbst der eigentlichen A u f g a b e hinderlich geworden. Das B u c h bew a h r t in dieser Hinsicht die antike, platonische Art der Dar-
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stellang, allerdings ohne platonische Rücksicht auf die S c h ö n heit und die Ansprüche des Lesers. Auch vermeidet unser Philosoph die Gefahr kritischer Ausschreitungen n i c h t , wenngleich er in der Form stets die grösste Ehrbarkeit und Vorsicht walten lässt. 10. Z e i t g e n o s s e n . Die Zahl der Schriftsteller, welche er zu R a t h e gezogen hat, ist sehr gross und beweist die Gründlichkeit seiner Studien. Auffällig aber ist die getroffene Auswahl. Antiken Philosophen unabsichtlich folgend zieht er fast nur Volks- und Zeitgenossen in die Erörterung hinein. Ein so hervorragender Zeitgenosse wie Herbert Spencer, der doch dieselben F r a g e n wie unser Philosoph in der bedeutendsten, wenn auch ganz abweichenden Weise b e h a n d e l t , wird von ihm gar nicht erwähnt. Mit manchen Autoren lässt er sich aber in so genaue und ausführliche Auseinandersetzung ein, dass man vermuthen möchte, es sei ihm die Kritik dieser Personen vielfach wichtiger geworden als die Aufgabe selbst. Im ganzen ist die deutsche Litteratur der letzten Zeit so gründlich b e n u t z t , dass das W e r k als Fundort derselben sehr nützliche Dienste thun kann. 11. V o r g ä n g e r . Mit seinen Vorgängern hat unser Philosoph sich nicht in genauere Auseinandersetzung eingelassen. E r schliesst sich an die Psychologisten Herbart und Beneke, besonders aber an die psychologisierenden Neukantianer an. Man wird nicht leugnen können, dass die Wiederbelebung der Kantischen Studien in der zweiten Hälfte dieses J a h r hunderts von Schopenhauer ausgegangen ist. Mit der K a n t philologie jedoch hinterliess dieser Philosoph der Philosophie ein Danaergeschenk. E r rühmte sich, die Kritik der reinen Vernunft öfters als sonst jemand durchgelesen zu haben und fand Glauben mit seiner B e h a u p t u n g , dass er im Besitze der reinen und echten kantischen Lehre sei. Durch ihn kam es d a h i n , dass über dem sogenannten kritischen Hauptwerk die kurzgefassten, systematischen W e r k e aus den letzten J a h r e n Kants, die Ethik und besonders die Religionsphilosophie, welche auf die Zeitgenossen den grössten Einfluss geübt h a t t e n , vernachlässigt wurden. Schopenhauers einseitig übertreibendes L o b der Transcendentalen Aesthetik, seine Zurücksetzung j a S c h m ä h u n g anderer Theile der Kantischen L e h r e fand Beifall und Glauben, so dass schliesslich sein eigener verwandelter und
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v e r s t ü m m e l t e r K a n t i a n i s m u s bei s e h r vielen d e n e i g e n t l i c h e n u n d ganzen K a n t e r s e t z t e , selbst bei s o l c h e n , die im ü b r i g e n keine A n h ä n g e r d e r W i l l e n s m e t a p h y s i k u n d des P e s s i m i s m u s waren. S c h o p e n h a u e r v e r e i n f a c h t e u n d w e n d e t e die L e h r e K a n t s , dass die G e g e n s t ä n d e u n s e r e r N a t u r e r k e n n t n i s s E r s c h e i n u n g e n seien, d a h i n , dass die E r s c h e i n u n g s w e l t ein P r o d u c t d e s mit Z e i t , R a u m u n d Gausalität a u s g e r ü s t e t e n Intellecles sei. U n t e r d e m B a n n e dieser d u r c h Einfachheit b e s t e c h e n d e n t r a n s c e n d e n t a l e n P s y c h o l o g i e s t a n d e n u n d stellen v i e l e , u n d nicht a m wenigsten u n s e r P h i l o s o p h , o b w o h l er sich selbst von seinem Verhältniss zu S c h o p e n h a u e r keine R e c h e n s c h a f t g e geben hat. 12. D e s c a r t e s . W e n n u n s e r P h i l o s o p h seinen S t a n d p u n k t d u r c h g r ü n d l i c h e historische O r i e n t i r u n g g e p r ü f t u n d gefestigt hätte, so w ü r d e er g e r a d e n W e g e s zu D e s c a r t e s z u r ü c k g e k e h r t sein. D e n n dieser ist d e r grosse L e h r m e i s t e r der B e w u s s t s e i n s p r ü f u n g , d e r e n E r g e b n i s s e er in u n ü b e r t r e f f l i c h e r Klarheit u n d V o l l e n d u n g d a r g e s t e l l t h a t . In w u n d e r v o l l e r Folgerichtigkeit h a t die P h i l o s o p h i e n a c h D e s c a r t e s seine Met h o d e u n d seine E r g e b n i s s e w e i t e r g e b i l d e t . Die Geschichte der P h i l o s o p h i e , wie sie u n s e r J a h r h u n d e r t ausgebildet h a t , h a t diese E n t w i c k l u n g in voller K l a r h e i t dargestellt u n d ihre A n e i g n u n g zu einer leicht zu e r f ü l l e n d e n Pflicht j e d e s p h i l o s o p h i s c h F o r s c h e n d e n , j a vielleicht aller Gebildeten g e m a c h t . Die p s y c h o logische F r a g e , wie die Seele — d e r e n B e s o n d e r h e i t und E i g e n t ü m l i c h k e i t D e s c a r t e s k l a r e r k a n n t u n d b e w i e s e n zu h a b e n g l a u b t e — w i e die Seele dazu k o m m t , die V o r s t e l l u n g e n von der r ä u m l i c h e n u n d stofflichen W e l t zu b i l d e n , w a r ihm N e b e n s a c h e . U m so m e h r b e s c h ä f t i g t e diese F r a g e seine N a c h folger , bis sie n a c h d e n Versuchen d e r Occasionalisten , von S p i n o z a im P r i n c i p , von Locke im Einzelnen g e f ö r d e r t , in d e m g r o s s e n S y s t e m d e r p r ä s t a b i l i r t e n H a r m o n i e d u r c h Leibniz eine vorläufige, glänzende Lösung fand. 13. K a n t . Es s c h e i n t in der G e s c h i c h t e d e r P h i l o s o p h i e , vielleicht in d e r G e s c h i c h t e ü b e r h a u p t ö f t e r s v o r z u k o m m e n , d a s s d u r c h einen b e d e u t e n d e n Geist die E n t w i c k e l u n g plötzlich e i n e n S p r u n g m a c h t u n d in g a n z n e u e B a h n e n g e f ü h r t wird. A l s d a n n b l e i b t es d e n N a c h f o l g e r n ü b e r l a s s e n , d e n e n g e r e n Zus a m m e n h a n g z w i s c h e n d e r ä l t e r e n u n d der n e u e r e n E p o c h e n a c h -
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träglich herzustellen. K a n t w a r es besonders d a r u m zu t h u n , die Grenzen der verschiedenen Bestrebungen des menschlichen Geistes u n d die b e s o n d e r e n G r u n d l a g e n einer j e d e n , vor allem die Grundgesetze der Wissenschaft aufzufinden u n d festzustellen. Die psychologische F r a g e , wie der Geist seine mannigfaltigen Bestrebungen e r z e u g t , wurde von ihm zwar nicht v e r n a c h lässigt, jedoch n u r stückweise, nicht in einem einheitlichen Zus a m m e n h a n g e dargestellt. Die Nachfolger holten dies n a c h . So e n t s t a n d e n die grossen Systeme des nachkantischen Idealismus, von denen d a s Hegeische, indem es von dem Begriff der objectiven Idee u n d des objectiven Geistes a u s g i n g , die objective, logische, n i c h t - p s y c h o l o g i s c h e R i c h t u n g der Philosophie a m entschiedensten fortbildete. Die übrigen vielen idealistischen und realistischen Systeme a b e r , begleitet von zahlreichen nicht zur systematischen Form gediehenen U n t e r s u c h u n g e n , e n t wickelten d a s auf Kantischem Boden e n t s p r u n g e n e psychologische P r o b l e m weiter in einer Weise, die sich passend als A u t o m a t i s m u s bezeichnen lässt. Die prästabilirte H a r m o n i e setzt wie Descartes und die Occasionalisten den göttlichen Mechaniker voraus. Seitdem a b e r die theoretischen Beweise für das Dasein Gottes als durch K a n t vernichtet galten, und k a u m j e m a n d noch w a g t e , zur Erkenntniss natürlicher Dinge sich des Begriffes eines göttlichen W e s e n s zu b e d i e n e n , erlangten die Begriffe des A u t o m a t i s m u s , dessen Princip die Causa sui Spinozas ist, in der Metaphysik u n d in m e t a p h y sischer Psychologie u n b e s c h r ä n k t e s Bürgerrecht. In den B a h n e n eines aus K a n t abgeleiteten Automatismus w a n d e l t a u c h u n s e r Philosoph. Merkwürdig genug ist es a b e r zu s e h e n , wie e r , trotz äusserster E n t f e r n u n g von den wichtigsten L e h r e n des Meisters seine Ueberzeugungen mit dessen N a m e n u n d als kritische Philosophie bezeichnen zu d ü r f e n glaubt. Oder ist es e t w a einem echten Kantianer erlaubt, den R a u m als Eigenschaft der Substanz zu e r k l ä r e n , die Seele Ding u n d S u b s t a n z zu n e n n e n , die Unsterblichkeit kategorisch zu leugnen u n d K a n t des moralischen Mysticismus zu zeihen, weil er den Glauben a n d a s Uebersinnliche f o r d e r t e ? So ist es wohl n u r die persönliche V e r e h r u n g f ü r den grossen N a m e n u n d eine A r t der Dankbarkeit gegen d e n M a n n , d e m er mit der ganzen Schule die A u f g a b e u n d d a s
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Rüstzeug ihrer Lösung e n t n i m m t , w e s h a l b unser Philosoph seine Bestrebungen zum Kriticismus rechnet. 14. M e t h o d e . Die U n t e r s c h e i d u n g apriorischer und aposteriorischer B e s t a n d t e i l e des Bewusstseins g e h t auf K a n t zurück. Zunächst freilich unterschied dieser n u r Urtheile a priori u n d a posteriori. Aber von ihnen a u s k a m er zu A n s c h a u u n g e n u n d Begriffen a priori. Die letzteren sind in d e r Kategorientafel zusammengefasst. Unser T r a n s c e n d e n t a l p s y c h o loge n e n n t die Kategorien nebst den A n s c h a u u n g s f o r m e n den apriorischen Stammbesitz des Geistes und ergänzt denselben noch durch weitere apriorische Anlagen. Als solche n e n n t er Gefühl, Begierde, Gedächtniss, W a h r n e h m u n g , so dass bei ihm alles, w a s sonst wohl als Vermögen der Seele bezeichnet wird, als apriorische Anlage sich darstellt. Als aposteriorischer Bestandtheil bleibt also höchstens die E m p f i n d u n g oder ihr Inhalt übrig. W e s h a l b a b e r dieser die Apriorität abgesprochen wird, d a f ü r ist gar kein Grund angegeben. U e b e r h a u p t wird diese grundlegende Unterscheidung des Apriorischen u n d Aposteriorischen ohne jede kritische B e g r ü n d u n g von Kant ü b e r n o m m e n , aber so umgebildet u n d e r w e i t e r t , dass diesen Begriffen alle Klarheit u n d Bestimmtheit verloren geht. Mit einem so u n vollkommenen P r ü f s t e i n versehen will unser Philosoph die Fülle der Bewusstseinszustände p r ü f e n . Da dieses Geschäft also ohne gehörige Besonnenheit u n t e r n o m m e n w i r d , so fehlt eigentlich das, w a s sich Methode nennen liesse. A n s t a t t dessen ist ein d u m p f e r D r a n g v o r h a n d e n , die Breite des Bewusstseins zu d u r c h m e s s e n u n d in seine Tiefen h i n a b z u t a u c h e n . Sein Verfahren n e n n t u n s e r Philosoph tiefsinnig eine t r a n s c e n d e n t a l e Ueberlegung, die er auf S e l b s t b e o b a c h t u n g z u r ü c k f ü h r t . 15. L o g i k u n d O n t o l o g i e . Die U n t e r s c h e i d u n g von Urtheilen a priori u n d a posteriori ist ursprünglich rein logisch gemeint. Grosse u n d verhängnissvolle V e r w i r r u n g w ü r d e vermieden sein, w e n n , w a s K a n t selbst k a u m völlig gelungen ist, der Unterschied logischer u n d ontologischer U n t e r s u c h u n g e n überall s t r e n g festgehalten wäre. Vielleicht wird dies d u r c h d a s auf das Ganze u n d die Einheit alles Wissens abzielende B e m ü h e n der Philosophie selbst v e r h i n d e r t , mindestens erschwert. Die Logik h a t es n u r mit den Begriffen u n d den begrifflichen F o r m e n , den Urtheilen u n d Schlüssen, den F o r m e n
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des Beweises, der Forschung, der Wissenschaft überhaupt zu thun. Der Logik gegenüber würde Ontologie der passende N a m e für die Gesammtheit aller Wissenschaften von Gegenständen sein. Gegenstände können nicht erdacht, sie müssen gegeben werden. Muss d a s tausendmal wiederholt werden ? Die Ontologie ist entweder Physik oder Metaphysik. Von der letzteren ist es zweifelhaft, ob sie eine Wissenschaft ist, weil ihre Gegenstände ausser dem Bereich der Natur oder des wissenschaftlich Erkannten liegen. Metaphysik ist nicht eine b e w ä h r t e , sondern eine versuchte und immer wieder zu versuchende Wissenschaft. Vor jeder Untersuchung also sollte gefragt werden: Ist sie logisch oder ontologisch, physisch oder metaphysisch ? Will man mit unserem Philosophen Bewusstseinszustände auf ihre Bestandtheile prüfen, und soll diese Prüfung eine logische sein, so sind alle nicht-wissenschaftlichen Bewusstseinszustände auszuschliessen. Verständlicher ausgedrückt : nur Wissenschaften, Begriffe und Begriffliches können logisch geprüft werden. Eine solche Untersuchung pflegt Methodenlehre genannt zu werden. Dieselbe stellt die Hauptbegriffe, die Grundsätze und d a s Verfahren jeder einzelnen Wissenschaft d a r , bietet aber gar keine H a n d h a b e zu irgend welchen Aufschlüssen über den natürlichen oder metaphysischen Ursprung des die Wissenschaft und ihren Inhalt erzeugenden Denkens. Somit würden, wenn d a s Werk unseres Philosophen zur Metlio lenlehre g e h ö r t e , etwa 175, mindestens aber 95 Seiten, auf welchen das nicht - logische Bewusslsein untersucht wird, fortfallen. Soll aber der Ursprung des Bewusstseins, seiner Aensserungen und Erzeugnisse erkannt w e r d e n , so bleibt, wenn man den Boden der Natur nicht verlassen will, nichts anderes ü b r i g , als historisch und physiologisch vorzugehen und zur Ergänzung das hinzuziehen, was von der sogenannten empirischen Psychologie zu solchem Zwecke brauchbar ist. Will man aber den metaphysischen Ursprung des Bewusstseins ergründen , so scheue m a n sich auch nicht, entschlossen in d a s Gebiet des Uebersinnlichen hinüberzutreten und beginne nicht mit dem Zweifel an der Möglichkeit, das Uebernatürliche zu erkennen. 16. T r a n s c e n d e n t a l e r U r s p r u n g . D a s Verfahren unseres Philosophen ist nun dieses, dass er in allen Erkennt-
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n i s s e n , in allen Begriffen u n d Urtheilen die Kategorien als n o t w e n d i g e B e s t a n d t e i l e nachweist. S o m i t , schliesst e r , e n t springt alle Erkenntniss aus dem apriorischen S t a m m b e s i t z des Geistes. Das ist ihr t r a n s c e n d e n t a l e r U r s p r u n g . W a s will dieser Schluss b e d e u t e n ? Die A u s d r ü c k e »entspringen«, »apriorischer Stammbesitz« b e d ü r f e n d u r c h a u s der sorgfältigsten Bes t i m m u n g . Mit welchem R e c h t e k a n n m a n d e m Geiste o h n e weiteres die Kategorien als ursprünglichen oder S t a m m b e s i t z z u s c h r e i b e n ? Offenbar ist hier hinter den W o r t e n verschleiert der Uebergang von der logischen zur ontologischen B e t r a c h t u n g g e m a c h t , sind aus rein logischen Voraussetzungen ontologische Folgerungen abgeleitet. W i e dies geschieht u n d mit welchen Ergebnissen, das möge an einer R e i h e von Beispielen a u s dem W e r k e unseres Philosophen deutlich g e m a c h t w e r d e n . 17. B e i s p i e l e . Er l e h r t , dass d a s Bewusstsein ü b e r h a u p t seinen t r a n s c e n d e n t a l e n U r s p r u n g in apriorischen A n lagen h a t , die menschliche Erkenntniss a b e r im b e s o n d e r e n d e m begrifflichen S t a m m b e s i t z entspringt. I m einzelnen wird dies folgendermassen a u s g e f ü h r t . Dass die Seele räumlich w a h r n i m m t . , w ä h r e n d ihr die E m p f i n d u n g e n u n r ä u m l i c h , in bloss zeitlicher Folge gegeben w e r d e n , b e r u h t auf ihrer a p r i o rischen Kraft der Verräutnlichung. Das Bewusstsein der Gleichzeitigkeit wird erzeugt durch die apriorischen S t a m m b e g r i f f e der Identität (Dasselbigkeit) u n d Verschiedenheit (Verneinung). Das W e s e n des Wissens besteht in dem klaren u n d deutlichen Bewusstsein des objectiven Seins. Die Möglichkeit des Wissens b e r u h t auf der B e t h ä t i g u n g einer b e s o n d e r e n , d e m Menschen e i g e n t ü m l i c h e n Geisteskraft, auf dem objectiven Slammbegriff d e r Realität. Denn d a s T h i e r ist zum W i s s e n , zu objectiver Erkenntniss nicht befähigt. Ueber den U r s p r u n g der Rechtsbegi iffe l e h r t u n s e r P h i l o soph Folgendes. Das D ü r f e n , das H a u p t e l e m e n t des R e c h t s begriffes, ist die eigene T h a t u n d Z u t h a t des mit StammbegrifTen ausgerüsteten Menschen. Das Rechtssubject h a t R e c h t e , weil es d e r U r h e b e r des R e c h t s selbst ist. So ist E i g e n t h u m u r sprünglich d a s , w a s m a n selbst h e r v o r b r i n g t . »Der d e n k e n d e Mensch erfasst d u r c h die Kategorien der U r s a c h e und W i r k u n g alles von ihm selbst als Ursache H e r v o r g e b r a c h t e als sein
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rechtliches Eigenthum.« Das Bewusstsein der Menschenrechte entspringt in jedem seiner N a t u r n a c h a priori. W ä h r e n d in den a n g e f ü h r t e n Beispielen versucht wurde, die Auffassung unseres Philosophen in möglichst klarem u n d einfachem A u s d r u c k e w i e d e r z u g e b e n , möge n u n a u c h ein Beispiel der t r a n s c e n d e n t a l e n und kritischen Besinnung, bei weitem nicht eines der schwierigsten und v e r w i c k e l t s t e n , dem W o r t laute nach folgen: »Das Denken erzeugt sich selbst d a s kritische, t r a n s c e n d e n t a l e Bewusstsein der Nothwendigkeit gewisser Urtheile, u n d z w a r d a d u r c h , dass es sich b e w u s s t , a u s eigener Ursächlichkeit Begriffe e r z e u g t , welche es n u n nicht a n d e r s denken u n d verknüpfen k a n n , als es sie erzeugt hat.« Endlich a b e r sei statt aller übrigen noch ein d u r c h a u s typisches Beispiel der Fragestellung unseres Philosophen wortgetreu u n d in voller Ausführlichkeit wiedergegeben. Es betrifft d a s wiithschaftliche Bewusslsein: »Wie k o n n t e sich in dem Menschen des gesellschaftlichen Culturlebens das wirthschaftliehe Verhalten , wie k o n n t e n sich in dem W i r t h s c h a f t s l e h r e r die d u r c h die wirthschaftlichen Grundbegriffe bezeichneten Bewusstseinszustände des wirthschaftlichen Verhaltens b i l d e n ? W a s verd a n k t der W i r t h s c h a f t s l e h r e r bei der Ausbildung seiner W i s s e n schaft der E r f a h r u n g , was v e r d a n k t er sich selbst? Entspringt sein wissenschaftliches Bewusstsein lediglich der d e n k e n d e n Bearbeitung eines gegebenen E r f a h r u n g s s t o f f e s , der e r f a h r u n g s mässigen B e o b a c h t u n g , zuletzt der Selbstbeobachtung seines äusserlichen und innerlichen Verhaltens, oder t h u t er zu der W a h r n e h m u n g u n d der B e o b a c h t u n g des Gegebenen aus sich s e l b s t , a priori etwas h i n z u , greift er frei u n d willkürlich bes t i m m e n d , mit selbstgeschaffenem Masstabe in den E r f a h r u n g s stoff ein?« Die A n t w o r t b e j a h t den zweiten Theil dieser Doppelfrage. 18. T r a n s c e n d e n t a l e r B e w e i s . Der in dieser Weise v e r s t a n d e n e t r a n s c e n d e n t a l e U r s p r u n g der E r k e n n t n i s s u n d des Bewusstscins bedarf d e s Beweises. Hier a b e r ist n ö t h i g , m i t aller S c h ä r f e festzustellen, w a s eigentlich bewiesen w e r d e n soll. Unser Philosoph h ä u f t Stoff auf Stoff, kritisirt u n d polemisirt zur R e c h t e n u n d zur L i n k e n , o h n e jemals seine A u f g a b e in aller Schärfe zu formuliren u n d seine B e h a u p t u n g e n einer strengen P r ü f u n g auf ihre Beweiskraft zu unterziehen. Die
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logische Analyse des Begriffs des Dürfens ergiebt als eines seiner Merkmale den Begriff des Könnens, u n d dieser w i e d e r u m enthält d a s Merkmal der Ursächlichkeit. Der Begriff der Gleichzeitigkeit enthält das Merkmal der Identilät. Ueberhaupt enthalten alle Begriffe gewisse allgemeinste Merkmale. Wenn die W i s s e n s c h a f t Begriffe zu bilden h a t , so benutzt sie diese allgemeinsten Merkmale. So enthält der wissenschaftliche Begriff der W ä r m e das Merkmal der Bewegung u n d ist mit ihm gebildet worden, während der f r ü h e r e , n u n veraltete und ungiltige Begriff der W ä r m e mit Hilfe des Merkmales des Galoricum oder das Wärrnestoffes gebildet war. Obgleich es richtig ist, dass es eine bestimmte Zahl gewisser allgemeinster Merkmale giebt, die in allen Begriffen enthalten sind als E l e m e n t e oder F u n d a m e n t e der Begriffsbildung, so ist d a m i t doch nichts ü b e r den U r s p r u n g der Begriffe gesagt. Unserem Philosophen a b e r k o m m t es gar nicht d a r a u f an , die logische Z u s a m m e n s e t z u n g der wissenschaftlichen Begriffe aufzuzeigen u n d e t w a in der Geschichte der Wissenschaften ihr erstmaliges A u f t r e t e n , ihre Fortbildung und Umbildung zu verfolgen, er will vielmehr beweisen, dass alle E r k e n n t n i s s , dass alle Begriffe a u s einer apriorischen Quelle s t a m m e n , u n d dass es eine solche giebt. A b e r Quelle, U r s p r u n g , Ursache sind lauter gleichbedeutende Ausdrücke. Die Kategorien werden ihm u n t e r der H a n d zu S t a m m b e g r i f f e n , zu begrifflichen K r ä f t e n , zu Ursachen. Von dieser Quelle u n d ihren Kräften wird ferner b e h a u p t e t , sie seien f r e i , selbstthätig, schöpferisch. W e l c h e t r a n s c e n d e n t a l e Kunst ermöglicht e s , das Dasein dieser — physischen oder m e t a p h y s i s c h e n ? — Kräfte zu b e w e i s e n ? 19. D e d u c t i o n u n d I n d u c t i o n . Das wissenschaftliche V e r f a h r e n , die Ursache zu einer v o r h a n d e n e n W i r k u n g nachzuweisen, besteht in einer Deduction u n d in einer I n d u c t i o n . So liess sich die A n n a h m e , dass die W ä r m e ein Stoff sei, mit Hilfe des Satzes deduciren, dass der Wechsel der Eigenschaften der K ö r p e r auf Mischung u n d E n t m i s c h u n g , auf V e r b i n d u n g u n d E n t b i n d u n g von Stoffen beruht. Die Induction der einzelnen F ä l l e , in denen dieser Satz in Bezug auf die W ä r m e sich zu b e w ä h r e n schien, k o n n t e d a n n die A n n a h m e e r h ä r t e n . In u n s e r e r t r a n s c e n d e n t a l e n U n t e r s u c h u n g m a g d e r A u s g a n g s p u n k t e t w a die Beobachtung sein, dass Thier u n d Mensch
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gleich organisirt s i n d , und doch dieser durch seine Leistungen jenes unendlich übertrifft. W i e erklärt sich dies? Man verfällt auf die A n n a h m e apriorischer Anlagen im Menschen, die dem T h i e r fehlen. Nun geht man alle Gebiete menschlichen Geisteslebens durch und f r a g t : W e s h a l b kann der Mensch sprechen, a b e r nicht das T h i e r , weshalb bedient er sich der Werkzeuge, woher hat er die K u n s t , woher Sittlichkeit, R e l i g i o n , Wissens c h a f t ? Ueberall scheint es sich zu bestätigen: die menschliche Gultur beruht auf eigenthümlichen A n l a g e n , sie beruht auf dem apriorischen Stammbesitz des Geistes. Ist dies aber eine richtige, eine echte Deduction und Induction, oder nur eine scheinbare ? 20. H y p o s t a s e . Der S a t z : Alles Wirkliche ist möglich, oder die Möglichkeit ist die Bedingung der Wirklichkeit, ist ebenso leer wie selbstverständlich. Trotzdem ist er das Princip oder vielmehr eine Art von Zauberformel für gewisse philosophische Bestrebungen. Eine vernünftige Anwendung lässt sich von diesem Satze nur insofern m a c h e n , als er uns auffordert, für Behauptungen deren G r ü n d e , für Erscheinungen deren Ursachen aufzusuchen. Er kann auch den Antrieb a b geben, nach einer letzten, höchsten Ursache aller Erscheinungen, alles Wirklichen und Möglichen zu fragen. Aber eine durchaus verderbliche Anwendung wird von dieser Formel gemacht, wenn man sie dazu b e n u t z t , einen Begriff zu b i l d e n , der die Möglichkeit irgend einer bestimmten Wirklichkeit enthält, diesen Begriff irgend einem Namen unterzulegen oder durch ein neugebildetes W o r t zu bezeichnen, und endlich dem so benannten Begriff Gegenständlichkeit und Ursächlichkeit, also Wirklichkeit zuzuschreiben. Dieses Verfahren kann m a n Hypostase nennen. Es gehört zu der Scheinthätigkeit, oder wie Kant s a g t e , zur Dialektik der Vernunft. Dieselbe ahmt dabei das echte wissenschaftliche Verfahren der Hypothesenbildung nach. Es verräth sich aber dieser Irrgang des Denkens äusserlich dadurch, dass die W o r t e gehäuft, auch viele und unverständliche W o r t e gebildet, verwickelte Sätze gebaut, und mit fortwährenden Wiederholungen, Tautologien, Scheinfolgerungen b l i n d e , logische Manöver gemacht werden. Eine daneben hergehende, gleichfalls nur scheinkräftige Berufung auf T h a t s a c h e n verschleiert im Verein mit einer transcendentalen Terminologie dann vollends die Fehlschlüsse und Irrgänge des Denkens.
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Unser Philosoph findet die T h a t s a c h e v o r , dass alle Begriffe gewisse allgemeinste Merkmale enthalten. Um n u n zu e r k l ä r e n , wie der Mensch u n d die Wissenschaft zu ihren Begriffen k o m m e n , verlegt er die allgemeinsten Begriffe u n t e r dem N a m e n der apriorischen Anlagen oder des apriorischen Stammbesitzes in den Geist u n d schreibt diesen e r d a c h t e n Kräften die H e r v o r b r i n g u n g aller Erkenntniss zu. Die völlige Leerheit dieser Hypostase offenbart sich in ihrer A n w e n d u n g auf das Einzelne. So heisst es: Der stammbegriffliche Dingbegriff sei die U r s a c h e , dass wir Dinge denken k ö n n e n . Entweder ist dies eine T a u t o l o g i e , welche nichts weiter sagt a l s : wir k ö n n e n Dinge d e n k e n , weil wir die Fähigkeit dazu h a b e n , also weil wir es k ö n n e n ; oder aber es wird hier der allgemeine Begriff des Dinges zur Ursache e r h o b e n , dass wir einzelne, bestimmte Dinge denken k ö n n e n . Unser Philosoph spricht geradezu von einer b e s o n d e r e n Verdinglichungsverrichtung des Geistes. Ihre W i r k s a m k e i t müsste nach seiner Vorstellungs- u n d A u s drucksweise etwa folgendermassen beschrieben w e r d e n : Vor mir steht ein Esel. W i e k o m m t mein Geist dazu, diese S u m m e sinnlicher M e r k m a l e , g r a u , vierbeinig, langohrig u . s . w . als Esel, als T h i e r , als Ding a u f z u f a s s e n ? Ich k ö n n t e sie nicht als Esel begreifen, w e n n ich nicht den Begriff des Thieres besässe, und diesen Begriff nicht d e n k e n ohne den apriorischen S t a m m begriff des Dinges. Somit vereselt mein Geist diese S u m m e empirischer M e r k m a l e , verthiert den Esel u n d verdinglicht endlich das Thier. Solche Beschreibung klingt grotesk. Aber wenn der Geist die E m p f i n d u n g e n »verdinglicht«, weshalb soll er sie nicht a u c h »verthieren« und »vereseln« ? — 21. B e g r i f f s r e a l i s m u s . Gewiss ist es nicht sinnlos, dem menschlichen Geiste schöpferische Thätigkeit zuzuschreiben. Er beweist sie in den K ü n s t e n u n d W i s s e n s c h a f t e n , in der ganzen Cultur. O h n e Zweifel ist die Mathematik eine S c h ö p f u n g des Menschen mit Hilfe allgemeiner Begriffe. Aber es ist nicht e r l a u b t , den Begriffen selbst, als K r ä f t e n , die E r z e u g u n g der Mathematik zuzuschreiben u n d ihnen eine keiner E r f a h r u n g zugängliche W i r k s a m k e i t in dem u n b e k a n n t e n I n n e r n des Geistes beizulegen. A u c h lässt sich nicht ein einziges besonderes Begriffs- pder Wissensgebiet aus den Kategorien ableiten. Sie erklären i m m e r n u r d a s Allgemeine, nie das Besondere eines P h i l o s o p h . M o n a t s h e f t e XXX, 9 u. 10.
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Begriffes. Allerdings setzt der Begriff d e r Zahl den der Grösse voraus. Niemals aber k a n n a u s d e m Begriffe der Grösse der der Zahl abgeleitet w e r d e n , geschweige dass er als v e r b o r g e n e U r s a c h e die Vorstellung der Zahlen u n d ihren Begriff erzeugt h a b e n könnte. Sobald die Begriffe in dieser Weise zu K r ä f t e n hypostasirt w e r d e n , g e r ä t h die Theorie in die scholastischen Bahnen des mittelalterlichen Begriffsrealismus. Die Kategorie ist allenfalls die conditio sine q u a n o n f ü r die Bildung eines Begriffes, aber nie im S t a n d e , die specifischen Merkmale r e a l e r Begriffe zu enthalten oder gar zu erzeugen. Auf diese a b e r k o m m t es doch vor allem a n , w e n n . m a n bloss die logischen B e s t a n d t e i l e eines Begriffes, geschweige also die ontologische E n t s t e h u n g eines Begriffes nachweisen will. Die Kategorie w i r d , wie alle Begriffe, d u r c h Abstraction und B e n e n n u n g gebildet. Sie unterscheidet sich von jedem a n d e r e n G a t t u n g s begriff n u r d u r c h den Grad der Abstraction. Da jeder Begriff alle ihm ü b e r g e o r d n e t e n G a t t u n g e n als Merkmale e n t h ä l t , so müssen alle Begriffe die höchsten G a t t u n g e n oder Kategorien als Merkmale e n t h a l t e n . Der V e r s u c h , aus d e m Allgemeinen das Besondere a b zuleiten, ist nicht n u r u n f r u c h t b a r , s o n d e r n führt sogar zu verkehrten , ja thörichten B e h a u p t u n g e n , welche geeignet sind, die Philosophie in den A u g e n der Fachgelehrten verächtlich zu m a c h e n . Denn wird es nicht den H o h n des Juristen erregen, w e n n unser Philosoph sich so weit verirrt, den Rechtsbegriff des E i g e n t h u m s a u s dem R e c h t e an der eigenen P r o duction herzuleiten, weil der Mensch vermöge des S t a m m begriffes der Causalität sich selbst als den U r h e b e r seiner Erzeugnisse e r k e n n t ? Ist d e n n der R ä u b e r weniger die U r s a c h e des R a u b e s , als der redliche Jäger seiner Beute, der L a n d m a n n seiner E r n t e , der K ä u f e r des G e k a u f t e n ? 22. A n a l o g i e . Im G r u n d e sind es nichts als u n b e s t i m m t e Analogien der Begriffe, j a häufig n u r W o r t s p i e l e , d u r c h w e l c h e a u s d e m leeren Allgemeinen E r k l ä r u n g e n des Besonderen hervorgelockt werden. Der Begriff des A p r i o r i s c h e n , welcher zuerst n u r das N i c h t - e m p i r i s c h e b e d e u t e t , also negativ oder limitativ. ist, wird d u r c h leise U e b e r g ä n g e in den des Freien, S e l b s t t h ä t i g e n , Schöpferischen v e r w a n d e l t . Die diesen Begriffen e n t s p r e c h e n d e n positiven Analogien werden alsdann als t r a n s -
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c e n d e n t a l e Grundlage der Aesthetik, E t h i k , Oekonomik u. s. w. benutzt. Der so als frei u n d schöpferisch b e s t i m m t e C h a r a k t e r dieser Wissenschaften wird endlich d u r c h weitere Begriffsüberg ä n g e u n d Analogien in einen n o r m i r e n d e n oder gesetzgebenden verwandelt. An der H a n d u n b e s t i m m t e r Analogie heisst es f e r n e r , dass die Auffassung musikalischer Verhältnisse d u r c h die u n b e w u s s t e Wirksamkeit des S t a m m b e g r i f f e s der Grösse bestimmt und ermöglicht w e r d e . Von der Ethik wird b e h a u p t e t , sie sei eine W i s s e n s c h a f t , welche wie die Mathematik ihre Begriffe selbst schaffe u n d mit demselben A n s p r ü c h e auf u n bedingte Geltung ihrer Urlheile auftrete. Ja, mit nicht geringem Selbstbewusstsein b e a n s p r u c h t unser Philosoph, dass die kritischphilosophische Erfassung der S t a m m b e g r i f f e dieselbe B e d e u t u n g für die Ethik h a b e , wie die Infinitesimalrechnung f ü r die Mathematik. Die Wirksamkeit der S t a m m b e g r i f f e ü b e r h a u p t wird verglichen mit H a m m e r u n d Meissel, welche die Bildsäule a u s dem M a r m o r formen. Dass u n s e r Philosoph dazu k o m m t , den Kategorien eine so weitgehende W i r k s a m k e i t beizulegen, erklärt sich wohl d a h e r , dass sie in ihm selbst K r ä f t e gew o r d e n w a r e n , nämlich die festen P u n k t e , u m die sein Denken sich d r e h t e , das R ü s t z e u g , mit d e m er a n die verschiedensten Bücher u n d A u f g a b e n h e r a n g i n g , indem er überall die F r a g e e r h o b : W e l c h e B e d e u t u n g haben hier die K a t e g o r i e n ? Es k a n n leicht k o m m e n , dass ein G e g e n s t a n d unserer G e d a n k e n , der u n s viel beschäftigt, eine Macht ü b e r unser Denken gewinnt, die wir d a n n leicht verallgemeinern u n d a u c h ausser u n s überall zu b e o b a c h t e n glauben. 23. S e l b s t b e o b a c h t u n g . Dass unser Philosoph in die gefährliche Bahn der Verallgemeinerung persönlicher, eigener Denkweise gerathen m u s s t e , erklärt sich a u c h d a r a u s , dass er die S e l b s t b e o b a c h t u n g für die G r u n d l a g e seiner t r a n s c e n d e n t a l e n U e b e r l e g u n g hält. Er verlangt sogar a n g e s p a n n t e s t e S e l b s t b e o b a c h t u n g u n d die a n g e s t r e n g t e s t e A u f m e r k s a m k e i t auf das eigene Ich. Man muss sich ü b e r solche A u s s p r ü c h e einigermassen w u n d e r n , da er an a n d e r e n Stellen b e k u n d e t , dass ihm d a s Bedenkliche der S e l b s t b e o b a c h t u n g nicht u n b e k a n n t ist. Er hält sie sogar, wie er sagt, s t r e n g g e n o m m e n für u n m ö g l i c h . Er e r k e n n t also die grossen Schwierigkeiten im Begriffe d e r S e l b s t b e o b a c h t u n g ; m a n b r a u c h t , um ihnen 34*
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auf die S p u r zu k o m m e n , n u r zu f r a g e n : W e r ist d a s Selbst, welches beobachtet, u n d was ist das Selbst, das b e o b a c h t e t wird. Aber hiervon abgesehen ist d a s psychologische Verhalten des Selbstbeobachters d e r a r t i g , dass sich keine g e s u n d e n Ergebnisse erwarten lassen. Jede Beobachtungsweise, die sich d u r c h ihre Erfolge als b r a u c h b a r erwiesen lint, verlangt eine gewisse freie u n d sichere V e r f ü g u n g über das B e o b a c h t u n g s o r g a n und ist mit deutlicher Erkenntniss der räumlichen oder zeitlichen Verhältnisse der b e o b a c h t e t e n Gegenstände v e r b u n d e n . Die Selbstbeobachtung aber v e r l a n g t , dass alle S i n n e s o r g a n e u n b e n u t z t b l e i b e n , sie erlaubt n i c h t , wie jedes e c h t e , zweckmässige Denken, dass m a n durch Zeichnen, Schreiben, Sprechen o d e r S i n g e n , ü b e r h a u p t durch allerlei Manipulationen die Gegenstände der Gedanken sich direct oder symbolisch versinnlicht u n d d a d u r c h die A u f m e r k s a m k e i t fesselt; im Gegentheil, sie verlangt eine zerstreute A u f m e r k s a m k e i t , U n t e r d r ü c k u n g des Willens, ü b e r h a u p t einen Z u s t a n d des Beobachters, welcher a m ehesten im S t a n d e ist, baldiges Einschlafen h e r b e i z u f ü h r e n . In der T h a t , S e l b s t b e o b a c h t u n g liegt zwischen W a c h e n u n d Schlafen u n d ist dem T r ä u m e n a m nächsten v e r w a n d t . Sie ist eine k r a n k h a f t e Art des Forschens u n d Erkennens. 24. T r a n s c e n d e n z . Es ist unserem Philosophen nicht g a n z verborgen geblieben, dass seine t r a n s c e n d e n t a l e L e h r e von den apriorischen Quellen unseres Bewusstseins auf einem u n erlaubten Schluss b e r u h t , auf einer T r a n s c e n d e n z oder Ueberschreitung der f ü r wissenschaftliches Denken gellenden Gesetze u n d Grenzen. Er sieht, e i n , dass er einen »besonderen Geb r a u c h « von dem Stammbegriff der Gausalität g e m a c h t h a t . Er n e n n t diesen G e b r a u c h einen »verhängnissvollen Schritt« u n d f r a g t : »Betreten wir d a m i t nicht die schiefe E b e n e des D o g m a t i s m u s , welche ins T r a n s c e n d e n t e f ü h r t ? « Er findet seine Rechtfertigung d a r i n , dass er diesen Schritt »nur hypothetisch g e w a g t habe.« H ä t t e er diesen G e d a n k e n g a n g weiter verfolgt, so w ü r d e er a u c h b e m e r k t h a b e n , dass sein W a g s t ü c k nicht eine Hypothese im wissenschaftlichen Sinne ist, dass sein Gausalitätsgebrauch in d e r T h a t t r a n s c e n d e n t , u n d w e n n nicht eine dogmatische so doch eine logische Ausschreitung i s t , die aucli d u r c h die Ausflucht nicht gerechtfertigt w i r d , dass »er keine a n d e r e Möglichkeit s e h e , d e m extremen Idealismus u n d
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d e m S k e p t i c i s m u s zu e n t r i n n e n u n d u n s e r Dasein in d e r g e g e b e n e n Wirklichkeit, zu e r k l ä r e n . « Es ist g e g e n j e d e M e t h o d e , in dieser W e i s e die T r a n s c e n d e n z in e i n e m A u s n a h m e f a l l e z u zulassen. Völlig unzulässig ist a u c h , diesen principiellen Fehler nachträglich d u r c h d e n » b e s t ä n d i g e n Z u s a m m e n h a n g d e r U n t e r s u c h u n g mit d e r W i r k l i c h k e i t « a u s g l e i c h e n zu wollen. Zus a m m e n h a n g mit der Wirklichkeit h a t j e d e D i c h t u n g , h a t a u c h die grösste T h o r h e i t , h a b e n T r ä u m e , H a l l u c i n a t i o n e n , P h a n tastereien aller Art. Soll eine w i s s e n s c h a f t l i c h e H y p o t h e s e d u r c h die E r f a h r u n g b e w ä h r t u n d bestätigt w e r d e n , s o m u s s sie f ü r sich o h n e logischen Fehler sein u n d mit d e r W i r k l i c h keit n i c h t n u r irgendwie z u s a m m e n h ä n g e n , s o n d e r n g e n a u u n d nachweislich ü b e r e i n s t i m m e n . W e n n m a n a b e r den e x t r e m e n Idealismus f ü r falsch hält, d e n S k e p t i c i s m u s f ü r c h t e t u n d keinen a n d e r e n W e g w e i s s , als d e n d e r z u m D o g m a t i s m u s f ü h r t , so m u s s m a n n i c h t auf h a l b e m W e g e s t e h e n bleiben o d e r d o c h nicht v o n irgend e i n e m a n d e r e n v e r l a n g e n , dass er dies t h u e . J e d e n f a l l s v e r d i e n t solche H a l b h e i t n i c h t d e n N a m e n einer eigenen p h i l o s o p h i s c h e n U e b e r z e u g u n g , nicht d e n N a m e n d e s Kriticismus, u n d darf sich n i c h t mit K a n t s A u t o r i t ä t d e c k e n . 25. D u a l i s m u s . Seinen S t a n d p u n k t n e n n t u n s e r P h i l o s o p h einen dualistischen P h ä n o m e n a l i s m u s . E r will d a m i t s a g e n , dass wir es n u r mit E r s c h e i n u n g e n , a b e r m i t solchen von zweierlei A r t , mit k ö r p e r l i c h e n u n d seelischen zu t h u n h a b e n . Er k a n n sich nicht genug d a r i n t h u n , diesen U n t e r s c h i e d mit d e n s t ä r k s t e n A u s d r ü c k e n hei v o r z u h e b e n . Der Geist ist ihm e t w a s w e s e n t l i c h a n d e r e s als der S t o f f , »das m e n s c h l i c h e Seelische h e b t sich s c h a r f a b von allen g e g e b e n e n Verhältnissen d e r E r s c h e i n u n g e n . « E r n e n n t die Seele ein Ding u n d s c h r e i b t i h r K r ä f t e zu. Es ist also d u r c h a u s nicht e i n z u s e h e n , w e s h a l b er n i c h t die L e h r e des C a r t e s i u s v o n d e n zwei S u b s t a n z e n a n n i m m t , u n d wie er dazu k o m m t , des C a r t e s i u s u n d seiner N a c h f o l g e r w e i t e r e Schlüsse, die sie a u f d a s Dasein Gottes u n d die U n s t e r b l i c h k e i t der Seele f ü h r t e n , o h n e a u c h n u r d e n Schein einer g r ü n d l i c h e n Kritik e i n f a c h als d o g m a t i s c h e A u s s c h r e i t u n g e n zu v e r w e r f e n . 26. I d i o t i s m u s . U n s e r P h i l o s o p h sagt m i t vollem R e c h t e , d e r M i k r o k o s m u s d e s P h i l o s o p h e n sei ein S p i e g e l , d e r d e n M a k r o k o s m u s des S e i e n d e n in v e r s c h i e d e n e r W e i s e a u f f a n g e n
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u n d zurückwerfen k ö n n e . Die Geschichte der Philosophie bew e i s t , dass alle S y s t e m e , so geschlossen u n d sicher sie a u c h a u f t r e t e n m o c h t e n , der Kritik nicht S t a n d hielten, v e r d r ä n g t u n d ü b e r w u n d e n w u r d e n . Das k o m m t offenbar d a h e r , dass in aller Philosophie e t w a s P e r s ö n l i c h e s , e t w a s Privates e n t h a l t e n ist. Man k a n n diese E r s c h e i n u n g den Idiotismus in der Philosophie nennen. Es giebt a b e r einen berechtigten u n d einen u n b e rechtigten Idiotismus. A n j e n e m ist der Philosoph selbst gewissermassen unschuldig. Denn w e n n er mit der giössten Gewissenhaftigkeit d a n a c h strebt und alle Kunst der Methode a n w e n d e t , u m seine Sätze zu b e w e i s e n , w e n n er seinem Bau die grösstmögliche Festigkeit zu geben sucht durch die Folgerichtigkeit u n d den g e n a u e n Z u s a m m e n h a n g aller T h e i l e , so darf er hoffen, die Allgemeingiiltigkeit erreicht zu haben, u n d b r a u c h t sich nicht durch d a s Bedenken scheu m a c h e n zu lassen, dass sich bisher kein System als h a l t b a r erwiesen h a t . W e s h a l b sollte er es nicht besser m a c h e n als seine V o r g ä n g e r ? Sind doch alle Fehler der F r ü h e r e n ebenso viele W e g w e i s e r zur Wahrheit. W e n n a b e r der Philosoph die Unzulänglichkeit seines Versuches in irgendeinem P u n k t e einsieht oder a u c h n u r v e r m u t h e t , w e n n er b e m e r k t , dass er seinen G e d a n k e n g a n g n i c h t bis zu E n d e verfolgt h a t , so darf er den Mangel a n G r ü n d e n nicht d u r c h persönliche Motive ersetzen u n d auf seine P e r s o n ü b e r n e h m e n , was an der S a c h e fehlt. Das w ü r d e u n b e r e c h t i g t e r Idiotismus sein. Es d ü r f t e k a u m zu bestreiten sein, dass u n s e r Philosoph demselben verfallen ist. 27. A u t o m a t i s m u s . Die Philosophie, welche i m m e r auf d a s Ganze der Erkenntniss gerichtet ist, wird stets d a n n in den Fehler des Idiotismus verfallen, w e n n sie meint sich einen Theil ihrer u m f a s s e n d e n A u f g a b e erlassen zu d ü r f e n , weil derselbe bereits erledigt u n d keiner n e u e n B e a r b e i t u n g bedürftig sei. I n n e r h a l b u n d ausserhalb der Schule K a n t s glauben viele, dass d e r negative Theil seiner theoretischen Philosophie, welchen er die Dialektik der reinen V e r n u n f t n a n n t e , zu Ergebnissen g e f ü h r t h a b e , die einfach als feststehende W a h r h e i t e n ü b e r n o m m e n w e r d e n k ö n n t e n . In dieser Meinung n e n n t unser Philosoph alle positiven L e h r e n ü b e r Gott u n d das Uebersinnliche d o g m a t i s c h e Ausschreitungen , mit denen sich die Philosophie nicht zu be-
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s c h ä f t i g e n habe. O f f e n b a r ist a b e r eine L e h r e nicht d e s h a l b verwerflicher Dogmatismus, weil sie sich mit Gott u n d a n d e r e n für u n e r k e n n b a r gehaltenen Gegenständen beschäftigt, sondern d e s w e g e n , weil sie sich einer verkehrten Methode oder u n e r l a u b t e r Schlüsse und Hilfsmittel bedient. Eine W i r k s a m k e i t , die ihre Ursache in sich selbst h a t , k o m m t auf natürlichem Gebiet nicht vor, k a n n ü b e r h a u p t nicht f ü r die A n s c h a u u n g construirt werden. Ein M e c h a n i s m u s , der sich d u r c h sich selbst bewegt, ein A u t o m a t , ist n a c h den H a u p t sätzen der Physik unmöglich. Er ist n u r im Begriff v o r h a n d e n . A u t o m a t i s m u s muss m a n die ganze Denkweise nennen, welche solche Begriffe erdenkt u n d verwendet, die, w e n n sie sich construiren Hessen , den A u t o m a t e n verwirklichen w ü r d e n . Dem Gebiete des A u t o m a t i s m u s gehören Begriffe a n wie Selbstveru r s a c l u i n g , S e l b s t t ä t i g k e i t , i m m a n e n t e Causalität, Selbsterzeugung, a u c h S p o n t a n e i t ä t , Freiheit, S c h ö p f u n g , sobald sie im mechanischen Sinne v e r w e n d e t werden. Dem objectiven A u t o . m a t i s m u s , wie er in der Causa sui Spinozas u n d in den auf diesem Begriffe r u h e n d e n Systemen ausgebildet ist, ist n a c h K a n t ein subjectiver zur Seite getreten. W e r a b e r überzeugt ist, dass nicht n u r causale Erklärung, s o n d e r n Erkenntniss ü b e r h a u p t des U e b e r n a t ü r l i c h e n unmöglich ist, wie darf der sich aller Naturwissenschaft widersprechender a u t o m a t i s c h e r C a u s a litätsbegriffe zur E r k l ä r u n g angeblich natürlicher Erscheinungen bedienen u n d seine L e h r e P h ä n o m e n a l i s i n u s n e n n e n ? Der A u t o m a t i s m u s h a t noch b e s o n d e r e B e d e u t u n g für die T h e o r i e des ethischen Bewusstseins. Unter sittlicher A u t o n o m i e o d e r S e l b s t b e s t i m m u n g verstand Kant, dass der sittlich H a n d e l n d e sich zur Pflichterfüllung allein durch das Sittengebot bestimmen lasse. W ä r e a b e r f ü r die sittliche H a n d l u n g irgendein a n d e r e r Z w e c k , insbesondere irgendwelches Interesse der Lust oder Unlust b e s t i m m e n d , so w ü r d e sie h e l e i o n o m oder unselbständig sein. Dass hiermit n u n gar nichts ü b e r die N a t u r der sittlichen H a n d l u n g , sei es in physischer oder metaphysischer Hinsicht gesagt sein sollte, geht d a r a u s hervor, dass für Kant die reine Sittlichkeit d u r c h a u s n i c h t d a d u r c h beeinträchtigt w i r d , dass die Pflichten als göttliche G e b o t e , also a u s Religion, erfüllt w e r d e n . Der A u t o m a t i s m u s unseres Philosophen aber lehrt ganz d o g m a t i s c h , dass »frei, a u s eigner Ursächlichkeit d a s Sittlich-
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g u t e u n d Werthvolle, die sittlich gute Arbeit u n d ihr Erzeugniss geschaffen seien.« Durch diesen A u t o m a t i s m u s wird die sittliche A u t o n o m i e nicht g e s t ä r k t , denn d e m Ich t r a n s c e n d e n t e Kräfte beilegen ist nichts als eine Art von Selbstvergötterung und eine schlechte A n w e n d u n g des im Sinne Kants gesprochenen Schillerschen W o r t e s : Nehmt die Gottheit auf in euren Willen, u n d sie steigt von ihrem W e l t e n t h r o n . Der A u t o m a t i s m u s n i m m t die Gottheit nicht auf, sondern setzt sich selbst als Gottheit auf den T h r o n . 28. E g o i s m u s . Wie unser Philosoph selbst angiebt, h a t Ernst L a a s ihm seinen S t a n d p u n k t als Solipsismus, als eine eitele Position, als theoretischen E g o i s m u s , als Inthronisation eines metaphysischen Ichs ausgelegt. Dem Solipsismus k o m m t als einer metaphysischen Theorie relative Berechtigung zu. Unser Philosoph w ü r d e einen m e t h o d i s c h e n Fortschritt m a c h e n , w e n n er seinen sich selbst widersprechenden P h ä n o m e n a l i s m u s a u f g e b e n u n d zum Solipsismus fortschreiten wollte. Diesen a b e r f ü r c h t e t er als einen »überspannten Monismus.« Jedoch soll sich das Denken nicht d u r c h Motive, a m wenigsten d u r c h solche der F u r c h t beeinflussen lassen. Mit dem Solipsismus lässt sich der A u t o m a t i s m u s nicht n u r gut vereinigen, s o n d e r n wird sogar von ihm gefordert. Denn, w e n n n u r mein selbstbewusstes Ich Realität besitzt, so muss es a u c h alle Causalität in sich e n t h a l t e n . Der Begriff des Egoismus m u s s dem ethischen Gebiet vorbehalten bleiben, so dass m a n von einem theoretischen Egoismus n u r vergleichweise sprechen darf. Der u n b e r e c h t i g t e Idiotismus k a n n eine A r t von Egoismus im Theoretischen sein, w e n n er n ä m l i c h aus einer gewissen Bequemlichkeit u n d Selbstgenügsamkeit des Denkens hervorgeht. Im eigentlichen Sinne ist Egoismus derjenige ethische S t a n d p u n k t , welcher den Zweck des sittlichen H a n d e l n s in die Lust oder Zufriedenheit der h a n d e l n d e n P e r s o n setzt. Es b r a u c h t vielleicht k a u m b e m e r k t zu w e r d e n , dass, wer in der ethischen Theorie den Egoismus a n e r k e n n t , d e s h a l b nicht als praktischer Egoist gescholten w e r d e n darf. Denn die sittliche H a n d l u n g u n d der sittliche W e r t h einer P e r s o n b e r u h e n auf dem Gewissen. Auf dieses hat eine verstandesmässig a n g e n o m m e n e ethische Doktrin v e r h ä l t n i s mässig n u r geringen Einfluss. Es wird vielmehr ü b e r w i e g e n d d u r c h den C h a r a k t e r der Person u n d die ihm von J u g e n d auf
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eingepflanzten und in der U m g e b u n g h e r r s c h e n d e n sittlichen u n d unsittlichen N o r m e n b e s t i m m t . Der Zweck des sittlichen H a n d e l n s ist für unseren Philosophen eine Art von Selbstzufriedenheit, die lebhaft an die antike stoische A u t a r k i e e r i n n e r t . Er erkennt in der »grösstmöglichen Befriedigung unseres Bevvusstseins« das Endziel unseres Wollens u n d H a n d e l n s . Das Gute liegt ihm im Seelenfrieden durch Pflichterfüllung, in d e m E r w e r b e der charaktervollen Persönlichkeit. Rulle u n d inneres Selbstgenügen ist nach ihm die auszeichnende Eigenschaft des wissenschaftlichen Selbstbewusstseins. Des Philosophen Bestreben vollendet seinen K r e i s l a u f , indem es beim I c h , von dem es ausging, wieder anlangt, a b e r in dem erhöhten Bewusstsein von seiner Fülle und K r a f t . So wenig sich diese Ethik als eine A n w e i s u n g zu gemeiner Selbstsucht b r a u c h e n lässt, da sie ja vielm e h r strenge Pflichterfüllung und E n t s a g u n g fordert, so k o m m t sie doch nicht über den Stoicismus h i n a u s u n d bleibt egoistisch) weil sie nicht der evangelischen Vorschrift entspricht, welche f o r d e r t : Ihr sollt vollkommen w e r d e n , wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Die irdische Vollkommenheit a b e r besteht in der vollkommenen Liebe Gottes, die sich praktisch e r weist in der Liebe des Nächsten. Auch d a s philosophische Bestreben ist wie jedes a n d e r e dieser Vorschrift in ihrer ganzen S t r e n g e u n t e r w o r f e n , darf also sein Ziel nicht in der Selbstbefriedigung, sondern n u r in der Befriedigung der lebendigen philosophischen Bedürfnisse der Gesellschaft haben. 29. R e l i g i o n . Unser Philosoph f ü h r t das moralische Bewusstsein auf den apriorischen Stammbesitz zurück. Es w ü r d e d a n a c h sich nicht von a n d e r e n , gleichfalls auf die S t a m m b e g r i f f e z u r ü c k g e f ü h r t e n B e s t r e b u n g e n , von Kunst u n d Wissenschaft unterscheiden. Dennoch r ä u m t er dem Guten einen V o r r a n g ein ; er verlangt, dass Politik, Rechtswissenschaft, W i r t h s c h a f l s lehre und Aesthetik sich n a c h den Vorschriften der Sittenlehre richten sollen. Er giebt also diesen Wissenschaften eine moralisirende R i c h t u n g . Damit s t i m m t n u n sein Verhältniss zur Religion g a r nicht überein. Er weiss die B e d e u t u n g des religiösen Bewusstseins für die Gultur nicht zu w ü r d i g e n , w ä h r e n d sie doch sowohl in den frühesten wie in den fortgeschrittensten Zeiten ein H a u p t b e s t a n d t h e i l der Gultur ist. Es ziemt d e m Philosophen n i c h t , zur Religion u n d den Erscheinungen des
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religiösen Lebens eine feindselige oder a u c h nur eine gleichgültige Stellung einzunehmen. Der philosophische Makrokosmus ist o h n e Religion ein verstümmeltes Bild des Mikrokosmus. Unser Philosoph h a t auch in seine T a f e l der Wissenschaften die Theologie nicht a u f g e n o m m e n , gleich als ob er d a m i t stillschweigend a n d e u t e n wolle, dass er sie nicht zu den Wissenschaften rechne. Es m a g s e i n , dass er das R e c h t so zu verf a h r e n in d e m U m s t ä n d e f i n d e t , dass für ihn der Gegenstand u n d die Voraussetzung der Theologie nicht v o r h a n d e n seien. A b e r würde dieser Grund nicht starken Idiotismus v e r r a t h e n ? Denn wer im übrigen eine so weit in's Einzelne gehende Kritik ü b t , wie unser P h i l o s o p h , der ist erst recht gehalten, w e n n er ein ganzes Gebiet wissenschaftlicher B e s t r e b u n g v e r w i r f t , das d u r c h gründliche Kritik zu rechtfertigen. Indem er die U n sterblichkeit der Seele l e u g n e t , begiebt er sich als negativer Dogmatiker auf ein Gebiet, das o h n e Theologie nicht wissenschaftlich b e h a n d e l t w e r d e n kann. W e n n er, wie er s a g t , »es der Theologie überlassen m u s s , den Salz zu b e g r ü n d e n , das apriorische Selbstbewustsein ist das Göttliche in uns,« so musste er a u c h so viele ausführlich erörterte mathematische, juristische, ökonomische u n d a n d e r e Fragen den Fachwissenschaften ü b e r lassen. Indem unser Philosoph in einem so u m f a s s e n d e n W e r k e glaubt, d a s g e n a u e r e Studium der Religion und Theologie unterlassen zu d ü r f e n , um »dogmatische Ausschreitungen« zu vermeiden, beweist er, dass sein W e r k einer vergangenen Epoche der Philosophie a n g e h ö r t . Die Zeilen h a b e n sich geändert, u n d die Philosophie k a n n u n d will es nicht ablehnen, gemäss ihrer u m f a s s e n d e n A u f g a b e auch das religiöse Problem in ihren Bereich zu ziehen. 30. T e n d e n z . Ein jedes philosophische W e r k wird in irgend einer z u n ä c h s t d u r c h Gefühle b e s t i m m t e n Tendenz seine erste Veranlassung haben. Die T e n d e n z a b e r allein g e n ü g t nicht, um d e m W e r k e F o r m u n d Vollendung zu geben. Unser Philosoph ist zuerst u n d vor allem von d e m echt philosophischen Triebe n a c h u m f a s s e n d e r Erkenntniss beseelt gewesen. Dieses Bedürfniss schien ihm in der Schule der neubelebten Kantstudien befriedigt zu w e r d e n . Der Kriticismus h a t vor a n d e r n Epochen in der Geschichte der Philosophie den besonderen W e r t h f ü r die persönliche philosophische A u s b i l d u n g , dass er die J ü n g e r
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der Philosophie vor die verschiedenen H a u p t r i c h t u n g e n des philosophischen Denkens stellt, gleich wie einst H e r c u l e s a n den Scheideweg gestellt sein soll. Der e i g e n t ü m l i c h e Reiz d e r Kantischen Schule, ihre Besonnenheit, ihr rein wissenschaftlicher C h a r a k t e r , ihre Billigkeit gegenüber a n d e r e n R i c h t u n g e n liess in unserem Philosophen a u s der synoptischen S e h n s u c h t diesen eigenartigen W u n s c h e n t s p r i n g e n : »das Leben des Kriticismus noch einmal zu d u r c h l e b e n , dieses Leben a b e r auszukosten, nicht bloss als das Durchleben des wissenschaftlichen Denkens, sondern aller irgendwie e r f a ß b a r e n Z u s t ä n d e des I n n e w e r d e n s u n d Bewusstseins.« In diesen W o r t e n tritt recht deutlich h e r vor , wie überwiegend die Arbeit unseres P h i l o s o p h e n noch u n t e r dem Einfluss von Gefühlen und Bedürfnissen s t a n d . So rein auf Erkenntniss und W a h r h e i t gerichtet sie a u c h s i n d , so erheben sie sich doch nicht über das Persönliche ins Allgemeine. Die T e n d e n z ist hier noch nicht zu einer A u f g a b e u n d einem Zwecke gediehen, der dem Philosophen mit d e n Mitstrebenden, ja mit dem Zeitalter ü b e r h a u p t gemeinsam w ä r e . Die » P r ü f u n g aller Bewusstseinszustände«, wie er sie seiner T e n d e n z entsprechend v o r n i m m t , d u r f t e nicht selbst schon als die Erfüllung einer A u f g a b e , sondern n u r als Vorarbeit angesehen werden, u m eine bestimmtere A u f g a b e zu finden. Das W e r k d ü r f t e d a h e r streng g e n o m m e n nicht einmal ein »Entwurf« von seinem Verfasser g e n a n n t w e r d e n . Es e n t h ä l t die Materialien zu einem Entwurf. 31. S t i l . Dass d a s W e r k noch nicht weiter gediehen w a r , als sein Verfasser, vielleicht d u r c h ungünstige U m s t ä n d e veranlasst, zu seiner H e r a u s g a b e sich entschloss, geht a u c h a u s d e m Stile deutlich h e r v o r . Unser Philosoph stellt a n den philosophischen Stil a u s d r ü c k l i c h die F o r d e r u n g , dass er e i n f a c h , schlicht und sorgfältig sein solle. Aber bei der besonderen Wichtigkeit, welche der Schreibweise, dem A u s d r u c k , der F o r m ü b e r h a u p t in philosophischen Schriften z u k o m m t , d ü r f t e n wohl noch w e i t e r g e h e n d e F o r d e r u n g e n e r h o b e n w e r d e n müssen. Der Stil der Philosophie verlangt in h ö h e r e m Masse als der der einzelnen Wissenschaften Klarheit, U e b e r s i c h t , Genauigkeit, K ü r z e , sogar a u c h Kraft und t r e f f e n d e n , schöpferischen A u s d r u c k . Den philosophischen Zwecken a b e r d u r c h a u s hinderlich ist ein Stil, der a n Zerflossenheit, Weitschweifigkeit, Unklarheit u n d Schwulst leidet.
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Transcendentalspsychologie.
Bei u n s e r e m Philosophen ergiebt das Behagen an breitester, a b s t r a c t logischer A u s f ü h r u n g nicht selten Satzgebilde, die k a u m verständlich s i n d , u n d d i e , ästhetisch a n g e s e h e n , bisweilen an d a s Groteske streifen. Dahin g e h ö r t folgender Satz ü b e r das N i c h t s : »In diesem m e n s c h l i c h e n , d e n k e n d e n Verneinungsbewusstsein ist d a s Nichtseiende, das Nichts auch da, o h n e vorh e r r s c h e n d e s begehrliches Interesse, o h n e das Aufwallen leidenschaftlicher Gefühle, im reinen Aether des Erkenntnissbedürfnisses u n d des ruhigen Erkenntnissgefühles; denn ganz o h n e Wollen u n d Fühlen bethätigt sich auch das menschliche Denken d e r einheitlich geschlossenen Menschenseele nicht.« Es scheint, dass in diesem »im reinen Aether des Erkenntnissbedürfnisses« s c h w i m m e n d e n Satze unser Philosoph seinen Verzicht auf persönliche Unsterblichkeit hat niederlegen u n d b e g r ü n d e n wollen. 32. P a r e r g a . Dieser Ausdruck ist von S c h o p e n h a u e r eingeführt. Er bezeichnet die Nebenerzeugnisse des systematischen Triebes, welche häufig, gleich Perlen in der Muschel, von h o h e m W e r t h e sind. Es ist ein Trost der systematischen Arbeit, deren B e s t i m m u n g ja doch ist, einmal ü b e r w u n d e n u n d d u r c h Neues ersetzt zu w e r d e n , dass, je ei nster und u m f a s s e n d e r d a s System angelegt wird, P a r e r g a miterzeugt werden, welche bleiben u n d geschätzt w e i d e n , wenn das Ganze veraltet u n d vergessen sein wird. Neben den werthvollen entstehen aber a u c h werthlose P a r e r g a , dem Geröll u n d tauben Gestein vergleichbar, d a s die Goldkörner verbirgt. Die Dunkelheit u n d Leerheit des Allgemeinen u n d die Trivialität im Einzelnen sind Scylla u n d Charybdis der philosophischen Arbeit. A u c h unser Philosoph hat sich gelegentlich zu weit ins Einzelne eingelassen, h a t die Elemente der M a t h e m a t i k , G r a m m a t i k , Logik in grosser Breite vorgetragen , o h n e doch durch seine transcendentalen Zusätze diese W i s s e n s c h a f t e n wirklich zu bereichern. Die F a c h g e l e h r t e n k o m m e n , wenn sie solches l e s e n , leicht zu der M e i n u n g , das Geschäft des Philosophen sei, Eulen nach Athen zu tragen. A b e r a u c h werthvolle P a r e r g a e n t h ä l t das W e r k u n s e r e s P h i l o s o p h e n : E r h a t eine sinnige A u f f a s s u n g des Seelischen im T h i e r l e b e n ; er zeigt, wie die besondere R a u m a u f f a s s u n g eines Thieres von seinem K ö r p e r b a u und seiner Lebensweise a b h ä n g t . Aus d e n zahlreichen S c h r i f t e n , die er g r ü n d l i c h b e n u t z t h a t ,
W. En o c h : Trnnscpndentalpsychologie.
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f ü h r t er m a n c h e werthvolle B e m e r k u n g a n . Feinsinnig m a c h t er auf den Unterschied deutscher u n d römischer D e n k a r t a u f merksam, der sich in der Verschiedenheit der W o r t - u n d S a t z bildung in beiden Sprachen a u s p r ä g t . Wichtig ist a u c h das Lasson e n t n o m m e n e W o r t , dass die Thätigkeit des Richters d u r c h a u s productiv u n d rechtsbildend sei. S e h r a n s p r e c h e n d sind seine Bemerkungen über die A u f g a b e u n d d a s W e s e n der Philosophie im Allgemeinen. Mit R e c h t ist ihm uninteressirtes Denken das Kennzeichen des wissenschaftlichen Bewusstseins, fordert er sittlich reine Gesinnung auch vom K ü n s t l e r und Kunstliebhaber, hebt er die U n a u s r o t t b a r k e i t des philosophischen Geistes h e r v o r und dessen Bedürl'niss, sich der Kategorien schrankenlos zu bedienen. Von liebenswürdiger Offenheit ist er im Einttestämlniss eigener S c h w ä c h e n . Das werthvollste P a r e r g o n a b e r ist der d u r c h das ganze W e r k sich h i n d u r c h z i e h e n d e Nachweis über die Litteratur der einzelnen Wissensgebiete, ein Zeugniss gründlichsten Studiums. :)3. D e r P h i l o s o p h . Mag die Kritik an einein philosophischen W e r k noch so viel auszusetzen u n d zu berichtigen h a b e n , m a g sie ein System ganz u n d gar v e r w e r f e n , so ist d a m i t doch die volle A c h t u n g vor d e m Philosophen u n d seinem Bestreben sehr wohl vereinbar. Der w a h r e Jünger der Philosophie weiss, dass er auf dem Schiffe des Columbus ist, welcher auszog, den W e g n a c h Indien zu finden, u n d der A m e r i k a entdeckte. Er weiss, dass er in der W e r k s t a t t des G o l d m a c h e r s arbeitet, welcher d a s Porzellan e r f a n d . Der reine E r k e n n t n i s s trieb, wie er unsern Philosophen beseelt, muss, wiewohl er ihn zunächst n u r zur Befriedigung seines eigenen Bewusstseins, zur Reinigung u n d Selbstbefreiung von leidentlichen Gefühlen a n wendete, wiewohl sein Ziel n u r G e s u n d u n g des eigenen Geistes w a r — dieses Bestreben muss, weil es auf die W a h r h e i t gerichtet ist, a u c h ihr zu gute k o m m e n . Jeder e r k a n n t e l r r t h u m ist ein W e g w e i s e r zur W a h r h e i t . Der kritische Philosoph m u s s sich die Kritik gefallen lassen; er wird, wo sie ihm mit unbilliger H ä r t e geurtheilt zu h a b e n s c h e i n t , sich mit philosophischem H u m o r zu trösten wissen. W i e er selbst Dankbarkeit für d a s empfindet, w a s er von der Philosophie u n d Wissenschaft e m p f a n g e n hat, so wird a u c h ihm für seinen Beitrag Dank zu Theil.
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W. E n o c h : Transrrndentalpsychologie.
34. E i n G l e i c h n i s s . In einer von Hügeln umgebenen Mulde befand sich eine Wasserlache, die auch in dürren Zeiten nie ganz austrocknete. Es erhob sich unter den U m w o h n e r n ein Streit d a r ü b e r , woher dieses Wasser stamme. Die meisten meinten, es sammele sich in der Mulde das Wasser von den umliegenden Höhen. Einer aber b e h a u p t e t e , es e n t s t a m m e verborgener Tiefe. Um den W i d e r s p r u c h seiner Gegner zu widerlegen, m a c h t e dieser Mann sich rüstig daran, in der Mitte der Lache einen Brunnen zu bohren. Seither schien in dürren Zeiten das W a s s e r reichlicher zu sein als früher. Der B r u n n e n gräber schloss daraus, dass er R e c h t h a b e mit seiner Ansicht von dem tieferen Ursprünge des Wassers. Er konnte aber die anderen nicht überzeugen, die darauf bestanden, dass es überirdisch und unterirdisch von den Hügeln herabfliesse. Der Streit n a h m kein Ende. Jedoch schöpften alle gern aus dem reicheren V o r r a t h , und keiner grollte dem Manne, der den Brunnen gegraben hatte.
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. Mit besonderer Berücksichtigung
von Kant und Schiller.
Von
Karl Vorländer.
III. Die ä s t h e t i s c h e E r g ä n z u n g d e s e t h i s c h e n
Rigorismus.
W e n n s t r e n g e , kritische Scheidung der verschiedenen Bewusstseinsrichtungen a u c h die e r s t e A u f g a b e der Philosophie als systembildender, methodischer Wissenschaft ist, so darf es dabei doch nicht sein Bewenden haben. Denn diese Richtungen, bestimmter Erzeugungsweisen des Bewusstseins, die wir in Wissenschaft, Sittlichkeit und Kunst kennen lernten, sind doch eben nur Aeste e i n e s B a u m e s , s t a m m e n aus dem e i n e n gemeinsamen Bronnen des Bewusstseins, von dem sie nach verschiedenen R i c h t u n g e n , jede aus sich selbst heraus ihren e i g e n t ü m l i c h e n Inhalt erzeugend, ihren Lauf genommen haben. Im Gefühle dieser Verwandtschaft als Kinder e i n e r Mutter
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W. E n o c h : Transrrndentalpsychologie.
34. E i n G l e i c h n i s s . In einer von Hügeln umgebenen Mulde befand sich eine Wasserlache, die auch in dürren Zeiten nie ganz austrocknete. Es erhob sich unter den U m w o h n e r n ein Streit d a r ü b e r , woher dieses Wasser stamme. Die meisten meinten, es sammele sich in der Mulde das Wasser von den umliegenden Höhen. Einer aber b e h a u p t e t e , es e n t s t a m m e verborgener Tiefe. Um den W i d e r s p r u c h seiner Gegner zu widerlegen, m a c h t e dieser Mann sich rüstig daran, in der Mitte der Lache einen Brunnen zu bohren. Seither schien in dürren Zeiten das W a s s e r reichlicher zu sein als früher. Der B r u n n e n gräber schloss daraus, dass er R e c h t h a b e mit seiner Ansicht von dem tieferen Ursprünge des Wassers. Er konnte aber die anderen nicht überzeugen, die darauf bestanden, dass es überirdisch und unterirdisch von den Hügeln herabfliesse. Der Streit n a h m kein Ende. Jedoch schöpften alle gern aus dem reicheren V o r r a t h , und keiner grollte dem Manne, der den Brunnen gegraben hatte.
Ethischer Rigorismus und sittliche Schönheit. Mit besonderer Berücksichtigung
von Kant und Schiller.
Von
Karl Vorländer.
III. Die ä s t h e t i s c h e E r g ä n z u n g d e s e t h i s c h e n
Rigorismus.
W e n n s t r e n g e , kritische Scheidung der verschiedenen Bewusstseinsrichtungen a u c h die e r s t e A u f g a b e der Philosophie als systembildender, methodischer Wissenschaft ist, so darf es dabei doch nicht sein Bewenden haben. Denn diese Richtungen, bestimmter Erzeugungsweisen des Bewusstseins, die wir in Wissenschaft, Sittlichkeit und Kunst kennen lernten, sind doch eben nur Aeste e i n e s B a u m e s , s t a m m e n aus dem e i n e n gemeinsamen Bronnen des Bewusstseins, von dem sie nach verschiedenen R i c h t u n g e n , jede aus sich selbst heraus ihren e i g e n t ü m l i c h e n Inhalt erzeugend, ihren Lauf genommen haben. Im Gefühle dieser Verwandtschaft als Kinder e i n e r Mutter
K. V o r l ä n d e r : Ethischer R ; prnpn us u. sittliche Schönheit.
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streben sie aus ihrer Isolirung n a c h systematischer V e r b i n d u n g . W i r verglichen im vorigen Theile das kritisirende u n d a n a l y sirende Verfahren der philosophischen W i s s e n s c h a f t mit dem der logischen Begriffsbildung; der Vergleich lässt sich fortsetzen. W i e die Vorbedingung alles E r k e n n e n s T r e n n u n g u n d U n t e r scheidung durch Merkmale i s t , der vollständige Begriff a b e r erst entsteht, wenn die g e t r e n n t e n Theilvorstellungen zu einem Ganzen zusammengefasst w e r d e n , so ist a u c h K r i t i k n u r Vorbedingung u n d Vorbereitung zur S y s t e m a t i k . W o h l ist als Erstes d a s Unterscheiden und T r e n n e n n ö t h i g , damit der Gegenstand aus der V e r s c h w o m m e n h e i t und dem u n k l a r e n I n e i n a n d e r f l ö s s e n , in d e m er uns zuerst e r s c h e i n t , heraustrete u n d feste Gestalt g e w i n n e ; und so k o n n t e auch n u r durch zunächst strenges A u s e i n a n d e r h a l t e n , d u r c h feste Grenzbestimmungen die Reinheit u n d Selbständigkeit der einzelnen Bewusstseinsgebiete gewahrt w e r d e n . Aber diese Scheidung u n d Isolirung erfolgte doch n u r zu d e m methodischen Zwecke, Vermischung zu verhüten, nicht aber, um allen Z u s a m m e n h a n g zu leugnen oder abzuschneiden. W e n n u n d n a c h d e m jedoch Selbständigkeit u n d E i g e n t ü m l i c h k e i t der einzelnen Gebiete d u r c h die formale Methode gesichert sind, so können, ja müssen n u n m e h r die V e r b i n d u n g s b r ü c k e n geschlagen w e r d e n , darf der bisher starr auf das e i n e , begrenzte Ziel geheftete Blick sich frei n a c h allen Seiten r i c h t e n , darf a n Stelle der S p a l t u n g V e r s ö h n u n g treten, auf die F o r m der Entgegensetzung die F o r m d e r H a r m o n i e , auf die reinliche S c h e i d u n g z w a r nicht Aufh e b u n g der Gegensätze n a c h Hegelschem R e c e p t e , wohl a b e r Verbindung im Z u s a m m e n h a n g e des Systemes folgen. Das v e r b i n d e n d e E l e m e n t n u n , welches die F ä d e n h i n ü b e r u n d h e r ü b e r s c h l ä g t , m u s s ausserhalb der drei Bewusstseinsgebiete stehen u n d doch mit ihnen n a h e g e n u g v e r w a n d t sein. Da bleibt n u r jenes im vorigen Aufsatze bereits charakterisirte Vierte, welches mit ihnen allen als ihr g e m e i n s a m e r U n t e r g r u n d aufs innigste verwachsen ist: d a s G e f ü h l . U n d w e n n es a u c h des Dichters Vorrecht bleiben m a g , diesen ,Quell aus v e r b o r g e n e n Tiefen' in seiner Allgewalt d a r z u s t e l l e n , so ist es doch n i c h t , wie Schiller einmal s a g t , »die Dichtung bein a h e a l l e i n , welche die g e t r e n n t e n Kräfte der Seele wieder in Vereinigung bringt, welche . . . . gleichsam die ganze Mensch-
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
heit in u n s herstellt.« ') Auch dem Philosophen ist, w e n n a n d e r s d e r Mensch ein ^ e r b u n d e n e r e s Ganze' ist, als er in der Zergliederung d e r Abstraction erscheint, »mehr erlaubt« als eben dies T r e n n e n u n d Z e r g l i e d e r n , mit d e m er beginnen m u s s ; ihm bleibt die zweite A u f g a b e , z w a r nicht mit den Mitteln des Dichters u n d d u r c h das G e f ü h l , aber mit den Mitteln der W i s s e n s c h a f t und durch f ö r d e r n d e Systematik, die v e r b i n d e n d e n F ä d e n a u f z u s u c h e n u n d aus den Theilen ein Ganzes, a u s den Gliedern einen Organismus zu s c h a f f e n , mit a n d e r e n W o r t e n : es giebt ausser d e r Kunst auch noch Aesthetik, wie dies der Aesthetiker Schiller ja in seiner P e r s o n erwiesen hat. J a , d u r c h diesen Z u s a m m e n s c h l u s s zum System gelangt die E i g e n t ü m l i c h k e i t der Einzelgebiete erst zu vollem A u s w u c h s 2 ) , sie müssen sich zu ihrer gegenseitigen E r g ä n z u n g mit e i n a n d e r v e r b i n d e n , d a m i t das Bild der vollendeten Menschheit erstehe. U m die A n w e n d u n g auf unser specielles T h e m a zu m a c h e n : zum ethischen Rigorismus ist die Gefühls-, also die ästhetische E r g ä n z u n g zu s u c h e n . Das Sittengesetz gilt f ü r u n s Menschen d. i. v e r n ü n f t i g sinnliche , nicht bloss wollende, sondern a u c h fühlende W e s e n . So wenig d a s sittliche Wollen durch Lust oder Unlust c h a rakterisirt ist, so sehr ist es doch -mit einem G e f ü h l , sei es der Lust oder der U n l u s t , der K r a f t oder der Freiheit, n o t h w e n d i g v e r b u n d e n . Der Begriff des ;vernünftigen W e s e n s ü b e r h a u p t ' , den K a n t öfters in seiner Ethik a n w e n d e t , ist im G r u n d e doch n u r eine, wenngleich unbedingt nothwendige u n d unermesslich f r u c h t b a r e , methodische Abstraction zum Behufe der Reinheit des moralischen Gesetzes, der Selbständigkeit der ethischen Wissenschaft. Der w i r k l i c h e , concrete Mensch a b e r ist ein zugleich mit Sinnlichkeit bekleidetes, ein s i n n l i c h - v e r n ü n f t i g e s W e s e n . Ein Sittenwesen ohne Gefühl wäre ein leerer S c h e m e n o h n e Fleisch von u n s e r e m Fleisch und Blut von u n s e r e m Blut. Engel u n d D ä m o n e n gehören n a c h Schiller nicht in die T r a g ö d i e ; ebenso wenig, fügen wir hinzu, in die philosophische Wissenschaft. Dem Sollen m u s s ein Sein g e g e n ü b e r s t e h e n , w a s soll, ein Subject, welches a n d e r s i s t u n d a n d e r s fühlt, als 1 j Recension von Bürgers Gedichten, XII 342. 2) Vergl. Cohen, Kants Begründung der Aesthetik S. 342.
K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
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es der kategorische Imperativ verlangt. Daher wird schon, indem das Sittengesetz als Triebfeder gedacht wird, n o t wendiger Weise die Wirkung auf ein Gefühl mitgedacht. Ohne das Gefühl ist keine Anwendung des ersteren auf den Menschen, mithin keine angewandte Ethik möglich. Es handelt sich also für uns jetzt um die F r a g e : Unter welchem Gesichtspunkt erscheint das reine, formale Sittengesetz dem Menschen als fühlendem Wesen, der moralische dem anthropologischen Menschen, der homo noumenon dem homo phaenomenon, das Sittenwesen dem Naturwesen? Oder in kürzester F o r m : In welcher Weise wird das Sittengesetz vom Menschen gefühlt? Wenn Kant bei der Entwickelung dieser Frage erklärt, das Gefühl der A c h t u n g sei »der erste, vielleicht auch einzige Fall, da wir aus Begriffen a priori das Verhältniss eines Erkenntnisses (hier ist es einer reinen praktischen Vernunft) zum Gefühl der Lust oder Unlust bestimmen konnten« 1 ), so hat Cohen diesen Salz mit Recht dahin verallgemeinert, dass diesen Fall, dieses Verhältniss vielmehr das Gebiet der Aesthetik überhaupt darstelle 2). Denn das Gefühl bildet den eigenthümlichen Inhalt des ästhetischen Bewusstseins. Damit, dass die Sittlichkeit g e f ü h l t wird, wird sie ä s t h e t i s c h . Und so fordert die Ethik nicht zu ihrer Begründung z w a r , aber zu ihrer Ausführung und Anwendung auf die menschliche Natur von selbst eine Ergänzung durch Aesthetik. In diesem Sinne redet unsere Ueberschrift von einer ästhetischen Ergänzung des ethischen Rigorismus. Nicht als ob wir uns damit irgendwie auf das weitverzweigte Gebiet der eigentlichen Aesthetik begeben wollten. Unser Interesse ist ein ethisches; alles rein Aesthetische bleibt daher von vornherein ausgeschlossen. In das Grenzgebiet der Aesthetik treten wir freilich ein, aber nur auf ihre ethischen Beziehungen kommt es uns an. Wie das Verhältniss des Sittlichen zur Wissenschaft bei Begründung der Ethik untersucht werden musste, so muss bei ihrer Anwendung das Verhältniss zum Gefühl zur Erörterung k o m m e n , und zwar in dessen zum ästhetischen Bewusstsein gereinigter Form. Es werden uns daher bei der Disposition des Stoffes die ästhetischen Grund1) Kr. d. pr. V. 89 f. 2) A. a. 0. S. 143. Philosoph. Monatshefte. XXX, 9 u. 10.
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K. V o r l ä n d e r : Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
begriffe Hilfe leistenTmüssen. Als solche aber gelten seit alten Zeiten unbestritten: das Schöne und das Erhabene. Wir betrachten demnach im Folgenden das Sittliche unter diesem doppelten Gesichtspunkte als S i t t l i c h - E r h a b e n e s und S i t t l i c h - S c h ö n e s . Es wird dabei die methodische Voraussetzung zu beachten sein, dass der Stoff derselbe bleibt: das Sittliche. Die Ethik kann nicht über sich selbst hinaus; es giebt kein moralisches Uebertreffen der Pflicht. Sondern die ästhetische Ergänzung zeigt uns nur eine neue F o r m , in die das Sittliche gegossen wird, für welche es indess, trotz aller seiner Majestät, blosser Stoff, blosses Material bleibt.
1. Das Sittlich-Erhabene ist die F o r m , unter welcher das Sittliche dem Gefühle z u n ä c h s t erscheint. .Erhaben', als Part. Prät. von .erheben 1 noch bis in das 18. Jahrhundert im eigentlichen, localen Sinne gebraucht , bezeichnet nach Kants wohl unbestreitbarer 2 ) .Nominaldefinition' das schlechthin (absolut) oder über alle Vergleichung Grosse (Kr. 100); man könnte also auch s a g e n : das Unendliche. Nun giebt es in der ganzen Natur nichts, was nicht im Vergleich mit einem Anderen als klein betrachtet werden könnte (Kr. 103). Dagegen trägt etwas Erhabenes jede I d e e an sich, insofern sie als ein Unendliches das Endliche durchbricht, durchleuchtet, oder in Kantischer Fassung: indem sie die Sinnlichkeit »auf das Unendliche hinaussehen« lässt (ebd. 121). Deshalb erfordert die Stimmung des Gtmüthes zum Erhabenen Empfänglichkeit desselben für Ideen (ebd.). W e n n nun aber dies Erhabene alle Ideen der Vernunft trifft (ebd. 97), wem könnte d a n n das Prädikat der Erhabenheit in höherern Sinne, in gewaltigerem Umfange zukommen als der höchsten Idee, die zu denken möglich ist, dem unbedingten und unbeschränkten Sittengesetze, dem Einzigen in der Welt und ausser der W e l t , das schlechthin und absolut gross ist, aller Orten und zu aller Zeit! 1) Vergl. Grimmsches Wörterbuch, unter Art. erhaben. 2) Auf eingehendere ästhetische Untersuchungen und Definitionen können wir uns selbstverständlich nicht einlassen. — Kr. bedeutet Kants Kritik der Urtheilskraft in der Reclam'schen Ausgabe, pr. V. die Kritik der praktischen Vernunft in derselben Sammlung.
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Ethischer Rigorismus u. sittliche Schönheit.
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K a n t hat nun zwar das Sittlich-Erhabene nicht als solches und unter diesem Namen besonders b e h a n d e l t , sondern seiner kritischen Methode gemäss das Sittliche im R a h m e n seiner Ethik, das Erhabene in der Aesthetik erörtert. A b e r die systematische Möglichkeit, das Sittliche ästhetisch zu behandeln, hat er in einer bedeutsamen Stelle der Kritik der Urtheilskraft mit voller Klarheit ausgesprochen. »Das Schlechthin-Gute«, sagt er dort (Kr. 1 2 3 f . ) , »gehört an sich zwar nicht für die ästhetische Urtheilskraft«, aber »die Bestimmbarkeit des S u b jectes durch diese Idee und zwar eines S u b j e c t e s , welches in sich an der Sinnlichkeit Hindernisse, zugleich aber Ueberlegenheit über dieselbe durch die Ueberwindung derselben als Modification seines Zustandes empfinden kann d. i. das moralische Gefühl, ist doch mit der ästhetischen Urtheilskraft und deren formalen Bedingungen sofern verwandt, dass es dazu dienen kann, die Gesetzmässigkeit der Handlung aus Pflicht z u g l e i c h als ä s t h e t i s c h d. i. als e r h a b e n oder auch als s c h ö n vorstellig zu m a c h e n , ohne an seiner Reinigkeit einzubüssen.« Das Sittengesetz kann also, seiner Reinheit unbeschadet, ästhetisch zugleich — vom Schönen sehen wir vorläufig noch ab — als erhaben vorgestellt werden. J a , dieser moralische Zug des Erhabenen tritt in Kants Aesthetik m ä c h t i g , für den formalen C h a r a k t e r , der ihr nach der transcendentalen Methode doch zukommen m u s s , vielleicht zu mächtig hervor. Denn, wenn wir das E r h a b e n e einem Naturgegenstande nur »durch eine gewisse Subreption (Verwechselung einer Achtung für das Object statt der für die Idee der Menschheit in unserem S u b jecte)« (Kr. 111) unterlegen, so zeigt sich hierin das Uebergewicht des moralischen Stoffes über die ästhetische F o r m . Doch wir gehen auf dies für die Grundlegung der Aesthetik wichtige T h e m a nicht weiter e i n 1 ) . W a s uns vom ethischen Gesichtspunkte m e h r interessirt, ist der Umstand, dass bereits in der Kritik der praktischen Vernunft und der Grundlegung, also noch J a h r e , bevor K a n t den B a u seiner Aesthetik aufgeführt hat, und in S c h r i f t e n , die doch vor sogenannten erhabenen und edlen Handlungen als moralischer Schwärmerei w a r n e n , d e n n o c h der ästhetische Terminus des Erhabenen, 1) Vergl. Cohen a. a. 0 . , S. 232 f., 238 ff., 252.
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wenn auch vielleicht unbewusst und ohne systematische Beziehung, dem Ethiker Kant in die Feder fliesst, und zwar gerade an solchen Stellen, wo sich seine Sprache im Pathos des Gefühls zu rednerischem Schwünge im Preise des Sittlichen erhebt. So nahe sind Sittliches und Erhabenes, Ethik und Aesthetik mit einander verbunden. Es lässt sich nachweisen, wie sämmtliclien ethischen Grundbegriffen Kants das Prädikat der Erhabenheit entweder ausdrücklich beigelegt wird oder doch dem systematischen Zusammenhänge nach leicht auf sie übertragen werden kann. Das S i t t e n g e s e t z erscheint in »feierlicher Majestät«, und »die Seele glaubt sich in dem Masse selbst zu erheben, als sie das heilige Gesetz über sich und ihre gebrechliche Natur erhaben sieht« (pr. V. 94); es lässt uns »die Erhabenheit unserer eigenen übersinnlichen Existenz spüren (ebd. 107). Die P f l i c h t wird apostrophirt als der »erhabene, grosse Name«, vor dem alle Neigungen verstummen (105). Von dem Gesetz geht die Erhabenheit über auf den Schöpfer und Träger desselben, auf das moralische Subject, die P e r s ö n l i c h k e i t , welche »uns die Erhabenheit unserer Natur (ihrer Bestimmung nach) vor Augen stellt« (106), e r h a b e n , weil wir uns durch sie erhoben fühlen über den s Mechanismus der ganzen Natur unsere eigene, natürliche Person miteingeschlossen. Erhaben ist demnach ferner die Idee der M e n s c h h e i t (Kr. 111), die ja zuweilen mit dem Gesetze selbst identificirt wird, erhaben in der eigenen wie in der Person jedes anderen, ja weiter in der ganzen idealen Menschheit aller Zeiten und aller Länder, die sich zusammenfassen lässt in dem ,herrlichen Ideale 1 eines Reiches der Sitten 1 . Und dies Gefühl der Erhabenheit unserer Bestimmung erhöht sich in dem Bewusstsein der A u t o n o m i e , selbst und allgemein gesetzgebend und nur darum dieser Gesetzgebung untergeordnet zu sein, denn das Bewusstsein der blossen Unterwerfung würde das Gefühl des Erhabenen verscheuchen (Grundlegung S. 66). Ihre höchste Steigerung endlich findet die Erhabenheit in dem Gedanken der A u t o t e l i e , dass der Mensch Endzweck der Schöpfung, mithin Selbstzweck sei, und in der alle die erwähnten ethischen Begriffe in sich zusammenfassenden Idee unserer sittlichen F r e i h e i t , die am letzten Ende der Grund alles Erhabenen ist.
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Daher lassen sich denn auch die W i r k u n g e n , die das Natur-Erhabene a u f u n s e r G e f ü h l übt, in erhöhtem Masse auf das Sittlich-Erhabene übertragen. Dass wir hierauf noch einen Blick werfen, geschieht nicht bloss, um den Zusammenh a n g zwischen dem ethischen und dem Gefühlsmoment auch an dieser Stelle klarzulegen, sondern insbesondere auch, um den ethischen Rigorismus vor dem oft gegen ihn erhobenen Vorwurf der Härte, Kälte und Nüchternheit zu schützen. Das Gefühl der Achtung, welches die Vorstellung des Sittengesetzes in uns bewirkt, ist ein gemischtes, ein Doppelgefühl, aus Lust und Unlust zusammengesetzt. Alles Erhabene erweckt in unserer Brust zunächst, durch das Gefühl unserer Unangemessenheit zur Idee, eine S t a u u n g , Hemmung unseres Vorstellungsvermögens, die, wie alles Trennende, mit Unlust verbunden ist; wir erstaunen und verstummen in unseres Nichts durchbohrendem Gefühl. A b e r , indem wir uns bewusst werden, aus unserem eigenen Inneren diese Idee hervorgebracht zu h a b e n , verwandelt sich die Hemmung in Befreiung, das Niederschlagen in Erhebung, die Unlust in höchste Lust. Wir selbst steigen an der fremden Grösse empor, und es ist uns, als wären wir uns selbst grösser zurückgegeben. Wenn nun jede Darstellung des Unendlichen überhaupt die Seele erweitert, indem unsere Einbildungskraft durch die Wegschaffung der Schranken sich unbegrenzt fühlt (Kr. 132), wie viel mehr die Vorstellung des moralischen Gesetzes! Es giebt nichts Erhebenderes und Begeisternderes als die Idee der moralischen Gesinnung, das hat Kant an unzähligen Stellen seiner Ethik gepredigt. Ein heiliger Schauer zwar wandelt uns Sinnenmenschen zunächst an bei der Anschauung der noumenalen Majestät des reinen Gesetzes, allein dieser heilige S c h a u e r , den wir über die Tiefe göttlicher Anlagen in uns e m p f i n d e n ' ) , mischt sich alsbald mit einem Gefühl des Entzückens über die Erhabenheit unserer autonomen, endzweckhaften Bestimmung. Die Augen, die zuvor den sonnenhaften Glanz des Sittengesetzes kaum ertragen konnten 2 ), können sich n u n m e h r an seiner Herrlichkeit nicht satt sehen 1) Kant-, Das m a g in der Theorie etc. S. 113. 2) Diesen Vergleich braucht nicht bloss Schiller, sondern auch schon P l a t o (Eep. VII von der idèa iov ä-ya&ov).
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t (pr. V. 94). Und die Unbegreiflichkeit der »sich 'doch von selbst einstellenden Frage« nach dem Etwas »in Dir, was sich getrauen [darf, mit allen Kräften der Natur in Dir !und um Dich in Kampf zu treten, um sie, wenn sie mit Deinen sittlichen Grundsätzen in Streit k o m m e n , zu besiegen,« ') weit entfernt, diese E r h e b u n g zu schwächen, ist vielmehr n u r geeignet, sie aufs Höchste zu steigern. So ist denn der Vorwurf des Kalten und Leblosen, des Harten und N ü c h t e r n e n , den m a n so gern gegen den ethischen Rigorismus erhebt und der auch in Schillers Wort von dem ,schulgerechten Zögling einer Sittenreger (XI, 369) zu liegen scheint, für den von der unendlichen Grösse des Sittengesetzes einmal Ergriffenen durchaus hinfällig. Vielmehr konnte Kant Schillern mit Recht zurufen, dass das Gefühl des Erhabenen unserer eigenen Bestimmung uns m e h r h i n r e i s s e als alles S c h ö n e 2 ) : was dieser selbst später zug e s t a n d , wenn er schrieb, dass das Gefühl des Erhabenen ,bis zum Entzücken' (s. vorige Seite) steigen könne u n d , »ob es gleich nicht eigentlich Lust ist, von feinen Seelen a l l e r L u s t doch w e i t v o r g e z o g e n « werde 3 ). Denn gerade das Erhabene b e w e g t , während das Schöne »das Gemüth in r u h i g e r Contemplation voraussetzt und erhält« (Kr. 9 9 , vergl. 112). Kant konnte sich daher mit voller Berechtigung gegen die »ganz irrige Besorgniss« v e r w a h r e n , dass »die Vorstellung des moralischen Gesetzes und der Anlage zur Moralität in uns . ., wenn m a n sie alles dessen b e r a u b t , was sie den Sinnen empfehlen kann, alsdann keine andere als kalte, leblose Billigung und keine bewegende Kraft oder R ü h r u n g bei sich führen würde.« »Es ist gerade u m g e k e h r t ; denn d a , wo nun die Sinne nichts m e h r vor sich sehen, und die unverkennliche und unauslöschliche Idee der Sittlichkeit dennoch übrig bleibt, w ü r d e es eher nöthig sein, den Schwung einer unbegrenzten Einbildungskraft zu mässigen, um ihn nicht bis zum Enthusiasmus steigen zu lassen« (Kr. 133). D e r weltbewegenden Macht 1) Tugendlehre S. 341; vgl. Religion innerhalb etc. S. 52 f. 2) Religion innerhalb S. 22 Anm. 3) Ueber das Erhabene X I I , 300. Diese Stelle lautet bestimmter als die früher geschriebene in den ^Zerstreuten Bemerkungen etc.' (1793): . mit einem Gefühl, das man zwar nicht eigentliche Lust nennen kann, aber der Lust o f t weit vorzieht« (XI, 479).
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vielmehr ist das Sittliche als Triebfeder fähig, dass es alles Grosse in der Weltgeschichte hervorgebracht hat, denn w a h r e andere Grösse giebt es nicht, als die, welche die sittliche Freiheit schafft. Auf wen aber sollte eine solche Lehre einen mächtigeren Eindruck machen, wem mehr congenial sein als S c h i l l e r , dem Prediger der Freiheit, wie Goethe ihn einmal in bewusstem Gegensatze zu sich selber cliaraklerisirt'). Und wenn Goethe an anderer Stelle 2 ) von dem Freunde s a g t : »Die Kantische Philosophie, die den Menschen so hoch e r h e b t , indem sie ihn einzuengen scheint, hatte er mit Freuden in sich aufgenommen,« hat er damit nicht eben den Grundzug des Erhabenen, das ja seinen Namen vom »erheben« trägt, aufs richtigste gezeichnet und zugleich die nahe Verwandtschaft beider Charaktere, die auch Körner auffiel (vgl. oben S. 247), aufs glücklichste ausgedrückt? Das Vorherrschen des sittlichen Moments in Schillers Dichten, das ihn vor allem zum Dramatiker und hier wieder am meisten zum Tragödiendichter bestimmte — wie er selbst denn auch den Begriff der Tragödie aus der Lust am moralisch Zweckmässigen abgeleitet und im Zusammenhang mit dem E r habenen entwickelt h a t — , wie gleicherweise in seinem Charakter überhaupt, ist zu oft hervorgehoben worden, als dass es weiterer Worte bedürfte. Schillers Lieblingscharaktere handeln nach dem kategorischen Imperativ, diejenigen Goethes nach dem Affect, sagt Gervinus einmal 8 ). Und dieser Grundrichtung des D i c h t e r s Schiller, »im Sittlichen den würdigsten Stoff für die vollendete Kunstform zu suchen«, 4 ) entspricht auch das Verhältniss in seinem theoretischen Sich-Besinnen. Wie sehr Schiller — und zwar ist dies gerade von der Zeit seiner Bekanntschaft mit Kants Kritik der Urtheilskraft an der Fall — von dem Begriff des Erhabenen gepackt w u r d e , beweist schon der rein äusserliche U m s t a n d , dass die Mehrzahl seiner ästhetischen Abhandlungen sich mit demselben, und zwar vorzugsweise dem Sittlich-Erhabenen, beschäftigt. Die beiden Aufsätze über das Tragische, die Abhandlungen Vom E r h a b e n e n , Ueber das 1) 2) 3) 4)
Annalen von 1794, IV 537. Einwirkung der neueren Philosophie, V 1195. G. d. d. D., V 504. Tomaschek a. a. O. S. 477.
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Pathetische, Ueber das Erhabene, der zweite Theil von A n m u t h und Würde, der grösste Theil der Zerstreuten Betrachtungen etc. gehören hierher, während der, systematisch doch mindestens gleich wichtigen, Entwickelung des Schönen aus den S. W . eigentlich n u r ,Anmuth' und die ästhetischen Briefe dienen, die übrigen Abhandlungen aber beide Themata etwa gleich stark berücksichtigen. Trotzdem können wir uns für unseren Zweck kurz fassen. D e n n , was Schiller hier etwa Neues geleistet h a t , wie z. B. die Entwickelung des Tragischen, gehört in das Gebiet der eigentlichen Aesthetik. Das Sittlich-Erhabene aber hat er zwar meisterhaft und in poetischerer Sprache als Kant b e s c h r i e b e n (man vergleiche namentlich die herrliche Abhandlung Ueber das Erhabene), aber in Bezug auf Methode und Systematik, worauf es uns hier allein a n k o m m t , nichts wesentlich Neues geschaffen, sondern in der Hauptsache doch n u r , wie er einmal auch in der Ueberschrift selbst bekennt (vgl. S. 248), Kantische Ideen ausgeführt. Denn wenn T o m a s c h e k J ) in der Bezeichnung des Mathematisch- und Dynamisch - Erhabenen als eines Theoretisch- und PraktischErhabenen , bezw. eines Erhabenen der Erkenntniss und der Gesinnung ein neues, über Kant hinausgehendes Eintheilungsprincip Schillers sieht, so ist das ein I r r t h u m ; diese Eintheilung findet sich ihrem Wesen nach bereits bei Kant (Kr. 99). Im Gegentheil, die systematische Uebereinstimmung mit Kant geht so weit, dass Schiller einen oben (S. 539) bereits angedeuteten Fehler Kants mitgemacht h a t : denjenigen, den lediglich formalen Charakter des Aesthetischen nicht immer genug bet o n t , das Moralische nicht überall als blossen Stoff behandelt zu haben 2 ). Das Sittlich - Erhabene ist allerdings die nächstliegende, gewissermassen naturgemässeste Form, in der das Sittliche sich ästhetisch ausdrückt. Denn zunächst erscheint uns das Sittengesetz in seiner Allgewalt gegenüber unserer N a t u r , in seiner Majestät gegenüber unseren Neigungen, in dem Conflict mit 1) Tomaschek, S. 209. 2) Wir folgen in dieser Beurtheilung Schillers mehr Tomaschek (bes. S. 220 ff., 310ff.) als Cohen (Kants Begr. d. Aesthetik S. 383), der den Charakter der Form »überall« bei Sch. durchgeführt findet.
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unserer Sinnlichkeit. Das Scheidende ist stärker als das Verbindende, und da das Trennungsbewusstsein mit Unlust verbunden ist, bleibt das Erhabene noch mit Unlust behaftet, wird »mit einer Lust aufgenommen, die nur vermittelst einer Unlust möglich ist« (Kr. 115). Aber, wenn auch die nächstliegende, so bleibt das Sittlich-Erhabene doch nicht die einzige Form, in weicher das Sittliche sich ästhetisch zu äussern vermag. Wir betrachten n u n m e h r :
2. Das Sittlich-Schöne. Soll die Kluft zwischen dem Sittengesetze und der menschlichen Natur ewig unausgefüllt, die Disharmonie zwischen Sollen und Sein ewig ungelöst, der Gegensatz zwischen Vernunft und Sinnlichkeit, Pflicht und Neigung ewig bestehen bleiben? Unsere Antwort lautet: J a , soweit die Reinheit des Gesetzes in Frage kommt. Die Reinheit des Sollens, auf welche die Selbständigkeit der Moral sich gründet, darf durch keinerlei Rücksichtnahme auf unsere Neigung, Natur, Sinnlichkeit oder wie man es sonst nennen m a g , beeinträchtigt werden; diese Lehre des ethischen Rigorismus hat nicht bloss Kant, sondern, wie wir im vorigen Hefte sahen, auch Schiller nachdrücklich eingeschärft. Wohl aber kann im S u b j e c t e , im G e f ü h l e des Menschen als sinnlich-vernünftigen Wesens eine Ueberbrückung der Kluft stattfinden; wenigstens soll der Mensch nach einer solchen Versöhnung der Gegensätze streben, damit er nicht ewig in sich zerrissen und gespalten bleibe, sondern in sich und mit sich eins werde. Schon im Erhabenen liegt, wie paradox dies zunächst auch klingen möge, das Moment des Schönen verborgen. Denn in das demüthigende Gefühl der Unterwerfung mischte sich bereits (vgl. oben S. 541) ein Lustgefühl, geweckt durch und sich nährend an dem Gedanken, dass wir selbst die Idee des Sittengesetzes in unserem Inneren erzeugt h a b e n , dass es mithin unsere eigene Persönlichkeit, unser .besseres Selbst' ist, dem wir uns in ,freiem Selbstzwange' unterwerfen. Dieses Lustgefühl konnte sich nur noch nicht frei entfalten, die zarte Pflanze wurde noch überwuchert von dem übermächtigen Gebilde des Sittengesetzes, das Verbindende vom Trennenden, die vertrauliche Zuneigung von ehrfurchtgebietender S c h e u , und so ent-
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stand das Contrastgefühl des Erhabenen. Wie aber keine Anspannung sich ins Unendliche steigern k a n n , jede Disharmonie nach Auflösung in Harmonie ringt, so muss auch das Erhabene abklingen ins Schöne '), das Sittlich-Erhabene sich ausschwingen zum Sittlich- Schönen. Dann steht das Sittengesetz nicht mehr in theils blendender, theils feierlicher Majestät vor unseren A u g e n , sondern, indem wir es in uns aufgenommen haben, steigt es hernieder von seinem Weltenthrone in die Tiefe unseres Herzens 8 ). Wir fühlen uns nicht mehr u n t e r ihm als dem strengen Zuchtmeister, sondern heimisch in i h m , haben uns erfüllt m i t ihm, um unser und der anderen Leben danach zu gestalten. »Des Gesetzes strenge Fessel bindet Nur den Sklavensinn, der es verschmäht, Mit des Menschen Widerstand verschwindet Auch des Gottes Majestät.«
Nunmehr werden Sittlichkeit und Natur einander vermählt, die Natur ist sittlich geworden und das Sittliche erscheint als Natur. Nun nicht mehr blosse Sittenwesen ohne Fleisch und Blut, noch auch endzwecklose Naturwesen, sondern die beiden sich suchenden Hälften haben sich gefunden zu dem einen, ganzen, vollendeten Menschen, zur .Totalität der menschlichen Natur'. Die Kluft ist verschwunden, die Harmonie, das ideale Gleichgewicht der menschlichen Gemüthskräfte ist hergestellt. Das ist das Ideal schöner Menschlichkeit oder s i t t l i c h e r S c h ö n h e i t , welches Schiller uns in all seiner Herrlichkeit vor Augen gestellt hat. Es erinnert an die althellenische Kalokagathie, aber die unsyste1) Vgl. Trendelenburg, Niobe. Einige Betrachtungen Schöne und Erhabene. Berlin 1846. S. 22 ff.
über das
2) In diesem tiefen Gleicbniss aus .Ideal und Leben' berührt sich das höchste ästhetische Ideal — vergl. Goethes Wort von dem Zeus des Phidias, dass in ihm der Gott zum Menschen geworden sei, um den Menschen zum Gott zu erheben — mit den tiefsinnigsten' und fruchtbarsten Gedanken religiöser Mystik (das Evangelium vom Logos, die avcißaois und xatdßaais des Maximus Confessor, die Geburt Gottes in uns bei Eckhart und Tauler).
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matische Vermischung des Guten und Schönen ist vermieden 1 ) und die unbewusste Naivetät vertieft durch das sittliche Bewusstsein. Unsere Kultur soll uns auf dem Wege der Vernunft und Freiheit zur Natur zurückführen (naive und sentimentale Dichtung), durch das Ideal erst kehren wir zur Einheit zurück. Es ist hier nicht der Ort nachzuweisen, wie Schiller von Anfang an für diese Einheit des sinnlichen und geistigen Factors in der Menschennatur prädisponirt w a r , wir müssten sonst seine Schriften von der Magisterdisseitation bis zu den .Künstlern' einer Besprechung unterziehen. Auch aus seiner Kantischen Periode wollen wir im Folgenden nur einige charakteristische Stellen hervorheben, hauptsächlich solche, in denen er das Sittlich-Schöne ergänzend neben das Sittlich-Erhabene stellt, a n Kant sich anschliessend und zugleich ihn weiterbildend. Denn es ist kein Zufall, dass der Dichter genau an der Stelle, wo er sich mit Kant zum ersten Male auseinandersetzt 2 ), zuerst seine Ansichten über das Sittlich-Schöne in systematischem Zusammenhange entwickelt; indem e r , nachdem vorher die völlige Zustimmung zu Kants ethischem Rigorismus ,im Felde der reinen Vernunft und bei der moralischen Gesetzgebung' ausgesprochen ist, nunmehr in der .wirklichen Ausübung der Sittenpflicht' den Punkt bezeichnet, wo er die dort zurückgewiesenen .Ansprüche der Sinnlichkeit' zu behaupten versuchen will. — »Wie sehr also auch Handlungen aus Neigung und Handlungen aus Pflicht in o b j e c t i v e m Sinne einander entgegenstehen, so ist dies doch in s u b j e c l i v e m Sinne nicht also, und der Mensch d a r f nicht nur, sondern s o l l Lust und Pflicht in Verbindung bringen, er soll seiner Vernunft mit Freuden gehorchen.« Die sinnliche Natur ist seiner »reinen Geisternatur« beigesellt, nicht als .Last', um sie wegzuwerfen, oder als .grobe Hülle', um sie abzustreifen — das ist mittelalterliche , mönchische Gesinnung — , s o n d e r n , »um sie aufs Innigste mit seinem höheren Selbst zu vereinbaren.« »Dadurch schon, dass sie ihn zum vernünftig sinnlichen Wesen d. i. zum Menschen m a c h t e , kündigte ihm die Natur die Verpflichtung 1) Vergleiche besonders den Brief vom 23. Febr. 1793 nach unserem Citate S. 236 f. 2) Anmuth und Würde XI 364.
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a n , nicht zu trennen, was sie verbunden h a t , auch in den reinsten Aeusserungen seines göttlichen Theiles den sinnlichen nicht hinter sich zu lassen, und den Triumph des einen nicht auf Unterdrückung des anderen zu gründen« (a. a. 0 . S. 364). »Wäre die sinnliche Natur im Sittlichen immer nur die unterdrückte und nie die m i t w i r k e n d e Partei, wie könnte sie das ganze Feuer ihrer Gefühle zu einem Triumph hergeben, der über sie selbst gefeiert wird ?« ') (ebd. 368.) Vielmehr muss des Menschen sittliche Denkart »aus seiner gesammten Menschheit hervorquellen,« muss ihm z u r N a t u r g e w o r d e n sein; denn »der bloss niedergeworfene Feind kann wieder aufstehen, aber der versöhnte ist wahrhaft überwunden.« (364) Dies ,zur Natur Gewordensein' des Sittlichen ist der Charakter der s c h ö n e n S e e l e , das »Siegel der vollendeten Menschheit.« Denn — ein Lieblingsgedanke Schillers — »der Mensch ist nicht dazu bestimmt, einzelne sittliche Handlungen zu verrichten, sondern ein sittliches Wesen z u s e i n ; « »nicht Tugenden, sondern d i e Tugend ist seine Vorschrift,« Tugend aber bedeutet : Neigung zur Pflicht. Daher handelt die schöne Seele nicht, sondern sie i s t 2 ) ; sie weiss nicht um ihre eigene Schönheit und »mit einer Leichtigkeit, als wenn bloss der Instinct aus ihr handelte, übt sie der Menschheit peinlichste Pflichten aus.« Und da Sinnlichkeit und Vernunft, Pflicht und Neigung in ihr zur Harmonie gelangt sind, verwandelt sich das gemischte Gefühl der A c h t u n g nunmehr in das ungemischte Gefühl der L i e b e . Der Sinn sieht nicht mehr am Vernunftgesetz schwindelnd empor, der Gesetzgeber selbst, »der Gott in uns,« hat sich zum Sinnlichen herabgeneigt und sieht sich befriedigt durch die »Uebereinstimmung des Zufalligen der Natur mit dem N o t wendigen der Vernunft.« Das in der Achtung angespannte 1) Die drei bisher citirten Stellen aus Anmuth und Würde' sind die nämlichen, welche, wie wir unten (S. 557) sehen werden, auch Kant auffielen, so dass er sie sich notirte, um daran Bemerkungen zu knüpfen. 2) Offenbar die poetische Uebertragung d i e s e r Stelle (XI 368) ist das bekannte Distichon: Adel ist auch in der sittlichen Welt. Gemeine Naturen Zahlen mit dem, was sie t h u n , Edle mit dem, was sie s i n d .
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Gemüth kommt S. 387 ff.).
Ethischer Rigorismus 11. sittliche Schönheit.
zur Auflösung,
zur R u h e
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in der Liebe (ebd.
Dies die charakteristischsten Züge von Schillers Ideal des Sittlich-Schönen. Sie sind sämtlich aus ^Anmutli und W ü r d e ' entnommen. Und in der T h a t ist in dieser Abhandlung auch alles Wesentliche in Bezug auf unser T h e m a bereits enthalten. Schillers Stärke lag bekanntlich nicht in der Extension, sondern in der Intensivität seiner Gedankenwelt; was er selbst gewusst und öfters bekannt h a t 1 ) . Es würden sich natürlich noch zahlreiche Parallelstellen bezw. weitere, reichere Ausführungen der hier geäusserten Gedanken anführen l a s s e n ; solche finden sich namentlich in den aus seinen ästhetischen Vorlesungen erhaltenen Fragmenten, die zuweilen beinahe wörtlich mit dem hier Erwähnten übereinstimmen 2 ), weiter in dem Aufsatze über den moralischen Nutzen ästhetischer S i t t e n , in den ästhetischen Briefen, endlich auch in den Gedichten und der Correspondenz. Allein sie würden für uns doch nichts wesentlich Neues bringen, selbst nicht die ästhetischen Briefe bei allem ihrem sonstigen Reichthum an tiefen und fruchtbaren Gedanken. Denn, wenn auch der leitende Gedanke derselben, dass dasjenige die Moralität befördere, was den Widersland der Neigung gegen das Gute vernichte, mit dem Begriff des Sittlich-Schönen verwandt ist, so betrifft er doch ebenso wie das Grundthema, von der ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechtes überhaupt, mehr eine Bildungs-, also pädagogische als eine rein ethische F r a g e und liegt deshalb abseits von unserem W e g e . Übrigens ist die an zahlreichen Stellen niedergelegte Anschauung Schillers in diesem Punkte so b e k a n n t , dass wir schon aus diesem Grunde von einer ausführlicheren Erörterung absehen können. W i r begnügen uns daher, als auf besonders wichtig, auf die v e r h ä l t n i s m ä s s i g weniger b e k a n n t e n , S. 2 3 7 — 2 3 9 (Heft 5/6) von uns ausgehobenen Stellen aus dem sogenannten Kallias zu verweisen und gedenken zum Schlüsse nur noch eines auch systematisch interessanten Vergleiches, der sich in dem Briefe an K ö r n e r vom 28. F e b r u a r 1 7 9 3 findet. Einen Vogel im Fluge n e n n t dort der Dichter »die glücklichste Darstellung des 1) V e r g l . u. a den Brief an Goethe vom 31. August 1794. 2) Bei Kürschner a. a. 0 . bes. S. 10, 24, 25.
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durch die Form bezwungenen Stoffes, der durch die Kraft überwundenen Schwere.« Die Schwerkraft aber verhalte sich »ungefähr ebenso gegen die lebendige Kraft des Vogels, wie sich — bei reinen Willensbestimmungen — die Neigung zu der gesetzgebenden Vernunft verhält.« Der Adler also, der durch den reinen Aether, die Wolken unter sich (nunc pluat), der Sonne zuschwebt, ist für uns ein Sinnbild des E r h a b e n e n , und Flügel werden als »Symbol der Freiheit« gebraucht. Er stellt aber zugleich den Sieg der reinen S c h ö n h e i t d a r , denn »Schönheit nehmen wir überall wahr, wo die Masse von der Form und . . . von den lebendigen Kräften . . völlig beherrscht wird.« Das gilt wie von der ästhetischen, so auch von der sittlichen Welt und ist auch für diese ein Beispiel vom Abklingen des Erhabenen in das Schöne'). Von der umgekehrten Ergänzung des Schönen durch das Erhabene wird noch später zu reden sein. Hier hatten wir es nur mit der reinen Darstellung der sittlichen Schönheit zu thun. Dass letztere in reichster Ausführung bei Schiller erscheint, daran ist wohl kaum ein Zweifel möglich. Wie aber stellt sich nun Kant zu dem durch seinen Jünger so erfolgreich vertretenen und so fruchtbar ausgebildeten Begriffe der sittlichen Schönheit? Hat er ihn gänzlich abgewiesen, wie man gewöhnlich a n n i m m t ? In der Beantwortung dieser Frage müssen wir etwas näher ins Einzelne gehen, als es bei der viel behandelten Stellung Schillers zu dem genannten Problem erforderlich war. In der T h a t scheint Kant unter dem Gefühle, welches durch das Sittengesetz erweckt wird, nur das Erhabene verstanden, die schöne Sittlichkeit dagegen geradezu ausgeschlossen zu haben. Wenigstens lässt sich eine längere Stelle aus der Kritik der Urtheilskraft, welche dieses Thema unmittelbar berührt, auf den ersten Blick kaum anders verstehen. Dort (Kr. 129) heisst es: » . . . Da diese Macht (sc. des Sittenge1) Vergl. das ähnliche Bild in dem Gedichte »Die Führer des Lebens«, das ursprünglich »Schön und Erhaben« überschrieben war, und die letzte Strophe von »Ideal und Leben.«
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setzes) sich eigentlich nur durch Aufopferungen ästhetischkenntlich macht, (welches eine Beraubung, obgleich zum Behufe der inneren Freiheit, ist, dagegen eine unergründliche Tiefe dieses übersinnlichen Vermögens, mit ihren ins Unabsehliche sich erstreckenden Folgen in uns aufdeckt), so ist das Wohlgefallen von der ästhetischen Seite (in Beziehung auf Sinnlichkeit) negativ d. i. wider dieses Interesse, von der intellektuellen aber betrachtet positiv und mit einem Interesse verbunden. Hieraus folgt: dass das intellektuelle, an sich selbst Zweckmässige, das M o r a l i s c h - G u t e ä s t h e t i s c h b e u r t h e i l t n i c h t s o w o h l s c h ö n , a l s v i e l m e h r e r h a b e n vorgestellt werden müsse, sodass es mehr das Gefühl der A c h t u n g , welches den Reiz verschmäht, als der L i e b e und vertraulichen Zuneigung erwecke; weil die menschliche Natur nicht so von selbst, sondern nur durch Gewalt, die die Vernunft der Sinnlichkeit anthut, zu jenem Guten zusammenstimmt.« Also »nicht sowohl schön, als vielmehr erhaben« ist das Gute »ästhetisch beurtheilt«, weil es in Beziehung auf das Sinnliche »negativ«, wider dessen Interesse ist und sich »eigentlich nur durcli Aufopferungen ästhetisch kenntlich macht.« Und doch lassen einige stilistische Wendungen eine Deutung offen, die das Sittlich-Schöne nicht ganz ausschliesst, wie das »eigentlich nur«, das »obgleich zum Behufe der inneren Freiheit« und besonders das » m e h r das Gefühl der Achtung . . . als der Liebe und vertraulichen Zuneigung« (nicht e t w a : n u r Achtung, n i c h t Liebe). Indessen wir können diese Möglichkeit dahingestellt sein lassen, da sich Kant wenige Seiten vorher weit deutlicher über die systematische Zulassung des Schönen ausgesprochen h a t ; wir meinen die oben (S. 539) bereits von anderem Gesichtspunkte aus berührte Stelle (Kr. 124), wo vom moralischen Gefühle gesagt wird, es könne dazu dienen, »die Gesetzmässigkeit der H a n d l u n g aus Pflicht zugleich als ästhetisch d. i. als erhaben o d e r a u c h a l s s c h ö n vorstellig zu machen, o h n e an seiner Reinigkeit einzubüssen.« Kant giebt s o m i t die s y s t e m a t i s c h e M ö g l i c h k e i t d e s S i t t l i c h S c h ö n e n zu, wenn er selbst auch diesen Gedanken in seinem Systeme nicht weiter verfolgt hat. Denn das glauben wir als zweifellos feststellen zu k ö n n e n : S y s t e m a t i s c h e Ausb i l d u n g bat der kritische Philosoph, bei aller Vertiefung in das
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eigentliche Schöne und trotzdem er die Schönheit sogar ,in gefährlicher Complication mit der Moral''), als Symbol des Guten hinstellt, dem Gedanken schöner Sittlichkeit nicht gegeben. Ja, die oben e r w ä h n t e und manche andere Stellen scheinen ihn eher auszuschliessen. Dennoch sind Keime und Ansätze zu diesem bei seinem Jünger zu so mächtiger Entfaltung gediehenen Begriffe a u c h b e i K a n t b e r e i t s v o r h a n d e n . Solche liegen unserer Meinung nach vor allem in der Idee der A u t o n o m i e . Indem wir uns freiwillig einem selbstgegebenen Gesetze u n t e r w e r f e n , tritt das Gefühl der Unterwerfung hinter dem Bewusstsein, dass es unser eigenes ,besseres' Selbst ist, dem wir uns beugen, mehr und mehr zurück und lässt jenes Gefühl der Harmonie und Versöhnung in uns aufkommen, durch welches, wie wir oben (S. 546) erkannten, das Schöne sich charakterisirt. Daher hat das Gefühl der Achtung » . . Analogie . . mit Neigung« weil das Sittengesetz »als von uns selbst auferlegt« doch »nur eine Folge unseres Willens ist« 2 ); u n d , »um das zu wollen, wozu die Vernunft allein dem sinnlich afficirten vernünftigen Wesen das Sollen vorschreibt, dazu gehört freilich ein Vermögen der Vernunft, ein G e f ü h l d e r L u s t oder des Wohlgefallens an der Erfüllung der Pflicht einzuflössen.« 8) Aus demselben Grunde konnte Kant in seiner berühmten Apostrophe an die Pflicht sagen, dass sie nichts drohe, »was natürliche Abueigung im Gemüthe errege und schrecke«, sondern bloss ein Gesetz aufstelle, welches v o n s e l b s t im Gemülhe Eingang finde.«4) Dahin gehört ferner Manches, was wir bereits im vorigen Aufsatze von der auch bei Kant dem Gefühle eingeräumten Berechtigung ausgeführt haben, insbesondere der Satz von der ,vernünftigen Selbstliebe' (pr. V. 89); wozu wir weiter noch die Stelle Religion innerhalb S. 58 hinzufügen wollen: »Natürliche Neigungen sind a n s i c h s e l b s t b e t r a c h t e t , g u t d. i. unverweiflieh, und es 1) Cohen a. a. 0 .
S. 264 fl'.
2) Grundlegung S. 20 Anm. 3) Ebd. S. 91.
Die oben gesperrten Worte sind auch bei Kant gesperrt.
4) Pr. V. 105. Dadurch berichtigt sich das obige .nicht so von selbst* (Kr. 129). Dort war allerdings von der menschlichen Natur' die Rede, hier vom » Gemüthe'.
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ist nicht allein vergeblich, sondern es w ä r e a u c h schädlich u n d t a d e l h a f t , sie ausrotten zu wollen, m a n m u s s sie vielmehr n u r b e z ä h m e n . . .« Der A u s d r u c k »sittliche Schönheit« oder »sittlich schön« findet sich freilich bei K a n t in der k r i t i s c h e n Periode nirg e n d s , und die obige Stelle (Kr. 124) ist, neben einer noch s p ä t e r zu e r w ä h n e n d e n a u s der T u g e n d l e h r e , unseres Wissens die einzige, an welcher der ästhetische T e r m i n u s ,schön' ü b e r h a u p t auf reine Sittlichkeit bezogen w i r d ; d e n n w e n n Kr. 131 d e r »Affect von der schmelzenden Art« zu dem »Schönen der Sinnesart« gezählt wird, so entspricht diese schöne Sinnesart d e n n doch n u r sehr m a n g e l h a f t dem Schiller'schen Ideale sittlicher Schönheit. Dass es indessen an Gefühl für die letztere K a n t nicht, wie Körner meinte (vergl. Heft 5/0 S. 244) »vielleicht gefehlt« h a t , beweisen die ^Beobachtungen über d a s Gefühl des S c h ö n e n und E r h a b e n e n ' (1766), auf die wir d a h e r , obgleich wir im allgemeinen die vorkritischen Schriften K a n t s wie die vorkantischen Schillers von unserer E r ö r t e r u n g ausgeschlossen haben, mit einigen W o r t e n e i n g e h e n 1 ) . Dort wird die w a h r e T u g e n d auf Grundsätze, diese a b e r ausdrücklich auf »das Gefühl von der Schönheit u n d der W ü r d e der menschlichen N a t u r « g e g r ü n d e t (S. 23). Das S c h ö n e freilich wird im W e s e n t lichen mit der Gutherzigkeit, den Gefühlen des Mitleids, der S y m p a t h i e und Gefälligkeit identificirt, die mit der T u g e n d »nur zufälliger Weise« übereinstimmen (S. 19 f.). Diese sind »hilfleistende Triebe«, » S u p p l e m e n t e der T u g e n d « oder »adoptirte T u g e n d e n « ; sie können z w a r nie zur »echten T u g e n d « gezählt w e r d e n , h a b e n a b e r gleichwohl mit ihr grosse Aehnlichkeit u n d w e r d e n durch die Verwandtschaft mit ihr g e a d e l t ; sie b e wirken »schöne H a n d l u n g e n « (S. 23 f.). Die Schiller'sche C h a rakteristik der sittlichen Schönheit (oben S. 548), dass sie Leichtigkeit a n sich zeige und Freiheit von peinlicher B e m ü h u n g , findet sich bereits hier (S. 51). Namentlich aber weist die Zeichnung der beiden Geschlechter als Vertreter des S c h ö n e n u n d des E r h a b e n e n eine grosse R e i h e so treffender B e m e r k u n g e n auf, dass m a n nach der Lektüre derselben sich v e r s u c h t fühlt, a u c h hier einen Einfluss K a n t s auf Schiller zu v e r m u t h e n , zumal d a
1) W i r citiren nach der zweiten Ausgabe (1771). Philosoph. Monatshefte, XXX, 9 u. 10.
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wir aus dessen Briefwechsel mit Goethe wissen, dass er die Kant'sche Schrift — wie es scheint, schon ziemlich früh — gelesen hat (19. Februar 1795). U. A. wird hier die adoptirte Tugend s c h ö n e Tugend genannt. Die F r a u e n »werden das Böse vermeiden, nicht weil es unrecht, sondern weil es hässlich ist, und tugendhafte Handlungen bedeuten bei ihnen solche, die s i t t l i c h s c h ö n sind. Nichts von Sollen, nichts von Müssen, nichts von Schuldigkeit.« — »Ich glaube schwerlich, dass das schöne Geschlecht der G r u n d s ä t z e fähig sei, und ich hoffe dadurch nicht zu beleidigen, denn sie sind auch äusserst selten bei männlichen(!)« 1 ). Auch wird das ästhetische Urtheil von demjenigen »nach moralischer Strenge« deutlich und bestimmt unterschieden, »da ich in der Empfindung des Schönen nur die Erscheinungen zu beobachten und zu erläutern habe« 2). Jedenfalls ist Kant also der Begriff sittlicher Schönheit nicht fremd geblieben, wenn er ihn auch in seinen drei grossen Kritiken aus den früher angedeuteten methodischen Gründen fast vollständig zurücktreten liess. Dagegen scheint uns der schon in den ..Beobachtungen' (S. 12) für vereinbar mit dem Schönen erklärte Begriff des E d l e n , wie ihn Kr. 130 f. entwickelt, dem Sittlich-Schönen Schillers etwas n ä h e r zu kommen, welcher letztere beide Termini öfters identisch braucht. Ueber den moralischen Enthusiasmus (s. oben S. 542), der vom rein ethischen Standpunkte nicht zu billigen, »gleichwohl ästhetisch erhaben« ist, setzt Kant dort »die Affectlosigkeit eines seinen unwandelbaren Grundsätzen nachdrücklich nachgehenden Gemüthes«, die er »auf weit vorzüglichere Art erhaben« nennt und als edle Gemüthsart bezeichnet. Nun ist zwar hier von Grundsätzen und nicht von Versöhnung mit der Sinnlichkeit die Rede, allein das 3Un wandelbare' dieser,Gemüthsart' bezeugt doch wenigstens eine gewisse innere Verwandtschaft mit dem Schilier'schen Ideal einer zur Natur gewordenen sittlichen Denkungsart. Uebrigens möchten wir an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass der hiermit im n a h e n Zusammenhang stehende Lieblingsgedanke Schillers, die Kultur müsse wieder 1) Ebd. S. 52. 2) Ebd. S. 62; vergl. Schillers Definition der Schönheit als Freiheit in der E r s c h e i n u n g .
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zur N a t u r werden, von K a n t selbst h e r r ü h r t . W e n n M i n o r ' ) hierbei d e n Einfluss von H e r d e r s J d e e n ' als bestimmend v o r a u s setzt, s o wollen wir z w a r nicht bezweifeln, dass dieser mitgespielt h a b e n mag, wie d e n n der G e d a n k e ü b e r h a u p t in der von R o u s s e a u s c h e r Denkweise d u r c h t r ä n k t e n Zeit lag, a b e r für die E n t l e h n u n g a u s Kant besitzen wir Schillers ausdrückliches Zeugniss mit der Beziehung auf eine ganz b e s t i m m t e Stelle der Kritik d e r Urtheilskraft (vergl. Heft 5/6, S. 238). U n d selbst w e n n m a n die U e b e r t r a g u n g der dort ästhetisch gemeinten Stelle auf d a s ethische Gebiet scheut, so k ö n n e n wir a u c h f ü r d a s letztere auf eine Kantische — 1786, also lange vor Schillers philosophischen Aufsätzen niedergeschriebene u n d h ö c h s t w a h r scheinlich (vergl. ebd. S. 228) von diesem gelesene — Stelle a u s d e m 5 Muthmasslichen A n f a n g der Menschengeschichte' verweisen, wo Kant mit A n k n ü p f u n g an R o u s s e a u s Emil das » s c h w e r e Problem« e n t w i c k e l t : »wie die Kultur fortgehen müsse, um die Anlagen der Menschheit als einer sittlichen G a t t u n g zu ihrer Bestimmung gehörig zu entwickeln, sodass diese j e n e r als N a t u r g a t t u n g nicht m e h r widerstreite«, u n d mit d e n W o r t e n schliesst: » . . . bis vollkommene Kunst wieder N a t u r wird, als welches das letzte Ziel der sittlichen Bestimm u n g der M e n s c h e n g a t t u n g ist.« A u c h die Griechen als Muster, a u f die Schiller so oft hinweist, fehlen bei K a n t nicht u n d w e r d e n an b e d e u t s a m e r Stelle als Beispiel glücklicher Vere i n i g u n g der höchsten Kultur mit freier N a t u r g e p r i e s e n 2 ) . A b e r bei alledem — zu einer p r i n c i p i e l l e n A n e r k e n n u n g d e r Sinnlichkeit innerhalb der Ethik, zu einer s y s t e m a t i s c h e n V e r b i n d u n g des reinen Willens mit dem Gefühle zu
1) M i n o r , Zum Jubiläum des Bundes Preuss. Jahrb., Juli 1894 S. 55. Bei dieser den groben Irrthum Minors berichtigen, läufige Unterscheidung von Legalität und thümliche sei.
zwischen Goethe und Schiller. Gelegenheit müssen wir auch dass die jedem Kantleser geMoralität eine Schiller eigen-
2) Schluss der ästhetischen Urtheilskraft Kr. 234. — Gervinus sagt nichtig (V 413), dass solche gelegentlichen 'Winke und hingeworfenen W o r t e Kants einen Sturm von Ideen in Schiller aufregten. — Ueber den nachhaltigen Einfluss der Kantischen Geschichtsphilosophie auf Sehiller vergl. auch Tomaschek S. 122 ff., Ueberweg a. a. 0. S. 255. 36*
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schöner Sittlichkeit gelangt K a n t nicht. W i r h a t t e n oben bei Schiller g e s e h e n , dass die A c h t u n g des S i t t l i c h - E f h a b e n e n im Sittlich-Schönen sich in L i e b e v e r w a n d e l t . Bezeichnend ist n u n , wie K a n t sich in seinem ethischen H a u p t w e r k (pr. V. S. 100 ff.) ü b e r die Liebe ausspricht. D a s biblische G e b o t : Liebe Gott ü b e r alles u n d Deinen Nächsten als Dich selbst, ist ihm z w a r »der K e r n , das Gesetz aller Gesetze«, indess die in ihm g e forderte Liebe darf keine pathologische oder Neigungsliebe sein, s o n d e r n »bloss« die praktische Liebe, d. h. wir sollen d a n a c h s t r e b e n , unsere Pflicht gegen Gott u n d den Nächsten g e r n zu erfüllen. K ö n n t e n wir das Letztere, so w ä r e »die sittliche Gesinnung in ihrer ganzen Vollkommenheit« erreicht, ein solches »Ideal der H e i l i g k e i t « ist a b e r von keinem Geschöpfe erreichb a r , welches letztere »in A n s e h u n g dessen, w a s es zur gänzlichen Zufriedenheit mit seinem Z u s t a n d e fordert« niemals von Begierden u n d Neigungen ganz frei ist. So k a n n sich d a s Sittengesetz nicht auf Liebe, »die keine innere W e i g e r u n g des Willens gegen d a s Gesetz besorgt,« g r ü n d e n , wohl aber sollen wir sie u n s zum »beständigen, obgleich u n e r r e i c h b a r e n Ziele« unseres Strebens m a c h e n . Denn »durch die m e h r e r e Leichtigkeit, ihm Genüge zu thun« wird sich »die ehrfurchtsvolle Scheu in Zuneigung« u n d »Achtung in Liebe« verwandeln. Hier also sind H a r m o n i e u n d Liebe a n e r k a n n t , a b e r es ist nicht die H a r monie von Vernunft u n d Sinnlichkeit, die als Ideal aufgestellt w i r d , s o n d e r n die A b s c h a f f u n g aller Sinnlichkeit in einem sozusagen sündlosen W e s e n , nicht sittliche Schönheit mithin, s o n d e r n sittliche Heiligkeit. Alles A n d e r e ist moralische S c h w ä r m e r e i , Steigerung des Eigendünkels, u n d es folgen g e r a d e in diesem Z u s a m m e n h a n g e die /igoristischsten' Stellen, die sich wider alle Herzensaufwallungen u n d gegen d a s Preisen edler, e r h a b e n e r u n d grossmüthiger H a n d l u n g e n als eine »windige, ü b e r fliegende, phantastische D e n k u n g s a r t « w e n d e n . Dies in der H a u p t s a c h e die Stellung, die K a n t zu dem Sittlich-Schönen vor der A u s b i l d u n g desselben d u r c h Schiller e i n n a h m . Ist n u n d u r c h seine B e k a n n t s c h a f t mit der Schillerschen T h e o r i e hierin eine A e n d e r u n g e i n g e t r e t e n ? Leider ist die von K a n t a n f a n g s beabsichtigte Recension d e r ästhetischen Briefe, die f ü r u n s von u n s c h ä t z b a r e m W e r t h e
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gewesen w ä r e , unterblieben (vergl. S. 2 6 2 ) ; doch können wir wenigstens a u s der f r ü h e r (S. 24ü) bereits ganz citirten längeren A n m e r k u n g schöpfen, die K a n t n a c h der Lektüre von ,Anmuth u n d W ü r d e ' der zweiten Auflage seiner Religion innerhalb etc. hinzufügte. Diese Quelle ist n e u e r d i n g s in werthvoller Weise ergänzt d u r c h eine Reihe werthvoller C o n c e p t - A u f •/,ei c h n u n g e n Kants zu dieser Stelle, die Rudolf Reicke in seinen .Losen Blättern aus Kants Nachlass' veröffentlicht hat '). Die fünf Druckseiten, die sich auf unser T h e m a beziehen u n d einen interessanten Blick in die G e d a n k e n s c h m i e d e unseres Philosophen g e w ä h r e n , sind ersichtlich u n t e r dem unmittelbaren E i n d r u c k der Lektüre von ,Anmuth u n d W ü r d e ' niedergeschrieben, aus welcher A b h a n d l u n g K a n t sich einige der bezeichnendsten Stellen — dieselben, die wir S. 547 f. ausgehoben h a b e n — notirt h a t . Kant selbst hat sich in der , A n m e r k u n g ' bekanntlich »in den wichtigsten Principien einig« mit Schiller e r k l ä r t ; in der F a s s u n g des Entvvuifes tritt dies womöglich noch schärfer h e r v o r : »Personen, die a m einigsten mit einander im Sinne sein, g e r a t h e n oft in Zwiespalt d a d u r c h , dass sie in W o r t e n einander nicht verständlich sein.« Und Schiller h a t sich, wie wir s a h e n (S. 255), u n g e f ä h r in gleichem Sinne in seinem Briefe a n K a n t geäussert. Sollte die Differenz zwischen beiden n u n wiiklich auf einem blossen W o r t m i s s v e r s t ä n d n i s s b e r u h e n ? W i r m e i n e n : Nein, u n d wollen dies im Folgenden n ä h e r zu b e g r ü n d e n versuchen. Dem Pflichtbegriff allerdings h a t t e Schiller keine A n m u t h beigesellen wollen, K a n t s V e r w a h r u n g dagegen b e r u h t e in der T h a t auf einem Missverständnisse. In d a s Geschäft der Pflichtb e s t i m m u n g sollten a u c h bei Schiller die Grazien sich nicht einmischen. Die Uebereinstiminung beider in diesem methodischen Gesichtspunkte ist vielmehr von u n s im vorigen Hefte a u s f ü h r lich klargelegt werden. — W e n n aber K a n t A n m u t h n u r den »wohlthätigen F o l g e n « zusprechen will, welche die T u g e n d , »wenn sie überall E i n g a n g fände,« in der Welt verbreiten würde, so ist dies ein Zugeständniss, welches Schiller nicht genügen k a n n , w e n n er sich a u c h in dem Briefe an K a n t f ü r die »nach1) Altpreuss. Monatsschr. XXV Heft 3/4.
S. 266 und 2 6 8 - 2 7 4 .
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sichtige Zurechtweisung« dankbar erklärte J ). Denn ihm ist es nicht bloss um die Folgen zu thun, er will eine principiellere Anerkennung des Gefühls oder, wie man damals häufiger sagte, der Sinnlichkeit. Diese jedoch lässt Kant nicht zu. »Nur nach bezwungenen Ungeheuern wird Herkules Musaget«, d. h. nur nach Niederkämpfung der Begierden kann die Ethik von den Grazien begleitet sein; während Schiller von vornherein die die Versöhnung anstrebt, die a n S t e l l e der Niederwerfung treten soll. — Noch deutlicher tritt diese Differenz in Kants Entwürfe (Reicke S. 272 f.) hervor. Nicht »anhängen« darf sich die Grazie, nur »beigesellen«, ja selbst, um ihm Eingang zu verschaffen, darf die Anmuth nicht mit dem Pflichtbegriff verbunden werden, »das ist der Gesetzgebung zuwider, die eine strenge Forderung ist und für sich geachtet sein will.« Daher will Kant denn auch von einer »Mitwirkung« der sinnlichen Natur in der Ethik, wie sie Schiller gewünscht hatte (s. oben S. 548), nichts wissen. Jene müsse nicht als »mitwirkend«, sondern »unter der Despotie des kategorischen Imperativs gezügelt« der »Anarchie der Naturneigungen« Widerstand leisten; die von Schiller geforderte »durchgängige Harmonie« könne allein »durch deren Abschaffung« — wir beziehen das s deren' auf Anarchie, nicht auf Naturneigungen, was sinnlos wäre 2 ) — befördert werden. Ueberall leuchtet der Eifer für die Reinhaltung der Ethik hervor, die Besorgniss, es könnten die Sinnlichkeit, die Natur, die Neigungen, wenn sie zugelassen, die Reinheit des Pflichtbegriffs, die Eigenthümlichkeit des ethischen Sollens beeinträchtigen. Deshalb e r s t Pflicht, d a n n A n m u t h ! Darum ist die erste Frage, die Kant gleich nach der Ueberschrift ,Thalia' sich aufwirft: »ob Anmuth vor der W ü r d e 1) Ich kann diesen Brief nicht in dem Masse, wie Cohen (Kants Begründung der Ethik S. 288) als ein Zeugniss v ö l l i g e r principieller Ueberein8timmung auffassen, sondern bin mehr geneigt, ihn als Ausdruck dankbarer Verehrung zu nehmen (vergl. S. 255.) 2) Vergl. die ähnliche Stelle Religion innerhalb S. 58: » . . man muss sie (die Neigungen) vielmehr nur bezähmen, damit sie sich unter einander nicht selbst aufreiben, sondern zur Zusammenstimmung in einem Ganzen, Glückseligkeit genannt, gebracht werden können.« Von einer »Anarchie der Sinnlichkeit« hatte Sch. XI 369 (cf. 362) gesprochen.
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oder diese von jener« — natürlich nicht zeitlich, sondern »ratione prius« — »vorhergehen müsse«, und beantwortet dieselbe natürlich in letzterem Sinne, während Schiller beide als gleichberechtigt nebeneinander stellt. Erst »wenn die Einpfropfung dieses Begriffes (der Pflicht) auf unsere Gesinnung endlich geschehen ist,« so »könne es wohl geschehen, dass wir pfiiclitniässige Handlungen mit Lust thun,« aber nicht »mit Lust aus Pflicht«, »welches sich widerspricht.« Diese Lust ist nur ein »Parergon der Moral.« So lange das endliche Wesen physische Bedürfnisse hat, die »den moralischen sich entgegensetzen können,« muss »bei allem Zutrauen zu sich selbst« die » i m p e r a t i v e F o r m « des Sittengesetzes (welche Schiller für die »Kinder des Hauses« verworfen hatte) bestehen bleiben. — Eine Annäherung Kants an Schiller findet darin statt, dass ersterer als die »ästhetische Beschaffenheit« der Tugend die »fröhliche Gemüthsstimmung« bezeichnet. Und mit Recht konnte er gegenüber Schillers Vorwurf, als ob die ,rigoristische Denkungsart' eine 5 karthäuserartige' Stimmung mit sich führe, von sich sagen: »Ich habe immer darauf gehalten, Tugend und selbst Religion in fröhlicher Gemüthsstimmung zu kultiviren u n d zu erhalten. Die mürrische, kopfhängende, gleich als unter einem tyrannischen Joche ächzende, karthäusermässige Befolgung seiner Pflicht ist nicht Achtung, sondern knechtische Furcht und dadurch Hass des Gesetzes« (Reicke S. 275). Aber dies fröhliche Herz, das »Zeichen der Echtheit tugendhafter Gesinnung«, soll sich erst in der »Befolgung seiner Pflicht« zeigen, nicht »die Behaglichkeit in Anerkennung des Gesetzes« bedeuten. Also, trotzdem der Effect derselbe sein mag, auch wieder Festhalten des methodischen Unterschiedes: nachträgliche Beigesellung, nicht Mitwirkung des Gefühls. — Wie Schillers, so ist auch Kants ethisches Ziel das sittliche Wesen, nicht einzelne Handlungen, nicht die Tugenden, sondern »die Tugend als festgegründete Gesinnung.« Aber, wenn er hieran die Worte schliesst, »seine Pflicht genau zu erfüllen«, so zeigt sich wiederum der Unterschied von Kants . C h a r a k t e r und Schillers , s c h ö n e r S e e l e / Schillers sittliches Ideal besteht in der Harmonie von Pflicht und Neigung, dasjenige Kants in der gänzlichen Unterwerfung der letzteren unter das strenge Gebot der
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Pflicht. ,Schöne Seele' heisst bei dem letzteren nur der g u t herzige' Mensch, der Interesse am Naturschönen besitzt (Kr. 165). Obgleich also Kant in dem Hauptdifferenzpunkte sich mit Schiller nur recht mangelhaft verständigt h a t s o finden sich doch auch hier Keime, wir möchten fast sagen: das Bedürfniss zu einer der Schiller'schen mehr entgegenkommenden Auffassung. So, wenn er am Schlüsse der Anmerkung erklärt, ohne jene »fröhliche Gemüthsstimmung« sei man nie gewiss, »das Gute auch l i e b g e w o n n e n zu haben;« wobei freilich Liebe in dem oben (S. 556) berührten Sinne der ^praktischen Liebe' zu verstehen ist. Oder, wenn er gerade im Hinblick auf Schillers Aufsatz sich die (pr. V. 103 und Religion 194 angezogenen) neutestamentlichen Sprüche: »Meine Gebote sind nicht schwer« und »Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht« am R a n d e des Blattes (Reicke S. 266) notirt hat. Jedenfalls sind Sittlichkeit und Gefühl auch ihm, wenn auch nicht objectiv, so doch subjectiv d. h. psychologisch im Subjecte vereinbar, mithin keine absoluten Gegensätze mehr. Dass aber gerade der Gedanke der Autonomie, worauf wir bereits oben hingewiesen haben, der am ehesten von Kants ethischem Rigorismus zu Schillers sittlicher Schönheit hinüberführende ist, beweist eine andere Stelle des Conceptes (Reicke S. 268), wo es nach dem Betonen eben der f r e i e n Unterwerfung unter das Gesetz weiter heisst: »Die U n t e r w e r f u n g b e w e i s e t A c h t u n g , d i e F r e i h e i t d e r s e l b e n , je g r ö s s e r sie ist, desto m e h r A n m u t h . « Die volle Consequenz w ä r e : die vollkommene Freiheit vollkommene A n m u t h oder — sittliche Schönheit. Doch so weit geht Kant nicht, wenn er auch vorher die Wendung sich hat entschlüpfen lassen, dass Pflicht und absolutes Sollen nur da eintreten müssen, wo das objective Sittengesetz »nicht zugleich subjectiv immer kräftig genug zur Handlung« ist. Während Kant so auf ethischem Gebiete seinen ,rigoristischen' Standpunkt aufrecht erhält, wird dagegen auf dem ästhetischen Felde als »Spiel« 2 ) die »Grazie« zugelassen. »Die 1) Aehnlich urtheilen auch Tomaschek S. 234 und Meurer a. a. 0 . S. 41. 2) Nach Tomaschek S. 359, Anm. 30 ist diese für Schillers ästhetische Briefe so wichtige terminologische Bezeichnung Spiel' »offenbar durch Kant angeregt, der überall, wo es sich um zwangsfreie Bethätigung der Kräfte handelt, diesen Ausdruck gebraucht.«
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menschlichen H a n d l u n g e n theilen sich in Geschäfte (die u n t e r dem Gesetze der Pflicht stehen) u n d Spiel. Es w ä r e ein U n glück, w e n n ihm das letztere verboten w ü r d e ; er w ü r d e des Lebens nicht f r o h w e r d e n « . Aber »eingeschränkt müssen diese (soll heissen: dies) doch auf die Bedingung des ersteren (soll heissen: der e.) w e r d e n « . W e n n K a n t d a n n f o r t f ä h r t : »Die Grazien gehören zum Spiel, sofern es, um die ersteren (sc. Geschäfte) zu b e f ö r d e r n , g u t e n M u t h g e b e n und s t ä r k e n k a n n « , so h a t er d a m i t ein wichtiges Zugeständniss g e m a c h t , nämiich die Möglichkeit einer ä s t h e t i s c h e n Erziehung des Menschen zugegeben. Bezüglich dieses letzteren P u n k t e s fand sich bereits in der Kritik der Urtheilskraft (S. 232) ein ähnlicher A u s s p r u c h : »Der Geschmack m a c h t gleichsam den Uebergang vom Sinnenreiz zum habituellen moralischen Interesse möglich«. Indessen K a n t blieb zu sehr vorn Moralischen eingenommen , als dass er a n d e r s als in solchen gelegentlichen Gedankenblitzen (vgl. a u c h Kr. 162) jenes von Schiller n a c h h e r so reich a u s g e f ü h r t e T h e m a b e r ü h r t hätte. W a s n u n Kants spätere ethische Schriften a n g e h t , so wird in ihnen der bisherige systematische S t a n d p u n k t d u r c h a u s festgehalten, a b e r , da sie fast d u r c h w e g der a n g e w a n d t e n Ethik a n g e h ö r e n , im einzelnen nach der Seite des Sittlich-Schönen hin öfters E n t g e g e n k o m m e n gezeigt. Man k a n n s a g e n : Kant concedirt alles, w a s er von seinem fest u m s c h r i e b e n e n S t a n d punkt a u s concediren k a n n . So namentlich auf den letzten Seiten der A b h a n d l u n g »Das Ende aller Dinge« (1794), die sich über das Liebenswürdige des C h r i s t e n t h u m s äussern x ). A c h t u n g , sagt er dort, sei o h n e Zweifel »das Erste«, weil o h n e sie a u c h keine w a h r e Liebe stattfinde. W e n n es dagegen nicht bloss auf P f l i c h t v o r s t e l l u n g , sondern a u c h auf P f l i c h t b e f o l g u n g a n k o m m e , so sei die L i e b e »als freie A u f n a h m e des Willens eines A n d e r e n u n t e r seine Maximen ein unentbehrliches Ergänzungsstück der Unvollkommenheit der menschlichen Natur«, welche U n v o l l k o m m e n h e i t darin b e s t e h e , zu der Erfüllung des Pflichtgebotes » g e n ö t h i g t werden zu müssen«. W a s a b e r l) Man vergleiche die Charakteristik des Christenthums als ä s t h e t i s c h e r Religion in dem Briefe Schillers an Goethe vom 17. August 1795 (Hefl 5/6 S. 269).
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»einer nicht gern thut, das t h u t er so kärglich . . . ., dass auf diese (die Pflicht) als Triebfeder ohne den Beitritt jener (sc. der Liebe) nicht sehr viel zu rechnen sein möchte«. Das Christenthum nun wolle die Liebe zur Pflichterfüllung befördern, sein Stifter rede daher nicht als Gehorsam fordernder Befehlshaber, sondern als mild ermahnender Menschenfreund. Durch seine »liberale Denkungsart, gleichweit entfernt vom Sklavensinn und von Bandenlosigkeit«, gewinne es sich die »Herzen« der Menschen, deren »Verstand« schon »durch die Vorstellung des Gesetzes ihrer Pflicht erleuchtet« sei. Als das, was die Gesetzgebung l i e b e n s w ü r d i g m a c h e , wird schliesslich »das Gefühl der Freiheit in der W a h l des Endzwecks«, also neben der Autonomie die A u t o t e l i ' e bezeichnet. — An eine oben aus den ,Losen Blättern' citirte Stelle erinnert Tugendlehre S. 329 f., wo von der »Pflicht« die Rede ist, »der Tugend die Grazien beizugesellen«; es seien das zwar nur »Aussen- oder Beiwerke (parerga)« und »Scheidemünzen«, beförderten aber durch ihren »schönen, tugendähnlichen Schein« doch das Tugendgefühl und wirkten zur Tugendgesinnung hin, »indem sie die Tugend wenigstens beliebt machen« 1 ). An eine vorhin aus dem ,Ende aller Dinge' mitgetheilte Wendung, die auf die kasuistische Frage', ob es mit dem Wohle der Welt nicht besser stehen w ü r d e , wenn alle Moralität auf Rechtspflichten eingeschränkt w ä r e , ertheilte A n t w o r t : »In diesem Falle würde es wenigstens an einer grossen moralischen Zierde der Welt, nämlich der M e n s c h e n l i e b e fehlen, welche . . . die Welt als ein s c h ö n e s m o r a l i s c h e s G a n z e in ihrer ganzen Vollkommenheit darzustellen erfordert wird.« (§ 35, S. 309.) Das obige » m i t Lust«, nicht » a u s Lust« findet seine Wiederholung in der »ethischen Asketik«, wo auch das » j e d e r z e i t fröhliche Herz« und das » h a b i t u e l l M a c h e n « der »fröhlichen Gemüthsstimmung« als Kennzeichen wahrer moralischer Gesundheit hingestellt wird (ebd. § 53, S. 343), womit zu vergleichen der Ausspruch ebd. S. 246 (Einleitung zur Tugendlehre XVII), d a s G e m ü t h i n R u h e sei die 1) § 48. Beschluss der ElemeDtarlehre. Die letzte Stelle steht allerdings scheinbar iui Widerspruch mit sonstigen ^igoristischen' Aeusserungen Kants und lässt sich nur bei Trennung des Ethischen und Aesthetischen rechtfertigen. Welche wichtige Stellung der ^schöne Schein' in Schillers ästhetischen Briefen einnimmt, ist bekannt.
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»wahre S t ä r k e der T u g e n d « u n d »der Z u s t a n d der Gesundheit im moralischen Leben«. Aehnlich spricht sich endlich a u c h die P ä d a g o g i k a u s : Das fröhliche Herz allein sei fähig, W o h l gefallen a m Guten zu e m p f i n d e n (S. 2. IX. 4 2 1 ) , u n d u n s e r e Bestimmung sei e s , »die N a t u r a n l a g e n proportionirlich zu entwickeln«, »die ganze N a t u r a n l a g e der Menschheit n a c h u n d nach von selbst herauszubringen« (ebd. 370). Alles Stellen, welche Schillers Ideale sittlicher Schönheit ziemlich n a h e k o m m e n . Nach alledem w e r d e n wir das o b e n e r w ä h n t e Urtheil Körners, als ob es K a n t an Gefühl für sittliche Schönheit gefehlt habe, nicht unterschreiben. Auch wenn dasselbe nicht schon durch die ästhetische Schrift von 1706 hinreichend widerlegt w ä r e , welche doch derselbe K a n t geschrieben h a t , und die, wenn sie a u c h für die kritische Periode nicht m e h r massgebend ist, doch die späteren G r u n d s ä t z e , wie Goethe unter Z u s t i m m u n g Schillers bemerkte 1 ), bereits im Keime zeigt. W o h l aber tritt überall u n d stark, besonders in den kritischen S c h r i f t e n , die Sorge für die R e i n h a l t u n g der einzelnen Bewusstseinsrichtungen hervor, das Bestreben, um jeden Preis eine Vermischung der Gesichtspunkte, in diesem Falle des ethischen und ästhetischen zu v e r h ü t e n ; ein Bestreben, das uns jetzt hier u n d da zu weit gehend, fast peinlich erscheint, a b e r bei dem Begründer des Kriticismus n u r zu natürlich ist, zumal auf dem ethischen Felde, wo er in dem von ihm zuerst und zwar eben erst besiegten E u d ä m o n i s m u s seinen stärksten Gegner erblicken musste. Kants Philosophie ist so sehr reine Geistesphilosophie, reine Wissenschaft, dass mit Naturnothwendigkeit das Scheidende, a b e r auch K l ä r e n d e des wissenschaftlichen Verfahrens kräftiger in ihr hervortritt als das Verbindende, a b e r leicht a u c h Vermischende des Gefühls. Dem gegenüber h a t n u n Schiller in der T h a t d a s Verdienst, n e b e n dem a u c h von ihm in seiner methodischen N o t w e n d i g k e i t begriffenen u n d d a h e r ü b e r n o m m e n e n ethischen R i g o r i s m u s die ästhetische E r g ä n z u n g in dem bei K a n t n u r im Keime liegenden Begriffe der sittlichen S c h ö n heit gesucht u n d g e f u n d e n u n d neben d e m Sittlich-Erhabenen d a s Sittlich-Schöne als gleichberechtigt eingeführt u n d weiter 1) Goethe an Schiller Februar 1795.
18. Februar 1795;
Schiller an Goethe 19.
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a u s g e b i l d e t zu h a b e n . E r h a t t e R e c h t , w e n n e r auf d e n n a h e n Z u s a m m e n h a n g des W i l l e n s mit d e m G e f ü h l e h i n w i e s , a u f die Möglichkeit eines innigen A n s c h l u s s e s des l e t z t e r e n a n d e n »reinen Geist«, auf die M i t w i r k u n g d e r sinnlichen N a t u r , die d e m Sittlichen » d a s g a n z e F e u e r i h r e r G e f ü h l e leiht«, d a m i t es sich selbst e m p f i n d e n k a n n . A n d e r e r s e i t s ging Schiller in s e i n e m Angriff — d e n n ein solcher w a r u n d blieb es, bei aller V e r e h r u n g u n d R ü c k s i c h t n a h m e , d e n n o c h n a c h Schillers e i g e n e m Zeugniss (vergl. S. 217) — a n m a n c h e n Stellen z u w e i t . S o w a r er im U n r e c h t m i t d e r A n k l a g e d e r i m p e r a t i v e n F o r m d e s Sittengesetzes, die ihm d e n »Schein eines f r e m d e n Gesetzes« g e b e u n d den M e n s c h e n » m e h r d u r c h F u r c h t , als d u r c h Z u versicht« leite. E r h a t sich ü b r i g e n s in diesem F a l l e selbst corrigirt, i n d e m er im 24. ä s t h e t i s c h e n Briefe s c h r e i b t : »Selbst d a s Heilige im Menschen, d a s Moralgesetz, k a n n bei s e i n e r e r s t e n E r s c h e i n u n g in d e r Sinnlichkeit d e r V e r f ä l s c h u n g n i c h t e n t g e h e n . Da es bloss v e r b i e t e n d u n d gegen d a s I n t e r e s s e seiner sinnlichen Selbstliebe spricht, so m u s s es ihm so l a n g e als e t w a s A u s w ä r t i g e s e r s c h e i n e n , als er noch nicht d a h i n g e l a n g t ist, seine Selbstliebe als d a s A u s w ä r t i g e u n d die S t i m m e d e r Vern u n f t als sein w a h r e s Selbst a n z u s e h e n . E r e m p f i n d e t also bloss die Fesseln, w e l c h e die letzere ihm a n l e g t , n i c h t die u n e n d liche B e f r e i u n g , die sie i h m verschafft« u . s . w . Dass d i e einzelnen sittlichen H a n d l u n g e n a u s d e m g a n z e n M e n s c h e n fliessen m ü s s e n , ist zu allen Zeiten ein Kennzeichen e c h t e r E t h i k g e w e s e n ; a u c h die K a n t i s c h e h a t kein a n d e r e s Ziel als die G r ü n d u n g eines C h a r a k t e r s . U n d w e n n Schiller d e n » s c h u l g e r e c h t e n Zögling d e r Sittenregel« mit d e n » h a r t e n S t r i c h e n « einer Z e i c h n u n g vergleicht, d e r er d a s »Tizianische G e m ä l d e « d e r s c h ö n e n Seele g e g e n ü b e r s t e l l t , so vergisst er, d a s s j e n e h a r t e n S t r i c h e doch die G r u n d b e d i n g u n g dieser s c h w e l l e n d e n K o n t u r e n sind, u n d dass, w e n n die » s c h n e i d e n d e n Grenzlinien« a u c h in d e m vollend e t e n K u n s t w e r k v e r s c h w i n d e n d ü r f e n , j a sollen, d o c h n i c h t bloss d e r L e h r l i n g die P r i n c i p i e n d e r K u n s t n i c h t o h n e sie erfassen, s o n d e r n a u c h d e r Meister dieselben n i c h t e n t b e h r e n k a n n . Auf w e i t e r e B e m e r k u n g e n g l a u b e n wir in A n b e t r a c h t unserer ausführlichen Erörterung von Kants Stellung zum S i t t l i c h - S c h ö n e n v e r z i c h t e n zu d ü r f e n u n d m ü s s e n n u r n o c h eine letzte F r a g e b e a n t w o r t e n . H a t Schiller d e n n n u n d a s
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Sittlich-Schöne, wie es oben (S. 545 f.) dargestellt wurde, als sein letztes W o r t a n g e s e h e n ? Ist sittliche Schönheit e r r e i c h b a r oder n u r ein Ideal? U n d w e n n , ist es nicht, in unserem und seinem Sinne, ein einseitiges I d e a l ? Ueber diese F r a g e n soll der folgende Schlussabschnitt A u s k u n f t geben.
3. Die Nothwendigkeit des Sittlich - Erhabenen als Ergänzung der sittlichen Schönheit. Ehe wir Schillers Stellung zu diesem T h e m a einer kurzen E r ö r t e r u n g u n t e r z i e h e n , mögen zunächst einige allgemeine Bem e r k u n g e n gestattet sein, in denen wir unseren eigenen S t a n d p u n k t in der hier behandelten F r a g e zu skizziren versuchen. Gewiss, auch d a s Sittliche darf nicht ü b e r s p a n n t w e r d e n , sonst vernichtet es sich selbst. Weltflüchtiges, sinnen- u n d schönheitsfeindliches M ö n c h t h u m , das in allem Sinnlichen nur S ü n d e sieht u n d deshalb ein Kampfobject in ihm erblickt, k a n n nicht d a s sittliche Ideal eines mit Fleisch und Blut bekleideten W e s e n s , das alle seine Fähigkeiten zu gleichmässig h a r m o n i s c h e r Ausbildung bringen will, mit einem W o r t e des Menschen sein. Noch nie i s t , nach dem alten horazischen S p r u c h e , die N a t u r gewaltsam u n t e r d r ü c k t w o r d e n , o h n e sich d a f ü r zu r ä c h e n ; und es w a r n u r ein Act historischer N o t h wendigkeit, dass a u s der Mönchszelle selbst der Befreier v o m M ö n c h t h u m e r s t a n d . Die natürlichen Neigungen sind an sich kein Böses, wie wir a u c h K a n t zugestehen s a h e n ; sie müssen n u r in die richtige B a h n , in die des Sittlichen gelenkt w e r d e n , d a m i t d a s G e f ü h l , das zur Freudigkeit des sittlichen H a n d e l n s u n e n t b e h r l i c h ist, n a c h Schillers W o r t e n »eifrige Theilnehmerin« an der reinen Sittlichkeit werde. Aber a n d e r e r seits ist doch a u c h die gesuchte H a r m o n i e von Vernunft u n d Sinnlichkeit, Pflicht u n d N e i g u n g , Sittlichkeit u n d N a t u r , wie Schiller selbst z u g i e b t , »bloss« eine Idee, nie ganz erreichbar, n u r die i m m e r f o r t zu erstrebende »reifste F r u c h t seiner H u m a nität.« E b e n s o w e n i g wie wir zu der glücklichen Naivetät unserer Kindheit zurückkehren k ö n n e n , vermögen wir m e h r jenes hellenische H a r m o n i e g e f ü h l , jenen optimistischen Glauben a n die Güte alles Natürlichen in u n s h e r v o r z u z a u b e r n , der diesem Volke in so hohem G r a d e eigen w a r u n d doch a u c h
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hier tiefere N a t u r e n nicht m e h r befriedigte. Und w e n n selbst ans diesem schönheitsdurstigen Volke ein X e n o p h a n e s , ein Sokrates und noch m e h r — bei allem griechischen Schönheitsgefühl — ein P l a t o zur reinen Geistigkeit h i n s t r e b e n . so w a r es mit jenem naiven Sich-Eins-Fühlen von N a t u r und Sittlichkeit erst recht zu E n d e , seitdem d u r c h das C h r i s t e n t h u m d a s Sündenbewusstsein in die Welt gekommen u n d n u n nicht m e h r auszurotten ist. Denn a u c h der lebensfrohe H u m a n i s m u s der Renaissance h a t in dieser Beziehung keinen d a u e r n d e n W a n d e l zu schaffen v e r m o c h t . Und h a t nicht dies Ideal schöner Sittlichkeit, a u c h als Ideal g e d a c h t , seine recht bedenklichen S e i t e n ? »Die g e s u n d e N a t u r b r a u c h t keine Moral,« schreibt Schiller allerdings bei einer Beurtheilung Wilhelm Meisters an Goethe, aber doch n u r , u m an diesen goethisch g e d a c h t e n Satz sofort sein Bodenken a n z u k n ü p f e n 1 ) . W o g i e b t e s solche N a t u r e n , die ohne K a m p f von selber in allen Fällen, d u r c h den Instinkt des Gefühls, d a s Richtige treffen ? Doch a u c h von dieser anthropologischen F r a g e a b g e s e h e n , es fehlt j e n e m I d e a l , den Fall des völligen A u f g e h e n s von N a t u r u n d Sittlichkeit i n e i n a n d e r g e d a c h t , vor allem a n dem Bewusstsein der Schuld u n d der V e r a n t w o r t lichkeit, o h n e welche w a h r e Sittlichkeit nicht bestehen k a n n , es fehlt ihm an der echten D e m u t h , a n dem rechten Gehorsam, a n der a u f o p f e r n d e n Selbstlosigkeit. Der Riss zwischen Sollen u n d Sein, Ideal und Wirklichkeit soll nicht unausgefüllt bleiben, a b e r er k a n n a u c h nicht geleugnet u n d darf nicht verkleistert werden. Er b e s t e h t e i n m a l , so gewiss wie das Schlechte, A n d e r e s a g e n : die Schwachheit der menschlichen N a t u r . W i e sehr a u c h Schiller und namentlich Goethe sich dagegen sträuben, K a n t hat recht mit seiner A n n a h m e eines radikalen H a n g e s zum Bösen in der M e n s c h e n n a t u r . Es ist das nicht ein sitzengebliebener R e s t seines Jugendpietismus noch a u c h die pessimistische Schrulle eines weltentfernten Stubengelehrten, sondern die Lebensweisheit des e r f a h r e n e n M e n s c h e n k e n n e r s , der des grossen Friedrich Ausspruch d e cette m a u d i t e rasse ä laquelle n o u s a p p a r t e n o n s zum Zeugen a n r u f t 2 ) , übrigens d a d u r c h erst 1) Schiller an Goethe 9. Juli 1796. 2) Anthropologie in Kants S. W . ed. Hartenstein X 372 Anrn.
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recht zum verdoppeilen »Kampfe des guten Prinzips mit dem bösen u m die H e r r s c h a f t im Menschen« sich a n s p o r n e n lässt. Von dieser Seite b e t r a c h t e t , hat a u c h der Gedanke der Erbs ü n d e , wenngleich wir ihn im d o g m a t i s c h - k i r c h l i c h e n Sinne nicht m e h r festhalten, einen tiefsittlichen Sinn. W i r verstehen dabei u n t e r der S ü n d e kein mystisch-religiöses Gefühl, sondern den Eigenwillen, d e r n u r das Seine s u c h t , a n s t a t t sich d e m Ganzen h i n z u g e b e n , der sich der allgemeinen Gesetzgebung des Sittengesetzes nicht beugen will, u n d den zu bändigen Schiller, ganz in Kantischem Geiste, als d e r Pflichten schwerste bezeichnet hat. So lange aber d a s Böse nicht a u s s t i r b t , darf a u c h der Kampf dagegen nicht a u s s t e r b e n , ist i m m e r n e u e E r h e b u n g , tägliche W i e d e r g e b u r t des Guten in uns vonnötlien. Und w e n n wir uns a u c h zeitweise in jenen idealen Zustand von v e r m ä h l t e r N a t u r u n d Sittlichkeit versetzen k ö n n e n , er hält nicht d a u e r n d S t a n d , hält vor allem nicht vor in den tausend Widerwärtigkeiten des Lebens. W a s hilft u n s , w e n n wir in tiefsten N ö t h e n des Leibes oder der Seele b a n g e n , der Gedanke an d a s Ideal sittlicher S c h ö n h e i t ? In solchen Lagen, w o wir die moralische F e u e r p r o b e bestehen müssen, reicht das N a t ü r l i c h e , a u c h in seiner veredelten Gestalt als SittlichSchönes, nicht aus, u n s zu h a l t e n ; d a s S i t t l i c h - E r h a b e n e m u s s ergänzend hinzutreten u n d uns heraufziehen in die u n b e z w i n g üche B u r g unserer moralischen Freiheit. Gerade in der Schule des W i d e r w ä r t i g e n b e w ä h r t sich, wir w e r d e n diesen Gedanken n a c h h e r von Schiller vertreten s e h e n , erst die echte Moral. Schönheit dagegen ist nicht i m m e r g e p a a r t mit S t ä r k e ; d a s gilt nicht bloss vom Körperlichen, s o n d e r n a u c h auf sittlichem Gebiet; u n d derselbe D i c h t e r , der die ,schöne Seele' so begeistert g e p r i e s e n , s p r i c h t , um dies gleich v o r w e g z u n e h m e n , an a n d e r e r Stelle von »guten u n d s c h ö n e n , a b e r jederzeit s c h w a c h e n Seelen« '). Und blicken wir vom Einzelnen auf das grosse G a n z e ! Lassen sich mit s c h ö n e r Sittlichkeit, mit den edlen Neigungen des Mitleids u n d der S y m p a t h i e allein die g r o s s e n , sittlichen A u f g a b e n des ö f f e n t l i c h e n L e b e n s , die p o l i t i s c h e n wie die s o c i a l e n , l ö s e n ? Leider ist die menschliche N a t u r nicht 1) Schiller, Ueber das Erhabene S. W. XII 299.
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»so von selbst« uneigennützig, dass sie lieber auf d a s eigene B e h a g e n verzichtet, um n u r dem A n d e r e n zu helfen. Hier m u s s die Pflicht vor u n s s t e h e n , das Sittengeselz gebieterisch u n s m a h n e n , dass wir in keinem M e n s c h e n , sei es a u c h d e r geringste, ein blosses Mittel sehen, vielmehr in jedem den E n d zweck a c h t e n . Das ästhetische J a h r h u n d e r t dagegen t r ä g t einen ausgesprochen geislesaristokiatischen u n d in V e r b i n d u n g d a m i t unpolitischen u n d unsocialen Zug. Ueber der A u s bildung der Einzelindividualität zur schönen Seele w e r d e n zu leicht die öffentlichen P f l i c h t e n , die Arbeit f ü r d a s grosse Ganze vernachlässigt. Die ästhetische Sittlichkeit neigt zur ruhigen Contemplation, ja zu einem beschaulichen Selbstgenusse, der an Quielismus streift, und von dem selbst ein Goethe n i c h t ganz freizusprechen ist. Bei Schiller ü b e r w o g das G e g e n gewicht sittlicher K r a f t , wie wir n a c h h e r noch g e n a u e r sehen w o l l e n , und doch fehlt auch bei ihm jener ästhetische Zug nicht ganz. So ist e s , um einmal wieder Kant und Schiller g e g e n ü b e r z u s t e l l e n , vielleicht kein Z u f a l l , wenn Schiller d u r c h die Greuel der französischen Revolution so rasch angeekelt wird, dass er von seiner idealen Zeitschrift, den Hören, »vorzüglich u n d unbedingt« alles ausschliesst, »was sich auf Staalsreligion u n d politische Verfassung bezieht« '), w ä h r e n d K a n t g e r a d e in u n d d u r c h die Zeit zu seinen staatsrechtlichen, politischen und religiösen Schriften angeregt w i r d , um in ihnen den d u r c h die drei grossen Kritiken t h e o r e t i s c h , ethisch u n d ästhetisch m ü n d i g erklärten Menschen n u n auch religiös u n d politisch auf sich selbst zu stellen 2 ). — U n d n u n gar die s o c i a l e F r a g e ! W e n n der edle Wilhelm von H u m b o l d t , in der H a u p t s a c h e doch wohl im Sinne des ganzen klassischen Freundeskreises i d a s W i r k e n des S t a a t s auf d a s d e n k b a r geringste Mass zu bes c h r ä n k e n s u c h t , so entspricht dies d u r c h a u s dem S t a n d p u n k t e s c h ö n e r Sittlichkeit, die sich n u r zu gern a u s der r a u h e n Wirklichkeit in die u n g e b u n d e n e Freiheit ihres beschaulichen Selbst zurückzieht, und a u c h politisch m a g solche T h e o r i e d a m a l s , dem noch nicht beseitigten Absolutismus gegenüber 1) A n k ü n d i g u n g der Hören (u. a. als Beilage zu dem ersten erh a l t e n e n Briefe Schillers an Goethe vom 13. Juni 1794). 2) K a n t d e n k t in H u m b o l d t s A u g e n zu d e m o k r a t i s c h , und das g l e i c h e Urtheil setzt H. bei Schiller voraus (vergl. S. 270 Anm. 1).
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u n d für die Befreiung des Individuums von u n n ü t z e n S c h r a n k e n , in m a n c h e r Beziehung heilsam gewesen sein. H e u t e w ü r d e solches hyperindividuelle M a n c h e s t e r l h u m n u r noch vereinzelte A n h ä n g e r z ä h l e n , ebenso wie Schillers Idee einer »ästhetischen Confession u n d Gemeinheit« (S. 274). Sollen wir ein solches Abweichen von der B a h n unserer Classiker in d i e s e r Beziehung bedauern ? N e i n , es ist gut so. Schon vor m e h r als einem halben J a h r h u n d e r t hat ein so feiner litterarisch-äslhetischer Kenner u n d Liebhaber wie Gervinus in der dringlichsten Weise d a r a u f a u f m e r k s a m g e m a c h t , dass an die Stelle des ästhetischen Zeitalters für die Deutschen n u n m e h r die Periode des praktischen W i r k e n s für Welt u n d S t a a t zu treten h a b e 1 ) ; u n d die Zeit hat sich in dieser R i c h t u n g fortentwickelt. Das Sittengesetz fordert a n d e r e T h a t e n als ästhetisches Schwelgen in Gefühlen. Das Ideal der Pflanze, welches der lyrischen, a m liebsten in sich selbst r u h e n d e n Seele Herders so sehr zusagte, passt nicht als Vorbild für den Menschen, der nicht zum Veget i r e n , sondern zum H a n d e l n geboren ist. Schiller, der in die Kantische Schule gegangen w a r , setzt deshalb in d e m b e k a n n t e n Distichon »Das Höchste« bezeichnender Weise d a s »wollend« h i n z u ; denn er wusste wohl, dass im Gegensatz zu der »ganzen Nalur« der Mensch »das Wesen ist, welches will.« 8 ) Im Uebrigen freilich n i m m t er H e r d e r s Gleichniss a u f , w ä h r e n d Kant, der Held des reinen Gedankens und reinen W o l l e n s , sich von vornherein ü b e r h a u p t in stricten Gegensatz zu allem beschaulichen Geniessen stellt. 3 ) W i e d a s Sittlich-Erhabene, so wird mithin a u c h d a s SittlichSchöne i n s e i n e r V e r e i n z e l u n g nolhwendig ü b e r s p a n n t u n d e i n s e i t i g . U n d es ist ein ziemlich miissiger Streit, w e n n m a n die F r a g e discutirt: W e l c h e s ist der h ö h e r e Grad von Sittlichkeit, das Sittliche im Gegensatz zur Neigung oder im Einklang 1) Man vergleiche das treffliche, Dahlmann gewidmete Vorwort zum 4. Bande seiner Geschichte der poetischen National-Litteratur der Deutschen. 2. Auflage 1843. 2) Im Anfang der Abhandlung ^Ueber das Erhabene' XII 295. 3) Vergleiche die charakteristische Gegenüberstellung Herders und Kants von K ü h n e m a n n , Preuss. Jahrb. 1894, August-Heft S. 348—358 (Abdruck eines Kapitels ^Herder, Kant, Goethe' aus der in der Handschrift abgeschlossenen Herder-Biographie des Verfassers). Philosophische Monatshefte XXX, 9 u. 10.
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mit i h r ? Diese schon im zwölften Jahrhundert voh Moses Maimonides aufgeworfene, aber nur höchst äusserlich gelöste') Frage ist vielleicht ü b e r h a u p t nicht endgiltig zu beantworten. Erhabene und schöne Sittlichkeit haben beide ihren e i g e n t ü m lichen Werth. Die Form des Kampfes und die Form der Harmonie sind beides gleichberechtigte Forderungen an das räthselhafte Zweiseelenwesen, welches wir Mensch nennen. Keine Harmonie ohne vorausgegangenen K a m p f , aber das Ziel des Kampfes Harmonie! Will dagegen ein jedes für sich allein alles b e d e u t e n , so bleibt es nalurgemäss einseitig; wie sich das auch an den grossen historischen Erscheinungen zeigt. Der christliche Dualismus traut der menschlichen Natur z u w e n i g zu und ist deshalb oft sinnen-, ja menschenfeindlich geworden; selbst ein L u t h e r , der doch ein neues ^weltliches' Ghristenthuin gestiftet, verzweifelt an der eigenen Vernunft und Kraft. Das Hellenenthum dagegen und seine Wiedergeburt im Humanismus der Renaissance trauen ihr z u v i e l , verlegen allen Halt in das Individuum, welches ihn doch nur zu erlangen vermag, als es sich selbst an die sittlichen Gesetze bindet. W a s soll n u n unser Zukunftsideal sein ? Um es einmal in religiös-ästhetischem Bilde auszudrücken, erhabene Domeshallen mit himmelanstrebenden T h ü r m e n oder die klassischschönen Säulenordnungen hellenischer T e m p e l ? Die moderne Sittlichkeit scheint sich, soweit sie nicht kirchlich interessirt, mehr zu letzterer Anschauungsweise zu neigen. Aber Ueberweg, der sich auch zu ihr bekannt h a t 2 ) , hat doch an anderer Stelle und zwar gerade im Hinblick auf Kant und Schiller mit Recht darauf aufmerksam g e m a c h t , dass die neuere Ethik in ihrer Polemik gegen mittelalterliche Formen leicht der Gefahr unterliege, die Bedeutung des Gegensatzes und Kampfes zwischen Sinnlichem und Geistigem nicht zu unterschätzen. 3 ) Ich d e n k e , wir werden mit Lange neben jenem heiteren Tempel die »gothische Kapelle« für »bekümmerte Gemüther«, schon im Hinblick auf das sociale Elend, aber auch im Gedanken an die tiefsten, innerlichsten Erlebnisse und Seelenkämpfe, die keinem von uns erspart bleiben, nicht entbehren wollen. Die moderne 1) Th. Ziegler, Geschichte der christlichen Ethik S. 278. 2) A. Lange, Geschichte des Materialismus ed. Cohen 1887. S. 811. 3) U e b e r w e g , Schiller als Historiker und Philosoph S. 32f.
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Ethik, wie die moderne sittliche Bildung ü b e r h a u p t , hat eben beide Elemente, das antike Harmoniegefühl und den christlichen Dualismus, in sich aufzunehmen und womöglich zu einer höheren Einheit zu verbinden. K a n t steht der ersteren Anschauungsweise insofern näher, als er das radikale Böse der menschlichen Natur und die Erhabenheit des Sittengesetzes betont, aber er verzagt nicht, wie jene, an der eigenen Kraft, sondern ruft sie im Gegentheil, im unbezwinglichen, optimistischen Glauben an das Gute in der Menschheit, zum sittlichen Kampfe a u f ; und sein strenges, formales Sittengeselz verschliesst der Individualität ihre Entfaltung nicht, fetzt ihr vielmehr eine unendliche Aufgabenfülle. 1 ) S c h i l l e r s , des Dichters, Ideal ist mehr der Mensch in seiner /i'olalilät', das Ensemble aller Gemülhskräfte'. Er steht daher der zweiten (humanistischen) Denkweise n ä h e r , aber sie allein befriedigt ihn nicht; er fordert zwei a Führer des Lebens': neben dem Sittlich-Schönen als dessen Ergänzung das Sittlich-Erhabene. Dieser ethische Standpunkt tritt sozusagen in allen Schriften Schillers so deutlich hervor, dass wir uns im Folgenden verhältnissmässig kurz fassen und auf wenige charakteristische Aeusserungen beschränken können. Gleich die erste Abhandlung, die das Ideal des SittlichSchönen aufstellt, ,Anmuth und Würde', m a h n t auch zugleich d a r a n , dass sittliche Schönheit eben nur ein Ideal sei (s. oben S. 56.j). Schon darin, dass Anmuth als Ausdruck der w e i b l i c h e n Tugend dargestellt wird, die sich doch »selten . . zu der höchsten Idee sittlicher Reinheit erhebt und es selten weiter als zu affeclionirten Handlungen bringt,« 2 ) zeigt sich, dass sie Schiller nicht als Charakteristicum des vollen Menschen gilt, wie andererseits freilich auch nicht die blosse männliche Würde. 1) Vgl. meine Dissertation S. 81 f. 2) S. W. XI 370 f. Schon K a n t hatte im dritten Abschnitt seiner oben erwähnten Beobachtungen etc.' die Tugend des Frauenzimmers' s c h ö n e Tugend genannt (S. 55), das Erhabene oder Edle dagegen als vorwiegendes Kennzeichen männlicher Sittlichkeit erklärt (49); beide zusammen sollten in dem ehelichen Leben vereint »gleichsam eine einzige moralische Person ausmachen« (79). — Vgl. die weiteren Ausführungen dieser Gedanken in W. v. H u m b o l d t s Aufsatz >Ueber den Geschlechtsunterschied etc.' Hören 1795, '2. Stück, und dazu Tomaschek S. 376—384.
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Besonders aber bildet den Hauptinhalt des Abschnitts über Würde' die Ergänzung des Sittlich-Schönen durch das Erhabene : Nur wo die Sinnlichkeit dem reinen Willen folgt, ist Nachsicht statt Strenge geboten (ebd. 381). W o dagegen der Trieb aus sich zu handeln anfangen will, muss der nachdrückliche Widerstand des sittlichen Charakters eintreten und Einschränkung des Triebes erfolgen (376, 381). Die s c h ö n e S e e l e muss sich daher i m A f f e c t in eine e r h a b e n e verwandeln, wenn anders sie sich über die blosse Temperamentstugend des guten Herzens erheben will (377). Wie A n m u t h von der T u g e n d , so wird Würde von der Neigung gefordert (383). N u r , wenn A n m u t h u n d Würde in einer Person vereinigt sind, so ist der Ausdruck der Menschheit in ihr vollendet; »gerechtfertigt in der Geisterwelt und freigesprochen in der Erscheinung« stellt sie alsdann da (385). Von den nächsten Aufsätzen setzt namentlich der JJeber die nothwendigen Grenzen beim Gebrauch schöner Formen' die Gefahren ästhetischer Sittlichkeit für die JVIoralität. des Charakters' auseinander. Man möge es nicht mit diesem Führer (dem Schönen, der Liebe) wagen, wenn m a n nicht schon durch einen besseren (das E r h a b e n e , die Achtung) gesichert sei. Der Schluss dieser Abhandlung ist es a u c h , der das Unglück als Prüfungsschule echter Tugend (s. oben S. 567) darstellt; dasselbe geschieht in dem Aufsatz JJeber das P a t h e tische.' In den Briefen an den Augustenburger ist es besonders der d r i t t e , der in historischen und psychologischen Ausführungen klarlegt, wie die ästhetische Verfeinerung gewöhnlich mit der Energie des Charakters erkauft werde, der »wirksamsten Feder alles Grossen und Trefflichen im Menschen, die kein anderer noch so grosser Vorzug ersetzen kann« (S. 93). Das Schöne wirke der Verwilderung, das Erhabene der Erschlaffung entgegen und »nur das genaueste Gleichgewicht beider Empfindungsarten« vollende den Geschmack, d. h. ins Sittliche übertragen , den ganzen, einheitlichen Menschen (S. 95). Die Materie darf sich schlechterdings nicht in die reine Gesetzgebung der Vernunft einmischen, zu ihr hinaufsteigen wollen, wohl aber darf die letztere zur Materie hinabsteigen (S. 101), damit auf deren »Spiegel« die »reine dämonische Flamme, wie
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der T a g auf den Morgenwolken, ihre ätherischen Farben spielen« lasse (104). Aehnlich sprechen sich die ästhetischen Briefe selber aus. Die soeben aus S. 93 der ursprünglichen Briefe citirte Stelle z. B. kehrt fast wörtlich und ganz in dem gleichen Zusammenhange im zehnten der ästhetischen Briefe wieder. Dass die namentlich im 16. und 17. Briefe erscheinenden Begriffe der schmelzenden und energischen Schönheit, die sich gegenseitig in ihren Wirkungen ergänzen, eigentlich nur andere Namen für das Schöne und Erhabene sind , hat schon Tomaschek ') erkannt. Eine andere, systematisch wichtige Stelle aus dein 23. Briefe wird uns noch zum Schlüsse beschäftigen. Besonders klar und entschieden aber wird derselbe ethische Standpunkt in Schillers letztveröffentlichter philosophischer Abhandlung, der ,Ueber das Erhabene' vertreten; zugleich ein Beweis für sein Festhalten an dem in Anmuth und W ü r d e zuerst eingenommenen Grundstandpunkt (vergl. Heft 7/8 S. 401). Auch hier findet sich der Gedanke, dass der schöne Charakter sich int Unglück erproben muss oder vielmehr hier erst die schöne Seele zum sittlichen Charakter wird (XII 303 f.). W e n n auch unser höchstes Ziel die Vereinigung von W ü r d e und Glückseligkeit sei, so gehe es doch bekanntermassen nicht immer an, zwei Herren, in diesem Fall der Pflicht und dem Bedürfniss, zu dienen. Wohl dann dem, der gelernt hat, falls das Schicksal »alle Aussenwerke ersteigt, auf die er seine Sicherheit gründet,« in die heilige Freiheit der Geister zu flüchten (301 f.). Kurz, »das Erhabene muss zu dem Schönen hinzukommen, um die ästhetische Erziehung zu eine*« vollständigen Ganzen zu machen« (314). »Nur wenn das Erhabene mit dem Schönen sich galtet, und unsere Empfänglichkeit für beides in gleichem Masse ausgebildet worden ist, sind wir vollendete Bürger der Natur, ohne deswegen ihre Sklaven zu sein und ohne unser Bürgerrecht in der intelligibelen Welt zu verscherzen« (315). Bezüglich des oben (S. 569 f.) erwähnten Problemes, welches der höhere Grad von Tugend sei, äussert sich Schiller nicht überall gleichmässig. In ,Anmuth und Würde 1 (S. 368) erscheint als sittlich höherstehend die schöne Seele, die sich der 1) A. a. 0 . S. 293 ff.
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Stimme des Triebes »mit einer gewissen Sicherheit« vertrauen darf, ohne sich »jedesmal« erst bei der reinen Vernunft orientiren, ihn (den Trieb) »jedesmal« erst vor dem Grundsatze der Moral abhören zu müssen. An anderer Stelle dagegen erklärt er unsere Moralität für grösser, »hervorstechender wenigstens«, wenn wir, bei noch so grossen Antrieben zum Gegentheil, u n mittelbar der Vernunft gehorchen (XII 284). Man merke auf die Unbestimmtheit des Ausdrucks, der sich a u c h anderwärts an analogen Stellen findet.') Es lässt sich eben, wie wir oben bereits angedeutet, auf solche Fragen des reinen Gefühls keine bestimmte s y s t ein a t i s c h e Antwort geben. Schiller strebt indessen offenbar nach einer Vereinigung beider Erscheinungsformen des Sittlichen zu einer Art h ö h e r e r , idealer Einheit, wie u. a. auch die Ausführungen über den Idealisten und Realisten in der Abhandlung ,Ueber naive und sentimentale Dichtung' zeigen, welche, »um jeder Missdeutung vorzubeugen«, von vornherein betonen, dass »nur durch die vollkommen gleiche Einschliessung beider dem Vernunftbegriffe der Menschheit Genüge geleistet werden k a n n . « 2 ) Ueberweg fasst das Verhältniss wohl richtig zusammen, wenn er sagt, dass Schiller die moralische Kraft stets über die bloss ästhetische Bildung gesetzt, aber als höchstes, wenn auch nie ganz erreichbares, Ideal die Verbindung beider betrachtet habe 3 ). Es wäre ein Leichtes, die von uns zur W ü r d i g u n g von Schillers ethischem Standpunkt aus seinen philosophischen Schriften beigebrachten Belegstellen durch zahlreiche andere, namentlich auch aus seinen Gedichten 4 ), zu vermehren. Doch würde uns deren Besprechung zu weil führen. Auch die Dramen Schillers, und nicht bloss die J u g e n d d r a m e n , sondern auch die n a c h seiner philosophischen Durchbildung und nach der Bekanntschaft mit Goethe geschriebenen, zeigen uns mit Vorliebe den Menschen im erhabenen Kampfe gegen die Macht des Schicksals; und an einigen seiner Gestalten, wie Max und 1) Vergl. das mehrmalige ^oft' an der Heft 5/6, S. 239 eitirten Stelle. 2) XII 268 Anm. 3) Ueberweg, a. a. 0 . S. 247. 4) Wir verweisen u. a. auf: Die Führer des Lebens', Die zwei Tugendwege', JTheophanie', J)ie moralische Kraft', ^ f l i c h t für jeden', ^ i i r d e der Frauen', f u g e n d des Weibes', ^Das weibliche Ideal', Güte und Grösse'.
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T h e k l a u n d der J u n g f r a u von O r l e a n s , hat er speciell die E r h e b u n g des schönen C h a r a k t e r s zu moralischer Grösse d a r gestellt, w ä h r e n d er rein h a r m o n i s c h e schöne Seelen' dichterisch nicht zu schaffen verstanden hat. Selbst unter seinen F r a u e n gestalten findet sich keine Iphigenie oder Leonore. Und b e findet er sich d a m i t nicht g e r a d e im Einklang mit dem Leben ? Haben solche leidenschaftslose M u s t e r n a t u r e n , bei aller poetischen S c h ö n h e i t , nicht e t w a s U n w a h r e s an sich? »Ewig klar u n d spiegelrein und eben« fliesst eben uns Menschen d a s Leben nicht d a h i n ; oft genug wenigstens bleibt uns zwischen Sinnenglück u n d Seelenfrieden n u r die b a n g e W a h l . Die reine H a r m o n i e m a g als himmlisches I d e a l uns vorleuchten u n d stärken, fürs L e b e n taugt der sittliche Kampf. W e n d e n wir uns von diesen allgemeineren B e t r a c h t u n g e n , auf die uns die kritische E r ö r t e r u n g von Kants u n d Schillers ethischer A n s c h a u u n g fiihi te, zum Schlüsse n u n m e h r zu unserem historisch - systematischen A u s g a n g s p u n k t e zurück u n d ü b e r blicken wir kurz das von u n s Festgestellte. W i r lernten im ersten Theile unserer Arbeit die m ä c h t i g e , grundlegende Einw i r k u n g K a n t s auf Schillers philosophisches D e n k e n , d a n e b e n freilich a u c h deren S c h r a n k e n an Schillers Dichternatur u n d Goethes späterem Einfluss in ihrer historischen Entwickelung kennen. Im zweiten Theile versuchten wir s o d a n n darlegen, dass dem ethischen Rigorismus in dem specifisch m e t h o dischen S i n n e , in dem K a n t ihn in erster Linie i m m e r gen o m m e n , a u c h Schiller huldigt. U n d wir bemerkten endlich in diesem unserem letzten A u f s a t z e , wie Schiller, ü b e r K a n t h i n a u s g e h e n d , das Sittlich-Schöne, zu d e m bei K a n t n u r Keime v o r h a n d e n , als gleich (nicht höher) berechtigt neben d a s Sittlich-Erhabene stellt. Bleibt n u n n a c h alledem a u c h vom systematischen Gesichtspunkte a u s Schiller der K a n t i a n e r , als der e r u n s - - im Wesentlichen — historisch erschienen ist? Ich d e n k e , wir dürfen diese F r a g e bejahen. Denn die einzige Differenz, die ihn ethisch von K a n t t r e n n t , h a t Schiller selbst in k l a r e r , systematischer Einsicht geschlichtet, indem er, d e m Kantisch-klassischen Gedanken von der E i g e n t ü m l i c h k e i t d e r verschiedenen Bewusstseinsgebiete f o l g e n d , dasjenige, in dem er ü b e r Kant hinausging, d a s Sittlich-Schöne, auf den Boden des Aesthetischen verwiesen h a t . Schon in der A b -
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handlung JJeber das Pathetische' wird dies durch di£ Unterscheidung von m o r a l i s c h e r und ä s t h e t i s c h e r Schätzung ersichtlich. Leonidas befriedigt uns moralisch, er entzückt uns ästhetisch. Wir verweisen insbesondere auf die in jenem Aufsatze sich findende Anmerkung über die Verschiedenheit des ästhetischen Eindrucks, den der Kantische Pflichlbegriff auf seine Beurtheiler mache. Da wir dieselbe bereits in Heft 5/6 (S. 248 f.) ausführlich reproducirt h a b e n , genüge es h i e r , die dort von uns gezogene Schlussfolgerung zu wiederholen: »Kann die rigoristische Ethik besser in ihrem innersten Kern ergriffen, wärmer gegen Gegner vertheidigt, feiner — und zwar dies letztere, wie wir sehen werden, in Fortbildung Kantischer Anregungen, ästhetisch erweitert werden?« Auch anderwärts tritt ein ähnlicher Gedankengang hervor, wie z. B., wenn der Schluss von JJeber den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten' das strenge System des rigiden Ethikers »zur Sicherheit noch an den beiden starken Ankern der Religion und des Geschmacks befestigen« will. Den schärfsten Ausdruck dieser reinlichen Scheidung von Ethik und Aesthetik aber enthält die grosse Anmerkung zum 23. ästhetischen Briefe. Im Laufe derselben heisst e s : » . . D e r Moralphilosoph lehrt uns z w a r , dass man nie m e h r thun könne als seine Pflicht, und er hat vollkommen Recht, wenn er bloss die Beziehung meint, welche Handlungen auf das Moralgesetz haben. Aber bei Handlungen, welche sich bloss auf einen Zweck beziehen, über diesen Zweck noch hinaus ins Uebersinnliche gehen (welches hier nichts Anderes heissen k a n n , als das Physische ästhetisch ausführen), heisst zugleich ü b e r d i e P f l i c h t hinausgehen, indem diese nur vorschreiben kann, dass der W i l l e heilig sei, nicht, dass auch schon die N a t u r sich geheiligt habe. Es giebt also zwar kein moralisches, aber es giebt ein ä s t h e t i s c h e s U e b e r t r e f f e n d e r P f l i c h t , und ein solches Betragen heisst edel. Eben deswegen . . . . haben manche ästhetischen Ueberfluss mi^ einem moralischen verwechselt u n d , von der Erscheinung des Edeln v e r f ü h r t , eine Willkür und Zufälligkeit in die Moralität selbst hineingetragen, wodurch sie ganz würde aufgehoben werden ..« ') 1) XII 100 f. Hiernach erledigt eich auch der Streit um das vielbesprochene (u. a. von Kuno Fischer gänzlich missverstandene): Der Mensch lerne »edler begehren, damit er nicht nöthig habe, erhaben zu wollen,« was in demselben Zusammenhange (ebd. S. 102) steht.
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Litteraturbericht.
Es giebt kein moralisches, aber ein ästhetisches Uebertreffen der P f l i c h t , damit ist K a n t s vorsichtige Grenzbes t i m m u n g zwischen Ethik und Aesthetik genau g e w a h r t , die n u r scheinbar gestörte systematische U e b e r e i n s t i m m u n g mit dem kritischen Idealismus wiederhergestellt. W a s Schiller Weiteres durch die Ausbildung des Begriffes der sittlichen Schönheit über K a n t hinaus geleistet h a t , vollzieht sich n u n m e h r im R a h m e n der kritischen Methode. »Es ist d u r c h a u s t r a n s c e n d e n t a l gedacht, dass Schiller die P r i n c i p i e n s e l b s t in ihrer Selbstständigkeit bestehen l ä s s t , f ü r ihr Z u s a m m e n w i r k e n i m menschlichen ßewusstsein a b e r eine psychologische Verbindung f ü r angezeigt u n d angemessen hält.« J ) In diesem Sinne h a t t e Wilhelm von H u m b o l d t , Schillers erster u n d bedeutendster J ü n g e r , R e c h t , w e n n er in des F r e u n d e s m o r a lischen Ansichten »das recht v e r s t a n d e n e Moralsystem der kritischen Philosophie« 2) erblickte. Ethischer Rigorismus u n d sittliche Schönheit sind n u n v e r e i n b a r ; sie h a b e n beide, jener (um mit Schiller'schen W o r t e n zu reden) im Felde der reinen Vernunft und bei der moralischen Gesetzgebung, diese im Felde der Erscheinung und bei der wirklichen A u s ü b u n g der Sittenpflicht, ihre Berechtigung nachgewiesen u n d die ihnen g e b ü h r e n d e Stelle g e f u n d e n .
Litteraturbericht. L'Ëstéthiqne de Schiller par Frédéric 1892.
Montargis.
Paris, Félix Alcan.
Dieses Buch ist nicht sowohl ein Werk der Philosophie als ein Werk der Vermittlung deutschen Geistes nach Frankreich. Der Verfasser sucht nicht die philosophischen Probleme zu vertiefen, an die Schiller die Hand gelegt. Er geht auch nur wenig der inneren Verzweigung der Ideen nach. Ja, man darf sagen, dass er in dem wichtigsten Theil seiner Arbeit kaum aus Schillers beherrschendem Gesichtspunkt heraus die Gedanken zu entwickeln und zu wägen versucht. Sein eigentliches Bemühen besteht darin, die Ansichten seinen Franzosen fasslich vorzulegen. Er sucht sie zu diesem Zweck einfach und übersichtlich zu 1) Cohen, Kants Begründung der Aesthetik S. 404. 2) W. V. Humboldt W. W. I 204.
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Literaturbericht.
disponiren, in den ersten Abschnitten, indem er halb biograpisch von Schritt zu Schritt der Geistesgeschichte Schillers folgt, im letzten nach einigen systematisirenden Gesichtspunkten, der Theilung in die Esthétique du Beau, Esthétique de la Vie, Esthétique de l'Art. Die Gedanken werden nicht in Schillere Geiste nachgelebt, und es ergiebt sich dabei von selbst, dass sie unmerklich aus den geborenen Zusammenhängen, aus dem Mutterboden in der Grundanschauung gelöst und in einen fremden Rahmen gefasst werden, einen Rahmen, der dem französischen Geiste entstammt, französischem Denken vertrauter ist. Mehr einzeln und für sich wird jeder Gedanke genommen und erwogen, bald als abstrus halb mitleidig erledigt, bald seiner Fruchtbarkeit und Würde wegen höchlich gelobt. Aber für den Zweck der Vermittlung Schillerschen Geistes nach Frankreich sind dem Verfasser gute Dinge nachzurühmen. Nicht allein eine Wiedergabe fast sämmtlicher ästhetischer Arbeiten Schillers findet eich hier. Auch seine philosophischen Gedichte werden in gereimten Versen übersetzt, eine Leistung, die unter allen Umständen lebhafte Bewunderung verdient. Der Verfasser theilt wohl so ziemlich m i t , was er von Schiller weiss und über ihn gedacht hat. Wenn der Deutsche hier wenig lernen kann, der Franz,oije erhält auf diese Weise nicht nur Ideen, sondern den lebendigen, reichen, grossen Menschen dazu. Montargis beginnt mit Betrachtungen über die Verbindung von Production und ästhetischem Denken bei so vielen deutschen Künstlern. Folgt ein Abriss der Vorgeschichte der ästhetischen Probleme, mit orientirenden Bemerkungen über Baumgarten, den Rationalismus, Lessing, Winckelmann, Herder. Schillers Jugendarbeiten werden vorgeführt. In einem längeren Abschnitt über Kant, Humboldt, Goethe werden ihre Gedanken, ihr Einfluss, ihre Stellung zu Schiller erörtert. Nichts charakteristischer als seine Darstellung Kants (vielleicht die bestgeschriebenen Seiten des Buchs)! In der »Kritik der reinen Vernunft«, will sagen in Sachen der empirischen Naturwissenschaften ist er ihm der philosophische Begründer, Reiniger und Retter der Methode. Aber nichts als scholastische Metaphysik ist die »Kritik der praktischen Vernunft«, die Ethik Kants. Der freie Wille schwebt hülflos in der Luft. Mit Humboldt, meint er, sei eine wahre Fusion der Wesen eingetreten. Goethe war für Schiller sein fleischgewordenes Ideal geistigen Schaffens, die Wirklichkeit seiner Idee vom Genie. Diese Bemerkung ist richtig und gut. Nur hätte man uns mehr ausführen sollen, was dieses Erlebniss eines neben ihm schaffenden Menschen als seiner eigenen wirklich gewordenen Grundidee in Schillers geistiger Entwicklung bedeutete. Der theoretische Hauptabschnitt erklärt zunächst die Bemühungen Schillers in den Briefen an Körner, die Vorstudien des Kallias, die gut und gewandt wiedergegeben werden, für gemacht und abstrus. Wie Otto Harnack, aber unabhängig von ihm sieht Montargis in den späteren Arbeiten ein Aufgeben dieser fruchtlosen Mühen, den objectiven Begriff der Schönheit zu finden, einen gänzlich neuen Weg. Er preist auf das
Neu eingegangene Schriften.
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l e b h a f t e s t e Schillers Theorie des ästhetischen Geniiithszustandes und meint, h i e r m i t habe Schiller den Bann des Kantianismus verlassen, die leere Metaphysik des freien Willens aufgegeben und eine eigene, einwandsfreie, weil ganz ideale ästhetische Metaphysik b e g r ü n d e t . Man e r k e n n t sofort, wie sehr dem Verfasser das Hervorwachsen aller Schillerschen Grundbegriffe gerade aus der kantischen Idee der Freiheit e n t g a n g e n ist, — der Kernund A n g e l p u n k t alles wirklichen Verständnisses der Schillerschen Geistesentwicklung. Im Schlussabschnitt allerdings t r i t t mehr, als dass wir es verschweigen d ü r f t e n , h e r v o r , dass der eigene ästhetische Gesichtskreis des Verfassers dem Phänomen Schiller nicht genügt. Wir möchten hier keinen Satz unwidersprochen lassen, Er meint, in aller Mannigfaltigkeit des Schattens und der Theorien könne man zwei H a u p t r i c h t u n g e n der Poesie immer unterscheiden : den Realismus und den Idealismus. Er giebt eine k a r r i k i r t einseitige Charakteristik jedes der beiden. Und darin erblickt er Schillers Verdienst, dass er eine dritte, weitere, wahrere, menschlichere Conception h i n z u g e f ü g t , welche die beiden versöhnt, indem sie sie beherrscht. Wir glauben n i c h t , dass hiermit das Eigentliche des Schillerscheu Wesens und W i r k e n s bezeichnet sei. W i r möchten vielmehr sagen , dass gerade seine Theorie den Beweis giebt, wie wenig in j e n e m totgehetzten Gegensatz des Realismus und Idealismus die lebendige Kunst zu fassen sei. Dr. E u g e n K ü h n e m a n n .
Neu eingegangene Schriften. S c h u p p e , W . , Grundriss der Erkenntnisstheorie und Logik. Z a h l f l e i s c h , J., Eine neue Logik. S c h w a r z , H., Was
(Als Mscr.)
will der kritische
Realismus?
Eine Antwort
an
H. Prof. Martius in Bonn. G. M o r a n d o , Windelband,
Lo scetticismo e Gaetano Negri. W . , Geschichte und Naturwissenschaft.
(Rede.)
B a u m a n n , J., Die grundlegenden Thatsachen zu einer wissenschaftlichen W e l t - und Lebensansicht.
Ein Boden der Gemeinsamkeit im Streit
der W e l t a n s c h a u u n g e n . M a i n l ä n d e r , Ph., Die Philosophie der Erlösung, Bd. I (3. A.) II (2. A.). R a u w e n h o f f , D. L. W . E . , Religionsphilosophie,
Abs. u. her. von
J. R. H a n n e (2. wohlf. Aufl.). B r a i g , C., Die F r e i h e i t der philosophischen Forschung in kritischer und christlicher Fassung (Rede). L i e s e g a n g , R. E., Rhapsodie.
Aus Zeitschriften.
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Ans Zeitschriften. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie. Bd. XVIII, H. 8. H. E i c k e r t , Zur Theorie der naturwissenschaftlichen Begriffsbildiing. — A. M a r t y , Ueber subjectlose Sätze und das Verhältniss der Grammatik zu Logik und Psychologie IV. — Anzeigen. Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik. N. F. Bd. 105, H. 1. W. E n o c h , Zur Systematik des Gefühls. — A. D ö r i n g , Das Weltsystem des Empedokles. — J. U e b i n g e r , Die philosophischen Schriften des Nikolaus Cusanus, II. — A. C. A r m s t r o n g , Die Philosophie in den Vereinigten Staaten (übs. von E. König.) — Recensionen. Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik. Jahrg. I , H. 5. 0. F l ü g e l , Zur Religionsphilosophie und Metaphysik des Monismus (Forts.) — 0. W. B e y e r , Zur Errichtung pädagogischer Lehrstühle an unseren Universitäten (Schi.). — E. M e y e r , Das Ziel des Geschichtsunterrichts.— Mittheilungen. Besprechungen. Aus der Fachpresse. The philosophical Review. Vol. I l l , No. 5. J. R o y c e , The external world and the social consciousness. — J. W a t s o n , The problem of Hegel. — A. S e t h , Epistemology and Ontology. — E. A d i c k e s , German Kantian Bibliography (IX). — Reviews of books etc. The psychological Review. Vol. I , N. 5. H. M ü n s t e r b e r g , Studies from the Harvard Psychological Laboratory (II). — A. C. A r m s t r o n g , The imagery of American students. — L. W i t m e r , The pendulum as a control-instrument for the Hipp chronoscope. — Discussion. — Psychological literature. — Notes. The Monist. A quarterly magazine. Vol. V, N. 1. H. v o n H o i s t , Ought the United States Senate to be abolished? — E. M a c h , On the principle of the conservation of energy. — J. W. P o w e l l , On t h e nature of motion. — P. C a r u s , Buddhism and Christianity. — T h . W h i t t a k e r , On the nature of thought. — Correspondence etc. International Journal of Ethics. Vol. V, N. 1. H. S i d g w i c k , Luxury. — F. H. B r a d l e y , The limits of individual and national selfsacrifice. — M. S. G i l l i l a n d , Women in the community and in t h e family. — E. M o n t g o m e r y , Ethics and belief. — L. F e r r i , National character and classicism in Italian philosophy. — E. E. C o n s t a n c e J o / i e s , Rational hedonism. — Discussions etc. Berne philosophique de la France et de l'étranger. 19 e année, N. 10. A. Bi n e t et V. H en r i , De la suggestibilité naturelle chez les enfants. — H. L a c h e l i e r , Théorie du jugement et du raisonnement déductif dans la >Logiquec de Wundt. — V. E g g e r , Compréhension et contiguïté. — T h . R i b o t , Recherches sur la mémoire affective. — Notes etc.
Marburg.
Universitäts-Buclulruckerei (R. Friedrich).